Oberlandesgericht Köln Urteil, 27. Sept. 2016 - 9 U 26/16
Tenor
Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 21.01.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 24 O 123/15 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden der Klägerin auferlegt.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.01.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 24 O 123/15 – wird zurückgewiesen.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Versicherungsschutz aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Betriebshaftpflichtvertrag Nr. DE00XXXXXXXXXX für die Bauarbeitsgemeinschaft C E E2 wegen ihrer Inanspruchnahme durch die Fa. Q & A GmbH – im Folgenden Fa. Q & A - in dem noch anhängigen Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln, Az. 18 O 16/14, gemäß Klageschrift vom 04.10.2013.
4Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin war seit vielen Jahren und so auch im Jahr 2003 der Betriebshaftpflichtversicherer der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin. Dem Versicherungsverhältnis, das zum 01.01.2016 endete, lagen auch für das Jahr 2003 die im Versicherungsvertrag Nr. DE00XXXXXXXXXX genannten Versicherungsbedingungen zugrunde, wegen deren Inhalt im Einzelnen auf den Versicherungsschein, Anl. K 1 Anlagenheft, verwiesen wird. Darin war in Teil II Ziffer 4. – „Teilnahme an Arbeits- und Liefergemeinschaften“ – u.a. folgendes geregelt:
5„Für Haftpflichtansprüche aus der Teilnahme an Arbeits- und Liefergemeinschaften gelten, unbeschadet der sonstigen Vertragsbedingungen (insb. der Deckungssumme), folgende Bestimmungen: ….
64.4
7Nicht versichert sind Haftpflichtansprüche wegen Schäden an den von den einzelnen Partnern in die Arbeitsgemeinschaft eingebrachten oder von der Arbeitsgemeinschaft beschafften Sachen, gleichgültig, von wem die Schäden verursacht wurden.
84.5
9Ebenso bleiben ausgeschlossen Ansprüche der Partner der Arbeitsgemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Arbeitsgemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt.“
10Am 17.09.2002 schlossen die Klägerin und die Fa. Q & A einen Vertrag über eine Dacharbeitsgemeinschaft mit der Bezeichnung „B C E E2“ – im folgenden B -, an der die Klägerin mehrheitlich beteiligt und deren technische und kaufmännische Geschäftsführerin sie war. Zweck der B war die gemeinsame Durchführung von Spezialtiefbau- und Abbrucharbeiten im Rahmen eines Bauvorhabens des Hotels J in E2 (Bauprojekt „J L E2“).
11Die B schloss am 23./26.08.2002 einen entsprechenden Werkvertrag mit der F & Q2 Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH (Anl. K 7 Anlagenheft im Parallelverfahren 9 U 25/16), wonach die B sich u.a. in § 11 zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung mit Deckungssummen von jeweils 5 Millionen € für Personenschäden sowie Sach- und sonstige Schäden und einer projektbezogenen Haftpflichtversicherung für Sach- und Vermögensschäden mit einer Deckungssumme von 50.000.000,- € auf ihre Kosten für die Dauer der Bauzeit verpflichtete.
12Außerdem schloss die B einen Nachunternehmervertrag hinsichtlich derjenigen Arbeiten, die innerhalb der B der Klägerin zugewiesen waren, mit der B Spezialtiefbau C E-E2, an der die Klägerin zu 60 % und die Fa. A2 Spezialtiefbau GmbH mit 40 % beteiligt waren.
13Die Fa. Q & A hatte einen Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag bei der N Versicherung AG abgeschlossen. Am 06.09.2002 erstellte die N Versicherung AG als ergänzenden Bestandteil des Versicherungsscheins einen Nachtrag, der die B als Versicherungsnehmerin auswies. Wegen dessen Inhalt im Einzelnen wird auf die Anlage K 10 Anlagenheft im Parallelverfahren 9 U 25/16 verwiesen.
14Am 29.04.2003 kam es auf der Baustelle des o.g. Bauvorhabens zu einem Umsturz zweier Turmkräne. Dabei kamen zwei Bauarbeiter ums Leben. Außerdem entstanden Sach- und Vermögensschäden in Millionenhöhe.
15Im Zusammenhang mit diesem Unglücksfall wurden mehrere, zum Teil auch noch anhängige Schadensersatzklagen erhoben, u.a. gegen die B, die Klägerin, die Fa. Q & A und weitere an dem Bau Beteiligten.
16Die von der B bereits im Jahr 2008 vor dem Landgericht Duisburg unter dem Az. 24 O 62/08 gegen die N Versicherung AG erhobene Klage auf Feststellung, dass diese als Objekthaftpflichtversicherer für die Tätigkeit der B an dem Bauvorhaben C E E2 hinsichtlich des Schadensfalls vom 29.04.2003 verpflichtet ist, wurde durch erstinstanzliches Urteil vom 28.04.2009 abgewiesen. Die hiergegen von der B eingelegte Berufung wies das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 05.03.2010, Az. 4 U 82/09, wegen Verjährung der Deckungsansprüche im Hinblick auf die schon 2003 erfolgte Deckungsablehnung der N Versicherung AG zurück (B 1, Bl. 34 ff. d.A. 9 U 25/16).
17Mit Klageschrift vom 04.10.2013 nahm die Fa. Q & A die Klägerin vor dem Landgericht Köln, Az. 18 O 16/14, in Anspruch, mit dem Begehren, sie mit einer Quote von 68 % von Ansprüchen Dritter freizustellen, die Letztere ihr – der Fa. Q und A – gegenüber wegen erlittener Schäden aufgrund des Kranunfalls vom 29.04.2003 auf dem Grundstück L2-allee XX in E2 geltend gemacht hatten. Sie vertritt die Ansicht, die Klägerin trage die alleinige Verantwortung für den Unfall und habe sie – die Fa. Q & A – von allen ihr gegenüber geltend gemachten Schadensersatzansprüchen Dritter freizustellen. Hilfsweise stützte sie ihre Freistellungsklage darauf, dass die Klägerin ihre Pflichten als technische und kaufmännische Geschäftsführerin der B wegen unterlassener Verlängerung der für die B bei der N Versicherung AG abgeschlossenen Haftpflichtversicherung sowie wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung von Leistungsansprüchen daraus in nicht verjährter Zeit verletzt und sich dadurch ihr – der Fa. Q & A – gegenüber aus dem E3-B-Vertrag schadensersatzpflichtig gemacht habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 3 Anlagenheft verwiesen.
18Nach Zustellung dieser Klage an die Klägerin unterrichtete diese umgehend die Beklagte über ihre Inanspruchnahme durch die Fa. Q & A.
19In einem Besprechungstermin der Parteien am 22.11.2013 erklärte die Beklagte u.a., dass sie vorläufig Deckungsschutz gewähre und ihre Deckungspflicht nicht wegen des möglicherweise auch betroffenen, aber nicht gedeckten sog. Erfüllungsschadens in Frage stelle.
20Die Klägerin mandatierte daraufhin in Absprache mit der Beklagten Rechtsanwalt Dr. C2 aus E2 mit ihrer Vertretung in dem o.g. Rechtsstreit. Dieser übersandte der Beklagten anschließend am 20.03.2014 den Entwurf der Klageerwiderung zur Durchsicht und Freigabe (K 5 Anlagenheft).
21Hierzu nahm die Beklagte mit E-Mail vom 21.03.2014 Stellung, gab Empfehlungen zum weiteren Vorgehen und wies aus Gründen äußerster Vorsicht darauf hin, dass mit dieser Stellungnahme keine Aussage zum Versicherungsschutz im Rahmen des bestehenden Versicherungsvertrags verbunden sei (K 6 Anlagenheft).
22Mit weiterer E-Mail vom gleichen Tag wies die Beklagte wiederum aus Gründen äußerster Vorsorge auf Deckungsbedenken hin, die im Zusammenhang mit der von der Fa. Q & A erhobenen Freistellungsklage bestünden, weil nach Teil II Ziff. 4.5 der Versicherungsbedingungen für Ansprüche der Partner der B untereinander sowie Ansprüche der B gegen die Partner und umgekehrt kein Versicherungsschutz bestehe, wenn sich das Bestehen solcher, diesem Bereich zuzuordnender Ansprüche der Q & A herausstellen sollte. Ferner enthielt diese Nachricht den Hinweis, dass eine weitergehende Aussage zur Haftung und/oder Deckung damit nicht verbunden sei (K 7 Anlagenheft).
23Hierzu nahm die Klägerin mit Schreiben vom 24.03.2014 Stellung, legte ihre davon abweichende rechtliche Ansicht dar und forderte die Beklagte zur unmissverständlichen Erklärung über die Gewährung von Versicherungsschutz bis 07.04.2014 auf (Anlage B 1, = K 8 Anlagenheftes Bl. 43 f. d.A.).
24Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 04.04.2014, dass die Fa. Q & A der Klägerin neben der Geltendmachung von Rückgriffsansprüchen wegen Schadensersatzansprüchen Dritter auch eine Verletzung ihrer Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der E3-B vorwerfe, es sich dabei um einen unmittelbar in der Person der Gesellschafterin der B entstandenen originären Anspruch handele, für den von vornherein keine Abwehrdeckung in Betracht komme, weil er nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes sein könne. Davon unberührt bliebe aber die Frage des Versicherungsschutzes im Übrigen, der selbstverständlich nach Maßgabe des im Termin vom 22.11.2013 Besprochenen bedingungsgemäß gewährt werde (K 9 Anlagenheft).
25Die Klägerin teilte der Beklagten daraufhin mit E-Mail vom 07.04.2014 unter Hinweis darauf, dass angebliche Ansprüche wegen Verletzung kaufmännischer Geschäftsführerpflichten auch Regressansprüche wegen Schäden Dritter seien, mit, dass sie mangels anderweitiger Nachricht bis 21.04.2014 davon ausgehe, dass die Beklagte ihre Ansicht, etwaige Ansprüche wegen Verletzung dieser Pflichten seien nicht vom Versicherungsschutz umfasst, aufrechterhalte (K 10 Anlagenheft).
26Mit Urteil vom 12.01.2015, Az. 18 O 16/14, wegen dessen Inhalt auf die Anlage K 4 Anlagenheft verwiesen wird, verurteilte das Landgericht Köln die Klägerin im Haftpflichtprozess unter Abweisung der Klage im Übrigen, die Fa. Q & A im Umfang von 68 % von den im Tenor näher bezeichneten Ansprüchen Dritter freizustellen, mit der Begründung, dass der Fa. Q & A gegenüber der hiesigen Klägerin ein Anspruch aus § 426 I BGB im Hinblick auf den jeweiligen Ver-antwortungsbeitrag der dortigen Parteien an der Unfallverursachung zustehe. Ein über die Quote von 68 % hinausgehender Freistellungsanspruch aus angeblicher Verletzung der Pflichten der hiesigen Klägerin als technische und kaufmännische Geschäftsführerin der B wurde aber verneint. Der Streitwert wurde im Urteil auf 13.000.000,- € festgesetzt.
27Mit E-Mail vom 29.01.2015 bat die Klägerin die Beklagte um Erteilung einer Weisung, ob Berufung gegen dieses erstinstanzliche Urteil eingelegt werden soll. Außerdem forderte sie die Beklagte unter Hinweis darauf, dass wegen der Verneinung einer Pflichtverletzung aus kaufmännischer Geschäftsführung die im Schreiben vom 04.04.2014 nicht aufrechterhalten werden könnten, zur vorbehaltslosen Bestätigung des Versicherungsschutzes für die mit der Freistellungsklage geltend gemachten Ansprüche und Übernahme der Kosten für das erstinstanzliche und das Berufungsverfahren bis 05.02.2015 auf (Anl. K 11 Anlagenheft).
28Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 06.02.2015, dass sie die fristwahrende Berufungseinlegung empfehle, dass die mitgeteilten Deckungsbedenken wegen der Klausel in Teil II Ziff. 4.5 im Ergebnis aufrechterhalten bleiben müssten, davon unberührt aber die Frage des Versicherungsschutzes im Übrigen bleibe, der selbstverständlich nach Maßgabe des im Termin vom 22.11.2013 Besprochenen bedingungsgemäß gewährt werde (K 12 Anlagenheft).
29Nach Berufungseinlegung übersandte die Klägerin der Beklagten mit E-Mai vom 13.03.2015 die Gebührenrechnung ihres Prozessbevollmächtigen, Rechtsanwalt Dr. C2, für die 1. Instanz mit der Bitte um hälftige Begleichung (B 5 Bl. 127 d.A.).
30Hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit E-Mail vom 28.04.2015 mit, dass sie der Klägerin insoweit weiterhin bedingungsgemäßen Versicherungsschutz gewähre, mit dem Hinweis hinsichtlich der Freistellungsklage, dass vom Versicherungsschutz nur Rückgriffsansprüche Dritter erfasst seien, nicht aber auch originäre Ansprüche im Innenverhältnis der Gesellschafter und dass man insoweit den Gang des Berufungsverfahrens abwarten solle (B 2 Bl. 45 d.A.).
31Mit Urteil vom 30.10.2015, Az. 19 U 20/15, hob das Oberlandesgericht Köln aufgrund der von der Klägerin und der Fa. Q & A jeweils eingelegten Berufungen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Köln vom 12.01.2015, Az. 18 O 16/14, nebst dem ihm zugrunde liegenden Verfahren auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurück. Dieser Rechtsstreit ist derzeit noch beim Landgericht Köln anhängig.
32Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit darüber, ob der Klägerin ein Anspruch auf den begehrten bedingungsgemäßen Versicherungsschutz wegen ihrer gerichtlichen Inanspruchnahme durch die Fa. Q & A vor dem Landgericht Köln, Az. 18 O 16/14, zusteht bzw. ob und inwieweit die Beklagte diesen Anspruch durch Gewährung von Abwehrschutz erfüllt hat.
33Im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits teilte die Beklagte der Klägerin nach der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 10.12.2015 per E-Mail vom 15.12.2015, die sie mit Schriftsatz vom 05.01.2016 nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz vom 10.12.2015 vorlegte und wegen deren Inhalt im Einzelnen auf die Anlage B 6, Bl. 128 d.A. verwiesen wird, mit, dass die vom Landgericht angenommene „Kostenteilungs-Vereinbarung“ zu keiner Zeit getroffen worden sei, sie aber wie im Haftpflichtgeschäft üblich nur dem entsprochen habe, was beansprucht worden sei. Außerdem erklärte sie, dass nachdem sich dies geklärt habe, auf Basis ihrer Deckungszusage vorläufig 100 % der bisher berechneten Kosten erstattet würden, verbunden mit der Bitte um Mitteilung, ob der noch offene Honorarbetrag von 62.372,80 € gezahlt oder mit ihrem – der Beklagten – Anspruch auf Rückerstattung ihrerseits gezahlter, aber niedergeschlagener Gerichtskosten in Höhe von 66.008,96 € verrechnet werden soll.
34Daraufhin vereinbarten die Parteien am 16.12.2015, dass der noch nicht beglichene anteilige Rechtsanwaltshonoraranspruch des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Höhe von 62.372,80 € mit dem unstreitigen Rückforderungsanspruch der Beklagten in Höhe von 66.008,96 € verrechnet wird und die Klägerin der Beklagten das danach verbleibende Guthaben von 3.636,16 € erstattet.
35Das Landgericht hat durch Urteil vom 21.01.2016 – 24 O 123/15 -, auf das wegen der Sachverhaltsdarstellung im Übrigen und der Anträge Bezug genommen wird, die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, der Klägerin aus dem bestehenden Versicherungsvertrag bedingungsgemäß Versicherungsschutz über eine Quote von 50 % hinaus wegen deren Inanspruchnahme durch die Fa. Q & A im Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln, Az. 18 O 16/14, gemäß Klageschrift vom 04.10.2013 zu gewähren, soweit die Klage nicht darauf gestützt werde, die Klägerin habe es als kaufmännische Geschäftsführerin der B versäumt, die projektbezogene Haftpflichtversicherung bei der N Versicherung bis zum 31.03.2013 zu verlängern und habe Deckungsansprüche gegenüber der N Versicherung verjähren lassen. Das Landgericht hat die Zulässigkeit der Klage zwar insoweit angenommen, als die Beklagte Deckungsbedenken hinsichtlich der von der Fa. Q & A geltend gemachten Ansprüche wegen Verletzung von technischen und kaufmännischen Geschäftsführerpflichten der Klägerin erhoben hat, weil die Beklagte nach ihren unmissverständlichen Erklärungen eine Deckungspflicht insoweit verneint habe. Außerdem wurde die Zulässigkeit der Klage insoweit bejaht, als die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Deckungsgewährung mit einer über 50 % hinausgehenden Quote begehre, soweit es um Ansprüche der Fa. Q & A wegen unmittelbarer und allein verantwortlicher Verursachung des Unfalles durch die Klägerin gehe. Denn obwohl die Klägerin mit hinreichender Deutlichkeit eine uneingeschränkte Kostenübernahme von der Beklagten wegen ihrer Verpflichtung zur Gewährung vollständigen Abwehrschutzes und nur hilfsweise aufgrund einer irrtümlich angenommenen Zusage der Beklagten eine hälftige Kostenübernahme als Mindestforderung gefordert habe, habe die Beklagte nur die hälftigen Kosten erstattet.
36Im Rahmen der Begründetheit hat das Landgericht der Klage nur insoweit stattgegeben, als die Klägerin die Gewährung von bedingungsgemäßem Deckungsschutz über 50 % hinaus begehrt, weil die Beklagte insoweit ihre Verpflichtung zwar nicht bestritten, aber bislang noch nicht erfüllt habe. Ferner stehe der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung von Deckungsschutz insoweit zu, als sie von der Fa. Q & A wegen Verletzung ihrer Pflichten als technische Geschäftsführerin in Anspruch genommen werde. Denn diese angeblich verletzten Pflichten beträfen den etwaigen Verantwortungsanteil der Klägerin an der Schadensverursachung und seien im Kern identisch mit den Vorwürfen, die die Geschädigten in den Haftpflichtverfahren gegenüber der B und ihren Gesellschafterinnen erhoben hätten oder jedenfalls erheben könnten, weil die entsprechenden Pflichtverletzungen mitursächlich für den Unfall gewesen sein könnten. Verneint hat das Landgericht aber einen Anspruch der Klägerin auf Deckungsschutz, soweit es um deren Inanspruchnahme wegen der Verletzung ihrer kaufmännischen Geschäftsführerpflichten gehe, weil diesbezüglich der Versicherungsausschluss gemäß Teil II Ziff. 4.5 des Versicherungsvertrags eingreife. Ferner hat das Landgericht die Klage als unzulässig angesehen, soweit es um die Gewährung von Versicherungsschutz im Übrigen geht, also insoweit als die Beklagte vorgerichtlich keine Deckungsbedenken erhoben hat.
37Hiergegen richten sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Klägerin, mit der sie weiterhin die Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutz begehrt, sowie die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Anschlussberufung der Beklagten, mit der sie die Klageabweisung insgesamt begehrt.
38Die Klägerin wendet ein, ihr Feststellungsinteresse für den Klageantrag auf Gewährung von Versicherungsschutz sei uneingeschränkt gegeben. Aufgrund der Deckungsablehnung seitens der Beklagten, die keine schriftliche Deckungszusage erteilt, sich in der Besprechung am 22.11.2013 nur zur vorläufigen Übernahme der Kosten der Rechtsverteidigung in Höhe von 50 % bereit erklärt und sich in der nachfolgenden vorgerichtlichen Korrespondenz sowie auch im vorliegenden Rechtsstreit auf das Eingreifen eines Ausschlussgrundes berufen habe, bestehe ihrerseits – der Klägerin - ein Rechtsschutzbedürfnis auf Prüfung der Deckungspflicht der Beklagten insgesamt im Rahmen der Klage auf Deckungsgewährung. Dass die Beklagte nach wie vor keinen uneingeschränkten Versicherungsschutz gewährt habe, ergebe sich aus ihrem Schreiben vom 15.12.2015, wonach die inzwischen gezahlten restlichen Anwaltskosten – über die zuvor übernommenen 50 % hinaus – nur „vorläufig“ übernommen worden seien.
39Die Ausführungen des Landgerichts zur Zulässigkeit der Klage bezüglich der Klärung der Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Deckungsschutz wegen der Ansprüche der Fa Q & A aufgrund angeblicher Verletzung der klägerischen Pflichten als technische und kaufmännische Geschäftsführerin (S. 20 des angefochtenen Urteils) einerseits und der vorherigen Verneinung einer „weitergehenden Zulässigkeit“ (S. 19 des angefochtenen Urteils) andererseits seien widersprüchlich.
40Ihr Feststellungsinteresse entfalle nicht dadurch, dass die Beklagte versuche, ihre Berufung auf den Deckungsausschluss nach Teil II Ziff. 4.5 der Police damit abzuschwächen, Deckungsbedenken seien nur vorsorglich und aus äußerster Vorsorge für den Fall einer Verurteilung erhoben worden. Die Relevanz erhobener Deckungsbedenken bzgl. nicht versicherter Ansprüche für den Fall einer entsprechenden Verurteilung im Haftpflichtprozess sei selbstverständlich, hindere den Versicherungsnehmer aber nicht an der Herbeiführung einer Klärung der Berechtigung des vom Versicherer behaupteten Deckungsausschlusses im vorweggenommenen Deckungsprozesses.
41Entgegen der Annahme des Landgerichts seien auch die Voraussetzungen für einen umfassenden Deckungsschutz gegeben. Ihre Inanspruchnahme durch die Fa. Q & A auf Freistellung von Schadensersatzansprüchen Dritter erfolge aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlicher Natur. Die Ausschlussklausel gem. Teil II Ziff. 4.5 des Versicherungsvertrags greife nicht ein. Davon würden nur Ansprüche wegen Schäden erfasst, die ein B-Partner unmittelbar erlitten habe, die vorliegend nicht gegeben seien. Auch wenn die Fa. Q & A ihren Freistellungsanspruch wegen der Inanspruchnahme durch geschädigte Dritte u.a. auf angebliche Pflichtverletzungen ihrerseits als kaufmännisch und technische Geschäftsführerin der B stütze, würden gleichwohl ausschließlich Rückgriffsansprüche geltend gemacht, so dass Versicherungsschutz bestehe. Die Fa. Q & A mache keine ihr unmittelbar entstandenen Schäden geltend, sondern begehre von ihr – der Klägerin – die Freistellung von Ansprüchen Dritter.
42Die Klägerin beantragt,
43die Beklagte unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, ihr aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag DE 00XXXXXXXXXX und dem dazugehörigen Exzedentenvertrag DE 00XXXXXXXXXX Versicherungsschutz zu gewähren wegen der Inanspruchnahme der Klägerin durch die Fa. Q & A GmbH im Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln (18 O 16/14) gemäß Klageschrift vom 04.10.2013.
44Die Beklagte beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Mit der Anschlussberufung beantragt die Beklagte,
47die Klage unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts Köln vom 21.01.2016 (24 O 123/15) abzuweisen.
48Die Klägerin beantragt,
49die Anschlussberufung zurückzuweisen.
50Die Beklagte ist der Berufung der Klägerin unter Verteidigung des angefochtenen Urteils und Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegengetreten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 30.05.2016 (Bl. 203 ff. d.A.) verwiesen.
51Zur Erwiderung auf die Berufung der Klägerin und zur Begründung ihrer Anschlussberufung führt sie aus, spätestens seit ihrem Schriftsatz vom 05.01.2015 bestünden keine Zweifel mehr daran, dass sie der Klägerin vollumfänglich Versicherungsschutz in Form von Abwehrschutz gewähre und die entstandenen bzw. entstehenden Abwehrkosten vollumfänglich übernehme. Deswegen sei ein Feststellungsinteresse der Klägerin nicht gegeben. Beweggrund für die Klage sei nicht der nur zufällig aufgeworfene Gesichtspunkt einer 50 %igen Kostenerstattung, sondern die von ihr rein vorsorglich mitgeteilten Bedenken für den Fall einer Verurteilung der Klägerin gegenüber der Fa. Q & A aufgrund einer rechtskräftig festgestellten Pflichtverletzung der hiesigen Klägerin gegenüber der Fa. Q & A aus dem Gesellschaftsvertrag. Der Klägerin gehe es offensichtlich nicht um die „Gewährung von Versicherungsschutz“, den sie festgestellt haben wolle. Sie wolle mit dem Feststellungsurteil vielmehr erreichen, dass auch über die beklagtenseits rein vorsorglich nach § 242 BGB mitgeteilten Deckungsbedenken schon jetzt rechtskräftig entschieden werde und dass Inhalt und Reichweite eines etwaigen Freistellungsanspruchs für den Fall abgeklärt würden, dass es zu einer Verurteilung der Klägerin im Haftungsverfahren kommen sollte. Dies sei nicht möglich, weil sich der Feststellungs-Tenor allein über die Verpflichtung zur Gewährung von Versicherungsschutz verhalte, den sie der Klägerin vollumfänglich in Form der Anspruchsabwehr zur Verfügung gestellt habe. Solange die Haftpflichtforderung noch nicht feststehe, erschöpfe sich das Leistungsversprechen des Haftpflichtversicherers in der Bereitstellung von Abwehrschutz.
52Da die Fa. Q & A ihren Freistellungsanspruch gegenüber der Klägerin nicht allein auf einen Gesamtschuldner-Innenausgleichsanspruch wegen der Haftung der E3-B und ihrer Gesellschafter gegenüber Dritten gestützt habe – wofür der Klägerin Rechtsschutz in Form von Abwehrschutz gewährt worden sei -, sondern hilfsweise auch auf angebliche Verletzungen der Pflichten der Klägerin als kfm. Geschäftsführerin aus dem E3-B Vertrag (Gesellschaftsvertrag), habe sie – die Beklagte – vorsorglich später möglich werdende Deckungsbedenken angemeldet, für den Fall, dass sich nach Abschluss des Verfahrens ein Sachverhalt herausstellen sollte, der ganz oder teilweise unter diesen Ausschluss fällt. Ihre allein auf einen etwaigen diesbezüglichen Befreiungsanspruch der Klägerin bezogenen Bedenken hätten jedoch den zu diesem Zeitpunkt bereits gewährten bedingungsgemäßen Rechtsschutz unberührt gelassen, was sie gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 28.04.2015 mitgeteilt habe.
53Der von der Klägerin erstmals mit der Replik vom 09.09.2015 aufgebrachte – letztlich auch unzutreffende - Gesichtspunkt, nämlich ihre – der Beklagten - Bereitschaft zur Übernahme von nur 50 % der anfallenden Rechtsverteidigungskosten im Rahmen eines vorläufigen Abwehrschutzes, sei bis dahin nie Streitpunkt zwischen den Parteien gewesen, weder vorgerichtlich noch in 1. Instanz. Daraus habe das Landgericht fehlerhaft gefolgert, es sei auch nur Deckungsschutz in Höhe von 50 % gewährt worden. Da die Klägerin trotz des von ihr – der Beklagten - uneingeschränkt zugesagten Versicherungsschutzes in Form der Anspruchsabwehr nur hälftige Begleichung der von ihr verauslagten Rechtsverteidigungskosten eingefordert habe (B 5), habe sie – die Beklagte – zunächst auch nur die von der Klägerin begehrten 50 % der Kosten ausgeglichen. Hätte die Klägerin darüber hinaus ein Mehr an Rechtsanwaltskosten gefordert, hätte sie - die Beklagte – auch den restlichen Anteil, also 100 % der entstandenen Verteidigungskosten gezahlt. Ihre Pflicht zur vollständigen Übernahme der anfallenden Abwehrkosten habe aus ihrer Sicht zu keiner Zeit im Streit gestanden, jedenfalls aufgrund ihres Schriftsatzes vom 05.01.2016 sei die erfolgte Begleichung des noch offenen Differenzbetrags klar und unstreitig gewesen. Obwohl die einvernehmlich erfolgte Verrechnung des Abwehrkosten-Differenzbetrags mit einem ihr – der Beklagten – gegenüber der Klägerin zustehenden Rückerstattungsbetrag erst nach der letzten mündlichen Verhandlung erfolgt sei, habe das Landgericht dies nicht mehr berücksichtigt. Die Tenorierung – Gewährung von Versicherungsschutz über 50 % - liege neben der Sache, nachdem sie – die Beklagte – zu keiner Zeit ihre Verpflichtung zur Gewährung von Versicherungsschutz in Form der Anspruchsabwehr, wie es ihrem Wahlrecht obliege, erfüllt habe, spätestens jedenfalls seit den Schriftsätzen vom 15.11.2015 und 05.01.2016 seien etwaige – tatsächlich nicht bestehende – Unklarheiten zwischen den Parteien beseitigt worden.
54Die Klägerin ist der Anschlussberufung der Beklagten unter Verteidigung des angefochtenen Urteils und Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegengetreten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 30.06.2016 (Bl. 222 ff. d.A.) verwiesen. Die Beklagte habe entgegen ihrer Behauptung Versicherungsschutz in Form der Anspruchsabwehr weder vollumfänglich zugesagt noch tatsächlich gewährt, da sie die Kosten für die Rechtsverteidigung nur zu 50 % übernommen habe. Die Bereitschaft der Beklagten zur Übernahme von 50 % der anfallenden Rechtsverteidigungskosten sei auch kein während des vorliegenden Verfahrens aufkeimender Gesichtspunkt, sondern sei Gegenstand vorgerichtlicher Korrespondenz und auch der Klageschrift gewesen. Die gleichwohl nur „vorläufige“ Übernahme der restlichen Anwaltskosten sei erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt. Unzutreffend sei auch die erstmalige Behauptung im Schriftsatz vom 05.11.2015, sie – die Klägerin – habe nur Erstattung von 50 % der Rechtsverteidigungskosten verlangt. Ihr Schreiben vom 13.03.2015 (B 5) erkläre sich vor der wiederholten Erklärung der Beklagten, nur 50 % zu erstatten (K 12). Ihr Begehren nach vollem Versicherungsschutz und vollständiger Übernahme der Kosten ergebe sich unmissverständlich aus ihren Schreiben vom 14.11.2013 (K 14), 24.03.2014 (K 8) und 29.01.2015 (K 11). Das von der Beklagten zitierte Urteil des OLG Frankfurt vom 18.12.2002 – 7 U 54/02 – sei nicht einschlägig, da sie – die Klägerin – keinen Befreiungs- oder Zahlungsanspruch geltend mache, sondern wegen des Deckungseinwands der Beklagten und des nur vorläufig übernommenen Versicherungsschutzes die Feststellung der Verpflichtung der Beklagte zur uneingeschränkten Gewährung von Versicherungsschutz begehre.
55In der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten für diese erklärt, uneingeschränkten Abwehrschutz für das im Klageantrag genannte Verfahren zu gewähren und für den Abwehrschutz keine Deckungsbedenken im Hinblick auf Teil II Ziff. 4.5 der Versicherungsbedingungen zu erheben, verbunden mit dem Hinweis, dass die Beklagte schon früher uneingeschränkten Abwehrschutz der Klägerin gewährt habe und dies auch weiterhin tue.
56In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.08.2016, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 236 ff. d.A. verwiesen wird, hat die Klägerin den „Rechtsstreit, soweit er die Gewährung von Abwehrschutz betrifft in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt“, weil die Beklagte uneingeschränkten Abwehrschutz gewährt habe. Das erledigende Ereignis – bezogen auf die bis dahin nur eingeschränkt erfolgte Gewährung von Abwehrschutz – sei aber erst durch die Erklärung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 eingetreten, mit der auch klargstellt worden sei, dass das Wort „vorläufig“ keine Bedeutung habe.
57Soweit durch diese Erklärung der Beklagten zum uneingeschränkten Abwehrschutz nach Ansicht der Klägerin nur eine teilweise Erledigung des Rechtsstreits eingetreten sei, bedürfe es nach wie vor der Entscheidung über die Feststellungsklage im Hinblick auf den Einwand der Beklagten, für einen Freistellungsanspruch, der auf eine Verletzung technischer und kaufmännischer Geschäftsführerpflichten gestützt werde, bestehe kein Versicherungsschutz, da insoweit der Ausschlusstatbestand gemäß Teil II Ziff. 4.5 des Versicherungsvertrags eingreife. Daraus, dass die Beklagte diesen Deckungseinwand ausdrücklich nur hinsichtlich des gewährten Abwehrschutz habe fallen lassen, ergebe sich, dass sie daran festhalte, dass für Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A wegen Verletzung technischer und kaufmännischer Geschäftsführerpflichten kein Versicherungsschutz bestehe.
58Im Hinblick darauf beantragt die Klägerin hilfsweise,
59festzustellen, dass der ihr aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag Nr. DE 00XXXXXXXXXX zustehende Versicherungsschutz wegen ihrer Inanspruchnahme durch die Fa. Q & A GmbH im Verfahren vor dem Landgericht Köln (18 O 16/14) gemäß Klageschrift vom 04.10.2013 auch insoweit besteht, als die Fa. Q & A GmbH ihrer gegen sie – die Klägerin – geltend gemachten Ausgleichsansprüche auf eine Verletzung von Pflichten der Klägerin als technische und kaufmännische Geschäftsführerin stützt.
60Die Beklagte hat sich in ihrem Schriftsatz vom 09.09.2016, wegen dessen Inhalt im einzelnen auf Bl. 242 ff. d.A. verwiesen wird, dieser erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung abgegebenen „teilweisen Erledigungserklärung“ der Klägerin nicht angeschlossen. Sie rügt die Verspätung und die Unzulässigkeit dieser „einseitigen Erledigungserklärung“. Ebenso wenig sei eine Wiedereröffnung der ohne Verfahrensfehler geschlossenen mündlichen Verhandlung geboten, weil der Klägerin im Verhandlungstermin vom 16.08.2016 Gelegenheit gegeben worden sei, im Hinblick auf den von ihr – der Beklagten – gewährten uneingeschränkten Abwehrschutz eine etwaige Erledigungserklärung abzugeben, was die Klägerin aber verweigert habe.
61Wegen aller weiteren Einzelheiten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
62II.
63Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
64Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist begründet.
65A. Berufung der Klägerin:
66Gegenstand der Berufung der Klägerin ist die Gewährung uneingeschränkten Versicherungsschutzes in Form von Abwehrschutz für ihre Inanspruchnahme in dem derzeit noch anhängigen und noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Haftpflichtprozess vor dem Landgericht Köln, Az. 18 O 16/14, wegen der Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A auch insoweit, als diese auf eine Verletzung der Pflichten der Klägerin als kaufmännische Geschäftsführerin der B gestützt werden. Insoweit hat das Landgericht die Klage als unbegründet abgewiesen (s. Ausführungen unter A. 1.).
67Soweit die Klägerin mit der Berufung uneingeschränkten Versicherungsschutz begehrt, ist davon außerdem die vom Landgericht teilweise als unzulässig abgewiesene Klage, gerichtet auf Gewährung Versicherungsschutz „im Übrigen“, also für die Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A wegen ihrer Inanspruchnahme durch die geschädigten Dritten wegen der Verletzung bauvertraglicher Pflichten, umfasst (s. Ausführungen unter A. 2.).
681.
69Hinsichtlich des weiterverfolgten Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz auch für diejenigen Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A, die auf eine Verletzung der Pflichten der Klägerin als kaufmännische Geschäftsführerin der B gestützt werden, ist die Klage derzeit unbegründet, nachdem die Beklagte nach vorgenommener Erstattung der im Haftpflichtprozess in zwei Instanzen entstandenen Kosten vor Erlass des angefochtenen Urteils in ihrer Berufungserwiderung und Anschlussberufungsbegründung vom 30.05.2016 mit der vom BGH geforderten Eindeutigkeit erklärt hat, dass sie Versicherungsschutz – und zwar in Form von Abwehrschutz – vollumfänglich und uneingeschränkt sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft gewähre (Bl. 212 letzter Absatz und 214 vorletzter Absatz d.A.). Außerdem haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten für diese hierzu insoweit lediglich noch klarstellend in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 16.08.2016 erklärt, dass die Beklagte hinsichtlich des insoweit gewährten Abwehrschutzes auch keine Deckungsbedenken im Hinblick auf Teil II Ziff. 4.5 erhebe, unter Hinweis darauf, dass sie der Klägerin schon früher uneingeschränkten Deckungsschutz gewährt habe und dies auch weiterhin tun werde. Durch die damit erklärte Zusage uneingeschränkten Abwehrschutzes auch für die Inanspruchnahme der Klägerin durch die Fa. Q & A wegen der o.g. Ausgleichsansprüche unter ausdrücklichem Verzicht auf den Einwand des Versicherungsausschlusses nach Teil II Ziff. 4.5 der Versicherungsbedingungen jedenfalls bezogen auf ihre Verpflichtung zur Gewährung von Rechts- bzw. Abwehrschutz hat die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Versicherungsschutz auch insoweit nach § 362 BGB erfüllt. Soweit die Klage infolge dessen derzeit unbegründet ist, hat sich der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache erledigt.
70Soweit der Haftpflichtversicherer den Versicherungsnehmers nach § 100 VVG von berechtigten Ansprüchen Dritter freizustellen und unbegründete Ansprüche abzuwehren hat, steht es in seinem Ermessen, wie er im Einzelfall seine Vertragspflichten erfüllt (BGH, VersR 1981, 180, vgl. Nachweise bei Prölls/Martin/Lücke, VVG 29. Aufl. 2015, § 100 VVG Rn. 2). Der Befreiungsanspruch hat zum Inhalt, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer von dem Anspruch des Dritten befreit, der mit bindender Wirkung für den Versicherer durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist (Prölls/Martin/Lücke, a.a.O. § 100 VVG Rn. 5). Im Rahmen des - hier in Betracht kommenden - Rechtsschutzanspruchs hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer Rechtsschutz gegenüber begründeten und unbegründeten Ansprüchen zu gewähren, wobei eine entsprechende Zusage noch keine Befreiungspflicht begründet (Prölls/Martin/Lücke, a.a.O. § 100 VVG Rn. 9; BGH VersR 2009, 1485). In der Haftpflichtversicherung kann der Versicherungsnehmer grundsätzlich nur auf Feststellung klagen, dass der Versicherer wegen einer im Einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe (Prölls/Martin/Lücke, a.a.O. § 100 VVG Rn. 19; BGH VersR 1984, 252, BGH VersR 1981, 173; OLG Köln VersR 2000, 1140), außer wenn der Anspruch sich in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat (Prölls/Martin/Lücke, a.a.O. § 100 VVG Rn. 9). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall, weil der Deckungsprozess nach erfolgter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits durch Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 30.10.2015, Az. 19 U 20/15, erneut in erster Instanz beim Landgericht Köln, Az. 18 O 16/14, anhängig ist. Dem Haftpflichtversicherer steht es nämlich frei, entweder die gegen seinen Versicherungsnehmer geltend gemachten Haftpflichtansprüche zu erfüllen oder solche abzuwehren (Prölls/Martin/Lücke, a.a.O. § 100 VVG Rn. 19, BGHZ 79, 76/78). Bietet der Haftpflichtversicherer – wie hier die Beklagte - Abwehr für unberechtigt gehaltene Ersatzansprüche an, hat er seine Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag zurzeit erfüllt (Prölls/Martin/Lücke, a.a.O. § 100 VVG Rn. 19; BGH, Urt. v. 04.12.1980, - IVa ZR 32/80 -, BGHZ 79, 76 ff. in juris Rn. 12; OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.06.1992, - 12 U 7/92 -, VersR 1993,1390 in juris).
71Da die anwaltlich vertretene Klägerin trotz Hinweises des Senats bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 aus der Erledigung des Rechtsstreits keine prozessualen Konsequenzen gezogen, d.h. den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt hat, ist ihre Klage insoweit als derzeit unbegründet abzuweisen. Es braucht daher auch nicht geklärt zu werden, ob ihre Klage insoweit ursprünglich zulässig und begründet war und zu welchem Zeitpunkt sie nachträglich unbegründet geworden ist, d.h. wann die Beklagte erstmals mit der vom BGH geforderten hinreichend eindeutigen Erklärung unmissverständlich auch hinsichtlich der Ausgleichsansprüche des Fa. Q & A wegen der Verletzung kaufmännischer Geschäftsführerpflichten der Klägerin uneingeschränkten Versicherungsschutz in Form von Abwehrschutz gewehrt und insoweit ausdrücklich auf den zunächst im Schreiben vom 04.04.2014 (K 9 Anlagenheft) erhobenen Einwand des Versicherungsausschlusses nach Teil II Ziff. 4.5 der Versicherungsbedingungen verzichtet hat.
72Ebenso wenig bedarf es daher im vorliegenden Rechtsstreit einer inzidenten Entscheidung darüber, ob hinsichtlich des begehrten Versicherungsschutzes für die Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A wegen der Verletzung kaufmännischer Geschäftsführerpflichten der Klägerin die Ausschlussklausel gemäß Teil II Ziff. 4.5 der Versicherungsbedingungen eingreift oder nicht. Diese Frage wäre erst im Rahmen eines nachfolgenden Deckungsprozesses zwischen der Klägerin und der Beklagten zu klären, allerdings auch nur dann, wenn in dem derzeit noch anhängigen Haftpflichtprozess vor dem Landgericht Köln, Az. 18 O 16/14, Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A wegen dieser Pflichtverletzungen der Klägerin festgestellt würden und Letztere deswegen rechtskräftig zur Freistellung ihrer B-Partnerin verurteilt werden würde.
73Nach Sinn und Zweck der Haftpflichtversicherung muss der Versicherer seine Verpflichtungen zur Rechts- bzw. Abwehrschutzgewährung in den Fällen, in denen der Dritte seinen Anspruch mit einem Sachverhalt begründet, der in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt, stets zunächst erfüllen, ohne dass es darauf ankommt, ob der behauptete Sachverhalt objektiv vorliegt. Für die Rechtsschutzverpflichtung des Versicherers ist somit ein anderer Maßstab anzulegen als für die Verpflichtung zur Befriedigung des Dritten nach Durchführung des Haftpflichtprozesses, die nur besteht, wenn die Tatsachen objektiv vorliegen (Koch in Bruck/Möller, VVG Band 4, 9. Aufl. 2014, § 100 Rn. 38). Behauptet der Dritte einen Sachverhalt, bei dem ein Ausschlusstatbestand eingreift und/oder eine den Versicherer zur vollständigen Leistungskürzung berechtigende Obliegenheitsverletzung gegeben ist, muss der Versicherer den Rechtsschutzanspruch des Versicherungsnehmers ebenfalls zunächst erfüllen, wenn der Versicherungsnehmer diesen Sachverhalt bestreitet. Stellt sich nach den im Prozess getroffenen Tatsachenfeststellungen heraus, dass der Ausschluss eingreift und/oder eine Obliegenheitsverletzung vorliegt, ist der Versicherer gemäß § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB berechtigt, vom Versicherungsnehmer Ersatz der Kosten zu verlangen (Koch in Bruck/Möller, a.a.O. § 100 Rn. 40). Der Haftpflichtprozess soll dem Versicherer erst die Grundlage für die Prüfung seiner Einstandspflicht im Deckungsverhältnis geben. Deshalb kann die Gewährung von Rechtsschutz für den Haftpflichtprozess weder zu einem Ausschluss von Einwendungen noch zu einem Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Frage der Zahlung an die Geschädigten führen (Koch in Bruck/Möller, a.a.O. § 100 Rn. 40; OLG Stuttgart, Urt. v. 15.07.1999, - 7 U 266/98 -, NVersZ 2000, 95 f. in juris Rn. 27). Die Rechtsschutzverpflichtung des Versicherers besteht selbst in den Fällen, in denen es um einen Ausschlusstatbestand geht, der mangels Voraussetzungsidentität von Haftung und Deckung nicht mit bindender Wirkung für den Versicherer vom Haftpflichtrichter festgestellt werden kann und folglich in einem Deckungsprozess geklärt werden muss, der dem Haftpflichtprozess nachfolgt. In diesen Fällen kann der Versicherer seine Rechte durch einen Rückforderungsvorbehalt wahren, der nicht nur der Annahme eines deklaratorischen Anerkenntnisses der Deckungspflicht, sondern auch dem Eingreifen eines Kondiktionsausschlusses nach § 814 BGB entgegensteht und zudem die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 III BGB) in entsprechender Anwendung des § 820 I S. 1 BGB ausschließt (Koch in Bruck/Möller, a.a.O. § 100 Rn. 41).
