Landgericht Halle Urteil, 03. Aug. 2015 - 6 O 83/15

ECLI:ECLI:DE:LGHALLE:2015:0803.6O83.15.0A
bei uns veröffentlicht am03.08.2015

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen einer steuerlichen Beratung.

2

Die Klägerin ist Berufsbetreuerin. Der Beklagte war seit Anfang der 1990er Jahre ihr Steuerberater.

3

Der Beklagte erstellte für die Klägerin für die Jahre 2005-2010 die Jahresabschlüsse und steuerlichen Deklarationen, so auch die Umsatzsteuererklärungen. Hierbei behandelte der Beklagte die Klägerin als umsatzsteuerpflichtig. Die Steuerlast wurde entsprechend der steuerlichen Deklarationen antragsgemäß festgesetzt und die ermittelte Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt. Für das Jahr 2010 betrug die abgeführte Umsatzsteuer 15.078,41 €.

4

Einspruch gegen die Festsetzung wurde nicht eingelegt. Die Umsatzsteuerbescheide wurden bestandskräftig; das zuständige Finanzamt ... hob den Vorbehalt der Nachprüfung der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2010 am 2.1.2012 auf.

5

Mit Urteil vom 17.2.2009 (Az. XI R 67/06) entschied der Bundesfinanzhof, dass sich ein zu einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege gehörender und gemeinnützigen Zwecken dienender Verein - sog. Betreuungsverein - für die Inanspruchnahme einer Steuerbefreiung für Betreuungsleistungen unmittelbar auf die günstigere Regelung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g i.V.m. Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. g der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie) berufen kann und dessen Umsätze nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g i.V.m. Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. ebenfalls Art. 132 Abs. 1 lit. g der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie) steuerfrei sind.

6

Mit Urteil vom 25.4.2013 (Az. V R 7/11) entschied der Bundesfinanzhof, dass gerichtlich gemäß § 1896 BGB zur Erbringung von Betreuungsleistungen bestellte Berufsbetreuer bei dieser Leistung als anerkannte Einrichtung im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. g der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie handeln und sich für die Steuerfreiheit der aufgrund dieser Bestellung erbrachten Betreuungsleistungen auf das Unionsrecht berufen können.

7

Nachträgliche Versuche, eine Änderung der Festsetzung der Umsatzsteuer unter Verweis auf diese Rechtsprechung beim Finanzamt zu erwirken, blieben aufgrund der eingetretenen Bestandskraft ohne Erfolg.

8

Die Klägerin meint, sie sei Berufsbetreuerin im Sinne von Art. 132 Abs. 1 lit. g der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie; dies sei dem Beklagten auch bekannt gewesen. Sie behauptet, der Beklagte habe sie uneingeschränkt und umfassend aufgrund eines Dauermandats in steuerlichen Sachen beraten und vertreten. Die ihr gegenüber ergangenen Steuerbescheide habe sie dem Beklagten zur Prüfung vorgelegt. Unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten waren die von ihr erbrachten Leistungen steuerfrei und hätten von dem Beklagten auch so erfasst und erklärt werden müssen. Es handele sich um eine vermeidbare Steuerschuld, hinsichtlich derer eine Beratung hätte stattfinden müssen. Es sei auch ein Musterverfahren beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg unter dem Az. 5 K 5224/10 wegen der gleichen Rechtsfrage anhängig gewesen. Der Beklagte hätte jedenfalls seit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 17.2.2009 von der Frage der möglichen Umsatzsteuerfreiheit der Betreuungsleistungen von Berufsbetreuern Kenntnis haben können und müssen, ggf. auch Spezialzeitschriften zur Lektüre heranziehen müssen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte danach verpflichtet gewesen wäre, die sich abzeichnende Rechtsänderung nach diesem Urteil auch hinsichtlich der Berufsbetreuer bei der Erstellung der Umsatzsteuererklärungen zu beachten und ggf. gegen die Umsatzsteuerbescheide Einspruch einzulegen. Dann wären diese nicht bestandskräftig geworden und der Klägerin hätte ein Anspruch auf Erstattung der gezahlten Umsatzsteuer zugestanden.

9

Mit ihrer am 13.3.2015 zugestellten Klage beantragte die Klägerin ursprünglich, den Beklagten zu verurteilen, an sie 66.068,29 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

10

Nachdem die Klägerin ihre Klage im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.6.2015 teilweise zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 12.954,89 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Der Beklagte hat der teilweisen Klagerücknahme zugestimmt und beantragt, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

13

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 12.954,89 € aus §§ 675, 280 Abs. 1 BGB.

14

Die Parteien waren durch einen Steuerberatungsvertrag nach § 675 BGB miteinander verbunden. Unabhängig von der Frage, welchen Umfang die Mandatierung hatte und ob es sich bei der Klägerin tatsächlich um eine Berufsbetreuerin im Sinne von Art. 132 Abs. 1 lit. g der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) handelte, sieht das Gericht nach dem Vortrag der Klägerin eine Pflichtverletzung aus dem Steuerberatungsvertrag als nicht gegeben an. Dass, was die Klägerin von dem Beklagten hinsichtlich der Beobachtung und Prüfung (und Prognose) der Rechtslage verlangt, sprengt nach Ansicht des Gerichts den Pflichtenrahmen eines steuerlichen Beraters. Bei der Erstellung der Umsatzsteuererklärung für das noch streitgegenständliche Jahr 2010 und im Nachgang der Festsetzung ist ihm keine Pflichtverletzung vorzuwerfen.

15

Art und Umfang der Pflichten des Steuerberaters bestimmen sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles; in erster Linie kommt es auf den Inhalt der mit dem Mandanten getroffenen Vereinbarung an. Nach ständiger Rechtsprechung muss der Steuerberater die Interessen seines Mandanten im steuerlichen Bereich nach jeder Richtung und umfassend wahrnehmen. Im Rahmen seines Mandats hat der Steuerberater seinen Mandanten umfassend zu beraten und von sich aus - also ungefragt - über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten (vor allem Möglichkeiten der Steuerersparnis) und deren Felgen zu unterrichten. Insbesondere muss der Steuerberater seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren.

16

Die höchstrichterliche Rechtsprechung muss ihm bekannt sein; er hat seine Beratung grundsätzlich auch dann an ihr auszurichten, wenn sie im Schrifttum bekämpft wird und nicht auszuschließen ist, dass sie sich in Zukunft ändert. Der Steuerberater ist jedoch nicht zur Prüfung der Verfassungswidrigkeit eines Steuergesetzes verpflichtet, solange keine entsprechende Vorlage eines Finanzgerichts an das BVerfG veröffentlicht ist oder sich ein gleich starker Hinweis auf die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung aus anderen Umständen ergibt.

17

Der Steuerberater muss (nur) über die in den amtlichen Sammlungen und in den einschlägigen allgemeinen Fachzeitschriften veröffentlichten Entscheidungen der obersten Bundesgerichte orientiert sein. Wird in der Tages- oder Fachpresse über Vorschläge zur Änderung des Steuerrechts berichtet, die im Falle ihrer Verwirklichung von dem Mandanten des Beraters erstrebte Ziele unter Umständen vereiteln oder beeinträchtigen, kann der Steuerberater gehalten sein, sich aus allgemein zugänglichen Quellen über den näheren Inhalt und den Verfahrensstand solcher Überlegungen zu unterrichten, um danach prüfen zu können, ob es geboten ist, dem Mandanten Maßnahmen zur Abwehr drohender Nachteile anzuraten (vgl. zu allem Heermann, in: MüKo-BGB, 6. Auflage 2012, § 675 Rn. 42 f. mit vielen weiteren Nachweisen auf die einschlägige Rechtsprechung).

18

Hiernach ergibt sich, dass das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25.4.2013 (Az. V R 7/11 - juris) zur Steuerfreiheit der Betreuungsleistungen von Berufsbetreuern für den Pflichtenstandard in Bezug auf die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2010 nicht herangezogen werden kann, da diese bereits im Januar 2012 bestandskräftig wurde.

19

Soweit die Klägerin meint, aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17.2.2009 (Az. XI R 67/06 - juris) zur Steuerfreiheit der Betreuungsleistungen sogenannter Betreuungsvereine ließen sich Rückschlüsse auch auf die Rechtsstellung von Berufsbetreuern ziehen, ist anzumerken, dass sich das Urteil vom 17.2.2009 ausdrücklich nur mit der Rechtsstellung eines anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege beschäftigte und nicht mit Berufsbetreuern. Im Gegenteil: Der Bundesfinanzhof nahm in diesem Urteil gerade Bezug auf den Unterschied zwischen sozialen Einrichtungen und Berufsbetreuern und die durch sie vereinnahmten Entgelte (bei dem Vergleich der vereinnahmten Entgelte für § 4 Nr. 18 UStG). Dass die Rechtsprechung zur Umsatzsteuerfreiheit auch auf Berufsbetreuer erstreckt werden wird, ließ sich daraus nicht herleiten. Parallel entschied der Bundesfinanzhof denn auch mit Urteil vom 11.3.2009 (Az. XI R 68/06 - juris) allein in Bezug auf einen anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege im Unterschied zu den Berufsbetreuern.

