Landgericht Freiburg Urteil, 31. März 2014 - 12 O 12/14

bei uns veröffentlicht am31.03.2014

Tenor

1. Im Wege der einstweiligen Verfügung wird der Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, untersagt, beim Abschluss neuer Lieferverträge Lieferbedingungen zu stellen wie nachfolgend ersichtlich:

2. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Klägerin hat die durch die Anrufung des Landgerichts Stuttgart entstanden Mehrkosten zu tragen.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die beklagte Partei ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die klagende Partei darf die Vollstreckung durch die beklagte Partei in Höhe des 1, 1 fachen des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die beklagte Partei vor der Vollstreckung in Höhe des 1, 1 fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Tatbestand

 
Die Klägerin macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche wegen Verwendung unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen durch die Beklagte gegenüber deren Kunden (gleichfalls Kaufleute) geltend.
Die Klägerin ist Inhaberin einer Tankstellenkette. In einer großen Anzahl solcher Tankstellen werden neben Treibstoffen auch Speisen und Getränke, insbesondere auch Backwaren angeboten. Diese so genannten Shop-Geschäfte werden von den Tankstellenpächtern in eigener Regie betrieben. Bis Ende 2013 hat die Beklagte im Auftrag der Klägerin Backwaren an Tankstellenpächter geliefert. Die Zusammenarbeit ist beendet. Die Beklagte hat mit Tankstellenpächtern Verträge abgeschlossen, die die Klägerin beanstandet.
Die Klägerin trägt vor, es handele sich bei dem Vertragsformular (Anlage K 2) um allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Beklagte habe dieses Formular jedenfalls gegenüber 2 Tankstellenpächtern der Klägerin verwandt. Diese Verträge seien weit vor Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Liefervertrages abgeschlossen worden. Sie seien der Klägerin auch nicht bekannt gewesen und hätten damals keine Funktion gehabt, weil die Beklagte die betreffenden Tankstellenpächter aufgrund des mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrages beliefert habe. Sie habe von den Verträgen erst am 3.1.2014 erfahren. Die Klägerin meint, diese allgemeinen Geschäftsbedingungen seien aus im einzelnen erörterten Gründen nichtig und greift das Klauselwerk insgesamt als konkrete Verletzungsform an.
Zunächst hat die Klägerin das Landgericht Stuttgart um Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung gebeten. Nach Anhörung der Beklagten hat sich das Landgericht Stuttgart für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das örtlich zuständige Landgericht Freiburg verwiesen.
Die Klägerin stellt folgenden Antrag:
Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit halber ohne mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens Euro 250 000; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre, Ordnungshaft zu vollziehen an dem Geschäftsführer) verboten, die nachfolgend wiedergegebenen Vertragsbedingungen für einen Liefervertrag zu verwenden und/oder sich bei bereits abgeschlossenen Verträgen auf diese Bestimmungen zu berufen:
Hilfsweise stellt die Klägerin hinsichtlich der zweiten Alternative des Antrags folgende Verbotsanträge, jeweils im Verhältnis des „oder“ bezogen auf die streitgegenständlichen Vertragsbedingungen der Beklagten anhand der groß fotokopierten Übersicht bezüglich folgender Nummern:
Ziff. 1
Ziff. 2 Satz 2
Ziff. 2 Satz 3
Ziff. 4
Ziff. 6
Ziff. 7
Ziff. 10 (komplett)
Ziff. 11 (erster Absatz bis Ziff. 11.1 vollständig)
Ziff. 11.2
Ziff. 11.4
Ziff. 12 Sätze 5 und 6 (zusammen)
Ziff. 13 (komplett).
Die Beklagte beantragt,
10 
die Anträge zurückzuweisen.
11 
Die Beklagte meint, die allgemeinen Geschäftsbedingungen seien wirksam. Der Antrag sei bereits deshalb unbegründet, weil zu weit gefasst.
12 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nur teilweise begründet (§ 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 307, 310 BGB).
14 
1. Auch die Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist eine geschäftliche Handlung im Sinne des Lauterkeitsrechts. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren objektiv zusammenhängt.
15 
2. Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt insbesondere unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss deshalb jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen. Sie muss das Marktverhalten außerdem im Interesse der Marktteilnehmer regeln. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt (vergleiche BGH, Urteil vom 02. Dezember 2009 - I ZR 152/07 - Zweckbetrieb, juris). Zu diesen das Marktverhalten regelnden Normen gehören auch die Bestimmungen, die die Wirksamkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen, die unter Kaufleuten vereinbart sind, regeln (vergleiche BGH WRP 2012,1086 - Missbräuchliche Vertragsstrafe zur Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern). Nach Auffassung der Kammer besteht hinsichtlich der Frage, ob es sich insoweit um eine Marktverhaltensregelung handelt, zwischen der Rechtslage bei der Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern und gegenüber Unternehmern kein rechtserheblicher Unterschied. In beiden Fällen geht es auch darum, im Geschäftsverkehr in lauterer Weise um Kunden zu werben und sich nicht durch unangemessene, aber zunächst im meist Kleingedruckten versteckte Regelungen Vorteile zulasten des Kunden, mittelbar aber auch zulasten des Wettbewerbers zu verschaffen. Der vorrangige Zweck des Verbraucherschutzes im nichtunternehmerischen Geschäftsverkehr rechtfertigt es nicht, den Regelungen über die Wirksamkeitskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen im unternehmerischen Geschäftsverkehr den Charakter als Marktverhaltensregelung abzusprechen.
16 
3. Die Klägerin wendet sich mit Teil 1 ihres Antrags gegen die zukünftige, dh. bei Abschluss neuer Verträge, Verwendung von Vertragsbedingungen, die die Beklagte in 2 Verträgen mit Pächtern der Klägerin am 22. September 2011 und am 14. Juni 2013 vereinbart hat (Anlage K 2). Sie macht hierbei die konkrete Verletzungsform zum Streitgegenstand. Dass es in diesem Antragsteil nur um den Abschluss neuer Verträge geht und nur der so verstandene konkrete Verstoß erfasst sein soll, hat das Gericht bei der in seinem Ermessen stehenden Urteilsformulierung berücksichtigt.
17 
4. Die Klägerin führt mit Recht aus, dass dieser Teil des Antrags bereits dann begründet ist, wenn auch nur eine der Klauseln unwirksam ist (vgl. a. OLG Jena - Urteil vom 9.5.2012 - 2 U 61/12 BeckRS 2012,11880). Ausweislich der Antragstellung der Klägerin handelt es sich hierbei um einen einzigen Verfahrensgegenstand. Dies hat zur Folge, dass das Gericht nicht sämtliche geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe in einer etwaigen von der Klägerin vorgegebenen Reihenfolge prüfen müsste, sondern eine der unwirksamen Klauseln herausgreifen kann. Weitergehende Anträge hat die Klägerin insoweit nicht gestellt, was ihr nach der Rechtsprechung freigestanden hätte. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieser Teil des Antrags nicht zu weit gefasst, vielmehr ist es Sache der Beklagten, den Weg aus dem Verstoß zu finden.
18 
5. In Ziffer 12 der Verträge ist festgehalten, dass jegliche Änderung oder Ergänzung zu dem Vertrag zur Wirksamkeit der Schriftform bedürfe. Dies gelte auch für die Aufhebung dieser Klausel. Eine Schriftformklausel wie (hier) Satz 2 der dargestellten Regelung ist auch im kaufmännischen Verkehr unwirksam, weil damit der Vorrang der Individualabrede nach § 305b BGB unterlaufen wird (vergleiche Palandt/Grüneberg BGB 73. A § 305b Rdnr. 5 unter Hinweis auf § 307 BGB; vgl. a. § 310 Abs. 1 BGB).
19 
6. Teil 2 des klägerischen Antrags "und/oder sich bei bereits abgeschlossenen Verträgen auf diese Bestimmungen zu berufen" ist, worauf die Klägerin hingewiesen worden ist, nicht begründet. Ausweislich der Klagbegründung macht die Klägerin das gesamte Klauselwerk wie im Klagantrag wiedergegeben, im Wege der konkreten Verletzungsform zum Streitgegenstand ihres Unterlassungsanspruchs. Es ist nicht vorgetragen und auch nicht vorstellbar, dass sich die Beklagte auf allgemeine Geschäftsbedingungen in der im klägerischen Antrag beschriebenen Form berufen hat (Wiederholungsgefahr) bzw. berufen wird (Erstbegehungsgefahr). Dass die Beklagte bei der Durchsetzung ihrer Rechte oder bei der Verteidigung gegen Ansprüche der gewerblichen Kunden das gesamte Vertragswerk dem Kunden entgegengehalten hätte (vgl. BGHZ 196,11 zum Begriff des Verwendens einer Klausel) ist nicht dargetan. Allgemeine Geschäftsbedingungen dienen der Klärung im konkreten Rechtsverhältnis im Einzelfall streitiger Fragen. Der Verwender beruft sich regelmäßig nicht auf die Gesamtheit seiner allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern auf eine bestimmte Regelung, die den jeweiligen Streit betrifft. Dementsprechend fehlt es an der Darlegung eines Verstoßes der Beklagten, der Wiederholungsgefahr begründen könnte wie auch an der Darlegung einer Erstbegehungsgefahr in dem vom klägerischen Antrag bestimmten Sinne. Die Auffassung der Klägerin, das "Berufen" auf allgemeine Geschäftsbedingungen sei ein Unterfall der "Verwendung" mit Zitaten aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGHZ 127,35; BGHZ 116,6) verkennt, dass es dort jeweils um eine abstrakte Kontrolle konkreter unwirksamer Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 13 AGBG (heute: § 1 UKlaG) ging, nicht aber um ein undifferenziertes Verbot eines gesamten Klauselwerks. Soweit sich die Klägerin für ihre Rechtsauffassung auf OLG Jena , Urteil vom 9.5.2012 - 2 U 61/12 - BeckRS 2012,1180 beruft, kann sich die Kammer dem aus den dargestellten Gründen nicht anschließen. In jener Entscheidung wird die hier gesehene Problematik überhaupt nicht erörtert.
20 
7. Der klägerische Unterlassungsantrag geht auch deshalb zu weit, weil die Klägerin der Beklagten damit unter anderem die Berufung auf Regelungen versagen will, die unmittelbar die gegenseitigen Leistungsverpflichtungen konstituieren (Ziff. 1, Ziff. 2 S.3, Ziff. 4) und die als solche kontrollfrei sind. Die Klägerin will, wie sie in der mündlichen Verhandlung verdeutlichend erklärt hat, ihre Tankstellenpächter von den mit der Beklagten geschlossenen Verträgen frei"kämpfen". Dies kann sie auf dem gewählten Weg nicht erreichen (vgl. a. BGHZ 175,28, wonach auch die Klauselkontrolle nach §§ 13 AGBG bzw. 1 UKlaG keinen Rückabwicklungsanspruch begründet). Der Wettbewerbsprozess dient nicht der Ausschaltung fremder Wettbewerber. Die etwaig zwischen der Beklagten und den Tankstellenpächtern der Klägerin abgeschlossenen Verträge über Lieferung (und Zahlung) von Waren sind als solche nicht zu beanstanden. Zumindest trägt die Klägerin diesbezüglich nichts vor. Die Klägerin macht nicht geltend, dass die Lieferverträge selbst nichtig seien, so dass offen bleiben kann, ob die Klägerin sich lauterkeitsrechtlich überhaupt hierauf berufen könnte.
21 
8. Hilfsweise greift die Klägerin verschiedene Klauseln der streitgegenständlichen Vertragsbedingungen an. Hierbei handelt es sich nicht mehr um die Geltendmachung des konkreten Verstoßes. Bereits in der Antragsschrift hatte die Klägerin dargestellt, dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten als konkrete Verletzungsform insgesamt angegriffen würden. Nachdem die Klägerin nunmehr hilfsweise einzelne Bedingungen angreift, geht es ausweislich der klägerischen Klagbegründung nicht mehr um die konkrete Verletzungsform, sondern um die abstrahierenden Beschreibungen nach Ansicht der Klägerin nichtiger Vertragsbestimmungen.
22 
a. Dass die Beklagte sich auf einzelne Klauseln berufen hätte und deswegen Wiederholungsgefahr besteht, wird von der Klägerin nicht vorgetragen. Im Folgenden wird zugunsten der Klägerin eine Erstbegehungsgefahr unterstellt. Nachdem die Beklagte derartige Geschäftsbedingungen formuliert und verwandt hat, wird sie sich naheliegender Weise in geeigneten Fällen hierauf auch berufen.
23 
b. Die Anträge sind allesamt ohne Erfolg, im Ergebnis (meist) weil die Klägerin zu weitgehende Anträge stellt und der Beklagten auch erlaubtes Verhalten verbieten will.
24 
c. Teilabweisungen bzw. eine teilweise Verurteilung im Sinne eines hinter dem klägerischen Antrag zurückbleibenden "minus" kommen vorliegend nicht in Betracht (zur Problematik vgl. BGHZ 168,179 - Anschriftenliste; BGHZ 154,342 - Reinigungsarbeiten; BGH WRP 1999,691 - Vorratslücke), weil die Klägerin die betreffenden Klauseln, wie sie bei Antragstellung mitgeteilt hat, in ihrer Gesamtheit ("komplett", "vollständig", "zusammen") angreift (zu Ziff. 10, 11. Absatz 1, 12 Sätze 5 und 6 - s.u.). Dementsprechend wendet die Klägerin sich mit ihren Anträgen nicht gegen die Verwendung einzelner Sätze der "komplett" angegriffenen Regelungen, die durchaus einen eigenständigen Charakter haben und deshalb grundsätzlich isoliert und damit in dem logischen Verhältnis eines "oder" angegriffen werden könnten, sondern gegen die Klauseln insgesamt (also "und"). Diese von der Klägerin verbundenen Klauseln isoliert zum Gegenstand einer Be- und Verurteilung zu machen, hieße, der Klägerin einen von ihr nicht eingebrachten Streitgegenstand unterzuschieben. Nachdem die Klägerin sich auf Nachfrage auch eindeutig geäußert hatte, waren weitere Hinweise nicht veranlasst. Die Hinweispflicht des Gerichts dient nicht dazu, einen nicht anhängig gemachten Streitgegenstand gegen den Willen des Klägers einzuführen.
25 
d. Schließlich scheidet hier der Rückgriff auf die konkrete Verletzungsform im Sinne eines "minus" aus, weil die Klägerin in diesem Hilfsantrag - im Gegensatz zum Hauptantrag - gerade vom geltend gemachten konkreten Verstoß abgegangen ist. Der Klägerin würde also ein Antrag unterschoben, den sie nicht gestellt hat.
26 
e. Letztlich hätte hier ein Verbot im Sinne der konkreten Verletzungsform inakzeptable Konsequenzen: Das Verbot bezöge sich nach den von der Klägerin gewählten Anträgen auf Vertragsregelungen, die aus mehreren Sätzen bestehen. Das Verbot, sich auf solche Vertragsbedingungen zu berufen hätte Folgen, die weit über die nach den Regeln zu den im unternehmerischen Rechtsverkehr gültigen Klauselverbote gehen würden. Der Beklagten wäre es bei Abwicklung von Verträgen strafbewehrt verboten, sich auf unbedenkliche und auch teilbare Bestimmungen zu berufen, nur weil die Klägerin einen Antrag auf Verbot der konkreten Verletzungsform auch bei bereits abgeschlossenen Verträgen gewählt hätte. Das sonst zutreffende Argument, es sei Sache des beklagten Wettbewerbers, einen Weg aus dem Verstoß zu finden, greift hier nicht, weil die Beklagte ganz bestimmte Klauseln mit ihren Vertragspartnern vereinbart hat. Für sie gäbe es also gerade keinen Weg aus dem Verstoß, sondern den schlichten Verzicht auch auf unbedenkliche Teile allgemeiner Geschäftsbedingungen. Eine solch weitgehende Eingriffstiefe kommt den lauterkeitsrechtlichen Bestimmungen nicht zu.
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9. Zu den klägerischen Hilfsanträgen im einzelnen:
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a. Antrag zu Ziffer. 1: "... verpflichtet sich, den Kunden im Rahmen ihrer Liefermöglichkeiten mit Produkten des ... Sortiment zu beliefern."
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Diese Klausel enthält auch die vertraglich vereinbarte Lieferverpflichtung der Beklagten gegenüber ihrem Kunden, die dort allerdings sofort eingeschränkt werden soll. Soweit es um die Beschreibung der Hauptleistungspflicht der Beklagten geht, ist die Klausel kontrollfrei. Der klägerische Antrag will der Beklagten deshalb auch erlaubtes Verhalten verbieten und ist aus diesem Grunde nicht begründet. Dass es der Klägerin nur um den Teil der Klausel mit dem Liefervorbehalt geht, ist nicht erkennbar, nachdem sie ihre Tankstellenpächter von den mit der Beklagten geschlossenen Verträgen frei"kämpfen" will. Ein als minus im Klagantrag enthaltener und isoliert zu bewertender Klauselteil ist somit nicht streitgegenständlich.
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b. Antrag zu Ziffer 2 S. 2:" Der Kunde verpflichtet sich eine in der Preisliste mitgeteilte Mindestabnahme pro Lieferung nicht zu unterschreiten."
31 
Die Klägerin meint, diese Bedingung sei bereits intransparent, weil die Preisliste nicht näher erläutert werde. Dies ist nicht nachvollziehbar. Ob es unterschiedliche oder mehrerer Preislisten gibt, wie die Klägerin meint, ist reine Spekulation. Unklarheiten sind nicht ersichtlich.
32 
c. Antrag zu Ziffer 2 S. 3: "Die derzeitige Preisliste ist dem Kunden überreicht worden."
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i. Entgegen der Auffassung der Klägerin befasst sich die Klausel nicht mit künftigen Preislisten, so dass sie einseitige Gestaltungsrechte der Beklagten nicht behandelt.
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ii. Die Klägerin meint, nach der Klausel bleibe unklar, ob der Adressat der mitgeteilten Preisliste tatsächlich zugestimmt habe. Wenn er nicht zugestimmt habe, sei sie nicht Vertragsbestandteil geworden und deren Inhalte seien dann auch nicht verbindlich. Diese Überlegungen sind zwar zutreffend, haben mit der beanstandeten Klausel jedoch nichts zu tun.
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iii. Die Klägerin meint, hierbei handele es sich um eine schlichte Tatsachenmitteilung. Dies stelle eine unangemessene Benachteiligung dar. Hierzu muss nicht allgemein Stellung genommen werden. Im kaufmännischen Rechtsverkehr ist die Preisgestaltung von zentraler Bedeutung. Dass die Parteien hierüber nicht gesprochen hätten, ist auszuschließen, so dass diese Klausel unter Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche unbedenklich ist.
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d. Antrag zu Ziffer. 4: "Der Kunde erhält leihweise Geräte im Gegenwert von Euro 740 netto".
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Weshalb diese Klausel nichtig sein soll, wird von der Klägerin nicht erläutert. Gründe hierfür sind auch nicht erkennbar.
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e. Antrag zu Ziffer 6: "Aus dem Wert aller Leihgaben ergibt sich ein Mindestumsatz von 985 EUR netto incl. des monatlichen Sollumsatzes laut Vorvertrag in Höhe von (incl. 985 EUR)"
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Die Klägerin meint, diese Regelung sei intransparent, weil ein Leihvertrag nach der Gesetzessprache unentgeltlich sei. Damit verkennt die Klägerin, dass es auf das typische Verständnis des Unternehmers ankommt, der unter einer Leihe keineswegs ein unentgeltliches Verhalten versteht. Kaufleute werden ohnehin regelmäßig nicht unentgeltlich tätig (vgl. a. § 354 HGB).
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f. Antrag zu Ziffer 7: "Die Geräte-Leihgaben sind an den Zweck gebunden, damit Produkte von ... zu lagern und her - bzw. fertig zu stellen."
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Auch hierbei verkennt die Klägerin die Bedeutung des Wortes Leihe.
42 
g. Antrag zu Ziffer 10 (komplett): "Die Umsatzziele werden jährlich überprüft. Bei nicht Erreichung der monatlichen Umsatzziele auf das Jahr gesehen behält sich ... das Recht der Abholung der Geräte vor. Der Kunde gesteht für die Dauer des Vertrages nur ... ein alleiniges Lieferrecht ein."
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Die Klägerin wendet sich vergeblich gegen diese Klauseln, die sie komplett angreift. Ein Alleinbelieferungsrecht ist vorbehaltlich kartellrechtlicher Besonderheiten, die vorliegend jedoch nicht geltend gemacht werden und wofür auch nichts ersichtlich ist, unbedenklich. Die Klägerin versucht somit der Beklagten ein erlaubtes Verhalten zu verbieten.
44 
h. Antrag zu Ziffer 11 (erster Absatz bis Ziffer 11.1 vollständig): "Der Kunde kann von diesem Vertrag mit einer Frist von 3 Monaten zurücktreten, wenn er seinen Geschäftsbetrieb vollständig aufgibt und weder an anderer Stelle noch durch Dritte fortsetzt. Die Rücktrittserklärung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. ... kann durch schriftliche Erklärung aus den folgenden Gründen zurücktreten:"
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Gründe weshalb bei einem mit fester Laufzeit abgeschlossenem Vertrag ein vorzeitiges Kündigungsrecht des Kunden mit dreimonatiger Frist unwirksam sein sollte, sind nicht nachvollziehbar. Der Begriff des Rücktritts ist hier ersichtlich im Sinne von Kündigung verwandt.
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i. Antrag zu Ziffer 11.2: "Bei Nichtbezahlung von Waren oder anderen Verbindlichkeiten des Kunden an ...."
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Die Klägerin meint, hierin liege eine Abweichung von § 323 BGB. Dabei verkennt sie, dass vorliegend überhaupt kein Rücktrittsrecht begründet wird. Weitere Nichtigkeitsgründe werden von der Klägerin nicht vorgetragen.
48 
j. Antrag zu Ziffer 11.4: "Bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Belange von ... und durch Verletzung der Vertragspflichten."
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Hierbei verkennt die Klägerin, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund, welche in dieser Bestimmung verankert sein soll, bei einer länger dauernden Geschäftsbeziehung selbstverständlich und auch vom Gesetz her vorgesehen ist. Ein wichtiger Grund entzieht sich naturgemäß einer vorangehenden, ins einzelne gehenden Definition, wie sie anscheinend die Klägerin wünscht.
50 
k. Antrag zu Ziffer 12 Sätze 5 und 6 (zusammen): "Jegliche Änderung oder Ergänzung zu diesem Vertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für die Aufhebung dieser Klausel."
51 
Der Klägerin ist, wie bereits dargelegt, einzuräumen das die Verbindung beider Klauseln bedingungsgemäß auch die Möglichkeit einer Individualvereinbarung bei Aufhebung der Schriftformklausel im Einzelfall ausschließen will. Allerdings wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auch gegen die hier klare und ohne überschießende Tendenz formulierte unbedenkliche einfache Schriftformklausel. Satz 5 schließt, wie der Zusammenhang zu Satz 6 zweifelsfrei ergibt, vom Grundsatz her mündliche Vereinbarungen gerade nicht aus. Letzteres soll durch Satz 6 erreicht werden. Der Antrag geht deshalb zu weit, weil sie der Beklagten auch erlaubtes Verhalten verbieten will.
52 
l. Antrag zu Ziffer 13: "Nicht von einer Garantie abgedeckte Reparaturarbeiten gehen ausschließlich zulasten des Kunden. Eventuell durch den Kunden selbst oder durch Dritte verursachten Schäden gehen gleichfalls ausschließlich zulasten des Kunden, unabhängig davon, ob ihm hierfür ein Verschulden trifft."
53 
Auch hiermit will die Klägerin der Beklagten teilweise erlaubtes Verhalten verbieten. Dass ein Kunde, der Schäden selbst verursacht, diese nicht dem Vermieter aufbürden soll, ist unter dem Gesichtspunkt der Bestimmungen über allgemeine Geschäftsbedingungen unbedenklich.
54 
10. Die Entscheidung beruht im übrigen auf den §§ 92, 281 Abs. 3 S. 2, 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Gründe

 
13 
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nur teilweise begründet (§ 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 307, 310 BGB).
14 
1. Auch die Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist eine geschäftliche Handlung im Sinne des Lauterkeitsrechts. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren objektiv zusammenhängt.
15 
2. Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt insbesondere unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss deshalb jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen. Sie muss das Marktverhalten außerdem im Interesse der Marktteilnehmer regeln. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt (vergleiche BGH, Urteil vom 02. Dezember 2009 - I ZR 152/07 - Zweckbetrieb, juris). Zu diesen das Marktverhalten regelnden Normen gehören auch die Bestimmungen, die die Wirksamkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen, die unter Kaufleuten vereinbart sind, regeln (vergleiche BGH WRP 2012,1086 - Missbräuchliche Vertragsstrafe zur Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern). Nach Auffassung der Kammer besteht hinsichtlich der Frage, ob es sich insoweit um eine Marktverhaltensregelung handelt, zwischen der Rechtslage bei der Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern und gegenüber Unternehmern kein rechtserheblicher Unterschied. In beiden Fällen geht es auch darum, im Geschäftsverkehr in lauterer Weise um Kunden zu werben und sich nicht durch unangemessene, aber zunächst im meist Kleingedruckten versteckte Regelungen Vorteile zulasten des Kunden, mittelbar aber auch zulasten des Wettbewerbers zu verschaffen. Der vorrangige Zweck des Verbraucherschutzes im nichtunternehmerischen Geschäftsverkehr rechtfertigt es nicht, den Regelungen über die Wirksamkeitskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen im unternehmerischen Geschäftsverkehr den Charakter als Marktverhaltensregelung abzusprechen.
16 
3. Die Klägerin wendet sich mit Teil 1 ihres Antrags gegen die zukünftige, dh. bei Abschluss neuer Verträge, Verwendung von Vertragsbedingungen, die die Beklagte in 2 Verträgen mit Pächtern der Klägerin am 22. September 2011 und am 14. Juni 2013 vereinbart hat (Anlage K 2). Sie macht hierbei die konkrete Verletzungsform zum Streitgegenstand. Dass es in diesem Antragsteil nur um den Abschluss neuer Verträge geht und nur der so verstandene konkrete Verstoß erfasst sein soll, hat das Gericht bei der in seinem Ermessen stehenden Urteilsformulierung berücksichtigt.
17 
4. Die Klägerin führt mit Recht aus, dass dieser Teil des Antrags bereits dann begründet ist, wenn auch nur eine der Klauseln unwirksam ist (vgl. a. OLG Jena - Urteil vom 9.5.2012 - 2 U 61/12 BeckRS 2012,11880). Ausweislich der Antragstellung der Klägerin handelt es sich hierbei um einen einzigen Verfahrensgegenstand. Dies hat zur Folge, dass das Gericht nicht sämtliche geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe in einer etwaigen von der Klägerin vorgegebenen Reihenfolge prüfen müsste, sondern eine der unwirksamen Klauseln herausgreifen kann. Weitergehende Anträge hat die Klägerin insoweit nicht gestellt, was ihr nach der Rechtsprechung freigestanden hätte. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieser Teil des Antrags nicht zu weit gefasst, vielmehr ist es Sache der Beklagten, den Weg aus dem Verstoß zu finden.
18 
5. In Ziffer 12 der Verträge ist festgehalten, dass jegliche Änderung oder Ergänzung zu dem Vertrag zur Wirksamkeit der Schriftform bedürfe. Dies gelte auch für die Aufhebung dieser Klausel. Eine Schriftformklausel wie (hier) Satz 2 der dargestellten Regelung ist auch im kaufmännischen Verkehr unwirksam, weil damit der Vorrang der Individualabrede nach § 305b BGB unterlaufen wird (vergleiche Palandt/Grüneberg BGB 73. A § 305b Rdnr. 5 unter Hinweis auf § 307 BGB; vgl. a. § 310 Abs. 1 BGB).
19 
6. Teil 2 des klägerischen Antrags "und/oder sich bei bereits abgeschlossenen Verträgen auf diese Bestimmungen zu berufen" ist, worauf die Klägerin hingewiesen worden ist, nicht begründet. Ausweislich der Klagbegründung macht die Klägerin das gesamte Klauselwerk wie im Klagantrag wiedergegeben, im Wege der konkreten Verletzungsform zum Streitgegenstand ihres Unterlassungsanspruchs. Es ist nicht vorgetragen und auch nicht vorstellbar, dass sich die Beklagte auf allgemeine Geschäftsbedingungen in der im klägerischen Antrag beschriebenen Form berufen hat (Wiederholungsgefahr) bzw. berufen wird (Erstbegehungsgefahr). Dass die Beklagte bei der Durchsetzung ihrer Rechte oder bei der Verteidigung gegen Ansprüche der gewerblichen Kunden das gesamte Vertragswerk dem Kunden entgegengehalten hätte (vgl. BGHZ 196,11 zum Begriff des Verwendens einer Klausel) ist nicht dargetan. Allgemeine Geschäftsbedingungen dienen der Klärung im konkreten Rechtsverhältnis im Einzelfall streitiger Fragen. Der Verwender beruft sich regelmäßig nicht auf die Gesamtheit seiner allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern auf eine bestimmte Regelung, die den jeweiligen Streit betrifft. Dementsprechend fehlt es an der Darlegung eines Verstoßes der Beklagten, der Wiederholungsgefahr begründen könnte wie auch an der Darlegung einer Erstbegehungsgefahr in dem vom klägerischen Antrag bestimmten Sinne. Die Auffassung der Klägerin, das "Berufen" auf allgemeine Geschäftsbedingungen sei ein Unterfall der "Verwendung" mit Zitaten aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGHZ 127,35; BGHZ 116,6) verkennt, dass es dort jeweils um eine abstrakte Kontrolle konkreter unwirksamer Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 13 AGBG (heute: § 1 UKlaG) ging, nicht aber um ein undifferenziertes Verbot eines gesamten Klauselwerks. Soweit sich die Klägerin für ihre Rechtsauffassung auf OLG Jena , Urteil vom 9.5.2012 - 2 U 61/12 - BeckRS 2012,1180 beruft, kann sich die Kammer dem aus den dargestellten Gründen nicht anschließen. In jener Entscheidung wird die hier gesehene Problematik überhaupt nicht erörtert.
20 
7. Der klägerische Unterlassungsantrag geht auch deshalb zu weit, weil die Klägerin der Beklagten damit unter anderem die Berufung auf Regelungen versagen will, die unmittelbar die gegenseitigen Leistungsverpflichtungen konstituieren (Ziff. 1, Ziff. 2 S.3, Ziff. 4) und die als solche kontrollfrei sind. Die Klägerin will, wie sie in der mündlichen Verhandlung verdeutlichend erklärt hat, ihre Tankstellenpächter von den mit der Beklagten geschlossenen Verträgen frei"kämpfen". Dies kann sie auf dem gewählten Weg nicht erreichen (vgl. a. BGHZ 175,28, wonach auch die Klauselkontrolle nach §§ 13 AGBG bzw. 1 UKlaG keinen Rückabwicklungsanspruch begründet). Der Wettbewerbsprozess dient nicht der Ausschaltung fremder Wettbewerber. Die etwaig zwischen der Beklagten und den Tankstellenpächtern der Klägerin abgeschlossenen Verträge über Lieferung (und Zahlung) von Waren sind als solche nicht zu beanstanden. Zumindest trägt die Klägerin diesbezüglich nichts vor. Die Klägerin macht nicht geltend, dass die Lieferverträge selbst nichtig seien, so dass offen bleiben kann, ob die Klägerin sich lauterkeitsrechtlich überhaupt hierauf berufen könnte.
21 
8. Hilfsweise greift die Klägerin verschiedene Klauseln der streitgegenständlichen Vertragsbedingungen an. Hierbei handelt es sich nicht mehr um die Geltendmachung des konkreten Verstoßes. Bereits in der Antragsschrift hatte die Klägerin dargestellt, dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten als konkrete Verletzungsform insgesamt angegriffen würden. Nachdem die Klägerin nunmehr hilfsweise einzelne Bedingungen angreift, geht es ausweislich der klägerischen Klagbegründung nicht mehr um die konkrete Verletzungsform, sondern um die abstrahierenden Beschreibungen nach Ansicht der Klägerin nichtiger Vertragsbestimmungen.
22 
a. Dass die Beklagte sich auf einzelne Klauseln berufen hätte und deswegen Wiederholungsgefahr besteht, wird von der Klägerin nicht vorgetragen. Im Folgenden wird zugunsten der Klägerin eine Erstbegehungsgefahr unterstellt. Nachdem die Beklagte derartige Geschäftsbedingungen formuliert und verwandt hat, wird sie sich naheliegender Weise in geeigneten Fällen hierauf auch berufen.
23 
b. Die Anträge sind allesamt ohne Erfolg, im Ergebnis (meist) weil die Klägerin zu weitgehende Anträge stellt und der Beklagten auch erlaubtes Verhalten verbieten will.
24 
c. Teilabweisungen bzw. eine teilweise Verurteilung im Sinne eines hinter dem klägerischen Antrag zurückbleibenden "minus" kommen vorliegend nicht in Betracht (zur Problematik vgl. BGHZ 168,179 - Anschriftenliste; BGHZ 154,342 - Reinigungsarbeiten; BGH WRP 1999,691 - Vorratslücke), weil die Klägerin die betreffenden Klauseln, wie sie bei Antragstellung mitgeteilt hat, in ihrer Gesamtheit ("komplett", "vollständig", "zusammen") angreift (zu Ziff. 10, 11. Absatz 1, 12 Sätze 5 und 6 - s.u.). Dementsprechend wendet die Klägerin sich mit ihren Anträgen nicht gegen die Verwendung einzelner Sätze der "komplett" angegriffenen Regelungen, die durchaus einen eigenständigen Charakter haben und deshalb grundsätzlich isoliert und damit in dem logischen Verhältnis eines "oder" angegriffen werden könnten, sondern gegen die Klauseln insgesamt (also "und"). Diese von der Klägerin verbundenen Klauseln isoliert zum Gegenstand einer Be- und Verurteilung zu machen, hieße, der Klägerin einen von ihr nicht eingebrachten Streitgegenstand unterzuschieben. Nachdem die Klägerin sich auf Nachfrage auch eindeutig geäußert hatte, waren weitere Hinweise nicht veranlasst. Die Hinweispflicht des Gerichts dient nicht dazu, einen nicht anhängig gemachten Streitgegenstand gegen den Willen des Klägers einzuführen.
25 
d. Schließlich scheidet hier der Rückgriff auf die konkrete Verletzungsform im Sinne eines "minus" aus, weil die Klägerin in diesem Hilfsantrag - im Gegensatz zum Hauptantrag - gerade vom geltend gemachten konkreten Verstoß abgegangen ist. Der Klägerin würde also ein Antrag unterschoben, den sie nicht gestellt hat.
26 
e. Letztlich hätte hier ein Verbot im Sinne der konkreten Verletzungsform inakzeptable Konsequenzen: Das Verbot bezöge sich nach den von der Klägerin gewählten Anträgen auf Vertragsregelungen, die aus mehreren Sätzen bestehen. Das Verbot, sich auf solche Vertragsbedingungen zu berufen hätte Folgen, die weit über die nach den Regeln zu den im unternehmerischen Rechtsverkehr gültigen Klauselverbote gehen würden. Der Beklagten wäre es bei Abwicklung von Verträgen strafbewehrt verboten, sich auf unbedenkliche und auch teilbare Bestimmungen zu berufen, nur weil die Klägerin einen Antrag auf Verbot der konkreten Verletzungsform auch bei bereits abgeschlossenen Verträgen gewählt hätte. Das sonst zutreffende Argument, es sei Sache des beklagten Wettbewerbers, einen Weg aus dem Verstoß zu finden, greift hier nicht, weil die Beklagte ganz bestimmte Klauseln mit ihren Vertragspartnern vereinbart hat. Für sie gäbe es also gerade keinen Weg aus dem Verstoß, sondern den schlichten Verzicht auch auf unbedenkliche Teile allgemeiner Geschäftsbedingungen. Eine solch weitgehende Eingriffstiefe kommt den lauterkeitsrechtlichen Bestimmungen nicht zu.
27 
9. Zu den klägerischen Hilfsanträgen im einzelnen:
28 
a. Antrag zu Ziffer. 1: "... verpflichtet sich, den Kunden im Rahmen ihrer Liefermöglichkeiten mit Produkten des ... Sortiment zu beliefern."
29 
Diese Klausel enthält auch die vertraglich vereinbarte Lieferverpflichtung der Beklagten gegenüber ihrem Kunden, die dort allerdings sofort eingeschränkt werden soll. Soweit es um die Beschreibung der Hauptleistungspflicht der Beklagten geht, ist die Klausel kontrollfrei. Der klägerische Antrag will der Beklagten deshalb auch erlaubtes Verhalten verbieten und ist aus diesem Grunde nicht begründet. Dass es der Klägerin nur um den Teil der Klausel mit dem Liefervorbehalt geht, ist nicht erkennbar, nachdem sie ihre Tankstellenpächter von den mit der Beklagten geschlossenen Verträgen frei"kämpfen" will. Ein als minus im Klagantrag enthaltener und isoliert zu bewertender Klauselteil ist somit nicht streitgegenständlich.
30 
b. Antrag zu Ziffer 2 S. 2:" Der Kunde verpflichtet sich eine in der Preisliste mitgeteilte Mindestabnahme pro Lieferung nicht zu unterschreiten."
31 
Die Klägerin meint, diese Bedingung sei bereits intransparent, weil die Preisliste nicht näher erläutert werde. Dies ist nicht nachvollziehbar. Ob es unterschiedliche oder mehrerer Preislisten gibt, wie die Klägerin meint, ist reine Spekulation. Unklarheiten sind nicht ersichtlich.
32 
c. Antrag zu Ziffer 2 S. 3: "Die derzeitige Preisliste ist dem Kunden überreicht worden."
33 
i. Entgegen der Auffassung der Klägerin befasst sich die Klausel nicht mit künftigen Preislisten, so dass sie einseitige Gestaltungsrechte der Beklagten nicht behandelt.
34 
ii. Die Klägerin meint, nach der Klausel bleibe unklar, ob der Adressat der mitgeteilten Preisliste tatsächlich zugestimmt habe. Wenn er nicht zugestimmt habe, sei sie nicht Vertragsbestandteil geworden und deren Inhalte seien dann auch nicht verbindlich. Diese Überlegungen sind zwar zutreffend, haben mit der beanstandeten Klausel jedoch nichts zu tun.
35 
iii. Die Klägerin meint, hierbei handele es sich um eine schlichte Tatsachenmitteilung. Dies stelle eine unangemessene Benachteiligung dar. Hierzu muss nicht allgemein Stellung genommen werden. Im kaufmännischen Rechtsverkehr ist die Preisgestaltung von zentraler Bedeutung. Dass die Parteien hierüber nicht gesprochen hätten, ist auszuschließen, so dass diese Klausel unter Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche unbedenklich ist.
36 
d. Antrag zu Ziffer. 4: "Der Kunde erhält leihweise Geräte im Gegenwert von Euro 740 netto".
37 
Weshalb diese Klausel nichtig sein soll, wird von der Klägerin nicht erläutert. Gründe hierfür sind auch nicht erkennbar.
38 
e. Antrag zu Ziffer 6: "Aus dem Wert aller Leihgaben ergibt sich ein Mindestumsatz von 985 EUR netto incl. des monatlichen Sollumsatzes laut Vorvertrag in Höhe von (incl. 985 EUR)"
39 
Die Klägerin meint, diese Regelung sei intransparent, weil ein Leihvertrag nach der Gesetzessprache unentgeltlich sei. Damit verkennt die Klägerin, dass es auf das typische Verständnis des Unternehmers ankommt, der unter einer Leihe keineswegs ein unentgeltliches Verhalten versteht. Kaufleute werden ohnehin regelmäßig nicht unentgeltlich tätig (vgl. a. § 354 HGB).
40 
f. Antrag zu Ziffer 7: "Die Geräte-Leihgaben sind an den Zweck gebunden, damit Produkte von ... zu lagern und her - bzw. fertig zu stellen."
41 
Auch hierbei verkennt die Klägerin die Bedeutung des Wortes Leihe.
42 
g. Antrag zu Ziffer 10 (komplett): "Die Umsatzziele werden jährlich überprüft. Bei nicht Erreichung der monatlichen Umsatzziele auf das Jahr gesehen behält sich ... das Recht der Abholung der Geräte vor. Der Kunde gesteht für die Dauer des Vertrages nur ... ein alleiniges Lieferrecht ein."
43 
Die Klägerin wendet sich vergeblich gegen diese Klauseln, die sie komplett angreift. Ein Alleinbelieferungsrecht ist vorbehaltlich kartellrechtlicher Besonderheiten, die vorliegend jedoch nicht geltend gemacht werden und wofür auch nichts ersichtlich ist, unbedenklich. Die Klägerin versucht somit der Beklagten ein erlaubtes Verhalten zu verbieten.
44 
h. Antrag zu Ziffer 11 (erster Absatz bis Ziffer 11.1 vollständig): "Der Kunde kann von diesem Vertrag mit einer Frist von 3 Monaten zurücktreten, wenn er seinen Geschäftsbetrieb vollständig aufgibt und weder an anderer Stelle noch durch Dritte fortsetzt. Die Rücktrittserklärung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. ... kann durch schriftliche Erklärung aus den folgenden Gründen zurücktreten:"
45 
Gründe weshalb bei einem mit fester Laufzeit abgeschlossenem Vertrag ein vorzeitiges Kündigungsrecht des Kunden mit dreimonatiger Frist unwirksam sein sollte, sind nicht nachvollziehbar. Der Begriff des Rücktritts ist hier ersichtlich im Sinne von Kündigung verwandt.
46 
i. Antrag zu Ziffer 11.2: "Bei Nichtbezahlung von Waren oder anderen Verbindlichkeiten des Kunden an ...."
47 
Die Klägerin meint, hierin liege eine Abweichung von § 323 BGB. Dabei verkennt sie, dass vorliegend überhaupt kein Rücktrittsrecht begründet wird. Weitere Nichtigkeitsgründe werden von der Klägerin nicht vorgetragen.
48 
j. Antrag zu Ziffer 11.4: "Bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Belange von ... und durch Verletzung der Vertragspflichten."
49 
Hierbei verkennt die Klägerin, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund, welche in dieser Bestimmung verankert sein soll, bei einer länger dauernden Geschäftsbeziehung selbstverständlich und auch vom Gesetz her vorgesehen ist. Ein wichtiger Grund entzieht sich naturgemäß einer vorangehenden, ins einzelne gehenden Definition, wie sie anscheinend die Klägerin wünscht.
50 
k. Antrag zu Ziffer 12 Sätze 5 und 6 (zusammen): "Jegliche Änderung oder Ergänzung zu diesem Vertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für die Aufhebung dieser Klausel."
51 
Der Klägerin ist, wie bereits dargelegt, einzuräumen das die Verbindung beider Klauseln bedingungsgemäß auch die Möglichkeit einer Individualvereinbarung bei Aufhebung der Schriftformklausel im Einzelfall ausschließen will. Allerdings wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auch gegen die hier klare und ohne überschießende Tendenz formulierte unbedenkliche einfache Schriftformklausel. Satz 5 schließt, wie der Zusammenhang zu Satz 6 zweifelsfrei ergibt, vom Grundsatz her mündliche Vereinbarungen gerade nicht aus. Letzteres soll durch Satz 6 erreicht werden. Der Antrag geht deshalb zu weit, weil sie der Beklagten auch erlaubtes Verhalten verbieten will.
52 
l. Antrag zu Ziffer 13: "Nicht von einer Garantie abgedeckte Reparaturarbeiten gehen ausschließlich zulasten des Kunden. Eventuell durch den Kunden selbst oder durch Dritte verursachten Schäden gehen gleichfalls ausschließlich zulasten des Kunden, unabhängig davon, ob ihm hierfür ein Verschulden trifft."
53 
Auch hiermit will die Klägerin der Beklagten teilweise erlaubtes Verhalten verbieten. Dass ein Kunde, der Schäden selbst verursacht, diese nicht dem Vermieter aufbürden soll, ist unter dem Gesichtspunkt der Bestimmungen über allgemeine Geschäftsbedingungen unbedenklich.
54 
10. Die Entscheidung beruht im übrigen auf den §§ 92, 281 Abs. 3 S. 2, 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Freiburg Urteil, 31. März 2014 - 12 O 12/14

