Oberlandesgericht Köln Urteil, 30. Okt. 2015 - 19 U 20/15
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin sowie der Beklagten werden das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 12.01.2015 – 18 O 16/14 –, berichtigt durch Beschluss vom 19.03.2015 – 18 O 16/14 - sowie das zugrundeliegende Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung sowie Entscheidung an das Landgericht Köln zurückverwiesen.
Die weitergehenden Berufungen der Klägerin und der Beklagten werden zurückgewiesen.
Für das Berufungsverfahren werden gerichtliche Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Kosten der Schlussentscheidung vorbehalten
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin macht gegen die Beklagte, beide Gesellschafter einer Dach-ARGE, nach gemeinsamer Durchführung eines Bauprojekts in E, L, bei dem es am 29.04.2003 zu einem Kranunfall mit umfangreichem Personen- sowie Sachschaden gekommen ist, internen Schadensausgleich und -ersatz im Wege der Freistellung sowie Feststellung geltend.
4Die Klägerin ist unternehmerisch im Bereich Rückbau und Schadstoffsanierungen tätig. Bei der Beklagten handelt es sich um einen international tätigen Baukonzern. Die F Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH – heute firmierend unter IKK Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH – realisierte ab dem Jahr 2002 für die E2 Objektgesellschaft den Neubau eines Büro- und Hotelgebäudes auf dem Grundstück L 59 in E. In diesem Zusammenhang beauftragte sie die ARGE Baugrube E2 (Dach-ARGE), deren Gesellschafter die Parteien sind, mit Abbrucharbeiten und der Herstellung der Baugrube. Als Projektsteuerer war die G GmbH eingesetzt. Die Hochbauarbeiten wurden durch die I GmbH durchgeführt. Zur Durchführung der Abbruch- und Baugrubenarbeiten gründeten die Parteien durch Vertrag vom 17.09.2002 (anlage TW 1) die „Arbeitsgemeinschaft Baugrube E2 E“ als Dach-Arbeitsgemeinschaft. Die Beklagte war intern für das Einzellos „Spezialtiefbau/Verbauarbeiten“ und die Klägerin für das Einzellos „Abbruch/Sprengarbeiten“ beauftragt. Die Beklagte bildete mit der A Spezialtiefbau, E3, eine Los-ARGE.
5Während des Voraushubs und der Schlitzwandarbeiten an der Baugrube wurde ein alter Spundwandverbau angetroffen, der nicht vollständig gezogen werden konnte. Diesbezüglich fand am 09.01.2003 ein Ortstermin statt, worüber die Professor Dr.-Ing. L2 GmbH als geotechnische Beraterin ein Protokoll der Besprechung erstellte (Bl. 253 ff. GA). Unter dem 23.01.2003 unterbreitete die Dach-ARGE einen schriftlichen Ausführungsvorschlag zu den geänderten Rahmenbedingungen, den die Professor Dr.-Ing. L2 GmbH fachtechnisch prüfte und am 28.01.2003 bestätigte (Bl. 328 f. AH II). Hiernach sollte der vorgefundene Spundbohlenverbau nach Freischälen der Spundbohlen von anhaftendem Erdmaterial in die Schlitzwand im südöstlichen Eckbereich mit einbetoniert werden. In dem Begleitschreiben wies die Ingenieursozietät Professor Dr.-Ing. L2 GmbH auf mögliche Risiken hin und empfahl den Einbau von Verpressschläuchen über die gesamte Spundbohlenlänge, die Erstellung eines Havariekonzeptes mit sofortigen Sicherheitsmaßnahmen im Falle von Undichtigkeiten und eine kontinuierliche Fachüberwachung. Mit Schreiben vom 30.01.2003 wurde durch die G gegenüber der Dach-ARGE die Umsetzung dieser Empfehlung angeordnet.
6Von der Beklagten wurden im Zuge der Erstellung der Schlitzwand im bezeichneten Eckbereich der Baugrube keine Verpressschläuche eingebracht, sondern Manschettenrohre verwendet.
7Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Ecklamelle der Schlitzwand nicht vollständig dicht hergestellt worden war, erstellte der Oberbauleiter der Dach-ARGE am 23.04.2003 eine Arbeitsanweisung zum Umgang mit der Fehlstelle in der Schlitzwand mit folgendem Inhalt (Bl. 104 GA):
8" Arbeitsablauf Fehlstelle
9- Kontrolle der Fehlstelle auf Wasser- und Bodeneintritt
10- Sichern der Fehlstelle gegen möglichen Bodeneintritt durch Einschlagen von Hartholzkeilen mit entsprechendem Füllmaterial (Holzwolle oder gleichwertig)
11- Baugrubenseitige Packerinjektion mit Hartschaum zur Verringerung des Wasserzuflusses
12- Anbringen von Stahlblechen, Breite ca. 0,5 - 0,80 m, Dicke ca. 15 mm über die gesamte Höhe des vertikalen Spaltes ca. 6,0 -8,0 m
13- Tastbohrungen (Kleinlochbohrungen) im Zuge des Anbringens der Stahlbleche zur Überprüfung gegebenenfalls vorhandener Kiesnester
14- Gegebenenfalls Nachinjektion der Hohlräume zwischen Stahlplatte und Schlitzwandoberfläche
15- Bei starkem Wassereintritt in der Fehlstelle Wiederverfüllung mit Erdreich"
16Am 29.04.2003 kam es infolge einer Bodenerosion zu einem Unfall, bei dem der unmittelbar neben der Süd-Ost-Ecke der Baugrube befindliche Kran umstürzte und einen anderen Kran mitriss. Es kam zu erheblichem Personenschaden – zwei Bauarbeiter wurden getötet – und Sachschaden.
