Landgericht Köln Urteil, 21. Jan. 2016 - 24 O 123/15
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag Nr. ###und dem dazugehörigen Exzedentenvertrag DE 0000021LI03A bedingungsgemäß Versicherungsschutz zu gewähren über eine Quote von 50 % hinaus wegen der Inanspruchnahme der Klägerin durch die Firma V GmbH im Verfahren vor dem Landgericht Köln (18 O 16/14) gemäß Klageschrift vom 04.10.2013, soweit die Klage nicht darauf gestützt wird, die Klägerin habe es als kaufmännische Geschäftsführerin der Y Baugrube Düsseldorf versäumt, die projektbezogene Haftpflichtversicherung bei der T-Versicherung bis zum 31.03.2003 zu verlängern und sie habe zudem Deckungsansprüche gegenüber der T-Versicherung verjähren lassen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Beklagte (bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen) war seit vielen Jahren und so auch 2003 der Betriebshaftpflichtversicherer der Klägerin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen). Das Versicherungsverhältnis endete zum 01.01.2006.
3Die Versicherungsbedingungen entsprechen, soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung, dem Versicherungsschein, den die Klägerin als Anlage K 1 (AH) vorgelegt hat. Zudem bestand eine Exzedentenversicherung zwischen den Parteien nach Maßgabe der Versicherungsbestätigung vom 06.02.2003 (Anlage K 13, Bl. 20 f GA).
4Unter Teil II Ziffer 4 – „Teilnahme an Arbeits- und Liefergemeinschaften“ – heißt es im Versicherungsschein:
5Für Haftpflichtansprüche aus der Teilnahme an Arbeits- und Liefergemeinschaften gelten, unbeschadet der sonstigen Vertragsbedingungen (insbesondere der Deckungssummen), folgende Bestimmungen:
6…
74.4
8Nicht versichert sind Haftpflichtansprüche wegen Schäden an den von den einzelnen Partnern in die Arbeitsgemeinschaft eingebrachten oder von der Arbeitsgemeinschaft beschafften Sachen, gleichgültig, von wem die Schäden verursacht wurden.
94.5
10Ebenso bleiben ausgeschlossen Ansprüche der Partner der Arbeitsgemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Arbeitsgemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt.
11Am 17.09.2002 hatte die Klägerin mit der Fa. V GmbH (im Folgenden: Fa. V) einen Vertrag über eine Dach-Arbeitsgemeinschaft geschlossen (Anlage K 2, AH). Zweck der Dacharbeitsgemeinschaft mit der Bezeichnung „Y Baugrube Düsseldorf“ (im Folgenden: Y) war die gemeinsame Durchführung von Spezialtiefbau- und Abbrucharbeiten im Rahmen eines Bauvorhabens des Hotels G in Düsseldorf (Bauprojekt „G KÖ Düsseldorf“). Die Klägerin war an der Y mehrheitlich beteiligt. Zudem war sie laut Vertrag technische und kaufmännische Geschäftsführerin.
12Die Y schloss am 23.08./26.08.2002 einen entsprechenden Werkvertrag mit der A Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH (Anlage K 7 (doppelt vergeben), AH). In § 11 war u.a. geregelt, dass die Y eine objektbezogene Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von 50.000.000,- € abzuschließen und der Auftraggeberin nachzuweisen hatte.
13Die Y schloss wiederum einen Nachunternehmervertrag betr. die Arbeiten, die innerhalb der Y der Klägerin zugewiesen waren, mit der Y Spezialtiefbau -Düsseldorf, an der die Klägerin zu 60 % und die Fa. D Spezialtiefbau GmbH mit 40 % beteiligt waren.
14Die V hatte ihrerseits einen Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag abgeschlossen, und zwar bei der T-Versicherung AG (im Folgenden: T-Versicherung). Mit Nachtrag vom 06.09.2002 (Anlage K 10, AH) erstellte die T-Versicherung einen als ergänzenden Bestandteil des Versicherungsscheines geltenden Nachtrag vom 06.09.2010, der die Y als Versicherungsnehmerin aufwies. In dem Nachtrag (es gibt allerdings auch weitere, das vorliegende Projekt betreffende Nachträge, s. Bl. 3 f des Urteils des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010, Anlage B 1, Bl. 36 f der Akte 24 O 72/15) ist u.a. eine die Herstellung der Baugrube Düsseldorf betreffende Höherdeckung geregelt.
15Am 29.04.2003 kam es auf der Baustelle zu einem Umsturz zweier Turmkräne. Zwei Bauarbeiter kamen ums Leben. Es entstanden zudem Sach- und Vermögensschäden in Millionenhöhe.
16Aus diesem Unglücksfall erwuchsen mehrere Schadensersatzklagen, die gegen die Y, die Klägerin und die Fa. V sowie weitere am Bau Beteiligten geführt wurden und werden.
17Die Y nahm die T-Versicherung auf Feststellung in Anspruch, dass
18diese als Objekthaftpflichtversicherer für die Tätigkeit der Y an dem Bauvorhaben Baugrube Düsseldorf hinsichtlich des Schadensfalls vom 29.04.2003 verpflichtet sei. Die Klage wurde mit rechtskräftigem Berufungsurteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010 (Anlage B 1, Bl. 34 ff der Akte 24 O 72/15) abgewiesen. Hierbei wurde offen gelassen, ob eine zeitliche Befristung des Deckungsschutzes auf einen Zeitpunkt vor dem Unglücksfall gegeben sei. Jedenfalls seien Deckungsansprüche im Hinblick auf die bereits 2003 erfolgte Deckungsablehnung der T-Versicherung verjährt.
19Mit Klageschrift vom 04.10.2013 (Anlage K 3, AH) in dem Verfahren 18 O 16/14 LG Köln nahm die Fa. V die Klägerin mit den Anträgen in Anspruch, sie mit einer Quote von 68 % von Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 auf dem Grundstück Königsallee 59 in Düsseldorf beruhen. Die Fa. V vertritt die Auffassung, die alleinige Verantwortung für den Unfall trage die Klägerin. Sie ist zudem der Ansicht, die Klägerin habe sie deshalb von allen gegen die Fa. V geltend gemachten Schadensersatzansprüchen Dritter freizustellen, weil die Klägerin sich der Fa. V GmbH gegenüber aus dem Dach-Y-Vertrag schadenersatzpflichtig gemacht habe, denn sie habe der Fa. V gegenüber gegen ihre Pflichten als technischer und kaufmännischer Geschäftsführer der Y verstoßen. Als technischer Geschäftsführer habe die Klägerin versagt, denn sie habe bezogen auf den Unfall weder eine technische und terminlich sachgerechte Koordinierung der Gesamtbaustelle vorgenommen noch eine ordnungsgemäße Überwachung der Bauarbeiten und Überprüfung der Einhaltung aller sicherheitsrelevanten Vorschriften und Gesetze vorgenommen (§ 7.1 S. 2, S. 3, § 7.41 des Dach-Y-Vertrages). Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 23 ff der Klageschrift Bezug genommen. Als kaufmännischer Geschäftsführer habe sie gegen ihre Pflicht zur verantwortlichen Überwachung aller kaufmännischen Arbeiten der Dach-Y und die Mitwirkung beim Abschluss von Verträgen der Dach-Y verstoßen (§ 8.41 sowie § 8.45 des Dach-Y-Vertrages; Bl. 25 f der Klageschrift). Denn die Klägerin habe es zu verantworten, dass die projektbezogene Haftpflichtversicherung für Sach- und Vermögensschäden mit einer Deckungssumme von 50.000.000,- € dem Wortlaut des Versicherungsscheines nach nur befristet bis zum 31.03.2003 abgeschlossen worden sei, ohne sodann für eine Verlängerung über den 31.03.2003 hinaus oder zumindest eine verbindliche Klarstellung, dass die Befristung nicht gelte, Sorge zu tragen. Ferner habe die Klägerin es zu vertreten, dass die Geltendmachung der Deckungsansprüche der Y gegen die T-Versicherung verjährt sei.
20Mit Urteil vom 12.01.2015 erkannte das Landgericht Köln - 18 O 16/14 – (Anlage K 4, AH), dass die hiesige Klägerin die Fa. V im Umfang von 68 % von den im Tenor näher bezeichneten Ansprüchen Dritter freizustellen habe. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen. Die Kammer kam zu dem Ergebnis, dass die Fa. V gegen die hiesige Klägerin einen entsprechenden Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB habe im Hinblick auf den jeweiligen Verantwortungsbeitrag der dortigen Parteien an der Unfallverursachung. Ein über eine Quote von 68 % hinausgehender Freistellungsanspruch könne nicht aus der angeblichen Verletzung der Pflichten der hiesigen Klägerin als technischer und kaufmännischer Geschäftsführer hergeleitet werden (Bl. 16 ff des Urteils). In dem Urteil wurde der Streitwert auf 13.000.000,- € festgesetzt.
21Gegen dieses Urteil wurde durch beide Parteien des dortigen Rechtsstreits Berufung eingelegt, die unter dem Aktenzeichen 19 U 20/15 OLG Köln anhängig ist.
22Die Klägerin unterrichtete die Beklagte umgehend nach Zustellung der Klageschrift vom 04.10.2013 über die Inanspruchnahme durch die Fa. V.
23Am 22.11.2013 fand ein Besprechungstermin der Parteien statt. Die Beklagte erklärte u.a., dass sie vorläufig Deckungsschutz gewähren werde. Die Deckungspflicht der Beklagten wurde nicht mit der Erwägung in Frage gestellt, dass ggf. auch der nicht gedeckte sog. Erfüllungsbereich betroffen sei.
24In Abstimmung mit der Beklagten mandatierte die Klägerin Herrn Rechtsanwalt Dr. C1 aus der Kanzlei P. Q. Rechtsanwälte in Düsseldorf.