Urteilsbesprechungen zu Landgericht Freiburg Urteil, 31. März 2014 - 12 O 12/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 4 Mitbewerberschutz


Unlauter handelt, wer 1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerb
Landgericht Freiburg Urteil, 31. März 2014 - 12 O 12/14 zitiert 13 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 323 Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung


#BJNR001950896BJNE031602377 (1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 281 Verweisung bei Unzuständigkeit


(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. „geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Die

Unterlassungsklagengesetz - UKlaG | § 1 Unterlassungs- und Widerrufsanspruch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen


Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Wi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305b Vorrang der Individualabrede


Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 354


(1) Wer in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür auch ohne Verabredung Provision und, wenn es sich um Aufbewahrung handelt, Lagergeld nach den an dem Orte üblichen Sätzen fordern. (2) Für

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Landgericht Freiburg Urteil, 31. März 2014 - 12 O 12/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2009 - I ZR 152/07

bei uns veröffentlicht am 02.12.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 152/07 Verkündet am: 2. Dezember 2009 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 13. März 2014 - 2 U 61/12

bei uns veröffentlicht am 13.03.2014

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 (Az.: 10 O 175/11) wird ihrem Anerkenntnis entsprechend zurückgewiesen.2. Auf die Anschlussberufung des Klägers hin wird die Bek

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Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 152/07 Verkündet am:
2. Dezember 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zweckbetrieb
UWG (2008) § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11; AO § 65 Nr. 3
Steuerrechtliche Vorschriften stellen grundsätzlich keine Marktverhaltensregelungen
dar. Ihre Verletzung kann auch nicht unter Zuhilfenahme des Vorsprungsgedankens
als wettbewerbsrechtlich unlauter angesehen werden.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - I ZR 152/07 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. August 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte, ein gemeinnütziger Verband, der nach seiner Satzung die freie Wohlfahrtspflege und die Hilfeleistung für die Bevölkerung fördert, ist als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO steuerbegünstigt. Er bietet im Rahmen seiner Alten- und Behindertenarbeit auch Personenbeförderungen gegen Entgelt an.
2
Der Kläger, ein Taxi- und Mietwagenunternehmer, hat behauptet, der Beklagte erbringe Beförderungsleistungen auch außerhalb seines Zweckbetriebs als eigenständige Dienstleistung. Er hat Rechnungen des Beklagten für Mietwagenfahrten vorgelegt, bei denen seiner Ansicht nach der Beklagte keine über die reine Beförderung hinausgehenden Hilfeleistungen erbracht hatte. Der Umstand, dass in diesen Rechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen sei, zeige, dass der Beklagte für seine außerhalb des Zweckbetriebs durchgeführten Krankenfahrten nicht die Steuern abführe, die die Mitbewerber zu zahlen hätten. Dadurch verschaffe sich der Beklagte zum Nachteil der Mitbewerber Vorteile im Wettbewerb. Das in § 65 Nr. 3 AO enthaltene Wettbewerbsverbot sei eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Außerdem liege in dem Verhalten des Beklagten eine allgemeine Marktbehinderung.
3
Der Kläger hat zuletzt beantragt, 1. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, Personen gegen Entgelt durch Verkehr mit Mietwagen zu befördern , ohne die auf diese Tätigkeit anfallenden Steuern, insbesondere Umsatz -, Körperschaft-, Vermögen- und Gewerbesteuer zu zahlen; 2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger vollständige Auskunft über sämtliche im Klageantrag zu 1 bezeichneten Beförderungen zu erteilen, und zwar unter Angabe der Wegstrecke, der Dauer der Beförderung, des Zeitpunkts, der Anzahl der Beförderungen und des Umsatzes insgesamt; 3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die im Klageantrag zu 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
4
Nach Ansicht des Beklagten liegen Fahrdienstleistungen für Menschen, die wegen Behinderung oder Alters hilfsbedürftig sind, innerhalb seines Zweckbetriebs. Für diese Fahrten habe er den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7% und für Patientenfahrten, bei denen der Patient keine Hilfe benötigt habe, den seinerzeit geltenden Umsatzsteuersatz von 16% abgeführt. Die nach Ansicht des Klägers verletzten steuerrechtlichen Vorschriften stellten keine Marktverhaltensregelungen dar.
5
Beide Vorinstanzen haben die Klage als unbegründet angesehen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat die Klage weder unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs noch unter dem einer allgemeinen Marktbehinderung für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
7
Das Verhalten des Beklagten sei nicht nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG unlauter. Zwar seien Krankenfahrten nicht als Zweckbetrieb im Bereich der Gesundheitspflege i.S. von § 65 Nr. 3 AO anzusehen. Auch schütze diese Vorschrift den potentiellen Wettbewerb, da sie den Wertungs- und Zielkonflikt zwischen der Förderung des Gemeinwohls und der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts regele und damit auch dem Schutz der mit Zweckbetrieben konkurrierenden nicht begünstigten Betriebe diene. Wenn kein Zweckbetrieb vorliege und sich die Nichtbesteuerung zum Nachteil der Mitbewerber auswirke, hätten diese gegenüber dem Finanzamt einen Anspruch auf Besteuerung der Körperschaft. Insoweit komme der Regelung des § 65 Nr. 3 AO eine drittschützende Wirkung zu.
8
Ungeachtet dieser Wettbewerbsrelevanz sei die genannte Vorschrift jedoch keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Steuervorschriften bezweckten grundsätzlich nicht die Regelung des Marktverhaltens. Das gelte auch für der Wirtschaftslenkung dienende sogenannte Lenkungssteuern, sofern diese nicht ausnahmsweise unmittelbar den Schutz der Verbraucher bezweckten. Die Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO stelle zwar ein Lenkungsgesetz dar, das gemeinnützige wohltätige Betätigungen durch Anerkennung eines Steuervorteils fördern wolle. Die wettbewerbliche Relevanz liege in der unterschiedlichen Behandlung an sich gleichgelagerter wirtschaftlicher Betätigung. Der staatliche Eingriff in den Wettbewerb bestehe in der Schaffung eines wirtschaftlichen Sonderbereichs der Gemeinnützigkeit. Die Betätigung in diesem Bereich sei dem Eingriff erst nachgeordnet. Wer die Regeln der Steuerbegünstigung überschreite, verhalte sich nicht anders als derjenige, der im allgemeinen Wirtschaftsbereich Steuern hinterziehe. Der drittschützende Charakter der Vorschrift , der die Möglichkeit einer Konkurrentenklage vor dem Finanzgericht eröffne , ändere nichts daran, dass es bei der Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO an der für die Bejahung eines Wettbewerbsverstoßes erforderlichen spezifischen Marktbezogenheit fehle.
9
Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer allgemeinen Marktbehinderung habe der Kläger nicht hinreichend dargetan. Vereinzelte Vorgänge reichten für die Annahme einer strukturellen Marktstörung nicht aus.
10
II. Die Revision wendet sich gegen diese Beurteilung ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage, soweit sie auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG gestützt ist, mit Recht als unbegründet angesehen, weil die nach Ansicht des Klägers verletzte Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG ist (dazu unten unter II 2 b). Seine Beurteilung, eine allgemeine Marktbehinderung sei nicht hinreichend dargetan, lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Diese ist ferner nicht schon deshalb begründet, weil der Beklagte sich nach dem Vortrag des Klägers durch rechtswidriges Verhalten im Wettbewerb einen ungerechtfertigten Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft (dazu unten unter II 2 c). Da sich die Rechtslage schon unter dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung, in der dieses bis zum 7. Juli 2004 gegolten hat (UWG a.F.), ebenso dargestellt hat, sind auch der Schadensersatzfeststellungsanspruch sowie der seiner Durchsetzung dienende Auskunftsanspruch im vollen Umfang unbegründet (vgl. unten unter II 2 d).
11
1. Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die gestellten Klageanträge i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt.
12
Bei der Auslegung von Klageanträgen ist immer auch die Klagebegründung mit heranzuziehen (BGH, Urt. v. 29.5.2008 - I ZR 189/05, GRUR 2008, 1121 Tz. 16 = WRP 2008, 1560 - Freundschaftswerbung im Internet). Im Streitfall möchte der Kläger erreichen, dass der Beklagte für seine Beförderungsleistungen keine Steuervergünstigungen in Anspruch nimmt. Für gemeinnützige Körperschaften gewährt das Gesetz Steuervergünstigungen zum Beispiel bei der Körperschaftsteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG), bei der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 6 GewStG) und bei der Umsatzsteuer (§ 4 Nr. 18, § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG). Diese Steuervergünstigungen scheiden regelmäßig aus, wenn die Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (§ 14 AO). Nach § 64 AO verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung allerdings nur dann, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb ist. Die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb sind in den §§ 65 bis 68 AO geregelt. Das Klagebegehren zielt darauf, dass der Beklagte seine Einkünfte aus der Beförderung mit Mietwagen gegenüber den Steuerbehörden erklärt, ohne dass er sich dabei auf seine Eigenschaft als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO beruft. Er soll daher nach der Vorstellung des Klägers für die von ihm erbrachten Beförderungsleistungen Steuern nach den für nicht gemeinnützige Beförderungsunternehmen geltenden Steuersätzen abführen. Mit diesem sich aus dem Vortrag des Klägers ergebenden Inhalt stellen sich die von diesem gestellten Klageanträge als hinreichend bestimmt dar.
13
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil das vom Kläger beanstandete Verhalten des Beklagten weder im Hinblick auf einen von diesem begangenen Rechtsbruch noch nach der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel unlauter ist.
14
a) Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren des Klägers sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung anzuwenden, in der dieses Gesetz gemäß dem Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949) seit dem 30. Dezember 2008 gilt (UWG 2008). Da der Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, muss das beanstandete Verhalten des Beklagten allerdings auch schon zur Zeit seiner Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein.
15
Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, beanstandet der Kläger das Nichtabführen von Steuern auf Rechnungen, die der Beklagte in der Zeit zwischen dem 8. Januar 2004 und dem 8. Februar 2006 ausgestellt hat. Danach reichte es für den Unterlassungsanspruch des Klägers aus, wenn das beanstandete Verhalten des Beklagten gegen § 4 Nr. 11 des am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen geänderten Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (UWG 2004) verstieß. Diese Bestimmung ist durch die UWG-Novelle 2008 nicht geändert worden. Ihrer Anwendung steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die mit der UWGNovelle 2008 in das nationale Recht umgesetzte Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Die genannte Richtlinie betrifft nach ihrem Artikel 3 Absatz 1 allein den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Auf Marktverhaltensregelungen, die lediglich das Verhältnis zwischen Mitbewerbern betreffen, ist § 4 Nr. 11 UWG danach nach wie vor uneingeschränkt anwendbar (Köhler in Köhler/Bornkamm, 28. Aufl., § 4 Rdn. 11.6a; ders., GRUR 2008, 841, 848).
16
Für die Frage, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch und - zu dessen Durchsetzung - ein Auskunftsanspruch zusteht, kommt es auf das zum http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=UWG&p=4 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255&i=266 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255&i=266 - 8 - Zeitpunkt der im Einzelnen beanstandeten Handlungen jeweils geltende Recht an (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 16.7.2009 - I ZR 56/09, GRUR 2009, 1075 Tz. 14 = WRP 2009, 1377 - Betriebsbeobachtung, m.w.N.).
17
b) Nach § 65 Nr. 3 AO liegt kein Zweckbetrieb vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Diese Bestimmung stellt keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar. Es kann daher für die hier vorzunehmende wettbewerbsrechtliche Beurteilung dahinstehen, ob die fraglichen Krankenfahrten des Beklagten zur Erfüllung seiner gemeinnützigen Tätigkeit erforderlich waren und damit ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb im Sinne dieser Vorschrift vorlag.
18
aa) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen (vgl. BGHZ 144, 255, 269 - Abgasemissionen). Es reicht nicht aus, dass die Vorschrift ein Verhalten betrifft, das dem Marktverhalten vorausgegangen ist oder ihm erst nachfolgt. Fällt der Gesetzesverstoß nicht mit dem Marktverhalten zusammen, ist eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der verletzten Norm erforderlich (vgl. BGHZ 144, 255, 267 f. - Abgasemissionen). Die Vorschrift muss das Marktverhalten außerdem im Interesse der Marktteilnehmer regeln. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.35c).
19
bb) Steuerrechtliche Vorschriften stellen grundsätzlich keine Marktverhaltensregelungen dar (OLG München GRUR 2004, 169, 170; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen: BGH, Beschl. v. 4.12.2003 - I ZR 140/03; OLG Oldenburg WRP 2007, 685, 687; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rdn. 11/17; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 192; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 43; v. Walter, Rechtsbruch als unlauteres Marktverhalten, 2007, S. 200; Elskamp, Gesetzesverstoß und Wettbewerbsrecht, 2008, S. 206). Ihr Zweck beschränkt sich im Normalfall darauf, die Finanzierung des Gemeinwesens zu ermöglichen. Steuerrechtliche Vorschriften regeln insoweit nicht das Marktverhalten, sondern lediglich das Verhältnis zwischen dem Hoheitsträger und dem Steuerpflichtigen (MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63). Sie bezwecken grundsätzlich auch nicht den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer. Für die Beurteilung , ob ein Verstoß i.S. des § 4 Nr. 11 UWG vorliegt, ist es daher unerheblich, ob sich ein Unternehmer durch das Hinterziehen von Steuern einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft (Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 4 Rdn. 11/17). Ebenso kann das Nichterheben einer Steuer bei einem Mitbewerber regelmäßig nicht als Wettbewerbsverstoß beanstandet werden (MünchKomm.UWG/ Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63).
20
cc) Die Frage, ob davon abweichend dem Zweck der Wirtschaftslenkung dienende sogenannte Lenkungssteuern Marktverhaltensregelungen darstellen, ist umstritten. Dies wird zum Teil bejaht, wenn sie - wie zum Beispiel die gemäß Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums vom 23. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1857) erhobene Sondersteuer auf alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) - dem Schutz von Verbrauchern dienen (vgl. Wehlau/v. Walter, ZLR 2004, 645, 659 ff., 663; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 192; a.A. OLG Olden- burg WRP 2007, 685, 687; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; v. Walter aaO S. 202; Elskamp aaO S. 206) oder - wie etwa das Tabaksteuergesetz - der Sache nach Preisvorschriften darstellen (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2004, 255; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39 und 11.138; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63 und 333; a.A. OLG Hamburg OLG-Rep 2006, 215). Als Marktverhaltensregelungen werden in der Literatur vereinzelt auch Bestimmungen angesehen, die die gewerblichen Betriebe der öffentlichen Hand zum Schutz privater Mitbewerber steuerlich wie diese behandeln (vgl. - zu § 2 Abs. 3 UStG - Haslinger, WRP 2004, 58, 60; dies., WRP 2007, 1412, 1416; a.A. OLG München GRUR 2004, 169, 170; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63).
21
dd) Die im Streitfall in Rede stehende Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO bezweckt zwar auch den Schutz der Interessen der Mitbewerber des durch die Steuererleichterung begünstigten Unternehmens. Sie ist aber gleichwohl keine Marktverhaltensregelung, weil sie nicht bezweckt, die Lauterkeit des Marktverhaltens der Steuerpflichtigen zu gewährleisten.
22
(1) Die Einbeziehung von Zweckbetrieben in die Steuervergünstigungen für gemeinnützige Körperschaften stellt bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Subventionierung dieser Betriebe dar. Die Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO setzt dem Grenzen. Unternehmen, die zu nicht begünstigten Unternehmen in größerem Umfang als für die Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar in Wettbewerb treten, sollen von den Steuervergünstigungen ausgeschlossen sein. Diese Schranke dient nicht allein dem Allgemeininteresse an der Erhöhung des Steueraufkommens, sondern auch dem Interesse der steuerlich nicht begünstigten Konkurrenzbetriebe an einem steuerlich nicht manipulierten Wettbewerb (vgl. Bericht und Antrag des Finanzausschusses zum Entwurf einer Abgabenordnung, BT-Drucks. 7/4292, S. 21; BFHE 191, 434, 439 f.; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 65 Rdn. 9; Knobbe-Keuk, BB 1982, 385, 388). Sie ist Ausdruck der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts und hat drittschützenden Charakter (vgl. Wunsch, Die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO als Schutznorm zugunsten nicht begünstigter Konkurrenten gemeinnütziger Körperschaften, 2002, S. 127). Mitbewerbern kann aus § 65 Nr. 3 AO daher unter Umständen ein Anspruch gegen das Finanzamt auf Besteuerung eines zu Unrecht als Zweckbetrieb behandelten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erwachsen. Dieser Anspruch kann im Wege der Konkurrentenklage durchgesetzt werden (Knobbe-Keuk, BB 1982, 385, 389; Klein/Gersch, Abgabenordnung , 10. Aufl., § 65 Rdn. 8 m.w.N.).
23
(2) Die Wettbewerbsbezogenheit einer Bestimmung ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer Marktbezogenheit i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Eine Marktbezogenheit im Sinne dieser Bestimmung liegt nur dann vor, wenn die Vorschrift, gegen die der Wettbewerber bei seinem geschäftlichen Handeln verstößt , eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion aufweist (st. Rspr.; vgl. BGHZ 150, 343, 347 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 171/03, GRUR 2007, 162 Tz. 11 = WRP 2007, 177 - Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft; Urt. v. 26.2.2009 - I ZR 222/06, GRUR 2009, 883 Tz. 11 = WRP 2009, 1092 - MacDent). Daran fehlt es etwa dann, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll (vgl. BGHZ 150, 343, 347 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 293/99, GRUR 2003, 164, 166 = WRP 2003, 1182 - Altautoverwertung).
24
(3) Die Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO soll verhindern, dass gemeinnützige Körperschaften auch dann Steuervergünstigungen erhalten, wenn sie außerhalb ihrer gemeinnützigen Tätigkeit in Wettbewerb mit gewerblich tätigen Steu- erpflichtigen treten, die diese Steuervergünstigungen nicht bekommen. Sie befasst sich daher mit dem Zielkonflikt zwischen der grundsätzlich gebotenen Wettbewerbsneutralität der Besteuerung und der Förderung ideeller Zwecke (Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung , 10. Aufl., § 65 AO Rdn. 27) und dient insoweit dem von staatlichen Subventionen unbeeinflussten freien Wettbewerb. Zur Erreichung dieses Ziels erlegt sie den von ihr betroffenen Steuerpflichtigen jedoch keine Pflichten auf, die diese bei ihrem Marktauftritt zu erfüllen haben. Insbesondere bestimmt sie nicht, dass der Beklagte seine Beförderungsleistungen nur dann erbringen darf, wenn er seine dabei erzielten Umsätze und Einkünfte unter Beachtung dieser Bestimmung zur Umsatzsteuer anmeldet sowie in den von ihm nachfolgend gegebenenfalls auch abzugebenden Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen als zu versteuernde Einkünfte bzw. Erträge erklärt. Die insoweit dann quartals- oder monatsweise abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen sowie die jahresweise abzugebenden Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen stehen zeitlich und sachlich außerhalb des für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung relevanten Sachverhalts. Soweit der Beklagte in ihnen in Bezug auf die Anwendung des § 65 Nr. 3 AO unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt, kann er sich deshalb zwar möglicherweise einer steuerrechtlichen Konkurrentenklage (vgl. oben unter II 2 c dd (1)) sowie - vorsätzliches oder leichtfertiges Verhalten vorausgesetzt - einer strafrechtlichen oder bußgeldmäßigen Ahndung aussetzen (vgl. §§ 370, 378 AO). Für eine wettbewerbsrechtliche Ahndung seines Verhaltens ist demgegenüber aber kein Raum (MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 54; Link in Ullmann, jurisPKUWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 73).
25
c) Das nach den Ausführungen zu vorstehend II 2 b zwar möglicherweise steuerrechtlich zu beanstandende, aber nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß § 4 Nr. 11 UWG als wettbewerbswidrig zu beurteilende Verhalten des Beklagten verstößt auch nicht gegen das bis zur UWG-Novelle 2008 in § 3 UWG 2004 und seither in § 3 Abs. 1 UWG 2008 geregelte generelle Verbot unlauteren Handelns im Wettbewerb. Der Gesetzgeber hat mit dem Erlass des § 4 Nr. 11 UWG im Jahr 2004 zu erkennen gegeben, dass Verstöße gegen außerwettbewerbsrechtliche Rechtsnormen allein unter den besonderen Voraussetzungen dieser Vorschrift als unlauter anzusehen sind. Er hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, dass es nicht Aufgabe des Lauterkeitsrechts sein kann, alle nur denkbaren Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen (auch) lauterkeitsrechtlich zu sanktionieren, sofern sie zu einem Vorsprung im Wettbewerb führen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Nr. 11 UWG 2004, BT-Drucks. 15/1487 S. 19). Aus diesem Grund können Verstöße gegen außerwettbewerbsrechtliche Normen, die keine Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind, de lege lata auch nicht unter Zuhilfenahme des Vorsprungsgedankens über § 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 als unlauter angesehen werden (Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 3 Rdn. 65; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 31; Ullmann in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 3 Rdn. 21; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 11; Gärtner/Heil, WRP 2005, 20, 24; Scherer, WRP 2006, 401, 404 f. und 406; Schaffert, Festschrift für Ullmann, 2006, S. 845, 849; v. Walter aaO S. 153 ff.; Böhler, Alter und neuer Rechtsbruchtatbestand , 2009, S. 212; a.A. Sack, WRP 2004, 1307, 1315 f.; ders., WRP 2005, 531, 539 ff.; Glöckner, GRUR 2008, 960, 965 ff.; Elskamp aaO S. 223 ff.).
26
d) Soweit der Kläger gemäß den Klageanträgen 2 und 3 Schadensersatz für vom Beklagten vor dem 8. Juli 2004 durchgeführte Fahrten begehrt, beurteilt sich die Haftung des Beklagten nach den Bestimmungen des bis zu diesem Zeitpunkt geltenden früheren Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG a.F.; vgl. oben unter II 2 a a.E.). Auch die insoweit daher noch anwendbare Bestimmung des § 1 UWG a.F. setzte jedoch die Verletzung einer Marktverhaltensregelung voraus und ließ es für die Bejahung der Wettbewerbswidrigkeit einer Verhaltensweise ebenfalls nicht genügen, dass sich der Handelnde durch die Verletzung einer Norm, die diese Voraussetzung nicht erfüllte, einen Vorsprung im Wettbewerb verschaffte (vgl. BGHZ 144, 255, 266 ff. - Abgasemissionen ).
27
III. Danach ist die Revision des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 22.02.2007 - 17 O 169/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.08.2007 - 2 U 17/07 -

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 (Az.: 10 O 175/11) wird ihrem Anerkenntnis entsprechend zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung des Klägers hin wird die Beklagte gleichfalls ihrem Anerkenntnis entsprechend verurteilt, über den Betrag nach Ziff. 2 hinaus, weitere 10.780,79 Euro zu bezahlen.

3. Auf die Anschlussberufung des Klägers hin wird die Beklagte verurteilt, Zinsen aus 10.780,79 Euro i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08. Mai 2012 zu bezahlen.

4. Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Auch das angefochtene Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 20.001,00 Euro.