20

Soweit einem Steuerberater allgemein die Kenntnis einer veröffentlichten Vorlageentscheidung zur (möglichen) Rechtswidrigkeit eines Steuergesetzes oder die Beachtung eines gleich starken Hinweises auf die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung abverlangt wird, ist hinzuweisen auf die ebenfalls § 4 Nr. 18 UStG betreffende Vorlageentscheidung des Bundesfinanzhofs an den Europäischen Gerichtshof vom 2.3.2011 (Az. XI R 47/07 - juris). Indes ging es in diesem Verfahren um die Vergleichbarkeit - und demnach steuerliche Gleichbehandlung - der Betreuungsleistungen der benannten anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege mit den Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes und nicht um die Betreuungsleistungen von Berufsbetreuern. Hierauf aufbauend brachte der Bundesfinanzhof das Verfahren mit dem Az. V R 7/11 mit Beschluss vom 12.1.2012 zum Ruhen, in welchem sich der Hinweis auf die Entscheidungserheblichkeit der angeregten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs auch für die Betreuungsleistungen von Berufsbetreuern findet. Indes wurde dieser Beschluss nicht amtlich veröffentlicht und datiert aus der Zeit nach Eintritt der Bestandskraft des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 2010.

21

Was die Klägerin hier von dem Beklagten verlangt, ist nicht nur eine Kenntnis der in Rede stehenden Problemstellung, sondern eine Prüfung auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 17.2.2009 und eine Prognose, dass unter Anwendung europarechtlicher Maßstäbe nicht nur die anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege, sondern - ohne dass der Bundesfinanzhof sich hierzu geäußert hätte - auch die Berufsbetreuer von der Umsatzsteuer befreit sind, da sie sich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 lit. g der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie berufen können. Dies sprengt nach Ansicht des Gerichts den Pflichtenrahmen eines steuerlichen Beraters. Wenn die Klägerin meint, der Beklagte hätte Spezialzeitschriften zur Lektüre heranziehen müssen, bleibt sie den Vortrag, welches Ergebnis eine entsprechende Lektüre gebracht hätte, ob beispielsweise die mögliche Europarechtswidrigkeit der Umsatzsteuerpflicht der Berufsbetreuer Gegenstand allgemein zugänglicher Veröffentlichungen war, schuldig. Wegen der richtungsweisenden Bedeutung, die höchstrichterlichen Entscheidungen zukommt, hat sich ein Steuerberater grundsätzlich an dieser Rechtsprechung zu orientieren; dies war die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 17.2.2009, die nichts zu den Berufsbetreuern enthielt. Andere hinreichend deutliche Anzeichen für eine absehbare Entwicklung in der Rechtsprechung sind jedenfalls nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt wurden (vgl. insoweit BGH, NJW-RR 2006, 273 m.w.N.). Dies gilt auch für die Behauptung der Klägerin, es habe ein Musterverfahren beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg unter dem Az. 5 K 5224/10 gegeben; ob dieses Verfahren in allgemein zugänglichen Quellen bekannt gemacht wurde oder nicht, ist nicht geklärt. Der von der Klägerin angeführte Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 2.3.2011 mit dem Az. XI R 47/07 hat nicht den von ihr zitierten Inhalt. Vielmehr handelt es sich um den oben angeführten Beschluss vom 12.1.2012, der nur Bezug nimmt auf den Beschluss vom 2.3.2011.

22

Maßgeblich für die Besteuerung war für den Veranlagungszeitraum 2010 vielmehr das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 21.9.2000 zur steuerlichen Behandlung von Betreuungsleistungen, an welches die Finanzämter gebunden waren. Hiernach waren die Umsätze eines Berufsbetreuers umsatzsteuerpflichtig.

23

Im Ergebnis liegt eine Pflichtverletzung bei der steuerlichen Beratung durch den Beklagten nicht vor.

24

Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

25

Mangels eines Hauptanspruchs kann die Klägerin auch keinen Zinsanspruch geltend machen.

26

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 und 4, 709 S. 1 und 2 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Landgericht Halle Urteil, 03. Aug. 2015 - 6 O 83/15

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 675 Entgeltliche Geschäftsbesorgung


(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichte

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 4 Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen


Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:1.a)die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),b)die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer sein
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Bundesfinanzhof Urteil, 25. Apr. 2013 - V R 7/11

bei uns veröffentlicht am 25.04.2013

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erbrachte in den Streitjahren 2005 bis 2008 Betreuungsleistungen und wurde hierfür als Betreuer von den nac

Bundesfinanzhof Urteil, 19. März 2013 - XI R 47/07

bei uns veröffentlicht am 19.03.2013

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt in A einen ambulanten Pflegedienst. Sie ist examinierte Krankenschwester und arbeitete 1992 als an

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Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erbrachte in den Streitjahren 2005 bis 2008 Betreuungsleistungen und wurde hierfür als Betreuer von den nach § 1897 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuständigen Vormundschaftsgerichten bestellt. Sie behandelte die nach § 1896 BGB erbrachten Betreuungsleistungen zunächst als umsatzsteuerpflichtig, beantragte dann aber, gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre dahingehend zu ändern, dass die Leistungen umsatzsteuerfrei sind. Der Beklagte und Revisions-beklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

2

Für die Klageabweisung führte das Finanzgericht (FG) in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1115 veröffentlichten Urteil an, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erfüllt seien. Die Klägerin könne sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen auch nicht auf Art. 13 Teil A Buchst. g der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen.

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Nach dem zu ihren Gunsten zu berücksichtigenden Unionsrecht seien ihre Leistungen steuerfrei. Sie erbringe Leistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden seien. Nach ihrem Aufgabenkreis sei sie auch als soziale Einrichtung anzusehen.

4

Der Senat hat mit Beschluss vom 12. Januar 2012 das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-174/11 Zimmermann angeordnet. Mit Urteil vom 15. November 2012, Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 2013, 35 hat der EuGH in dieser Rechtssache entschieden:

5

"Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ... verbietet es bei einer Auslegung im Licht des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität, dass die Mehrwertsteuerbefreiung der von gewerblichen Leistungserbringern erbrachten ambulanten Pflege von einer Bedingung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden abhängig gemacht wird, nach der die Kosten dieser Pflege im vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sein müssen, wenn diese Bedingung nicht geeignet ist, im Rahmen der für die Zwecke dieser Vorschrift erfolgenden Anerkennung des sozialen Charakters von Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, die Gleichbehandlung zu gewährleisten."

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuer 2005 bis 2008 auf 0 € festzusetzen.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Leistungen der Klägerin seien auch nach dem Unionsrecht mangels Anerkennung nicht steuerfrei.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen dem Urteil des FG können die Leistungen der Klägerin nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG, ab 2007 Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei sein. Hierzu sind aber noch weitere Feststellungen zu treffen.

10

1. Die Leistungen der Klägerin waren in den Streitjahren nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

11

Die Klägerin erfüllte nicht die in der Person des leistenden Unternehmers bestehenden Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 UStG oder nach § 4 Nr. 18 UStG in ihrer in den Streitjahren geltenden Fassung. Sie erbrachte weder Leistungen als Einrichtung zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen oder zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen (§ 4 Nr. 16 UStG) noch war sie Mitglied in einem anerkannten Verband der Wohlfahrtspflege (§ 4 Nr. 18 UStG).

12

Bestätigt wird die in den Streitjahren nach nationalem Recht bestehende Steuerpflicht durch einen Gesetzgebungsvorschlag zum Jahressteuergesetz 2013 (JStG 2013). Danach soll die nach § 4 Nr. 16 UStG bestehende Steuerfreiheit für "die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Leistungen" um einen zusätzlichen Buchst. k ergänzt werden. Auch die Leistungen der "Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1896 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1908i Absatz 1 in Verbindung mit § 1835 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden", sollen danach steuerfrei sein (vgl. auch den Vorschlag der Gesetzesbegründung in BTDrucks 139/13 S. 180).

13

2. Die Klägerin kann sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

14

a) Steuerfrei waren nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL in den Streitjahren "die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen".

15

Neben einer eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistung setzt die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bei Leistungen von Steuerpflichtigen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, voraus, dass der leistende Unternehmer als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt ist.

16

b) Die sog. rechtliche Betreuung gemäß §§ 1896 ff. BGB "umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen" (§ 1901 Abs. 1 BGB). Der Betreuer hat dabei insbesondere die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht (§ 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB).

17

Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG sowie Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, wie der Bundesfinanzhof (BFH) für Betreuungsleistungen derselben Art, die gleichfalls nach §§ 1896 ff. BGB durch Vereinsbetreuer erbracht werden, bereits ausdrücklich entschieden hat (BFH-Urteil vom 17. Februar 2009 XI R 67/06, BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.2.b). Hierauf nimmt der erkennende Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

18

c) Die Klägerin ist auch eine Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.

19

aa) Nach dem EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 26 legt Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest.

