Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Juni 2017 - 6 Sa 400/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0608.6Sa400.16.00
bei uns veröffentlicht am08.06.2017

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Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 18. Mai 2016 - 5 Ca 1624/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage über Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Auskunft und Schadensersatz im Zusammenhang mit privaten Liquidationseinnahmen.

2

Die Beklagte gehört zur M-Unternehmensgruppe, die bundesweit Rehabilitationskliniken betreibt, und ist Trägerin der M Klinik B (im Folgenden: Klinik B) in A-Stadt. Die Klinik B verfügt ua. über eine orthopädische Abteilung. Ebenfalls in A-Stadt befindet sich die in Trägerschaft der auch zur M-Unternehmensgruppe gehörenden REHA Gesellschaft für Rehabilitation mbH stehende M Klinik Moselschleife, die ehemals als Klinik Median bezeichnet wurde und gleichfalls eine orthopädische Abteilung besitzt (im Folgenden: Klinik M). Anders als in der Klinik B wird in der Klinik M seit einigen Jahren eine sog. M Premium-Station (im Folgenden: Premium-Station) für Patienten betrieben, die mit einem sog. „First-Class-Ambiente“ wirbt und regelmäßig von Selbstzahlern und voll- und zusatzversicherten Privatpatienten in Anspruch genommen wird.

3

Die Kliniken M und B werden - obgleich in unterschiedlicher Trägerschaft - seit Jahrzehnten von der Ebene der Geschäftsführung über die Personalabteilung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit in Personalunion geführt. Die beiden Kliniken - und die weiter in A-Stadt ansässigen, zur M-Gruppe gehörenden beiden Kliniken ohne orthopädische Abteilung M und Burg L - präsentieren sich im Rahmen eines gemeinsamen Internetauftritts als sogenanntes "M-Reha-Zentrum A-Stadt" unter der Internet-Adresse "www.m-kliniken.de". Die Kliniken verfügen über ein gemeinsames Reservierungssystem, welches den Patienten bzw. den anfragenden Sozialdiensten der Krankenhäuser die Behandlung in der Klinik anbietet, die über die entsprechende Fachabteilung und freie Kapazitäten verfügt. Die Anmeldung der Patienten durch die Sozialdienste der Krankenhäuser erfolgt über das Reservierungssystem regelmäßig bereits in eine spezielle Klinik; eine Beratung erfolgt lediglich in Ausnahmefällen.

4

Der Kläger wurde von der Beklagten zum 01. Juli 1998 als Chefarzt der orthopädischen Abteilung der Klinik B eingestellt. Der dem Arbeitsverhältnis zugrundeliegende schriftliche Dienstvertrag vom 26./ 29. März 1998 (Bl. 8 ff. d. A.; im Folgenden: DV) enthält ua. folgende Bestimmungen:

5

§ 1 Tätigkeit

6

1. Herr Dr. A. übernimmt ab dem 01. Juli 1998 als Chefarzt die medizinische Leitung der orthopädischen Rehabilitationsklinik B im REHA-Zentrum A-Stadt, C-Straße.

7

2. Der Chefarzt hat die medizinische Leitung der Klinik in eigener Verantwortung, aber in enger Koordination und Abstimmung mit dem jeweiligen Belegungsträger wahrzunehmen. In dieser Funktion hat er im medizinischen Bereich die Interessen der Klinik in der Öffentlichkeit in Übereinstimmung mit der Verwaltungsleitung zu vertreten sowie ihren medizinischen Ruf zu erhalten und zu fördern.

3. ...

8

4. Die Verwaltungsleitung ist berechtigt, den Aufgabenbereich des Chefarztes zu erweitern, einzuschränken oder ihm einen anderen gleichwertigen Tätigkeitsbereich vorzuschlagen, sofern die Belegung der Klinik von den Kostenträgern eingeschränkt, aufgekündigt, eine Änderung der Indikation vorgenommen wird oder wirtschaftliche Gründe dies erfordern, so dass die Gesamtbelegung der Klinik auf unter 50 % über einen Zeitraum von 9 Monaten absinkt.

9

5. Werden bei Maßnahmen nach § 1 Ziff. 4 die Vertragsgrundlagen für den Chefarzt wesentlich beeinträchtigt, so sind die hierdurch berührten Vertragsbestimmungen, insbesondere die finanziellen Regelungen, unter Wahrung des Grundsatzes der Vertragstreue neu zu regeln.

10

§ 2 Rechte und Pflichten im medizinischen Bereich

11

1. Der Chefarzt ist für die gesundheitliche Versorgung aller Patienten nach Maßgabe der festgelegten medizinischen Zielsetzungen der Klinik verantwortlich.
...

12

§ 3 Rechte und Pflichten im nichtmedizinischen Bereich

13

1. Der Chefarzt ist verpflichtet, den Ruf und die wirtschaftlichen Interessen der Klinik sowie ihrer Gesellschaft zu wahren und zu fördern. Er hat insbesondere den Kontakt zu den jeweiligen Kostenträgern zu pflegen und deren Anregungen, Wünsche und Anordnungen, soweit dies mit seiner medizinischen Unabhängigkeit vereinbar ist, zu berücksichtigen. ...
...

14

§ 4 Vergütung

15

1. Der Chefarzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich eine monatlich nachträglich zu zahlende Vergütung in Höhe von

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DM 14.500,-- brutto
(in Worten: vierzehntausendfünfhundert Deutsche Mark)

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Die ihm in jedem Kalenderjahr 13 x gewährt wird, ...

18

Der Chefarzt erhält eine Rufbereitschaftsdienstvergütung in Höhe von DM 135,-- brutto pro Dienst.

19

Wird infolge tarifvertraglicher Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und der D eine prozentuale Anhebung vereinbart, so verändert sich die Vergütung des Chefarztes entsprechend.
...

20

§ 5 Privatstation

21

1. Dem Chefarzt wird die Erlaubnis erteilt, bis zu 10% der in der Klinik aufgestellten Betten mit Privatpatienten zu belegen. Die Aufnahme von Privatpatienten in die Klinik ist nur in den Zeiträumen möglich, in denen der Chefarzt oder sein Vertreter anwesend ist. Hinsichtlich der Einberufung von Privatpatienten, die von der Verwaltung erfolgt, sind die allgemeinen Einberufungs- und Anreisetage sowie die sonstigen von der Verwaltung festgelegten Einberufungsregeln sowie Meldefristen über An- und Abreisetermine maßgebend, an die sich der Chefarzt zu halten hat. Von ihm nicht belegte Betten können auf Weisung der Verwaltungsleitung mit Patienten von anderen Kostenträgern belegt werden.

2. ...

22

3. Nur Patienten, die als Wahlleistung eine persönliche Behandlung durch den Chefarzt oder durch seinen Vertreter wünschen, sind Privatpatienten (Chefarztpatienten).

23

4. Der Chefarzt ist bei Privatpatienten zur Liquidation der von ihm erbrachten Sach- und ärztlichen Leistungen, nach Maßgabe der entsprechenden amtlichen Gebührenordnung für Ärzte berechtigt...

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5. Der Chefarzt ist verpflichtet, 25% der gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen von ihm abgerechneten Honorare an die Gesellschaft als Nutzungsentgelt abzuführen. Die Abrechnung und Abführung dieser Beträge hat vierteljährlich nachträglich für die in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen zu erfolgen. Die Gesellschaft hat das Recht zur Einsichtnahme in die entsprechenden Unterlagen und die Belege des Chefarztes...

6. ...

25

7. Die Erlaubnis nach Abs. 1 kann widerrufen oder eingeschränkt werden, wenn

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a) durch die Privatstation die Dienstaufgaben des Chefarztes, der allgemeine Dienstbetrieb in der Klinik oder die Versorgung der stationären Patienten wesentlich beeinträchtigt wird;
b) der Hauptbelegungsträger der Klinik dies begründet verlangt;
c) die der Klinik entstehenden Kosten durch die vom Chefarzt hierfür zu leistenden Erstattungsbeträge nicht mehr gedeckt werden und eine Anpassung der Erstattungsbeträge nicht zumutbar ist.

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8. Soweit Ärzte der Klinik im Rahmen der Privatstation des Chefarztes in Anspruch genommen werden, hat er diese entsprechend ihren Leistungen und Ausbildungsstand nach einem von ihm festzulegenden angemessenen Umfang an den entsprechenden Nebeneinkünften zu beteiligen.

28

9. Durch die Verwaltung wird eine gleichmäßige Aufteilung der Privatpatienten in die Kliniken B und M vorgenommen.

29

§ 6 Ambulanz

30

1. Der Chefarzt ist berechtigt, eine nichtstationäre ärztliche Beratungs- und Behandlungs- und Gutachtertätigkeit innerhalb der Klinik auszuüben.

31

2. Der Chefarzt ist verpflichtet, 30 % der von ihm abgerechneten Honorare einschließlich Sachleistungen mit Ausnahme der Gutachtertätigkeit als Nutzungsentgelt an die Gesellschaft abzuführen. Für die Einnahmen aus Gutachtertätigkeit verpflichtet sich der Chefarzt 10 % als Nutzungsentgelt an die Gesellschaft abzuführen. ...

3. ...

32

4. Soweit Ärzte der Klinik im Rahmen der Ambulanz für die privatärztliche Nebentätigkeit in Anspruch genommen werden, hat der Chefarzt diese entsprechend ihren Leistungen in einem von ihm festzulegenden angemessenen Umfang an den Nebeneinkünften zu beteiligen.
...

33

§ 9 Kündigung

34

...
5. Sollte sich die Belegung der Klinik aufgrund von Belegungsrückgang, Kündigung durch die Belegungsträger oder Änderung der Indikation dauerhaft (9 Monate) um mindestens 50 % verringern, wird gemäß § 1 Abs. 5 neu verhandelt.
...“

35

Der Verdienst des Klägers nach § 4 Abs. 1 DV beträgt zuletzt ca. 9.800,00 Euro brutto monatlich. In den Jahren 2012 bis 2015 erzielte er Liquidationseinnahmen aus der Betreuung von Privatpatienten in Höhe von 25.000 bis 40.000 EUR jährlich, wobei es sich bis auf zwei stationäre Patienten im Jahr 2012 ausschließlich um lediglich ambulant behandelte Privatpatienten handelte.

36

Im Sommer 2011 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien im Hinblick auf die in der Klinik des Klägers stationär behandelten orthopädischen Privatpatienten im Verhältnis zu den entsprechenden Privatpatienten der Klinik M. Der Kläger mahnte mit E-Mail vom 18. August 2011 (vgl. Bl. 18 f. d. A.) gegenüber dem damaligen Verwaltungsleiter der Beklagten B die gleichmäßige Verteilung der Privatpatienten auf die Kliniken B und M an. Der Zeuge B regte daraufhin mit E-Mail vom 19. August 2011 (vgl. Bl. 78 d. A.) eine Einigung des Klägers mit dem orthopädischen Chefarzt der Klinik M Dr. S dahingehend an, dass der Kläger einen Teil der Patienten, die unbedingt in der Klinik M behandelt werden wollten, dort betreuen könnte; alternativ zeigte der Zeuge B die Möglichkeit der Akquise von Privatpatienten durch den Kläger im Rahmen eines Rück- und Zuweisungsmanagements auf. Es kam zu weiterem außergerichtlichen Schriftverkehr wegen des Umfangs der Betreuung stationärer Privatpatienten durch den Kläger. Nach erneuter Eingabe des Klägers vom 21. März und 13. Mai 2012 wies die Beklagte den klägerischen Vorwurf des Vertragsbruchs im Hinblick auf § 5 Abs. 9 DV mit Schreiben ihres Geschäftsführers vom 23. Mai 2012 zurück und teilte mit, angesichts des zu berücksichtigenden Wunsch- und Wahlrechts der Patienten und der Anweisungen der Kostenträger keinerlei Steuerung von orthopädischen Privatpatienten in die eine oder andere Klinik vorzunehmen.

37

Der Kläger hat am 30. Dezember 2015 beim Arbeitsgericht Trier gegen die Beklagte Stufenklage auf Auskunft über die in den Jahren 2012 bis 2015 in der Klinik M erzielten Liquidationseinnahmen der stationären orthopädischen Privatpatienten erhoben, Versicherung der Richtigkeit der Angaben an Eides statt verlangt und unbezifferte Zahlung nach Auskunftserteilung begehrt.

38

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die hierzu fähige Beklagte sei aufgrund der hinreichend bestimmten und klaren Regelung in § 5 Abs. 9 DV verpflichtet, ihm 50% aller (stationären) Privatpatienten zuzuweisen, was sie bis 2011 auch getan habe. Seit 2011 sei es - im Hinblick auf die Inbetriebnahme der Premiumstation der Klinik M - zur Umleitung orthopädischer Privatpatienten ausschließlich in die Klinik M gekommen. Der einheitliche Reservierungsservice sei seit 2011 angewiesen, die sog. Komfortstation vorrangig zu belegen, wobei ausweislich des Internetauftritts Patienten offen und gezielt in die Klinik M geleitet würden. Die Patienten suchten sich die Klinik mangels Kenntnis gerade nicht gezielt aus, sondern folgten in der Regel den Angeboten der Sozialdienste der sie behandelnden Krankenhäuser, welche sich nach der Aussage des einheitlichen Reservierungsservices richteten. Die Vorgehensweise der Beklagten ergebe sich bereits aus der Erlösplanung vor Beginn des Jahres, z. B. für das Jahr 2012, wonach die Erlöse aus den stationären Wahlleistungen der orthopädischen Abteilung in der Klinik B mit 0 EUR geplant worden seien. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, angesichts der ihm seit 2011 durch die Vertragspflichtverletzung der Beklagten entgangenen Liquidationseinnahmen aus der stationären Behandlung von Privatpatienten habe sich die Beklagte zumindest analog § 162 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig gemacht und sei zur Auskunftserteilung hinsichtlich der Höhe der Liquidationseinnahmen der stationären Privatpatienten der Klinik M aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit ihm verpflichtet und in der Lage. Hilfsweise komme eine Schadensschätzung anhand der durchschnittlichen Höhe der Liquidationseinnahmen pro Privatpatient unter Zugrundelegung der von ihm zuletzt im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 18. Mai 2016 vorgelegten Liquidationseinnahmen aus den Jahren 2009 bis 2012 (Bl. 98 ff. d. A.) in Betracht.

39

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

40

die Beklagte zu verurteilen,

41

a) ihm Auskunft über die in den Jahren 2012, 2013, 2014 und 2015 in der Median Klinik M erzielten Liquidationseinnahmen der stationären orthopädischen Privatpatienten zu erteilen und ihm eine geordnete Zusammenstellung dieser Einnahmen vorzulegen,

42

b) hilfsweise ihm Auskunft über die Zahl der in den Jahren 2012, 2013, 2014 und 2015 in der M Klinik M behandelten stationären orthopädischen Privatpatienten zu erteilen und ihm eine gesonderte Zusammenstellung dieser Patientenzahlen vorzulegen,

43

c) erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben durch ihre Geschäftsführer an Eides Statt zu versichern,

44

d) an ihn einen Betrag in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

45

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

46

die Klage abzuweisen.

47

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, sie sei mangels Pflichtverletzung und Verschulden weder zur Auskunft, noch zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet. Aus § 5 Abs. 9 DV ergebe sich bereits dem Wortlaut nach keine Verpflichtung zur Zuweisung einer bestimmten Anzahl von Patienten, da sie sich weder "verpflichtet" habe, noch dem Kläger etwas "garantiert. Der damalige Verwaltungsleiter der Beklagten, der zugleich die Klinik M verwaltet habe, habe lediglich klarstellen wollen, dass anfragende Patienten auf beide Einrichtungen verteilt würden und nicht alle in die Klinik der Beklagten aufgenommen würden. Mit der Regelung sei daher gemeint, dass den Privatpatienten die Behandlung in beiden Kliniken angeboten würde, soweit Kapazitäten bestünden. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Verpflichtung zur zwangsweisen Zuweisung einer bestimmten Anzahl von Privatpatienten sei angesichts des Rechts der freien Arztwahl weder rechtlich noch tatsächlich erfüllbar. Der vom Kläger vorgelegte Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 habe dem Vorschlag des Zeugen B aus August 2011 Rechnung getragen, dass der Kläger Privatpatienten in der Klinik M behandeln könne. Im Übrigen könne sie dem Kläger ohnehin keine Auskunft erteilen über die von dem Chefarzt der orthopädischen Abteilung der Klinik M erzielten Privatliquidationseinnahmen, da sie an dessen Vereinbarung mit seiner Arbeitgeberin, der R Gesellschaft für Rehabilitation mbH, beteiligt sei, sondern es sich um ein Rechtsverhältnis Dritter handele, auf das zudem das Bundesdatenschutzgesetz gemäß § 32 Abs. 2 iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG Anwendung finde, eine Auskunftserteilung gemäß § 4 Abs. 1 BDSG der Einwilligung des Chefarztes bedürfe und sie auch keine Möglichkeiten habe, an die Informationen zu kommen. Aus der Patientenzahl der Vergangenheit könne der Kläger keine entgangenen Einnahmen "hochrechnen", da die Anzahl nichts über die Verweildauer und den Umfang der jeweils erbrachten Wahlleistungen aussage. Zudem stehe dem Kläger nach § 5 Abs. 3 DV ein Liquidationsrecht nur bezüglich der Privatpatienten mit Wahlleistungsvereinbarung zu.

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Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. Mai 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige Stufenklage sei insgesamt abweisungsreif, weil es bereits dem Auskunftsanspruch an einer materiell-rechtlichen Grundlage fehle. Ein Schadensersatzanspruch aus § 162 Abs. 1 BGB (analog) sei nicht ersichtlich und dargelegt. Auch ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB sei nicht gegeben. Das vertraglich unter „Nebeneinkünfte“ gefasste stationäre Liquidationsrecht des Klägers nach § 5 Abs. 4 DV stehe nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der vom Kläger arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit, da die Liquidationseinnahmen ausweislich der vom Kläger vorgelegten Aufstellung nur einen untergeordneten Anteil der Einnahmen des Klägers ausmachten. Entgegen der Auffassung des Klägers sei § 5 Abs. 9 DV nicht dahingehend auszulegen, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger 50 % aller Privatpatienten in Bezug auf die jährliche Gesamtanzahl der orthopädischen Privatpatienten der Kliniken M und B zuzuweisen. Zwar könne allein der Wortlaut so verstanden werden, allerdings verstoße die Vorschrift bei diesem Verständnis wegen des Rechts auf freie Arztwahl gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB und sei nichtig, weshalb eine derartige Auslegung ausscheide und vielmehr anzunehmen sei, dass die Vorschrift im Sinne einer Absichtserklärung auszulegen sei, dass der Reservierungsservice dafür sorgen solle, dass die Patienten sich frei entscheiden könnten und nicht eine Klinik bevorzugt anbieten. Dass die Beklagte nicht im Rahmen ihrer rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten darauf hingewirkt habe, dass die Kliniken ohne Bevorzugung einheitlich angeboten würden, habe der Kläger nicht dargelegt, weshalb es an einer schadensersatzbegründenden Pflichtverletzung fehle. Eine Pflichtverletzung ergebe sich weder aus dem Internetauftritt, der auch für die Klinik B Privatpatienten als Vertragspartner nenne, noch habe der Kläger konkrete Anhaltspunkte dafür geliefert, dass der Reservierungsservice ausdrücklich angewiesen sei, die Komfortstation vorrangig zu belegen. Zudem weise die Beklagte zu Recht darauf hin, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich die Patienten letztlich auch für eine Chefarztbehandlung durch den Kläger entschieden hätten. Dem geltend gemachten Auskunftsanspruch stehe im Übrigen entgegen, dass es sich bei der Beklagten um eine andere Gesellschaft als die R Gesellschaft für Rehabilitation mbH handele. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 116 ff. d. A. verwiesen.

49

Der Kläger hat gegen das ihm am 10. August 2016 zugestellte Urteil mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 08. September 2016 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 11. November 2016 mit Schriftsatz vom 08. November 2016, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.

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Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 08. November 2016 und seines Schriftsatzes vom 01. Juni 2017, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 147 ff. d. A. und Bl. 260 ff. d. A.), zweitinstanzlich geltend,

51

bereits der klare Wortlaut von § 5 Abs. 9 DV zeige, dass die Vorschrift nicht lediglich eine bloße „Neutralitätserklärung“ habe darstellen sollen, sondern die Beklagte gegenüber dem Kläger eine verbindliche Verpflichtung im Sinne eines Garantieversprechens auf gleichmäßige steuernde Aufteilung der Privatpatienten durch die Verwaltung auf beide Kliniken eingegangen sei. Gegen diese Pflicht habe die Beklagte - entgegen ihrer Möglichkeiten - durch ihre Anweisung auf vorrangige Belegung der Komfortstation verstoßen und schulde Schadensersatz. Das Versprechen sei wegen der dargelegten besonderen Aufnahme -bzw. Belegungsmechanismen auch nicht nach § 134 BGB nichtig. Bei der Anmeldung wisse ein Privatpatient überhaupt nicht, dass es zwei orthopädische Kliniken gebe und er theoretisch eine Wahl habe. Den die Patienten anmeldenden Krankenhaussozialdiensten werde Prospektmaterial zur Verfügung gestellt, in dem die Comfort- und Superior-Zimmer der Klinik M abgebildet seien; Prospektmaterial für die Klinik B gebe es zwar möglicherweise, es handele sich hierbei allerdings zwangsläufig nicht um einen Prospekt über eine Premium-Station. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt. Die gezielte Umleitung potentieller Privatpatienten ergebe sich entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bereits durch die besondere werbliche Herausstellung Komfortstation der Klinik M im Internetauftritt und die Verwendung entsprechender Werbebroschüren. Zudem seien der Reservierungsservice und die Außendienstmitarbeiter zur gezielten Bewerbung instruiert (Zeugnis L, D, S und Z), was schon die E-Mail des Verwaltungsleiters B vom 18. August 2011 (Bl. 79 d. A.) zeige, nach der es zum immer noch anhaltenden Belegungsknick im Jahr 2011 gekommen sei. Der erstinstanzliche Vortrag zur Anweisung an den Reservierungsservice habe nicht als Vortrag „ins Blaue hinein“ zurückgewiesen werden dürfen; es sei unerheblich, wann die unverändert existierende Anweisung zur vorrangigen Belegung der Klinik M erstmals erteilt worden sei. Das Liquidationsrecht nach § 5 Abs. 9 DV stehe im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Arbeitsleistung des Klägers als Chefarzt, da er nur mit den dortigen Einnahmen - die (obgleich unerheblich) auch nicht untergeordneter Größe seien - ein angemessenes Honorierung erreichen könne, nachdem sei Grundgehalt noch unter dem Tarifgehalt eines Leitenden Oberarztes in Höhe von derzeit 8.730,02 Euro brutto monatlich liege. Das Arbeitsgericht habe den Schaden nach § 287 Abs. 1 ZPO entweder auf der Basis der tatsächlich erzielten Liquidationseinnahmen oder unter Zugrundelegung der behandelten Privatpatienten ermitteln müssen. Datenschutzgesichtspunkte stünden - zumal dem Hilfsantrag - nicht entgegen. Hilfsweise beruft sich der Kläger auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage.

52

Der Kläger beantragt,

53

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier - 5 Ca 1624/15 - vom 18. Mai 2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen

54

1. ihm Auskunft über die in den Jahren 2012, 2013, 2014 und 2015 in der M Klinik M erzielten Liquidationseinnahmen der stationären orthopädischen Privatpatienten zu erteilen und ihm eine geordnete Zusammenstellung dieser Einnahmen vorzulegen,

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2. hilfsweise ihm Auskunft über die Zahl der in den Jahren 2012, 2013, 2014 und 2015 in der M Klinik M behandelten stationären orthopädischen Privatpatienten zu erteilen und ihm eine gesonderte Zusammenstellung dieser Patientenzahlen vorzulegen,

56

3. erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben durch ihre Geschäftsführer an Eides Statt zu versichern,

57

4. an ihn einen Betrag in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

58

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

60

Sie verteidigt das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 20. Januar 2017 (Bl. 214 ff. d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zweitinstanzlich wie folgt,

61

§ 5 Abs. 9 DV enthalte kein verschuldensunabhängiges Garantieversprechen auf Beibringung einer bestimmten Patientenzahl oder Liquidationseinnahmen in bestimmter Höhe und begründe auch keine Pflicht auf Aufnahme genauso vieler orthopädischer Patienten in der Klinik B wie in der Klinik M, sondern lediglich die Verpflichtung, Patienten gleichmäßig eine Behandlung in beiden Kliniken anzubieten. Es gebe keinerlei rechtliche Handhabe, darauf Einfluss zu nehmen, für welche Einrichtung sich die Patienten tatsächlich entscheiden würden oder diese zwangsweise einer Klinik zuzuweisen. Es gebe keine Anweisung an den Reservierungsservice des bevorzugten bzw. ausschließlichen Angebots einer Klinik (Zeugnis B). Dass bei der Entscheidungsfindung der Patienten wohl die Premium-Station der Klinik M eine Rolle spiele, die das Ambiente eines „First Class-Hotels“ mit einer hochwertigen medizinischen Versorgung verbinde, habe sie nicht zu vertreten. Die Auslegung des Klägers von § 5 Abs. 9 DV führe zu einer angesichts des Rechts auf freie Arzt- und Krankenhauswahl nach Art. 2 Abs. 1 GG und des ärztlichen Berufsrechts rechtlich unzulässigen und tatsächlich nicht erfüllbaren Vertragspflicht auf „Zwangszuweisung“ von Privatpatienten. In die orthopädische Abteilung der Klinik B könnten von vorneherein nur Privatpatienten aufgenommen werden, die tatsächlich zu einer Behandlung durch den Kläger und zum Abschluss eines sog. Arzt-Zusatzvertrages bereit seien. Dies sei bei den Patienten, die sich einer anderen Klinik behandeln lassen wollten, ganz offensichtlich nicht der Fall. Im Übrigen sei es auch vor dem Jahr 2012 niemals so gewesen, dass in den beiden Kliniken immer die gleiche Anzahl von Privatpatienten behandelt worden sei. Sie biete - entgegen der Email des Zeugen B vom 17. (gemeint wohl: 18.) August 2011 - gleichmäßig eine Behandlung in beiden Kliniken an. Sofern Privatpatienten sich noch nicht von vorneherein für eine der beiden Kliniken entschieden hätten, schicke der Zentrale Reservierungsservice - wie seit jeher - Prospekte und Preisliste beider Kliniken zu. Ungeachtet dessen und eines fehlenden Verschuldens sei die Schadenshöhe nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe auch eine deutlich erhöhte Anzahl von ambulanten Privatpatienten behandelt, was ihm nur wegen des geringeren Aufkommens stationären Privatpatienten möglich gewesen sei. Schließlich komme hinzu, dass der Kläger, der als Chefarzt selbst Belegungsverantwortung habe und für die Akquise von Privatpatienten zuständig sei, dieser Pflicht nicht ansatzweise nachkomme. Die Voraussetzungen eines ausnahmsweise bestehenden Auskunftsanspruchs gegen einen Dritten nach § 242 BGB seien in Ermangelung einer Sonderbeziehung nicht gegeben. Einen Auskunftsanspruch gegen die Trägerin der Klinik M habe sie - ungeachtet der datenschutzrechtlichen Verbote - genauso wenig wie gegen den dortigen Chefarzt.

62

Im Übrigen wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 08. Juni 2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

63

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.

I.

64

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 10. August 2016 mit am 08. September 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und innerhalb verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 08. November 2016, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO).

II.

65

Die Berufung des Klägers ist in der Sache nicht erfolgreich. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

66

1. Der Antrag zu 1), den der Kläger auf Auskunftserteilung über die in den Jahren 2012 bis 2015 in der Klinik M erzielten Liquidationseinnahmen der stationären orthopädischen Privatpatienten gerichtet hat, ist zulässig, jedoch nicht begründet.

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1.1. Der Antrag ist gemäß § 254 ZPO als Stufenklage zulässig.

68

a) Nach § 254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet(BGH 29. März 2011 - VI ZR 117/10 - Rn. 8, zitiert nach juris). Die begehrte Auskunft muss für die Erhebung eines bestimmten Antrages erforderlich sein (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 527/10 - Rn. 53 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 15; jeweils zitiert nach juris). Die Besonderheit der Stufenklage liegt nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage, sondern in erster Linie in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Stufenklage soll dem Kläger die Prozessführung nicht allgemein erleichtern. Vielmehr muss sein Unvermögen zur bestimmten Angabe der von ihm auf der letzten Stufe seiner Klage beanspruchten Leistung gerade auf den Umständen beruhen, über die er auf der ersten Stufe Auskunft begehrt, bzw. muss das Auskunftsbegehren gerade der Vorbereitung der auf der letzten Stufe noch nachzuholenden bestimmten Angabe dienen. Daraus folgt, dass im Rahmen der Stufenklage die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht dagegen nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH 29. März 2011 - VI ZR 117/10 - Rn. 8 mwN, 18. April 2002 - VII ZR 260/01 - Rn. 16; 02. März 2000 - III ZR 65/99 - Rn. 18; jeweils zitiert nach juris).

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b) Ausgehend hiervon bestehen keine Bedenken in Bezug auf die Zulässigkeit des Auskunftsantrags zu 1 im Wege der Stufenklage. Der Kläger begehrt von der Beklagten Auskunft über die Liquidationserlöse der stationären orthopädischen Privatpatienten der Klinik M, um auf der Basis dieser Zahlen die ihm nach seiner Auffassung entgangenen Liquidationserlöse in Höhe von 50 % der in der Klinik M behandelten Privatpatienten hochzurechnen. Damit dient die Auskunft nicht dem Zweck, zu ermitteln, ob dem Kläger solche Ansprüche überhaupt zustehen, sondern allein der Bezifferung eines dem Kläger seiner Ansicht nach auf der letzten Stufe der Stufenklage zustehenden Zahlungsanspruchs.

70

1.2. Dem Kläger steht der mit dem Antrag zu 1 geltend gemachte Auskunftsanspruch in der Sache jedoch nicht zu.

71

a) Der Umstand allein, dass jemand Kenntnis von Tatsachen hat oder haben könnte, die für einen anderen von Bedeutung sein mögen, verpflichtet ihn nicht zur Auskunftserteilung; denn eine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Auskunftspflicht ist dem bürgerlichen Recht unbekannt (BGH 18. Januar 1978 - VIII ZR 262/76 - Rn. 17, zitiert nach juris). Gewohnheitsrechtlich ist jedoch anerkannt, dass Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (vgl. BAG 19. April 2005 - 9 AZR 188/04 - Rn. 21, 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 21 f.; jeweils zitiert nach juris). Im Regelfall setzt das einen dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch voraus (BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 22; 27. Juni 1990 - 5 AZR 334/89 - Rn. 17 ff.; BGH 7. Dezember 1988 - IVa ZR 290/87 - Rn. 11; vgl. auch BAG 21. November 2000 - 9 AZR 665/99 -Rn. 44; BGH 18. Januar 1978 - VIII ZR 262/76 - Rn. 18, jeweils zitiert nach juris). Besteht zwischen den Parteien eine Sonderverbindung, insbesondere ein Vertragsverhältnis, dann reicht es aus, dass mit der Auskunftsklage auch der Bestand eines Leistungsanspruchs geklärt werden soll, sofern der Berechtigte die Wahrscheinlichkeit seines Anspruchs dargelegt hat (BAG 21. November 2000 - 9 AZR 665/99 - mwN Rn. 44 aaO; vgl. 04. November 2015 - 7 AZR 972/13 - Rn. 19, zitiert nach juris).

72

b) In Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Auskunft über die Liquidationserlöse der stationären orthopädischen Privatpatienten in der Klinik M für die Jahre 2012 bis 2015. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass ihm der geltend gemachte Hauptanspruch auf Zahlung entgangener Liquidationserlöse als Mindestgarantieanspruch (aa), im Wege des Schadensersatzes (bb und cc) oder wegen Anpassung des Vertrages nach Wegfall der Geschäftsgrundlage (dd) zusteht oder zumindest aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit hierfür besteht. Inwieweit die Beklagte überhaupt tatsächlich in der Lage und rechtlich befugt wäre, dem Kläger Auskunft über die Verhältnisse der Privatpatienten bei der Trägerin der Klinik M, der R Gesellschaft für Rehabilitation mbH, zu erteilen oder ob sie verpflichtet wäre, im Hinblick auf eine Zurverfügungstellung der Daten auf das ebenfalls zur M-Unternehmensgruppe zählende Unternehmen einzuwirken, kann dahinstehen.

73

aa) Aus dem Dienstvertrag der Parteien vom 26./ 29. März 1998 lässt sich kein Anspruch des Klägers auf eine Mindestgarantie von Liquidationseinnahmen in bestimmter Höhe im Zusammenhang mit der Behandlung stationär untergebrachter Privatpatienten herleiten. Dem Kläger wird in § 4 Abs. 1 DV eine Vergütung für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich in bestimmter Höhe (nebst Rufbereitschaftsdienstvergütung) zugesagt, die zuletzt ca. 9.800,00 Euro brutto beträgt. Darüber hinaus ist ihm in § 5 Abs. 1 DV die Erlaubnis erteilt, bis zu 10 % der in der Klinik aufgestellten Betten mit Privatpatienten zu belegen und ihm wird nach § 5 Abs. 4 DV das Liqidationsrecht für insoweit von ihm erbrachte Sach- und ärztliche Leistungen eingeräumt. Die Vertragsregelungen geben keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien von einer bestimmten Höhe der durch Privatliquidationen zu erreichenden Einkünfte des Klägers ausgegangen sind, auch nicht in Bezug auf das Verhältnis zwischen Liquidationserlösen und Vergütung nach § 4 Abs. 1 DV. Eine bestimmte Höhe von Liquidationseinnahmen haben die Parteien nicht vereinbart. Sie haben auch nicht zu erkennen gegeben, dass sie von einer bestimmten absoluten Anzahl von vom Kläger zu betreuenden stationären Privatpatienten ausgegangen sind. Der Vertrag besagt lediglich, dass der Kläger bei der medizinischen Versorgung der Patienten eine näher bezeichnete Funktion wahrzunehmen hat und er dafür ein festes Gehalt erhalten, sowie ihm ein besonderes Vergütungsrecht bei Wahlleistungen im Zusammenhang mit stationären Privatpatienten zustehen soll. Dass die Höhe der Liquidationseinnahmen hinsichtlich vom Kläger stationär betreuter Privatpatienten nicht unabänderlich und fix festgeschrieben ist, ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass sich die Beklagte in § 5 Abs. 7 DV vorbehalten hat, das Belegungsrecht des Klägers in Bezug auf stationäre Privatpatienten bei Vorliegen im Einzelnen geregelter Voraussetzungen zu widerrufen oder einzuschränken.

74

bb) Dem Kläger kann auch kein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Liquidationserlöse in der Höhe von 50 % der insgesamt in den Kliniken B und M stationär behandelten orthopädischen Privatpatienten zustehen, weil die Beklagte es dem Kläger durch fehlende Zuführung von Patienten unmöglich gemacht hätte, die Hälfte der in beiden Kliniken stationär betreuten orthopädischen Privatpatienten zu behandeln und hieraus entsprechende Liquidationserlöse zu erzielen (§§ 611 BGB iVm. §§ 283, 275, 280 Abs. 1 BGB) oder weil sie zumindest eine entsprechende Nebenpflicht auf Zuweisung von Patienten verletzt hätte (§ 280 Abs. 1 BGB). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob das dem Kläger in § 5 Abs. 4 DV eingeräumte Liquidationsrecht im Hinblick auf Patienten in seiner Privatstation im Synallagma zu der von ihm vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung steht und damit eine Hauptpflicht darstellt oder ob es bloße Nebenpflicht ist. Sowohl ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 611 BGB iVm. §§ 283, 275, 280 Abs. 1 BGB als auch ein solcher nach § 280 Abs. 1 BGB scheitert bereits daran, dass die Beklagte im zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrag im Zusammenhang mit der Einräumung des Liquidationsrechts jedenfalls nicht die Verpflichtung übernommen hat, dem Kläger Patienten und zwar stets die Hälfte der in den Kliniken B und M insgesamt behandelten Privatpatienten zur Eröffnung einer privaten Liquidationsmöglichkeit als Erwerbsquelle zuzuführen. Dass eine derartige Verpflichtung weder als Haupt- noch als Nebenpflicht Gegenstand des Arbeitsvertrages ist, ergibt eine Auslegung der arbeitsvertraglichen Bestimmungen.

75

(1) Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist zwar vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. BAG 25 Januar 2017 - 4 AZR 522/15 – Rn. 25; 24. September 2015 - 2 AZR 716/14 - Rn. 35; 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 21; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 57 mwN, zitiert nach juris).

76

(2) Gemessen hieran lässt sich aus dem Dienstvertrag der Parteien keine Pflicht der Beklagten ableiten, dem Kläger steuernd die Hälfte der in den Kliniken B und M insgesamt behandelten Privatpatienten zur Eröffnung einer privaten Liquidationsmöglichkeit als Erwerbsquelle zuzuführen. Hiervon ist das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung ausgegangen. Auf die Frage, ob die Beklagte, die nicht identisch ist mit dem Rechtsträger der Klinik M, hierzu rechtlich überhaupt in der Lage wäre, kommt es nicht entscheidungserheblich an.

77

(2.1.) Nach § 5 Abs. 1 Satz DV hat die Beklagte dem Kläger die Erlaubnis eingeräumt, bis zu 10 % der in der Klinik aufgestellten Betten mit Privatpatienten zu belegen, bei denen er nach § 5 Abs. 4 DV zur Liquidation seiner Sach- und ärztlichen Leistungen berechtigt ist. Bei der Einberufung der Patienten durch die Verwaltung hat sich der Kläger im Rahmen der Belegung der Betten der Privatstation an die allgemeinen Einberufungsregeln zu halten (§ 5 Abs. 1 Satz 3 DV); von ihm nicht belegte Betten können auf Weisung der Verwaltungsleitung mit Patienten anderer Kostenträger belegt werden (§ 5 Abs. 1 Satz 4 DV). Soweit der Kläger im Rahmen der chefärztlichen Privatstation Ärzte der Klinik in Anspruch nimmt, hat er diese nach § 5 Abs. 8 DV an seinen Nebeneinkünften zu beteiligen. Aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen ergibt sich, dass die Beklagte dem Kläger die Möglichkeit eröffnet hat, eigene Privatpatienten in der Klinik zu behandeln und ihm hierfür die personellen und sachlichen Mittel zur Verfügung stellt. Eine Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger die entsprechenden Privatpatienten zuzuführen, lässt sich den Vereinbarungen angesichts der klaren Formulierung, dass der Kläger selbst zur Belegung eines gewissen Anteils der Station mit Privatpatienten berechtigt sein soll, indes nicht ableiten.

78

(2.2.) Gegenteiliges folgt nicht aus § 5 Abs. 9 DV. Soweit dort geregelt ist, dass durch die Verwaltung eine gleichmäßige Aufteilung der Privatpatienten in die Kliniken B und M (jetzt: M) „vorgenommen“ wird, legt dies zwar eine aktive Rolle der Verwaltung bei der Verteilung von Patienten nahe. Hieraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass damit das dargelegte Gesamtgefüge im Hinblick auf das dem Kläger eingeräumte Recht, 10 % der Station mit eigenen Privatpatienten zu belegen, dergestalt abgeändert werden sollte, dass die Beklagte zur Zuführung von Privatpatienten an den Kläger verpflichtet werden sollte und zwar stets in Bezug auf die hälftige Anzahl der Privatpatienten, die insgesamt in den Kliniken B und M behandelt werden. Einem derartigen Verständnis steht bereits die Tatsache entgegen, dass den Privatpatienten - beim Bestand freier Kapazitäten - grundsätzlich das Recht der freien Arztwahl zusteht (Art. 2 Abs. 1 GG) und die Beklagte vor diesem Hintergrund bereits nicht berechtigt wäre, Patienten, die sich für eine der beiden Kliniken entschieden haben, unter Missachtung von deren Rechte der jeweils anderen Klinik zuzuweisen. Dem trägt auch § 5 Abs. 3 DV Rechnung, nach dem Chefarztpatienten ausschließlich solche Patienten sind, die als Wahlleistung eine persönliche Behandlung durch den Chefarzt oder seinen Vertreter wünschen. Jedoch auch bei den Privatpatienten, die noch unentschieden sind, in welcher der beiden Kliniken sie sich stationär behandeln lassen wollen und bei denen das Recht auf freie Arztwahl durch eine „Zuteilung“ durch die Beklagte nicht tangiert wäre, hängt die Frage, in welcher Klinik eine Behandlung erfolgen kann, von äußeren, von der Beklagten nicht zu beeinflussenden Faktoren ab, etwa der Frage, welche Rehabilitationsklinik der Patient in Absprache mit seiner jeweiligen privaten Krankenkasse als Kostenträger in Anspruch nehmen kann. Schließlich berücksichtigte eine derartige Verpflichtung auch nicht den Umstand, dass der Ruf einer Klinik und damit einhergehend die Nachfrage auf Patientenseite allein durch Zeitablauf Veränderungen unterworfen sein kann, etwa in Bezug auf die Person der jeweils behandelnden Chef-, Ober- oder sonstigen Ärzte und Pflegepersonal, in den einzelnen Kliniken angewandte Behandlungsmethoden, in der Vergangenheit erzielte Behandlungserfolge oder auch geänderte Ausstattungen. Dafür, dass die Beklagte sich dennoch verpflichten wollte, dem Kläger, der für die Belegung seiner Privatstation nach den vertraglichen Regelungen selbst die Verantwortung trägt und dem als Chefarzt nach § 1 Abs. 3 Satz 2 DV zudem die Aufgabe zukommt, den medizinischen Ruf der Klinik zu erhalten und zu fördern, ungeachtet der genannten Faktoren und der damit unter Umständen verbundenen geänderten Patientennachfrage stets die Hälfe aller in beiden Kliniken behandelten Privatpatienten zuzuweisen, lassen sich aus § 5 Abs. 9 DV genügende Anhaltspunkte nicht ableiten. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Arbeitsgerichts, die Parteien hätten in Ziff. 5 Abs. 9 DV lediglich die Verpflichtung der Beklagten regeln wollen, durch den einheitlichen Reservierungsservice darauf hinzuwirken, dass keine der beiden Kliniken bevorzugt angeboten wird, nicht zu beanstanden.

79

(2.3.) Entgegen der vom Kläger noch in der Berufung vertretenen Auffassung rechtfertigen weder die Besonderheiten im vorliegend betroffenen Bereich der Rehabilitation von Patienten allgemein und im Besonderen bei der Beklagten, noch die tatsächliche Handhabung des Vertrages in der Vergangenheit den Schluss auf eine dienstvertragliche Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger stets die Hälfte der insgesamt stationär behandelten Privatpatienten zuzuführen.

80

(2.3.1.) Es war für die Berufungskammer bereits nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die bloße Tatsache, dass die Patienten für Reha-Maßnahmen über die Sozialdienste der Krankenkassen angemeldet werden, zu einer Verpflichtung der Beklagten auf Zuführung von Privatpatienten an den Kläger führen soll. Auch ist es dem Kläger nicht gelungen, spezielle Strukturen im Reservierungssystem der M-Kliniken aufzuzeigen, die eine solche Annahme rechtfertigen würden. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer übereinstimmend klargestellt, dass im gemeinsamen Reservierungssystem der M-Kliniken eine Anmeldung der Patienten durch die Sozialdienste der Krankenhäuser bereits in eine spezielle Klinik mit freien Betten erfolgt und nur in Ausnahmefällen eine Beratung durchgeführt wird. Damit erfolgt die Auswahl der jeweiligen Klinik jedenfalls bei den den Regelfall bildenden Direktanmeldungen nach allgemeinen Faktoren, etwa nach der Ausstattung und dem Ruf der Kliniken, deren Lage, den behandelnden Ärzten, dem Pflegepersonal oder aber infolge vorheriger Akquisemaßnahmen, ohne dass die Möglichkeit einer regelmäßigen Beeinflussung der Sozialdienste der Krankenhäuser durch gezielte Beratung seitens des Reservierungsservices bestünde. Soweit die Berufung in Hinblick auf die Bewerbung der Kliniken zunächst darauf abgestellt hatte, dass die Prospektmaterialien zur Klinik Moselschleife die Premium-Station besonders hervorheben, während es Prospektmaterial für die Klinik B nicht gebe, hat der Kläger diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage nicht aufrecht erhalten, sondern zuletzt eingeräumt, dass es möglicherweise Prospektmaterial für die Klinik, in der er beschäftigt ist, gebe, dieses allerdings - mangels Angebot zwangsläufig - keine Ausführungen zur Premium-Station enthalte. Damit steht für die Berufungskammer, die sich im Übrigen davon überzeugen konnte, dass Prospektmaterial auch zur Klinik B über den Internet-Auftritt der M-kliniken zum Download bereit steht (Stand 07. Juni 2017, https://www.median-kliniken.de/fileadmin/Inhalte/BKL/BKLB/pdf/BKL-Bern_FB_ Orthopa__die_2016-05_ web.pdf) fest, dass jedenfalls eine einseitige Bewerbung der Klinik M, die zu einer von vorneherein eingeschränkten Auswahlmöglichkeit der Sozialdienste bzw. der Patienten führt, weder erfolgt, noch konkrete Besonderheiten im Rehabilitationsbereich bei der Anmeldung von Patienten in die Klinik B bestehen, die dem gefundenen Auslegungsergebnis der Vorschriften zum Privatliquidationsrecht des Klägers entgegenstehen würden. Dass die Klinik B im Gegensatz zur Klinik M über eine Premium-Station mit sog. First-Class-Ambiente nicht verfügt, führt möglicherweise zu einer schlechteren Belegungssituation, die jedoch auf objektive Gegebenheiten und nicht auf ein einseitiges Bewerbungsverhalten der Beklagten bzw. der M-Gruppe zurückzuführen ist.

81

(2.3.2.) Dass in der Vergangenheit - vor 2011 - stets eine hälftige Zuweisung von Privatpatienten durch die Beklagte ohne Berücksichtigung der Vorstellungen von Patienten und Krankenkasse vorgenommen worden ist und damit die tatsächliche Handhabung des Dienstvertrages für die vom Kläger vertretene Auslegung spricht, ist zwischen den Parteien entgegen der Annahme der Berufung nicht unstreitig und war dem klägerischen Vortrag mangels konkreter Darlegung aktiver Zuweisungsmaßnahmen der Beklagten auch nicht zu entnehmen. Wenn auch möglicherweise vor Inbetriebnahme der Premium-Station in der Klinik M der Anteil der Privatpatienten in beiden Kliniken aufgrund vergleichbarere Wettbewerbslage in etwa gleich groß gewesen sein mag, so rechtfertigt dies einen solchen Schluss nicht.

82

cc) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht nach § 280 Abs. 1 BGB denkbar, weil die Beklagte ihrer in § 5 Abs. 9 DV übernommenen Verpflichtung, durch den einheitlichen Reservierungsservice darauf hinzuwirken, dass keine der beiden Kliniken bevorzugt angeboten wird, verletzt hätte. Dass Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung erkannt, dass eine derartige Pflichtverletzung nicht ersichtlich ist.

83

(1) Der Arbeitnehmer, der Schadensersatzansprüche gegen seinen Arbeitgeber geltend macht, trägt für das Vorliegen der behaupteten Pflichtverletzungen die Darlegungs- und Beweislast. Er hat im Rechtsstreit die einzelnen Handlungen oder Maßnahmen, aus denen er die angeblichen Pflichtverletzungen herleitet, konkret unter Angabe deren zeitlicher Lage zu bezeichnen. Nur dadurch werden die Tatsachengerichte in die Lage versetzt, zu überprüfen, ob die behaupteten Vorgänge zu einer Rechtsbeeinträchtigung des Arbeitgebers geführt haben, um dann gegebenenfalls über jeden behaupteten Vorgang Beweis zu erheben (vgl. LAG Düsseldorf, 20. April 2015 - 9 Sa 151/15 - Rn. 64, mwN).

84

(2) Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass es dem Kläger nicht gelungen ist darzulegen, dass die Beklagte ihre Pflicht verletzt hat, keine der beiden Kliniken B und M durch den Reservierungsservice zu bevorzugen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Berufungskammer Bezug auf die sorgfältig begründeten diesbezüglichen Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil unter A II 2 c (Bl. 15 bis 16 der Entscheidung = Bl. 122 bis 123 d. A.) und stellt dies ausdrücklich fest. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen ein anderes Ergebnis nicht.

85

(2.1.) Entgegen der Auffassung der Berufung lässt die gesonderte Herausstellung der Premium-Station im Internetauftritt der Klinik M oder den entsprechenden Werbeprospekten, selbst wenn die Beklagte für die dortige Gestaltung verantwortlich sein sollte, nicht darauf schließen, dass eine sachlich nicht gerechtfertigte, gezielte Zuführung von Privatpatienten ausschließlich an die Klinik M zu Lasten der Klinik B und damit deren Bevorzugung iSd. § 5 Abs. 9 DV erfolgt. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die objektiven Gegebenheiten beider Kliniken, die die Patienten im Rahmen ihrer Rehabilitation vorfinden, in den Werbematerialien wahrheitsgemäß dargestellt werden. Dass die Ausstattung der beiden Kliniken sich insoweit unterscheidet, entspricht den Tatsachen und darf in den Informations- und Werbematerialien herausgestellt werden. Die Berufungskammer verweist im Übrigen ergänzend auf ihre Ausführungen unter A II 1.2. b) bb) (2.3.).

86

(2.2.) Das Arbeitsgericht hat zu Recht von einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der klägerseits benannten Zeugen - zuletzt L, D, S und Z - zu dessen Behauptung abgesehen, Reservierungsservice und Außendienstmitarbeiter seien zur gezielten Bewerbung ausschließlich der Klinik M instruiert worden und nach wie vor instruiert. Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person als entstanden erscheinen zu lassen; genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (BAG 28. September 2016 - 7 AZR 377/14 - Rn. 21, mwN; 7. Juli 2015 - 10 AZR 416/14 - Rn. 29, jeweils zitiert nach juris). Eine Beweisaufnahme zu einer erheblichen Tatsache kann nur dann abgelehnt werden, wenn ihre Erheblichkeit mangels näherer Bezeichnung der unter Beweis gestellten Tatsachen nicht zu beurteilen ist oder wenn sie lediglich in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, tatsächlich aber erkennbar aus der Luft gegriffen, dh. ohne jeden Anhaltspunkt ins Blaue hinein aufgestellt ist und sich dieser Vortrag deshalb als Rechtsmissbrauch darstellt. Dabei ist hinsichtlich einer solchen Annahme Zurückhaltung geboten (vgl. BAG 03. August 2005 - 10 AZR 585/04 - Rn. 19, zitiert nach juris). Von diesen Grundsätzen ist das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen. Es hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger weder dargelegt hat, zu welchem Zeitpunkt, noch welcher Mitarbeiter der Beklagten welchen Mitarbeitern des Reservierungsservices bzw. des Außendienstes die konkrete Anweisung erteilt hat, gezielt - allein - die Klinik Moselschleife zu bewerben. Die Argumentation der Berufung, es komme angesichts der „unverändert bestehenden Anweisung“ nicht darauf an, wann diese erstmals erteilt worden sei, war insoweit unbehelflich, als der Kläger auch bezüglich der Fortdauer der Anweisung nicht dargelegt hat, wer wann aktuell, welchem Mitarbeiter gegenüber die Anweisung erteilt oder zumindest den Fortbestand einer früheren Anweisung angeordnet haben soll. Allein der vom Kläger angeführte „Belegungsknick“ ab dem Jahr 2011 bietet ausreichenden Anhalt für ein aktives Steuerungsverhalten der Beklagten jedenfalls angesichts der Tatsache nicht, dass die Premium-Station nach dem Vortrag des Klägers in 2011 in Betrieb gegangen ist und seither die Klinik Moselschleife offenbar über eine insoweit objektiv bessere Ausstattung als die Klinik B verfügt. Auch die vom Kläger (auszugsweise) vorgelegte E-Mail des damaligen Verwaltungsleiters B vom 18. August 2011 (Bl. 79 d. A.), in der dieser zu Beginn der Auseinandersetzungen mit dem Kläger mitgeteilt hat, dass „dann ja grundsätzlich alle orthopädischen Privatpatienten“ in der „künftig in Betrieb gehenden Privatstation“ in der M untergebracht würden, bietet keinen ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkt für die vom Kläger behauptete konkrete Anweisung an Reservierungsservice und Außendienst. Ungeachtet der Tatsache, dass die Premium-Station zum damaligen Zeitpunkt noch nicht eröffnet war, hat der Zeuge B im gleichen Text darauf hingewiesen, dass man sich einem explizit geäußerten Patientenwunsch nicht verschließen könne, woraus sich ableiten lässt, dass eine Zuweisung entsprechend der Wünsche der Patienten beabsichtigt war. Darüber hinaus hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass (auch) der Geschäftsführer der Beklagten nachfolgend mit Schreiben vom 23. Mai 2012 unter Hinweis auf das zu berücksichtigende Wunsch- und Wahlrecht der Patienten und der Anweisungen der Kostenträger eine Steuerung von orthopädischen Privatpatienten in die eine oder andere Klinik ausdrücklich in Abrede gestellt hat.

87

dd) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Ausgleich entgangener Liquidationserlöse ergibt sich nicht aus dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), auf den er sich zuletzt hilfsweise gestützt hat.

88

(1) Gemäß § 313 BGB liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss in schwerwiegender Weise geändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Geschäftsgrundlage sind nur die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsabschluss jedoch zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Vertragspartei vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien aufbaut. Was selbst Vertragsinhalt ist, kann damit nicht Geschäftsgrundlage sein (BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 626/09 - Rn. 68, zitiert nach juris, mwN). Für das Vorliegen der Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, insbesondere dafür, dass dem Vertragsschluss bestimmte beiderseitige Vorstellungen zugrunde gelegen haben, ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage beruft (BAG 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - Rn. 21, zitiert nach juris).

89

(2) Hiervon ausgehend liegen die Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage durch die Eröffnung der Premium-Station in der Klinik M und die damit verbundene geänderte Wettbewerbssituation, die einen Anspruch des Klägers auf entgangene Liquidationserlöse nach sich ziehen könnten, auch dann nicht vor, wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass die von ihm aus Privatliquidationen erzielte Vergütung im Gegenseitigkeitsverhältnis zu seiner vertraglich geschuldeten Tätigkeit steht (so als Regelfall unbeschadet der Möglichkeit abweichender Vereinbarung im Einzelfall: vgl. BAG 15. September 2011 - 8 AZR 846/09 - Rn. 34, mwN, 22. März 2001 - 8 AZR 536/00 - Rn. 30; jeweils zitiert nach juris). Zum einen vermochte die Berufungskammer bereits nicht davon auszugehen, dass der unveränderte Zuschnitt sämtlicher orthopädischer Abteilungen der Kliniken B und M zur Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrages geworden ist. Dem steht bereits entgegen, dass die beiden Kliniken sich in unterschiedlicher Trägerschaft befinden. Zudem sind betriebliche Investitionen im Laufe der Zeit zur Verbesserung der Ausstattung im Bereich von Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken wie vorliegend nicht unüblich. Da im Übrigen nicht nur eine geänderte Ausstattung, sondern auch ein geändertes Anweisungsverhalten der Kostenträger und weitere Faktoren die Belegungssituation einer Klinik beeinflussen können, ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Geschäftswille der Parteien auf statische Gegebenheiten bei der Ausstattung der verschiedenen orthopädischen Abteilungen gerichtet gewesen sein soll. Selbst wenn man dies jedoch annehmen wollte, vermochte die Berufungskammer nicht anzunehmen, dass durch die Eröffnung der Premium-Station in der Klinik M eine Störung dieser Geschäftsgrundlage eingetreten ist, weil sich die Umstände nach Vertragsschluss in schwerwiegender Weise geändert haben. Es ist schon nicht ersichtlich, dass sich der Rückgang der Belegungszahlen und damit einhergehend der Einbruch der Privatliquidationen des Klägers im stationären Bereich allein und ausschließlich auf die Eröffnung der Premium-Station in 2011 zurückzuführen ist und nicht auf sonstigen Faktoren beruht. Darüber hinaus haben die Parteien in § 1 Abs. 4 und 5 DV als Maßstab festgelegt, dass eine Einschränkung des Tätigkeitsbereichs des Klägers erst dann zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Vertragsgrundlagen und einer Neuregelung der berührten, insbesondere finanziellen Regelungen führen soll, wenn die Gesamtbelegung der Klinik auf unter 50 % über einen Zeitraum von neun Monaten absinkt. Dass dies vorliegend der Fall gewesen wäre, war nicht ersichtlich.

90

2. Aus den bereits unter A II 1 dargestellten Gründen blieb auch dem vom Kläger hilfsweise gestellten Auskunftsantrag zu 2) in der Sache der Erfolg versagt. Folgerichtig hat das Arbeitsgericht, das die Klage insgesamt abgewiesen hat, dem Kläger auch den mit dem Antrag zu 3) verfolgten Anspruch auf Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft durch die Beklagte an Eides Statt nicht zuerkannt.

91

3. Auch dem auf Zahlung eines Geldbetrages gerichteten Klageantrag zu 4) fehlt die materiell-rechtliche Grundlage, so dass die Stufenklage insgesamt durch Endurteil abzuweisen war (vgl. BAG 04. November 2015 - 7 AZR 972/13 - Rn. 34, 14. November 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 61; 28. Juni 2011 - 3 AZR 385/09 - Rn. 16, jeweils zitiert nach juris).

B

92

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

93

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Juni 2017 - 6 Sa 400/16

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Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 275 Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE026802377 (1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. (2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts


(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. (2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 254 Stufenklage


Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis sc

Bundesdatenschutzgesetz - BDSG 2018 | § 4 Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume


(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie 1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,2. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder3. zur Wahrnehmung berechti

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 283 Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht


Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

Bundesdatenschutzgesetz - BDSG 2018 | § 1 Anwendungsbereich des Gesetzes


(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch 1. öffentliche Stellen des Bundes,2. öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie a) Bundesrecht ausführen oderb)

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Juni 2017 - 6 Sa 400/16 zitiert oder wird zitiert von 15 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Juni 2017 - 6 Sa 400/16 zitiert 15 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2002 - VII ZR 260/01

bei uns veröffentlicht am 18.04.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 260/01 Verkündet am: 18. April 2002 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 29. März 2011 - VI ZR 117/10

bei uns veröffentlicht am 29.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 117/10 Verkündet am: 29. März 2011 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 02. März 2000 - III ZR 65/99

bei uns veröffentlicht am 02.03.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 65/99 Verkündet am: 2. März 2000 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja --------------

Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Jan. 2017 - 4 AZR 522/15

bei uns veröffentlicht am 25.01.2017

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. Juli 2015 - 2 Sa 439/15 - insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urt

Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Sept. 2016 - 7 AZR 377/14

bei uns veröffentlicht am 28.09.2016

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. April 2014 - 15 Sa 766/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 04. Nov. 2015 - 7 AZR 972/13

bei uns veröffentlicht am 04.11.2015

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Oktober 2013 - 8 Sa 237/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Sept. 2015 - 2 AZR 716/14

bei uns veröffentlicht am 24.09.2015

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. Mai 2014 - 3 Sa 675/13 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 07. Juli 2015 - 10 AZR 416/14

bei uns veröffentlicht am 07.07.2015

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 20. März 2014 - 18 Sa 78/13 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage bereits

Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 20. Apr. 2015 - 9 Sa 151/15

bei uns veröffentlicht am 20.04.2015

Tenor 1.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 20.11.2014, Az.: 1 Ca 1871/14 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. 2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. 3.Die Revision wird zugelassen. 1T

Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Dez. 2014 - 10 AZR 63/14

bei uns veröffentlicht am 10.12.2014

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 15. November 2013 - 14 Sa 1619/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Jan. 2014 - 3 AZR 362/11

bei uns veröffentlicht am 21.01.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. April 2011 - 10 Sa 930/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Nov. 2012 - 10 AZR 783/11

bei uns veröffentlicht am 14.11.2012

Tenor 1. Auf die Revision beider Parteien wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. August 2011 - 5 Sa 490/11 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die Be

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Feb. 2012 - 4 AZR 527/10

bei uns veröffentlicht am 22.02.2012

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2010 - 9 Sa 2699/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antra

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. Sept. 2011 - 8 AZR 846/09

bei uns veröffentlicht am 15.09.2011

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 4. Juni 2009 - 16 Sa 1557/08 - teilweise aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen d

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Feb. 2011 - 6 AZR 626/09

bei uns veröffentlicht am 24.02.2011

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Juni 2009 - 6 Sa 321/09 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch

1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt.
Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

(2) Andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regeln sie einen Sachverhalt, für den dieses Gesetz gilt, nicht oder nicht abschließend, finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden.

(4) Dieses Gesetz findet Anwendung auf öffentliche Stellen. Auf nichtöffentliche Stellen findet es Anwendung, sofern

1.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten im Inland verarbeitet,
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt oder
3.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zwar keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, er aber in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung fällt.
Sofern dieses Gesetz nicht gemäß Satz 2 Anwendung findet, gelten für den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter nur die §§ 8 bis 21, 39 bis 44.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt.

(6) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(7) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) stehen die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziierten Staaten den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(8) Für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Rahmen von nicht in die Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und die Teile 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechend Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie

1.
zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
2.
zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
3.
zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke
erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen. Bei der Videoüberwachung von
1.
öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen, wie insbesondere Sport-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, Einkaufszentren oder Parkplätzen, oder
2.
Fahrzeugen und öffentlich zugänglichen großflächigen Einrichtungen des öffentlichen Schienen-, Schiffs- und Busverkehrs
gilt der Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit von dort aufhältigen Personen als ein besonders wichtiges Interesse.

(2) Der Umstand der Beobachtung und der Name und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sind durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkennbar zu machen.

(3) Die Speicherung oder Verwendung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur weiterverarbeitet werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.

(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, so besteht die Pflicht zur Information der betroffenen Person über die Verarbeitung gemäß den Artikeln 13 und 14 der Verordnung (EU) 2016/679. § 32 gilt entsprechend.

(5) Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

8
a) Nach § 254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet. Die Besonderheit der Stufenklage liegt nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage, sondern in erster Linie in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Stufenklage soll dem Kläger die Prozessführung nicht allgemein erleichtern. Vielmehr muss sein Unvermögen zur bestimmten Angabe der von ihm auf der letzten Stufe seiner Klage beanspruchten Leistung gerade auf den Umständen beruhen, über die er auf der ersten Stufe Auskunft begehrt, bzw. muss das Auskunftsbegeh- ren gerade der Vorbereitung der auf der letzten Stufe noch nachzuholenden bestimmten Angabe dienen (MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl., § 254 Rn. 6 f.; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 254 Rn. 2; Baumbach /Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 254 Rn. 1). Daraus folgt, dass im Rahmen der Stufenklage die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (Zöller /Greger, ZPO, 28. Aufl., § 254 Rn. 6). Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht dagegen nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH, Urteile vom 2. März 2000 - III ZR 65/99, NJW 2000, 1645, 1646 und vom 18. April 2002 - VII ZR 260/01, NJW 2002, 2952, 2953).

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2010 - 9 Sa 2699/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag zu 4) als unzulässig abgewiesen wird.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine Zeitgutschrift auf einem für ihn geführten Arbeitszeitkonto, die Durchführung eines tariflichen Beschwerdeverfahrens zur Bewertung seiner Tätigkeit und die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer sich hieraus eventuell ergebenden Differenzvergütung.

2

Der nicht tarifgebundene Kläger ist seit dem 1. Oktober 1993 bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. In dem maßgebenden Arbeitsvertrag vom 30. September 1993 heißt es unter Nr. 2 ua.:

        

„Für das Arbeitsverhältnis gelten

        

-       

der ‚Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost (TV Ang-O)’ und die sonstigen Tarifverträge für die Angestellten der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet

        

-       

der ‚Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb-O)’ und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet

        

in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart.“

3

Im Zuge der sog. Postreform II wurden die Geschäftsbereiche der Deutschen Bundespost durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem der Kläger tätig gewesen war, entstand kraft Gesetzes die Deutsche Telekom AG (nachfolgend DT AG). Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 1. Januar 1995 auf die DT AG übergeleitet.

4

Die DT AG vereinbarte in der Folgezeit mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Tarifverträge, die ua. die zuvor zwischen der Deutschen Bundespost und der DPG geschlossenen Tarifverträge für die Arbeiter und Angestellten der Deutschen Bundespost in Ost und West für den Bereich der DT AG abänderten. Eine weitgehende Ablösung der vormals mit der Deutschen Bundespost geschlossenen und nachfolgend geänderten Tarifverträge erfolgte anlässlich der Einführung des „Neuen Bewertungs- und Bezahlungssystems - NBBS“ zum 1. Juli 2001 in einem gesonderten Übergangstarifvertrag, dem Tarifvertrag zur Umstellung auf das NBBS. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers wurden in dieser Zeit übereinstimmend die jeweiligen für ihn als Arbeiter einschlägigen Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom und später die der DT AG angewendet.

5

Mit Schreiben vom 6. November 2007 wurde dem Kläger von seiner damaligen Arbeitgeberin, der DT AG, mitgeteilt, dass er „versetzt“ und „mit Wirkung vom 22.06.2007 … als Sachbearbeiter Abnahme mit der AtNr. in der Aufgabengruppe“ beschäftigt werde. Die Arbeitgeberin habe die Funktion bis zur Entscheidung der paritätischen Bewertungskommission mit der Entgeltgruppe T 5 Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV DT AG) vorbewertet.