74Ob hinsichtlich der Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A wegen der Verletzung kaufmännischer Geschäftsführerpflichten durch die Klägerin ein Versicherungsausschluss gemäß Teil II Ziff. 4.5 eingreift, braucht im vorliegenden Rechtsstreit aber auch deswegen nicht entschieden zu werden, weil der Haftpflichtprozess zwischen der Fa. Q & A und der Klägerin derzeit noch vor dem Landgericht Köln anhängig ist. Infolge dessen steht noch nicht fest, ob diese Ausgleichsansprüche überhaupt zuerkannt werden. Sollte eine mögliche Verurteilung der Klägerin nicht auf diese Ansprüche gestützt oder die Klage insoweit abgewiesen werden, wäre ein etwaiger Versicherungsausschluss nach Teil II Ziff. 4.5 wegen dieser Ansprüche im Rahmen der nach Abschluss des Haftpflichtprozesses eingreifenden Deckungspflicht der Beklagten gar nicht mehr relevant. Für eine vorweggenommene Überprüfung dieser Frage bereits im vorliegenden Rechtsstreit besteht somit keine Notwendigkeit.
75Dass die Klägerin möglicherweise nach rechtskräftigem Abschluss des Haftpflichtprozesses mit der Fa. Q & A im Fall ihrer Verurteilung und der Zuerkennung von Ausgleichsansprüchen ihrer B-Partnerin wegen der Verletzung kaufmännischer Geschäftsführerpflichten zunächst in Vorleistung treten müsste, wenn die Beklagte Deckungsschutz unter Berufung auf Teil II Ziff. 4.5 versagen sollte, folgt aus der rechtlichen Ausgestaltung der Verpflichtungen des Versicherers im Rahmen der Haftpflichtversicherung, namentlich des ihm zustehenden Wahlrechts bei der Erfüllung dieser Pflichten entweder durch Gewährung von Abwehrschutz gegenüber unbegründeten Ansprüchen Dritter oder der Befreiung des Versicherungsnehmers durch Freistellung von den begründeten Ansprüchen geschädigter Dritten.
76Eine Feststellungsklage gerichtet auf Feststellung, dass die Beklagte den begehrten Versicherungsschutz in Form der Befreiung der Klägerin hinsichtlich der von der Fa. Q & A im Haftpflichtprozess zumindest hilfsweise geltend gemachten Ausgleichsansprüche wegen der Verletzung kaufmännischer Geschäftsführerpflichten nicht nach Teil II Ziff. 4.5 der Versicherungsbedingungen versagen darf, hat die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erhoben.
772.
78Aufgrund des von der Klägerin mit der Berufung weiterverfolgten Antrags auf Gewährung von uneingeschränktem Versicherungsschutz geht der Senat davon aus, dass davon auch die im angefochtenen Urteil als unzulässig abgewiesene Klage wegen Versicherungsschutz „im Übrigen“ erfasst ist, also soweit die Beklagte sich vorgerichtlich nicht auf Deckungsbedenken berufen und von vornherein stets Deckungsschutz in Form von Abwehrschutz für Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A wegen der Verletzung bauvertraglicher Pflichten durch die Klägerin gewährt sowie die im Haftpflichtprozess entstandenen Kosten zu 50 % auch erstattet hatte. Dies ergibt sich auch aus dem Einwand der Klägerin in der Berufungsbegründung (dort unter Ziffer 2. Seite 4, 2. Absatz, Bl. 180 d.A.), die Ausführungen des Landgerichts zur fehlenden „weitergehenden Zulässigkeit“ der Klage stünden in Widerspruch zu den nachfolgenden Ausführungen zur Zulässigkeit der Klage hinsichtlich des begehrten Deckungsschutzes für Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A wegen der Verletzung technischer und kaufmännischer Geschäftsführerpflichten der Klägerin.
79Den von der Klägerin aufgezeigten Widerspruch in den Ausführungen des Landgerichts vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Klägerin verkennt, dass das Landgericht die Zulässigkeit der Klage nur insoweit verneint hat, als von dem unbeschränkt gestellten Klageantrag auf Gewährung von Versicherungsschutz auch der von der Beklagten von Anfang an nie bestrittene Abwehrschutz für die Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A wegen der Verletzung bauvertraglicher Pflichten durch die Klägerin umfasst war und die Beklagte bereits 50 % der angefallenen Kosten übernommen hatte. Insoweit fehlte entsprechend den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, weil die Beklagte schon außergerichtlich, noch vor Klageerhebung (15.04.2015) in ihrem Schreiben vom 04.04.2014 (K 9 AH) insoweit jedenfalls eindeutig mitgeteilt hat, dass von den geäußerten Deckungsbedenken hinsichtlich der Freistellungsansprüche der Fa. Q & A wegen der Verletzung von Pflichten der Klägerin als kaufmännische und technische Geschäftsführerin (Teil II Ziff. 4.5 der Versicherungsbedingungen) „die Frage des Versicherungsschutzes im Übrigen unberührt bleibe und dieser insoweit weiterhin nach Maßgabe des im Termin vom 22.11.2013 Besprochenen bedingungsgemäß gewährt werde“. Gemeint war damit der Versicherungsschutz hinsichtlich der Freistellungsklage der Fa. Q & A, soweit diese auf Rückgriffsansprüche wegen Schadensersatzansprüchen Dritter aufgrund bauvertraglicher Pflichtverletzungen der Klägerin gestützt worden waren. Durch die von Anfang an mit hinreichender Deutlichkeit jedenfalls insoweit von der Beklagten anerkannte Verpflichtung zur Gewährung von uneingeschränktem Deckungsschutz in Form von Abwehrschutz hätte die Klägerin ihren Klageantrag auf Gewährung von Deckungsschutz von vornherein auf die Ansprüche beschränken müssen, derentwegen die Beklagte noch nicht eindeutig Deckungsschutz gewährt und Deckungsbedenken erhoben hatte bzw. insoweit als sie grundlos zunächst nur eine quotale Kostenzusage in Höhe von 50 % erklärt hatte.
80B. Anschlussberufung der Beklagten:
81Gegenstand der Anschlussberufung der Beklagten ist der im angefochtenen Urteil zuerkannte Anspruch der Klägerin auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes über eine Quote von 50 % hinaus wegen deren Inanspruchnahme durch die Fa. Q & A im Haftpflichtprozess vor dem Landgericht Köln, Az. 18 O 16/14, und soweit die Klage nicht darauf gestützt wird, dass die Klägerin Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der B verletzt hat, also wegen der Verletzung bauvertraglicher Pflichten sowie ihrer Pflichten als technischer Geschäftsführerin der B.
82Die Anschlussberufung der Beklagten ist begründet, weil sie den Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Versicherungsschutz insoweit dadurch nach § 362 BGB erfüllt hat, dass sie mit ihrer E-Mail vom 15.12.2015 nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 10.12.2015 und noch vor Erlass des angefochtenen Urteils mitgeteilt hat, dass sie nach Aufklärung des Irrtums über eine aus Sicht der Klägerin vermeintlich getroffene Kostenteilungs-Vereinbarung und die deswegen nur vorgenommene hälftige Kostenausgleichung auf Basis ihrer Deckungszusage vorläufig 100 % der bisher berechneten Kosten erstatten wird und diese Erstattung anschließend im Wege der Verrechnung des noch offenen Rechtsanwaltshonorar mit einem ihr unstreitig zustehenden Rückerstattungsanspruch hinsichtlich von ihr gezahlter, aber niedergeschlagener Gerichtskosten auch vorgenommen worden ist. Außerdem hat sie ihre vorgerichtlich zunächst erhobenen Deckungsbedenken hinsichtlich der Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A wegen der Verletzung der technischen Geschäftsführerpflichten der Klägerin im Verlauf der außergerichtlichen Korrespondenz aufgegeben, jedenfalls aber im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr aufrechterhalten. Vorsorgliche Deckungsbedenken wegen fehlenden Versicherungsschutzes nach Teil II Ziff. 4.5 der Versicherungsbedingungen hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit in erster Instanz nur noch hinsichtlich der Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A wegen der Verletzung kaufmännischer Geschäftsführerpflichten der Klägerin aufrechterhalten. Damit hatte die Beklagte zumindest hinsichtlich der Übrigen Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A schon früher, vor Erlass des angefochtenen Urteils uneingeschränkten Versicherungsschutz in Form von Abwehrschutz gewährt, so dass die Klage auf Gewährung von Deckungsschutz insoweit nach den dargestellten Grundsätzen ebenfalls derzeit unbegründet ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter A. 1. verwiesen.
83Da die anwaltlich vertretene Klägerin weder in erster Instanz noch in der Berufungsinstanz trotz des Hinweises des Senats bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 auch aus dieser Erledigung des Rechtsstreits keine prozessualen Konsequenzen gezogen, d.h. auch insoweit ebenfalls keine Erledigungserklärung abgegeben hat, ist ihre Klage als derzeit unbegründet abzuweisen. Es brauchte auch insoweit nicht geklärt zu werden, ob ihre Klage insoweit ursprünglich zulässig und begründet gewesen ist und zu welchem Zeitpunkt sie nachträglich unbegründet geworden ist.
84C. Einseitige Erledigungserklärung der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.08.2016:
85Die von der Klägerin nunmehr nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.08.2016 einseitig erklärte „teilweise Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache hinsichtlich der uneingeschränkten Gewährung von Abwehrschutz seitens der Beklagten“ war nicht mehr zu berücksichtigen. Soweit vorliegend das erledigende Ereignis, nämlich die uneingeschränkte Gewährung von Abwehrschutz durch entsprechende eindeutige Erklärung der Beklagten, vor Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren vom 16.08.2015 eingetreten ist, hätte die Klägerin die einseitige Erledigungserklärung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 abgeben müssen.
86Für die Frage der Zulässigkeit der Erledigungserklärung kann dahinstehen, ob eine Erledigung des Rechtsstreits bereits dadurch eingetreten ist, dass die Beklagte in erster Instanz nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2015, aber noch vor Erlass des angefochtenen Urteils mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 05.01.2016 (Bl. 123 ff. d.A.) unter Vorlage ihrer E-Mail vom 15.12.2015 (Anl. B 6 Bl. 128 f. d.A.) mitgeteilt hat, dass sie auf der Basis ihrer Deckungszusage vorläufig 100 % der bisher berechneten Kosten erstatte, und sie anschließend im Wege einer mit der Klägerin vereinbarten Verrechnung die im Haftpflichtprozess in erster und zweiter Instanz angefallenen Kosten der Klägerin tatsächlich erstattet hat, unter Hinweis darauf, dass sie – die Beklagte – sich für die Leistungsgewährung in Form der Anspruchsabwehr entschieden und der Klägerin ausdrücklich zugesagt habe, Rechtsschutz zu gewähren – ohne jegliche Einschränkung.
87Jedenfalls in der Berufungserwiderung und der Anschlussberufungsbegründung vom 30.05.2016 hat die Beklagte – wie bereits ausgeführt - auf Seite 10 unter cc) letzter Absatz (Bl. 212 unten d.A.) mit der erforderlichen Eindeutigkeit erklärt, dass sie der Klägerin Versicherungsschutz – und zwar in Form von Abwehrschutz – vollumfänglich, also uneingeschränkt, zur Verfügung stelle. Dies hat sie auf Seite 12 ihrer Berufungserwiderung und Anschlussberufungsbegründung unter Ziff. 2. (Bl. 214 d.A.) nochmals unter Bezugnahme auf ihre erstinstanzlichen Schriftsätze vom 05.11.2015 und 05.01.2016 sowie ihre Erklärung, sie habe unmissverständlich dargestellt, dass sie vollumfänglich Abwehrschutz gewähre – für die Zukunft wie für die Vergangenheit -, wiederholt.
88Soweit die Beklagte mit diesen schriftsätzlichen Erklärungen aus Sicht des Senats der Klägerin eindeutig und für diese auch erkennbar uneingeschränkten Versicherungsschutz in Form von Abwehrschutz für sämtliche von der Fa. Q & A im Haftpflichtprozess geltend gemachten Ansprüche gewährt und damit den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes über eine Quote von 50 % hinaus für sämtliche von der Fa. Q & A gegenüber der Klägerin im Haftpflichtprozess vor dem Landgericht Köln, Az. 18 O 16/14, erfüllt hat, hatte sich der vorliegende Rechtsstreit schon vor der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 in der Hauptsache erledigt. Die von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten sodann in der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 abgegebene Erklärung stellte im Hinblick darauf nur eine klarstellende Wiederholung der vorangegangenen schriftsätzlichen Erklärungen der Beklagten zur Gewährung uneingeschränkten Versicherungsschutzes in Form von Abwehrschutz hinsichtlich aller von der Fa. Q & A gegenüber der Klägerin im Haftpflichtprozess geltend gemachten Ansprüche dar.
89Angesichts dessen hätte die Klägerin ihre Erledigungserklärung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 zu Protokoll erklären müssen. Obwohl sie darauf vom Senat im Rahmen der ausführlichen Erörterung ausdrücklich hingewiesen worden ist und sie auch Gelegenheit zur Abgabe einer entsprechenden prozessualen Erklärung erhalten hat, wie sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 16.08.2016 ergibt (Bl. 230 ff. d.A.), hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin keine Erklärung abgeben wollen.
90Ist die Erledigung des Rechtsstreits im Berufungsrechtszug vor Schluss der mündlichen Verhandlung eingetreten, ist die einseitige Erledigungserklärung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der für Sachanträge geltenden Form abzugeben (BGH, Urt. v. 17.04.1984, - IX ZR 153/83 -, NJW 1984, 1901 f. in juris Rn. 8; Zöller/Vollkommer, ZPO 31. Aufl. 2015 § 91 a Rn. 37 m.w.N.). Soweit in Rechtsprechung und Literatur eine schriftsätzliche Erledigungserklärung auch nach Verhandlungsschluss und vor Urteilserlass für möglich gehalten wird, betrifft dies indes nur den - hier nicht vorliegenden - Fall, dass das Erledigungsereignis erst nach Verhandlungsschluss, aber vor Urteilsverkündung oder erst in der mündlichen Verhandlung eingetreten ist und die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklären (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O. § 91 a Rn. 21 a.E. und Rn. 38 a.E., LAG Berlin, Beschluss v. 23.06. 2005, - 6 Sa 224/05 -, MDR 2006, 57 in juris Rn. 6).
91Für den Senat bestand aufgrund der Erledigungserklärung der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.08.2016 auch keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 nach ausführlicher Erörterung darauf hingewiesen worden ist, dass ein erledigendes Ereignis insoweit eingetreten ist, als die Beklagten in der Berufungserwiderung und der Anschlussberufungsbegründung vom 30.05.2016 der Klägerin uneingeschränkten Abwehrschutz für alle von der Fa. Q & A GmbH im Haftpflichtprozess geltend gemachten Ansprüche gewährt hat, sie aber gleichwohl auf Nachfrage des Senats insoweit keine prozessuale Erklärung abgeben wollte.
92D. Hilfsantrag auf Feststellung bestehenden Versicherungsschutzes:
93Dem von der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.08.2016 hilfsweise gestellten, bereits im ursprünglichen Klageantrag enthaltenen Feststellungsantrag, dass ihr der aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag zustehende Versicherungsschutz wegen ihrer Inanspruchnahme durch die Fa. Q & A im Haftpflichtprozess vor dem Landgericht Köln, Az. 18 O 16/14, gemäß Klageschrift vom 04.10.2013 auch insoweit besteht, als letztere ihre Ausgleichsansprüche auf eine Verletzung von Pflichten der Klägerin als technische und kaufmännische Geschäftsführerin stützt, fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
94Der Argumentation der Klägerin, durch die Gewährung von Abwehrschutz sei nur eine teilweise Erledigung des Rechtsstreits eingetreten und es bedürfe im Hinblick auf den von der Beklagten erhobenen Einwand, für einen Freistellungsanspruch wegen der Verletzung technischer und kaufmännischer Geschäftsführerpflichten bestehe aufgrund des insoweit eingreifenden Ausschlusstatbestandes gemäß Teil II Ziff. 4.5 des Versicherungsvertrages nach wie vor der Entscheidung über die hilfsweise erhobene Feststellungsklage, vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr ist durch die Gewährung uneingeschränkten Abwehrschutzes der geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Versicherungsschutz aus der bestehenden Haftpflichtversicherung vollständig erfüllt, die Klage derzeit unbegründet und der vorliegende Rechtsstreit insgesamt erledigt. Die Ansicht der Klägerin wird auch nicht durch die von ihr zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 27.09.2006, - 18 U 17/16 –, (zitiert in juris) gestützt. Eine Übertragbarkeit dieser Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall schon deshalb zweifelhaft, weil dort nicht der Versicherungsnehmer gegen die Haftpflichtversicherung geklagt hat, sondern die Transportversicherung der dortigen Geschädigten im Regresswege. Abgesehen davon führt das OLG Düsseldorf in der zitierten Entscheidung aus, dass für eine Deckungsklage des Versicherungsnehmers im Regelfall kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn der Versicherer – wie hier - bereits Deckungszusage in Form der Abwehr unbegründeter Ansprüche zugesagt habe. Denn solange einerseits noch ungeklärt sei, ob die Haftpflichtansprüche bestünden, und andererseits die Versicherung noch nicht erklärt habe, sie werde für den entstandenen Schaden nicht eintreten, besteht für den Versicherungsnehmer im Regelfall kein Rechtsschutzbedürfnis, die von der Versicherung noch unbeantwortete gelassene Frage vorab gerichtlich klären zu lassen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.2006, - 18 U 17/06 -, in juris Rn. 49). Auch das OLG Frankfurt hat entschieden, dass es im Rahmen der Haftpflichtversicherung im pflichtgemäßen Ermessen des Versicherers liege, darüber zu entscheiden, ob die Ansprüche des Dritten als berechtigt anzuerkennen oder als unberechtigt abzuwehren seien, dass der Versicherer mit der Zusage der Abwehr unbegründeter Ansprüche gegenüber dem Versicherungsnehmer von dem ihm insoweit zustehenden Wahlrecht Gebrauch mache und mit dieser Zusage seine Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag zurzeit erfülle, so dass eine Klage des Versicherungsnehmer gegen den Versicherer auf Feststellung von Ansprüchen Dritter erst dann in Betracht komme, wenn das Bestehen des Haftpflichtanspruchs rechtskräftig festgestellt sei (OLG Frankfurt, Urt. v. 18.12.2002, - 7 U 54/02 -, VersR 2003, 588). Dass sie für die geltend gemachten Ausgleichsansprüche der Fa. Q & A wegen der Verletzung von technischer oder kaufmännischer Geschäftsführerpflichten im Falle ihrer rechtkräftiger Feststellung in dem derzeit noch anhängigen Haftpflichtprozess nicht eintreten werde, hat die Beklagte weder vorgerichtlich noch im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits erklärt. Sie hat lediglich für diesen Fall Deckungsbedenken erhoben und sich den Einwand vorbehalten.
95Die Kostenscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 Abs.1 ZPO.
96Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
97Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung.
98Streitwert für das Berufungsverfahren: 10.800.000,- €
99Von dem vom Landgericht bei der Bemessung des Streitwerts zugrunde gelegten Betrag in Höhe von 13.500.000,- €, der sich aus dem Streitwert des noch laufenden Freistellungsprozesses vor dem LG Köln, Az. 18 O 16/14, in Höhe von 13.000.000,- € und Abwehrkosten (Verfahrenskosten für die Klägerin) von rund 500.000,- € zusammensetzt, ist ein 20 %iger Abschlag vorzunehmen, weil die Klägerin nur eine Feststellungsklage erhoben hat und der Haftpflichtprozess nach Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das OLG Köln derzeit wieder beim LG Köln, Az. 18 O 16/14, anhängig ist. Demgegenüber waren die Kläger bzw. Versicherungsnehmer in den zitierten BGH-Entscheidungen im Streitwertbeschluss des LG (s. Seite 25 des angefochtenen Urteils) bereits im Haftpflichtprozess rechtskräftig zum Schadensersatz verurteilt worden, so dass es im Prozess gegen den Haftpflichtversicherer – anders als hier - um einen bezifferten Zahlungs- bzw. Befreiungsanspruch ging und nicht um die Gewährung von Versicherungsschutz in Form von Abwehrschutz. Der Streitwert des Deckungsprozesses entspricht bei Zahlungs- oder beziffertem Befreiungsanspruch dessen Betrag, sonst gilt § 3 ZPO abzüglich eines „Feststellungsrabatts“ von 20 % (Prölls/Martin/Lücke a.a.O. § 100 VVG Rn. 24 m.w.N.; BGH, Urt. v. 12.07.1974, - IV ZR 106/71 -, VersR 1974, 1222 in juris; OLG Hamm, Urt. vom 25.01.2012, - 20 U 120/11 -, VersR 2012, 985 ff. in juris Rn. 35). Nicht zu folgen vermag der Senat dem Einwand der Beklagten, der Gegenstandswert sei deswegen unzutreffend, weil das Landgericht davon ausgegangen sei, dass sie der Klägerin Deckungsschutz insgesamt versagt habe, was tatsächlich aber nicht der Fall gewesen sei. Maßgeblich bei der Bemessung des Streitwerts ist das Klagebegehren, unabhängig davon, ob es ganz oder teilweise deswegen unbegründet ist, weil bezogen auf den vorliegenden Fall die Beklagte zumindest teilweise Versicherungsschutz in Form von Abwehrschutz bereits außergerichtlich zugesagt hatte und das Landgericht insoweit die Feststellungsklage als unzulässig angesehen hat. Soweit die Klägerin die Ansicht vertreten hat, die Beklagte habe ihr keinen uneingeschränkten Deckungsschutz gewährt, und sie einen dementsprechend umfassenden Feststellungsantrag ohne jegliche Einschränkung gestellt hat, sind die vom Landgericht bei der Streitwertbemessung zugrunde gelegten Beträge auch nicht zu beanstanden.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 27. Sept. 2016 - 9 U 26/16
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Oberlandesgericht Köln Urteil, 27. Sept. 2016 - 9 U 26/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag Nr. ###und dem dazugehörigen Exzedentenvertrag DE 0000021LI03A bedingungsgemäß Versicherungsschutz zu gewähren über eine Quote von 50 % hinaus wegen der Inanspruchnahme der Klägerin durch die Firma V GmbH im Verfahren vor dem Landgericht Köln (18 O 16/14) gemäß Klageschrift vom 04.10.2013, soweit die Klage nicht darauf gestützt wird, die Klägerin habe es als kaufmännische Geschäftsführerin der Y Baugrube Düsseldorf versäumt, die projektbezogene Haftpflichtversicherung bei der T-Versicherung bis zum 31.03.2003 zu verlängern und sie habe zudem Deckungsansprüche gegenüber der T-Versicherung verjähren lassen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Beklagte (bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen) war seit vielen Jahren und so auch 2003 der Betriebshaftpflichtversicherer der Klägerin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen). Das Versicherungsverhältnis endete zum 01.01.2006.
3Die Versicherungsbedingungen entsprechen, soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung, dem Versicherungsschein, den die Klägerin als Anlage K 1 (AH) vorgelegt hat. Zudem bestand eine Exzedentenversicherung zwischen den Parteien nach Maßgabe der Versicherungsbestätigung vom 06.02.2003 (Anlage K 13, Bl. 20 f GA).
4Unter Teil II Ziffer 4 – „Teilnahme an Arbeits- und Liefergemeinschaften“ – heißt es im Versicherungsschein:
5Für Haftpflichtansprüche aus der Teilnahme an Arbeits- und Liefergemeinschaften gelten, unbeschadet der sonstigen Vertragsbedingungen (insbesondere der Deckungssummen), folgende Bestimmungen:
6…
74.4
8Nicht versichert sind Haftpflichtansprüche wegen Schäden an den von den einzelnen Partnern in die Arbeitsgemeinschaft eingebrachten oder von der Arbeitsgemeinschaft beschafften Sachen, gleichgültig, von wem die Schäden verursacht wurden.
94.5
10Ebenso bleiben ausgeschlossen Ansprüche der Partner der Arbeitsgemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Arbeitsgemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt.
11Am 17.09.2002 hatte die Klägerin mit der Fa. V GmbH (im Folgenden: Fa. V) einen Vertrag über eine Dach-Arbeitsgemeinschaft geschlossen (Anlage K 2, AH). Zweck der Dacharbeitsgemeinschaft mit der Bezeichnung „Y Baugrube Düsseldorf“ (im Folgenden: Y) war die gemeinsame Durchführung von Spezialtiefbau- und Abbrucharbeiten im Rahmen eines Bauvorhabens des Hotels G in Düsseldorf (Bauprojekt „G KÖ Düsseldorf“). Die Klägerin war an der Y mehrheitlich beteiligt. Zudem war sie laut Vertrag technische und kaufmännische Geschäftsführerin.
12Die Y schloss am 23.08./26.08.2002 einen entsprechenden Werkvertrag mit der A Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH (Anlage K 7 (doppelt vergeben), AH). In § 11 war u.a. geregelt, dass die Y eine objektbezogene Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von 50.000.000,- € abzuschließen und der Auftraggeberin nachzuweisen hatte.
13Die Y schloss wiederum einen Nachunternehmervertrag betr. die Arbeiten, die innerhalb der Y der Klägerin zugewiesen waren, mit der Y Spezialtiefbau -Düsseldorf, an der die Klägerin zu 60 % und die Fa. D Spezialtiefbau GmbH mit 40 % beteiligt waren.
14Die V hatte ihrerseits einen Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag abgeschlossen, und zwar bei der T-Versicherung AG (im Folgenden: T-Versicherung). Mit Nachtrag vom 06.09.2002 (Anlage K 10, AH) erstellte die T-Versicherung einen als ergänzenden Bestandteil des Versicherungsscheines geltenden Nachtrag vom 06.09.2010, der die Y als Versicherungsnehmerin aufwies. In dem Nachtrag (es gibt allerdings auch weitere, das vorliegende Projekt betreffende Nachträge, s. Bl. 3 f des Urteils des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010, Anlage B 1, Bl. 36 f der Akte 24 O 72/15) ist u.a. eine die Herstellung der Baugrube Düsseldorf betreffende Höherdeckung geregelt.
15Am 29.04.2003 kam es auf der Baustelle zu einem Umsturz zweier Turmkräne. Zwei Bauarbeiter kamen ums Leben. Es entstanden zudem Sach- und Vermögensschäden in Millionenhöhe.
16Aus diesem Unglücksfall erwuchsen mehrere Schadensersatzklagen, die gegen die Y, die Klägerin und die Fa. V sowie weitere am Bau Beteiligten geführt wurden und werden.
17Die Y nahm die T-Versicherung auf Feststellung in Anspruch, dass
18diese als Objekthaftpflichtversicherer für die Tätigkeit der Y an dem Bauvorhaben Baugrube Düsseldorf hinsichtlich des Schadensfalls vom 29.04.2003 verpflichtet sei. Die Klage wurde mit rechtskräftigem Berufungsurteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010 (Anlage B 1, Bl. 34 ff der Akte 24 O 72/15) abgewiesen. Hierbei wurde offen gelassen, ob eine zeitliche Befristung des Deckungsschutzes auf einen Zeitpunkt vor dem Unglücksfall gegeben sei. Jedenfalls seien Deckungsansprüche im Hinblick auf die bereits 2003 erfolgte Deckungsablehnung der T-Versicherung verjährt.
19Mit Klageschrift vom 04.10.2013 (Anlage K 3, AH) in dem Verfahren 18 O 16/14 LG Köln nahm die Fa. V die Klägerin mit den Anträgen in Anspruch, sie mit einer Quote von 68 % von Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 auf dem Grundstück Königsallee 59 in Düsseldorf beruhen. Die Fa. V vertritt die Auffassung, die alleinige Verantwortung für den Unfall trage die Klägerin. Sie ist zudem der Ansicht, die Klägerin habe sie deshalb von allen gegen die Fa. V geltend gemachten Schadensersatzansprüchen Dritter freizustellen, weil die Klägerin sich der Fa. V GmbH gegenüber aus dem Dach-Y-Vertrag schadenersatzpflichtig gemacht habe, denn sie habe der Fa. V gegenüber gegen ihre Pflichten als technischer und kaufmännischer Geschäftsführer der Y verstoßen. Als technischer Geschäftsführer habe die Klägerin versagt, denn sie habe bezogen auf den Unfall weder eine technische und terminlich sachgerechte Koordinierung der Gesamtbaustelle vorgenommen noch eine ordnungsgemäße Überwachung der Bauarbeiten und Überprüfung der Einhaltung aller sicherheitsrelevanten Vorschriften und Gesetze vorgenommen (§ 7.1 S. 2, S. 3, § 7.41 des Dach-Y-Vertrages). Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 23 ff der Klageschrift Bezug genommen. Als kaufmännischer Geschäftsführer habe sie gegen ihre Pflicht zur verantwortlichen Überwachung aller kaufmännischen Arbeiten der Dach-Y und die Mitwirkung beim Abschluss von Verträgen der Dach-Y verstoßen (§ 8.41 sowie § 8.45 des Dach-Y-Vertrages; Bl. 25 f der Klageschrift). Denn die Klägerin habe es zu verantworten, dass die projektbezogene Haftpflichtversicherung für Sach- und Vermögensschäden mit einer Deckungssumme von 50.000.000,- € dem Wortlaut des Versicherungsscheines nach nur befristet bis zum 31.03.2003 abgeschlossen worden sei, ohne sodann für eine Verlängerung über den 31.03.2003 hinaus oder zumindest eine verbindliche Klarstellung, dass die Befristung nicht gelte, Sorge zu tragen. Ferner habe die Klägerin es zu vertreten, dass die Geltendmachung der Deckungsansprüche der Y gegen die T-Versicherung verjährt sei.
20Mit Urteil vom 12.01.2015 erkannte das Landgericht Köln - 18 O 16/14 – (Anlage K 4, AH), dass die hiesige Klägerin die Fa. V im Umfang von 68 % von den im Tenor näher bezeichneten Ansprüchen Dritter freizustellen habe. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen. Die Kammer kam zu dem Ergebnis, dass die Fa. V gegen die hiesige Klägerin einen entsprechenden Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB habe im Hinblick auf den jeweiligen Verantwortungsbeitrag der dortigen Parteien an der Unfallverursachung. Ein über eine Quote von 68 % hinausgehender Freistellungsanspruch könne nicht aus der angeblichen Verletzung der Pflichten der hiesigen Klägerin als technischer und kaufmännischer Geschäftsführer hergeleitet werden (Bl. 16 ff des Urteils). In dem Urteil wurde der Streitwert auf 13.000.000,- € festgesetzt.
21Gegen dieses Urteil wurde durch beide Parteien des dortigen Rechtsstreits Berufung eingelegt, die unter dem Aktenzeichen 19 U 20/15 OLG Köln anhängig ist.
22Die Klägerin unterrichtete die Beklagte umgehend nach Zustellung der Klageschrift vom 04.10.2013 über die Inanspruchnahme durch die Fa. V.
23Am 22.11.2013 fand ein Besprechungstermin der Parteien statt. Die Beklagte erklärte u.a., dass sie vorläufig Deckungsschutz gewähren werde. Die Deckungspflicht der Beklagten wurde nicht mit der Erwägung in Frage gestellt, dass ggf. auch der nicht gedeckte sog. Erfüllungsbereich betroffen sei.
24In Abstimmung mit der Beklagten mandatierte die Klägerin Herrn Rechtsanwalt Dr. C1 aus der Kanzlei P. Q. Rechtsanwälte in Düsseldorf.
25Mit E-Mail vom 21.03.2014 (Anlage K 6, AH) nahm die Beklagte zum Entwurf der Klageerwiderung Stellung. Abschließend hieß es:
26Aus Gründen äußerster Vorsorge weisen wir darauf hin, dass mit dieser Stellungnahme keine Aussage zum Versicherungsschutz im Rahmen des hier bestehenden Versicherungsvertrages verbunden ist.
27Mit E-Mail vom selben Tag (Anlage K 7, AH) wandte die Beklagte sich an die Klägerin und führte aus:
28Aus Gründen äußerster Vorsorge möchten wir auf Deckungsbedenken aufmerksam machen, die sich im Zusammenhang mit der zwischenzeitlich von der V GmbH gegen die W SE erhobenen Freistellungsklage – LG Köln 18 O 16/14 – ergeben. Nach Teil II Ziffer 4.5 der zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen „Ansprüche der Partner der Arbeitsgemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Arbeitsgemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt“. Sollte sich daher nach Abschluss des Verfahrens herausstellen, dass etwaige Ansprüche der V GmbH tatsächlich bestehen und diesem Bereich zuzuordnen wären, bestünde insoweit kein Versicherungsschutz.
29Eine weitergehende Aussage zur Haftung und/oder Deckung ist mit dieser Mitteilung nicht verbunden.
30Mit Schreiben vom 24.03.2014 wandte sich die W GmbH namens der Klägerin daraufhin an die Beklagte (Anlage K 8, AH). In dem Schreiben heißt es:
31Wir nehmen Bezug auf Ihre nochmals beigefügte Nachricht vom 21.03.2014.
32Der Versicherungsschutz umfasst sowohl die Abwehr unberechtigter, als auch die Befriedigung berechtigter Ansprüche, so dass der Versicherungsschutz nicht davon abhängen kann, ob die Ansprüche des Klägers P&Z tatsächlich bestehen.
33Es handelt sich vorliegend nicht um Ansprüche, die originär in Person der Arbeitsgemeinschaft oder ihrer Partner entstanden sind, sondern Rückgriffsansprüche wegen Schadensersatzansprüchen Dritter.
34Klauseln, die den Versicherungsschutz beschränken, sind nicht weiter auszulegen, als ihr erkennbarer Zweck es erfordert. Sinn und Zweck der von Ihnen genannten Klausel ist es, Ansprüche, bei denen eine besondere Gefahr kollusiven Verhaltens zu Lasten des Versicherers besteht, vom Versicherungsschutz auszunehmen. Bei Schadensersatzansprüchen Dritter, die im Regresswege geltend gemacht werden, besteht eine solche Gefahr mangels Einflussmöglichkeit jedoch nicht.
35Die Klausel greift daher nur für Ansprüche ein, die unmittelbar in der Person der Arbeitsgemeinschaft oder ihrer Partner entstanden sind Schmalzl/Krause-Allenstein Rh 541, Garbes (R Versicherung AG) Rn 69; Veith/Gräfe/Bock-Wehr § 13 Rn 130; Prölss/Martin BBR Arch A. Nr. 3 Rn 4.
36Ungeachtet dessen hatten Sie in der Besprechung vom 22.11.2013 den Versicherungsschutz für die Freistellungsklage von P & Z nur unter den Vorbehalt des Eingreifens des Erfüllungsschadensausschlusses und dementsprechend eine vorläufige Kostenübernahme von 50 % zugesagt.
37Letztlich steht die Inanspruchnahme des versicherungsvertraglichen Weisungsrechts durch Einflussnahme auf den Inhalt der Klageerwiderung und damit den Ausgang des Verfahrens in eklatantem Widerspruch dazu, keinen Versicherungsschutz gewähren zu wollen.
38Der Sachverhalt ist nach über 10 Jahren aufgeklärt. Der Prozess kann keine neuen, für den Versicherungsschutz relevanten Tatsachen mehr zu Tage bringen. Sie haben sich daher unmissverständlich darüber zu erklären, ob sie bedingungsgemäßen Versicherungsschutz gewähren BGH VersR 2007, 1116.
39Wir setzen Ihnen hierzu namens Versicherungsnehmers eine Frist bis zum 07.04.2014.
40In einer Mail der Beklagten vom 31.03.2014 an ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 05.11.2015, AH) heißt es unter Bezugnahme auf das o.g. Schreiben der Klägerin vom 24.03.2014:
41Anbei die prompte Reaktion von W auf unsere E-Mail vom 21.03.2014.
42Können wir uns in den nächsten Tagen über eine Beantwortung abstimmen? Mir war im Übrigen nicht mehr erinnerlich und ich habe mir auch nicht notiert, dass wir für die Kosten der Freistellungsklage schon eine Absprache getroffen hatten. Aber mit vorläufig 50 % können wir m.E. gut leben.
43Unter dem 04.04.2014 antwortete die Beklagte der Klägerin wie folgt (Anlage K 9, AH):
44Wir beziehen uns auf Ihre Stellungnahme vom 24.03.2014 zu unserer Nachricht vom 21.03.2012, deren Inhalt Sie offensichtlich missverstanden haben.
45Wie auch von RA Dr. C1 in seiner Stellungnahme vom 20.03.2014 ausdrücklich ausgeführt wurde, macht P&Z nicht nur Rückgriffsansprüche wegen Schadensersatzansprüchen Dritter geltend, sondern wirft der Versicherungsnehmerin bekanntlich auf S. 25 f der Klageschrift auch vor, dass Sie gegen Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-Y verstoßen haben sollen, indem Sie die „vereinbarte objektbezogene Haftpflichtversicherung für Sach- und Vermögensschäden mit einer Deckungssumme in Höhe von EUR 50.000.000,00 (…) nicht für die Dauer der Bauzeit, sondern nur befristet bis zum 31.03.2003 für die Dach-Y in ihre Obhut genommen“ habe. Vor diesem Hintergrund erklären sich unsere mit Nachricht vom 21.03.2014 rein vorsorglich mitgeteilten Deckungsbedenken. Denn hierbei würde es sich – den diesbezüglichen Vortrag von P&Z einmal in deren Sinne als zutreffend unterstellt – nicht um einen Rückgriffsanspruch wegen Schadensersatzansprüchen Dritter handeln, sondern um einen unmittelbar in Person von P&Z als Gesellschafterin der Y entstandenen originären Anspruch, welcher – worauf auch Sie in Ihrer Stellungnahme vom 24.03.2014 im Ergebnis zu Recht eingehen – vom Versicherungsschutz ausgenommen wäre. Für derartige Ansprüche kommt richtigerweise aber auch von vornherein keine Abwehrdeckung in Betracht, da Abwehrdeckung voraussetzen würde, dass der jeweilige Anspruch – seine Begründetheit einmal unterstellt – überhaupt geeignet wäre, Gegenstand des Versicherungsschutzes zu sein. Dies ist bei Ansprüchen, die dem Ausschluss nach Teil II Ziffer 4.5 der Police zuzuordnen sind und damit von vornherein dem Versicherungsschutz entzogen sind, nicht der Fall.
46Hiervon unberührt bleibt natürlich die Frage des Versicherungsschutzes im Übrigen, welchen wir selbstverständlich auch weiterhin nach Maßgabe des im Termin vom 22.11.2013 Besprochenen bedingungsgemäß gewähren.
47In der E-Mail vom 07.04.2014 (Anlage K 10, AH) führte die W GmbH aus:
48Bei den behaupteten Ansprüchen wegen Verletzung der kaufmännischen Geschäftsführerpflichten handelt es sich ebenso, wie bei den anderen Ansprüchen, um Regressansprüche wegen Schäden Dritter, lediglich die Anspruchsgrundlage ist eine andere.
49Falls wir bis zum 21.04.2014 von Ihnen keine anderweitige Nachricht erhalten, gehen wir davon aus, dass Sie bei Ihrer Rechtsauffassung verbleiben, wonach vorliegend etwaige Ansprüche wegen Verletzung der Pflichten als kaufmännischer Geschäftsführer nicht vom Versicherungsschutz umfasst seien.
50Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils wandte sich die W GmbH mit E-Mail vom 29.01.2015 (Anlage K 11, AH) an die Beklagte:
51Anbei erhalten Sie die Einschätzung von Dr. C1 zu dem Urteil in der Freistellungsklage von P+Z.
52Der Versicherungsnehmer schließt sich der Beurteilung von Dr. C1 an und bittet insofern um Weisung, ob gegen das Urteil Berufung eingelegt werden soll.
53Das Gericht hat eine Verletzung der Pflichten aus der kaufmännischen Geschäftsführung seitens des Versicherungsnehmers eindeutig verneint.
54Wir gehen daher davon aus, dass Sie Ihre mit Schreiben vom 04.04.2014 geäußerten Bedenken zum Versicherungsschutz nicht weiter aufrecht erhalten und bitten bis spätestens 05.02.2015 um vorbehaltlose Bestätigung des Versicherungsschutz für die mit der Freistellungsklage geltend gemachten Ansprüche und Übernahme der Kosten für das bisherige Verfahren vor dem Landgericht Köln und das folgende Berufungsverfahren.
55Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 06.02.2015 (Anlage K 12, AH):
56Vielen Dank für Ihre Nachricht vom 29.01.2015. Der Empfehlung von Dr. C1 folgend sollte hier fristwahrend Berufung eingelegt werden.
57Unsere mitgeteilten Deckungsbedenken wegen Teil II Ziffer 4.5 müssen wir im Ergebnis aufrechterhalten. Auf S. 12 stellt das Gericht fest: „(…) Die unzureichende bodenmechanische Fachbauleitung und Kommunikation muss sich wiederum die Beklagte zurechnen lassen. Die Beklagte hatte die technische Geschäftsführung übernommen, wozu auch die „verantwortliche Überwachung der Bauarbeiten“ (§ 7, 7.41 Anklagenheft I, Bl. 8) gehörte. Denn jedenfalls begründete dies die Pflicht zur Überwachung gegenüber der Klägerin und damit ein Recht der Klägerin, überwacht zu werden. Die Klägerin durfte danach zulässigerweise von einer eigenen Überwachung absehen. Entsprechend diesen Grundsätzen bestehen wechselseitige Ausgleichspflichten (…)“. Das Gericht nimmt also eine Pflichtverletzung gegenüber P+Z an, welche das Recht gehabt habe, von W überwacht zu werden. Nach Teil II Ziffer 4.5 der zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen sind vom Versicherungsschutz aber ausgeschlossen „Ansprüche der Partner der Arbeitsgemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Arbeitsgemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt.“ Soweit sich also die vom Gericht ermittelte Quote (auch) auf diese vermeintliche Pflichtverletzung im Innenverhältnis der Y- Gesellschafter stützt, bestünde hierfür kein Versicherungsschutz. Sie werden daher sicherlich verstehen, dass wir unsere mitgeteilten Deckungsbedenken wegen Teil II Ziffer 4.5 einstweilen aufrecht erhalten müssen, zumal die erstinstanzliche Entscheidung im Hinblick auf die behaupteten Pflichtverletzungen auch noch keineswegs rechtskräftig ist. Hiervon unberührt bleibt natürlich die Frage des Versicherungsschutzes im Übrigen, welchen wir selbstverständlich auch weiterhin nach Maßgabe des im Termin vom 22.11.2013 Besprochenen bedingungsgemäß gewähren.
58Mit E-Mail vom 28.04.2015 (Anlage B 2, Bl. 45 GA), die der Klägerin zwischen Anhängig und Rechtshängigkeit zuging, führte die Beklagte aus:
591.
60Zur Frage des Versicherungsschutzes der W SE hatten wir uns bereits wiederholt erklärt. Wir erinnern insoweit nur an die Inhalte im Termin vom 22.11.2013 und verweisen lediglich beispielhaft noch einmal auf unser Schreiben vom 06.02.2015. Für die W SE besteht insoweit selbstverständlich und weiterhin – bedingungsgemäßer – Versicherungsschutz. Für die Abgabe weitergehender Erklärungen sehen wir weder Anlass noch Notwendigkeit, noch einen rechtlichen Anspruch oder auch nur ein Rechtsschutzbedürfnis.
612.