20

Weiter ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Dabei haben die nationalen Behörden im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte die für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu diesen gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 31).

21

Dabei kann sich ein Steuerpflichtiger auf die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Steuerbefreiung berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Bestimmung unvereinbar ist. Es ist dann Sache des nationalen Gerichts, anhand aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, ob der Steuerpflichtige eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung ist. Insoweit haben die nationalen Gerichte zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die Grenzen des ihnen eingeräumten Ermessens unter Beachtung der Grundsätze des Unionsrechts eingehalten haben, zu denen insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung gehört, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnrn. 32 f.). Nichts anderes gilt für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.

22

bb) Im Streitfall folgt die Anerkennung der Klägerin i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL insbesondere aus dem Bestehen spezifischer Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit.

23

(1) Für die Anerkennung des Betreuers spricht seine gerichtliche Bestellung und Überwachung nach §§ 1896 ff. BGB. Maßgeblich ist, dass das hierfür in den Streitjahren zuständige Vormundschaftsgericht nur "eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen", zum Betreuer bestellen konnte (§ 1897 Abs. 1 BGB). Dabei hatte das Gericht bei der Auswahl des Betreuers dessen Geeignetheit umfassend im Hinblick auf alle erforderlichen Aufgabenbereiche zu prüfen (Urteil des Kammergerichts vom 27. Januar 2009  1 W 95/08, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2009, 910, Leitsatz). Dementsprechend hatte das Gericht den Betreuer zu entlassen, wenn dessen Eignung zur Betreuung nicht mehr gewährleistet war (§ 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine zur Entlassung führende mangelnde Eignung konnte sich insbesondere aus Pflichtverletzungen des Betreuers oder dessen Überforderung mit der Erledigung der zugewiesenen Aufgabenkreise ergeben (Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juli 2008  20 W 247/08, Leitsatz, nicht veröffentlicht). Diese Eignungsgrundsätze für die Bestellung und Entlassung von Betreuern galten gleichermaßen für Vereins- und Behördenbetreuer (§ 1897 Abs. 2 BGB) wie auch für ehrenamtlich tätige Betreuer und Berufsbetreuer (§ 1897 Abs. 6 BGB). Damit folgt aus der gerichtlichen Bestellung zur Erbringung einer eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistung (s. oben II.2.b), der erforderliche "soziale Charakter ... , der dem Erbringer der Dienstleistung zuerkannt sein muss" (EuGH-Urteil vom 9. Februar 2006 C-415/04, Stichting Kinderopvang Enschede, Slg. 2006 I-1385 Rdnr. 23).

24

(2) Weiter ist ein Ausschluss der Klägerin von der Steuerfreiheit im Hinblick auf die für Betreuungsvereine bestehende Steuerfreiheit nicht mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu vereinbaren.

25

Auf der Grundlage von § 4 Nr. 18 UStG und Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG hat der XI. Senat des BFH die Leistungen sog. Betreuungsvereine als steuerfrei angesehen, sofern sich der Verein gegen die richtlinienwidrige Regelung des sog. Abstandsgebots nach § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG auf die Richtlinie 77/388/EWG beruft (BFH-Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.2.). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

26

Sind die Leistungen von Betreuungsvereinen, die aufgrund einer Bestellung von Vereinsbetreuern nach §§ 1896 ff. BGB erbracht werden, nach dieser Rechtsprechung steuerfrei und dürfen die Mitgliedstaaten keine unterschiedlichen Bedingungen für Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht einerseits und die z.B. unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden juristischen Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht andererseits vorsehen (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 53), sind auch Berufsbetreuer aufgrund einer nach §§ 1896 ff. BGB erfolgten Bestellung als anerkannte Einrichtung anzusehen. Hierfür spricht neben der Identität des Rechtsrahmens bei der Leistungserbringung durch Betreuungsvereine und Berufsbetreuer auch die Identität der Vergütungsregelungen. So werden Berufsbetreuer und die für einen Betreuungsverein tätigen Vereinsbetreuer nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz --VBVG--) in derselben Höhe vergütet. Die Vergütung des Berufsbetreuers, der unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VBVG berufsmäßig tätig ist, erfolgt nach den Stundensätzen des § 4 VBVG auf der Grundlage der Stundenansätze des § 5 VBVG und damit nach denselben Regelungen, nach denen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VBVG auch die für Betreuungsvereine tätigen Vereinsbetreuer vergütet werden.

27

An der Tätigkeit sowohl der Betreuung durch Vereinsbetreuer wie auch des nach §§ 1896 ff. BGB bestellten Berufsbetreuers besteht auch ein erhebliches Gemeinwohlinteresse, wie sich bereits daraus ergibt, dass die rechtliche Betreuung nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu dient, Volljährige zu unterstützen, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können.

28

(3) Gegen die Anerkennung spricht nicht, dass im Regelfall der Betreute die Kosten der Betreuungstätigkeit zu tragen hat. Dass nur einer von mehreren für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten (Bestehen spezifischer Vorschriften, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Kostenübernahme durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit, vgl. EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 31) nicht vorliegt, spricht nicht gegen eine Anerkennung. Die Anerkennung setzt nicht voraus, dass alle für die Anerkennung in Betracht kommenden Gesichtspunkte kumulativ erfüllt sind.

29

d) Einwendungen gegen die Steuerfreiheit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen bestehen nicht.

30

aa) Die Ermächtigung in Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 133 Buchst. d erster Gedankenstrich MwStSystRL berechtigt nicht zu einer Differenzierung zwischen den Betreuungsleistungen der Betreuungsvereine und der Vereinsbetreuer einerseits sowie der durch Berufsbetreuer erbrachten Betreuungsleistungen andererseits.

31

Zwar können die Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung die Steuerfreiheit gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL, jeweils in Buchst. b, g, h, i, l, m und n für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, davon abhängig machen, dass die betreffenden Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben und etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, nicht verteilt, sondern zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden. Das UStG hat diese Ermächtigung aber nicht ausgeübt, wie der EuGH in seinem Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnrn. 55 f. ausdrücklich festgestellt hat.

32

bb) Der Steuerfreiheit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen steht auch nicht Art. 13 Teil A Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 133 MwStSystRL jeweils Buchst. a dritter Gedankenstrich entgegen. Danach können die Mitgliedstaaten die Steuerfreiheit gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, davon abhängig machen, dass Preise angewendet werden, die von den zuständigen Behörden genehmigt sind, oder solche, die die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Tätigkeiten, für die eine Preisgenehmigung nicht vor-gesehen ist, müssen Preise angewendet werden, die unter den Preisen liegen, die von den der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen für entsprechende Tätigkeiten gefordert werden.

33

Unabhängig von der Frage, ob das UStG die durch Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG eingeräumte Ermächtigung wirksam ausgeübt hat (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.3.b), handelt ein Gericht, das die Vergütung eines Betreuers nach feststehenden Stundensätzen festsetzt, funktional als Behörde, so dass von den zuständigen Behörden genehmigte Preise i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG vorliegen, wie der BFH mit Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.3.b bereits entschieden hat. Gleiches gilt für die nach dem VBVG zu bewilligende Vergütung, die nach § 1 Abs. 2 VBVG in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung vom Vormundschaftsgericht nach den Stundensätzen des § 4 VBVG bewilligt wurde. Daher kann es für den Berufsbetreuer auch nicht zu einer weiter gehenden Steuerfreiheit kommen, als sie für Betreuungsvereine nach § 4 Nr. 18 UStG besteht.

34

cc) Es liegen auch keine sonstigen Gründe vor, die einer Berufung der Klägerin auf das Unionsrecht entgegenstehen. So sind die Leistungen der Klägerin keine Leistungen, die i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 134 Buchst. a MwStSystRL als für die soziale Sicherheit "nicht unerlässlich" anzusehen sind, oder die im Wesentlichen dazu bestimmt sind, zusätzliche Einnahmen im unmittelbaren Wettbewerb mit Tätigkeiten zu verschaffen, die von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.

35

3. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen; das Urteil ist daher aufzuheben.

36

a) Beruft sich der Steuerpflichtige --wie im Streitfall-- auf das für ihn günstigere Unionsrecht, kommt dem Umstand, dass nach nationalem Recht Berufsbetreuer anders als Vereinsbetreuer mit ihren Betreuungsleistungen steuerpflichtig sind, keine Bedeutung zu. Soweit der nationale Gesetzgeber daher beabsichtigt hatte, den Betreuungsvereinen "eine gezielte Förderung" zuzuwenden, in dem die Betreuungsvereine "eine niedrigere Umsatzsteuer als ein freiberuflicher Betreuer zu entrichten" haben (BTDrucks 15/4874, S. 31 zu § 4 Abs. 2 VBVG) steht diese umsatzsteuerrechtliche Ungleichbehandlung im Widerspruch zum EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 53, nach dem die Umsatzsteuerfreiheit nicht von sachlich unterschiedlichen Bedingungen für Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht wie z.B. Berufsbetreuern einerseits und die z.B. unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden Betreuungsvereine ohne Gewinnerzielungsabsicht abhängig gemacht werden kann. Dass die Ungleichbehandlung beabsichtigt war, steht einer Berufung auf das Unionsrecht auch nicht entgegen.

