Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 26. Apr. 2016 - 1 Sa 247/15

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2016:0426.1SA247.15.0A
bei uns veröffentlicht am26.04.2016

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 12.06.2015 - 51 Ca 1379 c/14 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten des Streithelfers, die dieser selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der 1969 geborene Kläger begehrt vom Beklagten, seinem ehemaligen Arbeitskollegen, die Zahlung eines Schmerzensgeldes. Der Beklagte ist beim Streithelfer haftpflichtversichert.

2

Kläger und Beklagter waren bei der Firma B. GmbH beschäftigt. Am 23.04.2014 gegen 17:30 Uhr entlud und säuberte der Kläger gemeinsam mit drei Arbeitskollegen auf dem Betriebsgelände einen Pritschenwagen. Der Beklagte fuhr mit einem Gabelstapler an den Kläger heran, um diesen in die Brust zu zwicken. Dabei fuhr er mit dem linken Hinterrad des Gabelstaplers zweimal über den Fuß des Klägers. In einer schriftlichen Erklärung vom Folgetag erklärte der Beklagte zum Unfallhergang:

3

„Der Geschädigte und die Zeugen räumten die Ladefläche des Firmenwagens auf. Ich fuhr an das Fahrzeug mit dem Gabelstapler heran, um Herrn W. „zu zwicken“. Beim folgenden weiterfahren erwischte ich Herrn W. mit dem linken Hinterrad am Hinterfuß. Dabei fiel er hin und schrie auf. Vor Schreck, weil ich dachte, dass ich noch auf seinem Fuß stehen würde, fuhr ich erneut über seinen Fuß.“

4

Der Kläger wurde vom Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht. Er erlitt eine teils dislozierte Mehrfragmentfraktur des Mittelfußknochens mit Gelenkbeteiligung. Auf den Zwischenbericht vom 24.04.2014 und einen OP-Bericht vom 23.09.2014 (Bl. 5 f., 41 d. A.) wird verwiesen.

5

Der Kläger verlangt die Zahlung eines Schmerzensgeldes.

6

Er hat behauptet:

7

Der Beklagte sei ohne betriebliche Veranlassung auf ihn zugefahren, um ihn zu zwicken und habe dabei seinen rechten Fuß überfahren. Er sei darauf hingefallen, dann sei der Beklagte erneut über seinen Fuß gefahren.

8

Es seien erhebliche Verletzungsfolgen eingetreten, die operativ hätten behandelt werden müssen. Er sei arbeitsunfähig, möglicherweise auf Dauer. Auf keinen Fall werde er seine volle Arbeitsfähigkeit im Baugewerbe wieder erlangen.

9

Der Kläger hat beantragt,

10

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger auf der Basis des Schadensfalles vom 23.04.2014 um ca. 17:30 Uhr, K. 13 in O…, ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 10.000,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 06.06.2014 zu zahlen;

11

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die aus dem Schaden vom 23.04.2014 um ca. 17:30 Uhr auf dem Betriebsgelände der Firma B., K. 13 in O. zukünftig entstehen, zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

12

Der Beklagte und der Streithelfer haben beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Der Beklagte hat behauptet:

15

Er habe den Gabelstapler in die Betriebshalle fahren wollen, um ihn dort abzustellen. Auf dem Weg dorthin habe er am Transporter vorbeifahren müssen. Auf dessen Höhe habe er angehalten. Er habe sich dann aus dem Führerhaus gelehnt und dem Kläger in die Brust gezwickt, wie dieser es einige Minuten zuvor mit ihm gemacht habe. Er habe dann schnell weiterfahren wollen, der Kläger habe ihn aber „verfolgt“. Er - Beklagter - habe nicht gemerkt, dass der Kläger bereits so nah an die linke Seite des Gabelstaplers herangekommen sei, dass er beim Anfahren über dessen Fuß gerollt sei. Als der Kläger geschrien habe, habe er gedacht, er stehe mit dem Gabelstapler noch auf dessen Fuß und habe zurückgesetzt, wobei er ein weiteres Mal über den Fuß gerollt sei. Die Verletzungsfolgen bestreite er mit Nichtwissen.

16

Der Streithelfer hat die Auffassung vertreten, die Verletzung des Klägers sei bei Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit durch den Beklagten erfolgt. Der Unfall sei im Zusammenhang mit dem Abstellen des Gabelstaplers in der Betriebshalle passiert. Der Vorgang der „Neckerei“ sei zum Zeitpunkt des Unfalls bereits abgeschlossen gewesen. Die eingetretenen Verletzungsfolgen bestreite er mit Nichtwissen. Auch die Angemessenheit der Schmerzensgeldforderung werde bestritten.

17

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

18

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

19

Der Beklagte habe durch das zweimalige Überfahren des Fußes des Klägers rechtswidrig und schuldhaft dessen Gesundheit und Körper verletzt und hafte daher gemäß den §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB auf Schmerzensgeld. Die eingetretenen Schmerzen und Verletzungsfolgen habe der Kläger durch die Vorlage der Berichte des Krankenhauses ausreichend belegt. Ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,-- € sei unter Berücksichtigung vergleichbarer Entscheidungen anderer Gerichte angemessen. Ein Haftungsausschluss nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB 7 komme nicht in Betracht, da der Beklagte den Kläger nicht bei Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit geschädigt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

20

Gegen das am 22.07.2015 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 06.08.2015 Berufung eingelegt und diese am 18.08.2015 begründet.