62Auch zur Freistellungsklage hatten wir uns – in diesem Zusammenhang – wiederholt geäußert. Dem Versicherungsschutz können allein Rückgriffsansprüche wegen Schadensersatzansprüchen Dritter unterfallen, nicht aber auch originäre Ansprüche im Innenverhältnis der Gesellschafter. Dies ist im Vertrag geregelt und im Übrigen auch losgelöst von der Frage zu betrachten, welcher Gesellschafter zunächst in Anspruch genommen worden ist. Ob und inwieweit aber derartige originären Ansprüche der Gesellschafter tatsächlich anzunehmen sind oder nicht, bleibt letztlich der gerichtlichen Klärung im Freistellungsprozess vorbehalten. Insoweit würde es nach unserem Dafürhalten Sinn machen, den Dialog zu dieser Thematik jedenfalls einstweilen zurückzustellen und zunächst einmal den weiteren Gang des Berufungsverfahrens abzuwarten.
633.
64Wir vermögen auch nicht zu erkennen, warum die Notwendigkeit bestehen sollte, weitere Klagen vorzubereiten oder gar einzureichen.
65Die Beklagte übernahm die Kosten der Rechtsverteidigung bislang mit einer Quote von 50 %.
66Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Sie habe ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Umfangs der Deckungspflicht der Beklagten. Zum Einen habe diese bereits im Termin vom 22.11.2013 nur erklärt, sich vorläufig mit einer Quote von 50 % an den Abwehrkosten zu beteiligen. Auf das seitens der Klägerin selbst erstellte Protokoll der Besprechung vom 22.11.2013 wird Bezug genommen, Anlage K 15, Bl. 57 GA. Zum anderen mache sie unberechtigt einen angeblichen Deckungsausschluss aus Teil II Ziffer. 4.2 des Versicherungsvertrages geltend.
67Die Klägerin ist der Auffassung, der vorgenannte Deckungsausschluss greife schon deshalb nicht, weil letztlich alles, was die Fa. V zur Begründung ihres angeblich gegenüber der Klägerin bestehenden Freistellungsanspruchs geltend macht, im Rahmen des Rückgriffs bzgl. der von den Geschädigten geltend gemachten Schadensersatzansprüche erfolge. Es sei jedoch anerkannt, dass die Deckungsausschlussklausel nicht bei Ausgleichsansprüchen eines Mitglieds einer Arbeitsgemeinschaft gegen ein anderes Mitglied der Arbeitsgemeinschaft bei nach außen bestehender gesamtschuldnerischer Haftung im Hinblick auf das Innenverhältnis greife. Dem Deckungsausschluss könnten nur Ansprüche unterfallen, mit denen ein Mitglied einer Arbeitsgemeinschaft ein anderes Mitglied der Arbeitsgemeinschaft wegen Schäden in Anspruch nehme, die dieses unmittelbar erlitten habe. Hierum gehe es vorliegend jedoch nicht.
68Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die angebliche Verletzung von Pflichten als kaufmännischer Geschäftsführer ersichtlich nicht vorliege, wie das Landgericht im Urteil vom 12.01.2015 zutreffend festgestellt habe. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Beurteilung der deckungsrechtlichen Fragen seien geklärt und weitere Erkenntnisse im Verfahren der Fa. V gegen die Klägerin ohnehin nicht zu erwarten, zumal die Frage einer Verletzung kaufmännischer Pflichten dort auch nicht entscheidungserheblich sei.
69Es sei anerkannt, dass dem Versicherungsnehmer ein Anspruch darauf zustehe, dass der Haftpflichtversicherer sich alsbald verbindlich zu der erbetenen Deckungsbestätigung erkläre.
70Soweit die Beklagte meine, eine entsprechende Festlegung sei ungeachtet der Frage des Eingreifens der vorgenannten Deckungsausschlussklausel erfolgt, so könne dies schon deshalb nicht nachvollzogen werden, weil die Beklagte bislang nur 50 % der Abwehrkosten übernommen habe. Im Streit sei daher vollumfänglich der Abwehrschutz wie auch der Befreiungsanspruch.
71Die Klägerin beantragt,
72die Beklagte zu verurteilen, ihr aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag Nr. ###und dem dazugehörigen Exzedentenvertrag ###Versicherungsschutz zu gewähren wegen der Inanspruchnahme der Klägerin durch die Firma V GmbH im Verfahren vor dem Landgericht Köln (18 O 16/14) gemäß Klageschrift vom 04.10.2013.
73Die Beklagte beantragt,
74die Klage abzuweisen.
75Die Beklagte hält ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO für nicht gegeben, da aus ihrer Sicht zwischen den Parteien die Verpflichtung der Beklagten bereits vor Klageerhebung unstreitig gewesen sei, der Klägerin bedingungsgemäßen Versicherungsschutz in dem Verfahren 18 O 16/14 LG Köln u gewähren.
76Der Hinweis auf mögliche Bedenken wegen des Eingreifens von Teil II Ziffer 2.4 des Versicherungsvertrages führe zu keinem anderen Ergebnis, denn wenn der Versicherungsnehmer nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits keinen Anspruch darauf habe, dass der Versicherer ihm gegenüber eine vorbehaltlose Deckungsbestätigung erkläre, dann um so weniger, wenn es sich – wie vorliegend – nur um einen bloßen Hinweis auf Deckungsbedenken handele.
77Die Klage sei auch unbegründet.
78Im Besprechungstermin vom 22.11.2013 habe die Beklagte – so der Vortrag in der Klageerwiderung - der Klägerin ausdrücklich bedingungsgemäßen Versicherungsschutz für die Klageverteidigung bestätigt. Im Schriftsatz der Beklagten vom 12.10.2015 heißt es hierzu, es sei verdeutlicht worden, dass das im Termin vom 22.11.2013 Besprochene lediglich vorläufigen Charakter habe und unter dem Vorbehalt einer abschließenden Beurteilung – insbesondere in deckungsrechtlicher Hinsicht – stehe.
79Vorgerichtlich habe die Beklagte sich auch nicht auf einen Deckungsausschluss berufen, sondern nur höchst vorsorglich auf mögliche Deckungsbedenken hingewiesen, die sich aus Teil II Ziffer 4.2 der Versicherungsbedingungen ergeben können, falls nämlich ein potentieller Deckungsausschluss sich im Laufe der Zeit als einschlägig herausstellen sollte. Hierin liege keine teilweise Deckungsversagung, sondern lediglich ein Hinweis auf theoretisch mögliche Deckungsbedenken. Die Mitteilung der Deckungsbedenken habe dem Schutz der Klägerin gedient, damit diese sich frühzeitig darauf einstellen könne, dass ggf. nicht unbeschränkt Deckung bestehe.
80Dieser vorsorglich erteilte Hinweis sei auch nach wie vor zutreffend:
81Soweit die Fa. V ihren angeblichen Freistellungsanspruch darauf gestützt habe, dass sich in dem Kranunfall ein Risiko realisiert habe, das ausschließlich aus dem Leistungs- und Lieferumfang der Y Spezialtiefbau stamme, wie auf Bl. 17 der Klageschrift ausgeführt, und damit einen Gesamtschuldnerausgleich verlange, bestehe ohne Weiteres Deckungsschutz, weshalb die Beklagte auch bedingungsgemäßen Versicherungsschutz uneingeschränkt bestätigt habe.
82Etwas anderes gelte allerdings, soweit die Fa. V ihre Klage auch darauf stütze, dass die Klägerin angeblich in Bezug auf die abzuschließende projektbezogene Haftpflichtversicherung gegen ihre Verpflichtungen als kaufmännische Geschäftsführerin verstoßen habe. Hierbei handele es sich um eine unmittelbar der Fa. V gegenüber verübte angebliche Pflichtverletzung der Klägerin.
83Der Umstand, dass bislang nur 50 % der Abwehrkosten getragen worden seien, beruhe nur darauf, dass die Klägerin ausweislich ihres Schreibens vom 24.03.2014 ja auch nur 50 % geltend gemacht hat. Wenn die Klägerin sich zeitweise in einem Irrtum über das Ergebnis der Besprechung vom 22.11.2013, das im Vermerk der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 28.11.2013 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 05.11.2015, AH) zutreffend wiedergegeben werde, befunden und deshalb nur 50 % der Kosten der Rechtsverteidigung geltend gemacht habe, so sei dies das eigene Versehen der Klägerin, aus dem sie nichts zugunsten der Beklagten herleiten könne. Die grundsätzliche Deckungszusage der Beklagten werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie nur 50 % der Kosten der Rechtsverteidigung getragen habe. Soweit der Klägerin ein weitergehender Freistellungsanspruch bzgl. der Kosten der Rechtsverteidigung zustehe, sei es ihr unbenommen, diesen gegenüber der Beklagten geltend zu machen; dies sei jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Klage.
84Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
85Entscheidungsgründe:
86Die Klage ist zulässig, soweit die Klägerin inzidenter die Klärung anstrebt, dass die Beklagte auch insoweit zur Gewährung von Deckungsschutz verpflichtet ist, als die Fa. V die Verletzung von Pflichten der Klägerin als kaufmännische und technische Geschäftsführerin der Y anstrebt. Die Klage ist ferner zulässig, soweit die Klägerin inzidenter ebenfalls die Klärung anstrebt, dass die Beklagte jedenfalls mit einer 50 % übersteigenden Quote zur Deckung verpflichtet ist, soweit es um die Behauptung der Fa. V geht, die unmittelbare Verursachung des Unfalles liege allein im Verantwortungsbereich der Klägerin.
87Eine weitergehende Zulässigkeit ist jedoch nicht gegeben.
88Vorgerichtlich hat sich zwischen den Parteien ausweislich des gewechselten Schrift- und E-Mail-Verkehrs geklärt, dass die Deckungsbedenken der Beklagten sich auf die Frage beschränken, ob Deckungsschutz auch dann zu gewähren ist, soweit die Fa. V sich auf die angebliche Verletzung der Pflichten der Klägerin als technische und kaufmännische Geschäftsführerin der Y stützt. Weitere konkrete Deckungsvorbehalte hat die Beklagte zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht geltend gemacht. Soweit weiter (sinngemäß) von der Vorläufigkeit der Deckungszusage, bedingungsgemäß Deckungsschutz zu gewähren, die Rede war, bezog die Vorläufigkeit sich ersichtlich nur auf die vorliegend näher beschriebene Frage. Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte die Klägerin lediglich mit einer Quote von 50 % von den Kosten der Rechtsverteidigung freigestellt hat. Denn hiermit hat sie nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie weitergehende Deckungsbedenken oder – vorbehalte geltend macht. Unstreitig ist, dass die Beklagte sich entgegen der früheren Annahme der Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht auf einen nicht gedeckten Erfüllungsbereich berufen hat. Soweit demnach die Deckungspflicht der Beklagten von dieser zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht in Zweifel gezogen worden war, steht der Klägerin auch kein Rechtsschutzbedürfnis zu, die Deckungspflicht der Beklagten insgesamt im Rahmen der Klage auf Deckungsgewährung prüfen zu lassen.
89Die Klage ist zulässig, soweit es um die Gewährung von Deckungsschutz über 50 % hinaus geht. Zu Unrecht beruft die Beklagte sich darauf, die Klägerin habe im Schreiben vom 24.03.2014 ja auch nur die Übernahme von 50 % der Kosten verlangt. Dies kann dem vorgenannten Schreiben aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers nicht ansatzweise entnommen werden. Die Klägerin hat deutlich gemacht, die Beklagte sei uneingeschränkt zur Übernahme der Kosten des Abwehrschutzes verpflichtet, solle aber zumindest die zugesagten 50 % übernehmen. Dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt – wie nunmehr unstreitig – irrtümlich von einer Zusage mit einer Quote von nur 50 % ausgegangen ist, weil sie das Ergebnis der Besprechung vom 22.11.2013 fälschlich dahingehend aufgefasst hat, die Beklagte nehme auch im Verfahren der Fa. V gegen die Klägerin einen nicht gedeckten Erfüllungsbereich im Sinne des § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB an, ändert nichts daran, dass die Klägerin eine vollständige Übernahme der Kosten der Rechtsverteidigung verlangt hat. Die Klägerin musste deshalb in Ansehung der fructibus-cognuscuntur-Regel davon ausgehen, dass die Beklagte jedenfalls in Höhe von 50 % ihre Deckungspflicht – und zwar auch bezüglich des Abwehrschutzes – als nicht gegeben angesehen hat, zumal auch nach Aufdeckung des ursprünglichen Irrtums der Klägerin, die Beklagte habe in dem Besprechungstermin vom 22.11.2013 nur Deckungsschutz in Höhe von 50 % im Hinblick auf den nicht gedeckten Erfüllungsbereich in Aussicht gestellt, keine weitergehenden Leistungen der Beklagten im Rahmen des gebotenen Abwehrschutzes erfolgt sind. Aus dem Schreiben der Klägerin vom 13.03.2015 (Anlage B5,Bl.127ffA) kann die Beklagte nichts zu ihren Gunsten herleiten, da auch in diesem Schreiben nur die Folgen des klägerseits aufgetretenen Irrtums perpetuiert worden sind.
90Die Klage ist auch zulässig, soweit es inzidenter um die Klärung geht, inwieweit die Beklagte auch zur Gewährung von Deckungsschutz im Hinblick auf die Vorwürfe der Fa. V gegenüber der Klägerin bzgl. der angeblichen Verletzung ihrer Pflichten als technische und kaufmännische Geschäftsführerin der Y verpflichtet ist. Im vorweggenommen Deckungsprozess hat der Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsvertrag heraus ein anerkanntes Interesse, den Umfang des Deckungsschutzes durch das Gericht klären zu lassen (vgl. Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 100 Rz 143 ff).
91Soweit die Beklagte meint, sie habe sich auf den vorgenannten Deckungsausschluss nicht berufen, sondern insoweit nur auf theoretisch mögliche Bedenken hingewiesen, lässt sich dies mit dem vorgerichtlichen Schriftverkehr (worunter auch der E-Mail-Verkehr zu verstehen ist) nicht in Übereinstimmung bringen. Die Beklagte hat unmissverständlich klar gemacht, dass sie eine Deckungspflicht für nicht gegeben hält, soweit die Fa. V sich der Klägerin gegenüber auf eine Verletzung ihrer gegenüber der Y und damit auch gegenüber dem Mitgesellschafter V GmbH bestehenden Pflichten als technischer und kaufmännischer Geschäftsführer zur Begründung ihres Freistellunganspruchs beruft. Soweit die Beklagte vorträgt, im Termin vom 22.11.2013 sei doch der bedingungsgemäße Deckungsschutz bestätigt worden, ist das in diesem Zusammenhang nichtssagend, weil im Termin vom 22.11.2013 gerade nicht erklärt worden ist, die Beklagte werde auch Deckungsschutz gewähren, wenn sich herausstellen sollte, dass die Klägerin originäre Pflichten gegenüber der Fa. V verletzt hat, die nicht zugleich mitursächlich für den Schaden der Drittgeschädigten geworden sind.
92Selbst wenn man jedoch nur von mitgeteilten Deckungsbedenken ausgehen wollte, so bestünde dann die Rechtsunsicherheit, die das Rechtsschutzbedürfnis begründet.
93Entgegen der Auffassung der Beklagten kann das Rechtsschutzinteresse auch nicht mit dem Argument in Frage gestellt werden, dass nach der Rspr. des BGH (Urteil vom 07.02.2007 – IV ZR 149/03 -, zu recherchieren unter juris) sogar ein Deckungsvorbehalt eines Versicherers mit Hinweis auf einen ggf. bestehenden Deckungsausschlusstatbestand zulässig sei. Denn ein solcher Vorbehalt kommt nur dann in Frage, wenn lediglich fraglich ist, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für das Eingreifen eines Deckungsausschlusses (wie etwa einer wissentlichen Pflichtverletzung) gegeben sind. In einem solchen Fall mag das Verhalten des Versicherers grundsätzlich nicht zu beanstanden sein, eine Deckungsbestätigung unter Vorbehalt abzugeben und insoweit den Ausgang des Haftpflichtverfahrens abzuwarten. Ob dies auch dann gilt, wenn sich bereits im Deckungsverfahren abschließend prüfen lässt, ob der Deckungsausschluss, was dessen tatsächliche Grundlagen angeht, greift oder nicht, kann dahinstehen. Denn der Versicherungsnehmer hat jedenfalls einen Anspruch darauf, dass im Deckungsverfahren verbindlich geklärt wird, ob ein Deckungsausschluss gegeben wäre, wenn der Lebenssachverhalt, auf den der Deckungsausschluss gestützt wird, als zutreffend unterstellt wird.
94Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, grundsätzlich doch ihre Deckungspflicht anerkannt zu haben, denn sie hat insoweit ihren Worten keine hinlänglichen Taten folgen lassen und kann die Klägerin nicht darauf verweisen, diese könne ja einen Klageantrag auf Befreiung von den entsprechenden Verbindlichkeiten, was die Kosten der Rechtsverteidigung angehe, stellen, da die grundsätzliche Deckungsverpflichtung der Beklagten eigentlich insoweit nicht im Streit stehe. Ebenso wie es dem Versicherungsnehmer allgemeiner Ansicht ( vgl. etwa Zöller-Greger, ZPO,31.Aufl.,§ 256 Nr 8) nach unbenommen ist, eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Deckungsschutz wegen eines konkret zu bezeichnenden Versicherungsfalles erheben kann anstatt einer bezifferten Leistungsklage, ist es ihm ebenfalls unbenommen, eine entsprechende Klage auf Gewährung von Deckungsschutz zu erheben.
95Da die Klägerin einen Leistungsantrag stellt, ist § 256 ZPO nicht einschlägig. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Feststellungsinteresses gemäß § 256 Abs. 1 ZPO wären jedoch ohnehin gegeben, denn ein Versicherungsnehmer hat bei einem vorweggenommenen Deckungsprozess einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag, dass der Versicherer sich so früh als möglich eindeutig zur Frage des Deckungsumfangs positioniert und kann in diesem Zusammenhang auch gerichtlich die Frage klären lassen, ob ggf. bestimmte Einwendungen oder Vorbehalte des Versicherers, die dieser gegen die Deckungspflicht geltend macht, als solche einer Deckungspflicht entgegenstehen (vgl. Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 100 Rz 143 ff).
96Die Klage ist auch begründet, soweit es darum geht, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin über 50 % hinaus bedingungsgemäß Deckungsschutz zu gewähren.
97Die Beklagte bestreitet selbst nicht, dass sie eine entsprechende Verpflichtung trifft. Diese Verpflichtung hat sie jedoch bislang nicht erfüllt.
98Die Klage ist auch insoweit begründet, als die vorgerichtlich aufgeworfene Frage im Raum steht, ob die Beklagte zur Gewährung von Deckungsschutz verpflichtet ist, soweit der Klägerin seitens der Fa. V eine Verletzung ihrer Pflichten als technische Geschäftsführerin vorgeworfen worden ist. Die entsprechenden Pflichten der Klägerin, die die Fa. V anspricht, und die im Wesentlichen beinhalten sollen, die Klägerin habe es verabsäumt, die Arbeiten hinreichend zu koordinieren und zu überwachen, betreffen im Ergebnis den etwaigen Verantwortungsanteil der Klägerin an der Schadensverursachung und sind demnach im Kern identisch mit den Vorwürfen, die die Geschädigten in den Haftpflichtverfahren gegenüber der Y und ihren Gesellschafterinnen erheben oder jedenfalls erheben könnten, da die entsprechenden Pflichtverletzungen (mit-) ursächlich für den Unfall gewesen sein könnten. Entsprechend allgemeiner Auffassung – und auch von den Parteien vom rechtlichen Ansatz her als richtig angesehen – greifen Y-Klauseln der vorliegenden Art jedoch nicht, soweit im Prozess eines Y-Partners gegen den anderen auf Freistellung gemäß § 426 BGB die Verantwortlichkeit des jeweiligen Partners für die Verursachung des Schadens der Haftpflichtgläubiger streitig ist. Insoweit besteht vollumfänglich Deckungsschutz (vgl. etwa Lücke in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., Ziff 1 AHB Rz 12 mit weit. Nachw.). Dieser allgemein anerkannte Grundsatz kann nicht dadurch gleichsam unterlaufen werden, dass man argumentiert, jeder Y-Partner habe letztlich – was ja auch nicht zu bestreiten ist – auch eine Verpflichtung gegenüber der Y und den anderen Y-Partnern, die Y und den anderen Y-Partner nicht durch pflichtwidriges Verhalten dem Geschädigten gegenüber Schadensersatzansprüchen Dritter auszusetzen. Andernfalls würde der Deckungsausschluss in auf § 426 BGB gestützten Klagen immer greifen. Folgerichtig hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren im Übrigen nicht mehr die Frage des Deckungsschutzes im Falle der Verletzung von Pflichten aus dem Bereich der technischen Geschäftsführung problematisiert.
99Kein Deckungsschutz besteht jedoch, soweit es darum geht, dass der Klägerin vorgeworfen worden ist, sie habe im Hinblick auf die projektbezogene Haftpflichtversicherung bei der T-Versicherung gegen ihre Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin verstoßen. Der Deckungsausschluss der Y-Klausel greift lediglich dann nicht, soweit nur darum gestritten wird, inwieweit eine der Y zuzurechnende Pflichtverletzung eines der Y-Partner im Verhältnis zu dem Geschädigten vorliegt, der zur Schadensverursachung beigetragen hat. Dies ergibt sich beispielsweise aus den Ausführungen bei Garbes, Die Haftpflichtversicherung der Architekten/Ingenieure, 4. Aufl., S. 69, wo es heißt: „Gesamtschuldnerische Ausgleichsansprüche eines Y-Partners gegen einen anderen, denen ein berechtigter Ausgleich einer Forderung des Bauherrn nach § 635 BGB a.F./§§ 634, 280 BGB wegen eines Bauwerkmangels zugrunde liegt, sind gedeckt.“ Umgekehrt greift der Deckungsausschluss, soweit es um die angebliche Verletzung von Pflichten geht, die den Versicherungsnehmer nur gegenüber der Y oder dem Y-Partner treffen. Letzteres ist der Fall, soweit der Klägerin seitens der Fa. V vorgeworfen wird, sie habe bestimmte Pflichtverletzungen als kaufmännische Geschäftsführerin begangen. Auf diese (angeblichen) Pflichtverletzungen, die im Rahmen des § 426 BGB für den Innenausgleich möglicherweise von Bedeutung sind, könnten sich die Haftpflichtgläubiger, die die Fa. V in Anspruch genommen haben, nicht zu ihren eigenen Gunsten berufen. Soweit es in der Literatur heißt, ausgeschlossen sei der Deckungsschutz wegen solcher Schäden, die ein Y-Partner „unmittelbar“ erlitten habe (vgl. etwa Garbes, a.a.O.), so könnte man – nimmt man diese Ausführungen wörtlich – dahin verstehen, dass der vorliegende Fall nicht hierunter zu subsumieren wäre, denn eine etwaige Vernachlässigung einer ordnungsgemäßen Eindeckung des projektbezogenen Haftpflichtversicherungsgefahr (was die Frage der Befristung des Deckungsschutzes angeht) und die angeblich fehlerhafte Geltendmachung des entsprechenden Deckungsschutzes (was die Verjährung angeht) sind wohl nicht als „unmittelbarer“ Schaden des Y-Partners zu verstehen, sondern als ein nur mittelbarer Vermögensschaden. Falls die zitierte Literaturstelle bei Garbes so weitgehend zu verstehen sein sollte, könnte die Kammer sich dem nicht anschließen, denn maßgeblich kann nach dem klaren Klauselzweck nur sein, ob es um Pflichten gegenüber Dritten geht oder um Pflichten, die nur gegenüber der Y oder einem Y-Mitgesellschafter bestehen. Im letztgenannten Bereich besteht kein Deckungsschutz, auch wenn die Frage einer entsprechenden Pflichtverletzung im Rahmen eines Prozesses aufgeworfen wird, in dem es um den Innenausgleich nach § 426 BGB unter Bezugnahme auf die Inanspruchnahme durch bestimmte Haftpflichtgläubiger geht und für den bzgl. der Anspruchserhebung durch diese Haftpflichtgläubiger auch grundsätzlich Deckungsschutz besteht.
100Die Kammer hatte nicht zu prüfen, ob die Vorwürfe der Fa. V betreffend die angebliche Verletzung von Pflichten der Klägerin als kaufmännische Geschäftsführerin der Y zutreffend sind, denn im Rahmen der vorweggenommenen Deckungsklage ist – wie allgemein anerkannt – insoweit nur zu prüfen, ob der entsprechende Vorwurf in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt (vgl. Lücke in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 100 Rz 16). Gerade dies ist jedoch – wie oben näher begründet – nicht der Fall.
101Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
102Streitwert: 13.500.000,- €
103Das LG Köln hat im Verfahren 18 O 16/14 den Streitwert zu Recht auf 13.500.000,- € und nicht auf 21.800.000,- € festgesetzt, da die Fa. V Freistellung in Höhe von 68 % der von Dritten erhobenen Ansprüchen verlangt hat.
104Die Kosten des Abwehrschutzes sind den Forderungen, hinsichtlich deren im Falle einer Verurteilung auch Freistellung verlangt wird, hinzuzurechnen, da der Anspruch auf Gewährung von Abwehrschutz im Haftpflichtdeckungsrecht keine Nebenforderung sondern ein hauptsächlicher Bestandteil des einheitlichen Deckungsschutzes darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 21.01.1976 – IV ZR 123/74 – sowie Beschluss vom 24.06.2015 – IV ZR 248/14 -, jeweils zu recherchieren unter juris).
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin sowie der Beklagten werden das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 12.01.2015 – 18 O 16/14 –, berichtigt durch Beschluss vom 19.03.2015 – 18 O 16/14 - sowie das zugrundeliegende Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung sowie Entscheidung an das Landgericht Köln zurückverwiesen.
Die weitergehenden Berufungen der Klägerin und der Beklagten werden zurückgewiesen.
Für das Berufungsverfahren werden gerichtliche Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Kosten der Schlussentscheidung vorbehalten
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin macht gegen die Beklagte, beide Gesellschafter einer Dach-ARGE, nach gemeinsamer Durchführung eines Bauprojekts in E, L, bei dem es am 29.04.2003 zu einem Kranunfall mit umfangreichem Personen- sowie Sachschaden gekommen ist, internen Schadensausgleich und -ersatz im Wege der Freistellung sowie Feststellung geltend.
4Die Klägerin ist unternehmerisch im Bereich Rückbau und Schadstoffsanierungen tätig. Bei der Beklagten handelt es sich um einen international tätigen Baukonzern. Die F Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH – heute firmierend unter IKK Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH – realisierte ab dem Jahr 2002 für die E2 Objektgesellschaft den Neubau eines Büro- und Hotelgebäudes auf dem Grundstück L 59 in E. In diesem Zusammenhang beauftragte sie die ARGE Baugrube E2 (Dach-ARGE), deren Gesellschafter die Parteien sind, mit Abbrucharbeiten und der Herstellung der Baugrube. Als Projektsteuerer war die G GmbH eingesetzt. Die Hochbauarbeiten wurden durch die I GmbH durchgeführt. Zur Durchführung der Abbruch- und Baugrubenarbeiten gründeten die Parteien durch Vertrag vom 17.09.2002 (anlage TW 1) die „Arbeitsgemeinschaft Baugrube E2 E“ als Dach-Arbeitsgemeinschaft. Die Beklagte war intern für das Einzellos „Spezialtiefbau/Verbauarbeiten“ und die Klägerin für das Einzellos „Abbruch/Sprengarbeiten“ beauftragt. Die Beklagte bildete mit der A Spezialtiefbau, E3, eine Los-ARGE.
5Während des Voraushubs und der Schlitzwandarbeiten an der Baugrube wurde ein alter Spundwandverbau angetroffen, der nicht vollständig gezogen werden konnte. Diesbezüglich fand am 09.01.2003 ein Ortstermin statt, worüber die Professor Dr.-Ing. L2 GmbH als geotechnische Beraterin ein Protokoll der Besprechung erstellte (Bl. 253 ff. GA). Unter dem 23.01.2003 unterbreitete die Dach-ARGE einen schriftlichen Ausführungsvorschlag zu den geänderten Rahmenbedingungen, den die Professor Dr.-Ing. L2 GmbH fachtechnisch prüfte und am 28.01.2003 bestätigte (Bl. 328 f. AH II). Hiernach sollte der vorgefundene Spundbohlenverbau nach Freischälen der Spundbohlen von anhaftendem Erdmaterial in die Schlitzwand im südöstlichen Eckbereich mit einbetoniert werden. In dem Begleitschreiben wies die Ingenieursozietät Professor Dr.-Ing. L2 GmbH auf mögliche Risiken hin und empfahl den Einbau von Verpressschläuchen über die gesamte Spundbohlenlänge, die Erstellung eines Havariekonzeptes mit sofortigen Sicherheitsmaßnahmen im Falle von Undichtigkeiten und eine kontinuierliche Fachüberwachung. Mit Schreiben vom 30.01.2003 wurde durch die G gegenüber der Dach-ARGE die Umsetzung dieser Empfehlung angeordnet.
6Von der Beklagten wurden im Zuge der Erstellung der Schlitzwand im bezeichneten Eckbereich der Baugrube keine Verpressschläuche eingebracht, sondern Manschettenrohre verwendet.
7Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Ecklamelle der Schlitzwand nicht vollständig dicht hergestellt worden war, erstellte der Oberbauleiter der Dach-ARGE am 23.04.2003 eine Arbeitsanweisung zum Umgang mit der Fehlstelle in der Schlitzwand mit folgendem Inhalt (Bl. 104 GA):
8" Arbeitsablauf Fehlstelle
9- Kontrolle der Fehlstelle auf Wasser- und Bodeneintritt
10- Sichern der Fehlstelle gegen möglichen Bodeneintritt durch Einschlagen von Hartholzkeilen mit entsprechendem Füllmaterial (Holzwolle oder gleichwertig)
11- Baugrubenseitige Packerinjektion mit Hartschaum zur Verringerung des Wasserzuflusses
12- Anbringen von Stahlblechen, Breite ca. 0,5 - 0,80 m, Dicke ca. 15 mm über die gesamte Höhe des vertikalen Spaltes ca. 6,0 -8,0 m
13- Tastbohrungen (Kleinlochbohrungen) im Zuge des Anbringens der Stahlbleche zur Überprüfung gegebenenfalls vorhandener Kiesnester
14- Gegebenenfalls Nachinjektion der Hohlräume zwischen Stahlplatte und Schlitzwandoberfläche
15- Bei starkem Wassereintritt in der Fehlstelle Wiederverfüllung mit Erdreich"
16Am 29.04.2003 kam es infolge einer Bodenerosion zu einem Unfall, bei dem der unmittelbar neben der Süd-Ost-Ecke der Baugrube befindliche Kran umstürzte und einen anderen Kran mitriss. Es kam zu erheblichem Personenschaden – zwei Bauarbeiter wurden getötet – und Sachschaden.
17Die Dach-ARGE sowie die Parteien als deren Gesellschafter werden in mehreren Gerichtsverfahren als für den Kranunfall Verantwortliche auf Schadensersatz in Anspruch genommen.
18Die Klägerin ist in erster Instanz unter Berufung auf das in dem Verfahren 18 O 140/07 (LG Köln) = 19 U 14/12 (OLG Köln) eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.-Ing. X vom 15.10.2009 (Anlage TW 2) der Auffassung gewesen, die geltend gemachten Ansprüche beträfen ausschließlich den Leistungsumfang der Beklagten. Sie hat behauptet, es habe sich in dem Kranunfall ein Risiko realisiert, das ausschließlich dem Leistungs- und Lieferumfang des Loses Spezialtiefbau- und Verbauarbeiten der Beklagten zuzuordnen sei. Die – unstreitig – entstandene Fehlstelle der Schlitzwand stelle einen vermeidbaren Ausführungsfehler der Beklagten dar. Zudem hat die Klägerin der Beklagten vorgeworfen, unzureichende Maßnahmen in Bezug auf die Fehlstelle getroffen zu haben statt den Empfehlungen der Ingenieursozietät Professor Dr.-Ing. L2 GmbH vom 28.01.2003 zu folgen. Ferner hat die Klägerin fehlende Informationen und Anweisungen durch die Beklagte moniert und in diesem Zusammenhang bestritten, dass sie oder ihre Mitarbeiter über das Problem der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden seien und das Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ vom 23.04.2003 vor dem Unfall erhalten hätten. Weiter hat die Klägerin der Beklagten vorgeworfen, die Entscheidung der Firma I, als Gründungspfähle für den Kran ausgerechnet dies Verbaupfähle im Bereich der Fehlstelle zu nutzen, gebilligt zu haben. Darüber hinaus ist die Klägerin davon ausgegangen, dass die Beklagte ihren eigenen „Arbeitsablauf Fehlstelle“ unzureichend beachtet habe, da – so die Behauptung der Klägerin – eine weitergehende bodenmechanische Fachüberwachung beim Freilegen der Fehlstelle erforderlich gewesen wäre und zum Unfallzeitpunkt kein entsprechender Fachbauleiter der Beklagten anwesend gewesen sei, zudem – unstreitig – die für die Vornahme von Abdichtungsmaßnahmen vorgesehene Firma T von der Beklagten nachhause geschickt worden sei.
19Auf den umgekehrt beklagtenseits erhobenen Vorwurf, sie habe die Spundbohlen nicht ziehen, sondern abbrennen müssen, hat die Klägerin behauptet, es sei üblich, den letzten Spundbohlenrest zu ziehen.
20Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, die Beklagte hafte in vollem Umfang für die Folgen des streitgegenständlichen Unfalls, zum einen aufgrund des Gesamtschuldverhältnisses i.V.m. den Regelungen in dem Dach-ARGE-Vertrag, zum anderen wegen Verletzung ihrer Pflichten als technische Geschäftsführerin der Dach-ARGE, auch im Wege der „actio pro socio“.
21Schließlich hat die Klägerin zudem gemeint, die Beklagte hafte im Innenverhältnis zusätzlich wegen Verletzung ihrer Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-ARGE. In diesem Zusammenhang hat sie der Beklagten vorgeworfen, nicht für die Verlängerung des Versicherungsschutzes bei der N AG gesorgt, die Schadenanzeige an den vorgenannten Versicherer versäumt sowie die Verjährungsfrist hinsichtlich Ansprüchen aus dem Versicherungsverhältnis nicht beachtet zu haben.
22Die Klägerin hat beantragt,
231. die Beklagte zu verurteilen, sie von den nachstehenden Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29. April 2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, – hilfsweise, die diesbezügliche Freistellungspflicht der Beklagten festzustellen –, nämlich
24a. die wegen des Todes des Herrn Q im Verfahren BBM d.o.o. 11 O 163/13 LG Düsseldorf gegen die Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachten Schadensersatzansprüche und Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag in Höhe von 88.676,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2013;
25b. der Unterhaltsansprüche der N2, geb. B, der N3 und des N4 wegen des Todes des Herrn N5, die im Verfahren 11 O 164/13 LG Düsseldorf gegen die Klägerin in Höhe von 193.921,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2013 geltend gemacht werden;
26c. der Ansprüche der J Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH auf Schadensersatz und Freistellung von Ansprüchen Dritter infolge des Kranunfalls, die im Verfahren 18 O 540/06 LG Köln gegen die Arbeitsgemeinschaft Baugrube E2 E und die Klägerin als deren Gesellschafter wie folgt geltend gemacht werden:
27c.1) Schadensersatzansprüche in Höhe von 2.434.768,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 1.904.599,60 € seit dem 29.12.2006 und aus weiteren 43.810,31 € seit dem 16.01.2013;
28c.2) Freistellungsansprüche von Forderungen der E2 L 59 GmbH & Co. KG auf Schadensersatz in Höhe von 10.378.646,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.11.2006 sowie in Höhe von weiteren 5.467.051,91 € nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2013;
29d. der Ansprüche der Nürnberger Allgemeine Versicherung-AG wegen des Bauleistungsschadens, die im Verfahren 18 O 140/07 LG Köln gegen die ARGE Baugrube E2 E und die Klägerin als deren Gesellschafter in Höhe von 3.000.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2006 geltend gemacht werden;
30e. der Ansprüche der J3 GmbH wegen der Zerstörung, Beschädigung sowie des Abhandenkommens von Gerüstteilen infolge des Kranunfalls, die im Verfahren 14c O 165/08 LG Düsseldorf gegen die Klägerin in Höhe von 115.733,11 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2003 geltend gemacht werden;
31f. der Ansprüche der T2 GmbH wegen der Beschädigung des eigenen Baugeräts und –materials, vor allem der Schalung, die mit Schreiben der T2 GmbH vom 4. Dezember 2006 gegen die Klägerin in Höhe von 119.779,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2006 geltend gemacht werden;
322. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie von sämtlichen weitergehenden Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29. April 2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, insbesondere von den Ansprüchen
33a. der oben im Antrag zu 1.b) genannten Kläger wegen des Todes des Herrn N5, die mit Feststellungsanträgen wegen weitergehender Unterhaltsschäden im Verfahren 11 O 164/13 LG Düsseldorf geltend gemacht werden;
34b. der im Antrag zu 1.c) genannten Klägerin, die mit Feststellungsanträgen wegen möglicher weiterer Schäden, insbesondere der ARGE H, der J2 und der D Partnerschaftsgesellschaft im Verfahren 18 O 540/06 LG Köln geltend gemacht werden;
35c. der I Bauholding GmbH wegen der Beschädigung fremden und eigenen Materials infolge des Kranunfalls und von Mehrvergütungs- und Entschädigungsansprüchen, soweit sie auf dem Kranunfall beruhen, insbesondere soweit diese in den Verfahren 18 O 281/07 LG Köln und 18 O 566/08 LG Köln gegen die J Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH mit Streitverkündung gegenüber der ARGE Baugrube E2 E und der Klägerin als deren Gesellschafter geltend gemacht werden,
36hilfsweise zu den Anträgen 1. und 2.
37festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Dach-ARGE Baugrube E2 E von sämtlichen Ansprüchen freizustellen, die im Antrag 1.c) und 1.d) sowie im Antrag zu 2.b) und 2.c) geltend gemacht werden.
38Die Beklagte hat beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Die Beklagte hat die Unzulässigkeit der Klage gerügt und gemeint, die Klägerin stütze ihr Freistellungsverlangen nicht auf die Nichterfüllung einer Abwehrpflicht der Beklagten. Weiter ist die Beklagte der Auffassung gewesen, die Klägerin könne nicht Freistellung verlangen und gleichzeitig Ansprüche Dritter abwehren. Hinsichtlich der Feststellungsanträge hat die Beklagte die Auffassung vertreten, diese seien hinsichtlich des Umfangs zu begrenzen.
41In der Sache ist die Beklagte von der vollen Haftung der Klägerin für die Folgen des streitgegenständlichen Unfalls ausgegangen. Schließlich sei es die Klägerin gewesen, die die Fehlstelle dadurch geöffnet hat, dass sie – nach Ansicht der Beklagten – pflichtwidrig im Baugrubeneckbereich zu entfernende Spundbohlen gezogen hat statt sie abzubrennen, und zwar – so die Behauptung der Beklagten – durch Wegreißen mit Brachialgewalt. Den von Seiten der Klägerin erhobenen Vorwürfen hat die Beklagte ihre Behauptungen entgegengehalten, die Fehlstelle der Schlitzwand sei aus ihrer Sicht unvermeidbar gewesen und die Mitarbeiter der Klägerin seien vor Ort auf die Problematik hingewiesen worden. Insbesondere die Mitarbeiter der Frühschicht seien von ihrem Polier, dem Zeugen C, darauf hingewiesen worden, dass in der Ecke die Dielen nicht gerissen werden dürfen. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten daher die Anweisung zum schrittweisen Abbrennen der Spundbohlen erhalten. Eine ihrem Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ entsprechende Information habe sie der Klägerin übermittelt, und zwar per Fax-Schreiben vom 25.04.2003 (Bl. 105 f. GA), dessen Zugang klägerseits bestritten wird. Schließlich hat die Beklagte behauptet, die Dichtigkeit im Bereich der Fehlstelle ständig kontrolliert zu haben.
42Den klägerseits erhobenen Vorwürfen, gegen ihre Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-ARGE verstoßen zu haben, hat die Beklagte entgegnet, dass der Einwand des Versicherers hinsichtlich einer etwaigen Befristung des Versicherungsschutzes nicht durchgegriffen hätte und die Klägerin selbst für die Schadensanzeige gesorgt habe. Hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen aus der Versicherung hat die Beklagte gemeint, es habe umgekehrt der Klägerin oblegen, die Verjährungsfrist zu beachten.
43Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgeben, indem es die Beklagte verurteilt hat, die Klägerin von den im Einzelnen aufgeführten Ansprüchen Dritter im Umfang von 68% freizustellen, und festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin im Umfang von 68% von sämtlichen weiteren Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 in E beruhen.
44Zur Begründung hat das Landgericht u.a. Folgendes ausgeführt:
45Die Klage sei zulässig, insbesondere fehle es den Hauptanträgen zu 1) und zu 2) der Klägerin auf Freistellung von etwaigen Ansprüchen im Einzelnen genannter Drittgläubiger sowie weitergehender Ansprüche nicht an einem hinreichenden Rechtsschutzinteresse. Der Zulässigkeit des Freistellungsantrags stehe nicht entgegen, dass die Klägerin Ansprüchen Dritter ihrerseits entgegentritt, zumal die Klägerin sich hier primär auf einen vertraglichen Freistellungsanspruch stützt. Der Ausgleichsanspruch unter Gesamtschuldnern gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB könne grundsätzlich bereits ab Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses geltend gemacht werden, wobei zunächst offen bleiben könne, ob die gegen den Freistellungsgläubiger gerichteten Ansprüche Dritter begründet sind. Dementsprechend umfasse der Freistellungsanspruch auch die Verpflichtung, unbegründete Ansprüche vom Freistellungsgläubiger abzuwehren.
46Die Klage sei nur teilweise, nämlich im Umfang einer Freistellungsverpflichtung der Beklagten in Höhe von 68 % begründet. Die klägerischen Anträge seien zwar ihrer Fassung nach auf vollständige Freistellung gerichtet. Es sei jedoch davon auszugehen, dass im Antrag der Klägerin auf vollständige Freistellungsverpflichtung der Beklagten von Ansprüchen Dritter gleichsam als Minus ein Antrag auf Freistellung in Höhe einer quotalen Verpflichtung enthalten ist.