37

b) Die Sache ist nicht spruchreif.

38

Das FG hat --ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt zu Recht-- keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Klägerin Vergütungen i.S. von § 1908i BGB i.V.m. § 1835 Abs. 3 BGB erhalten hat. Als Aufwendungen gelten auch solche Dienste, die zum Gewerbe oder zum Beruf des Betreuers gehören. Leistungen, die nach diesen Vorschriften vergütet werden, sind weder nach dem Unionsrecht steuerfrei noch nach der geplanten Neuregelung durch das JStG 2013. Denn Leistungen, die z.B. einem als Betreuer tätigen Rechtsanwalt für eine anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Betreuung nach diesen Vorschriften des BGB vergütet werden, sind keine mit der Sozialfürsorge eng verbundenen Leistungen und auch nicht i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 134 Buchst. a MwStSystRL unerlässlich für die Ausübung der Betreuungstätigkeit, da der Schwerpunkt dieser Leistung nicht in der Betreuung der kranken oder behinderten Person liegt, sondern in der Erbringung einer allgemeinen Rechtsberatungsleistung, die nur aus Anlass der Betreuung durch die ansonsten anerkannte Einrichtung erbracht wird.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erbrachte in den Streitjahren 2005 bis 2008 Betreuungsleistungen und wurde hierfür als Betreuer von den nach § 1897 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuständigen Vormundschaftsgerichten bestellt. Sie behandelte die nach § 1896 BGB erbrachten Betreuungsleistungen zunächst als umsatzsteuerpflichtig, beantragte dann aber, gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre dahingehend zu ändern, dass die Leistungen umsatzsteuerfrei sind. Der Beklagte und Revisions-beklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

2

Für die Klageabweisung führte das Finanzgericht (FG) in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1115 veröffentlichten Urteil an, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erfüllt seien. Die Klägerin könne sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen auch nicht auf Art. 13 Teil A Buchst. g der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen.

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Nach dem zu ihren Gunsten zu berücksichtigenden Unionsrecht seien ihre Leistungen steuerfrei. Sie erbringe Leistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden seien. Nach ihrem Aufgabenkreis sei sie auch als soziale Einrichtung anzusehen.

4

Der Senat hat mit Beschluss vom 12. Januar 2012 das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-174/11 Zimmermann angeordnet. Mit Urteil vom 15. November 2012, Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 2013, 35 hat der EuGH in dieser Rechtssache entschieden:

5

"Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ... verbietet es bei einer Auslegung im Licht des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität, dass die Mehrwertsteuerbefreiung der von gewerblichen Leistungserbringern erbrachten ambulanten Pflege von einer Bedingung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden abhängig gemacht wird, nach der die Kosten dieser Pflege im vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sein müssen, wenn diese Bedingung nicht geeignet ist, im Rahmen der für die Zwecke dieser Vorschrift erfolgenden Anerkennung des sozialen Charakters von Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, die Gleichbehandlung zu gewährleisten."

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuer 2005 bis 2008 auf 0 € festzusetzen.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Leistungen der Klägerin seien auch nach dem Unionsrecht mangels Anerkennung nicht steuerfrei.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen dem Urteil des FG können die Leistungen der Klägerin nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG, ab 2007 Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei sein. Hierzu sind aber noch weitere Feststellungen zu treffen.

10

1. Die Leistungen der Klägerin waren in den Streitjahren nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

11

Die Klägerin erfüllte nicht die in der Person des leistenden Unternehmers bestehenden Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 UStG oder nach § 4 Nr. 18 UStG in ihrer in den Streitjahren geltenden Fassung. Sie erbrachte weder Leistungen als Einrichtung zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen oder zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen (§ 4 Nr. 16 UStG) noch war sie Mitglied in einem anerkannten Verband der Wohlfahrtspflege (§ 4 Nr. 18 UStG).

12

Bestätigt wird die in den Streitjahren nach nationalem Recht bestehende Steuerpflicht durch einen Gesetzgebungsvorschlag zum Jahressteuergesetz 2013 (JStG 2013). Danach soll die nach § 4 Nr. 16 UStG bestehende Steuerfreiheit für "die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Leistungen" um einen zusätzlichen Buchst. k ergänzt werden. Auch die Leistungen der "Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1896 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1908i Absatz 1 in Verbindung mit § 1835 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden", sollen danach steuerfrei sein (vgl. auch den Vorschlag der Gesetzesbegründung in BTDrucks 139/13 S. 180).

13

2. Die Klägerin kann sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

14

a) Steuerfrei waren nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL in den Streitjahren "die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen".

15

Neben einer eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistung setzt die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bei Leistungen von Steuerpflichtigen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, voraus, dass der leistende Unternehmer als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt ist.

16

b) Die sog. rechtliche Betreuung gemäß §§ 1896 ff. BGB "umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen" (§ 1901 Abs. 1 BGB). Der Betreuer hat dabei insbesondere die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht (§ 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB).

17

Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG sowie Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, wie der Bundesfinanzhof (BFH) für Betreuungsleistungen derselben Art, die gleichfalls nach §§ 1896 ff. BGB durch Vereinsbetreuer erbracht werden, bereits ausdrücklich entschieden hat (BFH-Urteil vom 17. Februar 2009 XI R 67/06, BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.2.b). Hierauf nimmt der erkennende Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

18

c) Die Klägerin ist auch eine Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.

19

aa) Nach dem EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 26 legt Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest.

20

Weiter ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Dabei haben die nationalen Behörden im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte die für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu diesen gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 31).

21

Dabei kann sich ein Steuerpflichtiger auf die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Steuerbefreiung berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Bestimmung unvereinbar ist. Es ist dann Sache des nationalen Gerichts, anhand aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, ob der Steuerpflichtige eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung ist. Insoweit haben die nationalen Gerichte zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die Grenzen des ihnen eingeräumten Ermessens unter Beachtung der Grundsätze des Unionsrechts eingehalten haben, zu denen insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung gehört, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnrn. 32 f.). Nichts anderes gilt für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.

22

bb) Im Streitfall folgt die Anerkennung der Klägerin i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL insbesondere aus dem Bestehen spezifischer Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit.

23

(1) Für die Anerkennung des Betreuers spricht seine gerichtliche Bestellung und Überwachung nach §§ 1896 ff. BGB. Maßgeblich ist, dass das hierfür in den Streitjahren zuständige Vormundschaftsgericht nur "eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen", zum Betreuer bestellen konnte (§ 1897 Abs. 1 BGB). Dabei hatte das Gericht bei der Auswahl des Betreuers dessen Geeignetheit umfassend im Hinblick auf alle erforderlichen Aufgabenbereiche zu prüfen (Urteil des Kammergerichts vom 27. Januar 2009  1 W 95/08, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2009, 910, Leitsatz). Dementsprechend hatte das Gericht den Betreuer zu entlassen, wenn dessen Eignung zur Betreuung nicht mehr gewährleistet war (§ 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine zur Entlassung führende mangelnde Eignung konnte sich insbesondere aus Pflichtverletzungen des Betreuers oder dessen Überforderung mit der Erledigung der zugewiesenen Aufgabenkreise ergeben (Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juli 2008  20 W 247/08, Leitsatz, nicht veröffentlicht). Diese Eignungsgrundsätze für die Bestellung und Entlassung von Betreuern galten gleichermaßen für Vereins- und Behördenbetreuer (§ 1897 Abs. 2 BGB) wie auch für ehrenamtlich tätige Betreuer und Berufsbetreuer (§ 1897 Abs. 6 BGB). Damit folgt aus der gerichtlichen Bestellung zur Erbringung einer eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistung (s. oben II.2.b), der erforderliche "soziale Charakter ... , der dem Erbringer der Dienstleistung zuerkannt sein muss" (EuGH-Urteil vom 9. Februar 2006 C-415/04, Stichting Kinderopvang Enschede, Slg. 2006 I-1385 Rdnr. 23).

24

(2) Weiter ist ein Ausschluss der Klägerin von der Steuerfreiheit im Hinblick auf die für Betreuungsvereine bestehende Steuerfreiheit nicht mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu vereinbaren.