25Mit E-Mail vom 21.03.2014 (Anlage K 6, AH) nahm die Beklagte zum Entwurf der Klageerwiderung Stellung. Abschließend hieß es:
26Aus Gründen äußerster Vorsorge weisen wir darauf hin, dass mit dieser Stellungnahme keine Aussage zum Versicherungsschutz im Rahmen des hier bestehenden Versicherungsvertrages verbunden ist.
27Mit E-Mail vom selben Tag (Anlage K 7, AH) wandte die Beklagte sich an die Klägerin und führte aus:
28Aus Gründen äußerster Vorsorge möchten wir auf Deckungsbedenken aufmerksam machen, die sich im Zusammenhang mit der zwischenzeitlich von der V GmbH gegen die W SE erhobenen Freistellungsklage – LG Köln 18 O 16/14 – ergeben. Nach Teil II Ziffer 4.5 der zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen „Ansprüche der Partner der Arbeitsgemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Arbeitsgemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt“. Sollte sich daher nach Abschluss des Verfahrens herausstellen, dass etwaige Ansprüche der V GmbH tatsächlich bestehen und diesem Bereich zuzuordnen wären, bestünde insoweit kein Versicherungsschutz.
29Eine weitergehende Aussage zur Haftung und/oder Deckung ist mit dieser Mitteilung nicht verbunden.
30Mit Schreiben vom 24.03.2014 wandte sich die W GmbH namens der Klägerin daraufhin an die Beklagte (Anlage K 8, AH). In dem Schreiben heißt es:
31Wir nehmen Bezug auf Ihre nochmals beigefügte Nachricht vom 21.03.2014.
32Der Versicherungsschutz umfasst sowohl die Abwehr unberechtigter, als auch die Befriedigung berechtigter Ansprüche, so dass der Versicherungsschutz nicht davon abhängen kann, ob die Ansprüche des Klägers P&Z tatsächlich bestehen.
33Es handelt sich vorliegend nicht um Ansprüche, die originär in Person der Arbeitsgemeinschaft oder ihrer Partner entstanden sind, sondern Rückgriffsansprüche wegen Schadensersatzansprüchen Dritter.
34Klauseln, die den Versicherungsschutz beschränken, sind nicht weiter auszulegen, als ihr erkennbarer Zweck es erfordert. Sinn und Zweck der von Ihnen genannten Klausel ist es, Ansprüche, bei denen eine besondere Gefahr kollusiven Verhaltens zu Lasten des Versicherers besteht, vom Versicherungsschutz auszunehmen. Bei Schadensersatzansprüchen Dritter, die im Regresswege geltend gemacht werden, besteht eine solche Gefahr mangels Einflussmöglichkeit jedoch nicht.
35Die Klausel greift daher nur für Ansprüche ein, die unmittelbar in der Person der Arbeitsgemeinschaft oder ihrer Partner entstanden sind Schmalzl/Krause-Allenstein Rh 541, Garbes (R Versicherung AG) Rn 69; Veith/Gräfe/Bock-Wehr § 13 Rn 130; Prölss/Martin BBR Arch A. Nr. 3 Rn 4.
36Ungeachtet dessen hatten Sie in der Besprechung vom 22.11.2013 den Versicherungsschutz für die Freistellungsklage von P & Z nur unter den Vorbehalt des Eingreifens des Erfüllungsschadensausschlusses und dementsprechend eine vorläufige Kostenübernahme von 50 % zugesagt.
37Letztlich steht die Inanspruchnahme des versicherungsvertraglichen Weisungsrechts durch Einflussnahme auf den Inhalt der Klageerwiderung und damit den Ausgang des Verfahrens in eklatantem Widerspruch dazu, keinen Versicherungsschutz gewähren zu wollen.
38Der Sachverhalt ist nach über 10 Jahren aufgeklärt. Der Prozess kann keine neuen, für den Versicherungsschutz relevanten Tatsachen mehr zu Tage bringen. Sie haben sich daher unmissverständlich darüber zu erklären, ob sie bedingungsgemäßen Versicherungsschutz gewähren BGH VersR 2007, 1116.
39Wir setzen Ihnen hierzu namens Versicherungsnehmers eine Frist bis zum 07.04.2014.
40In einer Mail der Beklagten vom 31.03.2014 an ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 05.11.2015, AH) heißt es unter Bezugnahme auf das o.g. Schreiben der Klägerin vom 24.03.2014:
41Anbei die prompte Reaktion von W auf unsere E-Mail vom 21.03.2014.
42Können wir uns in den nächsten Tagen über eine Beantwortung abstimmen? Mir war im Übrigen nicht mehr erinnerlich und ich habe mir auch nicht notiert, dass wir für die Kosten der Freistellungsklage schon eine Absprache getroffen hatten. Aber mit vorläufig 50 % können wir m.E. gut leben.
43Unter dem 04.04.2014 antwortete die Beklagte der Klägerin wie folgt (Anlage K 9, AH):
44Wir beziehen uns auf Ihre Stellungnahme vom 24.03.2014 zu unserer Nachricht vom 21.03.2012, deren Inhalt Sie offensichtlich missverstanden haben.
45Wie auch von RA Dr. C1 in seiner Stellungnahme vom 20.03.2014 ausdrücklich ausgeführt wurde, macht P&Z nicht nur Rückgriffsansprüche wegen Schadensersatzansprüchen Dritter geltend, sondern wirft der Versicherungsnehmerin bekanntlich auf S. 25 f der Klageschrift auch vor, dass Sie gegen Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-Y verstoßen haben sollen, indem Sie die „vereinbarte objektbezogene Haftpflichtversicherung für Sach- und Vermögensschäden mit einer Deckungssumme in Höhe von EUR 50.000.000,00 (…) nicht für die Dauer der Bauzeit, sondern nur befristet bis zum 31.03.2003 für die Dach-Y in ihre Obhut genommen“ habe. Vor diesem Hintergrund erklären sich unsere mit Nachricht vom 21.03.2014 rein vorsorglich mitgeteilten Deckungsbedenken. Denn hierbei würde es sich – den diesbezüglichen Vortrag von P&Z einmal in deren Sinne als zutreffend unterstellt – nicht um einen Rückgriffsanspruch wegen Schadensersatzansprüchen Dritter handeln, sondern um einen unmittelbar in Person von P&Z als Gesellschafterin der Y entstandenen originären Anspruch, welcher – worauf auch Sie in Ihrer Stellungnahme vom 24.03.2014 im Ergebnis zu Recht eingehen – vom Versicherungsschutz ausgenommen wäre. Für derartige Ansprüche kommt richtigerweise aber auch von vornherein keine Abwehrdeckung in Betracht, da Abwehrdeckung voraussetzen würde, dass der jeweilige Anspruch – seine Begründetheit einmal unterstellt – überhaupt geeignet wäre, Gegenstand des Versicherungsschutzes zu sein. Dies ist bei Ansprüchen, die dem Ausschluss nach Teil II Ziffer 4.5 der Police zuzuordnen sind und damit von vornherein dem Versicherungsschutz entzogen sind, nicht der Fall.
46Hiervon unberührt bleibt natürlich die Frage des Versicherungsschutzes im Übrigen, welchen wir selbstverständlich auch weiterhin nach Maßgabe des im Termin vom 22.11.2013 Besprochenen bedingungsgemäß gewähren.
47In der E-Mail vom 07.04.2014 (Anlage K 10, AH) führte die W GmbH aus:
48Bei den behaupteten Ansprüchen wegen Verletzung der kaufmännischen Geschäftsführerpflichten handelt es sich ebenso, wie bei den anderen Ansprüchen, um Regressansprüche wegen Schäden Dritter, lediglich die Anspruchsgrundlage ist eine andere.
49Falls wir bis zum 21.04.2014 von Ihnen keine anderweitige Nachricht erhalten, gehen wir davon aus, dass Sie bei Ihrer Rechtsauffassung verbleiben, wonach vorliegend etwaige Ansprüche wegen Verletzung der Pflichten als kaufmännischer Geschäftsführer nicht vom Versicherungsschutz umfasst seien.
50Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils wandte sich die W GmbH mit E-Mail vom 29.01.2015 (Anlage K 11, AH) an die Beklagte:
51Anbei erhalten Sie die Einschätzung von Dr. C1 zu dem Urteil in der Freistellungsklage von P+Z.
52Der Versicherungsnehmer schließt sich der Beurteilung von Dr. C1 an und bittet insofern um Weisung, ob gegen das Urteil Berufung eingelegt werden soll.
53Das Gericht hat eine Verletzung der Pflichten aus der kaufmännischen Geschäftsführung seitens des Versicherungsnehmers eindeutig verneint.
54Wir gehen daher davon aus, dass Sie Ihre mit Schreiben vom 04.04.2014 geäußerten Bedenken zum Versicherungsschutz nicht weiter aufrecht erhalten und bitten bis spätestens 05.02.2015 um vorbehaltlose Bestätigung des Versicherungsschutz für die mit der Freistellungsklage geltend gemachten Ansprüche und Übernahme der Kosten für das bisherige Verfahren vor dem Landgericht Köln und das folgende Berufungsverfahren.
55Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 06.02.2015 (Anlage K 12, AH):
56Vielen Dank für Ihre Nachricht vom 29.01.2015. Der Empfehlung von Dr. C1 folgend sollte hier fristwahrend Berufung eingelegt werden.