6

Mit einem an die DT AG gerichteten Schreiben vom 21. November 2008 widersprach der Kläger dieser vorläufigen Eingruppierung. Er sei seit Gründung des Zentrums Technik, Qualität und Abnahme (Z TQA) als Sachbearbeiter Abnahme eingestuft worden, ohne dass eine endgültige Eingruppierung durch den Arbeitgeber stattgefunden habe. Es habe sich gezeigt, dass die Tätigkeit eine der Entgeltgruppe T 7 ERTV DT AG sei, weshalb er um eine Korrektur der vorläufigen Eingruppierung bitte.

7

Am 25. November 2008 kam es zu einer „Tarifeinigung“ zwischen der Gewerkschaft ver.di einerseits sowie der DT AG und der Beklagten andererseits zur Überführung der Technikzentren von der DT AG auf die Beklagte. Die Tarifeinigung lautet ua. wie folgt:

        

„Tarifeinigung

        

zur Überführung der Technik-Zentren

        

(Zentrum Technik Netzmanagement, Zentrum Technik Planung, Zentrum Technik Einführung und Zentrum Technik Qualität und Abnahme)

        

…       

        

Die Deutsche Telekom AG und die DTNP einerseits und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di andererseits vereinbaren - vorbehaltlich der Zustimmung der Gremien - folgende tarifvertragliche Regelungen:

        

Abschnitt 1

        

Für die von der Deutschen Telekom AG auf die Deutsche Netzproduktion GmbH übergehenden Arbeitnehmer finden die Tarifverträge der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH Anwendung, soweit die Arbeitnehmer von dem jeweiligen Geltungsbereich der entsprechenden Tarifverträge erfasst sind und im Folgenden nichts Abweichendes festgelegt wurde.

                 
        

Abschnitt 2

        

Für die übergehenden Arbeitnehmer wird ein Tarifvertrag Sonderregelungen (im Folgenden: TV SR II) abgeschlossen, der sich an dem bei der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH bereits bestehenden TV SR vom 25. Juni 2007 (im Folgenden: TV SR) orientiert und folgende Regelungen enthält:

        

…       

        

-       

Geltungsbereich

                 

Dieser Tarifvertrag gilt für die bei der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH (DTNP) beschäftigten Arbeitnehmer, die

                 

(a)     

am 30. November 2008 bei der Deutschen Telekom AG (DTAG) in einem Arbeitsverhältnis standen und

                 

(b)     

ab dem 1. Dezember 2008 aufgrund von Maßnahmen zur Überführung der Technik-Zentren der DTAG in der DT NP vom Geltungsbereich des § 1 MTV erfasst werden,

                 

…       

        

-       

Regelungen zur Eingruppierung entsprechend § 11 TV SR.

                 

Abweichend von § 11 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 3 hat der Betriebsrat ein Beanstandungsrecht hinsichtlich der Bewertung. Die Beanstandung muss bis zum 31. März 2009 erfolgen. Die Beanstandungen werden nach den Altregelungen der DTAG abgewickelt. Eventuelle Verfahren sind bis spätestens zum 31. Dezember 2009 durchzuführen.

                 

Abweichend von § 11 Absatz 2 werden laufende Beanstandungen nach der Altregelung der DTAG durchgeführt. Stichtag für diese Übergangsregelung ist der 19. November 2008.

        

…“    

        
8

Mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2008 wurde ua. das Zentrum, in dem der Kläger tätig ist und welches in der Einleitung der Tarifeinigung genannt wird, von der Beklagten, einer Tochtergesellschaft der DT AG, im Wege des Betriebsübergangs übernommen. Die Beklagte wendete in der Folgezeit auf das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger die von ihr mit der Gewerkschaft ver.di bereits vor dem Betriebsübergang geschlossenen Haustarifverträge in der Fassung an, die sich aus der Tarifeinigung vom 25. November 2008 ergibt, darunter den Manteltarifvertrag Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH (MTV DT NP), der nach § 11 eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 38 Stunden vorsieht, während in § 11 MTV DT AG eine von 34 Stunden geregelt ist, und den Entgeltrahmentarifvertrag Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH(ERTV DT NP). Mit Schreiben vom 8. Januar 2009 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Überprüfung der Eingruppierung als verfristet ab.

9

Mit seiner Klage verlangt der Kläger - soweit für die Revision von Bedeutung - eine Zeitgutschrift auf seinem Arbeitszeitkonto sowie die Verpflichtung der Beklagten, seine Beschwerde zur Eingruppierung einer tariflichen Bewertungskommission nach § 5 ERTV DT AG, hilfsweise nach § 6 ERTV DT AG vorzulegen. Weiterhin will er - in Bezug auf den Antrag, seine Beschwerde der Bewertungskommission vorzulegen - im Wege der Stufenklage festgestellt wissen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die sich aus einer Eingruppierungsentscheidung der Kommission ergebende Entgeltdifferenz zu der Entgeltgruppe T 5 ERTV DT AG zu zahlen.

10

Im Verlauf des Rechtsstreits beanstandete der bei der Beklagten gebildete Betriebsrat mit Schreiben vom 30. März 2009 die vorgenommene tarifliche Bewertung. Eine dezentrale Bewertungskommission entschied am 21. Januar 2010, dass der Personalposten des Klägers mit der Entgeltgruppe T 5 zutreffend bewertet worden sei. Mit Wirkung zum 1. März 2010 vereinbarten die Parteien am 4. März 2010 einen Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 30. September 1993, wonach ua. die jeweils für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge anzuwenden sind und die Tätigkeit des Klägers entsprechend den tariflichen Regelungen nach der Entgeltgruppe 7 zu vergüten ist.

11

Der Kläger ist der Auffassung, aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel seien für ihn jedenfalls für die Zeit bis zum 28. Februar 2010 die Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand vom 30. November 2008 anzuwenden gewesen. Bei der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahmeklausel handele es sich um eine kleine dynamische Bezugnahme, aufgrund derer das Tarifwerk der Deutschen Bundespost und später dasjenige der DT AG anzuwenden sei. Bei der Tarifeinigung vom 25. November 2008 handele es sich nicht um einen Tarifvertrag. Zudem fehle es an der im Einleitungssatz der Vereinbarung vorgesehenen Zustimmung der Gremien. Seine Arbeitszeit, soweit sie täglich 6,8 Stunden überschreite, müsse auf seinem bei der Beklagten geführten Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden. Dies ergebe sich aus § 5 Abs. 3 Buchst. a, § 4 Abs. 2 des Arbeitszeitkonten-Tarifvertrages der DT AG(TV Azk DT AG). Seine wöchentliche Arbeitszeit betrage danach 34 Stunden und ein Fünftel dementsprechend 6,8 Stunden. Nach dem Arbeitszeitkonto betrage die tägliche Sollarbeitszeit 7,6 Stunden. Der Kläger könne daher für jeden Arbeitstag eine Zeitgutschrift verlangen.

12

Der Verpflichtung der Beklagten, seine Beschwerde der Bewertungskommission vorzulegen, ergebe sich aus § 613a Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Beklagte hafte als Betriebserwerberin für die Verpflichtungen ihrer Rechtsvorgängerin. Auch könne der Kläger jedenfalls hilfsweise eine Korrektur der Eingruppierung nach § 6 ERTV DT AG verlangen. Der Antrag zu 4) werde im Sinne einer Stufenklage mit den beiden Anträgen zu 2) und 3) gestellt. Das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass der Kläger das Verfahren der dezentralen paritätischen Kommission nicht beeinflussen könne; andererseits müsse er zur Wahrung seiner sich aus einer möglicherweise fehlerhaften Eingruppierung ergebenden Gehaltsdifferenzen diese geltend machen, die er derzeit nicht beziffern könne.

13

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verpflichten, die 6,8 Stunden täglich überschreitende Arbeitszeit des Klägers dessen Arbeitszeitkonto für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 28. Februar 2010 mit insgesamt 181 Stunden gutzuschreiben,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, die Beschwerde des Klägers zur Eingruppierung vom 21. November 2008 (Anlage A7) einer dezentralen paritätischen Kommission nach § 5 ERTV DT AG, Stand 30. November 2008, vorzulegen,

        

hilfsweise, für den Fall der Klageabweisung zu 2),

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, die Beschwerde des Klägers zur Eingruppierung vom 21. November 2008 einer dezentralen paritätischen Kommission nach § 6 ERTV DT AG, Stand 30. November 2008, vorzulegen,

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die sich aus einer Eingruppierungsentscheidung der dezentralen paritätischen Kommission ergebende monatliche Bruttoentgeltdifferenz zu der Entgeltgruppe T 5 des ERTV DT AG seit dem 1. Juni 2008 bis zum 28. Februar 2010 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB jeweils seit dem 16. eines Monats, beginnend mit dem 16. Juni 2008 zu zahlen.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie und die DT AG hätten vor dem Betriebsübergang mit der Gewerkschaft ver.di eine neue spartenbezogene Tarifregelung für den zu überführenden Bereich getroffen, die das sonstige Tarifrecht der DT AG bereits bei der DT AG mit Wirkung vom 25. November 2008 abgelöst habe. Der Einspruch nach § 5 ERTV DT AG sei nicht fristgemäß geltend gemacht worden und zudem nach § 31 MTV DT AG verfallen. Darüber hinaus erfasse bereits die im Vertrag aus dem Jahre 1993 vereinbarte arbeitsvertragliche Verweisung die von der Beklagten vereinbarten Tarifverträge.

15

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen und die Revision „hinsichtlich der Frage“ zugelassen, „ob der Tarifvertrag der Beklagten auf das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel Anwendung findet“. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. In der Revisionsinstanz hat er seinen Antrag zu 1) dahingehend konkretisiert, dass die Zeitgutschrift in der Spalte „GLZ-Saldo gesamt“ seines Arbeitszeitkontos erfolgen soll. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

17

I. Die Revision des Klägers ist uneingeschränkt statthaft. Der Senat geht davon aus, dass die Erweiterung im Tenor der Revisionszulassung des Berufungsurteils nur als deren Erläuterung zu verstehen ist. Sollte mit ihm eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die dort genannte Rechtsfrage beabsichtigt gewesen sein, wäre sie unbeachtlich. Eine beschränkte Zulassung der Revision ist nur möglich, wenn sich die Beschränkung auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffes bezieht; eine Beschränkung der Revisionszulassung auf einzelne Rechtsfragen ist dagegen nicht möglich. Sie ist ohne rechtliche Bedeutung und führt zur unbeschränkten Statthaftigkeit der Revision (st. Rspr., etwa BAG 26. März 1986 - 7 AZR 585/84 - zu I der Gründe mwN, BAGE 51, 314; 6. November 2008 - 2 AZR 935/07 - Rn. 21 f., BAGE 128, 256).

18

II. Die Revision ist unbegründet. Der Kläger kann weder eine Gutschrift von Arbeitsstunden auf seinem Arbeitszeitkonto beanspruchen, noch ist die Beklagte verpflichtet, seine Beschwerde vom 21. November 2008 einer tariflichen Bewertungskommission nach § 5 ERTV DT AG oder § 6 ERTV DT AG vorzulegen. Die Stufenklage - Antrag zu 4) - ist bereits unzulässig.

19

1. Der zulässige Klageantrag zu 1) ist unbegründet.

20

a) Der Antrag zu 1) ist zulässig. Eine Leistungsklage, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können(vgl. BAG 23. Januar 2008 - 5 AZR 1036/06 - Rn. 9, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 42 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 16; 14. August 2002 - 5 AZR 417/01 - AP EntgeltFG § 2 Nr. 10 = EzA EntgeltfortzG § 2 Nr. 4) und die vom Kläger geforderte Leistungshandlung sich zumindest seinem Sachvortrag entnehmen lässt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend (anders als in dem Verfahren BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 72) erfüllt. Der Kläger, der Ausdrucke der monatlichen Entwicklung seines Arbeitszeitkontos bereits in den Tatsacheninstanzen vorgelegt hat, möchte, wie sich aus seinem Vorbringen ergibt, das er in der Revision nochmals ausdrücklich klargestellt hat, in der Spalte „GLZ-Saldo gesamt“ des Arbeitszeitkontos die von ihm bezifferten Stunden als Guthaben verbucht wissen (vgl. auch BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 11 mwN, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 3; 13. März 2002 - 5 AZR 43/01 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 253 Nr. 22 ).

21

b) Der Antrag zu 1) ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch, dass die vom 1. Dezember 2008 bis zum 28. Februar 2010 über eine Arbeitszeit von 34 Stunden in der Woche gemäß § 11 MTV DT AG hinaus geleistete Arbeitszeit als Guthaben auf seinem Arbeitszeitkonto in der Spalte „GLZ-Saldo gesamt“ verbucht wird. Dafür fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Dabei kann dahinstehen, ob - wie der Kläger meint - die Tarifverträge der DT AG und dabei namentlich § 11 Abs. 1 MTV DT AG, der eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 34 Stunden vorsieht, auch noch im Streitzeitraum auf das Arbeitsverhältnis anwendbar war. Ebenso muss der Senat nicht darüber befinden, ob der am 25. November 2008 getroffenen „Tarifeinigung“ die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 6. September 2011 zur Richtlinie 2001/23/EG (- C-108/10 - [ Scattolon ] Rn. 76, AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 9 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 7 ) entgegensteht. Selbst wenn der Kläger nur zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 34 Stunden nach dem MTV DT AG verpflichtet gewesen wäre, kann er die von ihm begehrte Gutschrift auf das von der Beklagten für ihn geführte Arbeitszeitkonto nicht beanspruchen.

22

aa) Nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. dem TV Azk DT AG hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos, da dieses den Vergütungsanspruch verbindlich bestimmt. Ein Arbeitszeitkonto gibt den Umfang der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit wieder und drückt damit nur in anderer Form seinen Vergütungsanspruch aus (BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 - Rn. 54, EzA TVG § 3 Verbandsaustritt Nr. 5; 28. Juli 2010 - 5 AZR 521/09 - Rn. 13, BAGE 135, 197). Die Gutschrift von Arbeitsstunden setzt damit voraus, dass die gutzuschreibenden Stunden nicht vergütet wurden oder die dafür geleistete Vergütung vom Arbeitgeber wegen eines Entgeltfortzahlungstatbestands auch ohne tatsächliche Arbeitsleistung hätte erbracht werden müssen.

23

bb) Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor.

24

Der Kläger übersieht, dass die Beklagte das für ihn im Streitzeitraum bestehende Arbeitszeitkonto nach den Arbeitszeitbestimmungen des von ihr geschlossenen MTV DT NP und den Regelungen des Tarifvertrages für Arbeitszeit- und Langzeitkonten Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH (T V Azk DT NP) geführt hat, der eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden vorsieht. Nach diesen Bestimmungen wird das Arbeitszeitkonto des Klägers nach wie vor geführt. Sie sind nach der zum 1. März 2010 erfolgten Vertragsänderung auch die maßgebenden Bestimmungen. Nur die Überschreitungen der nach § 4 Abs. 2 TV Azk DT NP geltenden täglichen Arbeitszeit, die sich nach § 11 Abs. 1 MTV DT NP bestimmt und von der Beklagten mit 7 Stunden 36 Minuten zutreffend als Sollzeit in das Arbeitszeitkonto des Klägers als Maßstab aufgenommen wurde, können als Mehrleistungen in ein nach diesen Bestimmungen geführtes Arbeitszeitkonto verbucht werden, nicht aber bereits Zeiten, die nach einem anderen Tarifvertrag eine Überschreitung der Sollzeiten bedeuten würden. Daher kann die tatsächlich zugrunde gelegte tägliche Sollarbeitszeit „7.36“ nicht - unter Weitergeltung der Regelung im Übrigen - für den Kläger einfach in die Zahl „6.48“ (6 Stunden 48 Minuten) geändert werden.

25

Die Beklagte hat den Kläger auch nach der von ihm vorgelegten Vergütungsmitteilung für den Monat Dezember 2008 entsprechend den Bestimmungen des MTV DT NP und des TV Azk DT NP vergütet. Hiermit sind die Stunden, die laut Klageantrag auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers als Guthaben verbucht werden sollen, enthalten und von der Beklagten damit laufend vergütet worden. Ob die dafür geleistete Vergütung den arbeitsvertraglichen Verpflichtungen der Beklagten entsprach oder ob sie - weil die regelmäßige Arbeitszeit sich nach § 11 Abs. 1 MTV DT AG richtete - zu niedrig vergütet worden sind, ist im Hinblick auf das Arbeitszeitkonto nicht von Bedeutung. Eine zu geringe Vergütung von geleisteten Arbeitsstunden begründet keinen Anspruch, diese Stunden auf einem nach anderen Bestimmungen geführten Arbeitszeitkonto als Mehrarbeit zu verbuchen, sondern lediglich auf die Zahlung der Vergütungsdifferenz (vgl. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 - Rn. 55, EzA TVG § 3 Verbandsaustritt Nr. 5; 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 17, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 3).

26

2. Auch der Klageantrag zu 2) ist unbegründet.

27

a) Der Antrag ist, wie die gebotene Auslegung ergibt, nicht nur darauf gerichtet, der dezentralen paritätischen Kommission iSd. § 5 ERTV DT AG die Erklärung des Klägers unter dem Datum des 21. November 2008 zu übermitteln, sondern - weitergehend - das Bewertungsverfahren auch vor dieser Kommission durchzuführen. Aus dem gesamten Vorbringen des Klägers ergibt sich, dass er die Weiterführung des mit dem vorläufigen Bewertungsvorschlag aus dem Jahre 2007 eingeleiteten Bewertungsverfahrens begehrt. Hierfür spricht auch seine Begründung zu der von ihm erhobenen „Stufenklage“, dem Antrag zu 4).

28

b) Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Durchführung eines Bewertungsverfahrens nach § 5 ERTV DT AG verlangen, weil es sich um eine Betriebsnorm handelt, die in keinem Falle unmittelbar auf das mit der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden ist und aus der der Kläger keinen individual-rechtlichen Anspruch ableiten kann.

29

aa) Dabei kann es auch in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob auf das Arbeitsverhältnis der Parteien für die Zeit bis zum 28. Februar 2010 die Bestimmungen der Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand vom 30. November 2008 anzuwenden sind oder der Klageantrag zu 2) schon deshalb unbegründet ist, weil der Kläger einen etwaigen Anspruch auf Weiterleitung seiner Beschwerde nicht binnen zwei Wochen nach Mitteilung des vorläufigen Bewertungsvorschlags geltend gemacht hat. Gleichfalls kann dahinstehen, ob die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 6. September 2011 zur Richtlinie 2001/23/EG (- C-108/10 - [Scattolon] Rn. 76, AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 9 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 7) einer „Tarifeinigung“ entgegensteht, wie sie ua. von der Beklagten am 25. November 2008 vereinbart wurde.

30

bb) Die maßgebenden Bestimmungen des ERTV DT AG zum Bewertungsverfahren lauten ua.:

        

„Abschnitt II Bewertungsverfahren

        

§ 4     

Bewertungskommission

        

(1)     

Die Bewertung einer Tätigkeit erfolgt unter Anwendung der Tätigkeitsmerkmale und Richtbeispiele durch eine Bewertungskommission. Das Ergebnis ist die Zuordnung der Tätigkeit zu einer Entgeltgruppe.

        

(2)     

Es werden sechs dezentrale Bewertungskommissionen sowie eine bundesweite zentrale Bewertungskommission eingerichtet. Die Bewertungskommissionen geben sich eine Geschäftsordnung.

                 

…       

        

(3)     

Die Bewertungskommissionen sind paritätisch besetzt. Die Mitglieder werden durch die jeweilige Tarifvertragspartei benannt. Die dezentralen Bewertungskommissionen sind mit jeweils drei Mitgliedern besetzt; die zentrale Bewertungskommission ist mit jeweils vier Mitgliedern besetzt. Jede Seite benennt eine gleiche Anzahl von Stellvertretern.

        

(4)     

In den Bewertungskommissionen besitzt jedes Mitglied eine Stimme. Die Entscheidungsfindung erfolgt nach Maßgabe des § 5.

        

…       

        
        

§ 5     

Bewertungsverfahren

        

(1)     

Der Arbeitgeber erstellt einen Bewertungsvorschlag, indem er die Tätigkeit unter Anwendung der Tätigkeitsmerkmale und Richtbeispiele einer Entgeltgruppe zuordnet.

        

(2)     

Der Arbeitgeber teilt dem Arbeitnehmer und dem Betriebsrat den Bewertungsvorschlag mit. Der Betriebsrat und/oder der Arbeitnehmer können binnen einer Frist von zwei Wochen nach Mitteilung des Bewertungsvorschlags geltend machen, dass

                 

-       

die Tätigkeit einem anderen Tätigkeitsmerkmal bzw. Richtbeispiel zuzuordnen ist

                 

oder   

                 

-       

der Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit ausübt, die einem anderen Tätigkeitsmerkmal bzw. Richtbeispiel zuzuordnen ist.

                 

Nach Ablauf der vorstehend genannten Frist leitet der Arbeitgeber den Bewertungsvorschlag einschließlich einer etwaigen schriftlichen Stellungnahme bzw. Erklärung des Arbeitnehmers bzw. Betriebsrats der dezentralen Bewertungskommission zu.

                 

...     

        
        

(3)     

Die dezentrale Bewertungskommission entscheidet innerhalb von vier Wochen nach Zuleitung über den Bewertungsvorschlag mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Kommt eine Entscheidung nicht zustande, gilt folgendes:

                 

…       

        
        

(4)     

Die Entscheidung der Bewertungskommission ist schriftlich festzuhalten. Sie ist dem Arbeitgeber unverzüglich zuzuleiten. Die Entscheidung der Bewertungskommission ist für den Arbeitgeber bindend. Dieser leitet das Beteiligungsverfahren nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz ein.

        

(5)     

Bei Einsatz des Arbeitnehmers auf einem bisher bereits bewerteten Arbeitsplatz mit einer unverändert auszuübenden Gesamttätigkeit gilt die bestehende Bewertung. Einer Bewertung durch die paritätische Kommission bedarf es nicht. Es greift das Verfahren nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz; Absätze 1 bis 4 finden hierauf keine Anwendung. In allen anderen Fällen ist eine Bewertung gemäß der Absätze 1 bis 4 durchzuführen.

        

(6)     

Das Recht des Arbeitnehmers, gegen die Eingruppierung den Rechtsweg zu beschreiten, bleibt unberührt.

        

(7)     

Bis zur Entscheidung durch die Bewertungskommission ist für das Entgelt des Arbeitnehmers vorläufig der Bewertungsvorschlag des Arbeitgebers maßgeblich.

        

(8)     

Ist die zu bewertende Tätigkeit auf der Grundlage des Bewertungsvorschlages des Arbeitgebers einer niedrigeren als der bisherigen Entgeltgruppe des Arbeitnehmers zuzuordnen, erfolgt eine Entgeltreduzierung bis zur abschließenden Entscheidung der Bewertungskommission nicht.

        

(9)     

Die Entscheidung der Bewertungskommission ersetzt in den Fällen des Absatzes 7 und Absatzes 8 rückwirkend den Bewertungsvorschlag des Arbeitgebers.

                          
        

§ 6     

Überprüfung der Eingruppierung

        

Der Arbeitnehmer kann mit der Begründung, seine bisher ausgeübte Tätigkeit habe sich nach seiner Eingruppierung in der Weise verändert, dass diese einem anderen Tätigkeitsmerkmal bzw. Richtbeispiel zuzuordnen sei, eine Überprüfung seiner Eingruppierung durch die dezentrale Bewertungskommission verlangen. Gleiches gilt für den Betriebsrat auf Antrag des Arbeitnehmers. § 5 Absätze 3 und 4 sowie § 10 Absatz 5 finden entsprechende Anwendung.

        

…“    

31

cc) Bei dem Bewertungsverfahren nach §§ 4 bis 6 ERTV DT AG handelt es sich um eine Vereinbarung der Parteien des Haustarifvertrages über betriebliche und - soweit dem Betriebsrat Rechte eingeräumt werden - über betriebsverfassungsrechtliche Fragen iSd. § 3 Abs. 2 TVG.

32

(1) Bei dem tarifvertraglich vorgesehenen Bewertungsverfahren handelt es sich zunächst um eine tarifliche Regelung über betriebliche Fragen iSd. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2 TVG.

33

(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts betreffen Rechtsnormen eines Tarifvertrages über betriebliche Fragen nach § 3 Abs. 2 TVG Regelungsgegenstände, die nur einheitlich gelten können. Ihre Regelung in einem Individualvertrag wäre zwar nicht im naturwissenschaftlichen Sinne unmöglich, sie würde aber wegen „evident sachlogischer Unzweckmäßigkeit ausscheiden“, weil eine einheitliche Regelung auf betrieblicher Ebene unerlässlich ist. Bei der näheren Bestimmung dieses Normtyps ist auszugehen von dem in § 3 Abs. 2 TVG verwandten Begriff der „betrieblichen Fragen“. Dies sind nicht etwa alle Fragen, die im weitesten Sinne durch die Existenz des Betriebes und durch die besonderen Bedingungen der betrieblichen Zusammenarbeit entstehen können. Gemeint sind vielmehr nur solche Fragen, die unmittelbar die Organisation und Gestaltung des Betriebes betreffen. Diese Umschreibung markiert zwar keine scharfe Grenze, sie verdeutlicht aber Funktion und Eigenart der Betriebsnormen im Sinne von § 3 Abs. 2 TVG. Betriebsnormen regeln normativ das betriebliche Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Belegschaft als Kollektiv, hingegen nicht die Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgeber und einzelnen Arbeitnehmern, die hiervon allenfalls mittelbar betroffen sind (vgl. hierzu insgesamt BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 - Rn. 24, 28 mwN, AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 = EzA TVG § 1 Betriebsnorm Nr. 6; 8. Dezember 2010 - 7 ABR 98/09 - Rn. 37 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 62 = EzA TVG § 1 Betriebsnorm Nr. 5; 17. Juni 1997 - 1 ABR 3/97 - zu B 1 a der Gründe mwN, BAGE 86, 126; Däubler/Reim TVG 2. Aufl. § 1 Rn. 316a f.; Dieterich Die betrieblichen Normen nach dem Tarifvertragsgesetz vom 9.4.1949 S. 34 ff.). Betriebsnormen sollen als kollektive privatautonome Tarifregelungen die Organisationshoheit des einzelnen Arbeitgebers steuern (zu Öffnungszeiten vgl. BAG 7. November 1995 - 3 AZR 676/94 - zu II 1 b der Gründe, AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 1 = EzA TVG § 1 Betriebsnorm Nr. 1)und gehen über die Inhaltsbestimmung des einzelnen Arbeitsverhältnisses hinaus. Ob Rechtsnormen eines Tarifvertrages betriebliche Normen im Sinne des § 3 Abs. 2 TVG sind, kann nicht pauschal für alle Normen eines Tarifvertrages entsprechend seiner Zielsetzung beantwortet werden, sondern ist für jede Tarifnorm unter Berücksichtigung des für die Tarifauslegung maßgebenden tariflichen Gesamtzusammenhangs getrennt zu prüfen(BAG 7. November 1995 - 3 AZR 676/94 - zu II 1 a der Gründe, aaO).

34

(b) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Bewertungsverfahren iSd. §§ 4, 5 ERTV DT AG um eine betriebliche Regelung iSd. § 3 Abs. 2 TVG.

35

(aa) Durch das tarifliche Bewertungsverfahren soll die in die Organisationshoheit des Arbeitgebers fallende Rechtsanwendung über die zutreffende Eingruppierung als gedanklicher Vorgang (vgl. nur BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 50 mwN, BAGE 130, 286), auf dessen Grundlage das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG eingeleitet wird, durch eine von beiden Tarifvertragsparteien(§ 4 Abs. 3 ERTV DT AG)paritätisch besetzte Kommission überprüft und durch diese - gegebenenfalls unter Abänderung des Bewertungsvorschlags - abschließend entschieden werden (§ 5 Abs. 3, Abs. 4 ERTV DT AG). Damit wird die grundsätzlich dem Arbeitgeber obliegende Aufgabe der Rechtsanwendung iSd. Ermittlung der zutreffenden Entgeltgruppe für die Zuordnung der Tätigkeit zu einer Entgeltgruppe (vgl. auch § 4 Abs. 1 Satz 2 ERTV DT AG) einer tarifvertraglich gebildeten Kommission überantwortet. Auf dieser Grundlage hat der Arbeitgeber das Mitbestimmungsverfahren einzuleiten. Die Entscheidung der Bewertungskommission ist (lediglich) für ihn - und vorbehaltlich des Ergebnisses des Eingruppierungsverfahrens nach § 99 BetrVG - bindend(§ 5 Abs. 4 ERTV DT AG).

36

(bb) Diese Regelungen in § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 bis Abs. 9 ERTV DT AG beziehen sich auf die Organisationshoheit des Arbeitgebers zur Einleitung eines Mitbestimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG(und nicht auf die Entgelthöhe als solche: dazu BAG 18. Oktober 2010 - 1 ABR 25/10 - Rn. 29, NZA 2012, 392; 11. November 2008 - 1 ABR 68/07 - Rn. 34, BAGE 128, 265) und in diesem Zusammenhang auf die grundsätzlich zunächst ihm obliegende Rechtsanwendung hinsichtlich der Bewertung der auszuübenden Tätigkeit anhand der Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsordnung (zur Reichweite BAG 18. Oktober 2011 - 1 ABR 34/10 - Rn. 15). Dies gilt jedenfalls dann - wie § 5 Abs. 5 ERTV DT AG zeigt - wenn der betreffende Arbeitsplatz bei unverändert gebliebener auszuübender Gesamttätigkeit bisher noch nicht bewertet worden ist. Die Bewertung ist für den Arbeitgeber bindend und hiernach richtet sich - mindestens - ein dem Arbeitnehmer zu leistendes Entgelt (§ 5 Abs. 7 bis Abs. 9 ERTV DT AG). Nach dieser Maßgabe ist auch das Verfahren nach § 99 BetrVG einzuleiten.

37

(cc) Für eine notwendig einheitliche betriebliche Regelung spricht weiterhin der Umstand, dass die Regelungen nicht auf den einzelnen Arbeitnehmer abstellen, sondern auf die Bewertung eines - bisher unbewerteten - Arbeitsplatzes mit einer bestimmten, dort auszuübenden Gesamttätigkeit. Da sich das Bewertungsverfahren auf die Anforderungen der Arbeitsplätze - genauer: der dort auszuübenden Tätigkeit - als solche bezieht, handelt es sich bei den sich dazu verhaltenden tariflichen Bestimmungen nach ihrem Geltungsanspruch um „Betriebsnormen“, um „Rechtsnormen eines Tarifvertrages über betriebliche Fragen“, über die Bewertung von Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen (zu Besetzungsregelungen BAG 26. April 1990 - 1 ABR 84/87 - zu B V 2 b der Gründe, BAGE 64, 368). Die Bewertung soll entsprechend der Regelung in § 4 Abs. 1 ERTV DT AG für alle Arbeitnehmer des Betriebes unabhängig von ihrer Tarifbindung bewertet werden. Die Regelung soll bereits deshalb im Verhältnis zur Arbeitgeberin normativ gelten, weil diese tarifgebunden ist (vgl. auch BAG 8. Dezember 2010 - 7 ABR 98/09 - Rn. 27, EzA TVG § 1 Betriebsnorm Nr. 5). Diesem Verständnis entspricht es, wenn in Fällen eines bewerteten Arbeitsplatzes das Bewertungsverfahren auch dann nicht erneut durchgeführt werden muss (§ 5 Abs. 5 ERTV DT AG), wenn einem anderen Arbeitnehmer die Tätigkeit auf diesem Arbeitsplatz übertragen wird.

38

(dd) Die Regelungen wenden sich nicht an die einzelnen Arbeitnehmer, sondern an den Arbeitgeber (vgl. auch BAG 26. April 1990 - 1 ABR 84/87 - zu B V 3 a der Gründe, BAGE 64, 368 sowie 7. November 1995 - 3 AZR 676/94 - zu II 1 b bb der Gründe, AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 1 = EzA TVG § 1 Betriebsnorm Nr. 1). Das Bewertungsverfahren wird unabhängig von einer Erklärung des einzelnen Arbeitnehmers oder einer sonstigen Beteiligungshandlung durch ihn eingeleitet und ist von der Bewertungskommission durchzuführen. Sein Recht, gerichtlich gegen die gefundene Eingruppierung vorzugehen, bleibt nach § 5 Abs. 6 ERTV DT AG ausdrücklich unberührt.

39

(ee) Soweit für den einzelnen Arbeitnehmer die Möglichkeit besteht, entsprechend § 5 Abs. 2 Satz 2 ERTV DT AG eine Erklärung abzugeben, die zum Inhalt des Bewertungsverfahrens wird, führt dies nicht dazu, dass für das Bewertungsverfahren insgesamt von einer Inhaltsnorm iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 TVG ausgegangen werden kann. Selbst wenn man bezogen auf § 5 Abs. 2 Satz 2 ERTV DT AG - auch - von einer Inhaltsnorm ausgehen würde(zum sog. Doppelcharakter von Tarifregelungen als Inhalts- und Betriebsnorm s. nur Däubler/Reim § 1 Rn. 320; Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 1 Rn. 133; jew. mwN), führt ein solches Beteiligungsrecht nicht dazu, dass es sich bei dem Bewertungsverfahren insgesamt um Inhaltsnormen handelt. Es fehlt, anders als dies etwa bei dem Überprüfungsverfahren nach § 6 ERTV DT AG der Fall sein mag, nach Wortlaut, Systematik und Zweck der Tarifregelung an Anhaltspunkten, wonach der einzelne Arbeitnehmer dessen Durchführung verlangen können soll.

40

(2) Die tarifvertraglichen Bestimmungen über das Bewertungsverfahren enthalten auch tarifliche Regelungen über betriebsverfassungsrechtliche Fragen iSd. § 3 Abs. 2 TVG. Der ERTV DT AG ergänzt auf die Betriebsverfassung bezogene Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bei Eingruppierungen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 ERTV DT AG auf noch nicht bewerteten Arbeitsplätzen. Der Betriebsrat kann seine Argumente gegen einen Bewertungsvorschlag bereits vor Einleitung eines Verfahrens nach § 99 BetrVG und unabhängig von den dort genannten Zustimmungsverweigerungsgründen nach § 99 Abs. 2 BetrVG vorbringen, damit sie im Bewertungsverfahren von der Bewertungskommission berücksichtigt werden(vgl. zum ERA-TV Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg BAG 16. August 2011 - 1 ABR 30/10 - Rn. 11; zur Zulässigkeit solcher Regelungen 24. August 2004 - 1 ABR 28/03 - zu B I 1 b der Gründe, BAGE 111, 350).

41

(3) Aus dem Charakter der tariflichen Regelungen des Bewertungsverfahrens als betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen folgt zugleich, dass der Kläger schon nach den Regelungen des ERTV DT AG keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Durchführung des Bewertungsverfahrens hat. Die Betriebsnormen regeln normativ das betriebliche Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Belegschaft als Kollektiv (oben (1) (a)), begründen aber keine Individualansprüche (Däubler/Reim § 1 Rn. 318; Dieterich Anm. zu AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7, unter 2; ErfK/Franzen 12. Aufl. § 1 TVG Rn. 45; Löwisch/Rieble § 1 Rn. 105 f.). In der Folge besteht auch kein Anspruch gegenüber der Beklagten.

42

dd) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich kein anderes Ergebnis aus dem Abschnitt 2 der Tarifeinigung vom 25. November 2008.

43

Der Kläger übersieht, dass sich dieser Teil der Tarifeinigung - wenn man entgegen seinem eigenen Vorbringen von einer wirksamen Vereinbarung ausgeht - auf die im Abschnitt 2 vereinbarten Änderungen des bei der Beklagten bereits geltenden Tarifvertrages über besondere Arbeitsbedingungen bei der DT NP GmbH vom 25. Juni 2007 (TV SR DT NP) bezieht, nicht aber die vormalige Regelung in § 5 ERTV DT AG rückwirkend abändert. Diese bleibt unverändert.

44

Nach der Tarifeinigung wird abweichend von § 11 Abs. 1 Unterabs. 2 TV SR DT NP, der ein Bewertungs- und Beanstandungsverfahren für von der DT AG übergegangene Arbeitnehmer nicht vorsieht, für diejenigen Arbeitnehmer, die vom Geltungsbereich der Tarifeinigung erfasst werden, ein solches als Bestandteil eines TV SR II DT NP vorgesehen. Auf diese Regelung stützt sich der Kläger aber nicht, weil er der Auffassung ist, die Tarifeinigung sei für ihn aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Bezugnahmeregelung nicht anwendbar.

45

c) Schließlich ergibt sich ein Anspruch des Klägers nicht auf der Grundlage des § 613a Abs. 2 Satz 1 BGB, wonach ein Betriebserwerber für Verbindlichkeiten des Schuldners haftet. Es fehlt bereits an einer individualvertraglichen Verbindlichkeit der Betriebsveräußererin.

46

Darüber hinaus ist es nach dem ERTV DT AG schon nicht ersichtlich, dass die DT AG verpflichtet ist, ein Bewertungsverfahren nach § 5 ERTV DT AG auch noch dann durchzuführen, wenn der maßgebende Arbeitsplatz bei ihr infolge des Betriebsübergangs nicht mehr besteht.

47

3. Der hilfsweise gestellte Klageantrag zu 3), der ebenso wie der Antrag zu 2) auf Durchführung eines Bewertungsverfahrens gerichtet ist (oben 2 a) und zur Entscheidung durch den Senat anfällt, ist unbegründet.

48

Dabei kann es dahinstehen, ob ein etwaiger Anspruch nicht auch schon deshalb entfällt, weil der Kläger nach dem Inhalt seines Schreibens keine Überprüfung seiner Eingruppierung iSd. § 6 ERTV DT AG verlangt hat. Ein entsprechender Anspruch des Klägers scheidet in jedem Falle aus. Selbst wenn man bei der Regelung des § 6 ERTV DT AG von einer tariflichen Inhaltsnorm ausgeht - wofür vieles spricht -, die dem Kläger im Rahmen einer „Überprüfung der Eingruppierung“ einen Anspruch auf Durchführung eines Bewertungsverfahrens gewährt, und wenn die Bezugnahmeklausel die Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs erfasste, ist der Anspruch jedenfalls entfallen.

49

a) Ein etwaiger Anspruch auf Überprüfung der Eingruppierung nach § 6 ERTV DT AG entfällt, wenn die Entscheidung der Bewertungskommission für das laufende Arbeitsverhältnis keine Rechtswirkungen mehr entfalten kann. Das ergibt sich aus Sinn und Zweck sowie der Ausgestaltung des Bewertungsverfahrens nach § 6 ERTV DT AG.

50

Anders als beim Bewertungsverfahren nach § 5 ERTV DT AG kommt hier der Entscheidung der Bewertungskommission keine rückwirkende Bedeutung für den Entgeltanspruch des Klägers zu. Nur die Bestimmungen des § 5 Abs. 3 und Abs. 4 ERTV DT AG sind entsprechend anwendbar, nicht aber § 5 Abs. 7 bis Abs. 9 ERTV DT AG. Das Verfahren nach § 6 ERTV DT AG dient danach, wie die entsprechende Anwendung von § 5 Abs. 3 und Abs. 4 ERTV DT AG zeigt, der Überprüfung der Eingruppierung bei Veränderungen der Tätigkeit und der Vorbereitung eines erneuten Eingruppierungsverfahrens nach § 99 BetrVG.

51

b) Vorliegend ist der Kläger seit dem 1. März 2010 auf einer geänderten arbeitsvertraglicher Grundlage tätig. Danach sind die von der Beklagten geschlossenen Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis anwendbar und nicht mehr - wie es der Kläger für die Zeit zuvor geltend macht - die der DT AG. Dies hat zur Folge, dass die Anwendbarkeit der maßgebenden Bewertungsgrundlage - hier der ERTV DT AG mit den einschlägigen Eingruppierungsmerkmalen - für den Arbeitsplatz des Klägers entfällt. Ein Eingruppierungsverfahren nach § 99 BetrVG ist jedenfalls auf der Grundlage einer Entscheidung einer betrieblichen Bewertungskommission nach § 6 ERTV DT AG nicht mehr durchzuführen. Die fehlende Anwendbarkeit des § 5 Abs. 7 bis Abs. 9 ERTV DT AG im Falle des § 6 ERTV DT AG führt gleichzeitig dazu, dass allein der Klärung der zutreffenden Bewertung durch die Kommission für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum im Verhältnis zum Arbeitgeber keine unmittelbare rechtliche Bedeutung mehr zukommt. Die Bewertungskommission würde allein als „Gutachter“ tätig, wie eine in der Vergangenheit ausgeübte Tätigkeit nach dem ERTV DT AG zu bewerten gewesen wäre. Weder dies noch die Vorbereitung oder die Prüfung der Erfolgsaussichten einer nachfolgenden Entgeltklage des Klägers für den Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 28. Februar 2010 ist aber unmittelbarer Zweck des Bewertungsverfahrens nach § 6 ERTV DT AG.

52

4. Der Klageantrag zu 4), den der Kläger ausdrücklich als Teil einer Stufenklage zum Antrag zu 2), hilfsweise zum Antrag zu 3) erhoben hat, ist unzulässig. Die Voraussetzungen für eine Stufenklage nach § 254 ZPO liegen nicht vor.

53

a) Nach § 254 ZPO kann mit der Klage auf Auskunft ein unbezifferter Zahlungsantrag verbunden werden, wenn die Auskunft der Bezifferung des Zahlungsantrages dient. Die begehrte Auskunft muss für die Erhebung eines bestimmten Antrages erforderlich sein (vgl. nur BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 113, 55).

54

b) Danach ist die Stufenklage im Streitfall unzulässig. Es fehlt sowohl an einem Auskunftsbegehren als auch an dem vorbereitenden Charakter des in der „ersten Stufe“ vom Kläger verfolgten Anspruchs. Der Kläger konnte etwaige Ansprüche auf ein Differenzentgelt für den streitgegenständlichen Zeitraum unmittelbar den tariflichen Regelungen entnehmen. Es handelt sich um anhand der Entgelttabellen leicht zu berechnende Ansprüche. Zudem bedurfte es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats noch nicht einmal einer Bezifferung, weil der Kläger jedenfalls zum Zeitpunkt der Anhängigkeit der Klage eine zulässige Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO in Form der sog. Elementenfeststellungsklage - gerichtet auf die Vergütungsdifferenz zwischen der von ihm für richtig erachteten Entgeltgruppe T 7 und der ihm geleisteten Vergütung nach der Entgeltgruppe T 5 ERTV DT AG - hätte erheben können. Der Kläger bedarf daher nicht der Durchführung eines Bewertungsverfahrens nach §§ 5 oder 6 ERTV DT AG zum Zwecke der Bezifferung seiner etwaigen Zahlungsansprüche. Daran ändert auch ein etwaiger Anspruch auf Durchführung des Bewertungsverfahrens, der sich aus dem Tarifvertrag ergeben kann, nichts. Er erweitert nicht den Rahmen für die Zulässigkeit einer Stufenklage (s. auch BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - zu I der Gründe, BAGE 119, 62).

55

c) Soweit der Kläger anführt, die Stufenklage sei zur Wahrung der tarifvertraglichen Ausschlussfrist erforderlich, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zur Wahrung der zweistufigen Ausschlussfrist ist eine Elementenfeststellungsklage schon deshalb erforderlich, weil nicht auszuschließen ist, dass die Bewertungskommission nicht diejenige Entgeltgruppe für zutreffend erachtet, die der Arbeitnehmer für maßgebend hält, sondern im Verfahren nach § 5 ERTV DT AG den Bewertungsvorschlag des Arbeitgebers oder in demjenigen nach § 6 ERTV DT AG die bisherige Entgeltgruppe als zutreffend ansieht. Schließlich ist nicht auszuschließen, dass sich nach Durchführung des Verfahrens nach § 99 BetrVG ein anderes Bewertungsergebnis ergibt, als dasjenige, welches der Kläger für richtig hält.

56

Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz wird damit nicht beeinträchtigt. Es wird dem Kläger, auch unter dem Gesichtspunkt der Kosten der Rechtsverfolgung der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert (dazu BVerfG 1. Dezember 2010 - 1 BvR 1682/07 - Rn. 21 ff., EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 197).

57

III. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Schuldt    

        

        

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

8
a) Nach § 254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet. Die Besonderheit der Stufenklage liegt nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage, sondern in erster Linie in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Stufenklage soll dem Kläger die Prozessführung nicht allgemein erleichtern. Vielmehr muss sein Unvermögen zur bestimmten Angabe der von ihm auf der letzten Stufe seiner Klage beanspruchten Leistung gerade auf den Umständen beruhen, über die er auf der ersten Stufe Auskunft begehrt, bzw. muss das Auskunftsbegeh- ren gerade der Vorbereitung der auf der letzten Stufe noch nachzuholenden bestimmten Angabe dienen (MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl., § 254 Rn. 6 f.; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 254 Rn. 2; Baumbach /Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 254 Rn. 1). Daraus folgt, dass im Rahmen der Stufenklage die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (Zöller /Greger, ZPO, 28. Aufl., § 254 Rn. 6). Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht dagegen nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH, Urteile vom 2. März 2000 - III ZR 65/99, NJW 2000, 1645, 1646 und vom 18. April 2002 - VII ZR 260/01, NJW 2002, 2952, 2953).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 260/01 Verkündet am:
18. April 2002
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VOB/B § 8 Nr. 3 Abs. 4
§ 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B gewährt dem Auftragnehmer einen einklagbaren Anspruch auf
Zusendung einer Aufstellung über die infolge einer Kündigung entstandenen Mehrkosten
und über seine anderen Ansprüche.
Rechnet der Auftraggeber gegen den Werklohnanspruch des Auftragnehmers mit einem
Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten nach einer Kündigung auf, kann der Auftragnehmer
den Anspruch auf Werklohn nicht mit einer Stufenklage in der Weise verfolgen, daß er
Rechnungslegung über die Mehrkosten und gegebenenfalls die eidesstattliche Versicherung
verlangt sowie den Werklohn abzüglich des sich aus der Rechnungslegung ergebenden
Anspruchs auf Erstattung der Mehrkosten geltend macht.
VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 5 D
Für einen Vorbehalt nach § 16 Nr. 3 Abs. 5 VOB/B reicht es aus, daß der Auftragnehmer
erklärt, er halte vorbehaltlich einer näheren Prüfung an der Forderung fest.
BGH, Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 260/01 -OLG Rostock
LG Rostock
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 17. Juli 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger eine Aufstellung über die von ihr nach Beendigung des zwischen ihr und der Fa. ihab R. Industrie- und Hafenbau GmbH geschlossenen Bauwerkvertrages vom 8. März 1994/ 7. April 1994 aus der Fertigstellung des Bauvorhabens "Technologiepark W. IV BA Gebäude H" gemäß Schreiben der Beklagten vom 6. September 1995 geltend gemachten Mehrkosten zuzusenden, wobei die zum Nachweis von Art und Menge der Fertigstellungsleistungen erforderlichen Zeichnungen und andere Belege beizufügen und etwaige nachträgliche Ergänzungen, Änderungen oder Erweiterungen des ursprünglich mit der Fa. ihab R. Industrie- und Hafenbau GmbH vereinbarten Bauwerkvertrages vom 8. März 1994/7. April 1994 besonders kenntlich zu machen sind. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der ihab R. Industrie- und Hafenbau GmbH (ihab-GmbH). Er verlangt Rechnungslegung und Werklohnzahlung aus einem nicht vollständig ausgeführten Bauvertrag. Die Beklagte beauftragte die ihab-GmbH 1994 mit Rohbauarbeiten am Bauvorhaben "Technologiepark W. IV BA Gebäude H". Die VOB/B wurde neben weiteren Besonderen Vertragsbedingungen vereinbart. Nachdem das Vertragsverhältnis infolge des Vermögensverfalls der ihab-GmbH beendet worden war, erteilte diese eine Schuûrechnung über 1.714.378,91 DM für die erbrachten Leistungen. Die Beklagte prüfte die Rechnung und ermittelte eine Vergütung von 1.638.917,91 DM. Sie erklärte gegenüber der sich unter Berücksichtigung der vertraglichen Abzüge und der Abschlagszahlungen ergebenden Restforderung die Aufrechnung mit Mängelbeseitigungskosten, Mehrkosten der Fertigstellung zuzüglich der Kosten, die dadurch entstanden sein sollen, daû der Nachfolgeunternehmer eine erweiterte Garantie übernommen habe, und mit Schadensersatzansprüchen wegen Verzugs. Nach Abzug der aufgerechneten Forderungen ermittelte die Beklagte eine Restforderung von 120.899 DM. Sie kündigte mit Schreiben vom 6. September 1995 an, diesen Betrag zu leisten, und wies die ihab-GmbH auf die Ausschluûwirkung gemäû § 16 Nr. 3 Abs. 5 VOB/B und auf die Notwendigkeit des Vorbehalts innerhalb von 24 Werktagen nach Zugang der Mitteilung sowie der Begründung dieses Vorbehalts in weiteren 24 Werktagen hin. Mit Schreiben vom 26. September 1995 antwortete der Kläger, er müsse den Inhalt des Schreibens vom 6. September 1995 noch prüfen und benötige dazu noch detaillierte Nachweise
über die Gegenforderungen. Die Beklagte übersandte daraufhin Belege für die Nachbesserungskosten. Am 12. Oktober 1995 antwortete der Kläger, nahm zu den nachgewiesenen Mängelbeseitigungskosten Stellung und wies u.a. die nicht belegten Ansprüche aus Mietverlust und Mehraufwendungen zurück. Am selben Tag ging der Betrag von 120.899 DM beim Kläger ein. Dieser forderte am 13. Oktober 1995 den Restbetrag aus der Schluûrechnung. Der Kläger errechnet unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Mängelbeseitigungskosten einen von der Beklagten zu zahlenden Restbetrag von 644.645,42 DM. Dabei geht er von einer Vergütung von 1.683.917,96 DM aus. Er hat Stufenklage mit den Anträgen erhoben, die Beklagte zu verurteilen, 1. zur Rechnungslegung über die Fertigstellungsmehrkosten, 2. erforderlichenfalls zur Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnungslegung an Eides Statt, 3. zur Zahlung der ermittelten Restvergütung abzüglich der gemäû Klageantrag Nr. 1 nachgewiesenen Baufertigstellungsaufwendungen zuzüglich Zinsen. Das Landgericht hat dem Antrag zu 1. durch Teilurteil statt gegeben. Die Berufung ist mit der Maûgabe zurückgewiesen worden, daû die Beklagte verurteilt wird, gegenüber dem Kläger nach Grund und Höhe Rechnung zu legen über die von ihr nach Beendigung des zwischen ihr und der ihab-GmbH geschlossenen Bauwerkvertrages aus der Fertigstellung des Bauvorhabens "Technologiepark W. IV BA Gebäude H" gemäû Schreiben der Beklagten vom 6. September 1995 geltend gemachten Mehraufwendungen, wobei die zum Nachweis von Art und Menge der Fertigstellungsleistungen erforderlichen Zeichnungen und andere Belege beizufügen und etwaige nachträglichen
Ergänzungen, Änderungen und Erweiterungen des ursprünglich mit der ihabGmbH vereinbarten Bauwerkvertrages besonders kenntlich zu machen sind. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage beantragt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht hält die erhobene Stufenklage für zulässig. Der Kläger benötige nach der Aufrechnung der Beklagten mit den Fertigstellungsmehrkosten die Rechnungslegung zur Bemessung seines eigenen Anspruchs. Seine Werklohnforderung sei sowohl hinsichtlich ihres Bestandes als auch hinsichtlich der Höhe von der aufgerechneten Forderung über Mehraufwendungen abhängig. Die Klage sei auch begründet. Der Anspruch auf Rechnungslegung sei zwar nicht aus § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B herzuleiten, ergebe sich jedoch aus § 242 BGB.
Der eventuelle Zahlungsanspruch des Klägers sei nicht durch die Einrede der vorbehaltlosen Annahme der Schluûzahlung erloschen. Diese Einrede sei unbegründet. Der Kläger habe rechtzeitig einen Vorbehalt erklärt. Die Vorbehaltsfrist habe nicht vor Eingang der Schluûzahlung zu laufen begonnen. Vor Ablauf der Frist habe der Kläger den Vorbehalt in dem Schreiben vom 13. Oktober deutlich erklärt. Es könne daher dahinstehen, ob das Schreiben vom 26. September 1995 einen ordnungsgemäûen Vorbehalt darstelle.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis Stand. 1. Die Stufenklage ist allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unzulässig.
a) Nach § 254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis schuldet. § 254 ZPO schafft damit eine Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen einen unbestimmten Leistungsanspruch zu verfolgen. Die im Rahmen der Stufenklage verfolgte Rechnungslegung ist lediglich ein Hilfsmittel, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht deshalb nicht zur Verfügung , wenn die Auskunft nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dient, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit
als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH, Urteil vom 2. März 2000 - III ZR 65/99, NJW 2000, 1645, 1646).
b) Von diesen Grundlagen geht das Berufungsgericht zutreffend aus. Es meint jedoch zu Unrecht, die im Rahmen der Stufenklage erhobene Klage auf Rechnungslegung diene der Bestimmung des Leistungsanspruchs. aa) Der mit der Klage geltend gemachte Werklohnanspruch ist der Höhe nach unstreitig. Die Klage auf Rechnungslegung dient nicht seiner Bemessung. Der Werklohnanspruch wird auch nicht durch die Aufrechnung in einer Weise ungewiû, die eine Stufenklage erlauben würde. Vielmehr hat die Beklagte die Höhe der Forderung genau bezeichnet. Damit steht fest, in welcher Höhe die Beklagte die Werklohnforderung durch die Aufrechnung, so sie denn berechtigt ist, zum Erlöschen gebracht hat. Der Kläger will mit der Klage auf Rechnungslegung Informationen darüber erlangen, inwieweit die zur Aufrechnung gestellte Forderung tatsächlich besteht und demgemäû die Aufrechnung begründet ist. Das sind Informationen, die nicht seinen Leistungsanspruch, sondern nur die Gegenforderung betreffen. bb) Der mit § 254 ZPO verfolgte Zweck erfordert keine Anwendung auf die Fälle, in denen der Gläubiger darüber im Unklaren ist, ob die vom Schuldner erhobenen Einwendungen berechtigt sind. Die Möglichkeit, einen unbezifferten Leistungsantrag mit der Klage auf Rechnungslegung zu verbinden, dient der Vorbereitung und Durchsetzung des eigenen Anspruchs, dessen Höhe noch unbekannt ist und deshalb noch nicht beziffert werden kann. Soweit dem Gläubiger hinsichtlich dieses Anspruchs ein Anspruch auf Rechnungslegung zusteht, ist es prozeûökonomisch, ihm die Möglichkeit zu eröffnen, die Klage auf Rechnungslegung mit einem unbezifferten Leistungsantrag zu verbinden
und dadurch auch die Verjährung zu unterbrechen. Dagegen bezweckt § 254 ZPO nicht, dem Kläger das allgemeine Prozeûrisiko zu nehmen, einen Anspruch in einer Höhe durchsetzen zu wollen, die von vornherein streitig ist und erst im Prozeû aufgeklärt werden kann. Daran ändert auch nichts, daû die Aufrechnung zum Erlöschen des Werklohnanspruchs führt, soweit sie berechtigt ist. Denn die Aufrechnung ist eine rechtsvernichtende Einwendung. Sie setzt voraus, daû ein Leistungsanspruch besteht. Um dessen Aufklärung geht es allein bei der Möglichkeit der Stufenklage. 2. Das Urteil des Berufungsgerichts hat gleichwohl mit der Maûgabe Bestand , daû die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger eine Aufstellung nach § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B zuzusenden.
a) Die Unzulässigkeit der Stufenklage führt dazu, daû ein unbestimmter Leistungsantrag als unzulässig abgewiesen werden muû. Sie hat jedoch nicht die notwendige Folge, daû die Klage, wie sie hier erhoben worden ist, insgesamt oder teilweise als unzulässig abgewiesen werden muû. Vielmehr kommt eine Umdeutung in eine von der Stufung unabhängige objektive Klagehäufung in Betracht (BGH, Urteil vom 2. März 2000 - III ZR 65/99, aaO). Der Senat muû nicht darüber entscheiden, ob der Kläger die mit dem Höchstbetrag bezifferte und lediglich durch das Ergebnis der Rechnungslegung beschränkte Leistungsklage unabhängig von der Stufung erhoben hat. Denn in der Revision ist nur die Klage auf Rechnungslegung anhängig. Der Senat hat keinen Zweifel daran, daû diese Klage auch für den Fall erhoben worden ist, daû eine Stufung unzulässig ist. Das ergibt sich daraus, daû der Kläger besonderen Wert darauf legt, das Prozeûrisiko gering zu halten und deshalb seinen ihm nach seiner Auffassung zustehenden materiellrechtlichen Anspruch auf Rechnungslegung in jedem Fall durchsetzen will. Es ist deshalb entgegen der Auffassung der
Revision nicht so, daû nach dem Rechtsschutzziel des Klägers die Verbindung von Auskunfts- und Leistungsantrag derartig eng sein sollte, daû die gesamte Rechtsverfolgung mit der Stufung "stehen und fallen" sollte.
b) Der Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Rechnungslegung ist nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger auf Zahlung des Werklohns in voller Höhe klagen kann und in diesem Prozeû die Höhe der zur Aufrechnung gestellten Forderung geklärt werden muû. Durch diese Möglichkeit einer isolierten Zahlungsklage entfällt nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Rechnungslegung. Denn es handelt sich entgegen der Revision nicht um einen kostengünstigeren und schnelleren Weg, das Rechtsschutzziel zu erreichen. Vielmehr dient die Klage auf Rechnungslegung gerade dazu, die durch die Zahlungsklage verbundenen Kostenrisiken zu vermeiden. Soweit die Revision meint, eine Rechnungslegung werde nur ausnahmsweise zu einer Anerkennung der zur Aufrechnung gestellten Forderung führen, bewegt sie sich im Bereich der Spekulation. Das kann nicht dazu führen, daû das Rechtsschutzinteresse entfällt. 3. Die Klage auf Rechnungslegung ist mit der Maûgabe begründet, daû der Kläger einen Anspruch auf Zusendung einer Aufstellung der Beklagten über die infolge der Kündigung entstandenen Mehrkosten hat, § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B.
a) Nach § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Aufstellung über die entstandenen Mehrkosten und über seine anderen Ansprüche spätestens binnen 12 Werktagen nach Abrechnung mit dem Dritten zuzusenden. Das Berufungsgericht erkennt zutreffend, daû sich aus dieser Regelung eine entsprechende Pflicht des Auftraggebers ergibt. Zu Unrecht meint es jedoch, diese Pflicht sei nicht einklagbar. Dafür gibt die Rege-
lung nichts her. Sie verschafft dem Auftragnehmer einen durchsetzbaren Anspruch auf Zusendung der Aufstellung. Die Regelung dient dem Informationsinteresse des Auftragnehmers nach einer Kündigung des Vertrages. Er soll möglichst schnell darüber informiert werden, in welcher Höhe der Auftraggeber wegen der Kündigung Ansprüche geltend machen kann. Das erlaubt dem Auftragnehmer einerseits eine frühzeitige und sachnahe Prüfung, ob und inwieweit diese Ansprüche berechtigt sind. Andererseits wird er in die Lage versetzt, die entsprechende finanzielle Disposition frühzeitig einzukalkulieren und vorzubereiten. Durch die Information das Auftragnehmers über die durch die Kündigung entstandenen Mehrkosten wird auûerdem einer prozessualen Auseinandersetzung , mit der der Auftragnehmer Werklohn in voller Höhe geltend macht und der Auftraggeber erst im Prozeû die Aufrechnung erklärt, entgegengewirkt. Es besteht kein Anlaû, den Zweck dieser Regelung dadurch einzuschränken, daû die Verpflichtung des Auftragnehmers nicht einklagbar ist. Denn dann wäre der Auftragnehmer für den Fall der Pflichtverletzung auf schwer nachweisbare Schadensersatzansprüche angewiesen, bei denen er das Risiko der Durchsetzbarkeit trüge. Es entspricht vielmehr dem berechtigten Interesse des Auftragnehmers , die Aufstellung notfalls im Wege der Klage einfordern zu können, wenn er z.B. seine weiteren Dispositionen davon abhängig machen will. Das macht der vorliegende Fall besonders deutlich, in dem es dem Verwalter offenbar darauf ankommt, das Prozeûrisiko im Interesse der Masse von vornherein gering zu halten.
b) Die Aufstellung über die entstandenen Mehrkosten muû in einer Weise erfolgen, die dem Auftragnehmer die Prüfung ermöglicht, inwieweit die geltend gemachten Kosten auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarung berechtigt sind. Die Regelung des § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B erfüllt ihren Zweck nur, wenn sich die Aufstellung an den Anforderungen orientiert, die an den Vortrag
des Auftraggebers zu den entstandenen Mehrkosten in einem Prozeû zu stellen sind. Denn nur bei einer möglichst umfassenden Information des Auftragnehmers ist gewährleistet, daû er die Prüfung sachgerecht vornehmen kann und ein Streit über diese Ansprüche vermieden wird. Die Aufstellung wird deshalb in aller Regel Angaben dazu enthalten müssen, welche Leistungen nach der Kündigung im Wege der Ersatzvornahme ausgeführt wurden und welche Kosten dadurch entstanden sind. Ob der Auftraggeber darüber hinaus auch noch die Mehrkosten konkret ermitteln muû, hängt davon ab, inwieweit er dazu in der Lage ist. Der Senat hat entschieden, daû die Anforderungen an die Darlegung in einem Prozeû vom Einzelfall abhängen. Sie bestimmen sich danach , welche Angaben dem Auftraggeber möglich und zumutbar sind, und nach dem Kontroll- und Informationsinteresse des Auftragnehmers. Er hat auch hervorgehoben , daû eine den Anforderungen des § 14 Nr. 1 VOB/B entsprechende Abrechnung nicht generell und unabhängig vom Einzelfall gefordert werden kann (BGH, Urteil vom 25. November 1999 - VII ZR 468/98, BauR 2000, 571, 572 = NZBau 2000, 131 = ZfBR 2000, 174). Andererseits ist es nicht ausgeschlossen , daû die Abrechnung sich an den Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 VOB/B orientiert. Es ist deshalb auch nicht ausgeschlossen, daû eine Aufstellung nach § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B die zum Nachweis von Art und Menge der Fertigstellungsleistungen erforderlichen Zeichnungen und andere Belege enthalten muû und etwaige nachträgliche Ergänzungen, Änderungen oder Erweiterungen des gekündigten Vertrags besonders kenntlich gemacht werden müssen.
c) Es ist Aufgabe des mit dem Antrag auf Verurteilung zur Zusendung der Aufstellung befaûten Gerichts, die inhaltlichen Anforderungen an die Aufstellung im Einzelfall festzulegen. Soweit das Berufungsgericht eine Beifügung der zum Nachweis von Art und Menge der Fertigstellungsleistungen erforderli-
chen Zeichnungen und anderer Belege sowie der besonderen Kenntlichmachung etwaiger nachträglicher Ergänzungen, Änderungen oder Erweiterungen des ursprünglich mit der ihab-GmbH vereinbarten Bauwerkvertrags verlangt, sind diese Anforderungen möglich und deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision zeigt nicht auf, daû ihnen ein Verfahrensfehler zugrunde liegt.
d) Unbegründet ist der Einwand der Revision, die Beklagte habe den Auskunftsanspruch bereits erfüllt; sie habe im Schreiben vom 6. September 1995 detailliert und ausführlich ausgeführt, woraus sich die geltend gemachten Kosten ergäben. Die Beklagte hat in dem benannten Schreiben lediglich die zu erwartenden Kosten dargelegt. Dementsprechend beruhen die im einzelnen bezifferten Mehrkosten ersichtlich nur auf Vorausschätzungen. Die Beklagte hat damit die tatsächlichen Mehrkosten nach Beendigung der Arbeiten durch die Drittunternehmer noch nicht mitgeteilt.
e) Es kann nach allem dahinstehen, ob der Kläger eine Aufstellung der durch die Kündigung entstandenen Mehrkosten auch gemäû § 242 BGB fordern könnte, wie das Berufungsgericht gemeint hat. Der Senat weist jedoch darauf hin, daû sich weder aus § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B noch aus § 242 BGB ein Anspruch des Klägers auf Rechnungslegung im Sinne des § 259 BGB ergibt. Der Kläger hat demgemäû auch keinen Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, wenn Grund zur Annahme besteht, daû die zu fertigende Aufstellung des Auftraggebers nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden ist. 4. Erfolglos bleibt die Revision auch, soweit sie sich gegen die Auffassung des Berufungsgerichts wendet, der Kläger habe die Schluûzahlung der Beklagten nicht vorbehaltlos angenommen.