Gründe

 
A.
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten für Strom, den er aus Biomasse erzeugt, für das Jahr 2009 eine Mehrvergütung nach dem EEG.
Seit dem Jahr 2004 betreibt der Kläger auf seinem Grundstück eine Biogasanlage. Anfänglich hat er als Generator einen Gas-Otto-Motor mit einer Nennleistung von 320 kW in Betrieb genommen. Am 22. Januar 2004 speiste der Kläger mit dieser Anlage erstmals Strom ein. Zwischen den Prozessparteien kam am 22./25. Januar 2004 ein Vertrag über die Stromeinspeisung in das E...-Netz zustande (Anlage K 1). Nach diesem Vertrag erfolgt die Vergütung der in das Netz eingespeisten Energie entsprechend den Vorschriften des EEG und dem dort vorgesehenen Mindestentgelt (vgl. Ziff. 4 der Vereinbarung vom 22./25. Januar 2004).
Im Jahr 2004 ergänzte der Kläger den bestehenden Gas-Otto-Motor um zwei Gasturbinen mit Nennleistungen von jeweils 65 kW. Am 1. Februar 2007 kam es zu einer Ersteinspeisung von Energie mit Hilfe der ergänzten Anlage. Am 6./16. Juni 2007 schlossen die Parteien einen zweiten Vertrag über die Stromeinspeisung in das E...-Netz, der hinsichtlich der Vergütung wiederum auf die Regelungen des EEG und das dort vorgesehene Mindestentgelt verwies (vgl. Ziff. 4 der Vereinbarung vom 6./16. Juni 2007, Anlage K 2).
Im Jahr 2009 tauschte der Kläger die beiden Gasturbinen gegen eine neue Gasturbine mit einer Nennleistung von 200 kW aus. Mit der so erweiterten Anlage speiste er zum ersten Mal am 1. Juli 2009 Strom ein. In diesem Zusammenhang kam es nicht mehr zum Abschluss eines neuen Stromeinspeisungsvertrages.
Sowohl der Gas-Otto-Motor als auch die Gasturbinen waren bzw. sind an einen Fermenter angeschlossen.
Die nachfolgende Tabelle stellt zusammen, aus welchen Teilen die Biogasanlage des Klägers bestand und welche Strommengen im Jahr 2009 produziert wurden:
        
produzierte Strommenge
im Jahr 2009:                  
Generator           
Zählernummer           
Anlagenschlüssel           
Vertrag über die Stromeinspeisung vom           
Anlage 1
2.059.974 kWh
Gas-Otto-Motor
(320 kW)
80020859
404522327
22./ 25. Jan. 2004
Anlage 2
720.395 kWh
Gasturbine
(200 kW, früher 2 x 65 kW)
11658925
407988603
06./16. Juni 2007
In der Biogasanlage des Klägers wird ausschließlich Strom aus anaerober Vergärung nachwachsender Rohstoffe oder Gülle in einer Kombination mit rein pflanzlichen Nebenprodukten i.S.d. Positivliste nach Anlage 2 Ziff. 5. zum EEG 2009 erzeugt, wobei der Anteil von Gülle i.S.d. Nr. 2.2 der Anlage 2 zum EEG 2009 jederzeit mindestens 30 Masseprozent und der Stromertrag der pflanzlichen Nebenprodukte 756.138 kWh betrug.
Für das Jahr 2009 bezahlte die Beklagte an den Kläger als Vergütung für gelieferten Strom Beträge i.H.v. 397.253,09 Euro und 160.357,25 Euro, insgesamt also 557.610,34 Euro.
10 
Der Kläger hat vorgetragen,
ihm stehe für das Jahr 2009 eine weitere Vergütung i.H.v. 38.049,03 Euro (netto) = 45.278,35 Euro (brutto) zu. Die Vergütung sei für die beiden Generatoren (Gas-Otto-Motor und Gasturbine) getrennt zu ermitteln, weil in seinem Fall zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 vorlägen. Seine Auffassung werde von der Empfehlung der Clearingstelle EEG vom 1. Juli 2010 gestützt. Für beide Anlagen liege ein unterschiedliches Wärmenutzungskonzept vor. Die Abwärme der Anlage 1 (Gas-Otto-Motor) werde genutzt zur Prozessheizung, Heizung der Hofgebäude und zur Wärmegewinnung für die Einspeisung in ein Nahwärmenetz F..., das im Februar 2010 in Betrieb genommen worden sei. Die Abwärme der Anlage 2 (Gasturbine) werde ausschließlich und komplett genutzt in Form einer Abluft-/Abgaswärmeeintragung in das Trocknungshaus. Dies sei so bereits seit Errichtung der beiden kleineren Vorgängerturbinen im Jahr 2007 geschehen.
11 
Mit der Klage mache er einen Teil der ausstehenden Mehrvergütung für das Jahr 2009 geltend.
12 
Der Kläger hat beantragt,
13 
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.001,00 Euro (brutto) nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
14 
Die Beklagte hat beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Sie hat vorgebracht,
dass der Kläger nur eine Anlage i.S.d. EEG betreibe, weil der Gas-Otto-Motor und die Gasturbine an denselben Fermenter angeschlossen seien. Mit dem Anlagebegriff in § 3 EEG habe eine erhöhte Förderung durch Anlagensplitting vermieden werden sollen. Weitergehende Ansprüche des Klägers für das Jahr 2009 bestünden nach den geleisteten Zahlungen nicht.
17 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
II.
18 
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
19 
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass offenbleiben könne, ob der Kläger eine oder zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibe. Unabhängig davon stehe ihm nämlich jedenfalls ein Anspruch auf weitere Vergütung i.H.v. 5.001,00 Euro (brutto) zu.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
21 
Das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 wurde der Beklagten am 5. März 2012 zugestellt. Die Berufung ist am 5. April 2012 eingegangen. Nachdem die Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 10. April 2012 bis zum 8. Juni 2012 verlängert worden war, ging die Berufungsbegründung am 6. Juni 2012 ein.
II.
22 
Mit der Berufung begehrt die Beklagte die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und die Abweisung der Klage. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass der Kläger nur eine Anlage i.S.d. EEG betreibe. Außerdem seien einzelne Vergütungsbestandteile, sog. Boni, im landgerichtlichen Urteil unzutreffend in Ansatz gebracht worden.
23 
Für den Gas-Otto-Motor lägen die Voraussetzungen des KWK-Bonus nicht vor. Außerdem sei der KWK-Bonus für die Gasturbine im landgerichtlichen Urteil mit 3 Cent/kWh zu hoch angesetzt. Ein Bonus in dieser Höhe käme nur dann in Betracht, wenn feststünde, dass die Gasturbine die Voraussetzungen des EGG 2009 erfüllt, was nicht der Fall sei. Auch im Übrigen berechne der Kläger den KWK-Bonus und den NawaRo-Bonus unzutreffend, weil keine Voll-, sondern nur eine Überschusseinspeisung vorliege. Bei der Ermittlung des NawaRo-Bonus könne nicht von unterschiedlichen Bemessungsleistungen für die Grundvergütung und die Bonusvergütung ausgegangen werden.
24 
Die Beklagte hat zunächst beantragt:
25 
Das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 (Az.: 10 O 175/11) wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
26 
Der Kläger beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Innerhalb der bis zum 8. Juni 2012 gesetzten Frist zur Berufungsantwort hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30. April 2012 Anschlussberufung eingelegt, mit der er seine (Teil-)Klage erweitert hat. Er beantragt nunmehr:
29 
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an den Kläger 20.001,00 Euro (brutto) nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.001,00 Euro seit 3. September 2011 und aus dem Rest seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
30 
Hinsichtlich der Anschlussberufung hat die Beklagte zunächst deren Zurückweisung beantragt.
31 
Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, dass er zwei unterschiedliche Generatoren (Gas-Otto-Motor und Gasturbine) einsetze und damit zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibe. Im Einzelnen habe das Landgericht die Höhe der Vergütung zutreffend berechnet. Der in der Berufungsinstanz gehaltene Vortrag der Beklagten sei verspätet. Insgesamt könne er von der Beklagten für das Jahr 2009 eine Gesamtvergütung i.H.v.
32 
        
423.237,00 Euro (Gas-Otto-Motor)
        
177.793,48 Euro (Gasturbine)
insgesamt:
601.030,48 Euro (netto)
33 
verlangen. Da die Beklagte bislang lediglich 557.610,34 Euro an den Kläger gezahlt habe, bestehe ein Restanspruch in Höhe der Differenz von 43.420,14 Euro (netto) = 51.669,97 Euro (brutto).
34 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von ihnen vorgelegten Schriftsätze mit Anlagen und auf die Sitzungsprotokolle vom 6. Dezember 2012 und vom 19. Dezember 2013 verwiesen.
35 
Der Senat hat zur Berechnung der Höhe der Vergütung ein Gutachten des Sachverständigen Dr. L... E... (Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung [IER], Universität S...) eingeholt. Hinsichtlich der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 31. Januar 2013 und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 25. November 2013 verwiesen. Außerdem wurde der Sachverständige im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2013 mündlich angehört.
36 
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Parteien folgenden Teilvergleich geschlossen:
37 
Die Parteien sind sich darüber einig, dass im Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2009 mit dem streitgegenständlichen Gasmotor (Anlagen-Nr. 404522327) in Kraft-Wärme-Kopplung eine Nutzwärmemenge von insgesamt 2.123.478 kWhthermisch erzeugt und genutzt wurde. Dies entspricht unter Berücksichtigung der Stromkennzahl des Gasmotors von 0,751 einer elektrischen Stromerzeugungsmenge in Höhe von 1.594.732 kWhelektrisch.
38 
Von der insgesamt in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Nutzwärmemenge wurden 232.478 kWhthermisch einem Wärmenutzungskonzept nach dem EEG 2004 zugeführt. Mit dieser Nutzwärmemenge korreliert eine Stromerzeugungsmenge von 174.591 kWhelektrisch.
39 
Die übrige Nutzwärmemenge von 1.891.000 kWhthermisch wurde einem Wärmenutzungskonzept nach dem EEG 2009 zugeführt. Mit dieser Nutzwärmemenge korreliert eine Stromerzeugungsmenge von 1.420.141 kWhelektrisch.
40 
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2014 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis gemäß § 307 ZPO i.H.v. 14.983,31 Euro netto erklärt.
41 
Im Streit steht zwischen den Parteien nunmehr neben der Frage, ob der Kläger eine oder mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibt, nur noch die Höhe des ihm zustehenden Boni (KWK-Bonus und NawaRo-Bonus).
B.
42 
Die Beklagte ist ihrem Anerkenntnis entsprechend zur Zahlung von 14.983,31 Euro netto zu verurteilen. Weil der anerkannte Betrag größer ist als der Betrag, zu dessen Zahlung die Beklagte im Urteil des Landgerichts verurteilt wurde, war ihre Berufung zurückzuweisen. Hinsichtlich des anerkannten Betrages kann der Kläger von der Beklagten Rechtshängigkeitszinsen verlangen (dazu I.).
43 
Das Anerkenntnis der Beklagten bleibt prozessual ohne Auswirkungen für die Anschlussberufung. Diese ist jedoch unbegründet (dazu II.).
44 
Im Einzelnen:
I.
45 
Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie gemäß § 307 Satz 1 ZPO dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen.
46 
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2014 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis i.H.v. 14.983,31 Euro netto erklärt. Der Kläger hat mitgeteilt, dass dieses Teilanerkenntnis einer Teileinigung zwischen den Parteien entspreche. Erstinstanzlich war die Beklagte zur Zahlung von 5.001,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt worden. Dieser Betrag entspricht 4.202,52 Euro netto. Über den erstinstanzlich zugesprochenen Betrag hat die Beklagte also einen weitergehenden Anspruch des Klägers i.H.v. 14.983,31 Euro minus 4.202,52 Euro, jeweils netto, anerkannt, was 10.780,79 Euro entspricht (vgl. Tenor Ziff. 2 dieses Urteils).
47 
Ein Zinsanspruch des Klägers hinsichtlich dieser Beträge folgt aus §§ 291, 288 BGB. Der Beklagten wurden die Klage am 02. September 2011 und die Anschlussberufung am 07. Mai 2012 zugestellt. Der Teilbetrag i.H.v. 5.001,00 Euro ist mithin wie erstinstanzlich tenoriert ab dem 03. September 2011 und der Teilbetrag i.H.v. 10.780,79 Euro ist ab dem 08. Mai 2012 zu verzinsen. Einwendungen gegen die geltend gemachten Zinsen hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht erhoben.
II.
48 
Weitere Vergütungsansprüche stehen dem Kläger gegen die Beklagte für das Jahr 2009 nicht zu.
1.
49 
Prozessual bleibt das Anerkenntnis der Beklagten ohne Wirkung auf die Anschlussberufung. Zwar verliert diese ihre Wirkung, wenn der Berufungskläger die Berufung zurücknimmt oder wenn diese verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird (§ 524 Abs. 4 ZPO). Ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Anschlussberufung bleibt jedoch ein Anerkenntnis in Bezug auf den Klaganspruch (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 524 Rz. 28; Ball, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 524 Rz. 29).
50 
Wegen der Entbehrlichkeit einer Beschwer kann sich ferner der in erster Instanz voll obsiegende Kläger der Berufung der Beklagten auch zur Klagerweiterung anschließen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2011, Az.: I ZR 10/09 = BB 2011, 1921 f.; Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 524 Rz. 33; Ball, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 524 Rz. 10).
2.
51 
Die Anschlussberufung ist indes unbegründet.
52 
Anspruchsgrundlage für die klägerische Vergütung sind die jeweiligen Punkte 4 der Verträge zwischen den Prozessparteien über die Stromeinspeisung in das E...-Netz vom 22./25. Januar 2004 und vom 06./16. Juni 2007 (Anl. K 1 und K 2), wonach sich die Vergütung der eingespeisten Energie nach den Regeln des EEG und den dort vorgesehenen Mindestsätzen richtet.
53 
Anwendbar ist im vorliegenden Fall das EEG 2009 [dazu a)]. Der Kläger betreibt nur eine und nicht mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 [dazu b)]. Hinsichtlich der Höhe der Vergütung kann der Kläger keine über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehenden Zahlungen verlangen [dazu c)].
a)
54 
Mit seiner Klage macht der Kläger eine ihm vermeintlich zustehende Mehrvergütung für das Jahr 2009 geltend. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Kläger Vergütung für zwei getrennte Anlagen oder lediglich für eine Anlage verlangen kann, sind die Vorschriften des EGG in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung (= EEG 2009). Die zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Gesetzesänderung (= EEG 2012) hat nach der Überleitungsvorschrift des § 66 EEG 2012 für den hier maßgeblichen Zeitraum keine Rückwirkung. Ebenfalls können die Vorschriften des EEG 2004 nicht mehr herangezogen werden, da dieses zum 31. Dezember 2008 durch das EEG 2009 ersetzt wurde.
b)
55 
Der Kläger betreibt nur eine und nicht mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009.
aa)
56 
§ 3 Nr. 1 EEG 2009 bestimmt, dass „Anlage“ i.S.d. Gesetzes jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas ist. Im Gegensatz dazu war nach der vormaligen Legaldefinition des § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 eine „Anlage“ jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Die Merkmale „selbständig“ und „technisch“ sind mithin nur in der Definition des EEG 2004, nicht aber in der des EEG 2009 enthalten.
57 
Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 galten mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen erneuerbaren Energien oder aus Grubengas, die im Geltungsbereich des Gesetzes errichtet und mit gemeinsam für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden waren, als eine Anlage, soweit sich nicht aus den §§ 6 bis12 EEG 2004 etwas anderes ergab.
58 
Demgegenüber sieht § 19 Abs. 1 EEG 2009 vor, dass mehrere Anlagen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und ausschließlich zum Zweck der Ermittlung der Vergütung für den jeweils zuletzt in Betrieb gesetzten Generator als eine Anlage gelten, wenn kumulativ die folgenden vier Voraussetzungen vorliegen:
59 
- Die Anlagen befinden sich auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe,
- die Anlagen erzeugen Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien,
- der in ihnen erzeugte Strom wird nach den Regelungen dieses Gesetzes in Abhängigkeit von der Leistung der Anlage vergütet und
- die Anlagen sind innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb gesetzt worden.
bb)
60 
In Rechtsprechung und Literatur war zunächst umstritten, ob angesichts der dargestellten Regelungen mit dem EEG 2009 gegenüber der Vorgängerregelung des EEG 2004 eine Erweiterung des Anlagebegriffes erfolgt ist, die dazu führt, dass die Frage der Verklammerung von Anlagenteilen zu einer Gesamtanlage nur noch durch § 19 EEG 2009 entschieden wird und nicht mehr über die Definition des Anlagenbegriffs in § 3 EEG 2009 oder ob der Anwendungsbereich des § 19 EEG 2009 erst dann eröffnet ist, wenn mehrere Anlagen i.S.d. § 3 EEG 2009 vorliegen.
61 
Eine Auffassung, die insbesondere von der Clearingstelle EEG des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in der Empfehlung vom 1. Juli 2010 (Az.: 2009/12) vertreten wurde, sah in § 3 EEG 2009, der die wiedergegebenen Einschränkungen der Legaldefinition der Vorgängerregelung nicht mehr enthält, eine Erweiterung des Anlagenbegriffes. Nach dieser Ansicht reichte es für eine Anlage bereits aus, wenn eine selbständige Stromerzeugungseinheit vorlag. Der ebenfalls zum Betrieb erforderliche Fermenter, der von zwei Anlagen genutzt wird, war hiernach als bloßer nicht-verklammernder Teil beider Anlagen anzusehen. Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 EEG 2009 war hiernach vergütungstechnisch von einer einheitlichen Anlage auszugehen (so auch LG Regensburg, Urteil vom 21. Juli 2007, Az.: 3 O 896/11; LG Duisburg, Urteil vom 31. März 2012, Az.: 23 O 25/11 = IR 2012, 157).
62 
Die Gegenansicht war der Auffassung, dass die Definition des Anlagenbegriffs nach § 3 EEG 2009 sich weiterhin an der Regelung des § 3 Abs. 2 EEG 2004 zu orientieren hat, also die nunmehr ungeschriebenen Einschränkungen enthält, dass mehrere Anlagen, die sich gemeinsame betriebstechnisch notwendige Einrichtungen teilen – wie etwa den Fermenter in einer Biogasanlage – als lediglich eine Anlage gelten. § 19 EEG 2009 kann hiernach erst dann zur Anwendung kommen, wenn eine vorangehende Auslegung zum Vorhandensein zweier Anlagen führt (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16. Sept. 2010, Az.: 12/10 = NVwZ 2011, 700 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.; OLG Naumburg, Urteil vom 16. Mai 2013, Az.: 2 U 129/12 = ZNER 2013, 401 f.).
cc)
63 
Zwischenzeitlich hat der BGH während des hier laufenden Verfahrens diese Frage im Sinne der letztgenannten Ansicht entschieden (vgl. BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.).
64 
Für den hier zu beurteilenden Zeitraum ist also die Frage, ob vorliegend eine oder mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 vorliegen, gegen die Auffassung der Clearingstelle EEG des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und im Sinne der Beklagten zu entscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerichtliche Entscheidungen nach § 32 der Verfahrensordnung der Clearingstelle den Empfehlungen und Hinweisen der Clearingstelle vorgehen.
(1)
65 
Bei der Biogasanlage des Klägers handelt es sich um eine auf einem Grundstück betriebene Anlage. Diese hat der Kläger im Jahr 2004 mit einem Gas-Otto-Motor als Generator in Betrieb genommen (Nennleistung: 320 KW). In der Folgezeit wurde der bestehende Gas-Otto-Motor durch zwei Gasturbinen (Nennleistung: 65 KW) ergänzt. Der Kläger hat die Eintragung der beiden weiteren Turbinen in das Anlagenregister beantragt; diese werden unter einem zweiten Anlagenschlüssel geführt. Schließlich tauschte der Kläger im Jahr 2009 die beiden Gasturbinen gegen eine neue Gasturbine mit einer Nennleistung von 200 KW aus. Auch nach dem Austausch wurde die Anlage unter dem gleichen Anlagenschlüssel weiter geführt. Sowohl der Gas-Otto-Motor als auch die beiden früheren Gasturbinen und die jetzige Gasturbine nutzen einen gemeinsamen Fermenter.
(2)
66 
In einer solchen Fallkonstellation liegt nur eine Anlage i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 vor, da beide Generatoren (Gasmotor und Gasturbine) mit dem Fermenter eine zwingend notwendige technische Einrichtung gemeinsam nutzen. Aufgrund dieser Verklammerung ist von nur einer einzigen Anlage i.S.d. EEG 2009 auszugehen.
67 
Hierfür sprechen Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Telos des EEG 2009.
68 
α)
69 
Zunächst wird diese Auffassung durch den Gesetzeswortlaut gestützt (so auch BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.): Nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 1 EEG 2009 setzt der Begriff der Anlage eine Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas voraus. Für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien ist erforderlich, dass eine Einrichtung zur Gewinnung und Aufbereitung des jeweiligen Energieträgers vorhanden ist. Bei einer Biogasanlage ist das der Fermenter (vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 2008, Az.: VIII ZR 308/07 = WM 2008, 1799 ff). Im Fermenter wird Biomasse von Bakterien abgebaut und dadurch Biogas erzeugt, welches sodann in elektrische Energie umgewandelt wird. Vorliegend betreibt der Kläger zwar unterschiedliche Generatoren (Gasmotor und Gasturbine), aber nur einen Fermenter. Mit dem Generator allein lässt sich aus erneuerbaren Energien kein Strom i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG 2009 erzeugen. Wird eine Komponente, hier der Fermenter, die zwingend zur Stromerzeugung erforderlich ist, von mehreren anderen Komponenten, hier von zwei Generatoren genutzt, so liegt nach dem Wortsinn nur eine Anlage vor. Denkt man sich nämlich den Fermenter weg, so bleibt nicht eine von zweien, sondern keine Anlage übrig.
70 
Außerdem spricht die Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 1 EEG 2009 davon, dass zur Bestimmung der Anlage neben der stromerzeugenden Einrichtung auch auf sämtliche technischen und baulich erforderlichen Einrichtungen abzustellen ist. Danach zählen zur Anlage neben dem Generator auch dessen Antrieb, Fermenter, Gärrestbehälter, unterirdische geothermische Betriebseinrichtungen, Staumauern oder Türme von Windenergieanlagen (vgl. BT-Drs. 16/8148, Seite 38).
71 
Im Gesetzeswortlaut haben diese Motive und Intentionen des Gesetzgebers etwa in § 3 Nr. 4 EEG 2009 Ausdruck gefunden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff): § 3 Nr. 4 EEG 2009 enthält eine Legaldefinition des Begriffs des Generators. Hierunter ist jede technische Einrichtung zu verstehen, die mechanische, chemische, thermische oder elektromagnetische Energie direkt in elektrische Energie umwandelt. Aus der Systematik der Begriffsbestimmungen in § 3 EEG 2009 ergibt sich, dass der Generator selbst nicht als Anlage i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 angesehen werden kann, da es andernfalls der Legaldefinition in § 3 Nr. 4 EEG 2009 nicht bedurft hätte.
72 
Auch stützt diese Auslegung eine Zusammenschau von § 3 Nr. 1 EEG 2009 und § 19 EEG 2009: § 3 EEG 2009 ist mit der amtlichen Überschrift „Begriffsbestimmungen“ überschrieben. Demgegenüber regelt § 19 EEG 2009 die „Vergütung für Strom, aus mehreren Anlagen“. Bereits die Fassung dieser beiden amtlichen Überschriften zeigt, dass nur § 3 EEG 2009, nicht aber § 19 EEG 2009 eine Legaldefinition des Anlagenbegriffs enthält. Zwar benutzt § 19 EEG 2009 diesen Begriff und setzt ihn inhaltlich voraus, für die begriffliche Bestimmung indes enthält § 3 Nr. 1 EEG 2009 eine abschließende Regelung.
73 
β)
74 
Auch die Entstehungsgeschichte des § 3 EEG 2009 spricht dafür, im vorliegenden Fall von nur einer Anlage des Klägers i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 auszugehen.
75 
Die vormalige Gesetzesfassung des § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 definierte – wie dargestellt – die Anlage als jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Außerdem galten nach § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 mehrere Anlagen dann als eine Anlage, wenn sie mit gemeinsamen, für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden sind.
76 
Die Gesetzesbegründung nannte in diesem Zusammenhang ausdrücklich den Fermenter von Biogasanlagen als eine für den Betrieb erforderliche Einrichtung (vgl. BT-Drs. 15/2864, Seite 30). Mit der Streichung der beiden Merkmale „selbständig“ und „technisch“ sollte im EEG 2009 ein weiter Anlagenbegriff zu Grunde gelegt werden, um bestehende Auslegungsunsicherheiten zu beseitigen (vgl. BT-Drs. 16/8148, Seite 38). Die Regelung des EEG 2004 hatte nämlich in der Praxis ungewollt zu einem sog. Anlagensplitting geführt. Dies bedeutete, dass Anlagenbetreiber statt einer großen Anlage eine Vielzahl von kleineren Anlagen in unmittelbarer Nähe zueinander errichteten, um so in den Genuss einer Mehrvergütung zu gelangen, da die Vergütungen bei mehreren kleinen Anlagen höher sind als bei einer großen Anlage.
77 
Nach dem weiten Anlagenbegriff des EEG 2009, der infolge der Streichung der Begriffe „selbständig“ und „technisch“ entstanden ist, stellen nicht die stromerzeugenden Einrichtungen selbst, sondern die Gesamtheit der zur Stromerzeugung erforderlichen Einrichtungen eine Anlage i.S.d. EEG dar (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.). Mit der Novellierung wollte der Gesetzgeber erreichen, dass Anlagenkonfigurationen vermehrt als nur eine Anlage behandelt werden. Insbesondere sollten Anlagen, die bereits nach früherem Recht gem. der Fiktion des § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 als eine Anlage anzusehen waren, auch nach dem EEG 2009 als eine Anlage i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG 2009 anzusehen sein und zwar unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 (vgl. BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.).
78 
Der Vorschrift des § 19 EEG 2009 kommt nämlich auch bei entstehungsgeschichtlicher Betrachtung keine Funktion bei der Definition des Begriffs „Anlage“ zu. Vielmehr findet § 19 Abs. 1 EEG 2009 als Vergütungsregelung erst Anwendung nach der vorrangig, sich am – weiten – Anlagenbegriff des § 3 Nr. 1 EEG 2009 orientierenden Klärung der Frage, ob eine oder mehrere Anlagen vorliegen (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16. September 2010, Az.: 12 U 79/10 = NVwZ 2011, 700 ff).
79 
γ)
80 
Auch eine systematische Auslegung stützt die hier vertretene Auffassung. Das EEG 2009 fasst in § 3 EEG 2009 unterschiedliche Legaldefinitionen zusammen. § 19 EEG 2009 hingegen enthält eine reine Vergütungsvorschrift, die sich konsequenterweise nicht im Teil 1 „Allgemeine Vorschriften des Gesetzes“, sondern in dessen Teil 3 findet, der mit „Vergütung“ überschrieben ist. Aus der Gesetzessystematik lässt sich mithin der Schluss ziehen, dass der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 EEG 2009 erst eröffnet ist, wenn das Vorliegen mehrerer Anlagen i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 feststeht bzw. umgekehrt, dass sich das Vorliegen einer oder mehrerer Anlagen i.S.d. EEG nur nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 1 EEG 2009 richtet (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff). Dem Umstand, dass vorliegend zwischen der Inbetriebnahme der Anlage des Kläger mit dem Gasmotor als Generator und dem Zeitpunkt der Ergänzung um die Gasturbinen mehr als zwölf Monate liegen, kommt mithin keine Bedeutung zu. Zwar liegen damit die Voraussetzungen des § 19 EEG 2009 nicht vor (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009); dies ändert aber nichts daran, dennoch von nur einer Anlage i.S.d. § 3 Nr. 1 EG 2009 auszugehen.
81 
δ)
82 
Schließlich spricht eine teleologische Auslegung des § 3 EEG 2009 dafür, im vorliegenden Fall von nur einer Anlage auszugehen. Mit der Neufassung des Anlagenbegriffs im EEG 2009 wollte der Gesetzgeber bestehende Auslegungsunsicherheiten beseitigen. Zugleich verfolgte er das Ziel, eine vergütungsoptimierte Anlagenaufteilung auch hinsichtlich solcher Anlagen zu verhindern, die zwar nicht durch gemeinsam genutzte Einrichtungen oder bauliche Anlagen miteinander verbunden waren, aber gemeinsame Infrastruktureinrichtungen benutzten, was nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 EEG 2004 zulässig war, um damit volkswirtschaftlich unnötige Mehrkosten zu vermeiden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff). Mehrere Anlagen indes, die bereits nach vormaliger Rechtslage als eine Anlage anzusehen waren, sollten auch unter der Geltung des EEG 2009 vergütungstechnisch als eine Anlage behandelt werden.
83 
Diese Intention des Gesetzgebers würde leerlaufen, wollte man für die Entscheidung des Vorliegens einer oder mehrerer Anlagen darauf abstellen, ob auch die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 erfüllt sind. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf § 19 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009. Angesichts der Tatsache, dass die Voraussetzungen in § 19 EEG 2009 mit „und“ verbunden sind, also kumulativ vorliegen müssen, hätte es der Kläger in der Hand, jeweils im Abstand von mehr als zwölf Monaten einen neuen Generator in Betrieb zu nehmen und diesen mit seinem bereits vorhandenen Fermenter zu verbinden, um dann jeweils die höheren Vergütungssätze für Anlagen mit geringerer Leistungsstärke in Anspruch zu nehmen. Dies widerspräche dem Zweck des Gesetzes, durch Schaffung von wirtschaftlichen Investitionsanreizen die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung zu verringern. Zwar mag dem Kläger hier zugestanden werden, dass in seinem Fall nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Errichtung mehrerer kleiner Anlagen statt einer großen Anlage auszugehen ist. Eine einschränkende Auslegung der §§ 3, 19 EEG 2009 nur auf Fälle des Rechtsmissbrauchs ist jedoch nicht angezeigt, weil ein Missbrauchsmerkmal im Gesetzestext nicht erwähnt wird (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 22. Februar 2011, Az.: 6 U 39/10 = RDE 2012, 158; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff).
84 
ε)
85 
Kein durchgreifendes Gegenargument gegen die Annahme nur einer Anlage i.S.d. EEG 2009 ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beklagte die beiden Generatoren des Klägers (Gasmotor und Gasturbine) jeweils unter eigenständigen Anlagennummern führt. Die Beklagte hat plausibel vorgetragen, dass die Vergabe von zwei unterschiedlichen Anlagennummern ausschließlich systemtechnische Gründe habe, da zwar für die Gasturbine, nicht aber für den Gasmotor ein Anspruch auf den Technologiebonus nach dem EEG bestehe, was zwingend eine separate Messung voraussetze.
86 
Es liegt damit nur eine zu vergütende Anlage des Klägers vor. Der Anwendungsbereich des § 19 EEG 2009 ist nicht eröffnet, da die Vorschrift das Vorhandensein mehrere Anlagen voraussetzt. Ob deren Voraussetzungen gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EEG 2009 vorliegen, ist für den Rechtsstreit unerheblich. Eine separate Vergütung der klägerischen Anlagenkonfiguration als zwei getrennte Anlagen kommt nicht in Betracht.
c)
87 
Hinsichtlich der Höhe der dem Kläger für den eingespeisten Strom zustehenden Vergütung für das Jahr 2009 schließt sich der Senat der Berechnung der Beklagten an. Über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehende Ansprüche des Klägers bestehen mithin nicht.
aa)
88 
Unstreitig hat der Kläger im Jahr 2009 produziert mit
89 
dem Generator Gas-Otto-Motor (320 kW) eine Strommenge von
2.059.974 kWh
 und   
der Gasturbine (200 kW, früher 2 x 65 kW) eine Strommenge von
720.395 kWh
        