47Die Klägerin habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf Freistellung in Höhe von 68 % aus § 426 Abs. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag (Bl. 23, Anlagenheft I). Nach § 3 des Dach-ARGE-Vertrages (Bl. 5, Anlagenheft I) solle sich die Haftungsverteilung der Parteien letztlich nach dem Wert der jeweiligen Leistungsbeiträge richten, nämlich 3.588.290,31 € (Klägerin) zu 11.215.529,57 € (Beklagte), woraus sich ein maßgebliches Verhältnis von 32 % für die Klägerin und 68 % für die Beklagte ergebe. Nach § 25.225 Abs. II Dach-ARGE-Vertrags trage im Innenverhältnis jeder Gesellschafter das sich aus seinem Leistungs- und Lieferumfang ergebende gesamte wirtschaftliche und technische Risiko allein. Gemäß Abs. III solle im Falle, dass der Auftraggeber oder ein Dritter Ansprüche geltend macht, die den Leistungsumfang eines anderen Gesellschafters betreffen, dieser verpflichtet sein, den anderen Gesellschafter von den geltend gemachten Ansprüchen Dritter freizuhalten. Diese Regelung sei dahin auszulegen, dass dort, wo eine Schadensersatzverbindlichkeit ihre Ursache im „Leistungsumfang“ beider Parteien hat, eine Ausgleichspflicht entsprechend den Grundsätzen über den Ausgleich bei § 426 BGB entsteht, d.h. es komme eine quotale Beteiligung in Betracht. Maßgeblich sei die vertragliche Zuordnung, das Gewicht der Verursachungsbeiträge und ggf. das Verschulden. Der gerichtliche Sachverständige Univ. Prof. Dr.-Ing. Karl Josef X habe im Verfahren der Kammer zu Az. 18 O 140/07 (= OLG Köln, Az. 19 U 111/12) und zu Az. 18 O 540/06 zwar keine konkreten Aussagen darüber getroffen, zu welcher Quote die Klägerin einerseits und die Beklagte andererseits aufgrund der ihnen jeweils zur Last fallenden Verursachungsbeiträge verantwortlich für den Kranunfall sind. Allerdings habe er in Form eines „Ereignisbaums“ (Bl. 74, Anlagenheft I) die unterschiedlichen schadensrelevanten Handlungen und Entscheidungen aufgeführt, die bei dem Unglück zusammenwirkten. Die Feststellungen aus dem Gutachten des Sachverständigen X könnten - so das Landgericht weiter – als tatsächliche Grundlage für das hiesige Verfahren berücksichtigt werden, da sie von beiden Parteien zum Gegenstand ihres eigenen Sachvortrags gemacht worden sind. Die Klägerin habe das Gutachten als Anlage 2 selbst vorgelegt. Die Beklagte habe sich ihrerseits auf das sachverständige Zeugnis des Sachverständigen X berufen und die zum klägerischen Sachvortrag gemachten tatsächlichen Feststellungen aus dem Gutachten X nicht in erheblicher Weise angegriffen. Die in dem Gutachten X enthaltene Tatsachengrundlage hinsichtlich des Unfallablaufes und der Unfallverursachung sei daher im Sinne des § 138 Abs. 2 ZPO als zugestanden und mithin zwischen den Parteien als unstreitig anzusehen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen X sei zwischen sieben unterschiedlichen schadensrelevanten Handlungen zu unterscheiden (S. 48 Gutachten, Bl. 74 Anlagenheft I), deren pflichtgerechte Vornahme den komplexen Schaden hätte vermeiden oder wenigstens reduzieren können. Die „fundamentale“ Handlung betreffe nach Einschätzung des Sachverständigen X die Reinigung der Spundwandflanken im Bereich der Durchdringung. Das Reißen der Spundwandreste wäre dann ohne Effekt geblieben und hätte allenfalls am Rand der Durchdringung zu Abplatzungen im Beton geführt. Die Entstehung der Fehlstelle gehe – so die Auffassung des Landgerichts – daher ausschließlich zu Lasten der Beklagten und betreffe ihren Leistungsumfang. Der am 23.04.2003 festgelegte „Arbeitsablauf Fehlstelle“ habe zwar für sich genommen eine angemessene Vorgehensweise beschrieben, mit der das Problem zu beherrschen gewesen wäre, allerdings sei nicht festgelegt gewesen, wie entsprechende Anweisungen weiterzugeben waren. Aus diesem Grund seien die Planvorgaben im entscheidenden Moment nicht beachtet worden. Eine weitere Grundwassermessstelle in der Innenecke beidseitig der Spundwand zur Prüfung der Dichtigkeit sei nicht eingerichtet gewesen. Diese Versäumnisse gehen nach Einschätzung des Landgerichts ebenfalls zu Lasten der Beklagten. Demgegenüber gehe das planwidrige Vorbiegen und Reißen der Spunddielen ohne vorheriges Abbrennen zu Lasten der Klägerin. Die unzureichende bodenmechanische Fachbauleitung und Kommunikation müsse sich wiederum vorwiegend die Beklagte aufgrund der von ihr übernommenen technischen Geschäftsführung (§ 7, 7.41, Anlagenheft I, Bl. 8) zurechnen lassen. Denn diese habe jedenfalls die Pflicht zur Überwachung gegenüber der Klägerin und damit ein Recht der Klägerin, überwacht zu werden, begründet. Die Klägerin habe danach zulässigerweise von einer eigenen Überwachung absehen dürfen. Die Gewichtung und quotale Höhe der daraus folgenden wechselseitigen Mitverursachungsbeiträge von Klägerin und Beklagter seien in entsprechender Anwendung von § 287 ZPO i.V.m. § 254 BGB durch Schätzung zu ermitteln. Die Beklagte müsse hier in Anbetracht der verschiedenen ihr zurechenbaren Pflichtwidrigkeiten jedenfalls ein deutlich höherer Verschuldensanteil treffen. Unter Berücksichtigung der oben genannten Auswirkungen und „Verzahnung“ der verschiedenen Handlungen im Hinblick auf den komplexen Schadenseintritt erscheine im Innenverhältnis zwischen den Parteien eine Haftungsverteilung von 32 % zu Lasten der Klägerin und 68 % zu Lasten der Beklagten, wie sie bereits die vertragliche Haftungsverteilung grundsätzlich vorsieht (§ 3 Dach-ARGE-Vertrag), als angemessen.
48Entgegen der Auffassung der Klägerin sei indes nicht davon auszugehen, dass sich in dem Kranunfall allein ein aus dem Leistungsumfang der ARGE Spezialtiefbau (Los-ARGE bestehend aus der Beklagten und der Firma A) herrührendes Risiko verwirklicht habe. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass sie nicht vom Risiko der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden sei und sie das Entfernen der Spundbohlenreste so vorgenommen habe, dass man in diesem letzten Stück der Baugrubenecke so schnell wie möglich fertig werden müsse. Hierzu verweist das Landgericht auf die Aussagen der in der Grube tätigen Mitarbeiter P und C2 im Ermittlungsverfahren. Es komme nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob der „Arbeitsablauf Fehlstelle“ (Anlage B 6, Bl. 105 f. GA) der Klägerin vor dem Unfallereignis oder erst am Tag danach übermittelt worden ist. Denn die Durchfeuchtung der Baugrubenwand sei auch für die Mitarbeiter der Klägerin ausweislich der Zeugenaussagen offensichtlich gewesen. Das Abbrennen der Spunddielen im Eckbereich vor dem Herausziehen der Dielen hätte – so das Landgericht - den gewöhnlichen Sorgfaltsanforderungen entsprochen, ohne dass es dazu noch einer konkreten Anweisung bedurfte.
49Ein über die oben festgestellte quotale Verteilung hinausgehender, vollständiger Freistellungsanspruch der Klägerin ergebe sich auch nicht als Schadensersatzanspruch aufgrund der Verletzung sonstiger Pflichten aus dem Dach-ARGE-Vertrag, weder aus einer Verletzung von Pflichten der technischen Geschäftsführung noch aus Verletzung von Pflichten der kaufmännischen Geschäftsführung.
50Eine von der Beklagten zu verantwortende unzureichende bodenmechanische Fachbauleitung könne den Verursachungsbeitrag der Klägerin selbst, die durch das Reißen der Spundwandreste den finalen kritischen Punkt in der „Ereigniskette“ (vgl. Gutachten X, Anlage K 2, Bl. 49 d. Gutachtens) gesetzt habe, nicht „auf null“ reduzieren. Die Klägerin habe auch nicht dargetan, dass sich eine vermeintlich fehlerhafte technische und terminliche Koordinierung unmittelbar in dem Schadensereignis niedergeschlagen hat.
51Ein Schadensersatzanspruch auf vollständige Freistellung ergebe sich auch nicht aus der Verletzung kaufmännischer Pflichten der Beklagten aufgrund des Dach-ARGE-Vertrages. Eine Pflichtverletzung der Beklagten könne nicht darin gesehen werden, dass die objektbezogene Haftpflichtversicherung für die Dach-ARGE nicht über den 31.03.2003 hinaus verlängert wurde. Der Beklagten habe zwar nach § 8.1 des Dach-ARGE-Vertrages (Bl. 9 Anlagenheft I) grundsätzlich die kaufmännische Geschäftsführung der Dach-ARGE oblegen, darunter gemäß § 8.45 auch die Mitwirkung beim Abschluss von Verträgen der Dach-ARGE. Jedoch sei mit dem Abschluss der Versicherung, der Verwaltung der Police und auch mit der Schadensmeldung stets die Klägerin befasst gewesen. Daher habe die Klägerin für eine Anpassung des Versicherungsschutzes sorgen müssen. Auch mit Blick auf die von dem OLG Düsseldorf in seinem Urteil zu Az. 4 U 82/09 (Deckungsprozess) festgestellte Verjährung von Ansprüchen der Dach-ARGE auf Versicherungsleistungen falle der Beklagten keine Pflichtverletzung zur Last. Aus dem Anschreiben der Weiterleitung (Anlage B 20, Bl. 300 GA) ergebe sich, dass sie selbst von einer Bestätigung, nicht von einer Ablehnung des Versicherungsschutzes ausgegangen ist. Schließlich habe die Klägerin auch nicht hinreichend dazu vorgetragen, unter welchen Konditionen die Objektversicherung überhaupt eingetreten wäre und in welcher Art und Höhe die von dritter Seite geltend gemachten Ansprüche von dieser Versicherung gedeckt gewesen wären.
52Aus denselben Gründen ergebe sich ein Anspruch der Klägerin auf vollständige Freistellung auch nicht als Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B in Prozessstandschaft im Wege der „actio pro socio“ für die Dach-ARGE im Verhältnis zur Los-ARGE Spezialtiefbau.
53Es bestehe auch nach dem hilfsweise geltend gemachten Feststellungsantrag kein Anspruch der Klägerin auf Feststellung einer vollständigen Freistellungsverpflichtung der Beklagten.
54Mit Beschluss vom 19.03.2015 (Bl. 388 f. GA) hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil wegen offenbarer Unrichtigkeit berichtigt. Gleichzeitig hat es den weitergehenden Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin vom 29.01.2015 (Bl. 376 ff. GA) zurückgewiesen.
55Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der Tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem Urteil vom 12.01.2015 (Bl. 352 ff. GA) und im Beschluss vom 19.03.2015 Bezug genommen.
56Gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts richten sich die jeweils form- und fristgemäß eingelegten sowie begründeten Berufungen der Klägerin sowie der Beklagten.
57Die Klägerin ist der Ansicht, das Landgericht sei zu Recht von der Zulässigkeit ihres auf Freistellung gerichteten Hauptantrages zu 1) ausgegangen. Dieser sei nämlich nicht primär auf die Möglichkeit der Vollstreckung nach § 887 Abs. 2 ZPO gerichtet, sondern auch auf die Abwendung eines drohenden Verlusts im Vermögen durch Drittansprüche. Soweit dazu u.a. die Unterstützung bei der Prozessführung gegen Dritte geschuldet sei, werde ihr – so die Behauptung der Klägerin – die Prozessführung durch die Beklagte nicht (gänzlich) abgenommen, so dass der Freistellungsanspruch keineswegs erfüllt sei. Unberechtigte Ansprüche Dritter würden von der Klägerin nicht durch die Beklagte abgewehrt. Diese wolle allenfalls die eigene Inanspruchnahme verhindern. Zudem seien die Abwehrhandlungen der Beklagten größtenteils erfolglos gewesen. Zuletzt sei die Klägerin in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 14c O 165/08 von der Beklagten alleingelassen worden, nachdem ihre Versicherung (B) erklärt habe, die Beklagte habe mit dem Verfahren nichts zu tun. Allerdings habe sie – die Klägerin – auch nicht erwartet, dass ihr die Beklagte zu ihren eigenen Lasten geholfen hätte. Zu der beklagtenseits bereits erstinstanzlich aufgeworfenen Zulässigkeitsfrage weist die Klägerin erneut ausdrücklich darauf hin, in erster Linie einen vertraglichen Freistellungsanspruch aus § 25.225 des Dach-ARGE-Vertrags geltend zu machen. Zu dem von der Beklagten aufgezeigten „Vollstreckungs-Szenario“ nach § 887 Abs. 2 ZPO müsse es gar nicht kommen, wenn ihr die Beklagte entsprechend Sicherheit leistet. Bezüglich der aufgeworfenen Frage der konkreten Bezeichnung von ihr verlangter Abwehrmaßnahmen ist die Klägerin der Meinung, den auf Befreiung gerichteten Klageantrag nicht näher bestimmen zu können und zu dürfen, da dem Befreiungsschuldner vorbehalten sei, auf welche Art die Befreiung tatsächlich bewirkt wird.
58Hinsichtlich des hilfsweise gestellten Feststellungsantrags weist die Klägerin darauf hin, dass Feststellung nur für den Fall beantragt werde, dass die Klage mit dem Hauptantrag derzeit keinen Erfolg hat, weil die Verurteilung in den von den Hauptgläubigern geführten Prozessen abgewartet werden müsse.
59In der Sache meint die Klägerin, sie müsse nicht nur zu 68 % von den Ansprüchen der Drittgläubiger durch die Beklagte freigestellt werden, sondern zu 100 %. Der Ausgangspunkt für die Bemessung der internen Haftungsquote sei von dem Landgericht zu Recht in § 25.225 Abs. III (gemeint ist offenbar Absatz IV) des Dach-ARGE-Vertrags gesehen worden. Allerdings – so die Ansicht der Klägerin – sei kein Raum für ihre quotale Beteiligung. Das Landgericht habe nämlich verkannt, dass die als „unmittelbarer Auslöser“ bezeichneten Arbeiten der Klägerin nicht zugleich als schuldhaft begangene Pflichtverletzung anzusehen seien. Es sei von dem Landgericht hinsichtlich der Leistung der Klägerin nicht zwischen Verursachungs- und Verschuldensgesichtspunkten unterschieden worden. Ferner sei das Landgericht unzutreffend davon ausgegangen, ihre Mitarbeiter der Frühschicht seien darauf hingewiesen worden, dass in der Ecke die Dielen nicht gerissen werden dürfen, und dies sodann den Mitarbeitern der Spätschicht jedoch nicht weitergegeben hätten. Diese Annahme beruhe auf einer Fehlinterpretation von Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren. Die unterbliebene Information sei nach Ansicht der Klägerin nunmehr als bewiesen anzusehen. Hierzu verweist die Klägerin auf das inzwischen ergangene Teilurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26.03.2015, Az. 14c O 165/08, mit dem die Klage der Drittgläubigerin J3 GmbH rechtskräftig abgewiesen worden sei. In dem dortigen Verfahren sei von den Zeugen Q2 und P ausgesagt worden, dass sie keine Anhaltspunkte für eine Gefahrenstelle an der Schlitzwand gehabt hätten (Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 448 ff. GA). In demselben Verfahren habe der dort beauftragte Sachverständige Prof. Dr. I2 festgestellt, die Klägerin des hiesigen Verfahrens habe aus technischer Sicht keine Pflicht verletzt; sie hätte die Gefahrenquelle nicht erkennen können, da dies eine Frage des Spezialtiefbaus gewesen sei (vergleiche Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 457 GA). Nach Einschätzung des vorgenannten Sachverständigen sei selbst bei fehlender Weitergabe von Kenntnissen der Früh- an die Spätschicht eine etwaige Pflichtverletzung der Klägerin als „kleiner Baustein“ mit weit weniger als 10 % zu bewerten (vergleiche Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 449 GA). Ferner wirft die Klägerin dem Landgericht vor, maßgebliche Arbeitsabläufe bei dem Entfernen der Spundwand falsch verstanden zu haben. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf ihren Tatbestandsberichtigungsantrag vom 29.01.2015 (Bl. 376 ff. GA), der insoweit durch das Landgericht mit Beschluss vom 19.03.2015 (Bl. 388 GA) zurückgewiesen worden ist. Hierzu behauptet die Klägerin, dass ein schrittweises Abbrennen in dm-großen Stückchen in Bezug auf höher liegende Teile der Spundwand niemals angewandt worden sei und auch nicht Gegenstand ihrer vertraglichen Leistungspflicht gewesen sei, schon gar nicht in Begleitung einer bodenmechanischen Fachbauleitung. Nur in diesem Falle sei der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. X in seinem Gutachten vom 15.10.2009 zu dem Verfahren vor dem Landgericht Köln, 18 O 540/06 (Anl. TW2, Bl. 27 Anlagenband I) zufolge der Schadenseintritt aus Sicht der Klägerin womöglich zu vermeiden gewesen. Die Klägerin verweist hierzu auf ihren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 28.05.2014 mit zahlreichen Beweisangeboten (Zeugnis der Mitarbeiter Q2 und P, sachverständiges Zeugnis des Prof. Dr. X sowie des Dr. A2), denen das Landgericht nicht nachgegangen ist. Weiter behauptet die Klägerin, es hätte überhaupt keinen Sinn gemacht, unten auf der Baugrubensohle großflächig horizontal abzubrennen; dies wäre den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. X zufolge auch keineswegs unfallvermeidend gewesen. Wie bereits erstinstanzlich bestreitet die Klägerin, dass ihre Mitarbeiter von der Fehlstelle in der Schlitzwandecke gewusst haben.
60Die Klägerin meint, das Landgericht habe ferner verkannt, dass sich eine fehlerhafte technische und terminliche Koordination der Beklagten unmittelbar in dem Schadensereignis niedergeschlagen habe. Die vor dem Unfall von dem eingeschalteten Prof. Dr. L2 geforderte bodenmechanische Fachbauleitung sei durch die Beklagte ebenso wenig eingerichtet worden, wie die Erstellung eines Havariekonzepts. Der von der Beklagten stattdessen erstellte „Arbeitsablauf Fehlstelle“ sei ihr – so die Behauptung der Klägerin – nicht übermittelt worden. Nicht einmal der SiGeKO (Sicherheit- und Gesundheitskoordinator) sei durch die Beklagte informiert gewesen. Ohne die Koordinations- und Informationsversäumnisse der Beklagten wäre die Fehlstellenproblematik beherrschbar gewesen. Hierzu verweist die Klägerin wiederum auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. I2 in dem Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 14c O 165/08.
61Zudem sei – so die weitere Ansicht der Klägerin – von dem Landgericht bei der Bewertung der Ursachenbeiträge nicht berücksichtigt worden, dass die fragile Krangründung auf den Verbaupfählen, in deren Bereich sich die Fehlstelle befand, auf den statischen Berechnungen der Beklagten beruht habe.
62Für verfehlt hält die Klägerin die Zuweisung eines Mitverursachungsanteils entsprechend dem Leistungsanteil am Gesamtauftrag, da es sich bei § 25.225 Abs. VI des Dach-ARGE-Vertrags um eine Zweifelsfallregelung handele.
63Soweit die Klägerin hilfsweise die Feststellung der Freistellungspflicht der Beklagten auf die Verletzung der Pflichten im Rahmen der technischen und kaufmännischen Geschäftsführung der ARGE Baugrube gestützt hat, vermisst sie Ausführungen des Landgerichts in seinem erstinstanzlichen Urteil zu dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit der Beklagten. Hinsichtlich der Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen der kaufmännischen Geschäftsführung seien die Ausführungen des Landgerichts in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend. Hierzu wiederholt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach der Versicherungsschein auf die Dach-ARGE ausgestellt worden sei und sich die Police bei der Beklagten befunden habe. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin auf ihren Tatbestandsberichtigungsantrag vom 29.01.2015 (Bl. 376 ff. GA). Letztlich wirft die Klägerin der Beklagten insoweit ein dreifaches Versagen vor: Versäumung der Verlängerung des Versicherungsschutzes bis zum tatsächlichen Bauzeitende, Versäumung der Schadensanzeige für die Dach-ARGE zur Objektversicherung und Verstreichenlassen der zweijährigen Verjährungsfrist nach Ablehnung des Versicherungsschutzes durch die N.
64Im Ergebnis hält die Klägerin den Rechtsstreit für entscheidungsreif, da ihrer Auffassung nach der Vortrag der Beklagten zur fraglichen Verursachung des Kranunfalls unzureichend und eine erstinstanzliche Vernehmung der beklagtenseits benannten Zeugen als Ausforschungsbeweis unzulässig gewesen wäre. Zudem meint die Klägerin, dass nicht mehr weiter aufklärungsbedürftig sei, ob die Fehlstelle in der Schlitzwand vermeidbar gewesen wäre, ob die fachliche/Überwachung der Arbeiten in der untersten Schlitzwandecke am Unfallnachmittag durch die Beklagte hinreichend gegeben war und ob die Beklagte der eigenen Arbeitsanweisung zur Fehlstelle entsprechend gehandelt hat.
65Für den Fall der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung regt die Klägerin an, die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens gemäß § 21 GKG niederzuschlagen.
66Die Klägerin hat nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26.03.2015, 14c O 165/08, mit Schriftsatz vom 20.07.2015 (Bl. 571 GA) in Bezug auf den Klageantrag zu 1e) (Freistellung von Ansprüchen der J3 GmbH) den Rechtsstreit in der Hauptsache einseitig teilweise für erklärt, allerdings einseitig.
67Danach beantragt die Klägerin, neben der Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache insoweit
68unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Köln vom 12.01.2015 – 18 O 16/14 –
691. die Beklagte zu verurteilen, sie über die zugesprochenen 68 % hinaus im Umfang von weiteren 32 %, mithin zu 100 % – also vollständig – von den in den Klageanträgen zu 1a) bis1d) und 1f) aufgeführten Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, hilfsweise die diesbezügliche vollständige Freistellungspflicht der Beklagten festzustellen,
702. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie über die zugesprochenen 68 % hinaus im Umfang von weiteren 32 %, mithin zu 100 % – also vollständig – von sämtlichen weitergehenden Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, insbesondere von den in den Klageanträgen 2a) bis 2c) aufgeführten Ansprüchen,
71hilfsweise
72das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung zurückzuverweisen an das Landgericht Köln.
73Die Beklagte beantragt,
74die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
75Ferner beantragt die Beklagte,
76das Urteil des Landgerichts Köln vom 12.01.2015 – 18 O 16/14 – teilweise aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
77Die Klägerin beantragt,
78die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
79Die Beklagte hält an ihrer bereits erstinstanzlich vertretenen Auffassung fest, die Klage sei unzulässig. Soweit die Klägerin Befreiung von Forderungen der Drittgläubiger verlangt, sei dies so lange nicht berechtigt, wie das Bestehen der Drittforderungen nicht feststeht. Ansonsten wäre die Beklagte im Rahmen der Vollstreckung gemäß § 887 Abs. 2 ZPO zur Leistung eines Vorschusses in Höhe von rund 21 Mio € verpflichtet, ohne umgekehrt irgendeine Sicherheit zu erhalten. Zudem – so die Behauptung der Beklagten – erfülle sie ihre Freistellungsverpflichtung gegenüber der Klägerin dadurch, dass sie unberechtigte Ansprüche von ihr abwehrt. In den Fällen, in denen die Klägerin neben der Dach-ARGE Baugrube E2 E als Gesamtschuldnerin in Anspruch genommen wird, werde ihr u.a. durch die Stellung eines Rechtsanwalts die Prozessführung inhaltlich gänzlich abgenommen. Es sei jedoch die Klägerin selbst, die dennoch an diesen Verfahren aktiv teilnehmen wolle. Über den Verlauf der Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 11 O 163/13 und 11 O 164/13, in denen die Klägerin allein verklagt wird, informiere diese die Beklagte nur unzureichend. Es sei daher nicht richtig, dass die Klägerin in den vorgenannten Verfahren „allein gelassen“ wird. Den Feststellungsantrag zu 2) hält die Beklagte aufgrund der „uferlosen“ Verweisung auf Drittansprüche für zu unbestimmt. Zudem sei der Feststellungsantrag auf den Umfang der Verurteilung der Klägerin zu begrenzen. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag sei – so die weitere Auffassung der Beklagten – ebenfalls unzulässig, da die Klägerin zugleich die auf Freistellung gerichtete Leistungsklage erhoben hat. Zudem fehle der Klägerin das Feststellungsinteresse, da sie nicht dargelegt habe, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie Ansprüche Dritter für berechtigt hält.
80In der Sache beanstandet die Beklagte das erstinstanzliche Urteil, weil das Landgericht im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO i.V.m. § 254 BGB eine quotale Gewichtung und Zuordnung der jeweiligen Mitverursachungsbeiträge ermittelt hat, die im Wesentlichen an den Beteiligungsverhältnissen der Parteien an der Dach-ARAGE orientiert ist. Die erfolgte Schätzung sei weder sach- noch interessengemäß, zumal die Ermittlung der Quote im Rahmen der Würdigung erhobener Beweise zu erfolgen habe. Eine Beweiserhebung durch das Landgericht sei jedoch nicht erfolgt, obwohl beide Parteien u.a. Beweis durch Anhörung der involvierten Sachverständigen angeboten haben. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. X keineswegs unstreitig. Aufgrund der unvollständigen Feststellung des Sachverhalts und des Übergehens von Vortrag sowie Beweisangeboten sieht die Beklagte ihr rechtliches Gehör durch das Landgericht massiv verletzt.
81Bereits unzutreffend sei die Annahme des Landgerichts, dass das vollständige Lösen von an den Spundwandflanken anhaftendem Boden möglich und mithin das Entstehen der Fehlstelle vermeidbar gewesen wäre. Hierzu verweist die Beklagte auf ihre erstinstanzlichen Schriftsätze vom 22.07.2014 (Bl. 284 GA) und 08.01.2015 (Bl. 319 ff. GA) mit den dortigen Beweisantritten.
82Ferner ist die Beklagte nicht mit dem von dem Landgericht gegen sie erhobenen Vorwurf einverstanden, nicht festgelegt zu haben, wie die Anweisungen aus dem „Arbeitsablauf Fehlstelle“ seitens der Mitarbeiter der Klägerin weiterzugeben waren. An die Klägerin seien – so die Auffassung der Beklagten – lediglich folgende Anweisungen zu richten gewesen: Kontrolle der Fehlstelle auf Wasser-/Bodeneintritt und bei Wasserzutritt Fehlstelle mit Erdreich verfüllen. Hierzu behauptet die Beklagte, die Kontrolle auf Wassereintritt sei am 22.04.2003 erfolgt und die Anweisung hinsichtlich des Verfüllens mit Erdreich sei auf Seiten der Klägerin bekannt gewesen, was aus der Aussage des Zeugen Q2 im Ermittlungsverfahren folge.
83Zudem meint die Beklagte, das Landgericht habe ihren Vortrag, auch ihre Mitarbeiter hätten ständig die Dichtigkeit des Baugrubeneckbereichs kontrolliert, ebenfalls übergangen. Ferner sei die Anlegung eines Suchschurfs von ihrem Bauleiter angeordnet worden, was ebenfalls von dem Landgericht nicht berücksichtigt worden sei.
84Unzutreffend habe das Landgericht ferner angenommen, dass aus ihrer Verpflichtung zur verantwortlichen Überwachung der Bauarbeiten gemäß § 7.41 des Dach-ARAGE-Vertrags eine Verpflichtung zur Überwachung der Bauleitung der Klägerin oder sogar das Recht der Klägerin, überwacht zu werden, folge.
85Zu der Berufungsbegründung der Klägerin ist die Beklagte der Ansicht, aus den protokollierten Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. I2 vor dem Landgericht Düsseldorf in dem dortigen Verfahren zu Az. 14c O 165/08 sei für den vorliegenden Rechtsstreit nichts herzuleiten, da das Teilurteil nur zwischen den dortigen Parteien Rechtskraftwirkung entfalte und eine Streitverkündung nicht erfolgt sei. Zudem komme die Verwertung des dortigen Sitzungsprotokolls vom 20.01.2015 nicht in Betracht, da § 411a ZPO nur für schriftliche Sachverständigengutachten gelte. Ferner stünden die klägerseits zitierten Aussagen der Zeugen Q2 und P aus dem vorgenannten Verfahren im Widerspruch zu ihren Einlassungen gegenüber der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. I2 beruhten auf spontanen Einschätzungen und ständen im Gegensatz zu dem Gutachten des von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf beauftragten Sachverständigen Q3. Einer Verwertung der in dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26.03.2015, Az. 14c O 165/08, gewürdigten Aussagen der Zeugen Q2 und P stehe im Hinblick auf die Beweisantritte in dem Klageerwiderungsschriftsatz vom 24.03.2014 der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme entgegen. Entsprechendes gelte auch für das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. I2.
86Soweit die Klägerin ihr Pflichtwidrigkeiten bei der kaufmännischen Geschäftsführung der Dach-ARGE vorwirft, meint die Beklagte, der Tatbestandsberichtigungsantrag sei zu Recht von dem Landgericht zurückgewiesen worden. Richtig sei zwar, dass die objektbezogene Erhöhung der Haftpflichtversicherung der Klägerin unter Einschluss der ARGE erfolgt sei. Unzutreffend sei jedoch, dass sich die Police oder der Versicherungsschein bei ihr – der Beklagten – befunden hätten; lediglich der Nachtrag zu der bereits bestehenden Haftpflichtversicherung der Klägerin habe ihr vorgelegen. Dass die Anzeige des Schadensfalls gegenüber der Versicherung durch die Klägerin, wie von ihr vorgetragen, nur zur eigenen „Grunddeckung“ erfolgt sei, hält die Beklagte für lebensfremd und konstruiert. Der dreifache Verschuldensvorwurf in diesem Zusammenhang sei nicht berechtigt und unerheblich, zumal das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 05.03.2010, 4 O 82/09, nicht den Einwand der Versicherung hinsichtlich der Befristung für durchgreifend erachtet habe, sondern lediglich das Verstreichen der zweijährigen Verjährungsfrist. Insoweit treffe sie allenfalls leichtes Verschulden, nicht jedoch grobe Fahrlässigkeit.
87Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungen der Klägerin vom 06.05.2015 (Bl. 422ff. GA) sowie der Beklagten vom 07.05.2015 (Bl. 490 ff. GA), die Berufungserwiderungen der Klägerin sowie der Beklagten jeweis vom 20.07.2015 (Bl. 560 ff. und 591 ff. GA), die weiteren Schriftsätze der Parteien vom 13.08.2015, 28.08.2015, 02.09.2015 und 24.09.2015 (Bl. 606 ff., 611 ff., 643 ff., 677 ff. GA) und auf die Sitzungsniederschrift vom 04.09.2015 (Bl. 654 ff GA) Bezug genommen.
88II.
89Die jeweils zulässige Berufungen der Parteien haben insofern Erfolg, als das erstinstanzliche Urteil mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufzuheben und die Sache auf den hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin hin an das Landgericht zurückzuverweisen ist, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
90A.
91Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage nicht bereits unzulässig.
921.
93Die Klage ist mit dem Hauptantrag zu 1) zulässig.
94a)
95Soweit die Beklagte meint, die Klägerin könne nicht mit dem Hauptantrag zu 1) die Freistellung von Forderungen Dritter verlangen, obwohl sie sich gegen diese nach wie vor wehrt und solange das Bestehen der Ansprüche der Drittgläubiger nicht feststeht, sprechen diese Umstände nicht gegen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin.
96Zwar hat der Anspruchsteller, solange er die Forderung, von der er Befreiung verlangt, selbst mit einem Rechtsbehelf bekämpft, kein berechtigtes Interesse daran, von seinem Schuldner bereits Zahlung zu verlangen; in einem solchen Fall ist grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht der richtige Weg (vergleiche BGH, Urteil vom 16.11.2006, I ZR 257/03, zitiert nach juris). Dies gilt jedoch nach der Rechtssprechung u.a. des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, dann nicht, wenn ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen wird und von seinen Mitgesellschaftern im Innenverhältnis umfassende Freistellung verlangt (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2007, II ZR 136/06, zitiert nach juris). Denn der selbstständige Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB entsteht nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers, sondern schon mit der Entstehung der Gesamtschuld (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2007, II ZR 136/06; Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Auflage, § 426 Rn. 4, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Ist die Schuld fällig, kann der mithaftende Gesamtschuldner schon vor Erbringung seiner eigenen Leistung von seinen Mitschuldnern verlangen, ihren Anteilen entsprechend an der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken und ihn von einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger freizustellen, was auch unter mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern gilt, wenn von der Gesellschaft kein Ausgleich zu erlangen ist (vergleiche BGH, a.a.O.).
97Genau so liegt der Fall hier. Die Klägerin verlangt mit dem Hauptantrag zu 1) von der Beklagten die Freistellung von Ansprüchen Dritter, denen sie sich ausgesetzt sieht, und zwar ausdrücklich primär aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III des Dach-ARGE-Vertrags der Parteien vom 17.09.2002. Damit macht sie als Gesellschafterin der Dach-ARGE Baugrube E2 E einen Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte als Mitgesellschafterin geltend. Die ernsthafte Möglichkeit ihrer Inanspruchnahme durch die genannten Gesellschaftsgläubiger hat die Klägerin durch Bezugnahme (vergleiche Klageschrift vom 04.10.2013, Seite 8 ff., Bl. 8 ff. GA) auf anhängige Gerichtsverfahren, in denen sie wegen Schadensersatzansprüchen aus dem Kranunfall vom 29.04.2003 verklagt wird (Anl. TW4-8, Bl. 113 ff. Anlagenheft I und II), sowie auf das Anspruchsschreiben der Firma T2 GmbH vom 04.12.2006 (Anl. TW9, Bl. 314 ff. Anlagenband I) dargelegt, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten ist.
98Die subsidiäre Haftung der Mitgesellschafter greift schon dann ein, wenn der Gesellschaft frei verfügbare Mittel zur Erfüllung der Gesellschaftsschuld nicht zur Verfügung stehen (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2007, II ZR 136/06). Dem ebenfalls unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägern zufolge hat hier die Dach-ARGE keine eigenen finanziellen Mittel, sondern dient lediglich ergebnisneutral als Durchgangsstation für Zahlungen an die Nachunternehmer.
99Mithin kann die Klägerin bereits jetzt ihren möglichen vertraglichen Anspruch auf Freistellung von Forderungen der Gesellschaftsgläubiger gegen die Beklagte geltend machen und ist nicht auf die – hier hilfsweise beantragte – Feststellung der Ersatzpflicht zu verweisen.
100Dem steht die beklagtenseits zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Urteil vom 15.08.2014, 4 U 223/13) nicht entgegen, zumal hier nicht allein die Befreiung von einer Verbindlichkeit gefordert wird, sondern die umfassende Freistellung. Auch aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22.08.2014 (22 U 31/14) ergibt sich nichts anderes. Soweit dort der Anspruch auf Freistellung von der Eingehung einer Verbindlichkeit abhängig gemacht wird, bezieht sich dies auf eine Schadensersatzpflicht, und nicht – wie hier von der Klägerin primär geltend gemacht – auf den Gesamtschuldnerausgleich zwischen Gesellschaftern einer GbR. Der beklagtenseits zitierten Kritik an der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.10.2007 zu Az. II ZR 136/06 (vergleiche Schweer und Todorow, NJW 2013, 2072 ff. und NJW 2013, 3004 ff.) ist aufgrund des Zeitpunktes der Entstehung des Ausgleichsanspruchs nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB bereits mit der Begründung des Gesamtschuldverhältnisses nicht zu folgen.
101Anders mag dies sein, soweit die Klägerin ihren auf Freistellung von Verbindlichkeiten gerichteten Hauptantrag zu 1) in zweiter Linie zusätzlich auf eine etwaige Schadensersatzpflicht der Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Dach-ARGE-Vertrag und im Wege der „actio pro socio“ aus § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B stützt.
102Denn im Falle eines auf Befreiung gerichteten Schadensersatzanspruchs besteht der Schaden in der Belastung mit einer Verbindlichkeit (vergleiche BGH, Urteil vom 14.06.1989, VIII ZR 132/88; Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 249 Rn. 4; Ebert in Erman, BGB, 14. Aufl., § 249 Rn. 13, zitiert nach juris). Das setzt voraus, dass der Anspruchsteller tatsächlich mit einer Verbindlichkeit beschwert ist (vergleiche BGH, Urteil vom 16.11.2006, I ZR 257/03). Bis dahin ist insoweit grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht der richtige Weg (vergleiche BGH, a.a.O.).
103Im Ergebnis kann die Klägerin mit ihrem auf Freistellung von Forderungen der Gesellschaftsgläubiger gerichteten Hauptantrag zu 1) jedenfalls den vertraglichen Freistellungsanspruch (§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag) geltend machen. Soweit sie die Befeiung von Verbindlichkeiten als Schadensersatz verlangt (§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Dach-ARGE-Vertrag und § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 4 Nr. 7 VOB/B – actio pro socio), mag sie auf den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag zu verweisen sein.
104Hierauf kommt es indes aus den unter C.1. dargelegten Gründen im Ergebnis nicht an.
105b)
106Der mit dem Hauptantrag zu 1) auf Freistellung gerichtete Klageantrag ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
107Der Schuldbefreiungsantrag muss Grund und Höhe der Schuld, von der freigestellt zu werden der Kläger begehrt, angeben, damit die Vollstreckung nach § 887 ZPO erfolgen kann (vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.08.2014, 22 U 31/14; OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.08.1999, 9 W 43/99; Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage, § 253 Rn. 13c; Foerster in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 253 Rn. 32; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 887 Rn. 10).
108Hier enthalten die zu dem Klageantrag zu 1) unter a) – f) aufgeführten Forderungen von Drittgläubigern die erforderlichen Angaben durch Benennung der Anspruchsteller, des Schuldgrundes und der geltend gemachten Forderungshöhe. Soweit die Klägerin im Rahmen der Befreiung von den Verbindlichkeiten auch die Ergreifung von Abwehrmaßnahmen verlangt, mag der Klageantrag zwar den für die Vollstreckung grundsätzlich erforderlichen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügen. Denn diese Handlungen müssten näher bezeichnet werden, da ansonsten eine Vollstreckung des Urteils nicht möglich wäre (vergleiche OLG Frankfurt, Urteil vom 15.08.2014, 4 U 223/13). Dies soll jedoch im Sinne des grundsätzlich zu beachtenden materiellen Wahlrechts des Befreiungsschuldners, wie er die Befreiung vornehmen will (vergleiche Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 257 Rn. 2), dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten bleiben.
109c)
110Nachdem die Klägerin den Rechtsstreit zu dem Klageantrag zu 1) hinsichtlich des unter 1e) genannten Anspruchs der J3 GmbH mit Schriftsatz vom 20.07.2015 in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt hat, die Beklagte dem jedoch mit Schriftsatz vom 28.08.2015 ausdrücklich nicht zugestimmt hat, ist insoweit von einer zulässigen Änderung des Antrags in ein auf Feststellung der Erledigung gerichtetes Begehren auszugehen (vergleiche Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 91a Rn. 37).
1112.
112Der auf Feststellung der Freistellungspflicht hinsichtlich weitergehender Ansprüche Dritter aus dem Kranunfall vom 29.04.2003 gerichtete Klageantrag zu 2) ist ebenfalls zulässig.
113Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Eine Leistungsklage kann insoweit noch nicht erhoben werden, da Ansprüche Dritter, die über die im Klageantrag zu 1) genannten hinausgehen, noch nicht konkretisiert werden können. Aufgrund der klarstellenden Angabe „weitergehende Ansprüche“ ist die von der Beklagten monierte Überschneidung der beiden Klageanträge zu 1) (Hauptantrag) und 2) ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist keine Einschränkung auf den Umfang der Verurteilung der Klägerin vorzunehmen, da diese – wie oben ausgeführt – gerade nicht materielle Voraussetzung für das Entstehen einer Freistellungsverpflichtung der Beklagten wäre.
114Der Feststellungsantrag zu 2) ist auch hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Klageantrag muss das festzustellende Rechtsverhältnis bestimmt bezeichnen, denn der Umfang der Rechtshängigkeit und späteren Rechtskraft muss feststehen (vergleiche Zöller-Greger, a.a.O., § 256 Rn. 15). Hier sollen alle „weitergehenden Ansprüche“ Dritter, d.h. über die in dem auf Freistellung gerichteten Klageantrag zu 1) genannten hinaus, die auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 in E beruhen, von der begehrten Feststellung umfasst werden, wobei sogar „insbesondere“ einige Ansprüche näher konkretisiert sind. Der Antrag ist mithin hinreichend bestimmt.
1153.
116Bedenken gegen die Zulässigkeit des Hilfsantrags bestehen nicht. Dieser wird ausdrücklich für den Fall gestellt, dass die Klage mit dem Hauptantrag zu 1) derzeit keinen Erfolg hat, weil die Verurteilung in den von den Hauptgläubigern geführten Prozessen abgewartet werden müsse. Soweit es in diesem Zusammenhang auf eine in zweiter Linie von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzpflicht der Beklagten statt des primär geltend gemachten Ausgleichsanspruchs als Mitgesellschafterin der Dach-ARGE ankommt, ist von dem Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) der Klägerin auszugehen, da – wie vorstehend ausgeführt – die Leistungsklage dann (noch) nicht möglich wäre. In derartigen Fällen ist ausnahmsweise neben der Leistungsklage der auf Feststellung gerichtete Hilfsantrag zulässig (vergleiche BGH, Urteil vom 17.02.1998, VI ZR 342/96, zitiert nach juris).
117Der Antrag ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
118Im Ergebnis kommt die von der Beklagten begehrte Abweisung der Klage als unzulässig nicht in Betracht.
119B.
120In der Sache führen die Berufungen der Parteien gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit dem zugrundeliegenden Verfahren und Zurückverweisung des Rechtsstreits in die erste Instanz.
121Der dazu erforderliche Antrag ist von der Klägerin gestellt. Dass der Antrag nur „hilfsweise“ gestellt ist, schadet nicht (vergleiche OLG Koblenz, Urteil vom 03.11.2005, 5 U 452/05, zitiert nach juris; Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 56, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung), zumal die Bedingung, dass dem auf vollumfängliche Verurteilung der Beklagten gerichteten Hauptantrag nicht entsprochen werden kann, wegen Notwendigkeit einer umfangreichen Beweisaufnahme eingetreten ist.
122Der mit dem Hauptantrag zu 1) geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von Forderungen Dritter aus dem Kranunfall vom 29.04.2003 kann der Klägerin gegen die Beklagte aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag zustehen.
1231.
124Die Parteien hatten sich durch Vertrag vom 17.08.2002 (Anl. TW1, Bl. 1 ff. Anlagenheft I) zu der Dach-Arbeitsgemeinschaft Baugrube E2 E, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zusammengeschlossen. Diese wird, z.T. neben den Parteien als Gesamtschuldner, nach dem Kranunfall vom 29.04.2003 in E, L, von möglichen Geschädigten wegen Schadensersatzes in Anspruch genommen. Im Außenverhältnis haften die Parteien als Gesellschafter der Dach-ARGE ggf. gesamtschuldnerisch, §§ 421 ff. BGB (vergleiche Palandt-Sprau, a.a.O., § 714 Rn. 11 ff.). Hiervon gehen auch beide Parteien übereinstimmend aus.
125Im Streit steht letztlich die interne Haftungsverteilung zwischen den Parteien. Gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Hier sieht § 3 Dach-ARGE-Vertrag als „vorläufiges Beteiligungsverhältnis“ und als Anteile u.a. an Haftung Folgendes vor: Beklagte 62,5 % und Klägerin 37,5 %. Das endgültige Beteiligungsverhältnis soll sich nach Abrechnung der einzelnen Lose ergeben. Dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin zufolge beträgt nach Abrechnung das Verhältnis der Leistungsbeträge 68 % (Beklagte) zu 32 % (Klägerin). Allerdings sollte gemäß § 25.225 Abs. VI Dach-ARGE-Vertrag die Haftung von den Parteien als Gesellschafter nur so lange im Verhältnis ihrer Leistungsanteile übernommen werden, bis Zweifel oder Streit unter den Gesellschaftern, ob und in welchem Verhältnis sie zu haften haben, beendet sind – ggf. mit dem Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits. Denn vorrangig sollte gemäß § 25.225 Abs. II Dach-ARGE-Vertrag im Innenverhältnis jeder Gesellschafter das sich aus seinem Leistungs- und Lieferumfang ergebende gesamte wirtschaftliche und technische Risiko allein tragen. Weiter sieht § 25.225 Abs. IV Dach-ARGE-Vertrag Folgendes vor: „ … Jeder Gesellschafter haftet entsprechend seinem Verschulden bzw. bei einer Haftung ohne Verschulden entsprechend seiner Verursachung. …“. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung in § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag auszulegen, wonach u.a. bei Geltendmachung von Ansprüchen Dritter, die den Leistungsumfang eines Gesellschafters betreffen, sich dieser verpflichtet, den anderen Gesellschafter von den geltend gemachten Ansprüchen freizuhalten. Maßgebend ist mithin bei Schadensersatzansprüchen, die sich aus beiden Leistungsgegenständen der Gesellschafter (Losen) ergeben, in erster Linie der Grad des Verschuldens. Im Umfang der danach zu bestimmenden Haftungsquote kann der hier geltend gemachte Freistellungsanspruch der Klägerin bestehen.
126Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang entsprechend den Grundsätzen über den Ausgleich gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB nach der vertraglichen Zuordnung das Gewicht der Verursachungsbeiträge und ggf. das Verschulden als maßgeblich angesehen hat, entspricht dies nur teilweise der wie vorstehend dargelegten vertraglichen Regelung der Parteien, die vorrangig zu berücksichtigen ist (vergleiche Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 426 Rn. 14).
127Ob und inwieweit sich dieser teilweise nicht mit den vertraglichen Vereinbarungen in Einklang stehende Maßstab bei der Haftungsverteilung im Innenverhältnis der Parteien auswirkt, lässt die erstinstanzliche Entscheidung mangels Differenzierung zwischen Verursachung und Verschulden nicht erkennen. Zudem hat das Landgericht den seiner nach § 254 BGB vorgenommenen Einschätzung der Haftungsquoten zugrunde gelegten Sachverhalt zu wesentlichen Teilen unzutreffend bzw. unvollständig gewürdigt und Beweisangebote übergangen.
1282.
129Für die Haftung im Innenverhältnis der Parteien gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 22.225 Abs. II – IV Dach-ARGE-Vertrag ist – wie vorstehend ausgeführt – zunächst die Zuordnung des Schadenfalls vom 29.04.2003 zu dem jeweiligen Leistungsgegenstand der Parteien und sodann das jeweilige Verschulden der Parteien maßgebend. Nur bei Haftung ohne Verschulden kommt es auf das jeweilige Gewicht der Verursachung an. Auf das Verhältnis der Leistungsanteile (68% zu 32 %) ist lediglich äußerst hilfsweise zurückzugreifen.
130Ausgangspunkt der Haftungsverteilung sind die wechselseitig von den Parteien vorgeworfenen Pflichtverletzungen, die zu dem Kranunfall geführt haben können.
131Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich folgende Vorwürfe gegen die Beklagte erhoben:
132(1) Fehlstelle in der von der Beklagten hergestellten Schlitzwand,
133(2) unzureichende Maßnahmen der Beklagten, um den Gefahren der Fehlstelle zu begegnen,
134(3) fehlende Information und Anweisung der Klägerin,
135(4) unzureichende Beachtung des eigenen Handlungskonzepts „Arbeitsablauf Fehlstelle“,
136(5) Billigung der Entscheidung, als Gründungspfähle für den Kran die Verbaupfähle im Bereich der Fehlstelle zu nutzen.
137Diese vorgenannten Umstände sind dem Los (Spezialtiefbau-/Verbauarbeiten) der Beklagten zuzuordnen, die gemäß § 25.111 Dach-ARGE-Vertrag für die Erstellung der Schlitzwand und Wasserhaltung zu sorgen hatte.
138Umgekehrt wirft die Beklagte der Klägerin vor, im Spundwandbohleneckbereich pflichtwidrig die Spundbohlen „mit brachialer Gewalt“ weggerissen zu haben, statt in kleinen Stücken abzubrennen (6). Der Klägerin oblagen nach ihrem Los (Abbruch/Sprengarbeiten) u.a. die vorgenannten Abbrucharbeiten.
139Zu (1) Fehlstelle in der Schlitzwand
140Dass die von der Beklagten hergestellte Schlitzwand eine Fehlstelle aufgewiesen hat, durch die am Schadenstag Wasser in die Baugrube gespült ist, was zur Bodenerosion geführt hat, wodurch es schließlich zum Umstürzen des genau über dieser Stelle aufgebauten Krans kam, ist zwischen den Parteien unstreitig.
141Indem das Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung die Entstehung der Fehlstelle zu Lasten der Beklagten berücksichtigt hat, ist es offenbar davon ausgegangen, dass dieser insoweit eine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Das setzt zumindest voraus, dass die Fehlstelle bei der Errichtung der Schlitzwand vermeidbar gewesen wäre. Die entsprechende Behauptung der Klägerin ist allerdings beklagtenseits bestritten worden (vergleiche erstinstanzlicher Schriftsatz vom 22.07.2014, Seite 5, Bl. 288 GA). Das Landgericht hat in seiner erstinstanzlichen Entscheidung die Vermeidbarkeit der Fehlstelle mithin zu Unrecht als unstreitig angesehen, was die Beklagte ausdrücklich im Rahmen der Berufungsbegründung rügt. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang auf die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. X in seiner zu dem Verfahren vor dem Landgericht Köln zu Az. 18 O 140/07 (= OLG Köln, 19 U 112/12) erstatteten Gutachten vom 15.10.2009 (Anl. TW2, Bl. 27 ff. Anlagenheft I) Bezug genommen und gemeint, den gesamten Inhalt des Gutachtens als unstreitigen Sachverhalt ansehen zu können. Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Zwar hat die Klägerin recht umfassend hinsichtlich der fraglichen Verursachung des Kranunfalls und zu den gegen die Beklagte erhobenen Vorwürfen auf das vorgenannte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. X Bezug genommen und dieses auch zu den Akten gereicht. Es trifft auch zu, dass sich die Beklagte, wenn auch in anderem Zusammenhang, auf das sachverständige Zeugnis des Prof. Dr. X berufen hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Beklagte die Feststellungen des vorgenannten Sachverständigen vollumfänglich zu eigen machen wollte, schon gar nicht dessen Ausführungen zur fraglichen Vermeidbarkeit der Fehlstelle, die – wie oben dargelegt – beklagtenseits ausdrücklich bestritten worden ist. Das Landgericht durfte diesen Umstand daher nicht als unstreitig und auch nicht als erwiesen ansehen, zumal es das in einem anderen Rechtsstreit eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. X vom 15.10.2009 nicht gemäß § 411a ZPO verwertet hat. Hierzu hätte es nach Anhörung der Parteien einer entsprechenden Anordnung des Gerichts bedurft (vergleiche Zöller-Greger, a.a.O, § 411 Rn. 3, 4). Zu der aufgeworfenen Frage der Vermeidbarkeit der Fehlstelle in der Schlitzwand wäre daher dem klägerseits angetretenen Beweis durch Vernehmung des Sachverständigen Prof. Dr. X als Zeugen (Bl. 17 GA) sowie der gegenbeweislich von der Beklagten benannten sachverständigen Zeugen Prof. Dr. L3 und Prof. Dr. Q3 (Bl. 289 GA) nachzugehen gewesen. Mit nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eingereichtem Schriftsatz vom 08.01.2015 (Seite 3, Bl. 346 GA) hat die Beklagte zusätzlich Beweis angetreten durch Vernehmung der weiteren sachverständigen Zeugen Prof. Dr. L2 und Prof. Dr. Q4. Ob die Vernehmung der vorgenannten Beweispersonen als sachverständige Zeugen (§ 414 ZPO) oder ihre Anhörung als Sachverständige (§ 411 ZPO) geboten war, kann hier dahinstehen, da ggf. der Beweisantritt auszulegen oder zumindest nach Hinweis gemäß § 139 Abs. 2 ZPO für entsprechende Klarheit zu sorgen gewesen wäre, was ggf. noch zu erfolgen hat.
142In der fehlerhaften Behandlung des Parteivorbringens, hier der unzutreffenden Zuordnung streitiger Tatsachen als unstreitig, liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S.v. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO (vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2011, 20 U 37/11, zitiert nach juris; Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 17). Denn das eindeutige Parteivorbringen der Beklagten, nämlich das Bestreiten der Vermeidbarkeit der Fehlstelle in der Schlitzwand, ist durch das Landgericht objektiv willkürlich gewürdigt worden. Auf subjektive Umstände oder ein Verschulden des Gerichts kommt es dabei nicht an (vergleiche BVerfG, Beschluss vom 07.04.1981, 2 BvR 911/80, zitiert nach juris).
143Das angefochtene Urteil beruht auf diesem Verfahrensmangel, da das Landgericht den Umstand, dass die errichtete Schlitzwand eine vermeidbare Fehlstelle aufgewiesen hat, bei der Ermittlung der Haftungsquoten zu Lasten der Beklagten berücksichtigt hat. Dieser Gesichtspunkt wird auch nicht durch den weiteren Vorwurf der Ergreifung unzureichender Maßnahmen (2) überlagert, da es bei der Haftungsverteilung – wie oben dargestellt – maßgeblich auf den Grad des Verschuldens ankommt, der durch eventuelle mehrfache zu vertretende Pflichtwidrigkeiten durchaus beeinflusst werden kann.
144Zu (2) Unzureichende Maßnahmen
145Dass die Beklagte nach Feststellung der Fehlstelle in der Schlitzwand unzureichende Maßnahmen zur Beseitigung der sich daraus ergebenden Gefahr von Wasseraustritt und Bodenerosion ergriffen hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Ursprünglich hatte der im Vorfeld hinzugezogene Sachverständige Prof. Dr. L2 folgende Maßnahmen vorgeschlagen: Verpressschläuche einbringen, Erstellung eines Havariekonzepts und kontinuierliche Fachüberwachung (vergleiche Schreiben vom 28.01.2003, Anl. TW11, Bl. 328 f. Anlagenheft II). Verpressschläuche sind – unstreitig – durch die Beklagte nicht eingebaut worden. Es sind stattdessen drei Stützbohrungen sowie Verpressung mit Zementsuspension über Manchettenrohre durchgeführt worden. Diese Maßnahmen waren ungeeignet, wie der Sachverständige Prof. Dr. X in seinem vorgenannten Gutachten vom 15.10.2009 festgestellt hat. Hierauf hat die Klägerin Bezug genommen, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten ist. Dass die Beklagte mithin bewusst hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen von den Empfehlungen des hinzugezogenen Fachmanns abgewichen ist, muss zu ihren Lasten in die Haftungsverteilung einbezogen werden.
146Zu (3) Fehlende Information und Anweisung
147Soweit die Klägerin der Beklagten vorwirft, sie nicht über die Fehlstelle in der Schlitzwand informiert und entsprechend zur Vorsicht bei dem Ausbau der dort im Baugrubeneckbereich zu entfernenden Spundbohlen angewiesen zu haben, ist das Landgericht dem in seiner angefochtenen Entscheidung nicht gefolgt. Dabei hat es als unstreitig angesehen, dass den Mitarbeitern der Frühschicht der Hinweis erteilt worden sei, in der Ecke dürften die Dielen nicht gerissen werden, und dass diese Anweisung nicht an die Mitarbeiter der Spätschicht weitergegeben worden sei. Die entsprechende Behauptung der Beklagten ist jedoch von der Klägerin bereits erstinstanzlich bestritten worden, indem ausdrücklich vorgetragen worden ist, dass kein Mitarbeiter eine entsprechende Information oder Anweisung der Beklagten erhalten habe (vergleiche u.a. Schriftsatz vom 28.05.2014, Seite 18, 22, Bl. 237 und 241 GA). Dies hat die Klägerin im Rahmen ihrer Berufungsbegründung ausdrücklich gerügt. Es wären deshalb erstinstanzlich die wechselseitig benannten Zeugen Q2 (von der Klägerin benannt) sowie H, C und N6 (von der Beklagten benannt) zu der Frage zu vernehmen gewesen, ob die Mitarbeiter der Klägerin entsprechend informiert und angewiesen worden waren.
148Auch insofern hat das Landgericht das Vorbringen der Parteien fehlerhaft behandelt, indem es streitige Tatsachen als unstreitig angesehen hat. Darin liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S.v. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
149Auf diesem beruht das angefochtene Urteil, denn das Landgericht hat im Rahmen der vorgenommenen Haftungsverteilung festgestellt, die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass ihren Mitarbeitern die Problematik gänzlich unbekannt gewesen ist, sie nicht vom Risiko der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden sei und sie die Entfernung der Spundbohlenreste lediglich in dem Bewusstsein vorgenommen habe, dass man in diesem letzten Stück der Baugrubenecke so schnell wie möglich fertig werden müsse. Dass die Klägerin auf andere Weise als über ihre Mitarbeiter vor Ort von der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden wäre und Anweisungen hierzu erhalten hätte, ist nicht anzunehmen. Sie ist ihrem unbestritten gebliebenen Vortrag zufolge nicht an der hierüber einberufenen Besprechung vom 09.01.2013 beteiligt worden (vergleiche Protokoll, Anl. TW13, Bl. 253 ff. GA). Der Klägerin ist zudem – unstreitig – vor dem streitgegenständlichen Unfall das Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ (Anl. B5, Bl. 104 GA) nicht übermittelt worden. Soweit die Beklagte erstinstanzlich behauptet hat, die Klägerin mit Fax-Schreiben vom „25.04.2002“ bzw. –richtig- 25.04.2003 (Anl. B6, Bl. 105 f. GA) von der Fehlstelle in der Schlitzwand und den Handlungsanweisungen in Kenntnis gesetzt zu haben, ist klägerseits der Zugang des Schreibens bestritten worden, ohne dass die Beklagte hierfür Beweis angetreten hat.
150Letztlich ist die Frage der Information und Anweisung der Klägerin durch die Beklagte für den von dieser umgekehrt erhobenen Vorwurf des pflichtwidrigen Vorgehens bei der Beseitigung der Spundwandbohlen (6) entscheidungserheblich. Denn hätte die Klägerin in Unkenntnis von der gefährlichen Fehlstelle in diesem Bereich die Spundbohlen entfernt, hat dies sowohl auf das Vorliegen einer etwaigen pflichtwidrigen Handlung als auch auf den Grad eines möglichen Verschuldens Auswirkungen.
151Zu (6) Wegreißen der Spundbohlen statt Abbrennen
152Dass der Wasseraustritt in die Baugrube und die dadurch ausgelöste Bodenerosion, die schließlich zum Umstürzen des Krans geführt hat, letztlich mit dem Entfernen der Spundbohlen im Bereich der Fehlstelle durch die Klägerin herbeigeführt wurde, ist unstreitig. Ebenso unstreitig ist, dass die Bohlen dort nicht abgebrannt, sondern weggerissen worden sind. Soweit die Beklagte behauptet, dies sei entgegen der Verpflichtungen der Klägerin aus dem Bauvertrag und entgegen ihrer ausdrücklichen Vorgabe erfolgt, ist dies klägerseits bestritten worden.
153Zu der Frage, auf welche Weise die Klägerin die Entfernung der Spundbohlen vorzunehmen hatte, ist zunächst auf den – unstreitig – zum Gegenstand des Bauvertrags gemachten Nachtrag „N7“ der Klägerin (Anl. B3, Bl. 102 GA) zurückzugreifen, wo es unter Ziff. 7.1 wie folgt heißt: „… Spundbohlen freilegen, abbrennen und ziehen, …“. Soweit das Landgericht daraus geschlossen hat, dass ein Wegbiegen der Spundbohlen nicht hätte erfolgen dürfen, kann dem nicht gefolgt werden. Denn dem Wortlaut des vorgenannten Nachtrags „N7“ zufolge ist sowohl ein Abbrennen als auch ein Ziehen der Bohlen vorgesehen.
154Daher kommt es auf etwaige anderweitig erteilte Weisungen zur Vorgehensweise bei den Abbrucharbeiten an, über die zwischen den Parteien gestritten wird. Die Beklagte hat behauptet, über ihren Polier C die Mitarbeiter der Klägerin angewiesen zu haben, in der Ecke die Dielen nicht zu reißen, sondern vorsichtig schrittweise abzubrennen, was von Seiten der Klägerin ausdrücklich bestritten worden ist (vergleiche Schriftsatz vom 28.05.2014, Seite 22, Bl. 241 GA). Hierzu hätte das Landgericht die beklagtenseits mit Schriftsatz vom 24.03.2014 (Seite 13, Bl. 74 ff. GA) benannten Zeugen H, N6, C, P, C2, H2, S, H3 und T3 sowie den von beiden Parteien benannten Zeugen Q2 (vergleiche auch Schriftsatz der Klägerin vom 28.05.2014, Seite 18 ff., Bl. 237 ff. GA) vernehmen müssen. Stattdessen hat das Landgericht lediglich die Aussagen der beiden Zeugen P und C2 im Ermittlungsverfahren des PP E vom 16.05.2003 (Anl. B10, Bl. 136 ff. GA) bzw. vom 07.05.2003 (Anl. B12, Bl. 149 ff. GA) im Rahmen einer Beweiswürdigung berücksichtigt und ist auf diese Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass die Dielen/Bohlen erst nach erfolgtem Abbrennen durch einen Bagger hätten weggezogen werden sollen. Das angefochtene Urteil lässt an dieser Stelle nicht erkennen, ob auch die ebenfalls vorgelegten Aussagen der weiteren Mitarbeiter der Parteien als Zeugen in dem Ermittlungsverfahren (Anl. B7 - B17, Bl. 107 ff. GA) im Rahmen der recht knapp erscheinenden Beweiswürdigung berücksichtigt worden sind. Vor allem hat das Landgericht aber auch gegen den aus § 355 ZPO folgenden Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen.
155Zwar können die Beweisergebnisse anderer Verfahren urkundlich in einen Zivilprozess eingeführt werden. Das berührt jedoch nicht den Anspruch der Parteien darauf, dass zum maßgeblichen Sachverhalt Zeugen befragt und Sachverständige gehört werden (vergleiche BGH, Urteil vom 06.06.2000, VI ZR 98/99; Urteil vom 12.07.2013, V ZR 85/12; jeweils zitiert nach juris). Der Urkundenbeweis ist nicht dazu da, das grundlegende Recht auf eine unmittelbare Beweisaufnahme zu verkürzen (vergleiche OLG Koblenz, Urteil vom 03.11.2005, 5 U 452/05, zitiert nach juris). Der persönliche Eindruck, den ein Zeuge macht, bietet eine höhere Gewähr für die Ermittlung der Wahrheit, als sie allein durch anderweitige Niederschriften vermittelt werden kann (vergleiche BGH, Urteil vom 14.07.1952, IV ZR 25/52, zitiert nach juris). Die persönliche Vernehmung der Zeugen war hier umso mehr geboten, als beide Parteien ihrerseits die Aussagen aus dem Ermittlungsverfahren unterschiedlich interpretieren. Der Verwertung der Zeugenaussagen aus dem Ermittlungsverfahren unter Übergehung des angetretenen Zeugenbeweises stand mithin der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme entgegen (vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2011, 20 U 37/11, zitiert nach juris). Dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel i.S.v. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO dar (vergleiche OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG München, Urteil vom 14.02.2014, 10 U 3074/13).
156Auf diesem Verfahrensmangel beruht das erstinstanzliche Urteil, da das Landgericht aufgrund der vorgenannten Aussagen aus dem Ermittlungsverfahren auf ein etwaiges von der Klägerin zu vertretendes pflichtwidriges Handeln ihrer Mitarbeiter geschlossen hat.
157Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Berufungsbegründung die mögliche „Fehlinterpretation“ der Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren ausdrücklich beanstandet. Soweit sie dennoch wegen der inzwischen vorliegenden Erkenntnisse aus dem durch rechtskräftiges Teilurteil vom 26.03.2015 für sie abgeschlossenen Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 14c O 165/08 eine weitere Beweisaufnahme nicht für erforderlich hält, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die dortigen Aussagen der Zeugen Q2 und P sowie die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. I2 (vergleiche Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 448 ff. GA) ersetzen ebenfalls aus den oben dargelegten Gründen nicht den im vorliegenden Rechtsstreit unmittelbar zu erhebenden Beweis. Zudem sind weitere Zeugen zu vernehmen, wie vorstehend ausgeführt. Entgegen der Auffassung der Klägerin durfte erstinstanzlich auch nicht mit dem hier unzutreffenden Argument der Vermeidung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises von der Vernehmung der benannten Zeugen abgesehen werden.
158Sofern der Beklagten der Beweis für die Richtigkeit ihrer Behauptung, die Mitarbeiter der Klägerin zum vorsichtigen Abbrennen der Bohlen im Baugrubeneckbereich angewiesen zu haben, nicht gelingt, kommt es auf die übliche Vorgehensweise bei derartigen Abbrucharbeiten an. Hierzu hat die Beklagte behauptet, die Klägerin sei mit besonders „brachialer Gewalt“ beim Wegreißen der Spundbohlen vorgegangen, was klägerseits bestritten worden ist. Dem Vortrag der Klägerin zufolge sei es üblich, auf diese Weise den letzten Spundbohlenrest zu ziehen. Allerdings kommt es in diesem Zusammenhang wiederum auf die fragliche Information der Klägerin über das Vorhandensein der Fehlstelle in der Schlitzwand an. Wenn auf Seiten der Klägerin die Gefahrenstelle bekannt war, durfte sie nicht – wie ggf. sonst üblich – die Spundbohlen wegreißen. Sofern es vor diesem Hintergrund auf die Frage nach der üblichen Vorgehensweise bei derartigen Abbrucharbeiten noch ankommt, wird dem von der Beklagten angetretenen Beweis durch Vernehmung bzw. Anhörung der Sachverständigen Prof. Dr. Q3, Prof. Dr. X, Prof. Dr. L3 und Prof. Dr. L2 (vergleiche Schriftsatz vom 24.03.14, Seite 6, Bl. 67 GA) sowie des Prof. Dr. Q4 (vergleiche Schriftsatz vom 08.01.2015, Seite 3, Bl. 346 GA) als sachverständige Zeugen oder Sachverständige nachzugehen sein.
159Zu (4) Unzureichende Beachtung des Handlungskonzepts
160Soweit die Klägerin der Beklagten unter Hinweis auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. X vom 15.10.2009 vorwirft, ihr eigenes Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ (Anl. B5, Bl. 104 GA) nicht hinreichend beachtet zu haben, da keine bodenmechanische Fachüberwachung beim Freilegen der Fehlstelle vor Ort war, ist der Sachverhalt letztlich unstreitig. Zwar trägt die Beklagte vor, die Dichtigkeit ständig kontrolliert zu haben und zum Zeitpunkt des Schadensfalles sei ihr Polier C auf der Baustelle gewesen. Dass weder dieser noch ein anderer Fachbauleiter die Freilegung der Fehlstelle durch die Klägerin an Ort und Stelle überwacht hat, ist jedoch ebenfalls unstreitig. Allerdings kommt es in diesem Zusammenhang wiederum auf die fragliche Information der Klägerin und ihrer Mitarbeiter über die Fehlstelle an, da sie in Kenntnis der Gefahrenlage ohne bodenmechanische Fachüberwachung die Fehlstelle nicht freilegen durfte. In diesem Falle würde sich eine etwaige beiderseits zu vertretende Pflichtwidrigkeit der Parteien hinsichtlich der fehlenden Überwachung der Fehlstelle im Rahmen der internen Haftungsverteilung gegenseitig aufheben. Andernfalls wäre dieser Gesichtspunkt nur zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen.
161Zu (5) Billigung des Standorts des Krans
162Dass die Beklagte die Entscheidung der Firma I, als Gründungspfähle für den Kran die Verbaupfähle im Bereich der Fehlstelle zu nutzen, gebilligt hat, ist unstreitig. Auch dieser von dem Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung unberücksichtigt gelassene Umstand ist in die Haftungsverteilung zu Lasten der Beklagten einzubeziehen.
163Aufgrund der vorstehend aufgezeigten wesentlichen Verfahrensmängel ist die Aufhebung des angefochtenen Urteils mit dem zu Grunde liegenden Verfahren und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht geboten, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
164Ob das Berufungsgericht statt einer Sachentscheidung die Zurückverweisung wählt, steht in seinem Ermessen, das den Gesichtspunkt der Prozessökonomie in Betracht ziehen muss (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 6). Das Berufungsgericht handelt ermessensfehlerfrei, wenn das Interesse an einer schnelleren Erledigung gegenüber dem Verlust einer Tatsacheninstanz nicht überwiegt (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 38 Rn. 7).
165Hier wäre eine sehr umfangreiche Beweisaufnahme durchzuführen. Eine solche würde den Senat zu einer mit der Funktion eines Rechtsmittelgerichts unvereinbaren weitgehenden Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens zwingen. Daher ist in solchen Fällen regelmäßig die Zurückverweisung geboten (vergleiche OLG München, Urteil vom 14.02.2014, 10 U 3074/13, zitiert nach juris). Hier spricht nichts dafür, von diesem Grundsatz abzuweichen.
166C.
167Zu welchem Ergebnis die Beweisaufnahme vor dem Landgericht führen und welche gerichtliche Entscheidung daraus anknüpfen wird, ist derzeit nicht abzusehen. Gleichwohl erscheint dem Senat – mit dem Ziel der Vermeidung eines weiteren Berufungsverfahrens – zweckmäßig, seinen aus der gegenwärtig greifbaren Tatsachengrundlage abgeleiteten Rechtsstandpunkt zu weiteren noch nicht erörterten Aspekten des Falles aufzuzeigen:
1681.
169Soweit der mit dem Hauptantrag zu 1) geltend gemachte Freistellungsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB i.V.m. § 25. 225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag nicht besteht, wird die Klage mit dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag ebenfalls keinen Erfolg haben. Denn ein weitergehender Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Dach-ARGE-Vertrag sowie aus § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B im Wege der „actio pro socio“ kommt nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht in Betracht.
170a)
171Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen etwaiger Verletzung der Pflichten als technische Geschäftsführerin der Dach-ARGE gemäß § 7 Dach-ARGE-Vertrag geht nicht weiter als der auf § 426 Abs. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. II Dach-ARGE-Vertrag gestützte Freistellungsanspruch gemäß dem Hauptantrag zu 1). Die gegen die Beklagte in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe, insbesondere hinsichtlich der technischen/terminlichen Koordination der Gesamtbaustelle sowie der Überwachung der Bauarbeiten einschließlich der Überprüfung der Einhaltung aller sicherheitsrelevanten Vorschriften und Gesetze, sind im Wesentlichen deckungsgleich, jedenfalls nicht weitergehend.
172b)
173Soweit ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen etwaiger Verletzung der Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-ARGE gemäß § 8 Dach-ARGE-Vertrag in Betracht kommt, ist von gleichen Haftungsanteilen der Parteien auszugehen.
174Zwar ist die auf Feststellung des Versicherungsschutzes für Sach- und Personenschäden aus dem Schadensereignis vom 29.04.2003 (Kranunglück E L) gerichtete Deckungsklage der Dach-ARGE gegen die N AG durch Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 05.03.2010, Az. 4 U 82/09 (Anlage B 19, Bl. 192 ff. GA) rechtskräftig abgewiesen worden. Jedoch beruht dies weder auf einer etwaigen Versäumung, den Versicherungsschutz über den 31.03.2003 hinaus bis zum tatsächlichen Ende der Bauarbeiten zu verlängern, noch auf einer mangelnden Schadensanzeige. Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist in seiner vorgenannten Entscheidung nicht davon ausgegangen, dass der Versicherungsschutz aus der Objekthaftpflichtversicherung bis zum 31.03.2003 befristet gewesen ist. Die Befristung des Versicherungsschutzes sei vielmehr offen und wäre im Wege der Beweisaufnahme zu klären gewesen (vergleiche Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010, 4 U 82/09, Entscheidungsgründe I. 1., Bl. 205 GA). Dass eine Beweisaufnahme ebenfalls zur Abweisung der Deckungsklage geführt hätte, ist von der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit nicht dargelegt worden. Daher kann hier dahinstehen, wer von den beiden Parteien ggf. für die Verlängerung des Versicherungsschutzes zu sorgen hatte.
175Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist in seinem vorgenannten Urteil zudem von einer wirksamen Schadensmeldung durch die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits ausgegangen (vergleiche Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010, 4 U 89/09, Entscheidungsgründe I. 3. c) bb), Bl. 209 GA), so dass ein etwaiges Versäumnis der Beklagten auch insoweit nicht zur Abweisung der Deckungsklage geführt hat.
176Entscheidend hierfür war das Verstreichen der zweijährigen Verjährungsfrist gemäß § 12 Abs. 2 VVG (a.F.), nach Ablehnung des Versicherungsschutzes durch die N AG mit Schreiben vom 25.11.2003 (Anl. TW14, Bl. 260 GA). Dieses Schreiben war ursprünglich an die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits gerichtet und ist von dieser mit Schreiben vom 28.11.2003 an die Beklagte weitergeleitet worden (Anl. TW15, Bl. 261 GA). Der Inhalt des Schreibens der Versicherung, mit dem ersichtlich auf einer Befristung der Anhebung der Versicherungssumme gemäß dem objektbezogenen Nachtrag bis zum 31.03.2003 beharrt und mithin der Versicherungsschutz für den Kranunfall vom 29.04.2003 abgelehnt wird, war daher beiden Parteien bekannt. Dennoch haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte nicht rechtzeitig vor Ablauf der vorgenannten Frist für die Hemmung der Verjährung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag gesorgt, ggf. durch gerichtliche Geltendmachung. Zwar mag dies primär der Beklagten als Vertreterin der Dach-ARGE im Rahmen ihrer kaufmännischen Geschäftsführung oblegen haben. Jedoch hat auch die Klägerin weder auf den Lauf der Verjährungsfrist hingewiesen noch auf die gerichtliche Geltendmachung des Versicherungsschutzes gedrängt, obwohl gemäß § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag vorgesehen ist: „Wird ein Haftungsanspruch gegen einen Gesellschafter geltend gemacht oder ist dies zu erwarten, so unterrichten sich die Gesellschafter unverzüglich und legen ihr Verhalten gemeinsam fest. Die Gesellschafter werden sich bei der Abwicklung derartiger Ansprüche nach Kräften unterstützen.“ Aufgrund dieser Vereinbarung durfte sich die Klägerin nicht „blind“ auf die kaufmännische Geschäftsführung der Beklagten verlassen, sondern hätte ihrerseits die gebotenen Schritte zur Wahrung der Verjährungsfrist erwägen und mit der Beklagten besprechen müssen. Vor diesem Hintergrund trifft die Klägerin ein gleichwertiges Mitverschulden an dem mangelnden Versicherungsschutz für den Personen- und Sachschaden aus dem streitgegenständlichen Kranunfall.
177c)
178Eine weitergehende Haftung der Beklagten folgt auch nicht aus dem im Wege der „actio pro socio“ geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B i.V.m. § 25.135 Dach-ARGE-Vertrag.
1792.
180Für die nach einseitiger Teil-Erledigungserklärung zu dem Klageantrag zu 1) hinsichtlich des unter 1e) genannten Anspruchs der Fa. J3 GmbH begehrte Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
1813.
182Dasselbe gilt für das mit dem Klageantrag zu 2) festzustellende Rechtsverhältnis hinsichtlich der Freistellung von weitergehenden Ansprüchen, das hinsichtlich der Haftungsverteilung demjenigen nach dem Hauptantrag zu 1) entspricht.
183D.
184Nach Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils ist der weitere Antrag der Klägerin auf Berichtigung des Tenors der Entscheidung des Landgerichts gegenstandslos.
185III.
186Die gerichtlichen Kosten zweiter Instanz sind wegen des eindeutigen Verfahrensfehlers gemäß § 21 GKG niederzuschlagen. Eine unrichtige Sachbehandlung kann durchaus vorliegen, soweit das erstinstanzliche Gericht einen offensichtlichen erheblichen Verfahrensfehler begangen hat, der zur Zurückverweisung durch das Berufungsgericht führt (vergleiche Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage 2014, § 21 GKG Rn. 40, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Zwar mag nicht jeder Verfahrensmangel, der gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung führt, eine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 21 GKG darstellen (vergleiche KG Berlin, Beschluss vom 24.05.2005, 1 AR 20/03; OLG München, Beschluss vom 23.11.1989, 10 U 3401/89; jeweils zitiert nach juris). Bei Entscheidungen, die den breiten richterlichen Handlungs-, Bewertungs- und Entscheidungsspielraum deutlich überschreiten, ist jedoch von einer unrichtigen Sachbehandlung auszugehen (vergleiche OLG München, Urteil vom 11.07.2013, 23 U 695/13, zitiert nach juris). Dies kann insbesondere bei offensichtlichem Übergehen von Beweisangeboten der Fall sein (vergleiche OLG München, a.a.O., OLG Koblenz, Urteil vom 17.10.2012, 5 U 1551/11; OLG Koblenz, Urteil vom 08.10.2014, 5 U 716/14; jeweils zitiert nach juris). Hier muss dem Landgericht die Problematik seiner Vorgehensweise bei Erlass des erstinstanzlichen Urteils durchaus bewusst gewesen sein, zumal beide Parteien im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 08.12.2014 mit Schriftsätzen vom 15.12.2014 (Bl. 338 ff. GA) und 08.01.2015 (Bl. 344 ff. GA) jeweils unter Bezugnahme auf ihre Beweisangebote ausdrücklich auf die ihrer Auffassung nach mangelnde Entscheidungsreife der Sache hingewiesen hatten.
187Im Übrigen ist die Kostenentscheidung der erstinstanzlichen Schlussentscheidung vorzubehalten (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 57).
188Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO (vergleiche zur möglichen Vollstreckung des aufhebenden und zurückverweisenden Urteils: Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 58).
189Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Streitentscheidend sind Umstände des Einzelfalls. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden. Zudem wird entgegen der Auffassung der Beklagten insbesondere hinsichtlich der Voraussetzungen eines Freistellungsanspruchs unter Gesamtschuldnern weder von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch von derjenigen anderer Oberlandesgerichte abgewichen.
190Berufungsstreitwert: 13.000.000,00 €
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag Nr. ###und dem dazugehörigen Exzedentenvertrag DE 0000021LI03A bedingungsgemäß Versicherungsschutz zu gewähren über eine Quote von 50 % hinaus wegen der Inanspruchnahme der Klägerin durch die Firma V GmbH im Verfahren vor dem Landgericht Köln (18 O 16/14) gemäß Klageschrift vom 04.10.2013, soweit die Klage nicht darauf gestützt wird, die Klägerin habe es als kaufmännische Geschäftsführerin der Y Baugrube Düsseldorf versäumt, die projektbezogene Haftpflichtversicherung bei der T-Versicherung bis zum 31.03.2003 zu verlängern und sie habe zudem Deckungsansprüche gegenüber der T-Versicherung verjähren lassen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Beklagte (bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen) war seit vielen Jahren und so auch 2003 der Betriebshaftpflichtversicherer der Klägerin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen). Das Versicherungsverhältnis endete zum 01.01.2006.
3Die Versicherungsbedingungen entsprechen, soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung, dem Versicherungsschein, den die Klägerin als Anlage K 1 (AH) vorgelegt hat. Zudem bestand eine Exzedentenversicherung zwischen den Parteien nach Maßgabe der Versicherungsbestätigung vom 06.02.2003 (Anlage K 13, Bl. 20 f GA).
4Unter Teil II Ziffer 4 – „Teilnahme an Arbeits- und Liefergemeinschaften“ – heißt es im Versicherungsschein:
5Für Haftpflichtansprüche aus der Teilnahme an Arbeits- und Liefergemeinschaften gelten, unbeschadet der sonstigen Vertragsbedingungen (insbesondere der Deckungssummen), folgende Bestimmungen:
6…
74.4
8Nicht versichert sind Haftpflichtansprüche wegen Schäden an den von den einzelnen Partnern in die Arbeitsgemeinschaft eingebrachten oder von der Arbeitsgemeinschaft beschafften Sachen, gleichgültig, von wem die Schäden verursacht wurden.
94.5
10Ebenso bleiben ausgeschlossen Ansprüche der Partner der Arbeitsgemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Arbeitsgemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt.
11Am 17.09.2002 hatte die Klägerin mit der Fa. V GmbH (im Folgenden: Fa. V) einen Vertrag über eine Dach-Arbeitsgemeinschaft geschlossen (Anlage K 2, AH). Zweck der Dacharbeitsgemeinschaft mit der Bezeichnung „Y Baugrube Düsseldorf“ (im Folgenden: Y) war die gemeinsame Durchführung von Spezialtiefbau- und Abbrucharbeiten im Rahmen eines Bauvorhabens des Hotels G in Düsseldorf (Bauprojekt „G KÖ Düsseldorf“). Die Klägerin war an der Y mehrheitlich beteiligt. Zudem war sie laut Vertrag technische und kaufmännische Geschäftsführerin.
12Die Y schloss am 23.08./26.08.2002 einen entsprechenden Werkvertrag mit der A Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH (Anlage K 7 (doppelt vergeben), AH). In § 11 war u.a. geregelt, dass die Y eine objektbezogene Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von 50.000.000,- € abzuschließen und der Auftraggeberin nachzuweisen hatte.
13Die Y schloss wiederum einen Nachunternehmervertrag betr. die Arbeiten, die innerhalb der Y der Klägerin zugewiesen waren, mit der Y Spezialtiefbau -Düsseldorf, an der die Klägerin zu 60 % und die Fa. D Spezialtiefbau GmbH mit 40 % beteiligt waren.
14Die V hatte ihrerseits einen Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag abgeschlossen, und zwar bei der T-Versicherung AG (im Folgenden: T-Versicherung). Mit Nachtrag vom 06.09.2002 (Anlage K 10, AH) erstellte die T-Versicherung einen als ergänzenden Bestandteil des Versicherungsscheines geltenden Nachtrag vom 06.09.2010, der die Y als Versicherungsnehmerin aufwies. In dem Nachtrag (es gibt allerdings auch weitere, das vorliegende Projekt betreffende Nachträge, s. Bl. 3 f des Urteils des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010, Anlage B 1, Bl. 36 f der Akte 24 O 72/15) ist u.a. eine die Herstellung der Baugrube Düsseldorf betreffende Höherdeckung geregelt.
15Am 29.04.2003 kam es auf der Baustelle zu einem Umsturz zweier Turmkräne. Zwei Bauarbeiter kamen ums Leben. Es entstanden zudem Sach- und Vermögensschäden in Millionenhöhe.
16Aus diesem Unglücksfall erwuchsen mehrere Schadensersatzklagen, die gegen die Y, die Klägerin und die Fa. V sowie weitere am Bau Beteiligten geführt wurden und werden.
17Die Y nahm die T-Versicherung auf Feststellung in Anspruch, dass
18diese als Objekthaftpflichtversicherer für die Tätigkeit der Y an dem Bauvorhaben Baugrube Düsseldorf hinsichtlich des Schadensfalls vom 29.04.2003 verpflichtet sei. Die Klage wurde mit rechtskräftigem Berufungsurteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010 (Anlage B 1, Bl. 34 ff der Akte 24 O 72/15) abgewiesen. Hierbei wurde offen gelassen, ob eine zeitliche Befristung des Deckungsschutzes auf einen Zeitpunkt vor dem Unglücksfall gegeben sei. Jedenfalls seien Deckungsansprüche im Hinblick auf die bereits 2003 erfolgte Deckungsablehnung der T-Versicherung verjährt.
19Mit Klageschrift vom 04.10.2013 (Anlage K 3, AH) in dem Verfahren 18 O 16/14 LG Köln nahm die Fa. V die Klägerin mit den Anträgen in Anspruch, sie mit einer Quote von 68 % von Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 auf dem Grundstück Königsallee 59 in Düsseldorf beruhen. Die Fa. V vertritt die Auffassung, die alleinige Verantwortung für den Unfall trage die Klägerin. Sie ist zudem der Ansicht, die Klägerin habe sie deshalb von allen gegen die Fa. V geltend gemachten Schadensersatzansprüchen Dritter freizustellen, weil die Klägerin sich der Fa. V GmbH gegenüber aus dem Dach-Y-Vertrag schadenersatzpflichtig gemacht habe, denn sie habe der Fa. V gegenüber gegen ihre Pflichten als technischer und kaufmännischer Geschäftsführer der Y verstoßen. Als technischer Geschäftsführer habe die Klägerin versagt, denn sie habe bezogen auf den Unfall weder eine technische und terminlich sachgerechte Koordinierung der Gesamtbaustelle vorgenommen noch eine ordnungsgemäße Überwachung der Bauarbeiten und Überprüfung der Einhaltung aller sicherheitsrelevanten Vorschriften und Gesetze vorgenommen (§ 7.1 S. 2, S. 3, § 7.41 des Dach-Y-Vertrages). Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 23 ff der Klageschrift Bezug genommen. Als kaufmännischer Geschäftsführer habe sie gegen ihre Pflicht zur verantwortlichen Überwachung aller kaufmännischen Arbeiten der Dach-Y und die Mitwirkung beim Abschluss von Verträgen der Dach-Y verstoßen (§ 8.41 sowie § 8.45 des Dach-Y-Vertrages; Bl. 25 f der Klageschrift). Denn die Klägerin habe es zu verantworten, dass die projektbezogene Haftpflichtversicherung für Sach- und Vermögensschäden mit einer Deckungssumme von 50.000.000,- € dem Wortlaut des Versicherungsscheines nach nur befristet bis zum 31.03.2003 abgeschlossen worden sei, ohne sodann für eine Verlängerung über den 31.03.2003 hinaus oder zumindest eine verbindliche Klarstellung, dass die Befristung nicht gelte, Sorge zu tragen. Ferner habe die Klägerin es zu vertreten, dass die Geltendmachung der Deckungsansprüche der Y gegen die T-Versicherung verjährt sei.
20Mit Urteil vom 12.01.2015 erkannte das Landgericht Köln - 18 O 16/14 – (Anlage K 4, AH), dass die hiesige Klägerin die Fa. V im Umfang von 68 % von den im Tenor näher bezeichneten Ansprüchen Dritter freizustellen habe. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen. Die Kammer kam zu dem Ergebnis, dass die Fa. V gegen die hiesige Klägerin einen entsprechenden Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB habe im Hinblick auf den jeweiligen Verantwortungsbeitrag der dortigen Parteien an der Unfallverursachung. Ein über eine Quote von 68 % hinausgehender Freistellungsanspruch könne nicht aus der angeblichen Verletzung der Pflichten der hiesigen Klägerin als technischer und kaufmännischer Geschäftsführer hergeleitet werden (Bl. 16 ff des Urteils). In dem Urteil wurde der Streitwert auf 13.000.000,- € festgesetzt.
21Gegen dieses Urteil wurde durch beide Parteien des dortigen Rechtsstreits Berufung eingelegt, die unter dem Aktenzeichen 19 U 20/15 OLG Köln anhängig ist.
22Die Klägerin unterrichtete die Beklagte umgehend nach Zustellung der Klageschrift vom 04.10.2013 über die Inanspruchnahme durch die Fa. V.
23Am 22.11.2013 fand ein Besprechungstermin der Parteien statt. Die Beklagte erklärte u.a., dass sie vorläufig Deckungsschutz gewähren werde. Die Deckungspflicht der Beklagten wurde nicht mit der Erwägung in Frage gestellt, dass ggf. auch der nicht gedeckte sog. Erfüllungsbereich betroffen sei.
24In Abstimmung mit der Beklagten mandatierte die Klägerin Herrn Rechtsanwalt Dr. C1 aus der Kanzlei P. Q. Rechtsanwälte in Düsseldorf.
25Mit E-Mail vom 21.03.2014 (Anlage K 6, AH) nahm die Beklagte zum Entwurf der Klageerwiderung Stellung. Abschließend hieß es:
26Aus Gründen äußerster Vorsorge weisen wir darauf hin, dass mit dieser Stellungnahme keine Aussage zum Versicherungsschutz im Rahmen des hier bestehenden Versicherungsvertrages verbunden ist.
27Mit E-Mail vom selben Tag (Anlage K 7, AH) wandte die Beklagte sich an die Klägerin und führte aus:
28Aus Gründen äußerster Vorsorge möchten wir auf Deckungsbedenken aufmerksam machen, die sich im Zusammenhang mit der zwischenzeitlich von der V GmbH gegen die W SE erhobenen Freistellungsklage – LG Köln 18 O 16/14 – ergeben. Nach Teil II Ziffer 4.5 der zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen „Ansprüche der Partner der Arbeitsgemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Arbeitsgemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt“. Sollte sich daher nach Abschluss des Verfahrens herausstellen, dass etwaige Ansprüche der V GmbH tatsächlich bestehen und diesem Bereich zuzuordnen wären, bestünde insoweit kein Versicherungsschutz.
29Eine weitergehende Aussage zur Haftung und/oder Deckung ist mit dieser Mitteilung nicht verbunden.
30Mit Schreiben vom 24.03.2014 wandte sich die W GmbH namens der Klägerin daraufhin an die Beklagte (Anlage K 8, AH). In dem Schreiben heißt es:
31Wir nehmen Bezug auf Ihre nochmals beigefügte Nachricht vom 21.03.2014.