a) Auf das Vertragsverhältnis der Parteien ist die VOB/B in der seit 1990 geltenden Fassung anwendbar. Danach schlieût die vorbehaltlose Annahme der Schluûzahlung Nachforderungen aus, wenn der Auftragnehmer über die Schluûzahlung schriftlich unterrichtet und auf die Ausschluûwirkung hingewiesen wurde. Ein Vorbehalt ist innerhalb von 24 Werktagen nach Zugang der Mitteilung nach Absatz 2 und 3 des § 16 Nr. 3 VOB/B zu erklären. Er wird hinfällig , wenn nicht innerhalb von weiteren 24 Werktagen eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen eingereicht oder, wenn das nicht möglich ist, der Vorbehalt eingehend begründet wird.
b) Es kann dahinstehen, ob die VOB/B im Vertragsverhältnis der Parteien einer Inhaltskontrolle zu Lasten der Beklagten unterliegt, wofür angesichts zahlreicher in den Kernbereich der VOB/B eingreifender Regelungen viel spricht. In einem solchen Fall hielte diese Regelung einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz nicht Stand (BGH, Urteil vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, BGHZ 138, 176). Ebenso kann dahinstehen, ob mit der Neuregelung der VOB/B weiterhin davon ausgegangen werden kann, daû die Frist zur Erklärung des Vorbehalts erst dann beginnt, wenn die Schluûzahlung erfolgt ist, wie das Berufungsgericht meint. Denn auch wenn das nicht so ist, sondern, wofür der Wortlaut spricht, die Frist bereits mit dem Zugang der Mitteilung vom 6. September 1995 über die Schluûzahlung beginnt, hat der Kläger den Vorbehalt rechtzeitig erklärt. Das Schreiben des Klägers vom 26. September 1995 enthält einen ausreichend deutlichen Vorbehalt. Der Vorbehalt ist rechtzeitig begründet worden. aa) Nach der Rechtsprechung des Senats sind an den Vorbehalt keine hohen Anforderungen zu stellen (BGH, Urteil vom 4. März 1983 - VII ZR 329/81, BauR 1983, 476, 477 = ZfBR 1983, 234). Der Vorbehalt richtet sich
gegen die abschlieûende Wirkung einer Schluûzahlung. Dazu reicht es aus, daû der Auftragnehmer erklärt, er halte vorbehaltlich einer näheren Prüfung an der Forderung fest. bb) Das ist im Schreiben vom 26. September 1995 deutlich geschehen. Der Kläger hat darin sinngemäû erklärt, ohne Vorlage weiterer Nachweise könne er die Mängelbeseitigungskosten nicht prüfen. Er hat in diesem Schreiben erhebliche Vorbehalte gegen die Höhe der Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht und erklärt, daû er den Inhalt der Schluûzahlungsmitteilung vom 6. September 1995 noch prüfen müsse. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, daû er ohne nähere Prüfung und ohne weitere Nachweise an seiner Forderung festhalte. Daran ändert nichts, daû er sein Interesse an einem Konsens bekundet hat. cc) Der Kläger hat seinen Vorbehalt innerhalb weiterer 24 Werktage im Schreiben vom 12. Oktober 1995 begründet, das nach dem Vortrag der Revision am 20. Oktober 1995 zugegangen ist. In diesem Schreiben wird erläutert, warum die Mängelbeseitigungskosten nicht vollständig anerkannt werden. Auûerdem werden die Mehrkosten der Fertigstellung und des Verzugs unter Hinweis darauf, daû keine Belege vorgelegt worden seien, zurückgewiesen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Ullmann Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 65/99
Verkündet am:
2. März 2000
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
------------------------------------

a) Eine Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO ist unzulässig, wenn die Auskunft
nicht dem Zweck einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs
dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher
nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung
verschaffen soll.

b) Die Unzulässigkeit der Stufung steht einer Sachentscheidung über den
in der Klage enthaltenen Auskunftsanspruch nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 2. März 2000 - III ZR 65/99 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. Dezember 1998 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Auskunftsanspruch als unbegründet abgewiesen wird.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger ist Richter (Besoldungsgruppe R 2) in der Sozialgerichtsbarkeit des beklagten Landes. Er bewarb sich um die ausgeschriebene Stelle eines Präsidenten des Sozialgerichts (R 3), die jedoch anderweitig vergeben wurde. Mit der Behauptung, in dem Besetzungsverfahren seien Amtspflichtverletzungen zu seinen Lasten begangen worden, hat der Kläger gegen das beklagte Land Stufenklage mit einem - im ersten Rechtszug teilweise einseitig für erledigt erklärten - Antrag auf Auskunft über nähere Einzelheiten des Verfahrensablaufs und einem unbezifferten Antrag auf Schadensersatz erhoben.
Das Landgericht hat den Auskunftsantrag als unbegründet und den Zahlungsantrag als unzulässig abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung mit folgenden Anträgen eingelegt:
"I. Das Urteil des Landgerichts K. vom 03.04.1998, ..., wird aufgehoben. II. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Besetzungsvorgänge hinsichtlich der Besetzung der im Staatsanzeiger von Baden-Württemberg vom 01.10.1994 ausgeschriebenen Stelle des Präsidenten des Sozialgerichts M. insbesondere durch Beantwortung folgender Fragen zu erteilen: 1. Anhand welcher Kriterien wurde über die Besetzung der Stelle entschieden? 2. Wurden vor der Besetzung der Stelle Anlaßbeurteilungen für die jeweiligen Bewerber erstellt?`
9. Durch welche konkreten Kriterien wurde Herr R. besser als der Kläger eingeschätzt? 10. Hätte das Land Baden-Württemberg sich bei Nichternennung des Herrn R. für den Mitbewerber oder für den Kläger entschieden, ggf. nach welchen Kriterien? 11. Gab es für den Mitbewerber eine Anlaßbeurteilung oder dienstliche Beurteilung? Mit welchem Ergebnis endete diese ? III. Es wird festgestellt, daß der Rechtsstreit hinsichtlich der Klageanträge Ziff. 1, Unterziffer 3-8 (Klageschrift vom 16.12.1997) erledigt ist. IV. Stufe 2: Der Beklagte wird ggf. nach Erfüllung oder Erledigung des Klageantrags Ziff. II verurteilt, dem Kläger den Schaden zu ersetzen , der dem Kläger dadurch entstanden ist oder dadurch entstehen wird, daß anstelle des Klägers ein anderer Bewerber zum Präsidenten des Sozialgerichts M. ernannt wurde. V. Hilfsweise: Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht K. hinsichtlich des Klageantrags II (Auskunftsanspruch) verwiesen."
Das Berufungsgericht hat die Klage in vollem Umfang als unzulässig abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg. Allerdings ist der Auskunftsanspruch nicht unzulässig, sondern unbegründet; insoweit ist das landgerichtliche Urteil in vollem Umfang wiederherzustellen.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß das Rechtsschutzbegehren des Klägers als Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO unzulässig ist.

a) Nach § 254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis schuldet. Bereits aus dem Gesetzeswortlaut sowie aus der systematischen Einordnung dieser Bestimmung unmittelbar hinter § 253 ZPO wird deutlich, daß die Besonderheit der Stufenklage nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage liegt, sondern in erster Linie in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (Lent, Anmerkung zu LG Essen NJW 1954, 1289; OLG Zweibrücken, NJW 1986, 939; MünchKomm/Lüke , ZPO § 254 Rn. 6; Stein/Jonas/Schumann, ZPO 21. Aufl. § 254 Rn. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 57. Aufl. § 254 Rn. 1). Daraus folgt, daß im Rahmen der Stufenklage die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (Zöller/Greger, ZPO 21. Aufl. § 254 Rn. 4). Die der Stufenklage eigentümliche
Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht dagegen nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll.

b) So liegt der Fall hier: Der Kläger räumt ein, mit dem Auskunftsantrag zunächst die Umstände in Erfahrung bringen zu wollen, die ihm die Beurteilung ermöglichen, ob überhaupt ein amtspflichtwidriges Verhalten des beklagten Landes bei der Besetzung der Stelle des Präsidenten des Sozialgerichts vorliegt und ob dieses Verhalten gegebenenfalls ursächlich dafür geworden ist, daß er die Stelle nicht erhalten hat. Der Kläger will mit dem Auskunftsanspruch also nur in Erfahrung bringen, ob ihm überhaupt ein Amtshaftungsanspruch zusteht, sei es wegen der Nichtberücksichtigung des Klägers als solcher, sei es, weil das beklagte Land es nach Darstellung des Klägers unterlassen hat, ihm vorab mitzuteilen, daß es einen Mitbewerber bevorzugen wolle. Dagegen ist ihm eine Bezifferung des Schadensersatzanspruchs ohne weiteres möglich, da es insoweit lediglich um die Differenz der Dienstbezüge zwischen den Besoldungsgruppen R 2 und R 3 geht.

c) Da mithin die Bezifferbarkeit des erhobenen Leistungsanspruchs gerade nicht von der begehrten Auskunft abhängt, andererseits aber nach der dezidierten Erklärung des Klägers in der Schlußverhandlung vor dem Landgericht vom 3. April 1998 sein Leistungsbegehren auch nicht etwa in eine Feststellungsklage umgedeutet werden kann und soll, ist der erhobene Antrag auf Schadensersatz wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitserfordernis des
§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Einer der Fälle, bei denen ein unbezifferter Antrag in Betracht kommt (vgl. dazu Wurm, JA 1989, 65, 66/67), liegt nämlich nicht vor. Beide Vorinstanzen haben daher den Leistungsantrag mit Recht als unzulässig abgewiesen.
2. Der Umstand, daß im vorliegenden Fall eine Stufung der Klageanträge im Sinne des § 254 ZPO nicht in Betracht kommt, hat indessen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die notwendige Folge, daß auch der Auskunftsanspruch von der Unzulässigkeit der gewählten Klageart erfaßt wird.

a) Der Senat sieht vielmehr keine durchgreifenden Bedenken dagegen, die als solche unzulässige Stufenklage in eine - zulässige - Klagehäufung im Sinne des § 260 ZPO umzudeuten. Das Auskunftsbegehren des Klägers ist zwar, da es wie dargelegt, nicht der Bezifferbarkeit des Leistungsantrags dient, als erste Stufe einer Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO unzulässig. Andererseits ist dem Kläger ein - zumindest für die Rechtsschutzgewährung ausreichendes - berechtigtes Interesse an den begehrten Auskünften nicht abzusprechen. Die Frage, ob dem Kläger gegen das beklagte Land ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskünfte tatsächlich zusteht, ist dementsprechend nicht eine solche der Zulässigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern der Begründetheit.

b) Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn nach dem Rechtsschutzziel des Klägers die Verbindung von Auskunfts- und Leistungsantrag derartig eng sein sollte, daß die gesamte Rechtsverfolgung mit dieser Stufung "stehen und fallen" sollte. Dies läßt sich indes nicht feststellen. Insbesondere der Hilfsantrag, den Auskunftsanspruch an das Verwaltungsgericht zu verwei-
sen, belegt, daß der Kläger zwar in erster Linie die begehrte Stufung weiterverfolgen wollte, jedoch für den Fall, daß dies nicht durchsetzbar war, auch eine Trennung beider Ansprüche und damit eine Verselbständigung des Auskunftsanspruchs hinzunehmen bereit war. Deswegen ist eine isolierte Sachentscheidung über den Auskunftsanspruch gegenüber dem Rechtsschutzbegehren des Klägers nicht ein "Aliud", sondern ein bloßes "Minus". Da auch sonstige Bedenken gegen die Zulässigkeit des Auskunftsanspruchs nicht ersichtlich sind, dieser insbesondere - im Gegensatz zum Leistungsantrag - nicht etwa gegen das Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verstößt, muß daher insoweit in eine Sachprüfung eingetreten werden.

c) Diese Sachprüfung führt zu dem Ergebnis, daß der Auskunftsanspruch des Klägers zumindest im jetzt noch anhängigen Umfang unbegründet ist. Der vorliegende Fall nötigt nicht zu einer umfassenden Klärung, welche Auskünfte der unterlegene Bewerber um eine Stelle des öffentlichen Dienstes zur Vorbereitung seiner Rechtsverfolgung von dem betreffenden Dienstherrn verlangen kann. Es genügt vielmehr die Feststellung, daß der Kläger jedenfalls hier durch das Schreiben des beklagten Landes vom 9. Dezember 1997 in ausreichendem Maße über die Gründe für die anderweitige Besetzung der Stelle informiert worden ist. Die in diesem Schreiben dargelegten Gründe wurden durch den Sachvortrag des beklagten Landes im jetzigen Rechtsstreit, zuletzt in der Berufungserwiderung vom 20. Oktober 1998, noch weiter präzisiert. Dies ermöglicht dem Kläger ohne weiteres die Beurteilung, ob er sich von einer Amtshaftungsklage hinreichende Aussicht auf Erfolg versprechen kann. Noch detailliertere Informationen sind weder als Hilfsanspruch zur Vorbereitung der Amtshaftungsklage (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 78, 274, 277 f) noch aus dem Gesichtspunkt der dienstrechtlichen Fürsorgepflicht geboten. Insbesondere ist
das beklagte Land nicht verpflichtet, dem Kläger schon gleichsam "im Vorfeld" jedes Prozeßrisiko abzunehmen. Dies gilt um so mehr, als dem Kläger im Rechtsstreit möglicherweise die im Senatsurteil BGHZ 129, 226, 232 ff angesprochenen Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute kommen.

d) Der Senat ist als Rechtsmittelgericht befugt, ein die Klage als unzulässig abweisendes Prozeßurteil auch dann durch ein sachabweisendes Urteil zu ersetzen, wenn nur der Kläger das Rechtsmittel eingelegt hat (st. Rspr.; z.B. BGHZ 104, 212, 214 m.zahlr.w.N.). Auch hinsichtlich des vom Kläger einseitig für erledigt erklärten Teils des Auskunftsanspruchs hatte es bei der Klageabweisung zu verbleiben. Dem Informationsinteresse des Klägers wurde, soweit möglicherweise berechtigt, bereits durch das Schreiben des beklagten Landes vom 9. Dezember 1997 genügt. Dieses Schreiben ist nach dem Vorbringen des Klägers erst nach Einreichung der Klage bei seinen Prozeßbevollmächtigten eingegangen, aber noch vor der Zustellung, die erst am 12. Januar 1998 stattgefunden hat. Eine durch Urteil nach einseitiger Erledigungserklärung des Klägers festzustellende Erledigung der Hauptsache setzt voraus, daß die Klage
nach Eintritt ihrer Rechtshängigkeit (unzulässig oder) unbegründet geworden ist (BGHZ 83, 12). Dies war hier nicht der Fall, da die Rechtshängigkeit erst mit Klagezustellung eingetreten ist (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO).
Rinne Wurm Streck Schlick Dörr

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Oktober 2013 - 8 Sa 237/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger als Betriebsratsmitglied unter Berücksichtigung der beruflichen Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer oder seines fiktiven beruflichen Werdegangs eine höhere Vergütung zusteht und ob ihm in diesem Zusammenhang von der Beklagten Auskünfte zu erteilen sind.

2

Die Beklagte betreibt einen Internetversandhandel und beschäftigt in ihrem Betrieb in B etwa 3.500 Arbeitnehmer. Der Kläger, der im Jahr 1992 die Meisterprüfung im Fleischereihandwerk abgelegt hatte, wurde von der Beklagten am 15. November 2000 als Teamleiter (Lead) eingestellt. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Arbeitsvertrag vom 2. November 2000.

3

Der Kläger gehört seit dem Jahr 2006 dem im Betrieb B gebildeten Betriebsrat an, seit dem 22. April 2010 als freigestelltes Betriebsratsmitglied. Bis zu seiner Freistellung übte er die Tätigkeit eines Leads im Lager/Versand aus. In dieser Funktion war er neben seiner Mitarbeit in der Abteilung erster fachlicher Ansprechpartner der Arbeitnehmer seines Teams. Zu seinen Aufgaben gehörte die Einteilung, Motivation und Kontrolle der Teammitarbeiter, die Organisation und Verbesserung des Arbeitsablaufs in Zusammenarbeit mit dem Abteilungsleiter, die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, die Urlaubsplanung, die Bearbeitung von Statistiken, die Weiterleitung von Verbesserungsvorschlägen und die Teilnahme an Workshops. Wie bei allen Leads richtet sich die Vergütung des Klägers nach der Vergütungsstufe „Level 3 hourly“. Dabei handelt es sich um die höchste Entgeltstufe im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmer.

4

Im kaufmännischen Bereich verfügt die Beklagte über Stellen von Acting Area Managern (kommissarischen Abteilungsleitern) sowie von Area Managern (Abteilungsleitern). Die Tätigkeit als Acting Area Manager, die nach der Gehaltsstufe „Level 3 Salary + Zulage“ vergütet wird, dient der Erprobung für die Position des Area Managers. Ein Area Manager wird nach der Gehaltsstufe „Level 5 Salary“ vergütet. Es gibt weder einen Zeitaufstieg noch einen Bewährungsaufstieg von der Position des Leads zur Position des Acting Area Managers und Area Managers. Nach den Stellenausschreibungen für die Positionen Acting Area Manager und Area Manager sucht die Beklagte Führungskräfte mit BA-, FH- oder Universitäts-Abschluss und/oder Berufserfahrungen in vergleichbaren Branchen sowie mit ersten Führungserfahrungen und guten bzw. sehr guten Englischkenntnissen. Die Bewerberauswahl findet im Rahmen eines Assessment-Centers statt. Der Kläger bewarb sich bisher auf keine dieser Stellen.

5

Zu den Arbeitnehmern, deren Bewerbung auf eine Stelle als Acting Area Manager Erfolg hatte, gehört der Mitarbeiter F, der gelernter Koch und seit 1999 bei der Beklagten beschäftigt ist. Er war zunächst als Versandmitarbeiter tätig. Im August 2000 wechselte er zur Abteilung „Training“ und war dort als „Trainings-Lead“ mit Vergütung nach „Level 3 hourly“ tätig. Nachdem die Abteilung „Training“ die Berufsausbildung übernommen hatte, erwarb Herr F die Ausbildereignung und betreute die Auszubildenden. Hierfür wurde er nach „Level 3 hourly + Zulage“ vergütet. Anfang des Jahres 2009 bewarb er sich erfolgreich auf die Stelle eines Acting Area Managers und im Juli 2009 um die Stelle eines Area Managers, auf der er seit dem 1. August 2009 eingesetzt ist.

6

Der Kläger hat behauptet, die Entwicklung vom Lead zum Acting Area Manager und anschließend zum Area Manager sei im Betrieb üblich. Es gebe bei der Beklagten eine strukturelle Beförderungspraxis. Deshalb stehe auch ihm als freigestelltem Betriebsratsmitglied nach § 37 Abs. 4 BetrVG ab 1. Januar 2013 die Vergütung eines Acting Area Managers zu. Ansonsten werde er wegen seines Betriebsratsamts benachteiligt und gegenüber anderen Arbeitnehmern sachwidrig ungleich behandelt. Da ihm die in der Sphäre der Beklagten liegenden anspruchsbegründenden Umstände nicht bekannt seien, sei die Beklagte verpflichtet, ihm die zur Begründung seines Anspruchs erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dazu gehöre auch die Angabe der vergleichbaren Arbeitnehmer. Aufgrund der Größe des Betriebs könne der Kläger nicht wissen und darlegen, welche Leads 2006 beschäftigt worden seien, welche fachlichen und persönlichen Qualifikationen sie gehabt hätten und wer von ihnen inzwischen zum Acting Area Manager befördert wurde.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

        

1.    

Auskunft über die einzelnen Gehaltssteigerungen anlässlich der in den Jahren 2011 und 2012 vom Lead zum Acting Area Manager beförderten Mitarbeiter zu erteilen;

        

2.    

ihm die aus der Auskunft gemäß Ziffer 1 sich ergebende durchschnittliche Gehaltssteigerung der zum Acting Area Manager beförderten Leads im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2012 zu dem bisher ausgezahlten Gehalt ab dem 1. Januar 2013 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen;

        

hilfsweise,

        

3. a) 

Auskünfte über die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erteilen, die im Jahr 2006 als Lead bei der Beklagten beschäftigt waren und über einen Berufsabschluss eines Meisters oder den Abschluss eines Hochschulstudiums verfügen;

        

3. b) 

Auskunft über die Namen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erteilen, die zum 1. Januar 2013 von den unter a) Benannten zwischenzeitlich aa) ausgeschieden sind, bb) eine gewerbliche Tätigkeit im Betrieb ausüben unterhalb der Stufe des Leads oder cc) eine Tätigkeit im Gehaltsgefüge der Angestellten, also des „Level 3 Salary“ oder darüber hinaus ausüben;

        

4.    

Auskunft darüber zu erteilen, welche Auswahlkriterien und welche Bewertungen in einem Assessment-Center angewendet werden, wenn eine Stelle mit der Tätigkeit Acting Area Manager mit einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer mit der Tätigkeit Lead besetzt werden soll;

        

5.    

Auskunft über die einzelnen Gehaltssteigerungen anlässlich der in den Jahren 2011 und 2012 vom Lead zum Acting Area Manager beförderten Mitarbeiter zu erteilen;

        

6.    

dem Kläger die aus der Auskunft gemäß Ziffer 5 sich ergebende durchschnittliche Gehaltssteigerung der zum Acting Area Manager beförderten Leads im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2012 zu dem bisher ausgezahlten Gehalt ab dem 1. Januar 2013 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe weder Anspruch auf die begehrten Auskünfte noch auf Zahlung einer höheren Vergütung. Der Aufstieg einzelner Leads zu Acting Area Managern stelle keine betriebsübliche Beförderung dar, sondern sei das Ergebnis einer erfolgreichen internen Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle. Die Beförderung von Leads sei eher die Ausnahme. Der Kläger erfülle nicht die Anforderungen, die an Acting Area Manager und Area Manager gestellt würden. Ihm fehlten insbesondere Führungserfahrung und gute bzw. sehr gute Englischkenntnisse. Der Kläger trage die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen im Rahmen von § 37 Abs. 4 BetrVG. Damit habe er die vergleichbaren Arbeitnehmer und die betriebsübliche berufliche Entwicklung darzulegen. Durch die begehrten Auskünfte würde die Darlegungslast ins Gegenteil verkehrt.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit anders formulierten Anträgen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers mit den zuletzt gestellten Anträgen zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger die zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Es bestehen weder die geltend gemachten Auskunftsansprüche, noch ist ein Zahlungsanspruch im Hinblick auf die berufliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer oder des fiktiven beruflichen Werdegangs des Klägers begründet.

11

I. Der auf Auskunft gerichtete Antrag zu 1. hat keinen Erfolg.

12

1. Der Antrag zu 1. ist zulässig. Er ist nach gebotener Auslegung insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat den Auskunftsantrag zu 1. in ein Stufenverhältnis zu dem unbezifferten Zahlungsantrag zu 2. gestellt.

13

a) Nach § 254 ZPO kann mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung eine Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden werden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet. Bei der Stufenklage wird ein der Höhe oder dem Gegenstand nach noch unbekannter und daher entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO noch nicht zu beziffernder Leistungsanspruch zugleich mit den zu seiner Konkretisierung erforderlichen Hilfsansprüchen (auf Auskunft und ggf. Richtigkeitsversicherung) erhoben. Entgegen dem Gesetzeswortlaut werden von § 254 ZPO Informationsansprüche jeglicher Art erfasst, sofern sie dazu dienen, den Leistungsantrag gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO beziffern zu können(Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 254 Rn. 6). Die Auskunft im Rahmen der Stufenklage ist lediglich ein Hilfsmittel, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht dagegen nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH 2. März 2000 - III ZR 65/99 - zu 1 a der Gründe).

14

b) Auskünfte über die in den Jahren 2011 und 2012 beförderten Arbeitnehmer würden dem Kläger nach dem Wortlaut des Antrags Informationen verschaffen, die mit der Bestimmbarkeit des Zahlungsanspruchs in einem prozessual gebotenen Zusammenhang stehen. Der Kläger verlangt mit dem Antrag zu 1., dass die Beklagte ihm Auskunft über die einzelnen Gehaltssteigerungen anlässlich der in den Jahren 2011 und 2012 vom Lead zum Acting Area Manager beförderten Mitarbeiter erteilt. Das genügt für die Zulässigkeit des Auskunftsanspruchs im Rahmen einer Stufenklage.

15

Mit der Auskunft über die „einzelnen Gehaltssteigerungen“ geht es dem Kläger darüber hinaus darum zu erfahren, welche Leads in den Jahren 2011 und 2012 zum Acting Area Manager aufgestiegen sind und eine entsprechende Vergütung erhalten, um danach vortragen zu können, dass es sich hierbei um eine betriebsübliche berufliche Entwicklung handelt. Der Kläger begehrt somit nicht nur Auskunft über die Höhe der Gehaltssteigerungen, die sich nach Gehaltsstufen des im Betrieb der Beklagten geltenden Vergütungssystems richten. Der Antrag ist vielmehr auch auf die namentliche Benennung der beförderten Leads gerichtet. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 1. Oktober 2013 ausweislich des Terminsprotokolls klargestellt.

16

Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

17

2. Das mit dem Antrag zu 1. geforderte Auskunftsbegehren hat in der Sache keinen Erfolg.

18

a) Für den geltend gemachten Auskunftsanspruch besteht keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Der Kläger stützt sein Klagebegehren auf § 37 Abs. 4 BetrVG und auf § 78 BetrVG. Eine Auskunftspflicht des Arbeitgebers ist dort nicht vorgesehen. Es gibt auch keine allgemeine Pflicht zur Auskunftserteilung im Arbeitsverhältnis. Auch die Zivilprozessordnung kennt keine - über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende - Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindern den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Darauf beruht die Regelung der Behauptungs- und Beweislast im Zivilprozess. Im Grundsatz gilt, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen Obsiegen im Prozess zu verschaffen (BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - zu II 1 der Gründe, BAGE 113, 55; BGH 11. Juni 1990 - II ZR 159/89 - zu IV 2 der Gründe).

19

b) Es ist allerdings gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Der Ausgleich gestörter Vertragsparität gehört zu den Hauptaufgaben des Zivilrechts (BVerfG 19. Oktober 1993 - 1 BvR 567/89, 1 BvR 1044/89 - BVerfGE 89, 214, 231  ff.). Ein Ungleichgewicht kann auch aus einem erheblichen Informationsgefälle resultieren. Eine solche Situation kann es erfordern, Auskunftsansprüche zu statuieren, die eine Vertragspartei zur Wahrnehmung ihrer materiellen Rechte aus dem Vertrag benötigt. Im Regelfall setzt das einen dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch voraus. Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsanspruch darüber hinaus die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen auch schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen. Ein Rechtsgrund hierfür kann sich aus spezifischen Pflichten zur Rücksichtnahme im Arbeitsverhältnis ergeben (§ 241 Abs. 2 BGB), wenn ein billigenswertes Interesse an einer Auskunft besteht, soweit die Verpflichtung keine übermäßige Belastung des Vertragspartners darstellt und die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess berücksichtigt bleibt. Die Darlegungs- und Beweissituation darf nicht durch die Gewährung materiell-rechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 62, BAGE 143, 292; 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - zu II 1 der Gründe, BAGE 113, 55). Außerdem muss der Berechtigte die Wahrscheinlichkeit seines Anspruchs dargelegt haben (vgl. etwa BAG 21. November 2000 - 9 AZR 665/99 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 96, 274; ErfK/Preis 15. Aufl. § 611 BGB Rn. 633 mwN). Mit dieser Maßgabe kann uU ein Auskunftsanspruch gemäß §§ 611, 242 BGB iVm. § 37 Abs. 4 BetrVG in Betracht kommen, wenn ein Mitglied des Betriebsrats eine betriebsübliche Steigerung der Vergütung mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer geltend machen will, auch wenn der Anspruch dem Grunde nach noch nicht feststeht, aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des Anspruchs nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG gegeben ist.

20

c) Danach kann der Kläger die mit dem Antrag zu 1. begehrten Auskünfte nicht beanspruchen.

21

aa) Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt nach § 37 Abs. 4 Satz 2 BetrVG auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

22

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats soll § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG sicherstellen, dass Mitglieder des Betriebsrats weder in wirtschaftlicher noch in beruflicher Hinsicht gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung Nachteile erleiden. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren. Üblich ist eine Entwicklung, die vergleichbare Arbeitnehmer bei Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen haben. Eine Üblichkeit entsteht aufgrund gleichförmigen Verhaltens des Arbeitgebers und einer von ihm aufgestellten Regel. Dabei muss der Geschehensablauf so typisch sein, dass aufgrund der Gegebenheiten und Gesetzmäßigkeiten zumindest in der überwiegenden Anzahl der vergleichbaren Fälle mit der jeweiligen Entwicklung gerechnet werden kann. Da § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG konkretisiert, darf die Anwendung der Vorschrift auch nicht zu einer Begünstigung des Betriebsratsmitglieds gegenüber anderen Arbeitnehmern führen. Deshalb ist die Übertragung höherwertiger Tätigkeiten nur dann betriebsüblich, wenn diese dem Betriebsratsmitglied nach den betrieblichen Gepflogenheiten hätten übertragen werden müssen oder die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer einen solchen Aufstieg erreicht. Nicht ausreichend ist es deshalb, dass das Betriebsratsmitglied bei der Amtsübernahme in seiner bisherigen beruflichen Entwicklung einem vergleichbaren Arbeitnehmer vollkommen gleich gestanden hat oder die Besserstellung eines oder mehrerer vergleichbarer Arbeitnehmer auf individuellen, nur auf diese bzw. diesen Arbeitnehmer persönlich zugeschnittenen Gründen beruht (BAG 14. Juli 2010 - 7 AZR 359/09 - Rn. 30).

23

(2) Für das Betriebsratsmitglied als Anspruchsteller können nicht unerhebliche Schwierigkeiten bestehen, diese Anspruchsvoraussetzungen schlüssig darzulegen, weil es keinen vollständigen Überblick über die ihm vergleichbaren Arbeitnehmer und deren Gehaltsentwicklungen hat. Das Bestehen eines Anspruchs auf Gehaltsanpassung kann das Betriebsratsmitglied aber nur prüfen, wenn es Auskunft über die Gehaltsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung erhält. Im Gegensatz zu dem betroffenen Mitglied des Betriebsrats kann der Arbeitgeber unschwer Auskunft über die Gehaltshöhe seiner Arbeitnehmer geben (vgl. BAG 9. Januar 2005 - 7 AZR 208/04 - zu I 1 der Gründe). Dies hat der Senat entschieden für Fälle, in denen die vergleichbaren Arbeitnehmer, deren Gehaltsentwicklung nachgezeichnet werden sollte, namentlich bezeichnet waren.

24

(3) Geht es - wie hier - zunächst darum, eine betriebsübliche Beförderungspraxis als Voraussetzung einer entsprechenden Gehaltssteigerung darzulegen, hat das Mitglied des Betriebsrats unter Berücksichtigung der ihm zugänglichen Tatsachen vorzutragen, mit welchen Arbeitnehmern es aus seiner Sicht vergleichbar ist und aus welchen Umständen auf die hinreichende Wahrscheinlichkeit zu schließen ist, dass die Mehrzahl der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer die behauptete Gehaltsentwicklung genommen hat. Verfügt das Betriebsratsmitglied etwa wegen der Größe des Betriebs und der Vielzahl vergleichbarer Arbeitnehmer nicht über ausreichende Erkenntnismöglichkeiten, kann es genügen, wenn das Betriebsratsmitglied Referenzfälle schlüssig darlegt, aus denen sich auf eine betriebsübliche Beförderungspraxis in dem Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum Betriebsrat schließen lässt. Die abstrakte - gleichsam „ins Blaue“ zielende - Behauptung einer Beförderungspraxis ohne jeden konkreten Beispielfall genügt dazu jedoch nicht. Anderenfalls würde die Darlegungs- und Beweislast verkehrt.

25

bb) Danach hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger eine Betriebsüblichkeit der Beförderung vom Lead zum Acting Area Manager nicht mit der dafür erforderlichen Wahrscheinlichkeit dargelegt hat, so dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, ihm die begehrten Auskünfte zu erteilen.

26

(1) Eine allgemeine Beförderungspraxis vom Lead zum Acting Area Manager mit anschließendem Aufstieg zum Area Manager existiert bei der Beklagten nicht. Insbesondere ist kein entsprechender Zeit- oder Bewährungsaufstieg vorgesehen. Aus den vorgelegten Stellenbeschreibungen ergibt sich vielmehr, dass die Beförderung grundsätzlich nicht jedem Lead offensteht. Nach dem Anforderungsprofil müssen Acting Area Manager neben weiteren Fähigkeiten über eine formale Qualifikation verfügen, „wie z.B. BA-, FH- oder Uni-Abschlüsse verschiedener Disziplinen und/oder Berufserfahrung in vergleichbaren Branchen“. Die Auswahl erfolgt aufgrund eines Assessment-Centers.

27

(2) Der Kläger hat auch nicht zumindest exemplarisch dargelegt, dass bei seiner Amtsübernahme im Jahr 2006 im Wesentlichen gleich qualifizierte Leads in der Folgezeit zu Acting Area Managern befördert wurden und dass daraus oder aus anderen Umständen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geschlossen werden kann, dass es sich um eine betriebsübliche berufliche Entwicklung handelte.

28

Soweit sich der Kläger auf die Mitarbeiter P und S bezogen hat, ergibt sich aus seinem Vortrag nicht, dass diese bereits im Zeitpunkt seiner Amtsübernahme im Jahr 2006 als Lead tätig waren. Soweit der Kläger den im Jahr 1999 als Versandmitarbeiter eingestellten Mitarbeiter F als vergleichbar betrachtet, lässt sich aus dessen Beförderung zum Acting Area Manager nicht auf die vom Kläger behauptete strukturelle Beförderungspraxis schließen. Vielmehr handelt es sich hierbei nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um einen untypischen Fall. Die Laufbahn vom Lead zum Acting Area Manager beruhte darauf, dass Herr F nach seinem Wechsel im August 2000 zur Abteilung „Training“ als „Trainings-Lead“ tätig und nach dem Erwerb der Ausbildereignung für die Auszubildenden zuständig war. Danach bewarb er sich Anfang 2009 erfolgreich auf die Stelle eines Acting Area Managers und im Juli 2009 um die Stelle eines Area Managers, auf der er seit dem 1. August 2009 eingesetzt ist. Der Kläger ist daher mit Herrn F, der über ein zusätzliches Eignungsmerkmal verfügte und vor seiner Beförderung zum Acting Area Manager eine Sonderaufgabe wahrnahm, nicht vergleichbar. Einen Arbeitnehmer, der mit ihm aufgrund seiner bei der Amtsübernahme ausgeübten Tätigkeit zu vergleichen ist und ohne zusätzliche Qualifikation aus der Funktion eines Leads mit den üblichen Abteilungsaufgaben heraus zum Acting Area Manager befördert wurde, hat der Kläger nicht benannt.

29

cc) Soweit der Kläger sein Auskunftsverlangen auf §§ 611, 242 BGB iVm. § 78 Satz 2 BetrVG gestützt und geltend gemacht hat, er habe sich wegen seines Betriebsratsamts nicht mit Erfolg auf eine ausgeschriebene Stelle als Acting Area Manager bewerben können, ist nicht ersichtlich, weshalb die mit dem Antrag zu 1. begehrten Auskünfte zur Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs erforderlich sein könnten.

30

(1) Ein Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung kann sich aus § 611 BGB iVm. § 78 Satz 2 BetrVG ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstellt. Die Vorschrift enthält ein an den Arbeitgeber gerichtetes allgemeines Verbot, ein Betriebsratsmitglied wegen der Amtstätigkeit in seiner beruflichen Entwicklung zu benachteiligen. Der Arbeitgeber muss den Mitgliedern der in § 78 Satz 1 BetrVG genannten Arbeitnehmervertretungen eine berufliche Entwicklung gewährleisten, die derjenigen entspricht, die sie ohne ihre Amtstätigkeit durchlaufen hätten. Von dem Benachteiligungsverbot erfasst wird nicht nur die berufliche Tätigkeit, sondern auch das sich aus ihr ergebende Entgelt. Ein Betriebsratsmitglied, das nur infolge der Amtsübernahme nicht in eine Position mit höherer Vergütung aufgestiegen ist, kann daher den Arbeitgeber unmittelbar auf Zahlung der höheren Vergütung in Anspruch nehmen (BAG 17. August 2005 - 7 AZR 528/04 - zu 2 a der Gründe mwN).

31

Will der Amtsträger geltend machen, dass er ohne Ausübung seines Amts oder ohne die Freistellung durch Beförderungen einen beruflichen Aufstieg genommen hätte, hat er hierzu mehrere Möglichkeiten (vgl. BAG 27. Juni 2001 - 7 AZR 496/99 - zu B II 1 b der Gründe, BAGE 98, 164). Er kann vortragen, dass seine Bewerbung auf eine bestimmte Stelle gerade wegen seiner Freistellung und/oder seiner Betriebsratstätigkeit erfolglos geblieben ist (vgl. BAG 27. Juni 2001 - 7 AZR 496/99 - zu B II 1 b aa der Gründe mwN, aaO). Hat sich der Amtsträger auf eine bestimmte Stelle tatsächlich nicht beworben, kann und muss er zur Begründung des fiktiven Beförderungsanspruchs darlegen, dass er die Bewerbung gerade wegen seiner Freistellung unterlassen hat und eine Bewerbung ohne die Freistellung erfolgreich gewesen wäre. Aber auch wenn eine tatsächliche oder eine fiktive Bewerbung danach keinen Erfolg gehabt hätte oder hätte haben müssen, steht dies einem Anspruch nicht zwingend entgegen. Scheitert nämlich eine tatsächliche oder eine fiktive Bewerbung des freigestellten Betriebsratsmitglieds an fehlenden aktuellen Fachkenntnissen oder daran, dass der Arbeitgeber sich zur Beurteilung der fachlichen und beruflichen Qualifikation infolge der Freistellung außerstande gesehen hat, so ist zwar die Entscheidung des Arbeitgebers für den als qualifizierter erachteten Bewerber nicht zu beanstanden. Gleichwohl kann in einem solchen Fall ein fiktiver Beförderungsanspruch des Amtsinhabers bestehen, wenn das Fehlen von feststellbarem aktuellen Fachwissen gerade aufgrund der Freistellung eingetreten ist (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 7 AZR 359/09 - Rn. 20 mwN).

32

(2) Diesen Vortrag könnte der Kläger halten, ohne auf weitere Auskünfte der Beklagten angewiesen zu sein. Allein der Kläger, nicht hingegen die Beklagte, kann darüber Auskunft geben, welche konkret ausgeschriebene Stelle sein Interesse geweckt hat oder hätte. Der Kläger hätte ohne weiteres darlegen können, dass er sich im Hinblick auf seine Betriebsratsaufgaben nicht beworben hat. Auch benötigte er die begehrten Informationen nicht um vorzutragen, eine tatsächliche oder eine fiktive Bewerbung sei oder wäre an fehlenden aktuellen Fachkenntnissen oder daran gescheitert, dass er wegen seiner Tätigkeit als Betriebsratsmitglied nicht die erforderlichen fachlichen und beruflichen Qualifikationen habe erwerben können.

33

dd) Die Abweisung der auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützten Ansprüche hat der Kläger mit der Revision nicht angegriffen. Sie sind daher nicht Gegenstand der Revision.

34

II. Damit besteht kein Anspruch des Klägers auf Zahlung der durchschnittlichen Gehaltssteigerung der zum Acting Area Manager beförderten Leads. Dem Klageantrag zu 2. fehlt die materiell-rechtliche Grundlage, so dass die Stufenklage insgesamt durch Endurteil abgewiesen werden kann (vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 61, BAGE 143, 292; 28. Juni 2011 - 3 AZR 385/09 - Rn. 16, BAGE 138, 184).

35

III. Die Hilfsanträge zu 3.a) und 3.b) haben ebenfalls keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Kläger kein Anspruch nach §§ 611, 242 BGB iVm. § 37 Abs. 4 BetrVG und nach §§ 611, 242 BGB iVm. § 78 Satz 2 BetrVG auf die Benennung der Arbeitnehmer zusteht, die im Jahr 2006 als Lead bei der Beklagten beschäftigt waren und über einen Berufsabschluss eines Meisters oder den Abschluss eines Hochschulstudiums verfügen. Er kann auch nicht die mit dem Antrag zu 3.b) geltend gemachten Informationen zu diesem Personenkreis verlangen.

36

1. Die Hilfsanträge zu 3.a) und 3.b) sind nach gebotener Auslegung zulässig, sie sind insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Soweit sich der Hilfsantrag zu 3.a) auf Leads bezieht, die „über einen Berufsabschluss eines Meisters oder den Abschluss eines Hochschulstudiums verfügen“, liegt es nach der Klagebegründung nahe, den Antrag über seinen Wortlaut hinaus dahin zu verstehen, dass sich der Kläger insoweit an die Stellenausschreibungen der Beklagten für Acting Area Manager und Area Manager anlehnen wollte. Danach erstreckt sich das Auskunftsbegehren nicht nur auf Leads, die über einen Meisterabschluss verfügen oder ein Hochschulstudium absolviert haben, sondern auch auf Leads mit Fachhochschulabschluss sowie mit dem Abschluss an einer Berufsakademie. Der Antrag zu 3.a), mit dem der Kläger Auskunft über die im Jahr 2006 als Lead beschäftigten Arbeitnehmer verlangt, ohne konkret anzugeben, welche Auskünfte die Beklagte erteilen soll, muss im Zusammenhang mit dem Antrag zu 3.b) gelesen werden. Dem Kläger geht es um die Mitteilung der Namen sämtlicher Leads der drei im Antrag bezeichneten Kategorien. Er möchte wissen, welche Leads im Jahr 2006 bei der Beklagten beschäftigt waren und zum 1. Januar 2013 ausgeschieden sind. Ferner begehrt er Auskunft darüber, welche Arbeitnehmer eine gewerbliche Tätigkeit im Betrieb ausüben unterhalb der Stufe des Leads und welche der Leads eine Tätigkeit im Gehaltsgefüge der Angestellten ausüben, also wenigstens in der Vergütungsstufe „Level 3 Salary“. Mit diesem Inhalt genügen die Anträge zu 3.a) und 3.b) dem Bestimmtheitserfordernis.

37

2. Die so verstandenen Anträge zu 3.a) und 3.b) sind aus den unter I 2 dargelegten Gründen unbegründet.

38

IV. Der Antrag zu 4. ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Kläger hat kein schutzwürdiges Interesse an dem begehrten Urteil. Er hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, aus welchem Grund er Auskunft über angewandte Auswahlkriterien und Bewertungen in dem Assessment-Center bei Besetzung einer Acting-Area-Manager-Position mit einem Lead benötigt.

39

V. Die Anträge zu 5. und 6. sind identisch mit den Anträgen zu 1. und 2. Aus diesem Grund sind sie schon wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO.

40

VI. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Gräfl     

        

    Gräfl    

        

    Kiel     

        

        

        

    Schuh    

        

    Meißner     

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. Juli 2015 - 2 Sa 439/15 - insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 2. Dezember 2014 - 14 Ca 2982/14 - zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen auf ihr Arbeitsverhältnis und damit zusammenhängende Vergütungsdifferenzen.

2

Die Klägerin ist seit März 2004 bei der Beklagten, die in K ein Einzelhandelskaufhaus betreibt und zu keinem Zeitpunkt Mitglied eines Arbeitgeberverbands war, beschäftigt und zuletzt in Teilzeit (30 von 37,5 Wochenarbeitsstunden) tätig.

3

Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthält auf der ersten Seite auszugsweise folgende Regelungen:

        

„…    

        

Tarifliche

G 2, 4. Bj.

                          

Einstufung:

        
        

Vergütung:

Tarifentgelt:

1.559,91 €

        
                 

Gesamtentgelt 1.559,91 € “       

        
4

In den hieran angefügten Allgemeinen Vertragsbedingungen ist Folgendes vereinbart:

        

„…    

        

2. Vergütung

        

Die arbeitsvertraglich vorgesehene Eingruppierung des Mitarbeiters erfolgt vorbehaltlich einer späteren Überprüfung. Sollte sich hierbei eine fehlerhafte Eingruppierung herausstellen, erklärt sich der Mitarbeiter damit einverstanden, dass mit Wirkung ab dem auf die Feststellung folgenden Monats eine Neugruppierung herbeigeführt wird. Über-/Unterzahlungen werden mit der nächsten Vergütungsabrechnung verrechnet, wobei auf die sozialen Belange des Mitarbeiters Rücksicht zu nehmen ist und ggf. Überzahlungen auf mehrere Monate zu verteilen sind.

        

...    

        

Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlass auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden.

        

…       

        

13. Schlussbestimmung

        

Ergänzend gelten die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen, ebenso wie die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen.“

5

Die Vergütungstarifverträge im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (Gehaltstarifvertrag/Lohntarifvertrag) waren bis zum 31. März 2000 und der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (MTV) bis zum 31. März 2003 allgemeinverbindlich. Der MTV sah eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Eingruppierung vor. Die Beklagte wandte bei vielen Arbeitnehmern den gleichen Formulararbeitsvertrag an, unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch die Vergütungstarifverträge und der MTV, nur der MTV oder keiner der Tarifverträge mehr allgemeinverbindlich waren.

6

Die Beklagte gab nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch nach Außerkrafttreten der Allgemeinverbindlichkeit Vergütungserhöhungen aus den Vergütungstarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen vollständig an die Arbeitnehmer weiter. Erst nach einem Tarifabschluss vom 10. Dezember 2013, der rückwirkend ab dem Monat August 2013 eine Tariferhöhung von 3 % und zum 1. Mai 2014 von weiteren 2,1 % vorsah, erhöhte die Beklagte die Vergütung ihrer Arbeitnehmer zum 1. Januar 2014 lediglich um 2 %.

7

Am 23. April 2013 schlossen die Parteien in einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Köln (- 20 Ca 61/13 -) einen Prozessvergleich, der ua. folgende Vereinbarung enthält, wonach die Klägerin ab dem 1. Mai 2013 entsprechend Vergütungsgruppe G III b 6. Tätigkeitsjahr vergütet wird.

8

Die Beklagte zahlte an die Klägerin für die Monate August bis Dezember 2013 eine Grundvergütung iHv. jeweils 2.412,44 Euro brutto und ab Januar 2014 iHv. 2.460,69 Euro brutto.

9

Mit ihrer der Beklagten am 30. April 2014 zugestellten Klage sowie mit einer der Beklagten am 21. August 2014 zugestellten Klageerweiterung hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum von August 2013 bis Juni 2014 Differenzvergütungsansprüche iHv. insgesamt 698,46 Euro brutto geltend gemacht. Sie hat dazu die Ansicht vertreten, sie habe einen Anspruch auf das jeweilige Tarifentgelt, da ihr Arbeitsvertrag iVm. dem Prozessvergleich vom 23. April 2013 die Tarifverträge des nordrhein-westfälischen Einzelhandels dynamisch in Bezug nehme. Bei dynamischer Tarifgeltung hätte ihre monatliche Grundvergütung ab August 2013 2.492,80 Euro brutto und ab Mai 2014 2.544,80 Euro brutto betragen.

10

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 698,46 Euro brutto (Vergütungsnachzahlung für die Monate August 2013 bis einschließlich Juni 2014) nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

                 

aus 401,80 Euro ab dem 1. Januar 2014,

                 

aus jeweils 31,11 Euro ab dem 1. Februar, dem 1. März, dem 1. April und dem 1. Mai 2014

                 

sowie aus jeweils 84,11 Euro ab dem 1. Juni und dem 1. Juli 2014

                 

zu zahlen.

11

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, dass der Arbeitsvertrag als statische Verweisung auf den bei Arbeitsvertragsschluss anwendbaren Vergütungstarifvertrag auszulegen sei. Dieser sei nach Ende der Allgemeinverbindlichkeit als betriebliche Vergütungsordnung verbindlich gewesen. Spätestens mit dem gerichtlichen Vergleich vom 23. April 2013 sei eine statische Anwendung vereinbart worden. Ein Arbeitgeber wolle im Übrigen nie dynamisch an Tarifverträge gebunden sein, wenn er selber nicht Mitglied im Arbeitgeberverband ist. Dies sei so offensichtlich, dass auch Arbeitnehmer dies erkennen müssten und § 305c BGB nicht zur Anwendung gelangen könne, da es an einem zweifelhaften Auslegungsergebnis fehle.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der Beklagten lediglich im Zinsausspruch abgeändert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nicht rechtsfehlerfrei; insbesondere wird die Begründung der Entscheidung von den festgestellten Tatsachen nicht getragen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit die Beklagte mit ihrer Berufung unterlegen war, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO), da es für eine abschließende Entscheidung an den notwendigen Tatsachenfeststellungen fehlt.

14

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage für begründet erachtet, weil der Arbeitsvertrag der Parteien die „Vergütungstarifverträge für den Einzelhandel in NRW“ dynamisch in Bezug nehme. Danach ergebe sich aus der Differenz zwischen der Tarifvergütung der „Tarifgruppe G III b 6. Tätigkeitsjahr“ und der bereits an die Klägerin gezahlten Bruttovergütung ein Anspruch auf die geltend gemachten Bruttodifferenzbeträge in der begehrten Höhe.

15

II. Diese Auffassung ist nicht rechtsfehlerfrei, weil sie von den Tatsachenfeststellungen nicht getragen ist. Eine Anspruchsgrundlage für die zuerkannten Ansprüche auf die monatlichen Bruttoentgelte nach dem „Vergütungstarifvertrag“ ist derzeit nicht ersichtlich.

16

1. Das Landesarbeitsgericht ist noch zutreffend davon ausgegangen, dass in der arbeitsvertraglichen Vereinbarung hinsichtlich der Höhe des vereinbarten monatlichen Arbeitsentgelts zeitdynamisch auf einen nach seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich für die Klägerin einschlägigen, die Höhe des monatlichen Entgelts regelnden Tarifvertrag Bezug genommen wird.

17

a) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Auslegung durch das Landesarbeitsgericht vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden kann (st. Rspr., vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 134, 283).

18

b) Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Wortlaut der im Arbeitsvertrag getroffenen Vergütungsvereinbarung war für die Klägerin bei einer „Tarifliche[n] Einstufung: G 2, 4. Bj.“ ein „Tarifentgelt“ iHv. 1.559,91 Euro vorgesehen.

19

aa) Der Senat hat - im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Februar 2013 (- 5 AZR 2/12 -) - hinsichtlich vergleichbarer Formulierungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entschieden, dass der durchschnittliche Arbeitnehmer bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifgehalt idR redlicherweise davon ausgehen darf, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Tarifvertrags verändern. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (vgl. nur BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 16; 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 - Rn. 17 ff.).

20

bb) Der Wille der Beklagten zur dynamischen Inbezugnahme von tariflichen Entgeltregelungen folgt nach der zutreffenden Ansicht des Landesarbeitsgerichts ferner aus Ziff. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen. Die dortige Anrechnungsregelung - „Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlass auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden“ - darf ein durchschnittlicher Arbeitnehmer so verstehen, dass die Beklagte sich auch unabhängig von der - ohnehin vor Vertragsschluss beendeten - Allgemeinverbindlichkeit dieses Tarifvertrags zur Zahlung des jeweiligen Tarifentgelts verpflichten wollte. Zwar hat der Anrechnungsvorbehalt nicht ausschließlich bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich (anders aber bei nicht allgemeinverbindlichen Tarifverträgen BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 17; 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 - Rn. 18; 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 29), sondern auch dann, wenn künftig Tarifvertragsänderungen für allgemeinverbindlich erklärt werden. Allerdings hat die Beklagte den Anrechnungsvorbehalt nicht auf diese Fallkonstellation beschränkt. Zudem hat sie durch den Zusatz „gleich aus welchem Anlass“ zum Ausdruck gebracht, dass Anlass für eine Erhöhung des tariflichen Entgelts der Klägerin nicht ausschließlich ein künftiger für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag, sondern jede künftige tarifliche Entgeltsteigerung sein kann. Die Klausel setzt daher eine Änderung des Entgelts in der Folge einer tariflichen Dynamik voraus und erfasst gerade nicht die erstmalige Anwendbarkeit oder Geltung eines Tarifvertrags.

21

2. Als rechtsfehlerhaft erweist sich hingegen die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des zwischen den Parteien vor dem Arbeitsgericht Köln am 23. April 2013 geschlossenen Prozessvergleichs, wonach die Klägerin ab dem 1. Mai 2013 entsprechend Vergütungsgruppe G III b 6. Tätigkeitsjahr zu vergüten ist. Ob die Parteien dadurch die arbeitsvertragliche zeitdynamische Bezugnahme auf den nach seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich für die Klägerin einschlägigen, die Höhe des monatlichen Entgelts regelnden Tarifvertrag in eine statische Bezugnahme geändert haben, kann auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend beurteilt werden.

22

Dabei kann offenbleiben, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (so zB BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 250/02 - zu II 3 der Gründe; 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 102, 103; 9. Oktober 1996 - 5 AZR 246/95 - zu 4 der Gründe) oder ob sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB BAG 23. Juni 2016 - 8 AZR 757/14 - Rn. 14; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 55; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; offengelassen 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - Rn. 23, BAGE 153, 365). Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, eine statische Geltung der tariflichen Vergütungshöhe lasse sich dem Vergleich nicht entnehmen. Der Vergleichstext laute nicht dahin, dass eine „richtige“ Vergütungsgruppe festgestellt wird, sondern, dass der Klägerin die Zahlungen „entsprechend“ einer als richtig festgestellten Vergütungsgruppe zustehen. Dies könne nur dahin verstanden werden, dass der jeweilige Vergütungsbetrag, der sich für die gefundene Vergütungsgruppe ergibt, an die Klägerin gezahlt werde. Der Vergleich unterscheide damit einen vollstreckungsfähigen Nachzahlungsbetrag und eine fortlaufend für die Zukunft geltende abstrakte Vergütungsregelung, die der jeweiligen Vergütung der Tarifgruppe G III b, 6. Tätigkeitsjahr entspricht, sich also auch in der Zukunft bei Änderungen aus der abstrakt genannten Vergütungsgruppe ableitet.

24

b) Diese Ausführungen sind zum einen nicht nachvollziehbar und lassen zum anderen - das rügt die Beklagte mit ihrer Revision zu Recht - wesentliche Aspekte der Vertragsauslegung außer Acht.

25

aa) Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge - auch Prozessvergleiche - so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist zwar vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. nur BAG 24. September 2015 - 2 AZR 716/14 - Rn. 35, BAGE 153, 20; 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 21; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 57 mwN).

26

bb) Der (Teil-)Wortlaut des Prozessvergleichs - soweit vom Landesarbeitsgericht festgestellt - lässt nicht eindeutig erkennen, ob die Parteien mit der vereinbarten Vergütungsgruppe (weiterhin) an die tarifvertragliche Dynamik anknüpfen oder für die Zukunft eine statische Entgeltvereinbarung treffen wollten. Er enthält weder in die eine noch in die andere Richtung einen klarstellenden Zusatz (zB „des derzeit geltenden …“ oder „des jeweils geltenden …“), wobei der Umstand, dass die Parteien eine Tarifgruppe und nicht einen bezifferten Entgeltbetrag benannt haben, eher für eine dynamische Regelung spricht.

27

cc) Auf der Grundlage des vom Landesarbeitsgericht festgestellten Inhalts des Prozessvergleichs ist die Erwägung, der Vergleich unterscheide zwischen einem vollstreckungsfähigen Nachzahlungsbetrag und einer fortlaufend für die Zukunft geltenden abstrakten Vergütungsregelung, die der jeweiligen Vergütung der Tarifgruppe G III b, 6. Tätigkeitsjahr entspreche, nicht nachvollziehbar. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Vereinbarung in dem Prozessvergleich hat keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, sondern enthält lediglich eine materiell-rechtliche Vereinbarung. Weiterhin folgt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allein aus dem Umstand, dass die Vereinbarung in die Zukunft gerichtet war, nicht, dass sie nicht statisch auf den zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses geltenden Tarifvertrag hätte Bezug nehmen können.

28

dd) Die außerhalb der Vereinbarung liegenden Rahmenbedingungen, also die - auch prozessuale - Vorgeschichte des Vergleichs und die Umstände seines Zustandekommens, die Rückschlüsse auf die Interessenlage der Parteien und den mit dem Vergleich verfolgten Zweck zulassen können, hat das Landesarbeitsgericht bei seiner Auslegung weder berücksichtigt noch hat es Feststellungen dazu getroffen.

29

3. Das Landesarbeitsgericht hat es ferner versäumt, festzustellen, an welche (Entgelt-)Tarifverträge welcher Tarifvertragsparteien die von ihm angenommene arbeitsvertragliche Anbindung erfolgt ist. Ohne eine - Zweifel ausschließende - Identität des oder der Tarifvertrags/Tarifverträge zu benennen, an die die Arbeitsvertragsparteien den Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses (hier: die Vergütung) dynamisch ankoppeln wollten, und ohne die nach Beendigung des hiervon ursprünglich erfassten Tarifvertrags als gleichfalls von der Verweisungsklausel erfassten „Folgetarifverträge“ zu benennen, ist eine Bestimmung des zu einem Jahre später nach dieser vertraglichen Verweisungsklausel maßgebenden Tarifvertrags nicht möglich. Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf beschränkt, die Dynamik der Verweisungsklausel zu begründen; auf welchen Tarifvertrag sie sich aus welchen Gründen mehr als 10 Jahre später beziehen sollte, auf welche Anspruchsgrundlage sich also die Klägerin berufen kann, und inwieweit die dort - mutmaßlich - genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, hat das Landesarbeitsgericht nicht angesprochen.

30

a) Nimmt ein Arbeitsvertrag dynamisch auf einen Tarifvertrag Bezug, muss dieser jedenfalls dann nach Datum und Tarifvertragsparteien feststehen, wenn unmittelbar aus seinen Regelungen oder aus solchen der von der Verweisung dynamisch erfassten Folgetarifverträge Zahlungsansprüche abgeleitet werden. Andernfalls kann nicht nachvollziehbar begründet werden, warum die vom Gericht angenommene tarifliche Regelung als letztlich vertraglich vereinbarte Anspruchsgrundlage verbindlich sein soll.

31

Diese Anforderung gilt grundsätzlich ungeachtet einer möglicherweise vorherrschenden oder - regional - besonders bedeutungsvollen Praxis bestimmter Tarifvertragsparteien. Eine solche kann nur dann zur Bestimmung der von den Arbeitsvertragsparteien gemeinten Tarifvertragsparteien herangezogen werden, wenn die praktischen Verhältnisse vom Landesarbeitsgericht tatsächlich festgestellt sind, und wenn diese so gestaltet sind, dass sie die Beteiligung jeder anderen möglichen Tarifvertragspartei nach den Umständen ausschließen. Dies ist mangels klägerischen Vortrags bzw. landesarbeitsgerichtlicher Tatsachenfeststellungen vorliegend nicht gegeben.

32

b) Nach Maßgabe dieser Anforderungen ist dem Berufungsurteil keine Anspruchsgrundlage für den der Klägerin zugesprochenen Zahlungsanspruch zu entnehmen. Weder ist derjenige Tarifvertrag benannt, auf den sich die Verweisungsklausel zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts bezogen haben soll, noch derjenige, dem das Berufungsgericht die Zahlungsverpflichtung der Beklagten für den Streitzeitraum entnommen hat.

33

aa) Soweit das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen in diesem Zusammenhang ausführt, die Beklagte habe zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses „den Gehaltstarifvertrag für Arbeitnehmer im Einzelhandel NRW“ angewandt, ist bereits dieser nicht präzise bezeichnet. Ein Rückgriff auf die vorherigen allgemeinverbindlichen Entgelttarifverträge ist schon deshalb nicht möglich, weil deren Allgemeinverbindlichkeit und damit die - unabhängig von einer vertraglichen Vereinbarung bestehende - normative Wirkung bereits seit dem 31. März 2000, mithin vor Abschluss des Arbeitsvertrags beendet war. Sie wurde danach auch nicht ersetzt oder erneuert.

34

bb) Den im Berufungsurteil gleichfalls herangezogenen vorher allgemeinverbindlichen Lohn- und Gehaltstarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen lässt sich der zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses von der Verweisungsklausel erfasste Entgelttarifvertrag auch nicht mittelbar entnehmen. Es ist zwar bekannt, dass diese Tarifverträge vom Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V. auf der einen und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen im DGB, Landesbezirksleitung Nordrhein-Westfalen sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, Landesverband Nordrhein-Westfalen, auf der anderen Seite geschlossen wurden. Für evtl. Folgetarifverträge in der Zeit ab dem Ende der Allgemeinverbindlichkeit im Jahr 2000 fehlt es an tatsächlichen Feststellungen über die Identität der jeweiligen Tarifvertragsparteien im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen. So ist im Berufungsurteil keiner der Folgetarifverträge, die von der dynamischen Verweisungsklausel erfasst sein sollten, durch die Bezeichnung der sie abschließenden Tarifvertragsparteien und - mit einer Ausnahme (dazu unten) - nach Abschlussdatum oder dem Zeitpunkt des Inkrafttretens gekennzeichnet worden.

35

Es soll deshalb nur ergänzend und zur Verdeutlichung darauf hingewiesen werden, dass es im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen auf beiden Seiten der Sozialpartner verschiedene tarifvertragsschließende Parteien gab und gibt. Neben der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die Rechtsnachfolgerin ua. der Gewerkschaft HBV und der DAG geworden ist (vgl. dazu BAG 4. Juli 2007 - 4 AZR 491/06 - Rn. 48 ff., BAGE 123, 213), dem Deutschen Gewerkschaftsbund als Dachverband angehört und (wohl) regelmäßig auf Arbeitnehmerseite Tarifverträge vereinbart, hat in der Vergangenheit nach der Tarifsammlung des Bundesarbeitsgerichts am 10. Dezember 2013 die „DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V.“, die nach dem - nicht rechtskräftigen - Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 4. Mai 2016 (- 5 TaBV 8/15 -; Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht anhängig) eine tariffähige Gewerkschaft ist, einen Lohntarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen geschlossen, ebenso wie bereits am 25. Juli 2008 einen Manteltarifvertrag. Tarifvertragspartner auf Arbeitgeberseite war ua. dabei der „Handelsverband BAG Nordrhein-Westfalen, der allerdings auch mit der Gewerkschaft ver.di Tarifverträge vereinbart hat. Ferner ist der Vorgängertarifvertrag zum Manteltarifvertrag der Gewerkschaft ver.di vom 10. Dezember 2013 im Jahre 2008 sowohl vom „Handelsverband BAG Nordrhein-Westfalen - Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen e.V.“ als auch vom „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen“ geschlossen worden. Ein ausdrücklich hierzu vereinbarter „Ergänzungstarifvertrag“ vom 29. Juni 20111 dagegen wurde auf der Arbeitgeberseite (nur) vom „Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ mit der Gewerkschaft ver.di vereinbart. Die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien nicht mehr allgemeinverbindlichen Lohn- und Gehaltstarifverträge waren 1999 auf Arbeitgeberseite jeweils allein vom „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ geschlossen worden. Der bis zum Jahre 2003 allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag ist dagegen 1996 auf Arbeitgeberseite vom „Einzelhandelsverband Nordrhein e.V.“ und dem „Landesverband des Westfälisch-Lippischen Einzelhandels e.V.“ vereinbart worden.

36

Damit sind in der Zeit vom Abschluss des Arbeitsvertrags bis zu dem hier maßgebenden Zeitraum allein auf Arbeitnehmerseite mindestens zwei Gewerkschaften und auf Arbeitgeberseite mindestens fünf verschiedene Tarifvertragsparteien im Einzelhandel für das Land Nordrhein-Westfalen aufgetreten. Das begründet nicht, aber verdeutlicht, dass es sich bei der Anforderung nach der Bezeichnung einer Anspruchsgrundlage durch die Bezeichnung des oder der das Arbeitsverhältnis bestimmenden Tarifvertrags/Tarifverträge um zwingende Maßgaben handelt.

37

cc) Das Landesarbeitsgericht wendet im Ergebnis dann einen nicht näher bezeichneten Lohn- oder Gehaltstarifvertrag an, von dessen Erfassung durch die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel es offenbar ausgeht. Auch dies hätte einer Begründung bedurft, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die früher allgemeinverbindlichen Lohn- bzw. Gehaltstarifverträge auf Arbeitgeberseite von dem „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ die letzten, dem Revisionsgericht vorliegenden Lohn- und Gehaltstarifverträge jedoch vom „Handelsverband Nordrhein-Westfalen e. V.“ geschlossen wurden. In der dazwischen liegenden Zeit haben auch andere Verbände mit den Gewerkschaften Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) und Handel, Banken und Versicherungen (HBV) bzw. der Gewerkschaft ver.di Gehalts- und Lohntarifverträge abgeschlossen. Aber auch die bereits oben genannte „DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V.“ ist insoweit tätig geworden, zum Beispiel durch den Abschluss eines Lohntarifvertrags vom 10. Dezember 2013, eines Manteltarifvertrags oder schon im Jahre 2003 durch den Abschluss eines Lohntarifvertrags mit der „Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen e.V.“ Auf weitere Unklarheiten ist bereits oben hingewiesen worden.

38

c) Auf den Umstand, dass zu den Tatbestandsmerkmalen der vom Berufungsgericht als zutreffend angesehenen Anspruchsgrundlage, insbesondere zum persönlichen Geltungsbereich des dabei „angewandten“ Tarifvertrags sowie zur Tätigkeit der Klägerin und damit zu der Erfüllung der Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der von ihr geltend gemachten Gehaltsgruppe keinerlei Ausführungen im Berufungsurteil gemacht worden sind, kommt es danach nicht mehr an.

39

III. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es noch tatrichterlicher Feststellungen bedarf.