57Unsere mitgeteilten Deckungsbedenken wegen Teil II Ziffer 4.5 müssen wir im Ergebnis aufrechterhalten. Auf S. 12 stellt das Gericht fest: „(…) Die unzureichende bodenmechanische Fachbauleitung und Kommunikation muss sich wiederum die Beklagte zurechnen lassen. Die Beklagte hatte die technische Geschäftsführung übernommen, wozu auch die „verantwortliche Überwachung der Bauarbeiten“ (§ 7, 7.41 Anklagenheft I, Bl. 8) gehörte. Denn jedenfalls begründete dies die Pflicht zur Überwachung gegenüber der Klägerin und damit ein Recht der Klägerin, überwacht zu werden. Die Klägerin durfte danach zulässigerweise von einer eigenen Überwachung absehen. Entsprechend diesen Grundsätzen bestehen wechselseitige Ausgleichspflichten (…)“. Das Gericht nimmt also eine Pflichtverletzung gegenüber P+Z an, welche das Recht gehabt habe, von W überwacht zu werden. Nach Teil II Ziffer 4.5 der zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen sind vom Versicherungsschutz aber ausgeschlossen „Ansprüche der Partner der Arbeitsgemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Arbeitsgemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt.“ Soweit sich also die vom Gericht ermittelte Quote (auch) auf diese vermeintliche Pflichtverletzung im Innenverhältnis der Y- Gesellschafter stützt, bestünde hierfür kein Versicherungsschutz. Sie werden daher sicherlich verstehen, dass wir unsere mitgeteilten Deckungsbedenken wegen Teil II Ziffer 4.5 einstweilen aufrecht erhalten müssen, zumal die erstinstanzliche Entscheidung im Hinblick auf die behaupteten Pflichtverletzungen auch noch keineswegs rechtskräftig ist. Hiervon unberührt bleibt natürlich die Frage des Versicherungsschutzes im Übrigen, welchen wir selbstverständlich auch weiterhin nach Maßgabe des im Termin vom 22.11.2013 Besprochenen bedingungsgemäß gewähren.
58Mit E-Mail vom 28.04.2015 (Anlage B 2, Bl. 45 GA), die der Klägerin zwischen Anhängig und Rechtshängigkeit zuging, führte die Beklagte aus:
591.
60Zur Frage des Versicherungsschutzes der W SE hatten wir uns bereits wiederholt erklärt. Wir erinnern insoweit nur an die Inhalte im Termin vom 22.11.2013 und verweisen lediglich beispielhaft noch einmal auf unser Schreiben vom 06.02.2015. Für die W SE besteht insoweit selbstverständlich und weiterhin – bedingungsgemäßer – Versicherungsschutz. Für die Abgabe weitergehender Erklärungen sehen wir weder Anlass noch Notwendigkeit, noch einen rechtlichen Anspruch oder auch nur ein Rechtsschutzbedürfnis.
612.
62Auch zur Freistellungsklage hatten wir uns – in diesem Zusammenhang – wiederholt geäußert. Dem Versicherungsschutz können allein Rückgriffsansprüche wegen Schadensersatzansprüchen Dritter unterfallen, nicht aber auch originäre Ansprüche im Innenverhältnis der Gesellschafter. Dies ist im Vertrag geregelt und im Übrigen auch losgelöst von der Frage zu betrachten, welcher Gesellschafter zunächst in Anspruch genommen worden ist. Ob und inwieweit aber derartige originären Ansprüche der Gesellschafter tatsächlich anzunehmen sind oder nicht, bleibt letztlich der gerichtlichen Klärung im Freistellungsprozess vorbehalten. Insoweit würde es nach unserem Dafürhalten Sinn machen, den Dialog zu dieser Thematik jedenfalls einstweilen zurückzustellen und zunächst einmal den weiteren Gang des Berufungsverfahrens abzuwarten.
633.
64Wir vermögen auch nicht zu erkennen, warum die Notwendigkeit bestehen sollte, weitere Klagen vorzubereiten oder gar einzureichen.
65Die Beklagte übernahm die Kosten der Rechtsverteidigung bislang mit einer Quote von 50 %.
66Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Sie habe ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Umfangs der Deckungspflicht der Beklagten. Zum Einen habe diese bereits im Termin vom 22.11.2013 nur erklärt, sich vorläufig mit einer Quote von 50 % an den Abwehrkosten zu beteiligen. Auf das seitens der Klägerin selbst erstellte Protokoll der Besprechung vom 22.11.2013 wird Bezug genommen, Anlage K 15, Bl. 57 GA. Zum anderen mache sie unberechtigt einen angeblichen Deckungsausschluss aus Teil II Ziffer. 4.2 des Versicherungsvertrages geltend.
67Die Klägerin ist der Auffassung, der vorgenannte Deckungsausschluss greife schon deshalb nicht, weil letztlich alles, was die Fa. V zur Begründung ihres angeblich gegenüber der Klägerin bestehenden Freistellungsanspruchs geltend macht, im Rahmen des Rückgriffs bzgl. der von den Geschädigten geltend gemachten Schadensersatzansprüche erfolge. Es sei jedoch anerkannt, dass die Deckungsausschlussklausel nicht bei Ausgleichsansprüchen eines Mitglieds einer Arbeitsgemeinschaft gegen ein anderes Mitglied der Arbeitsgemeinschaft bei nach außen bestehender gesamtschuldnerischer Haftung im Hinblick auf das Innenverhältnis greife. Dem Deckungsausschluss könnten nur Ansprüche unterfallen, mit denen ein Mitglied einer Arbeitsgemeinschaft ein anderes Mitglied der Arbeitsgemeinschaft wegen Schäden in Anspruch nehme, die dieses unmittelbar erlitten habe. Hierum gehe es vorliegend jedoch nicht.
68Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die angebliche Verletzung von Pflichten als kaufmännischer Geschäftsführer ersichtlich nicht vorliege, wie das Landgericht im Urteil vom 12.01.2015 zutreffend festgestellt habe. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Beurteilung der deckungsrechtlichen Fragen seien geklärt und weitere Erkenntnisse im Verfahren der Fa. V gegen die Klägerin ohnehin nicht zu erwarten, zumal die Frage einer Verletzung kaufmännischer Pflichten dort auch nicht entscheidungserheblich sei.
69Es sei anerkannt, dass dem Versicherungsnehmer ein Anspruch darauf zustehe, dass der Haftpflichtversicherer sich alsbald verbindlich zu der erbetenen Deckungsbestätigung erkläre.
70Soweit die Beklagte meine, eine entsprechende Festlegung sei ungeachtet der Frage des Eingreifens der vorgenannten Deckungsausschlussklausel erfolgt, so könne dies schon deshalb nicht nachvollzogen werden, weil die Beklagte bislang nur 50 % der Abwehrkosten übernommen habe. Im Streit sei daher vollumfänglich der Abwehrschutz wie auch der Befreiungsanspruch.
71Die Klägerin beantragt,
72die Beklagte zu verurteilen, ihr aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag Nr. ###und dem dazugehörigen Exzedentenvertrag ###Versicherungsschutz zu gewähren wegen der Inanspruchnahme der Klägerin durch die Firma V GmbH im Verfahren vor dem Landgericht Köln (18 O 16/14) gemäß Klageschrift vom 04.10.2013.
73Die Beklagte beantragt,
74die Klage abzuweisen.
75Die Beklagte hält ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO für nicht gegeben, da aus ihrer Sicht zwischen den Parteien die Verpflichtung der Beklagten bereits vor Klageerhebung unstreitig gewesen sei, der Klägerin bedingungsgemäßen Versicherungsschutz in dem Verfahren 18 O 16/14 LG Köln u gewähren.
76Der Hinweis auf mögliche Bedenken wegen des Eingreifens von Teil II Ziffer 2.4 des Versicherungsvertrages führe zu keinem anderen Ergebnis, denn wenn der Versicherungsnehmer nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits keinen Anspruch darauf habe, dass der Versicherer ihm gegenüber eine vorbehaltlose Deckungsbestätigung erkläre, dann um so weniger, wenn es sich – wie vorliegend – nur um einen bloßen Hinweis auf Deckungsbedenken handele.
77Die Klage sei auch unbegründet.
78Im Besprechungstermin vom 22.11.2013 habe die Beklagte – so der Vortrag in der Klageerwiderung - der Klägerin ausdrücklich bedingungsgemäßen Versicherungsschutz für die Klageverteidigung bestätigt. Im Schriftsatz der Beklagten vom 12.10.2015 heißt es hierzu, es sei verdeutlicht worden, dass das im Termin vom 22.11.2013 Besprochene lediglich vorläufigen Charakter habe und unter dem Vorbehalt einer abschließenden Beurteilung – insbesondere in deckungsrechtlicher Hinsicht – stehe.
79Vorgerichtlich habe die Beklagte sich auch nicht auf einen Deckungsausschluss berufen, sondern nur höchst vorsorglich auf mögliche Deckungsbedenken hingewiesen, die sich aus Teil II Ziffer 4.2 der Versicherungsbedingungen ergeben können, falls nämlich ein potentieller Deckungsausschluss sich im Laufe der Zeit als einschlägig herausstellen sollte. Hierin liege keine teilweise Deckungsversagung, sondern lediglich ein Hinweis auf theoretisch mögliche Deckungsbedenken. Die Mitteilung der Deckungsbedenken habe dem Schutz der Klägerin gedient, damit diese sich frühzeitig darauf einstellen könne, dass ggf. nicht unbeschränkt Deckung bestehe.
80Dieser vorsorglich erteilte Hinweis sei auch nach wie vor zutreffend:
81Soweit die Fa. V ihren angeblichen Freistellungsanspruch darauf gestützt habe, dass sich in dem Kranunfall ein Risiko realisiert habe, das ausschließlich aus dem Leistungs- und Lieferumfang der Y Spezialtiefbau stamme, wie auf Bl. 17 der Klageschrift ausgeführt, und damit einen Gesamtschuldnerausgleich verlange, bestehe ohne Weiteres Deckungsschutz, weshalb die Beklagte auch bedingungsgemäßen Versicherungsschutz uneingeschränkt bestätigt habe.
82Etwas anderes gelte allerdings, soweit die Fa. V ihre Klage auch darauf stütze, dass die Klägerin angeblich in Bezug auf die abzuschließende projektbezogene Haftpflichtversicherung gegen ihre Verpflichtungen als kaufmännische Geschäftsführerin verstoßen habe. Hierbei handele es sich um eine unmittelbar der Fa. V gegenüber verübte angebliche Pflichtverletzung der Klägerin.