21

Er wiederholt zunächst seinen Sachvortrag zum Unfallhergang aus erster Instanz. Das Arbeitsgericht habe rechtsirrig verkannt, dass der Unfall in Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit verursacht worden sei. Dieser habe sich bei Verwendung eines Betriebsmittels auf dem Betriebsgelände bei einer betrieblichen Tätigkeit, nämlich dem Versuch den Gabelstapler zum Feierabend in der Betriebshalle abzustellen, ereignet. Zum Zeitpunkt des Unfalls sei die Neckerei auch bereits abgeschlossen gewesen. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass er erstinstanzlich die in der Klage behaupteten Verletzungsfolgen mit Nichtwissen bestritten habe.

22

Der Streithelfer rügt neuen Sachvortrag des Klägers als verspätet. Es sei erstinstanzlich unstreitig gewesen, dass der Beklagte auf dem Weg in die Halle gewesen sei, um dann dort den Gabelstapler abzustellen. Das Arbeitsgericht habe fehlerhaft einen Haftungsausschluss gemäß den §§ 105 ff. SGB 7 verneint. Der Beklagte habe den Schaden bei Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit fahrlässig verursacht.

23

Der Beklagte beantragt,

24

unter Abänderung des am 12.06.2015 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Elmshorn (Az. 51 Ca 1379 c/14) – zugestellte am 22.07.2015 - die Klage abzuweisen.

25

Der Streithelfer hat sich dem Antrag des Beklagten angeschlossen und zusätzlich beantragt,

26

dem Kläger und Berufungsbeklagten die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten aufzuerlegen.

27

Der Kläger hat beantragt,

28

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

29

Er wiederholt zunächst ebenfalls seine Darstellung zum Unfallgeschehen aus erster Instanz. Der Beklagte habe nicht beabsichtigt, den Gabelstapler in der Betriebshalle abzustellen. Der Beklagte habe aber auch nicht zunächst den Stapler angehalten, sondern sei zielstrebig auf ihn zugefahren. Das Arbeitsgericht habe den Sachverhalt zutreffend gewürdigt und entschieden. Die Verletzungsfolgen seien durch die Arztberichte hinreichend dokumentiert.

30

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

Die gemäß § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und begründete und damit zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben.

A.

32

Die Klage ist zulässig.

33

Der Antrag zu 2. des Klägers ist als Feststellungsantrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Das Bestehen einer Schadensersatzpflicht ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis und kann Gegenstand einer entsprechenden Klage sein (Zöller, 30. Aufl., § 256, Rn 4).

34

Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt jedenfalls daraus, dass mit der Klage die Verjährung gehemmt wird. Bei der Verletzung eines absoluten Rechtsguts reicht es insoweit aus, dass künftige Schadensfolgen möglich, ihre Art und ihr Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind (Zöller, a. a. O., Rn 9).

35

Danach besteht das erforderliche Feststellungsinteresse. Der Kläger litt erkennbar auch im Berufungstermin noch unter den Folgen des Unfalls und war nach wie vor nicht wieder arbeitsfähig. Demnach ist der Eintritt weiterer Schadensfolgen beim Kläger ohne weiteres noch möglich.

B.

36

Die Klage ist mit beiden Anträgen begründet.

I.

37

Der Antrag zu 1. ist begründet. Dem Kläger steht gemäß den §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB ein Schmerzensgeld wegen der bereits eingetretenen Verletzungen in Höhe von 10.000,-- € zu.

38

Gemäß § 823 Abs. 1 BGB ist derjenige, der einen anderen schuldhaft an Körper oder Gesundheit verletzt zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Nach § 253 Abs. 2 BGB kann in diesen Fällen auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld (Schmerzensgeld) gefordert werden.

39

1. Durch das zweimalige Überfahren des Fußes des Klägers hat der Beklagte diesen an seinem Körper und seiner Gesundheit beschädigt. Das ist zwischen den Parteien nicht weiter streitig.

40

2. Diese Schädigung erfolgte auch schuldhaft, nämlich fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

41

Der Kläger hat die beim Führen eines Fahrzeugs erforderliche Sorgfalt hier in gravierendem Maße außer Acht gelassen. Dabei kann der genaue Hergang des Unfalls, der auch im Berufungstermin nicht abschließend geklärt werden konnte, offen bleiben. Selbst wenn der Vortrag des Beklagten zutreffen sollte, wonach er erst gehalten habe, um den Kläger an die Brust zu zwicken und dann bei der Weiterfahrt den Fuß des Klägers zweimal überrollte, zuträfe, hätte der Beklagte sich hierbei sorgfaltswidrig verhalten.