40

1. Soweit es um die Auslegung des Vergleichs vom 23. April 2013 geht, mangelt es an Feststellungen über die Rahmenbedingungen des vom Landesarbeitsgerichts festgestellten (Teil-)Wortlauts des Vergleichs, insbesondere über dessen Vorgeschichte und die Umstände seines Zustandekommens, die Rückschlüsse auf die Interessenlage der Parteien und den mit dem Vergleich verfolgten Zweck zulassen können. Diese wird es im Rahmen einer erneuten Berufungsverhandlung und Entscheidung nachzuholen haben.

41

2. Sollte sich aus der Auslegung des gerichtlichen Vergleichs vom 23. April 2013 die Vereinbarung einer (weiteren) dynamischen Anwendung eines „Entgelttarifvertrags“ ergeben, bedarf es zur Bestimmung der konkreten Anspruchsgrundlage weiteren Vortrags der Parteien, zu dessen Erbringung ihnen nach Maßgabe des Art. 103 Abs. 1 GG Gelegenheit zu geben ist. Es wird dabei darauf ankommen, den Arbeitsvertrag der Parteien iVm. dem gerichtlichen Vergleich auszulegen und zu überprüfen, hinsichtlich welchen Tarifvertrags welcher Tarifvertragsparteien die Arbeitsvertragsparteien zum Entgelt eine dynamische Vereinbarung getroffen haben und welcher jeweils neue Tarifvertrag nach dem Ende des vorherigen von dieser Verweisungsklausel erfasst war. Hat die Dynamik bis zum Streitzeitraum nicht geendet, wird festzustellen sein, auf welchen konkreten Tarifvertrag sie sich im August 2013 und dem nachfolgenden Zeitraum erstreckt hat. Die dort ggf. vorgesehenen Anspruchsgrundlagen sind sodann hinsichtlich der Erfüllung ihrer Tatbestandsmerkmale auf den festgestellten Sachverhalt anzuwenden.

        

    Creutzfeldt    

        

    Klose    

        

    Rinck    

        

        

        

    Creutzfeldt    

        

    Mayr    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. Mai 2014 - 3 Sa 675/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung und darüber, ob der Rechtsstreit durch einen Prozessvergleich beendet ist.

2

Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH. Der Kläger war seit Juli 2004 bei dieser beschäftigt. Er war seit Juli 2005 als EDV-Fachkraft tätig. Im Jahre 2005 übertrug er seiner Arbeitgeberin eine sog. „ERP-Entwicklerlizenz“. Diese ermöglichte das Erstellen von Softwarelösungen auf Basis der Grundsoftware des Lizenzgebers.

3

Im Jahr 2011 beschloss die Arbeitgeberin, ihre EDV-Anlagen künftig von einem externen Dienstleister betreuen zu lassen. Mit Schreiben vom 20. September 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Wirkung zum 30. November 2011.

4

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat außerdem gem. § 9 KSchG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses begehrt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 15. Februar 2012 haben die Prozessparteien zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen. Danach bestand zwischen ihnen Einigkeit, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung zum Ablauf des 30. November 2011 sein Ende gefunden habe. Die spätere Insolvenzschuldnerin verpflichtete sich in Nr. 2 des Vergleichs zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 3.120,00 Euro brutto, in Nr. 3 zur „Rückübertragung“ der ihr im Jahre 2005 übertragenen Entwicklerlizenz auf den Kläger und in Nr. 4 zur Erteilung eines Zeugnisses mit einer „guten“ Bewertung von dessen Führung und Leistung.

5

Die Arbeitgeberin zahlte die vereinbarte Abfindung und erteilte ein Arbeitszeugnis. Der Kläger forderte sie vergeblich auf, ihm auch die Entwicklerlizenz zurück zu übertragen. Die Arbeitgeberin berief sich darauf, sie könne die Forderung nicht erfüllen. Ihre ehemalige Prokuristin habe den Vertrag mit dem Lizenzgeber bereits im Spätsommer 2011 gekündigt. Dies habe ihr am Vergleichsschluss beteiligter Geschäftsführer nicht gewusst. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich hat der Kläger den Antrag angekündigt, die Arbeitgeberin zu verurteilen, an ihn 5.165,10 Euro zum erneuten Erwerb der Lizenz zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat Zweifel daran geäußert, dass Nr. 3 des Vergleichs einen vollstreckbaren Inhalt habe.

6

Mit Schreiben vom 11. März 2013 hat der Kläger den Rücktritt vom Vergleich erklärt. Mit Schriftsatz vom selben Tag hat er die Feststellung begehrt, dass das gerichtliche Verfahren nicht beendet sei. Seinen Auflösungsantrag hat er zurückgenommen.

7

Am 30. August 2013 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger hat das Verfahren gegen ihn aufgenommen.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Recht zum Rücktritt von dem Prozessvergleich zu. Die Insolvenzschuldnerin habe ihre darin begründete Verpflichtung zur Rückübertragung der Entwicklerlizenz nicht erfüllt. Er habe mit der Lizenz wieder eine selbständige Tätigkeit aufnehmen wollen. Diese sei schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses mit der Insolvenzschuldnerin Grundlage seines Lebensunterhalts gewesen. Ohne die Rückübertragung ergebe die einvernehmliche Aufgabe des Arbeitsverhältnisses für ihn keinen Sinn. Da die von ihm erbrachte Gegenleistung nicht teilbar sei, könne er von dem Vergleich insgesamt zurücktreten. Das Kündigungsschutzverfahren sei demnach fortzusetzen. Die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil er bei der Insolvenzschuldnerin zum Datenschutzbeauftragten bestellt gewesen sei.

9

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Verfahren durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 nicht beendet ist;

        

2.    

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung vom 20. September 2011 nicht beendet wurde und über den 30. November 2011 zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;

        

3.    

den Beklagten zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

10

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat den Vergleich für wirksam gehalten.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der Vergleich vom 15. Februar 2012 habe den Rechtsstreit beendet. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, der Rechtsstreit sei durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 beendet. Ob das Kündigungsschutzverfahren durch den Vergleich erledigt ist, steht noch nicht fest.

13

I. Die Anträge des Klägers sind zulässig.

14

1. Den Antrag auf Feststellung, dass das Verfahren durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 nicht beendet sei, hat das Landesarbeitsgericht zutreffend nicht als eigenständigen Sachantrag verstanden. Ziel des Klägers ist die sachliche Bescheidung der Anträge zu 2. und 3. Dafür ist als Vorfrage zu klären, ob der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 beendet ist. Einer gesonderten Feststellung dazu bedarf es nicht (vgl. BAG 11. Juli 2012 - 2 AZR 42/11 - Rn. 13). Ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden Zwischenfeststellung (§ 256 Abs. 2 ZPO) hat der Kläger nicht dargelegt.

15

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Streit über die Beendigungswirkung des Vergleichs vom 15. Februar 2012 sei in dem ursprünglichen Kündigungsrechtsstreit auszutragen.

16

a) Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs, ist dieser Streit jedenfalls dann im Ausgangsverfahren auszutragen, wenn der Vergleich nicht allein aus Gründen unwirksam ist, die erst nach seinem Abschluss entstanden sind (BAG 24. April 2014 - 8 AZR 429/12 - Rn. 16; 11. Juli 2012 - 2 AZR 42/11 - Rn. 14; BGH 11. August 2010 - XII ZB 60/08 - Rn. 15; BSG 24. Januar 1991 - 2 RU 51/90 -; Stein/Jonas/Münzberg 22. Aufl. ZPO § 794 Rn. 71; Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 130 Rn. 48 ff.; Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 794 Rn. 15a; PG/Scheuch ZPO 5. Aufl. § 794 Rn. 24; vgl. auch BGH 21. November 2013 - VII ZR 48/12 - Rn. 14). Einer neuen Klage, mit der das ursprüngliche Prozessziel bei unverändert gebliebenem Streitgegenstand weiterverfolgt werden soll, stünde der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit entgegen, weil der unwirksame Prozessvergleich nicht zur Beendigung des Ursprungsverfahrens geführt hätte (BGH 29. Juli 1999 - III ZR 272/98 - zu 2 der Gründe, BGHZ 142, 253). Ist der Vergleich wirksam, so ist auszusprechen, dass der Rechtsstreit durch ihn erledigt ist (BAG 11. Juli 2012 - 2 AZR 42/11 - aaO; BGH 10. März 1955 - II ZR 201/53 - BGHZ 16, 388).

17

b) Es bedarf keiner Entscheidung, ob dies anders zu beurteilen ist, wenn eine materiell-rechtliche Unwirksamkeit des Prozessvergleichs nur aus Gründen in Rede steht, die erst nach seinem Abschluss entstanden sind (vgl. dazu einerseits BAG 5. August 1982 - 2 AZR 199/80 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 40, 17; andererseits BGH 10. März 1955 - II ZR 201/53 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 16, 388). Nach dem Vorbringen des Klägers kommt auch eine - anfängliche - Unwirksamkeit des Vergleichs gem. § 779 Abs. 1 iVm. § 139 BGB in Betracht. Der Kläger hat zwar ausdrücklich nur geltend gemacht, wirksam von dem Vergleich zurückgetreten zu sein. Er hat sich dafür aber ua. darauf berufen, dass er den Vergleich ohne die Aussicht auf eine erfolgreiche Rückübertragung der Entwicklerlizenz nicht abgeschlossen hätte. Werden hinsichtlich eines Prozessvergleichs sowohl anfängliche als auch nachträgliche Mängel geltend gemacht, ist die Klärung seiner Wirksamkeit im Ausgangsverfahren herbeizuführen (BAG 24. April 2014 - 8 AZR 429/12 - Rn. 29; 11. Juli 2012 - 2 AZR 42/11 - Rn. 14).

18

aa) Einem Prozessvergleich fehlt die verfahrensbeendende Wirkung auch dann, wenn er als materiell-rechtlicher Vertrag wegen Mängeln in der Regelung sonstiger, nicht rechtshängiger Fragen nach § 139 BGB insgesamt nichtig ist(vgl. BGH 6. März 1991 - XII ZB 88/90 - zu II 1 b und c der Gründe; MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 90).

19

bb) Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht ausgeschlossen, dass die Vereinbarung über die Verpflichtung zur „Rückübertragung“ der Entwicklerlizenz auf den Kläger in Nr. 3 des Vergleichs nach § 779 Abs. 1 BGB unwirksam ist.

20

(1) Gemäß § 779 Abs. 1 BGB ist der Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Ausreichend ist, dass in Elementen eines Rechtskonflikts Streit oder Ungewissheit bestanden hat und ausgeräumt worden ist; dabei kommt es auf die subjektive Beurteilung durch die Beteiligten im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses an (MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 24). Gegenseitiges Nachgeben im fraglichen Sinne ist weit zu verstehen und kann auch dann gegeben sein, wenn eine Seite in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis ihre Position zwar ohne Einschränkung durchsetzt, dafür aber eine Gegenleistung verspricht (MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 26).

21

(2) Nach den bisherigen Feststellungen ist offen, ob die Regelung über die „Rückübertragung“ der Entwicklerlizenz auf den Kläger einen Vergleich iSd. § 779 BGB darstellt. Es ist unklar, ob zwischen den Parteien des Vergleichs Streit über eine solche Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin bestand. Das Landesarbeitsgericht hat lediglich angenommen, die Lizenz sei „bis zum Abschluss des Vergleichs“ nicht Gegenstand der Auseinandersetzungen der damaligen Parteien gewesen. Soweit es ausgeführt hat, der Vergleich regle in Nr. 3 nur das, was „möglicherweise“ auch ohne ihn gegolten hätte, bewegt sich dies im Bereich der Spekulation. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Parteien einen möglichen Streit über die Verpflichtung zur „Rückübertragung“ der Lizenz im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt haben. Soweit der Kläger seinen vermeintlichen Anspruch ohne Einschränkung durchgesetzt haben sollte, ist nicht auszuschließen, dass er dafür an anderer Stelle - etwa mit Blick auf die Höhe der Abfindung für seine Einwilligung in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses - nachgegeben hat.

22

(3) Gemäß § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vergleich unwirksam, wenn der nach seinem Inhalt als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre. Der Irrtum der Parteien muss sich auf einen streitausschließenden Umstand beziehen (Staudinger/Marburger 2015 § 779 BGB Rn. 73 aE). Demzufolge kommt eine Unwirksamkeit der Vereinbarung in Nr. 3 des Vergleichs in Betracht, falls der mögliche Streit über eine Rückübertragung der Lizenz nicht entstanden wäre, sofern die damaligen Parteien die wahre Situation betreffend die Möglichkeit einer „Rückübertragung“ der Lizenz gekannt hätten.

23

cc) Danach ist nicht ausgeschlossen, dass der Vergleich vom 15. Februar 2012 insgesamt unwirksam ist. Dies wäre gem. § 139 BGB der Fall, wenn nicht anzunehmen ist, dass die Parteien ihn auch ohne die Abrede über die Rückübertragung der Lizenz vereinbart hätten. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger an einer Teilleistung der Insolvenzschuldnerin kein Interesse habe, steht dem nicht entgegen. Sie bezieht sich auf die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB. Für diese gelten hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast andere Regeln (vgl. Staudinger/Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. B 148) als für die gesetzliche Vermutung des § 139 BGB(vgl. hierzu MüKoBGB/Busche 7. Aufl. § 139 Rn. 35).

24

3. Selbst wenn es ausschließlich auf den vom Kläger erklärten Rücktritt vom Vergleich ankäme, läge kein Fall vor, in welchem der Rücktritt die Vereinbarung über die Erledigung des Rechtsstreits als Prozesshandlung unberührt ließe, der Rechtsstreit also selbst dann beendet wäre und nicht mehr weitergeführt werden könnte, wenn sich der Rücktritt als gerechtfertigt erwiese (zu einer solchen Konstellation vgl. BGH 5. Februar 1986 - VIII ZR 72/85 - zu II 3 der Gründe; 10. März 1955 - II ZR 201/53 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 16, 388; MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 91; PG/Scheuch ZPO 5. Aufl. § 794 Rn. 28; Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 794 Rn. 15c; Musielak/Voit/Lackmann ZPO 12. Aufl. § 794 Rn. 24).

25

a) Es kann dahinstehen, ob nicht wegen des besonderen Beschleunigungsgrundsatzes (§§ 9, 61a ArbGG) im arbeitsgerichtlichen Verfahren generell, dh. auch bei einem ausschließlich auf ein gesetzliches Recht gestützten Rücktritt der ursprüngliche Prozess fortzusetzen ist (vgl. dazu BAG 5. August 1982 - 2 AZR 199/80 - zu B II 4 c der Gründe, BAGE 40, 17).

26

b) Zumindest der wirksame Rücktritt von einem zur Erledigung eines Kündigungsrechtsstreits geschlossenen Vergleich führt dazu, dass auch dessen prozessbeendende Wirkung entfällt (vgl. Bauer NZA 2002, 169, 171; Schaub/Linck 16. Aufl. § 122 Rn. 39; Reinfelder NZA 2013, 62, 67; APS/Rolfs 4. Aufl. AufhebVtr Rn. 106). Die Aufhebung des durch die einvernehmliche Prozessbeendigung bewirkten Eintritts der Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG wäre anderenfalls nicht möglich.

27

II. Auf der Basis der bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, der Kündigungsschutzrechtsstreit sei durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 beendet. Es hat nicht geprüft, ob dem Vergleich deshalb keine prozessbeendende Wirkung zukommt, weil er nach § 779 Abs. 1 iVm. § 139 BGB unwirksam ist. Dies ist, wie ausgeführt, nicht auszuschließen. Schon aus diesem Grund war die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Den Parteien wird Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben sein (§ 139 Abs. 2 ZPO). Ob bei Vergleichsschluss Streit über eine Verpflichtung zur „Rückübertragung“ der Lizenz auf den Kläger bestand, ob dieser für diese Abrede an anderer Stelle nachgegeben hat, ob ggf. der Streit über eine solche Verpflichtung nicht entstanden wäre, wenn die Beteiligten die wahre Sachlage betreffend die Möglichkeit einer „Rückübertragung“ gekannt hätten, und ob diese dann den Vergleich auch ohne die betreffende Abrede geschlossen hätten, ist bislang nicht festgestellt.

28

III. Sollte das Landesarbeitsgericht nach neuer Verhandlung zu dem Ergebnis kommen, der Vergleich vom 15. Februar 2012 sei nach § 779 Abs. 1 iVm. § 139 BGB wirksam, wird es zu beachten haben, dass seine Würdigung, ein gesetzliches Rücktrittsrecht des Klägers nach § 326 Abs. 5 BGB oder § 323 Abs. 1 BGB sei gem. § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB ausgeschlossen, nicht ohne Rechtsfehler ist.

29

1. Unklar ist, ob das Landesarbeitsgericht angenommen hat, es habe sich bei dem Vergleich um einen gegenseitigen Vertrag iSd. §§ 320 ff. BGB gehandelt. Dafür spricht die Prüfung des gesetzlichen Rücktrittsrechts nach § 326 Abs. 5, § 323 BGB, dagegen spricht, dass es gemeint hat, in der Aufgabe des Arbeitsplatzes durch den Kläger liege keine Leistung iSd. § 241 Abs. 1 BGB. Träfe dies zu, wäre offen, weshalb ein gegenseitiger Vertrag vorgelegen haben sollte.

30

2. Bei richtiger Würdigung stellt der streitgegenständliche Prozessvergleich einen gegenseitigen Vertrag iSd. §§ 320 ff. BGB dar (so auch Bauer NZA 2002, 169, 171; Bauer/Haußmann BB 1996, 901; Besgen/Velten NZA-RR 2010, 561, 562; Schaub/Linck 16. Aufl. § 122 Rn. 39; Reinfelder NZA 2013, 62, 63; APS/Rolfs 4. Aufl. AufhebVtr Rn. 105; Kittner/Zwanziger/Deinert-Zwanziger 8. Aufl. § 149 Rn. 34; aA v. Puttkamer BB 1996, 1440 f.).

31

a) Ein Prozessvergleich ist nicht schon deshalb ein gegenseitiger Vertrag iSd. §§ 320 ff. BGB, weil er auf gegenseitigem Nachgeben beruht (BAG 27. August 2014 - 4 AZR 999/12 - Rn. 23, BAGE 149, 60; MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 26; Staudinger/Marburger 2015 § 779 BGB Rn. 49; Palandt/Sprau 74. Aufl. § 779 BGB Rn. 2; Molitor Schuldrecht II 7. Aufl. S. 147; Kortstock in Nipperdey Lexikon Arbeitsrecht 26. Aufl. Rücktritt; v. Puttkamer BB 1996, 1440 f.; vgl. die Nachweise zur Gegenmeinung bei Schallow Der mangelhafte Prozeßvergleich S. 160). Die Aufgabe wechselseitiger „Prätentionen“ und Rechtsstandpunkte erzeugt noch keine Leistungspflichten und stellt selbst keine „Leistung“ im schuldrechtlichen Sinne dar. Sie beschreibt nur das Zustandekommen des Vergleichs (Bork Der Vergleich S. 151, 176). Entscheidend ist statt dessen der jeweilige Vergleichsinhalt. Zum gegenseitigen Vertrag wird ein Vergleich dann, wenn in ihm ein synallagmatischer Leistungsaustausch geregelt ist. Es müssen also entweder beiderseitige Leistungspflichten neu begründet werden (so Hofstetter BB 1963, 1459, 1460) oder es muss zumindest eine Partei durch den Vergleich eine Leistung unmittelbar erbringen, wofür sich die andere Partei zu einer Gegenleistung verpflichtet (vgl. Bork Der Vergleich S. 175).

32

b) Im Streitfall wurde durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 jedenfalls die (Gegen-)Leistungspflicht der späteren Insolvenzschuldnerin zur Zahlung einer Abfindung neu begründet.

33

c) Der Kläger hat seine (Gegen-)Leistung unmittelbar mit dem Abschluss des Vergleichs als solchem erbracht. Auch ein solches Zusammenfallen von Leistungsversprechen und Erfüllung genügt für die Annahme eines gegenseitigen Vertrags (BGH 12. Dezember 1991 - IX ZR 178/91 - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 116, 319; LAG Baden-Württemberg 17. Juni 2011 - 12 Sa 1/10 - zu I 3 b der Gründe; Staudinger/Marburger 2015 § 779 BGB Rn. 51; MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 36; Palandt/Sprau 74. Aufl. § 779 BGB Rn. 11; Bork Der Vergleich S. 175; für eine analoge Anwendung der §§ 320 ff. BGB Medicus/Petersen Bürgerliches Recht 24. Aufl. Rn. 216 ff.). Leistung ist die Zuwendung eines wirklichen oder vermeintlichen Vorteils, der typischer-, wenn auch nicht notwendigerweise einen Vermögenswert hat (Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 241 BGB Rn. 4). Die geschuldete Leistung kann in einem Verhalten oder in der Herbeiführung eines Erfolgs liegen (MüKoBGB/Bachmann 6. Aufl. § 241 Rn. 18). Hier hat der Kläger der späteren Insolvenzschuldnerin dadurch einen Vorteil zugewendet, dass er sich mit ihr auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung und auf eine Beendigung des Rechtsstreits geeinigt hat. Darin liegt nicht nur die Aufgabe einer Rechtsposition - der reklamierten Unwirksamkeit der Kündigung -, sondern mit der Einwilligung in die Beendigung eines Kündigungsrechtsstreits zugleich eine weiterreichende materiell-rechtliche „Zuwendung“. Die Abrede führt - sofern nicht die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ausnahmsweise noch nicht abgelaufen ist - zum Eintritt der Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG. Dies wiederum ist für den Arbeitnehmer gleichbedeutend mit einem Verzicht auf weitere Ansprüche, die aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultieren könnten. Unabhängig von der Frage, ob die Kündigung des Arbeitgebers objektiv rechtswirksam ist oder nicht, bewirkt das Einverständnis mit der Prozesserledigung, dass die Beendigungswirkung der Kündigung aus einem eigenständigen Grund - der gesetzlichen Fiktion des § 7 KSchG - Platz greift.

34

d) Die Einwilligung des Klägers in die Beendigung des Prozesses stand im Gegenseitigkeitsverhältnis jedenfalls mit der Verpflichtung der späteren Insolvenzschuldnerin zur Zahlung einer Abfindung. Der Arbeitgeber erklärt sich in Fällen wie diesen zur Zahlung einer gesetzlich nicht geschuldeten Abfindung typischerweise gerade und nur wegen der Beendigung des Rechtsstreits und der damit einhergehenden eigenständig begründeten Wirksamkeit der Kündigung bereit. Trotz ihrer Funktion als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. §§ 9, 10 KSchG) stellt die Abfindung deshalb (auch) eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die Einwilligung des Arbeitnehmers in die Auflösung des Arbeitsverhältnisses dar (BAG 25. Juni 1987 - 2 AZR 504/86 - zu II 4 c der Gründe). Diese Vorstellung liegt im Übrigen auch § 1a KSchG zugrunde, dem zufolge der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützten Kündigung Anspruch auf Zahlung einer Abfindung für den Fall hat, dass er die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG verstreichen lässt, nachdem ihm der Arbeitgeber eben dafür die Abfindung in Aussicht gestellt hatte.

35

3. Ein gesetzliches Rücktrittsrecht des Klägers nach § 326 Abs. 5 BGB setzt ferner voraus, dass auch die Verpflichtung zur Rückübertragung der Lizenz im Gegenseitigkeitsverhältnis stand(vgl. MüKoBGB/Ernst 7. Aufl. § 326 Rn. 7; Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 326 BGB Rn. 2; Staudinger/Otto 2009 § 326 BGB Rn. C 4) und es der Arbeitgeberin iSv. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich war, ihre Leistungspflicht zu erfüllen. Um beurteilen zu können, ob die Verpflichtung zur Rückübertragung der Lizenz im Gegenseitigkeitsverhältnis steht, bedarf es einer Auslegung des Vergleichs gem. §§ 133, 157 BGB(vgl. Staudinger/Schwarze 2015 Vorbem. zu §§ 320 - 326 BGB Rn. 31). An ihr fehlt es bislang. Der Senat kann sie nicht selbst vornehmen. Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge - auch Prozessvergleiche - so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist zwar vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. nur BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 21; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 57 mwN). Die für die Auslegung des Prozessvergleichs maßgeblichen Umstände des Vergleichsschlusses sind bislang nicht festgestellt. Dies gilt ebenso für die Tatsachen, aufgrund derer der Arbeitgeberin die Erfüllung ihrer Leistungspflicht ggf. unmöglich war. Insofern bedarf überdies der Klärung, welchen Inhalt genau die Pflicht zur „Rückübertragung“ der Lizenz auf den Kläger nach dem Vergleich haben sollte.

36

4. Sollte die Verpflichtung der Arbeitgeberin nach Nr. 3 des Vergleichs nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis gestanden haben oder sollte ihr die Erfüllung nicht iSv. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich gewesen sein, kommt ein Rücktrittsrecht des Klägers nach § 323 Abs. 1 BGB in Betracht. Die Arbeitgeberin hätte dann iSv. § 323 Abs. 1 BGB nicht geleistet. Für einen Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB ist es nicht erforderlich, dass eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Pflicht nicht erfüllt wurde(Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 1, 10; Bamberger/Roth/Grothe BGB 3. Aufl. Bd. 1 § 323 Rn. 4; NK-BGB Dauner-Lieb/Dubovitskaya BGB 2. Aufl. Bd. 2/1 § 323 Rn. 6; Jauernig/Stadler BGB 15. Aufl. § 323 Rn. 5a; Emmerich Das Recht der Leistungsstörungen § 19 II 8; vgl. auch BT-Drs. 14/6040 S. 183; aA MüKoBGB/Ernst 7. Aufl. § 323 Rn. 13; Canaris FS Kropholler S. 3, 5). Sofern nicht eine Fristsetzung durch den Kläger entbehrlich gewesen sein sollte, weil die Verweigerung der Leistung iSv. § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB bereits ernsthaft und endgültig war, wären Feststellungen dazu zu treffen, ob der Kläger der Arbeitgeberin iSv. § 323 Abs. 1 BGB eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt hat.

37

5. Für einen vertraglichen Ausschluss des gesetzlichen Rücktrittsrechts gibt es keine Anhaltspunkte. Diese müssten sich unmittelbar aus den Vereinbarungen im Vergleich selbst ergeben (vgl. Schaub/Linck 16. Aufl. § 122 Rn. 37; Kittner/Zwanziger/Deinert-Zwanziger 8. Aufl. § 149 Rn. 34; Reinfelder NZA 2013, 62, 63; Sperber BB 2012, 1034, 1036; Besgen/Velten NZA-RR 2010, 561, 562; Bauer/Haußmann BB 1996, 901 f.; aA LAG Köln 5. Januar 1996 - 4 Sa 909/94 - zu 3 b der Gründe; APS/Rolfs 4. Aufl. AufhebVtr Rn. 105; ders. in Preis Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II A 100 Rn. 34, 71; offengelassen in BAG 10. November 2011 - 6 AZR 357/10 - Rn. 19, BAGE 139, 376). Daran fehlt es. Die Interessenlage in einem Kündigungsschutzprozess und die Möglichkeit, sich den Widerruf des Vergleichs vorzubehalten, rechtfertigen für sich genommen nicht die Annahme, die Parteien wollten auch ein gesetzliches Rücktrittsrecht ausschließen. Ein Interesse daran hätte typischerweise ausschließlich der Arbeitgeber, weil in der Regel nur er seine Gegenleistung noch nicht mit dem Vergleichsschluss erbracht hat. Kommt er - und sei es unverschuldet - den eingegangenen Verpflichtungen nicht nach, hat der Arbeitnehmer regelmäßig kein Interesse am Fortbestand des Vergleichs. Etwas anderes folgt nicht schon daraus, dass der Arbeitnehmer - wie hier - einen Auflösungsantrag gestellt hat. Selbst wenn er damit zu erkennen gegeben hat, dass er an einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung interessiert ist, hat er in den betreffenden Vergleich allein zu den darin vereinbarten Konditionen eingewilligt. Dafür, dass die Beteiligten im Streitfall zumindest dann ein etwaiges gesetzliches Rücktrittsrecht des Klägers vertraglich hätten ausschließen wollen, wenn nur die Verpflichtung der Arbeitgeberin aus Nr. 3 des Vergleichs nicht erfüllt würde, gibt es keine Anhaltspunkte.

38

6. Ein - mögliches - Recht des Klägers zum Rücktritt vom gesamten Vergleich wäre weder nach § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB noch nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen.

39

a) § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB findet keine Anwendung. Zwar hatte die Arbeitgeberin nur eine Teilleistung bewirkt. Es käme für die Zulässigkeit eines Rücktritts vom gesamten Vergleich aber nicht darauf an, ob der Kläger iSd. § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB ein Interesse an dieser Teilleistung hatte: Ist die Gegenleistung nicht ihrerseits teilbar, ist § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB nicht anwendbar, erstreckt sich das Rücktrittsrecht vielmehr ohne Weiteres auf den gesamten Vertrag(BGH 16. Oktober 2009 - V ZR 203/08 - Rn. 17; Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 25). Das mit dem Teilrücktritt angestrebte Ergebnis einer Beschränkung „des Vertrags“ auf den durchgeführten Teil lässt sich nicht erreichen, wenn nicht auch die Gegenleistung teilbar ist. Der Gläubiger kann seine - unteilbare - Leistung nicht auf einen Teil beschränken, der der Teilleistung des Schuldners entspricht (BGH 16. Oktober 2009 - V ZR 203/08 - aaO). So liegt der Fall hier. Die (Gegen-)Leistung des Klägers - die Einwilligung in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses - ist unteilbar. Der Vergleich lässt sich daher nicht nur teilweise rückabwickeln.

40

b) Auch § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB stünde einem Rücktritt des Klägers vom gesamten Vergleich nicht entgegen.

41

aa) Nach dieser Vorschrift kann der Gläubiger bei einer nicht vertragsgemäßen Leistung dann nicht vom Vertrag zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung „unerheblich“ ist. Die Vorschrift bezieht sich auf den in § 323 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB geregelten Fall der Schlechtleistung (Staudinger/Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. A 22). Die Nichterfüllung einer einzelnen von mehreren Leistungsverpflichtungen ist dagegen eine Teilleistung im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB und nicht eine Schlechtleistung im Sinne von § 323 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (zur Abgrenzung von Teil- und Schlechtleistung: Staudinger/Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. B 138, Rn. C 6 f.). Im Streitfall ginge es demnach um eine Teil-, nicht um eine Schlechtleistung.

42

bb) Auch eine entsprechende Anwendung von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB schiede aus.

43

(1) Eine analoge Anwendung der Bestimmung wird für möglich gehalten, wenn eine nur unwesentliche Teilleistung unterblieben ist, die eine Rückabwicklung des Vertrags nicht „gebietet“ (Soergel/Gsell 13. Aufl. § 323 BGB Rn. 192; Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 32; beschränkt auf die Nichterfüllung einer von mehreren Nebenleistungspflichten: Dauner-Lieb/Dubovitskaya 2. Aufl. Band 2/1 § 323 BGB Rn. 8; Bamberger/Roth/Grothe 2. Aufl. Band 1 § 323 BGB Rn. 4, 40; Jauernig/Stadler 15. Aufl. § 323 BGB Rn. 5a; aA MüKoBGB/Ernst 6. Aufl. § 323 Rn. 226, 240). Die gesetzlichen Gründe für einen Ausschluss des Rücktritts wegen einer nur unerheblichen Schlechtleistung nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB gälten auch für diesen Fall. Maßgeblich sei, ob das bei Schlecht- und Teilleistungen anzunehmende Rückabwicklungsinteresse des Gläubigers als so gering zu bewerten sei, dass dem Interesse am Bestand des Vertrags der Vorrang eingeräumt werden müsse. Letztlich sei § 323 Abs. 5 BGB eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben(§ 242 BGB). Die Bestimmung solle eine unverhältnismäßige Reaktion - den Rücktritt von dem gesamten Vertrag - bei einer nur unerheblichen Pflichtverletzung verhindern.

44

(2) Es bedarf keiner Entscheidung, ob dem zu folgen ist. Im Streitfall fehlen Umstände, aufgrund derer die unterbliebene Teilleistung als so gering anzusehen wäre, dass das wegen der Unteilbarkeit der Gegenleistung grundsätzlich gegebene Interesse des Klägers am Rücktritt vom gesamten Vertrag hintanzutreten hätte. Im Gegenteil hat der Kläger geltend gemacht, der Wert, den die Lizenz für ihn bedeute, liege jedenfalls nicht unter dem der vereinbarten Abfindung.

45

7. Ein mögliches Rücktrittsrecht des Klägers wäre nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass er seinen Anspruch zunächst im Wege der Zwangsvollstreckung oder gar durch eine entsprechende Leistungsklage zu realisieren versucht hat. Ein auf Vertrag gestütztes Leistungsverlangen des Gläubigers ist regelmäßig nicht zugleich als einseitiger Verzicht auf das gesetzliche Rücktrittsrecht zu verstehen und lässt dieses unberührt (Staudinger/Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. D 7, F 9; vgl. auch Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 33).

46

IV. Sollte das Landesarbeitsgerichts zu dem Ergebnis kommen, die prozessbeendende Wirkung des Vergleichs vom 15. Februar 2012 sei entfallen, wird es die Zulässigkeit und Begründetheit der Sachanträge zu 2. und 3. zu prüfen haben.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock     

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 15. November 2013 - 14 Sa 1619/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung von Nachtzuschlägen und Schichtzulagen für die Zeit von Mai 2011 bis August 2012 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten, die Express-Luftfracht befördert, seit dem 1. September 1987 auf Grundlage des mit ihrer Rechtsvorgängerin abgeschlossenen Arbeitsvertrags vom 20. August 1987 und der Zusatzvereinbarung vom 30. Juni 1988 als „Handler“ in der Betriebsstätte am Flughafen Frankfurt am Main beschäftigt. Eine Vereinbarung über die Lage der Arbeitszeit enthalten weder der Vertrag noch die Zusatzvereinbarung.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der von der Beklagten mit dem Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e. V. abgeschlossene Manteltarifvertrag vom 6. Februar 2004 (MTV) Anwendung. Dieser enthält auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 7 Zeitzuschläge

        

1.    

Die Mehrarbeitszuschläge werden monatlich akkumuliert und wie folgt vergütet

                 

für die 1. bis 15. Mehrarbeitsstunde im Monat

25 %   

                 

ab 16. bis 20. Mehrarbeitsstunde im Monat

50 %   

                 

für Arbeit an Sonntagen

125 % 

                 

für Arbeit an gesetzlichen Feiertagen

125 % 

                 

für Nachtarbeit

33 %   

                                   
                 

für Arbeit am Heiligabend oder Silvester ab 12.00 Uhr

125 % 

        

2.    

Beim Zusammentreffen mehrerer Zeitzuschläge für eine Arbeitsleistung wird nur der jeweils höchste Zeitzuschlag gezahlt.

        

3.    

Der Berechnung der Zeitzuschläge ist die tatsächliche Vergütung zugrunde zu legen.“

4

Im Betrieb bestand darüber hinaus eine Betriebsvereinbarung Schichtarbeit vom 25. August 1993 (BV Schichtarbeit), die zum 15. Mai 1997 gekündigt wurde, ohne dass es zum Neuabschluss kam. Diese lautet auszugsweise:

        

„10.   

SCHICHT-/ERSCHWERNISZULAGEN

                 

Arbeitnehmer, die nicht zu den unter Punkt 2a.) definierten mitbestimmungsfreien Arbeitszeiten arbeiten, erhalten wie folgt eine Schicht-/Erschwerniszulage:

                 

a.)     

…       

                 

b.)     

SCHICHT/NACHTARBEIT

                          

Mitarbeiter, deren Arbeitsbeginn zwischen 20.00 Uhr und 5.00 Uhr liegt, und/oder die an Wochenenden eingeteilt werden, erhalten pauschal eine Erschwerniszulage in Höhe von 150,- DM brutto pro Monat.

                 

c.)     

…“    

5

Der Kläger wurde seit dem 1. Juli 1988 in der Abteilung GTS eingesetzt, in der Import-Zollabfertigungen durchgeführt werden. Sendungen, bei denen die für die Abfertigung notwendigen Daten nicht vorab bekannt gegeben worden waren, wurden dabei nach ihrem Eintreffen in der Nachtschicht („post-flight“) abgewickelt; die anderen Sendungen bereits vorher („pre-flight“). Für diese „post-flight“ Abfertigung führte die Beklagte im Jahr 2000 eine sog. Dauernachtschicht ein, in der sie Mitarbeiter beschäftigte, die freiwillig ausschließlich in der Nachtschicht tätig werden wollten. Dazu gehörte auch der Kläger.

6

Im Februar 2002 bat der Kläger die Beklagte darum, seine Arbeitszeit ab dem 1. Juni 2002 von 40 auf 32 Wochenstunden zu verringern und die Arbeitszeit von montags bis donnerstags möglichst auf 8 bis 10 Stunden in der Nacht (20:00 Uhr bis 06:00 Uhr) zu verteilen, um einen zusammenhängenden Freizeitblock von Freitag bis Sonntag zu haben. Die Beklagte berief sich hiergegen auf betriebliche Gründe und strebte hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit eine höhere Flexibilität an. In einem daraufhin vom Kläger eingeleiteten Klageverfahren (- 15 Ca 3249/02 -) zur Durchsetzung der von ihm gewünschten Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main am 4. Dezember 2002 folgenden Vergleich:

        

„1.     

Die Arbeitszeit des Klägers wird ab 01.01.2003 auf 32 Wochenstunden verringert; der Lohn reduziert sich entsprechend.

        

2.    

Die tägliche Arbeitszeit variiert je nach betrieblichen Bedürfnissen zwischen 8 und 10 Stunden; die tägliche Mindestarbeitszeit liegt bei 8 Stunden.

        

3.    

Der Kläger verbleibt im Dauernachtdienst und verpflichtet sich, im Rahmen des Schichtdienstes auf Anforderung der Beklagten und in Absprache mit den vorgesetzten Managern seine Arbeitskraft in der jeweils geltenden Schichteinteilung zur Verfügung zu stellen.

        

4.    

Der Schichtplan soll nach Möglichkeit und vorbehaltlich der jeweiligen Zustimmung des Betriebsrates so erfolgen, dass Freizeitblöcke nicht durch einzelne Arbeitstage unterbrochen werden.

        

5.    

Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.

        

6.    

Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.“

7

Der Kläger wurde dementsprechend in der Dauernachtschicht eingesetzt und erhielt Nachtarbeitszuschläge und die Schichtzulage. Ab Juni/Juli 2010 wurde der Flughafen Köln/Bonn im Zuge einer Kapazitätsverlagerung zum Hauptumschlagplatz der Beklagten. Seit diesem Zeitpunkt wird am Flughafen Frankfurt am Main keine „post-flight“ Abfertigung mehr durchgeführt. Die Beklagte löste daraufhin die Dauernachtschicht in der Abteilung GTS auf und setzte den Kläger und die anderen dort beschäftigten Mitarbeiter in der „pre-flight“ Abfertigung im (Tages-)Schichtdienst ein. Bis Ende 2010 leistete die Beklagte Ausgleichszahlungen für entgangene Zuschläge, bis einschließlich Dezember 2011 erhielt der Kläger die monatliche Schichtzulage von 76,69 Euro brutto. Mit Schreiben vom 29. November 2011 verlangte er von der Beklagten unter Hinweis auf die aus seiner Sicht nicht vertragsgemäße Beschäftigung die Zahlung von Zeitzuschlägen in näher bezifferter Höhe. Seit Januar 2012 setzt die Beklagte den Kläger zu festen Arbeitszeiten montags bis freitags von 08:00 Uhr bis 18:00 Uhr ein und zahlt ihm keine Schichtzulage mehr.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe sich in dem Prozessvergleich verpflichtet, ihn dauerhaft in der Nachtschicht einzusetzen. Soweit sie dies nicht getan habe, schulde sie ihm die entgangenen Schichtzulagen und Nachtarbeitszuschläge unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

9

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.921,61 Euro brutto nebst Zinsen in näher bestimmter gestaffelter Höhe zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, im Vergleich sei hinsichtlich der Beschäftigung in der Nachtschicht lediglich der damalige Status quo beschrieben worden, ohne eine Änderung der Vertragslage vorzunehmen. Die Lage der Arbeitszeit sei nur insoweit Gegenstand des Verfahrens nach § 8 TzBfG gewesen, als der Kläger eine Verteilung auf vier aufeinanderfolgende Tage habe erreichen wollen. Die Änderung der zeitlichen Lage seiner Arbeitszeit wegen des Wegfalls der Nachtschicht habe die Grenzen billigen Ermessens gewahrt. Jedenfalls habe ihr gemäß § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG das Recht zugestanden, die Lage der Arbeitszeit des Klägers einseitig zu ändern.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage im noch streitgegenständlichen Umfang stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht insoweit zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hat für den Streitzeitraum keinen Anspruch auf die Zahlung von Nachtarbeitszuschlägen und Schichtzulagen aus § 615 BGB iVm. § 7 MTV, Ziff. 10 BV Schichtarbeit. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich im Ergebnis als zutreffend.

13

I. Die Klage ist mit den noch anhängigen Anträgen unbegründet. Ansprüche auf Zahlung von Nachtarbeitszuschlägen und Schichtzulagen wegen Annahmeverzugs (§ 615 Satz 1 BGB) sind nicht entstanden. Der Kläger hatte keinen vertraglichen Anspruch auf eine Beschäftigung in der Dauernachtschicht (zu 1.). Die Beklagte durfte ihn in Ausübung ihres Direktionsrechts außerhalb der Nachtschicht einsetzen. Die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) hat sie dabei gewahrt (zu 2.).

14

1. Aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf eine dauerhafte Beschäftigung in der Nachtschicht. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich ein solcher Anspruch insbesondere nicht aus Ziff. 3 des Prozessvergleichs vom 4. Dezember 2002.

15

a) Die Beklagte ist weder aus dem Arbeitsvertrag vom 20. August 1987 noch aus der Zusatzvereinbarung vom 30. Juni 1988 verpflichtet, den Kläger dauerhaft in der Nachtschicht zu beschäftigen. Beide Vereinbarungen enthalten keine Regelung zur Lage der Arbeitszeit. Nach dem Vortrag der Parteien bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine im Zusammenhang mit der „freiwilligen“ Übernahme der Dauernachtschicht im Jahr 2000 erfolgten ausdrücklichen oder konkludenten Beschränkung des Direktionsrechts. Auch die langjährige Beschäftigung in der Dauernachtschicht führt für sich genommen nicht zu einer entsprechenden Konkretisierung des Arbeitsvertrags. Alleine die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum genügt hierfür nicht. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (st. Rspr., vgl. zB BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Solche Umstände hat der Kläger nicht behauptet.

16

b) Ein Anspruch auf Einsatz in der Dauernachtschicht ergibt sich nicht aus Ziff. 3 des Prozessvergleichs vom 4. Dezember 2002.

17

aa) Der gerichtliche Vergleich beinhaltet nichttypische, individuelle Regelungen, die auf die konkrete Arbeitssituation des Klägers im Jahre 2002 zugeschnitten waren. Der Senat kann offen lassen, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines solchen Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (so zB BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 102, 103; 9. Oktober 1996 - 5 AZR 246/95 - zu 4 der Gründe) oder ob sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB BAG 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 55; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; vgl. zum Streitstand GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 73 Rn. 22). Das Berufungsurteil hält auch einer solchermaßen eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

18

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Parteien hätten sich im Prozessvergleich verbindlich mit vertragsändernder Wirkung auf die Beschäftigung des Klägers in der Dauernachtschicht geeinigt. Es hat dies unter anderem damit begründet, es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger in einem verfahrensbeendenden Vergleich hinter dem Ergebnis zurückbleibe, welches sich bei einem Obsiegen mit seinem Antrag nach § 8 TzBfG ergeben hätte, nämlich einer Änderung der Verteilung der Arbeitszeit auf der Vertragsebene.

19

(2) Diese Annahme verstößt gegen allgemeine Erfahrungssätze über das Zustandekommen von Prozessvergleichen; auf sie durfte die Auslegung bei der gegebenen Sachlage nicht gestützt werden. Gemäß § 779 BGB gehört zum Wesen des Vergleichs das gegenseitige Nachgeben der Parteien bei einer Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis (Abs. 1) oder die Verwirklichung eines Anspruchs (Abs. 2). Dabei gibt es nach aller Erfahrung gerade im bestehenden Arbeitsverhältnis vielfältige Motive, von einer ursprünglich eingenommenen Rechtsposition im Vergleichswege abzurücken. Diese können rechtlicher oder wirtschaftlicher Natur sein, aber auch im Bestreben nach einer möglichst harmonischen Fortsetzung des Vertragsverhältnisses begründet sein oder schlicht der als notwendig erkannten Gesichtswahrung des Vertragspartners dienen. Selbst bei (vermeintlich) klarer Rechtslage scheidet daher ein (teilweises) Nachgeben trotz möglichem Obsiegen im Verfahren keinesfalls aus. Wieso das in einem Prozess über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG anders sein sollte, begründet das Landesarbeitsgericht nicht. Ebenso wenig benennt es Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger mit der von ihm gewünschten Verteilung der verringerten Arbeitszeit in jedem Fall obsiegt hätte. Aus dem Protokoll der Verhandlung vom 4. Dezember 2002 oder aus dem Vortrag der Parteien im vorliegenden Verfahren ergeben sich jedenfalls keine Anhaltspunkte für eine solche Annahme.

20

bb) Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es indes gemäß § 563 Abs. 3 ZPO nicht. Der Senat kann vielmehr die Auslegung des Vergleichs selbst vornehmen, da der für die Auslegung maßgebliche Sachverhalt feststeht und weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 28. Mai 2014 - 7 ABR 36/12 - Rn. 29; 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 - Rn. 11, BAGE 145, 107). Diese führt zu dem Ergebnis, dass Ziff. 3 des Prozessvergleichs die Beschäftigung in der Nachtschicht nicht auf vertraglicher Ebene konstitutiv festlegt.

21

(1) Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge und damit auch Prozessvergleiche so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. zB BAG 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 57 mwN).

22

(2) Der Wortlaut des Prozessvergleichs spricht deutlich gegen die Annahme, dass Ziff. 3 des Vergleichs konstitutiv wirken sollte. Nach Ziff. 1 des Vergleichs „wird“ die Arbeitszeit des Klägers von Vollzeit auf 32 Wochenstunden bei entsprechender Entgeltreduzierung ab dem 1. Januar 2003 verringert. Diese Regelung schafft zukunftsgerichtet eine neue Vertragslage; dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Gleiches gilt für Ziff. 2 des Vergleichs, in der mit der Formulierung „die tägliche Mindestarbeitszeit liegt bei 8 Stunden“ erstmals die Mindestdauer der einzelnen Schicht vertraglich normiert wird. Demgegenüber heißt es in Ziff. 3, der Kläger „verbleibt im Dauernachtdienst“. Verbleiben kann in diesem Zusammenhang nur iSv. „bleiben“, also „eine Lage nicht verändern, etwas nicht verändern, in seinem augenblicklichen Zustand verharren“, verstanden werden (Duden Deutsches Universalwörterbuch 5. Aufl. Stichworte „verbleiben“ und „bleiben“). In dieser Formulierung kommt der Wille der Parteien zur Fortführung bereits bestehender Rechtspflichten zum Ausdruck, nicht jedoch der Entschluss, eine neue (Rechts-)Lage herbeizuführen. Der Wortlaut schließt zwar nicht aus, dass mit der getroffenen Regelung eine bestehende tatsächliche Situation, die fortgeführt wird, auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt werden soll. Hierfür bedarf es jedoch deutlicher Anhaltspunkte, die den Schluss auf einen solchen Willen zulassen. Daran fehlt es.

23

(3) Für dieses Verständnis spricht des Weiteren der Umstand, dass in Ziff. 3 eine gegenüber Ziff. 1 und Ziff. 2 des Vergleichs abweichende Formulierung verwendet wurde. Hierfür hätte kein Anlass bestanden, wenn auch mit Ziff. 3 eine konstitutive vertragsändernde Regelung hätte getroffen werden sollen. Der zweite Halbsatz der Ziff. 3, wonach der Kläger sich verpflichtet, im Rahmen der jeweils geltenden Schichteinteilung zu arbeiten, bestärkt entgegen der Auffassung der Revision diesen Befund. Auch dieser Satzteil beschreibt lediglich die für das Arbeitsverhältnis geltende Rechtslage. Die Verknüpfung beider Satzteile durch die Konjunktion „und“ stellt beide Aussagen in einen einheitlichen inhaltlichen Kontext, und zwar den der Beschreibung des tatsächlichen und rechtlichen Ist-Zustands.

24

(4) Aus der Vorgeschichte des Vergleichs und den Umständen seines Zustandekommens ergeben sich keine hinreichend deutlichen Anhaltspunkte, die auf ein anderes gemeinsames Verständnis der Parteien schließen ließen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Arbeitsvertrag des Klägers keine Beschränkung des Direktionsrechts der Beklagten hinsichtlich der zeitlichen Lage der Arbeitszeit vorsah. Im Jahre 2000 hat sich der Kläger dann auf entsprechende Anfrage der Beklagten freiwillig bereit erklärt, in der Dauernachtschicht tätig zu werden, ohne dass er dies etwa zum Anlass genommen hätte, von der Beklagten die vertragliche Festschreibung eines solchen Einsatzes zu verlangen. Der Einsatz in der Dauernachtschicht stand - wie die Beklagte mehrfach unwidersprochen vorgetragen hat - zwischen den Parteien auch nicht im Streit, als der Kläger im Jahre 2002 seinen Antrag nach § 8 TzBfG stellte. Deshalb bestand auch kein Grund, dies in dem Vergleich festzuschreiben.

25

(5) Der Arbeitnehmer, der einen Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG stellt, hat ein Wahlrecht, ob er ausschließlich die Verringerung der Arbeitszeit(§ 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG) beantragt und es dem Arbeitgeber überlässt, die verbleibende Arbeitszeit zu verteilen (§ 106 Satz 1 GewO), oder ob er eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit wünscht (§ 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG). Der Arbeitnehmer hat es also schon bei der Antragstellung in der Hand, ob er die Frage der Verteilung der reduzierten Arbeitszeit überhaupt aufwirft und wenn ja, in welchem Umfang er insoweit eine Vertragsänderung (und damit eine Beschränkung des Direktionsrechts des Arbeitgebers) anstrebt. Zwar ist häufig die Interessenlage auf eine bestimmte konkrete Verteilung gerichtet, zwingend ist dies aber nicht. Gleiches gilt später, also zB im Rahmen der Einigungsverhandlungen nach § 8 Abs. 3 TzBfG oder auch in einem vom Arbeitnehmer eingeleiteten Gerichtsverfahren. Auch wenn er dort zusätzlich zur Verringerung der Arbeitszeit die Festlegung einer bestimmten Arbeitszeitverteilung begehrt, ist er frei, im Rahmen einer vergleichsweisen Einigung hiervon ganz oder teilweise wieder Abstand zu nehmen. § 8 TzBfG gibt zwar einen Anspruch auf die vertragliche Festlegung einer Verteilung der reduzierten Arbeitszeit, erzwingt eine solche jedoch nicht.

26

(6) Die Interessenlage beider am Vergleichsschluss beteiligten Parteien spricht hier gegen die Annahme einer Festschreibung der Beschäftigung des Klägers in der Dauernachtschicht. Dafür, dass die Beklagte eine solche Beschränkung ihres Direktionsrechts unabhängig von späteren wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen im Bereich der Zollabfertigung vereinbaren wollte, sind keine Gründe vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Auf Seiten des Klägers mag zwar ein Interesse daran bestanden haben, weiterhin in Nachtschicht zu arbeiten. Hierfür spricht, dass er sich im Jahr 2000 freiwillig zur Verfügung gestellt hat und die Dauernachtschicht ersichtlich finanzielle Vorteile bot. Daraus lässt sich aber noch nicht ohne Weiteres ableiten, dass er seinen vertraglichen Beschäftigungsanspruch dauerhaft - ggf. mit entsprechenden Folgen für die Sozialauswahl im Fall einer Kündigung (BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 49 mwN, BAGE 123, 1) - hierauf begrenzen und sich ausschließlich den mit der Nachtschichtarbeit verbundenen Belastungen (vgl. dazu zB BAG 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 -) aussetzen wollte. Vor diesem Hintergrund spiegelt der geschlossene gerichtliche Vergleich in der hier gefundenen Auslegung einen angemessenen Ausgleich beider Interessen wider.

27

2. Die Beklagte war befugt, den Kläger ab Juli 2010 außerhalb der Dauernachtschicht einzusetzen. Sie hat hierdurch die Grenzen des Direktionsrechts iSv. § 106 Satz 1 GewO nicht überschritten.

28

a) Der angeordnete Einsatz des Klägers außerhalb der Dauernachtschicht ist nicht an § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG zu messen. Dabei kann dahinstehen, ob dem Arbeitgeber dieses Recht auch dann zusteht, wenn eine Einigung über die Verteilung der Arbeitszeit erst im Zuge eines gerichtlichen Verfahrens erfolgt oder ob der Anwendungsbereich der Norm auf die unmittelbar in § 8 Abs. 3 Satz 2 TzBfG und § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG angesprochenen Fallgestaltungen beschränkt ist. Jedenfalls greift es nur dann ein, wenn die zu ändernde Verteilung der Arbeitszeit infolge eines Verlangens des Arbeitnehmers einvernehmlich mit vertragsändernder Wirkung festgelegt wurde (BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 26 f.). An einer solchen vertraglichen Festlegung der ausschließlichen Beschäftigung in der Dauernachtschicht fehlt es jedoch, wie unter 1. dargelegt.

29

b) Grundlage und Maßstab für den von der Beklagten angeordneten Einsatz des Klägers außerhalb der Dauernachtschicht ist deshalb das arbeitgeberseitige Direktionsrecht (§ 106 Satz 1 GewO). Die Beklagte hat bei dessen Ausübung billiges Ermessen (§ 315 Abs. 3 BGB) gewahrt. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend ausgegangen.

30

aa) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz festgelegt sind. Fehlt es an einer solchen Festlegung der Lage der Arbeitszeit, ergibt sich der Umfang der arbeitgeberseitigen Weisungsrechte aus § 106 GewO. Die Weisung des Arbeitgebers unterliegt dann einer Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO iVm. § 315 Abs. 3 BGB(BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 20 [zur Bestimmung des Arbeitsortes]).

31

bb) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB)verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 40 mwN).

32

cc) Nach diesen Grundsätzen ist die Ermessensausübung der Beklagten, wie auch das Landesarbeitsgericht im Zusammenhang mit der von ihm vorgenommenen Prüfung der Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 TzBfG zu Recht angenommen hat, nicht zu beanstanden. Der Grund für die Streichung der Dauernachtschicht und die daraus folgende neue zeitliche Lage der Arbeitszeit des Klägers beruht auf einer Kapazitätsverlagerung vom Flughafen Frankfurt am Main zum Flughafen Köln/Bonn. Damit bestand kein Bedarf mehr, die „post-flight“ Abfertigung am Standort Frankfurt am Main in der Nachtschicht durchzuführen und die Beklagte entschloss sich zur Abschaffung der Dauernachtschicht. Dieser unternehmerischen Entscheidung kommt besonderes Gewicht zu (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 41 f.). Anhaltspunkte dafür, dass eine Beschäftigung des Klägers in der Dauernachtschicht auch bei Umsetzung des unternehmerischen Konzepts möglich gewesen wäre, sind nicht ersichtlich und vom Kläger nicht hinreichend konkret benannt. Dem betrieblichen Interesse der Beklagten, keine Schichtart aufrechterhalten zu müssen, für die es kein betriebliches Bedürfnis gibt, steht auf Seiten des Klägers (alleine) das Interesse gegenüber, weiterhin die mit der Nachtschichtarbeit verbundenen Zuschläge und Zulagen zu verdienen. Darüber hinausgehende Umstände oder schutzwürdige Belange hat er nicht aufgezeigt. Dabei ist zu beachten, dass die streitgegenständlichen Zuschläge und Zulagen besondere Erschwernisse durch Nacht- und Schichtarbeit ausgleichen sollen und diese Erschwernisse mit dem Wegfall der Nachtschicht ebenfalls entfallen. Insgesamt gesehen überwiegen daher erkennbar die Interessen der Beklagten an der vorgenommenen Weisung.

33

II. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Thiel    

        

    Schumann    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. April 2011 - 10 Sa 930/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechnung der künftigen Bankrente des Klägers sowie über die Rückzahlung von Mehraufwendungen für die Sonderausstattung eines Dienstwagens.

2

Der im Februar 1963 geborene Kläger stand vom 1. April 1990 bis zum 31. Dezember 2008 mit der Beklagten, einer Leasinggesellschaft und Spezialbank für Objektfinanzierung, und ihrer Rechtsvorgängerin - der D AG - in einem Arbeitsverhältnis. Nach Ziff. 4 seines Arbeitsvertrags vom 29. März/5. April 1990 sind ua. die Versorgungsordnung und die Betriebsvereinbarungen der Bank in ihren jeweils geltenden Fassungen Bestandteile dieses Vertrags.

3

Bei der D AG galt seit dem 1. Januar 1989 eine im Januar 1990 geschlossene Betriebsvereinbarung über die Einführung einer Versorgungsordnung (BV Versorgung). In dieser war ua. Folgendes geregelt:

        

1.1   

Geltungsbereich

        

1.1.1 

Die D AG gibt ihren Betriebsangehörigen sowie deren Hinterbliebenen Versorgungszusagen gemäß den Bestimmungen dieser Versorgungsordnung.

        

…       

        
        

1.3     

Leistungsvoraussetzungen

        

1.3.1 

Die/der Betriebszugehörige erhält mit Versetzung in den Ruhestand eine Bankrente; …

        

…       

        
                          
        

1.4     

Pensionsfähiges Jahresgehalt

        

1.4.1 

Grundlage für die Berechnung der Bankrenten ist das 12-fache des durchschnittlich in den letzten 12 Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogenen tariflichen oder außertariflichen Bruttomonatsgehaltes einschließlich Funktions- und übertariflicher Zulagen, nachstehend pensionsfähiges Jahresgehalt genannt. Kinderzulagen und sonstige Zulagen/Vergütungen bleiben unberücksichtigt.

        

…       

        
        

1.7.   

Limitierung und Mindestbankrente

        

1.7.1 

Bankrenten … werden nur insoweit gewährt, als die Bruttogesamtversorgung bei Eintritt des Versorgungsfalles bei 10 anrechnungsfähigen Dienstjahren 85 % des fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommens nicht übersteigt. Dieser Satz erhöht sich mit jedem weiteren anrechnungsfähigen Dienstjahr um 0,5 % auf maximal 100 %.

        

…       

        
        

1.7.3 

Die Bruttogesamtversorgung setzt sich zusammen aus nachstehenden jährlichen Ansprüchen aus eigenen Anwartschaften:

                 

a)    

Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. …

                 

b)    

Versorgungsleistungen des BVV aus der Pflichtversicherung.

                 

…       

        
                 

e)    

Bankrente nach dieser Versorgungsordnung.

        

…       

                 
        

1.7.7 

Für die Berechnung des fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommens wird das pensionsfähige Jahresgehalt gemäß Ziffer 1.4 sowie die zuletzt vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogene tarifliche Sonderzahlung (bei Tarifgehältern) bzw. die von der Bank garantierte Abschluß- und Weihnachtsgratifikation (bei außertariflichen Gehältern) zugrunde gelegt.

        

…“    

        
4

Der Kläger wurde ab dem Jahr 1995 von der D AG außertariflich vergütet. Er erhielt - wie sämtliche Vertriebsmitarbeiter - jährlich eine Abschluss- und eine Weihnachtsgratifikation. Die Abschlussgratifikation bestand aus einem garantierten Betrag in Höhe eines Monatsgehalts und einer zusätzlichen Vergütung, die unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank individuell nach Leistungsgesichtspunkten jährlich neu festgesetzt wurde. Die Weihnachtsgratifikation betrug ein Monatsgehalt.

5

Die D AG schloss am 30. Oktober 1998 mit ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über ein neues Vergütungssystem für die Mitarbeiter im Vertrieb (BV Vergütung). In dieser heißt es auszugsweise:

        

Persönlicher/räumlicher Geltungsbereich

        

Das neue Vergütungssystem findet ab 01. Januar 1998 Anwendung auf die Mitarbeiter im Vertrieb (Betreuer und Filialleiter), …

        

1.    

Funktionen und Zielgrößen

        

1.1     

Für Mitarbeiter im Vertrieb mit gleichem Anforderungsprofil werden Zielgehälter gebildet. …

        

1.2     

Das Zielgehalt setzt sich aus einem fixen und einem variablen Bestandteil zusammen. Das fixe Grundgehalt beträgt 80 % des Zielgehalts, der variable Zielbonus (Bonus bei Erreichen der Zielvereinbarung …) 20 % des Zielgehalts.

        

…       

        
        

7.    

Berichtswesen und Auszahlungsmodus

        

…       

        
        

7.3     

Ein nach dem neuen System entlohnter Mitarbeiter erhält das Grundgehalt in 12 Teilbeträgen. Zusätzlich zum Grundgehalt werden im gleichen Auszahlungsmodus 50 % des Zielbonus über das Jahr verteilt als monatliche Abschlagszahlung geleistet. …

        

7.4     

Die Endabrechnung erfolgt einmal jährlich im April des Folgejahres.“

6

Der Kläger schloss mit der D AG am 26. März/29. April 2008 einen neuen Arbeitsvertrag sowie eine Vereinbarung „Incentive 2008“. Der Arbeitsvertrag hat ua. folgenden Inhalt:

        

1.    

Vertragsbeginn/Tätigkeit

                 

Der Mitarbeiter wird mit Wirkung vom 1. Januar 2008 als Filialleiter weiterbeschäftigt.

                 

…       

        

2.    

Bezüge

                 

a.)     

Gehalt

                 

Der Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein Bruttojahresgrundgehalt in Höhe von

                 

75.000,00 Euro.

                 

Darüber hinaus wird dem Mitarbeiter derzeit ein Zuschlag für die jeweils gültige Filialstruktur gezahlt (Anlage A). …

                 

Das Bruttojahresgrundgehalt zzgl. Zuschlag wird in zwölf gleichen monatlichen Zahlungen jeweils zum 15. eines Monats bargeldlos gezahlt.

                 

…       

                 

b.)     

Variable Vergütung

                 

Der Mitarbeiter nimmt darüber hinaus am variablen Vergütungssystem teil. …

                 

c.)     

Vermögensbildende Leistung

                 

Eine vermögensbildende Leistung, die in ihrer Höhe den vermögenswirksamen Leistungen des für das private Bankgewerbe geltenden Tarifvertrages entspricht.“

7

In der Vereinbarung „Incentive 2008“ ist ua. Folgendes bestimmt:

        

2.    

Senior 3 Incentive 2008

                 

Um die Einführung der neuen Karrierestufe Senior 3 zu unterstützen, wird dem Filialleiter in 2008 ein Zuschlag in Höhe von 4.000,00 € Brutto p.a. pro Senior 3 gezahlt.

                 

Der Zuschlag ist ein Bruttozuschlag und wird in zwölf gleichen monatlichen Zahlungen jeweils zum 15. eines Monats bargeldlos gezahlt. Der Zuschlag wird spätestens im März des Geschäftsjahres in dem der Incentive gültig ist errechnet und rückwirkend zum 1. Januar des Geschäftsjahres umgesetzt.“

8

Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin stellte Mitarbeitern in Führungspositionen oder solchen Mitarbeitern, die zur Ausübung ihrer Tätigkeit ein Fahrzeug benötigten, auf der Grundlage einer „Autoordnung“ einen Dienstwagen zur Verfügung, den sie auch privat nutzen durften. Die Leasingkosten für den Dienstwagen wurden bis zur Höhe einer festgelegten Referenzrate von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin übernommen. Überstiegen die monatlichen Leasingraten aufgrund der zusätzlichen Sonderausstattung des von den Mitarbeitern bestellten Wagens die festgelegte Referenzrate, hatten die Mitarbeiter die sich ergebende Kostendifferenz durch Zahlung eines Einmalbetrags zu Beginn der Überlassung zu tragen.

9

Dem Kläger stand ab Januar 2008 ein - auch privat nutzbarer - Dienstwagen zur Verfügung. Der Leasingvertrag für den vom Kläger bestellten Dienstwagen hatte eine Laufzeit von drei Jahren und sah die Zahlung von insgesamt 36 Monatsraten vor. Aufgrund der zusätzlichen Sonderausstattung des Wagens überstiegen die monatlichen Leasingraten die festgelegte Referenzrate. Der Kläger zahlte der D AG am 1. Februar 2008 die sich ergebende Gesamtdifferenz zwischen den monatlichen Leasingraten und den Referenzraten iHv. 5.591,05 Euro.

10

Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19. Mai 2008 zum 31. Dezember 2008. Mit Schreiben vom 27. August 2008 kündigte die D AG das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich. Im Rahmen der hiergegen vom Kläger erhobenen Kündigungsschutzklage schlossen der Kläger und die D AG einen Vergleich, der durch Beschluss des Arbeitsgerichts nach § 278 Abs. 6 ZPO am 10. Februar 2009 festgestellt wurde. Der Vergleich lautet auszugsweise:

        

„1.     

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat am 31.12.2008 (‚Rechtlicher Beendigungszeitpunkt‘) aufgrund arbeitnehmerseitiger Kündigung geendet. ...

        

2.    

Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis vorbehaltlich abweichender Regelungen in diesem Vergleich, soweit noch nicht geschehen, bis zum 17.11.2008, 24:00 Uhr (‚Tatsächlicher Beendigungszeitpunkt‘), ab. Weitere Vergütungsansprüche bestehen mit Ausnahme des in Ziffer 4 dieses Vergleiches geregelten Anspruchs auf variable Vergütung nicht.