32Der Versicherungsschutz umfasst sowohl die Abwehr unberechtigter, als auch die Befriedigung berechtigter Ansprüche, so dass der Versicherungsschutz nicht davon abhängen kann, ob die Ansprüche des Klägers P&Z tatsächlich bestehen.
33Es handelt sich vorliegend nicht um Ansprüche, die originär in Person der Arbeitsgemeinschaft oder ihrer Partner entstanden sind, sondern Rückgriffsansprüche wegen Schadensersatzansprüchen Dritter.
34Klauseln, die den Versicherungsschutz beschränken, sind nicht weiter auszulegen, als ihr erkennbarer Zweck es erfordert. Sinn und Zweck der von Ihnen genannten Klausel ist es, Ansprüche, bei denen eine besondere Gefahr kollusiven Verhaltens zu Lasten des Versicherers besteht, vom Versicherungsschutz auszunehmen. Bei Schadensersatzansprüchen Dritter, die im Regresswege geltend gemacht werden, besteht eine solche Gefahr mangels Einflussmöglichkeit jedoch nicht.
35Die Klausel greift daher nur für Ansprüche ein, die unmittelbar in der Person der Arbeitsgemeinschaft oder ihrer Partner entstanden sind Schmalzl/Krause-Allenstein Rh 541, Garbes (R Versicherung AG) Rn 69; Veith/Gräfe/Bock-Wehr § 13 Rn 130; Prölss/Martin BBR Arch A. Nr. 3 Rn 4.
36Ungeachtet dessen hatten Sie in der Besprechung vom 22.11.2013 den Versicherungsschutz für die Freistellungsklage von P & Z nur unter den Vorbehalt des Eingreifens des Erfüllungsschadensausschlusses und dementsprechend eine vorläufige Kostenübernahme von 50 % zugesagt.
37Letztlich steht die Inanspruchnahme des versicherungsvertraglichen Weisungsrechts durch Einflussnahme auf den Inhalt der Klageerwiderung und damit den Ausgang des Verfahrens in eklatantem Widerspruch dazu, keinen Versicherungsschutz gewähren zu wollen.
38Der Sachverhalt ist nach über 10 Jahren aufgeklärt. Der Prozess kann keine neuen, für den Versicherungsschutz relevanten Tatsachen mehr zu Tage bringen. Sie haben sich daher unmissverständlich darüber zu erklären, ob sie bedingungsgemäßen Versicherungsschutz gewähren BGH VersR 2007, 1116.
39Wir setzen Ihnen hierzu namens Versicherungsnehmers eine Frist bis zum 07.04.2014.
40In einer Mail der Beklagten vom 31.03.2014 an ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 05.11.2015, AH) heißt es unter Bezugnahme auf das o.g. Schreiben der Klägerin vom 24.03.2014:
41Anbei die prompte Reaktion von W auf unsere E-Mail vom 21.03.2014.
42Können wir uns in den nächsten Tagen über eine Beantwortung abstimmen? Mir war im Übrigen nicht mehr erinnerlich und ich habe mir auch nicht notiert, dass wir für die Kosten der Freistellungsklage schon eine Absprache getroffen hatten. Aber mit vorläufig 50 % können wir m.E. gut leben.
43Unter dem 04.04.2014 antwortete die Beklagte der Klägerin wie folgt (Anlage K 9, AH):
44Wir beziehen uns auf Ihre Stellungnahme vom 24.03.2014 zu unserer Nachricht vom 21.03.2012, deren Inhalt Sie offensichtlich missverstanden haben.
45Wie auch von RA Dr. C1 in seiner Stellungnahme vom 20.03.2014 ausdrücklich ausgeführt wurde, macht P&Z nicht nur Rückgriffsansprüche wegen Schadensersatzansprüchen Dritter geltend, sondern wirft der Versicherungsnehmerin bekanntlich auf S. 25 f der Klageschrift auch vor, dass Sie gegen Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-Y verstoßen haben sollen, indem Sie die „vereinbarte objektbezogene Haftpflichtversicherung für Sach- und Vermögensschäden mit einer Deckungssumme in Höhe von EUR 50.000.000,00 (…) nicht für die Dauer der Bauzeit, sondern nur befristet bis zum 31.03.2003 für die Dach-Y in ihre Obhut genommen“ habe. Vor diesem Hintergrund erklären sich unsere mit Nachricht vom 21.03.2014 rein vorsorglich mitgeteilten Deckungsbedenken. Denn hierbei würde es sich – den diesbezüglichen Vortrag von P&Z einmal in deren Sinne als zutreffend unterstellt – nicht um einen Rückgriffsanspruch wegen Schadensersatzansprüchen Dritter handeln, sondern um einen unmittelbar in Person von P&Z als Gesellschafterin der Y entstandenen originären Anspruch, welcher – worauf auch Sie in Ihrer Stellungnahme vom 24.03.2014 im Ergebnis zu Recht eingehen – vom Versicherungsschutz ausgenommen wäre. Für derartige Ansprüche kommt richtigerweise aber auch von vornherein keine Abwehrdeckung in Betracht, da Abwehrdeckung voraussetzen würde, dass der jeweilige Anspruch – seine Begründetheit einmal unterstellt – überhaupt geeignet wäre, Gegenstand des Versicherungsschutzes zu sein. Dies ist bei Ansprüchen, die dem Ausschluss nach Teil II Ziffer 4.5 der Police zuzuordnen sind und damit von vornherein dem Versicherungsschutz entzogen sind, nicht der Fall.
46Hiervon unberührt bleibt natürlich die Frage des Versicherungsschutzes im Übrigen, welchen wir selbstverständlich auch weiterhin nach Maßgabe des im Termin vom 22.11.2013 Besprochenen bedingungsgemäß gewähren.
47In der E-Mail vom 07.04.2014 (Anlage K 10, AH) führte die W GmbH aus:
48Bei den behaupteten Ansprüchen wegen Verletzung der kaufmännischen Geschäftsführerpflichten handelt es sich ebenso, wie bei den anderen Ansprüchen, um Regressansprüche wegen Schäden Dritter, lediglich die Anspruchsgrundlage ist eine andere.
49Falls wir bis zum 21.04.2014 von Ihnen keine anderweitige Nachricht erhalten, gehen wir davon aus, dass Sie bei Ihrer Rechtsauffassung verbleiben, wonach vorliegend etwaige Ansprüche wegen Verletzung der Pflichten als kaufmännischer Geschäftsführer nicht vom Versicherungsschutz umfasst seien.
50Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils wandte sich die W GmbH mit E-Mail vom 29.01.2015 (Anlage K 11, AH) an die Beklagte:
51Anbei erhalten Sie die Einschätzung von Dr. C1 zu dem Urteil in der Freistellungsklage von P+Z.
52Der Versicherungsnehmer schließt sich der Beurteilung von Dr. C1 an und bittet insofern um Weisung, ob gegen das Urteil Berufung eingelegt werden soll.
53Das Gericht hat eine Verletzung der Pflichten aus der kaufmännischen Geschäftsführung seitens des Versicherungsnehmers eindeutig verneint.
54Wir gehen daher davon aus, dass Sie Ihre mit Schreiben vom 04.04.2014 geäußerten Bedenken zum Versicherungsschutz nicht weiter aufrecht erhalten und bitten bis spätestens 05.02.2015 um vorbehaltlose Bestätigung des Versicherungsschutz für die mit der Freistellungsklage geltend gemachten Ansprüche und Übernahme der Kosten für das bisherige Verfahren vor dem Landgericht Köln und das folgende Berufungsverfahren.
55Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 06.02.2015 (Anlage K 12, AH):
56Vielen Dank für Ihre Nachricht vom 29.01.2015. Der Empfehlung von Dr. C1 folgend sollte hier fristwahrend Berufung eingelegt werden.
57Unsere mitgeteilten Deckungsbedenken wegen Teil II Ziffer 4.5 müssen wir im Ergebnis aufrechterhalten. Auf S. 12 stellt das Gericht fest: „(…) Die unzureichende bodenmechanische Fachbauleitung und Kommunikation muss sich wiederum die Beklagte zurechnen lassen. Die Beklagte hatte die technische Geschäftsführung übernommen, wozu auch die „verantwortliche Überwachung der Bauarbeiten“ (§ 7, 7.41 Anklagenheft I, Bl. 8) gehörte. Denn jedenfalls begründete dies die Pflicht zur Überwachung gegenüber der Klägerin und damit ein Recht der Klägerin, überwacht zu werden. Die Klägerin durfte danach zulässigerweise von einer eigenen Überwachung absehen. Entsprechend diesen Grundsätzen bestehen wechselseitige Ausgleichspflichten (…)“. Das Gericht nimmt also eine Pflichtverletzung gegenüber P+Z an, welche das Recht gehabt habe, von W überwacht zu werden. Nach Teil II Ziffer 4.5 der zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen sind vom Versicherungsschutz aber ausgeschlossen „Ansprüche der Partner der Arbeitsgemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Arbeitsgemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt.“ Soweit sich also die vom Gericht ermittelte Quote (auch) auf diese vermeintliche Pflichtverletzung im Innenverhältnis der Y- Gesellschafter stützt, bestünde hierfür kein Versicherungsschutz. Sie werden daher sicherlich verstehen, dass wir unsere mitgeteilten Deckungsbedenken wegen Teil II Ziffer 4.5 einstweilen aufrecht erhalten müssen, zumal die erstinstanzliche Entscheidung im Hinblick auf die behaupteten Pflichtverletzungen auch noch keineswegs rechtskräftig ist. Hiervon unberührt bleibt natürlich die Frage des Versicherungsschutzes im Übrigen, welchen wir selbstverständlich auch weiterhin nach Maßgabe des im Termin vom 22.11.2013 Besprochenen bedingungsgemäß gewähren.
58Mit E-Mail vom 28.04.2015 (Anlage B 2, Bl. 45 GA), die der Klägerin zwischen Anhängig und Rechtshängigkeit zuging, führte die Beklagte aus:
591.
60Zur Frage des Versicherungsschutzes der W SE hatten wir uns bereits wiederholt erklärt. Wir erinnern insoweit nur an die Inhalte im Termin vom 22.11.2013 und verweisen lediglich beispielhaft noch einmal auf unser Schreiben vom 06.02.2015. Für die W SE besteht insoweit selbstverständlich und weiterhin – bedingungsgemäßer – Versicherungsschutz. Für die Abgabe weitergehender Erklärungen sehen wir weder Anlass noch Notwendigkeit, noch einen rechtlichen Anspruch oder auch nur ein Rechtsschutzbedürfnis.
612.
62Auch zur Freistellungsklage hatten wir uns – in diesem Zusammenhang – wiederholt geäußert. Dem Versicherungsschutz können allein Rückgriffsansprüche wegen Schadensersatzansprüchen Dritter unterfallen, nicht aber auch originäre Ansprüche im Innenverhältnis der Gesellschafter. Dies ist im Vertrag geregelt und im Übrigen auch losgelöst von der Frage zu betrachten, welcher Gesellschafter zunächst in Anspruch genommen worden ist. Ob und inwieweit aber derartige originären Ansprüche der Gesellschafter tatsächlich anzunehmen sind oder nicht, bleibt letztlich der gerichtlichen Klärung im Freistellungsprozess vorbehalten. Insoweit würde es nach unserem Dafürhalten Sinn machen, den Dialog zu dieser Thematik jedenfalls einstweilen zurückzustellen und zunächst einmal den weiteren Gang des Berufungsverfahrens abzuwarten.
633.
64Wir vermögen auch nicht zu erkennen, warum die Notwendigkeit bestehen sollte, weitere Klagen vorzubereiten oder gar einzureichen.
65Die Beklagte übernahm die Kosten der Rechtsverteidigung bislang mit einer Quote von 50 %.
66Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Sie habe ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Umfangs der Deckungspflicht der Beklagten. Zum Einen habe diese bereits im Termin vom 22.11.2013 nur erklärt, sich vorläufig mit einer Quote von 50 % an den Abwehrkosten zu beteiligen. Auf das seitens der Klägerin selbst erstellte Protokoll der Besprechung vom 22.11.2013 wird Bezug genommen, Anlage K 15, Bl. 57 GA. Zum anderen mache sie unberechtigt einen angeblichen Deckungsausschluss aus Teil II Ziffer. 4.2 des Versicherungsvertrages geltend.
67Die Klägerin ist der Auffassung, der vorgenannte Deckungsausschluss greife schon deshalb nicht, weil letztlich alles, was die Fa. V zur Begründung ihres angeblich gegenüber der Klägerin bestehenden Freistellungsanspruchs geltend macht, im Rahmen des Rückgriffs bzgl. der von den Geschädigten geltend gemachten Schadensersatzansprüche erfolge. Es sei jedoch anerkannt, dass die Deckungsausschlussklausel nicht bei Ausgleichsansprüchen eines Mitglieds einer Arbeitsgemeinschaft gegen ein anderes Mitglied der Arbeitsgemeinschaft bei nach außen bestehender gesamtschuldnerischer Haftung im Hinblick auf das Innenverhältnis greife. Dem Deckungsausschluss könnten nur Ansprüche unterfallen, mit denen ein Mitglied einer Arbeitsgemeinschaft ein anderes Mitglied der Arbeitsgemeinschaft wegen Schäden in Anspruch nehme, die dieses unmittelbar erlitten habe. Hierum gehe es vorliegend jedoch nicht.
68Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die angebliche Verletzung von Pflichten als kaufmännischer Geschäftsführer ersichtlich nicht vorliege, wie das Landgericht im Urteil vom 12.01.2015 zutreffend festgestellt habe. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Beurteilung der deckungsrechtlichen Fragen seien geklärt und weitere Erkenntnisse im Verfahren der Fa. V gegen die Klägerin ohnehin nicht zu erwarten, zumal die Frage einer Verletzung kaufmännischer Pflichten dort auch nicht entscheidungserheblich sei.
69Es sei anerkannt, dass dem Versicherungsnehmer ein Anspruch darauf zustehe, dass der Haftpflichtversicherer sich alsbald verbindlich zu der erbetenen Deckungsbestätigung erkläre.
70Soweit die Beklagte meine, eine entsprechende Festlegung sei ungeachtet der Frage des Eingreifens der vorgenannten Deckungsausschlussklausel erfolgt, so könne dies schon deshalb nicht nachvollzogen werden, weil die Beklagte bislang nur 50 % der Abwehrkosten übernommen habe. Im Streit sei daher vollumfänglich der Abwehrschutz wie auch der Befreiungsanspruch.
71Die Klägerin beantragt,
72die Beklagte zu verurteilen, ihr aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag Nr. ###und dem dazugehörigen Exzedentenvertrag ###Versicherungsschutz zu gewähren wegen der Inanspruchnahme der Klägerin durch die Firma V GmbH im Verfahren vor dem Landgericht Köln (18 O 16/14) gemäß Klageschrift vom 04.10.2013.
73Die Beklagte beantragt,
74die Klage abzuweisen.
75Die Beklagte hält ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO für nicht gegeben, da aus ihrer Sicht zwischen den Parteien die Verpflichtung der Beklagten bereits vor Klageerhebung unstreitig gewesen sei, der Klägerin bedingungsgemäßen Versicherungsschutz in dem Verfahren 18 O 16/14 LG Köln u gewähren.
76Der Hinweis auf mögliche Bedenken wegen des Eingreifens von Teil II Ziffer 2.4 des Versicherungsvertrages führe zu keinem anderen Ergebnis, denn wenn der Versicherungsnehmer nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits keinen Anspruch darauf habe, dass der Versicherer ihm gegenüber eine vorbehaltlose Deckungsbestätigung erkläre, dann um so weniger, wenn es sich – wie vorliegend – nur um einen bloßen Hinweis auf Deckungsbedenken handele.
77Die Klage sei auch unbegründet.
78Im Besprechungstermin vom 22.11.2013 habe die Beklagte – so der Vortrag in der Klageerwiderung - der Klägerin ausdrücklich bedingungsgemäßen Versicherungsschutz für die Klageverteidigung bestätigt. Im Schriftsatz der Beklagten vom 12.10.2015 heißt es hierzu, es sei verdeutlicht worden, dass das im Termin vom 22.11.2013 Besprochene lediglich vorläufigen Charakter habe und unter dem Vorbehalt einer abschließenden Beurteilung – insbesondere in deckungsrechtlicher Hinsicht – stehe.
79Vorgerichtlich habe die Beklagte sich auch nicht auf einen Deckungsausschluss berufen, sondern nur höchst vorsorglich auf mögliche Deckungsbedenken hingewiesen, die sich aus Teil II Ziffer 4.2 der Versicherungsbedingungen ergeben können, falls nämlich ein potentieller Deckungsausschluss sich im Laufe der Zeit als einschlägig herausstellen sollte. Hierin liege keine teilweise Deckungsversagung, sondern lediglich ein Hinweis auf theoretisch mögliche Deckungsbedenken. Die Mitteilung der Deckungsbedenken habe dem Schutz der Klägerin gedient, damit diese sich frühzeitig darauf einstellen könne, dass ggf. nicht unbeschränkt Deckung bestehe.
80Dieser vorsorglich erteilte Hinweis sei auch nach wie vor zutreffend:
81Soweit die Fa. V ihren angeblichen Freistellungsanspruch darauf gestützt habe, dass sich in dem Kranunfall ein Risiko realisiert habe, das ausschließlich aus dem Leistungs- und Lieferumfang der Y Spezialtiefbau stamme, wie auf Bl. 17 der Klageschrift ausgeführt, und damit einen Gesamtschuldnerausgleich verlange, bestehe ohne Weiteres Deckungsschutz, weshalb die Beklagte auch bedingungsgemäßen Versicherungsschutz uneingeschränkt bestätigt habe.
82Etwas anderes gelte allerdings, soweit die Fa. V ihre Klage auch darauf stütze, dass die Klägerin angeblich in Bezug auf die abzuschließende projektbezogene Haftpflichtversicherung gegen ihre Verpflichtungen als kaufmännische Geschäftsführerin verstoßen habe. Hierbei handele es sich um eine unmittelbar der Fa. V gegenüber verübte angebliche Pflichtverletzung der Klägerin.
83Der Umstand, dass bislang nur 50 % der Abwehrkosten getragen worden seien, beruhe nur darauf, dass die Klägerin ausweislich ihres Schreibens vom 24.03.2014 ja auch nur 50 % geltend gemacht hat. Wenn die Klägerin sich zeitweise in einem Irrtum über das Ergebnis der Besprechung vom 22.11.2013, das im Vermerk der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 28.11.2013 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 05.11.2015, AH) zutreffend wiedergegeben werde, befunden und deshalb nur 50 % der Kosten der Rechtsverteidigung geltend gemacht habe, so sei dies das eigene Versehen der Klägerin, aus dem sie nichts zugunsten der Beklagten herleiten könne. Die grundsätzliche Deckungszusage der Beklagten werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie nur 50 % der Kosten der Rechtsverteidigung getragen habe. Soweit der Klägerin ein weitergehender Freistellungsanspruch bzgl. der Kosten der Rechtsverteidigung zustehe, sei es ihr unbenommen, diesen gegenüber der Beklagten geltend zu machen; dies sei jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Klage.
84Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
85Entscheidungsgründe:
86Die Klage ist zulässig, soweit die Klägerin inzidenter die Klärung anstrebt, dass die Beklagte auch insoweit zur Gewährung von Deckungsschutz verpflichtet ist, als die Fa. V die Verletzung von Pflichten der Klägerin als kaufmännische und technische Geschäftsführerin der Y anstrebt. Die Klage ist ferner zulässig, soweit die Klägerin inzidenter ebenfalls die Klärung anstrebt, dass die Beklagte jedenfalls mit einer 50 % übersteigenden Quote zur Deckung verpflichtet ist, soweit es um die Behauptung der Fa. V geht, die unmittelbare Verursachung des Unfalles liege allein im Verantwortungsbereich der Klägerin.
87Eine weitergehende Zulässigkeit ist jedoch nicht gegeben.
88Vorgerichtlich hat sich zwischen den Parteien ausweislich des gewechselten Schrift- und E-Mail-Verkehrs geklärt, dass die Deckungsbedenken der Beklagten sich auf die Frage beschränken, ob Deckungsschutz auch dann zu gewähren ist, soweit die Fa. V sich auf die angebliche Verletzung der Pflichten der Klägerin als technische und kaufmännische Geschäftsführerin der Y stützt. Weitere konkrete Deckungsvorbehalte hat die Beklagte zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht geltend gemacht. Soweit weiter (sinngemäß) von der Vorläufigkeit der Deckungszusage, bedingungsgemäß Deckungsschutz zu gewähren, die Rede war, bezog die Vorläufigkeit sich ersichtlich nur auf die vorliegend näher beschriebene Frage. Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte die Klägerin lediglich mit einer Quote von 50 % von den Kosten der Rechtsverteidigung freigestellt hat. Denn hiermit hat sie nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie weitergehende Deckungsbedenken oder – vorbehalte geltend macht. Unstreitig ist, dass die Beklagte sich entgegen der früheren Annahme der Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht auf einen nicht gedeckten Erfüllungsbereich berufen hat. Soweit demnach die Deckungspflicht der Beklagten von dieser zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht in Zweifel gezogen worden war, steht der Klägerin auch kein Rechtsschutzbedürfnis zu, die Deckungspflicht der Beklagten insgesamt im Rahmen der Klage auf Deckungsgewährung prüfen zu lassen.
89Die Klage ist zulässig, soweit es um die Gewährung von Deckungsschutz über 50 % hinaus geht. Zu Unrecht beruft die Beklagte sich darauf, die Klägerin habe im Schreiben vom 24.03.2014 ja auch nur die Übernahme von 50 % der Kosten verlangt. Dies kann dem vorgenannten Schreiben aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers nicht ansatzweise entnommen werden. Die Klägerin hat deutlich gemacht, die Beklagte sei uneingeschränkt zur Übernahme der Kosten des Abwehrschutzes verpflichtet, solle aber zumindest die zugesagten 50 % übernehmen. Dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt – wie nunmehr unstreitig – irrtümlich von einer Zusage mit einer Quote von nur 50 % ausgegangen ist, weil sie das Ergebnis der Besprechung vom 22.11.2013 fälschlich dahingehend aufgefasst hat, die Beklagte nehme auch im Verfahren der Fa. V gegen die Klägerin einen nicht gedeckten Erfüllungsbereich im Sinne des § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB an, ändert nichts daran, dass die Klägerin eine vollständige Übernahme der Kosten der Rechtsverteidigung verlangt hat. Die Klägerin musste deshalb in Ansehung der fructibus-cognuscuntur-Regel davon ausgehen, dass die Beklagte jedenfalls in Höhe von 50 % ihre Deckungspflicht – und zwar auch bezüglich des Abwehrschutzes – als nicht gegeben angesehen hat, zumal auch nach Aufdeckung des ursprünglichen Irrtums der Klägerin, die Beklagte habe in dem Besprechungstermin vom 22.11.2013 nur Deckungsschutz in Höhe von 50 % im Hinblick auf den nicht gedeckten Erfüllungsbereich in Aussicht gestellt, keine weitergehenden Leistungen der Beklagten im Rahmen des gebotenen Abwehrschutzes erfolgt sind. Aus dem Schreiben der Klägerin vom 13.03.2015 (Anlage B5,Bl.127ffA) kann die Beklagte nichts zu ihren Gunsten herleiten, da auch in diesem Schreiben nur die Folgen des klägerseits aufgetretenen Irrtums perpetuiert worden sind.
90Die Klage ist auch zulässig, soweit es inzidenter um die Klärung geht, inwieweit die Beklagte auch zur Gewährung von Deckungsschutz im Hinblick auf die Vorwürfe der Fa. V gegenüber der Klägerin bzgl. der angeblichen Verletzung ihrer Pflichten als technische und kaufmännische Geschäftsführerin der Y verpflichtet ist. Im vorweggenommen Deckungsprozess hat der Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsvertrag heraus ein anerkanntes Interesse, den Umfang des Deckungsschutzes durch das Gericht klären zu lassen (vgl. Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 100 Rz 143 ff).
91Soweit die Beklagte meint, sie habe sich auf den vorgenannten Deckungsausschluss nicht berufen, sondern insoweit nur auf theoretisch mögliche Bedenken hingewiesen, lässt sich dies mit dem vorgerichtlichen Schriftverkehr (worunter auch der E-Mail-Verkehr zu verstehen ist) nicht in Übereinstimmung bringen. Die Beklagte hat unmissverständlich klar gemacht, dass sie eine Deckungspflicht für nicht gegeben hält, soweit die Fa. V sich der Klägerin gegenüber auf eine Verletzung ihrer gegenüber der Y und damit auch gegenüber dem Mitgesellschafter V GmbH bestehenden Pflichten als technischer und kaufmännischer Geschäftsführer zur Begründung ihres Freistellunganspruchs beruft. Soweit die Beklagte vorträgt, im Termin vom 22.11.2013 sei doch der bedingungsgemäße Deckungsschutz bestätigt worden, ist das in diesem Zusammenhang nichtssagend, weil im Termin vom 22.11.2013 gerade nicht erklärt worden ist, die Beklagte werde auch Deckungsschutz gewähren, wenn sich herausstellen sollte, dass die Klägerin originäre Pflichten gegenüber der Fa. V verletzt hat, die nicht zugleich mitursächlich für den Schaden der Drittgeschädigten geworden sind.
92Selbst wenn man jedoch nur von mitgeteilten Deckungsbedenken ausgehen wollte, so bestünde dann die Rechtsunsicherheit, die das Rechtsschutzbedürfnis begründet.
93Entgegen der Auffassung der Beklagten kann das Rechtsschutzinteresse auch nicht mit dem Argument in Frage gestellt werden, dass nach der Rspr. des BGH (Urteil vom 07.02.2007 – IV ZR 149/03 -, zu recherchieren unter juris) sogar ein Deckungsvorbehalt eines Versicherers mit Hinweis auf einen ggf. bestehenden Deckungsausschlusstatbestand zulässig sei. Denn ein solcher Vorbehalt kommt nur dann in Frage, wenn lediglich fraglich ist, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für das Eingreifen eines Deckungsausschlusses (wie etwa einer wissentlichen Pflichtverletzung) gegeben sind. In einem solchen Fall mag das Verhalten des Versicherers grundsätzlich nicht zu beanstanden sein, eine Deckungsbestätigung unter Vorbehalt abzugeben und insoweit den Ausgang des Haftpflichtverfahrens abzuwarten. Ob dies auch dann gilt, wenn sich bereits im Deckungsverfahren abschließend prüfen lässt, ob der Deckungsausschluss, was dessen tatsächliche Grundlagen angeht, greift oder nicht, kann dahinstehen. Denn der Versicherungsnehmer hat jedenfalls einen Anspruch darauf, dass im Deckungsverfahren verbindlich geklärt wird, ob ein Deckungsausschluss gegeben wäre, wenn der Lebenssachverhalt, auf den der Deckungsausschluss gestützt wird, als zutreffend unterstellt wird.
94Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, grundsätzlich doch ihre Deckungspflicht anerkannt zu haben, denn sie hat insoweit ihren Worten keine hinlänglichen Taten folgen lassen und kann die Klägerin nicht darauf verweisen, diese könne ja einen Klageantrag auf Befreiung von den entsprechenden Verbindlichkeiten, was die Kosten der Rechtsverteidigung angehe, stellen, da die grundsätzliche Deckungsverpflichtung der Beklagten eigentlich insoweit nicht im Streit stehe. Ebenso wie es dem Versicherungsnehmer allgemeiner Ansicht ( vgl. etwa Zöller-Greger, ZPO,31.Aufl.,§ 256 Nr 8) nach unbenommen ist, eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Deckungsschutz wegen eines konkret zu bezeichnenden Versicherungsfalles erheben kann anstatt einer bezifferten Leistungsklage, ist es ihm ebenfalls unbenommen, eine entsprechende Klage auf Gewährung von Deckungsschutz zu erheben.
95Da die Klägerin einen Leistungsantrag stellt, ist § 256 ZPO nicht einschlägig. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Feststellungsinteresses gemäß § 256 Abs. 1 ZPO wären jedoch ohnehin gegeben, denn ein Versicherungsnehmer hat bei einem vorweggenommenen Deckungsprozess einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag, dass der Versicherer sich so früh als möglich eindeutig zur Frage des Deckungsumfangs positioniert und kann in diesem Zusammenhang auch gerichtlich die Frage klären lassen, ob ggf. bestimmte Einwendungen oder Vorbehalte des Versicherers, die dieser gegen die Deckungspflicht geltend macht, als solche einer Deckungspflicht entgegenstehen (vgl. Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 100 Rz 143 ff).
96Die Klage ist auch begründet, soweit es darum geht, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin über 50 % hinaus bedingungsgemäß Deckungsschutz zu gewähren.
97Die Beklagte bestreitet selbst nicht, dass sie eine entsprechende Verpflichtung trifft. Diese Verpflichtung hat sie jedoch bislang nicht erfüllt.
98Die Klage ist auch insoweit begründet, als die vorgerichtlich aufgeworfene Frage im Raum steht, ob die Beklagte zur Gewährung von Deckungsschutz verpflichtet ist, soweit der Klägerin seitens der Fa. V eine Verletzung ihrer Pflichten als technische Geschäftsführerin vorgeworfen worden ist. Die entsprechenden Pflichten der Klägerin, die die Fa. V anspricht, und die im Wesentlichen beinhalten sollen, die Klägerin habe es verabsäumt, die Arbeiten hinreichend zu koordinieren und zu überwachen, betreffen im Ergebnis den etwaigen Verantwortungsanteil der Klägerin an der Schadensverursachung und sind demnach im Kern identisch mit den Vorwürfen, die die Geschädigten in den Haftpflichtverfahren gegenüber der Y und ihren Gesellschafterinnen erheben oder jedenfalls erheben könnten, da die entsprechenden Pflichtverletzungen (mit-) ursächlich für den Unfall gewesen sein könnten. Entsprechend allgemeiner Auffassung – und auch von den Parteien vom rechtlichen Ansatz her als richtig angesehen – greifen Y-Klauseln der vorliegenden Art jedoch nicht, soweit im Prozess eines Y-Partners gegen den anderen auf Freistellung gemäß § 426 BGB die Verantwortlichkeit des jeweiligen Partners für die Verursachung des Schadens der Haftpflichtgläubiger streitig ist. Insoweit besteht vollumfänglich Deckungsschutz (vgl. etwa Lücke in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., Ziff 1 AHB Rz 12 mit weit. Nachw.). Dieser allgemein anerkannte Grundsatz kann nicht dadurch gleichsam unterlaufen werden, dass man argumentiert, jeder Y-Partner habe letztlich – was ja auch nicht zu bestreiten ist – auch eine Verpflichtung gegenüber der Y und den anderen Y-Partnern, die Y und den anderen Y-Partner nicht durch pflichtwidriges Verhalten dem Geschädigten gegenüber Schadensersatzansprüchen Dritter auszusetzen. Andernfalls würde der Deckungsausschluss in auf § 426 BGB gestützten Klagen immer greifen. Folgerichtig hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren im Übrigen nicht mehr die Frage des Deckungsschutzes im Falle der Verletzung von Pflichten aus dem Bereich der technischen Geschäftsführung problematisiert.
99Kein Deckungsschutz besteht jedoch, soweit es darum geht, dass der Klägerin vorgeworfen worden ist, sie habe im Hinblick auf die projektbezogene Haftpflichtversicherung bei der T-Versicherung gegen ihre Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin verstoßen. Der Deckungsausschluss der Y-Klausel greift lediglich dann nicht, soweit nur darum gestritten wird, inwieweit eine der Y zuzurechnende Pflichtverletzung eines der Y-Partner im Verhältnis zu dem Geschädigten vorliegt, der zur Schadensverursachung beigetragen hat. Dies ergibt sich beispielsweise aus den Ausführungen bei Garbes, Die Haftpflichtversicherung der Architekten/Ingenieure, 4. Aufl., S. 69, wo es heißt: „Gesamtschuldnerische Ausgleichsansprüche eines Y-Partners gegen einen anderen, denen ein berechtigter Ausgleich einer Forderung des Bauherrn nach § 635 BGB a.F./§§ 634, 280 BGB wegen eines Bauwerkmangels zugrunde liegt, sind gedeckt.“ Umgekehrt greift der Deckungsausschluss, soweit es um die angebliche Verletzung von Pflichten geht, die den Versicherungsnehmer nur gegenüber der Y oder dem Y-Partner treffen. Letzteres ist der Fall, soweit der Klägerin seitens der Fa. V vorgeworfen wird, sie habe bestimmte Pflichtverletzungen als kaufmännische Geschäftsführerin begangen. Auf diese (angeblichen) Pflichtverletzungen, die im Rahmen des § 426 BGB für den Innenausgleich möglicherweise von Bedeutung sind, könnten sich die Haftpflichtgläubiger, die die Fa. V in Anspruch genommen haben, nicht zu ihren eigenen Gunsten berufen. Soweit es in der Literatur heißt, ausgeschlossen sei der Deckungsschutz wegen solcher Schäden, die ein Y-Partner „unmittelbar“ erlitten habe (vgl. etwa Garbes, a.a.O.), so könnte man – nimmt man diese Ausführungen wörtlich – dahin verstehen, dass der vorliegende Fall nicht hierunter zu subsumieren wäre, denn eine etwaige Vernachlässigung einer ordnungsgemäßen Eindeckung des projektbezogenen Haftpflichtversicherungsgefahr (was die Frage der Befristung des Deckungsschutzes angeht) und die angeblich fehlerhafte Geltendmachung des entsprechenden Deckungsschutzes (was die Verjährung angeht) sind wohl nicht als „unmittelbarer“ Schaden des Y-Partners zu verstehen, sondern als ein nur mittelbarer Vermögensschaden. Falls die zitierte Literaturstelle bei Garbes so weitgehend zu verstehen sein sollte, könnte die Kammer sich dem nicht anschließen, denn maßgeblich kann nach dem klaren Klauselzweck nur sein, ob es um Pflichten gegenüber Dritten geht oder um Pflichten, die nur gegenüber der Y oder einem Y-Mitgesellschafter bestehen. Im letztgenannten Bereich besteht kein Deckungsschutz, auch wenn die Frage einer entsprechenden Pflichtverletzung im Rahmen eines Prozesses aufgeworfen wird, in dem es um den Innenausgleich nach § 426 BGB unter Bezugnahme auf die Inanspruchnahme durch bestimmte Haftpflichtgläubiger geht und für den bzgl. der Anspruchserhebung durch diese Haftpflichtgläubiger auch grundsätzlich Deckungsschutz besteht.
100Die Kammer hatte nicht zu prüfen, ob die Vorwürfe der Fa. V betreffend die angebliche Verletzung von Pflichten der Klägerin als kaufmännische Geschäftsführerin der Y zutreffend sind, denn im Rahmen der vorweggenommenen Deckungsklage ist – wie allgemein anerkannt – insoweit nur zu prüfen, ob der entsprechende Vorwurf in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt (vgl. Lücke in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 100 Rz 16). Gerade dies ist jedoch – wie oben näher begründet – nicht der Fall.
101Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
102Streitwert: 13.500.000,- €
103Das LG Köln hat im Verfahren 18 O 16/14 den Streitwert zu Recht auf 13.500.000,- € und nicht auf 21.800.000,- € festgesetzt, da die Fa. V Freistellung in Höhe von 68 % der von Dritten erhobenen Ansprüchen verlangt hat.
104Die Kosten des Abwehrschutzes sind den Forderungen, hinsichtlich deren im Falle einer Verurteilung auch Freistellung verlangt wird, hinzuzurechnen, da der Anspruch auf Gewährung von Abwehrschutz im Haftpflichtdeckungsrecht keine Nebenforderung sondern ein hauptsächlicher Bestandteil des einheitlichen Deckungsschutzes darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 21.01.1976 – IV ZR 123/74 – sowie Beschluss vom 24.06.2015 – IV ZR 248/14 -, jeweils zu recherchieren unter juris).
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin sowie der Beklagten werden das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 12.01.2015 – 18 O 16/14 –, berichtigt durch Beschluss vom 19.03.2015 – 18 O 16/14 - sowie das zugrundeliegende Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung sowie Entscheidung an das Landgericht Köln zurückverwiesen.
Die weitergehenden Berufungen der Klägerin und der Beklagten werden zurückgewiesen.
Für das Berufungsverfahren werden gerichtliche Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Kosten der Schlussentscheidung vorbehalten
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin macht gegen die Beklagte, beide Gesellschafter einer Dach-ARGE, nach gemeinsamer Durchführung eines Bauprojekts in E, L, bei dem es am 29.04.2003 zu einem Kranunfall mit umfangreichem Personen- sowie Sachschaden gekommen ist, internen Schadensausgleich und -ersatz im Wege der Freistellung sowie Feststellung geltend.
4Die Klägerin ist unternehmerisch im Bereich Rückbau und Schadstoffsanierungen tätig. Bei der Beklagten handelt es sich um einen international tätigen Baukonzern. Die F Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH – heute firmierend unter IKK Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH – realisierte ab dem Jahr 2002 für die E2 Objektgesellschaft den Neubau eines Büro- und Hotelgebäudes auf dem Grundstück L 59 in E. In diesem Zusammenhang beauftragte sie die ARGE Baugrube E2 (Dach-ARGE), deren Gesellschafter die Parteien sind, mit Abbrucharbeiten und der Herstellung der Baugrube. Als Projektsteuerer war die G GmbH eingesetzt. Die Hochbauarbeiten wurden durch die I GmbH durchgeführt. Zur Durchführung der Abbruch- und Baugrubenarbeiten gründeten die Parteien durch Vertrag vom 17.09.2002 (anlage TW 1) die „Arbeitsgemeinschaft Baugrube E2 E“ als Dach-Arbeitsgemeinschaft. Die Beklagte war intern für das Einzellos „Spezialtiefbau/Verbauarbeiten“ und die Klägerin für das Einzellos „Abbruch/Sprengarbeiten“ beauftragt. Die Beklagte bildete mit der A Spezialtiefbau, E3, eine Los-ARGE.
5Während des Voraushubs und der Schlitzwandarbeiten an der Baugrube wurde ein alter Spundwandverbau angetroffen, der nicht vollständig gezogen werden konnte. Diesbezüglich fand am 09.01.2003 ein Ortstermin statt, worüber die Professor Dr.-Ing. L2 GmbH als geotechnische Beraterin ein Protokoll der Besprechung erstellte (Bl. 253 ff. GA). Unter dem 23.01.2003 unterbreitete die Dach-ARGE einen schriftlichen Ausführungsvorschlag zu den geänderten Rahmenbedingungen, den die Professor Dr.-Ing. L2 GmbH fachtechnisch prüfte und am 28.01.2003 bestätigte (Bl. 328 f. AH II). Hiernach sollte der vorgefundene Spundbohlenverbau nach Freischälen der Spundbohlen von anhaftendem Erdmaterial in die Schlitzwand im südöstlichen Eckbereich mit einbetoniert werden. In dem Begleitschreiben wies die Ingenieursozietät Professor Dr.-Ing. L2 GmbH auf mögliche Risiken hin und empfahl den Einbau von Verpressschläuchen über die gesamte Spundbohlenlänge, die Erstellung eines Havariekonzeptes mit sofortigen Sicherheitsmaßnahmen im Falle von Undichtigkeiten und eine kontinuierliche Fachüberwachung. Mit Schreiben vom 30.01.2003 wurde durch die G gegenüber der Dach-ARGE die Umsetzung dieser Empfehlung angeordnet.
6Von der Beklagten wurden im Zuge der Erstellung der Schlitzwand im bezeichneten Eckbereich der Baugrube keine Verpressschläuche eingebracht, sondern Manschettenrohre verwendet.
7Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Ecklamelle der Schlitzwand nicht vollständig dicht hergestellt worden war, erstellte der Oberbauleiter der Dach-ARGE am 23.04.2003 eine Arbeitsanweisung zum Umgang mit der Fehlstelle in der Schlitzwand mit folgendem Inhalt (Bl. 104 GA):
8" Arbeitsablauf Fehlstelle
9- Kontrolle der Fehlstelle auf Wasser- und Bodeneintritt
10- Sichern der Fehlstelle gegen möglichen Bodeneintritt durch Einschlagen von Hartholzkeilen mit entsprechendem Füllmaterial (Holzwolle oder gleichwertig)
11- Baugrubenseitige Packerinjektion mit Hartschaum zur Verringerung des Wasserzuflusses
12- Anbringen von Stahlblechen, Breite ca. 0,5 - 0,80 m, Dicke ca. 15 mm über die gesamte Höhe des vertikalen Spaltes ca. 6,0 -8,0 m
13- Tastbohrungen (Kleinlochbohrungen) im Zuge des Anbringens der Stahlbleche zur Überprüfung gegebenenfalls vorhandener Kiesnester
14- Gegebenenfalls Nachinjektion der Hohlräume zwischen Stahlplatte und Schlitzwandoberfläche
15- Bei starkem Wassereintritt in der Fehlstelle Wiederverfüllung mit Erdreich"
16Am 29.04.2003 kam es infolge einer Bodenerosion zu einem Unfall, bei dem der unmittelbar neben der Süd-Ost-Ecke der Baugrube befindliche Kran umstürzte und einen anderen Kran mitriss. Es kam zu erheblichem Personenschaden – zwei Bauarbeiter wurden getötet – und Sachschaden.
17Die Dach-ARGE sowie die Parteien als deren Gesellschafter werden in mehreren Gerichtsverfahren als für den Kranunfall Verantwortliche auf Schadensersatz in Anspruch genommen.
18Die Klägerin ist in erster Instanz unter Berufung auf das in dem Verfahren 18 O 140/07 (LG Köln) = 19 U 14/12 (OLG Köln) eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.-Ing. X vom 15.10.2009 (Anlage TW 2) der Auffassung gewesen, die geltend gemachten Ansprüche beträfen ausschließlich den Leistungsumfang der Beklagten. Sie hat behauptet, es habe sich in dem Kranunfall ein Risiko realisiert, das ausschließlich dem Leistungs- und Lieferumfang des Loses Spezialtiefbau- und Verbauarbeiten der Beklagten zuzuordnen sei. Die – unstreitig – entstandene Fehlstelle der Schlitzwand stelle einen vermeidbaren Ausführungsfehler der Beklagten dar. Zudem hat die Klägerin der Beklagten vorgeworfen, unzureichende Maßnahmen in Bezug auf die Fehlstelle getroffen zu haben statt den Empfehlungen der Ingenieursozietät Professor Dr.-Ing. L2 GmbH vom 28.01.2003 zu folgen. Ferner hat die Klägerin fehlende Informationen und Anweisungen durch die Beklagte moniert und in diesem Zusammenhang bestritten, dass sie oder ihre Mitarbeiter über das Problem der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden seien und das Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ vom 23.04.2003 vor dem Unfall erhalten hätten. Weiter hat die Klägerin der Beklagten vorgeworfen, die Entscheidung der Firma I, als Gründungspfähle für den Kran ausgerechnet dies Verbaupfähle im Bereich der Fehlstelle zu nutzen, gebilligt zu haben. Darüber hinaus ist die Klägerin davon ausgegangen, dass die Beklagte ihren eigenen „Arbeitsablauf Fehlstelle“ unzureichend beachtet habe, da – so die Behauptung der Klägerin – eine weitergehende bodenmechanische Fachüberwachung beim Freilegen der Fehlstelle erforderlich gewesen wäre und zum Unfallzeitpunkt kein entsprechender Fachbauleiter der Beklagten anwesend gewesen sei, zudem – unstreitig – die für die Vornahme von Abdichtungsmaßnahmen vorgesehene Firma T von der Beklagten nachhause geschickt worden sei.
19Auf den umgekehrt beklagtenseits erhobenen Vorwurf, sie habe die Spundbohlen nicht ziehen, sondern abbrennen müssen, hat die Klägerin behauptet, es sei üblich, den letzten Spundbohlenrest zu ziehen.
20Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, die Beklagte hafte in vollem Umfang für die Folgen des streitgegenständlichen Unfalls, zum einen aufgrund des Gesamtschuldverhältnisses i.V.m. den Regelungen in dem Dach-ARGE-Vertrag, zum anderen wegen Verletzung ihrer Pflichten als technische Geschäftsführerin der Dach-ARGE, auch im Wege der „actio pro socio“.
21Schließlich hat die Klägerin zudem gemeint, die Beklagte hafte im Innenverhältnis zusätzlich wegen Verletzung ihrer Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-ARGE. In diesem Zusammenhang hat sie der Beklagten vorgeworfen, nicht für die Verlängerung des Versicherungsschutzes bei der N AG gesorgt, die Schadenanzeige an den vorgenannten Versicherer versäumt sowie die Verjährungsfrist hinsichtlich Ansprüchen aus dem Versicherungsverhältnis nicht beachtet zu haben.
22Die Klägerin hat beantragt,
231. die Beklagte zu verurteilen, sie von den nachstehenden Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29. April 2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, – hilfsweise, die diesbezügliche Freistellungspflicht der Beklagten festzustellen –, nämlich
24a. die wegen des Todes des Herrn Q im Verfahren BBM d.o.o. 11 O 163/13 LG Düsseldorf gegen die Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachten Schadensersatzansprüche und Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag in Höhe von 88.676,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2013;
25b. der Unterhaltsansprüche der N2, geb. B, der N3 und des N4 wegen des Todes des Herrn N5, die im Verfahren 11 O 164/13 LG Düsseldorf gegen die Klägerin in Höhe von 193.921,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2013 geltend gemacht werden;
26c. der Ansprüche der J Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH auf Schadensersatz und Freistellung von Ansprüchen Dritter infolge des Kranunfalls, die im Verfahren 18 O 540/06 LG Köln gegen die Arbeitsgemeinschaft Baugrube E2 E und die Klägerin als deren Gesellschafter wie folgt geltend gemacht werden:
27c.1) Schadensersatzansprüche in Höhe von 2.434.768,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 1.904.599,60 € seit dem 29.12.2006 und aus weiteren 43.810,31 € seit dem 16.01.2013;
28c.2) Freistellungsansprüche von Forderungen der E2 L 59 GmbH & Co. KG auf Schadensersatz in Höhe von 10.378.646,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.11.2006 sowie in Höhe von weiteren 5.467.051,91 € nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2013;
29d. der Ansprüche der Nürnberger Allgemeine Versicherung-AG wegen des Bauleistungsschadens, die im Verfahren 18 O 140/07 LG Köln gegen die ARGE Baugrube E2 E und die Klägerin als deren Gesellschafter in Höhe von 3.000.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2006 geltend gemacht werden;
30e. der Ansprüche der J3 GmbH wegen der Zerstörung, Beschädigung sowie des Abhandenkommens von Gerüstteilen infolge des Kranunfalls, die im Verfahren 14c O 165/08 LG Düsseldorf gegen die Klägerin in Höhe von 115.733,11 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2003 geltend gemacht werden;
31f. der Ansprüche der T2 GmbH wegen der Beschädigung des eigenen Baugeräts und –materials, vor allem der Schalung, die mit Schreiben der T2 GmbH vom 4. Dezember 2006 gegen die Klägerin in Höhe von 119.779,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2006 geltend gemacht werden;
322. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie von sämtlichen weitergehenden Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29. April 2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, insbesondere von den Ansprüchen
33a. der oben im Antrag zu 1.b) genannten Kläger wegen des Todes des Herrn N5, die mit Feststellungsanträgen wegen weitergehender Unterhaltsschäden im Verfahren 11 O 164/13 LG Düsseldorf geltend gemacht werden;
34b. der im Antrag zu 1.c) genannten Klägerin, die mit Feststellungsanträgen wegen möglicher weiterer Schäden, insbesondere der ARGE H, der J2 und der D Partnerschaftsgesellschaft im Verfahren 18 O 540/06 LG Köln geltend gemacht werden;
35c. der I Bauholding GmbH wegen der Beschädigung fremden und eigenen Materials infolge des Kranunfalls und von Mehrvergütungs- und Entschädigungsansprüchen, soweit sie auf dem Kranunfall beruhen, insbesondere soweit diese in den Verfahren 18 O 281/07 LG Köln und 18 O 566/08 LG Köln gegen die J Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH mit Streitverkündung gegenüber der ARGE Baugrube E2 E und der Klägerin als deren Gesellschafter geltend gemacht werden,
36hilfsweise zu den Anträgen 1. und 2.
37festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Dach-ARGE Baugrube E2 E von sämtlichen Ansprüchen freizustellen, die im Antrag 1.c) und 1.d) sowie im Antrag zu 2.b) und 2.c) geltend gemacht werden.
38Die Beklagte hat beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Die Beklagte hat die Unzulässigkeit der Klage gerügt und gemeint, die Klägerin stütze ihr Freistellungsverlangen nicht auf die Nichterfüllung einer Abwehrpflicht der Beklagten. Weiter ist die Beklagte der Auffassung gewesen, die Klägerin könne nicht Freistellung verlangen und gleichzeitig Ansprüche Dritter abwehren. Hinsichtlich der Feststellungsanträge hat die Beklagte die Auffassung vertreten, diese seien hinsichtlich des Umfangs zu begrenzen.
41In der Sache ist die Beklagte von der vollen Haftung der Klägerin für die Folgen des streitgegenständlichen Unfalls ausgegangen. Schließlich sei es die Klägerin gewesen, die die Fehlstelle dadurch geöffnet hat, dass sie – nach Ansicht der Beklagten – pflichtwidrig im Baugrubeneckbereich zu entfernende Spundbohlen gezogen hat statt sie abzubrennen, und zwar – so die Behauptung der Beklagten – durch Wegreißen mit Brachialgewalt. Den von Seiten der Klägerin erhobenen Vorwürfen hat die Beklagte ihre Behauptungen entgegengehalten, die Fehlstelle der Schlitzwand sei aus ihrer Sicht unvermeidbar gewesen und die Mitarbeiter der Klägerin seien vor Ort auf die Problematik hingewiesen worden. Insbesondere die Mitarbeiter der Frühschicht seien von ihrem Polier, dem Zeugen C, darauf hingewiesen worden, dass in der Ecke die Dielen nicht gerissen werden dürfen. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten daher die Anweisung zum schrittweisen Abbrennen der Spundbohlen erhalten. Eine ihrem Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ entsprechende Information habe sie der Klägerin übermittelt, und zwar per Fax-Schreiben vom 25.04.2003 (Bl. 105 f. GA), dessen Zugang klägerseits bestritten wird. Schließlich hat die Beklagte behauptet, die Dichtigkeit im Bereich der Fehlstelle ständig kontrolliert zu haben.
42Den klägerseits erhobenen Vorwürfen, gegen ihre Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-ARGE verstoßen zu haben, hat die Beklagte entgegnet, dass der Einwand des Versicherers hinsichtlich einer etwaigen Befristung des Versicherungsschutzes nicht durchgegriffen hätte und die Klägerin selbst für die Schadensanzeige gesorgt habe. Hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen aus der Versicherung hat die Beklagte gemeint, es habe umgekehrt der Klägerin oblegen, die Verjährungsfrist zu beachten.
43Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgeben, indem es die Beklagte verurteilt hat, die Klägerin von den im Einzelnen aufgeführten Ansprüchen Dritter im Umfang von 68% freizustellen, und festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin im Umfang von 68% von sämtlichen weiteren Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 in E beruhen.
44Zur Begründung hat das Landgericht u.a. Folgendes ausgeführt:
45Die Klage sei zulässig, insbesondere fehle es den Hauptanträgen zu 1) und zu 2) der Klägerin auf Freistellung von etwaigen Ansprüchen im Einzelnen genannter Drittgläubiger sowie weitergehender Ansprüche nicht an einem hinreichenden Rechtsschutzinteresse. Der Zulässigkeit des Freistellungsantrags stehe nicht entgegen, dass die Klägerin Ansprüchen Dritter ihrerseits entgegentritt, zumal die Klägerin sich hier primär auf einen vertraglichen Freistellungsanspruch stützt. Der Ausgleichsanspruch unter Gesamtschuldnern gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB könne grundsätzlich bereits ab Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses geltend gemacht werden, wobei zunächst offen bleiben könne, ob die gegen den Freistellungsgläubiger gerichteten Ansprüche Dritter begründet sind. Dementsprechend umfasse der Freistellungsanspruch auch die Verpflichtung, unbegründete Ansprüche vom Freistellungsgläubiger abzuwehren.
46Die Klage sei nur teilweise, nämlich im Umfang einer Freistellungsverpflichtung der Beklagten in Höhe von 68 % begründet. Die klägerischen Anträge seien zwar ihrer Fassung nach auf vollständige Freistellung gerichtet. Es sei jedoch davon auszugehen, dass im Antrag der Klägerin auf vollständige Freistellungsverpflichtung der Beklagten von Ansprüchen Dritter gleichsam als Minus ein Antrag auf Freistellung in Höhe einer quotalen Verpflichtung enthalten ist.
47Die Klägerin habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf Freistellung in Höhe von 68 % aus § 426 Abs. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag (Bl. 23, Anlagenheft I). Nach § 3 des Dach-ARGE-Vertrages (Bl. 5, Anlagenheft I) solle sich die Haftungsverteilung der Parteien letztlich nach dem Wert der jeweiligen Leistungsbeiträge richten, nämlich 3.588.290,31 € (Klägerin) zu 11.215.529,57 € (Beklagte), woraus sich ein maßgebliches Verhältnis von 32 % für die Klägerin und 68 % für die Beklagte ergebe. Nach § 25.225 Abs. II Dach-ARGE-Vertrags trage im Innenverhältnis jeder Gesellschafter das sich aus seinem Leistungs- und Lieferumfang ergebende gesamte wirtschaftliche und technische Risiko allein. Gemäß Abs. III solle im Falle, dass der Auftraggeber oder ein Dritter Ansprüche geltend macht, die den Leistungsumfang eines anderen Gesellschafters betreffen, dieser verpflichtet sein, den anderen Gesellschafter von den geltend gemachten Ansprüchen Dritter freizuhalten. Diese Regelung sei dahin auszulegen, dass dort, wo eine Schadensersatzverbindlichkeit ihre Ursache im „Leistungsumfang“ beider Parteien hat, eine Ausgleichspflicht entsprechend den Grundsätzen über den Ausgleich bei § 426 BGB entsteht, d.h. es komme eine quotale Beteiligung in Betracht. Maßgeblich sei die vertragliche Zuordnung, das Gewicht der Verursachungsbeiträge und ggf. das Verschulden. Der gerichtliche Sachverständige Univ. Prof. Dr.-Ing. Karl Josef X habe im Verfahren der Kammer zu Az. 18 O 140/07 (= OLG Köln, Az. 19 U 111/12) und zu Az. 18 O 540/06 zwar keine konkreten Aussagen darüber getroffen, zu welcher Quote die Klägerin einerseits und die Beklagte andererseits aufgrund der ihnen jeweils zur Last fallenden Verursachungsbeiträge verantwortlich für den Kranunfall sind. Allerdings habe er in Form eines „Ereignisbaums“ (Bl. 74, Anlagenheft I) die unterschiedlichen schadensrelevanten Handlungen und Entscheidungen aufgeführt, die bei dem Unglück zusammenwirkten. Die Feststellungen aus dem Gutachten des Sachverständigen X könnten - so das Landgericht weiter – als tatsächliche Grundlage für das hiesige Verfahren berücksichtigt werden, da sie von beiden Parteien zum Gegenstand ihres eigenen Sachvortrags gemacht worden sind. Die Klägerin habe das Gutachten als Anlage 2 selbst vorgelegt. Die Beklagte habe sich ihrerseits auf das sachverständige Zeugnis des Sachverständigen X berufen und die zum klägerischen Sachvortrag gemachten tatsächlichen Feststellungen aus dem Gutachten X nicht in erheblicher Weise angegriffen. Die in dem Gutachten X enthaltene Tatsachengrundlage hinsichtlich des Unfallablaufes und der Unfallverursachung sei daher im Sinne des § 138 Abs. 2 ZPO als zugestanden und mithin zwischen den Parteien als unstreitig anzusehen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen X sei zwischen sieben unterschiedlichen schadensrelevanten Handlungen zu unterscheiden (S. 48 Gutachten, Bl. 74 Anlagenheft I), deren pflichtgerechte Vornahme den komplexen Schaden hätte vermeiden oder wenigstens reduzieren können. Die „fundamentale“ Handlung betreffe nach Einschätzung des Sachverständigen X die Reinigung der Spundwandflanken im Bereich der Durchdringung. Das Reißen der Spundwandreste wäre dann ohne Effekt geblieben und hätte allenfalls am Rand der Durchdringung zu Abplatzungen im Beton geführt. Die Entstehung der Fehlstelle gehe – so die Auffassung des Landgerichts – daher ausschließlich zu Lasten der Beklagten und betreffe ihren Leistungsumfang. Der am 23.04.2003 festgelegte „Arbeitsablauf Fehlstelle“ habe zwar für sich genommen eine angemessene Vorgehensweise beschrieben, mit der das Problem zu beherrschen gewesen wäre, allerdings sei nicht festgelegt gewesen, wie entsprechende Anweisungen weiterzugeben waren. Aus diesem Grund seien die Planvorgaben im entscheidenden Moment nicht beachtet worden. Eine weitere Grundwassermessstelle in der Innenecke beidseitig der Spundwand zur Prüfung der Dichtigkeit sei nicht eingerichtet gewesen. Diese Versäumnisse gehen nach Einschätzung des Landgerichts ebenfalls zu Lasten der Beklagten. Demgegenüber gehe das planwidrige Vorbiegen und Reißen der Spunddielen ohne vorheriges Abbrennen zu Lasten der Klägerin. Die unzureichende bodenmechanische Fachbauleitung und Kommunikation müsse sich wiederum vorwiegend die Beklagte aufgrund der von ihr übernommenen technischen Geschäftsführung (§ 7, 7.41, Anlagenheft I, Bl. 8) zurechnen lassen. Denn diese habe jedenfalls die Pflicht zur Überwachung gegenüber der Klägerin und damit ein Recht der Klägerin, überwacht zu werden, begründet. Die Klägerin habe danach zulässigerweise von einer eigenen Überwachung absehen dürfen. Die Gewichtung und quotale Höhe der daraus folgenden wechselseitigen Mitverursachungsbeiträge von Klägerin und Beklagter seien in entsprechender Anwendung von § 287 ZPO i.V.m. § 254 BGB durch Schätzung zu ermitteln. Die Beklagte müsse hier in Anbetracht der verschiedenen ihr zurechenbaren Pflichtwidrigkeiten jedenfalls ein deutlich höherer Verschuldensanteil treffen. Unter Berücksichtigung der oben genannten Auswirkungen und „Verzahnung“ der verschiedenen Handlungen im Hinblick auf den komplexen Schadenseintritt erscheine im Innenverhältnis zwischen den Parteien eine Haftungsverteilung von 32 % zu Lasten der Klägerin und 68 % zu Lasten der Beklagten, wie sie bereits die vertragliche Haftungsverteilung grundsätzlich vorsieht (§ 3 Dach-ARGE-Vertrag), als angemessen.
48Entgegen der Auffassung der Klägerin sei indes nicht davon auszugehen, dass sich in dem Kranunfall allein ein aus dem Leistungsumfang der ARGE Spezialtiefbau (Los-ARGE bestehend aus der Beklagten und der Firma A) herrührendes Risiko verwirklicht habe. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass sie nicht vom Risiko der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden sei und sie das Entfernen der Spundbohlenreste so vorgenommen habe, dass man in diesem letzten Stück der Baugrubenecke so schnell wie möglich fertig werden müsse. Hierzu verweist das Landgericht auf die Aussagen der in der Grube tätigen Mitarbeiter P und C2 im Ermittlungsverfahren. Es komme nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob der „Arbeitsablauf Fehlstelle“ (Anlage B 6, Bl. 105 f. GA) der Klägerin vor dem Unfallereignis oder erst am Tag danach übermittelt worden ist. Denn die Durchfeuchtung der Baugrubenwand sei auch für die Mitarbeiter der Klägerin ausweislich der Zeugenaussagen offensichtlich gewesen. Das Abbrennen der Spunddielen im Eckbereich vor dem Herausziehen der Dielen hätte – so das Landgericht - den gewöhnlichen Sorgfaltsanforderungen entsprochen, ohne dass es dazu noch einer konkreten Anweisung bedurfte.
49Ein über die oben festgestellte quotale Verteilung hinausgehender, vollständiger Freistellungsanspruch der Klägerin ergebe sich auch nicht als Schadensersatzanspruch aufgrund der Verletzung sonstiger Pflichten aus dem Dach-ARGE-Vertrag, weder aus einer Verletzung von Pflichten der technischen Geschäftsführung noch aus Verletzung von Pflichten der kaufmännischen Geschäftsführung.
50Eine von der Beklagten zu verantwortende unzureichende bodenmechanische Fachbauleitung könne den Verursachungsbeitrag der Klägerin selbst, die durch das Reißen der Spundwandreste den finalen kritischen Punkt in der „Ereigniskette“ (vgl. Gutachten X, Anlage K 2, Bl. 49 d. Gutachtens) gesetzt habe, nicht „auf null“ reduzieren. Die Klägerin habe auch nicht dargetan, dass sich eine vermeintlich fehlerhafte technische und terminliche Koordinierung unmittelbar in dem Schadensereignis niedergeschlagen hat.
51Ein Schadensersatzanspruch auf vollständige Freistellung ergebe sich auch nicht aus der Verletzung kaufmännischer Pflichten der Beklagten aufgrund des Dach-ARGE-Vertrages. Eine Pflichtverletzung der Beklagten könne nicht darin gesehen werden, dass die objektbezogene Haftpflichtversicherung für die Dach-ARGE nicht über den 31.03.2003 hinaus verlängert wurde. Der Beklagten habe zwar nach § 8.1 des Dach-ARGE-Vertrages (Bl. 9 Anlagenheft I) grundsätzlich die kaufmännische Geschäftsführung der Dach-ARGE oblegen, darunter gemäß § 8.45 auch die Mitwirkung beim Abschluss von Verträgen der Dach-ARGE. Jedoch sei mit dem Abschluss der Versicherung, der Verwaltung der Police und auch mit der Schadensmeldung stets die Klägerin befasst gewesen. Daher habe die Klägerin für eine Anpassung des Versicherungsschutzes sorgen müssen. Auch mit Blick auf die von dem OLG Düsseldorf in seinem Urteil zu Az. 4 U 82/09 (Deckungsprozess) festgestellte Verjährung von Ansprüchen der Dach-ARGE auf Versicherungsleistungen falle der Beklagten keine Pflichtverletzung zur Last. Aus dem Anschreiben der Weiterleitung (Anlage B 20, Bl. 300 GA) ergebe sich, dass sie selbst von einer Bestätigung, nicht von einer Ablehnung des Versicherungsschutzes ausgegangen ist. Schließlich habe die Klägerin auch nicht hinreichend dazu vorgetragen, unter welchen Konditionen die Objektversicherung überhaupt eingetreten wäre und in welcher Art und Höhe die von dritter Seite geltend gemachten Ansprüche von dieser Versicherung gedeckt gewesen wären.
52Aus denselben Gründen ergebe sich ein Anspruch der Klägerin auf vollständige Freistellung auch nicht als Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B in Prozessstandschaft im Wege der „actio pro socio“ für die Dach-ARGE im Verhältnis zur Los-ARGE Spezialtiefbau.
53Es bestehe auch nach dem hilfsweise geltend gemachten Feststellungsantrag kein Anspruch der Klägerin auf Feststellung einer vollständigen Freistellungsverpflichtung der Beklagten.
54Mit Beschluss vom 19.03.2015 (Bl. 388 f. GA) hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil wegen offenbarer Unrichtigkeit berichtigt. Gleichzeitig hat es den weitergehenden Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin vom 29.01.2015 (Bl. 376 ff. GA) zurückgewiesen.
55Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der Tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem Urteil vom 12.01.2015 (Bl. 352 ff. GA) und im Beschluss vom 19.03.2015 Bezug genommen.
56Gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts richten sich die jeweils form- und fristgemäß eingelegten sowie begründeten Berufungen der Klägerin sowie der Beklagten.
57Die Klägerin ist der Ansicht, das Landgericht sei zu Recht von der Zulässigkeit ihres auf Freistellung gerichteten Hauptantrages zu 1) ausgegangen. Dieser sei nämlich nicht primär auf die Möglichkeit der Vollstreckung nach § 887 Abs. 2 ZPO gerichtet, sondern auch auf die Abwendung eines drohenden Verlusts im Vermögen durch Drittansprüche. Soweit dazu u.a. die Unterstützung bei der Prozessführung gegen Dritte geschuldet sei, werde ihr – so die Behauptung der Klägerin – die Prozessführung durch die Beklagte nicht (gänzlich) abgenommen, so dass der Freistellungsanspruch keineswegs erfüllt sei. Unberechtigte Ansprüche Dritter würden von der Klägerin nicht durch die Beklagte abgewehrt. Diese wolle allenfalls die eigene Inanspruchnahme verhindern. Zudem seien die Abwehrhandlungen der Beklagten größtenteils erfolglos gewesen. Zuletzt sei die Klägerin in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 14c O 165/08 von der Beklagten alleingelassen worden, nachdem ihre Versicherung (B) erklärt habe, die Beklagte habe mit dem Verfahren nichts zu tun. Allerdings habe sie – die Klägerin – auch nicht erwartet, dass ihr die Beklagte zu ihren eigenen Lasten geholfen hätte. Zu der beklagtenseits bereits erstinstanzlich aufgeworfenen Zulässigkeitsfrage weist die Klägerin erneut ausdrücklich darauf hin, in erster Linie einen vertraglichen Freistellungsanspruch aus § 25.225 des Dach-ARGE-Vertrags geltend zu machen. Zu dem von der Beklagten aufgezeigten „Vollstreckungs-Szenario“ nach § 887 Abs. 2 ZPO müsse es gar nicht kommen, wenn ihr die Beklagte entsprechend Sicherheit leistet. Bezüglich der aufgeworfenen Frage der konkreten Bezeichnung von ihr verlangter Abwehrmaßnahmen ist die Klägerin der Meinung, den auf Befreiung gerichteten Klageantrag nicht näher bestimmen zu können und zu dürfen, da dem Befreiungsschuldner vorbehalten sei, auf welche Art die Befreiung tatsächlich bewirkt wird.
58Hinsichtlich des hilfsweise gestellten Feststellungsantrags weist die Klägerin darauf hin, dass Feststellung nur für den Fall beantragt werde, dass die Klage mit dem Hauptantrag derzeit keinen Erfolg hat, weil die Verurteilung in den von den Hauptgläubigern geführten Prozessen abgewartet werden müsse.
59In der Sache meint die Klägerin, sie müsse nicht nur zu 68 % von den Ansprüchen der Drittgläubiger durch die Beklagte freigestellt werden, sondern zu 100 %. Der Ausgangspunkt für die Bemessung der internen Haftungsquote sei von dem Landgericht zu Recht in § 25.225 Abs. III (gemeint ist offenbar Absatz IV) des Dach-ARGE-Vertrags gesehen worden. Allerdings – so die Ansicht der Klägerin – sei kein Raum für ihre quotale Beteiligung. Das Landgericht habe nämlich verkannt, dass die als „unmittelbarer Auslöser“ bezeichneten Arbeiten der Klägerin nicht zugleich als schuldhaft begangene Pflichtverletzung anzusehen seien. Es sei von dem Landgericht hinsichtlich der Leistung der Klägerin nicht zwischen Verursachungs- und Verschuldensgesichtspunkten unterschieden worden. Ferner sei das Landgericht unzutreffend davon ausgegangen, ihre Mitarbeiter der Frühschicht seien darauf hingewiesen worden, dass in der Ecke die Dielen nicht gerissen werden dürfen, und dies sodann den Mitarbeitern der Spätschicht jedoch nicht weitergegeben hätten. Diese Annahme beruhe auf einer Fehlinterpretation von Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren. Die unterbliebene Information sei nach Ansicht der Klägerin nunmehr als bewiesen anzusehen. Hierzu verweist die Klägerin auf das inzwischen ergangene Teilurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26.03.2015, Az. 14c O 165/08, mit dem die Klage der Drittgläubigerin J3 GmbH rechtskräftig abgewiesen worden sei. In dem dortigen Verfahren sei von den Zeugen Q2 und P ausgesagt worden, dass sie keine Anhaltspunkte für eine Gefahrenstelle an der Schlitzwand gehabt hätten (Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 448 ff. GA). In demselben Verfahren habe der dort beauftragte Sachverständige Prof. Dr. I2 festgestellt, die Klägerin des hiesigen Verfahrens habe aus technischer Sicht keine Pflicht verletzt; sie hätte die Gefahrenquelle nicht erkennen können, da dies eine Frage des Spezialtiefbaus gewesen sei (vergleiche Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 457 GA). Nach Einschätzung des vorgenannten Sachverständigen sei selbst bei fehlender Weitergabe von Kenntnissen der Früh- an die Spätschicht eine etwaige Pflichtverletzung der Klägerin als „kleiner Baustein“ mit weit weniger als 10 % zu bewerten (vergleiche Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 449 GA). Ferner wirft die Klägerin dem Landgericht vor, maßgebliche Arbeitsabläufe bei dem Entfernen der Spundwand falsch verstanden zu haben. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf ihren Tatbestandsberichtigungsantrag vom 29.01.2015 (Bl. 376 ff. GA), der insoweit durch das Landgericht mit Beschluss vom 19.03.2015 (Bl. 388 GA) zurückgewiesen worden ist. Hierzu behauptet die Klägerin, dass ein schrittweises Abbrennen in dm-großen Stückchen in Bezug auf höher liegende Teile der Spundwand niemals angewandt worden sei und auch nicht Gegenstand ihrer vertraglichen Leistungspflicht gewesen sei, schon gar nicht in Begleitung einer bodenmechanischen Fachbauleitung. Nur in diesem Falle sei der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. X in seinem Gutachten vom 15.10.2009 zu dem Verfahren vor dem Landgericht Köln, 18 O 540/06 (Anl. TW2, Bl. 27 Anlagenband I) zufolge der Schadenseintritt aus Sicht der Klägerin womöglich zu vermeiden gewesen. Die Klägerin verweist hierzu auf ihren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 28.05.2014 mit zahlreichen Beweisangeboten (Zeugnis der Mitarbeiter Q2 und P, sachverständiges Zeugnis des Prof. Dr. X sowie des Dr. A2), denen das Landgericht nicht nachgegangen ist. Weiter behauptet die Klägerin, es hätte überhaupt keinen Sinn gemacht, unten auf der Baugrubensohle großflächig horizontal abzubrennen; dies wäre den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. X zufolge auch keineswegs unfallvermeidend gewesen. Wie bereits erstinstanzlich bestreitet die Klägerin, dass ihre Mitarbeiter von der Fehlstelle in der Schlitzwandecke gewusst haben.
60Die Klägerin meint, das Landgericht habe ferner verkannt, dass sich eine fehlerhafte technische und terminliche Koordination der Beklagten unmittelbar in dem Schadensereignis niedergeschlagen habe. Die vor dem Unfall von dem eingeschalteten Prof. Dr. L2 geforderte bodenmechanische Fachbauleitung sei durch die Beklagte ebenso wenig eingerichtet worden, wie die Erstellung eines Havariekonzepts. Der von der Beklagten stattdessen erstellte „Arbeitsablauf Fehlstelle“ sei ihr – so die Behauptung der Klägerin – nicht übermittelt worden. Nicht einmal der SiGeKO (Sicherheit- und Gesundheitskoordinator) sei durch die Beklagte informiert gewesen. Ohne die Koordinations- und Informationsversäumnisse der Beklagten wäre die Fehlstellenproblematik beherrschbar gewesen. Hierzu verweist die Klägerin wiederum auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. I2 in dem Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 14c O 165/08.
61Zudem sei – so die weitere Ansicht der Klägerin – von dem Landgericht bei der Bewertung der Ursachenbeiträge nicht berücksichtigt worden, dass die fragile Krangründung auf den Verbaupfählen, in deren Bereich sich die Fehlstelle befand, auf den statischen Berechnungen der Beklagten beruht habe.
62Für verfehlt hält die Klägerin die Zuweisung eines Mitverursachungsanteils entsprechend dem Leistungsanteil am Gesamtauftrag, da es sich bei § 25.225 Abs. VI des Dach-ARGE-Vertrags um eine Zweifelsfallregelung handele.
63Soweit die Klägerin hilfsweise die Feststellung der Freistellungspflicht der Beklagten auf die Verletzung der Pflichten im Rahmen der technischen und kaufmännischen Geschäftsführung der ARGE Baugrube gestützt hat, vermisst sie Ausführungen des Landgerichts in seinem erstinstanzlichen Urteil zu dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit der Beklagten. Hinsichtlich der Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen der kaufmännischen Geschäftsführung seien die Ausführungen des Landgerichts in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend. Hierzu wiederholt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach der Versicherungsschein auf die Dach-ARGE ausgestellt worden sei und sich die Police bei der Beklagten befunden habe. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin auf ihren Tatbestandsberichtigungsantrag vom 29.01.2015 (Bl. 376 ff. GA). Letztlich wirft die Klägerin der Beklagten insoweit ein dreifaches Versagen vor: Versäumung der Verlängerung des Versicherungsschutzes bis zum tatsächlichen Bauzeitende, Versäumung der Schadensanzeige für die Dach-ARGE zur Objektversicherung und Verstreichenlassen der zweijährigen Verjährungsfrist nach Ablehnung des Versicherungsschutzes durch die N.
64Im Ergebnis hält die Klägerin den Rechtsstreit für entscheidungsreif, da ihrer Auffassung nach der Vortrag der Beklagten zur fraglichen Verursachung des Kranunfalls unzureichend und eine erstinstanzliche Vernehmung der beklagtenseits benannten Zeugen als Ausforschungsbeweis unzulässig gewesen wäre. Zudem meint die Klägerin, dass nicht mehr weiter aufklärungsbedürftig sei, ob die Fehlstelle in der Schlitzwand vermeidbar gewesen wäre, ob die fachliche/Überwachung der Arbeiten in der untersten Schlitzwandecke am Unfallnachmittag durch die Beklagte hinreichend gegeben war und ob die Beklagte der eigenen Arbeitsanweisung zur Fehlstelle entsprechend gehandelt hat.
65Für den Fall der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung regt die Klägerin an, die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens gemäß § 21 GKG niederzuschlagen.
66Die Klägerin hat nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26.03.2015, 14c O 165/08, mit Schriftsatz vom 20.07.2015 (Bl. 571 GA) in Bezug auf den Klageantrag zu 1e) (Freistellung von Ansprüchen der J3 GmbH) den Rechtsstreit in der Hauptsache einseitig teilweise für erklärt, allerdings einseitig.
67Danach beantragt die Klägerin, neben der Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache insoweit
68unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Köln vom 12.01.2015 – 18 O 16/14 –
691. die Beklagte zu verurteilen, sie über die zugesprochenen 68 % hinaus im Umfang von weiteren 32 %, mithin zu 100 % – also vollständig – von den in den Klageanträgen zu 1a) bis1d) und 1f) aufgeführten Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, hilfsweise die diesbezügliche vollständige Freistellungspflicht der Beklagten festzustellen,
702. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie über die zugesprochenen 68 % hinaus im Umfang von weiteren 32 %, mithin zu 100 % – also vollständig – von sämtlichen weitergehenden Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, insbesondere von den in den Klageanträgen 2a) bis 2c) aufgeführten Ansprüchen,
71hilfsweise
72das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung zurückzuverweisen an das Landgericht Köln.
73Die Beklagte beantragt,
74die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
75Ferner beantragt die Beklagte,
76das Urteil des Landgerichts Köln vom 12.01.2015 – 18 O 16/14 – teilweise aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
77Die Klägerin beantragt,
78die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
79Die Beklagte hält an ihrer bereits erstinstanzlich vertretenen Auffassung fest, die Klage sei unzulässig. Soweit die Klägerin Befreiung von Forderungen der Drittgläubiger verlangt, sei dies so lange nicht berechtigt, wie das Bestehen der Drittforderungen nicht feststeht. Ansonsten wäre die Beklagte im Rahmen der Vollstreckung gemäß § 887 Abs. 2 ZPO zur Leistung eines Vorschusses in Höhe von rund 21 Mio € verpflichtet, ohne umgekehrt irgendeine Sicherheit zu erhalten. Zudem – so die Behauptung der Beklagten – erfülle sie ihre Freistellungsverpflichtung gegenüber der Klägerin dadurch, dass sie unberechtigte Ansprüche von ihr abwehrt. In den Fällen, in denen die Klägerin neben der Dach-ARGE Baugrube E2 E als Gesamtschuldnerin in Anspruch genommen wird, werde ihr u.a. durch die Stellung eines Rechtsanwalts die Prozessführung inhaltlich gänzlich abgenommen. Es sei jedoch die Klägerin selbst, die dennoch an diesen Verfahren aktiv teilnehmen wolle. Über den Verlauf der Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 11 O 163/13 und 11 O 164/13, in denen die Klägerin allein verklagt wird, informiere diese die Beklagte nur unzureichend. Es sei daher nicht richtig, dass die Klägerin in den vorgenannten Verfahren „allein gelassen“ wird. Den Feststellungsantrag zu 2) hält die Beklagte aufgrund der „uferlosen“ Verweisung auf Drittansprüche für zu unbestimmt. Zudem sei der Feststellungsantrag auf den Umfang der Verurteilung der Klägerin zu begrenzen. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag sei – so die weitere Auffassung der Beklagten – ebenfalls unzulässig, da die Klägerin zugleich die auf Freistellung gerichtete Leistungsklage erhoben hat. Zudem fehle der Klägerin das Feststellungsinteresse, da sie nicht dargelegt habe, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie Ansprüche Dritter für berechtigt hält.
80In der Sache beanstandet die Beklagte das erstinstanzliche Urteil, weil das Landgericht im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO i.V.m. § 254 BGB eine quotale Gewichtung und Zuordnung der jeweiligen Mitverursachungsbeiträge ermittelt hat, die im Wesentlichen an den Beteiligungsverhältnissen der Parteien an der Dach-ARAGE orientiert ist. Die erfolgte Schätzung sei weder sach- noch interessengemäß, zumal die Ermittlung der Quote im Rahmen der Würdigung erhobener Beweise zu erfolgen habe. Eine Beweiserhebung durch das Landgericht sei jedoch nicht erfolgt, obwohl beide Parteien u.a. Beweis durch Anhörung der involvierten Sachverständigen angeboten haben. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. X keineswegs unstreitig. Aufgrund der unvollständigen Feststellung des Sachverhalts und des Übergehens von Vortrag sowie Beweisangeboten sieht die Beklagte ihr rechtliches Gehör durch das Landgericht massiv verletzt.
81Bereits unzutreffend sei die Annahme des Landgerichts, dass das vollständige Lösen von an den Spundwandflanken anhaftendem Boden möglich und mithin das Entstehen der Fehlstelle vermeidbar gewesen wäre. Hierzu verweist die Beklagte auf ihre erstinstanzlichen Schriftsätze vom 22.07.2014 (Bl. 284 GA) und 08.01.2015 (Bl. 319 ff. GA) mit den dortigen Beweisantritten.
82Ferner ist die Beklagte nicht mit dem von dem Landgericht gegen sie erhobenen Vorwurf einverstanden, nicht festgelegt zu haben, wie die Anweisungen aus dem „Arbeitsablauf Fehlstelle“ seitens der Mitarbeiter der Klägerin weiterzugeben waren. An die Klägerin seien – so die Auffassung der Beklagten – lediglich folgende Anweisungen zu richten gewesen: Kontrolle der Fehlstelle auf Wasser-/Bodeneintritt und bei Wasserzutritt Fehlstelle mit Erdreich verfüllen. Hierzu behauptet die Beklagte, die Kontrolle auf Wassereintritt sei am 22.04.2003 erfolgt und die Anweisung hinsichtlich des Verfüllens mit Erdreich sei auf Seiten der Klägerin bekannt gewesen, was aus der Aussage des Zeugen Q2 im Ermittlungsverfahren folge.
83Zudem meint die Beklagte, das Landgericht habe ihren Vortrag, auch ihre Mitarbeiter hätten ständig die Dichtigkeit des Baugrubeneckbereichs kontrolliert, ebenfalls übergangen. Ferner sei die Anlegung eines Suchschurfs von ihrem Bauleiter angeordnet worden, was ebenfalls von dem Landgericht nicht berücksichtigt worden sei.
84Unzutreffend habe das Landgericht ferner angenommen, dass aus ihrer Verpflichtung zur verantwortlichen Überwachung der Bauarbeiten gemäß § 7.41 des Dach-ARAGE-Vertrags eine Verpflichtung zur Überwachung der Bauleitung der Klägerin oder sogar das Recht der Klägerin, überwacht zu werden, folge.
85Zu der Berufungsbegründung der Klägerin ist die Beklagte der Ansicht, aus den protokollierten Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. I2 vor dem Landgericht Düsseldorf in dem dortigen Verfahren zu Az. 14c O 165/08 sei für den vorliegenden Rechtsstreit nichts herzuleiten, da das Teilurteil nur zwischen den dortigen Parteien Rechtskraftwirkung entfalte und eine Streitverkündung nicht erfolgt sei. Zudem komme die Verwertung des dortigen Sitzungsprotokolls vom 20.01.2015 nicht in Betracht, da § 411a ZPO nur für schriftliche Sachverständigengutachten gelte. Ferner stünden die klägerseits zitierten Aussagen der Zeugen Q2 und P aus dem vorgenannten Verfahren im Widerspruch zu ihren Einlassungen gegenüber der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. I2 beruhten auf spontanen Einschätzungen und ständen im Gegensatz zu dem Gutachten des von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf beauftragten Sachverständigen Q3. Einer Verwertung der in dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26.03.2015, Az. 14c O 165/08, gewürdigten Aussagen der Zeugen Q2 und P stehe im Hinblick auf die Beweisantritte in dem Klageerwiderungsschriftsatz vom 24.03.2014 der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme entgegen. Entsprechendes gelte auch für das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. I2.
86Soweit die Klägerin ihr Pflichtwidrigkeiten bei der kaufmännischen Geschäftsführung der Dach-ARGE vorwirft, meint die Beklagte, der Tatbestandsberichtigungsantrag sei zu Recht von dem Landgericht zurückgewiesen worden. Richtig sei zwar, dass die objektbezogene Erhöhung der Haftpflichtversicherung der Klägerin unter Einschluss der ARGE erfolgt sei. Unzutreffend sei jedoch, dass sich die Police oder der Versicherungsschein bei ihr – der Beklagten – befunden hätten; lediglich der Nachtrag zu der bereits bestehenden Haftpflichtversicherung der Klägerin habe ihr vorgelegen. Dass die Anzeige des Schadensfalls gegenüber der Versicherung durch die Klägerin, wie von ihr vorgetragen, nur zur eigenen „Grunddeckung“ erfolgt sei, hält die Beklagte für lebensfremd und konstruiert. Der dreifache Verschuldensvorwurf in diesem Zusammenhang sei nicht berechtigt und unerheblich, zumal das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 05.03.2010, 4 O 82/09, nicht den Einwand der Versicherung hinsichtlich der Befristung für durchgreifend erachtet habe, sondern lediglich das Verstreichen der zweijährigen Verjährungsfrist. Insoweit treffe sie allenfalls leichtes Verschulden, nicht jedoch grobe Fahrlässigkeit.
87Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungen der Klägerin vom 06.05.2015 (Bl. 422ff. GA) sowie der Beklagten vom 07.05.2015 (Bl. 490 ff. GA), die Berufungserwiderungen der Klägerin sowie der Beklagten jeweis vom 20.07.2015 (Bl. 560 ff. und 591 ff. GA), die weiteren Schriftsätze der Parteien vom 13.08.2015, 28.08.2015, 02.09.2015 und 24.09.2015 (Bl. 606 ff., 611 ff., 643 ff., 677 ff. GA) und auf die Sitzungsniederschrift vom 04.09.2015 (Bl. 654 ff GA) Bezug genommen.
88II.
89Die jeweils zulässige Berufungen der Parteien haben insofern Erfolg, als das erstinstanzliche Urteil mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufzuheben und die Sache auf den hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin hin an das Landgericht zurückzuverweisen ist, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
90A.
91Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage nicht bereits unzulässig.
921.
93Die Klage ist mit dem Hauptantrag zu 1) zulässig.
94a)
95Soweit die Beklagte meint, die Klägerin könne nicht mit dem Hauptantrag zu 1) die Freistellung von Forderungen Dritter verlangen, obwohl sie sich gegen diese nach wie vor wehrt und solange das Bestehen der Ansprüche der Drittgläubiger nicht feststeht, sprechen diese Umstände nicht gegen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin.
96Zwar hat der Anspruchsteller, solange er die Forderung, von der er Befreiung verlangt, selbst mit einem Rechtsbehelf bekämpft, kein berechtigtes Interesse daran, von seinem Schuldner bereits Zahlung zu verlangen; in einem solchen Fall ist grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht der richtige Weg (vergleiche BGH, Urteil vom 16.11.2006, I ZR 257/03, zitiert nach juris). Dies gilt jedoch nach der Rechtssprechung u.a. des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, dann nicht, wenn ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen wird und von seinen Mitgesellschaftern im Innenverhältnis umfassende Freistellung verlangt (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2007, II ZR 136/06, zitiert nach juris). Denn der selbstständige Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB entsteht nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers, sondern schon mit der Entstehung der Gesamtschuld (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2007, II ZR 136/06; Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Auflage, § 426 Rn. 4, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Ist die Schuld fällig, kann der mithaftende Gesamtschuldner schon vor Erbringung seiner eigenen Leistung von seinen Mitschuldnern verlangen, ihren Anteilen entsprechend an der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken und ihn von einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger freizustellen, was auch unter mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern gilt, wenn von der Gesellschaft kein Ausgleich zu erlangen ist (vergleiche BGH, a.a.O.).
97Genau so liegt der Fall hier. Die Klägerin verlangt mit dem Hauptantrag zu 1) von der Beklagten die Freistellung von Ansprüchen Dritter, denen sie sich ausgesetzt sieht, und zwar ausdrücklich primär aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III des Dach-ARGE-Vertrags der Parteien vom 17.09.2002. Damit macht sie als Gesellschafterin der Dach-ARGE Baugrube E2 E einen Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte als Mitgesellschafterin geltend. Die ernsthafte Möglichkeit ihrer Inanspruchnahme durch die genannten Gesellschaftsgläubiger hat die Klägerin durch Bezugnahme (vergleiche Klageschrift vom 04.10.2013, Seite 8 ff., Bl. 8 ff. GA) auf anhängige Gerichtsverfahren, in denen sie wegen Schadensersatzansprüchen aus dem Kranunfall vom 29.04.2003 verklagt wird (Anl. TW4-8, Bl. 113 ff. Anlagenheft I und II), sowie auf das Anspruchsschreiben der Firma T2 GmbH vom 04.12.2006 (Anl. TW9, Bl. 314 ff. Anlagenband I) dargelegt, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten ist.
98Die subsidiäre Haftung der Mitgesellschafter greift schon dann ein, wenn der Gesellschaft frei verfügbare Mittel zur Erfüllung der Gesellschaftsschuld nicht zur Verfügung stehen (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2007, II ZR 136/06). Dem ebenfalls unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägern zufolge hat hier die Dach-ARGE keine eigenen finanziellen Mittel, sondern dient lediglich ergebnisneutral als Durchgangsstation für Zahlungen an die Nachunternehmer.
99Mithin kann die Klägerin bereits jetzt ihren möglichen vertraglichen Anspruch auf Freistellung von Forderungen der Gesellschaftsgläubiger gegen die Beklagte geltend machen und ist nicht auf die – hier hilfsweise beantragte – Feststellung der Ersatzpflicht zu verweisen.