83Der Umstand, dass bislang nur 50 % der Abwehrkosten getragen worden seien, beruhe nur darauf, dass die Klägerin ausweislich ihres Schreibens vom 24.03.2014 ja auch nur 50 % geltend gemacht hat. Wenn die Klägerin sich zeitweise in einem Irrtum über das Ergebnis der Besprechung vom 22.11.2013, das im Vermerk der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 28.11.2013 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 05.11.2015, AH) zutreffend wiedergegeben werde, befunden und deshalb nur 50 % der Kosten der Rechtsverteidigung geltend gemacht habe, so sei dies das eigene Versehen der Klägerin, aus dem sie nichts zugunsten der Beklagten herleiten könne. Die grundsätzliche Deckungszusage der Beklagten werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie nur 50 % der Kosten der Rechtsverteidigung getragen habe. Soweit der Klägerin ein weitergehender Freistellungsanspruch bzgl. der Kosten der Rechtsverteidigung zustehe, sei es ihr unbenommen, diesen gegenüber der Beklagten geltend zu machen; dies sei jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Klage.
84Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
85Entscheidungsgründe:
86Die Klage ist zulässig, soweit die Klägerin inzidenter die Klärung anstrebt, dass die Beklagte auch insoweit zur Gewährung von Deckungsschutz verpflichtet ist, als die Fa. V die Verletzung von Pflichten der Klägerin als kaufmännische und technische Geschäftsführerin der Y anstrebt. Die Klage ist ferner zulässig, soweit die Klägerin inzidenter ebenfalls die Klärung anstrebt, dass die Beklagte jedenfalls mit einer 50 % übersteigenden Quote zur Deckung verpflichtet ist, soweit es um die Behauptung der Fa. V geht, die unmittelbare Verursachung des Unfalles liege allein im Verantwortungsbereich der Klägerin.
87Eine weitergehende Zulässigkeit ist jedoch nicht gegeben.
88Vorgerichtlich hat sich zwischen den Parteien ausweislich des gewechselten Schrift- und E-Mail-Verkehrs geklärt, dass die Deckungsbedenken der Beklagten sich auf die Frage beschränken, ob Deckungsschutz auch dann zu gewähren ist, soweit die Fa. V sich auf die angebliche Verletzung der Pflichten der Klägerin als technische und kaufmännische Geschäftsführerin der Y stützt. Weitere konkrete Deckungsvorbehalte hat die Beklagte zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht geltend gemacht. Soweit weiter (sinngemäß) von der Vorläufigkeit der Deckungszusage, bedingungsgemäß Deckungsschutz zu gewähren, die Rede war, bezog die Vorläufigkeit sich ersichtlich nur auf die vorliegend näher beschriebene Frage. Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte die Klägerin lediglich mit einer Quote von 50 % von den Kosten der Rechtsverteidigung freigestellt hat. Denn hiermit hat sie nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie weitergehende Deckungsbedenken oder – vorbehalte geltend macht. Unstreitig ist, dass die Beklagte sich entgegen der früheren Annahme der Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht auf einen nicht gedeckten Erfüllungsbereich berufen hat. Soweit demnach die Deckungspflicht der Beklagten von dieser zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht in Zweifel gezogen worden war, steht der Klägerin auch kein Rechtsschutzbedürfnis zu, die Deckungspflicht der Beklagten insgesamt im Rahmen der Klage auf Deckungsgewährung prüfen zu lassen.
89Die Klage ist zulässig, soweit es um die Gewährung von Deckungsschutz über 50 % hinaus geht. Zu Unrecht beruft die Beklagte sich darauf, die Klägerin habe im Schreiben vom 24.03.2014 ja auch nur die Übernahme von 50 % der Kosten verlangt. Dies kann dem vorgenannten Schreiben aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers nicht ansatzweise entnommen werden. Die Klägerin hat deutlich gemacht, die Beklagte sei uneingeschränkt zur Übernahme der Kosten des Abwehrschutzes verpflichtet, solle aber zumindest die zugesagten 50 % übernehmen. Dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt – wie nunmehr unstreitig – irrtümlich von einer Zusage mit einer Quote von nur 50 % ausgegangen ist, weil sie das Ergebnis der Besprechung vom 22.11.2013 fälschlich dahingehend aufgefasst hat, die Beklagte nehme auch im Verfahren der Fa. V gegen die Klägerin einen nicht gedeckten Erfüllungsbereich im Sinne des § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB an, ändert nichts daran, dass die Klägerin eine vollständige Übernahme der Kosten der Rechtsverteidigung verlangt hat. Die Klägerin musste deshalb in Ansehung der fructibus-cognuscuntur-Regel davon ausgehen, dass die Beklagte jedenfalls in Höhe von 50 % ihre Deckungspflicht – und zwar auch bezüglich des Abwehrschutzes – als nicht gegeben angesehen hat, zumal auch nach Aufdeckung des ursprünglichen Irrtums der Klägerin, die Beklagte habe in dem Besprechungstermin vom 22.11.2013 nur Deckungsschutz in Höhe von 50 % im Hinblick auf den nicht gedeckten Erfüllungsbereich in Aussicht gestellt, keine weitergehenden Leistungen der Beklagten im Rahmen des gebotenen Abwehrschutzes erfolgt sind. Aus dem Schreiben der Klägerin vom 13.03.2015 (Anlage B5,Bl.127ffA) kann die Beklagte nichts zu ihren Gunsten herleiten, da auch in diesem Schreiben nur die Folgen des klägerseits aufgetretenen Irrtums perpetuiert worden sind.
90Die Klage ist auch zulässig, soweit es inzidenter um die Klärung geht, inwieweit die Beklagte auch zur Gewährung von Deckungsschutz im Hinblick auf die Vorwürfe der Fa. V gegenüber der Klägerin bzgl. der angeblichen Verletzung ihrer Pflichten als technische und kaufmännische Geschäftsführerin der Y verpflichtet ist. Im vorweggenommen Deckungsprozess hat der Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsvertrag heraus ein anerkanntes Interesse, den Umfang des Deckungsschutzes durch das Gericht klären zu lassen (vgl. Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 100 Rz 143 ff).
91Soweit die Beklagte meint, sie habe sich auf den vorgenannten Deckungsausschluss nicht berufen, sondern insoweit nur auf theoretisch mögliche Bedenken hingewiesen, lässt sich dies mit dem vorgerichtlichen Schriftverkehr (worunter auch der E-Mail-Verkehr zu verstehen ist) nicht in Übereinstimmung bringen. Die Beklagte hat unmissverständlich klar gemacht, dass sie eine Deckungspflicht für nicht gegeben hält, soweit die Fa. V sich der Klägerin gegenüber auf eine Verletzung ihrer gegenüber der Y und damit auch gegenüber dem Mitgesellschafter V GmbH bestehenden Pflichten als technischer und kaufmännischer Geschäftsführer zur Begründung ihres Freistellunganspruchs beruft. Soweit die Beklagte vorträgt, im Termin vom 22.11.2013 sei doch der bedingungsgemäße Deckungsschutz bestätigt worden, ist das in diesem Zusammenhang nichtssagend, weil im Termin vom 22.11.2013 gerade nicht erklärt worden ist, die Beklagte werde auch Deckungsschutz gewähren, wenn sich herausstellen sollte, dass die Klägerin originäre Pflichten gegenüber der Fa. V verletzt hat, die nicht zugleich mitursächlich für den Schaden der Drittgeschädigten geworden sind.
92Selbst wenn man jedoch nur von mitgeteilten Deckungsbedenken ausgehen wollte, so bestünde dann die Rechtsunsicherheit, die das Rechtsschutzbedürfnis begründet.
93Entgegen der Auffassung der Beklagten kann das Rechtsschutzinteresse auch nicht mit dem Argument in Frage gestellt werden, dass nach der Rspr. des BGH (Urteil vom 07.02.2007 – IV ZR 149/03 -, zu recherchieren unter juris) sogar ein Deckungsvorbehalt eines Versicherers mit Hinweis auf einen ggf. bestehenden Deckungsausschlusstatbestand zulässig sei. Denn ein solcher Vorbehalt kommt nur dann in Frage, wenn lediglich fraglich ist, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für das Eingreifen eines Deckungsausschlusses (wie etwa einer wissentlichen Pflichtverletzung) gegeben sind. In einem solchen Fall mag das Verhalten des Versicherers grundsätzlich nicht zu beanstanden sein, eine Deckungsbestätigung unter Vorbehalt abzugeben und insoweit den Ausgang des Haftpflichtverfahrens abzuwarten. Ob dies auch dann gilt, wenn sich bereits im Deckungsverfahren abschließend prüfen lässt, ob der Deckungsausschluss, was dessen tatsächliche Grundlagen angeht, greift oder nicht, kann dahinstehen. Denn der Versicherungsnehmer hat jedenfalls einen Anspruch darauf, dass im Deckungsverfahren verbindlich geklärt wird, ob ein Deckungsausschluss gegeben wäre, wenn der Lebenssachverhalt, auf den der Deckungsausschluss gestützt wird, als zutreffend unterstellt wird.
94Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, grundsätzlich doch ihre Deckungspflicht anerkannt zu haben, denn sie hat insoweit ihren Worten keine hinlänglichen Taten folgen lassen und kann die Klägerin nicht darauf verweisen, diese könne ja einen Klageantrag auf Befreiung von den entsprechenden Verbindlichkeiten, was die Kosten der Rechtsverteidigung angehe, stellen, da die grundsätzliche Deckungsverpflichtung der Beklagten eigentlich insoweit nicht im Streit stehe. Ebenso wie es dem Versicherungsnehmer allgemeiner Ansicht ( vgl. etwa Zöller-Greger, ZPO,31.Aufl.,§ 256 Nr 8) nach unbenommen ist, eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Deckungsschutz wegen eines konkret zu bezeichnenden Versicherungsfalles erheben kann anstatt einer bezifferten Leistungsklage, ist es ihm ebenfalls unbenommen, eine entsprechende Klage auf Gewährung von Deckungsschutz zu erheben.