                 

...     

        

3.    

Der Kläger hat für die Nutzung eines Dienstwagens entsprechend der einschlägigen Dienstwagenregelung der Beklagten und zur Abgeltung eines durch die Nutzung über seine vertraglichen Rechte hinaus entstandenen Mehraufwandes eine Einmalzahlung an die Beklagte in Höhe von 5.591,05 EUR (…) geleistet. Der Kläger hat den Dienstwagen am 17.11.2008 zurückgegeben. Die Beklagte erstattet an den Kläger den anteiligen seitens des Klägers gezahlten Mehrbetrag für den Zeitraum zwischen tatsächlicher Rückgabe des Dienstwagens und dem Rechtlichen Beendigungszeitpunkt.

        

...     

        
        

5.    

Für die Zwecke der betrieblichen Altersversorgung ist der Rechtliche Beendigungszeitpunkt maßgeblich.

        

…“    

        
11

Das Arbeitsverhältnis des Klägers war aufgrund eines Betriebsübergangs zum 31. August 2008 auf die Beklagte übergegangen. Diese zahlte auf der Grundlage von Nr. 3 Satz 3 des Vergleichs an den Kläger 698,88 Euro.

12

Der Kläger erhielt von der Beklagten neben seinem Grundgehalt zuletzt monatlich einen Abschlag auf den Zielbonus nach der BV Vergütung iHv. 830,00 Euro brutto, einen Zuschlag für die gültige Filialstruktur 2008 iHv. 1.250,00 Euro brutto, einen Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ iHv. 1.000,00 Euro brutto sowie vermögenswirksame Leistungen iHv. 39,88 Euro. Für die Versteuerung des geldwerten Vorteils der privaten Nutzung des Dienstwagens setzte die Beklagte monatlich 915,20 Euro brutto an. Darüber hinaus gewährte die Beklagte dem Kläger für das Kalenderjahr 2008 - zuzüglich zu den schon erfolgten Abschlagszahlungen - einen Zielbonus iHv. 73.758,88 Euro.

13

Im März 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich seine Bankrente bei einem Rentenbeginn mit Vollendung des 65. Lebensjahres auf 438,00 Euro belaufe. Der Berechnung legte die Beklagte lediglich das Bruttojahresgrundgehalt des Klägers iHv. 75.000,00 Euro zugrunde.

14

Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass bei dem für die Berechnung seiner künftigen Bankrente maßgeblichen pensionsfähigen Jahresgehalt weitere Vergütungsbestandteile sowie Sachbezüge zu berücksichtigen sind. Zudem hat er von der Beklagten eine weitergehende Rückzahlung des vom ihm getragenen Mehraufwands für die Sonderausstattung seines Dienstwagens verlangt.

15

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zu dem pensionsfähigen Jahresgehalt zählten nicht nur sein Grundgehalt, sondern auch der Zuschlag für die gültige Filialstruktur, die Abschlagszahlungen auf den Zielbonus, der Zielbonus, der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“, der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung des Dienstwagens sowie die vermögenswirksamen Leistungen. Der Begriff „Bruttomonatsgehalt“ iSd. BV Versorgung erfasse alle innerhalb des letzten Jahres vor dem Ausscheiden bezogenen Entgeltbestandteile. Nach einer Auskunft des ehemaligen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden G seien bis zur Einführung des neuen Vergütungssystems bei der Berechnung der Betriebsrenten das als garantierter Teil der Abschlussgratifikation gezahlte 13. Monatsgehalt und das als Weihnachtsgratifikation geleistete 14. Monatsgehalt sowie die Sachbezüge und die vermögenswirksamen Leistungen von der Beklagten stets berücksichtigt worden. Durch die vorbehaltlose Auszahlung des Abschlags auf den Zielbonus seit der Einführung des neuen Vergütungssystems im Jahr 1998 sei für ihn ein Anspruch auf diesen Vergütungsbestandteil aus betrieblicher Übung entstanden. Bereits deshalb zähle dieser zum Bruttomonatsgehalt iSd. BV Versorgung. Bei dem Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ und dem geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Dienstwagens handle es sich um Funktionszulagen iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Ein Anspruch auf Berücksichtigung aller Vergütungsbestandteile ergebe sich zudem aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte berücksichtige bei der Berechnung der Betriebsrenten der ehemaligen Arbeitnehmer T und G auch die variablen Vergütungsbestandteile und die Sachbezüge. Es bestehe kein sachlicher Grund, in seinem Fall eine andere Berechnung vorzunehmen. Die Beklagte habe nicht in ausreichendem Maße dargelegt, dass mit den Arbeitnehmern T und G individuelle Sondervereinbarungen getroffen wurden.

16

Die Beklagte sei verpflichtet, den von ihm geleisteten Mehraufwand für die Sonderausstattung seines Dienstwagens für die gesamte Laufzeit des Leasingvertrags, in der er den Dienstwagen nicht habe nutzen können, zurückzuzahlen. Die Beklagte sei insoweit ungerechtfertigt bereichert. Der Vergleich vom 10. Februar 2009 stehe dem nicht entgegen. Dieser beziehe sich nur auf die Zeit bis zu seinem Ausscheiden am 31. Dezember 2008.

17

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das entsprechend Ziff. 1.4.1 der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung für die Betriebsangehörigen der D AG in der Fassung von Januar 1990 (rückwirkend in Kraft getreten am 1. Januar 1989) als Grundlage für die Berechnung der Bankrente des Klägers dienende „pensionsfähige Jahresgehalt“ insgesamt 197.179,84 Euro beträgt und neben dem „Grundgehalt“ in Höhe von 75.000,00 Euro auch den Zuschlag für die Einordnung seiner Filiale in die Filialstufe Premiumfiliale in Höhe von 15.000,00 Euro, den geldwerten Vorteil der privaten Nutzung des Dienstwagens in Höhe von 10.982,40 Euro, vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 478,56 Euro, Abschlagszahlungen auf den Zielbonus in Höhe von 9.960,00 Euro, den variablen Bonus im Sinne der Betriebsvereinbarung „Vergütungssystem des Vertriebs der D“ vom 30. Oktober 1998 in Höhe von 73.758,88 Euro sowie die vom Kläger erhaltene „Senior 3 Incentive Zulage“ in Höhe von 12.000,00 Euro einschließt,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.183,89 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. April 2009 zu zahlen.

18

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

19

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das als Grundlage für die Berechnung der Bankrente des Klägers dienende „pensionsfähige Jahresgehalt“ neben dem „Grundgehalt“ den Zuschlag für die Einordnung seiner Filiale in die Filialstufe „Premiumfiliale“ einschließt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht haben die Parteien am 11. Februar 2011 folgenden Teilvergleich geschlossen:

        

I.    

        

Die Parteien sind sich einig, dass in das entsprechend Ziffer 1.4.1 der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung für die Betriebsangehörigen der D AG in der Fassung von Januar 1990 (rückwirkend in Kraft getreten am 01.01.1989) als Grundlage für die Berechnung der Bankrente des Klägers dienende ‚pensionsfähige Jahresgehalt‘ das ‚Grundgehalt‘ mit € 75.000,-- (…) und der Zuschlag für die Einordnung der Filiale des Klägers in die Filialstufe ‚Premiumfiliale‘ mit einem Betrag von € 13.125,-- (...) einfließt.

        

…“    

20

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage - soweit sie in die Revision gelangt ist - zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Berechnung der künftigen Bankrente des Klägers ein pensionsfähiges Jahresgehalt von mehr als 88.125,00 Euro zugrunde zu legen. Der Kläger kann von der Beklagten auch keine weitere Rückzahlung des von ihm geleisteten Mehraufwands für die Sonderausstattung seines Dienstwagens iHv. 3.183,89 Euro verlangen.

22

I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Feststellungsantrag.

23

1. Der Feststellungsantrag bedarf allerdings der Auslegung. Diese ergibt, dass der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, bei der Berechnung der Höhe seiner Bankrente nicht lediglich ein pensionsfähiges Jahresgehalt iHv. 88.125,00 Euro, sondern in Höhe weiterer 109.054,84 Euro, mithin insgesamt 197.179,84 Euro zugrunde zu legen. Die Parteien haben in dem am 11. Februar 2011 vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Teilvergleich Einigkeit erzielt, dass jedenfalls das Grundgehalt des Klägers iHv. 75.000,00 Euro und der Zuschlag für die Filialstruktur 2008 iHv. 13.125,00 Euro in die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts einfließen. Damit steht zwischen den Parteien außer Streit, dass das für die Berechnung der Höhe der Bankrente des Klägers maßgebliche pensionsfähige Jahresgehalt zumindest 88.125,00 Euro beträgt. Der Antrag zu 1. zielt daher ersichtlich nur noch auf die Feststellung ab, dass als pensionsfähiges Jahresgehalt des Klägers nicht lediglich ein Betrag iHv. 88.125,00 Euro, sondern ein weiterer Betrag iHv. 109.054,84 Euro, mithin insgesamt ein Betrag iHv. 197.179,84 Euro zugrunde zu legen ist.

24

2. Der so verstandene Feststellungsantrag ist zulässig.

25

a) Der Antrag richtet sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO. Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 17; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 19). Dies ist vorliegend gegeben. Der Feststellungsantrag betrifft die Berechnung der Bankrente des Klägers. Damit geht es um die Klärung des Umfangs der Leistungspflicht der Beklagten.

26

b) An der Feststellung besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse. Es ist unerheblich, dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist. Da die Beklagte die vom Kläger geltend gemachte Berechnungsgrundlage für die Bankrente bestreitet, ist das betriebsrentenrechtliche Rechtsverhältnis durch eine tatsächliche Unsicherheit gefährdet. Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, erst nach Eintritt des Versorgungsfalls einen Rechtsstreit gegen seinen Arbeitgeber über Inhalt und Umfang seiner Versorgungsrechte zu führen. Die Parteien haben ein rechtliches Interesse daran, Meinungsverschiedenheiten über den Bestand und die Ausgestaltung der Versorgungsrechte möglichst vor Eintritt des Versorgungsfalls klären zu lassen (vgl. etwa BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 18).

27

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei der Berechnung seiner Bankrente nicht lediglich ein pensionsfähiges Jahresgehalt iHv. 88.125,00 Euro, sondern in Höhe weiterer 109.054,84 Euro, mithin insgesamt 197.179,84 Euro zugrunde legt. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, an den Kläger eine weitere Rückzahlung des von ihm getragenen Mehraufwands für die Sonderausstattung seines Dienstwagens iHv. 3.183,89 Euro zu leisten.

28

1. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei der Berechnung seiner künftigen Bankrente ein pensionsfähiges Jahresgehalt von mehr als 88.125,00 Euro zugrunde legt. Nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung fließen der variable Bonus - Zielbonus - iSd. BV Vergütung, die Abschlagszahlungen auf den Zielbonus, der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ sowie die vermögenswirksamen Leistungen und der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Dienstwagens nicht in die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts ein. Die Beklagte ist auch nicht gehalten, den Zuschlag Filialstruktur 2008 bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts mit einem über den im Teilvergleich vom 11. Februar 2011 vereinbarten Betrag hinausgehenden Wert zu berücksichtigen.

29

a) Die Auslegung von Nr. 1.4.1 BV Versorgung ergibt, dass der Zielbonus einschließlich der darauf geleisteten Abschläge, der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“, die vermögenswirksamen Leistungen und der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Dienstwagens bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts außer Ansatz bleiben.

30

aa) Die BV Versorgung ist als Betriebsvereinbarung nach den für Gesetze und für Tarifverträge geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. etwa BAG 9. Oktober 2012 - 3 AZR 539/10 - Rn. 21; 14. Dezember 2010 - 3 AZR 939/08 - Rn. 18 mwN).

31

bb) Bereits der Wortlaut von Nr. 1.4.1 BV Versorgung spricht dafür, dass nicht alle innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Ausscheiden vom Kläger bezogenen Vergütungsbestandteile in die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts einfließen.

32

Nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung dient als Grundlage für die Berechnung der Bankrente das Zwölffache des durchschnittlich in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogenen tariflichen oder außertariflichen Bruttomonatsgehalts einschließlich etwaiger Funktions- und übertariflicher Zulagen. Die BV Versorgung definiert nicht ausdrücklich, was unter dem „Bruttomonatsgehalt“ zu verstehen ist. Sie bestimmt lediglich, dass zum Bruttomonatsgehalt Funktions- und übertarifliche Zulagen gehören, während Kinderzulagen sowie „sonstige Zulagen/Vergütungen“ nicht zu berücksichtigen sind. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch umfasst das Bruttomonatsgehalt nur Geldleistungen, nicht aber geldwerte Vorteile und Sachleistungen (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 22; 14. August 1990 - 3 AZR 321/89 - zu 5 a der Gründe). Auch aus dem Wortbestandteil „Brutto“ folgt nicht, dass alle zu versteuernden Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen sind. Damit wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass beim ruhegeldfähigen Monatsgehalt die Steuern und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht abgezogen werden (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 22 mwN). Die Verknüpfung des Wortbestandteils „Brutto“ mit dem weiteren Wortbestandteil „Monatsgehalt“ lässt zudem den Schluss darauf zu, dass mit Bruttomonatsgehalt nicht alle Einnahmen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis gemeint sind. Der Begriff Bruttomonatsgehalt bezieht sich auf die Zahlungsweise und den Abrechnungszeitraum (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 23; 19. November 2002 - 3 AZR 561/01 - zu I 1 der Gründe). Zwar ist für die Berechnung der Bankrente nicht das zuletzt vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogene Monatsgehalt maßgeblich; vielmehr kommt es nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung auf das durchschnittlich in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalls erzielte Bruttomonatsgehalt einschließlich bestimmter Zulagen an. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich aus der erforderlichen Durchschnittsberechnung allerdings nicht ableiten, dass damit auch alle im Referenzzeitraum gezahlten sonstigen Entgeltbestandteile vom Begriff des Bruttomonatsgehalts erfasst werden. Hätte dies geregelt werden sollen, hätte es nahegelegen, nicht auf den zwölffachen Betrag des durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts in den letzten zwölf Monaten abzustellen, sondern auf das in den letzten zwölf Monaten erzielte Entgelt. Mit der Anknüpfung an das Bruttomonatsgehalt haben die Betriebspartner daher zum Ausdruck gebracht, dass lediglich die monatsbezogenen Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen sind.

33

cc) Auch aus dem Regelungszusammenhang und der Systematik der Versorgungsbestimmungen ergibt sich, dass das „Bruttomonatsgehalt“ nicht dasjenige Arbeitsentgelt meint, das dem Mitarbeiter im Durchschnitt monatlich im Referenzzeitraum gezahlt wurde. Vielmehr muss es sich um Arbeitsentgelt handeln, das der Mitarbeiter für einen Monat und damit bezogen auf den Abrechnungszeitraum eines Monats erhalten hat.

34

(1) Die Betriebsparteien haben in der BV Versorgung zwischen dem pensionsfähigen Jahresgehalt (Nr. 1.4.1) und dem fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommen (Nr. 1.7.1) unterschieden. Aus dem fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommen leitet sich die Versorgungsobergrenze ab. Für die Berechnung des fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommens sind nach Nr. 1.7.7 BV Versorgung das pensionsfähige Jahresgehalt gemäß Nr. 1.4 und die zuletzt vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogene tarifliche Sonderzahlung (bei Tarifgehältern) bzw. die von der Bank garantierte Abschluss- und Weihnachtsgratifikation (bei außertariflichen Gehältern) zugrunde zu legen. Hieraus folgt, dass die Vergütungsbestandteile Sonderzahlung sowie garantierte Abschluss- und Weihnachtsgratifikation nicht zum pensionsfähigen Jahresgehalt und damit auch nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung gehören. Bei der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vor Inkrafttreten der BV Vergütung gezahlten Abschluss- und Weihnachtsgratifikation handelte es sich um Einmalzahlungen, die nicht auf den Monat, sondern auf das Jahr bezogen zu zahlen waren. Gleiches galt für die tarifliche Sonderzahlung. Nach § 10 Abs. 1 des bei Abschluss der BV Versorgung geltenden Manteltarifvertrags für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken vom 24. August 1978 (idF des am 15. November 1989 in Kraft getretenen Änderungstarifvertrags vom 15. November 1989) hatten die Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass die betrieblichen Sonderzahlungen in einem Kalenderjahr 100 % des monatlichen Tarifgehalts zuzüglich aller tariflichen Zulagen und Wechselschichtzulagen nicht unterschreiten. Auch diese Vorgaben bezogen sich damit auf das gesamte Jahr und nicht auf den Monat. Nach der Regelungssystematik der BV Versorgung sind die Betriebsparteien daher ersichtlich davon ausgegangen, dass diese jahresbezogenen Vergütungsbestandteile nicht unter den Begriff des Bruttomonatsgehalts iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung fallen, sondern dass es sich beim Bruttomonatsgehalt nur um solche Zahlungen handelt, die der Arbeitnehmer bezogen auf den Abrechnungszeitraum eines Monats erhält. Die BV Versorgung geht damit nicht von einem Jahresgesamtverdienst aus, um einen Durchschnittsverdienst im Monat zu berechnen. Dadurch unterscheidet sich die vorliegende Versorgungsordnung von den Versorgungsbestimmungen, die den vom Kläger angezogenen Entscheidungen des Senats vom 19. Januar 2011 (- 3 AZR 6/09 -) und vom 21. August 2001 (- 3 AZR 746/00 -) zugrunde lagen. Dort stellten die Versorgungsregelungen für die Berechnung der Betriebsrenten auf das im Durchschnitt innerhalb eines festgelegten Referenzzeitraums monatlich verdiente Entgelt ab. Deshalb waren alle in den Referenzzeitraum fallenden Entgeltbestandteile zu berücksichtigen.

35

(2) Auch die Regelung in Nr. 1.4.1 Satz 2 BV Versorgung zeigt, dass nicht alle Vergütungsbestandteile zum pensionsfähigen Jahresgehalt zählen. Nach dieser Bestimmung bleiben mit Ausnahme der Funktionszulagen und der übertariflichen Zulagen „sonstige Zulagen/Vergütungen“ bei der Bemessung des pensionsfähigen Jahresgehalts unberücksichtigt. Die mit dem weiten Begriff der „sonstigen Vergütungen“ zum Ausdruck gebrachte ausdrückliche Herausnahme aller nicht in Nr. 1.4.1 Satz 1 BV Versorgung aufgeführten Entgeltbestandteile verdeutlicht, dass trotz des Abstellens auf einen Referenzzeitraum nach den Vorstellungen der Betriebsparteien gerade nicht alle während dieses Zeitraums anfallenden variablen oder einmalig gezahlten Vergütungsbestandteile unter den Begriff des „Bruttomonatsgehalts“ fallen.

36

dd) Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigt auch der Zweck der mit der BV Versorgung zugesagten betrieblichen Altersversorgung kein weitergehendes Verständnis des „Bruttomonatsgehalts“. Die Frage, inwieweit eine Versorgungszusage den bisherigen Lebensstandard sichern will, hängt vor allem davon ab, welche Vergütungsbestandteile nach der konkreten Versorgungsordnung als versorgungsfähig bezeichnet werden. Das Versorgungsziel ist keine vorgegebene Größe, sondern ergibt sich erst durch Auslegung, bei der Wortlaut und Systematik im Vordergrund stehen (BAG 19. November 2002 - 3 AZR 561/01 - zu I 3 a der Gründe).

37

b) Danach bleiben der Zielbonus einschließlich der darauf geleisteten Abschläge sowie der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ außer Ansatz. Auch die monatlichen vermögenswirksamen Leistungen und der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens zählen nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. BV Versorgung.

38

aa) Der variable Zielbonus nach Nr. 1.2 BV Vergütung ist kein monatlich zu zahlender Gehaltsbestandteil. Er wird vielmehr auf das Jahr bezogen ermittelt (vgl. Nr. 7.4 BV Vergütung). Entgegen der Auffassung des Klägers ist wegen des Inkrafttretens der BV Vergütung keine andere Beurteilung geboten. Auch die früher von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gewährten Gratifikationen, die durch den Zielbonus ersetzt wurden, waren - wie Nr. 1.7.7 BV Versorgung zeigt - nicht Teil des Bruttomonatsgehalts iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung, da sie nicht auf den Monat, sondern auf das Jahr bezogen zu zahlen waren (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 27).

39

bb) Die auf den Zielbonus gewährte monatliche Abschlagszahlung ist ebenfalls nicht Teil des Bruttomonatsgehalts. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte berechtigt ist, ggf. zu viel geleistete Abschlagszahlungen zurückzufordern. Die Abschlagszahlungen erfolgen zwar monatlich. Es handelt sich aber um Abschläge auf den Zielbonus, der jahresbezogen gewährt wird. Damit sind auch die Abschlagszahlungen Teil einer jahresbezogenen Leistung (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 27). Die Zahlung der Abschläge auf den Zielbonus wurde auch durch die wiederholte monatliche Gewährung nicht im Wege der betrieblichen Übung zum Teil des Bruttomonatsgehalts iSd. Versorgungsordnung. Die Zahlung der Abschläge erfolgte auf der Grundlage von Nr. 7.3 Satz 2 BV Vergütung. Dies steht der Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung entgegen. Eine betriebliche Übung scheidet als Anspruchsgrundlage aus, wenn für den Anspruch eine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage besteht (vgl. etwa BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO; 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29).

40

cc) Der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ bleibt gleichfalls außer Ansatz. Nach Nr. 2 der Vereinbarung „Incentive 2008“ wird der Zuschlag auf das Jahr bezogen ermittelt. Damit zählt er nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Dass der Zuschlag in zwölf gleichen monatlichen Beträgen gezahlt wird, ist unerheblich. Der Zuschlag ist damit kein monatlich zu zahlender Gehaltsbestandteil. Es handelt sich lediglich um Teilbeträge, die auf den jahresbezogen gewährten Zuschlag geleistet werden.

41

Der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ ist entgegen der Ansicht des Klägers auch keine Funktionszulage iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Eine Funktionszulage ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch Arbeitsentgelt für die Verrichtung einer Arbeit in einer bestimmten Funktion (BAG 17. April 1996 - 10 AZR 617/95 - zu II 1 der Gründe; 18. März 2009 - 10 AZR 338/08 - Rn. 15 für die tarifliche Funktionszulage). Der Zuschlag knüpft nicht an die Funktion des Klägers, sondern an den Umstand an, dass in seiner Filiale Mitarbeiter der Hierarchiestufe Senior 3 beschäftigt waren. Nach Nr. 2 der Vereinbarung „Incentive 2008“ sollte die Beschäftigung solcher Mitarbeiter gefördert werden. Dies zeigt auch das englische Wort „Incentive“ (deutsch: Anreiz, Ansporn, vgl. Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik 6. Aufl. Teil I S. 391). Der Zuschlag sollte daher einen Anreiz dafür bieten, Mitarbeiter der Hierarchiestufe Senior 3 in der Filiale zu beschäftigen.

42

dd) Auch die „vermögensbildenden Leistungen“ nach Nr. 2 Buchst. c des Arbeitsvertrags vom 26. März/29. April 2008 zählen nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. BV Versorgung. Zwar werden solche Leistungen typischerweise monatlich gewährt. Vermögenswirksame Leistungen werden jedoch nicht als Bestandteil des Monatsgehalts verstanden, sondern stellen einen weiteren Vergütungsbestandteil dar, der durch das Fünfte Vermögensbildungsgesetz Einschränkungen in seiner konkreten Verwendung unterliegt (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 28), insbesondere muss die Anlage der Beträge durch den Arbeitgeber erfolgen (vgl. § 2 Fünftes Vermögensbildungsgesetz).

43

ee) Der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens bleibt bei der Berechnung der Bankrente ebenfalls außer Ansatz. Der geldwerte Vorteil ist nicht Bestandteil des Bruttomonatsgehalts iSd. BV Versorgung. Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs zur Privatnutzung ist ein Sachbezug und wird deshalb nicht vom Begriff des Bruttomonatsgehalts umfasst (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 29 mwN).

44

Die Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung ist auch keine Funktionszulage iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird unter einer Zulage eine Geldzahlung verstanden, die zweckgebunden zum Ausgleich besonderer Belastungen oder Leistungen dient (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 30). Die Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung fällt hierunter nicht.

45

c) Die Beklagte ist auch nicht aufgrund betrieblicher Übung verpflichtet, über den im Teilvergleich vom 11. Februar 2011 vereinbarten Betrag iHv. 88.125,00 Euro hinaus weitere Vergütungsbestandteile bei der Berechnung der künftigen Bankrente zu berücksichtigen. Der Kläger hat die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung nicht hinreichend dargetan; er hätte dazu eine diese Vergütungsbestandteile einbeziehende Handhabung konkret darlegen müssen. Das Landesarbeitsgericht war nicht verpflichtet, zur Behauptung des Klägers, es habe eine entsprechende betriebliche Übung gegeben, wonach auch jährlich gezahlte Vergütungsbestandteile sowie Sachbezüge und vermögenswirksame Leistungen bei der Berechnung der Bankrente berücksichtigt wurden, Beweis zu erheben. Die insoweit von der Revision erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch.

46

aa) Eine Verfahrensrüge muss nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO im Einzelnen die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend macht. Bei der Rüge einer unterlassenen Beweiserhebung muss bestimmt angegeben werden, über welches Thema Beweis hätte erhoben werden müssen, in welchem Schriftsatz das entsprechende Beweisangebot gemacht worden ist, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 32 mwN). Der angeblich übergangene Beweisantritt muss zudem zulässig sein. Wird ein Beweis angeboten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehlt, und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist der Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO). Gegenüber einem vom Landesarbeitsgericht als unschlüssig oder als nicht hinreichend konkretisiert gewerteten Sachvortrag kann nicht schlicht gerügt werden, es habe einen angebotenen Beweis für diesen nicht erhoben. Ein Beweisantritt kann nicht den Vortrag von Tatsachen ersetzen oder ergänzen (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO). Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO).

47

bb) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass die unter Beweis gestellten Behauptungen des Klägers nicht ausreichend konkretisiert sind. Der Kläger hat keine dem Beweis zugänglichen Tatsachen nach Ort, Zeit und Gesprächsinhalten vorgetragen, zu denen der von ihm benannte Zeuge G hätte befragt werden können. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die Tatsachen zu erforschen, sondern die von der Partei behaupteten Tatsachen durch eine Beweisaufnahme zu überprüfen. Die Behauptung des Klägers, der Zeuge G könne bezeugen, dass bis zur Einführung des neuen Vergütungssystems bei der Berechnung der Betriebsrenten das - als garantierter Teil der Abschlussgratifikation gezahlte - 13. Monatsgehalt und das als Weihnachtsgratifikation geleistete 14. Monatsgehalt sowie die Sachbezüge und die vermögenswirksamen Leistungen stets zur Berechnung der Betriebsrente herangezogen wurden, stellt keinen substantiierten Tatsachenvortrag dar. Der Kläger hätte vielmehr darlegen müssen, bei welchem namentlich bezeichneten Versorgungsempfänger so verfahren worden sein soll. Daran fehlt es. Eine unsubstantiierte, nicht durch Einzeltatsachen belegte allgemeine Behauptung einer Verfahrensweise wird nicht durch einen Beweisantritt zu einem schlüssigen Vortrag (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 33).

48

Soweit der Kläger vorträgt, der Betriebsrat sei - ohne es jedoch besser zu wissen - davon ausgegangen, dass auch nach der Umstellung des Vergütungssystems im Jahre 1998 die Abschlagszahlungen auf den Zielbonus sowie sämtliche Sachbezüge und vermögenswirksamen Leistungen bei der Berechnung der Betriebsrenten berücksichtigt werden würden, ergibt sich aus dieser Behauptung nicht, dass die Beklagte tatsächlich so verfahren ist, sondern nur, dass der Betriebsrat hiervon ausgegangen ist, ohne von dieser Vorgehensweise genaue Kenntnis zu haben. Eine Spekulation des Betriebsrats ist nicht geeignet, die Entstehung einer betrieblichen Übung unter Beweis zu stellen. Deshalb hat das Landesarbeitsgericht zu Recht auch insoweit von einer Beweisaufnahme abgesehen.

49

d) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den ehemaligen Arbeitnehmern G und T.

50

aa) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 36 mwN). Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO).

51

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (st. Rspr., vgl. etwa BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 37 mwN). Stellt der Arbeitgeber hingegen nur einzelne Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen besser, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO).

52

bb) Danach liegt ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vor. Die Beklagte hat lediglich hinsichtlich der Mitarbeiter G und T eine von der BV Versorgung abweichende Berechnung der Ruhestandsbezüge vorgenommen. Nach der Darstellung der Beklagten beruht dies auf individuellen Vereinbarungen, die anlässlich des Ausscheidens mit diesen Arbeitnehmern getroffen wurden. Danach hat die Beklagte lediglich zwei einzelne Arbeitnehmer besser gestellt als die Versorgungsordnung dies vorsieht. Der Kläger hat die Darstellung der Beklagten zwar bestritten. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch rechtsfehlerfrei von einer Beweisaufnahme abgesehen. Der Kläger hat einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht hinreichend dargelegt. Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgt die Berechnung der Bankrente für nahezu 250 Arbeitnehmer, die entweder aktiv beschäftigt oder mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschieden sind oder sich bereits im Ruhestand befinden, auf der Grundlage des Grundgehalts und etwaig gewährter Funktions- und übertariflicher Zulagen. Der Kläger hat aus dieser Gesamtgruppe von Arbeitnehmern lediglich zwei Personen benannt, mit denen andere Regelungen getroffen wurden. Dabei hat der Kläger bereits keinen Vortrag dazu gehalten, dass die Beklagte eine selbst gegebene Regel umgesetzt hat. Er hat letztlich nur darauf abgestellt, dass bei zwei Mitarbeitern eine abweichende Berechnungsweise vorgenommen wurde. Ein abstraktes Differenzierungsmerkmal ist damit nicht erkennbar (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 38 mwN).

53

e) Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, den Zuschlag Filialstruktur 2008 über den im Teilvergleich vom 11. Februar 2011 vereinbarten Betrag von 13.125,00 Euro hinaus iHv. weiteren 1.875,00 Euro bei der Bemessung des pensionsfähigen Jahresgehalts zu berücksichtigen. Aufgrund der materiellrechtlichen Folgen des Vergleichs iSv. § 779 BGB ist es dem Kläger verwehrt, eine über den vereinbarten Betrag hinausgehende Einbeziehung des Zuschlags bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts von der Beklagten zu verlangen. Bedenken an der Wirksamkeit des Teilvergleichs vom 11. Februar 2011 sind weder ersichtlich noch von der Revision geltend gemacht. Nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung ist für die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts auf das in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalls „bezogene“ Bruttomonatsgehalt einschließlich der Funktions- und übertariflichen Zulagen abzustellen. Angesichts der Regelungen in Nr. 2 Satz 2 und Nr. 5 des Vergleichs vom 10. Februar 2009, wonach Vergütungsansprüche des Klägers trotz des bis zum 31. Dezember 2008 fortbestehenden Arbeitsverhältnisses lediglich bis zum 17. November 2008 bestanden, haben die Parteien damit in zulässiger Weise den Streit über die Frage, in welcher Höhe der Zuschlag bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts in Ansatz zu bringen ist, beigelegt. Ob der Zuschlag Filialstruktur 2008 eine Funktionszulage iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung ist, kann daher dahinstehen.

54

2. Die Beklagte schuldet dem Kläger auch nicht die weitere Rückzahlung des vom ihm geleisteten Mehraufwands für die Sonderausstattung des ihm überlassenen Dienstwagens iHv. 3.183,89 Euro. Nach Nr. 3 Satz 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 war die Rechtsvorgängerin der Beklagten verpflichtet, dem Kläger den anteilig gezahlten Mehrbetrag für den Zeitraum zwischen der Rückgabe seines Dienstwagens am 17. November 2008 und dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2008 zu erstatten. Diesen Anspruch hat die Beklagte durch die Zahlung von 698,88 Euro an den Kläger unstreitig erfüllt. Ein weitergehender Rückzahlungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Das Landesarbeitsgericht hat Nr. 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten in Satz 3 der Regelung etwaige sich aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2008 ergebende Rückzahlungsansprüche des Klägers wegen des Mehraufwands für die Sonderausstattung des Dienstwagens abschließend geregelt haben. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB mit seinen Rechten und Pflichten auf die Beklagte übergegangen ist, gilt diese Regelung auch zugunsten der Beklagten.

55

a) Dem Vergleich vom 10. Februar 2009 liegen atypische, individuelle Willenserklärungen zugrunde, deren Auslegung durch das Landesarbeitsgericht vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 - Rn. 23; 22. Juli 2010 - 8 AZR 144/09 - Rn. 18; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 14; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 112/07 - Rn. 18). Das gilt auch für die Auslegung des materiellrechtlichen Inhalts eines als Prozessvergleich geschlossenen Vergleichs (vgl. BAG 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50).

56

b) Danach ist die Auslegung von Nr. 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

57

aa) Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt (BAG 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 - Rn. 22; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 15; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 112/07 - Rn. 19).

58

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, in Nr. 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 sei der Komplex „Einmalzahlung des Klägers für Sonderausstattungen“ vollständig und abschließend geregelt. Dies ergebe sich eindeutig daraus, dass Nr. 3 des Vergleichs ausdrücklich die volle Summe des seinerzeit vom Kläger wegen der von ihm gewünschten Sonderausstattung geleisteten Betrags von 5.591,05 Euro nenne und für diesen Betrag eine in sich abschließende Erstattungsregelung treffe, so dass kein Raum für weitergehende Erstattungsansprüche des Klägers bleibe.

59

cc) Diese Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle stand. Es ist weder ersichtlich noch macht die Revision geltend, dass das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Das Landesarbeitsgericht hat auch keine wesentlichen Tatsachen unberücksichtigt gelassen. Soweit der Kläger eingewendet hat, der Vergleich beinhalte keinen Verzicht auf die Rückerstattung weitergehender Beträge, liegt dieser rechtlichen Schlussfolgerung kein Tatsachenvortrag zugrunde, den das Landesarbeitsgericht hätte berücksichtigen können. Das Landesarbeitsgericht war deshalb nicht verpflichtet, hierüber Beweis zu erheben. Die insoweit von der Revision erhobene Verfahrensrüge greift daher nicht durch.

60

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Schmalz    

        

    Schultz    

                 

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Tenor

1.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 20.11.2014, Az.: 1 Ca 1871/14 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3.Die Revision wird zugelassen.


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Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. April 2014 - 15 Sa 766/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Zusammenhang mit einer Kündigungsschutzklage über die Frage, ob ihr Arbeitsverhältnis über den Ablauf der Vertragslaufzeit eines zum 31. August 2012 befristeten Arbeitsvertrags hinaus verlängert wurde.

2

Die Beklagte betreibt gewerbsmäßig Arbeitnehmerüberlassung. Sie schloss mit dem Kläger unter dem 1. März 2012/12. April 2012 einen zum 31. August 2012 befristeten Arbeitsvertrag. Der Kläger wurde der B D GmbH (im Folgenden D) überlassen und in deren Betrieb in A eingesetzt. Zuvor hatte die Beklagte mit der D die Überlassung des Klägers in einem unbefristeten „Arbeitnehmerüberlassungsvertrag“ vereinbart.

3

Der Kläger arbeitete auch nach dem 31. August 2012 im Betrieb der D. Für den Monat September 2012 erhielt er eine Lohnabrechnung von der M GmbH, einer Subunternehmerin der Beklagten, die über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung verfügt. Ab dem 25. Oktober 2012 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte ließ die ihr übersandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kommentarlos an den Kläger zurückgehen. Nachdem der Kläger den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31. August 2012 hinaus gerichtlich geltend gemacht hatte, erklärte die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. März 2013 vorsorglich eine ordentliche Kündigung.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien habe zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden. Er habe mit dem Objektleiter Ö die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 31. August 2012 hinaus vereinbart. Herr Ö sei zum Abschluss von Arbeitsverträgen für die Beklagte berechtigt. Der Geschäftsführer der Beklagten habe ihn im Betrieb der D als Objektleiter mit Einstellungsbefugnis und Ansprechpartner für Personalangelegenheiten der Beklagten vorgestellt und dies auch gegenüber ihren Mitarbeitern kommuniziert. Herr Ö habe die Zuteilung zu bestimmten Arbeitsbereichen vorgenommen, Vertragsunterlagen und Abrechnungen an die Arbeitnehmer der Beklagten ausgehändigt und die Vergütung ausgezahlt. Er habe zu keiner Zeit zum Ausdruck gebracht, für die M GmbH zu handeln. Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis mit Wissen der Beklagten über den 31. August 2012 hinaus fortgesetzt worden. Die Beklagte habe seine Arbeitsstunden auf der Grundlage des mit der D bestehenden Arbeitnehmerüberlassungsvertrags gegenüber dieser abgerechnet und die vereinbarte Vergütung vereinnahmt. Die Beklagte müsse sich jedenfalls die Kenntnis der D von der Weiterarbeit zurechnen lassen, weil sie diese nicht über die Beendigung des mit ihm bestehenden Arbeitsverhältnisses unterrichtet und sichergestellt habe, dass er seine Tätigkeit bei der D einstelle. Die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Schriftsatzkündigung der Beklagten vom 25. März 2013 nicht aufgelöst ist.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe am 31. August 2012 geendet. Ab dem 1. September 2012 habe der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zur M GmbH gestanden und für diese bei D gearbeitet. Herr Ö sei weder zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen für sie befugt noch als Objektleiter beschäftigt worden. Selbst wenn Herr Ö als Objektleiter für sie aufgetreten wäre und Erklärungen in ihrem Namen abgegeben hätte, sei ihr dieses Verhalten nicht zuzurechnen, da sie hiervon keine Kenntnis gehabt habe.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

9

I. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Revision zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen. Sie setzt sich mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung hinreichend auseinander.

10

1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe.

11

a) Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Revisionsführer muss darlegen, warum er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält (vgl. etwa BAG 9. Dezember 2014 - 1 AZR 146/13 - Rn. 15). Hierzu genügt weder die bloße Wiedergabe des bisherigen Vorbringens (BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 482/12 - Rn. 20) noch eine bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - Rn. 10).

12

b) Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Zudem muss die Kausalität zwischen Verfahrensmangel und Ergebnis des Berufungsurteils dargelegt werden (vgl. BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 16).

13

2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, zwischen den Parteien sei auch dann kein Vertrag über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. September 2012 zustande gekommen, wenn der Kläger eine entsprechende Vereinbarung mit Herrn Ö getroffen habe. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass Herr Ö zum Abschluss von Arbeitsverträgen namens der Beklagten befugt sei, da er nicht vorgetragen habe, wann und unter welchen Umständen wem gegenüber die Vollmacht erteilt worden sei. Das Arbeitsverhältnis sei auch nicht nach § 15 Abs. 5 TzBfG mit Wissen der Beklagten über den 31. August 2012 hinaus fortgesetzt worden. Der Beklagten sei das Wissen des Herrn Ö von der Weiterarbeit des Klägers nicht zuzurechnen. Es komme auch nicht auf die Kenntnis der D von der Fortsetzung der Tätigkeit an, da diese keine zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigte Vertreterin der Beklagten sei. Dagegen erhebt der Kläger sowohl zulässige Verfahrens- als auch Sachrügen. Der Kläger macht geltend, das Landesarbeitsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungslast in Bezug auf die Bevollmächtigung zum Abschluss von Arbeitsverträgen überspannt; sein Vortrag sei auch ohne Darlegung der näheren Umstände der Vollmachtserteilung ausreichend. Ferner rügt er, das Landesarbeitsgericht habe hinsichtlich der Fiktion des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses nach § 15 Abs. 5 TzBfG verkannt, dass dem Arbeitgeber in arbeitsteiligen Organisationen nicht nur das Wissen der zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigten Vertreter, sondern auch das Wissen der mit der Einsatzsteuerung und der Personal- und Finanzbuchhaltung befassten Mitarbeiter von der Fortsetzung der Tätigkeit nach Ablauf der Vertragslaufzeit zugerechnet werden müsse. Dem Verleiher sei auch das Wissen des Entleihers von der Weiterarbeit zuzurechnen, wenn er den Entleiher nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hingewiesen habe. Träfen sie zu, wären die Rügen geeignet, die angefochtene Entscheidung insgesamt in Frage zu stellen.

14

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Kündigungsschutzklage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet, da im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 25. März 2013 zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestand.

15

1. Gegenstand einer Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG ist das Begehren festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die konkrete, mit der Klage angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin nicht aufgelöst worden ist. Die betreffende Feststellung erfordert nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Mit der Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils steht deshalb regelmäßig zugleich fest, dass jedenfalls bei Zugang der Kündigung ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat, das nicht zuvor durch andere Ereignisse aufgelöst worden ist (BAG 20. März 2014 - 2 AZR 1071/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 147, 358). Daher kann einer Kündigungsschutzklage nur stattgegeben werden, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht bereits durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst ist (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 738/11 - Rn. 9).

16

2. Bei Zugang der Kündigung der Beklagten vom 25. März 2013 bestand zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund Befristung am 31. August 2012 geendet. Die Parteien haben weder einen Arbeitsvertrag für die Zeit ab dem 1. September 2012 geschlossen, noch gilt ihr Arbeitsverhältnis gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG als auf unbestimmte Zeit verlängert.

17

a) Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 1. März 2012/12. April 2012 vereinbarten Befristung am 31. August 2012 geendet. Der Kläger hat die Befristung nicht mit einer Befristungskontrollklage angegriffen und macht die Unwirksamkeit der Befristung nicht geltend.

18

b) Zwischen den Parteien ist kein Arbeitsvertrag für die Zeit ab dem 1. September 2012 zustande gekommen. Dabei kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass er seinem Vortrag zufolge mit Herrn Ö die Fortsetzung des mit der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses vereinbart hat. Herr Ö war nicht zum Abschluss von Arbeitsverträgen für die Beklagte bevollmächtigt. Die Beklagte muss sich das Handeln des Herrn Ö auch nicht nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zurechnen lassen.

19

aa) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass Herr Ö zum Abschluss von Arbeitsverträgen für die Beklagte berechtigt war.

20

(1) Das Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger mit seiner Behauptung, der Geschäftsführer der Beklagten habe Herrn Ö im Betrieb der D als Objektleiter mit Einstellungsbefugnis vorgestellt und dies auch gegenüber Mitarbeitern der Beklagten kommuniziert, eine Bevollmächtigung des Herrn Ö nicht substantiiert dargelegt hat.

21

(a) Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person als entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (BAG 7. Juli 2015 - 10 AZR 416/14 - Rn. 29, BAGE 152, 108; 3. August 2005 - 10 AZR 585/04 - zu II b der Gründe; BGH 23. Juni 2016 - III ZR 308/15 - Rn. 18). Eine Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen darf nur dann abgelehnt werden, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie „ins Blaue hinein“ aufgestellt, mithin aus der Luft gegriffen ist, und sich somit als Rechtsmissbrauch darstellt (vgl. BAG 10. September 2014 - 10 AZR 959/13 - Rn. 29, BAGE 149, 84; BGH 23. Juni 2016 - III ZR 308/15 - Rn. 18).

22

(b) Der Vortrag des Klägers zur Bevollmächtigung des Herrn Ö genügt nicht den Anforderungen an die Substantiierung. Der Kläger hat nicht konkret vorgetragen, wem gegenüber die behaupteten Erklärungen abgegeben worden sein sollen. Damit kann die Erheblichkeit seiner Behauptung nicht beurteilt werden. Nach § 167 Abs. 1 BGB erfolgt die Erteilung der Vollmacht durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll. Der Kläger hat weder vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Vollmacht durch Erklärung gegenüber Herrn Ö erteilt hat, noch hat er vorgetragen, die Vollmachtserteilung sei ihm gegenüber erklärt worden. Soweit er behauptet hat, der Geschäftsführer der Beklagten habe Herrn Ö im Betrieb der D als Objektleiter mit Einstellungsbefugnis vorgestellt, ergibt sich daraus nicht, dass diese Erklärung in Anwesenheit des Herrn Ö abgegeben wurde. Mit der Behauptung, die Vollmachtserteilung sei gegenüber Mitarbeitern der Beklagten kommuniziert worden, hat der Kläger nicht vorgetragen, die Erklärung sei ihm gegenüber abgegeben worden.

23

(2) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass auch die weiteren Behauptungen des Klägers zu den Aufgaben des Herrn Ö nicht die Annahme rechtfertigen, dieser sei zum Abschluss von Arbeitsverträgen für die Beklagte befugt. Die Funktion als Objektleiter und Ansprechpartner in Personalangelegenheiten ist nicht notwendig mit dem Recht zum Abschluss von Arbeitsverträgen verbunden. Die Befugnis, die Einsatzbereiche der Arbeitnehmer festzulegen, lässt ebenfalls nicht auf das Recht zum Abschluss von Arbeitsverträgen schließen. Gleiches gilt für die behauptete Zuständigkeit zur Aushändigung von Vertragsunterlagen und Abrechnungen sowie zur Auszahlung der Vergütung. Diese Aufgaben kann ein Bote wahrnehmen.

24

bb) Die Beklagte muss sich das Handeln des Herrn Ö auch nicht nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht zurechnen lassen.

25

(1) Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt, und der Geschäftspartner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde zu den vorgenommenen Erklärungen bevollmächtigt ist (BGH 22. Juli 2014 - VIII ZR 313/13 - Rn. 26, BGHZ 202, 158; 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04 - Rn. 19). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Beklagten von dem - behaupteten - Auftreten des Herrn Ö im Namen der Beklagten Kenntnis hatte.

26

(2) Eine Anscheinsvollmacht setzt voraus, dass der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und der Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertreters (BGH 26. Januar 2016 - XI ZR 91/14 - Rn. 61, BGHZ 208, 331). Das ist hier nicht der Fall. Der Kläger hat nicht dargelegt, aufgrund welcher Umstände die Beklagte das - behauptete - Auftreten des Herrn Ö als Vertreter der Beklagten hätte kennen können.

27

c) Zwischen den Parteien ist auch nicht nach § 15 Abs. 5 TzBfG ab dem 1. September 2012 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden.

28

aa) Der Kläger ist nicht damit ausgeschlossen, sich auf die Entstehung eines Arbeitsverhältnisses nach § 15 Abs. 5 TzBfG zu berufen, weil er nicht innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Vertragsende den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht hat. Die Klagefrist für die Erhebung einer Befristungskontrollklage gemäß § 17 Satz 1 TzBfG findet keine Anwendung, wenn der Arbeitnehmer geltend macht, das Arbeitsverhältnis gelte nach § 15 Abs. 5 TzBfG als auf unbestimmte Zeit verlängert.

29

bb) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 TzBfG nicht vorliegen.

30

(1) Nach § 15 Abs. 5 TzBfG gilt ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn es nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt wird und der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht. Die Vorschrift regelt - ebenso wie § 625 BGB für die Fortsetzung von Dienstverhältnissen und Arbeitsverhältnissen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 15 Abs. 5 TzBfG - die stillschweigende Verlängerung von Arbeitsverhältnissen unabhängig vom Willen der Parteien. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch die Vertragsparteien iSv. § 15 Abs. 5 TzBfG ist ein Tatbestand schlüssigen Verhaltens kraft gesetzlicher Fiktion, durch die ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des vorangegangenen befristeten Arbeitsvertrags zustande kommt. Die Regelung beruht auf der Erwägung, die Fortsetzung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer mit Wissen des Arbeitgebers sei im Regelfall der Ausdruck eines stillschweigenden Willens der Parteien zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses (BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 40/14 - Rn. 24; 3. September 2003 - 7 AZR 106/03 - zu 4 a der Gründe, BAGE 107, 237). Der Eintritt der in § 15 Abs. 5 TzBfG angeordneten Fiktion setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung bewusst und in der Bereitschaft fortsetzt, die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis weiter zu erfüllen. Der Arbeitnehmer muss die vertragsgemäßen Dienste nach Ablauf der Vertragslaufzeit tatsächlich ausführen (BAG 18. Oktober 2006 - 7 AZR 749/05 - Rn. 15). Dabei genügt nicht jegliche Weiterarbeit des Arbeitnehmers. Diese muss vielmehr mit Wissen des Arbeitgebers selbst erfolgen.

31

(a) Arbeitgeber iSv. § 15 Abs. 5 TzBfG ist nicht jeder Vorgesetzte(vgl. zu § 625 BGB BAG 21. Februar 2001 - 7 AZR 98/00 - zu B I der Gründe, BAGE 97, 78), sondern der Arbeitgeber selbst. Seiner Kenntnis steht die Kenntnis der zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigten Vertreter gleich (BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 197/06 - Rn. 26; 21. Februar 2001 - 7 AZR 98/00 - zu B I der Gründe, aaO; 25. Oktober 2000 - 7 AZR 537/99 - zu B IV 4 der Gründe, BAGE 96, 155).

32

(b) Bei Leiharbeitsverhältnissen ist dem Verleiher die Kenntnis des Entleihers von der Weiterarbeit nur dann zuzurechnen, wenn der Verleiher den Entleiher zum Abschluss von Arbeitsverhältnissen bevollmächtigt hat oder dessen Handeln ihm nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zuzurechnen ist. „Arbeitgeber“ iSv. § 15 Abs. 5 TzBfG ist der Verleiher als Vertragsarbeitgeber. Der Entleiher ist nicht deshalb - gemeinsam mit dem Verleiher - „Arbeitgeber“, weil die Arbeitgeberfunktionen im Leiharbeitsverhältnis zwischen dem Verleiher als dem Vertragsarbeitgeber und dem Entleiher, der die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in Bezug auf die Arbeitsleistung ausübt, aufgespalten sind. Für die Verlängerung des Vertragsverhältnisses ist allein der Vertragsarbeitgeber zuständig. Daher setzt die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nach § 15 Abs. 5 TzBfG die Kenntnis des Verleihers voraus. Dem Verleiher ist es auch dann nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf seine Unkenntnis von der Weiterarbeit des Leiharbeitnehmers zu berufen, wenn er den Entleiher nicht über die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Leiharbeitnehmer unterrichtet und dadurch auf eine Einstellung der Tätigkeit des Leiharbeitnehmers hingewirkt hat. Den Verleiher trifft gegenüber dem Leiharbeitnehmer schon deshalb keine dahingehende Hinweis- und Kontrollpflicht, weil dem Leiharbeitnehmer die Befristung des Arbeitsverhältnisses bekannt ist (aA Ulber AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 359). Der Leiharbeitnehmer darf nicht schon deshalb von der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses mit dem Verleiher ausgehen, weil der Entleiher ihn weiterbeschäftigt.

33

(2) Danach ist zwischen den Parteien durch die Weiterarbeit des Klägers nach § 15 Abs. 5 TzBfG kein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die Weiterarbeit des Klägers bei der D erfolgte weder mit Wissen des Geschäftsführers der Beklagten noch in Kenntnis eines zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigten Vertreters der Beklagten.

34

(a) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Geschäftsführer der Beklagten habe von der Weiterarbeit des Klägers keine Kenntnis gehabt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

35

(aa) Die Feststellung des Wissens des Arbeitgebers von der Weiterarbeit unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung des Tatsachengerichts und ist nur beschränkt revisibel. Die revisionsrechtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob sich der Tatrichter gemäß dem Gebot des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist, und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt(vgl. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 37).

36

(bb) Diesem eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil stand. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, eine Kenntnis des Geschäftsführers von der Weiterarbeit des Klägers ergebe sich nicht aus dem Fortbestand des den Kläger betreffenden Überlassungsvertrags, ist nicht zu beanstanden. Die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte die vom Kläger erbrachten Arbeitszeiten abgerechnet habe, ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit dieser Behauptung des Klägers befasst und zu Recht angenommen, die Abrechnung lasse nicht auf eine Kenntnis des Geschäftsführers von der Weiterarbeit schließen.

37

(b) Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die Weiterarbeit nicht mit Wissen eines zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigten Vertreters erfolgte.

38

(aa) Auf die Kenntnis des Herrn Ö kommt es nicht an. Dieser war nicht zum Abschluss von Arbeitsverträgen für die Beklagte befugt. Die Behauptung des Klägers, Herr Ö sei als Objektleiter Ansprechpartner für Personalangelegenheiten, ist unerheblich. Aus der Rechtsprechung des Senats zum Hochschulbereich, auf die sich der Kläger berufen hat, ergibt sich nichts anderes. Danach steht der Kenntnis des Rektors der Universität, der als Behördenleiter Arbeitgeber iSd. § 15 Abs. 5 TzBfG ist, die Kenntnis der Mitarbeiter gleich, deren er sich zur eigenverantwortlichen Bearbeitung von arbeitsvertraglichen Angelegenheiten bedient. Hierzu zählen in erster Linie die zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigten Mitarbeiter der Personalverwaltung. Daneben können auch Personen aus anderen Teilen der allgemeinen Hochschulverwaltung als Arbeitgeber anzusehen sein, sofern ihnen aufgrund der hochschulinternen Geschäftsverteilung anstelle des Rektors Sachverhalte über die Fortsetzung von Arbeitsverhältnissen von Arbeitnehmern bekannt werden können. Macht der Rektor von seiner Delegationsbefugnis als Behördenleiter Gebrauch und überträgt er die Bearbeitung von arbeitsvertraglichen Vorgängen auf andere selbstständig handelnde Personen, muss er deren Kenntnis aus den übertragenen Angelegenheiten gegen sich gelten lassen. Sind zum Beispiel der Rechtsabteilung alle arbeitsrechtlichen Klagen zuzustellen, so kann der Justiziar der Universität als Arbeitgeber iSd. § 15 Abs. 5 TzBfG anzusehen sein, weil er anstelle des Rektors von dem in der Klageschrift enthaltenen Sachverhalt Kenntnis erhält. Ist die Rechtsabteilung der Universität generell für die Führung der arbeitsrechtlichen Rechtsstreitigkeiten zuständig, muss sich der Rektor darüber hinaus die Kenntnisse des für die Prozessführung verantwortlichen Justiziars aus Schriftsätzen und der Wahrnehmung von Gerichtsterminen wie seine eigenen zurechnen lassen (BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 24). Es kann offenbleiben, ob diese Grundsätze auch bei anderen arbeitsteilig tätigen Organisationen als Hochschulen anzuwenden sind. Jedenfalls hat der Kläger nicht dargelegt, dass die Beklagte Herrn Ö die eigenverantwortliche Bearbeitung von arbeitsvertraglichen Angelegenheiten übertragen hat. Eine solche selbstständige Funktion lässt sich weder aus der - behaupteten - Befugnis, Einsatzbereiche der Arbeitnehmer festzulegen, noch aus der Zuständigkeit zur Aushändigung von Vertragsunterlagen und Abrechnungen sowie zur Auszahlung der Vergütung ableiten.

39

(bb) Der Kläger macht ohne Erfolg geltend, Mitarbeiter der Personalabteilung und der Finanzbuchhaltung hätten aufgrund der Mitteilung der Arbeitsstunden des Klägers durch die D und aufgrund der Abrechnung der vom Kläger erbrachten Stunden durch die Beklagte von der Weiterarbeit Kenntnis erlangt. Es ist weder konkret dargelegt noch ersichtlich, dass diese Mitarbeiter zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigt sind noch dass ihnen die eigenverantwortliche Bearbeitung von arbeitsvertraglichen Angelegenheiten übertragen ist.

40

(cc) Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass die Beklagte die D zum Abschluss von Arbeitsverträgen für die Beklagte bevollmächtigt hat. Eine solche Befugnis ergibt sich insbesondere nicht aus dem zwischen der Beklagten und der D geschlossenen „Arbeitnehmerüberlassungsvertrag“ vom 1. Januar 2012.

41

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Waskow    

        

    M. Rennpferdt    

        

        

        

    Willms    

        

    R. Gmoser    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 20. März 2014 - 18 Sa 78/13 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage bereits unzulässig ist.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Wege einer Drittschuldnerklage die Zahlung gepfändeten Arbeitsentgelts ihres Schuldners in Höhe von 1.200,00 Euro.

2

Die Klägerin ist aufgrund eines Vollstreckungsbescheids Inhaberin einer titulierten Forderung gegen ihren Schuldner, welche einschließlich Zinsen und Kosten rund 3.100,00 Euro beträgt.

3

Mit einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hat die Klägerin Forderungen des Schuldners aus einem Arbeitsverhältnis mit der beklagten Drittschuldnerin gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen. Die Pfändung und Überweisung bezieht sich nach diesem Beschluss auf:

        

„1.     

Zahlung des gesamten gegenwärtigen und künftigen Arbeitseinkommens (einschließlich des Geldwertes von Sachbezügen)

        

2.    

Auszahlung des als Überzahlung jeweils auszugleichenden Erstattungsbetrages aus dem durchgeführten Lohnsteuer-Jahresausgleich sowie aus dem Kirchenlohnsteuer-Jahresausgleich für das Kalenderjahr 2012 und für alle folgenden Kalenderjahre

        

3.    

Auszahlung gegenwärtiger und künftiger Provisionen. Gewinn- und Umsatzbeteiligungen aus dem Anstellungsverhältnis und Ansprüche einer etwaigen freiberuflichen Tätigkeit, einer Gage oder einer Tätigkeit als (Sub-)unternehmer.“

4

Die Beklagte hat trotz mehrmaliger Aufforderungen der Klägerin keine Drittschuldnererklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO abgegeben. Der Schuldner hat im Wege der eidesstattlichen Versicherung erklärt, lediglich unpfändbares monatliches Einkommen von der Beklagten zu erhalten.

5

Mit ihrer Drittschuldnerklage macht die Klägerin einen Teil ihrer Forderung gegen den Schuldner in Höhe von 1.200,00 Euro gegen die Beklagte geltend. Zur Höhe des gepfändeten Einkommens des Schuldners hat die Klägerin keine Angaben gemacht.

6

Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne aufgrund der unterbliebenen Drittschuldnerauskunft nicht wissen, ob pfändbares Einkommen vorhanden sei. Hierzu müsse sie auch nichts weiter vortragen, da sie bei unterbliebener Drittschuldnererklärung davon ausgehen dürfe, dass die gepfändete Forderung beim Drittschuldner in vollem Umfang beigetrieben werden könne. Mangels eigener Kenntnisse könne von ihr nicht verlangt werden, „schlüssig zu lügen“ und ein erfundenes Nettoeinkommen des Schuldners vorzutragen.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.200,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

8

Die Beklagte hat sich im gesamten Verfahren nicht geäußert.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch unechtes Versäumnisurteil als unschlüssig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

I. Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klage ist allerdings entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts bereits mangels hinreichender Bestimmtheit des Streitgegenstands unzulässig.

11

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten.

12

a) Die Klagepartei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Dazu hat sie den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Sowohl bei einer der Klage stattgebenden als auch bei einer sie abweisenden Sachentscheidung muss zuverlässig feststellbar sein, worüber das Gericht entschieden hat. Bei mehreren im Wege einer objektiven Klagehäufung gemäß § 260 ZPO in einer Klage verfolgten Ansprüchen muss erkennbar sein, aus welchen Einzelforderungen sich die „Gesamtklage“ zusammensetzt. Werden im Wege einer „Teil-Gesamt-Klage“ mehrere Ansprüche nicht in voller Höhe, sondern teilweise verfolgt, muss die Klagepartei genau angeben, in welcher Höhe sie aus den einzelnen Ansprüchen Teilbeträge einklagt (vgl. BAG 24. September 2014 - 5 AZR 593/12 - Rn. 18).

13

b) Der Kläger muss die begehrte Rechtsfolge aus einem konkreten Lebensvorgang ableiten. Vorzutragen sind die Tatsachen, die den Streit unverwechselbar festlegen. Der zugrunde liegende Sachverhalt darf nicht beliebig sein (vgl. BAG 9. Oktober 2002 - 5 AZR 160/01 - zu I der Gründe). Richtet sich eine Leistungsklage auf die Zahlung von Vergütung, welche üblicherweise nach Zeitabschnitten bemessen ist (vgl. § 614 BGB), gehört zur erforderlichen Bezeichnung des Streitgegenstands regelmäßig die Angabe, für welche Zeitabschnitte Vergütung in welcher bestimmten Höhe verlangt wird. Nur durch diese Angaben zum Lebenssachverhalt (Klagegrund) kann sichergestellt werden, dass das Gericht entsprechend § 308 Abs. 1 ZPO der klagenden Partei nicht etwas anderes zuspricht als von ihr beantragt wird.

14

2. Diesen Anforderungen wird die Klagebegründung nicht gerecht.

15

a) Streitgegenstand der Drittschuldnerklage ist nicht der bereits titulierte, der Klägerin gegen den Schuldner zustehende Anspruch, sondern der gepfändete und zur Einziehung überwiesene Anspruch des Schuldners gegen die beklagte Drittschuldnerin. Dieser wird hinsichtlich der Höhe durch den Anspruch der Klägerin gegen den Schuldner begrenzt. Für die Zulässigkeit der Drittschuldnerklage sind - neben Mitteilungen zum Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, welcher die Klägerin zur Geltendmachung der Forderung erst berechtigt - gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Angaben erforderlich, die der Schuldner im Falle einer Zahlungsklage gegen den Beklagten machen müsste. Bei der Drittschuldnerklage auf Zahlung gepfändeter Arbeitsvergütung, die nach Zeitabschnitten bemessen ist, gehört deshalb zur erforderlichen Bezeichnung des Streitgegenstands regelmäßig die Angabe der Zeitabschnitte, für die Vergütung in näher bestimmter Höhe verlangt wird (vgl. Stöber Forderungspfändung 16. Aufl. Rn. 952; AnwK-ArbR/Kloppenburg 2. Aufl. § 46 ArbGG Rn. 135; MüArbR/Krause 3. Aufl. § 67 Rn. 57, dort auf die „Schlüssigkeit“ bezogen).

16

b) Die Klägerin nimmt zwar allgemein Bezug auf „gepfändete Vergütungsansprüche“ des Schuldners gegen die Beklagte. Sie benennt aber weder einen konkreten Kalendermonat (Zeitabschnitt), für welchen die Vergütung des Schuldners gegenüber der Beklagten mit der vorliegenden Klage geltend gemacht wird, noch die genaue Höhe der gepfändeten und eingeklagten Vergütung im betreffenden Zeitabschnitt. Die Höhe der gepfändeten Vergütung wäre dabei insbesondere nach Maßgabe des § 850e ZPO zu bestimmen. Dies ist indes nicht möglich, weil sich die begehrte Zahlung von 1.200,00 Euro auf einen einzigen, aber auch mehrere Monate beziehen kann, in welchen dem Schuldner gegen die Beklagte Vergütungsansprüche zustehen. Der Umfang der Rechtskraft sowohl eines der Klage stattgebenden als auch eines sie abweisenden Urteils ist damit nicht bestimmbar.

17

c) Eine genaue Bestimmung des Streitgegenstands der Drittschuldnerklage ist auch nicht durch Auslegung der Prozesserklärungen der Klägerin möglich.

18

aa) Bei der Feststellung, welches Rechtsschutzbegehren aufgrund welchen Lebenssachverhalts und damit welchen Streitgegenstand die Klagepartei dem Gericht unterbreitet hat, sind die für die Auslegung von Willenserklärungen im Prozessrecht maßgeblichen Grundsätze anzuwenden (vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 17). Prozesserklärungen sind danach im Zweifel so auszulegen, dass dasjenige gewollt ist, was aus der Sicht der Prozessparteien nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht. Jedoch sind auch die schutzwürdigen Belange des Erklärungsadressaten zu berücksichtigen. Das verbietet es, eindeutigen Erklärungen nachträglich einen anderen Sinn zu geben, der dem Interesse des Erklärenden am besten dient. Zur Auslegung der entsprechenden Prozesserklärung ist auch das Revisionsgericht befugt (BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 665/11 - Rn. 32, BAGE 145, 142).

19

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, im Rahmen einer Auslegung der Erklärungen der Klägerin könne der Streitgegenstand ihrer Klage hinreichend mit dem Inhalt bestimmt werden, dass Vergütungsansprüche des Schuldners gegen die Beklagte aus dem Zeitraum nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bis zur Klageerhebung in einem Umfang von insgesamt 1.200,00 Euro geltend gemacht würden. Dies lässt allerdings auch keine klare Zuordnung bestimmter Vergütungsbeträge auf bestimmte Monate zu, was für mögliche Einwendungen wie den Ablauf von Ausschlussfristen, das Bestehen von Vorpfändungen oder Aufrechnungserklärungen von Belang sein kann. Das Landesarbeitsgericht geht auch nicht, zumindest nicht ausdrücklich, von einer abschließenden Gesamtforderung aus. Es beschreibt den Streitgegenstand aber in einer jedenfalls eingrenzenden Weise, was dem Interesse der Klägerin an einem zulässigen Klageantrag entgegenkommt.