17Die Dach-ARGE sowie die Parteien als deren Gesellschafter werden in mehreren Gerichtsverfahren als für den Kranunfall Verantwortliche auf Schadensersatz in Anspruch genommen.
18Die Klägerin ist in erster Instanz unter Berufung auf das in dem Verfahren 18 O 140/07 (LG Köln) = 19 U 14/12 (OLG Köln) eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.-Ing. X vom 15.10.2009 (Anlage TW 2) der Auffassung gewesen, die geltend gemachten Ansprüche beträfen ausschließlich den Leistungsumfang der Beklagten. Sie hat behauptet, es habe sich in dem Kranunfall ein Risiko realisiert, das ausschließlich dem Leistungs- und Lieferumfang des Loses Spezialtiefbau- und Verbauarbeiten der Beklagten zuzuordnen sei. Die – unstreitig – entstandene Fehlstelle der Schlitzwand stelle einen vermeidbaren Ausführungsfehler der Beklagten dar. Zudem hat die Klägerin der Beklagten vorgeworfen, unzureichende Maßnahmen in Bezug auf die Fehlstelle getroffen zu haben statt den Empfehlungen der Ingenieursozietät Professor Dr.-Ing. L2 GmbH vom 28.01.2003 zu folgen. Ferner hat die Klägerin fehlende Informationen und Anweisungen durch die Beklagte moniert und in diesem Zusammenhang bestritten, dass sie oder ihre Mitarbeiter über das Problem der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden seien und das Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ vom 23.04.2003 vor dem Unfall erhalten hätten. Weiter hat die Klägerin der Beklagten vorgeworfen, die Entscheidung der Firma I, als Gründungspfähle für den Kran ausgerechnet dies Verbaupfähle im Bereich der Fehlstelle zu nutzen, gebilligt zu haben. Darüber hinaus ist die Klägerin davon ausgegangen, dass die Beklagte ihren eigenen „Arbeitsablauf Fehlstelle“ unzureichend beachtet habe, da – so die Behauptung der Klägerin – eine weitergehende bodenmechanische Fachüberwachung beim Freilegen der Fehlstelle erforderlich gewesen wäre und zum Unfallzeitpunkt kein entsprechender Fachbauleiter der Beklagten anwesend gewesen sei, zudem – unstreitig – die für die Vornahme von Abdichtungsmaßnahmen vorgesehene Firma T von der Beklagten nachhause geschickt worden sei.
19Auf den umgekehrt beklagtenseits erhobenen Vorwurf, sie habe die Spundbohlen nicht ziehen, sondern abbrennen müssen, hat die Klägerin behauptet, es sei üblich, den letzten Spundbohlenrest zu ziehen.
20Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, die Beklagte hafte in vollem Umfang für die Folgen des streitgegenständlichen Unfalls, zum einen aufgrund des Gesamtschuldverhältnisses i.V.m. den Regelungen in dem Dach-ARGE-Vertrag, zum anderen wegen Verletzung ihrer Pflichten als technische Geschäftsführerin der Dach-ARGE, auch im Wege der „actio pro socio“.
21Schließlich hat die Klägerin zudem gemeint, die Beklagte hafte im Innenverhältnis zusätzlich wegen Verletzung ihrer Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-ARGE. In diesem Zusammenhang hat sie der Beklagten vorgeworfen, nicht für die Verlängerung des Versicherungsschutzes bei der N AG gesorgt, die Schadenanzeige an den vorgenannten Versicherer versäumt sowie die Verjährungsfrist hinsichtlich Ansprüchen aus dem Versicherungsverhältnis nicht beachtet zu haben.
22Die Klägerin hat beantragt,
231. die Beklagte zu verurteilen, sie von den nachstehenden Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29. April 2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, – hilfsweise, die diesbezügliche Freistellungspflicht der Beklagten festzustellen –, nämlich
24a. die wegen des Todes des Herrn Q im Verfahren BBM d.o.o. 11 O 163/13 LG Düsseldorf gegen die Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachten Schadensersatzansprüche und Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag in Höhe von 88.676,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2013;
25b. der Unterhaltsansprüche der N2, geb. B, der N3 und des N4 wegen des Todes des Herrn N5, die im Verfahren 11 O 164/13 LG Düsseldorf gegen die Klägerin in Höhe von 193.921,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2013 geltend gemacht werden;
26c. der Ansprüche der J Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH auf Schadensersatz und Freistellung von Ansprüchen Dritter infolge des Kranunfalls, die im Verfahren 18 O 540/06 LG Köln gegen die Arbeitsgemeinschaft Baugrube E2 E und die Klägerin als deren Gesellschafter wie folgt geltend gemacht werden:
27c.1) Schadensersatzansprüche in Höhe von 2.434.768,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 1.904.599,60 € seit dem 29.12.2006 und aus weiteren 43.810,31 € seit dem 16.01.2013;
28c.2) Freistellungsansprüche von Forderungen der E2 L 59 GmbH & Co. KG auf Schadensersatz in Höhe von 10.378.646,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.11.2006 sowie in Höhe von weiteren 5.467.051,91 € nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2013;
29d. der Ansprüche der Nürnberger Allgemeine Versicherung-AG wegen des Bauleistungsschadens, die im Verfahren 18 O 140/07 LG Köln gegen die ARGE Baugrube E2 E und die Klägerin als deren Gesellschafter in Höhe von 3.000.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2006 geltend gemacht werden;
30e. der Ansprüche der J3 GmbH wegen der Zerstörung, Beschädigung sowie des Abhandenkommens von Gerüstteilen infolge des Kranunfalls, die im Verfahren 14c O 165/08 LG Düsseldorf gegen die Klägerin in Höhe von 115.733,11 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2003 geltend gemacht werden;
31f. der Ansprüche der T2 GmbH wegen der Beschädigung des eigenen Baugeräts und –materials, vor allem der Schalung, die mit Schreiben der T2 GmbH vom 4. Dezember 2006 gegen die Klägerin in Höhe von 119.779,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2006 geltend gemacht werden;
322. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie von sämtlichen weitergehenden Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29. April 2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, insbesondere von den Ansprüchen
33a. der oben im Antrag zu 1.b) genannten Kläger wegen des Todes des Herrn N5, die mit Feststellungsanträgen wegen weitergehender Unterhaltsschäden im Verfahren 11 O 164/13 LG Düsseldorf geltend gemacht werden;
34b. der im Antrag zu 1.c) genannten Klägerin, die mit Feststellungsanträgen wegen möglicher weiterer Schäden, insbesondere der ARGE H, der J2 und der D Partnerschaftsgesellschaft im Verfahren 18 O 540/06 LG Köln geltend gemacht werden;
35c. der I Bauholding GmbH wegen der Beschädigung fremden und eigenen Materials infolge des Kranunfalls und von Mehrvergütungs- und Entschädigungsansprüchen, soweit sie auf dem Kranunfall beruhen, insbesondere soweit diese in den Verfahren 18 O 281/07 LG Köln und 18 O 566/08 LG Köln gegen die J Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH mit Streitverkündung gegenüber der ARGE Baugrube E2 E und der Klägerin als deren Gesellschafter geltend gemacht werden,
36hilfsweise zu den Anträgen 1. und 2.
37festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Dach-ARGE Baugrube E2 E von sämtlichen Ansprüchen freizustellen, die im Antrag 1.c) und 1.d) sowie im Antrag zu 2.b) und 2.c) geltend gemacht werden.
38Die Beklagte hat beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Die Beklagte hat die Unzulässigkeit der Klage gerügt und gemeint, die Klägerin stütze ihr Freistellungsverlangen nicht auf die Nichterfüllung einer Abwehrpflicht der Beklagten. Weiter ist die Beklagte der Auffassung gewesen, die Klägerin könne nicht Freistellung verlangen und gleichzeitig Ansprüche Dritter abwehren. Hinsichtlich der Feststellungsanträge hat die Beklagte die Auffassung vertreten, diese seien hinsichtlich des Umfangs zu begrenzen.
41In der Sache ist die Beklagte von der vollen Haftung der Klägerin für die Folgen des streitgegenständlichen Unfalls ausgegangen. Schließlich sei es die Klägerin gewesen, die die Fehlstelle dadurch geöffnet hat, dass sie – nach Ansicht der Beklagten – pflichtwidrig im Baugrubeneckbereich zu entfernende Spundbohlen gezogen hat statt sie abzubrennen, und zwar – so die Behauptung der Beklagten – durch Wegreißen mit Brachialgewalt. Den von Seiten der Klägerin erhobenen Vorwürfen hat die Beklagte ihre Behauptungen entgegengehalten, die Fehlstelle der Schlitzwand sei aus ihrer Sicht unvermeidbar gewesen und die Mitarbeiter der Klägerin seien vor Ort auf die Problematik hingewiesen worden. Insbesondere die Mitarbeiter der Frühschicht seien von ihrem Polier, dem Zeugen C, darauf hingewiesen worden, dass in der Ecke die Dielen nicht gerissen werden dürfen. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten daher die Anweisung zum schrittweisen Abbrennen der Spundbohlen erhalten. Eine ihrem Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ entsprechende Information habe sie der Klägerin übermittelt, und zwar per Fax-Schreiben vom 25.04.2003 (Bl. 105 f. GA), dessen Zugang klägerseits bestritten wird. Schließlich hat die Beklagte behauptet, die Dichtigkeit im Bereich der Fehlstelle ständig kontrolliert zu haben.
42Den klägerseits erhobenen Vorwürfen, gegen ihre Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-ARGE verstoßen zu haben, hat die Beklagte entgegnet, dass der Einwand des Versicherers hinsichtlich einer etwaigen Befristung des Versicherungsschutzes nicht durchgegriffen hätte und die Klägerin selbst für die Schadensanzeige gesorgt habe. Hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen aus der Versicherung hat die Beklagte gemeint, es habe umgekehrt der Klägerin oblegen, die Verjährungsfrist zu beachten.
43Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgeben, indem es die Beklagte verurteilt hat, die Klägerin von den im Einzelnen aufgeführten Ansprüchen Dritter im Umfang von 68% freizustellen, und festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin im Umfang von 68% von sämtlichen weiteren Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 in E beruhen.
44Zur Begründung hat das Landgericht u.a. Folgendes ausgeführt:
45Die Klage sei zulässig, insbesondere fehle es den Hauptanträgen zu 1) und zu 2) der Klägerin auf Freistellung von etwaigen Ansprüchen im Einzelnen genannter Drittgläubiger sowie weitergehender Ansprüche nicht an einem hinreichenden Rechtsschutzinteresse. Der Zulässigkeit des Freistellungsantrags stehe nicht entgegen, dass die Klägerin Ansprüchen Dritter ihrerseits entgegentritt, zumal die Klägerin sich hier primär auf einen vertraglichen Freistellungsanspruch stützt. Der Ausgleichsanspruch unter Gesamtschuldnern gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB könne grundsätzlich bereits ab Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses geltend gemacht werden, wobei zunächst offen bleiben könne, ob die gegen den Freistellungsgläubiger gerichteten Ansprüche Dritter begründet sind. Dementsprechend umfasse der Freistellungsanspruch auch die Verpflichtung, unbegründete Ansprüche vom Freistellungsgläubiger abzuwehren.