95Da die Klägerin einen Leistungsantrag stellt, ist § 256 ZPO nicht einschlägig. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Feststellungsinteresses gemäß § 256 Abs. 1 ZPO wären jedoch ohnehin gegeben, denn ein Versicherungsnehmer hat bei einem vorweggenommenen Deckungsprozess einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag, dass der Versicherer sich so früh als möglich eindeutig zur Frage des Deckungsumfangs positioniert und kann in diesem Zusammenhang auch gerichtlich die Frage klären lassen, ob ggf. bestimmte Einwendungen oder Vorbehalte des Versicherers, die dieser gegen die Deckungspflicht geltend macht, als solche einer Deckungspflicht entgegenstehen (vgl. Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 100 Rz 143 ff).
96Die Klage ist auch begründet, soweit es darum geht, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin über 50 % hinaus bedingungsgemäß Deckungsschutz zu gewähren.
97Die Beklagte bestreitet selbst nicht, dass sie eine entsprechende Verpflichtung trifft. Diese Verpflichtung hat sie jedoch bislang nicht erfüllt.
98Die Klage ist auch insoweit begründet, als die vorgerichtlich aufgeworfene Frage im Raum steht, ob die Beklagte zur Gewährung von Deckungsschutz verpflichtet ist, soweit der Klägerin seitens der Fa. V eine Verletzung ihrer Pflichten als technische Geschäftsführerin vorgeworfen worden ist. Die entsprechenden Pflichten der Klägerin, die die Fa. V anspricht, und die im Wesentlichen beinhalten sollen, die Klägerin habe es verabsäumt, die Arbeiten hinreichend zu koordinieren und zu überwachen, betreffen im Ergebnis den etwaigen Verantwortungsanteil der Klägerin an der Schadensverursachung und sind demnach im Kern identisch mit den Vorwürfen, die die Geschädigten in den Haftpflichtverfahren gegenüber der Y und ihren Gesellschafterinnen erheben oder jedenfalls erheben könnten, da die entsprechenden Pflichtverletzungen (mit-) ursächlich für den Unfall gewesen sein könnten. Entsprechend allgemeiner Auffassung – und auch von den Parteien vom rechtlichen Ansatz her als richtig angesehen – greifen Y-Klauseln der vorliegenden Art jedoch nicht, soweit im Prozess eines Y-Partners gegen den anderen auf Freistellung gemäß § 426 BGB die Verantwortlichkeit des jeweiligen Partners für die Verursachung des Schadens der Haftpflichtgläubiger streitig ist. Insoweit besteht vollumfänglich Deckungsschutz (vgl. etwa Lücke in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., Ziff 1 AHB Rz 12 mit weit. Nachw.). Dieser allgemein anerkannte Grundsatz kann nicht dadurch gleichsam unterlaufen werden, dass man argumentiert, jeder Y-Partner habe letztlich – was ja auch nicht zu bestreiten ist – auch eine Verpflichtung gegenüber der Y und den anderen Y-Partnern, die Y und den anderen Y-Partner nicht durch pflichtwidriges Verhalten dem Geschädigten gegenüber Schadensersatzansprüchen Dritter auszusetzen. Andernfalls würde der Deckungsausschluss in auf § 426 BGB gestützten Klagen immer greifen. Folgerichtig hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren im Übrigen nicht mehr die Frage des Deckungsschutzes im Falle der Verletzung von Pflichten aus dem Bereich der technischen Geschäftsführung problematisiert.
99Kein Deckungsschutz besteht jedoch, soweit es darum geht, dass der Klägerin vorgeworfen worden ist, sie habe im Hinblick auf die projektbezogene Haftpflichtversicherung bei der T-Versicherung gegen ihre Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin verstoßen. Der Deckungsausschluss der Y-Klausel greift lediglich dann nicht, soweit nur darum gestritten wird, inwieweit eine der Y zuzurechnende Pflichtverletzung eines der Y-Partner im Verhältnis zu dem Geschädigten vorliegt, der zur Schadensverursachung beigetragen hat. Dies ergibt sich beispielsweise aus den Ausführungen bei Garbes, Die Haftpflichtversicherung der Architekten/Ingenieure, 4. Aufl., S. 69, wo es heißt: „Gesamtschuldnerische Ausgleichsansprüche eines Y-Partners gegen einen anderen, denen ein berechtigter Ausgleich einer Forderung des Bauherrn nach § 635 BGB a.F./§§ 634, 280 BGB wegen eines Bauwerkmangels zugrunde liegt, sind gedeckt.“ Umgekehrt greift der Deckungsausschluss, soweit es um die angebliche Verletzung von Pflichten geht, die den Versicherungsnehmer nur gegenüber der Y oder dem Y-Partner treffen. Letzteres ist der Fall, soweit der Klägerin seitens der Fa. V vorgeworfen wird, sie habe bestimmte Pflichtverletzungen als kaufmännische Geschäftsführerin begangen. Auf diese (angeblichen) Pflichtverletzungen, die im Rahmen des § 426 BGB für den Innenausgleich möglicherweise von Bedeutung sind, könnten sich die Haftpflichtgläubiger, die die Fa. V in Anspruch genommen haben, nicht zu ihren eigenen Gunsten berufen. Soweit es in der Literatur heißt, ausgeschlossen sei der Deckungsschutz wegen solcher Schäden, die ein Y-Partner „unmittelbar“ erlitten habe (vgl. etwa Garbes, a.a.O.), so könnte man – nimmt man diese Ausführungen wörtlich – dahin verstehen, dass der vorliegende Fall nicht hierunter zu subsumieren wäre, denn eine etwaige Vernachlässigung einer ordnungsgemäßen Eindeckung des projektbezogenen Haftpflichtversicherungsgefahr (was die Frage der Befristung des Deckungsschutzes angeht) und die angeblich fehlerhafte Geltendmachung des entsprechenden Deckungsschutzes (was die Verjährung angeht) sind wohl nicht als „unmittelbarer“ Schaden des Y-Partners zu verstehen, sondern als ein nur mittelbarer Vermögensschaden. Falls die zitierte Literaturstelle bei Garbes so weitgehend zu verstehen sein sollte, könnte die Kammer sich dem nicht anschließen, denn maßgeblich kann nach dem klaren Klauselzweck nur sein, ob es um Pflichten gegenüber Dritten geht oder um Pflichten, die nur gegenüber der Y oder einem Y-Mitgesellschafter bestehen. Im letztgenannten Bereich besteht kein Deckungsschutz, auch wenn die Frage einer entsprechenden Pflichtverletzung im Rahmen eines Prozesses aufgeworfen wird, in dem es um den Innenausgleich nach § 426 BGB unter Bezugnahme auf die Inanspruchnahme durch bestimmte Haftpflichtgläubiger geht und für den bzgl. der Anspruchserhebung durch diese Haftpflichtgläubiger auch grundsätzlich Deckungsschutz besteht.
100Die Kammer hatte nicht zu prüfen, ob die Vorwürfe der Fa. V betreffend die angebliche Verletzung von Pflichten der Klägerin als kaufmännische Geschäftsführerin der Y zutreffend sind, denn im Rahmen der vorweggenommenen Deckungsklage ist – wie allgemein anerkannt – insoweit nur zu prüfen, ob der entsprechende Vorwurf in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt (vgl. Lücke in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 100 Rz 16). Gerade dies ist jedoch – wie oben näher begründet – nicht der Fall.
101Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
102Streitwert: 13.500.000,- €
103Das LG Köln hat im Verfahren 18 O 16/14 den Streitwert zu Recht auf 13.500.000,- € und nicht auf 21.800.000,- € festgesetzt, da die Fa. V Freistellung in Höhe von 68 % der von Dritten erhobenen Ansprüchen verlangt hat.
104Die Kosten des Abwehrschutzes sind den Forderungen, hinsichtlich deren im Falle einer Verurteilung auch Freistellung verlangt wird, hinzuzurechnen, da der Anspruch auf Gewährung von Abwehrschutz im Haftpflichtdeckungsrecht keine Nebenforderung sondern ein hauptsächlicher Bestandteil des einheitlichen Deckungsschutzes darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 21.01.1976 – IV ZR 123/74 – sowie Beschluss vom 24.06.2015 – IV ZR 248/14 -, jeweils zu recherchieren unter juris).
Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 21. Jan. 2016 - 24 O 123/15
Urteilsbesprechungen zu Landgericht Köln Urteil, 21. Jan. 2016 - 24 O 123/15
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Landgericht Köln Urteil, 21. Jan. 2016 - 24 O 123/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin hat gegen die Versicherungsnehmerin des beklagten Haftpflichtversicherers Schadensersatzansprüche erhoben. Mit der Klage macht sie diese Schadensersatzansprüche und den Anspruch der Versicherungsnehmerin auf Deckungsschutz aus zwei von dieser bei der Beklagten unterhaltenen Betriebshaftpflichtversicherungen mit einer Deckungssumme von insgesamt 11 Mio. DM geltend. Den Verträgen liegen Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde, die den vom GDV empfohlenen Musterbedingungen - Stand Juni 1997 - entsprechen (abgedruckt bei Littbarski, Haftpflichtversicherung S. 22 ff.).
- 2
- Die Klägerin stellt Kolben für Automotoren her, die sie unter anderem an die V. AG und die A. AG liefert. Ab Juni 1999 beauftragte sie die Versicherungsnehmerin der Beklagten, die H. Metallveredelung GmbH (HMV), die Kolben durch einen Waschvorgang auf die anschließend von ihr selbst vorzunehmende Graphitbeschichtung vorzubereiten. Am 23. Dezember 1999 meldete die V. AG der Klägerin Motorschäden wegen defekter Kolben aus der Produktionszeit von Mitte Oktober bis Mitte November 1999. Die V. AG nahm die Klägerin wegen der Kosten für den Rückruf von Fahrzeugen und Reparaturen in Höhe von circa 39 Mio. DM in Anspruch.