20

cc) Angesichts der Revisionsbegründung der Klägerin ist eine solche Auslegung nicht mehr möglich. Die Klägerin macht sich die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Bestimmung des Streitgegenstands nicht zu Eigen. Vielmehr erläutert sie, ihr sei aufgrund der eidesstattlichen Versicherung des Schuldners bekannt, dass dieser kein pfändbares monatliches Einkommen erziele. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss umfasse jedoch auch „Erstattungsansprüche, Provisionen, etc.“, so dass sich somit doch wirksam gepfändete Ansprüche des Schuldners gegen die Beklagte ergeben könnten. Damit ist aber umso mehr unbestimmt, was Gegenstand der Klage sein soll. In ihrer Revisionsbegründung benennt die Klägerin diesen weder mit zeitlich eingegrenzten Vergütungsansprüchen des Schuldners gegen die beklagte Drittschuldnerin noch überhaupt mit Ansprüchen aus monatlicher Vergütung, sondern bezieht sich auf die umfangreiche Auflistung in Nr. 2 und Nr. 3 zu Forderungen aus Buchstabe „A“ des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Selbst wenn man annähme, die Klägerin würde Ansprüche in der im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgeführten Reihenfolge geltend machen, wäre der Streitgegenstand immer noch nicht hinsichtlich der Höhe und des Zeitraums, für den diese Ansprüche geltend gemacht werden, bestimmt. Dies lässt nicht erkennen, über welche Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin das Gericht entscheiden soll.

21

3. Der Umstand, dass der Beklagte keine Drittschuldnererklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO abgibt, ändert nichts an den Bestimmtheitserfordernissen des Streitgegenstands. Entgegen der Auffassung der Revision ist es der Klägerin im Falle einer unterlassenen Drittschuldnererklärung weder unmöglich, eine zulässige Drittschuldnerklage zu erheben, noch ist sie - wie sie meint - gezwungen, „schlüssig zu lügen“.

22

a) Die Beklagte hat sich zur Klageforderung in den Vorinstanzen nicht geäußert. Dadurch wurde die Klageforderung aber nicht „unstreitig“. Denn wegen des Fehlens jeglicher tatsächlicher Angaben zum Arbeitseinkommen oder sonstiger Forderungen des Schuldners waren überhaupt keine Tatsachen vorgetragen, die die Beklagte hätte bestreiten können (vgl. BAG 20. Juni 1984 - 4 AZR 564/83 - Abs. 4 der Gründe).

23

b) Das Unterbleiben einer ordnungsgemäßen Drittschuldnererklärung vermag nicht die sonstigen Voraussetzungen einer zulässigen und schlüssigen Drittschuldnerklage zu ersetzen (unzutreffend LAG Hamburg 3. März 1986 - 2 Sa 5/86 -). Es besteht keine Verpflichtung des beklagten Drittschuldners, die Klage des Gläubigers zulässig und schlüssig zu machen.

24

aa) Nach der gesetzgeberischen Konzeption ist vorrangig der Schuldner und nicht der Drittschuldner Anspruchsgegner des Gläubigers für Auskünfte betreffend die Forderung. § 836 Abs. 3 ZPO dient dazu, dem Gläubiger die Durchsetzung der gepfändeten Forderung zu ermöglichen. Dagegen soll § 840 Abs. 1 ZPO ihm die Entscheidung erleichtern, ob er aus der gepfändeten angeblichen Forderung seines Schuldners gegen den Drittschuldner vorgehen soll oder nicht(vgl. BGH 25. September 1986 - IX ZR 46/86 - zu I der Gründe, BGHZ 98, 291). Ihm soll ermöglicht werden, sein weiteres Vorgehen sinnvoll zu planen und die Risiken der Durchsetzung der Forderung, etwa wegen bestehender Vorpfändungen, abschätzen zu können (vgl. Musielak/Voit/Becker ZPO 12. Aufl. § 840 Rn. 1). Der Gläubiger soll in groben Zügen darüber informiert werden, ob die gepfändete Forderung als begründet anerkannt und erfüllt wird oder Dritten zusteht oder ob sie bestritten und deshalb nicht oder nur im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren durchzusetzen ist (vgl. BGH 17. April 1984 - IX ZR 153/83 - zu I 2 b der Gründe, BGHZ 91, 126).

25

bb) Der Drittschuldner ist nur dazu verpflichtet, die Fragen des Gläubigers zu beantworten, die sich inhaltlich im Rahmen des Katalogs von § 840 Abs. 1 ZPO bewegen(vgl. MüKoZPO/Smid 4. Aufl. § 840 Rn. 11; Musielak/Voit/Becker ZPO § 840 Rn. 5). Der Drittschuldner muss das Anerkenntnis oder die Ablehnung der Forderung nicht begründen. Die fehlende Pflicht zur Substanziierung ergibt sich dabei aus dem Zweck der Vorschrift, die den Gläubiger nicht vor jeglichen Risiken des Einziehungsprozesses schützen will. Es soll nur verhindert werden, dass der Gläubiger einen überflüssigen Einziehungsprozess mit der Kostenfolge des § 93 ZPO führt(vgl. Wieczorek/Schütze/Lüke ZPO 4. Aufl. § 840 Rn. 11 ff.).

26

cc) Es gibt keinen Grund, den Drittschuldner über den durch die Pfändung gezogenen Rahmen hinaus mit weiter gehenden Auskunftspflichten zu belasten und den Pfändungsgläubiger so gegenüber dem Drittschuldner günstiger zu stellen als einen neuen Gläubiger nach der Abtretung gegenüber dem Schuldner (vgl. §§ 398 ff. BGB). Denn auch nach einer Abtretung muss der Schuldner dem neuen Gläubiger keine Auskunft über den Bestand der Forderung erteilen oder die Substanziierung einer Einziehungsklage ermöglichen oder erleichtern. Die für die Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft muss der neue Gläubiger im Zweifel gemäß § 402 BGB vielmehr beim bisherigen Gläubiger einholen. Für die gepfändete Forderung entspricht dem inhaltlich die Bestimmung des § 836 Abs. 3 ZPO(vgl. BGH 13. Dezember 2012 - IX ZR 97/12 - Rn. 14). Nach dieser Entscheidung des Gesetzgebers hat der Gläubiger die erforderlichen Auskünfte beim Schuldner einzuholen (vgl. Stein/Jonas/Brehm ZPO 22. Aufl. § 840 Rn. 19) und nicht beim Drittschuldner.

27

dd) Deshalb treffen den Drittschuldner auch grundsätzlich keine Präklusionswirkungen, wenn er die in § 840 Abs. 1 ZPO geforderte Erklärung nicht abgibt(vgl. MüKoZPO/Smid § 840 Rn. 19), welche eine reine Wissens- aber keine Willenserklärung ist (vgl. BGH 10. Oktober 1977 - VIII ZR 76/76 - zu III 2 der Gründe, BGHZ 69, 328). Gegen ihn besteht auch kein einklagbarer Anspruch des Gläubigers auf Abgabe der Drittschuldnererklärung (vgl. BGH 4. Mai 2006 - IX ZR 189/04 - Rn. 10 mwN). Die Vorschrift begründet nur eine Obliegenheit, die im Falle ihrer Nichterfüllung gegebenenfalls zu einem Schadensersatzanspruch des Gläubigers nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO führen kann(vgl. Musielak/Voit/Becker ZPO § 840 Rn. 8; näher dazu unten zu I 4 a).

28

c) Auch ohne Drittschuldnererklärung kann die Klägerin ihre Klage zulässig erheben und schlüssig begründen, ohne dabei, wie sie es plakativ herausstellt, „schlüssig lügen“ zu müssen.

29

aa) Die Klägerin ist für einen schlüssigen Vortrag nicht verpflichtet, den betreffenden Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen, sondern genügt ihrer Darlegungspflicht grundsätzlich bereits dadurch, dass sie diejenigen Umstände vorträgt, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge ergeben (vgl. BAG 3. August 2005 - 10 AZR 585/04 - zu II b der Gründe mwN).

30

bb) Soweit die Klägerin über keine anderen Erkenntnisquellen verfügt, genügt zunächst grundsätzlich die Angabe der üblichen Vergütung für die Tätigkeit des Schuldners (§ 612 BGB). Dabei kann regelmäßig auf die in entsprechenden Tarifverträgen geregelte Vergütung abgestellt werden (vgl. Stöber Forderungspfändung Rn. 952; Natter/Gross/Perschke ArbGG 2. Aufl. § 58 Rn. 101), ohne dass damit gegen die Wahrheitspflicht verstoßen wird (vgl. AnwK-ArbR/Kloppenburg § 46 ArbGG Rn. 137; Wenzel MDR 1966, 971, 972). Auch eine Bezugnahme auf die Vergütung nach § 1 MiLoG kommt in Betracht. Ein prozessual unzulässiges Vorgehen der Klägerin durch das Aufstellen willkürlicher Behauptungen, ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts „ins Blaue hinein“, kann in der Regel nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte angenommen werden oder wenn sie selbst nicht an die Richtigkeit ihrer Behauptungen glaubt (vgl. BAG 10. September 2014 - 10 AZR 959/13 - Rn. 29). Läge ein entsprechender Tatsachenvortrag der Klägerin vor, müsste sich die Drittschuldnerin im Rahmen substanziierten Bestreitens hierzu äußern.

31

cc) Welche Tätigkeit der Schuldner beim Drittschuldner ausübt, kann der Gläubiger durch Nachfrage beim Schuldner in Erfahrung bringen. Zu solchen Angaben ist er nach § 836 Abs. 3 ZPO verpflichtet. Bei fehlenden Angaben zur Arbeitszeit und Pfändungsfreigrenzen kann der Gläubiger mangels anderer Erkenntnisse grundsätzlich von einer vollschichtigen Tätigkeit und fehlenden Unterhaltspflichten des Schuldners ausgehen. Hiervon abweichende Umstände hat der Drittschuldner darzulegen (vgl. Schaub/Koch ArbR-Hdb 15. Aufl. § 89 Rn. 53).

32

dd) Als eigene Erkenntnisquelle verfügt die Klägerin nicht nur über die einklagbaren Auskunftsansprüche gegenüber dem Schuldner. Sie hat nach § 836 Abs. 3 ZPO auch die Möglichkeit, die über die Forderung bestehenden Urkunden, etwa Abrechnungen, herauszuverlangen. Aus den Abrechnungen erfährt die Klägerin alle für die Berechnung des pfändbaren Einkommens nach den §§ 850 ff. ZPO maßgebenden Daten, wie das Brutto- und Nettoeinkommen und Unterhaltspflichten.

33

ee) Sollte die Klägerin diesen Angaben des Schuldners misstrauen und annehmen, er erhalte von der Beklagten tatsächlich eine höhere, pfändbare Vergütung, könnte sie gegebenenfalls unter Bezugnahme auf § 850h Abs. 2 ZPO Ansprüche gegen die Beklagte wegen verschleierten Arbeitseinkommens geltend machen(vgl. Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 850h Rn. 3 ff.; MüKoBGB/Wagner 6. Aufl. § 826 Rn. 167). Dabei sind allerdings auch hier die entsprechenden Darlegungserfordernisse einzuhalten (vgl. hierzu BAG 3. August 2005 - 10 AZR 585/04 - zu II b der Gründe; AnwK-ArbR/Kloppenburg § 46 ArbGG Rn. 139 mwN).

34

4. Die Interessen der Klägerin in Fällen eines kollusiven Zusammenwirkens von Drittschuldner und Schuldner sind insbesondere durch die strafbewehrte eidesstattliche Versicherung des Schuldners nach § 836 Abs. 3 ZPO(vgl. § 156 StGB) und die Schadensersatzpflicht der Beklagten nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO geschützt. Hieraus ergeben sich entgegen der Auffassung der Revision jedoch keine Rechtsfolgen für die an die Bestimmung des Streitgegenstands der Drittschuldnerklage zu stellenden Anforderungen.

35

a) Der Schadensersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist regelmäßig darauf gerichtet, den Gläubiger so zu stellen, wie er bei einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft des Drittschuldners gestanden hätte. Es ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt, den Gläubiger im Wege des Schadensersatzes nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO so zu stellen, als bestünde die Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner(BGH 10. Oktober 1977 - VIII ZR 76/76 - zu III 2 c bb der Gründe, BGHZ 69, 328; Boewer Handbuch zur Lohnpfändung und Lohnabtretung 3. Aufl. Rn. 324; Schaub/Koch ArbR-Hdb § 89 Rn. 47; PG/Ahrens ZPO 6. Aufl. § 840 Rn. 27). § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat nicht die Fiktion einer pfändbaren Forderung zur Folge(vgl. Musielak/Voit/Becker ZPO § 840 Rn. 12). Damit bleibt es dabei, dass der Gläubiger im Rahmen einer Drittschuldnerklage insbesondere das pfändbare monatliche Einkommen des Schuldners (vgl. BAG 20. Juni 1984 - 4 AZR 564/83 - Abs. 2 der Gründe; dort im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung gefordert), den Grund und die Höhe anderweitig gepfändeter Ansprüche sowie die Zeitabschnitte, auf welche die Ansprüche entfallen, anzugeben hat.

36

b) Der Schadensersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO kommt allerdings nicht nur in Betracht, wenn ein Gläubiger wegen nicht erfolgter oder nicht ordnungsgemäßer Erklärung des Drittschuldners eine unbegründete Einziehungsklage erhebt. Erfasst wird auch der Fall, dass er eine solche Klage zunächst unterlässt, von weiteren objektiv erfolgversprechenden Vollstreckungsmaßnahmen Abstand nimmt und diese versäumt (vgl. Zöller/Stöber ZPO § 840 Rn. 13; Stein/Jonas/Brehm ZPO § 840 Rn. 22; PG/Ahrens ZPO § 840 Rn. 27).

37

c) Schließlich kommt im Falle vorsätzlich falscher Angaben eine Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB in Betracht(BGH 25. September 1986 - IX ZR 46/86 - zu II der Gründe, BGHZ 98, 291; MüKoBGB/Wagner § 826 Rn. 167; Stein/Jonas/Brehm ZPO § 840 Rn. 22; Wieczorek/Schütze/Lüke ZPO § 840 Rn. 32). Hierzu hat die Klägerin indes nichts vorgetragen. Derartige Schadensersatzansprüche würden im Übrigen auch einen anderen Streitgegenstand betreffen als die gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Ansprüche des Schuldners gegen die Beklagte.

38

5. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus der von ihr herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4. Mai 2006 (- IX ZR 189/04 -) nichts anderes. Diese ist vorliegend nicht einschlägig. Die Entscheidung betrifft die Frage, ob und in welchem Umfang dem klagenden Gläubiger Schadensersatzansprüche gegen den Drittschuldner zustehen, wenn dieser eine Drittschuldnererklärung im Sinne von § 840 ZPO nicht (rechtzeitig) abgibt. Der Bundesgerichtshof erläutert hier die Voraussetzungen und den Umfang eines Schadensersatzanspruchs des Gläubigers gegen den Drittschuldner nach einem im Wege der zulässigen Klageänderung (§ 263 ZPO) geschehenen Übergang von der Drittschuldnerklage nach §§ 829, 835 ZPO auf eine Schadensersatzklage nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Damit ist jedoch nichts über die Zulässigkeitsanforderungen, insbesondere die Anforderungen an die Bestimmtheit des Streitgegenstands einer Drittschuldnerklage gesagt. Allein hinsichtlich der Begründetheit der entsprechenden Schadensersatzklage wird ausgeführt, dass es keiner nochmaligen Aufforderung an den Drittschuldner zur Abgabe der Erklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO bedürfe, da der Gläubiger ohne Weiteres von der Beitreibbarkeit der gepfändeten Forderung ausgehen könne. Für den Fall, dass er eine entsprechende Drittschuldnerklage erhebt, entbindet ihn dies aber nicht davon, die maßgeblichen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage zu erfüllen.

39

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Schürmann    

        

    A. Effenberger    

                 

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Juni 2009 - 6 Sa 321/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrags, der im Zusammenhang mit der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu einem neuen Arbeitgeber und der Übertragung der Versorgungsanwartschaften auf diesen geschlossen worden ist. Der neue Arbeitgeber ist kurz nach Abschluss des Vertragswerks in Insolvenz gefallen. Hilfsweise begehrt der Kläger seine Wiedereinstellung durch die Beklagte.

2

Der 1949 geborene Kläger war von 1974 bis zum 2. Juli 2006 bei der D GmbH bzw. deren Rechtsvorgängern beschäftigt. Zum 3. Juli 2006 verschmolz diese mit der H GmbH, die zwischenzeitlich in die Beklagte umfirmiert worden ist. Im Zuge der Verschmelzung ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte über, ohne dass sich dessen Tätigkeit dadurch änderte. Er übte weiterhin wie seit spätestens 2003 ausschließlich Tätigkeiten für die D-H GmbH, eine Tochtergesellschaft der Beklagten (künftig: Schuldnerin), aus und erhielt sein Gehalt auch nach der Verschmelzung weiterhin von der Beklagten, wobei eine konzerninterne Verrechnung des Gehalts mit der Schuldnerin erfolgte.

3

Am 27. Oktober 2006 wandte sich die Schuldnerin unter ihrem Briefkopf mit folgendem Schreiben an den Kläger:

        

„Ihr Dienstverhältnis

        

Sehr geehrter Herr S,

        

mit Wirkung vom 1. Oktober 2006 werden Sie bei unserer Gesellschaft angelegt. Es gilt die Aufgabenbeschreibung vom 6. Juni 2003.

        

Das monatliche Bruttogrundgehalt beträgt mit Wirkung vom 1. Oktober 2006

        

EUR 4.725,00.

        

Alle übrigen Bedingungen Ihres Dienstvertrages - inklusive der Altersversorgung - gelten weiter.

        

Wir hoffen auf weitere gute Zusammenarbeit.

                 

Mit freundlichen Grüßen

                 

D-H GMBH“

4

Das Schreiben vom 27. Oktober 2006 war von zwei Vertretern der Schuldnerin unterschrieben, die auch für die Beklagte vertretungsberechtigt waren. Seit dem 1. Oktober 2006 erhielt der Kläger Gehaltsabrechnungen und Zahlungen ausschließlich von der Schuldnerin. Der Kläger geht davon aus, dass seit dem 1. Oktober 2006 neben dem weiterbestehenden Arbeitsverhältnis zur Beklagten aufgrund konkludenter Vereinbarung ein rechtlich selbständiges Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin begründet worden ist.

5

Am 16. Januar 2007 schlossen der Kläger, die Beklagte und die Schuldnerin einen dreiseitigen Vertrag. Die dabei auf Arbeitgeberseite handelnden Personen waren sowohl für die Beklagte als auch für die Schuldnerin vertretungsberechtigt. Dieser Vertrag hat auszugsweise folgenden Inhalt:

        

„Schuldübernahmevertrag

        

für die betriebliche Altersversorgung

        

aus einer unmittelbaren Versorgungszusage

        

Zwischen

        

...     

(Arbeitnehmer)

        

und     

        
        

...     

(ALTER Arbeitgeber)

        

und     

        
        

...     

(NEUER Arbeitgeber)

        

wird aus Anlass des Übergangs des Arbeitsverhältnisses vom ALTEN Arbeitgeber zum NEUEN Arbeitgeber zur betrieblichen Altersversorgung analog § 4 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) folgendes vereinbart:

                 

1.    

Übergang des Arbeitsverhältnisses vom ALTEN auf den NEUEN Arbeitgeber

        

Mit Wirkung zum 30.09.2006 wird das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers zum ALTEN Arbeitgeber … einvernehmlich beendet.

        

Ab dem 01.10.2006 begründet der Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis zum NEUEN Arbeitgeber.

        

...     

                 

3.    

Übernahme der Pflichten aus der Versorgungszusage analog § 4 BetrAVG, befreiende Schuldübernahme

        

Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum ALTEN Arbeitgeber und der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses zum NEUEN Arbeitgeber gehen die Versorgungsverpflichtungen gegenüber dem Arbeitnehmer aus den unter Ziffer 2 beschriebenen Versorgungsregelungen vom ALTEN auf den NEUEN Arbeitgeber über. ...

        

...     

                 

5.    

Fortführung der Versorgungszusage

        

Der NEUE Arbeitgeber verpflichtet sich gegenüber dem Arbeitnehmer, die in Ziffer 2 beschriebenen Versorgungsverpflichtungen entsprechend den jeweils gültigen Regelungen als eigene Verpflichtung unter der Fiktion einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers fortzuführen.

        

...“   

6

Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger dort im Termin vorgetragen, die Initiative zu der Vereinbarung vom 16. Januar 2007 sei von ihm ausgegangen, weil er sich um die Sicherung seiner Altersversorgung bemüht habe. Mit dem ihm daraufhin von der Firma Hö übermittelten Entwurf der Vereinbarung vom 16. Januar 2007 habe er sich an den Prokuristen B gewandt.

7

Die Schuldnerin war ein Bergbauspezialunternehmen mit etwa 1.200 Mitarbeitern. Ihr einziger Kunde war die RAG Deutsche Steinkohle (DSK), unter deren Dach seit 1998 sämtliche Aktivitäten des Deutschen Steinkohlenbergbaus gebündelt sind. Sie wirtschaftete im Jahr 2006 defizitär. Seit 1. Oktober 2005 standen durchschnittlich 600 ihrer Mitarbeiter täglich in Kurzarbeit. Dies führte zu einem erheblichen monatlichen Verlust, der aufgrund eines Beherrschungsvertrags von der Beklagten ausgeglichen wurde. Dieser Vertrag wurde am 26. März 2007 fristlos gekündigt. Grundlage dieser Kündigung war ein Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten von Ende März 2007. Die Schuldnerin zahlte bis einschließlich März 2007 die Gehälter ihrer Arbeitnehmer, auch das des Klägers. Der Kläger bemerkte Anfang Mai 2007, dass die Schuldnerin die Gehaltszahlung eingestellt hatte. Bereits mit Schreiben vom 28. Februar 2007 hatte die Schuldnerin ihren Betriebsrentnern die Deputatleistungen auf Energiebeihilfe gekündigt.

8

Am 16. April 2007 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag, am 1. Juni 2007 wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers am 29. Oktober 2007 zum 31. Dezember 2008. Dagegen erhob der Kläger im Verfahren - 2 Ca 5912/07 - vor dem Arbeitsgericht Dortmund fristgerecht Kündigungsschutzklage. In einem Schriftsatz vom 12. Februar 2008 in diesem Verfahren bestritt der Kläger, dass der beklagte Insolvenzverwalter zum Ausspruch der Kündigung berechtigt gewesen sei. Er berief sich insoweit auf das Vorliegen eines Versicherungsmissbrauchs iSv. § 7 Abs. 5 BetrAVG. Ein neues Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin sei darum nicht begründet worden.

9

Mit Schreiben vom 14. April 2008 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung des Schuldübernahmevertrags. Wörtlich heißt es in dem Anfechtungsschreiben:

        

„...   

        

Namens und im Auftrage unseres Mandanten erklären wir hiermit die

        

Anfechtung

        

des Schuldübernahmevertrages insoweit, als darin in Ziffer 1. ein Aufhebungsvertrag enthalten ist, durch den das Arbeitsverhältnis unseres Mandanten zu Ihrer Gesellschaft beendet worden ist.

        

Diese Anfechtung hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis unseres Mandanten zu Ihnen nicht beendet worden ist. ...“

10

Im Antwortschreiben der Beklagten vom 25. April 2008 führte diese aus, dass sie nicht einordnen könne, welche vertraglichen Vereinbarungen durch „Ihre Teilanfechtung“ unwirksam sein sollten. Dazu nahm der Kläger mit Schreiben vom 8. Mai 2008 Stellung. Dieses Schreiben schloss mit dem Absatz:

        

„...   

        

Es verbleibt daher dabei, dass infolge der von unserem Mandanten erklärten Anfechtung der am 16.01.2007 abgeschlossene Vertrag über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zu Ihrer Gesellschaft unwirksam geworden ist. Das Arbeitsverhältnis zu Ihrer Gesellschaft besteht weiterhin fort. ...“

11

Im Schriftsatz vom 23. Januar 2009 hat der Kläger unter Berufung auf § 313 Abs. 3 BGB hilfsweise die Kündigung bzw. den Rücktritt vom Schuldübernahmevertrag erklärt und am selben Tag eine entsprechende Erklärung auch gegenüber dem Insolvenzverwalter der Schuldnerin abgegeben.

12

Mit seiner am 21. August 2008 rechtshängig gewordenen Klage macht der Kläger den Fortbestand bzw. die Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten geltend.

13

Der Kläger hat behauptet, bereits bei Abschluss des Schuldübernahmevertrags sei den Geschäftsführern und Prokuristen der Beklagten und der Schuldnerin die fehlende Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin bekannt gewesen. Sie hätten gewusst, dass eine Insolvenz drohte und in den nächsten drei Monaten eingeleitet werden würde. Deswegen habe eine diesbezügliche Aufklärungspflicht auch der Beklagten vor Abschluss des Vertrags vom 16. Januar 2007 bestanden. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe mit Schreiben vom 14. April 2008 den Schuldübernahmevertrag insgesamt angefochten. Ohnehin reiche eine Teilanfechtung des Aufhebungsvertrags aus, weil es sich dabei um ein rechtlich selbständiges und damit isoliert anfechtbares Rechtsgeschäft handele. Aus § 4 Abs. 2 BetrAVG ergebe sich nichts anderes. Der Kläger hat weiter die Meinung vertreten, Anfechtungsgegner für die Anfechtung des Aufhebungsvertrags sei ausschließlich die Beklagte. Jedenfalls habe er mit Schriftsatz vom 12. Februar 2008 im Verfahren - 2 Ca 5912/07 - vor dem Arbeitsgericht Dortmund auch die Anfechtung gegenüber dem Insolvenzverwalter der Schuldnerin erklärt.

14

Der gesamte Schuldübernahmevertrag einschließlich des Aufhebungsvertrags sei auch wegen Versicherungsmissbrauchs nichtig. Der Wert seiner Versorgung liege über der Beitragsbemessungsgrenze, so dass die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG nicht erfüllt seien.

15

Der Kläger beruft sich außerdem auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage des Schuldübernahmevertrags. Erstinstanzlich hat er insoweit vorgetragen, Geschäftsgrundlage sei gewesen, dass er jedenfalls seine Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung gegenüber der Beklagten nicht verlieren solle. Zweitinstanzlich hat er geltend gemacht, gemeinsame Geschäftsgrundlage der Parteien des Schuldübernahmevertrags sei der Umstand gewesen, dass der Kläger mit der Schuldnerin eine ebenso solvente Arbeitgeberin habe erhalten sollen wie zuvor mit der Beklagten. Dem Schuldübernahmevertrag habe eindeutig ein Versorgungszweck zugrunde gelegen. Diese Geschäftsgrundlage sei durch die Insolvenz der Schuldnerin gestört worden bzw. weggefallen. Darum müsse der Vertrag angepasst werden. Andernfalls würden dem Kläger einseitig die Risiken aus der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin aufgebürdet. Darum könne er seine Wiedereinstellung verlangen. Hilfsweise beruft sich der Kläger darauf, dass er zu Recht wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vom Schuldübernahmevertrag zurückgetreten sei.

16

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten nicht durch den Schuldübernahmevertrag vom 16. Januar 2007 beendet worden ist, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht;

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht und

        

3.    

weiter hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers vom 23. Januar 2009 auf Aufhebung der in dem Schuldübernahmevertrag vom 16. Januar 2007 unter Ziff. 1 vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten und auf Fortsetzung des früheren Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten anzunehmen.

17

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags angeführt, eine arglistige Täuschung des Klägers liege nicht vor. Solange der Beherrschungsvertrag existiert habe, habe keine Insolvenzreife bestanden, weil die Liquidität der Schuldnerin gewährleistet gewesen sei. Anfang Januar 2007 hätten noch keine konkreten Anhaltspunkte für die Kündigung des Beherrschungsvertrags vorgelegen. Im Übrigen sei dem Kläger die Situation der Schuldnerin bekannt gewesen.

18

Die Vorinstanzen haben die Klage mit unterschiedlichen rechtlichen Begründungsansätzen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, bereits im Oktober 2006 sei durch dreiseitigen Vertrag das Arbeitsverhältnis von der Beklagten auf die Schuldnerin übertragen worden. Dies sei formfrei möglich gewesen, weil die Identität des Arbeitsverhältnisses erhalten geblieben sei. Darum könne die vom Kläger begehrte Feststellung, dass ein zwischen den Parteien noch am 16. Januar 2007 bestehendes Arbeitsverhältnis fortbestehe, nicht getroffen werden. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die Wiederbegründung eines Arbeitsverhältnisses.

19

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein bisheriges Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision ist unbegründet.

21

A. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag und den ersten Hilfsantrag als einheitlichen, auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichteten Feststellungsantrag ausgelegt. Gegen dieses Verständnis seiner Anträge wendet sich der Kläger mit der Revision nicht. Der so ausgelegte Antrag zielt darauf, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien ungeachtet des Schuldübernahmevertrags vom 16. Januar 2007 fortbesteht.

22

Der zweite Hilfsantrag ist dahin auszulegen, dass der Kläger damit einen Wiedereinstellungsanspruch verfolgt, wobei die begehrte Willenserklärung gemäß § 894 Satz 1 ZPO mit Rechtskraft einer obsiegenden Entscheidung als abgegeben und damit ein neuer Arbeitsvertrag zwischen den Parteien unter gleichzeitiger Aufhebung des unter Ziff. 1 des Schuldübernahmevertrags vom 16. Januar 2007 vereinbarten Aufhebungsvertrags als zustande gekommen gölte. Der Kläger begehrt nicht die bloße, formfrei mögliche (vgl. BAG 8. September 1976 - 4 AZR 359/75 - AP TVG § 1 Form Nr. 5 = EzA TVG § 2 Nr. 11) Aufhebung des Aufhebungsvertrags. Die Auslegung des zweiten Hilfsantrags unter Berücksichtigung des im Prozess erkennbar gewordenen Verständnisses des Klägers ergibt, dass er mit diesem Antrag vielmehr die Ersetzung des Aufhebungsvertrags durch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen und damit seine Wiedereinstellung anstrebt, die er aus § 313 BGB ableitet. Das folgt insbesondere aus seinem Vortrag auf S. 9 - 11 der Berufungsbegründung, mit dem er auf die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts reagiert hat, aus § 313 BGB folge kein Anspruch auf Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses, sondern allenfalls ein Wiedereinstellungsanspruch. Er hat insoweit ausgeführt, die Geltendmachung der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses zur Beklagten stelle gleichzeitig die Geltendmachung eines Wiedereinstellungsanspruchs dar. Er habe demnach von der Beklagten die Annahme seines Angebots auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags verlangt. In der Folgezeit hat der Kläger hilfsweise stets einen Anspruch auf Wiedereinstellung bei der Beklagten unter Berücksichtigung der Vorbeschäftigungszeit verfolgt.

23

B. Die Regelung zur Übertragung der Versorgungsanwartschaft in § 4 Abs. 2 BetrAVG ist eine Spezialregelung zu den zivilrechtlichen Vorschriften über die Schuldübernahme in §§ 414 ff. BGB und schränkt diese ein (vgl. BAG 11. März 2008 - 3 AZR 358/06 - Rn. 23, BAGE 126, 120; Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 5. Aufl. § 4 Rn. 59 f.). Die wirksame Schuldübernahme nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG führt zu einer vollständigen Auswechselung der Schuldner. Der bisherige Arbeitgeber wird von seinen Verpflichtungen befreit, der neue Arbeitgeber tritt an die Stelle des alten (Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG § 4 Rn. 84; Höfer BetrAVG Stand März 2010 § 4 Rn. 3696 f.). Die Norm bezweckt den Erhalt der Haftungsmasse zugunsten des Versorgungsberechtigten und des Pensionssicherungsvereins (PSV) (BAG 17. März 1987 - 3 AZR 605/85 - BAGE 54, 297, 304; vgl. auch 11. März 2008 - 3 AZR 358/06 - Rn. 26, aaO). Zugleich soll die Neufassung des § 4 Abs. 2 BetrAVG durch das Gesetz zur Neuordnung der einkommenssteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen(Alterseinkünftegesetz - AltEinkG) vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) mit Wirkung zum 1. Januar 2005 die Portabilität betrieblicher Altersversorgungsansprüche erleichtern und so den Veränderungen der Erwerbsbiografien Rechnung tragen (Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG § 4 Rn. 4).

24

Die Übertragung von Versorgungsanwartschaften ist formfrei möglich (Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 5. Aufl. § 4 Rn. 64; Höfer BetrAVG Stand März 2010 § 4 Rn. 3694). Nach § 4 Abs. 2 BetrAVG ist für eine wirksame Übernahme Voraussetzung, dass zuvor das Arbeitsverhältnis mit dem alten Arbeitgeber beendet worden ist. Solange der bisherige Versorgungsschuldner noch Arbeitgeber des Arbeitnehmers ist, kann seine Verpflichtung nicht mit schuldbefreiender Wirkung von einem Dritten übernommen werden. Neuer Versorgungsschuldner muss der neue Arbeitgeber sein, zu dem im Zeitpunkt der Übertragung schon und noch ein Arbeitsverhältnis bestehen muss (Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG § 4 Rn. 50, 53, 56). Schließlich ergibt sich aus dem Erfordernis eines dreiseitigen Übertragungsvertrags aus § 4 Abs. 2 BetrAVG die Voraussetzung eines Einvernehmens zwischen dem neuen und dem alten Arbeitgeber sowie dem Arbeitnehmer. Für die wirksam übernommene Anwartschaft besteht - in den Grenzen des § 7 Abs. 5 BetrAVG - sofort Insolvenzschutz.

25

C. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat erst der dreiseitige Vertrag vom 16. Januar 2007 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beendet. Dies ergibt die Auslegung des Vertrags vom 16. Januar 2007 und des Schreibens der Schuldnerin vom 27. Oktober 2006 unter Berücksichtigung vorstehend dargelegter Besonderheiten der Übernahme von Versorgungsanwartschaften nach § 4 Abs. 2 BetrAVG. Deshalb kann dahinstehen, ob die Auffassung des Landesarbeitsgerichts zutrifft, eine Vertragsübernahme, die lediglich auf den Austausch einer Vertragspartei ziele und bei der alle vertraglichen Rechte und Pflichten aufrechterhalten blieben, bedürfe nicht der Schriftform des § 623 BGB(aA die völlig hM, wonach ein dreiseitiger Vertrag, mit dem zugleich das Ausscheiden aus dem alten Arbeitsverhältnis geregelt wird, zur Wirksamkeit des darin liegenden Aufhebungsvertrags stets der Schriftform bedarf: LAG Köln 6. März 2003 - 4 Ta 404/02 - ArbuR 2003, 234; 22. Mai 2003 - 10 Sa 970/02 - ZInsO 2005, 333; LAG Schleswig-Holstein 5. Oktober 2010 - 3 Sa 137/10 -; LAG Rheinland-Pfalz 26. Oktober 2007 - 9 Sa 362/07 -; Staudinger/Oetker [2002] § 623 BGB Rn. 61; Preis/Gotthardt NZA 2000, 348, 355; Fleddermann ZinsO 2005, 304).

26

I. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Inhalt des Schreibens vom 27. Oktober 2006 sind unklar und lückenhaft. Zudem stehen sie im Widerspruch zum Vertrag vom 16. Januar 2007 und binden darum den Senat unabhängig von einer wirksamen Verfahrensrüge nicht.

27

Das Landesarbeitsgericht hat den Vertrag vom 16. Januar 2007 ausgehend von seiner Rechtsauffassung keiner Auslegung unterzogen, sondern nur angenommen, dass damit allein eine Regelung zur betrieblichen Altersversorgung habe getroffen werden sollen, in der die Rechtsfolge der Vereinbarung vom 27. Oktober 2006 deklaratorisch wiederholt worden sei. Die Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, weil es um den Inhalt einer Vertragsurkunde geht. Besondere Umstände des Einzelfalls, die der Auslegung eine bestimmte, der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogene Richtung geben könnten, scheiden aus (Senat 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 33, BAGE 129, 265). Darauf, ob nur eine einzige Auslegung möglich ist, kommt es nicht an (BGH 25. September 1975 - VII ZR 179/73 - BGHZ 65, 107, 112). Soweit die erforderliche Auslegung Elemente der Tatsachenfeststellung enthält, ist dem Senat durch die bei Entscheidungsreife durch § 563 Abs. 3 ZPO auferlegte Pflicht zur Sachentscheidung zugleich die hierzu erforderliche tatrichterliche Kompetenz eingeräumt(vgl. BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70; BGH 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96 - NJW 1998, 1219).

28

II. Der Vertrag vom 16. Januar 2007 besteht aus mehreren zusammengesetzten Rechtsgeschäften. Zum einen enthält er in Ziff. 1 im ersten Absatz die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten und damit einen Aufhebungsvertrag iSd. § 623 BGB. Zugleich wird im zweiten Absatz dieser Ziffer ein bereits seit Oktober 2006 gelebtes Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Schuldnerin zumindest bestätigt. Schließlich enthält Ziff. 3 der Vereinbarung eine Übertragung der Versorgungsanwartschaften durch dreiseitigen Vertrag zwischen dem Kläger, der Beklagten und der Schuldnerin gemäß § 4 Abs. 2 BetrAVG.

29

III. Ziff. 1 des Schuldübernahmevertrags vom 16. Januar 2007 enthält eine konstitutive Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien.

30

1. Die Parteien des Vertrags vom 16. Januar 2007 wollten, wie sich aus dessen Überschrift „Schuldübernahmevertrag für die betriebliche Altersversorgung aus einer unmittelbaren Versorgungszusage“ ergibt, mit diesem Vertrag die Verpflichtungen aus der von der Beklagten erteilten Versorgungszusage auf die Schuldnerin übertragen. Ihnen war dabei, wie in Ziff. 3 dieses Vertrags zum Ausdruck gekommen ist, bewusst, dass gesetzliche Voraussetzung dafür die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zur Beklagten war. Sie haben darum unter Ziff. 1 dieses Arbeitsverhältnis rückwirkend zum 30. September 2006 beendet. Dass sie damit nicht nur - wie vom Landesarbeitsgericht angenommen - die bereits im Oktober 2006 erfolgte Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien deklaratorisch bestätigen wollten, ergibt sich aus den Formulierungen in Ziff. 1 des Schuldübernahmevertrags. Danach „wird“ das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zum 30. September 2006 einvernehmlich beendet und „begründet“ der Kläger ein Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin mit Wirkung ab 1. Oktober 2006. Hätten die Parteien dieses Rechtsstreits mit dem Vertrag vom 16. Januar 2007 lediglich eine bereits im Oktober 2006 erfolgte Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses bestätigen wollen, hätten sie die Formulierung „ist beendet worden“ bzw. „ist begründet worden“ verwenden müssen.

31

2. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Parteien hätten bereits am 27. Oktober 2006 das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten beenden und ein neues Arbeitsverhältnis des Klägers zur Schuldnerin begründen wollen, wobei die auf Arbeitgeberseite Handelnden sowohl für die Beklagte als auch für die Schuldnerin die erforderlichen Willenserklärungen abgegeben hätten, ist im Übrigen auch nicht mit dem Inhalt des Schreibens vom 27. Oktober 2006 vereinbar. Dieses Schreiben ist unter dem Briefkopf der Schuldnerin verfasst und unter deren Firmenbezeichnung von zwei Personen unterzeichnet worden. Das Landesarbeitsgericht beschränkt sich darauf festzuhalten, dass die auf Seiten der Schuldnerin unterzeichnenden Personen auch für die Beklagte handeln konnten. Es nimmt an, dass die Erklärung der beiden Unterzeichner als Erklärung auch der Beklagten zu verstehen sei und hält fest, dass dem Kläger bekannt gewesen sei, dass die Unterzeichner für beide Unternehmen gehandelt hätten. Woraus es geschlossen hat, dass die Unterzeichner des Schreibens tatsächlich für beide Unternehmen handeln wollten und wieso dies angesichts des Briefkopfs und der Unterschrift, die auf ein Handeln ausschließlich für die Schuldnerin schließen ließen, dem Kläger erkennbar gewesen sein soll, begründet es nicht. Darauf weist die Revision zutreffend hin.

32

Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt ferner nicht, dass das Schreiben vom 27. Oktober 2006 bereits die Erklärung „alle übrigen Bedingungen Ihres Dienstvertrages - inklusive der Altersversorgung - gelten weiter“ enthält. Hätten die nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts drei beteiligten Parteien dieses Schreibens es wie von ihm angenommen interpretiert, hätte kein Bedürfnis für die Vereinbarung vom 16. Januar 2007 mehr bestanden. Dem berechtigten Interesse des Klägers an einem belastbaren Nachweis der formfrei wirksam möglichen Übertragung der Versorgungsanwartschaften wäre in diesem Fall bereits durch das Schreiben vom 27. Oktober 2006 genügt gewesen. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die Beteiligten des Schuldübernahmevertrags davon ausgegangen sind, dass die für eine wirksame Übertragung der Versorgungsanwartschaften nach § 4 Abs. 2 BetrAVG erforderliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten erst noch konstitutiv vereinbart werden musste. Dies ist in Ziff. 1 der Vereinbarung vom 16. Januar 2007 geschehen.

33

D. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§ 561 ZPO). Der Vertrag vom 16. Januar 2007 ist nicht wegen Versicherungsmissbrauchs nichtig. Der Kläger hat diesen Vertrag auch nicht wirksam angefochten. Ebenso wenig kann er die Befreiung aus dem Aufhebungsvertrag wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Beklagte bei Vertragsanbahnung verlangen. Schließlich besteht auch kein Anspruch auf Wiedereinstellung.

34

I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch rechtswirksamen Aufhebungsvertrag vom 16. Januar 2007 beendet worden. Der auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien zielende Antrag ist deshalb unbegründet.

35

1. Der Schuldübernahmevertrag vom 16. Januar 2007 ist nicht nach § 7 Abs. 5 BetrAVG nichtig. Auf den Streit der Parteien darüber, ob der Wert der Versorgungszusage des Klägers die Beitragsbemessungsgrenze übersteigt, kommt es nicht an. Selbst wenn das der Fall wäre, wäre der PSV von seiner Einstandspflicht nicht gänzlich entbunden, sondern müsste nur für die diesen Grenzwert übersteigenden Beträge nicht haften. Rechtsfolgen für die Wirksamkeit des Schuldübernahmevertrags wären damit nicht verbunden.

36

a) Der Kläger missversteht bei seiner Argumentation Zweck und Inhalt des § 7 Abs. 5 BetrAVG. Für die nach § 4 Abs. 2 BetrAVG übernommene Versorgungsanwartschaft besteht grundsätzlich sofort Insolvenzschutz. § 7 Abs. 5 BetrAVG begrenzt diesen zugunsten des PSV. Übertragungen, die ausschließlich den Zweck verfolgen, die Versorgungslast auf den PSV zu verlagern, sollen eingeschränkt werden. Rechtsfolge einer missbräuchlichen Zusage ist darum - anders als der Kläger annimmt - weder die Nichtigkeit der Schuldübernahmevereinbarung gemäß § 134 BGB noch die Nichtigkeit des gesamten Vertrags vom 16. Januar 2007, sondern lediglich ein Leistungsausschluss des PSV (vgl. BAG 19. Januar 2010 - 3 AZR 660/09 - Rn. 44, EzA BetrAVG § 7 Nr. 75; Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 5. Aufl. § 7 Rn. 292; Höfer BetrAVG Stand März 2010 § 7 Rn. 4547).

37

b) Zudem gewährt § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG dem Arbeitnehmer, dessen Versorgung in den letzten beiden Jahren vor dem Sicherungsfall auf einen anderen Arbeitgeber übertragen worden ist, gerade einen besonderen Insolvenzschutz. Die Zweijahres-Schutzfrist zugunsten des PSV findet in diesen Fällen grundsätzlich keine Anwendung. Allerdings enthält § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG wiederum eine Unterausnahme, soweit der Übertragungsbetrag die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung übersteigt. Um das Risiko des PSV und der ihn finanzierenden Arbeitgeber kalkulierbar zu halten, hat der Gesetzgeber die Einstandspflicht des PSV auf die Höhe der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt. Der diesen Grenzwert übersteigende Mehrbetrag kann lediglich vertraglich insolvenzgeschützt werden (BT-Drucks. 15/2150 S. 54; Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 5. Aufl. § 7 Rn. 307; Höfer BetrAVG Stand März 2010 § 7 Rn. 4573.3; Langohr-Plato/Teslau NZA 2004, 1353, 1358).

38

2. Der Aufhebungsvertrag in Ziff. 1 der Vereinbarung vom 16. Januar 2007 ist nicht gemäß § 142 BGB nichtig. Der Kläger hat diesen Vertrag nicht wirksam gemäß § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten. Weder hat er eine Anfechtungserklärung gegenüber der Schuldnerin abgegeben noch hat er den gesamten Vertrag vom 16. Januar 2007 angefochten. Eine isolierte Anfechtung allein des Aufhebungsvertrags ausschließlich gegenüber der Beklagten war, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat, wegen der engen Verflechtung der Rechtsbeziehungen aus dem Aufhebungsvertrag mit der Übertragung der Versorgungsanwartschaften nach § 4 Abs. 2 BetrAVG rechtlich nicht möglich.

39

a) Der Kläger hätte auch eine Anfechtungserklärung gegenüber der Schuldnerin bzw. deren Insolvenzverwalter abgeben müssen.

40

aa) Bei einer mehrseitigen Vertragsübernahme, bei der eine Partei alle Rechte und Pflichten einer anderen Partei aus einem von dieser mit einem Dritten geschlossenen Vertrag übernimmt, stehen dem eintretenden Teil (hier der Schuldnerin) der verbleibende (hier der Kläger) und der ausscheidende Teil (hier die Beklagte) gegenüber, die beide Rechte aus der Vereinbarung erwerben sollen. Der mit der Vertragsübernahme erstrebte Erfolg der Rechtsnachfolge in ein Schuldverhältnis ist also nur durch das Zusammenwirken aller drei Parteien erreichbar. Ficht der im Vertragsverhältnis verbleibende Vertragspartner seine Zustimmungserklärung an, so berührt dies die Rechte aller drei an dem mehrseitigen Vertrag Beteiligten. Der Bundesgerichtshof hat darum angenommen, dass in einem solchen Fall die Anfechtung wirksam nur durch eine den beiden anderen Vertragspartnern gegenüber abzugebende Erklärung erfolgen kann (3. Dezember 1997 - XII ZR 6/96 - zu 2 b der Gründe, BGHZ 137, 255; Staudinger/Roth [2003] § 143 Rn. 22). Er hat für diese Konstellation an seiner Entscheidung vom 27. November 1985 (- VIII ZR 316/84 - BGHZ 96, 302, 309 ff.) ungeachtet der daran geübten Kritik (Dörner NJW 1986, 2916) festgehalten, in der er eine Anfechtung der Partei, die alle Rechte und Pflichten aus dem zwischen den beiden anderen Parteien geschlossenen Vertrag übernommen hat, gegenüber dem verbleibenden und ausscheidenden Vertragspartner für erforderlich gehalten hat. Der an sich zutreffende Hinweis des Klägers, dass die Entscheidung von 1985 eine andere Konstellation als die vorliegende betreffe, hilft ihm daher nicht weiter.

41

bb) Die Revision weist im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass der Aufhebungsvertrag kein drei-, sondern ein zweiseitiger Vertrag ist und auch durch die bloße Verbindung in einer Vertragsurkunde mit der Schuldübernahme nicht zu einem dreiseitigen Vertrag geworden ist. Die Nichtigkeit des Aufhebungsvertrags berührt an sich die Schuldnerin und das bei ihr bestehende Arbeitsverhältnis nur mittelbar, weil der Kläger seine rechtlichen Verpflichtungen aus zwei Vollzeitarbeitsverhältnissen nicht gleichzeitig erfüllen kann.

42

Die Verbindung des Aufhebungsvertrags mit der Übertragung der Versorgungsanwartschaften nach § 4 Abs. 2 BetrAVG führt aber jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der Aufhebungsvertrag im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Übertragung der Versorgungsanwartschaft und in derselben Urkunde wie diese geschlossen worden ist, zu einer derart engen Verflechtung der Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien des Aufhebungsvertrags mit denen des Schuldübernahmevertrags, dass eine Anfechtungserklärung auch gegenüber der Schuldnerin erforderlich ist.

43

(1) Wird ein Aufhebungsvertrag wirksam angefochten, ist er gemäß § 142 Abs. 1 BGB ex tunc nichtig(vgl. KR/Spilger 9. Aufl. AufhebungsV Rn. 33). Der Schuldübernahmevertrag setzt voraus, dass zuvor das Arbeitsverhältnis mit dem alten Arbeitgeber beendet worden ist. Mit der vom Kläger angestrebten Anfechtung wäre deshalb dem Schuldübernahmevertrag vom 16. Januar 2007 seine rechtliche Grundlage entzogen worden. Eine andere, dem Schuldübernahmevertrag zeitlich vorangehende formwirksame Aufhebungsvereinbarung als die im Vertrag vom 16. Januar 2007 gibt es - auch nach der im Prozess vertretenen Auffassung des Klägers - nicht.

44

(2) § 4 Abs. 2 BetrAVG stellt somit angesichts der von den Parteien des Vertrags vom 16. Januar 2007 gewählten Verfahrensweise zwischen den drei daran Beteiligten eine rechtlich unteilbare Verknüpfung her. Die vom Kläger erstrebte Nichtigkeit des Aufhebungsvertrags berührt auch die Wirksamkeit des Schuldübernahmevertrags und damit auch die Rechte und Interessen der Schuldnerin bzw. des Insolvenzverwalters. Darum musste der Kläger die Anfechtung gegenüber allen Beteiligten des Schuldübernahmevertrags vom 16. Januar 2007 erklären. Andernfalls hätte er es in der Hand gehabt, nur einen Teil der Rechtsbeziehungen mit seiner Anfechtungserklärung zu vernichten, obwohl diese zugleich auch die Umgestaltung des Schuldverhältnisses zu Lasten der verbleibenden Vertragspartner zur Folge gehabt hätte (vgl. BGH 27. November 1985 - VIII ZR 316/84 - BGHZ 96, 302, 309; Staudinger/Roth [2003] § 143 Rn. 23).

45

(3) Dem steht, anders als der Kläger annimmt, nicht entgegen, dass die Schuldübernahme abstrakter (dinglicher) Natur ist und Mängel in der Rechtsgrundbeziehung ihre Wirksamkeit grundsätzlich nicht berühren (RG 10. März 1906 - V 387/1905 - RGZ 63, 42, 46; Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 5. Aufl. § 4 Rn. 61). In der vorliegenden Konstellation geht es nicht um Mängel eines zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts.

46

b) Der Kläger hat keine Anfechtungserklärung gegenüber der Schuldnerin abgegeben. Das Schreiben vom 14. April 2008 war ausdrücklich allein an die Beklagte gerichtet. Entgegen der Auffassung des Klägers enthält der Schriftsatz vom 12. Februar 2008 im Verfahren - 2 Ca 5912/07 - vor dem Arbeitsgericht Dortmund keine Anfechtungserklärung gegenüber dem Insolvenzverwalter der Schuldnerin.

47

aa) Anfechtungserklärung ist jede Willenserklärung, die unzweideutig erkennen lässt, dass das Rechtsgeschäft rückwirkend beseitigt werden soll. Dabei bedarf es nicht des Gebrauchs des Wortes „anfechten“. Es kann je nach den Umständen genügen, wenn eine nach dem objektiven Erklärungswert der Willensäußerung übernommene Verpflichtung bestritten wird. In jedem Fall ist aber erforderlich, dass sich unzweideutig der Wille ergibt, das Geschäft gerade wegen des Willensmangels nicht bestehen zu lassen (BGH 14. November 2001 - IV ZR 181/00 - NJW-RR 2002, 380).

48

bb) Der Kläger hat im Schriftsatz vom 12. Februar 2008 nicht, wie er im vorliegenden Prozess geltend macht, eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er auch wegen der Täuschung über die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin von der Unwirksamkeit des gesamten Schuldübernahmevertrags und damit auch des Aufhebungsvertrags ausgegangen sei. Er hat vielmehr aus dem nach seiner Behauptung allen Beteiligten außer ihm bekannten Umstand, dass die Schuldnerin im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags vom 16. Januar 2007 „nahezu zahlungsunfähig“ gewesen sei, wie ausgeführt zu Unrecht, auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung wegen eines Versicherungsmissbrauchs nach § 7 Abs. 5 BetrAVG geschlossen. Er hat sich damit allein auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung aus Rechtsgründen, nicht aber, wie für eine konkludente Anfechtungserklärung erforderlich, wegen eines Willensmangels berufen.

49

c) Darüber hinaus hat der Kläger mit Schreiben vom 14. April 2008 ausschließlich den Aufhebungsvertrag angefochten. Wegen der Verknüpfung der Rechtsbeziehungen der drei am Schuldübernahmevertrag Beteiligten war eine solche Teilanfechtung nicht möglich.

50

aa) Eine Teilanfechtung ist nur möglich, wenn der nach Wegfall des angefochtenen Teils verbleibende Rest bei objektiver, vom Willen der Beteiligten absehender Betrachtung als selbständiges, unabhängig von den anderen Teilen bestehendes Rechtsgeschäft denkbar ist. Dabei kommt es für die Frage, ob eine Teilanfechtung begrifflich möglich ist, nicht auf den Willen der am Rechtsgeschäft Beteiligten, sondern allein auf die objektive (gedankliche) Zerlegbarkeit des Rechtsgeschäfts an (BGH 5. April 1973 - II ZR 45/71 - WM 1973, 637; 5. November 1982 - V ZR 166/81 - WM 1983, 92). Wie ausgeführt war der bei isolierter Anfechtung nur des Aufhebungsvertrags verbleibende Vertrag über die Übertragung der Versorgungsanwartschaften wegen der Regelung des § 4 Abs. 2 BetrAVG nicht als selbständiges Rechtsgeschäft denkbar.

51

bb) Der Kläger hat mit seinem Schreiben vom 14. April 2008 nur den Aufhebungsvertrag, nicht aber zugleich auch den Schuldübernahmevertrag angefochten. Nach dem objektiven Erklärungswert des Anfechtungsschreibens vom 14. April 2008 lag allein eine Anfechtung des Aufhebungsvertrags vor. Dies kommt eindeutig und nicht interpretierbar in der Formulierung zum Ausdruck „erklären wir hiermit die Anfechtung des Schuldübernahmevertrages insoweit, als darin in Ziffer 1. ein Aufhebungsvertrag enthalten ist, durch den das Arbeitsverhältnis unseres Mandanten zu Ihrer Gesellschaft beendet worden ist“. Dementsprechend hat die Beklagte in ihrem Antwortschreiben die Anfechtung als Teilanfechtung verstanden. Auch in Kenntnis dieses Verständnisses der Beklagten hat der Kläger in seinem Antwortschreiben vom 8. Mai 2008 nicht etwa darauf hingewiesen, er wolle den gesamten Vertrag vom 16. Januar 2007 anfechten, sondern hat im Gegenteil im letzten Absatz dieses Schreibens mitgeteilt, dass es dabei verbleibe, dass infolge der erklärten Anfechtung der Vertrag vom 16. Januar 2007 „über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zu Ihrer Gesellschaft“ unwirksam geworden sei. Auch die Anträge im vorliegenden Prozess, die sich ausschließlich auf den Aufhebungsvertrag und das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten beziehen, sprechen für den Willen des Klägers, die Übertragung der Versorgungsanwartschaften auf die Schuldnerin nicht in Zweifel zu ziehen.

52

3. Der Kläger kann auch nicht die Rückgängigmachung des Aufhebungsvertrags wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung (§ 280 Abs. 1 Satz 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 249 Abs. 1 BGB) verlangen.

53

a) § 123 BGB verdrängt die Vorschriften über den Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung nicht(Palandt/Grüneberg 70. Aufl. § 311 Rn. 13; vgl. für die Ansprüche aus cic. BGH 31. Januar 1962 - VIII ZR 120/60 - NJW 1962, 1196; 18. September 2001 - X ZR 107/00 - NJW-RR 2002, 308). Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung können also statt der Anfechtung und insbesondere auch nach Ablauf der Frist des § 124 BGB erhoben werden(BGH 11. Mai 1979 - V ZR 75/78 - NJW 1979, 1983).

54

b) Die Beklagte hat den Kläger nicht durch das Unterlassen einer Aufklärung über die nach Behauptung des Klägers bevorstehende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin arglistig getäuscht.

55

aa) Die Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet die eine Vertragspartei dazu, die andere unaufgefordert über solche Umstände zu informieren, die dieser unbekannt, aber für ihre Entscheidung im Zusammenhang mit dem Zustandekommen oder der Durchführung des Arbeitsverhältnisses erheblich sind. Darum darf ein Arbeitgeber, der Vertragsverhandlungen führt, bestehende Umstände, gleich welcher Art, die die vollständige Durchführung des Rechtsverhältnisses in Frage stellen können, nicht verschweigen, soweit sie ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen (BAG 14. Juli 2005 - 8 AZR 300/04 - zu II 2 b aa der Gründe, AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 41 = EzA BGB 2002 § 242 Nr. 1; vgl. auch BGH 6. Dezember 1995 - VIII ZR 192/94 - zu II 2 der Gründe, NJW-RR 1996, 429). Das kann den Arbeitgeber dazu verpflichten, dem Arbeitnehmer bei Vertragsverhandlungen eine wirtschaftliche Bedrängnis zu offenbaren (BAG 24. September 1974 - 3 AZR 589/73 - AP GmbHG § 13 Nr. 1 = EzA BGB § 823 Nr. 8; BGH 21. Juni 1974 - V ZR 15/73 - zu II c der Gründe, NJW 1974, 1505). Unter Umständen kann der Arbeitgeber auch dazu verpflichtet sein, darauf hinzuweisen, dass er zu pünktlichen Gehaltszahlungen nicht in der Lage sein werde (BAG 24. September 1974 - 3 AZR 589/73 - aaO).

56

bb) Nach diesen Maßstäben bestand bei Abschluss des Vertrags vom 16. Januar 2007 keine Aufklärungspflicht der Beklagten.

57

(1) Bis zum Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten von Ende März 2007 und der daraufhin erfolgten Kündigung des Beherrschungsvertrags am 26. März 2007 lag keine Insolvenzreife der Schuldnerin vor. Bis dahin war der Ausgleich der Verluste der Schuldnerin sichergestellt. Tatsächlich hat diese bis einschließlich März und damit nach Abschluss des Schuldübernahmevertrags Mitte Januar 2007 noch für drei Monate die Gehälter ihrer Arbeitnehmer zahlen können. Zahlungsunfähigkeit iSd. § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO lag damit nicht vor(BGH 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04 - BGHZ 163, 134). Selbst dann, wenn - wie der Kläger behauptet - die Beklagte bereits vor der Kündigung des Beherrschungsvertrags zu einem Verlustausgleich nicht mehr bereit gewesen sein sollte, war sie dazu doch vertraglich (noch) verpflichtet. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vom 16. Januar 2007 war damit noch sichergestellt, dass die Schuldnerin ihre Verpflichtungen aus diesem Vertrag zunächst würde erfüllen können. Ob und wann der Beherrschungsvertrag von der dafür allein zuständigen Gesellschafterversammlung gekündigt werden würde, stand für die Vertreter der Beklagten bei Abschluss des Vertrags vom 16. Januar 2007 nicht fest. Das gilt um so mehr, als keine Personenidentität zwischen den bei Abschluss des Vertrags vom 16. Januar 2007 für die Beklagte handelnden Personen und der Gesellschafterversammlung vorlag. Bereits darum bestand keine Hinweispflicht der Beklagten auf eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin.

58

(2) Derartige Hinweispflichten hätten im Vorfeld des Abschlusses des Aufhebungsvertrags ohnehin allenfalls die Schuldnerin als neue Arbeitgeberin des Klägers getroffen. Nur deren vom Kläger behauptete Liquiditätsprobleme standen der dauerhaften Durchführung des von den Beteiligten des Schuldübernahmevertrags beabsichtigten Arbeitgeberwechsels entgegen, während die Durchführung des Aufhebungsvertrags dadurch nicht gefährdet war. Das sieht auch der Kläger nicht anders, wenn er ausführt, dass die Schuldnerin verpflichtet gewesen sei, ihn auf ihre bevorstehende Zahlungsunfähigkeit hinzuweisen.

59

(3) Soweit der Kläger vorgetragen hat, eine entsprechende Aufklärungspflicht habe auch die Beklagte getroffen, weil sie ihn veranlasst habe, den hier in Rede stehenden Vertrag verbunden mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu ihr zu unterzeichnen, steht dies nicht im Einklang mit seinem Vorbringen im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht, das es in den Entscheidungsgründen berücksichtigt hat. Danach ist es zu der Vereinbarung vom 16. Januar 2007 gekommen, weil sich der Kläger um die Sicherung seiner Altersversorgung bemüht und den Status seiner Altersversorgung unter Einschaltung der Firma Hö zu klären versucht hat. Mit dem von dieser übermittelten Entwurf der Vereinbarung vom 16. Januar 2007 hat er sich an den Prokuristen B gewandt. Diese Tatsachenfeststellungen, die auch in den Entscheidungsgründen getroffen werden können (BAG 23. Februar 2005 - 4 AZR 139/04 - BAGE 114, 33, 46 f.), hat der Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen, so dass sie den Senat binden. Der Kläger hat in der Revisionsbegründung nur die aus diesem Vortrag vom Landesarbeitsgericht gezogenen Schlussfolgerungen, nicht aber die Tatsachenfeststellung an sich angegriffen.

60

Die Beklagte musste den selbst initiativ gewordenen Kläger auf etwaige, ihr möglicherweise bekannte Zahlungsschwierigkeiten der Schuldnerin nicht hinweisen, sondern durfte es ihm grundsätzlich überlassen, sich über die Folgen und Risiken seines Ausscheidens zu unterrichten (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 3 AZR 339/00 - AP BetrAVG § 1 Auskunft Nr. 2 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 62).

61

c) Selbst dann, wenn ein Verschulden der Beklagten bei Vertragsanbahnung vorläge, könnte der Kläger die begehrte Rechtsfolge, nämlich die Beseitigung des Aufhebungsvertrags unter Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten, nicht im Wege des Schadensersatzes erlangen.

62

aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet eine arglistige Täuschung in der Regel zugleich eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsabschluss. Dies führt dazu, dass Rechte aus dem durch die Täuschung herbeigeführten Vertrag nicht geltend gemacht werden können. Die arglistige Täuschung kann also zu einem Schadensersatzanspruch auf Schuldbefreiung führen (st. Rspr. seit 31. Januar 1962 - VIII ZR 120/60 - NJW 1962, 1196; vgl. auch 11. Mai 1979 - V ZR 75/78 - NJW 1979, 1983 mit ausführlichen Nachw. aus der Rspr. des B GH sowie aus neuerer Zeit 18. September 2001 - X ZR 107/00 - NJW-RR 2002, 308).

63

bb) Demgegenüber hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (seit 10. März 1988 - 8 AZR 420/85 - AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 99 = EzA BGB § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 6) die Verletzung der Aufklärungspflicht vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags nur finanzielle Entschädigungsansprüche zur Folge, kann aber die Nichtigkeit des Vertrags nicht begründen (BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 234/95 - EzA BGB § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 21; 17. Oktober 2000 - 3 AZR 605/99 - AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 116 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 59). Dem stimmt die Literatur weit überwiegend zu (siehe die Nachw. bei K. Winter Aufklärungspflichten beim Aufhebungsvertrag S. 190 zu Fn. 811).

64

cc) Die unterschiedliche Behandlung der aus der Verletzung von Aufklärungspflichten bei der Vertragsanbahnung folgenden Schadensersatzansprüche erklärt sich aus den unterschiedlichen Ausgangskonstellationen und Rechtsfolgen in den von Bundesgerichtshof und Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen. Der Bundesgerichtshof hatte nicht über Schadensersatzansprüche bei der Anbahnung von Aufhebungsverträgen, mit denen ein Dauerschuldverhältnis beendet worden war, zu entscheiden. Die Besonderheit einer derartigen Konstellation, die Aufhebungsverträge von anderen, auf den Austausch wechselseitiger Leistungen gerichteten Verträge unterscheidet, liegt darin, dass der Arbeitnehmer, der die Unwirksamkeit eines Aufhebungsvertrags geltend macht, nicht nur von seinen Pflichten aus dem Aufhebungsvertrag befreit werden will. Er strebt vielmehr den als Rechtsfolge einer Beseitigung des Aufhebungsvertrags eintretenden Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber an, will also die Vertragsbeziehung mit diesem gerade fortsetzen. Dies geht über die vom Bundesgerichtshof angenommene bloße Abwicklung des Vertrags unter Rückgewähr der wechselseitigen Leistungen, die zu einer endgültigen Beendigung der Vertragsbeziehung der Parteien führt, deutlich hinaus. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer darum im Wege des Schadensersatzes nicht erreichen.

65

dd) Zwar hat der Neunte Senat für den Fall der fehlerhaften Information über die versorgungsrechtlichen Folgen einer vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Altersteilzeitvereinbarung unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommen, dass der Schadensersatzanspruch sich auch auf die Rückgängigmachung des Vertrags und damit darauf richten könne, den Arbeitnehmer so zu stellen, als bestünde das Arbeitsverhältnis zu den alten Bedingungen fort (10. Februar 2004 - 9 AZR 401/02 - BAGE 109, 294, 307). Abgesehen davon, dass in diesem Fall das Arbeitsverhältnis, wenn auch als Altersteilzeitverhältnis, noch fortbestand und nicht schon durch Aufhebungsvertrag beendet war, kann sich wegen der rechtlichen Verknüpfung von Aufhebungs- und Schuldübernahmevertrag durch § 4 Abs. 2 BetrAVG in der hier vorliegenden Konstellation der Schadensersatzanspruch nicht allein auf eine Rückgängigmachung des Aufhebungsvertrags unter Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses zur Beklagten richten.

66

II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Wiedereinstellung.