insgesamt also:
2.780.369 kWh
        
90 
Bezahlt hat die Beklagte an den Kläger für das Jahr 2009 nach einer Rechnungskorrektur vom 26. April 2011 Beträge i.H.v.
91 
Gas-Otto-Motor
397.253,09 Euro
Gasturbine
160.375,25 Euro
insgesamt:
567.610,34 Euro
92 
Nach Auffassung des Sachverständigen E... (vgl. Gutachten vom 30. Mai 2013 und Ergänzungsgutachten vom 25. November 2013, GA 244 ff. und 331 ff.) hätten folgende Beträge ausbezahlt werden müssen:
93 
Grundvergütung
298.514,36 Euro
NawaRo-Bonus
225.001,32 Euro
Technologie-Bonus
14.407,90 Euro
KWK-Bonus
68.918,07 Euro
insgesamt:
606.841,65 Euro
94 
Legte man also die Berechnung des Sachverständigen zugrunde, so ergäbe sich ein restlicher Anspruch des Klägers gegen die Beklagte i.H.v. 606.841,65 Euro minus 557.610,34 Euro = 49.231,31 Euro.
95 
Der Senat legt allerdings aus Rechtsgründen diese Berechnungsweise seiner Entscheidung nicht zugrunde.
bb)
96 
Im Einzelnen:
97 
Hinsichtlich der Positionen „Grundvergütung“ ergeben sich zwischen den Berechnungsweisen der Parteien nur marginale Unterschiede; hinsichtlich der Position „Technologie-Bonus“ bestehen keine Unterschiede. Die Auffassungen der Parteien unterscheiden sich lediglich bei den Positionen „KWK-Bonus“ und „NawaRo-Bonus“.
98 
Hier gilt im Einzelnen Folgendes:
99 
(1) KWK-Bonus:
100 
Nach Ziff. 1 der Anlage 2 zum EEG 2009 wird Strom in Kraft-Wärme-Kopplung i.S.d. § 27 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2 EEG 2009 erzeugt, soweit
101 
- es sich um Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung handelt und
- eine Wärmenutzung i.S.d. Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 (Positivliste) vorliegt
oder
- die Wärmenutzung nachweislich fossile Energieträger in einem mit dem Umfang der fossilen Wärmenutzung vergleichbaren Energieäquivalent ersetzt.
102 
Ziff. 2.2 der Anlage 2 zum EEG 2009 sieht vor, dass der Nachweis über die Erfüllung der genannten Voraussetzungen durch ein Gutachten eines Umweltgutachters mit einer Zulassung für den Bereich Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energien oder für den Bereich Wärmeversorgung erbracht werden muss.
103 
Zunächst hat die Beklagte gerügt, dass in Bezug auf den Gas-Otto-Motor des Klägers ein derartiges Gutachten nicht vorliege, weil sich das vorgelegte Gutachten der Anlage K 3 gerade nicht auf den Gas-Otto-Motor, sondern lediglich auf die Gasturbine beziehe. Zwischenzeitlich haben die Parteien einen Teilvergleich zu der Frage geschlossen, inwieweit der KWK-Bonus für den Gasmotor nach dem EEG 2009 zu bemessen ist. Im Einzelnen ist insofern auf die Regelungen im Teilvergleich zu verweisen.
104 
Weiter hat die Beklagte zunächst eingewandt, dass das Landgericht für die Gasturbine den KWK-Bonus mit 3 Cent/kWh und damit zu hoch angesetzt habe, weil nämlich keine Wärmenutzung i.S.d. Ziff. 3 h) der Anlage 2 zum EEG 2009 vorliege. Auch ein anderer Tatbestand der Positivliste gemäß Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 sei nicht gegeben. Diese Einwendung hat die Beklagte zwischenzeitlich aufgegeben. Zuletzt mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 (GA 265) hat sie klargestellt, dass es sich bei der Anlage des Klägers auch nach ihrer Auffassung um eine förderfähige Anlage i.S.d. Ziff. 3 h) der Positivliste gemäß Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 handelt.
105 
Im Streit steht mithin hinsichtlich des KWK-Bonus mittlerweile nur noch die Frage, welche Auswirkungen sich für die Vergütungshöhe aus dem Umstand ergeben, dass im Fall des Klägers keine Voll-, sondern nur eine Überschusseinspeisung vorliegt. Während der Kläger den KWK-Bonus von der insgesamt erzeugten Strommenge (= in das Netz eingespeister und eigenverbrauchter Strom) berechnen will, legt die Beklagte ihrer Berechnung des zu zahlenden KWK-Bonus nur den geringeren Anteil des eingespeisten Stroms zu Grunde.
106 
Der Sachverständige E... hat erläutert, dass die Berechnungsweise des Klägers üblicher Praxis und dem gelebten Verständnis der Anlagenbetreiber entspreche. Andersartige Berechnungen im Sinne der Beklagten und im Sinne eines Proportionalitätsprinzips nach der VDN-Verfahrensbeschreibung seien in der Praxis weniger bekannt (vgl. Seiten 3 und 4 der Ergänzungsgutachtens vom 25. November 2013).
107 
Für die Auffassung des Klägers scheint zunächst zu sprechen, dass Vergütungsregelungen des EEG 2009 – anders als die Regelungen des EEG 2012 – ein kompliziertes Bonus-/Malus-System kennzeichnet (vgl. Schneider, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Aufl. 2013, § 21 Rz. 90 f.): So gewährt das EEG 2009 Boni, wenn Strom auf eine seitens des Gesetzgebers gewünschte und daher förderfähige Art erzeugt wird. Dabei scheint es zunächst keine Rolle zu spielen, ob der solchermaßen gewollt erzeugte Strom in das Netz eingespeist oder gleich vor Ort vom Anlagenbetreiber selbst verbraucht wird, weil jeweils das gesetzgeberische Ziel erreicht wird, nämlich einen anderweitigen Bezug und damit letztlich auch eine anderweitige Erzeugung von Strom zu vermeiden.
108 
Allerdings nennt § 1 EEG 2009 ausdrücklich auch die Verringerung der volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte als gleichrangigen Gesetzeszweck und es ist nicht zu verkennen, dass es sich bei der Frage, ob und in welcher Höhe für eingespeisten Strom ein KWK-Bonus zu zahlen ist, um eine vergütungsrechtliche und damit wirtschaftliche Frage handelt. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, einen KWK-Bonus für eine Strommenge zu bezahlen, wenn deren Erzeugung nicht oder zumindest teilweise nicht die Voraussetzungen des § 27 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2 EEG 2009 erfüllt. Sinn und Zweck des KWK-Bonus (und des NawaRo-Bonus, bei dem sich hinsichtlich der Frage der Überschusseinspeisung die gleichen Fragen stellen) sprechen also für eine Berechnungsweise i.S.d. der Beklagten.
109 
Auszugehen ist hier nämlich davon, dass der Kläger nicht die Gesamtmenge Strom, sondern nur eine geringere Teilmenge in Kraft-Wärme-Kopplung (bzw. unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe) erzeugt hat. Hätte er also keinen Strom eigenverbraucht, sondern die insgesamt von ihm erzeugte Strommenge in das Netz eingespeist, könnte er den KWK-Bonus nur anteilig für diejenige Stromteilmenge verlangen, die in Kraft-Wärme-Kopplung (bzw. unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe) erzeugt wurde. Nichts anderes kann nun gelten, wenn der Kläger den von ihm erzeugten Strom nicht insgesamt in das Netz einspeist, sondern anteilig eigenverbraucht: Ein Leistungsbestimmungsrecht des Klägers dergestalt, dass er nur solchen Strom eigenverbraucht, der nicht in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt ist, und dass er nur solchen Strom in das Netz einspeist, der in Kraft-Wärme-Kopplung erstellt ist, besteht nicht, weil sich die beiden Strommengen KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom tatsächlich physikalisch nicht unterscheiden lassen.
110 
Telos der KWK-Bonus-Regelung im EEG 2009 ist die Prämierung eines bestimmten physikalischen Produktionsergebnisses: Ein entsprechender Bonus ist einem Anlagebetreiber nur zu bezahlen, wenn feststeht, dass der Strom in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt ist. Weil sich im Falle des Klägers die beiden erzeugten Strommengen KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom tatsächlich physikalisch nicht trennen lassen, kann er den Bonus nur anteilig verlangen, nämlich insoweit, wie er bezogen auf die Gesamtmenge KWK-Strom produziert.
111 
Die Berechnungsweise des Klägers erscheint auch wertungsmäßig nicht gerechtfertigt, weil er so seinen – für ihn günstigen – selbst erzeugten Strom anteilig zum Betrieb seiner Eigenanlage nutzen könnte, also keinen externen Strom beziehen müsste und gleichzeitig von der Beklagten den KWK-Bonus in voller Höhe einfordern könnte. Dies hätte wirtschaftlich betrachtet für ihn einen doppelten Vorteil zur Folge, für den es sachlich keinen rechtfertigenden Grund gibt.
112 
Ist also – wie hier – eine Aussonderung des KWK-Stroms tatsächlich physikalisch nicht möglich, weil ein physikalisch nicht trennbares Gemisch aus KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom vorliegt, so kann der Kläger nur für denjenigen Anteil an diesem Gemisch den KWK-Bonus verlangen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen des KWK-Bonus erfüllt. Der KWK-Bonus ist also nicht auf die insgesamt erzeugte Strommenge, sondern nur für den Anteil des tatsächlich in das Netz eingespeisten Stroms auszuzahlen.
113 
Entsprechend hat die Beklagte den KWK-Bonus berechnet. Die rechnerische Ermittlung der Vergütungshöhe hat der Kläger nicht angegriffen, sondern sich nur gegen die zu Grunde liegenden rechtlichen Voraussetzungen gewandt. Insofern kann hinsichtlich der mathematischen Ermittlung des KWK-Bonus auf die Berechnung der Beklagten verwiesen werden (GA 299 ff., 357 f., Anlage B 12, Anlage B 13
114 
[CD-Rom]).
115 
(2) NawaRo-Bonus:
116 
Beim NawaRo-Bonus (Bonus für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen) handelt es sich um eine Zusatzvergütung für Strom, der aus nachwachsenden Rohstoffen produziert wird und der vor allem für Biogasanlagen und Biomasse-Heizkraftwerke relevant ist.
117 
Auch hinsichtlich der Berechnung des NawaRo-Bonus hat der Sachverständige E... ausgeführt, dass seiner Auffassung nach nicht nur auf den eingespeisten Strom, sondern auf die insgesamt erzeugte Strommenge abzustellen sei. Rechnerisch hat der Sachverständige im vorliegenden Fall einen NawaRo-bonusfähigen Stromanteil i.H.v. 75,96% ermittelt, was einem Wert von 2.389.107 kWh entspricht.
118 
Der Senat geht auch hier – entgegen der Ansicht des Klägers – davon aus, dass aufgrund physikalischer Unmöglichkeit kein Leistungsbestimmungsrecht des Klägers besteht, der Beklagten denjenigen Strom anzudienen, der unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe erzeugt worden ist. Der Kläger kann also auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des NawaRo-Bonus nur für eine Teilstrommenge verlangen. Insoweit ist auf die Ausführungen unter (1) zum KWK-Bonus zu verweisen.
119 
Im Übrigen hat die Aufteilung der NawaRo-bonusfähigen Strommenge entgegen der Ansicht des Klägers der Systematik der Grundvergütung zu folgen. Mit der Beklagten ist davon auszugehen, dass der unter Einsatz nachwachsender Rohstoffe erzeugte Strom entsprechend dem im Rahmen der Grundvergütung ermittelten Verhältnis auf die einzelnen Vergütungsklassen aufzuteilen ist (vgl. insofern auch BGH, Urteil vom 10. Juli 2013, Az.: VIII ZR 300/12 = ZNER 2013, 606 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 30. Oktober 2013, Az.: 5 U 143/12 = EnWZ 2014, 31 ff.).
120 
Für diese Auffassung sprechen Wortlaut und Systematik des § 27 EEG 2009: Unter den in § 27 Abs. 2 und 4 genannten Voraussetzungen „erhöht sich“ nämlich die „Vergütung nach Absatz 1“ für in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Strom (§ 27 Abs. 4 Nr. 1 EEG 2009) bzw. für Strom, der in Anlagen erzeugt wird, die Biogas einsetzen, und wenn zur Erzeugung des Biogases in dem jeweiligen Kalenderjahr durchschnittlich ein Anteil von Gülle von mindestens 60 Masseprozent eingesetzt wird (§ 27 Abs. 4 Nr. 2 EEG 2009). § 27 Abs. 2 und 4 EEG 2009 nehmen auf diese Weise ausdrücklich Bezug auf § 27 Abs. 1 EEG 2009, der die Höhe der Grundvergütung für Strom aus Biomasse im Sinne der Biomasseverordnung regelt. Die Ermittlung unterschiedlicher Bemessungsleistungen für die Grundvergütung und die Bonusvergütung im Sinne des Klägers lässt sich unter diesen Umständen weder mit dem Wortlaut noch mit der Systematik dieser gesetzlichen Regelung in Einklang bringen.
121 
Auch im Zusammenhang mit dem NawaRo-Bonus hat der Kläger die rechnerische Ermittlung der Vergütungshöhe nicht angegriffen. Auch insofern ist daher auf die Berechnung der Beklagten zu verweisen (GA 299 ff., 357 f., Anlage B 12, Anlage B 13 [CD-Rom]).
122 
Nach dieser Berechnung steht eine Vergütung für das Jahr 2009 i.H.v. 14.983,31 Euro netto offen. Dieser Betrag entspricht dem Teilanerkenntnis der Beklagten.
C.
123 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO. Soweit die Beklagte den klägerischen Anspruch anerkannt hat, waren ihr die Kosten aufzuerlegen. Im Übrigen trägt der Kläger die Kostenlast.
124 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
125 
Wegen der Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Berechnung des KWK-Bonus und des NawaRo-Bonus wird gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO die Revision zugelassen. In diesem Bereich wirft der vorliegende Rechtsstreit klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen auf, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen und die überdies für die Betroffenen tatsächlich und wirtschaftlich ein erhebliches Gewicht erreichen können. Höchstrichterlich sind diese Fragen bislang nicht entschieden.
126 
Im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Die sich weiter im hiesigen Verfahren stellenden und entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abstrakt geklärt und die Auswirkungen dieser Grundsätze betreffen nur den jeweiligen Einzelfall.
127 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren war nach der mit der Anschlussberufung des Klägers erfolgten Klagerweiterung auf 20.001,00 Euro festzusetzen.

Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 (Az.: 10 O 175/11) wird ihrem Anerkenntnis entsprechend zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung des Klägers hin wird die Beklagte gleichfalls ihrem Anerkenntnis entsprechend verurteilt, über den Betrag nach Ziff. 2 hinaus, weitere 10.780,79 Euro zu bezahlen.

3. Auf die Anschlussberufung des Klägers hin wird die Beklagte verurteilt, Zinsen aus 10.780,79 Euro i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08. Mai 2012 zu bezahlen.

4. Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Auch das angefochtene Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 20.001,00 Euro.

Gründe

 
A.
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten für Strom, den er aus Biomasse erzeugt, für das Jahr 2009 eine Mehrvergütung nach dem EEG.
Seit dem Jahr 2004 betreibt der Kläger auf seinem Grundstück eine Biogasanlage. Anfänglich hat er als Generator einen Gas-Otto-Motor mit einer Nennleistung von 320 kW in Betrieb genommen. Am 22. Januar 2004 speiste der Kläger mit dieser Anlage erstmals Strom ein. Zwischen den Prozessparteien kam am 22./25. Januar 2004 ein Vertrag über die Stromeinspeisung in das E...-Netz zustande (Anlage K 1). Nach diesem Vertrag erfolgt die Vergütung der in das Netz eingespeisten Energie entsprechend den Vorschriften des EEG und dem dort vorgesehenen Mindestentgelt (vgl. Ziff. 4 der Vereinbarung vom 22./25. Januar 2004).
Im Jahr 2004 ergänzte der Kläger den bestehenden Gas-Otto-Motor um zwei Gasturbinen mit Nennleistungen von jeweils 65 kW. Am 1. Februar 2007 kam es zu einer Ersteinspeisung von Energie mit Hilfe der ergänzten Anlage. Am 6./16. Juni 2007 schlossen die Parteien einen zweiten Vertrag über die Stromeinspeisung in das E...-Netz, der hinsichtlich der Vergütung wiederum auf die Regelungen des EEG und das dort vorgesehene Mindestentgelt verwies (vgl. Ziff. 4 der Vereinbarung vom 6./16. Juni 2007, Anlage K 2).
Im Jahr 2009 tauschte der Kläger die beiden Gasturbinen gegen eine neue Gasturbine mit einer Nennleistung von 200 kW aus. Mit der so erweiterten Anlage speiste er zum ersten Mal am 1. Juli 2009 Strom ein. In diesem Zusammenhang kam es nicht mehr zum Abschluss eines neuen Stromeinspeisungsvertrages.
Sowohl der Gas-Otto-Motor als auch die Gasturbinen waren bzw. sind an einen Fermenter angeschlossen.
Die nachfolgende Tabelle stellt zusammen, aus welchen Teilen die Biogasanlage des Klägers bestand und welche Strommengen im Jahr 2009 produziert wurden:
        
produzierte Strommenge
im Jahr 2009:                  
Generator           
Zählernummer           
Anlagenschlüssel           
Vertrag über die Stromeinspeisung vom           
Anlage 1
2.059.974 kWh
Gas-Otto-Motor
(320 kW)
80020859
404522327
22./ 25. Jan. 2004
Anlage 2
720.395 kWh
Gasturbine
(200 kW, früher 2 x 65 kW)
11658925
407988603
06./16. Juni 2007
In der Biogasanlage des Klägers wird ausschließlich Strom aus anaerober Vergärung nachwachsender Rohstoffe oder Gülle in einer Kombination mit rein pflanzlichen Nebenprodukten i.S.d. Positivliste nach Anlage 2 Ziff. 5. zum EEG 2009 erzeugt, wobei der Anteil von Gülle i.S.d. Nr. 2.2 der Anlage 2 zum EEG 2009 jederzeit mindestens 30 Masseprozent und der Stromertrag der pflanzlichen Nebenprodukte 756.138 kWh betrug.
Für das Jahr 2009 bezahlte die Beklagte an den Kläger als Vergütung für gelieferten Strom Beträge i.H.v. 397.253,09 Euro und 160.357,25 Euro, insgesamt also 557.610,34 Euro.
10 
Der Kläger hat vorgetragen,
ihm stehe für das Jahr 2009 eine weitere Vergütung i.H.v. 38.049,03 Euro (netto) = 45.278,35 Euro (brutto) zu. Die Vergütung sei für die beiden Generatoren (Gas-Otto-Motor und Gasturbine) getrennt zu ermitteln, weil in seinem Fall zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 vorlägen. Seine Auffassung werde von der Empfehlung der Clearingstelle EEG vom 1. Juli 2010 gestützt. Für beide Anlagen liege ein unterschiedliches Wärmenutzungskonzept vor. Die Abwärme der Anlage 1 (Gas-Otto-Motor) werde genutzt zur Prozessheizung, Heizung der Hofgebäude und zur Wärmegewinnung für die Einspeisung in ein Nahwärmenetz F..., das im Februar 2010 in Betrieb genommen worden sei. Die Abwärme der Anlage 2 (Gasturbine) werde ausschließlich und komplett genutzt in Form einer Abluft-/Abgaswärmeeintragung in das Trocknungshaus. Dies sei so bereits seit Errichtung der beiden kleineren Vorgängerturbinen im Jahr 2007 geschehen.
11 
Mit der Klage mache er einen Teil der ausstehenden Mehrvergütung für das Jahr 2009 geltend.
12 
Der Kläger hat beantragt,
13 
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.001,00 Euro (brutto) nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
14 
Die Beklagte hat beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Sie hat vorgebracht,
dass der Kläger nur eine Anlage i.S.d. EEG betreibe, weil der Gas-Otto-Motor und die Gasturbine an denselben Fermenter angeschlossen seien. Mit dem Anlagebegriff in § 3 EEG habe eine erhöhte Förderung durch Anlagensplitting vermieden werden sollen. Weitergehende Ansprüche des Klägers für das Jahr 2009 bestünden nach den geleisteten Zahlungen nicht.
17 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
II.
18 
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
19 
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass offenbleiben könne, ob der Kläger eine oder zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibe. Unabhängig davon stehe ihm nämlich jedenfalls ein Anspruch auf weitere Vergütung i.H.v. 5.001,00 Euro (brutto) zu.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
21 
Das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 wurde der Beklagten am 5. März 2012 zugestellt. Die Berufung ist am 5. April 2012 eingegangen. Nachdem die Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 10. April 2012 bis zum 8. Juni 2012 verlängert worden war, ging die Berufungsbegründung am 6. Juni 2012 ein.
II.
22 
Mit der Berufung begehrt die Beklagte die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und die Abweisung der Klage. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass der Kläger nur eine Anlage i.S.d. EEG betreibe. Außerdem seien einzelne Vergütungsbestandteile, sog. Boni, im landgerichtlichen Urteil unzutreffend in Ansatz gebracht worden.
23 
Für den Gas-Otto-Motor lägen die Voraussetzungen des KWK-Bonus nicht vor. Außerdem sei der KWK-Bonus für die Gasturbine im landgerichtlichen Urteil mit 3 Cent/kWh zu hoch angesetzt. Ein Bonus in dieser Höhe käme nur dann in Betracht, wenn feststünde, dass die Gasturbine die Voraussetzungen des EGG 2009 erfüllt, was nicht der Fall sei. Auch im Übrigen berechne der Kläger den KWK-Bonus und den NawaRo-Bonus unzutreffend, weil keine Voll-, sondern nur eine Überschusseinspeisung vorliege. Bei der Ermittlung des NawaRo-Bonus könne nicht von unterschiedlichen Bemessungsleistungen für die Grundvergütung und die Bonusvergütung ausgegangen werden.
24 
Die Beklagte hat zunächst beantragt:
25 
Das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 (Az.: 10 O 175/11) wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
26 
Der Kläger beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Innerhalb der bis zum 8. Juni 2012 gesetzten Frist zur Berufungsantwort hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30. April 2012 Anschlussberufung eingelegt, mit der er seine (Teil-)Klage erweitert hat. Er beantragt nunmehr:
29 
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an den Kläger 20.001,00 Euro (brutto) nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.001,00 Euro seit 3. September 2011 und aus dem Rest seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
30 
Hinsichtlich der Anschlussberufung hat die Beklagte zunächst deren Zurückweisung beantragt.
31 
Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, dass er zwei unterschiedliche Generatoren (Gas-Otto-Motor und Gasturbine) einsetze und damit zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibe. Im Einzelnen habe das Landgericht die Höhe der Vergütung zutreffend berechnet. Der in der Berufungsinstanz gehaltene Vortrag der Beklagten sei verspätet. Insgesamt könne er von der Beklagten für das Jahr 2009 eine Gesamtvergütung i.H.v.
32 
        
423.237,00 Euro (Gas-Otto-Motor)
        
177.793,48 Euro (Gasturbine)
insgesamt:
601.030,48 Euro (netto)
33 
verlangen. Da die Beklagte bislang lediglich 557.610,34 Euro an den Kläger gezahlt habe, bestehe ein Restanspruch in Höhe der Differenz von 43.420,14 Euro (netto) = 51.669,97 Euro (brutto).
34 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von ihnen vorgelegten Schriftsätze mit Anlagen und auf die Sitzungsprotokolle vom 6. Dezember 2012 und vom 19. Dezember 2013 verwiesen.
35 
Der Senat hat zur Berechnung der Höhe der Vergütung ein Gutachten des Sachverständigen Dr. L... E... (Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung [IER], Universität S...) eingeholt. Hinsichtlich der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 31. Januar 2013 und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 25. November 2013 verwiesen. Außerdem wurde der Sachverständige im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2013 mündlich angehört.
36 
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Parteien folgenden Teilvergleich geschlossen:
37 
Die Parteien sind sich darüber einig, dass im Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2009 mit dem streitgegenständlichen Gasmotor (Anlagen-Nr. 404522327) in Kraft-Wärme-Kopplung eine Nutzwärmemenge von insgesamt 2.123.478 kWhthermisch erzeugt und genutzt wurde. Dies entspricht unter Berücksichtigung der Stromkennzahl des Gasmotors von 0,751 einer elektrischen Stromerzeugungsmenge in Höhe von 1.594.732 kWhelektrisch.
38 
Von der insgesamt in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Nutzwärmemenge wurden 232.478 kWhthermisch einem Wärmenutzungskonzept nach dem EEG 2004 zugeführt. Mit dieser Nutzwärmemenge korreliert eine Stromerzeugungsmenge von 174.591 kWhelektrisch.
39 
Die übrige Nutzwärmemenge von 1.891.000 kWhthermisch wurde einem Wärmenutzungskonzept nach dem EEG 2009 zugeführt. Mit dieser Nutzwärmemenge korreliert eine Stromerzeugungsmenge von 1.420.141 kWhelektrisch.
40 
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2014 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis gemäß § 307 ZPO i.H.v. 14.983,31 Euro netto erklärt.
41 
Im Streit steht zwischen den Parteien nunmehr neben der Frage, ob der Kläger eine oder mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibt, nur noch die Höhe des ihm zustehenden Boni (KWK-Bonus und NawaRo-Bonus).
B.
42 
Die Beklagte ist ihrem Anerkenntnis entsprechend zur Zahlung von 14.983,31 Euro netto zu verurteilen. Weil der anerkannte Betrag größer ist als der Betrag, zu dessen Zahlung die Beklagte im Urteil des Landgerichts verurteilt wurde, war ihre Berufung zurückzuweisen. Hinsichtlich des anerkannten Betrages kann der Kläger von der Beklagten Rechtshängigkeitszinsen verlangen (dazu I.).
43 
Das Anerkenntnis der Beklagten bleibt prozessual ohne Auswirkungen für die Anschlussberufung. Diese ist jedoch unbegründet (dazu II.).
44 
Im Einzelnen:
I.
45 
Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie gemäß § 307 Satz 1 ZPO dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen.
46 
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2014 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis i.H.v. 14.983,31 Euro netto erklärt. Der Kläger hat mitgeteilt, dass dieses Teilanerkenntnis einer Teileinigung zwischen den Parteien entspreche. Erstinstanzlich war die Beklagte zur Zahlung von 5.001,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt worden. Dieser Betrag entspricht 4.202,52 Euro netto. Über den erstinstanzlich zugesprochenen Betrag hat die Beklagte also einen weitergehenden Anspruch des Klägers i.H.v. 14.983,31 Euro minus 4.202,52 Euro, jeweils netto, anerkannt, was 10.780,79 Euro entspricht (vgl. Tenor Ziff. 2 dieses Urteils).
47 
Ein Zinsanspruch des Klägers hinsichtlich dieser Beträge folgt aus §§ 291, 288 BGB. Der Beklagten wurden die Klage am 02. September 2011 und die Anschlussberufung am 07. Mai 2012 zugestellt. Der Teilbetrag i.H.v. 5.001,00 Euro ist mithin wie erstinstanzlich tenoriert ab dem 03. September 2011 und der Teilbetrag i.H.v. 10.780,79 Euro ist ab dem 08. Mai 2012 zu verzinsen. Einwendungen gegen die geltend gemachten Zinsen hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht erhoben.
II.
48 
Weitere Vergütungsansprüche stehen dem Kläger gegen die Beklagte für das Jahr 2009 nicht zu.
1.
49 
Prozessual bleibt das Anerkenntnis der Beklagten ohne Wirkung auf die Anschlussberufung. Zwar verliert diese ihre Wirkung, wenn der Berufungskläger die Berufung zurücknimmt oder wenn diese verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird (§ 524 Abs. 4 ZPO). Ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Anschlussberufung bleibt jedoch ein Anerkenntnis in Bezug auf den Klaganspruch (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 524 Rz. 28; Ball, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 524 Rz. 29).
50 
Wegen der Entbehrlichkeit einer Beschwer kann sich ferner der in erster Instanz voll obsiegende Kläger der Berufung der Beklagten auch zur Klagerweiterung anschließen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2011, Az.: I ZR 10/09 = BB 2011, 1921 f.; Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 524 Rz. 33; Ball, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 524 Rz. 10).
2.
51 
Die Anschlussberufung ist indes unbegründet.
52 
Anspruchsgrundlage für die klägerische Vergütung sind die jeweiligen Punkte 4 der Verträge zwischen den Prozessparteien über die Stromeinspeisung in das E...-Netz vom 22./25. Januar 2004 und vom 06./16. Juni 2007 (Anl. K 1 und K 2), wonach sich die Vergütung der eingespeisten Energie nach den Regeln des EEG und den dort vorgesehenen Mindestsätzen richtet.
53 
Anwendbar ist im vorliegenden Fall das EEG 2009 [dazu a)]. Der Kläger betreibt nur eine und nicht mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 [dazu b)]. Hinsichtlich der Höhe der Vergütung kann der Kläger keine über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehenden Zahlungen verlangen [dazu c)].
a)
54 
Mit seiner Klage macht der Kläger eine ihm vermeintlich zustehende Mehrvergütung für das Jahr 2009 geltend. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Kläger Vergütung für zwei getrennte Anlagen oder lediglich für eine Anlage verlangen kann, sind die Vorschriften des EGG in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung (= EEG 2009). Die zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Gesetzesänderung (= EEG 2012) hat nach der Überleitungsvorschrift des § 66 EEG 2012 für den hier maßgeblichen Zeitraum keine Rückwirkung. Ebenfalls können die Vorschriften des EEG 2004 nicht mehr herangezogen werden, da dieses zum 31. Dezember 2008 durch das EEG 2009 ersetzt wurde.
b)
55 
Der Kläger betreibt nur eine und nicht mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009.
aa)
56 
§ 3 Nr. 1 EEG 2009 bestimmt, dass „Anlage“ i.S.d. Gesetzes jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas ist. Im Gegensatz dazu war nach der vormaligen Legaldefinition des § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 eine „Anlage“ jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Die Merkmale „selbständig“ und „technisch“ sind mithin nur in der Definition des EEG 2004, nicht aber in der des EEG 2009 enthalten.
57 
Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 galten mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen erneuerbaren Energien oder aus Grubengas, die im Geltungsbereich des Gesetzes errichtet und mit gemeinsam für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden waren, als eine Anlage, soweit sich nicht aus den §§ 6 bis12 EEG 2004 etwas anderes ergab.
58 
Demgegenüber sieht § 19 Abs. 1 EEG 2009 vor, dass mehrere Anlagen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und ausschließlich zum Zweck der Ermittlung der Vergütung für den jeweils zuletzt in Betrieb gesetzten Generator als eine Anlage gelten, wenn kumulativ die folgenden vier Voraussetzungen vorliegen:
59 
- Die Anlagen befinden sich auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe,
- die Anlagen erzeugen Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien,
- der in ihnen erzeugte Strom wird nach den Regelungen dieses Gesetzes in Abhängigkeit von der Leistung der Anlage vergütet und
- die Anlagen sind innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb gesetzt worden.
bb)
60 
In Rechtsprechung und Literatur war zunächst umstritten, ob angesichts der dargestellten Regelungen mit dem EEG 2009 gegenüber der Vorgängerregelung des EEG 2004 eine Erweiterung des Anlagebegriffes erfolgt ist, die dazu führt, dass die Frage der Verklammerung von Anlagenteilen zu einer Gesamtanlage nur noch durch § 19 EEG 2009 entschieden wird und nicht mehr über die Definition des Anlagenbegriffs in § 3 EEG 2009 oder ob der Anwendungsbereich des § 19 EEG 2009 erst dann eröffnet ist, wenn mehrere Anlagen i.S.d. § 3 EEG 2009 vorliegen.
61 
Eine Auffassung, die insbesondere von der Clearingstelle EEG des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in der Empfehlung vom 1. Juli 2010 (Az.: 2009/12) vertreten wurde, sah in § 3 EEG 2009, der die wiedergegebenen Einschränkungen der Legaldefinition der Vorgängerregelung nicht mehr enthält, eine Erweiterung des Anlagenbegriffes. Nach dieser Ansicht reichte es für eine Anlage bereits aus, wenn eine selbständige Stromerzeugungseinheit vorlag. Der ebenfalls zum Betrieb erforderliche Fermenter, der von zwei Anlagen genutzt wird, war hiernach als bloßer nicht-verklammernder Teil beider Anlagen anzusehen. Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 EEG 2009 war hiernach vergütungstechnisch von einer einheitlichen Anlage auszugehen (so auch LG Regensburg, Urteil vom 21. Juli 2007, Az.: 3 O 896/11; LG Duisburg, Urteil vom 31. März 2012, Az.: 23 O 25/11 = IR 2012, 157).
62 
Die Gegenansicht war der Auffassung, dass die Definition des Anlagenbegriffs nach § 3 EEG 2009 sich weiterhin an der Regelung des § 3 Abs. 2 EEG 2004 zu orientieren hat, also die nunmehr ungeschriebenen Einschränkungen enthält, dass mehrere Anlagen, die sich gemeinsame betriebstechnisch notwendige Einrichtungen teilen – wie etwa den Fermenter in einer Biogasanlage – als lediglich eine Anlage gelten. § 19 EEG 2009 kann hiernach erst dann zur Anwendung kommen, wenn eine vorangehende Auslegung zum Vorhandensein zweier Anlagen führt (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16. Sept. 2010, Az.: 12/10 = NVwZ 2011, 700 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.; OLG Naumburg, Urteil vom 16. Mai 2013, Az.: 2 U 129/12 = ZNER 2013, 401 f.).
cc)
63 
Zwischenzeitlich hat der BGH während des hier laufenden Verfahrens diese Frage im Sinne der letztgenannten Ansicht entschieden (vgl. BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.).
64 
Für den hier zu beurteilenden Zeitraum ist also die Frage, ob vorliegend eine oder mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 vorliegen, gegen die Auffassung der Clearingstelle EEG des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und im Sinne der Beklagten zu entscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerichtliche Entscheidungen nach § 32 der Verfahrensordnung der Clearingstelle den Empfehlungen und Hinweisen der Clearingstelle vorgehen.
(1)
65 
Bei der Biogasanlage des Klägers handelt es sich um eine auf einem Grundstück betriebene Anlage. Diese hat der Kläger im Jahr 2004 mit einem Gas-Otto-Motor als Generator in Betrieb genommen (Nennleistung: 320 KW). In der Folgezeit wurde der bestehende Gas-Otto-Motor durch zwei Gasturbinen (Nennleistung: 65 KW) ergänzt. Der Kläger hat die Eintragung der beiden weiteren Turbinen in das Anlagenregister beantragt; diese werden unter einem zweiten Anlagenschlüssel geführt. Schließlich tauschte der Kläger im Jahr 2009 die beiden Gasturbinen gegen eine neue Gasturbine mit einer Nennleistung von 200 KW aus. Auch nach dem Austausch wurde die Anlage unter dem gleichen Anlagenschlüssel weiter geführt. Sowohl der Gas-Otto-Motor als auch die beiden früheren Gasturbinen und die jetzige Gasturbine nutzen einen gemeinsamen Fermenter.
(2)
66 
In einer solchen Fallkonstellation liegt nur eine Anlage i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 vor, da beide Generatoren (Gasmotor und Gasturbine) mit dem Fermenter eine zwingend notwendige technische Einrichtung gemeinsam nutzen. Aufgrund dieser Verklammerung ist von nur einer einzigen Anlage i.S.d. EEG 2009 auszugehen.
67 
Hierfür sprechen Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Telos des EEG 2009.
68 
α)
69 
Zunächst wird diese Auffassung durch den Gesetzeswortlaut gestützt (so auch BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.): Nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 1 EEG 2009 setzt der Begriff der Anlage eine Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas voraus. Für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien ist erforderlich, dass eine Einrichtung zur Gewinnung und Aufbereitung des jeweiligen Energieträgers vorhanden ist. Bei einer Biogasanlage ist das der Fermenter (vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 2008, Az.: VIII ZR 308/07 = WM 2008, 1799 ff). Im Fermenter wird Biomasse von Bakterien abgebaut und dadurch Biogas erzeugt, welches sodann in elektrische Energie umgewandelt wird. Vorliegend betreibt der Kläger zwar unterschiedliche Generatoren (Gasmotor und Gasturbine), aber nur einen Fermenter. Mit dem Generator allein lässt sich aus erneuerbaren Energien kein Strom i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG 2009 erzeugen. Wird eine Komponente, hier der Fermenter, die zwingend zur Stromerzeugung erforderlich ist, von mehreren anderen Komponenten, hier von zwei Generatoren genutzt, so liegt nach dem Wortsinn nur eine Anlage vor. Denkt man sich nämlich den Fermenter weg, so bleibt nicht eine von zweien, sondern keine Anlage übrig.
70 
Außerdem spricht die Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 1 EEG 2009 davon, dass zur Bestimmung der Anlage neben der stromerzeugenden Einrichtung auch auf sämtliche technischen und baulich erforderlichen Einrichtungen abzustellen ist. Danach zählen zur Anlage neben dem Generator auch dessen Antrieb, Fermenter, Gärrestbehälter, unterirdische geothermische Betriebseinrichtungen, Staumauern oder Türme von Windenergieanlagen (vgl. BT-Drs. 16/8148, Seite 38).
71 
Im Gesetzeswortlaut haben diese Motive und Intentionen des Gesetzgebers etwa in § 3 Nr. 4 EEG 2009 Ausdruck gefunden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff): § 3 Nr. 4 EEG 2009 enthält eine Legaldefinition des Begriffs des Generators. Hierunter ist jede technische Einrichtung zu verstehen, die mechanische, chemische, thermische oder elektromagnetische Energie direkt in elektrische Energie umwandelt. Aus der Systematik der Begriffsbestimmungen in § 3 EEG 2009 ergibt sich, dass der Generator selbst nicht als Anlage i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 angesehen werden kann, da es andernfalls der Legaldefinition in § 3 Nr. 4 EEG 2009 nicht bedurft hätte.
72 
Auch stützt diese Auslegung eine Zusammenschau von § 3 Nr. 1 EEG 2009 und § 19 EEG 2009: § 3 EEG 2009 ist mit der amtlichen Überschrift „Begriffsbestimmungen“ überschrieben. Demgegenüber regelt § 19 EEG 2009 die „Vergütung für Strom, aus mehreren Anlagen“. Bereits die Fassung dieser beiden amtlichen Überschriften zeigt, dass nur § 3 EEG 2009, nicht aber § 19 EEG 2009 eine Legaldefinition des Anlagenbegriffs enthält. Zwar benutzt § 19 EEG 2009 diesen Begriff und setzt ihn inhaltlich voraus, für die begriffliche Bestimmung indes enthält § 3 Nr. 1 EEG 2009 eine abschließende Regelung.
73 
β)
74 
Auch die Entstehungsgeschichte des § 3 EEG 2009 spricht dafür, im vorliegenden Fall von nur einer Anlage des Klägers i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 auszugehen.
75 
Die vormalige Gesetzesfassung des § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 definierte – wie dargestellt – die Anlage als jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Außerdem galten nach § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 mehrere Anlagen dann als eine Anlage, wenn sie mit gemeinsamen, für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden sind.
76 
Die Gesetzesbegründung nannte in diesem Zusammenhang ausdrücklich den Fermenter von Biogasanlagen als eine für den Betrieb erforderliche Einrichtung (vgl. BT-Drs. 15/2864, Seite 30). Mit der Streichung der beiden Merkmale „selbständig“ und „technisch“ sollte im EEG 2009 ein weiter Anlagenbegriff zu Grunde gelegt werden, um bestehende Auslegungsunsicherheiten zu beseitigen (vgl. BT-Drs. 16/8148, Seite 38). Die Regelung des EEG 2004 hatte nämlich in der Praxis ungewollt zu einem sog. Anlagensplitting geführt. Dies bedeutete, dass Anlagenbetreiber statt einer großen Anlage eine Vielzahl von kleineren Anlagen in unmittelbarer Nähe zueinander errichteten, um so in den Genuss einer Mehrvergütung zu gelangen, da die Vergütungen bei mehreren kleinen Anlagen höher sind als bei einer großen Anlage.
77 
Nach dem weiten Anlagenbegriff des EEG 2009, der infolge der Streichung der Begriffe „selbständig“ und „technisch“ entstanden ist, stellen nicht die stromerzeugenden Einrichtungen selbst, sondern die Gesamtheit der zur Stromerzeugung erforderlichen Einrichtungen eine Anlage i.S.d. EEG dar (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.). Mit der Novellierung wollte der Gesetzgeber erreichen, dass Anlagenkonfigurationen vermehrt als nur eine Anlage behandelt werden. Insbesondere sollten Anlagen, die bereits nach früherem Recht gem. der Fiktion des § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 als eine Anlage anzusehen waren, auch nach dem EEG 2009 als eine Anlage i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG 2009 anzusehen sein und zwar unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 (vgl. BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.).
78 
Der Vorschrift des § 19 EEG 2009 kommt nämlich auch bei entstehungsgeschichtlicher Betrachtung keine Funktion bei der Definition des Begriffs „Anlage“ zu. Vielmehr findet § 19 Abs. 1 EEG 2009 als Vergütungsregelung erst Anwendung nach der vorrangig, sich am – weiten – Anlagenbegriff des § 3 Nr. 1 EEG 2009 orientierenden Klärung der Frage, ob eine oder mehrere Anlagen vorliegen (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16. September 2010, Az.: 12 U 79/10 = NVwZ 2011, 700 ff).
79 
γ)
80 
Auch eine systematische Auslegung stützt die hier vertretene Auffassung. Das EEG 2009 fasst in § 3 EEG 2009 unterschiedliche Legaldefinitionen zusammen. § 19 EEG 2009 hingegen enthält eine reine Vergütungsvorschrift, die sich konsequenterweise nicht im Teil 1 „Allgemeine Vorschriften des Gesetzes“, sondern in dessen Teil 3 findet, der mit „Vergütung“ überschrieben ist. Aus der Gesetzessystematik lässt sich mithin der Schluss ziehen, dass der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 EEG 2009 erst eröffnet ist, wenn das Vorliegen mehrerer Anlagen i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 feststeht bzw. umgekehrt, dass sich das Vorliegen einer oder mehrerer Anlagen i.S.d. EEG nur nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 1 EEG 2009 richtet (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff). Dem Umstand, dass vorliegend zwischen der Inbetriebnahme der Anlage des Kläger mit dem Gasmotor als Generator und dem Zeitpunkt der Ergänzung um die Gasturbinen mehr als zwölf Monate liegen, kommt mithin keine Bedeutung zu. Zwar liegen damit die Voraussetzungen des § 19 EEG 2009 nicht vor (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009); dies ändert aber nichts daran, dennoch von nur einer Anlage i.S.d. § 3 Nr. 1 EG 2009 auszugehen.
81 
δ)
82 
Schließlich spricht eine teleologische Auslegung des § 3 EEG 2009 dafür, im vorliegenden Fall von nur einer Anlage auszugehen. Mit der Neufassung des Anlagenbegriffs im EEG 2009 wollte der Gesetzgeber bestehende Auslegungsunsicherheiten beseitigen. Zugleich verfolgte er das Ziel, eine vergütungsoptimierte Anlagenaufteilung auch hinsichtlich solcher Anlagen zu verhindern, die zwar nicht durch gemeinsam genutzte Einrichtungen oder bauliche Anlagen miteinander verbunden waren, aber gemeinsame Infrastruktureinrichtungen benutzten, was nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 EEG 2004 zulässig war, um damit volkswirtschaftlich unnötige Mehrkosten zu vermeiden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff). Mehrere Anlagen indes, die bereits nach vormaliger Rechtslage als eine Anlage anzusehen waren, sollten auch unter der Geltung des EEG 2009 vergütungstechnisch als eine Anlage behandelt werden.
83 
Diese Intention des Gesetzgebers würde leerlaufen, wollte man für die Entscheidung des Vorliegens einer oder mehrerer Anlagen darauf abstellen, ob auch die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 erfüllt sind. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf § 19 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009. Angesichts der Tatsache, dass die Voraussetzungen in § 19 EEG 2009 mit „und“ verbunden sind, also kumulativ vorliegen müssen, hätte es der Kläger in der Hand, jeweils im Abstand von mehr als zwölf Monaten einen neuen Generator in Betrieb zu nehmen und diesen mit seinem bereits vorhandenen Fermenter zu verbinden, um dann jeweils die höheren Vergütungssätze für Anlagen mit geringerer Leistungsstärke in Anspruch zu nehmen. Dies widerspräche dem Zweck des Gesetzes, durch Schaffung von wirtschaftlichen Investitionsanreizen die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung zu verringern. Zwar mag dem Kläger hier zugestanden werden, dass in seinem Fall nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Errichtung mehrerer kleiner Anlagen statt einer großen Anlage auszugehen ist. Eine einschränkende Auslegung der §§ 3, 19 EEG 2009 nur auf Fälle des Rechtsmissbrauchs ist jedoch nicht angezeigt, weil ein Missbrauchsmerkmal im Gesetzestext nicht erwähnt wird (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 22. Februar 2011, Az.: 6 U 39/10 = RDE 2012, 158; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff).
84 
ε)
85 
Kein durchgreifendes Gegenargument gegen die Annahme nur einer Anlage i.S.d. EEG 2009 ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beklagte die beiden Generatoren des Klägers (Gasmotor und Gasturbine) jeweils unter eigenständigen Anlagennummern führt. Die Beklagte hat plausibel vorgetragen, dass die Vergabe von zwei unterschiedlichen Anlagennummern ausschließlich systemtechnische Gründe habe, da zwar für die Gasturbine, nicht aber für den Gasmotor ein Anspruch auf den Technologiebonus nach dem EEG bestehe, was zwingend eine separate Messung voraussetze.
86 
Es liegt damit nur eine zu vergütende Anlage des Klägers vor. Der Anwendungsbereich des § 19 EEG 2009 ist nicht eröffnet, da die Vorschrift das Vorhandensein mehrere Anlagen voraussetzt. Ob deren Voraussetzungen gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EEG 2009 vorliegen, ist für den Rechtsstreit unerheblich. Eine separate Vergütung der klägerischen Anlagenkonfiguration als zwei getrennte Anlagen kommt nicht in Betracht.
c)
87 
Hinsichtlich der Höhe der dem Kläger für den eingespeisten Strom zustehenden Vergütung für das Jahr 2009 schließt sich der Senat der Berechnung der Beklagten an. Über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehende Ansprüche des Klägers bestehen mithin nicht.
aa)
88 
Unstreitig hat der Kläger im Jahr 2009 produziert mit
89 
dem Generator Gas-Otto-Motor (320 kW) eine Strommenge von
2.059.974 kWh
 und   
der Gasturbine (200 kW, früher 2 x 65 kW) eine Strommenge von
720.395 kWh
        