- 3
- Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 meldete die Klägerin bei der HMV Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe an mit der Begründung, Ursache des Schadens sei ein fehlerhafter Waschvorgang, der zur Ablösung der Graphitschicht geführt habe. Die HMV leitete das Schreiben an die Beklagte weiter. Diese erbat von der HMV mit Schreiben vom 16. Februar 2000 nähere Auskünfte zum Schadenshergang. Abschließend fragte sie, weshalb der Erstbeitrag erst am 6. Dezember 1999 ausgeglichen worden sei, obwohl der Versicherungsschein bereits Anfang Oktober zugegangen sei. Ferner wies sie darauf hin, dass der Schaden an den Kolben als Bearbeitungsschaden nach § 4 I Nr. 6 b AHB nicht gedeckt sei. Am 30. März 2000 trat die HMV ihre Ansprüche auf Versicherungsschutz gegen die Beklagte an die Klägerin ab. Anfang April 2000 übersandte die HMV den Entwurf der gegen sie beabsichtigten Schadensersatzklage an die Beklagte. Mit Schreiben vom 10. April 2000 erbat diese von der HMV weitere Auskünfte und kündigte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadensursache an. Weiter wies sie darauf hin, dass für Lieferungen zwischen Erhalt des Versicherungsscheins und Zahlung des Erstbeitrags am 6. Dezember 1999 kein Versicherungsschutz bestehe. Hinsichtlich anderer Lieferungen bestehe Deckungsschutz nur unter der auflösenden Bedingung, dass die HMV nur deshalb für den Schaden hafte, weil sie die Klägerin in der Qualitätssicherungsvereinbarung vom Juni 1999 von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit habe. Der Ausschluss für Bearbeitungsschäden wurde erneut erwähnt. Schließlich wurde die HMV gefragt, ob sie mit einem Anwalt zusammenarbeite, den sie auch in dieser Sache beauftragen möchte. Am 8. Mai 2000 wurde der HMV die angekündigte Klage zugestellt, die sie der Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2000 zuleitete. Gleichzeitig teilte sie mit, bisher noch keinen Anwalt beauftragt zu haben, und stellte die Frage nach Unterstützung durch die Beklagte. Diese versprach mit Schreiben vom 16. Mai 2000 "bestmögliche Unterstützung" , die Untersuchungen durch den Sachverständigen würden noch laufen. Weiter heißt es, es sei allerdings unbedingt erforderlich, dass die HMV zur Wahrung der Fristen einen Anwalt mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen beauftrage. Sie solle mitteilen, welchem Rechtsanwalt sie das Mandat erteilt habe, damit eine Kontaktaufnahme möglich sei. Am 17. und 31. Mai 2000 telefonierte der Sachbearbeiter der Beklagten mit dem Geschäftsführer der HMV. Der Inhalt der Gespräche ist streitig.
- 4
- Da die HMV sich nicht anwaltlich vertreten ließ, erging am 29. Mai 2000 im schriftlichen Verfahren Versäumnisurteil, das beiden Parteien am 6. Juni 2000 zugestellt und nach Ablauf der Einspruchsfrist rechtskräftig wurde. Von der Zustellung des Versäumnisurteils informierte die HMV die Beklagte nicht. Die HMV wurde zur Zahlung eines Teilbetrages von 1.116.799 DM nebst Zinsen verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass sie jeden weiteren Schaden zu ersetzen habe, den die V. AG und die A. AG gegen die Klägerin wegen der Ablösung der Graphitbeschichtung der Kolben geltend mache. Aufgrund des Versäumnisurteils ließ die Klägerin die Ansprüche der HMV gegen die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungssumme pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Dadurch erfuhr die Beklagte vom Erlass des Versäumnisurteils. Mit Schreiben vom 24. Juli 2000 versagte sie den Versicherungsschutz wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 AHB mit der Begründung, die HMV habe entgegen ihrer Ankündigung keinen Anwalt mit der Abwehr der Ansprüche beauftragt und sie nicht von der Zustellung des Versäumnisurteils unterrichtet.
- 5
- Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung der vollen Deckungssumme von 11 Mio. DM, hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Schadensfalles Deckungsschutz aus beiden Versicherungsverträgen zu gewähren habe. Die Klägerin meint, aufgrund der Abtretung der Versicherungsansprüche vom 30. März 2000 und des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses könne sie die Beklagte unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen.
- 6
- Die Beklagte bestreitet die Verursachung des Schadens durch die HMV und beruft sich im Übrigen auf das Abtretungsverbot in § 7 Nr. 3 AHB und weist darauf hin, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Versicherungsansprüche nur in Höhe des Zahlungsanspruchs im Versäumnisurteil erfasse. Sie sei, wie im Ablehnungsschreiben vom 24. Juli 2000 ausgeführt, wegen Obliegenheitsverletzung von der Leistungspflicht frei. Die Hinnahme des Versäumnisurteils stelle zudem ein Anerkenntnis dar, das nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 5 AHB zur Leis- tungsfreiheit führe. Der Versicherungsschutz sei im Übrigen nach § 4 I Nr. 1 AHB ausgeschlossen, weil die Freistellung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB die Haftung der HMV über den gesetzlichen Umfang hinaus erweitert habe. In der die Produkthaftpflicht einschließenden Versicherung mit der Endnummer 095 bestehe wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie kein Versicherungsschutz. Schließlich sei sie wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei.
- 7
- Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 1.116.779 DM nebst Zinsen und dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag mit Ausnahme solcher Ansprüche stattgegeben, die Schäden an den von der HMV bearbeiteten Kolben selbst betreffen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 9
- Das I. Oberlandesgericht hält die Beklagte wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und 5 AHB für leistungsfrei.
- 10
- Die HMV habe die Weisung der Beklagten gemäß § 5 Nr. 3 AHB nicht beachtet, als sie das Versäumnisurteil vom 29. Mai 2000 gegen sich ergehen und nachfolgend habe rechtskräftig werden lassen. Darin liege zugleich ein Verstoß gegen das Anerkenntnisverbot nach § 5 Nr. 5 AHB. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte die HMV angewiesen habe, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen. Die Beklagte habe Versicherungsschutz nicht verweigert, sondern im Schreiben vom 16. Mai 2000 ausdrücklich bestmögliche Unterstützung zugesagt. Das weisungswidrige Verhalten der HMV, nämlich Nichteinschalten eines Rechtsanwalts, Nichtanzeige der Verteidigungsbereitschaft und Rechtskräftigwerdenlassen des Versäumnisurteils, verliere seine Eigenschaft als Obliegenheitsverletzung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb, weil die Beklagte abweichend von § 3 II AHB die Prozessführung vollständig auf die HMV übertragen hätte. Sie habe der HMV lediglich die Auswahl des Rechtsanwalts überlassen, um dem von ihr für möglich gehaltenen Vorwurf zu entgehen, durch die Wahl eines möglicherweise ungeeigneten Rechtsanwalts zu einem denkbaren existenzbedrohenden Prozessverlust beigetragen zu haben.
- 11
- Das II. hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zutreffend ausführt, den Inhalt der Leistungspflicht der Beklagten einerseits und der Obliegenheiten der HMV andererseits verkannt.
- 12
- 1. a) Die Leistungspflicht der Beklagten umfasst - wie allgemein in der Haftpflichtversicherung - nach § 3 II Nr. 1 AHB die Prüfung der Haftpflichtfrage , die Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie den Ersatz der Entschädigung, welche der Versicherungsnehmer aufgrund eines von dem Versicherer abgegebenen oder genehmigten Anerkenntnisses, eines von ihm geschlossenen oder genehmigten Vergleichs oder einer richterlichen Entscheidung zu zahlen hat. Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenso wie die Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche eine mit dieser gleichrangige Hauptleistungspflicht des Versicherers und nicht nur eine untergeordnete Nebenpflicht (BGHZ 119, 276, 281; Urteile vom 21. Januar 1976 - IV ZR 123/74 - VersR 1976, 477 unter I und vom 20. Februar 1956 - II ZR 6/55 - VersR 1956, 186 unter 2). Der Versicherer hat nicht das Recht, die mit der Abwicklung der Haftpflichtverbindlichkeiten verbundenen Mühen und Kosten auf den Versicherten abzuwälzen (BGHZ 15, 154, 159). Den Inhalt der Rechtsschutzverpflichtung hat der Senat in dem Urteil in BGHZ (119 aaO) wie folgt beschrieben: "Will er (der Versicherer) den Anspruch bestreiten, so muss er alles tun, was zu dessen Abwehr notwendig ist; er allein trägt die aus der Prüfung und Abwehr folgende Arbeitslast und Verantwortung. Demgemäß hat er im Haftpflichtprozess die Interessen des Versicherten so zu wahren, wie das ein von diesem beauftragter Anwalt tun würde. Weil grundsätzlich sein Abwehrinteresse dem des Versicherten entspricht, ist das im Regelfall unproblematisch. Wegen des umfassend versprochenen Rechtsschutzes gilt das aber sogar dann, wenn eine Kollision zwischen den Interessen des Versicherten und denen des Versicherers einmal nicht zu vermeiden ist. In diesem Fall muss der Versicherer seine eigenen Interessen hintanstellen. Nur diese weite Auslegung des Leistungsversprechens kann den mit der Haftpflichtversicherung bezweckten Schutz gewährleisten."