42

Zur näheren Begründung wird auf die sorgfältig begründeten Ausführungen des Arbeitsgerichts auf S. 7 unter I. 1. des Urteils verwiesen. Zu Recht hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der Beklagte als Fahrer eines Gabelstaplers verpflichtet war, vor dem Losfahren darauf zu achten, ob sich Personen im Gefahrenbereich des Gabelstaplers befinden. Erst recht gilt dies für das zweite Überfahren des Fußes des Klägers. Hier war der Beklagte durch den Schrei des Klägers bereits gewarnt und wusste, dass sich im Gefahrenbereich des Gabelstaplers jemand befand. Hier hätte er erst Recht Anlass gehabt, sich zuerst zu vergewissern, wo der Kläger sich befand, bevor er erneut den Gabelstapler in Bewegung setzte.

43

3. Den Umfang der dadurch eingetretenen Gesundheitsschäden hat der Kläger durch Vorlage der ärztlichen Berichte hinreichend belegt. Aus den eingereichten Unterlagen und den Bildern hat das Arbeitsgericht zutreffend geschlossen, dass der Kläger eine schwere Fußfraktur unter Gelenkbeteiligung mit erheblichen Schmerzen erlitten hat. Auch insoweit wird auf die ausführliche und zutreffende Begründung des Arbeitsgerichts unter I. 2. der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

44

Zwar sind die entsprechenden Verletzungsfolgen vom Beklagten und dem Streithelfer mit Nichtwissen bestritten worden. Das Arbeitsgericht durfte sich aber anhand der vorgelegten Unterlagen gemäß § 286 ZPO von den Folgen des Überfahrens des Fußes überzeugen. Dass die vorgelegten Befunde des Klägers sich auf die Folgen des Ereignisses vom 23.04.2014 beziehen, ist auch vom Beklagten nicht bestritten worden und ergibt sich auch unmittelbar aus dem Zwischenbericht des Krankenhauses vom 24.04.2014.

45

4. Bei der Höhe des Schmerzensgeldes hat sich das Arbeitsgericht wiederum zutreffend an einschlägigen Entscheidungen anderer Gerichte orientiert. Beim Kläger lag eine schwere Fußfraktur vor mit Schäden und Schmerzen die bis zum Berufungstermin, dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Festsetzung des Schmerzensgeldes, nicht abgeklungen waren. Hier war auch zu berücksichtigen, dass der Kläger nach wie vor nicht arbeitsfähig ist und zu Lasten des Beklagten, dass er gleich zweimal über den Fuß des Klägers gefahren ist und im zweiten Fall besonders sorgfaltswidrig gehandelt hat. Danach ist die Höhe des vom Arbeitsgericht festgesetzten Schmerzensgeldes mit 10.000,-- € nicht zu beanstanden. Einwendungen hiergegen sind im Berufungsverfahren auch nicht erhoben worden.

46

5. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht nach § 105 Abs. 1 SGB 7 ausgeschlossen.

47

a) Nach § 105 Abs. 1 SGB 7 sind Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebes verursachen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 4 versicherten Weg herbeigeführt haben.

48

Dieser Ausschluss des Schmerzensgeldanspruchs greift im vorliegenden Fall zugunsten des Beklagten nicht ein, weil er den Schaden nicht durch eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 105 Abs. 1 SGB 7 verursacht hat.

49

Entscheidend für das Vorliegen einer „betrieblichen Tätigkeit“ und das Eingreifen des Haftungsausschlusses im Sinne von § 105 Abs. 1 S. 1 SGB 7 ist die Verursachung des Schadensereignisses durch eine Tätigkeit des Schädigers, die ihm von dem Betrieb oder für den Betrieb, in dem sich der Unfall ereignet hat, übertragen war oder die von ihm im Betriebsinteresse erbracht wurde. Eine betriebliche Tätigkeit in diesem Sinne liegt nicht nur dann vor, wenn eine Aufgabe verrichtet wird, die in den engeren Rahmen des dem Arbeitnehmer zugewiesenen Aufgabenkreises fällt, denn der Begriff der betrieblichen Tätigkeit ist nicht eng auszulegen. Er umfasst auch die Tätigkeiten, die im nahen Zusammenhang mit dem Betrieb und seinen betrieblichen Wirkungskreis stehen. Wie eine Arbeit ausgeführt wird - sachgemäß oder fehlerhaft, vorsichtig oder leichtsinnig -, ist nicht dafür entscheidend, ob es sich um eine betriebliche Tätigkeit handelt oder nicht. Aus der Zugehörigkeit des Schädigers zum Betrieb und einem Handeln im Betrieb des Arbeitgebers allein kann nicht auf eine Schadensverursachung durch eine betriebliche Tätigkeit geschlossen werden. Nicht jede Tätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers muss zwingend eine betriebsbezogene sein. Ebenso wenig führt bereits die Benutzung eines Betriebsmittels zur Annahme einer betrieblichen Tätigkeit. Es kommt darauf an, zu welchem Zweck die zum Schadensereignis führende Handlung bestimmt war. Ein Schaden, der nicht in Ausführung einer betriebsbezogenen Tätigkeit verursacht wird, sondern nur bei Gelegenheit der Tätigkeit im Betrieb, ist dem persönlich/privaten Bereich des schädigenden Arbeitnehmers zuzurechnen. Um einen solchen Fall handelt es sich insbesondere, wenn der Schaden infolge einer neben der betrieblichen Arbeit verübten, gefahrenträchtigen Spielerei, Neckerei oder Schlägerei eintritt (BAG, Urt. v. 19.03.2015 - 8 AZR 67/14 - Juris, Rn 20 f.).