100Dem steht die beklagtenseits zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Urteil vom 15.08.2014, 4 U 223/13) nicht entgegen, zumal hier nicht allein die Befreiung von einer Verbindlichkeit gefordert wird, sondern die umfassende Freistellung. Auch aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22.08.2014 (22 U 31/14) ergibt sich nichts anderes. Soweit dort der Anspruch auf Freistellung von der Eingehung einer Verbindlichkeit abhängig gemacht wird, bezieht sich dies auf eine Schadensersatzpflicht, und nicht – wie hier von der Klägerin primär geltend gemacht – auf den Gesamtschuldnerausgleich zwischen Gesellschaftern einer GbR. Der beklagtenseits zitierten Kritik an der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.10.2007 zu Az. II ZR 136/06 (vergleiche Schweer und Todorow, NJW 2013, 2072 ff. und NJW 2013, 3004 ff.) ist aufgrund des Zeitpunktes der Entstehung des Ausgleichsanspruchs nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB bereits mit der Begründung des Gesamtschuldverhältnisses nicht zu folgen.
101Anders mag dies sein, soweit die Klägerin ihren auf Freistellung von Verbindlichkeiten gerichteten Hauptantrag zu 1) in zweiter Linie zusätzlich auf eine etwaige Schadensersatzpflicht der Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Dach-ARGE-Vertrag und im Wege der „actio pro socio“ aus § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B stützt.
102Denn im Falle eines auf Befreiung gerichteten Schadensersatzanspruchs besteht der Schaden in der Belastung mit einer Verbindlichkeit (vergleiche BGH, Urteil vom 14.06.1989, VIII ZR 132/88; Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 249 Rn. 4; Ebert in Erman, BGB, 14. Aufl., § 249 Rn. 13, zitiert nach juris). Das setzt voraus, dass der Anspruchsteller tatsächlich mit einer Verbindlichkeit beschwert ist (vergleiche BGH, Urteil vom 16.11.2006, I ZR 257/03). Bis dahin ist insoweit grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht der richtige Weg (vergleiche BGH, a.a.O.).
103Im Ergebnis kann die Klägerin mit ihrem auf Freistellung von Forderungen der Gesellschaftsgläubiger gerichteten Hauptantrag zu 1) jedenfalls den vertraglichen Freistellungsanspruch (§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag) geltend machen. Soweit sie die Befeiung von Verbindlichkeiten als Schadensersatz verlangt (§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Dach-ARGE-Vertrag und § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 4 Nr. 7 VOB/B – actio pro socio), mag sie auf den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag zu verweisen sein.
104Hierauf kommt es indes aus den unter C.1. dargelegten Gründen im Ergebnis nicht an.
105b)
106Der mit dem Hauptantrag zu 1) auf Freistellung gerichtete Klageantrag ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
107Der Schuldbefreiungsantrag muss Grund und Höhe der Schuld, von der freigestellt zu werden der Kläger begehrt, angeben, damit die Vollstreckung nach § 887 ZPO erfolgen kann (vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.08.2014, 22 U 31/14; OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.08.1999, 9 W 43/99; Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage, § 253 Rn. 13c; Foerster in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 253 Rn. 32; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 887 Rn. 10).
108Hier enthalten die zu dem Klageantrag zu 1) unter a) – f) aufgeführten Forderungen von Drittgläubigern die erforderlichen Angaben durch Benennung der Anspruchsteller, des Schuldgrundes und der geltend gemachten Forderungshöhe. Soweit die Klägerin im Rahmen der Befreiung von den Verbindlichkeiten auch die Ergreifung von Abwehrmaßnahmen verlangt, mag der Klageantrag zwar den für die Vollstreckung grundsätzlich erforderlichen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügen. Denn diese Handlungen müssten näher bezeichnet werden, da ansonsten eine Vollstreckung des Urteils nicht möglich wäre (vergleiche OLG Frankfurt, Urteil vom 15.08.2014, 4 U 223/13). Dies soll jedoch im Sinne des grundsätzlich zu beachtenden materiellen Wahlrechts des Befreiungsschuldners, wie er die Befreiung vornehmen will (vergleiche Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 257 Rn. 2), dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten bleiben.
109c)
110Nachdem die Klägerin den Rechtsstreit zu dem Klageantrag zu 1) hinsichtlich des unter 1e) genannten Anspruchs der J3 GmbH mit Schriftsatz vom 20.07.2015 in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt hat, die Beklagte dem jedoch mit Schriftsatz vom 28.08.2015 ausdrücklich nicht zugestimmt hat, ist insoweit von einer zulässigen Änderung des Antrags in ein auf Feststellung der Erledigung gerichtetes Begehren auszugehen (vergleiche Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 91a Rn. 37).
1112.
112Der auf Feststellung der Freistellungspflicht hinsichtlich weitergehender Ansprüche Dritter aus dem Kranunfall vom 29.04.2003 gerichtete Klageantrag zu 2) ist ebenfalls zulässig.
113Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Eine Leistungsklage kann insoweit noch nicht erhoben werden, da Ansprüche Dritter, die über die im Klageantrag zu 1) genannten hinausgehen, noch nicht konkretisiert werden können. Aufgrund der klarstellenden Angabe „weitergehende Ansprüche“ ist die von der Beklagten monierte Überschneidung der beiden Klageanträge zu 1) (Hauptantrag) und 2) ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist keine Einschränkung auf den Umfang der Verurteilung der Klägerin vorzunehmen, da diese – wie oben ausgeführt – gerade nicht materielle Voraussetzung für das Entstehen einer Freistellungsverpflichtung der Beklagten wäre.
114Der Feststellungsantrag zu 2) ist auch hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Klageantrag muss das festzustellende Rechtsverhältnis bestimmt bezeichnen, denn der Umfang der Rechtshängigkeit und späteren Rechtskraft muss feststehen (vergleiche Zöller-Greger, a.a.O., § 256 Rn. 15). Hier sollen alle „weitergehenden Ansprüche“ Dritter, d.h. über die in dem auf Freistellung gerichteten Klageantrag zu 1) genannten hinaus, die auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 in E beruhen, von der begehrten Feststellung umfasst werden, wobei sogar „insbesondere“ einige Ansprüche näher konkretisiert sind. Der Antrag ist mithin hinreichend bestimmt.
1153.
116Bedenken gegen die Zulässigkeit des Hilfsantrags bestehen nicht. Dieser wird ausdrücklich für den Fall gestellt, dass die Klage mit dem Hauptantrag zu 1) derzeit keinen Erfolg hat, weil die Verurteilung in den von den Hauptgläubigern geführten Prozessen abgewartet werden müsse. Soweit es in diesem Zusammenhang auf eine in zweiter Linie von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzpflicht der Beklagten statt des primär geltend gemachten Ausgleichsanspruchs als Mitgesellschafterin der Dach-ARGE ankommt, ist von dem Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) der Klägerin auszugehen, da – wie vorstehend ausgeführt – die Leistungsklage dann (noch) nicht möglich wäre. In derartigen Fällen ist ausnahmsweise neben der Leistungsklage der auf Feststellung gerichtete Hilfsantrag zulässig (vergleiche BGH, Urteil vom 17.02.1998, VI ZR 342/96, zitiert nach juris).
117Der Antrag ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
118Im Ergebnis kommt die von der Beklagten begehrte Abweisung der Klage als unzulässig nicht in Betracht.
119B.
120In der Sache führen die Berufungen der Parteien gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit dem zugrundeliegenden Verfahren und Zurückverweisung des Rechtsstreits in die erste Instanz.
121Der dazu erforderliche Antrag ist von der Klägerin gestellt. Dass der Antrag nur „hilfsweise“ gestellt ist, schadet nicht (vergleiche OLG Koblenz, Urteil vom 03.11.2005, 5 U 452/05, zitiert nach juris; Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 56, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung), zumal die Bedingung, dass dem auf vollumfängliche Verurteilung der Beklagten gerichteten Hauptantrag nicht entsprochen werden kann, wegen Notwendigkeit einer umfangreichen Beweisaufnahme eingetreten ist.
122Der mit dem Hauptantrag zu 1) geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von Forderungen Dritter aus dem Kranunfall vom 29.04.2003 kann der Klägerin gegen die Beklagte aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag zustehen.
1231.
124Die Parteien hatten sich durch Vertrag vom 17.08.2002 (Anl. TW1, Bl. 1 ff. Anlagenheft I) zu der Dach-Arbeitsgemeinschaft Baugrube E2 E, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zusammengeschlossen. Diese wird, z.T. neben den Parteien als Gesamtschuldner, nach dem Kranunfall vom 29.04.2003 in E, L, von möglichen Geschädigten wegen Schadensersatzes in Anspruch genommen. Im Außenverhältnis haften die Parteien als Gesellschafter der Dach-ARGE ggf. gesamtschuldnerisch, §§ 421 ff. BGB (vergleiche Palandt-Sprau, a.a.O., § 714 Rn. 11 ff.). Hiervon gehen auch beide Parteien übereinstimmend aus.
125Im Streit steht letztlich die interne Haftungsverteilung zwischen den Parteien. Gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Hier sieht § 3 Dach-ARGE-Vertrag als „vorläufiges Beteiligungsverhältnis“ und als Anteile u.a. an Haftung Folgendes vor: Beklagte 62,5 % und Klägerin 37,5 %. Das endgültige Beteiligungsverhältnis soll sich nach Abrechnung der einzelnen Lose ergeben. Dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin zufolge beträgt nach Abrechnung das Verhältnis der Leistungsbeträge 68 % (Beklagte) zu 32 % (Klägerin). Allerdings sollte gemäß § 25.225 Abs. VI Dach-ARGE-Vertrag die Haftung von den Parteien als Gesellschafter nur so lange im Verhältnis ihrer Leistungsanteile übernommen werden, bis Zweifel oder Streit unter den Gesellschaftern, ob und in welchem Verhältnis sie zu haften haben, beendet sind – ggf. mit dem Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits. Denn vorrangig sollte gemäß § 25.225 Abs. II Dach-ARGE-Vertrag im Innenverhältnis jeder Gesellschafter das sich aus seinem Leistungs- und Lieferumfang ergebende gesamte wirtschaftliche und technische Risiko allein tragen. Weiter sieht § 25.225 Abs. IV Dach-ARGE-Vertrag Folgendes vor: „ … Jeder Gesellschafter haftet entsprechend seinem Verschulden bzw. bei einer Haftung ohne Verschulden entsprechend seiner Verursachung. …“. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung in § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag auszulegen, wonach u.a. bei Geltendmachung von Ansprüchen Dritter, die den Leistungsumfang eines Gesellschafters betreffen, sich dieser verpflichtet, den anderen Gesellschafter von den geltend gemachten Ansprüchen freizuhalten. Maßgebend ist mithin bei Schadensersatzansprüchen, die sich aus beiden Leistungsgegenständen der Gesellschafter (Losen) ergeben, in erster Linie der Grad des Verschuldens. Im Umfang der danach zu bestimmenden Haftungsquote kann der hier geltend gemachte Freistellungsanspruch der Klägerin bestehen.
126Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang entsprechend den Grundsätzen über den Ausgleich gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB nach der vertraglichen Zuordnung das Gewicht der Verursachungsbeiträge und ggf. das Verschulden als maßgeblich angesehen hat, entspricht dies nur teilweise der wie vorstehend dargelegten vertraglichen Regelung der Parteien, die vorrangig zu berücksichtigen ist (vergleiche Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 426 Rn. 14).
127Ob und inwieweit sich dieser teilweise nicht mit den vertraglichen Vereinbarungen in Einklang stehende Maßstab bei der Haftungsverteilung im Innenverhältnis der Parteien auswirkt, lässt die erstinstanzliche Entscheidung mangels Differenzierung zwischen Verursachung und Verschulden nicht erkennen. Zudem hat das Landgericht den seiner nach § 254 BGB vorgenommenen Einschätzung der Haftungsquoten zugrunde gelegten Sachverhalt zu wesentlichen Teilen unzutreffend bzw. unvollständig gewürdigt und Beweisangebote übergangen.
1282.
129Für die Haftung im Innenverhältnis der Parteien gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 22.225 Abs. II – IV Dach-ARGE-Vertrag ist – wie vorstehend ausgeführt – zunächst die Zuordnung des Schadenfalls vom 29.04.2003 zu dem jeweiligen Leistungsgegenstand der Parteien und sodann das jeweilige Verschulden der Parteien maßgebend. Nur bei Haftung ohne Verschulden kommt es auf das jeweilige Gewicht der Verursachung an. Auf das Verhältnis der Leistungsanteile (68% zu 32 %) ist lediglich äußerst hilfsweise zurückzugreifen.
130Ausgangspunkt der Haftungsverteilung sind die wechselseitig von den Parteien vorgeworfenen Pflichtverletzungen, die zu dem Kranunfall geführt haben können.
131Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich folgende Vorwürfe gegen die Beklagte erhoben:
132(1) Fehlstelle in der von der Beklagten hergestellten Schlitzwand,
133(2) unzureichende Maßnahmen der Beklagten, um den Gefahren der Fehlstelle zu begegnen,
134(3) fehlende Information und Anweisung der Klägerin,
135(4) unzureichende Beachtung des eigenen Handlungskonzepts „Arbeitsablauf Fehlstelle“,
136(5) Billigung der Entscheidung, als Gründungspfähle für den Kran die Verbaupfähle im Bereich der Fehlstelle zu nutzen.
137Diese vorgenannten Umstände sind dem Los (Spezialtiefbau-/Verbauarbeiten) der Beklagten zuzuordnen, die gemäß § 25.111 Dach-ARGE-Vertrag für die Erstellung der Schlitzwand und Wasserhaltung zu sorgen hatte.
138Umgekehrt wirft die Beklagte der Klägerin vor, im Spundwandbohleneckbereich pflichtwidrig die Spundbohlen „mit brachialer Gewalt“ weggerissen zu haben, statt in kleinen Stücken abzubrennen (6). Der Klägerin oblagen nach ihrem Los (Abbruch/Sprengarbeiten) u.a. die vorgenannten Abbrucharbeiten.
139Zu (1) Fehlstelle in der Schlitzwand
140Dass die von der Beklagten hergestellte Schlitzwand eine Fehlstelle aufgewiesen hat, durch die am Schadenstag Wasser in die Baugrube gespült ist, was zur Bodenerosion geführt hat, wodurch es schließlich zum Umstürzen des genau über dieser Stelle aufgebauten Krans kam, ist zwischen den Parteien unstreitig.
141Indem das Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung die Entstehung der Fehlstelle zu Lasten der Beklagten berücksichtigt hat, ist es offenbar davon ausgegangen, dass dieser insoweit eine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Das setzt zumindest voraus, dass die Fehlstelle bei der Errichtung der Schlitzwand vermeidbar gewesen wäre. Die entsprechende Behauptung der Klägerin ist allerdings beklagtenseits bestritten worden (vergleiche erstinstanzlicher Schriftsatz vom 22.07.2014, Seite 5, Bl. 288 GA). Das Landgericht hat in seiner erstinstanzlichen Entscheidung die Vermeidbarkeit der Fehlstelle mithin zu Unrecht als unstreitig angesehen, was die Beklagte ausdrücklich im Rahmen der Berufungsbegründung rügt. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang auf die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. X in seiner zu dem Verfahren vor dem Landgericht Köln zu Az. 18 O 140/07 (= OLG Köln, 19 U 112/12) erstatteten Gutachten vom 15.10.2009 (Anl. TW2, Bl. 27 ff. Anlagenheft I) Bezug genommen und gemeint, den gesamten Inhalt des Gutachtens als unstreitigen Sachverhalt ansehen zu können. Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Zwar hat die Klägerin recht umfassend hinsichtlich der fraglichen Verursachung des Kranunfalls und zu den gegen die Beklagte erhobenen Vorwürfen auf das vorgenannte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. X Bezug genommen und dieses auch zu den Akten gereicht. Es trifft auch zu, dass sich die Beklagte, wenn auch in anderem Zusammenhang, auf das sachverständige Zeugnis des Prof. Dr. X berufen hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Beklagte die Feststellungen des vorgenannten Sachverständigen vollumfänglich zu eigen machen wollte, schon gar nicht dessen Ausführungen zur fraglichen Vermeidbarkeit der Fehlstelle, die – wie oben dargelegt – beklagtenseits ausdrücklich bestritten worden ist. Das Landgericht durfte diesen Umstand daher nicht als unstreitig und auch nicht als erwiesen ansehen, zumal es das in einem anderen Rechtsstreit eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. X vom 15.10.2009 nicht gemäß § 411a ZPO verwertet hat. Hierzu hätte es nach Anhörung der Parteien einer entsprechenden Anordnung des Gerichts bedurft (vergleiche Zöller-Greger, a.a.O, § 411 Rn. 3, 4). Zu der aufgeworfenen Frage der Vermeidbarkeit der Fehlstelle in der Schlitzwand wäre daher dem klägerseits angetretenen Beweis durch Vernehmung des Sachverständigen Prof. Dr. X als Zeugen (Bl. 17 GA) sowie der gegenbeweislich von der Beklagten benannten sachverständigen Zeugen Prof. Dr. L3 und Prof. Dr. Q3 (Bl. 289 GA) nachzugehen gewesen. Mit nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eingereichtem Schriftsatz vom 08.01.2015 (Seite 3, Bl. 346 GA) hat die Beklagte zusätzlich Beweis angetreten durch Vernehmung der weiteren sachverständigen Zeugen Prof. Dr. L2 und Prof. Dr. Q4. Ob die Vernehmung der vorgenannten Beweispersonen als sachverständige Zeugen (§ 414 ZPO) oder ihre Anhörung als Sachverständige (§ 411 ZPO) geboten war, kann hier dahinstehen, da ggf. der Beweisantritt auszulegen oder zumindest nach Hinweis gemäß § 139 Abs. 2 ZPO für entsprechende Klarheit zu sorgen gewesen wäre, was ggf. noch zu erfolgen hat.
142In der fehlerhaften Behandlung des Parteivorbringens, hier der unzutreffenden Zuordnung streitiger Tatsachen als unstreitig, liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S.v. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO (vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2011, 20 U 37/11, zitiert nach juris; Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 17). Denn das eindeutige Parteivorbringen der Beklagten, nämlich das Bestreiten der Vermeidbarkeit der Fehlstelle in der Schlitzwand, ist durch das Landgericht objektiv willkürlich gewürdigt worden. Auf subjektive Umstände oder ein Verschulden des Gerichts kommt es dabei nicht an (vergleiche BVerfG, Beschluss vom 07.04.1981, 2 BvR 911/80, zitiert nach juris).
143Das angefochtene Urteil beruht auf diesem Verfahrensmangel, da das Landgericht den Umstand, dass die errichtete Schlitzwand eine vermeidbare Fehlstelle aufgewiesen hat, bei der Ermittlung der Haftungsquoten zu Lasten der Beklagten berücksichtigt hat. Dieser Gesichtspunkt wird auch nicht durch den weiteren Vorwurf der Ergreifung unzureichender Maßnahmen (2) überlagert, da es bei der Haftungsverteilung – wie oben dargestellt – maßgeblich auf den Grad des Verschuldens ankommt, der durch eventuelle mehrfache zu vertretende Pflichtwidrigkeiten durchaus beeinflusst werden kann.
144Zu (2) Unzureichende Maßnahmen
145Dass die Beklagte nach Feststellung der Fehlstelle in der Schlitzwand unzureichende Maßnahmen zur Beseitigung der sich daraus ergebenden Gefahr von Wasseraustritt und Bodenerosion ergriffen hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Ursprünglich hatte der im Vorfeld hinzugezogene Sachverständige Prof. Dr. L2 folgende Maßnahmen vorgeschlagen: Verpressschläuche einbringen, Erstellung eines Havariekonzepts und kontinuierliche Fachüberwachung (vergleiche Schreiben vom 28.01.2003, Anl. TW11, Bl. 328 f. Anlagenheft II). Verpressschläuche sind – unstreitig – durch die Beklagte nicht eingebaut worden. Es sind stattdessen drei Stützbohrungen sowie Verpressung mit Zementsuspension über Manchettenrohre durchgeführt worden. Diese Maßnahmen waren ungeeignet, wie der Sachverständige Prof. Dr. X in seinem vorgenannten Gutachten vom 15.10.2009 festgestellt hat. Hierauf hat die Klägerin Bezug genommen, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten ist. Dass die Beklagte mithin bewusst hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen von den Empfehlungen des hinzugezogenen Fachmanns abgewichen ist, muss zu ihren Lasten in die Haftungsverteilung einbezogen werden.
146Zu (3) Fehlende Information und Anweisung
147Soweit die Klägerin der Beklagten vorwirft, sie nicht über die Fehlstelle in der Schlitzwand informiert und entsprechend zur Vorsicht bei dem Ausbau der dort im Baugrubeneckbereich zu entfernenden Spundbohlen angewiesen zu haben, ist das Landgericht dem in seiner angefochtenen Entscheidung nicht gefolgt. Dabei hat es als unstreitig angesehen, dass den Mitarbeitern der Frühschicht der Hinweis erteilt worden sei, in der Ecke dürften die Dielen nicht gerissen werden, und dass diese Anweisung nicht an die Mitarbeiter der Spätschicht weitergegeben worden sei. Die entsprechende Behauptung der Beklagten ist jedoch von der Klägerin bereits erstinstanzlich bestritten worden, indem ausdrücklich vorgetragen worden ist, dass kein Mitarbeiter eine entsprechende Information oder Anweisung der Beklagten erhalten habe (vergleiche u.a. Schriftsatz vom 28.05.2014, Seite 18, 22, Bl. 237 und 241 GA). Dies hat die Klägerin im Rahmen ihrer Berufungsbegründung ausdrücklich gerügt. Es wären deshalb erstinstanzlich die wechselseitig benannten Zeugen Q2 (von der Klägerin benannt) sowie H, C und N6 (von der Beklagten benannt) zu der Frage zu vernehmen gewesen, ob die Mitarbeiter der Klägerin entsprechend informiert und angewiesen worden waren.
148Auch insofern hat das Landgericht das Vorbringen der Parteien fehlerhaft behandelt, indem es streitige Tatsachen als unstreitig angesehen hat. Darin liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S.v. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
149Auf diesem beruht das angefochtene Urteil, denn das Landgericht hat im Rahmen der vorgenommenen Haftungsverteilung festgestellt, die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass ihren Mitarbeitern die Problematik gänzlich unbekannt gewesen ist, sie nicht vom Risiko der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden sei und sie die Entfernung der Spundbohlenreste lediglich in dem Bewusstsein vorgenommen habe, dass man in diesem letzten Stück der Baugrubenecke so schnell wie möglich fertig werden müsse. Dass die Klägerin auf andere Weise als über ihre Mitarbeiter vor Ort von der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden wäre und Anweisungen hierzu erhalten hätte, ist nicht anzunehmen. Sie ist ihrem unbestritten gebliebenen Vortrag zufolge nicht an der hierüber einberufenen Besprechung vom 09.01.2013 beteiligt worden (vergleiche Protokoll, Anl. TW13, Bl. 253 ff. GA). Der Klägerin ist zudem – unstreitig – vor dem streitgegenständlichen Unfall das Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ (Anl. B5, Bl. 104 GA) nicht übermittelt worden. Soweit die Beklagte erstinstanzlich behauptet hat, die Klägerin mit Fax-Schreiben vom „25.04.2002“ bzw. –richtig- 25.04.2003 (Anl. B6, Bl. 105 f. GA) von der Fehlstelle in der Schlitzwand und den Handlungsanweisungen in Kenntnis gesetzt zu haben, ist klägerseits der Zugang des Schreibens bestritten worden, ohne dass die Beklagte hierfür Beweis angetreten hat.
150Letztlich ist die Frage der Information und Anweisung der Klägerin durch die Beklagte für den von dieser umgekehrt erhobenen Vorwurf des pflichtwidrigen Vorgehens bei der Beseitigung der Spundwandbohlen (6) entscheidungserheblich. Denn hätte die Klägerin in Unkenntnis von der gefährlichen Fehlstelle in diesem Bereich die Spundbohlen entfernt, hat dies sowohl auf das Vorliegen einer etwaigen pflichtwidrigen Handlung als auch auf den Grad eines möglichen Verschuldens Auswirkungen.
151Zu (6) Wegreißen der Spundbohlen statt Abbrennen
152Dass der Wasseraustritt in die Baugrube und die dadurch ausgelöste Bodenerosion, die schließlich zum Umstürzen des Krans geführt hat, letztlich mit dem Entfernen der Spundbohlen im Bereich der Fehlstelle durch die Klägerin herbeigeführt wurde, ist unstreitig. Ebenso unstreitig ist, dass die Bohlen dort nicht abgebrannt, sondern weggerissen worden sind. Soweit die Beklagte behauptet, dies sei entgegen der Verpflichtungen der Klägerin aus dem Bauvertrag und entgegen ihrer ausdrücklichen Vorgabe erfolgt, ist dies klägerseits bestritten worden.
153Zu der Frage, auf welche Weise die Klägerin die Entfernung der Spundbohlen vorzunehmen hatte, ist zunächst auf den – unstreitig – zum Gegenstand des Bauvertrags gemachten Nachtrag „N7“ der Klägerin (Anl. B3, Bl. 102 GA) zurückzugreifen, wo es unter Ziff. 7.1 wie folgt heißt: „… Spundbohlen freilegen, abbrennen und ziehen, …“. Soweit das Landgericht daraus geschlossen hat, dass ein Wegbiegen der Spundbohlen nicht hätte erfolgen dürfen, kann dem nicht gefolgt werden. Denn dem Wortlaut des vorgenannten Nachtrags „N7“ zufolge ist sowohl ein Abbrennen als auch ein Ziehen der Bohlen vorgesehen.
154Daher kommt es auf etwaige anderweitig erteilte Weisungen zur Vorgehensweise bei den Abbrucharbeiten an, über die zwischen den Parteien gestritten wird. Die Beklagte hat behauptet, über ihren Polier C die Mitarbeiter der Klägerin angewiesen zu haben, in der Ecke die Dielen nicht zu reißen, sondern vorsichtig schrittweise abzubrennen, was von Seiten der Klägerin ausdrücklich bestritten worden ist (vergleiche Schriftsatz vom 28.05.2014, Seite 22, Bl. 241 GA). Hierzu hätte das Landgericht die beklagtenseits mit Schriftsatz vom 24.03.2014 (Seite 13, Bl. 74 ff. GA) benannten Zeugen H, N6, C, P, C2, H2, S, H3 und T3 sowie den von beiden Parteien benannten Zeugen Q2 (vergleiche auch Schriftsatz der Klägerin vom 28.05.2014, Seite 18 ff., Bl. 237 ff. GA) vernehmen müssen. Stattdessen hat das Landgericht lediglich die Aussagen der beiden Zeugen P und C2 im Ermittlungsverfahren des PP E vom 16.05.2003 (Anl. B10, Bl. 136 ff. GA) bzw. vom 07.05.2003 (Anl. B12, Bl. 149 ff. GA) im Rahmen einer Beweiswürdigung berücksichtigt und ist auf diese Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass die Dielen/Bohlen erst nach erfolgtem Abbrennen durch einen Bagger hätten weggezogen werden sollen. Das angefochtene Urteil lässt an dieser Stelle nicht erkennen, ob auch die ebenfalls vorgelegten Aussagen der weiteren Mitarbeiter der Parteien als Zeugen in dem Ermittlungsverfahren (Anl. B7 - B17, Bl. 107 ff. GA) im Rahmen der recht knapp erscheinenden Beweiswürdigung berücksichtigt worden sind. Vor allem hat das Landgericht aber auch gegen den aus § 355 ZPO folgenden Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen.
155Zwar können die Beweisergebnisse anderer Verfahren urkundlich in einen Zivilprozess eingeführt werden. Das berührt jedoch nicht den Anspruch der Parteien darauf, dass zum maßgeblichen Sachverhalt Zeugen befragt und Sachverständige gehört werden (vergleiche BGH, Urteil vom 06.06.2000, VI ZR 98/99; Urteil vom 12.07.2013, V ZR 85/12; jeweils zitiert nach juris). Der Urkundenbeweis ist nicht dazu da, das grundlegende Recht auf eine unmittelbare Beweisaufnahme zu verkürzen (vergleiche OLG Koblenz, Urteil vom 03.11.2005, 5 U 452/05, zitiert nach juris). Der persönliche Eindruck, den ein Zeuge macht, bietet eine höhere Gewähr für die Ermittlung der Wahrheit, als sie allein durch anderweitige Niederschriften vermittelt werden kann (vergleiche BGH, Urteil vom 14.07.1952, IV ZR 25/52, zitiert nach juris). Die persönliche Vernehmung der Zeugen war hier umso mehr geboten, als beide Parteien ihrerseits die Aussagen aus dem Ermittlungsverfahren unterschiedlich interpretieren. Der Verwertung der Zeugenaussagen aus dem Ermittlungsverfahren unter Übergehung des angetretenen Zeugenbeweises stand mithin der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme entgegen (vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2011, 20 U 37/11, zitiert nach juris). Dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel i.S.v. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO dar (vergleiche OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG München, Urteil vom 14.02.2014, 10 U 3074/13).
156Auf diesem Verfahrensmangel beruht das erstinstanzliche Urteil, da das Landgericht aufgrund der vorgenannten Aussagen aus dem Ermittlungsverfahren auf ein etwaiges von der Klägerin zu vertretendes pflichtwidriges Handeln ihrer Mitarbeiter geschlossen hat.
157Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Berufungsbegründung die mögliche „Fehlinterpretation“ der Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren ausdrücklich beanstandet. Soweit sie dennoch wegen der inzwischen vorliegenden Erkenntnisse aus dem durch rechtskräftiges Teilurteil vom 26.03.2015 für sie abgeschlossenen Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 14c O 165/08 eine weitere Beweisaufnahme nicht für erforderlich hält, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die dortigen Aussagen der Zeugen Q2 und P sowie die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. I2 (vergleiche Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 448 ff. GA) ersetzen ebenfalls aus den oben dargelegten Gründen nicht den im vorliegenden Rechtsstreit unmittelbar zu erhebenden Beweis. Zudem sind weitere Zeugen zu vernehmen, wie vorstehend ausgeführt. Entgegen der Auffassung der Klägerin durfte erstinstanzlich auch nicht mit dem hier unzutreffenden Argument der Vermeidung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises von der Vernehmung der benannten Zeugen abgesehen werden.
158Sofern der Beklagten der Beweis für die Richtigkeit ihrer Behauptung, die Mitarbeiter der Klägerin zum vorsichtigen Abbrennen der Bohlen im Baugrubeneckbereich angewiesen zu haben, nicht gelingt, kommt es auf die übliche Vorgehensweise bei derartigen Abbrucharbeiten an. Hierzu hat die Beklagte behauptet, die Klägerin sei mit besonders „brachialer Gewalt“ beim Wegreißen der Spundbohlen vorgegangen, was klägerseits bestritten worden ist. Dem Vortrag der Klägerin zufolge sei es üblich, auf diese Weise den letzten Spundbohlenrest zu ziehen. Allerdings kommt es in diesem Zusammenhang wiederum auf die fragliche Information der Klägerin über das Vorhandensein der Fehlstelle in der Schlitzwand an. Wenn auf Seiten der Klägerin die Gefahrenstelle bekannt war, durfte sie nicht – wie ggf. sonst üblich – die Spundbohlen wegreißen. Sofern es vor diesem Hintergrund auf die Frage nach der üblichen Vorgehensweise bei derartigen Abbrucharbeiten noch ankommt, wird dem von der Beklagten angetretenen Beweis durch Vernehmung bzw. Anhörung der Sachverständigen Prof. Dr. Q3, Prof. Dr. X, Prof. Dr. L3 und Prof. Dr. L2 (vergleiche Schriftsatz vom 24.03.14, Seite 6, Bl. 67 GA) sowie des Prof. Dr. Q4 (vergleiche Schriftsatz vom 08.01.2015, Seite 3, Bl. 346 GA) als sachverständige Zeugen oder Sachverständige nachzugehen sein.
159Zu (4) Unzureichende Beachtung des Handlungskonzepts
160Soweit die Klägerin der Beklagten unter Hinweis auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. X vom 15.10.2009 vorwirft, ihr eigenes Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ (Anl. B5, Bl. 104 GA) nicht hinreichend beachtet zu haben, da keine bodenmechanische Fachüberwachung beim Freilegen der Fehlstelle vor Ort war, ist der Sachverhalt letztlich unstreitig. Zwar trägt die Beklagte vor, die Dichtigkeit ständig kontrolliert zu haben und zum Zeitpunkt des Schadensfalles sei ihr Polier C auf der Baustelle gewesen. Dass weder dieser noch ein anderer Fachbauleiter die Freilegung der Fehlstelle durch die Klägerin an Ort und Stelle überwacht hat, ist jedoch ebenfalls unstreitig. Allerdings kommt es in diesem Zusammenhang wiederum auf die fragliche Information der Klägerin und ihrer Mitarbeiter über die Fehlstelle an, da sie in Kenntnis der Gefahrenlage ohne bodenmechanische Fachüberwachung die Fehlstelle nicht freilegen durfte. In diesem Falle würde sich eine etwaige beiderseits zu vertretende Pflichtwidrigkeit der Parteien hinsichtlich der fehlenden Überwachung der Fehlstelle im Rahmen der internen Haftungsverteilung gegenseitig aufheben. Andernfalls wäre dieser Gesichtspunkt nur zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen.
161Zu (5) Billigung des Standorts des Krans
162Dass die Beklagte die Entscheidung der Firma I, als Gründungspfähle für den Kran die Verbaupfähle im Bereich der Fehlstelle zu nutzen, gebilligt hat, ist unstreitig. Auch dieser von dem Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung unberücksichtigt gelassene Umstand ist in die Haftungsverteilung zu Lasten der Beklagten einzubeziehen.
163Aufgrund der vorstehend aufgezeigten wesentlichen Verfahrensmängel ist die Aufhebung des angefochtenen Urteils mit dem zu Grunde liegenden Verfahren und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht geboten, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
164Ob das Berufungsgericht statt einer Sachentscheidung die Zurückverweisung wählt, steht in seinem Ermessen, das den Gesichtspunkt der Prozessökonomie in Betracht ziehen muss (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 6). Das Berufungsgericht handelt ermessensfehlerfrei, wenn das Interesse an einer schnelleren Erledigung gegenüber dem Verlust einer Tatsacheninstanz nicht überwiegt (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 38 Rn. 7).
165Hier wäre eine sehr umfangreiche Beweisaufnahme durchzuführen. Eine solche würde den Senat zu einer mit der Funktion eines Rechtsmittelgerichts unvereinbaren weitgehenden Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens zwingen. Daher ist in solchen Fällen regelmäßig die Zurückverweisung geboten (vergleiche OLG München, Urteil vom 14.02.2014, 10 U 3074/13, zitiert nach juris). Hier spricht nichts dafür, von diesem Grundsatz abzuweichen.
166C.
167Zu welchem Ergebnis die Beweisaufnahme vor dem Landgericht führen und welche gerichtliche Entscheidung daraus anknüpfen wird, ist derzeit nicht abzusehen. Gleichwohl erscheint dem Senat – mit dem Ziel der Vermeidung eines weiteren Berufungsverfahrens – zweckmäßig, seinen aus der gegenwärtig greifbaren Tatsachengrundlage abgeleiteten Rechtsstandpunkt zu weiteren noch nicht erörterten Aspekten des Falles aufzuzeigen:
1681.
169Soweit der mit dem Hauptantrag zu 1) geltend gemachte Freistellungsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB i.V.m. § 25. 225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag nicht besteht, wird die Klage mit dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag ebenfalls keinen Erfolg haben. Denn ein weitergehender Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Dach-ARGE-Vertrag sowie aus § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B im Wege der „actio pro socio“ kommt nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht in Betracht.
170a)
171Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen etwaiger Verletzung der Pflichten als technische Geschäftsführerin der Dach-ARGE gemäß § 7 Dach-ARGE-Vertrag geht nicht weiter als der auf § 426 Abs. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. II Dach-ARGE-Vertrag gestützte Freistellungsanspruch gemäß dem Hauptantrag zu 1). Die gegen die Beklagte in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe, insbesondere hinsichtlich der technischen/terminlichen Koordination der Gesamtbaustelle sowie der Überwachung der Bauarbeiten einschließlich der Überprüfung der Einhaltung aller sicherheitsrelevanten Vorschriften und Gesetze, sind im Wesentlichen deckungsgleich, jedenfalls nicht weitergehend.
172b)
173Soweit ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen etwaiger Verletzung der Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-ARGE gemäß § 8 Dach-ARGE-Vertrag in Betracht kommt, ist von gleichen Haftungsanteilen der Parteien auszugehen.
174Zwar ist die auf Feststellung des Versicherungsschutzes für Sach- und Personenschäden aus dem Schadensereignis vom 29.04.2003 (Kranunglück E L) gerichtete Deckungsklage der Dach-ARGE gegen die N AG durch Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 05.03.2010, Az. 4 U 82/09 (Anlage B 19, Bl. 192 ff. GA) rechtskräftig abgewiesen worden. Jedoch beruht dies weder auf einer etwaigen Versäumung, den Versicherungsschutz über den 31.03.2003 hinaus bis zum tatsächlichen Ende der Bauarbeiten zu verlängern, noch auf einer mangelnden Schadensanzeige. Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist in seiner vorgenannten Entscheidung nicht davon ausgegangen, dass der Versicherungsschutz aus der Objekthaftpflichtversicherung bis zum 31.03.2003 befristet gewesen ist. Die Befristung des Versicherungsschutzes sei vielmehr offen und wäre im Wege der Beweisaufnahme zu klären gewesen (vergleiche Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010, 4 U 82/09, Entscheidungsgründe I. 1., Bl. 205 GA). Dass eine Beweisaufnahme ebenfalls zur Abweisung der Deckungsklage geführt hätte, ist von der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit nicht dargelegt worden. Daher kann hier dahinstehen, wer von den beiden Parteien ggf. für die Verlängerung des Versicherungsschutzes zu sorgen hatte.
175Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist in seinem vorgenannten Urteil zudem von einer wirksamen Schadensmeldung durch die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits ausgegangen (vergleiche Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010, 4 U 89/09, Entscheidungsgründe I. 3. c) bb), Bl. 209 GA), so dass ein etwaiges Versäumnis der Beklagten auch insoweit nicht zur Abweisung der Deckungsklage geführt hat.
176Entscheidend hierfür war das Verstreichen der zweijährigen Verjährungsfrist gemäß § 12 Abs. 2 VVG (a.F.), nach Ablehnung des Versicherungsschutzes durch die N AG mit Schreiben vom 25.11.2003 (Anl. TW14, Bl. 260 GA). Dieses Schreiben war ursprünglich an die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits gerichtet und ist von dieser mit Schreiben vom 28.11.2003 an die Beklagte weitergeleitet worden (Anl. TW15, Bl. 261 GA). Der Inhalt des Schreibens der Versicherung, mit dem ersichtlich auf einer Befristung der Anhebung der Versicherungssumme gemäß dem objektbezogenen Nachtrag bis zum 31.03.2003 beharrt und mithin der Versicherungsschutz für den Kranunfall vom 29.04.2003 abgelehnt wird, war daher beiden Parteien bekannt. Dennoch haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte nicht rechtzeitig vor Ablauf der vorgenannten Frist für die Hemmung der Verjährung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag gesorgt, ggf. durch gerichtliche Geltendmachung. Zwar mag dies primär der Beklagten als Vertreterin der Dach-ARGE im Rahmen ihrer kaufmännischen Geschäftsführung oblegen haben. Jedoch hat auch die Klägerin weder auf den Lauf der Verjährungsfrist hingewiesen noch auf die gerichtliche Geltendmachung des Versicherungsschutzes gedrängt, obwohl gemäß § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag vorgesehen ist: „Wird ein Haftungsanspruch gegen einen Gesellschafter geltend gemacht oder ist dies zu erwarten, so unterrichten sich die Gesellschafter unverzüglich und legen ihr Verhalten gemeinsam fest. Die Gesellschafter werden sich bei der Abwicklung derartiger Ansprüche nach Kräften unterstützen.“ Aufgrund dieser Vereinbarung durfte sich die Klägerin nicht „blind“ auf die kaufmännische Geschäftsführung der Beklagten verlassen, sondern hätte ihrerseits die gebotenen Schritte zur Wahrung der Verjährungsfrist erwägen und mit der Beklagten besprechen müssen. Vor diesem Hintergrund trifft die Klägerin ein gleichwertiges Mitverschulden an dem mangelnden Versicherungsschutz für den Personen- und Sachschaden aus dem streitgegenständlichen Kranunfall.
177c)
178Eine weitergehende Haftung der Beklagten folgt auch nicht aus dem im Wege der „actio pro socio“ geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B i.V.m. § 25.135 Dach-ARGE-Vertrag.
1792.
180Für die nach einseitiger Teil-Erledigungserklärung zu dem Klageantrag zu 1) hinsichtlich des unter 1e) genannten Anspruchs der Fa. J3 GmbH begehrte Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
1813.
182Dasselbe gilt für das mit dem Klageantrag zu 2) festzustellende Rechtsverhältnis hinsichtlich der Freistellung von weitergehenden Ansprüchen, das hinsichtlich der Haftungsverteilung demjenigen nach dem Hauptantrag zu 1) entspricht.
183D.
184Nach Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils ist der weitere Antrag der Klägerin auf Berichtigung des Tenors der Entscheidung des Landgerichts gegenstandslos.
185III.
186Die gerichtlichen Kosten zweiter Instanz sind wegen des eindeutigen Verfahrensfehlers gemäß § 21 GKG niederzuschlagen. Eine unrichtige Sachbehandlung kann durchaus vorliegen, soweit das erstinstanzliche Gericht einen offensichtlichen erheblichen Verfahrensfehler begangen hat, der zur Zurückverweisung durch das Berufungsgericht führt (vergleiche Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage 2014, § 21 GKG Rn. 40, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Zwar mag nicht jeder Verfahrensmangel, der gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung führt, eine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 21 GKG darstellen (vergleiche KG Berlin, Beschluss vom 24.05.2005, 1 AR 20/03; OLG München, Beschluss vom 23.11.1989, 10 U 3401/89; jeweils zitiert nach juris). Bei Entscheidungen, die den breiten richterlichen Handlungs-, Bewertungs- und Entscheidungsspielraum deutlich überschreiten, ist jedoch von einer unrichtigen Sachbehandlung auszugehen (vergleiche OLG München, Urteil vom 11.07.2013, 23 U 695/13, zitiert nach juris). Dies kann insbesondere bei offensichtlichem Übergehen von Beweisangeboten der Fall sein (vergleiche OLG München, a.a.O., OLG Koblenz, Urteil vom 17.10.2012, 5 U 1551/11; OLG Koblenz, Urteil vom 08.10.2014, 5 U 716/14; jeweils zitiert nach juris). Hier muss dem Landgericht die Problematik seiner Vorgehensweise bei Erlass des erstinstanzlichen Urteils durchaus bewusst gewesen sein, zumal beide Parteien im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 08.12.2014 mit Schriftsätzen vom 15.12.2014 (Bl. 338 ff. GA) und 08.01.2015 (Bl. 344 ff. GA) jeweils unter Bezugnahme auf ihre Beweisangebote ausdrücklich auf die ihrer Auffassung nach mangelnde Entscheidungsreife der Sache hingewiesen hatten.
187Im Übrigen ist die Kostenentscheidung der erstinstanzlichen Schlussentscheidung vorzubehalten (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 57).
188Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO (vergleiche zur möglichen Vollstreckung des aufhebenden und zurückverweisenden Urteils: Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 58).
189Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Streitentscheidend sind Umstände des Einzelfalls. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden. Zudem wird entgegen der Auffassung der Beklagten insbesondere hinsichtlich der Voraussetzungen eines Freistellungsanspruchs unter Gesamtschuldnern weder von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch von derjenigen anderer Oberlandesgerichte abgewichen.
190Berufungsstreitwert: 13.000.000,00 €
Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.
Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.