- 13
- umfassende Die Verantwortlichkeit des Versicherers für die Abwehr des Haftpflichtanspruchs ergibt sich insbesondere für den Fall des Rechtsstreits unmissverständlich aus weiteren Klauseln der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (z.T. anders in der Vermögensschaden -Haftpflichtversicherung, vgl. Voit/Knappmann in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. AVBVermögen/WB § 5 Rdn. 3 § 1 Rdn. 1). Nach § 3 II Nr. 3 AHB führt der Versicherer den Rechtsstreit im Namen des Versicherungsnehmers auf seine Kosten. Den Versicherungsnehmer trifft die Obliegenheit, die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen, dem von dem Versicherer bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder dem Versicherer für nötig gehaltenen Aufklärungen zu geben (§ 5 Nr. 4 AHB). Zur Disposition über den Haftpflichtanspruch durch Anerkenntnis oder Befriedigung ist der Versicherungsnehmer ohne vorherige Zustimmung des Versicherers nicht berechtigt (§ 5 Nr. 5 AHB). Nach § 5 Nr. 7 AHB gilt der Versicherer als bevollmächtigt, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 - IV ZR 329/05 - VersR 2006, 1676 unter II 2 c). Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, hat er dies dem Versicherer nur unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB), alles Weitere ist Sache des Versicherers, insbesondere die Auswahl und Beauftragung des Rechtsanwalts auf seine Kosten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1963 - II ZR 71/61 - VersR 1963, 421 unter III).
- 14
- b) Der Versicherer, der seiner so beschriebenen Rechtsschutzverpflichtung nicht nachkommt, verhält sich vertragswidrig.
- 15
- aa) Ist der Versicherer von seiner Leistungsfreiheit überzeugt und lehnt er den Deckungsschutz vorbehaltlos ab, lässt er dem Versicherungsnehmer konkludent zur Regulierung freie Hand und gibt seine umfassende Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf (BGHZ 119, 276, 282). Die Gefahr, bei dieser freien Entscheidung die Deckungspflicht unrichtig zu beurteilen, kann er nicht auf den Versicherungsnehmer abwälzen. Er kann nicht gleichzeitig einerseits sich seiner vertraglichen Hauptpflicht entledigen, den Versicherungsnehmer von der Führung und den Folgen des Haftpflichtprozesses zu befreien, und andererseits dennoch in Anspruch nehmen, an das Ergebnis des notgedrungen vom Versicherungsnehmer allein geführten Haftpflichtprozesses nicht gebunden zu sein. Nach Leistungsablehnung hat der Versicherungsnehmer auch keine Obliegenheiten mehr zu erfüllen (BGHZ 107, 368, 370 f.; BGH, Urteile vom 7. November 1966 - II ZR 12/65 - VersR 1967, 27 unter III und vom 21. Februar 1963 aaO; Prölss in Prölss/Martin , aaO § 6 Rdn. 33).
- 16
- bb) Hat der Versicherer ernsthafte Anhaltspunkte für seine Leistungsfreiheit , kann er aber wegen noch unklarer Sachlage darüber nicht abschließend befinden, muss er sich entscheiden, ob er Deckungsschutz gewährt oder nicht, und seine Entscheidung dem Versicherungsnehmer bekannt geben. Der Versicherer kann seiner Rechtsschutzverpflichtung in einer solchen Lage auch dadurch genügen, dass er den Rechtsschutz übernimmt unter dem Vorbehalt, die Deckung je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses abzulehnen (BGH, Urteile vom 20. September 1978 - IV ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I und vom 7. November 1966 aaO).
- 17
- Dagegen cc) stellt es keine ordnungsgemäße Erfüllung der Rechtsschutzverpflichtung dar, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber leistungsbefreiende Umstände ins Feld führt, den Versicherungsnehmer aber im Unklaren darüber lässt, ob er Deckungsschutz erhält. Seine Entscheidung darüber hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer unverzüglich, spätestens aber dann mitzuteilen , wenn er die Anzeige von der gerichtlichen Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs nach § 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB erhalten hat. Der Versicherer weiß, dass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt dringender Handlungsbedarf besteht, weil dem Versicherungsnehmer allein wegen Fristablaufs Rechtsnachteile in Gestalt eines Vollstreckungsbescheids oder Versäumnisurteils drohen. Deshalb hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt, später je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses Leistungsfreiheit geltend zu machen. Gibt der Versicherer eine solche Erklärung nicht ab, nimmt er seine Pflicht zur Abwehr des Anspruchs nicht wahr und gibt damit zugleich seine Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf. Er ist deshalb, solange er seiner Rechtsschutzverpflichtung nicht bedingungsgemäß nachkommt, so zu behandeln, als habe er dem Versicherungsnehmer zur Regulierung freie Hand gelassen. Der Versicherungsnehmer ist demgemäß auch nicht mehr obliegenheitsgebunden. Die Versicherungsbedingungen gestatten es dem Versicherer nicht, sich einer klaren Entscheidung über seine Verpflichtung zum Rechtsschutz zu enthalten, den Versicherungsnehmer darüber im Ungewissen zu lassen und die Arbeits- und Kostenlast sowie das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf ihn abzuwälzen, sich aber gleichwohl vorzubehalten , an die Regulierungsentscheidung des Versicherungsnehmers nicht gebunden zu sein, ihn an seinen Obliegenheiten festzuhalten und sich über die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten hinaus wegen mangelhafter oder weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit zu berufen.
- 18
- c)DenParteien des Versicherungsvertrages ist es allerdings nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht verwehrt, nach Erhebung des Anspruchs auf Deckungsschutz von den Bedingungen abweichende Vereinbarungen darüber zu treffen, wie die Leistungspflicht des Versicherers erfüllt werden soll. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Versicherer nach Treu und Glauben gehalten ist, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Die Abwehrfunktion der Haftpflichtversicherung ist unter den Versicherungsnehmern nicht immer genügend bekannt (Littbarski, Haftpflichtversicherung Vorbemerkungen Rdn. 48). Insbesondere ist für den Versicherungsnehmer nur schwer durchschaubar, was die Abwehrverpflichtung im Einzelnen bedeutet. Gewährt der Versicherer Versicherungsschutz , will er aber die Abwehr des Anspruchs (ganz oder teilweise) in die Hand des Versicherungsnehmers legen, hat er darüber aufzuklären, dass die Gewährung von Rechtsschutz nach dem Vertrag Sache des Versicherers ist, er den Prozess zu führen und den Anwalt auszuwählen, zu beauftragen und zu bezahlen hat (vgl. zu Vereinbarungen über die Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung die Senatsurteile vom 7. Februar 2007 - IV ZR 244/03 - zur Veröffentlichung vorgesehen - und vom 12. November 2003 - IV ZR 173/02 - VersR 2004, 96 unter II 1 b). Nur so ist der Versicherungsnehmer in der Lage, verantwortlich darüber zu entscheiden, auf welche Beschränkungen seiner vertraglichen Rechte er sich einlassen will. Übernimmt der Versicherungsnehmer vereinbarungsgemäß die Prozessführung, gilt für eine Verletzung von Sorgfaltspflichten dann nicht das Recht der Obliegenheiten, sondern das allgemeine Schadensersatzrecht (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, aaO § 5 AHB Rdn. 2). Denn insoweit hat er sich nur verpflichtet, die Aufgabe des Versicherers zu übernehmen.
- 19
- Die 2. Beklagte hat ihre Pflicht zur Abwehr des Haftpflichtanspruchs in grober Weise verletzt und ist deshalb so zu behandeln, als habe sie der HMV freie Hand zur Regulierung gelassen. Demgemäß ist sie an das rechtskräftige Versäumnisurteil gebunden und kann sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und Nr. 5 AHB berufen. Auch der Vorwurf, die HMV habe in kollusivem Zusammenwirken mit der Klägerin die Beklagte vorsätzlich geschädigt , ist nicht berechtigt.
- 20
- a) Die HMV hatte ihre Obliegenheiten zur Anzeige des Versicherungsfalles und der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs rechtzeitig und vollständig erfüllt. Sie hatte damit alles getan, damit die Beklagte ihrer Verpflichtung nachkommen konnte, einen Rechtsanwalt auszuwählen und zu beauftragen und den Prozess im Namen der HMV zu führen. Diese wäre auf Verlangen der Beklagten gehalten gewesen, dem Anwalt Vollmacht und die nötige Aufklärung zu erteilen. Im Schreiben vom 8. Mai 2000, dem die Klageschrift beigefügt war, hat die HMV in laienhafter Weise um Unterstützung, also für die Beklagte erkennbar um Deckungsschutz gebeten. Beim Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten, den Zeugen de J. , erneut um Rechtsschutz gebeten, wie dessen Aussage vor dem Oberlandesgericht zu entnehmen ist.
- 21
- b) Diesem Ersuchen gegenüber hat sich die Beklagte pflichtwidrig verhalten. Sie hat sich bei der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung des Erstbeitrags berufen (dazu unten III. 1.). Weiterhin hat sie sich ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit nach § 4 I Nr. 1 AHB wegen der Befreiung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB berufen (dazu unten III. 2.). Im Schreiben vom 16. Mai 2000 hat die Beklagte zwar bestmögliche Unterstützung zugesagt, die HMV aber bedingungswidrig angewiesen, selbst einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen zu beauftragen. Die bestmögliche und allein vertragsgemäße Unterstützung hätte darin bestanden, dass die Beklagte den Anwalt beauftragt und die Prozessführung übernimmt. Bei dem Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten gefragt, wie sich aus dessen Zeugenaussage ergibt, ob nicht die Beklagte den Rechtsanwalt bestellen und einen Spezialisten benennen könne. Dies hat der Zeuge mit der Begründung abgelehnt, er habe einen solchen auch nicht nennen können. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge, Abteilungsleiter der Beklagten und selbst Rechtsanwalt, dazu nicht in der Lage gewesen ist. Diese erneute Weigerung der Beklagten, selbst einen Anwalt zu beauftragen oder auch nur zu benennen, schließt es aus, darin ein Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung zu sehen, die Auswahl des Anwalts der HMV zu überlassen. Die Beklagte hat vielmehr wie schon im Schreiben vom 16. Mai 2000 die Auswahl und die Beauftragung des Anwalts vertragswidrig einseitig der HMV zugeschoben. Der Zeuge de J. hat dies damals selbst so gesehen. In seinem Aktenvermerk vom 19. Juni 2000 über das Gespräch vom 17. Mai 2000 ist nicht von einer einvernehmlichen Regelung die Rede, sondern von einer "Entscheidung" der Beklagten, mit der der Geschäftsführer der HMV "nicht ganz glücklich" gewesen sei, sie also nur notgedrungen hingenommen hat. Auch das Berufungsgericht stellt kein Einvernehmen fest, sondern spricht von Weisungen der Beklagten und wertet die Nichteinschaltung eines Anwalts als weisungswidriges Verhalten der HMV. Fehlt es schon an einer Vereinbarung , kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte sich darauf mangels der gebotenen Aufklärung (s.o. unter II 1 c) nicht zum Nachteil der HMV berufen könnte.