50

b) Nach diesen Maßstäben ist der beim Kläger eingetretene Schaden nicht während einer betrieblichen Tätigkeit des Beklagten eingetreten. Vielmehr ist der Schaden, wie die Parteien selbst wiederholt vortragen, anlässlich einer „Neckerei“ des Klägers durch den Beklagten entstanden. Es kann zugunsten des Beklagten angenommen werden, dass er grundsätzlich den Gabelstapler in die Betriebshalle fahren wollte, um ihn dort abzustellen. Dieser Weg führte ihn aber keineswegs so am Kläger vorbei, dass er zwangsläufig dessen Fuß hätte überrollen müssen. Die Parteien haben im Berufungstermin noch einmal den Sachverhalt anhand einer bildlichen Darstellung erläutert und übereinstimmend erklärt, der Weg, den der Beklagte mit seinem Gabelstapler zur Halle habe nehmen müssen, habe eine Breite von 10 m gehabt. Es wäre dem Beklagten also ohne weiteres möglich gewesen, auf direkten Weg in die Halle zu fahren, um das Fahrzeug abzustellen. In dem Moment, als der Beklagte diesen gebotenen Weg verließ, und einen „Umweg“ machte, um den Kläger in die Brust zu zwicken, endete auch die betriebsbezogene Tätigkeit und das vom Beklagten genutzte Betriebsmittel war nur noch „bei Gelegenheit der Tätigkeit im Betrieb“ benutzt worden.

51

Der gesamte zum Unfallhergang führende Sachverhalt stellt sich als einheitlicher Vorgang dar. Es kann nicht dahin differenziert werden, dass der Beklagte, nachdem er den Kläger in die Brust gezwickt hatte oder dies nach seinem Vortrag im Berufungstermin jedenfalls versucht hatte, nunmehr wieder eine betriebliche Tätigkeit aufnahm, indem er den Gabelstapler erneut in Bewegung setzte, um ihn in die Halle zu verbringen. Der Beklagte hätte vielmehr erst dann wieder eine betriebliche Tätigkeit aufgenommen, wenn er auf die direkte Linie des Weges in die Betriebshalle zurückgekehrt wäre. Hierzu kam es aber dann nicht, weil er nach dem zweimaligen Überfahren des Fußes seine Fahrt nicht fortsetzte.

II.

52

Nach vorstehenden Ausführungen ist auch der Antrag zu 2. begründet. Der Beklagte ist auch noch für den weiteren dem Kläger zukünftig entstehenden Schaden einstandspflichtig.

C.

53

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97, 101 Abs. 1 ZPO.

54

Der Beklagte trägt gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels. Der Streithelfer trägt gemäß § 101 Abs. 1, 2. Halbs. ZPO die Kosten seiner Nebenintervention. Ein Fall des § 101 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Nach § 101 Abs. 2 ZPO sind die Vorschriften des § 100 ZPO für die Kostenverteilung dann maßgebend, wenn der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69 ZPO) gilt. So liegt der Fall hier nicht. Die Streithilfe war zwar gemäß § 66 ZPO im vorliegenden Fall zulässig (vgl. OLG Hamm vom 29.04.1996 - 6 U 187/95 - NJW RR 1997, 157). Es handelt sich aber im Fall des Beitritts des Privatpflichtversicherers zugunsten seines Versicherungsnehmers nicht um einen Fall des § 69 ZPO (Zöller, a. a. O., § 69 ZPO Rn 2). Eine Rechtskrafterstreckung im Verhältnis zwischen dem Streithelfer und dem Kläger findet nicht statt.

55

§ 69 ZPO setzt voraus, dass die Rechtskraft der im Hauptprozess erlassenen Entscheidung auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zum Gegner von Wirksamkeit ist, hier also zum Kläger. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte.

56

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar.


Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 26. Apr. 2016 - 1 Sa 247/15

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. März 2015 - 8 AZR 67/14

bei uns veröffentlicht am 19.03.2015

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. August 2013 - 13 Sa 269/13 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 versicherungsfrei sind. § 104 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs erbracht.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 versicherungsfrei sind. § 104 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs erbracht.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. August 2013 - 13 Sa 269/13 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch um die Zahlung eines vom Kläger beanspruchten Schmerzensgeldes sowie um die Feststellung einer weiter gehenden Schadensersatzpflicht des Beklagten.

2

Der Kläger und der Beklagte waren als Auszubildende bei einer Firma beschäftigt, die einen Kfz-Handel mit Werkstatt und Lager betreibt. Am Morgen des 24. Februar 2011 arbeitete der damals 19-jährige Beklagte an der Wuchtmaschine. Der damals 17-jährige Kläger, ein weiterer Auszubildender und ein anderer Arbeitnehmer waren im Raum, der Kläger mehrere Meter vom Beklagten entfernt in der Nähe der Aufzugstür. Der Beklagte warf mit vom Kläger abgewandter Körperhaltung ein ca. 10 g schweres Wuchtgewicht hinter sich. Dieses traf den Kläger am linken Auge, am Augenlid und an der linken Schläfe. Er wurde in einer Augenklinik behandelt. Im Herbst 2011 und im Frühjahr 2012 unterzog er sich erneut Untersuchungen und Eingriffen, wobei eine Kunstlinse eingesetzt wurde; Einschränkungen aufgrund einer Hornhautnarbe verblieben. Die zuständige Berufsgenossenschaft zahlt dem Kläger seit Juli 2011 aufgrund des Vorfalls eine monatliche Rente iHv. 204,40 Euro.