46Die Klage sei nur teilweise, nämlich im Umfang einer Freistellungsverpflichtung der Beklagten in Höhe von 68 % begründet. Die klägerischen Anträge seien zwar ihrer Fassung nach auf vollständige Freistellung gerichtet. Es sei jedoch davon auszugehen, dass im Antrag der Klägerin auf vollständige Freistellungsverpflichtung der Beklagten von Ansprüchen Dritter gleichsam als Minus ein Antrag auf Freistellung in Höhe einer quotalen Verpflichtung enthalten ist.
47Die Klägerin habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf Freistellung in Höhe von 68 % aus § 426 Abs. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag (Bl. 23, Anlagenheft I). Nach § 3 des Dach-ARGE-Vertrages (Bl. 5, Anlagenheft I) solle sich die Haftungsverteilung der Parteien letztlich nach dem Wert der jeweiligen Leistungsbeiträge richten, nämlich 3.588.290,31 € (Klägerin) zu 11.215.529,57 € (Beklagte), woraus sich ein maßgebliches Verhältnis von 32 % für die Klägerin und 68 % für die Beklagte ergebe. Nach § 25.225 Abs. II Dach-ARGE-Vertrags trage im Innenverhältnis jeder Gesellschafter das sich aus seinem Leistungs- und Lieferumfang ergebende gesamte wirtschaftliche und technische Risiko allein. Gemäß Abs. III solle im Falle, dass der Auftraggeber oder ein Dritter Ansprüche geltend macht, die den Leistungsumfang eines anderen Gesellschafters betreffen, dieser verpflichtet sein, den anderen Gesellschafter von den geltend gemachten Ansprüchen Dritter freizuhalten. Diese Regelung sei dahin auszulegen, dass dort, wo eine Schadensersatzverbindlichkeit ihre Ursache im „Leistungsumfang“ beider Parteien hat, eine Ausgleichspflicht entsprechend den Grundsätzen über den Ausgleich bei § 426 BGB entsteht, d.h. es komme eine quotale Beteiligung in Betracht. Maßgeblich sei die vertragliche Zuordnung, das Gewicht der Verursachungsbeiträge und ggf. das Verschulden. Der gerichtliche Sachverständige Univ. Prof. Dr.-Ing. Karl Josef X habe im Verfahren der Kammer zu Az. 18 O 140/07 (= OLG Köln, Az. 19 U 111/12) und zu Az. 18 O 540/06 zwar keine konkreten Aussagen darüber getroffen, zu welcher Quote die Klägerin einerseits und die Beklagte andererseits aufgrund der ihnen jeweils zur Last fallenden Verursachungsbeiträge verantwortlich für den Kranunfall sind. Allerdings habe er in Form eines „Ereignisbaums“ (Bl. 74, Anlagenheft I) die unterschiedlichen schadensrelevanten Handlungen und Entscheidungen aufgeführt, die bei dem Unglück zusammenwirkten. Die Feststellungen aus dem Gutachten des Sachverständigen X könnten - so das Landgericht weiter – als tatsächliche Grundlage für das hiesige Verfahren berücksichtigt werden, da sie von beiden Parteien zum Gegenstand ihres eigenen Sachvortrags gemacht worden sind. Die Klägerin habe das Gutachten als Anlage 2 selbst vorgelegt. Die Beklagte habe sich ihrerseits auf das sachverständige Zeugnis des Sachverständigen X berufen und die zum klägerischen Sachvortrag gemachten tatsächlichen Feststellungen aus dem Gutachten X nicht in erheblicher Weise angegriffen. Die in dem Gutachten X enthaltene Tatsachengrundlage hinsichtlich des Unfallablaufes und der Unfallverursachung sei daher im Sinne des § 138 Abs. 2 ZPO als zugestanden und mithin zwischen den Parteien als unstreitig anzusehen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen X sei zwischen sieben unterschiedlichen schadensrelevanten Handlungen zu unterscheiden (S. 48 Gutachten, Bl. 74 Anlagenheft I), deren pflichtgerechte Vornahme den komplexen Schaden hätte vermeiden oder wenigstens reduzieren können. Die „fundamentale“ Handlung betreffe nach Einschätzung des Sachverständigen X die Reinigung der Spundwandflanken im Bereich der Durchdringung. Das Reißen der Spundwandreste wäre dann ohne Effekt geblieben und hätte allenfalls am Rand der Durchdringung zu Abplatzungen im Beton geführt. Die Entstehung der Fehlstelle gehe – so die Auffassung des Landgerichts – daher ausschließlich zu Lasten der Beklagten und betreffe ihren Leistungsumfang. Der am 23.04.2003 festgelegte „Arbeitsablauf Fehlstelle“ habe zwar für sich genommen eine angemessene Vorgehensweise beschrieben, mit der das Problem zu beherrschen gewesen wäre, allerdings sei nicht festgelegt gewesen, wie entsprechende Anweisungen weiterzugeben waren. Aus diesem Grund seien die Planvorgaben im entscheidenden Moment nicht beachtet worden. Eine weitere Grundwassermessstelle in der Innenecke beidseitig der Spundwand zur Prüfung der Dichtigkeit sei nicht eingerichtet gewesen. Diese Versäumnisse gehen nach Einschätzung des Landgerichts ebenfalls zu Lasten der Beklagten. Demgegenüber gehe das planwidrige Vorbiegen und Reißen der Spunddielen ohne vorheriges Abbrennen zu Lasten der Klägerin. Die unzureichende bodenmechanische Fachbauleitung und Kommunikation müsse sich wiederum vorwiegend die Beklagte aufgrund der von ihr übernommenen technischen Geschäftsführung (§ 7, 7.41, Anlagenheft I, Bl. 8) zurechnen lassen. Denn diese habe jedenfalls die Pflicht zur Überwachung gegenüber der Klägerin und damit ein Recht der Klägerin, überwacht zu werden, begründet. Die Klägerin habe danach zulässigerweise von einer eigenen Überwachung absehen dürfen. Die Gewichtung und quotale Höhe der daraus folgenden wechselseitigen Mitverursachungsbeiträge von Klägerin und Beklagter seien in entsprechender Anwendung von § 287 ZPO i.V.m. § 254 BGB durch Schätzung zu ermitteln. Die Beklagte müsse hier in Anbetracht der verschiedenen ihr zurechenbaren Pflichtwidrigkeiten jedenfalls ein deutlich höherer Verschuldensanteil treffen. Unter Berücksichtigung der oben genannten Auswirkungen und „Verzahnung“ der verschiedenen Handlungen im Hinblick auf den komplexen Schadenseintritt erscheine im Innenverhältnis zwischen den Parteien eine Haftungsverteilung von 32 % zu Lasten der Klägerin und 68 % zu Lasten der Beklagten, wie sie bereits die vertragliche Haftungsverteilung grundsätzlich vorsieht (§ 3 Dach-ARGE-Vertrag), als angemessen.