insgesamt also:
2.780.369 kWh
        
90 
Bezahlt hat die Beklagte an den Kläger für das Jahr 2009 nach einer Rechnungskorrektur vom 26. April 2011 Beträge i.H.v.
91 
Gas-Otto-Motor
397.253,09 Euro
Gasturbine
160.375,25 Euro
insgesamt:
567.610,34 Euro
92 
Nach Auffassung des Sachverständigen E... (vgl. Gutachten vom 30. Mai 2013 und Ergänzungsgutachten vom 25. November 2013, GA 244 ff. und 331 ff.) hätten folgende Beträge ausbezahlt werden müssen:
93 
Grundvergütung
298.514,36 Euro
NawaRo-Bonus
225.001,32 Euro
Technologie-Bonus
14.407,90 Euro
KWK-Bonus
68.918,07 Euro
insgesamt:
606.841,65 Euro
94 
Legte man also die Berechnung des Sachverständigen zugrunde, so ergäbe sich ein restlicher Anspruch des Klägers gegen die Beklagte i.H.v. 606.841,65 Euro minus 557.610,34 Euro = 49.231,31 Euro.
95 
Der Senat legt allerdings aus Rechtsgründen diese Berechnungsweise seiner Entscheidung nicht zugrunde.
bb)
96 
Im Einzelnen:
97 
Hinsichtlich der Positionen „Grundvergütung“ ergeben sich zwischen den Berechnungsweisen der Parteien nur marginale Unterschiede; hinsichtlich der Position „Technologie-Bonus“ bestehen keine Unterschiede. Die Auffassungen der Parteien unterscheiden sich lediglich bei den Positionen „KWK-Bonus“ und „NawaRo-Bonus“.
98 
Hier gilt im Einzelnen Folgendes:
99 
(1) KWK-Bonus:
100 
Nach Ziff. 1 der Anlage 2 zum EEG 2009 wird Strom in Kraft-Wärme-Kopplung i.S.d. § 27 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2 EEG 2009 erzeugt, soweit
101 
- es sich um Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung handelt und
- eine Wärmenutzung i.S.d. Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 (Positivliste) vorliegt
oder
- die Wärmenutzung nachweislich fossile Energieträger in einem mit dem Umfang der fossilen Wärmenutzung vergleichbaren Energieäquivalent ersetzt.
102 
Ziff. 2.2 der Anlage 2 zum EEG 2009 sieht vor, dass der Nachweis über die Erfüllung der genannten Voraussetzungen durch ein Gutachten eines Umweltgutachters mit einer Zulassung für den Bereich Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energien oder für den Bereich Wärmeversorgung erbracht werden muss.
103 
Zunächst hat die Beklagte gerügt, dass in Bezug auf den Gas-Otto-Motor des Klägers ein derartiges Gutachten nicht vorliege, weil sich das vorgelegte Gutachten der Anlage K 3 gerade nicht auf den Gas-Otto-Motor, sondern lediglich auf die Gasturbine beziehe. Zwischenzeitlich haben die Parteien einen Teilvergleich zu der Frage geschlossen, inwieweit der KWK-Bonus für den Gasmotor nach dem EEG 2009 zu bemessen ist. Im Einzelnen ist insofern auf die Regelungen im Teilvergleich zu verweisen.
104 
Weiter hat die Beklagte zunächst eingewandt, dass das Landgericht für die Gasturbine den KWK-Bonus mit 3 Cent/kWh und damit zu hoch angesetzt habe, weil nämlich keine Wärmenutzung i.S.d. Ziff. 3 h) der Anlage 2 zum EEG 2009 vorliege. Auch ein anderer Tatbestand der Positivliste gemäß Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 sei nicht gegeben. Diese Einwendung hat die Beklagte zwischenzeitlich aufgegeben. Zuletzt mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 (GA 265) hat sie klargestellt, dass es sich bei der Anlage des Klägers auch nach ihrer Auffassung um eine förderfähige Anlage i.S.d. Ziff. 3 h) der Positivliste gemäß Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 handelt.
105 
Im Streit steht mithin hinsichtlich des KWK-Bonus mittlerweile nur noch die Frage, welche Auswirkungen sich für die Vergütungshöhe aus dem Umstand ergeben, dass im Fall des Klägers keine Voll-, sondern nur eine Überschusseinspeisung vorliegt. Während der Kläger den KWK-Bonus von der insgesamt erzeugten Strommenge (= in das Netz eingespeister und eigenverbrauchter Strom) berechnen will, legt die Beklagte ihrer Berechnung des zu zahlenden KWK-Bonus nur den geringeren Anteil des eingespeisten Stroms zu Grunde.
106 
Der Sachverständige E... hat erläutert, dass die Berechnungsweise des Klägers üblicher Praxis und dem gelebten Verständnis der Anlagenbetreiber entspreche. Andersartige Berechnungen im Sinne der Beklagten und im Sinne eines Proportionalitätsprinzips nach der VDN-Verfahrensbeschreibung seien in der Praxis weniger bekannt (vgl. Seiten 3 und 4 der Ergänzungsgutachtens vom 25. November 2013).
107 
Für die Auffassung des Klägers scheint zunächst zu sprechen, dass Vergütungsregelungen des EEG 2009 – anders als die Regelungen des EEG 2012 – ein kompliziertes Bonus-/Malus-System kennzeichnet (vgl. Schneider, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Aufl. 2013, § 21 Rz. 90 f.): So gewährt das EEG 2009 Boni, wenn Strom auf eine seitens des Gesetzgebers gewünschte und daher förderfähige Art erzeugt wird. Dabei scheint es zunächst keine Rolle zu spielen, ob der solchermaßen gewollt erzeugte Strom in das Netz eingespeist oder gleich vor Ort vom Anlagenbetreiber selbst verbraucht wird, weil jeweils das gesetzgeberische Ziel erreicht wird, nämlich einen anderweitigen Bezug und damit letztlich auch eine anderweitige Erzeugung von Strom zu vermeiden.
108 
Allerdings nennt § 1 EEG 2009 ausdrücklich auch die Verringerung der volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte als gleichrangigen Gesetzeszweck und es ist nicht zu verkennen, dass es sich bei der Frage, ob und in welcher Höhe für eingespeisten Strom ein KWK-Bonus zu zahlen ist, um eine vergütungsrechtliche und damit wirtschaftliche Frage handelt. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, einen KWK-Bonus für eine Strommenge zu bezahlen, wenn deren Erzeugung nicht oder zumindest teilweise nicht die Voraussetzungen des § 27 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2 EEG 2009 erfüllt. Sinn und Zweck des KWK-Bonus (und des NawaRo-Bonus, bei dem sich hinsichtlich der Frage der Überschusseinspeisung die gleichen Fragen stellen) sprechen also für eine Berechnungsweise i.S.d. der Beklagten.
109 
Auszugehen ist hier nämlich davon, dass der Kläger nicht die Gesamtmenge Strom, sondern nur eine geringere Teilmenge in Kraft-Wärme-Kopplung (bzw. unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe) erzeugt hat. Hätte er also keinen Strom eigenverbraucht, sondern die insgesamt von ihm erzeugte Strommenge in das Netz eingespeist, könnte er den KWK-Bonus nur anteilig für diejenige Stromteilmenge verlangen, die in Kraft-Wärme-Kopplung (bzw. unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe) erzeugt wurde. Nichts anderes kann nun gelten, wenn der Kläger den von ihm erzeugten Strom nicht insgesamt in das Netz einspeist, sondern anteilig eigenverbraucht: Ein Leistungsbestimmungsrecht des Klägers dergestalt, dass er nur solchen Strom eigenverbraucht, der nicht in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt ist, und dass er nur solchen Strom in das Netz einspeist, der in Kraft-Wärme-Kopplung erstellt ist, besteht nicht, weil sich die beiden Strommengen KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom tatsächlich physikalisch nicht unterscheiden lassen.
110 
Telos der KWK-Bonus-Regelung im EEG 2009 ist die Prämierung eines bestimmten physikalischen Produktionsergebnisses: Ein entsprechender Bonus ist einem Anlagebetreiber nur zu bezahlen, wenn feststeht, dass der Strom in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt ist. Weil sich im Falle des Klägers die beiden erzeugten Strommengen KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom tatsächlich physikalisch nicht trennen lassen, kann er den Bonus nur anteilig verlangen, nämlich insoweit, wie er bezogen auf die Gesamtmenge KWK-Strom produziert.
111 
Die Berechnungsweise des Klägers erscheint auch wertungsmäßig nicht gerechtfertigt, weil er so seinen – für ihn günstigen – selbst erzeugten Strom anteilig zum Betrieb seiner Eigenanlage nutzen könnte, also keinen externen Strom beziehen müsste und gleichzeitig von der Beklagten den KWK-Bonus in voller Höhe einfordern könnte. Dies hätte wirtschaftlich betrachtet für ihn einen doppelten Vorteil zur Folge, für den es sachlich keinen rechtfertigenden Grund gibt.
112 
Ist also – wie hier – eine Aussonderung des KWK-Stroms tatsächlich physikalisch nicht möglich, weil ein physikalisch nicht trennbares Gemisch aus KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom vorliegt, so kann der Kläger nur für denjenigen Anteil an diesem Gemisch den KWK-Bonus verlangen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen des KWK-Bonus erfüllt. Der KWK-Bonus ist also nicht auf die insgesamt erzeugte Strommenge, sondern nur für den Anteil des tatsächlich in das Netz eingespeisten Stroms auszuzahlen.
113 
Entsprechend hat die Beklagte den KWK-Bonus berechnet. Die rechnerische Ermittlung der Vergütungshöhe hat der Kläger nicht angegriffen, sondern sich nur gegen die zu Grunde liegenden rechtlichen Voraussetzungen gewandt. Insofern kann hinsichtlich der mathematischen Ermittlung des KWK-Bonus auf die Berechnung der Beklagten verwiesen werden (GA 299 ff., 357 f., Anlage B 12, Anlage B 13
114 
[CD-Rom]).
115 
(2) NawaRo-Bonus:
116 
Beim NawaRo-Bonus (Bonus für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen) handelt es sich um eine Zusatzvergütung für Strom, der aus nachwachsenden Rohstoffen produziert wird und der vor allem für Biogasanlagen und Biomasse-Heizkraftwerke relevant ist.
117 
Auch hinsichtlich der Berechnung des NawaRo-Bonus hat der Sachverständige E... ausgeführt, dass seiner Auffassung nach nicht nur auf den eingespeisten Strom, sondern auf die insgesamt erzeugte Strommenge abzustellen sei. Rechnerisch hat der Sachverständige im vorliegenden Fall einen NawaRo-bonusfähigen Stromanteil i.H.v. 75,96% ermittelt, was einem Wert von 2.389.107 kWh entspricht.
118 
Der Senat geht auch hier – entgegen der Ansicht des Klägers – davon aus, dass aufgrund physikalischer Unmöglichkeit kein Leistungsbestimmungsrecht des Klägers besteht, der Beklagten denjenigen Strom anzudienen, der unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe erzeugt worden ist. Der Kläger kann also auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des NawaRo-Bonus nur für eine Teilstrommenge verlangen. Insoweit ist auf die Ausführungen unter (1) zum KWK-Bonus zu verweisen.
119 
Im Übrigen hat die Aufteilung der NawaRo-bonusfähigen Strommenge entgegen der Ansicht des Klägers der Systematik der Grundvergütung zu folgen. Mit der Beklagten ist davon auszugehen, dass der unter Einsatz nachwachsender Rohstoffe erzeugte Strom entsprechend dem im Rahmen der Grundvergütung ermittelten Verhältnis auf die einzelnen Vergütungsklassen aufzuteilen ist (vgl. insofern auch BGH, Urteil vom 10. Juli 2013, Az.: VIII ZR 300/12 = ZNER 2013, 606 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 30. Oktober 2013, Az.: 5 U 143/12 = EnWZ 2014, 31 ff.).
120 
Für diese Auffassung sprechen Wortlaut und Systematik des § 27 EEG 2009: Unter den in § 27 Abs. 2 und 4 genannten Voraussetzungen „erhöht sich“ nämlich die „Vergütung nach Absatz 1“ für in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Strom (§ 27 Abs. 4 Nr. 1 EEG 2009) bzw. für Strom, der in Anlagen erzeugt wird, die Biogas einsetzen, und wenn zur Erzeugung des Biogases in dem jeweiligen Kalenderjahr durchschnittlich ein Anteil von Gülle von mindestens 60 Masseprozent eingesetzt wird (§ 27 Abs. 4 Nr. 2 EEG 2009). § 27 Abs. 2 und 4 EEG 2009 nehmen auf diese Weise ausdrücklich Bezug auf § 27 Abs. 1 EEG 2009, der die Höhe der Grundvergütung für Strom aus Biomasse im Sinne der Biomasseverordnung regelt. Die Ermittlung unterschiedlicher Bemessungsleistungen für die Grundvergütung und die Bonusvergütung im Sinne des Klägers lässt sich unter diesen Umständen weder mit dem Wortlaut noch mit der Systematik dieser gesetzlichen Regelung in Einklang bringen.
121 
Auch im Zusammenhang mit dem NawaRo-Bonus hat der Kläger die rechnerische Ermittlung der Vergütungshöhe nicht angegriffen. Auch insofern ist daher auf die Berechnung der Beklagten zu verweisen (GA 299 ff., 357 f., Anlage B 12, Anlage B 13 [CD-Rom]).
122 
Nach dieser Berechnung steht eine Vergütung für das Jahr 2009 i.H.v. 14.983,31 Euro netto offen. Dieser Betrag entspricht dem Teilanerkenntnis der Beklagten.
C.
123 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO. Soweit die Beklagte den klägerischen Anspruch anerkannt hat, waren ihr die Kosten aufzuerlegen. Im Übrigen trägt der Kläger die Kostenlast.
124 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
125 
Wegen der Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Berechnung des KWK-Bonus und des NawaRo-Bonus wird gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO die Revision zugelassen. In diesem Bereich wirft der vorliegende Rechtsstreit klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen auf, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen und die überdies für die Betroffenen tatsächlich und wirtschaftlich ein erhebliches Gewicht erreichen können. Höchstrichterlich sind diese Fragen bislang nicht entschieden.
126 
Im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Die sich weiter im hiesigen Verfahren stellenden und entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abstrakt geklärt und die Auswirkungen dieser Grundsätze betreffen nur den jeweiligen Einzelfall.
127 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren war nach der mit der Anschlussberufung des Klägers erfolgten Klagerweiterung auf 20.001,00 Euro festzusetzen.

(1) Wer in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür auch ohne Verabredung Provision und, wenn es sich um Aufbewahrung handelt, Lagergeld nach den an dem Orte üblichen Sätzen fordern.

(2) Für Darlehen, Vorschüsse, Auslagen und andere Verwendungen kann er vom Tage der Leistung an Zinsen berechnen.

*

(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 152/07 Verkündet am:
2. Dezember 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zweckbetrieb
UWG (2008) § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11; AO § 65 Nr. 3
Steuerrechtliche Vorschriften stellen grundsätzlich keine Marktverhaltensregelungen
dar. Ihre Verletzung kann auch nicht unter Zuhilfenahme des Vorsprungsgedankens
als wettbewerbsrechtlich unlauter angesehen werden.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - I ZR 152/07 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. August 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte, ein gemeinnütziger Verband, der nach seiner Satzung die freie Wohlfahrtspflege und die Hilfeleistung für die Bevölkerung fördert, ist als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO steuerbegünstigt. Er bietet im Rahmen seiner Alten- und Behindertenarbeit auch Personenbeförderungen gegen Entgelt an.
2
Der Kläger, ein Taxi- und Mietwagenunternehmer, hat behauptet, der Beklagte erbringe Beförderungsleistungen auch außerhalb seines Zweckbetriebs als eigenständige Dienstleistung. Er hat Rechnungen des Beklagten für Mietwagenfahrten vorgelegt, bei denen seiner Ansicht nach der Beklagte keine über die reine Beförderung hinausgehenden Hilfeleistungen erbracht hatte. Der Umstand, dass in diesen Rechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen sei, zeige, dass der Beklagte für seine außerhalb des Zweckbetriebs durchgeführten Krankenfahrten nicht die Steuern abführe, die die Mitbewerber zu zahlen hätten. Dadurch verschaffe sich der Beklagte zum Nachteil der Mitbewerber Vorteile im Wettbewerb. Das in § 65 Nr. 3 AO enthaltene Wettbewerbsverbot sei eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Außerdem liege in dem Verhalten des Beklagten eine allgemeine Marktbehinderung.
3
Der Kläger hat zuletzt beantragt, 1. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, Personen gegen Entgelt durch Verkehr mit Mietwagen zu befördern , ohne die auf diese Tätigkeit anfallenden Steuern, insbesondere Umsatz -, Körperschaft-, Vermögen- und Gewerbesteuer zu zahlen; 2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger vollständige Auskunft über sämtliche im Klageantrag zu 1 bezeichneten Beförderungen zu erteilen, und zwar unter Angabe der Wegstrecke, der Dauer der Beförderung, des Zeitpunkts, der Anzahl der Beförderungen und des Umsatzes insgesamt; 3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die im Klageantrag zu 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
4
Nach Ansicht des Beklagten liegen Fahrdienstleistungen für Menschen, die wegen Behinderung oder Alters hilfsbedürftig sind, innerhalb seines Zweckbetriebs. Für diese Fahrten habe er den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7% und für Patientenfahrten, bei denen der Patient keine Hilfe benötigt habe, den seinerzeit geltenden Umsatzsteuersatz von 16% abgeführt. Die nach Ansicht des Klägers verletzten steuerrechtlichen Vorschriften stellten keine Marktverhaltensregelungen dar.
5
Beide Vorinstanzen haben die Klage als unbegründet angesehen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat die Klage weder unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs noch unter dem einer allgemeinen Marktbehinderung für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
7
Das Verhalten des Beklagten sei nicht nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG unlauter. Zwar seien Krankenfahrten nicht als Zweckbetrieb im Bereich der Gesundheitspflege i.S. von § 65 Nr. 3 AO anzusehen. Auch schütze diese Vorschrift den potentiellen Wettbewerb, da sie den Wertungs- und Zielkonflikt zwischen der Förderung des Gemeinwohls und der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts regele und damit auch dem Schutz der mit Zweckbetrieben konkurrierenden nicht begünstigten Betriebe diene. Wenn kein Zweckbetrieb vorliege und sich die Nichtbesteuerung zum Nachteil der Mitbewerber auswirke, hätten diese gegenüber dem Finanzamt einen Anspruch auf Besteuerung der Körperschaft. Insoweit komme der Regelung des § 65 Nr. 3 AO eine drittschützende Wirkung zu.
8
Ungeachtet dieser Wettbewerbsrelevanz sei die genannte Vorschrift jedoch keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Steuervorschriften bezweckten grundsätzlich nicht die Regelung des Marktverhaltens. Das gelte auch für der Wirtschaftslenkung dienende sogenannte Lenkungssteuern, sofern diese nicht ausnahmsweise unmittelbar den Schutz der Verbraucher bezweckten. Die Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO stelle zwar ein Lenkungsgesetz dar, das gemeinnützige wohltätige Betätigungen durch Anerkennung eines Steuervorteils fördern wolle. Die wettbewerbliche Relevanz liege in der unterschiedlichen Behandlung an sich gleichgelagerter wirtschaftlicher Betätigung. Der staatliche Eingriff in den Wettbewerb bestehe in der Schaffung eines wirtschaftlichen Sonderbereichs der Gemeinnützigkeit. Die Betätigung in diesem Bereich sei dem Eingriff erst nachgeordnet. Wer die Regeln der Steuerbegünstigung überschreite, verhalte sich nicht anders als derjenige, der im allgemeinen Wirtschaftsbereich Steuern hinterziehe. Der drittschützende Charakter der Vorschrift , der die Möglichkeit einer Konkurrentenklage vor dem Finanzgericht eröffne , ändere nichts daran, dass es bei der Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO an der für die Bejahung eines Wettbewerbsverstoßes erforderlichen spezifischen Marktbezogenheit fehle.
9
Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer allgemeinen Marktbehinderung habe der Kläger nicht hinreichend dargetan. Vereinzelte Vorgänge reichten für die Annahme einer strukturellen Marktstörung nicht aus.
10
II. Die Revision wendet sich gegen diese Beurteilung ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage, soweit sie auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG gestützt ist, mit Recht als unbegründet angesehen, weil die nach Ansicht des Klägers verletzte Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG ist (dazu unten unter II 2 b). Seine Beurteilung, eine allgemeine Marktbehinderung sei nicht hinreichend dargetan, lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Diese ist ferner nicht schon deshalb begründet, weil der Beklagte sich nach dem Vortrag des Klägers durch rechtswidriges Verhalten im Wettbewerb einen ungerechtfertigten Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft (dazu unten unter II 2 c). Da sich die Rechtslage schon unter dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung, in der dieses bis zum 7. Juli 2004 gegolten hat (UWG a.F.), ebenso dargestellt hat, sind auch der Schadensersatzfeststellungsanspruch sowie der seiner Durchsetzung dienende Auskunftsanspruch im vollen Umfang unbegründet (vgl. unten unter II 2 d).
11
1. Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die gestellten Klageanträge i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt.
12
Bei der Auslegung von Klageanträgen ist immer auch die Klagebegründung mit heranzuziehen (BGH, Urt. v. 29.5.2008 - I ZR 189/05, GRUR 2008, 1121 Tz. 16 = WRP 2008, 1560 - Freundschaftswerbung im Internet). Im Streitfall möchte der Kläger erreichen, dass der Beklagte für seine Beförderungsleistungen keine Steuervergünstigungen in Anspruch nimmt. Für gemeinnützige Körperschaften gewährt das Gesetz Steuervergünstigungen zum Beispiel bei der Körperschaftsteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG), bei der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 6 GewStG) und bei der Umsatzsteuer (§ 4 Nr. 18, § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG). Diese Steuervergünstigungen scheiden regelmäßig aus, wenn die Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (§ 14 AO). Nach § 64 AO verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung allerdings nur dann, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb ist. Die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb sind in den §§ 65 bis 68 AO geregelt. Das Klagebegehren zielt darauf, dass der Beklagte seine Einkünfte aus der Beförderung mit Mietwagen gegenüber den Steuerbehörden erklärt, ohne dass er sich dabei auf seine Eigenschaft als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO beruft. Er soll daher nach der Vorstellung des Klägers für die von ihm erbrachten Beförderungsleistungen Steuern nach den für nicht gemeinnützige Beförderungsunternehmen geltenden Steuersätzen abführen. Mit diesem sich aus dem Vortrag des Klägers ergebenden Inhalt stellen sich die von diesem gestellten Klageanträge als hinreichend bestimmt dar.
13
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil das vom Kläger beanstandete Verhalten des Beklagten weder im Hinblick auf einen von diesem begangenen Rechtsbruch noch nach der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel unlauter ist.
14
a) Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren des Klägers sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung anzuwenden, in der dieses Gesetz gemäß dem Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949) seit dem 30. Dezember 2008 gilt (UWG 2008). Da der Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, muss das beanstandete Verhalten des Beklagten allerdings auch schon zur Zeit seiner Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein.
15
Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, beanstandet der Kläger das Nichtabführen von Steuern auf Rechnungen, die der Beklagte in der Zeit zwischen dem 8. Januar 2004 und dem 8. Februar 2006 ausgestellt hat. Danach reichte es für den Unterlassungsanspruch des Klägers aus, wenn das beanstandete Verhalten des Beklagten gegen § 4 Nr. 11 des am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen geänderten Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (UWG 2004) verstieß. Diese Bestimmung ist durch die UWG-Novelle 2008 nicht geändert worden. Ihrer Anwendung steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die mit der UWGNovelle 2008 in das nationale Recht umgesetzte Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Die genannte Richtlinie betrifft nach ihrem Artikel 3 Absatz 1 allein den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Auf Marktverhaltensregelungen, die lediglich das Verhältnis zwischen Mitbewerbern betreffen, ist § 4 Nr. 11 UWG danach nach wie vor uneingeschränkt anwendbar (Köhler in Köhler/Bornkamm, 28. Aufl., § 4 Rdn. 11.6a; ders., GRUR 2008, 841, 848).
16
Für die Frage, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch und - zu dessen Durchsetzung - ein Auskunftsanspruch zusteht, kommt es auf das zum http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=UWG&p=4 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255&i=266 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255&i=266 - 8 - Zeitpunkt der im Einzelnen beanstandeten Handlungen jeweils geltende Recht an (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 16.7.2009 - I ZR 56/09, GRUR 2009, 1075 Tz. 14 = WRP 2009, 1377 - Betriebsbeobachtung, m.w.N.).
17
b) Nach § 65 Nr. 3 AO liegt kein Zweckbetrieb vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Diese Bestimmung stellt keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar. Es kann daher für die hier vorzunehmende wettbewerbsrechtliche Beurteilung dahinstehen, ob die fraglichen Krankenfahrten des Beklagten zur Erfüllung seiner gemeinnützigen Tätigkeit erforderlich waren und damit ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb im Sinne dieser Vorschrift vorlag.
18
aa) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen (vgl. BGHZ 144, 255, 269 - Abgasemissionen). Es reicht nicht aus, dass die Vorschrift ein Verhalten betrifft, das dem Marktverhalten vorausgegangen ist oder ihm erst nachfolgt. Fällt der Gesetzesverstoß nicht mit dem Marktverhalten zusammen, ist eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der verletzten Norm erforderlich (vgl. BGHZ 144, 255, 267 f. - Abgasemissionen). Die Vorschrift muss das Marktverhalten außerdem im Interesse der Marktteilnehmer regeln. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.35c).
19
bb) Steuerrechtliche Vorschriften stellen grundsätzlich keine Marktverhaltensregelungen dar (OLG München GRUR 2004, 169, 170; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen: BGH, Beschl. v. 4.12.2003 - I ZR 140/03; OLG Oldenburg WRP 2007, 685, 687; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rdn. 11/17; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 192; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 43; v. Walter, Rechtsbruch als unlauteres Marktverhalten, 2007, S. 200; Elskamp, Gesetzesverstoß und Wettbewerbsrecht, 2008, S. 206). Ihr Zweck beschränkt sich im Normalfall darauf, die Finanzierung des Gemeinwesens zu ermöglichen. Steuerrechtliche Vorschriften regeln insoweit nicht das Marktverhalten, sondern lediglich das Verhältnis zwischen dem Hoheitsträger und dem Steuerpflichtigen (MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63). Sie bezwecken grundsätzlich auch nicht den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer. Für die Beurteilung , ob ein Verstoß i.S. des § 4 Nr. 11 UWG vorliegt, ist es daher unerheblich, ob sich ein Unternehmer durch das Hinterziehen von Steuern einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft (Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 4 Rdn. 11/17). Ebenso kann das Nichterheben einer Steuer bei einem Mitbewerber regelmäßig nicht als Wettbewerbsverstoß beanstandet werden (MünchKomm.UWG/ Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63).
20
cc) Die Frage, ob davon abweichend dem Zweck der Wirtschaftslenkung dienende sogenannte Lenkungssteuern Marktverhaltensregelungen darstellen, ist umstritten. Dies wird zum Teil bejaht, wenn sie - wie zum Beispiel die gemäß Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums vom 23. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1857) erhobene Sondersteuer auf alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) - dem Schutz von Verbrauchern dienen (vgl. Wehlau/v. Walter, ZLR 2004, 645, 659 ff., 663; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 192; a.A. OLG Olden- burg WRP 2007, 685, 687; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; v. Walter aaO S. 202; Elskamp aaO S. 206) oder - wie etwa das Tabaksteuergesetz - der Sache nach Preisvorschriften darstellen (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2004, 255; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39 und 11.138; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63 und 333; a.A. OLG Hamburg OLG-Rep 2006, 215). Als Marktverhaltensregelungen werden in der Literatur vereinzelt auch Bestimmungen angesehen, die die gewerblichen Betriebe der öffentlichen Hand zum Schutz privater Mitbewerber steuerlich wie diese behandeln (vgl. - zu § 2 Abs. 3 UStG - Haslinger, WRP 2004, 58, 60; dies., WRP 2007, 1412, 1416; a.A. OLG München GRUR 2004, 169, 170; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63).
21
dd) Die im Streitfall in Rede stehende Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO bezweckt zwar auch den Schutz der Interessen der Mitbewerber des durch die Steuererleichterung begünstigten Unternehmens. Sie ist aber gleichwohl keine Marktverhaltensregelung, weil sie nicht bezweckt, die Lauterkeit des Marktverhaltens der Steuerpflichtigen zu gewährleisten.
22
(1) Die Einbeziehung von Zweckbetrieben in die Steuervergünstigungen für gemeinnützige Körperschaften stellt bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Subventionierung dieser Betriebe dar. Die Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO setzt dem Grenzen. Unternehmen, die zu nicht begünstigten Unternehmen in größerem Umfang als für die Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar in Wettbewerb treten, sollen von den Steuervergünstigungen ausgeschlossen sein. Diese Schranke dient nicht allein dem Allgemeininteresse an der Erhöhung des Steueraufkommens, sondern auch dem Interesse der steuerlich nicht begünstigten Konkurrenzbetriebe an einem steuerlich nicht manipulierten Wettbewerb (vgl. Bericht und Antrag des Finanzausschusses zum Entwurf einer Abgabenordnung, BT-Drucks. 7/4292, S. 21; BFHE 191, 434, 439 f.; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 65 Rdn. 9; Knobbe-Keuk, BB 1982, 385, 388). Sie ist Ausdruck der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts und hat drittschützenden Charakter (vgl. Wunsch, Die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO als Schutznorm zugunsten nicht begünstigter Konkurrenten gemeinnütziger Körperschaften, 2002, S. 127). Mitbewerbern kann aus § 65 Nr. 3 AO daher unter Umständen ein Anspruch gegen das Finanzamt auf Besteuerung eines zu Unrecht als Zweckbetrieb behandelten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erwachsen. Dieser Anspruch kann im Wege der Konkurrentenklage durchgesetzt werden (Knobbe-Keuk, BB 1982, 385, 389; Klein/Gersch, Abgabenordnung , 10. Aufl., § 65 Rdn. 8 m.w.N.).
23
(2) Die Wettbewerbsbezogenheit einer Bestimmung ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer Marktbezogenheit i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Eine Marktbezogenheit im Sinne dieser Bestimmung liegt nur dann vor, wenn die Vorschrift, gegen die der Wettbewerber bei seinem geschäftlichen Handeln verstößt , eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion aufweist (st. Rspr.; vgl. BGHZ 150, 343, 347 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 171/03, GRUR 2007, 162 Tz. 11 = WRP 2007, 177 - Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft; Urt. v. 26.2.2009 - I ZR 222/06, GRUR 2009, 883 Tz. 11 = WRP 2009, 1092 - MacDent). Daran fehlt es etwa dann, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll (vgl. BGHZ 150, 343, 347 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 293/99, GRUR 2003, 164, 166 = WRP 2003, 1182 - Altautoverwertung).
24
(3) Die Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO soll verhindern, dass gemeinnützige Körperschaften auch dann Steuervergünstigungen erhalten, wenn sie außerhalb ihrer gemeinnützigen Tätigkeit in Wettbewerb mit gewerblich tätigen Steu- erpflichtigen treten, die diese Steuervergünstigungen nicht bekommen. Sie befasst sich daher mit dem Zielkonflikt zwischen der grundsätzlich gebotenen Wettbewerbsneutralität der Besteuerung und der Förderung ideeller Zwecke (Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung , 10. Aufl., § 65 AO Rdn. 27) und dient insoweit dem von staatlichen Subventionen unbeeinflussten freien Wettbewerb. Zur Erreichung dieses Ziels erlegt sie den von ihr betroffenen Steuerpflichtigen jedoch keine Pflichten auf, die diese bei ihrem Marktauftritt zu erfüllen haben. Insbesondere bestimmt sie nicht, dass der Beklagte seine Beförderungsleistungen nur dann erbringen darf, wenn er seine dabei erzielten Umsätze und Einkünfte unter Beachtung dieser Bestimmung zur Umsatzsteuer anmeldet sowie in den von ihm nachfolgend gegebenenfalls auch abzugebenden Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen als zu versteuernde Einkünfte bzw. Erträge erklärt. Die insoweit dann quartals- oder monatsweise abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen sowie die jahresweise abzugebenden Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen stehen zeitlich und sachlich außerhalb des für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung relevanten Sachverhalts. Soweit der Beklagte in ihnen in Bezug auf die Anwendung des § 65 Nr. 3 AO unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt, kann er sich deshalb zwar möglicherweise einer steuerrechtlichen Konkurrentenklage (vgl. oben unter II 2 c dd (1)) sowie - vorsätzliches oder leichtfertiges Verhalten vorausgesetzt - einer strafrechtlichen oder bußgeldmäßigen Ahndung aussetzen (vgl. §§ 370, 378 AO). Für eine wettbewerbsrechtliche Ahndung seines Verhaltens ist demgegenüber aber kein Raum (MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 54; Link in Ullmann, jurisPKUWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 73).
25
c) Das nach den Ausführungen zu vorstehend II 2 b zwar möglicherweise steuerrechtlich zu beanstandende, aber nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß § 4 Nr. 11 UWG als wettbewerbswidrig zu beurteilende Verhalten des Beklagten verstößt auch nicht gegen das bis zur UWG-Novelle 2008 in § 3 UWG 2004 und seither in § 3 Abs. 1 UWG 2008 geregelte generelle Verbot unlauteren Handelns im Wettbewerb. Der Gesetzgeber hat mit dem Erlass des § 4 Nr. 11 UWG im Jahr 2004 zu erkennen gegeben, dass Verstöße gegen außerwettbewerbsrechtliche Rechtsnormen allein unter den besonderen Voraussetzungen dieser Vorschrift als unlauter anzusehen sind. Er hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, dass es nicht Aufgabe des Lauterkeitsrechts sein kann, alle nur denkbaren Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen (auch) lauterkeitsrechtlich zu sanktionieren, sofern sie zu einem Vorsprung im Wettbewerb führen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Nr. 11 UWG 2004, BT-Drucks. 15/1487 S. 19). Aus diesem Grund können Verstöße gegen außerwettbewerbsrechtliche Normen, die keine Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind, de lege lata auch nicht unter Zuhilfenahme des Vorsprungsgedankens über § 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 als unlauter angesehen werden (Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 3 Rdn. 65; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 31; Ullmann in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 3 Rdn. 21; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 11; Gärtner/Heil, WRP 2005, 20, 24; Scherer, WRP 2006, 401, 404 f. und 406; Schaffert, Festschrift für Ullmann, 2006, S. 845, 849; v. Walter aaO S. 153 ff.; Böhler, Alter und neuer Rechtsbruchtatbestand , 2009, S. 212; a.A. Sack, WRP 2004, 1307, 1315 f.; ders., WRP 2005, 531, 539 ff.; Glöckner, GRUR 2008, 960, 965 ff.; Elskamp aaO S. 223 ff.).
26
d) Soweit der Kläger gemäß den Klageanträgen 2 und 3 Schadensersatz für vom Beklagten vor dem 8. Juli 2004 durchgeführte Fahrten begehrt, beurteilt sich die Haftung des Beklagten nach den Bestimmungen des bis zu diesem Zeitpunkt geltenden früheren Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG a.F.; vgl. oben unter II 2 a a.E.). Auch die insoweit daher noch anwendbare Bestimmung des § 1 UWG a.F. setzte jedoch die Verletzung einer Marktverhaltensregelung voraus und ließ es für die Bejahung der Wettbewerbswidrigkeit einer Verhaltensweise ebenfalls nicht genügen, dass sich der Handelnde durch die Verletzung einer Norm, die diese Voraussetzung nicht erfüllte, einen Vorsprung im Wettbewerb verschaffte (vgl. BGHZ 144, 255, 266 ff. - Abgasemissionen ).
27
III. Danach ist die Revision des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 22.02.2007 - 17 O 169/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.08.2007 - 2 U 17/07 -