3

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe das Wuchtgewicht vor dem Wurf vom Boden aufgehoben und aus einer Distanz von ca. 13 m auf ihn geworfen. Der Wurf sei mit gehöriger Kraft erfolgt, da anders die Weite des Wurfs nicht hätte erreicht werden können. Sämtliche in den von ihm vorgelegten ärztlichen Berichten diagnostizierten Beeinträchtigungen seines linken Auges gingen allein auf die durch den Beklagten am 24. Februar 2011 zugefügte Verletzung zurück. Einen für das Absolvieren der Führerscheinprüfung erforderlichen Sehtest habe er noch am 5. Juni 2010 ohne Weiteres bestanden. Er hat ein Schmerzensgeld von 175.000,00 Euro für angemessen gehalten.

4

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Mai 2011 zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren, über den nach Ziff. 1 begehrten Anspruch hinausgehenden Schäden aus dem Vorfall vom 24. Februar 2011 zu ersetzen, soweit die Schadensersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger und sonstige Dritte übergegangen sind.

5

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Mangels eines Auffangbehältnisses für nicht mehr benötigte Wuchtgewichte seien diese üblicherweise fallengelassen oder zur Seite/nach hinten geworfen worden, um sie abends zusammenzukehren und zu entsorgen. Am Morgen des 24. Februar 2011 habe er sich ebenso verhalten und - während er von der rechten Seite aus über die Wuchtmaschine gebeugt war - das Wuchtgewicht, das den Kläger traf, hinter sich geworfen, ohne den Kläger vorher wahrgenommen zu haben. Der Wurf sei weder gezielt noch mit großer Kraft erfolgt. Er habe sich dafür nicht gebückt und ein am Boden liegendes Wuchtgewicht aufgehoben, sondern das Wuchtgewicht aus dem Arbeitsvorgang heraus in der Hand gehabt. Er habe nicht damit gerechnet, eine Person zu treffen oder auch nur treffen zu können. Über sein Verhalten habe er sich keine Gedanken gemacht, da es sich um eine alltägliche Handlungsweise gehandelt habe.

6

Das Arbeitsgericht hat Beweis durch Zeugenvernehmung erhoben. Es hat den Beklagten zur Zahlung von 10.000,00 Euro Schmerzensgeld verurteilt und festgestellt, dass dieser verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren Schäden aus dem streitgegenständlichen Schadensereignis zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht auf Dritte übergegangen ist. Einen auf eine monatliche Rentenzahlung gerichteten Antrag hat es abgewiesen. Auf die Berufung beider Parteien hat das Landesarbeitsgericht den Beklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 25.000,00 Euro verurteilt. Es hat die Berufung des Klägers im Übrigen und die des Beklagten in vollem Umfang zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Beklagten hat der Senat die Revision für ihn zugelassen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Dem bestehenden Anspruch des Klägers kann § 105 Abs. 1 SGB VII nicht entgegengehalten werden. Die Voraussetzungen des Haftungsausschlusses sind nicht erfüllt. Der Wurf des Beklagten erfolgte nicht in Ausführung einer betrieblichen Tätigkeit.

8

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Anspruch folge aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. § 253 Abs. 2 BGB. Der Wurf des Beklagten sei für die erlittene Verletzung des Klägers ursächlich. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Beklagte das Wuchtgewicht mit einem gewissen Kraftaufwand hinter sich durch den Arbeitsraum geworfen. Ein 10 g wiegendes Metallstück könne den Raum von ca. 13 m Länge, an dessen einem Ende der Beklagte und an dessen anderem Ende der Kläger stand, nur mit erheblichem Kraftaufwand überbrückt haben. Der eingesetzte Kraftaufwand sei ein Indiz für einen bewusst und gewollt ausgeführten Wurf. Der Beklagte habe auch gewusst, dass der Kläger dort stand. Allerdings scheide ein vorsätzliches Handeln bereits wegen der abgewandten Körperhaltung (Wurf nach hinten) aus. Der Beklagte habe unter Berücksichtigung seines eigenen Vortrags fahrlässig gehandelt, was sich auch aus der Würdigung der Beweisaufnahme ergebe. Ein Haftungsausschluss nach § 105 Abs. 1, § 106 Abs. 1 SGB VII komme nicht in Betracht. Der Wurf sei nicht betrieblich veranlasst gewesen. Die Höhe des begehrten Schmerzensgeldes sei mit 25.000,00 Euro anzusetzen, unter Berücksichtigung der Doppelfunktion des Schmerzensgeldanspruchs als Ausgleich für erlittene Unbill und zugleich als Genugtuung.

9

B. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

10

I. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht bezogen auf beide Klageanträge in dem ausgeurteilten Umfang einen Anspruch des Klägers nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. § 253 Abs. 2 BGB bejaht. Die dagegen von der Revision vorgebrachten Gesichtspunkte, die sich nicht auf die Höhe des Schmerzensgeldes und den Umfang der Feststellung beziehen, tragen nicht.