25

Auf der Grundlage von § 4 Nr. 18 UStG und Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG hat der XI. Senat des BFH die Leistungen sog. Betreuungsvereine als steuerfrei angesehen, sofern sich der Verein gegen die richtlinienwidrige Regelung des sog. Abstandsgebots nach § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG auf die Richtlinie 77/388/EWG beruft (BFH-Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.2.). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

26

Sind die Leistungen von Betreuungsvereinen, die aufgrund einer Bestellung von Vereinsbetreuern nach §§ 1896 ff. BGB erbracht werden, nach dieser Rechtsprechung steuerfrei und dürfen die Mitgliedstaaten keine unterschiedlichen Bedingungen für Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht einerseits und die z.B. unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden juristischen Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht andererseits vorsehen (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 53), sind auch Berufsbetreuer aufgrund einer nach §§ 1896 ff. BGB erfolgten Bestellung als anerkannte Einrichtung anzusehen. Hierfür spricht neben der Identität des Rechtsrahmens bei der Leistungserbringung durch Betreuungsvereine und Berufsbetreuer auch die Identität der Vergütungsregelungen. So werden Berufsbetreuer und die für einen Betreuungsverein tätigen Vereinsbetreuer nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz --VBVG--) in derselben Höhe vergütet. Die Vergütung des Berufsbetreuers, der unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VBVG berufsmäßig tätig ist, erfolgt nach den Stundensätzen des § 4 VBVG auf der Grundlage der Stundenansätze des § 5 VBVG und damit nach denselben Regelungen, nach denen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VBVG auch die für Betreuungsvereine tätigen Vereinsbetreuer vergütet werden.

27

An der Tätigkeit sowohl der Betreuung durch Vereinsbetreuer wie auch des nach §§ 1896 ff. BGB bestellten Berufsbetreuers besteht auch ein erhebliches Gemeinwohlinteresse, wie sich bereits daraus ergibt, dass die rechtliche Betreuung nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu dient, Volljährige zu unterstützen, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können.

28

(3) Gegen die Anerkennung spricht nicht, dass im Regelfall der Betreute die Kosten der Betreuungstätigkeit zu tragen hat. Dass nur einer von mehreren für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten (Bestehen spezifischer Vorschriften, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Kostenübernahme durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit, vgl. EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 31) nicht vorliegt, spricht nicht gegen eine Anerkennung. Die Anerkennung setzt nicht voraus, dass alle für die Anerkennung in Betracht kommenden Gesichtspunkte kumulativ erfüllt sind.

29

d) Einwendungen gegen die Steuerfreiheit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen bestehen nicht.

30

aa) Die Ermächtigung in Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 133 Buchst. d erster Gedankenstrich MwStSystRL berechtigt nicht zu einer Differenzierung zwischen den Betreuungsleistungen der Betreuungsvereine und der Vereinsbetreuer einerseits sowie der durch Berufsbetreuer erbrachten Betreuungsleistungen andererseits.

31

Zwar können die Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung die Steuerfreiheit gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL, jeweils in Buchst. b, g, h, i, l, m und n für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, davon abhängig machen, dass die betreffenden Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben und etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, nicht verteilt, sondern zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden. Das UStG hat diese Ermächtigung aber nicht ausgeübt, wie der EuGH in seinem Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnrn. 55 f. ausdrücklich festgestellt hat.

32

bb) Der Steuerfreiheit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen steht auch nicht Art. 13 Teil A Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 133 MwStSystRL jeweils Buchst. a dritter Gedankenstrich entgegen. Danach können die Mitgliedstaaten die Steuerfreiheit gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, davon abhängig machen, dass Preise angewendet werden, die von den zuständigen Behörden genehmigt sind, oder solche, die die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Tätigkeiten, für die eine Preisgenehmigung nicht vor-gesehen ist, müssen Preise angewendet werden, die unter den Preisen liegen, die von den der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen für entsprechende Tätigkeiten gefordert werden.

33

Unabhängig von der Frage, ob das UStG die durch Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG eingeräumte Ermächtigung wirksam ausgeübt hat (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.3.b), handelt ein Gericht, das die Vergütung eines Betreuers nach feststehenden Stundensätzen festsetzt, funktional als Behörde, so dass von den zuständigen Behörden genehmigte Preise i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG vorliegen, wie der BFH mit Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.3.b bereits entschieden hat. Gleiches gilt für die nach dem VBVG zu bewilligende Vergütung, die nach § 1 Abs. 2 VBVG in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung vom Vormundschaftsgericht nach den Stundensätzen des § 4 VBVG bewilligt wurde. Daher kann es für den Berufsbetreuer auch nicht zu einer weiter gehenden Steuerfreiheit kommen, als sie für Betreuungsvereine nach § 4 Nr. 18 UStG besteht.

34

cc) Es liegen auch keine sonstigen Gründe vor, die einer Berufung der Klägerin auf das Unionsrecht entgegenstehen. So sind die Leistungen der Klägerin keine Leistungen, die i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 134 Buchst. a MwStSystRL als für die soziale Sicherheit "nicht unerlässlich" anzusehen sind, oder die im Wesentlichen dazu bestimmt sind, zusätzliche Einnahmen im unmittelbaren Wettbewerb mit Tätigkeiten zu verschaffen, die von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.

35

3. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen; das Urteil ist daher aufzuheben.

36

a) Beruft sich der Steuerpflichtige --wie im Streitfall-- auf das für ihn günstigere Unionsrecht, kommt dem Umstand, dass nach nationalem Recht Berufsbetreuer anders als Vereinsbetreuer mit ihren Betreuungsleistungen steuerpflichtig sind, keine Bedeutung zu. Soweit der nationale Gesetzgeber daher beabsichtigt hatte, den Betreuungsvereinen "eine gezielte Förderung" zuzuwenden, in dem die Betreuungsvereine "eine niedrigere Umsatzsteuer als ein freiberuflicher Betreuer zu entrichten" haben (BTDrucks 15/4874, S. 31 zu § 4 Abs. 2 VBVG) steht diese umsatzsteuerrechtliche Ungleichbehandlung im Widerspruch zum EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 53, nach dem die Umsatzsteuerfreiheit nicht von sachlich unterschiedlichen Bedingungen für Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht wie z.B. Berufsbetreuern einerseits und die z.B. unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden Betreuungsvereine ohne Gewinnerzielungsabsicht abhängig gemacht werden kann. Dass die Ungleichbehandlung beabsichtigt war, steht einer Berufung auf das Unionsrecht auch nicht entgegen.

37

b) Die Sache ist nicht spruchreif.

38

Das FG hat --ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt zu Recht-- keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Klägerin Vergütungen i.S. von § 1908i BGB i.V.m. § 1835 Abs. 3 BGB erhalten hat. Als Aufwendungen gelten auch solche Dienste, die zum Gewerbe oder zum Beruf des Betreuers gehören. Leistungen, die nach diesen Vorschriften vergütet werden, sind weder nach dem Unionsrecht steuerfrei noch nach der geplanten Neuregelung durch das JStG 2013. Denn Leistungen, die z.B. einem als Betreuer tätigen Rechtsanwalt für eine anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Betreuung nach diesen Vorschriften des BGB vergütet werden, sind keine mit der Sozialfürsorge eng verbundenen Leistungen und auch nicht i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 134 Buchst. a MwStSystRL unerlässlich für die Ausübung der Betreuungstätigkeit, da der Schwerpunkt dieser Leistung nicht in der Betreuung der kranken oder behinderten Person liegt, sondern in der Erbringung einer allgemeinen Rechtsberatungsleistung, die nur aus Anlass der Betreuung durch die ansonsten anerkannte Einrichtung erbracht wird.

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt in A einen ambulanten Pflegedienst. Sie ist examinierte Krankenschwester und arbeitete 1992 als angestellte Pflegedienstleiterin in einer Sozialstation. Daneben betreute sie ab Anfang 1993 einzelne Patienten selbständig und meldete zum 1. Juni 1993 einen ambulanten Pflegedienst an. Auf ihren Antrag vom 27. August 1993 wurde sie zum 1. Oktober 1993 für die Leistungen der Häuslichen Krankenpflege (§ 37 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch in der damals geltenden Fassung --SGB V--), Häuslichen Pflegehilfe (§§ 53 bis 56 SGB V) und Haushaltshilfe (§ 38 SGB V) zu den Krankenkassen zugelassen.

2

In den Umsatzsteuererklärungen für 1993 und 1994 (Streitjahre) behandelte sie ihre Umsätze als gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. e des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) steuerfrei.

3

Im Jahr 1999 stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) fest, dass die Klägerin (mit ihrem Personal) im Jahr 1993 insgesamt 76 Personen behandelt hatte, von denen 52 Personen (= 68 %) Privatzahler waren. Daraufhin versagte das FA die Steuerfreiheit der von der Klägerin im Jahr 1993 erbrachten Leistungen gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG unter Hinweis darauf, dass nach dieser Vorschrift in mindestens zwei Drittel der Fälle die Kosten von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sein müssten. Die Steuerfreiheit für die von der Klägerin im Jahr 1994 erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG versagte das FA, weil die Vorschrift auf die Verhältnisse des Vorjahrs abstelle. Allerdings greife die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG ein, soweit die Klägerin Leistungen der Behandlungspflege erbracht habe; deren Anteil schätzte das FA auf ein Drittel (Umsatzsteuerbescheide für 1993 und 1994 vom 27. April 1999).

4

Dagegen erhob die Klägerin nach erfolglosem Einspruch Klage. Während des Klageverfahrens legte sie ein an sie gerichtetes Schreiben der Verwaltung A vom 19. Oktober 2005 vor, nach dem sie zum einen spätestens seit 1988 die gleichen Leistungen erbracht bzw. die gleichen Tätigkeiten ausgeführt habe wie die Pflegestationen (Sozialstationen) aus dem Kreis der Liga der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin und zum anderen sie bzw. ihr Unternehmen in sozialrechtlicher Hinsicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt worden sei.