- 22
- c) Dieses Verhalten der Beklagten legt es nahe, darin schon eine verschleierte Ablehnung des Deckungsschutzes zu sehen mit den sich daraus ergebenden Folgen. So hat es der Geschäftsführer der HMV nach seinen Bekundungen auch verstanden.
- 23
- Jedenfalls aber hat die Beklagte in einem Zeitpunkt, in dem dringender Handlungsbedarf bestand, der HMV nicht unmissverständlich erklärt , ob sie ihre Rechtsschutzverpflichtung erfüllt oder dies ablehnt. Sie hat damit die Arbeits- und Kostenlast und das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf die HMV abgewälzt. Den Weg, sich gleichwohl wegen weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit berufen zu können , konnte sie sich damit nicht frei halten.
- 24
- III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen ganz oder teilweise als richtig dar.
- 25
- 1. Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie in der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung , bei der der Versicherungsfall vor Zahlung der Erstprämie eingetreten sein soll. Das Landgericht hat die Berufung auf Leistungsfreiheit mit Recht an der fehlenden Belehrung scheitern lassen. Der Versicherungsantrag stammt vom 17. Dezember 1998, ab 1. Januar 1999 hatte die Beklagte unstreitig vorläufige Deckung zugesagt. Der Versicherungsschein ist erst mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 übersandt worden. Die Rechnung selbst enthält nicht einmal einen Hinweis darauf, bis wann die Erstprämie zu zahlen ist, naturgemäß deshalb auch keine Belehrung über die Folgen verspäteter Zahlung. Im Versicherungsschein ist nur die übliche erweiterte Einlösungsklausel enthalten, wonach der Versicherungsschutz erst mit Zahlung der Erstprämie beginnt. Sollte also der materielle Versicherungsschutz aus dem Hauptvertrag erst mit Zahlung der Erstprämie, wie üblich, beginnen, endete auch die vorläufige Deckung erst in diesem Zeitpunkt. Eine Belehrung darüber, welche Rechtsfolgen eine verspätete Prämienzahlung für die vorläufige Deckung hat, ist nicht erteilt worden. Deshalb kann sich die Beklagte, wie ihrem Sachbearbeiter hätte bekannt sein müssen, nicht auf Leistungsfreiheit nach § 38 Abs. 2 VVG berufen (st. Rsp. des Senats, zuletzt Urteil vom 26. April 2006 - IV ZR 248/04 - VersR 2006, 913 unter II 2; zum Beginn des materiellen Versicherungsschutzes erst mit Zahlung der Erstprämie BGHZ 47, 352, 354 und Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - IV ZR 328/93 - VersR 1995, 409 unter 2 b aa). Die vorläufige Deckung endete nicht schon mit dem formellen Versicherungsbeginn, also dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
- 26
- 2. Die Beklagte hält sich zu Unrecht nach § 4 I Nr. 1 AHB für leistungsfrei , weil die HMV die Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit hat und dadurch eine über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht hinausgehende Zusage gemacht habe. Das Waschen der Kolben ist ein reiner Werkvertrag. Darauf sind die §§ 377, 381 Abs. 2 HGB nicht anzuwenden (BGH, Urteile vom 9. Oktober 2001 - X ZR 58/00 - CR 2002, 93 unter II 2 und 3 und vom 4. Februar 1992 - X ZR 105/90 - NJW-RR 1992, 626 unter I 2). Auch dies hätte der Sachbearbeiter der Beklagten ohne weiteres feststellen können.
- 27
- 3. Die Beklagte ist auch nicht nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Die Klägerin klagt in zulässiger Weise auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2000 - IV ZR 223/99 - VersR 2001, 90 unter 2 a). Diese rechtzeitig erhobene Klage hat die Frist gewahrt (siehe dazu auch Voit/Knappmann, aaO § 156 Rdn. 1 und Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 156 Rdn. 1). Dem Landgericht ist auch in diesem Punkt zuzustimmen.
- 28
- 4. Die Abtretungserklärung der HMV vom 30. März 2000 enthält kein verbotenes Anerkenntnis, sondern beschreibt nur den Haftungsgrund , wie das Landgericht auf S. 20 seines Urteils zutreffend ausgeführt hat.
- 29
- IV. Im Übrigen ist die Sache mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheidungsreif und deshalb zurückzuverweisen.
- 30
- Antrag Zum der Klägerin auf Zahlung in Höhe der vollen Deckungssumme wird auf Folgendes hingewiesen:
- 31
- Auf Zahlung kann die Klägerin die Beklagte nur in Anspruch nehmen , wenn sie durch Pfändung und Überweisung oder Abtretung an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, also Haftpflichtanspruch und Versicherungsanspruch sich bei ihr in einer Hand vereinigt haben (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 1980 - IV ZR 39/78 - VersR 1980, 522 unter I; vom 12. März 1975 - IV ZR 102/74 - VersR 1975, 655 unter 1 und vom 17. März 2004 - IV ZR 268/03 - VersR 2004, 634 unter II 2).
- 32
- 1. Das ist hier hinsichtlich des Zahlungsausspruchs des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess i.V. mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Fall. Der Feststellungsausspruch des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess ist nicht vollstreckungsfähig, kann also nicht zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss führen.
- 33
- 2. Die Abtretung vom 30. März 2000 verstößt gegen das Abtretungsverbot des § 7 Nr. 3 AHB. Die Ablehnung des Deckungsschutzes mit Schreiben vom 24. Juli 2000 ist keine endgültige Feststellung des Versicherungsanspruchs, um den allein es geht (Senatsurteil vom 26. März 1997 - IV ZR 137/96 - VersR 1997, 1088 unter 5 c). Das Abtretungsverbot kann nicht durch gewillkürte Prozessstandschaft umgangen werden. Ob die Berufung der Beklagten auf das Abtretungsverbot rechtsmissbräuchlich ist, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen.
- 34
- Das Abtretungsverbot scheitert nicht an § 354a HGB, weil es sich bei dem Anspruch auf Deckungsschutz in der Haftpflichtversicherung nicht um eine Geldforderung handelt (vgl. MünchKomm-HGB/Karsten Schmidt, § 354a Rdn. 6).
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 19.10.2001 - 9 O 11050/00 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 16.06.2003 - 8 U 3959/01 -
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen.
(2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
(3) Der Unternehmer kann die Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
(4) Stellt der Unternehmer ein neues Werk her, so kann er vom Besteller Rückgewähr des mangelhaften Werkes nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.
Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
- 1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen, - 2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, - 3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und - 4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Streitwert: 19.800 €
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unzulässig; sie wäre auch unbegründet.
- 2
- I. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt den Betrag von 20.000 € nicht (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
- 3
- Der von den Klägern aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses geltend gemachten Forderung gegen den beklagten Haftpflichtversicherer ihres Titelschuldners in Höhe von 21.145 € liegt eine Hauptforderung von lediglich 19.800 € zugrunde. Der Mehrbetrag beruht auf den im Urteil des Landgerichts Berlin titulierten Zinsen sowie den Kosten für den Pfändungsantrag.
- 4
- Diese Beträge bleiben jedoch für die Bemessung des Streitwerts und der Beschwer als Nebenforderung gemäß § 4 ZPO außer Betracht. Dies gilt nicht nur für die Zinsen (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Dezember 2014 - IV ZR 116/14, juris), sondern auch für die Kosten des Pfändungs - und Überweisungsbeschlusses.
- 5
- Zwar sind nach der Rechtsprechung des Senats die Kosten des Haftpflichtprozesses im Deckungsprozess gegen den Haftpflichtversicherer wertmäßig zu berücksichtigen, weil der Anspruch des Versicherungsnehmers gegen seinen Haftpflichtversicherer, ihn von seiner Verpflichtung zur Zahlung der nach verlorenem Haftpflichtprozess festgesetzten Kosten zu befreien oder ihm diese zu ersetzen, sofern er sie selbst schon entrichtet hat, keine Nebenforderung zum Versicherungsschutzanspruch , sondern ein wesentlicher, hauptsächlicher Bestandteil dieses Anspruchs selbst ist (Senatsurteil vom 21. Januar 1976 - IV ZR 123/74, VersR 1976, 477 unter I; juris Rn. 34). Für die Kosten des Pfändungsantrags trifft dies aber nicht zu (offen gelassen im Senatsurteil aaO Rn. 35). Die selbständig neben der Pflicht zur Befriedigung begründeter Ansprüche stehende Abwehrverpflichtung des Haftpflichtversicherers erstreckt sich nur auf die Abwehr von geltend gemachten Ansprüchen, die er für unbegründet erachtet, nicht aber auf die Abwehr von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen , die nach Rechtskraft des Haftpflichturteils zur Durchsetzung begründeter Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer durchgeführt werden. Soweit der Haftpflichtversicherer bei begründeten Ansprüchen gegen den Versicherungsnehmer im Rahmen seiner Leistungspflicht auch diese Kosten zu ersetzen haben sollte, handelt es sich um eine in der Entstehung von der Hauptforderung abhängige Nebenforderung.
- 6
- II. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf.
- 7
- Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen. Die Rügen aus Art. 103 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG werden vom Senat ebenfalls für nicht durchgreifend erachtet.
- 8
- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Mayen Felsch Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 03.07.2013- 20 O 431/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 02.06.2014 - 9 U 157/13 -