11

1. Der Beklagte bestreitet nicht, dass das Wuchtgewicht, das den Kläger getroffen und verletzt hat, von ihm geworfen worden ist.

12

2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Landesarbeitsgericht die Frage eines vorhandenen Entsorgungsbehälters für Wuchtgewichte und die des genauen Hergangs (Wurf direkt aus dem Arbeitsvorgang heraus oder vorheriges Aufheben des Wurfgegenstandes vom Boden) dahinstehen lassen hat und den Verlauf des Wurfes (insbesondere: direkte Flugbahn oder indirekte nach Abprall an Boden oder Wand) nicht näher durch ein Sachverständigengutachten aufgeklärt hat. Vielmehr habe es nur auf das Ergebnis der Beweisaufnahme bezugnehmend ausgeführt, der Beklagte habe das Wuchtgewicht mit erheblichem Kraftaufwand hinter sich durch den Arbeitsraum geworfen.

13

Die Schlussfolgerung des Landesarbeitsgerichts, darin liege ein Indiz für einen bewusst und gewollt ausgeführten Wurf und für eine zwar nicht vorsätzliche, wohl aber fahrlässige Rechtsgutverletzung ist jedoch rechtsfehlerfrei.

14

a) Der eigene Vortrag des Beklagten einschließlich seiner Ausführungen im Rahmen der Beweisaufnahme trägt bereits dieses Ergebnis. Zudem hat der Beklagte auf Befragen des Arbeitsgerichts in der Kammerverhandlung vom 24. Januar 2013 ausgeführt, er habe das Wuchtgewicht „nach hinten geschleudert“.

15

b) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht daraus geschlossen, dass es bei einem Wurf „nach hinten“ mit abgewandtem Körper und mit Kraftaufwand („geschleudert“) für die Annahme der Fahrlässigkeit nicht darauf ankommt, ob die Flugbahn direkt oder indirekt verlaufen ist, ob der Beklagte unmittelbar aus dem Wuchtvorgang heraus geworfen oder zunächst das Wuchtgewicht vom Boden aufgehoben hat und ob ein Behälter zum Sammeln von Wuchtgewichten bereitstand. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, entspricht das Herumwerfen von Wuchtgewichten in einem Arbeitsraum, in dem andere Menschen anwesend sind oder mit ihrer Anwesenheit zu rechnen ist, nicht dem erforderlichen Maß an Umsicht und Sorgfalt, das auch von Auszubildenden zu erwarten ist.

16

Auch wenn unterstellt würde, dass ein Behälter zum Sammeln von Wuchtgewichten nicht bereitstand, lässt ein Wurf mit Kraftaufwand (oder gar „schleudern“) „nach hinten“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) außer Acht. Bei einem Wurf nach hinten mit abgewandtem Körper - also unter Verzicht auf eine Sichtkontrolle des eigenen Tuns - mit Kraftaufwand - also weit entfernt von „fallen lassen“ oder leichtem beiseite Werfen zum Zwecke der Entsorgung - liegt der Eintritt des Schadens nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufs der Dinge (für Letzteres BAG 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - Rn. 53). Es kann dahinstehen, ob es zutrifft, dass die Auszubildenden des Lehrbetriebs „üblicherweise“ und „regelmäßig“ mit nicht mehr benötigten Wuchtgewichten so oder ähnlich verfuhren. Daraus ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Allein eine Wiederholung fahrlässigen Verhaltens, ggf. durch verschiedene Beteiligte, ändert nichts an der Bewertung. Mit dem in den Wurf gelegten Kraftaufwand hat der Beklagte zudem in erheblichem Maß die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen.

17

Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte damals Auszubildender war. Für den vorliegenden Fall ergibt sich weder aus dem Wesen und Zweck des Berufsausbildungsvertrags noch aus dem BBiG, dass die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze nicht anzuwenden wären, § 10 Abs. 2 BBiG. Vielmehr gehört es zu den in § 13 BBiG aufgeführten Pflichten des Auszubildenden, die im Rahmen der Berufsausbildung aufgetragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen, die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten und Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln.

18

II. Den Klageansprüchen steht der Haftungsausschluss nach § 105 Abs. 1 SGB VII nicht entgegen. Die schädigende Handlung des Beklagten (kraftvoller Wurf mit Wuchtgewicht) war keine „betriebliche Tätigkeit“, auch nicht eines Auszubildenden.