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage überwiegend statt. Es führte aus, die im Streitjahr 1993 bis zum 1. Oktober ausgeführten Umsätze der Klägerin seien, soweit sie auf die Behandlungspflege entfielen, gemäß § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei; deren Anteil schätzte das FG auf der Grundlage von Berechnungen, die die Klägerin im Klageverfahren vorgelegt hatte, auf 75 %.

6

Für den Zeitraum vom 1. Oktober 1993 bis 31. Dezember 1994 könne die Klägerin die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG beanspruchen. Ab diesem Zeitraum seien mindestens zwei Drittel dieser Umsätze auf Personen entfallen, bei denen die Pflegekosten von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder überwiegend getragen worden seien. § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG sei richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass erst der Zeitraum ab Oktober 1993 heranzuziehen sei.

7

Das Urteil des FG ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 624.

8

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG.

9

Die Klägerin hingegen beruft sich für die Steuerfreiheit ihrer Umsätze unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG).

10

Der Senat hat mit Beschluss vom 2. März 2011 XI R 47/07 (BFHE 232, 568, BStBl II 2012, 699) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

11

"1. Erlauben es Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und/oder Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG dem nationalen Gesetzgeber, die Steuerbefreiung der Leistungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen davon abhängig zu machen, dass bei diesen Einrichtungen 'im vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind' (§ 4 Nr. 16 Buchst. e UStG)?

12

2. Ist es unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Neutralität der Mehrwertsteuer für die Antwort auf diese Frage von Bedeutung, dass der nationale Gesetzgeber dieselben Leistungen unter anderen Voraussetzungen als steuerfrei behandelt, wenn sie von amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind, ausgeführt werden (§ 4 Nr. 18 UStG)?"

13

Der EuGH hat diese Fragen mit Urteil vom 15. November 2012 C-174/11 --Zimmermann-- (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2013, 35, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2013, 84) wie folgt beantwortet:

14

"Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage verbietet es bei einer Auslegung im Licht des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität, dass die Mehrwertsteuerbefreiung der von gewerblichen Leistungserbringern erbrachten ambulanten Pflege von einer Bedingung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden abhängig gemacht wird, nach der die Kosten dieser Pflege im vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sein müssen, wenn diese Bedingung nicht geeignet ist, im Rahmen der für die Zwecke dieser Vorschrift erfolgenden Anerkennung des sozialen Charakters von Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, die Gleichbehandlung zu gewährleisten."

15

Das FA hat sich zur Entscheidung des EuGH nicht geäußert.

16

Die Klägerin sieht ihre Rechtsauffassung bestätigt.

17

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit das FG die Klagestattgabe für den Zeitraum vom 1. Oktober 1993 bis zum 31. Dezember 1994 auf § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG gestützt hat.

18

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

19

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die streitigen Umsätze der Klägerin von der Steuer befreit sind.

20

1. Der Senat versteht das Revisionsbegehren des FA trotz dessen (umfassenden) Antrags, die Klage insgesamt abzuweisen, unter Zugrundelegung der Revisionsbegründung dahingehend, dass das FG-Urteil nur insoweit angegriffen werden soll, als das FG seine Klagestattgabe --für den Zeitraum vom 1. Oktober 1993 bis 31. Dezember 1994-- auf § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG gestützt hat.

21

Soweit das FG entschieden hat, die im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 1993 ausgeführten Umsätze der Klägerin seien bei einem (geschätzten) Anteil der Behandlungspflege von 75 % nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei, hat das FA keine Rechts- oder Verfahrensfehler geltend gemacht.

22

Dass Leistungen der Behandlungspflege (nicht aber Leistungen der Grundpflege und der haushaltswirtschaftlichen Versorgung) durch dazu qualifiziertes Krankenpflegepersonal nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei sind, entspricht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. z.B. Urteil vom 22. April 2004 V R 1/98, BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849; Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 10. September 2002 C-141/00 --Kügler--, Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30).

23

2. a) Nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG in der in den Streitjahren 1993 und 1994 geltenden Fassung waren von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei u.a. "die mit dem Betrieb ... der Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, wenn
a) diese Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden" --was im Streitfall ausscheidet-- "oder
...
e) ... im vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind".

24

b) Die Vorschrift beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach befreien unbeschadet sonstiger Vorschriften "die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
...
g) die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialen Charakter anerkannte Einrichtungen".

25

Nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 133 MwStSystRL-- können die Mitgliedstaaten die Gewährung der unter Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Befreiung für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall von der Erfüllung näher bezeichneter Bedingungen abhängig machen.

26

3. Die streitbefangenen Leistungen der Klägerin sind nicht nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG steuerfrei.

27

Zwar hat das FG für den Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass die Klägerin zum 1. Oktober 1993 für die Leistungen der Häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V), Häuslichen Pflegehilfe (§§ 53 bis 56 SGB V) und Haushaltshilfe (§ 38 SGB V) zu den Krankenkassen zugelassen worden ist, und dass in dem im Revisionsverfahren allein noch verbliebenen Streitzeitraum vom 1. Oktober 1993 bis 31. Dezember 1994 mindestens zwei Drittel ihrer Umsätze auf Personen entfallen sind, bei denen die Pflegekosten von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder überwiegend getragen worden sind. Der Tatbestand des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG ist jedoch insoweit nicht erfüllt, als die Pflegekosten nicht "im vorangegangenen Kalenderjahr" in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind.

28

4. Für die Steuerfreiheit der streitbefangenen Leistungen kann sich die Klägerin jedoch mit Erfolg unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG berufen (vgl. dazu EuGH-Urteil --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 32; BFH-Urteile vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; vom 1. Dezember 2010 XI R 46/08, BFHE 232, 232).

29

a) Die Klägerin hat in Ausübung der ambulanten Pflege eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG erbracht (vgl. EuGH-Urteile --Kügler-- in Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 44; --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 22 bis 24). Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

30

b) Bei der Klägerin handelt es sich zudem um eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG.

31

aa) Vorgenannte Vorschrift legt die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest. Es ist daher grundsätzlich Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen diesen Einrichtungen eine solche Anerkennung gewährt werden kann. Die Mitgliedstaaten verfügen insoweit über ein Ermessen (EuGH-Urteile vom 26. Mai 2005 C-498/03 --Kingscrest Associates und Montecello--, Slg. 2005, I-4427, UR 2005, 453, Rz 49, 51; --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 26).

32

Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, ob der Steuerpflichtige eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung ist (EuGH-Urteile --Kügler-- in Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 61; --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 32).

33

bb) Nach dem EuGH-Urteil --Zimmermann-- (UR 2013, 35, HFR 2013, 84) geht es vorliegend im Wesentlichen darum, ob die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) bei der Ausgestaltung der Anerkennung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens beachtet hat (vgl. Rz 28; s.a. EuGH-Urteil --Kügler-- in Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 55). Ficht ein Steuerpflichtiger die Anerkennung oder die Nichtanerkennung der Eigenschaft als Einrichtung mit sozialem Charakter i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG an, haben die nationalen Gerichte demgemäß zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die Grenzen des ihnen in diesem Artikel eingeräumten Ermessens unter Beachtung der Grundsätze des Unionsrechts eingehalten haben, einschließlich insbesondere des Grundsatzes der Gleichbehandlung, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt (EuGH-Urteile --Kügler-- in Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 56; --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 33).

34

cc) Hierzu führt der EuGH in seinem Urteil --Zimmermann-- (UR 2013, 35, HFR 2013, 84) näher aus:

35

           

"31     

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht jedoch hervor, dass es bei der Bestimmung der Einrichtungen, deren 'sozialer Charakter' im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie für die Zwecke dieser Bestimmung anzuerkennen ist, Sache der nationalen Behörden ist, im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte mehrere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu ihnen können das Bestehen spezifischer Vorschriften – seien es nationale oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit –, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und der Gesichtspunkt zählen, dass die Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Kügler, Randnrn. 57 und 58, und Kingscrest Associates und Montecello, Randnr. 53, sowie entsprechend Urteile vom 6. November 2003, Dornier, C-45/01, Slg. 2003, I-12911, Randnrn. 72 und 73, L. u. P., Randnr. 53, und CopyGene, Randnrn. 65 und 71).

...

35    

Was zunächst die Zwei-Drittel-Grenze betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach der in Randnr. 31 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung die Tatsache, dass die Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden, einen Gesichtspunkt darstellt, der bei der Festlegung der Einrichtungen berücksichtigt werden kann, deren 'sozialer Charakter' im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie für die Zwecke dieser Bestimmung anzuerkennen ist.

        

...     