48Entgegen der Auffassung der Klägerin sei indes nicht davon auszugehen, dass sich in dem Kranunfall allein ein aus dem Leistungsumfang der ARGE Spezialtiefbau (Los-ARGE bestehend aus der Beklagten und der Firma A) herrührendes Risiko verwirklicht habe. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass sie nicht vom Risiko der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden sei und sie das Entfernen der Spundbohlenreste so vorgenommen habe, dass man in diesem letzten Stück der Baugrubenecke so schnell wie möglich fertig werden müsse. Hierzu verweist das Landgericht auf die Aussagen der in der Grube tätigen Mitarbeiter P und C2 im Ermittlungsverfahren. Es komme nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob der „Arbeitsablauf Fehlstelle“ (Anlage B 6, Bl. 105 f. GA) der Klägerin vor dem Unfallereignis oder erst am Tag danach übermittelt worden ist. Denn die Durchfeuchtung der Baugrubenwand sei auch für die Mitarbeiter der Klägerin ausweislich der Zeugenaussagen offensichtlich gewesen. Das Abbrennen der Spunddielen im Eckbereich vor dem Herausziehen der Dielen hätte – so das Landgericht - den gewöhnlichen Sorgfaltsanforderungen entsprochen, ohne dass es dazu noch einer konkreten Anweisung bedurfte.
49Ein über die oben festgestellte quotale Verteilung hinausgehender, vollständiger Freistellungsanspruch der Klägerin ergebe sich auch nicht als Schadensersatzanspruch aufgrund der Verletzung sonstiger Pflichten aus dem Dach-ARGE-Vertrag, weder aus einer Verletzung von Pflichten der technischen Geschäftsführung noch aus Verletzung von Pflichten der kaufmännischen Geschäftsführung.
50Eine von der Beklagten zu verantwortende unzureichende bodenmechanische Fachbauleitung könne den Verursachungsbeitrag der Klägerin selbst, die durch das Reißen der Spundwandreste den finalen kritischen Punkt in der „Ereigniskette“ (vgl. Gutachten X, Anlage K 2, Bl. 49 d. Gutachtens) gesetzt habe, nicht „auf null“ reduzieren. Die Klägerin habe auch nicht dargetan, dass sich eine vermeintlich fehlerhafte technische und terminliche Koordinierung unmittelbar in dem Schadensereignis niedergeschlagen hat.
51Ein Schadensersatzanspruch auf vollständige Freistellung ergebe sich auch nicht aus der Verletzung kaufmännischer Pflichten der Beklagten aufgrund des Dach-ARGE-Vertrages. Eine Pflichtverletzung der Beklagten könne nicht darin gesehen werden, dass die objektbezogene Haftpflichtversicherung für die Dach-ARGE nicht über den 31.03.2003 hinaus verlängert wurde. Der Beklagten habe zwar nach § 8.1 des Dach-ARGE-Vertrages (Bl. 9 Anlagenheft I) grundsätzlich die kaufmännische Geschäftsführung der Dach-ARGE oblegen, darunter gemäß § 8.45 auch die Mitwirkung beim Abschluss von Verträgen der Dach-ARGE. Jedoch sei mit dem Abschluss der Versicherung, der Verwaltung der Police und auch mit der Schadensmeldung stets die Klägerin befasst gewesen. Daher habe die Klägerin für eine Anpassung des Versicherungsschutzes sorgen müssen. Auch mit Blick auf die von dem OLG Düsseldorf in seinem Urteil zu Az. 4 U 82/09 (Deckungsprozess) festgestellte Verjährung von Ansprüchen der Dach-ARGE auf Versicherungsleistungen falle der Beklagten keine Pflichtverletzung zur Last. Aus dem Anschreiben der Weiterleitung (Anlage B 20, Bl. 300 GA) ergebe sich, dass sie selbst von einer Bestätigung, nicht von einer Ablehnung des Versicherungsschutzes ausgegangen ist. Schließlich habe die Klägerin auch nicht hinreichend dazu vorgetragen, unter welchen Konditionen die Objektversicherung überhaupt eingetreten wäre und in welcher Art und Höhe die von dritter Seite geltend gemachten Ansprüche von dieser Versicherung gedeckt gewesen wären.
52Aus denselben Gründen ergebe sich ein Anspruch der Klägerin auf vollständige Freistellung auch nicht als Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B in Prozessstandschaft im Wege der „actio pro socio“ für die Dach-ARGE im Verhältnis zur Los-ARGE Spezialtiefbau.