19

1. Eine betriebliche Tätigkeit lag nicht vor.

20

a) Entscheidend für das Vorliegen einer „betrieblichen Tätigkeit“ und das Eingreifen des Haftungsausschlusses iSv. § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist die Verursachung des Schadensereignisses durch eine Tätigkeit des Schädigers, die ihm von dem Betrieb oder für den Betrieb, in dem sich der Unfall ereignet hat, übertragen war oder die von ihm im Betriebsinteresse erbracht wurde(BGH 30. April 2013 - VI ZR 155/12 - Rn. 13; BAG 22. April 2004 - 8 AZR 159/03 - zu II 3 b aa der Gründe, BAGE 110, 195; ErfK/Rolfs 15. Aufl. SGB VII § 105 Rn. 3). Eine betriebliche Tätigkeit in diesem Sinne liegt nicht nur dann vor, wenn eine Aufgabe verrichtet wird, die in den engeren Rahmen des dem Arbeitnehmer zugewiesenen Aufgabenkreises fällt, denn der Begriff der betrieblichen Tätigkeit ist nicht eng auszulegen. Er umfasst auch die Tätigkeiten, die in nahem Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem betrieblichen Wirkungskreis stehen (BAG 22. April 2004 - 8 AZR 159/03 - aaO). Wie eine Arbeit ausgeführt wird - sachgemäß oder fehlerhaft, vorsichtig oder leichtsinnig -, ist nicht dafür entscheidend, ob es sich um eine betriebliche Tätigkeit handelt oder nicht (BAG 22. April 2004 - 8 AZR 159/03 - aaO; 14. März 1967 - 1 AZR 310/66 - zu b der Gründe; BGH 19. Dezember 1967 - VI ZR 6/66 - zu 2 der Gründe; KSW/v. Koppenfels-Spies 3. Aufl. § 105 SGB VII Rn. 3).

21

Aus der Zugehörigkeit des Schädigers zum Betrieb und einem Handeln im Betrieb des Arbeitgebers allein kann nicht auf eine Schadensverursachung durch eine betriebliche Tätigkeit geschlossen werden. Nicht jede Tätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers muss zwingend eine betriebsbezogene sein. Ebenso wenig führt bereits die Benutzung eines Betriebsmittels zur Annahme einer betrieblichen Tätigkeit. Es kommt darauf an, zu welchem Zweck die zum Schadensereignis führende Handlung bestimmt war. Ein Schaden, der nicht in Ausführung einer betriebsbezogenen Tätigkeit verursacht wird, sondern nur bei Gelegenheit der Tätigkeit im Betrieb, ist dem persönlich-privaten Bereich des schädigenden Arbeitnehmers zuzurechnen. Um einen solchen Fall handelt es sich insbesondere, wenn der Schaden infolge einer neben der betrieblichen Arbeit verübten, gefahrenträchtigen Spielerei, Neckerei oder Schlägerei eintritt (BAG 22. April 2004 - 8 AZR 159/03 - zu II 3 b aa der Gründe, BAGE 110, 195).

22

b) Nach diesen Grundsätzen wurde der Schaden nicht durch eine betriebliche Tätigkeit des Beklagten verursacht. Dies ist unabhängig davon, ob der Wurf mit einem Wuchtgewicht erfolgte, das der Beklagte gerade von einem Fahrzeugrad entfernt hatte, also aufgrund des Arbeitsprozesses ohnehin in der Hand hielt, oder ob der Beklagte vor dem Wurf ein auf dem Boden liegendes Wuchtgewicht zum Zwecke des Wurfes aufgehoben hatte.

23

Wuchtgewichte sind zwar Betriebsmittel, allein deren Benutzung macht eine Tätigkeit jedoch nicht zu einer betrieblichen. Das Anbringen wie auch das Entfernen von Wuchtgewichten von Fahrzeugrädern gehörte am Morgen des 24. Februar 2011 zur betrieblichen Tätigkeit des Beklagten. Auch das Entsorgen der Wuchtgewichte ist damit verbunden. Falls ein Auffang- oder Sammelbehälter tatsächlich nicht vorhanden gewesen sein sollte, was dahinstehen kann, gehörte auch das Fallenlassen auf den Boden oder womöglich auch ein leichter Wurf auf den Boden („aus dem Weg“) zur betrieblichen Tätigkeit des Beklagten. Eine unsachgemäße oder fehlerhafte, unvorsichtige oder gar leichtsinnige Ausführung würde dann nichts daran ändern, dass eine betriebliche Tätigkeit vorlag.

24

Um solch eine Situation handelte es sich jedoch am Morgen des 24. Februar 2011 in dem Moment nicht, als der Beklagte das Wuchtgewicht warf, das den Kläger traf und verletzte. Selbst wenn der Beklagte das Wuchtgewicht nicht „extra“ aufgehoben hat, sondern es noch in Ausführung seiner betrieblichen Tätigkeit in der Hand hielt, endete die Betriebsbezogenheit seiner Tätigkeit - oder wurde sie unterbrochen - als er den Wurf „nach hinten“ mit abgewandtem Körper und mit Kraftaufwand („geschleudert“) ausführte. Das Herumwerfen von Wuchtgewichten in einem Arbeitsraum, in dem andere Menschen anwesend sind oder mit ihrer Anwesenheit zu rechnen ist, noch dazu mit Kraftaufwand, ist keine betriebliche Tätigkeit. Abgesehen von der Frage des Vorsatzes - die das Landesarbeitsgericht rechtlich zutreffend und ohne Beanstandung durch die Revision verneint hat - kommt es auf die Frage des Motivs für den Wurf nicht an. Nahe liegt eine neben der betrieblichen Arbeit verübte, gefahrenträchtige Spielerei oder Neckerei unter Auszubildenden. Das unterstreicht die Revision im Ergebnis, wenn sie auf „für Auszubildende typische … gruppendynamische Effekte“ hinweist und bezogen auf die beteiligten Personen insgesamt „eine gewisse (Nach)Lässigkeit bei der Erfüllung ihrer Arbeitsleistung“ konstatiert.