37    

Entsprechend ist das Erfordernis einer wie im Ausgangsverfahren auf zwei Drittel der Fälle festgesetzten Schwelle für die Zwecke der Anwendung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie zu beurteilen. Durch das Erfordernis einer solchen Schwelle wird nämlich auf ähnliche Weise dem Bedürfnis entsprochen, bei der Anwendung dieser Vorschrift den sozialen Charakter von Einrichtungen anzuerkennen. Ebenso überschreitet ein Mitgliedstaat das ihm nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie zustehende Ermessen grundsätzlich nicht dadurch, dass er auch im Zusammenhang mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bedingung verlangt, dass die Kosten für die betreffenden Leistungen der ambulanten Pflege ganz oder zum überwiegenden Teil von den gesetzlichen Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeträgern übernommen worden sein müssen.

...

40    

... ist es erforderlichenfalls Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob in den Situationen, in denen von Beginn der betreffenden Tätigkeiten an der 'soziale Charakter' im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie nach der in Randnr. 31 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung anzuerkennen wäre, die Pflicht, ausschließlich auf das vorangegangene Kalenderjahr abzustellen, zur Folge hat, dass hinsichtlich des ersten Kalenderjahrs dieser Tätigkeiten oder sogar ihrer ersten beiden Kalenderjahre die Anerkennung des 'sozialen Charakters' des betreffenden Leistungserbringers im Sinne dieser Vorschrift automatisch und zwangsläufig ausgeschlossen ist.

41    

Soweit die Pflicht, ausschließlich auf das vorangegangene Kalenderjahr abzustellen, dies zur Folge hätte, kann sie nicht auf der Grundlage des Einleitungssatzes von Art. 13 Teil A Abs. 1 der Sechsten Richtlinie gerechtfertigt werden."

36

dd) Unter Anlegung dieser Maßstäbe hat Deutschland bei der Ausgestaltung der Anerkennung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens nicht beachtet.

37

Zwar hat der EuGH im Urteil --Zimmermann-- (UR 2013, 35, HFR 2013, 84) die Zwei-Drittel-Grenze des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG sowie die dort normierte Bedingung, dass die Kosten für die betreffenden Leistungen der ambulanten Pflege ganz oder zum überwiegenden Teil von den gesetzlichen Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeträgern übernommen worden sein müssen, ausdrücklich gebilligt. Durch die in § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG normierte Pflicht, diesbezüglich jeweils auf das vorangegangene Kalenderjahr abzustellen, würde jedoch die Anerkennung des "sozialen Charakters" der Klägerin für den Streitzeitraum, in dem sie dem Grunde nach Umsätze i.S. des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG ausführte, automatisch und zwangsläufig ausgeschlossen. Hierfür bietet Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG keine Grundlage (EuGH-Urteil --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 40, 41).

38

Aus den Ausführungen des EuGH ergibt sich ferner, dass insofern auf die Tätigkeit der Klägerin im Zeitraum ab dem 1. Oktober 1993 abzustellen ist, ab dem die Zwei-Drittel-Grenze erfüllt ist, und nicht auf das Kalenderjahr 1993.

39

c) Die Steuerbefreiung der streitigen Leistungen ist nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ausgeschlossen.

40

aa) Nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG sind von der Steuerbefreiung Dienstleistungen ausgeschlossen, wenn sie zur Ausübung der von der Steuer befreiten Tätigkeiten nicht unerlässlich sind (vgl. EuGH-Urteil --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 61, m.w.N.).

41

Vorliegend ist weder durch das FG festgestellt noch überhaupt vom FA geltend gemacht, dass die Klägerin solche von der Steuerbefreiung ausgeschlossenen Dienstleistungen getätigt hätte.

42

bb) Hinsichtlich Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG, nach dem Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen von der in Art. 13 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen sind, wenn sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden, sind diese Voraussetzungen für einen Ausschluss der Steuerbefreiung weder vorgetragen noch ersichtlich.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erbrachte in den Streitjahren 2005 bis 2008 Betreuungsleistungen und wurde hierfür als Betreuer von den nach § 1897 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuständigen Vormundschaftsgerichten bestellt. Sie behandelte die nach § 1896 BGB erbrachten Betreuungsleistungen zunächst als umsatzsteuerpflichtig, beantragte dann aber, gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre dahingehend zu ändern, dass die Leistungen umsatzsteuerfrei sind. Der Beklagte und Revisions-beklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

2

Für die Klageabweisung führte das Finanzgericht (FG) in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1115 veröffentlichten Urteil an, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erfüllt seien. Die Klägerin könne sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen auch nicht auf Art. 13 Teil A Buchst. g der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen.

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Nach dem zu ihren Gunsten zu berücksichtigenden Unionsrecht seien ihre Leistungen steuerfrei. Sie erbringe Leistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden seien. Nach ihrem Aufgabenkreis sei sie auch als soziale Einrichtung anzusehen.

4

Der Senat hat mit Beschluss vom 12. Januar 2012 das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-174/11 Zimmermann angeordnet. Mit Urteil vom 15. November 2012, Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 2013, 35 hat der EuGH in dieser Rechtssache entschieden:

5

"Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ... verbietet es bei einer Auslegung im Licht des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität, dass die Mehrwertsteuerbefreiung der von gewerblichen Leistungserbringern erbrachten ambulanten Pflege von einer Bedingung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden abhängig gemacht wird, nach der die Kosten dieser Pflege im vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sein müssen, wenn diese Bedingung nicht geeignet ist, im Rahmen der für die Zwecke dieser Vorschrift erfolgenden Anerkennung des sozialen Charakters von Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, die Gleichbehandlung zu gewährleisten."

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuer 2005 bis 2008 auf 0 € festzusetzen.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Die Leistungen der Klägerin seien auch nach dem Unionsrecht mangels Anerkennung nicht steuerfrei.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen dem Urteil des FG können die Leistungen der Klägerin nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG, ab 2007 Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei sein. Hierzu sind aber noch weitere Feststellungen zu treffen.

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1. Die Leistungen der Klägerin waren in den Streitjahren nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

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Die Klägerin erfüllte nicht die in der Person des leistenden Unternehmers bestehenden Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 UStG oder nach § 4 Nr. 18 UStG in ihrer in den Streitjahren geltenden Fassung. Sie erbrachte weder Leistungen als Einrichtung zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen oder zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen (§ 4 Nr. 16 UStG) noch war sie Mitglied in einem anerkannten Verband der Wohlfahrtspflege (§ 4 Nr. 18 UStG).

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Bestätigt wird die in den Streitjahren nach nationalem Recht bestehende Steuerpflicht durch einen Gesetzgebungsvorschlag zum Jahressteuergesetz 2013 (JStG 2013). Danach soll die nach § 4 Nr. 16 UStG bestehende Steuerfreiheit für "die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Leistungen" um einen zusätzlichen Buchst. k ergänzt werden. Auch die Leistungen der "Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1896 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1908i Absatz 1 in Verbindung mit § 1835 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden", sollen danach steuerfrei sein (vgl. auch den Vorschlag der Gesetzesbegründung in BTDrucks 139/13 S. 180).

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2. Die Klägerin kann sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

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a) Steuerfrei waren nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL in den Streitjahren "die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen".

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Neben einer eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistung setzt die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bei Leistungen von Steuerpflichtigen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, voraus, dass der leistende Unternehmer als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt ist.

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b) Die sog. rechtliche Betreuung gemäß §§ 1896 ff. BGB "umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen" (§ 1901 Abs. 1 BGB). Der Betreuer hat dabei insbesondere die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht (§ 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB).

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Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG sowie Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, wie der Bundesfinanzhof (BFH) für Betreuungsleistungen derselben Art, die gleichfalls nach §§ 1896 ff. BGB durch Vereinsbetreuer erbracht werden, bereits ausdrücklich entschieden hat (BFH-Urteil vom 17. Februar 2009 XI R 67/06, BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.2.b). Hierauf nimmt der erkennende Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

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c) Die Klägerin ist auch eine Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.

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aa) Nach dem EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 26 legt Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest.

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Weiter ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Dabei haben die nationalen Behörden im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte die für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu diesen gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 31).

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Dabei kann sich ein Steuerpflichtiger auf die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Steuerbefreiung berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Bestimmung unvereinbar ist. Es ist dann Sache des nationalen Gerichts, anhand aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, ob der Steuerpflichtige eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung ist. Insoweit haben die nationalen Gerichte zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die Grenzen des ihnen eingeräumten Ermessens unter Beachtung der Grundsätze des Unionsrechts eingehalten haben, zu denen insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung gehört, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnrn. 32 f.). Nichts anderes gilt für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.

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bb) Im Streitfall folgt die Anerkennung der Klägerin i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL insbesondere aus dem Bestehen spezifischer Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit.