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 (Az.: 10 O 175/11) wird ihrem Anerkenntnis entsprechend zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung des Klägers hin wird die Beklagte gleichfalls ihrem Anerkenntnis entsprechend verurteilt, über den Betrag nach Ziff. 2 hinaus, weitere 10.780,79 Euro zu bezahlen.

3. Auf die Anschlussberufung des Klägers hin wird die Beklagte verurteilt, Zinsen aus 10.780,79 Euro i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08. Mai 2012 zu bezahlen.

4. Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Auch das angefochtene Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 20.001,00 Euro.

Gründe

 
A.
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten für Strom, den er aus Biomasse erzeugt, für das Jahr 2009 eine Mehrvergütung nach dem EEG.
Seit dem Jahr 2004 betreibt der Kläger auf seinem Grundstück eine Biogasanlage. Anfänglich hat er als Generator einen Gas-Otto-Motor mit einer Nennleistung von 320 kW in Betrieb genommen. Am 22. Januar 2004 speiste der Kläger mit dieser Anlage erstmals Strom ein. Zwischen den Prozessparteien kam am 22./25. Januar 2004 ein Vertrag über die Stromeinspeisung in das E...-Netz zustande (Anlage K 1). Nach diesem Vertrag erfolgt die Vergütung der in das Netz eingespeisten Energie entsprechend den Vorschriften des EEG und dem dort vorgesehenen Mindestentgelt (vgl. Ziff. 4 der Vereinbarung vom 22./25. Januar 2004).
Im Jahr 2004 ergänzte der Kläger den bestehenden Gas-Otto-Motor um zwei Gasturbinen mit Nennleistungen von jeweils 65 kW. Am 1. Februar 2007 kam es zu einer Ersteinspeisung von Energie mit Hilfe der ergänzten Anlage. Am 6./16. Juni 2007 schlossen die Parteien einen zweiten Vertrag über die Stromeinspeisung in das E...-Netz, der hinsichtlich der Vergütung wiederum auf die Regelungen des EEG und das dort vorgesehene Mindestentgelt verwies (vgl. Ziff. 4 der Vereinbarung vom 6./16. Juni 2007, Anlage K 2).
Im Jahr 2009 tauschte der Kläger die beiden Gasturbinen gegen eine neue Gasturbine mit einer Nennleistung von 200 kW aus. Mit der so erweiterten Anlage speiste er zum ersten Mal am 1. Juli 2009 Strom ein. In diesem Zusammenhang kam es nicht mehr zum Abschluss eines neuen Stromeinspeisungsvertrages.
Sowohl der Gas-Otto-Motor als auch die Gasturbinen waren bzw. sind an einen Fermenter angeschlossen.
Die nachfolgende Tabelle stellt zusammen, aus welchen Teilen die Biogasanlage des Klägers bestand und welche Strommengen im Jahr 2009 produziert wurden:
        
produzierte Strommenge
im Jahr 2009:                  
Generator           
Zählernummer           
Anlagenschlüssel           
Vertrag über die Stromeinspeisung vom           
Anlage 1
2.059.974 kWh
Gas-Otto-Motor
(320 kW)
80020859
404522327
22./ 25. Jan. 2004
Anlage 2
720.395 kWh
Gasturbine
(200 kW, früher 2 x 65 kW)
11658925
407988603
06./16. Juni 2007
In der Biogasanlage des Klägers wird ausschließlich Strom aus anaerober Vergärung nachwachsender Rohstoffe oder Gülle in einer Kombination mit rein pflanzlichen Nebenprodukten i.S.d. Positivliste nach Anlage 2 Ziff. 5. zum EEG 2009 erzeugt, wobei der Anteil von Gülle i.S.d. Nr. 2.2 der Anlage 2 zum EEG 2009 jederzeit mindestens 30 Masseprozent und der Stromertrag der pflanzlichen Nebenprodukte 756.138 kWh betrug.
Für das Jahr 2009 bezahlte die Beklagte an den Kläger als Vergütung für gelieferten Strom Beträge i.H.v. 397.253,09 Euro und 160.357,25 Euro, insgesamt also 557.610,34 Euro.
10 
Der Kläger hat vorgetragen,
ihm stehe für das Jahr 2009 eine weitere Vergütung i.H.v. 38.049,03 Euro (netto) = 45.278,35 Euro (brutto) zu. Die Vergütung sei für die beiden Generatoren (Gas-Otto-Motor und Gasturbine) getrennt zu ermitteln, weil in seinem Fall zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 vorlägen. Seine Auffassung werde von der Empfehlung der Clearingstelle EEG vom 1. Juli 2010 gestützt. Für beide Anlagen liege ein unterschiedliches Wärmenutzungskonzept vor. Die Abwärme der Anlage 1 (Gas-Otto-Motor) werde genutzt zur Prozessheizung, Heizung der Hofgebäude und zur Wärmegewinnung für die Einspeisung in ein Nahwärmenetz F..., das im Februar 2010 in Betrieb genommen worden sei. Die Abwärme der Anlage 2 (Gasturbine) werde ausschließlich und komplett genutzt in Form einer Abluft-/Abgaswärmeeintragung in das Trocknungshaus. Dies sei so bereits seit Errichtung der beiden kleineren Vorgängerturbinen im Jahr 2007 geschehen.
11 
Mit der Klage mache er einen Teil der ausstehenden Mehrvergütung für das Jahr 2009 geltend.
12 
Der Kläger hat beantragt,
13 
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.001,00 Euro (brutto) nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
14 
Die Beklagte hat beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Sie hat vorgebracht,
dass der Kläger nur eine Anlage i.S.d. EEG betreibe, weil der Gas-Otto-Motor und die Gasturbine an denselben Fermenter angeschlossen seien. Mit dem Anlagebegriff in § 3 EEG habe eine erhöhte Förderung durch Anlagensplitting vermieden werden sollen. Weitergehende Ansprüche des Klägers für das Jahr 2009 bestünden nach den geleisteten Zahlungen nicht.
17 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
II.
18 
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
19 
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass offenbleiben könne, ob der Kläger eine oder zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibe. Unabhängig davon stehe ihm nämlich jedenfalls ein Anspruch auf weitere Vergütung i.H.v. 5.001,00 Euro (brutto) zu.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
21 
Das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 wurde der Beklagten am 5. März 2012 zugestellt. Die Berufung ist am 5. April 2012 eingegangen. Nachdem die Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 10. April 2012 bis zum 8. Juni 2012 verlängert worden war, ging die Berufungsbegründung am 6. Juni 2012 ein.
II.
22 
Mit der Berufung begehrt die Beklagte die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und die Abweisung der Klage. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass der Kläger nur eine Anlage i.S.d. EEG betreibe. Außerdem seien einzelne Vergütungsbestandteile, sog. Boni, im landgerichtlichen Urteil unzutreffend in Ansatz gebracht worden.
23 
Für den Gas-Otto-Motor lägen die Voraussetzungen des KWK-Bonus nicht vor. Außerdem sei der KWK-Bonus für die Gasturbine im landgerichtlichen Urteil mit 3 Cent/kWh zu hoch angesetzt. Ein Bonus in dieser Höhe käme nur dann in Betracht, wenn feststünde, dass die Gasturbine die Voraussetzungen des EGG 2009 erfüllt, was nicht der Fall sei. Auch im Übrigen berechne der Kläger den KWK-Bonus und den NawaRo-Bonus unzutreffend, weil keine Voll-, sondern nur eine Überschusseinspeisung vorliege. Bei der Ermittlung des NawaRo-Bonus könne nicht von unterschiedlichen Bemessungsleistungen für die Grundvergütung und die Bonusvergütung ausgegangen werden.
24 
Die Beklagte hat zunächst beantragt:
25 
Das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 (Az.: 10 O 175/11) wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
26 
Der Kläger beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Innerhalb der bis zum 8. Juni 2012 gesetzten Frist zur Berufungsantwort hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30. April 2012 Anschlussberufung eingelegt, mit der er seine (Teil-)Klage erweitert hat. Er beantragt nunmehr:
29 
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an den Kläger 20.001,00 Euro (brutto) nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.001,00 Euro seit 3. September 2011 und aus dem Rest seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
30 
Hinsichtlich der Anschlussberufung hat die Beklagte zunächst deren Zurückweisung beantragt.
31 
Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, dass er zwei unterschiedliche Generatoren (Gas-Otto-Motor und Gasturbine) einsetze und damit zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibe. Im Einzelnen habe das Landgericht die Höhe der Vergütung zutreffend berechnet. Der in der Berufungsinstanz gehaltene Vortrag der Beklagten sei verspätet. Insgesamt könne er von der Beklagten für das Jahr 2009 eine Gesamtvergütung i.H.v.
32 
        
423.237,00 Euro (Gas-Otto-Motor)
        
177.793,48 Euro (Gasturbine)
insgesamt:
601.030,48 Euro (netto)
33 
verlangen. Da die Beklagte bislang lediglich 557.610,34 Euro an den Kläger gezahlt habe, bestehe ein Restanspruch in Höhe der Differenz von 43.420,14 Euro (netto) = 51.669,97 Euro (brutto).
34 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von ihnen vorgelegten Schriftsätze mit Anlagen und auf die Sitzungsprotokolle vom 6. Dezember 2012 und vom 19. Dezember 2013 verwiesen.
35 
Der Senat hat zur Berechnung der Höhe der Vergütung ein Gutachten des Sachverständigen Dr. L... E... (Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung [IER], Universität S...) eingeholt. Hinsichtlich der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 31. Januar 2013 und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 25. November 2013 verwiesen. Außerdem wurde der Sachverständige im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2013 mündlich angehört.
36 
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Parteien folgenden Teilvergleich geschlossen:
37 
Die Parteien sind sich darüber einig, dass im Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2009 mit dem streitgegenständlichen Gasmotor (Anlagen-Nr. 404522327) in Kraft-Wärme-Kopplung eine Nutzwärmemenge von insgesamt 2.123.478 kWhthermisch erzeugt und genutzt wurde. Dies entspricht unter Berücksichtigung der Stromkennzahl des Gasmotors von 0,751 einer elektrischen Stromerzeugungsmenge in Höhe von 1.594.732 kWhelektrisch.
38 
Von der insgesamt in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Nutzwärmemenge wurden 232.478 kWhthermisch einem Wärmenutzungskonzept nach dem EEG 2004 zugeführt. Mit dieser Nutzwärmemenge korreliert eine Stromerzeugungsmenge von 174.591 kWhelektrisch.
39 
Die übrige Nutzwärmemenge von 1.891.000 kWhthermisch wurde einem Wärmenutzungskonzept nach dem EEG 2009 zugeführt. Mit dieser Nutzwärmemenge korreliert eine Stromerzeugungsmenge von 1.420.141 kWhelektrisch.
40 
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2014 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis gemäß § 307 ZPO i.H.v. 14.983,31 Euro netto erklärt.
41 
Im Streit steht zwischen den Parteien nunmehr neben der Frage, ob der Kläger eine oder mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibt, nur noch die Höhe des ihm zustehenden Boni (KWK-Bonus und NawaRo-Bonus).
B.
42 
Die Beklagte ist ihrem Anerkenntnis entsprechend zur Zahlung von 14.983,31 Euro netto zu verurteilen. Weil der anerkannte Betrag größer ist als der Betrag, zu dessen Zahlung die Beklagte im Urteil des Landgerichts verurteilt wurde, war ihre Berufung zurückzuweisen. Hinsichtlich des anerkannten Betrages kann der Kläger von der Beklagten Rechtshängigkeitszinsen verlangen (dazu I.).
43 
Das Anerkenntnis der Beklagten bleibt prozessual ohne Auswirkungen für die Anschlussberufung. Diese ist jedoch unbegründet (dazu II.).
44 
Im Einzelnen:
I.
45 
Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie gemäß § 307 Satz 1 ZPO dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen.
46 
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2014 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis i.H.v. 14.983,31 Euro netto erklärt. Der Kläger hat mitgeteilt, dass dieses Teilanerkenntnis einer Teileinigung zwischen den Parteien entspreche. Erstinstanzlich war die Beklagte zur Zahlung von 5.001,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt worden. Dieser Betrag entspricht 4.202,52 Euro netto. Über den erstinstanzlich zugesprochenen Betrag hat die Beklagte also einen weitergehenden Anspruch des Klägers i.H.v. 14.983,31 Euro minus 4.202,52 Euro, jeweils netto, anerkannt, was 10.780,79 Euro entspricht (vgl. Tenor Ziff. 2 dieses Urteils).
47 
Ein Zinsanspruch des Klägers hinsichtlich dieser Beträge folgt aus §§ 291, 288 BGB. Der Beklagten wurden die Klage am 02. September 2011 und die Anschlussberufung am 07. Mai 2012 zugestellt. Der Teilbetrag i.H.v. 5.001,00 Euro ist mithin wie erstinstanzlich tenoriert ab dem 03. September 2011 und der Teilbetrag i.H.v. 10.780,79 Euro ist ab dem 08. Mai 2012 zu verzinsen. Einwendungen gegen die geltend gemachten Zinsen hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht erhoben.
II.
48 
Weitere Vergütungsansprüche stehen dem Kläger gegen die Beklagte für das Jahr 2009 nicht zu.
1.
49 
Prozessual bleibt das Anerkenntnis der Beklagten ohne Wirkung auf die Anschlussberufung. Zwar verliert diese ihre Wirkung, wenn der Berufungskläger die Berufung zurücknimmt oder wenn diese verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird (§ 524 Abs. 4 ZPO). Ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Anschlussberufung bleibt jedoch ein Anerkenntnis in Bezug auf den Klaganspruch (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 524 Rz. 28; Ball, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 524 Rz. 29).
50 
Wegen der Entbehrlichkeit einer Beschwer kann sich ferner der in erster Instanz voll obsiegende Kläger der Berufung der Beklagten auch zur Klagerweiterung anschließen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2011, Az.: I ZR 10/09 = BB 2011, 1921 f.; Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 524 Rz. 33; Ball, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 524 Rz. 10).
2.
51 
Die Anschlussberufung ist indes unbegründet.
52 
Anspruchsgrundlage für die klägerische Vergütung sind die jeweiligen Punkte 4 der Verträge zwischen den Prozessparteien über die Stromeinspeisung in das E...-Netz vom 22./25. Januar 2004 und vom 06./16. Juni 2007 (Anl. K 1 und K 2), wonach sich die Vergütung der eingespeisten Energie nach den Regeln des EEG und den dort vorgesehenen Mindestsätzen richtet.
53 
Anwendbar ist im vorliegenden Fall das EEG 2009 [dazu a)]. Der Kläger betreibt nur eine und nicht mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 [dazu b)]. Hinsichtlich der Höhe der Vergütung kann der Kläger keine über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehenden Zahlungen verlangen [dazu c)].
a)
54 
Mit seiner Klage macht der Kläger eine ihm vermeintlich zustehende Mehrvergütung für das Jahr 2009 geltend. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Kläger Vergütung für zwei getrennte Anlagen oder lediglich für eine Anlage verlangen kann, sind die Vorschriften des EGG in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung (= EEG 2009). Die zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Gesetzesänderung (= EEG 2012) hat nach der Überleitungsvorschrift des § 66 EEG 2012 für den hier maßgeblichen Zeitraum keine Rückwirkung. Ebenfalls können die Vorschriften des EEG 2004 nicht mehr herangezogen werden, da dieses zum 31. Dezember 2008 durch das EEG 2009 ersetzt wurde.
b)
55 
Der Kläger betreibt nur eine und nicht mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009.
aa)
56 
§ 3 Nr. 1 EEG 2009 bestimmt, dass „Anlage“ i.S.d. Gesetzes jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas ist. Im Gegensatz dazu war nach der vormaligen Legaldefinition des § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 eine „Anlage“ jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Die Merkmale „selbständig“ und „technisch“ sind mithin nur in der Definition des EEG 2004, nicht aber in der des EEG 2009 enthalten.
57 
Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 galten mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen erneuerbaren Energien oder aus Grubengas, die im Geltungsbereich des Gesetzes errichtet und mit gemeinsam für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden waren, als eine Anlage, soweit sich nicht aus den §§ 6 bis12 EEG 2004 etwas anderes ergab.
58 
Demgegenüber sieht § 19 Abs. 1 EEG 2009 vor, dass mehrere Anlagen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und ausschließlich zum Zweck der Ermittlung der Vergütung für den jeweils zuletzt in Betrieb gesetzten Generator als eine Anlage gelten, wenn kumulativ die folgenden vier Voraussetzungen vorliegen:
59 
- Die Anlagen befinden sich auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe,
- die Anlagen erzeugen Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien,
- der in ihnen erzeugte Strom wird nach den Regelungen dieses Gesetzes in Abhängigkeit von der Leistung der Anlage vergütet und
- die Anlagen sind innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb gesetzt worden.
bb)
60 
In Rechtsprechung und Literatur war zunächst umstritten, ob angesichts der dargestellten Regelungen mit dem EEG 2009 gegenüber der Vorgängerregelung des EEG 2004 eine Erweiterung des Anlagebegriffes erfolgt ist, die dazu führt, dass die Frage der Verklammerung von Anlagenteilen zu einer Gesamtanlage nur noch durch § 19 EEG 2009 entschieden wird und nicht mehr über die Definition des Anlagenbegriffs in § 3 EEG 2009 oder ob der Anwendungsbereich des § 19 EEG 2009 erst dann eröffnet ist, wenn mehrere Anlagen i.S.d. § 3 EEG 2009 vorliegen.
61 
Eine Auffassung, die insbesondere von der Clearingstelle EEG des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in der Empfehlung vom 1. Juli 2010 (Az.: 2009/12) vertreten wurde, sah in § 3 EEG 2009, der die wiedergegebenen Einschränkungen der Legaldefinition der Vorgängerregelung nicht mehr enthält, eine Erweiterung des Anlagenbegriffes. Nach dieser Ansicht reichte es für eine Anlage bereits aus, wenn eine selbständige Stromerzeugungseinheit vorlag. Der ebenfalls zum Betrieb erforderliche Fermenter, der von zwei Anlagen genutzt wird, war hiernach als bloßer nicht-verklammernder Teil beider Anlagen anzusehen. Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 EEG 2009 war hiernach vergütungstechnisch von einer einheitlichen Anlage auszugehen (so auch LG Regensburg, Urteil vom 21. Juli 2007, Az.: 3 O 896/11; LG Duisburg, Urteil vom 31. März 2012, Az.: 23 O 25/11 = IR 2012, 157).
62 
Die Gegenansicht war der Auffassung, dass die Definition des Anlagenbegriffs nach § 3 EEG 2009 sich weiterhin an der Regelung des § 3 Abs. 2 EEG 2004 zu orientieren hat, also die nunmehr ungeschriebenen Einschränkungen enthält, dass mehrere Anlagen, die sich gemeinsame betriebstechnisch notwendige Einrichtungen teilen – wie etwa den Fermenter in einer Biogasanlage – als lediglich eine Anlage gelten. § 19 EEG 2009 kann hiernach erst dann zur Anwendung kommen, wenn eine vorangehende Auslegung zum Vorhandensein zweier Anlagen führt (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16. Sept. 2010, Az.: 12/10 = NVwZ 2011, 700 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.; OLG Naumburg, Urteil vom 16. Mai 2013, Az.: 2 U 129/12 = ZNER 2013, 401 f.).
cc)
63 
Zwischenzeitlich hat der BGH während des hier laufenden Verfahrens diese Frage im Sinne der letztgenannten Ansicht entschieden (vgl. BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.).
64 
Für den hier zu beurteilenden Zeitraum ist also die Frage, ob vorliegend eine oder mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 vorliegen, gegen die Auffassung der Clearingstelle EEG des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und im Sinne der Beklagten zu entscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerichtliche Entscheidungen nach § 32 der Verfahrensordnung der Clearingstelle den Empfehlungen und Hinweisen der Clearingstelle vorgehen.
(1)
65 
Bei der Biogasanlage des Klägers handelt es sich um eine auf einem Grundstück betriebene Anlage. Diese hat der Kläger im Jahr 2004 mit einem Gas-Otto-Motor als Generator in Betrieb genommen (Nennleistung: 320 KW). In der Folgezeit wurde der bestehende Gas-Otto-Motor durch zwei Gasturbinen (Nennleistung: 65 KW) ergänzt. Der Kläger hat die Eintragung der beiden weiteren Turbinen in das Anlagenregister beantragt; diese werden unter einem zweiten Anlagenschlüssel geführt. Schließlich tauschte der Kläger im Jahr 2009 die beiden Gasturbinen gegen eine neue Gasturbine mit einer Nennleistung von 200 KW aus. Auch nach dem Austausch wurde die Anlage unter dem gleichen Anlagenschlüssel weiter geführt. Sowohl der Gas-Otto-Motor als auch die beiden früheren Gasturbinen und die jetzige Gasturbine nutzen einen gemeinsamen Fermenter.
(2)
66 
In einer solchen Fallkonstellation liegt nur eine Anlage i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 vor, da beide Generatoren (Gasmotor und Gasturbine) mit dem Fermenter eine zwingend notwendige technische Einrichtung gemeinsam nutzen. Aufgrund dieser Verklammerung ist von nur einer einzigen Anlage i.S.d. EEG 2009 auszugehen.
67 
Hierfür sprechen Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Telos des EEG 2009.
68 
α)
69 
Zunächst wird diese Auffassung durch den Gesetzeswortlaut gestützt (so auch BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.): Nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 1 EEG 2009 setzt der Begriff der Anlage eine Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas voraus. Für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien ist erforderlich, dass eine Einrichtung zur Gewinnung und Aufbereitung des jeweiligen Energieträgers vorhanden ist. Bei einer Biogasanlage ist das der Fermenter (vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 2008, Az.: VIII ZR 308/07 = WM 2008, 1799 ff). Im Fermenter wird Biomasse von Bakterien abgebaut und dadurch Biogas erzeugt, welches sodann in elektrische Energie umgewandelt wird. Vorliegend betreibt der Kläger zwar unterschiedliche Generatoren (Gasmotor und Gasturbine), aber nur einen Fermenter. Mit dem Generator allein lässt sich aus erneuerbaren Energien kein Strom i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG 2009 erzeugen. Wird eine Komponente, hier der Fermenter, die zwingend zur Stromerzeugung erforderlich ist, von mehreren anderen Komponenten, hier von zwei Generatoren genutzt, so liegt nach dem Wortsinn nur eine Anlage vor. Denkt man sich nämlich den Fermenter weg, so bleibt nicht eine von zweien, sondern keine Anlage übrig.
70 
Außerdem spricht die Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 1 EEG 2009 davon, dass zur Bestimmung der Anlage neben der stromerzeugenden Einrichtung auch auf sämtliche technischen und baulich erforderlichen Einrichtungen abzustellen ist. Danach zählen zur Anlage neben dem Generator auch dessen Antrieb, Fermenter, Gärrestbehälter, unterirdische geothermische Betriebseinrichtungen, Staumauern oder Türme von Windenergieanlagen (vgl. BT-Drs. 16/8148, Seite 38).
71 
Im Gesetzeswortlaut haben diese Motive und Intentionen des Gesetzgebers etwa in § 3 Nr. 4 EEG 2009 Ausdruck gefunden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff): § 3 Nr. 4 EEG 2009 enthält eine Legaldefinition des Begriffs des Generators. Hierunter ist jede technische Einrichtung zu verstehen, die mechanische, chemische, thermische oder elektromagnetische Energie direkt in elektrische Energie umwandelt. Aus der Systematik der Begriffsbestimmungen in § 3 EEG 2009 ergibt sich, dass der Generator selbst nicht als Anlage i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 angesehen werden kann, da es andernfalls der Legaldefinition in § 3 Nr. 4 EEG 2009 nicht bedurft hätte.
72 
Auch stützt diese Auslegung eine Zusammenschau von § 3 Nr. 1 EEG 2009 und § 19 EEG 2009: § 3 EEG 2009 ist mit der amtlichen Überschrift „Begriffsbestimmungen“ überschrieben. Demgegenüber regelt § 19 EEG 2009 die „Vergütung für Strom, aus mehreren Anlagen“. Bereits die Fassung dieser beiden amtlichen Überschriften zeigt, dass nur § 3 EEG 2009, nicht aber § 19 EEG 2009 eine Legaldefinition des Anlagenbegriffs enthält. Zwar benutzt § 19 EEG 2009 diesen Begriff und setzt ihn inhaltlich voraus, für die begriffliche Bestimmung indes enthält § 3 Nr. 1 EEG 2009 eine abschließende Regelung.
73 
β)
74 
Auch die Entstehungsgeschichte des § 3 EEG 2009 spricht dafür, im vorliegenden Fall von nur einer Anlage des Klägers i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 auszugehen.
75 
Die vormalige Gesetzesfassung des § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 definierte – wie dargestellt – die Anlage als jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Außerdem galten nach § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 mehrere Anlagen dann als eine Anlage, wenn sie mit gemeinsamen, für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden sind.
76 
Die Gesetzesbegründung nannte in diesem Zusammenhang ausdrücklich den Fermenter von Biogasanlagen als eine für den Betrieb erforderliche Einrichtung (vgl. BT-Drs. 15/2864, Seite 30). Mit der Streichung der beiden Merkmale „selbständig“ und „technisch“ sollte im EEG 2009 ein weiter Anlagenbegriff zu Grunde gelegt werden, um bestehende Auslegungsunsicherheiten zu beseitigen (vgl. BT-Drs. 16/8148, Seite 38). Die Regelung des EEG 2004 hatte nämlich in der Praxis ungewollt zu einem sog. Anlagensplitting geführt. Dies bedeutete, dass Anlagenbetreiber statt einer großen Anlage eine Vielzahl von kleineren Anlagen in unmittelbarer Nähe zueinander errichteten, um so in den Genuss einer Mehrvergütung zu gelangen, da die Vergütungen bei mehreren kleinen Anlagen höher sind als bei einer großen Anlage.
77 
Nach dem weiten Anlagenbegriff des EEG 2009, der infolge der Streichung der Begriffe „selbständig“ und „technisch“ entstanden ist, stellen nicht die stromerzeugenden Einrichtungen selbst, sondern die Gesamtheit der zur Stromerzeugung erforderlichen Einrichtungen eine Anlage i.S.d. EEG dar (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.). Mit der Novellierung wollte der Gesetzgeber erreichen, dass Anlagenkonfigurationen vermehrt als nur eine Anlage behandelt werden. Insbesondere sollten Anlagen, die bereits nach früherem Recht gem. der Fiktion des § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 als eine Anlage anzusehen waren, auch nach dem EEG 2009 als eine Anlage i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG 2009 anzusehen sein und zwar unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 (vgl. BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.).
78 
Der Vorschrift des § 19 EEG 2009 kommt nämlich auch bei entstehungsgeschichtlicher Betrachtung keine Funktion bei der Definition des Begriffs „Anlage“ zu. Vielmehr findet § 19 Abs. 1 EEG 2009 als Vergütungsregelung erst Anwendung nach der vorrangig, sich am – weiten – Anlagenbegriff des § 3 Nr. 1 EEG 2009 orientierenden Klärung der Frage, ob eine oder mehrere Anlagen vorliegen (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16. September 2010, Az.: 12 U 79/10 = NVwZ 2011, 700 ff).
79 
γ)
80 
Auch eine systematische Auslegung stützt die hier vertretene Auffassung. Das EEG 2009 fasst in § 3 EEG 2009 unterschiedliche Legaldefinitionen zusammen. § 19 EEG 2009 hingegen enthält eine reine Vergütungsvorschrift, die sich konsequenterweise nicht im Teil 1 „Allgemeine Vorschriften des Gesetzes“, sondern in dessen Teil 3 findet, der mit „Vergütung“ überschrieben ist. Aus der Gesetzessystematik lässt sich mithin der Schluss ziehen, dass der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 EEG 2009 erst eröffnet ist, wenn das Vorliegen mehrerer Anlagen i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 feststeht bzw. umgekehrt, dass sich das Vorliegen einer oder mehrerer Anlagen i.S.d. EEG nur nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 1 EEG 2009 richtet (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff). Dem Umstand, dass vorliegend zwischen der Inbetriebnahme der Anlage des Kläger mit dem Gasmotor als Generator und dem Zeitpunkt der Ergänzung um die Gasturbinen mehr als zwölf Monate liegen, kommt mithin keine Bedeutung zu. Zwar liegen damit die Voraussetzungen des § 19 EEG 2009 nicht vor (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009); dies ändert aber nichts daran, dennoch von nur einer Anlage i.S.d. § 3 Nr. 1 EG 2009 auszugehen.
81 
δ)
82 
Schließlich spricht eine teleologische Auslegung des § 3 EEG 2009 dafür, im vorliegenden Fall von nur einer Anlage auszugehen. Mit der Neufassung des Anlagenbegriffs im EEG 2009 wollte der Gesetzgeber bestehende Auslegungsunsicherheiten beseitigen. Zugleich verfolgte er das Ziel, eine vergütungsoptimierte Anlagenaufteilung auch hinsichtlich solcher Anlagen zu verhindern, die zwar nicht durch gemeinsam genutzte Einrichtungen oder bauliche Anlagen miteinander verbunden waren, aber gemeinsame Infrastruktureinrichtungen benutzten, was nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 EEG 2004 zulässig war, um damit volkswirtschaftlich unnötige Mehrkosten zu vermeiden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff). Mehrere Anlagen indes, die bereits nach vormaliger Rechtslage als eine Anlage anzusehen waren, sollten auch unter der Geltung des EEG 2009 vergütungstechnisch als eine Anlage behandelt werden.
83 
Diese Intention des Gesetzgebers würde leerlaufen, wollte man für die Entscheidung des Vorliegens einer oder mehrerer Anlagen darauf abstellen, ob auch die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 erfüllt sind. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf § 19 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009. Angesichts der Tatsache, dass die Voraussetzungen in § 19 EEG 2009 mit „und“ verbunden sind, also kumulativ vorliegen müssen, hätte es der Kläger in der Hand, jeweils im Abstand von mehr als zwölf Monaten einen neuen Generator in Betrieb zu nehmen und diesen mit seinem bereits vorhandenen Fermenter zu verbinden, um dann jeweils die höheren Vergütungssätze für Anlagen mit geringerer Leistungsstärke in Anspruch zu nehmen. Dies widerspräche dem Zweck des Gesetzes, durch Schaffung von wirtschaftlichen Investitionsanreizen die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung zu verringern. Zwar mag dem Kläger hier zugestanden werden, dass in seinem Fall nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Errichtung mehrerer kleiner Anlagen statt einer großen Anlage auszugehen ist. Eine einschränkende Auslegung der §§ 3, 19 EEG 2009 nur auf Fälle des Rechtsmissbrauchs ist jedoch nicht angezeigt, weil ein Missbrauchsmerkmal im Gesetzestext nicht erwähnt wird (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 22. Februar 2011, Az.: 6 U 39/10 = RDE 2012, 158; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff).
84 
ε)
85 
Kein durchgreifendes Gegenargument gegen die Annahme nur einer Anlage i.S.d. EEG 2009 ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beklagte die beiden Generatoren des Klägers (Gasmotor und Gasturbine) jeweils unter eigenständigen Anlagennummern führt. Die Beklagte hat plausibel vorgetragen, dass die Vergabe von zwei unterschiedlichen Anlagennummern ausschließlich systemtechnische Gründe habe, da zwar für die Gasturbine, nicht aber für den Gasmotor ein Anspruch auf den Technologiebonus nach dem EEG bestehe, was zwingend eine separate Messung voraussetze.
86 
Es liegt damit nur eine zu vergütende Anlage des Klägers vor. Der Anwendungsbereich des § 19 EEG 2009 ist nicht eröffnet, da die Vorschrift das Vorhandensein mehrere Anlagen voraussetzt. Ob deren Voraussetzungen gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EEG 2009 vorliegen, ist für den Rechtsstreit unerheblich. Eine separate Vergütung der klägerischen Anlagenkonfiguration als zwei getrennte Anlagen kommt nicht in Betracht.
c)
87 
Hinsichtlich der Höhe der dem Kläger für den eingespeisten Strom zustehenden Vergütung für das Jahr 2009 schließt sich der Senat der Berechnung der Beklagten an. Über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehende Ansprüche des Klägers bestehen mithin nicht.
aa)
88 
Unstreitig hat der Kläger im Jahr 2009 produziert mit
89 
dem Generator Gas-Otto-Motor (320 kW) eine Strommenge von
2.059.974 kWh
 und   
der Gasturbine (200 kW, früher 2 x 65 kW) eine Strommenge von
720.395 kWh
        