53Es bestehe auch nach dem hilfsweise geltend gemachten Feststellungsantrag kein Anspruch der Klägerin auf Feststellung einer vollständigen Freistellungsverpflichtung der Beklagten.
54Mit Beschluss vom 19.03.2015 (Bl. 388 f. GA) hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil wegen offenbarer Unrichtigkeit berichtigt. Gleichzeitig hat es den weitergehenden Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin vom 29.01.2015 (Bl. 376 ff. GA) zurückgewiesen.
55Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der Tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem Urteil vom 12.01.2015 (Bl. 352 ff. GA) und im Beschluss vom 19.03.2015 Bezug genommen.
56Gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts richten sich die jeweils form- und fristgemäß eingelegten sowie begründeten Berufungen der Klägerin sowie der Beklagten.
57Die Klägerin ist der Ansicht, das Landgericht sei zu Recht von der Zulässigkeit ihres auf Freistellung gerichteten Hauptantrages zu 1) ausgegangen. Dieser sei nämlich nicht primär auf die Möglichkeit der Vollstreckung nach § 887 Abs. 2 ZPO gerichtet, sondern auch auf die Abwendung eines drohenden Verlusts im Vermögen durch Drittansprüche. Soweit dazu u.a. die Unterstützung bei der Prozessführung gegen Dritte geschuldet sei, werde ihr – so die Behauptung der Klägerin – die Prozessführung durch die Beklagte nicht (gänzlich) abgenommen, so dass der Freistellungsanspruch keineswegs erfüllt sei. Unberechtigte Ansprüche Dritter würden von der Klägerin nicht durch die Beklagte abgewehrt. Diese wolle allenfalls die eigene Inanspruchnahme verhindern. Zudem seien die Abwehrhandlungen der Beklagten größtenteils erfolglos gewesen. Zuletzt sei die Klägerin in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 14c O 165/08 von der Beklagten alleingelassen worden, nachdem ihre Versicherung (B) erklärt habe, die Beklagte habe mit dem Verfahren nichts zu tun. Allerdings habe sie – die Klägerin – auch nicht erwartet, dass ihr die Beklagte zu ihren eigenen Lasten geholfen hätte. Zu der beklagtenseits bereits erstinstanzlich aufgeworfenen Zulässigkeitsfrage weist die Klägerin erneut ausdrücklich darauf hin, in erster Linie einen vertraglichen Freistellungsanspruch aus § 25.225 des Dach-ARGE-Vertrags geltend zu machen. Zu dem von der Beklagten aufgezeigten „Vollstreckungs-Szenario“ nach § 887 Abs. 2 ZPO müsse es gar nicht kommen, wenn ihr die Beklagte entsprechend Sicherheit leistet. Bezüglich der aufgeworfenen Frage der konkreten Bezeichnung von ihr verlangter Abwehrmaßnahmen ist die Klägerin der Meinung, den auf Befreiung gerichteten Klageantrag nicht näher bestimmen zu können und zu dürfen, da dem Befreiungsschuldner vorbehalten sei, auf welche Art die Befreiung tatsächlich bewirkt wird.
58Hinsichtlich des hilfsweise gestellten Feststellungsantrags weist die Klägerin darauf hin, dass Feststellung nur für den Fall beantragt werde, dass die Klage mit dem Hauptantrag derzeit keinen Erfolg hat, weil die Verurteilung in den von den Hauptgläubigern geführten Prozessen abgewartet werden müsse.
59In der Sache meint die Klägerin, sie müsse nicht nur zu 68 % von den Ansprüchen der Drittgläubiger durch die Beklagte freigestellt werden, sondern zu 100 %. Der Ausgangspunkt für die Bemessung der internen Haftungsquote sei von dem Landgericht zu Recht in § 25.225 Abs. III (gemeint ist offenbar Absatz IV) des Dach-ARGE-Vertrags gesehen worden. Allerdings – so die Ansicht der Klägerin – sei kein Raum für ihre quotale Beteiligung. Das Landgericht habe nämlich verkannt, dass die als „unmittelbarer Auslöser“ bezeichneten Arbeiten der Klägerin nicht zugleich als schuldhaft begangene Pflichtverletzung anzusehen seien. Es sei von dem Landgericht hinsichtlich der Leistung der Klägerin nicht zwischen Verursachungs- und Verschuldensgesichtspunkten unterschieden worden. Ferner sei das Landgericht unzutreffend davon ausgegangen, ihre Mitarbeiter der Frühschicht seien darauf hingewiesen worden, dass in der Ecke die Dielen nicht gerissen werden dürfen, und dies sodann den Mitarbeitern der Spätschicht jedoch nicht weitergegeben hätten. Diese Annahme beruhe auf einer Fehlinterpretation von Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren. Die unterbliebene Information sei nach Ansicht der Klägerin nunmehr als bewiesen anzusehen. Hierzu verweist die Klägerin auf das inzwischen ergangene Teilurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26.03.2015, Az. 14c O 165/08, mit dem die Klage der Drittgläubigerin J3 GmbH rechtskräftig abgewiesen worden sei. In dem dortigen Verfahren sei von den Zeugen Q2 und P ausgesagt worden, dass sie keine Anhaltspunkte für eine Gefahrenstelle an der Schlitzwand gehabt hätten (Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 448 ff. GA). In demselben Verfahren habe der dort beauftragte Sachverständige Prof. Dr. I2 festgestellt, die Klägerin des hiesigen Verfahrens habe aus technischer Sicht keine Pflicht verletzt; sie hätte die Gefahrenquelle nicht erkennen können, da dies eine Frage des Spezialtiefbaus gewesen sei (vergleiche Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 457 GA). Nach Einschätzung des vorgenannten Sachverständigen sei selbst bei fehlender Weitergabe von Kenntnissen der Früh- an die Spätschicht eine etwaige Pflichtverletzung der Klägerin als „kleiner Baustein“ mit weit weniger als 10 % zu bewerten (vergleiche Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 449 GA). Ferner wirft die Klägerin dem Landgericht vor, maßgebliche Arbeitsabläufe bei dem Entfernen der Spundwand falsch verstanden zu haben. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf ihren Tatbestandsberichtigungsantrag vom 29.01.2015 (Bl. 376 ff. GA), der insoweit durch das Landgericht mit Beschluss vom 19.03.2015 (Bl. 388 GA) zurückgewiesen worden ist. Hierzu behauptet die Klägerin, dass ein schrittweises Abbrennen in dm-großen Stückchen in Bezug auf höher liegende Teile der Spundwand niemals angewandt worden sei und auch nicht Gegenstand ihrer vertraglichen Leistungspflicht gewesen sei, schon gar nicht in Begleitung einer bodenmechanischen Fachbauleitung. Nur in diesem Falle sei der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. X in seinem Gutachten vom 15.10.2009 zu dem Verfahren vor dem Landgericht Köln, 18 O 540/06 (Anl. TW2, Bl. 27 Anlagenband I) zufolge der Schadenseintritt aus Sicht der Klägerin womöglich zu vermeiden gewesen. Die Klägerin verweist hierzu auf ihren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 28.05.2014 mit zahlreichen Beweisangeboten (Zeugnis der Mitarbeiter Q2 und P, sachverständiges Zeugnis des Prof. Dr. X sowie des Dr. A2), denen das Landgericht nicht nachgegangen ist. Weiter behauptet die Klägerin, es hätte überhaupt keinen Sinn gemacht, unten auf der Baugrubensohle großflächig horizontal abzubrennen; dies wäre den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. X zufolge auch keineswegs unfallvermeidend gewesen. Wie bereits erstinstanzlich bestreitet die Klägerin, dass ihre Mitarbeiter von der Fehlstelle in der Schlitzwandecke gewusst haben.
60Die Klägerin meint, das Landgericht habe ferner verkannt, dass sich eine fehlerhafte technische und terminliche Koordination der Beklagten unmittelbar in dem Schadensereignis niedergeschlagen habe. Die vor dem Unfall von dem eingeschalteten Prof. Dr. L2 geforderte bodenmechanische Fachbauleitung sei durch die Beklagte ebenso wenig eingerichtet worden, wie die Erstellung eines Havariekonzepts. Der von der Beklagten stattdessen erstellte „Arbeitsablauf Fehlstelle“ sei ihr – so die Behauptung der Klägerin – nicht übermittelt worden. Nicht einmal der SiGeKO (Sicherheit- und Gesundheitskoordinator) sei durch die Beklagte informiert gewesen. Ohne die Koordinations- und Informationsversäumnisse der Beklagten wäre die Fehlstellenproblematik beherrschbar gewesen. Hierzu verweist die Klägerin wiederum auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. I2 in dem Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 14c O 165/08.
61Zudem sei – so die weitere Ansicht der Klägerin – von dem Landgericht bei der Bewertung der Ursachenbeiträge nicht berücksichtigt worden, dass die fragile Krangründung auf den Verbaupfählen, in deren Bereich sich die Fehlstelle befand, auf den statischen Berechnungen der Beklagten beruht habe.
62Für verfehlt hält die Klägerin die Zuweisung eines Mitverursachungsanteils entsprechend dem Leistungsanteil am Gesamtauftrag, da es sich bei § 25.225 Abs. VI des Dach-ARGE-Vertrags um eine Zweifelsfallregelung handele.
63Soweit die Klägerin hilfsweise die Feststellung der Freistellungspflicht der Beklagten auf die Verletzung der Pflichten im Rahmen der technischen und kaufmännischen Geschäftsführung der ARGE Baugrube gestützt hat, vermisst sie Ausführungen des Landgerichts in seinem erstinstanzlichen Urteil zu dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit der Beklagten. Hinsichtlich der Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen der kaufmännischen Geschäftsführung seien die Ausführungen des Landgerichts in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend. Hierzu wiederholt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach der Versicherungsschein auf die Dach-ARGE ausgestellt worden sei und sich die Police bei der Beklagten befunden habe. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin auf ihren Tatbestandsberichtigungsantrag vom 29.01.2015 (Bl. 376 ff. GA). Letztlich wirft die Klägerin der Beklagten insoweit ein dreifaches Versagen vor: Versäumung der Verlängerung des Versicherungsschutzes bis zum tatsächlichen Bauzeitende, Versäumung der Schadensanzeige für die Dach-ARGE zur Objektversicherung und Verstreichenlassen der zweijährigen Verjährungsfrist nach Ablehnung des Versicherungsschutzes durch die N.
64Im Ergebnis hält die Klägerin den Rechtsstreit für entscheidungsreif, da ihrer Auffassung nach der Vortrag der Beklagten zur fraglichen Verursachung des Kranunfalls unzureichend und eine erstinstanzliche Vernehmung der beklagtenseits benannten Zeugen als Ausforschungsbeweis unzulässig gewesen wäre. Zudem meint die Klägerin, dass nicht mehr weiter aufklärungsbedürftig sei, ob die Fehlstelle in der Schlitzwand vermeidbar gewesen wäre, ob die fachliche/Überwachung der Arbeiten in der untersten Schlitzwandecke am Unfallnachmittag durch die Beklagte hinreichend gegeben war und ob die Beklagte der eigenen Arbeitsanweisung zur Fehlstelle entsprechend gehandelt hat.