67

1. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB).

68

a) Gemäß § 313 BGB liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss in schwerwiegender Weise geändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Geschäftsgrundlage sind nur die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsabschluss jedoch zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Vertragspartei vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien aufbaut (BAG 14. März 2000 - 9 AZR 204/99 -; BGH 15. November 2000 - VIII ZR 324/99 - NJW 2001, 1204). Was selbst Vertragsinhalt ist, kann damit nicht Geschäftsgrundlage sein (BAG 15. Juni 2010 - 3 AZR 861/08 - Rn. 45, AP TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 32; BGH 27. September 1991 - V ZR 191/90 - ZIP 1991, 1599). Kommt es auf Veranlassung des Arbeitgebers zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags, kann bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Störung der Geschäftsgrundlage die erforderliche Vertragsanpassung auch in einer Wiedereinstellung liegen (Senat 8. Mai 2008 - 6 AZR 517/07 - Rn. 25, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 40 = EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 6). Für das Vorliegen der Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, insbesondere dafür, dass dem Vertragsschluss bestimmte beiderseitige Vorstellungen zugrunde gelegen haben, ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage beruft (BAG 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - Rn. 21, AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 61).

69

b) Der Kläger hat in den Vorinstanzen zwei unterschiedliche Geschäftsgrundlagen behauptet, die nach seiner Behauptung dem Schuldübernahmevertrag vom 16. Januar 2007 zugrunde gelegen haben. Er hat jedoch für keine dieser beiden behaupteten Geschäftsgrundlagen die Voraussetzungen des § 313 BGB dargelegt. Es kann daher dahinstehen, ob diese beiden Geschäftsgrundlagen sich wechselseitig ausschließen.

70

aa) Erstinstanzlich hat der Kläger vorgetragen, Geschäftsgrundlage sei die gemeinsame Annahme der Parteien gewesen, dass er seine Ansprüche gegen die Beklagte aus der betrieblichen Altersversorgung durch den Schuldübernahmevertrag nicht verliere. Die Parteien haben jedoch unter Ziff. 3 des Vertrags vom 16. Januar 2007 gerade diesen Umstand, nämlich den Verlust der gegen die Beklagte gerichteten Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung, zum Vertragsinhalt gemacht. Dies kann daher keinen Anspruch auf eine Vertragsanpassung begründen. Im Übrigen hat der Kläger angenommen, erst durch das Leistungsverweigerungsrecht des PSV habe sich die Sachlage, die Grundlage des Vertragsabschlusses gewesen sei, im Nachhinein im Wesentlichen geändert. Den PSV trifft aber, wie der Kläger selbst vorträgt und wie sich aus den Ausführungen zu § 7 Abs. 5 BetrAVG ergibt, eine Einstandspflicht.

71

bb) In der Berufungsinstanz hat der Kläger als Geschäftsgrundlage den Umstand behauptet, dass er mit der Schuldnerin eine ebenso solvente Arbeitgeberin habe erhalten sollen wie zuvor mit der Beklagten. Dem Schuldübernahmevertrag habe ein Versorgungszweck zugrunde gelegen. Der Kläger habe wirtschaftlich so gestellt werden sollen, als hätte er das Arbeitsverhältnis zur Beklagten fortgesetzt.

72

(1) Auch dieser geänderte Vortrag ist nicht geeignet, eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB zu begründen. Er steht nicht nur im Widerspruch zu dem Vortrag des Klägers erster Instanz, sondern ist auch in sich widersprüchlich. Wenn die für die Arbeitgeberseite handelnden Personen sämtlich Kenntnis der bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hatten, wie der Kläger behauptet, stand dies gerade der von ihm ebenfalls behaupteten gemeinsamen Annahme, der Kläger erhalte mit der Schuldnerin eine ebenso solvente Arbeitgeberin wie zuvor die Beklagte, entgegen. Wegen der von ihm behaupteten Bösgläubigkeit der Vertreter der Beklagten konnte es sich bei der Solvenz der Schuldnerin auch nicht um eine einseitige, bei Abschluss des Vertrags zutage getretene, der Beklagten erkennbar gewordene und von ihr nicht beanstandete Vorstellung des Klägers handeln, auf der der beiderseitige Geschäftswille zum Abschluss des Aufhebungsvertrags aufgebaut hat. Nach dem Vortrag des Klägers wollte die Beklagte ihm gerade keinen solventen neuen Arbeitgeber verschaffen. Im Gegenteil hätten die für die Beklagte Handelnden gewusst, dass die Schuldnerin den Kläger nicht auf Dauer werde beschäftigen und auch die Verpflichtungen aus der betrieblichen Altersversorgung nicht werde erfüllen können.

73

(2) Darüber hinaus hat der Kläger die von ihm behauptete Geschäftsgrundlage auch nicht hinreichend dargelegt. Er hat lediglich eine Geschäftsgrundlage behauptet und auf den vermeintlichen Versorgungszweck des Vertrags verwiesen, ohne im Einzelnen zu schildern, woraus geschlossen werden könnte, dass es sich bei diesen Voraussetzungen des Vertragsschlusses nicht nur um ein einseitig gebliebenes Motiv des Klägers, sondern um übereinstimmend zur Geschäftsgrundlage erhobene Vorstellungen gehandelt hat. Zu einem derartigen Vortrag bestand umso mehr Anlass, als der vom Kläger angesprochene Versorgungszweck des Schuldübernahmevertrags angesichts der besonderen Umstände im vorliegenden Fall nicht zwingend ist. Der Kläger war seit Jahren tatsächlich für die Schuldnerin tätig. Der Vertrag kann also auch vornehmlich bezweckt haben, die rechtlichen Verhältnisse der seit Jahren gelebten Praxis anzupassen. Genau dies hat die Beklagte in der Berufungserwiderung vorgetragen, ohne dass der Kläger dem substantiiert entgegengetreten ist.

74

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Wiedereinstellung aufgrund des von ihm erklärten Rücktritts vom Aufhebungsvertrag zu.

75

Der Kläger stützt auch diesen Rücktritt auf § 313 Abs. 3 BGB. Die Voraussetzungen für eine Störung der Geschäftsgrundlage liegen, wie ausgeführt, nicht vor. Auch ein Rücktritt gemäß § 323 BGB ist dem Kläger verwehrt, weil die Beklagte keine Vertragspflichten verletzt hat.

76

3. Die Beklagte ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB)zur erneuten Kontrahierung mit dem Kläger verpflichtet.

77

a) Zu den grundlegenden Prinzipien des Zivilrechts gehört die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Vertragsfreiheit, zu der auch die Abschlussfreiheit zählt. Aus der negativen Vertragsfreiheit des Arbeitgebers folgt, dass dieser nach wirksamer Beendigung des Arbeitsverhältnisses frei entscheiden kann, ob er dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer ein neues Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrags macht oder dessen entsprechendes Angebot annimmt. Die Abschlussfreiheit ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen durch einen Kontrahierungszwang eingeschränkt. Ein solcher Ausnahmefall kann sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben. Dieser Grundsatz stellt eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung dar, die einer gegen § 242 BGB verstoßenden Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage entgegensteht. § 242 BGB eröffnet damit die Möglichkeit, jede atypische Interessenlage zu berücksichtigen, bei der ein Abweichen von der gesetzlichen Rechtslage zwingend erscheint(BAG 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - Rn. 31 ff., AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 61).

78

b) Eine atypische Interessenlage, die unter Durchbrechung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit zu einem Kontrahierungszwang für die Beklagte führte, liegt nicht vor.

79

aa) Die Ausübung eines Rechts ist regelmäßig rechtsmissbräuchlich, wenn der Berechtigte es durch gesetzes-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erworben hat (BGH 26. November 2004 - V ZR 90/04 - zu II 2 b aa (1) der Gründe mwN, NJW-RR 2005, 743). Das ist hier nicht der Fall. Die Beklagte hat ihre Rechtsstellung aus dem Aufhebungsvertrag nicht unredlich erworben.

80

bb) Der Kläger kann seine Wiedereinstellung auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines widersprüchlichen Verhaltens der Beklagten verlangen.

81

Das Bundesarbeitsgericht hat erhöhte Hinweis- und Aufklärungspflichten eines Arbeitgebers angenommen, der im betrieblichen Interesse den Arbeitnehmer zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags unter Wechsel zu einem Tochterunternehmen veranlasst und dabei den Eindruck erweckt hat, er werde „im Fall der Fälle“, dh. bei der vorzeitigen Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses, für eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sorgen. Ein solcher Arbeitgeber handelt widersprüchlich, wenn er bei einer Insolvenz des Tochterunternehmens trotz bestehender Weiterbeschäftigungsmöglichkeit einem Beschäftigungsverlangen des Arbeitnehmers nicht nachkommt (vgl. 21. Februar 2002 - 2 AZR 749/00 - zu B II 2 u. 3 der Gründe, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 7). Eine derartige Konstellation liegt hier nicht vor. Es fehlt bereits an einer Veranlassung des Arbeitgeberwechsels durch die Beklagte. Darüber hinaus ist auch hier nicht der Anschein erweckt worden, die Beklagte werde bei einer Insolvenz der Schuldnerin für eine Weiterbeschäftigung des Klägers sorgen.

82

cc) Auch im Übrigen liegt keine atypische Interessenlage vor, die ein Abweichen von der Vertragsfreiheit im vorliegenden Fall zwingend erscheinen ließe. Allerdings hat der Kläger durch den Aufhebungsvertrag in Verbindung mit dem Arbeitgeberwechsel und den Schuldübernahmevertrag sein seit knapp 40 Jahren bestehendes Arbeitsverhältnis aufgegeben. Seine Versorgungsanwartschaft ist zwar über den PSV gesichert, erreicht jedoch nicht mehr die Höhe wie bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Wechsel in den Ruhestand. Zudem ist der PSV von der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG befreit, so dass die einmal erreichte betriebliche Rentenleistung nicht inflationsgeschützt ist. Insofern führt die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrags unter Verneinung eines Wiedereinstellungsanspruchs sicherlich zu einer erheblichen Härte für den Kläger. Letztlich hat sich jedoch für den Kläger, der für den Schuldübernahmevertrag selbst initiativ geworden ist und durch Einschaltung einer Beratungsfirma selbst entscheidenden Einfluss auf diesen Vertrag genommen hat, nur ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht. Dem in vergleichbaren Fällen berechtigten Schutzinteresse des Arbeitnehmers ist bei von beiden Seiten unvorhergesehenen Änderungen durch das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), das unter hier nicht vorliegenden Umständen einen Wiedereinstellungsanspruch begründen kann, genügt. Im Übrigen sind die Arbeitnehmer auf die Institute der Anfechtung und des auf Geldersatz gerichteten Schadensersatzes nach §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu verweisen.

83

E. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lorenz    

        

    Matiaske    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 4. Juni 2009 - 16 Sa 1557/08 - teilweise aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 27. August 2008 - 4 Ca 2588/07 - bezüglich eines weitergehenden Vergütungsanspruchs von 3.197,82 Euro (Weihnachtszuwendung), eines weitergehenden Schadensersatzanspruchs von 27.072,46 Euro und eines Zinsanspruchs vor dem 27. Dezember 2007 zurückgewiesen hat.

Die weitergehende Berufung und Revision des Klägers sowie die Berufung und die Revision der Beklagten werden zurückgewiesen.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 4. Juni 2009 - 16 Sa 1557/08 - und, unter teilweiser Abänderung auf die Berufung des Klägers, das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 27. August 2008 - 4 Ca 2588/07 - werden zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 46.276,77 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 1.022,89 Euro seit dem 1. Juni 2004,

aus 6.464,84 Euro seit dem 1. Juli 2004,

aus 6.464,84 Euro seit dem 1. August 2004,

aus 6.464,84 Euro seit dem 1. September 2004,

aus 6.464,84 Euro seit dem 1. Oktober 2004,

aus 6.464,84 Euro seit dem 1. November 2004,

aus 6.464,84 Euro seit dem 1. Dezember 2004,

aus 6.464,84 Euro seit dem 1. Januar 2005 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 139.362,96 Euro als Schadensersatz nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 369,25 Euro seit dem 1. Juni 2004,

aus 19.464,10 Euro seit dem 1. Juli 2004,

aus 19.464,10 Euro seit dem 1. August 2004,

aus 19.464,10 Euro seit dem 1. September 2004,

aus 19.464,10 Euro seit dem 1. Oktober 2004,

aus 19.464,10 Euro seit dem 1. November 2004,

aus 19.464,10 Euro seit dem 1. Dezember 2004,

aus 19.464,10 Euro seit dem 1. Januar 2005 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass dem Kläger aus der Zeit bis zum 31. Dezember 2004 noch nicht gewährte 35 Urlaubstage und 1 AZV-Tag zustehen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der dem Kläger dadurch entsteht, dass die Beiträge zur Nordrheinischen Ärzteversorgung für den Zeitraum vom 27. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2004 von der Beklagten verspätet nachentrichtet werden und der Kläger dadurch schlechter steht, als wenn die Beiträge im laufenden Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 27. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2004 eingezahlt worden wären.

Die weitergehende Klage - ausgenommen ein weitergehender Vergütungsanspruch von 3.197,82 Euro (Weihnachtszuwendung) - wird abgewiesen.

Soweit das Landesarbeitsgericht Hamm die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 27. August 2008 - 4 Ca 2588/07 - auf Zahlung einer weiteren Vergütung (Weihnachtszuwendung) in Höhe von 3.197,82 Euro zurückgewiesen hat, wird der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens - zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wesentlichen über Zahlungsansprüche des Klägers für das Jahr 2004, die dieser geltend macht, nachdem eine ihm ausgesprochene außerordentliche Kündigung rechtskräftig für unwirksam erklärt worden ist.

2

Der Kläger war seit 1. Oktober 1976 leitender Arzt der Anästhesieabteilung des Mhospitals in G, dessen Trägerin die Beklagte ist.

3

Nach § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 16. September 1976 war der Kläger verpflichtet, nach dem jeweils neuesten Stand gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse die stationäre Behandlung aller Patienten seiner Abteilung einschl. der Gutachten und Beobachtungsfälle durchzuführen sowie die stationären Patienten der anderen Abteilungen zu untersuchen und mitzubehandeln, soweit sein Fachgebiet berührt wird und er zur Konsiliartätigkeit hinzugezogen wird.

4

Der die sog. Nebentätigkeiten regelnde § 5 des Arbeitsvertrages lautet auszugsweise:

        

„Der Arzt ist berechtigt, oder auch auf Wunsch des Krankenhauses verpflichtet, über den Rahmen seiner Haupttätigkeit iSd. § 3 im Krankenhaus folgende Nebentätigkeiten auszuüben:

        
        

Ambulanz (ggf. berufsgenossenschaftliches Durchgangsarztverfahren), Sprechstundenpraxis und Konsiliar- und Gutachtertätigkeit, soweit Zeugnisse und Gutachten von anderer Seite als vom Krankenhaus angefordert werden.

        
        

...     

        

Durch die gestattete Nebentätigkeit darf die einwandfreie ärztliche Versorgung der stationären Kranken nicht beeinträchtigt werden.

        
        

Die nach Abs. (1) erteilte Erlaubnis zur Ausübung von Nebentätigkeiten kann jederzeit vom Krankenhausträger widerrufen oder eingeschränkt werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen. Sie liegen insbesondere dann vor, wenn durch die Ausübung der Nebentätigkeit die dienstliche Haupttätigkeit (§ 3) oder der allgemeine Dienstbetrieb beeinträchtigt werden.

        
        

Widerruft der Krankenhausträger die Nebentätigkeit oder schränkt er diese ein, so ist er nicht verpflichtet, dem leitenden Abteilungsarzt eine Entschädigung für die diesem daraus entstehenden finanziellen oder sonstigen Nachteile zu gewähren.“

        
5

Dem Kläger war nach § 4 des Arbeitsvertrages das Recht eingeräumt worden, die medizinisch-technischen und pflegerischen Einrichtungen des Krankenhauses zu benutzen und nachgeordnete Ärzte in Anspruch zu nehmen. Dafür hatte er nach § 8 Arbeitsvertrag die Pflicht, die dabei entstehenden Sach- und Personalkosten zu erstatten. In einer Zusatzvereinbarung haben die Parteien bestimmt, dass der Kläger einen bestimmten Prozentsatz des Bruttoerlöses seiner gesamten liquidationsberechtigten Tätigkeit an das Krankenhaus abführt. Dieser Prozentsatz betrug zuletzt 13,6 %.

6

§§ 6 und 7 des Arbeitsvertrages, die Vergütung und Liquidationsrecht regeln, lauten auszugsweise:

        

㤠6

        

1.    

Der Arzt erhält ein Gehalt nach Vergütungsgruppe 1 der AVR.

        

2.    

...     

        

f)    

Soweit eine Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den Absätzen a-d nicht möglich ist, verpflichtet sich der Arzt, sich neben der Pflichtversicherung bei der Ärztekammer/-versorgung im satzungsmäßigen Rahmen freiwillig zum jeweiligen Höchstbetrag höherzuversichern oder aber eine entsprechende Lebensversicherung abzuschließen.

        

g)    

Das Krankenhaus beteiligt sich an den monatlichen Beiträgen zu den o.a. Versicherungen (auch wenn es sich nur um die Versicherung bei der Ärztekammer/-versorgung - Pflichtversicherung/freiwillige Höherversicherung - und ggf. noch um einen Lebensversicherungsvertrag handelt) mit jeweils 50%, höchstens jedoch zweimal bis zur Höhe des jeweiligen Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die gleichhohe Beteiligung des Arztes an den verschiedenen Beiträgen wird vorausgesetzt. Die jeweiligen Beitragsanteile des Arztes werden von seinen monatlichen Dienstbezügen einbehalten und vom Krankenhaus an den zuständigen Versicherungsträger abgeführt.

        

3.    

Der Arzt erhält das Liquidationsrecht gemäß § 7 Abs. 1 und 2.

        

§ 7

        

1.    

Der Arzt ist berechtigt, für die von ihm oder unter seiner Verantwortung bei der stationären Behandlung erbrachten ärztlichen Leistungen als gesondert berechenbare ärztliche Leistung im Sinne der jeweils gesetzlichen Bestimmungen gegenüber Patienten zu liquidieren, die eine persönliche Behandlung durch ihn wünschen und dies mit dem Krankenhaus vereinbart haben. Durch die Erbringung dieser gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen darf die ärztliche Versorgung iSd. § 3 dieses Vertrages aller Patienten seiner Fachabteilung nicht beeinträchtigt werden.

                 

Die gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen, die im Bezug auf die möglichen Patienten des Krankenhauses höchstens 10 % betragen sollen, werden im Hinblick auf die geringe Zahl der möglichen Patienten der Fachabteilung Anästhesie auf höchstens 20 % festgesetzt.

        

2.    

Der Arzt ist berechtigt, im Zusammenhang mit den Nebentätigkeiten nach § 5 für die rein ärztlichen Leistungen zu liquidieren.

        

3.    

Die Liquidation gem. Abs. 1 und 2 werden vom Arzt ausgestellt und eingezogen. Der Bruttoliquidationserlös ist dem Krankenhaus durch Einreichen von aufgelisteten Rechnungsdurchschriften bzw. Abrechnungsunterlagen der Kassenärztlichen Vereinigung oder sonstigen Kostenträgern nach Abschluss eines jeden Kalendervierteljahres nachzuweisen, und zwar unter Einhaltung einer Frist von möglichst 3 Wochen.

        

4.    

Bei der Ausübung des Liquidationsrechts gem. Abs. 1 und 2 hat der Arzt auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Patienten und den gemeinnützigen Charakter des Krankenhauses Rücksicht zu nehmen. Diesen Grundsatz hat der Arzt auch bei Beteiligung anderer leitender Ärzte in Absprache mit ihnen zu berücksichtigen.

        

5.    

Der Arzt ist jedoch verpflichtet, auf Veranlassung des Krankenhausträgers Mitarbeiter des Krankenhauses unentgeltlich zu behandeln.“

7

Der jährliche Urlaubsanspruch des Klägers betrug nach § 10 Arbeitsvertrag fünf Wochen. Das Urlaubsjahr sollte das Kalenderjahr sein, wobei der Urlaub des Klägers wie bei anderen Chefärzten bis zum Ablauf des übernächsten Kalenderjahres übertragen werden konnte. Seine Urlaubsvertretung bei der Nebentätigkeit und im liquidationsberechtigten stationären Tätigkeitsbereich hatte der Kläger selbst im Einvernehmen mit dem Krankenhausträger zu regeln, die Kosten der Vertretung bei diesen Tätigkeiten hatte er zu tragen. Im Fall der Dienstunfähigkeit des Klägers sollte er sein Gehalt für die Dauer von sechs Wochen fortgezahlt erhalten, das Liquidationsrecht nach § 7 Arbeitsvertrag sollte ihm dagegen bis zu 26 Wochen im Fall der Dienstunfähigkeit zustehen(§ 10 Abs. 4 und 5 Arbeitsvertrag).

8

Nach einer Dienstvereinbarung sollte die gegenüber der Regelarbeitszeit gem. AVR von 38,5 Stunden pro Woche vereinbarte Mehrarbeit bei einer arbeitsvertraglichen 40-Stunden-Woche durch sog. AZV-Tage ausgeglichen werden, wovon jährlich im Grundsatz acht AZV-Tage zur Verfügung standen, die auf Antrag gewährt wurden.

9

Der Kläger hatte ab dem vierten Quartal 2001 eine Privatärztliche Verrechnungsstelle (PVS) mit der Abrechnung gegenüber den Patienten beauftragt, soweit er diesbezüglich liquidationsberechtigt war. Gegenüber der Beklagten rechnete der Kläger das vereinbarte Nutzungsentgelt selbst ab. Dabei waren die Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten für das vierte Quartal 2002 sowie für die ersten beiden Quartale 2003 fehlerhaft. Dies veranlasste die Beklagte zu eigenen Ermittlungen. Von 303 Patienten des Jahres 2001, die von der Beklagten angeschrieben worden waren, antworteten 157 bis 14. Mai 2004. Ein Vergleich ergab, dass der Kläger Bruttoliquidationen iHv. 16.069,42 Euro nicht angegeben hatte, woraus sich ein um 2.185,44 Euro geringeres Nutzungsentgelt ergab, das der Kläger an die Beklagte abzuführen hatte. Unter dem 26. Mai 2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Kläger außerordentlich fristlos. Dabei erhob sie wie bei einer später zum 31. Dezember 2004 ausgesprochenen Kündigung sowie fünf weiteren bis Februar 2005 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen den Vorwurf wissentlicher und absichtlicher Falschangaben bei der Abrechnung der Nutzungsentgelte. Mit rechtskräftigem Urteil vom 29. März 2007 entschied das Landesarbeitsgericht Hamm, dass keine dieser Kündigungen das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beendet hatte (- 16 Sa 435/06 -).

10

Unter Berücksichtigung des vom Kläger gezahlten Nutzungsentgelts ergeben sich für die Jahre 1996 bis 2004 folgende Nettoliquidationsbeträge:

        

1996   

201.006,38 Euro

        

1997   

137.911,34 Euro

        

1998   

66.882,73 Euro

        

1999   

282.324,43 Euro

        

2000   

142.590,08 Euro

        

2001   

192.127,92 Euro

        

2002   

189.626,70 Euro

        

2003   

562.235,71 Euro

        

2004   

106.084,17 Euro

11

Dies ergibt bei dem von den Parteien verwendeten Divisor von 8,5 durchschnittliche jährliche Nettoliquidationseinkünfte iHv. 221.269,35 Euro. Aus Privatambulanz nahm der Kläger 2003 11.415,67 Euro und aus ambulanter kassenärztlicher Tätigkeit 5.664,74 Euro ein. Schließlich erhielt der Kläger für eine von ihm für die Universität E ausgeführte Lehrtätigkeit 290,50 Euro für das Jahr 2003. Ausweislich der Abrechnung für Dezember 2003 belief sich die monatliche Vergütung des Klägers in diesem Monat auf 6.459,96 Euro brutto. Im November 2003 zahlte die Beklagte an den Kläger eine Weihnachtszuwendung iHv. 4.629,61 Euro brutto.

12

Unter dem 18. November 2004 beantragte der Kläger schriftlich Urlaub:

        

„…    

        

Betrifft: 1. Urlaub 2004

        

…       

        

Ausweislich meiner Gehaltsmitteilung für Februar 2004 (Anlage 1) steht mir noch ein Resturl. 04 = 035,00 Tage/Stand 11.02.04 und ein Rest-AZV 04 von 1,00 Tagen, insgesamt also 36 Tage zu.

        

Zurückgerechnet vom 31.12.2004 und bei Wertung von Heiligabend und Silvester als je ½ Arbeitstag ergibt sich für 2004 noch ein Urlaubsanspruch vom 25.11.2004 bis 31.12.2004. Einen entsprechend ausgefüllten Urlaubsantrag habe ich beigefügt (Anlage 2).

        

Ich bitte,

        

-       

meinen Urlaubsantrag im Mengengerüst zu überprüfen,

        

-       

evtl. erforderliche Zu- oder Abschläge (wenn ich schon 2004 Urlaub aus dem Kontingent 2004 beantragt haben sollte) korrigierend nachzuberechnen

        

-       

mir den Urlaub rückzählend ab 31.12.2004 zu bestätigen und zu gewähren und auch

        

-       

die Überweisung des Urlaubsgelds nicht zu vergessen.

        

...“   

        
13

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihm für die Zeit vom 27. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2004 aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges eine Vergütung iHv. 392.719,38 Euro. Es seien je 214/360 der Jahresvergütung iHv. 83.228,28 Euro, der stationären Wahlarzteinnahmen auf der Basis des Jahres 2003 iHv. 560.050,27 Euro, der Privatambulanzeinnahmen 2003 iHv. 11.415,67 Euro und der ambulanten kassenärztlichen Tätigkeit 2003 von 5.664,74 Euro geschuldet. Neben 25 Urlaubstagen aus 2004 stünden dem Kläger weiter für 2003 noch 60 Urlaubstage zu. Ebenso vier weitere AZV-Tage neben dem in der Gehaltsmitteilung für Dezember 2003 genannten einen AZV-Tag. Nach einer Auskunft der nordrheinischen Ärzteversorgung vom 7. August 2008 erleide er einen Versorgungsschaden durch die verspätete Zahlung von Beiträgen zur nordrheinischen Ärzteversorgung.

14

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 392.719,38 Euro brutto nebst Jahreszinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 7.340,55 Euro seit dem 1. Juni 2004, aus weiteren 55.054,12 Euro seit dem 1. Juli 2004, aus weiteren 55.054,12 Euro seit dem 1. August 2004, aus weiteren 55.054,12 Euro seit dem 1. September 2004, aus weiteren 55.054,12 Euro seit dem 1. Oktober 2004, aus weiteren 55.054,12 Euro seit dem 1. November 2004, aus weiteren 55.054,12 Euro seit dem 1. Dezember 2004 und aus weiteren 55.054,12 Euro seit dem 1. Januar 2005 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Zeit bis zum 31. Dezember 2004 Urlaub von 85 Tagen auf der Basis einer 5-Tage-Woche und zusätzlich 5 AZV-Tage zu gewähren,

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Steuerschaden einschließlich der Steuerberaterkosten zu ersetzen, der dem Kläger dadurch entsteht, dass er wegen der verspäteten Vergütungszahlung der Beklagten, welche den Zeitraum vom 27. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2004 betreffen, höhere Steuern zahlen muss, als wenn der Kläger vom 27. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2004 hätte weiterarbeiten und seine Vergütungen in dieser Zeit hätte vereinnahmen können,

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der dem Kläger dadurch entsteht, dass die Beiträge zur nordrheinischen Ärzteversorgung für den Zeitraum vom 27. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2004 verspätet nachentrichtet werden und der Kläger dadurch schlechter steht, als wenn die Beiträge im laufenden Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 27. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2004 eingezahlt worden wären.

15

Ihren Klageabweisungsantrag hat die Beklagte vor allem damit begründet, dass der Kläger die Berechnung seiner Annahmeverzugsansprüche nicht auf das ungewöhnliche Jahr 2003 stützen könne. Die Liquidationseinnahmen aus ambulanter Tätigkeit stünden dem Kläger nicht als Annahmeverzugslohn zu, da es sich dabei nicht um Vergütung handle. Schadensersatzansprüche scheiterten mangels eines Verschuldens der Beklagten, die Urlaubsansprüche seien verfallen, Ansprüche auf weitere AZV-Tage oder auf Schadensersatz wegen der Lehrtätigkeit bestünden nicht.

16

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger eine Vergütungsforderung iHv. insgesamt 46.276,77 Euro brutto, einen Annahmeverzugsanspruch aus ambulanter Nebentätigkeit iHv. 9.981,06 Euro zugesprochen und festgestellt, dass der Kläger für 2004 noch 35 Urlaubstage sowie einen AZV-Tag zu beanspruchen hat. Danach hat es eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz festgestellt, soweit durch die verspätete Beitragsentrichtung zur nordrheinischen Ärzteversorgung Schäden entstehen.

17

Mit der Berufung hat der Kläger - bei reduzierter Berechnungsbasis - noch einen weiteren Zahlungsanspruch von 155.048,25 Euro brutto verfolgt, außerdem hat er Schadensersatz für vom Arbeitsgericht nicht anerkannte Urlaubstage und AZV-Tage iHv. 47.973,22 Euro brutto geltend gemacht. Neben dem Grundgehalt müsse ihm noch entsprechend der Weihnachtszuwendung 2003 ein weiterer Betrag iHv. 3.197,82 Euro gezahlt werden. Diesbezüglich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben und im Übrigen ihre Berufung insoweit beschränkt, als sie zur Zahlung eines Betrages von 9.981,06 Euro brutto wegen entgangener Einnahmen aus ambulanter Tätigkeit des Klägers verurteilt wurde und ihre Schadensersatzpflicht bezüglich des Versorgungsschadens festgestellt wurde.

18

Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 102.309,44 Euro als Schadensersatz für entgangene Liquidationseinnahmen zu zahlen und im Übrigen die weitergehenden Berufungen beider Parteien zurückgewiesen. Die Parteien verfolgen mit ihren vom Senat zugelassenen Revisionen ihre Prozessziele im Umfang des zweiten Rechtszugs weiter.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision des Klägers ist teilweise begründet.

20

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Hinsichtlich der Grundvergütung könne der Kläger seine Ansprüche auf Annahmeverzug stützen, wobei das Arbeitsgericht diese in der Höhe richtig berechnet habe. Ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Weihnachtszuwendung sei verjährt. Die Abgeltung weiterer Urlaubsansprüche komme nicht in Betracht, da der Urlaubsanspruch verfallen sei. Auch Schadensersatz stehe dem Kläger insoweit nicht zu, da er die Beklagte nur hinsichtlich der im Schreiben vom 18. November 2004 genannten Urlaubszeiten in Verzug gesetzt habe. Die AZV-Tage seien grundsätzlich nicht abzugelten. Schadensersatz wegen entgangener Einkünfte aus der Lehrtätigkeit habe der Kläger zumindest gegenüber der Beklagten nicht schlüssig begründet. Soweit es um die entgangenen Liquidationseinnahmen gehe, beruhe der Anspruch des Klägers auf Schadensersatz. Die Beklagte habe dem Kläger pflichtwidrig ein Liquidationsrecht nicht eingeräumt und habe dies auch zu vertreten, da sie bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt auf die Wirksamkeit der von ihr ausgesprochenen Kündigung nicht hätte vertrauen dürfen. Der Fehler des Klägers bei der Meldung von Zahlungseingängen habe allein die außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigen können. Für ein vorsätzliches Handeln des Klägers hätten keine ausreichenden Anhaltspunkte vorgelegen. Die Schadenshöhe sei nach § 287 ZPO, § 252 BGB zu schätzen, wobei Grundlage der Referenzzeitraum von 1996 bis Mitte 2004 sei. Der sich hieraus ergebende Betrag von 129.376,06 Euro sei jedoch wegen einem dem Kläger anzulastenden Mitverschulden um 20 % zu kürzen, was ebenso hinsichtlich der entgangenen Einnahmen aus der Ambulanztätigkeit gelte.

21

B. Die teilweise begründete Revision des Klägers führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und, soweit das Landesarbeitsgericht hinsichtlich des Verzugslohns eine weitergehende Verurteilung der Beklagten abgelehnt hat, zur Zurückverweisung. Im Übrigen sind die weitergehende Revision des Klägers und die Revision der Beklagten unbegründet.

22

I. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass dem Kläger kein höherer regelmäßiger Annahmeverzugslohnanspruch als monatlich 6.464,84 Euro zusteht. Nach § 615 Satz 1 BGB hat die Beklagte als Arbeitgeberin für die Zeit vom 27. Mai bis 31. Dezember 2004 die vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, soweit sie mit der Annahme der Dienste in Verzug geraten ist. Dafür bedurfte es keines tatsächlichen (§ 294 BGB) oder wörtlichen Angebots (§ 295 BGB) des Klägers. Denn nach § 296 Satz 1 BGB ist ein solches Angebot überflüssig, wenn die Beklagte zur Erbringung der Arbeitsleistung eine Mitwirkungshandlung vorzunehmen hatte, die kalendermäßig bestimmt war. Der Beklagten als Arbeitgeberin oblag es, dem Kläger für jeden Tag einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und den Arbeitseinsatz des Klägers fortlaufend zu planen und durch Weisungen zu konkretisieren (BAG 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - BAGE 90, 329 = AP BGB § 615 Nr. 79 = EzA BGB § 615 Nr. 93). Vorliegend hat jedoch die Beklagte die Arbeitsleistung des Klägers aufgrund ihrer Kündigung zurückgewiesen, die sich im Nachhinein als rechtsunwirksam herausgestellt hat. Damit hat sie ihre Mitwirkungshandlung nicht erbracht, so dass ein Angebot des Klägers gem. § 296 BGB überflüssig war(BAG 9. August 1984 - 2 AZR 374/83 - BAGE 46, 234 = AP BGB § 615 Nr. 34 = EzA BGB § 615 Nr. 43; 21. März 1985 - 2 AZR 201/84 - AP BGB § 615 Nr. 35 = EzA BGB § 615 Nr. 44).

23

Für eine höhere Vergütung als die vom Landesarbeitsgericht ausgeurteilten monatlichen 6.464,84 Euro, die die Beklagte ihrerseits mit einer Berufung nicht angegriffen hatte, hat der Kläger nichts vorgetragen. Die von ihm in Bezug genommene Entgeltabrechnung für Dezember 2003 weist einen monatlichen Betrag iHv. 6.459,96 Euro aus.

24

II. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, einem weiteren Annahmeverzugsanspruch auf Zahlung der anteiligen Weihnachtszuwendung 2004 iHv. 3.197,82 Euro stehe die Einrede der Verjährung entgegen.

25

1. Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt der Anspruch auf Zahlung einer Weihnachtszuwendung 2004 der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB nF. Dabei ist unerheblich, dass der Anspruch auf Zahlung einer Weihnachtszuwendung 2004 bei Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 noch nicht entstanden war. Art. 229 § 6 EGBGB ist auch auf solche Ansprüche anzuwenden, die nach dem Stichtag aus einem nach altem Recht zu beurteilenden Schuldverhältnis entstehen(BGH 19. Januar 2005 - VIII ZR 114/04 - BGHZ 162, 30; Palandt/Ellenberger 71. Aufl. Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 2 jeweils mwN). Das neue Verjährungsrecht ist nach der Grundregel des Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB auch auf vor dem 1. Januar 2002 entstandene Ansprüche anzuwenden. Dies muss erst recht für Ansprüche gelten, die auf vor diesem Stichtag bestehenden Schuldverhältnissen beruhen, aber erst nach dem 1. Januar 2002 entstanden sind.

26

2. Für die Weihnachtszuwendung 2004 begann die Verjährungsfrist am 1. Januar 2005 zu laufen, da die Beklagte die Weihnachtszuwendung mit dem Novemberentgelt abgerechnet und ausgezahlt hatte, die Weihnachtszuwendung 2004 mithin spätestens zum 1. Dezember 2004 fällig wurde. Mit der Klageerhebung am 27. Dezember 2007 wurde die Verjährung auch eines Anspruchs auf Weihnachtszuwendung 2004 gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Die Klage war der Beklagten am 27. Dezember 2007 in nicht verjährter Zeit zugestellt worden. Der Streitgegenstand war hinreichend iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt und erfasste auch die Weihnachtszuwendung 2004.

27

a) Nach dem für den Zivil- und Arbeitsgerichtsprozess geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den Klageantrag und den Klagegrund, also den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt, bestimmt (BAG 2. Oktober 2007 - 1 ABR 79/06 - EzA ZPO 2002 § 559 Nr. 1; BGH 11. Dezember 1986 - IX ZR 165/85 - mwN, NJW-RR 1987, 683). Dazu sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht unterbreitet hat (BAG 15. Juli 2008 - 3 AZR 172/07 - AP ZPO § 253 Nr. 48).

28

b) Zur Begründung seiner Vergütungsansprüche hat der Kläger ausgeführt, die Beklagte müsse den Betrag ersetzen, den er bei einer Weiterarbeit vom 27. Mai bis zum 31. Dezember 2004 erzielt hätte. Die Vergütung setze sich aus dem Grundgehalt nach VergGr. 1 der AVR und dem Liquidationsrecht zusammen. Für den Teilbetrag „Jahresgehalt“ hat der Kläger ausdrücklich auf die Gehaltsmitteilung der Beklagten für Dezember 2003 Bezug genommen, aus der sich für das Jahr 2003 ein Gesamtarbeitgeberbrutto iHv. 83.228,28 Euro ergab. Dadurch wurde ausreichend deutlich, dass der Kläger sämtliche Zahlungen, die die Beklagte 2003 geleistet hatte, auch für das Jahr 2004 begehrt. Mit dem Hinweis in der Berufungsinstanz, zum fortzuzahlenden Entgelt gehöre auch anteilig die Weihnachtszuwendung, die 2003 insgesamt 4.629,61 Euro betragen habe, hat der Kläger keinen neuen Lebenssachverhalt geschildert, sondern nur ein bisher fehlendes Begründungselement zu seiner Gesamtforderung 2004 nachgetragen. Solche fehlenden Begründungselemente können auch noch während des Rechtsstreits vorgetragen werden, selbst wenn der Anspruch ohne die Unterbrechungswirkung bereits verjährt gewesen wäre (BGH 27. Februar 2003 - VII ZR 48/01 - mwN, NJW-RR 2003, 784). Die Hemmung der Verjährung tritt für alle Ansprüche in Höhe der gesamten Klageforderung ein, wenn wie hier Teilbeträge verschiedener Ansprüche eingeklagt wurden, ohne klarzustellen, welcher Klagebetrag auf welchen Anspruch entfällt. Der Kläger hat durch seinen Berufungsschriftsatz vom 8. Dezember 2008 klargestellt, dass der auf die Weihnachtszuwendung entfallende Teilbetrag der Forderung 3.197,82 Euro beträgt und es sich im Übrigen um die monatliche und für Mai 2004 zeitanteilige Grundvergütung handele.

29

c) Ob der Kläger einen Anspruch auf eine teilweise Weihnachtszuwendung in eingeklagter Höhe nach § 615 Satz 1 BGB hat, kann anhand der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entschieden werden. Es kann dem bisherigen Sachvortrag des Klägers nicht entnommen werden, dass er ohne Annahmeverzug der Beklagten von dieser eine Weihnachtsgratifikation erhalten hätte, was Voraussetzung für einen Anspruch nach § 615 Satz 1 BGB ist(BAG 18. Januar 1963 - 5 AZR 200/62 - BAGE 14, 31 = AP BGB § 615 Nr. 22 = EzA BGB § 615 Nr. 5). Andererseits ist die Beklagte dem Anspruch allein mit einer Verjährungseinrede entgegengetreten. Nachdem das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung jedoch nicht auf die Verjährung des Anspruchs auf Weihnachtszuwendung stützen durfte, hat es nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO den Kläger auf Lücken in seinem Sachvortrag hinzuweisen und sodann der Beklagten Gelegenheit zu geben, zu diesem Vorbringen ihrerseits Stellung zu nehmen.

30

III. Der Anspruch des Klägers auf Ersatz der ihm entgangenen Einnahmen aus stationären wahlärztlichen Leistungen und aus ambulanter Tätigkeit für die Zeit vom 27. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2004 beläuft sich auf der Basis des vereinbarten Divisors 214/366 auf 139.362,96 Euro, davon 129.376,06 Euro von entgangenen Einnahmen für stationäre und 9.986,90 Euro für ambulante Leistungen.

31

1. Der Kläger hat Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 Satz 1, § 283 Satz 1 BGB, weil es der Beklagten unmöglich geworden ist, ihm die Erwerbschance „Liquidationsrecht“ einzuräumen und sie diese Unmöglichkeit zu vertreten hat.

32

a) In § 5 des Arbeitsvertrages haben die Parteien geregelt, dass die Tätigkeit des Klägers insbesondere im ambulanten Bereich „Nebentätigkeit“ ist, die die einwandfreie ärztliche Versorgung im stationären Bereich nicht beeinträchtigen darf, andernfalls die Beklagte zum Widerruf der erteilten Nebentätigkeits-Erlaubnis berechtigt sein sollte. Damit stellte das Liquidationsrecht des Klägers im ambulanten Bereich keine Gegenleistung für die arbeitsvertraglich nach § 3 geschuldete Haupttätigkeit des Klägers im stationären Bereich dar. Insoweit stand das Liquidationsrecht nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis, so dass der Kläger seine Ersatzansprüche nicht auf § 615 Satz 1 BGB stützen kann.

33

b) Dagegen spricht vorliegend viel dafür, dass das dem Kläger für den stationären, wahlärztlichen Bereich arbeitsvertraglich eingeräumte Liquidationsrecht eine Erwerbsmöglichkeit darstellt, welche die Beklagte dem Kläger als Gegenleistung für seine Arbeit nach § 611 Abs. 1 BGB schuldete.

34

aa) Im Regelfall stellt die bloße tarifliche Vergütung ohne zusätzliche Einnahmemöglichkeiten aus einem Liquidationsrecht keine angemessene Honorierung des Chefarztes dar (BAG 9. Januar 1980 - 5 AZR 71/78 - BAGE 32, 249 = AP BGB § 611 Arzt-Krankenhaus-Vertrag Nr. 6). Auch steuerrechtlich können sich die Einnahmen aus dem Liquidationsrecht für wahlärztliche Leistungen als Arbeitslohn darstellen (BFH 5. Oktober 2005 - VI R 152/01 - NZA-RR 2006, 368). Mit dem Liquidationsrecht sollen dem Arzt keine zusätzlichen Einnahmen verschafft werden, sondern im Sinne einer Naturalvergütung sollen eine Erwerbschance und die hierzu erforderlichen Rahmenbedingungen gewährt werden, dh. die Verschaffung von Verdienstmöglichkeiten stellt sich regelmäßig als im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Vergütungsform für die vom Arzt zu erbringende Hauptleistung dar (vgl. Wern Die arbeitsrechtliche Stellung des leitenden Krankenhausarztes 2005 S. 194 f.; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 518). Ob ein solcher Regelfall, bei dem dem Liquidationsrecht des Arztes Gegenleistungscharakter zukommt, im Einzelfall tatsächlich vorliegt, ist jedoch immer eine Frage der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung (BAG 22. März 2001 - 8 AZR 536/00 - EzBAT BAT § 8 Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers Nr. 31).

35

bb) Die Vorinstanzen haben dem Liquidationsrecht des Klägers im Bereich der stationären Leistungen Gegenleistungscharakter zukommen lassen und dabei insbesondere auf § 6 Abs. 3 des Arbeitsvertrages verwiesen, demzufolge zur Vergütung des Klägers auch sein Liquidationsrecht nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 des Arbeitsvertrages gehörte. Diese Auslegung ist selbst für den Fall, dass die Parteien vorliegend einen Formulararbeitsvertrag benutzt haben, dessen Auslegung revisionsrechtlich ohne Einschränkung überprüft werden kann (BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 798/07 -; 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - BAGE 95, 296 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 12 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 13), rechtsfehlerfrei und nicht zu beanstanden. In § 10 Abs. 5 des Arbeitsvertrages haben die Parteien vereinbart, dass der Kläger bei Dienstunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall das Liquidationsrecht nach § 7 Arbeitsvertrag „auf die Dauer von 26 Wochen“ behalten sollte. Durch diese Ausnahme vom Grundsatz „ohne Arbeit keine Gegenleistung“ haben die Parteien gerade den Gegenleistungscharakter des Liquidationsrechts betont.

36

cc) Ungeachtet des Gegenleistungscharakters des Liquidationsrechts für den stationären Bereich kann der Kläger jedoch - wie bei seinem Liquidationsrecht für den ambulanten Bereich - die entgangene Vergütung aus den Liquidationseinnahmen nicht nach § 615 Satz 1 BGB verlangen. Soweit der Senat in ähnlichen Fällen eine gegenteilige Auffassung zugrunde gelegt hat (BAG 22. März 2001 - 8 AZR 536/00 - EzBAT BAT § 8 Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers Nr. 31) wird hieran nicht festgehalten.

37

§ 615 Satz 1 BGB gewährt keinen eigenständigen Anspruch, sondern hält den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aufrecht(BAG 5. September 2002 - 8 AZR 702/01 - AP BGB § 280 nF Nr. 1 = EzA BGB § 615 Nr. 109). Der Arbeitnehmer ist dann so zu vergüten, als ob er gearbeitet hätte. Besteht jedoch die Naturalvergütung darin, dem Arbeitnehmer Erwerbschancen zur Verfügung zu stellen, hier also dem Kläger Tätigkeiten mit eigener Liquidationsmöglichkeit zu eröffnen, so kann diese Verpflichtung nicht mehr erfüllt werden, weil die Beklagte aufgrund Unmöglichkeit von dieser Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB frei geworden ist. Die Beklagte als Krankenhausträger musste dem Arzt die personellen und sächlichen Mittel zur Verfügung stellen, die dieser zur Behandlung der Wahlleistungspatienten benötigte. Diese Dauerverpflichtung der Beklagten bestand arbeitstäglich und weist eine derartige zeitliche Bindung auf, dass ein Fixgeschäft vorliegt, dh. die Erwerbschance besteht für den Arbeitnehmer auf der Zeitachse nur einmalig. Ist die Zeit verstrichen, kann die Nutzung nicht nachgeholt werden (vgl. zur Pflicht, ein Dienstfahrzeug zur Verfügung zu stellen BAG 16. November 1995 - 8 AZR 240/95 - BAGE 81, 294 = AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 4 = EzA BGB § 249 Nr. 21; 19. Dezember 2006 - 9 AZR 294/06 - AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 271 Rn. 17). Bei Unmöglichkeit iSd. § 275 Abs. 1 BGB gibt § 615 Satz 1 BGB keine Rechtsgrundlage für Wertersatz(BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10; 19. Dezember 2006 - 9 AZR 294/06 - aaO; 27. Mai 1999 - 8 AZR 415/98 - BAGE 91, 379 = AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 12; Bamberger/Roth/Fuchs 3. Aufl. § 615 BGB Rn. 30; MünchArbR/Boewer 3. Aufl. § 69 Rn. 36). Zwar regelt § 615 BGB wegen des Fixschuldcharakters der Arbeitsleistung auch die Fälle der Annahmeunmöglichkeit(ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 7), trifft aber keine Regelungen zu den Rechtsfolgen, wenn die Gegenleistung ihrerseits Fixschuldcharakter hat und unmöglich geworden ist. Insoweit bleibt es bei den allgemeinen Regelungen, §§ 275 ff. BGB.

38

c) § 283 BGB gewährt dem Gläubiger, dem die Befugnis zur naturalen Verwirklichung seines Anspruchs gemäß § 275 BGB entzogen worden ist, Schadensersatz statt der Leistung, wenn der Schuldner den Eintritt des zur Unmöglichkeit führenden Umstandes zu vertreten hat. Insofern setzt sich die Anspruchsberechtigung des Gläubigers in einer nunmehr auf Geld gerichteten Berechtigung fort (vgl. MünchKommBGB/Ernst 5. Aufl. § 283 BGB Rn. 1). § 283 BGB verweist hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen auf § 280 Abs. 1 BGB.

39

Soweit das dem Kläger eingeräumte Liquidationsrecht keine Gegenleistung für die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit ist (ambulanter Bereich), so ergibt sich der Schadensersatzanspruch des Klägers direkt aus § 280 Abs. 1 BGB(vgl. Wern in Arbeitsrecht im Krankenhaus 2. Aufl. Teil 5 B Rn. 30), da die Einräumung des Liquidationsrechts im ambulanten Bereich arbeitsvertragliche Nebenpflicht der Beklagten war. Die Beklagte hat dem Kläger die entsprechende Nebentätigkeit im Arbeitsvertrag genehmigt und ihm das Liquidationsrecht auch insoweit eingeräumt.

40

d) Die Beklagte hat ihre Pflicht iSd. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB verletzt, weil sie den Kläger durch Zeitablauf um seinen naturalen Erfüllungsanspruch - Einräumung des Liquidationsrechts - gebracht hat. Dies gilt auch hinsichtlich des Liquidationsrechts im ambulanten Bereich. Zwar ist in § 5 Abs. 6 des Arbeitsvertrages insoweit ein Widerrufsrecht der Nebentätigkeitsgenehmigung vorgesehen. Dass die Beklagte vor Kündigungsausspruch davon Gebrauch gemacht hätte, ist nicht vorgetragen worden. Danach bestand die Verpflichtung zur Einräumung des Liquidationsrechts auch nach Ausspruch der Kündigung weiter.

41

e) Diese Pflichtverletzung hat die Beklagte auch zu vertreten.

42

aa) Was der Schuldner zu vertreten hat, regeln die §§ 276 bis 278 BGB. Danach hat der Schuldner für eigenes Verschulden und das seiner Erfüllungsgehilfen und gesetzlichen Vertreter einzustehen. Nach § 276 Abs. 2 BGB handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Das ist zB dann der Fall, wenn der Arbeitgeber bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Kündigung unwirksam ist (vgl. BAG 17. Juli 2003 - 8 AZR 486/02 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 27; 20. Juni 2002 - 8 AZR 488/01 - EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 11; 13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - BAGE 101, 328 = AP BGB § 615 Nr. 97 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 55), also ein Verstoß gegen die objektive Sorgfaltspflicht besteht (vgl. BAG 17. Februar 1994 - 8 AZR 275/92 - BAGE 76, 32 = AP BGB § 286 Nr. 2 = EzA BGB § 285 Nr. 1). Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn der Ausspruch der Kündigung auf einem vertretbaren Rechtsstandpunkt beruht. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, handelt der kündigende Arbeitgeber solange nicht fahrlässig, wie er auf die Wirksamkeit der Kündigung vertrauen durfte. Entscheidend ist, ob er unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit vertretbaren Gründen zu der Annahme gelangen durfte, die Kündigung werde sich als rechtsbeständig erweisen (vgl. BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - aaO; 22. März 2001 - 8 AZR 536/00 - EzBAT BAT § 8 Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers Nr. 31). Beruht die Ungewissheit über die Schuld auf rechtlichen Zweifeln des Schuldners (Rechtsirrtum), zB über die Wirksamkeit einer Kündigung, so muss dies im Grundsatz als möglicher Entschuldigungsgrund berücksichtigt werden können. Der Rechtsirrtum ist entschuldbar, wenn die Rechtslage objektiv zweifelhaft ist und der Schuldner sie sorgfältig geprüft hat. Im Falle einer Kündigung ist nicht erforderlich, dass sich diese als rechtsbeständig erweist. Der Arbeitgeber darf seine Interessen mit den gesetzlich gebotenen Mitteln verfolgen, sofern er nach vollständiger Würdigung des Sachverhalts die Kündigung für vertretbar halten durfte. Der Ausspruch einer Kündigung erfordert eine komplexe Abwägungsentscheidung des Arbeitgebers. Es ist nicht in jedem Fall leicht abzuschätzen, inwieweit das Arbeitsgericht und die weiteren gerichtlichen Instanzen der eigenen Abwägung folgen werden. Ist die Rechtslage nicht eindeutig und beruht der Ausspruch der Kündigung auf einem vertretbaren Rechtsstandpunkt, handelt der kündigende Arbeitgeber solange nicht fahrlässig, wie er auf die Wirksamkeit seiner Kündigung vertrauen darf (vgl. BAG 17. Juli 2003 - 8 AZR 486/02 - aaO; 13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - aaO; 22. März 2001 - 8 AZR 536/00 - aaO). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie die Verunmöglichung der Ausübung des Liquidationsrechts nicht zu vertreten hat, trägt die Beklagte als Arbeitgeber, da sie die Kündigungen ausgesprochen hat. Sie hatte darzulegen und zu beweisen, dass aus ihrer Sicht Kündigungsgründe vorlagen, die einen sorgfältig abwägenden Arbeitgeber zur Kündigung veranlassen konnten, so dass sie auf die Wirksamkeit der Kündigung vertrauen durfte (vgl. BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - aaO; 23. September 1999 - 8 AZR 791/98 -).

43

bb) Das Verschulden und die einzelnen Arten des Verschuldens, insb. auch der Begriff der Fahrlässigkeit sind Rechtsbegriffe. Die Feststellung ihrer Voraussetzungen liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet, wobei dem Tatrichter ein erheblicher Beurteilungsspielraum zusteht. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob der Tatrichter von den richtigen rechtlichen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigt sowie Denkgesetze, Erfahrungssätze und Verfahrensvorschriften verletzt hat (vgl. BAG 17. Juli 2003 - 8 AZR 486/02 - mwN, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 27). Eine Aufhebung des Berufungsurteils darf nur erfolgen, wenn eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums durch den Tatsachenrichter festzustellen ist (vgl. BAG 19. Februar 2009 - 8 AZR 188/08 - AP SGB VII § 105 Nr. 4 = EzA SGB VII § 105 Nr. 5; 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - AP BGB § 254 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 2; 4. Mai 2006 - 8 AZR 311/05 - mwN, NZA 2006, 1428). Dagegen genügt es für eine Aufhebung des landesarbeitsgerichtlichen Urteils beispielsweise nicht, dass im Streitfall auch eine andere Beurteilung als die des Landesarbeitsgerichts möglich ist und dass das Revisionsgericht, hätte es die Beurteilung des Verschuldensgrades selbst vorzunehmen, zu dem Ergebnis gekommen wäre, es liege ein anderer Verschuldensgrad als der vom Berufungsgericht angenommene vor (vgl. BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - aaO).

44

cc) Nach diesem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht erkannt hat, die Beklagte habe nicht auf die Wirksamkeit der von ihr ausgesprochenen Kündigung vertrauen dürfen.

45

Um einem Arbeitgeber die Entscheidung zu ermöglichen, ob ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht, beginnt die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sobald er eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis vom Kündigungssachverhalt hat. Solange der Kündigungsberechtigte die zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen durchführt, kann die Ausschlussfrist nicht anlaufen (vgl. BAG 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - mwN, AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 9). Verhaltensbedingte Gründe bilden nur dann einen wichtigen Grund, wenn der Gekündigte nicht nur objektiv, sondern auch rechtswidrig und schuldhaft, dh. vorwerfbar seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt hat (vgl. BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 274/95 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 26 = EzA BGB § 626 nF Nr. 160; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 626 BGB Rn. 23; KR-Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 139 jeweils mwN). Deshalb darf der Arbeitgeber seinen Kündigungsentschluss bspw. vom Fortgang eines Strafermittlungs- bzw. Strafverfahrens abhängig machen (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10; 14. Februar 1996 - 2 AZR 274/95 - aaO). Ob der Arbeitgeber diese Möglichkeit nutzt, ob er den Arbeitnehmer anhört, um ggf. auch zu prüfen, ob der Verdacht einer schweren Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmer vorliegt, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden kann (vgl. BAG 28. November 2007 - 5 AZR 952/06 - EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4; 5. April 2001 - 2 AZR 217/00 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 34 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10), oder sonstige Ermittlungen anstellt, obliegt der Prüfung durch den Arbeitgeber. Spricht der Arbeitgeber eine Tatkündigung wegen eines vorsätzlichen Verhaltens des Arbeitnehmers aus, so beruht der Ausspruch der Kündigung nur dann auf einem vertretbaren Rechtsstandpunkt, wenn der Arbeitgeber Umstände vortragen kann, die neben dem objektiven Tatbestand der Pflichtverletzung auch den Vorsatzvorwurf begründen können. Daher konnte das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei zu der Einschätzung gelangen, Umstände, die den Vorwurf eines vorsätzlichen Verhaltens begründen, lägen nicht vor bzw. seien von der Beklagten nicht hinreichend dargelegt. Die Beklagte hat im Prozess keine Umstände - über den objektiven Tatbestand der nicht vollständigen Abrechnung zu einem bestimmten Zeitpunkt hinaus - vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass sie berechtigterweise von einem vorsätzlichen Verhalten des Klägers ausgehen durfte. Nicht erkennbar ist, dass die Beklagte Ermittlungen angestellt hat, um ein vorsätzliches Verhalten des Klägers nachzuweisen.

46

2. Inhalt und Umfang der Haftung ergeben sich aus den §§ 249 ff. BGB.

47

a) Nach § 249 Abs. 1 BGB hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre(Naturalrestitution). Soweit die Herstellung nicht möglich - wie aufgrund seines Fixschuldcharakters bei Einräumung eines Liquidationsrechts - oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzverpflichtete den Gläubiger in Geld zu entschädigen, § 251 Abs. 1 BGB. Ausgangspunkt für die Beurteilung ob bzw. inwieweit ein zu ersetzender Schaden eingetreten ist, ist die Differenzhypothese. Ein Vermögensschaden ist gegeben, wenn der tatsächliche Wert des Vermögens des Geschädigten geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne das die Ersatzpflicht begründende Ereignis haben würde (vgl. BAG 5. März 1985 - 1 AZR 468/83 - BAGE 48, 160 ; ErfK/Preis 12. Aufl. § 619a BGB Rn. 69; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. Vorb. v. § 249 BGB Rn. 10). Der Schadensersatzanspruch erstreckt sich auf alle durch das schädigende Verhalten adäquat verursachten unmittelbaren und mittelbaren Vermögensnachteile. Auszunehmen sind lediglich Schadensfolgen, die jenseits des Schutzzwecks der verletzten Vertragspflicht liegen (vgl. BAG 22. März 2001 - 8 AZR 536/00 - EzBAT BAT § 8 Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers Nr. 31). Der Kläger ist daher so zu stellen, wie er stünde, hätte die Beklagte ihm nicht die Ausübung des Liquidationsrechts unmöglich gemacht.

48

b) Eine vom Tatrichter gemäß § 287 Abs. 1 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmende Schadensschätzung unterliegt nur der beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht dahin, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat(vgl. BGH 9. November 2010 - VI ZR 300/08 - mwN, NJW 2011, 1146; 5. Oktober 2010 - VI ZR 186/08 - NJW 2011, 1148; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 287 ZPO Rn. 8).

49

c) Derartige Fehler zu Lasten des Klägers liegen in revisionsrechtlich zu beanstandender Art und Weise nicht vor. Das Landesarbeitsgericht hat den im Zeitraum 27. Mai bis 31. Dezember 2004 entgangenen Gewinn zutreffend mit 129.376,06 Euro im stationären Bereich und im ambulanten Bereich mit 9.986,90 Euro ermittelt.

50

Dass sich das Landesarbeitsgericht gehindert sah, den Schadensumfang auf der Basis von Liquidationseinnahmen von drei Oberärzten im Umfang von 300.000,00 Euro nach der abstrakten Methode zu schätzen, ist nicht zu beanstanden. Denn zutreffend hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass Liquidationseinnahmen in dieser Höhe nach dem eigenen Vortrag des Klägers zu keinem Zeitpunkt erzielt worden sind. In den Jahren 2005 bis 2007 haben die Oberärzte zwar unstreitig deutlich über 300.000,00 Euro an Bruttoliquidationseinnahmen erzielt. Damit ist schon ein Gewinn in dieser Höhe nicht wahrscheinlich. Auch hat sich das Landesarbeitsgericht weiter ohne Rechtsfehler daran gehindert gesehen, eine der weiteren Durchschnittsberechnungen des Klägers als Schätzgrundlage zugrunde zu legen. Soweit der Kläger für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2004 eine Zahl von 266 Behandlungen angeführt hat, konnte das Berufungsgericht dies seiner Schadensschätzung nicht zugrunde legen, weil es keine Kenntnis von den diesbezüglichen Einnahmen im betreffenden Zeitraum hatte. Im Übrigen können die tatsächlichen Einnahmen von drei Oberärzten in den Jahren 2005 bis 2007 schon deswegen keine Grundlage einer Schadensschätzung sein, weil sie nicht ein Nachfolger des Klägers, sondern drei Ärzte erzielt haben. Dies lässt Honorareinnahmen des Klägers in gleicher Höhe nicht als wahrscheinlich erscheinen.

51

Dass das Landesarbeitsgericht die unstreitig in der Vergangenheit tatsächlich erzielten Nettoliquidationserlöse von 1996 bis 2004 seiner Schätzung zugrunde gelegt hat, ist nicht zu beanstanden. Aus dem bisher erzielten Gewinn kann im Rahmen von Geschäftsbeziehungen auf einen infolge der Zerstörung dieser Geschäftsbeziehungen entgangenen Gewinn geschlossen werden (BGH 6. Februar 2001 - VI ZR 339/99 - mwN, NJW 2001, 1640). Auch der zugrunde gelegte Zeitraum ist nicht zu beanstanden, da es allgemeine Regeln darüber, welcher Zeitraum vor dem Entzug der Erwerbsmöglichkeit als Grundlage der Prognose für die künftige Geschäftsentwicklung heranzuziehen ist, nicht gibt. Vielmehr ist es dem Tatsachengericht im Rahmen des § 287 ZPO überlassen, den nach den jeweiligen Umständen des Falles erforderlichen Prüfungsrahmen zu bestimmen. Mit der Darlegung der unstreitigen Liquidationserlöse von 1996 bis 2004 hat die Beklagte nachvollziehbar niedrigere durchschnittliche Einnahmen dargelegt, als sie sich aus den verschiedenen Durchschnittsberechnungen des Klägers ergeben. Demgegenüber hat die Revision keine Umstände aufgezeigt, nach denen es geboten gewesen wäre, zur Ermittlung der entgangenen Liquidationseinnahmen einen kürzeren Zeitraum vor der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zugrunde zu legen. Der Kläger hat keine Umstände dafür angegeben, weshalb einer der von ihm vorgeschlagenen kürzeren Prognosezeiträume eine größere Richtigkeitsgewähr bietet. Vielmehr kreisen die Durchschnittsberechnungen des Klägers um das Jahr 2003, obwohl zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit ähnlich hohe Einnahmen erzielt worden sind. Zudem hat die Beklagte aufgezeigt, dass Einnahmen wie im Jahr 2003 zukünftig nicht wahrscheinlich sind. Auch weisen die Einnahmen seit 1996 keine kontinuierlich steigende Tendenz auf, so dass für die Zukunft nicht von einer solchen Entwicklung ausgegangen werden müsste. Der Kläger erzielte 1996 die dritthöchsten, 1999 die zweithöchsten und 1998 die niedrigsten Einnahmen. Es ist nicht zu erkennen, dass ein kürzerer Zeitraum wie der vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegte zu einem plausibleren Ergebnis führen könnte. Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht das Jahr 2003 nicht unberücksichtigt gelassen, sondern vielmehr in seine Durchschnittsberechnung einbezogen.

52

d) Gegenüber der Sachverhaltsermittlung durch das Landesarbeitsgericht hat der Kläger mit der Revision keine zulässige Aufklärungsrüge erhoben.

53

aa) Wird eine Verletzung der dem Landesarbeitsgericht obliegenden Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) gerügt, reicht es nicht aus, pauschal auf die Verletzung der Aufklärungspflicht hinzuweisen. Es muss vielmehr im Einzelnen vorgetragen werden, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht dem Revisionskläger aufgrund welcher Tatsachen hätte erteilen müssen, und welche weiteren erheblichen Tatsachen der Revisionskläger dann in der Berufungsinstanz vorgebracht hätte (vgl. BAG 27. August 1986 - 4 AZR 591/85 - mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 71). Nur so kann das Revisionsgericht feststellen, ob die gerügte Verletzung möglicherweise für das Urteil kausal war (vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1; 5. Juli 1979 - 3 AZR 197/78 - BAGE 32, 56 = AP BGB § 242 Ruhegehalt - Unterstützungskassen Nr. 9 = EzA BGB § 242 Ruhegeld Nr. 78). Über die Rüge nach § 139 ZPO muss der Sachvortrag der Partei schlüssig gemacht werden(vgl. BAG 18. Februar 1998 - 4 AZR 363/96 - BAGE 88, 81 = AP TVG § 1 Kündigung Nr. 3 = EzA TVG § 1 Fristlose Kündigung Nr. 4; Hauck/Helml/Biebl 4. Aufl. § 74 ArbGG Rn. 20).

54

bb) Der Kläger hat nicht angegeben, aufgrund welcher Tatsachen noch ein weitergehender Aufklärungsbedarf bestanden haben soll. Sein pauschaler Vortrag gegen die „Nichtberücksichtigung des Jahres 2003“ ist wie ausgeführt weder verständlich noch hat der Kläger in der Revision angegeben, weshalb ein kürzerer Prognosezeitraum geeigneter ist, die entgangenen Einnahmen wirklichkeitsnäher abzubilden.