insgesamt also:
2.780.369 kWh
        
90 
Bezahlt hat die Beklagte an den Kläger für das Jahr 2009 nach einer Rechnungskorrektur vom 26. April 2011 Beträge i.H.v.
91 
Gas-Otto-Motor
397.253,09 Euro
Gasturbine
160.375,25 Euro
insgesamt:
567.610,34 Euro
92 
Nach Auffassung des Sachverständigen E... (vgl. Gutachten vom 30. Mai 2013 und Ergänzungsgutachten vom 25. November 2013, GA 244 ff. und 331 ff.) hätten folgende Beträge ausbezahlt werden müssen:
93 
Grundvergütung
298.514,36 Euro
NawaRo-Bonus
225.001,32 Euro
Technologie-Bonus
14.407,90 Euro
KWK-Bonus
68.918,07 Euro
insgesamt:
606.841,65 Euro
94 
Legte man also die Berechnung des Sachverständigen zugrunde, so ergäbe sich ein restlicher Anspruch des Klägers gegen die Beklagte i.H.v. 606.841,65 Euro minus 557.610,34 Euro = 49.231,31 Euro.
95 
Der Senat legt allerdings aus Rechtsgründen diese Berechnungsweise seiner Entscheidung nicht zugrunde.
bb)
96 
Im Einzelnen:
97 
Hinsichtlich der Positionen „Grundvergütung“ ergeben sich zwischen den Berechnungsweisen der Parteien nur marginale Unterschiede; hinsichtlich der Position „Technologie-Bonus“ bestehen keine Unterschiede. Die Auffassungen der Parteien unterscheiden sich lediglich bei den Positionen „KWK-Bonus“ und „NawaRo-Bonus“.
98 
Hier gilt im Einzelnen Folgendes:
99 
(1) KWK-Bonus:
100 
Nach Ziff. 1 der Anlage 2 zum EEG 2009 wird Strom in Kraft-Wärme-Kopplung i.S.d. § 27 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2 EEG 2009 erzeugt, soweit
101 
- es sich um Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung handelt und
- eine Wärmenutzung i.S.d. Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 (Positivliste) vorliegt
oder
- die Wärmenutzung nachweislich fossile Energieträger in einem mit dem Umfang der fossilen Wärmenutzung vergleichbaren Energieäquivalent ersetzt.
102 
Ziff. 2.2 der Anlage 2 zum EEG 2009 sieht vor, dass der Nachweis über die Erfüllung der genannten Voraussetzungen durch ein Gutachten eines Umweltgutachters mit einer Zulassung für den Bereich Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energien oder für den Bereich Wärmeversorgung erbracht werden muss.
103 
Zunächst hat die Beklagte gerügt, dass in Bezug auf den Gas-Otto-Motor des Klägers ein derartiges Gutachten nicht vorliege, weil sich das vorgelegte Gutachten der Anlage K 3 gerade nicht auf den Gas-Otto-Motor, sondern lediglich auf die Gasturbine beziehe. Zwischenzeitlich haben die Parteien einen Teilvergleich zu der Frage geschlossen, inwieweit der KWK-Bonus für den Gasmotor nach dem EEG 2009 zu bemessen ist. Im Einzelnen ist insofern auf die Regelungen im Teilvergleich zu verweisen.
104 
Weiter hat die Beklagte zunächst eingewandt, dass das Landgericht für die Gasturbine den KWK-Bonus mit 3 Cent/kWh und damit zu hoch angesetzt habe, weil nämlich keine Wärmenutzung i.S.d. Ziff. 3 h) der Anlage 2 zum EEG 2009 vorliege. Auch ein anderer Tatbestand der Positivliste gemäß Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 sei nicht gegeben. Diese Einwendung hat die Beklagte zwischenzeitlich aufgegeben. Zuletzt mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 (GA 265) hat sie klargestellt, dass es sich bei der Anlage des Klägers auch nach ihrer Auffassung um eine förderfähige Anlage i.S.d. Ziff. 3 h) der Positivliste gemäß Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 handelt.
105 
Im Streit steht mithin hinsichtlich des KWK-Bonus mittlerweile nur noch die Frage, welche Auswirkungen sich für die Vergütungshöhe aus dem Umstand ergeben, dass im Fall des Klägers keine Voll-, sondern nur eine Überschusseinspeisung vorliegt. Während der Kläger den KWK-Bonus von der insgesamt erzeugten Strommenge (= in das Netz eingespeister und eigenverbrauchter Strom) berechnen will, legt die Beklagte ihrer Berechnung des zu zahlenden KWK-Bonus nur den geringeren Anteil des eingespeisten Stroms zu Grunde.
106 
Der Sachverständige E... hat erläutert, dass die Berechnungsweise des Klägers üblicher Praxis und dem gelebten Verständnis der Anlagenbetreiber entspreche. Andersartige Berechnungen im Sinne der Beklagten und im Sinne eines Proportionalitätsprinzips nach der VDN-Verfahrensbeschreibung seien in der Praxis weniger bekannt (vgl. Seiten 3 und 4 der Ergänzungsgutachtens vom 25. November 2013).
107 
Für die Auffassung des Klägers scheint zunächst zu sprechen, dass Vergütungsregelungen des EEG 2009 – anders als die Regelungen des EEG 2012 – ein kompliziertes Bonus-/Malus-System kennzeichnet (vgl. Schneider, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Aufl. 2013, § 21 Rz. 90 f.): So gewährt das EEG 2009 Boni, wenn Strom auf eine seitens des Gesetzgebers gewünschte und daher förderfähige Art erzeugt wird. Dabei scheint es zunächst keine Rolle zu spielen, ob der solchermaßen gewollt erzeugte Strom in das Netz eingespeist oder gleich vor Ort vom Anlagenbetreiber selbst verbraucht wird, weil jeweils das gesetzgeberische Ziel erreicht wird, nämlich einen anderweitigen Bezug und damit letztlich auch eine anderweitige Erzeugung von Strom zu vermeiden.
108 
Allerdings nennt § 1 EEG 2009 ausdrücklich auch die Verringerung der volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte als gleichrangigen Gesetzeszweck und es ist nicht zu verkennen, dass es sich bei der Frage, ob und in welcher Höhe für eingespeisten Strom ein KWK-Bonus zu zahlen ist, um eine vergütungsrechtliche und damit wirtschaftliche Frage handelt. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, einen KWK-Bonus für eine Strommenge zu bezahlen, wenn deren Erzeugung nicht oder zumindest teilweise nicht die Voraussetzungen des § 27 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2 EEG 2009 erfüllt. Sinn und Zweck des KWK-Bonus (und des NawaRo-Bonus, bei dem sich hinsichtlich der Frage der Überschusseinspeisung die gleichen Fragen stellen) sprechen also für eine Berechnungsweise i.S.d. der Beklagten.
109 
Auszugehen ist hier nämlich davon, dass der Kläger nicht die Gesamtmenge Strom, sondern nur eine geringere Teilmenge in Kraft-Wärme-Kopplung (bzw. unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe) erzeugt hat. Hätte er also keinen Strom eigenverbraucht, sondern die insgesamt von ihm erzeugte Strommenge in das Netz eingespeist, könnte er den KWK-Bonus nur anteilig für diejenige Stromteilmenge verlangen, die in Kraft-Wärme-Kopplung (bzw. unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe) erzeugt wurde. Nichts anderes kann nun gelten, wenn der Kläger den von ihm erzeugten Strom nicht insgesamt in das Netz einspeist, sondern anteilig eigenverbraucht: Ein Leistungsbestimmungsrecht des Klägers dergestalt, dass er nur solchen Strom eigenverbraucht, der nicht in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt ist, und dass er nur solchen Strom in das Netz einspeist, der in Kraft-Wärme-Kopplung erstellt ist, besteht nicht, weil sich die beiden Strommengen KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom tatsächlich physikalisch nicht unterscheiden lassen.
110 
Telos der KWK-Bonus-Regelung im EEG 2009 ist die Prämierung eines bestimmten physikalischen Produktionsergebnisses: Ein entsprechender Bonus ist einem Anlagebetreiber nur zu bezahlen, wenn feststeht, dass der Strom in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt ist. Weil sich im Falle des Klägers die beiden erzeugten Strommengen KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom tatsächlich physikalisch nicht trennen lassen, kann er den Bonus nur anteilig verlangen, nämlich insoweit, wie er bezogen auf die Gesamtmenge KWK-Strom produziert.
111 
Die Berechnungsweise des Klägers erscheint auch wertungsmäßig nicht gerechtfertigt, weil er so seinen – für ihn günstigen – selbst erzeugten Strom anteilig zum Betrieb seiner Eigenanlage nutzen könnte, also keinen externen Strom beziehen müsste und gleichzeitig von der Beklagten den KWK-Bonus in voller Höhe einfordern könnte. Dies hätte wirtschaftlich betrachtet für ihn einen doppelten Vorteil zur Folge, für den es sachlich keinen rechtfertigenden Grund gibt.
112 
Ist also – wie hier – eine Aussonderung des KWK-Stroms tatsächlich physikalisch nicht möglich, weil ein physikalisch nicht trennbares Gemisch aus KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom vorliegt, so kann der Kläger nur für denjenigen Anteil an diesem Gemisch den KWK-Bonus verlangen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen des KWK-Bonus erfüllt. Der KWK-Bonus ist also nicht auf die insgesamt erzeugte Strommenge, sondern nur für den Anteil des tatsächlich in das Netz eingespeisten Stroms auszuzahlen.
113 
Entsprechend hat die Beklagte den KWK-Bonus berechnet. Die rechnerische Ermittlung der Vergütungshöhe hat der Kläger nicht angegriffen, sondern sich nur gegen die zu Grunde liegenden rechtlichen Voraussetzungen gewandt. Insofern kann hinsichtlich der mathematischen Ermittlung des KWK-Bonus auf die Berechnung der Beklagten verwiesen werden (GA 299 ff., 357 f., Anlage B 12, Anlage B 13
114 
[CD-Rom]).
115 
(2) NawaRo-Bonus:
116 
Beim NawaRo-Bonus (Bonus für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen) handelt es sich um eine Zusatzvergütung für Strom, der aus nachwachsenden Rohstoffen produziert wird und der vor allem für Biogasanlagen und Biomasse-Heizkraftwerke relevant ist.
117 
Auch hinsichtlich der Berechnung des NawaRo-Bonus hat der Sachverständige E... ausgeführt, dass seiner Auffassung nach nicht nur auf den eingespeisten Strom, sondern auf die insgesamt erzeugte Strommenge abzustellen sei. Rechnerisch hat der Sachverständige im vorliegenden Fall einen NawaRo-bonusfähigen Stromanteil i.H.v. 75,96% ermittelt, was einem Wert von 2.389.107 kWh entspricht.
118 
Der Senat geht auch hier – entgegen der Ansicht des Klägers – davon aus, dass aufgrund physikalischer Unmöglichkeit kein Leistungsbestimmungsrecht des Klägers besteht, der Beklagten denjenigen Strom anzudienen, der unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe erzeugt worden ist. Der Kläger kann also auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des NawaRo-Bonus nur für eine Teilstrommenge verlangen. Insoweit ist auf die Ausführungen unter (1) zum KWK-Bonus zu verweisen.
119 
Im Übrigen hat die Aufteilung der NawaRo-bonusfähigen Strommenge entgegen der Ansicht des Klägers der Systematik der Grundvergütung zu folgen. Mit der Beklagten ist davon auszugehen, dass der unter Einsatz nachwachsender Rohstoffe erzeugte Strom entsprechend dem im Rahmen der Grundvergütung ermittelten Verhältnis auf die einzelnen Vergütungsklassen aufzuteilen ist (vgl. insofern auch BGH, Urteil vom 10. Juli 2013, Az.: VIII ZR 300/12 = ZNER 2013, 606 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 30. Oktober 2013, Az.: 5 U 143/12 = EnWZ 2014, 31 ff.).
120 
Für diese Auffassung sprechen Wortlaut und Systematik des § 27 EEG 2009: Unter den in § 27 Abs. 2 und 4 genannten Voraussetzungen „erhöht sich“ nämlich die „Vergütung nach Absatz 1“ für in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Strom (§ 27 Abs. 4 Nr. 1 EEG 2009) bzw. für Strom, der in Anlagen erzeugt wird, die Biogas einsetzen, und wenn zur Erzeugung des Biogases in dem jeweiligen Kalenderjahr durchschnittlich ein Anteil von Gülle von mindestens 60 Masseprozent eingesetzt wird (§ 27 Abs. 4 Nr. 2 EEG 2009). § 27 Abs. 2 und 4 EEG 2009 nehmen auf diese Weise ausdrücklich Bezug auf § 27 Abs. 1 EEG 2009, der die Höhe der Grundvergütung für Strom aus Biomasse im Sinne der Biomasseverordnung regelt. Die Ermittlung unterschiedlicher Bemessungsleistungen für die Grundvergütung und die Bonusvergütung im Sinne des Klägers lässt sich unter diesen Umständen weder mit dem Wortlaut noch mit der Systematik dieser gesetzlichen Regelung in Einklang bringen.
121 
Auch im Zusammenhang mit dem NawaRo-Bonus hat der Kläger die rechnerische Ermittlung der Vergütungshöhe nicht angegriffen. Auch insofern ist daher auf die Berechnung der Beklagten zu verweisen (GA 299 ff., 357 f., Anlage B 12, Anlage B 13 [CD-Rom]).
122 
Nach dieser Berechnung steht eine Vergütung für das Jahr 2009 i.H.v. 14.983,31 Euro netto offen. Dieser Betrag entspricht dem Teilanerkenntnis der Beklagten.
C.
123 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO. Soweit die Beklagte den klägerischen Anspruch anerkannt hat, waren ihr die Kosten aufzuerlegen. Im Übrigen trägt der Kläger die Kostenlast.
124 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
125 
Wegen der Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Berechnung des KWK-Bonus und des NawaRo-Bonus wird gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO die Revision zugelassen. In diesem Bereich wirft der vorliegende Rechtsstreit klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen auf, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen und die überdies für die Betroffenen tatsächlich und wirtschaftlich ein erhebliches Gewicht erreichen können. Höchstrichterlich sind diese Fragen bislang nicht entschieden.
126 
Im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Die sich weiter im hiesigen Verfahren stellenden und entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abstrakt geklärt und die Auswirkungen dieser Grundsätze betreffen nur den jeweiligen Einzelfall.
127 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren war nach der mit der Anschlussberufung des Klägers erfolgten Klagerweiterung auf 20.001,00 Euro festzusetzen.

Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 (Az.: 10 O 175/11) wird ihrem Anerkenntnis entsprechend zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung des Klägers hin wird die Beklagte gleichfalls ihrem Anerkenntnis entsprechend verurteilt, über den Betrag nach Ziff. 2 hinaus, weitere 10.780,79 Euro zu bezahlen.

3. Auf die Anschlussberufung des Klägers hin wird die Beklagte verurteilt, Zinsen aus 10.780,79 Euro i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08. Mai 2012 zu bezahlen.

4. Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Auch das angefochtene Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 20.001,00 Euro.

Gründe

 
A.
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten für Strom, den er aus Biomasse erzeugt, für das Jahr 2009 eine Mehrvergütung nach dem EEG.
Seit dem Jahr 2004 betreibt der Kläger auf seinem Grundstück eine Biogasanlage. Anfänglich hat er als Generator einen Gas-Otto-Motor mit einer Nennleistung von 320 kW in Betrieb genommen. Am 22. Januar 2004 speiste der Kläger mit dieser Anlage erstmals Strom ein. Zwischen den Prozessparteien kam am 22./25. Januar 2004 ein Vertrag über die Stromeinspeisung in das E...-Netz zustande (Anlage K 1). Nach diesem Vertrag erfolgt die Vergütung der in das Netz eingespeisten Energie entsprechend den Vorschriften des EEG und dem dort vorgesehenen Mindestentgelt (vgl. Ziff. 4 der Vereinbarung vom 22./25. Januar 2004).
Im Jahr 2004 ergänzte der Kläger den bestehenden Gas-Otto-Motor um zwei Gasturbinen mit Nennleistungen von jeweils 65 kW. Am 1. Februar 2007 kam es zu einer Ersteinspeisung von Energie mit Hilfe der ergänzten Anlage. Am 6./16. Juni 2007 schlossen die Parteien einen zweiten Vertrag über die Stromeinspeisung in das E...-Netz, der hinsichtlich der Vergütung wiederum auf die Regelungen des EEG und das dort vorgesehene Mindestentgelt verwies (vgl. Ziff. 4 der Vereinbarung vom 6./16. Juni 2007, Anlage K 2).
Im Jahr 2009 tauschte der Kläger die beiden Gasturbinen gegen eine neue Gasturbine mit einer Nennleistung von 200 kW aus. Mit der so erweiterten Anlage speiste er zum ersten Mal am 1. Juli 2009 Strom ein. In diesem Zusammenhang kam es nicht mehr zum Abschluss eines neuen Stromeinspeisungsvertrages.
Sowohl der Gas-Otto-Motor als auch die Gasturbinen waren bzw. sind an einen Fermenter angeschlossen.
Die nachfolgende Tabelle stellt zusammen, aus welchen Teilen die Biogasanlage des Klägers bestand und welche Strommengen im Jahr 2009 produziert wurden:
        
produzierte Strommenge
im Jahr 2009:                  
Generator           
Zählernummer           
Anlagenschlüssel           
Vertrag über die Stromeinspeisung vom           
Anlage 1
2.059.974 kWh
Gas-Otto-Motor
(320 kW)
80020859
404522327
22./ 25. Jan. 2004
Anlage 2
720.395 kWh
Gasturbine
(200 kW, früher 2 x 65 kW)
11658925
407988603
06./16. Juni 2007
In der Biogasanlage des Klägers wird ausschließlich Strom aus anaerober Vergärung nachwachsender Rohstoffe oder Gülle in einer Kombination mit rein pflanzlichen Nebenprodukten i.S.d. Positivliste nach Anlage 2 Ziff. 5. zum EEG 2009 erzeugt, wobei der Anteil von Gülle i.S.d. Nr. 2.2 der Anlage 2 zum EEG 2009 jederzeit mindestens 30 Masseprozent und der Stromertrag der pflanzlichen Nebenprodukte 756.138 kWh betrug.
Für das Jahr 2009 bezahlte die Beklagte an den Kläger als Vergütung für gelieferten Strom Beträge i.H.v. 397.253,09 Euro und 160.357,25 Euro, insgesamt also 557.610,34 Euro.
10 
Der Kläger hat vorgetragen,
ihm stehe für das Jahr 2009 eine weitere Vergütung i.H.v. 38.049,03 Euro (netto) = 45.278,35 Euro (brutto) zu. Die Vergütung sei für die beiden Generatoren (Gas-Otto-Motor und Gasturbine) getrennt zu ermitteln, weil in seinem Fall zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 vorlägen. Seine Auffassung werde von der Empfehlung der Clearingstelle EEG vom 1. Juli 2010 gestützt. Für beide Anlagen liege ein unterschiedliches Wärmenutzungskonzept vor. Die Abwärme der Anlage 1 (Gas-Otto-Motor) werde genutzt zur Prozessheizung, Heizung der Hofgebäude und zur Wärmegewinnung für die Einspeisung in ein Nahwärmenetz F..., das im Februar 2010 in Betrieb genommen worden sei. Die Abwärme der Anlage 2 (Gasturbine) werde ausschließlich und komplett genutzt in Form einer Abluft-/Abgaswärmeeintragung in das Trocknungshaus. Dies sei so bereits seit Errichtung der beiden kleineren Vorgängerturbinen im Jahr 2007 geschehen.
11 
Mit der Klage mache er einen Teil der ausstehenden Mehrvergütung für das Jahr 2009 geltend.
12 
Der Kläger hat beantragt,
13 
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.001,00 Euro (brutto) nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
14 
Die Beklagte hat beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Sie hat vorgebracht,
dass der Kläger nur eine Anlage i.S.d. EEG betreibe, weil der Gas-Otto-Motor und die Gasturbine an denselben Fermenter angeschlossen seien. Mit dem Anlagebegriff in § 3 EEG habe eine erhöhte Förderung durch Anlagensplitting vermieden werden sollen. Weitergehende Ansprüche des Klägers für das Jahr 2009 bestünden nach den geleisteten Zahlungen nicht.
17 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
II.
18 
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
19 
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass offenbleiben könne, ob der Kläger eine oder zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibe. Unabhängig davon stehe ihm nämlich jedenfalls ein Anspruch auf weitere Vergütung i.H.v. 5.001,00 Euro (brutto) zu.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
21 
Das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 wurde der Beklagten am 5. März 2012 zugestellt. Die Berufung ist am 5. April 2012 eingegangen. Nachdem die Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 10. April 2012 bis zum 8. Juni 2012 verlängert worden war, ging die Berufungsbegründung am 6. Juni 2012 ein.
II.
22 
Mit der Berufung begehrt die Beklagte die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und die Abweisung der Klage. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass der Kläger nur eine Anlage i.S.d. EEG betreibe. Außerdem seien einzelne Vergütungsbestandteile, sog. Boni, im landgerichtlichen Urteil unzutreffend in Ansatz gebracht worden.
23 
Für den Gas-Otto-Motor lägen die Voraussetzungen des KWK-Bonus nicht vor. Außerdem sei der KWK-Bonus für die Gasturbine im landgerichtlichen Urteil mit 3 Cent/kWh zu hoch angesetzt. Ein Bonus in dieser Höhe käme nur dann in Betracht, wenn feststünde, dass die Gasturbine die Voraussetzungen des EGG 2009 erfüllt, was nicht der Fall sei. Auch im Übrigen berechne der Kläger den KWK-Bonus und den NawaRo-Bonus unzutreffend, weil keine Voll-, sondern nur eine Überschusseinspeisung vorliege. Bei der Ermittlung des NawaRo-Bonus könne nicht von unterschiedlichen Bemessungsleistungen für die Grundvergütung und die Bonusvergütung ausgegangen werden.
24 
Die Beklagte hat zunächst beantragt:
25 
Das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2012 (Az.: 10 O 175/11) wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
26 
Der Kläger beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Innerhalb der bis zum 8. Juni 2012 gesetzten Frist zur Berufungsantwort hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30. April 2012 Anschlussberufung eingelegt, mit der er seine (Teil-)Klage erweitert hat. Er beantragt nunmehr:
29 
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an den Kläger 20.001,00 Euro (brutto) nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.001,00 Euro seit 3. September 2011 und aus dem Rest seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
30 
Hinsichtlich der Anschlussberufung hat die Beklagte zunächst deren Zurückweisung beantragt.
31 
Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, dass er zwei unterschiedliche Generatoren (Gas-Otto-Motor und Gasturbine) einsetze und damit zwei Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibe. Im Einzelnen habe das Landgericht die Höhe der Vergütung zutreffend berechnet. Der in der Berufungsinstanz gehaltene Vortrag der Beklagten sei verspätet. Insgesamt könne er von der Beklagten für das Jahr 2009 eine Gesamtvergütung i.H.v.
32 
        
423.237,00 Euro (Gas-Otto-Motor)
        