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(1) Für die Anerkennung des Betreuers spricht seine gerichtliche Bestellung und Überwachung nach §§ 1896 ff. BGB. Maßgeblich ist, dass das hierfür in den Streitjahren zuständige Vormundschaftsgericht nur "eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen", zum Betreuer bestellen konnte (§ 1897 Abs. 1 BGB). Dabei hatte das Gericht bei der Auswahl des Betreuers dessen Geeignetheit umfassend im Hinblick auf alle erforderlichen Aufgabenbereiche zu prüfen (Urteil des Kammergerichts vom 27. Januar 2009  1 W 95/08, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2009, 910, Leitsatz). Dementsprechend hatte das Gericht den Betreuer zu entlassen, wenn dessen Eignung zur Betreuung nicht mehr gewährleistet war (§ 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine zur Entlassung führende mangelnde Eignung konnte sich insbesondere aus Pflichtverletzungen des Betreuers oder dessen Überforderung mit der Erledigung der zugewiesenen Aufgabenkreise ergeben (Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juli 2008  20 W 247/08, Leitsatz, nicht veröffentlicht). Diese Eignungsgrundsätze für die Bestellung und Entlassung von Betreuern galten gleichermaßen für Vereins- und Behördenbetreuer (§ 1897 Abs. 2 BGB) wie auch für ehrenamtlich tätige Betreuer und Berufsbetreuer (§ 1897 Abs. 6 BGB). Damit folgt aus der gerichtlichen Bestellung zur Erbringung einer eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistung (s. oben II.2.b), der erforderliche "soziale Charakter ... , der dem Erbringer der Dienstleistung zuerkannt sein muss" (EuGH-Urteil vom 9. Februar 2006 C-415/04, Stichting Kinderopvang Enschede, Slg. 2006 I-1385 Rdnr. 23).

24

(2) Weiter ist ein Ausschluss der Klägerin von der Steuerfreiheit im Hinblick auf die für Betreuungsvereine bestehende Steuerfreiheit nicht mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu vereinbaren.

25

Auf der Grundlage von § 4 Nr. 18 UStG und Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG hat der XI. Senat des BFH die Leistungen sog. Betreuungsvereine als steuerfrei angesehen, sofern sich der Verein gegen die richtlinienwidrige Regelung des sog. Abstandsgebots nach § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG auf die Richtlinie 77/388/EWG beruft (BFH-Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.2.). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

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Sind die Leistungen von Betreuungsvereinen, die aufgrund einer Bestellung von Vereinsbetreuern nach §§ 1896 ff. BGB erbracht werden, nach dieser Rechtsprechung steuerfrei und dürfen die Mitgliedstaaten keine unterschiedlichen Bedingungen für Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht einerseits und die z.B. unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden juristischen Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht andererseits vorsehen (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 53), sind auch Berufsbetreuer aufgrund einer nach §§ 1896 ff. BGB erfolgten Bestellung als anerkannte Einrichtung anzusehen. Hierfür spricht neben der Identität des Rechtsrahmens bei der Leistungserbringung durch Betreuungsvereine und Berufsbetreuer auch die Identität der Vergütungsregelungen. So werden Berufsbetreuer und die für einen Betreuungsverein tätigen Vereinsbetreuer nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz --VBVG--) in derselben Höhe vergütet. Die Vergütung des Berufsbetreuers, der unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VBVG berufsmäßig tätig ist, erfolgt nach den Stundensätzen des § 4 VBVG auf der Grundlage der Stundenansätze des § 5 VBVG und damit nach denselben Regelungen, nach denen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VBVG auch die für Betreuungsvereine tätigen Vereinsbetreuer vergütet werden.

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An der Tätigkeit sowohl der Betreuung durch Vereinsbetreuer wie auch des nach §§ 1896 ff. BGB bestellten Berufsbetreuers besteht auch ein erhebliches Gemeinwohlinteresse, wie sich bereits daraus ergibt, dass die rechtliche Betreuung nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu dient, Volljährige zu unterstützen, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können.

28

(3) Gegen die Anerkennung spricht nicht, dass im Regelfall der Betreute die Kosten der Betreuungstätigkeit zu tragen hat. Dass nur einer von mehreren für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten (Bestehen spezifischer Vorschriften, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Kostenübernahme durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit, vgl. EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 31) nicht vorliegt, spricht nicht gegen eine Anerkennung. Die Anerkennung setzt nicht voraus, dass alle für die Anerkennung in Betracht kommenden Gesichtspunkte kumulativ erfüllt sind.

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d) Einwendungen gegen die Steuerfreiheit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen bestehen nicht.

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aa) Die Ermächtigung in Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 133 Buchst. d erster Gedankenstrich MwStSystRL berechtigt nicht zu einer Differenzierung zwischen den Betreuungsleistungen der Betreuungsvereine und der Vereinsbetreuer einerseits sowie der durch Berufsbetreuer erbrachten Betreuungsleistungen andererseits.

31

Zwar können die Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung die Steuerfreiheit gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL, jeweils in Buchst. b, g, h, i, l, m und n für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, davon abhängig machen, dass die betreffenden Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben und etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, nicht verteilt, sondern zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden. Das UStG hat diese Ermächtigung aber nicht ausgeübt, wie der EuGH in seinem Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnrn. 55 f. ausdrücklich festgestellt hat.

32

bb) Der Steuerfreiheit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen steht auch nicht Art. 13 Teil A Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 133 MwStSystRL jeweils Buchst. a dritter Gedankenstrich entgegen. Danach können die Mitgliedstaaten die Steuerfreiheit gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, davon abhängig machen, dass Preise angewendet werden, die von den zuständigen Behörden genehmigt sind, oder solche, die die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Tätigkeiten, für die eine Preisgenehmigung nicht vor-gesehen ist, müssen Preise angewendet werden, die unter den Preisen liegen, die von den der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen für entsprechende Tätigkeiten gefordert werden.

33

Unabhängig von der Frage, ob das UStG die durch Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG eingeräumte Ermächtigung wirksam ausgeübt hat (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.3.b), handelt ein Gericht, das die Vergütung eines Betreuers nach feststehenden Stundensätzen festsetzt, funktional als Behörde, so dass von den zuständigen Behörden genehmigte Preise i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG vorliegen, wie der BFH mit Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.3.b bereits entschieden hat. Gleiches gilt für die nach dem VBVG zu bewilligende Vergütung, die nach § 1 Abs. 2 VBVG in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung vom Vormundschaftsgericht nach den Stundensätzen des § 4 VBVG bewilligt wurde. Daher kann es für den Berufsbetreuer auch nicht zu einer weiter gehenden Steuerfreiheit kommen, als sie für Betreuungsvereine nach § 4 Nr. 18 UStG besteht.

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cc) Es liegen auch keine sonstigen Gründe vor, die einer Berufung der Klägerin auf das Unionsrecht entgegenstehen. So sind die Leistungen der Klägerin keine Leistungen, die i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 134 Buchst. a MwStSystRL als für die soziale Sicherheit "nicht unerlässlich" anzusehen sind, oder die im Wesentlichen dazu bestimmt sind, zusätzliche Einnahmen im unmittelbaren Wettbewerb mit Tätigkeiten zu verschaffen, die von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.

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3. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen; das Urteil ist daher aufzuheben.

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a) Beruft sich der Steuerpflichtige --wie im Streitfall-- auf das für ihn günstigere Unionsrecht, kommt dem Umstand, dass nach nationalem Recht Berufsbetreuer anders als Vereinsbetreuer mit ihren Betreuungsleistungen steuerpflichtig sind, keine Bedeutung zu. Soweit der nationale Gesetzgeber daher beabsichtigt hatte, den Betreuungsvereinen "eine gezielte Förderung" zuzuwenden, in dem die Betreuungsvereine "eine niedrigere Umsatzsteuer als ein freiberuflicher Betreuer zu entrichten" haben (BTDrucks 15/4874, S. 31 zu § 4 Abs. 2 VBVG) steht diese umsatzsteuerrechtliche Ungleichbehandlung im Widerspruch zum EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 53, nach dem die Umsatzsteuerfreiheit nicht von sachlich unterschiedlichen Bedingungen für Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht wie z.B. Berufsbetreuern einerseits und die z.B. unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden Betreuungsvereine ohne Gewinnerzielungsabsicht abhängig gemacht werden kann. Dass die Ungleichbehandlung beabsichtigt war, steht einer Berufung auf das Unionsrecht auch nicht entgegen.

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b) Die Sache ist nicht spruchreif.

38

Das FG hat --ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt zu Recht-- keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Klägerin Vergütungen i.S. von § 1908i BGB i.V.m. § 1835 Abs. 3 BGB erhalten hat. Als Aufwendungen gelten auch solche Dienste, die zum Gewerbe oder zum Beruf des Betreuers gehören. Leistungen, die nach diesen Vorschriften vergütet werden, sind weder nach dem Unionsrecht steuerfrei noch nach der geplanten Neuregelung durch das JStG 2013. Denn Leistungen, die z.B. einem als Betreuer tätigen Rechtsanwalt für eine anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Betreuung nach diesen Vorschriften des BGB vergütet werden, sind keine mit der Sozialfürsorge eng verbundenen Leistungen und auch nicht i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 134 Buchst. a MwStSystRL unerlässlich für die Ausübung der Betreuungstätigkeit, da der Schwerpunkt dieser Leistung nicht in der Betreuung der kranken oder behinderten Person liegt, sondern in der Erbringung einer allgemeinen Rechtsberatungsleistung, die nur aus Anlass der Betreuung durch die ansonsten anerkannte Einrichtung erbracht wird.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.