55

e) Zwar hat sich hinsichtlich der entgangenen Einnahmen aus ambulanter Tätigkeit der Kläger wiederum auf die Zahlen aus dem Jahr 2003 gestützt (11.415,67 Euro Privatambulanz und 5.664,74 Euro ambulante kassenärztliche Tätigkeit). Die Beklagte hat jedoch die Aussagekraft dieser Zahlen für eine Zukunftsprognose nicht in Zweifel gezogen. Es ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht eine Schätzung nach § 287 ZPO auf dieser Basis vorgenommen und einen Schaden iHv. 9.986,90 Euro errechnet hat.

56

3. Entgangene Mehreinnahmen iHv. 290,50 Euro hat das Landesarbeitsgericht zu Recht nicht nach § 615 Satz 1 BGB zugesprochen. Schon nach dem Vorbringen des Klägers bestanden insoweit keine vertraglichen Beziehungen zur Beklagten, sondern zur Universität E oder dem Land Nordrhein-Westfalen. Insoweit hat der Kläger keine Vergütungsansprüche gegen die Beklagte. Für einen diesbezüglichen Schadensersatzanspruch des Klägers fehlt es an einem nachvollziehbaren Vortrag, dass die behauptete Lehrtätigkeit für die Universität E und die Vereinnahmung einer entsprechenden Vergütung dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprochen hätte und dass dadurch überhaupt der Schaden durch die Kündigung und das ausgesprochene Hausverbot eingetreten ist. Der Kläger hat ferner nicht dargelegt, dass er in Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung für die Universität E auch im Jahr 2004 tätig geworden wäre. Infolge dessen konnten die Berufungsrichter nicht davon ausgehen, dass der Kläger insoweit auch 2004 wahrscheinlich Einnahmen iHv. 290,50 Euro erzielt hätte.

57

4. Dagegen ist das Landesarbeitsgericht zu einer Minderung des Schadensersatzanspruches wegen eines Mitverschuldens des Klägers nach § 254 BGB nicht ohne Rechtsfehler gelangt.

58

a) Nach § 254 BGB ist der Geschädigte für einen Schaden insoweit mit verantwortlich, als er bei dessen Entstehung in zurechenbarer Weise mitgewirkt hat. Im Rahmen von § 254 BGB geht es dabei nicht um eine rechtswidrige Verletzung einer gegenüber einem anderen oder gegenüber der Allgemeinheit bestehenden Rechtspflicht, sondern um einen Verstoß gegen Gebote der eigenen Interessenwahrnehmung, der Verletzung einer sich selbst gegenüber bestehenden „Obliegenheit“(BGH 18. April 1997 - V ZR 28/96 - BGHZ 135, 235; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 254 Rn. 1). Wer diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, muss die Kürzung oder den Verlust seiner Ansprüche hinnehmen, weil es unbillig erscheint, den Ersatz des vollen erlittenen Schadens trotz eigener Mitverantwortung zu fordern (BGH 14. März 1961 - VI ZR 189/59 - BGHZ 34, 355). Allerdings müssen die nicht beachteten Sorgfaltsanforderungen von Schädiger und Geschädigtem in die gleiche Richtung weisen, dh. zueinander kongruent sein. Die vom Geschädigten übertretene Sorgfaltsanforderung muss darauf zielen, einen Schaden wie den eingetretenen zu verhindern (MünchKommBGB/Oetker 5. Aufl. § 254 BGB Rn. 33).

59

b) Danach ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe in Bezug auf die ihm obliegenden Verpflichtungen gegenüber der Beklagten nicht die nötige Sorgfalt aufgewandt und deshalb die außerordentliche Kündigung verursacht, nicht tragfähig. Die Sorgfaltsanforderung, die der Kläger nicht erfüllt hat, verhielt sich nicht kongruent zu den Sorgfaltspflichten der Beklagten. So wie ein Arzt, der einen Kunstfehler begeht, den Patienten nicht darauf verweisen kann, dieser habe seine Behandlungsbedürftigkeit herbeigeführt (BGH 21. September 1971 - VI ZR 122/70 - NJW 1972, 334), kann der Arbeitgeber, der unsorgfältig eine sich als unwirksam herausstellende Kündigung ausgesprochen hat, den Arbeitnehmer nicht darauf verweisen, er habe mit seinem Verhalten erst die Kündigung notwendig gemacht. Was dem einen Vertragspartner kein Recht gibt, sich vom Vertrag zu lösen, kann dem anderen nicht nach § 254 BGB vorgeworfen werden(Staudinger/Schiemann [2005] § 254 BGB Rn. 36 mwN). Die Pflicht des Klägers zur rechtzeitigen und vollständigen Abrechnung der Liquidationseinnahmen bestand nicht, um die Beklagte vor dem Ausspruch einer unwirksamen Kündigung zu bewahren. Die Beklagte hat über den Kündigungsausspruch autonom entschieden. Ein Mitverschulden des Klägers ist insoweit nicht zu berücksichtigen.

60

IV. Die Revision des Klägers ist unbegründet, soweit er mit ihr als Abgeltung oder Schadensersatz für 30 nicht genommene Urlaubstage der Jahre 2002 und 2003 und vier AZV-Tage des Jahres 2004 weitere 47.973,22 Euro begehrt. Die für das Jahr 2004 noch bestehenden Urlaubs- und AZV-Tage hat bereits das Arbeitsgericht rechtskräftig festgestellt.

61

1. Der Kläger konnte vor Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz vom Feststellungs- zum Zahlungsantrag übergehen. Dies stellt eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderung dar. Eine Änderung des Klagegrundes liegt nicht vor (Zöller/Greger 29. Aufl. § 264 ZPO Rn. 3b; BAG 22. November 2005 - 1 AZR 458/04 - AP BetrVG 1974 § 112 Nr. 176 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 15; BGH 12. Mai 1992 - VI ZR 118/91 - NJW 1992, 2296).

62

2. Ein Abgeltungsanspruch ergibt sich nicht aus § 7 Abs. 4 BUrlG. Zwar wandelt sich der noch nicht erfüllte Urlaubsanspruch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einen Abgeltungsanspruch um, ohne dass es weiterer Handlungen des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers bedarf (BAG 19. August 2003 - 9 AZR 619/02 - mwN, AP BUrlG § 7 Nr. 29 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 11). Dieser mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses als reiner Geldanspruch entstehende Anspruch (BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17) bezieht sich nur auf Urlaubsansprüche, die bei Ende des Arbeitsverhältnisses bestanden und nicht schon verfallen waren.

63

a) Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG verfiel der gesetzliche Mindesturlaub des Klägers aus 2002 spätestens mit dem 31. März 2003, der des Jahres 2003 spätestens mit dem 31. März 2004. Es kann dahinstehen, ob hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs sowie des vertraglichen Mehrurlaubs des Klägers die betriebliche Übung, die das Landesarbeitsgericht bei der Beklagten festgestellt hat, dass nämlich der Urlaub von Chefärzten bis zum Ende des übernächsten Kalenderjahres übertragen werden kann, wirksam war. Denn selbst in diesem Fall wäre der Urlaub des Jahres 2002 am 31. Dezember 2004, der des Jahres 2003 am 31. Dezember 2005, mithin vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses, verfallen gewesen.

64

b) Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte mit Schreiben vom 26. Mai 2004 zwar außerordentlich, jedoch unwirksam kündigte. Nach der Rechtsprechung des Neunten Senats kann ein Arbeitnehmer, der eine Arbeitgeberkündigung erhält, den Urlaubswunsch nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG äußern. Der Arbeitgeber kann ihn vorsorglich von der Arbeitspflicht in diesem Umfang befreien, um die Kumulation von Annahmeverzugs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen zu verhindern (BAG 21. September 1999 - 9 AZR 705/98 - BAGE 92, 299; 17. Januar 1995 - 9 AZR 664/93 - BAGE 79, 92 = AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 66 = EzA BUrlG § 7 Nr. 98; AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. Bd. 2 § 7 BUrlG Rn. 37). Auch der unwirksam gekündigte Arbeitnehmer kann daher seinen Urlaubsanspruch verwirklichen, so dass es bei der gesetzlichen Konzeption der befristeten Übertragung nach § 7 Abs. 3 BUrlG oder einer vertraglich verlängerten Übertragungsmöglichkeit verbleibt. Dies hat der Kläger im Übrigen selbst so gesehen, als er im November 2004 für das gekündigte Arbeitsverhältnis Urlaub beantragte.

65

c) Hinsichtlich der AZV-Tage 2004 ist kein Vortrag des Klägers ersichtlich, dass solche AZV-Tage überhaupt entstanden sind. Ebenso wenig ist eine gesetzliche, vertragliche oder sonstige Anspruchsgrundlage für die Abgeltung etwaiger weiterer AZV-Tage ersichtlich oder vom Kläger vorgetragen worden.

66

3. Auch unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzuges schuldet die Beklagte keinen Geldersatz für die 30 Tage nicht genommenen Urlaub der Jahre 2002 und 2003. Gewährt der Arbeitgeber einen rechtzeitig verlangten Urlaub nicht und verfällt der Urlaub sodann aufgrund seiner Befristung, so wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um, welcher nicht der gesetzlichen Befristung des § 7 Abs. 3 BUrlG unterliegt(BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Ein Schadensersatz nach § 275 Abs. 1, Abs. 4, § 280 Abs. 1, § 283 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 1 BGB in Form der Naturalrestitution kann nicht mehr geleistet werden. Wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, so ist der Arbeitnehmer nach § 251 Abs. 1 BGB in Geld zu entschädigen(BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - aaO; 26. Juni 1986 - 8 AZR 75/83 - BAGE 52, 254 = AP SchwbG § 44 Nr. 5 = EzA SchwbG § 44 Nr. 5). Jedoch setzt der Verzug nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB voraus, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos um Freistellung gebeten hat. Hat der Arbeitnehmer keine Urlaubswünsche angemeldet, so ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer anzuhören oder seine Urlaubswünsche zu erfragen, um den Urlaubszeitraum von sich aus zu bestimmen (BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 23, BAGE 130, 119 = AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15; ErfK/Gallner 12. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 11).

67

a) In der Erhebung der Kündigungsschutzklage nach der außerordentlichen Kündigung vom 26. Mai 2004 ist ohne besondere Anhaltspunkte nicht die Geltendmachung von Urlaubs- oder Urlaubsabgeltungsansprüchen zu sehen (BAG 21. September 1999 - 9 AZR 705/98 - BAGE 92, 299 = AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 77 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 6).

68

b) Konkret hat der Kläger mit Schreiben vom 18. November 2004 Urlaub im Umfang von 35 Tagen sowie einen AZV-Tag für die Zeit vom 25. November 2004 bis 31. Dezember 2004 beantragt. Zwar hat das Landesarbeitsgericht - was die Revision zu Recht rügt - den unstreitigen Inhalt des Schreibens des Klägers vom 18. November 2004 nicht vollständig verwertet und sich mit der vom Kläger verwendeten Formulierung „im Mengengerüst“ nicht auseinandergesetzt. Da aber das Berufungsgericht die für eine Auslegung durch den Senat erforderlichen Feststellungen getroffen hat und weitere Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen, kann der Senat den Urlaubsantrag des Klägers selbst auslegen (BAG 13. Dezember 2006 - 10 AZR 787/05 - mwN, AP ZPO § 278 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 779 Nr. 3). Mit dem Schreiben vom 18. November 2004, das hat das Berufungsgericht im Ergebnis richtig erkannt, hat der Kläger wie schon in der Überschrift deutlich wird, nur den Resturlaub 2004 verlangt, wonach sich nach seiner Berechnung ein Urlaubsanspruch vom 25. November 2004 bis 31. Dezember 2004 ergab. Wenn der Kläger sodann bittet, seinen Urlaubsantrag „im Mengengerüst“ zu überprüfen, gegebenenfalls korrigierend nachzuberechnen und den Urlaub rückzählend ab dem 31. Dezember 2004 zu bestätigen und zu gewähren, beziehen sich diese Formulierungen aus der Sicht des Erklärungsempfängers, also der Beklagten, ersichtlich nur auf den verlangten Urlaub 2004. „Mein Urlaubsantrag“, also der Antrag des Klägers auf Urlaub 2004, sollte im Mengengerüst überprüft werden. Dadurch wurde kein Mehr an Urlaubsansprüchen behauptet, geltend gemacht oder auch nur angedeutet. Für die Beklagte war als Inhalt des Schreibens nur das Urlaubsverlangen für das Jahr 2004 erkennbar.

69

V. Soweit die Beklagte sich mit ihrer Revision gegen die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht hinsichtlich der Versorgungsschäden in der Nordrheinischen Ärzteversorgung wendet, ist die Revision der Beklagten unbegründet. Die Beklagte ist nach § 280 Abs. 1, Abs. 2 iVm. §§ 286, 287 Satz 1 BGB verpflichtet, dem Kläger die Nachteile in der Nordrheinischen Ärzteversorgung zu ersetzen, die ihm durch die verzögerte Beitragszahlung entstehen. Die Beklagte befindet sich mit der Abführung dieser Beiträge in Verzug, zu der sie sich nach § 2 Buchst. g des Arbeitsvertrages gegenüber dem Kläger verpflichtet hatte. Mit dieser kalendermäßig, nämlich monatlich, bestehenden Verpflichtung ist die Beklagte in Verzug geraten, ohne dass es einer Mahnung des Klägers bedurfte. Die Beklagte, die nicht auf die Wirksamkeit ihrer Kündigung vertrauen durfte, hat diese Pflichtverletzung nach § 286 Abs. 4, § 276 Abs. 1, Abs. 2 BGB zu vertreten. Ein Mitverschulden des Klägers nach § 254 BGB kommt wiederum nicht in Betracht.

70

VI. Die Revision des Klägers ist begründet, soweit sie sich gegen die Verzinsung des Schadensersatzanspruchs erst ab Rechtshängigkeit der Klage wendet. Der Kläger hat Anspruch auf eine anteilige monatliche Verzinsung. Dies ergibt sich aus den §§ 290, 288 BGB. Ist der Schuldner zum Ersatz des Wertes eines Gegenstandes verpflichtet, der während des Verzugs untergegangen ist oder aus einem während des Verzugs eingetretenen Grund nicht herausgegeben werden kann, so kann der Gläubiger zumindest die Ersetzung des Betrags ab dem Zeitpunkt verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird, § 290 Satz 1 BGB. Bei Schadensersatzansprüchen nach § 280 Abs. 1 BGB ist der maßgebliche Zeitpunkt der des Untergangs des geschuldeten Gegenstandes(Staudinger/Löwisch/Feldmann [2009] § 290 BGB Rn. 2). Die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger die Erwerbsmöglichkeiten im stationären und ambulanten Bereich einzuräumen, bestand täglich. Im Hinblick auf den Fixschuldcharakter dieser Verpflichtung trat sofort mit dem Ende jedes Arbeitstages Unmöglichkeit ein. Damit kann der Kläger jedenfalls eine monatliche Verzinsung des Wertersatzanspruchs fordern. Im Übrigen bestimmt sich die Höhe der zu verzinsenden Forderungen nach den Nebenanträgen des Klägers (§ 308 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

71

C. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Wankel    

        

    Bloesinger    

                 

Tenor

1. Auf die Revision beider Parteien wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. August 2011 - 5 Sa 490/11 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 489.760,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt und soweit es auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 31. März 2011 - 1 Ca 2138/10 - hinsichtlich des weitergehenden Zahlungsantrags abgeändert und die Klage abgewiesen hat.

 Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der variablen Vergütungsansprüche nach einem „Partnervergütungssystem“ (PVS) für die Geschäftsjahre 2007/2008, 2008/2009 und 2009/2010, über die damit zusammenhängende Leistungsbewertung des Klägers und über Auskunftsansprüche.

2

Der Kläger ist seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen als Arbeitnehmer beschäftigt. Der ursprüngliche Anstellungsvertrag vom 27. September/1. Oktober 1996 enthält ua. folgende Regelungen:

        

㤠1

        

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 ist Herr S zum Mitglied der Geschäftsleitung (Partner Stufe II) der Niederlassung E ernannt worden.

        

…       

        

§ 2

        

Herr S bezieht mit Wirkung vom 1. Januar 1996 ein Jahresgehalt von DM 162.000,-- (in Worten: Deutsche Mark einhundertzweiundsechzigtausend) zahlbar in monatlichen Raten postnumerando.

        

…       

        

§ 3

        

Für den Fall eines günstigen Jahresabschlusses der C ist die Zahlung einer jährlichen Abschlussgratifikation vorgesehen. Ein Rechtsanspruch hierauf besteht nicht. Der Aufsichtsrat der C wird in jedem Jahr auf Vorschlag des Vorstandes darüber beschließen, ob und in welcher Höhe diese Gratifikation gezahlt werden soll.

        

Die Abschlussgratifikation wird zeitanteilig gekürzt, soweit während des Geschäftsjahres, auf das sich die Abschlussgratifikation bezieht, keine laufenden Bezüge gemäß § 2 gezahlt worden sind (z. B. bei Eintritt und Ausscheiden im Geschäftsjahr, bei einer länger dauernden Krankheit ab der 7. Woche, bei unbezahltem Urlaub etc.).

        

Ein 13. Gehalt, Vergütung für Überstunden, Stadttagegeld und ähnliche Leistungen werden nicht gezahlt.“

3

Am 17. März/26. Mai 2006 vereinbarten die Parteien folgende Vertragsänderung (VÄ):

        

„Präambel

        

Mit Änderung des Konsortialvertrages wurde vom Arbeitsausschuss des Country Leadership Teams (CLT) in Abstimmung mit dem Partnerrat beschlossen, das bestehende Partnervergütungssystem zu modifizieren. Die Änderung besteht zum einen im ersatzlosen Entfall der Responsibility Kategorien (RK) für Partner. Zum anderen werden alle Partner einheitlich in einem Verhältnis zum Zieleinkommen von 60 % fix und 40 % variabel vergütet. Die daraus resultierende Änderung des Anstellungsvertrages wird mit Wirkung ab 1. Juli 2006 wie folgt vereinbart:

                          
        

1.    

Entfall der Responsibility Kategorien

        

Die Einstufung in RK-Gruppen allgemein und damit speziell ihre bisherige vertragliche Zuordnung entfällt mit Wirkung ab dem 1. Juli 2006 ersatzlos.

                          
        

2.    

Festbezüge und variable Vergütung

        

Die Festbezüge (Gehalt) betragen 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens. Ein eventuell erworbener Besitzstand bleibt erhalten. Soweit aufgrund eines Besitzstandes die Festbezüge 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens überschreiten, verringert sich entsprechend der Anteil der variablen Bezüge.

        

Die variablen Bezüge (Tantieme) betragen 40 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens.

        

3.    

Partnervergütungssystem

        

Im Übrigen gilt zum 1. Juli 2006 das beigefügte Partnervergütungssystem.

        

Soweit nicht durch diese Vereinbarung geändert, gelten die bisher mit Ihnen getroffenen Vereinbarungen unverändert fort.“

4

In dem PVS vom 1. Juli 2006 heißt es ua.:

        

„Vorbemerkung

        

…       

        

Im Folgenden wird dargelegt, wie sich die dienstvertragliche Vergütung der Partner/Partnerinnen bestimmt. …

        

Dem eigentlichen Vergütungssystem vorgelagert sind die Grundsätze für eine angemessene Leistungsbeurteilung, wie sie durch Abschluss und Beurteilung von Zielvereinbarungen erfolgt.

        

1.    

Gesamtbezüge

        

Die Gesamtbezüge eines Partners/einer Partnerin der P AG bestehen aus den

                          

·       

Festbezügen (Gehalt) und den

                          

·       

variablen Bezügen (Tantieme).

        

Die Gesamtbezüge werden bei Vertragsbeginn vereinbart und grundsätzlich jährlich für ein Geschäftsjahr neu festgelegt (Zieleinkommen).

        

Die Gesamtbezüge orientieren sich an den von dem Partner/der Partnerin in dem jeweiligen Geschäftsjahr wahrgenommenen Aufgaben, an seiner/ihrer Verantwortung, an den in dem Geschäftsjahr erbrachten individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin sowie an dem Erfolg des Unternehmens und der Einheit, in der der Partner/die Partnerin tätig ist.

                 
        

Festbezüge und variable Bezüge

        

Die Festbezüge betragen 60 % des Zieleinkommens. Die Höhe des Zieleinkommens und damit die Höhe der Festbezüge bemisst sich nach dem Inhalt der Aufgabe und dem damit verbundenen Verantwortungsbereich.

        

Die variablen Bezüge (Tantieme) betragen 40 % des Zieleinkommens. Durch die Mitteilung der Gesamtvergütung (Zieleinkommen) wird auf Auszahlung der variablen Bezüge weder dem Grunde noch der Höhe nach ein Anspruch begründet. Vielmehr folgt sowohl aus der Leistungsbezogenheit der variablen Bezüge als auch aus der Anknüpfung an den Erfolg des Unternehmens bzw. der jeweiligen Unternehmenseinheit, dass sie den Charakter einer Tantieme haben und in jedem Jahr neu verdient werden müssen. Insbesondere begründet die Zahlung variabler Bezüge im Vorjahr keinen Anspruch auf Gewährung von variablen Bezügen für das Folgejahr; Besitzstände können nicht erdient werden. Außerdem liegt der Bemessung der Tantieme die Erwartung zu Grunde, dass der Partner/die Partnerin auch im Folgejahr weiter erfolgreich für das Unternehmen tätig ist (Betriebstreue). Dieser Aspekt bleibt im Falle planmäßigen altersbedingten Ausscheidens außer Betracht.

        

Die Bemessung der variablen Bezüge berücksichtigt die individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin im abgelaufenen Geschäftsjahr. Außerdem ist die Höhe der variablen Bezüge von dem Erfolg des Unternehmens P AG in der abgelaufenen Periode sowie dem Erfolg der Unternehmenseinheit, zu der der Partner/die Partnerin gehört, abhängig.

                 
        

2.    

Zieleinkommen und Isteinkommen

        

Ausgangspunkt der Vergütung ist das sog. Zieleinkommen, das sowohl die Festbezüge als auch die variablen Bezüge umfasst und bei Vertragsbeginn sowie zu Beginn des Geschäftsjahrs festgelegt wird. Bei der Bestimmung des variablen Teils (40 % der Gesamtbezüge) wird unterstellt, dass die individuelle Leistung den Erwartungen und der Erfolg des Unternehmens und der Unternehmenseinheit den budgetierten Beträgen entspricht. Das neue Zieleinkommen wird den Partnern/Partnerinnen zu Beginn jedes Geschäftsjahres mitgeteilt.

        

Nach Ablauf des Geschäftsjahres wird das Isteinkommen festgelegt. Diese nachträgliche Festlegung betrifft den variablen Teil der Bezüge. Grundlage für die endgültige Festlegung der variablen Bezüge sind die mit Hilfe der Zielvereinbarung festgestellten individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin im abgelaufenen Geschäftsjahr (Ergebnisse des Partnerzielvereinbarungs- und
-beurteilungssystems) sowie der tatsächlich erzielte Erfolg des Unternehmens und der Unternehmenseinheit und die Betriebstreue.

        

Unter Berücksichtigung der individuellen Leistungen und des Unternehmenserfolgs sowie der Betriebstreue kann der variable Teil der Bezüge niedriger, aber auch höher festgesetzt werden als mit dem Betrag, der als Teil des Zieleinkommens vorgesehen war.

        

Grundlage für die Bemessung der individuellen Partnerperformance sind servicelineübergreifende Beurteilungskriterien, deren Erfüllungsgrad von dem Primary Reporting Partner (von der Primary Reporting Partnerin), ggf. dem Secondary Reporting Partner (der Secondary Reporting Partnerin), dem LoS-Leadershipteam und dem Unternehmens-Leadershipteam beurteilt wird. Hieraus wird die Entscheidung über die Vergütung abgeleitet.

                 
        

3.    

Auszahlung der Bezüge

        

Die Festbezüge in Höhe von 60 % des Zieleinkommens werden in zwölf gleichen Beträgen monatlich nachschüssig ausgezahlt. Die variablen Bezüge werden nach Ablauf des Geschäftsjahres und Feststellung des Jahresabschlusses sowie Genehmigung durch den Aufsichtsrat der P AG gezahlt.“

5

Darüber hinaus existiert ein „Zielvereinbarungs- und Beurteilungssystem für Partner/Anwenderhandbuch“ (im Folgenden: Handbuch). Aus diesem ergibt sich ua. eine fünfstufige Beurteilungsskala.

6

Auf Grundlage dieser Regelungen teilte die Beklagte dem Kläger jeweils zu Beginn des Geschäftsjahres (1. Juli des Jahres bis 30. Juni des Folgejahres) sein Zieleinkommen und die Höhe der Festbezüge mit. Zudem schlossen die Parteien Zielvereinbarungen und bewerteten die Zielerreichung nach Ablauf des Beurteilungszeitraums. Danach teilte die Beklagte dem Kläger jeweils sein Gesamteinkommen und dessen Zusammensetzung mit. Für die Geschäftsjahre nach der Vertragsänderung ergaben sich folgende Werte:

        

Geschäftsjahr

Zieleinkommen

Festbezüge

Gesamteinkommen

Abschlussgratifikation

        

2006/2007

400.000,00

240.000,00

650.000,00

410.000,00

        

2007/2008

700.000,00

420.000,00

600.000,00

180.000,00

        

2008/2009

740.000,00

444.000,00

510.000,00

66.000,00

        

2009/2010

520.000,00

444.000,00

450.000,00

6.000,00

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, sein jährliches Zieleinkommen seit dem Geschäftsjahr 2008/2009 auf mindestens 740.000,00 Euro festzusetzen. Da seine Festvergütung von der Beklagten zuletzt zutreffend mit 444.000,00 Euro (= 60 %) angegeben worden sei, müsse die erreichbare variable Vergütung weitere 296.000,00 Euro (= 40 %) betragen. Auf den Freiwilligkeitsvorbehalt in Ziff. 1 PVS könne sich die Beklagte nicht berufen. Bei den dort geregelten Bezügen handele es sich erkennbar um Leistungsentgelt, auf das der Kläger einen Rechtsanspruch besitze. Darüber hinaus verstießen die Vergütungsregelungen gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil nicht klar sei, wie sich der variable Teil seiner Vergütung und damit auch das Gesamteinkommen errechne. Die Bewertung und Benotung seiner Leistungen erweise sich als willkürlich und widersprüchlich, zumal es auch unter Berücksichtigung des Handbuchs an objektiv messbaren Kriterien für die Festsetzung des Zieleinkommens einerseits und für die Berechnung des tatsächlich erreichten Gesamteinkommens andererseits fehle.

8

Die für die Geschäftsjahre 2007/2008 und 2008/2009 vorgegebenen finanziellen Ziele seien zu hoch angesetzt und nicht zu erreichen gewesen. Überdies seien seine Leistungen fehlerhaft beurteilt worden. Für das Geschäftsjahr 2009/2010 müsse die Beurteilung schon als willkürlich bezeichnet werden. Die Beurteilungen und die niedrige Festsetzung des Zieleinkommens stünden im Zusammenhang mit dem Wunsch der Beklagten, sich von ihm zu trennen. Die beanspruchten Auskünfte benötige er zur Prüfung der Frage, ob es bei der Ermittlung der Vergütung zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung gegenüber anderen Partnern gekommen sei.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 620.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass sein Zieleinkommen bei der Beklagten je Geschäftsjahr, beginnend mit dem Geschäftsjahr 2008/2009 mindestens 740.000,00 Euro beträgt,

        

3.    

die Beklagte - im Wege der Stufenklage - zu verurteilen,

                 

3.1     

ihm Auskunft zu erteilen

                 

a)    

über die Höhe der Zieleinkommen sowie die von der Beklagten zur Ermittlung herangezogenen Kriterien sämtlicher bei ihr als Partner beschäftigter Arbeitnehmer - jeweils getrennt nach Geschäftsjahren - für die Zeiträume vom

                          

1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007,

                          

1. Juli 2007 bis 30. Juni 2008,

                          

1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009,

                          

1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010,

                          

wobei die Auskunft für den jeweiligen Partner insbesondere folgende Angaben enthalten muss:

                          

-       

Name des Partners

                          

-       

Geburtsdatum des Partners

                          

-       

Eintrittsdatum des Partners bei der Beklagten sowie die Bewertungskriterien der daraus resultierenden Betriebstreue nach dem Partnervergütungssystem

                          

-       

Aufgabeninhalt, Funktion und jeweiliger Verantwortungsbereich des Partners sowie die Bewertungskriterien der daraus resultierenden Daten nach dem Partnervergütungssystem für den jeweiligen Partner

                          

-       

Region, in der der Partner tätig war

                          

-       

Höhe des für den jeweiligen Partner festgesetzten Zieleinkommens

                          

-       

Kriterien und Ergebnis der individuellen Leistungsbestimmung des jeweiligen Partners

                          

-       

Unternehmenseinheit des Partners und deren Erfolg im Sinne des Partnervergütungssystems sowie die insoweit für den jeweiligen Partner zugrunde gelegten Kriterien

                          

-       

Unternehmenserfolg im Sinne des Partnervergütungssystems und die insoweit für den jeweiligen Partner zugrunde gelegten Kriterien,

                 

b)    

über die tatsächlich gezahlten Bruttovergütungen sowie die von der Beklagten zur Ermittlung herangezogenen Kriterien sämtlicher bei ihr als Partner beschäftigter Arbeitnehmer - jeweils getrennt nach Geschäftsjahren - für die Zeiträume vom

                          

1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007,

                          

1. Juli 2007 bis 30. Juni 2008,

                          

1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009,

                          

1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010,

                          

wobei die Auskunft für den jeweiligen Partner im jeweiligen Zeitraum insbesondere folgende Angaben enthalten muss:

                          

-       

Name des Partners

                          

-       

Umfang der Zielerreichung gemäß Partnervergütungssystem getrennt nach

                          

        

-       

Unternehmenserfolg

-       

Erfolg der Unternehmenseinheit

                                   

-       

individuelle Leistung gemäß Zielvereinbarung (Ergebnisse des Partnerzielvereinbarungs- und Beurteilungssystems)

                                   

-       

Betriebstreue,

                 

3.2     

an ihn einen nach erteilter Auskunft noch zu beziffernden Betrag zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Freiwilligkeitsvorbehalt sei zulässig und rechtswirksam, weil die Zahlung der variablen Vergütung nach dem Partnervergütungssystem keinen Entgeltcharakter im engeren Sinne habe. Die bei ihr praktizierte Vergütungsregelung sei transparent. Die Kriterien zur Berechnung des Ziel- und des Gesamteinkommens stünden fest und der Kläger habe es selbst in der Hand, Einfluss auf die Festsetzung des jährlichen Zieleinkommens zu nehmen. Die Ziele im streitbefangenen Zeitraum hätten sich an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientiert. Aus dem PVS iVm. dem Handbuch ergebe sich im Einzelnen, wie die Zielvereinbarungen zu treffen seien, welche Kriterien beurteilt werden dürften, wie das Bewertungsverfahren ablaufe und welche Beurteilungsgrundsätze und Noten in Betracht kämen. Auch die jeweiligen Beurteilungen des Klägers seien nicht zu beanstanden, weil dieser zuletzt teilweise sehr schlechte Leistungen gezeigt habe. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung komme nicht in Betracht, da es bei der Festsetzung der Vergütung an einem abstrakt generalisierenden Prinzip fehle. Überdies stünden berechtigte Interessen der anderen Partner einer Auskunft entgegen; eine solche würde Datenschutzbestimmungen widersprechen.

11

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 1. und zu 2. in vollem Umfang stattgegeben. Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs und eines möglicherweise daraus folgenden Zahlungsanspruchs hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert, den Zahlungsanspruch des Klägers reduziert und seinen Feststellungsantrag abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für beide Parteien zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge in vollem Umfang weiter. Die Beklagte begehrt weiterhin vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässigen Revisionen beider Parteien sind hinsichtlich der für die Geschäftsjahre 2007/2008, 2008/2009 und 2009/2010 geltend gemachten Zahlungsansprüche des Klägers begründet (zu I). Hinsichtlich der begehrten Feststellung über die Höhe seines Zieleinkommens und hinsichtlich der Stufenklage ist die Revision des Klägers dagegen unbegründet (zu II).

13

I. Ob dem Kläger nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. Ziff. 2 Abs. 2 VÄ und den Regelungen des PVS eine höhere variable Vergütung (Tantieme) für den streitgegenständlichen Zeitraum zusteht, steht noch nicht fest. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte weder die Beklagte zur Zahlung verurteilt noch die Klage teilweise abgewiesen werden. Mangels ausreichender Feststellungen kann der Senat in der Sache nicht selbst entscheiden. Die Revisionen beider Parteien führen daher insoweit zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

14

1. Die vertraglichen Bestimmungen gewähren dem Kläger - neben dem Anspruch auf Festbezüge (Gehalt) in Höhe von 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens - grundsätzlich einen Anspruch auf eine variable Vergütung. Die Höhe der erreichbaren variablen Vergütung bestimmt sich für das jeweilige Geschäftsjahr nach einem nach billigem Ermessen durch die Arbeitgeberin festzusetzenden Zieleinkommen, welches mindestens ein bestimmtes Verhältnis zu den Festbezügen erreichen muss. Die Höhe der tatsächlich auszuzahlenden variablen Bezüge (Tantieme, auch als Abschlussgratifikation bezeichnet) ergibt sich aus einer Festsetzung nach billigem Ermessen unter Beachtung der individuellen Leistung, des Unternehmenserfolgs, des Erfolgs der Unternehmenseinheit und der Betriebstreue. Die Bewertung der individuellen Leistung erfolgt dabei bezogen auf das Erreichen der in einer Zielvereinbarung festgelegten Ziele. Dieses mit der Vertragsänderung im Jahre 2006 vereinbarte Vergütungssystem ist - mit einer Ausnahme - rechtlich nicht zu beanstanden.

15

a) Bei den Vertragsbestimmungen vom 17. März/26. Mai 2006 und den Regelungen des PVS handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 ff. BGB. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

16

b) Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19, AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54).

17

Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung der einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt, von denen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht. Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

18

c) Eine Auslegung nach diesen Grundsätzen ergibt, dass die Parteien eine Vergütung vereinbart haben, welche sich aus einem festen, durch die Arbeitgeberin nur zugunsten des Arbeitnehmers veränderbaren Anteil (Festbezüge/Gehalt) und aus einem variablen Anteil (Tantieme/Abschlussgratifikation), dessen Höhe sowohl hinsichtlich der Erwerbschancen als auch hinsichtlich der tatsächlichen Auszahlung schwanken kann und von der Beklagten jeweils nach billigem Ermessen festzusetzen ist, zusammensetzt.

19

aa) Mit der VÄ sollte das Vergütungssystem der Partner/innen, wie sich aus der Präambel ergibt, umgestellt und vereinheitlicht werden. Das System sieht Festbezüge und variable Bezüge vor, deren Ermittlung - abgesehen von der erstmaligen Vereinbarung der Gesamtbezüge bei Vertragsbeginn - durch Festlegung eines Zieleinkommens vor und eines Isteinkommens nach Ablauf des Bezugszeitraums erfolgt (Ziff. 3 VÄ iVm. PVS). Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 VÄ legt dabei den Anteil der Festbezüge auf 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens fest, wobei sich Modifikationen durch die Besitzstandsklausel in Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 ergeben. Ziff. 2 Abs. 2 VÄ bestimmt den Anteil der variablen Bezüge auf 40 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens. Die weiteren Einzelheiten des Vergütungssystems ergeben sich aus Ziff. 3 VÄ iVm. PVS. Dort ist ua. bestimmt, dass bei Festlegung des Zieleinkommens hinsichtlich des variablen Teils eine Zielerreichung unterstellt wird.

20

(1) Die Vertragsbestimmungen vom 17. März/26. Mai 2006 enthalten keine konkrete Angabe über die Höhe der Gesamtbezüge des Klägers. Diese ergibt sich aber aus der vorgefundenen Vertragslage und der Vergütung zum Inkrafttreten der VÄ. Einer gesonderten Vereinbarung der Gesamtvergütung bedurfte es daher - anders als bei einer Neueinstellung - nicht. Zwischen den Parteien ist diese Frage nicht streitig; für das am 1. Juli 2006 beginnende Geschäftsjahr 2006/2007 betrug das Zieleinkommen nach dem Schreiben der Beklagten vom 17. Juli 2006 400.000,00 Euro und die Festbezüge waren mit 240.000,00 Euro, dh. 60 % hiervon, ausgewiesen. Damit betrug die feste Vergütung des Klägers gemäß Ziff. 2 Abs. 1 VÄ zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Vergütungssystems 240.000,00 Euro.

21

(2) Mindestens in dieser Höhe waren die Festbezüge nach Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 VÄ festgeschrieben. Diese Besitzstandsklausel ist - anders als der vergangenheitsbezogene Wortlaut („erworbener Besitzstand“) zunächst glauben lässt - nicht auf den Zeitpunkt der Einführung des PVS beschränkt. Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 VÄ bestimmt nämlich, dass die Festbezüge 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens betragen. Es ist also vor und nach jedem Geschäftsjahr deren Anteil zu bestimmen. Gegebenenfalls tritt eine Erhöhung der Festbezüge ein, die dann den neuen Besitzstand darstellen. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus. Erhöhungen des Zieleinkommens (zB im Geschäftsjahr 2008/2009) haben zu einer Anpassung der Festbezüge auf 60 % dieses Zieleinkommens und zu einem entsprechend höheren Besitzstand des Klägers im Folgejahr (444.000,00 Euro) geführt.

22

(3) Hinsichtlich des variablen Teils der Vergütung fehlt es hingegen an einer solchen dauerhaften Festlegung. Zwar werden nach der Präambel der VÄ alle Partner einheitlich in einem Verhältnis zum Zieleinkommen von 60 % fix und 40 % variabel vergütet. Auch benennt Ziff. 2 Abs. 2 VÄ die Höhe der variablen Bezüge mit 40 %. Der Wert von 40 % bezieht sich aber - ebenso wie bei den Festbezügen - nicht nur auf das Zieleinkommen, sondern auch auf die Gesamtbezüge. Im Fall eines niedrigen Zielerreichungsgrades und damit eines niedrigeren Isteinkommens verschiebt sich damit notwendigerweise das Verhältnis zwischen fixen und variablen Vergütungsbestandteilen, da andernfalls eine - unzulässige und nicht vorgesehene - Absenkung der festen Vergütungsbestandteile die Folge wäre. Deshalb bestimmt Ziff. 2 Abs. 1 Satz 3 VÄ für diesen Fall ausdrücklich, dass sich der Anteil der variablen Bezüge entsprechend vermindert. Gleiches gilt, wenn aufgrund eines Besitzstandes bereits beim Zieleinkommen der Anteil der Festbezüge 60 % übersteigt. Der Anteil an variablen Bezügen verringert sich dann entsprechend. Eine andere Auslegung erscheint auch nach der Zweifelsregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht ernsthaft möglich, würde sie doch den Bezug auf die Gesamtbezüge völlig ausblenden. Auch die Regelungen des PVS tragen dieses Ergebnis. Sowohl Ziff. 1 PVS (Gesamtbezüge) als auch Ziff. 2 PVS (Zieleinkommen und Isteinkommen) legen fest, dass das Zieleinkommen zu Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres neu festgelegt wird. Damit ist erkennbar, dass das Zieleinkommen weder immer die gleiche Höhe haben muss noch dass eine Veränderung nur nach oben erfolgen kann.

23

Das gefundene Ergebnis liegt auch nahe. Die beteiligten Verkehrskreise konnten bei Einführung eines teilvariablen Vergütungssystems nicht davon ausgehen, dass nicht nur die Festbezüge, sondern auch das Zieleinkommen unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung und den individuellen Leistungen des jeweiligen Arbeitnehmers für alle Zukunft garantiert ist und sich allenfalls steigern kann. Dies gilt erst recht im Hinblick auf die dynamische Ausgestaltung der Besitzstandsklausel hinsichtlich der Festbezüge.

24

(4) Damit ist die Beklagte nach der vertraglichen Regelung berechtigt und verpflichtet, die Höhe des Zieleinkommens für jedes Geschäftsjahr neu zu bestimmen. Dabei ist sie hinsichtlich der Höhe der Festbezüge ebenso wie hinsichtlich des Verhältnisses von Festbezügen und variabler Vergütung durch die Regelungen der VÄ und des PVS gebunden. Dieses Verhältnis beträgt im Grundsatz 60 zu 40, soweit es sich nicht gemäß Ziff. 2 Abs. 1 Satz 3 VÄ verschoben hat. Von diesem Verhältnis kann die Beklagte nicht nach unten abweichen. Im Übrigen überlässt ihr die vertragliche Regelung bei der Festsetzung des Zieleinkommens ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB. Die Leistungsbestimmung hat nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen.

25

Damit enthalten die vertraglichen Bestimmungen keinen sog. Freiwilligkeitsvorbehalt (vgl. zu einer solchen Konstellation: BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 16 ff., BAGE 124, 259). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die Beklagte die Entscheidung vorbehalten wollte, die Vergütung auf die Festbezüge zu beschränken oder kein Zieleinkommen festzusetzen. Vielmehr ist sie hierzu nach den obigen Grundsätzen verpflichtet.

26

(5) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich eine bestimmte Höhe des Zieleinkommens nicht aus seiner (stillschweigenden) Zustimmung zum Zieleinkommen des Vorjahres und einer daraus jeweils folgenden Vertragsänderung nach § 151 BGB. Es fehlt schon an einem Angebot der Beklagten zur Vertragsänderung. Ihre jeweiligen Schreiben, mit denen dem Kläger sein Zieleinkommen mitgeteilt wurde, beziehen sich ausdrücklich auf ein bestimmtes Geschäftsjahr und lassen im Übrigen erkennen, dass die Beklagte - in Übereinstimmung mit den vertraglichen Regelungen - hinsichtlich des variablen Teils der Vergütung ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt.

27

bb) Das Isteinkommen wird gemäß Ziff. 2 Abs. 2 PVS nach Ablauf des Geschäftsjahres festgelegt. Dabei betrifft die nachträgliche Festlegung nur den variablen Teil der Bezüge. Über diesen hat die Beklagte wiederum unter Berücksichtigung der vertraglichen Vorgaben nach billigem Ermessen iSd. § 315 BGB zu entscheiden.

28

Ziff. 2 Abs. 2 Satz 3 PVS bestimmt vier Faktoren, die bei der Festlegung der variablen Bezüge zu berücksichtigen sind, nämlich die Betriebstreue, den Erfolg des Unternehmens, den Erfolg der Unternehmenseinheit sowie die individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin. Letztere bestimmen sich aus den Ergebnissen des Partnerzielvereinbarungs- und -beurteilungssystems (Ziff. 2 Abs. 4 PVS). Allerdings sind weder das Verhältnis der verschiedenen Faktoren zueinander noch die Höhe des zu verteilenden Gesamtbetrags festgelegt. Demnach kann die Höhe der variablen Bezüge von der Festsetzung im Rahmen des Zieleinkommens abweichen (vgl. Ziff. 2 Abs. 3 PVS). Damit verbleibt der Beklagten auch insoweit in bestimmtem Umfang ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Dieses ist mangels abweichender Anhaltspunkte ebenfalls nach billigem Ermessen auszuüben.

29

d) Entgegen der Auffassung des Klägers hält das PVS mit dem oben beschriebenen Inhalt einer Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB im Wesentlichen stand.

30

aa) Die Regelungen der VÄ und des PVS verstoßen nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

31

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14, BAGE 135, 250). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

32

(2) Eine derartige Gefahr ist hier nicht erkennbar. Der mögliche Anspruch des Klägers ist durch die Bestimmungen der VÄ iVm. dem PVS und der jeweiligen Zielvereinbarung ausreichend beschrieben. Für den Kläger als Wirtschaftsprüfer und leitenden Mitarbeiter der Beklagten war erkennbar, dass die Beklagte nach billigem Ermessen über das Zieleinkommen und die tatsächliche Höhe der variablen Bezüge zu entscheiden hat und an welche Faktoren sie hierbei gebunden ist. Soweit die Beklagte sich danach noch einen Beurteilungsspielraum, insbesondere zum Verhältnis der verschiedenen Faktoren und zur Beurteilung der Leistungen des Klägers vorbehalten hat, ist dieser im Hinblick auf die auf Dauer angelegte Regelung und sich stetig ändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen nicht unangemessen weit.

33

bb) Die vertraglichen Regelungen enthalten keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB.

34

(1) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte im Sinne des § 315 ff. BGB fallen jedoch nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 32; BGH 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 158, 149; Dammann in Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5. Aufl. § 308 Nr. 4 Rn. 16; Staudinger/Coester-Waltjen (2006) § 308 Nr. 4 Rn. 5).

35

(2) So verhält es sich hier. Der vertragliche Anspruch des Klägers ist sowohl hinsichtlich des Zieleinkommens als auch hinsichtlich des variablen Anteils des Isteinkommens auf Entscheidungen nach billigem Ermessen unter Beachtung bestimmter vertraglicher Vorgaben gerichtet. Ein Recht zur Abweichung von einer bereits versprochenen Leistung behält sich die Beklagte mit dieser Vertragsgestaltung nicht vor. Vielmehr ist sichergestellt, dass die dem Kläger zugesagten Festbezüge unverändert zur Auszahlung kommen und sich diese allenfalls zugunsten des Klägers erhöhen können. Die variablen Bezüge sind demgegenüber nur in einem bestimmten, aber an sich verändernde Ausgangslagen angepassten Verhältnis festgeschrieben. An dieses Verhältnis ist die Beklagte auch bei ihrer Ermessensausübung gebunden.

36

cc) Weder die Regelungen in Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 2 Abs. 1 PVS, wonach das Zieleinkommen jährlich neu festgelegt wird, noch das Recht der Beklagten, die tatsächliche Höhe des variablen Teils der Bezüge nach vorgegebenen Faktoren nach billigem Ermessen festzulegen, benachteiligen den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

37

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist(st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33, AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54).

38

(2) Wie bereits dargelegt, enthält die vertragliche Regelung keinen Freiwilligkeitsvorbehalt (vgl. dazu BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 16 ff., BAGE 124, 259). Die Beklagte hat sich nicht das Recht vorbehalten, dem Kläger den Anspruch auf variable Bezüge und damit die entsprechende Vergütungschance zu entziehen. Zwar ist es denkbar, dass sich in Ausnahmefällen das Verhältnis zwischen Festbezügen und variablen Bezügen stark zugunsten der Festbezüge verschiebt. Dies kann der Fall sein, wenn der variable Teil des Isteinkommens aufgrund einer schlechten individuellen Leistung und/oder einer schlechten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und/oder des Unternehmensteils niedrig festgesetzt wird und auf einen hohen Besitzstand hinsichtlich der Festbezüge trifft. Auch in diesem Fall ist die Beklagte aber vertraglich verpflichtet, ein Zieleinkommen nach billigem Ermessen festzusetzen. Billiges Ermessen wird nur dann gewahrt sein, wenn eine im Verhältnis zum Festgehalt angemessene Chance auf Erzielung einer variablen Vergütung erhalten bleibt. Ob dies der Fall ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle (st. Rspr., zB BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46, AP BGB § 315 Nr. 92 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28).

39

(3) Die Regelung weicht mit dem so ermittelten Inhalt auch nicht vom Gesetz ab. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt keine Abweichung von § 611 BGB vor, da hinsichtlich der variablen Vergütung keine bestimmte Leistung zugesagt wurde, deren späteren Entzug sich die Beklagte vorbehalten hätte. Weder die Höhe der Festvergütung noch der Anteil der variablen Vergütung lassen die Annahme zu, dass sich der Arbeitgeber faktisch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich seiner Gegenleistung vorbehalte und damit das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko unzulässigerweise auf den Arbeitnehmer übertrage (vgl. dazu zB Preis/Preis/Lindemann Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II Z 5 Rn. 15; eine solche Einschränkung ablehnend zB Annuß NZA 2007, 290, 291). Die vertragliche Einräumung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte sieht das Gesetz vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass diese einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. § 315 BGB ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber damit Vorkehrungen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass sie für ein Partnervergütungssystem der vorliegenden Art nicht ausreichend wären, sind nicht erkennbar.

40

(4) Die Regelung verstößt auch nicht gegen ungeschriebene Rechtsgrundsätze. Insbesondere besteht nicht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einerseits die verhaltenssteuernde Wirkung eines vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch nimmt, andererseits die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung allein vom eigenen Willen abhängig macht. Die Beklagte ist sowohl an die Vorgaben der vertraglichen Regelungen gebunden als auch - hinsichtlich der Bestimmung der individuellen Leistung - an die getroffene Zielvereinbarung. Insbesondere kann sie nicht nachträglich das verabredete Leistungsprogramm verändern.

41

(5) Eine unangemessene Benachteiligung liegt allerdings vor, soweit die Beklagte nach Ziff. 1 Abs. 5 PVS die Bemessung der variablen Vergütung davon abhängig macht, dass der Partner/die Partnerin auch im Folgejahr weiter für das Unternehmen tätig ist, und diesen Aspekt nur im Falle planmäßigen altersbedingten Ausscheidens außer Betracht lassen will. Eine solche Regelung, die die Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung oder jedenfalls deren Höhe an den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums - hier des jeweiligen Geschäftsjahres - bindet, ist unwirksam und benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen. Die Klausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert(vgl. für gewinn- und leistungsabhängige Bonuszahlungen: BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 25 ff., BAGE 124, 259). Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, ist nicht ersichtlich (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 23, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31).

42

Die Unwirksamkeit dieser Klausel führt nicht zur Unwirksamkeit der sonstigen Vergütungsregelungen. Vielmehr handelt es um eine teilbare Klausel. Der unzulässige Teil ist sprachlich eindeutig abtrennbar und die verbleibende Regelung weiterhin sinnvoll und verständlich. Der unzulässige Teil ist daher zu streichen (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54). Es ist ohne Weiteres möglich, bei der Ausübung billigen Ermessens diesen Aspekt außer Betracht zu lassen. Im Übrigen hat der Kläger die verlangte Betriebstreue im Streitzeitraum und im jeweiligen Folgejahr erbracht, sodass sich die Klausel nicht auf die Höhe seines Anspruchs ausgewirkt hat.

43

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für die streitgegenständlichen Geschäftsjahre Folgendes:

44

a) Für das Geschäftsjahr 2007/2008 steht noch nicht fest, ob ein Anspruch auf eine höhere variable Vergütung besteht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann ein solcher nicht bejaht werden. Die Festsetzung des Zieleinkommens und die Höhe der Festbezüge stehen zwischen den Parteien für diesen Zeitraum nicht im Streit. Ob die Festsetzung der variablen Vergütung billigem Ermessen entspricht, kann aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht beurteilt werden.

45

aa) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 315 Nr. 92 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31 mwN, BAGE 135, 239). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - aaO; 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28, NZA 2012, 1154; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

46

bb) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(st. Rspr., zB BAG 12. Okto-ber 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46, AP BGB § 315 Nr. 92 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b und B IV 1 der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15). Welche Folgen hieraus für die Reichweite der Überprüfung durch das Revisionsgericht zu ziehen sind, kann dahinstehen (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

47

cc) Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, es fehle an einem nachvollziehbaren System, wie die Faktoren zueinander in Beziehung zu setzen seien. Ein derartiges System ist - wie ausgeführt - nicht erforderlich. Darüber hinaus nimmt das Landesarbeitsgericht an, die Beklagte habe nicht nachvollziehbar dargelegt, woraus sich die Wertung „teilweise nicht erfüllt“ (= einfaches Minus) im Rahmen des Beurteilungssystems ergebe. Dabei hat es wesentlichen Vortrag der Beklagten nicht berücksichtigt. Aus dem Handbuch ergibt sich, dass die Bewertung nach einer fünfstufigen Beurteilungsskala erfolgt (dort Seite 15). Darüber hinaus ist festgelegt, dass es sowohl dem Beurteilten, der eine Selbsteinschätzung abzugeben hat, als auch dem Beurteiler (Reviewing Partner) obliegt, wie die einzelnen Kriterien bei der abschließenden Gesamtbeurteilung untereinander zu gewichten sind (dort Seite 22, 23). In der Bewertung der Zielerreichung für das Geschäftsjahr 2007/2008 haben sowohl der Kläger als auch der Reviewing Partner 1 unter Hinweis auf das Nichterreichen der wirtschaftlichen Ziele übereinstimmend die Einschätzung „Erwartungen/Ziel teilweise erfüllt“ abgegeben. Nach der Bewertungsskala ergibt dies ein einfaches Minus. Vor diesem Hintergrund durfte das Landesarbeitsgericht nicht ohne entgegenstehende Anhaltspunkte annehmen, alle Beurteilungskriterien seien gleich zu gewichten, und mit dieser Begründung von einer Gesamtbewertung „gut“ (Erwartungen/Ziel erfüllt) ausgehen. Vielmehr spricht vieles dafür, dass die übereinstimmende Einschätzung des Klägers und seines Vorgesetzten zugrunde zu legen ist.

48

Im Rahmen der Beurteilung der Grenzen billigen Ermessens wird das Landesarbeitsgericht allerdings die Behauptung des Klägers zu berücksichtigen haben, die Erreichung der wirtschaftlichen Ziele sei von vornherein unmöglich gewesen. Sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein - wofür nach dem Vortrag der Parteien bisher wenig spricht - müsste dies Beachtung finden. Billiges Ermessen ist nämlich nur dann gewahrt, wenn alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind. Hierzu könnte beispielsweise eine deutliche Fehleinschätzung des Vorgesetzten im Rahmen des Zielvereinbarungsprozesses gehören. Allerdings hat der Kläger im Kommentarfeld, das für Konflikte im Zielvereinbarungsprozess vorgesehen ist (Handbuch Seite 20), keine Angaben gemacht. Auch dies kann nicht unbeachtet bleiben.

49

Darüber hinaus wird das Landesarbeitsgericht zu überprüfen haben, ob die Beklagte hinsichtlich der Wertung der weiteren Faktoren (Unternehmensergebnis/Ergebnis der Unternehmenseinheit) und ihres Verhältnisses zur Bewertung der individuellen Leistung billiges Ermessens gewahrt hat. Dafür wird die Beklagte über ihren bisherigen Vortrag hinaus darlegen müssen, von welchem Unternehmensergebnis/Ergebnis der Unternehmenseinheit sie ausging, in welchem Verhältnis die drei Faktoren zueinander stehen und was dies für die Höhe und Verteilung der Tantieme auf die am PVS beteiligten Partner/innen bedeutet. Dem Kläger ist Gelegenheit zu geben, auf den Vortrag der Beklagten zur Bandbreitenregelung (Schriftsatz vom 8. August 2011, Seite 10 ff.), näher einzugehen. Dabei trifft die Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts zu, dass sich ein von der Beklagten aufgrund bestimmter Umstände vorgenommenes Abschlagsverfahren ausschließlich auf den variablen Anteil der Vergütung, nicht aber auf das Zieleinkommen beziehen kann. Nur der variable Teil der Vergütung ist vom Kläger durch seine Leistung beeinflussbar und von den im PVS genannten Faktoren abhängig. Eine andere Handhabung würde im Übrigen dem Charakter der Festvergütung nach Ziff. 2 Abs. 1 VÄ iVm. § 611 Abs. 1 BGB widersprechen.

50

Sollte das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung dieser Faktoren zu dem Ergebnis kommen, dass die Beklagte billiges Ermessen nicht gewahrt hat, so hat es gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB eine Leistungsbestimmung durch Urteil vorzunehmen.

51

b) Gleiches gilt für das Geschäftsjahr 2008/2009. Auch insoweit steht die Höhe des Zieleinkommens und der Festbezüge zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Höhe der Tantieme steht noch nicht fest.

52

aa) Hinsichtlich der Bewertung der individuellen Leistung des Klägers ist zu prüfen, ob die Gesamtbeurteilung zutrifft. Dabei ist die Beklagte - da die Frage im Raum steht, ob sie billiges Ermessen gewahrt hat - für die Richtigkeit der Beurteilung als Teil der Leistungsbestimmung darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 77 Rn. 24; für diese Konstellation ebenso: Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück NZA 2005, 785, 791; ebenso bei einseitiger Zielfeststellung durch den Arbeitgeber, „insbesondere bei weichen Zielen“: Otto/Walk BB 2010, 373, 376 f.; bei Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers: Heiden Entgeltrelevante Zielvereinbarungen aus arbeitsrechtlicher Sicht Diss. 2006, S. 317). Es gilt ein abgestuftes System der Darlegungslast. Maßgeblich sind zunächst die Beurteilungen in der Zielvereinbarung. Erst wenn der Arbeitnehmer bestimmte Bewertungen bestreitet, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese unter Vortrag von Tatsachen substanziiert zu begründen. Bestreitet der Arbeitnehmer solchen Vortrag substanziiert auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen, so hat der Arbeitgeber die Richtigkeit der Beurteilung zu beweisen. Dabei werden die Anforderungen an ein substanziiertes Bestreiten steigen, wenn die arbeitgeberseitige Beurteilung einer vom Arbeitnehmer abgegebenen Selbsteinschätzung entspricht. Darüber hinaus kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass dem Beurteiler notwendigerweise ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. für dienstliche Beurteilungen: BAG 18. August 2009 - 9 AZR 617/08 - Rn. 33, BAGE 131, 367). Deshalb ist bei der Beurteilung der Zielerreichung innerhalb von Zielvereinbarungen zu unterscheiden. Geht es um die Erreichung sog. harter (quantitativer) Ziele wie zB Umsatz- oder Kundenzahlen, die Durchführung bestimmter Veranstaltungen etc., so ist konkreter Vortrag möglich und erforderlich. Geht es hingegen um das Erreichen sog. weicher (qualitativer) Ziele, wie zB das Führungsverhalten, muss der Arbeitgeber seine Wertungen auf entsprechendes Bestreiten (nur) soweit wie möglich konkretisieren und plausibel machen. Soweit solche Wertungen auf bestimmte Einzelvorkommnisse oder Bewertungen anderer Mitarbeiter (Upward-Feedback) gestützt werden, sind diese konkret zu benennen. Reine Werturteile bedürfen zwar keines näheren Vortrags, reichen aber für sich genommen nicht aus, um eine negative Bewertung zu stützen.

53

Wie die Darlegungs- und Beweislast für die Zielerreichung in den Fällen verteilt ist, in denen in der Zielvereinbarung abschließend alle Faktoren und deren finanzielle Auswirkungen bestimmt sind, ohne dass dem Arbeitgeber noch ein Ermessensspielraum iSv. § 315 BGB verbleibt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung (vgl. dazu zB Preis/Preis/Lindemann Der Arbeitsvertrag II Z 5 Rn. 32 - 34; Annuß NZA 2007, 290, 294; Behrens/Rinsdorf NZA 2003, 364; Deich Arbeitsvertragliche Gestaltung von Zielvereinbarungen S. 85 f.; Heiden Entgeltrelevante Zielvereinbarungen aus arbeitsrechtlicher Sicht Diss. 2006, S. 299 ff.; Mohnke Zielvereinbarungen im Arbeitsverhältnis Diss. 2006, S. 295 ff.; Friedrich Arbeitsrechtliche Fragen der Zielvereinbarung Diss. 2008, S. 195 ff.; vgl. zum Entlastungsbeweis für den Fall der unterbliebenen Zielvereinbarung: BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 889/07 - Rn. 14 ff., AP BGB § 280 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 23).

54

bb) Im Übrigen gelten auch beim Geschäftsjahr 2008/2009 die Anforderungen an die Darlegung der Beklagten zur wirtschaftlichen Lage und zum Verhältnis der verschiedenen Faktoren. Da substanzieller Vortrag hierzu bisher fehlt, kann auch die teilweise Klageabweisung durch das Landesarbeitsgericht keinen Bestand haben.

55

c) Hinsichtlich des Geschäftsjahres 2009/2010 ist die Festsetzung sowohl des Zieleinkommens als auch des Isteinkommens streitig.

56

aa) Ob das festgesetzte Zieleinkommen billigem Ermessen entsprach, steht noch nicht fest. Die Beklagte hat dieses auf 520.000,00 Euro und damit deutlich niedriger als im Vorjahr festgesetzt. Eine solche Festsetzung ist dann nicht ausgeschlossen, wenn die Gesamtbezüge des Klägers im Geschäftsjahr 2008/2009 tatsächlich entsprechend dem Schreiben vom 25. September 2009 (nur) 510.000,00 Euro betragen haben. In diesem Fall hätte sich das Verhältnis zwischen Festbezügen und variabler Vergütung auf 87 % zu 13 % verschoben. Damit hätte die Beklagte ein Zieleinkommen bestimmt, das sich an diesem geänderten Verhältnis orientiert. Allerdings wird die Beklagte auch dann noch darlegen müssen, inwieweit dieses Zieleinkommen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände (wie zB des Budgets und dessen Verteilung auf die verschiedenen Partner) billigem Ermessen entspricht. Sollte sich hinsichtlich der Gesamtbezüge des Geschäftsjahres 2008/2009 (vgl. oben zu b) jedoch ein höherer Anspruch des Klägers ergeben, wird das Landesarbeitsgericht das sich dann ergebende Verhältnis zwischen fester und variabler Vergütung zugrunde zu legen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Zieleinkommen zu bestimmen haben.

57

bb) Wegen des Streits über die Zielerreichung und wegen der Bewertung der verschiedenen Faktoren zueinander ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen. Dabei wird der Vortrag des Klägers zu berücksichtigen sein, dass ihm die Kostenstellenverantwortung entzogen wurde, und es wird festzustellen sein, inwieweit dies Auswirkungen auf die Möglichkeiten seiner Zielerreichung hatte.

58

d) Ein möglicher Zinsanspruch bestünde gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB bis zur Höhe eines Betrages von 330.000,00 Euro brutto bereits ab 29. Juli 2010, da die Klageschrift am 28. Juli 2010 zugestellt wurde. Lediglich hinsichtlich des übersteigenden Betrages bestünde ein Zinsanspruch erst ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 30. Oktober 2010.

59

II. Im Übrigen ist die Revision des Klägers unbegründet.

60

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung eines Zieleinkommens von mindestens 740.000,00 Euro ab dem Geschäftsjahr 2008/2009 hat. Auf die Ausführungen zu I 1 wird verwiesen.

61

2. Ebenso wenig ist die Annahme der Vorinstanzen zu beanstanden, dass nach dem Vortrag des Klägers weder der geltend gemachte Auskunftsanspruch noch ein Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bestehen. Deshalb konnte über die Stufenklage einheitlich entschieden und die Klage insoweit insgesamt abgewiesen werden (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 385/09 - Rn. 16, AP BetrAVG § 9 Nr. 24 = EzA BetrAVG § 9 Nr. 9).

62

a) Eine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Pflicht zur Auskunftserteilung besteht im Arbeitsverhältnis nicht. Auch die Zivilprozessordnung kennt keine - über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substanziierten Bestreiten hinausgehende - Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindern den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Darauf beruht die Regelung der Behauptungs- und Beweislast im Zivilprozess. Im Grundsatz gilt, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen Prozesssieg zu verschaffen. Gewohnheitsrechtlich ist aber anerkannt, dass Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Denn der Ausgleich gestörter Vertragsparität gehört zu den Hauptaufgaben des Zivilrechts. Ein Ungleichgewicht kann etwa aus einer wirtschaftlichen Übermacht oder aus einem erheblichen Informationsgefälle resultieren. Eine solche Situation kann es erfordern, Auskunftsansprüche zu statuieren, die eine Vertragspartei zur Wahrnehmung ihrer materiellen Rechte aus dem Vertrag benötigt. Im Regelfall setzt das einen dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch voraus. Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsanspruch darüber hinaus die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen auch schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich spezifische Pflichten zur Rücksichtnahme; dies ist nunmehr ausdrücklich in § 241 Abs. 2 BGB normiert. Besteht ein billigenswertes Interesse an einer Auskunft, zB weil sie zur Geltendmachung eines Leistungsanspruchs erforderlich ist, kann sie verlangt werden, soweit die Verpflichtung keine übermäßige Belastung des Vertragspartners darstellt und die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess berücksichtigt bleibt. Die Darlegungs- und Beweissituation darf nicht durch die Gewährung materiellrechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden. Grundlage ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis (grundlegend dazu: BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - zu II 1 der Gründe mwN, BAGE 113, 55).

63

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen scheidet ein Auskunfts- und Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus. Der Kläger benennt keine hinreichenden Anhaltspunkte, die einen Auskunftsanspruch begründen könnten. Er begehrt umfassend Auskunft über die individuelle Vergütungssituation der anderen Partner/innen, ohne dass er die Erforderlichkeit solcher Auskünfte dargelegt hat. Soweit er sich auf abstrakte Regelungen bei der Festlegung der Vergütungshöhe bezieht, könnte deren Existenz allenfalls einen hierauf gerichteten Auskunftsanspruch begründen. Soweit der Kläger der Sache nach wissen möchte, wie die Festsetzung seines Zieleinkommens und seiner Gesamtbezüge zustande kommt und welche Faktoren dabei in welcher Gewichtung Berücksichtigung finden, ist dafür weder die begehrte Auskunft erforderlich, noch erreicht er mit dieser das angestrebte Ziel. Vielmehr wird die Beklagte im Rahmen ihrer Darlegungslast nach § 315 BGB zu erläutern haben, wie sich die Höhe von Zieleinkommen und variabler Vergütung ergibt; dem insoweit berechtigten Anliegen des Klägers wird damit an anderer Stelle Rechnung getragen.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    W. Guthier    

        

    A. Effenberger     

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.