177.793,48 Euro (Gasturbine)
insgesamt:
601.030,48 Euro (netto)
33 
verlangen. Da die Beklagte bislang lediglich 557.610,34 Euro an den Kläger gezahlt habe, bestehe ein Restanspruch in Höhe der Differenz von 43.420,14 Euro (netto) = 51.669,97 Euro (brutto).
34 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von ihnen vorgelegten Schriftsätze mit Anlagen und auf die Sitzungsprotokolle vom 6. Dezember 2012 und vom 19. Dezember 2013 verwiesen.
35 
Der Senat hat zur Berechnung der Höhe der Vergütung ein Gutachten des Sachverständigen Dr. L... E... (Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung [IER], Universität S...) eingeholt. Hinsichtlich der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 31. Januar 2013 und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 25. November 2013 verwiesen. Außerdem wurde der Sachverständige im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2013 mündlich angehört.
36 
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Parteien folgenden Teilvergleich geschlossen:
37 
Die Parteien sind sich darüber einig, dass im Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2009 mit dem streitgegenständlichen Gasmotor (Anlagen-Nr. 404522327) in Kraft-Wärme-Kopplung eine Nutzwärmemenge von insgesamt 2.123.478 kWhthermisch erzeugt und genutzt wurde. Dies entspricht unter Berücksichtigung der Stromkennzahl des Gasmotors von 0,751 einer elektrischen Stromerzeugungsmenge in Höhe von 1.594.732 kWhelektrisch.
38 
Von der insgesamt in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Nutzwärmemenge wurden 232.478 kWhthermisch einem Wärmenutzungskonzept nach dem EEG 2004 zugeführt. Mit dieser Nutzwärmemenge korreliert eine Stromerzeugungsmenge von 174.591 kWhelektrisch.
39 
Die übrige Nutzwärmemenge von 1.891.000 kWhthermisch wurde einem Wärmenutzungskonzept nach dem EEG 2009 zugeführt. Mit dieser Nutzwärmemenge korreliert eine Stromerzeugungsmenge von 1.420.141 kWhelektrisch.
40 
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2014 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis gemäß § 307 ZPO i.H.v. 14.983,31 Euro netto erklärt.
41 
Im Streit steht zwischen den Parteien nunmehr neben der Frage, ob der Kläger eine oder mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 betreibt, nur noch die Höhe des ihm zustehenden Boni (KWK-Bonus und NawaRo-Bonus).
B.
42 
Die Beklagte ist ihrem Anerkenntnis entsprechend zur Zahlung von 14.983,31 Euro netto zu verurteilen. Weil der anerkannte Betrag größer ist als der Betrag, zu dessen Zahlung die Beklagte im Urteil des Landgerichts verurteilt wurde, war ihre Berufung zurückzuweisen. Hinsichtlich des anerkannten Betrages kann der Kläger von der Beklagten Rechtshängigkeitszinsen verlangen (dazu I.).
43 
Das Anerkenntnis der Beklagten bleibt prozessual ohne Auswirkungen für die Anschlussberufung. Diese ist jedoch unbegründet (dazu II.).
44 
Im Einzelnen:
I.
45 
Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie gemäß § 307 Satz 1 ZPO dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen.
46 
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2014 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis i.H.v. 14.983,31 Euro netto erklärt. Der Kläger hat mitgeteilt, dass dieses Teilanerkenntnis einer Teileinigung zwischen den Parteien entspreche. Erstinstanzlich war die Beklagte zur Zahlung von 5.001,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt worden. Dieser Betrag entspricht 4.202,52 Euro netto. Über den erstinstanzlich zugesprochenen Betrag hat die Beklagte also einen weitergehenden Anspruch des Klägers i.H.v. 14.983,31 Euro minus 4.202,52 Euro, jeweils netto, anerkannt, was 10.780,79 Euro entspricht (vgl. Tenor Ziff. 2 dieses Urteils).
47 
Ein Zinsanspruch des Klägers hinsichtlich dieser Beträge folgt aus §§ 291, 288 BGB. Der Beklagten wurden die Klage am 02. September 2011 und die Anschlussberufung am 07. Mai 2012 zugestellt. Der Teilbetrag i.H.v. 5.001,00 Euro ist mithin wie erstinstanzlich tenoriert ab dem 03. September 2011 und der Teilbetrag i.H.v. 10.780,79 Euro ist ab dem 08. Mai 2012 zu verzinsen. Einwendungen gegen die geltend gemachten Zinsen hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht erhoben.
II.
48 
Weitere Vergütungsansprüche stehen dem Kläger gegen die Beklagte für das Jahr 2009 nicht zu.
1.
49 
Prozessual bleibt das Anerkenntnis der Beklagten ohne Wirkung auf die Anschlussberufung. Zwar verliert diese ihre Wirkung, wenn der Berufungskläger die Berufung zurücknimmt oder wenn diese verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird (§ 524 Abs. 4 ZPO). Ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Anschlussberufung bleibt jedoch ein Anerkenntnis in Bezug auf den Klaganspruch (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 524 Rz. 28; Ball, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 524 Rz. 29).
50 
Wegen der Entbehrlichkeit einer Beschwer kann sich ferner der in erster Instanz voll obsiegende Kläger der Berufung der Beklagten auch zur Klagerweiterung anschließen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2011, Az.: I ZR 10/09 = BB 2011, 1921 f.; Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 524 Rz. 33; Ball, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 524 Rz. 10).
2.
51 
Die Anschlussberufung ist indes unbegründet.
52 
Anspruchsgrundlage für die klägerische Vergütung sind die jeweiligen Punkte 4 der Verträge zwischen den Prozessparteien über die Stromeinspeisung in das E...-Netz vom 22./25. Januar 2004 und vom 06./16. Juni 2007 (Anl. K 1 und K 2), wonach sich die Vergütung der eingespeisten Energie nach den Regeln des EEG und den dort vorgesehenen Mindestsätzen richtet.
53 
Anwendbar ist im vorliegenden Fall das EEG 2009 [dazu a)]. Der Kläger betreibt nur eine und nicht mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 [dazu b)]. Hinsichtlich der Höhe der Vergütung kann der Kläger keine über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehenden Zahlungen verlangen [dazu c)].
a)
54 
Mit seiner Klage macht der Kläger eine ihm vermeintlich zustehende Mehrvergütung für das Jahr 2009 geltend. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Kläger Vergütung für zwei getrennte Anlagen oder lediglich für eine Anlage verlangen kann, sind die Vorschriften des EGG in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung (= EEG 2009). Die zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Gesetzesänderung (= EEG 2012) hat nach der Überleitungsvorschrift des § 66 EEG 2012 für den hier maßgeblichen Zeitraum keine Rückwirkung. Ebenfalls können die Vorschriften des EEG 2004 nicht mehr herangezogen werden, da dieses zum 31. Dezember 2008 durch das EEG 2009 ersetzt wurde.
b)
55 
Der Kläger betreibt nur eine und nicht mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009.
aa)
56 
§ 3 Nr. 1 EEG 2009 bestimmt, dass „Anlage“ i.S.d. Gesetzes jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas ist. Im Gegensatz dazu war nach der vormaligen Legaldefinition des § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 eine „Anlage“ jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Die Merkmale „selbständig“ und „technisch“ sind mithin nur in der Definition des EEG 2004, nicht aber in der des EEG 2009 enthalten.
57 
Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 galten mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen erneuerbaren Energien oder aus Grubengas, die im Geltungsbereich des Gesetzes errichtet und mit gemeinsam für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden waren, als eine Anlage, soweit sich nicht aus den §§ 6 bis12 EEG 2004 etwas anderes ergab.
58 
Demgegenüber sieht § 19 Abs. 1 EEG 2009 vor, dass mehrere Anlagen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und ausschließlich zum Zweck der Ermittlung der Vergütung für den jeweils zuletzt in Betrieb gesetzten Generator als eine Anlage gelten, wenn kumulativ die folgenden vier Voraussetzungen vorliegen:
59 
- Die Anlagen befinden sich auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe,
- die Anlagen erzeugen Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien,
- der in ihnen erzeugte Strom wird nach den Regelungen dieses Gesetzes in Abhängigkeit von der Leistung der Anlage vergütet und
- die Anlagen sind innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb gesetzt worden.
bb)
60 
In Rechtsprechung und Literatur war zunächst umstritten, ob angesichts der dargestellten Regelungen mit dem EEG 2009 gegenüber der Vorgängerregelung des EEG 2004 eine Erweiterung des Anlagebegriffes erfolgt ist, die dazu führt, dass die Frage der Verklammerung von Anlagenteilen zu einer Gesamtanlage nur noch durch § 19 EEG 2009 entschieden wird und nicht mehr über die Definition des Anlagenbegriffs in § 3 EEG 2009 oder ob der Anwendungsbereich des § 19 EEG 2009 erst dann eröffnet ist, wenn mehrere Anlagen i.S.d. § 3 EEG 2009 vorliegen.
61 
Eine Auffassung, die insbesondere von der Clearingstelle EEG des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in der Empfehlung vom 1. Juli 2010 (Az.: 2009/12) vertreten wurde, sah in § 3 EEG 2009, der die wiedergegebenen Einschränkungen der Legaldefinition der Vorgängerregelung nicht mehr enthält, eine Erweiterung des Anlagenbegriffes. Nach dieser Ansicht reichte es für eine Anlage bereits aus, wenn eine selbständige Stromerzeugungseinheit vorlag. Der ebenfalls zum Betrieb erforderliche Fermenter, der von zwei Anlagen genutzt wird, war hiernach als bloßer nicht-verklammernder Teil beider Anlagen anzusehen. Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 EEG 2009 war hiernach vergütungstechnisch von einer einheitlichen Anlage auszugehen (so auch LG Regensburg, Urteil vom 21. Juli 2007, Az.: 3 O 896/11; LG Duisburg, Urteil vom 31. März 2012, Az.: 23 O 25/11 = IR 2012, 157).
62 
Die Gegenansicht war der Auffassung, dass die Definition des Anlagenbegriffs nach § 3 EEG 2009 sich weiterhin an der Regelung des § 3 Abs. 2 EEG 2004 zu orientieren hat, also die nunmehr ungeschriebenen Einschränkungen enthält, dass mehrere Anlagen, die sich gemeinsame betriebstechnisch notwendige Einrichtungen teilen – wie etwa den Fermenter in einer Biogasanlage – als lediglich eine Anlage gelten. § 19 EEG 2009 kann hiernach erst dann zur Anwendung kommen, wenn eine vorangehende Auslegung zum Vorhandensein zweier Anlagen führt (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16. Sept. 2010, Az.: 12/10 = NVwZ 2011, 700 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.; OLG Naumburg, Urteil vom 16. Mai 2013, Az.: 2 U 129/12 = ZNER 2013, 401 f.).
cc)
63 
Zwischenzeitlich hat der BGH während des hier laufenden Verfahrens diese Frage im Sinne der letztgenannten Ansicht entschieden (vgl. BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.).
64 
Für den hier zu beurteilenden Zeitraum ist also die Frage, ob vorliegend eine oder mehrere Anlagen i.S.d. EEG 2009 vorliegen, gegen die Auffassung der Clearingstelle EEG des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und im Sinne der Beklagten zu entscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerichtliche Entscheidungen nach § 32 der Verfahrensordnung der Clearingstelle den Empfehlungen und Hinweisen der Clearingstelle vorgehen.
(1)
65 
Bei der Biogasanlage des Klägers handelt es sich um eine auf einem Grundstück betriebene Anlage. Diese hat der Kläger im Jahr 2004 mit einem Gas-Otto-Motor als Generator in Betrieb genommen (Nennleistung: 320 KW). In der Folgezeit wurde der bestehende Gas-Otto-Motor durch zwei Gasturbinen (Nennleistung: 65 KW) ergänzt. Der Kläger hat die Eintragung der beiden weiteren Turbinen in das Anlagenregister beantragt; diese werden unter einem zweiten Anlagenschlüssel geführt. Schließlich tauschte der Kläger im Jahr 2009 die beiden Gasturbinen gegen eine neue Gasturbine mit einer Nennleistung von 200 KW aus. Auch nach dem Austausch wurde die Anlage unter dem gleichen Anlagenschlüssel weiter geführt. Sowohl der Gas-Otto-Motor als auch die beiden früheren Gasturbinen und die jetzige Gasturbine nutzen einen gemeinsamen Fermenter.
(2)
66 
In einer solchen Fallkonstellation liegt nur eine Anlage i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 vor, da beide Generatoren (Gasmotor und Gasturbine) mit dem Fermenter eine zwingend notwendige technische Einrichtung gemeinsam nutzen. Aufgrund dieser Verklammerung ist von nur einer einzigen Anlage i.S.d. EEG 2009 auszugehen.
67 
Hierfür sprechen Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Telos des EEG 2009.
68 
α)
69 
Zunächst wird diese Auffassung durch den Gesetzeswortlaut gestützt (so auch BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.): Nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 1 EEG 2009 setzt der Begriff der Anlage eine Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas voraus. Für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien ist erforderlich, dass eine Einrichtung zur Gewinnung und Aufbereitung des jeweiligen Energieträgers vorhanden ist. Bei einer Biogasanlage ist das der Fermenter (vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 2008, Az.: VIII ZR 308/07 = WM 2008, 1799 ff). Im Fermenter wird Biomasse von Bakterien abgebaut und dadurch Biogas erzeugt, welches sodann in elektrische Energie umgewandelt wird. Vorliegend betreibt der Kläger zwar unterschiedliche Generatoren (Gasmotor und Gasturbine), aber nur einen Fermenter. Mit dem Generator allein lässt sich aus erneuerbaren Energien kein Strom i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG 2009 erzeugen. Wird eine Komponente, hier der Fermenter, die zwingend zur Stromerzeugung erforderlich ist, von mehreren anderen Komponenten, hier von zwei Generatoren genutzt, so liegt nach dem Wortsinn nur eine Anlage vor. Denkt man sich nämlich den Fermenter weg, so bleibt nicht eine von zweien, sondern keine Anlage übrig.
70 
Außerdem spricht die Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 1 EEG 2009 davon, dass zur Bestimmung der Anlage neben der stromerzeugenden Einrichtung auch auf sämtliche technischen und baulich erforderlichen Einrichtungen abzustellen ist. Danach zählen zur Anlage neben dem Generator auch dessen Antrieb, Fermenter, Gärrestbehälter, unterirdische geothermische Betriebseinrichtungen, Staumauern oder Türme von Windenergieanlagen (vgl. BT-Drs. 16/8148, Seite 38).
71 
Im Gesetzeswortlaut haben diese Motive und Intentionen des Gesetzgebers etwa in § 3 Nr. 4 EEG 2009 Ausdruck gefunden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff): § 3 Nr. 4 EEG 2009 enthält eine Legaldefinition des Begriffs des Generators. Hierunter ist jede technische Einrichtung zu verstehen, die mechanische, chemische, thermische oder elektromagnetische Energie direkt in elektrische Energie umwandelt. Aus der Systematik der Begriffsbestimmungen in § 3 EEG 2009 ergibt sich, dass der Generator selbst nicht als Anlage i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 angesehen werden kann, da es andernfalls der Legaldefinition in § 3 Nr. 4 EEG 2009 nicht bedurft hätte.
72 
Auch stützt diese Auslegung eine Zusammenschau von § 3 Nr. 1 EEG 2009 und § 19 EEG 2009: § 3 EEG 2009 ist mit der amtlichen Überschrift „Begriffsbestimmungen“ überschrieben. Demgegenüber regelt § 19 EEG 2009 die „Vergütung für Strom, aus mehreren Anlagen“. Bereits die Fassung dieser beiden amtlichen Überschriften zeigt, dass nur § 3 EEG 2009, nicht aber § 19 EEG 2009 eine Legaldefinition des Anlagenbegriffs enthält. Zwar benutzt § 19 EEG 2009 diesen Begriff und setzt ihn inhaltlich voraus, für die begriffliche Bestimmung indes enthält § 3 Nr. 1 EEG 2009 eine abschließende Regelung.
73 
β)
74 
Auch die Entstehungsgeschichte des § 3 EEG 2009 spricht dafür, im vorliegenden Fall von nur einer Anlage des Klägers i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 auszugehen.
75 
Die vormalige Gesetzesfassung des § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 definierte – wie dargestellt – die Anlage als jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Außerdem galten nach § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 mehrere Anlagen dann als eine Anlage, wenn sie mit gemeinsamen, für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden sind.
76 
Die Gesetzesbegründung nannte in diesem Zusammenhang ausdrücklich den Fermenter von Biogasanlagen als eine für den Betrieb erforderliche Einrichtung (vgl. BT-Drs. 15/2864, Seite 30). Mit der Streichung der beiden Merkmale „selbständig“ und „technisch“ sollte im EEG 2009 ein weiter Anlagenbegriff zu Grunde gelegt werden, um bestehende Auslegungsunsicherheiten zu beseitigen (vgl. BT-Drs. 16/8148, Seite 38). Die Regelung des EEG 2004 hatte nämlich in der Praxis ungewollt zu einem sog. Anlagensplitting geführt. Dies bedeutete, dass Anlagenbetreiber statt einer großen Anlage eine Vielzahl von kleineren Anlagen in unmittelbarer Nähe zueinander errichteten, um so in den Genuss einer Mehrvergütung zu gelangen, da die Vergütungen bei mehreren kleinen Anlagen höher sind als bei einer großen Anlage.
77 
Nach dem weiten Anlagenbegriff des EEG 2009, der infolge der Streichung der Begriffe „selbständig“ und „technisch“ entstanden ist, stellen nicht die stromerzeugenden Einrichtungen selbst, sondern die Gesamtheit der zur Stromerzeugung erforderlichen Einrichtungen eine Anlage i.S.d. EEG dar (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.). Mit der Novellierung wollte der Gesetzgeber erreichen, dass Anlagenkonfigurationen vermehrt als nur eine Anlage behandelt werden. Insbesondere sollten Anlagen, die bereits nach früherem Recht gem. der Fiktion des § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 als eine Anlage anzusehen waren, auch nach dem EEG 2009 als eine Anlage i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG 2009 anzusehen sein und zwar unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 (vgl. BGH, Urteil v. 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12 = REE 2013, 226 ff.; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff.).
78 
Der Vorschrift des § 19 EEG 2009 kommt nämlich auch bei entstehungsgeschichtlicher Betrachtung keine Funktion bei der Definition des Begriffs „Anlage“ zu. Vielmehr findet § 19 Abs. 1 EEG 2009 als Vergütungsregelung erst Anwendung nach der vorrangig, sich am – weiten – Anlagenbegriff des § 3 Nr. 1 EEG 2009 orientierenden Klärung der Frage, ob eine oder mehrere Anlagen vorliegen (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16. September 2010, Az.: 12 U 79/10 = NVwZ 2011, 700 ff).
79 
γ)
80 
Auch eine systematische Auslegung stützt die hier vertretene Auffassung. Das EEG 2009 fasst in § 3 EEG 2009 unterschiedliche Legaldefinitionen zusammen. § 19 EEG 2009 hingegen enthält eine reine Vergütungsvorschrift, die sich konsequenterweise nicht im Teil 1 „Allgemeine Vorschriften des Gesetzes“, sondern in dessen Teil 3 findet, der mit „Vergütung“ überschrieben ist. Aus der Gesetzessystematik lässt sich mithin der Schluss ziehen, dass der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 EEG 2009 erst eröffnet ist, wenn das Vorliegen mehrerer Anlagen i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 feststeht bzw. umgekehrt, dass sich das Vorliegen einer oder mehrerer Anlagen i.S.d. EEG nur nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 1 EEG 2009 richtet (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff). Dem Umstand, dass vorliegend zwischen der Inbetriebnahme der Anlage des Kläger mit dem Gasmotor als Generator und dem Zeitpunkt der Ergänzung um die Gasturbinen mehr als zwölf Monate liegen, kommt mithin keine Bedeutung zu. Zwar liegen damit die Voraussetzungen des § 19 EEG 2009 nicht vor (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009); dies ändert aber nichts daran, dennoch von nur einer Anlage i.S.d. § 3 Nr. 1 EG 2009 auszugehen.
81 
δ)
82 
Schließlich spricht eine teleologische Auslegung des § 3 EEG 2009 dafür, im vorliegenden Fall von nur einer Anlage auszugehen. Mit der Neufassung des Anlagenbegriffs im EEG 2009 wollte der Gesetzgeber bestehende Auslegungsunsicherheiten beseitigen. Zugleich verfolgte er das Ziel, eine vergütungsoptimierte Anlagenaufteilung auch hinsichtlich solcher Anlagen zu verhindern, die zwar nicht durch gemeinsam genutzte Einrichtungen oder bauliche Anlagen miteinander verbunden waren, aber gemeinsame Infrastruktureinrichtungen benutzten, was nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 EEG 2004 zulässig war, um damit volkswirtschaftlich unnötige Mehrkosten zu vermeiden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2012, Az.: 3 U 193/11 = ZNER 2012, 493 ff; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff). Mehrere Anlagen indes, die bereits nach vormaliger Rechtslage als eine Anlage anzusehen waren, sollten auch unter der Geltung des EEG 2009 vergütungstechnisch als eine Anlage behandelt werden.
83 
Diese Intention des Gesetzgebers würde leerlaufen, wollte man für die Entscheidung des Vorliegens einer oder mehrerer Anlagen darauf abstellen, ob auch die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 erfüllt sind. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf § 19 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009. Angesichts der Tatsache, dass die Voraussetzungen in § 19 EEG 2009 mit „und“ verbunden sind, also kumulativ vorliegen müssen, hätte es der Kläger in der Hand, jeweils im Abstand von mehr als zwölf Monaten einen neuen Generator in Betrieb zu nehmen und diesen mit seinem bereits vorhandenen Fermenter zu verbinden, um dann jeweils die höheren Vergütungssätze für Anlagen mit geringerer Leistungsstärke in Anspruch zu nehmen. Dies widerspräche dem Zweck des Gesetzes, durch Schaffung von wirtschaftlichen Investitionsanreizen die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung zu verringern. Zwar mag dem Kläger hier zugestanden werden, dass in seinem Fall nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Errichtung mehrerer kleiner Anlagen statt einer großen Anlage auszugehen ist. Eine einschränkende Auslegung der §§ 3, 19 EEG 2009 nur auf Fälle des Rechtsmissbrauchs ist jedoch nicht angezeigt, weil ein Missbrauchsmerkmal im Gesetzestext nicht erwähnt wird (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 22. Februar 2011, Az.: 6 U 39/10 = RDE 2012, 158; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11 = ZNER 2012, 490 ff).
84 
ε)
85 
Kein durchgreifendes Gegenargument gegen die Annahme nur einer Anlage i.S.d. EEG 2009 ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beklagte die beiden Generatoren des Klägers (Gasmotor und Gasturbine) jeweils unter eigenständigen Anlagennummern führt. Die Beklagte hat plausibel vorgetragen, dass die Vergabe von zwei unterschiedlichen Anlagennummern ausschließlich systemtechnische Gründe habe, da zwar für die Gasturbine, nicht aber für den Gasmotor ein Anspruch auf den Technologiebonus nach dem EEG bestehe, was zwingend eine separate Messung voraussetze.
86 
Es liegt damit nur eine zu vergütende Anlage des Klägers vor. Der Anwendungsbereich des § 19 EEG 2009 ist nicht eröffnet, da die Vorschrift das Vorhandensein mehrere Anlagen voraussetzt. Ob deren Voraussetzungen gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EEG 2009 vorliegen, ist für den Rechtsstreit unerheblich. Eine separate Vergütung der klägerischen Anlagenkonfiguration als zwei getrennte Anlagen kommt nicht in Betracht.
c)
87 
Hinsichtlich der Höhe der dem Kläger für den eingespeisten Strom zustehenden Vergütung für das Jahr 2009 schließt sich der Senat der Berechnung der Beklagten an. Über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehende Ansprüche des Klägers bestehen mithin nicht.
aa)
88 
Unstreitig hat der Kläger im Jahr 2009 produziert mit
89 
dem Generator Gas-Otto-Motor (320 kW) eine Strommenge von
2.059.974 kWh
 und   
der Gasturbine (200 kW, früher 2 x 65 kW) eine Strommenge von
720.395 kWh
        
insgesamt also:
2.780.369 kWh
        
90 
Bezahlt hat die Beklagte an den Kläger für das Jahr 2009 nach einer Rechnungskorrektur vom 26. April 2011 Beträge i.H.v.
91 
Gas-Otto-Motor
397.253,09 Euro
Gasturbine
160.375,25 Euro
insgesamt:
567.610,34 Euro
92 
Nach Auffassung des Sachverständigen E... (vgl. Gutachten vom 30. Mai 2013 und Ergänzungsgutachten vom 25. November 2013, GA 244 ff. und 331 ff.) hätten folgende Beträge ausbezahlt werden müssen:
93 
Grundvergütung
298.514,36 Euro
NawaRo-Bonus
225.001,32 Euro
Technologie-Bonus
14.407,90 Euro
KWK-Bonus
68.918,07 Euro
insgesamt:
606.841,65 Euro
94 
Legte man also die Berechnung des Sachverständigen zugrunde, so ergäbe sich ein restlicher Anspruch des Klägers gegen die Beklagte i.H.v. 606.841,65 Euro minus 557.610,34 Euro = 49.231,31 Euro.
95 
Der Senat legt allerdings aus Rechtsgründen diese Berechnungsweise seiner Entscheidung nicht zugrunde.
bb)
96 
Im Einzelnen:
97 
Hinsichtlich der Positionen „Grundvergütung“ ergeben sich zwischen den Berechnungsweisen der Parteien nur marginale Unterschiede; hinsichtlich der Position „Technologie-Bonus“ bestehen keine Unterschiede. Die Auffassungen der Parteien unterscheiden sich lediglich bei den Positionen „KWK-Bonus“ und „NawaRo-Bonus“.
98 
Hier gilt im Einzelnen Folgendes:
99 
(1) KWK-Bonus:
100 
Nach Ziff. 1 der Anlage 2 zum EEG 2009 wird Strom in Kraft-Wärme-Kopplung i.S.d. § 27 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2 EEG 2009 erzeugt, soweit
101 
- es sich um Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung handelt und
- eine Wärmenutzung i.S.d. Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 (Positivliste) vorliegt
oder
- die Wärmenutzung nachweislich fossile Energieträger in einem mit dem Umfang der fossilen Wärmenutzung vergleichbaren Energieäquivalent ersetzt.
102 
Ziff. 2.2 der Anlage 2 zum EEG 2009 sieht vor, dass der Nachweis über die Erfüllung der genannten Voraussetzungen durch ein Gutachten eines Umweltgutachters mit einer Zulassung für den Bereich Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energien oder für den Bereich Wärmeversorgung erbracht werden muss.
103 
Zunächst hat die Beklagte gerügt, dass in Bezug auf den Gas-Otto-Motor des Klägers ein derartiges Gutachten nicht vorliege, weil sich das vorgelegte Gutachten der Anlage K 3 gerade nicht auf den Gas-Otto-Motor, sondern lediglich auf die Gasturbine beziehe. Zwischenzeitlich haben die Parteien einen Teilvergleich zu der Frage geschlossen, inwieweit der KWK-Bonus für den Gasmotor nach dem EEG 2009 zu bemessen ist. Im Einzelnen ist insofern auf die Regelungen im Teilvergleich zu verweisen.
104 
Weiter hat die Beklagte zunächst eingewandt, dass das Landgericht für die Gasturbine den KWK-Bonus mit 3 Cent/kWh und damit zu hoch angesetzt habe, weil nämlich keine Wärmenutzung i.S.d. Ziff. 3 h) der Anlage 2 zum EEG 2009 vorliege. Auch ein anderer Tatbestand der Positivliste gemäß Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 sei nicht gegeben. Diese Einwendung hat die Beklagte zwischenzeitlich aufgegeben. Zuletzt mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 (GA 265) hat sie klargestellt, dass es sich bei der Anlage des Klägers auch nach ihrer Auffassung um eine förderfähige Anlage i.S.d. Ziff. 3 h) der Positivliste gemäß Ziff. 3 der Anlage 2 zum EEG 2009 handelt.
105 
Im Streit steht mithin hinsichtlich des KWK-Bonus mittlerweile nur noch die Frage, welche Auswirkungen sich für die Vergütungshöhe aus dem Umstand ergeben, dass im Fall des Klägers keine Voll-, sondern nur eine Überschusseinspeisung vorliegt. Während der Kläger den KWK-Bonus von der insgesamt erzeugten Strommenge (= in das Netz eingespeister und eigenverbrauchter Strom) berechnen will, legt die Beklagte ihrer Berechnung des zu zahlenden KWK-Bonus nur den geringeren Anteil des eingespeisten Stroms zu Grunde.
106 
Der Sachverständige E... hat erläutert, dass die Berechnungsweise des Klägers üblicher Praxis und dem gelebten Verständnis der Anlagenbetreiber entspreche. Andersartige Berechnungen im Sinne der Beklagten und im Sinne eines Proportionalitätsprinzips nach der VDN-Verfahrensbeschreibung seien in der Praxis weniger bekannt (vgl. Seiten 3 und 4 der Ergänzungsgutachtens vom 25. November 2013).
107 
Für die Auffassung des Klägers scheint zunächst zu sprechen, dass Vergütungsregelungen des EEG 2009 – anders als die Regelungen des EEG 2012 – ein kompliziertes Bonus-/Malus-System kennzeichnet (vgl. Schneider, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Aufl. 2013, § 21 Rz. 90 f.): So gewährt das EEG 2009 Boni, wenn Strom auf eine seitens des Gesetzgebers gewünschte und daher förderfähige Art erzeugt wird. Dabei scheint es zunächst keine Rolle zu spielen, ob der solchermaßen gewollt erzeugte Strom in das Netz eingespeist oder gleich vor Ort vom Anlagenbetreiber selbst verbraucht wird, weil jeweils das gesetzgeberische Ziel erreicht wird, nämlich einen anderweitigen Bezug und damit letztlich auch eine anderweitige Erzeugung von Strom zu vermeiden.
108 
Allerdings nennt § 1 EEG 2009 ausdrücklich auch die Verringerung der volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte als gleichrangigen Gesetzeszweck und es ist nicht zu verkennen, dass es sich bei der Frage, ob und in welcher Höhe für eingespeisten Strom ein KWK-Bonus zu zahlen ist, um eine vergütungsrechtliche und damit wirtschaftliche Frage handelt. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, einen KWK-Bonus für eine Strommenge zu bezahlen, wenn deren Erzeugung nicht oder zumindest teilweise nicht die Voraussetzungen des § 27 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2 EEG 2009 erfüllt. Sinn und Zweck des KWK-Bonus (und des NawaRo-Bonus, bei dem sich hinsichtlich der Frage der Überschusseinspeisung die gleichen Fragen stellen) sprechen also für eine Berechnungsweise i.S.d. der Beklagten.
109 
Auszugehen ist hier nämlich davon, dass der Kläger nicht die Gesamtmenge Strom, sondern nur eine geringere Teilmenge in Kraft-Wärme-Kopplung (bzw. unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe) erzeugt hat. Hätte er also keinen Strom eigenverbraucht, sondern die insgesamt von ihm erzeugte Strommenge in das Netz eingespeist, könnte er den KWK-Bonus nur anteilig für diejenige Stromteilmenge verlangen, die in Kraft-Wärme-Kopplung (bzw. unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe) erzeugt wurde. Nichts anderes kann nun gelten, wenn der Kläger den von ihm erzeugten Strom nicht insgesamt in das Netz einspeist, sondern anteilig eigenverbraucht: Ein Leistungsbestimmungsrecht des Klägers dergestalt, dass er nur solchen Strom eigenverbraucht, der nicht in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt ist, und dass er nur solchen Strom in das Netz einspeist, der in Kraft-Wärme-Kopplung erstellt ist, besteht nicht, weil sich die beiden Strommengen KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom tatsächlich physikalisch nicht unterscheiden lassen.
110 
Telos der KWK-Bonus-Regelung im EEG 2009 ist die Prämierung eines bestimmten physikalischen Produktionsergebnisses: Ein entsprechender Bonus ist einem Anlagebetreiber nur zu bezahlen, wenn feststeht, dass der Strom in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt ist. Weil sich im Falle des Klägers die beiden erzeugten Strommengen KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom tatsächlich physikalisch nicht trennen lassen, kann er den Bonus nur anteilig verlangen, nämlich insoweit, wie er bezogen auf die Gesamtmenge KWK-Strom produziert.
111 
Die Berechnungsweise des Klägers erscheint auch wertungsmäßig nicht gerechtfertigt, weil er so seinen – für ihn günstigen – selbst erzeugten Strom anteilig zum Betrieb seiner Eigenanlage nutzen könnte, also keinen externen Strom beziehen müsste und gleichzeitig von der Beklagten den KWK-Bonus in voller Höhe einfordern könnte. Dies hätte wirtschaftlich betrachtet für ihn einen doppelten Vorteil zur Folge, für den es sachlich keinen rechtfertigenden Grund gibt.
112 
Ist also – wie hier – eine Aussonderung des KWK-Stroms tatsächlich physikalisch nicht möglich, weil ein physikalisch nicht trennbares Gemisch aus KWK-Strom und Nicht-KWK-Strom vorliegt, so kann der Kläger nur für denjenigen Anteil an diesem Gemisch den KWK-Bonus verlangen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen des KWK-Bonus erfüllt. Der KWK-Bonus ist also nicht auf die insgesamt erzeugte Strommenge, sondern nur für den Anteil des tatsächlich in das Netz eingespeisten Stroms auszuzahlen.
113 
Entsprechend hat die Beklagte den KWK-Bonus berechnet. Die rechnerische Ermittlung der Vergütungshöhe hat der Kläger nicht angegriffen, sondern sich nur gegen die zu Grunde liegenden rechtlichen Voraussetzungen gewandt. Insofern kann hinsichtlich der mathematischen Ermittlung des KWK-Bonus auf die Berechnung der Beklagten verwiesen werden (GA 299 ff., 357 f., Anlage B 12, Anlage B 13
114 
[CD-Rom]).
115 
(2) NawaRo-Bonus:
116 
Beim NawaRo-Bonus (Bonus für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen) handelt es sich um eine Zusatzvergütung für Strom, der aus nachwachsenden Rohstoffen produziert wird und der vor allem für Biogasanlagen und Biomasse-Heizkraftwerke relevant ist.
117 
Auch hinsichtlich der Berechnung des NawaRo-Bonus hat der Sachverständige E... ausgeführt, dass seiner Auffassung nach nicht nur auf den eingespeisten Strom, sondern auf die insgesamt erzeugte Strommenge abzustellen sei. Rechnerisch hat der Sachverständige im vorliegenden Fall einen NawaRo-bonusfähigen Stromanteil i.H.v. 75,96% ermittelt, was einem Wert von 2.389.107 kWh entspricht.
118 
Der Senat geht auch hier – entgegen der Ansicht des Klägers – davon aus, dass aufgrund physikalischer Unmöglichkeit kein Leistungsbestimmungsrecht des Klägers besteht, der Beklagten denjenigen Strom anzudienen, der unter dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe erzeugt worden ist. Der Kläger kann also auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des NawaRo-Bonus nur für eine Teilstrommenge verlangen. Insoweit ist auf die Ausführungen unter (1) zum KWK-Bonus zu verweisen.
119 
Im Übrigen hat die Aufteilung der NawaRo-bonusfähigen Strommenge entgegen der Ansicht des Klägers der Systematik der Grundvergütung zu folgen. Mit der Beklagten ist davon auszugehen, dass der unter Einsatz nachwachsender Rohstoffe erzeugte Strom entsprechend dem im Rahmen der Grundvergütung ermittelten Verhältnis auf die einzelnen Vergütungsklassen aufzuteilen ist (vgl. insofern auch BGH, Urteil vom 10. Juli 2013, Az.: VIII ZR 300/12 = ZNER 2013, 606 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 30. Oktober 2013, Az.: 5 U 143/12 = EnWZ 2014, 31 ff.).
120 
Für diese Auffassung sprechen Wortlaut und Systematik des § 27 EEG 2009: Unter den in § 27 Abs. 2 und 4 genannten Voraussetzungen „erhöht sich“ nämlich die „Vergütung nach Absatz 1“ für in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Strom (§ 27 Abs. 4 Nr. 1 EEG 2009) bzw. für Strom, der in Anlagen erzeugt wird, die Biogas einsetzen, und wenn zur Erzeugung des Biogases in dem jeweiligen Kalenderjahr durchschnittlich ein Anteil von Gülle von mindestens 60 Masseprozent eingesetzt wird (§ 27 Abs. 4 Nr. 2 EEG 2009). § 27 Abs. 2 und 4 EEG 2009 nehmen auf diese Weise ausdrücklich Bezug auf § 27 Abs. 1 EEG 2009, der die Höhe der Grundvergütung für Strom aus Biomasse im Sinne der Biomasseverordnung regelt. Die Ermittlung unterschiedlicher Bemessungsleistungen für die Grundvergütung und die Bonusvergütung im Sinne des Klägers lässt sich unter diesen Umständen weder mit dem Wortlaut noch mit der Systematik dieser gesetzlichen Regelung in Einklang bringen.
121 
Auch im Zusammenhang mit dem NawaRo-Bonus hat der Kläger die rechnerische Ermittlung der Vergütungshöhe nicht angegriffen. Auch insofern ist daher auf die Berechnung der Beklagten zu verweisen (GA 299 ff., 357 f., Anlage B 12, Anlage B 13 [CD-Rom]).
122 
Nach dieser Berechnung steht eine Vergütung für das Jahr 2009 i.H.v. 14.983,31 Euro netto offen. Dieser Betrag entspricht dem Teilanerkenntnis der Beklagten.
C.
123 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO. Soweit die Beklagte den klägerischen Anspruch anerkannt hat, waren ihr die Kosten aufzuerlegen. Im Übrigen trägt der Kläger die Kostenlast.
124 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
125 
Wegen der Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Berechnung des KWK-Bonus und des NawaRo-Bonus wird gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO die Revision zugelassen. In diesem Bereich wirft der vorliegende Rechtsstreit klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen auf, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen und die überdies für die Betroffenen tatsächlich und wirtschaftlich ein erhebliches Gewicht erreichen können. Höchstrichterlich sind diese Fragen bislang nicht entschieden.
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Im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Die sich weiter im hiesigen Verfahren stellenden und entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abstrakt geklärt und die Auswirkungen dieser Grundsätze betreffen nur den jeweiligen Einzelfall.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren war nach der mit der Anschlussberufung des Klägers erfolgten Klagerweiterung auf 20.001,00 Euro festzusetzen.

(1) Wer in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür auch ohne Verabredung Provision und, wenn es sich um Aufbewahrung handelt, Lagergeld nach den an dem Orte üblichen Sätzen fordern.

(2) Für Darlehen, Vorschüsse, Auslagen und andere Verwendungen kann er vom Tage der Leistung an Zinsen berechnen.

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(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.