25

2. Für das Ausbildungsverhältnis im Betrieb gelten keine anderen Maßstäbe als für andere Beschäftigte. Entgegen der Auffassung der Revision gebieten hier weder eine „Unerfahrenheit im beruflichen Alltag“ noch eine „noch nicht vorhandene berufliche Sozialisation“ bei der Haftung besondere Maßstäbe anzuwenden.

26

a) Weder der Wortlaut von § 105 Abs. 1 SGB VII noch der Sinnzusammenhang oder Zweck enthalten einen Anhaltspunkt dafür, dass der Begriff der betrieblichen Tätigkeit anders aufzufassen wäre, wenn und weil Auszubildende beteiligt sind(vgl. auch BAG 9. August 1966 - 1 AZR 426/65 - zu I 2 d der Gründe, BAGE 19, 41 bezogen auf den insoweit wortgleichen § 637 Abs. 1 RVO und minderjährige „Lehrlinge“). Die Beteiligung von Auszubildenden an einem schadensverursachenden Vorfall hat keine Bedeutung für die Frage der Einordnung einer Tätigkeit als betriebliche oder nicht-betriebliche.

27

Zudem reichen das Haftungsprivileg des Arbeitnehmers und die Vorschrift des § 828 Abs. 3 BGB aus, um auch den Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses Rechnung zu tragen und Auszubildende ausreichend zu schützen(BAG 18. April 2002 - 8 AZR 348/01 - zu II 2 b ee der Gründe, BAGE 101, 107; 7. Juli 1970 - 1 AZR 507/69 -).

28

b) Anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 105 Abs. 1 SGB VII für die Haftungsfreistellung bei Schulunfällen, zuletzt zur Schulbezogenheit einer Schneeballschlacht unter Schülern an einer in der Nähe einer Schule gelegenen Bushaltestelle(BGH 15. Juli 2008 - VI ZR 212/07 -).

29

aa) Im Bereich der Schulunfälle ist für das Merkmal der betrieblichen Tätigkeit danach zu fragen, ob das Handeln des Schädigers „schulbezogen“ war (ua. BGH 15. Juli 2008 - VI ZR 212/07 - Rn. 11 ff.; 28. April 1992 - VI ZR 284/91 - zu II 1 a der Gründe, zu dem insoweit wortgleichen § 637 Abs. 1 RVO). Daraus folgen bezogen auf die Besonderheiten des Schulbetriebs besondere Maßstäbe. Maßgeblich ist insoweit, ob die Verletzungshandlung auf der typischen Gefährdung aus engem schulischen Kontakt beruht und deshalb einen inneren Bezug zum Besuch der Schule aufweist. Anders als im betrieblichen Zusammenhang sind schulbezogen im Sinne dieser Rechtsprechung insbesondere Verletzungshandlungen, die aus Spielereien, Neckereien und Raufereien unter den Schülern hervorgegangen sind, ebenso Verletzungen, die in Neugier, Sensationslust und dem Wunsch, den Schulkameraden zu imponieren, ihre Erklärung finden; dasselbe gilt für Verletzungshandlungen, die auf übermütigen und bedenkenlosen Verhaltensweisen in einer Phase der allgemeinen Lockerung der Disziplin beruhen (ua. BGH 15. Juli 2008 - VI ZR 212/07 - Rn. 12).

30

bb) Diese schulbezogenen Maßstäbe können nicht auf Auszubildende im Betrieb übertragen werden. So machen Verhaltensweisen, die nach der Rechtsprechung zu den Besonderheiten des Schulbetriebs gehören wie Spielereien, Neckereien und Raufereien, im betrieblichen Umfeld gerade keine „betriebliche Tätigkeit“ aus, sondern führen dort zur Einordnung in den persönlich-privaten Bereich. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

31

Nichts anderes ergibt sich aus der von der Revision angeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Rahmen der Schülerunfallversicherung zu typischen gruppendynamischen Prozessen unter Schülern (ua. BSG 7. November 2000 - B 2 U 40/99 R -). Auch diese Rechtsprechung betrifft die schulische Situation und eben nicht die betriebliche.

32

III. Da der genaue Verlauf des Wurfes dahinstehen kann, kommt es auf die diesbezüglich vom Beklagten erhobenen Verfahrensrügen zur weiteren Aufklärung und ggf. Beweiserhebung nicht an. Soweit darüber hinaus fehlende gerichtliche Hinweise nach § 139 ZPO gerügt werden, hat der Beklagte nicht konkret dargelegt, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag er gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte.

33

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Volz    

        

    Wankel    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

Insofern nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Rechtskraft der in dem Hauptprozess erlassenen Entscheidung auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zu dem Gegner von Wirksamkeit ist, gilt der Nebenintervenient im Sinne des § 61 als Streitgenosse der Hauptpartei.

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

Insofern nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Rechtskraft der in dem Hauptprozess erlassenen Entscheidung auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zu dem Gegner von Wirksamkeit ist, gilt der Nebenintervenient im Sinne des § 61 als Streitgenosse der Hauptpartei.