65Für den Fall der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung regt die Klägerin an, die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens gemäß § 21 GKG niederzuschlagen.
66Die Klägerin hat nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26.03.2015, 14c O 165/08, mit Schriftsatz vom 20.07.2015 (Bl. 571 GA) in Bezug auf den Klageantrag zu 1e) (Freistellung von Ansprüchen der J3 GmbH) den Rechtsstreit in der Hauptsache einseitig teilweise für erklärt, allerdings einseitig.
67Danach beantragt die Klägerin, neben der Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache insoweit
68unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Köln vom 12.01.2015 – 18 O 16/14 –
691. die Beklagte zu verurteilen, sie über die zugesprochenen 68 % hinaus im Umfang von weiteren 32 %, mithin zu 100 % – also vollständig – von den in den Klageanträgen zu 1a) bis1d) und 1f) aufgeführten Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, hilfsweise die diesbezügliche vollständige Freistellungspflicht der Beklagten festzustellen,
702. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie über die zugesprochenen 68 % hinaus im Umfang von weiteren 32 %, mithin zu 100 % – also vollständig – von sämtlichen weitergehenden Ansprüchen Dritter freizustellen, welche auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 auf dem Grundstück L 59 in E beruhen, insbesondere von den in den Klageanträgen 2a) bis 2c) aufgeführten Ansprüchen,
71hilfsweise
72das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung zurückzuverweisen an das Landgericht Köln.
73Die Beklagte beantragt,
74die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
75Ferner beantragt die Beklagte,
76das Urteil des Landgerichts Köln vom 12.01.2015 – 18 O 16/14 – teilweise aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
77Die Klägerin beantragt,
78die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
79Die Beklagte hält an ihrer bereits erstinstanzlich vertretenen Auffassung fest, die Klage sei unzulässig. Soweit die Klägerin Befreiung von Forderungen der Drittgläubiger verlangt, sei dies so lange nicht berechtigt, wie das Bestehen der Drittforderungen nicht feststeht. Ansonsten wäre die Beklagte im Rahmen der Vollstreckung gemäß § 887 Abs. 2 ZPO zur Leistung eines Vorschusses in Höhe von rund 21 Mio € verpflichtet, ohne umgekehrt irgendeine Sicherheit zu erhalten. Zudem – so die Behauptung der Beklagten – erfülle sie ihre Freistellungsverpflichtung gegenüber der Klägerin dadurch, dass sie unberechtigte Ansprüche von ihr abwehrt. In den Fällen, in denen die Klägerin neben der Dach-ARGE Baugrube E2 E als Gesamtschuldnerin in Anspruch genommen wird, werde ihr u.a. durch die Stellung eines Rechtsanwalts die Prozessführung inhaltlich gänzlich abgenommen. Es sei jedoch die Klägerin selbst, die dennoch an diesen Verfahren aktiv teilnehmen wolle. Über den Verlauf der Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 11 O 163/13 und 11 O 164/13, in denen die Klägerin allein verklagt wird, informiere diese die Beklagte nur unzureichend. Es sei daher nicht richtig, dass die Klägerin in den vorgenannten Verfahren „allein gelassen“ wird. Den Feststellungsantrag zu 2) hält die Beklagte aufgrund der „uferlosen“ Verweisung auf Drittansprüche für zu unbestimmt. Zudem sei der Feststellungsantrag auf den Umfang der Verurteilung der Klägerin zu begrenzen. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag sei – so die weitere Auffassung der Beklagten – ebenfalls unzulässig, da die Klägerin zugleich die auf Freistellung gerichtete Leistungsklage erhoben hat. Zudem fehle der Klägerin das Feststellungsinteresse, da sie nicht dargelegt habe, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie Ansprüche Dritter für berechtigt hält.
80In der Sache beanstandet die Beklagte das erstinstanzliche Urteil, weil das Landgericht im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO i.V.m. § 254 BGB eine quotale Gewichtung und Zuordnung der jeweiligen Mitverursachungsbeiträge ermittelt hat, die im Wesentlichen an den Beteiligungsverhältnissen der Parteien an der Dach-ARAGE orientiert ist. Die erfolgte Schätzung sei weder sach- noch interessengemäß, zumal die Ermittlung der Quote im Rahmen der Würdigung erhobener Beweise zu erfolgen habe. Eine Beweiserhebung durch das Landgericht sei jedoch nicht erfolgt, obwohl beide Parteien u.a. Beweis durch Anhörung der involvierten Sachverständigen angeboten haben. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. X keineswegs unstreitig. Aufgrund der unvollständigen Feststellung des Sachverhalts und des Übergehens von Vortrag sowie Beweisangeboten sieht die Beklagte ihr rechtliches Gehör durch das Landgericht massiv verletzt.
81Bereits unzutreffend sei die Annahme des Landgerichts, dass das vollständige Lösen von an den Spundwandflanken anhaftendem Boden möglich und mithin das Entstehen der Fehlstelle vermeidbar gewesen wäre. Hierzu verweist die Beklagte auf ihre erstinstanzlichen Schriftsätze vom 22.07.2014 (Bl. 284 GA) und 08.01.2015 (Bl. 319 ff. GA) mit den dortigen Beweisantritten.
82Ferner ist die Beklagte nicht mit dem von dem Landgericht gegen sie erhobenen Vorwurf einverstanden, nicht festgelegt zu haben, wie die Anweisungen aus dem „Arbeitsablauf Fehlstelle“ seitens der Mitarbeiter der Klägerin weiterzugeben waren. An die Klägerin seien – so die Auffassung der Beklagten – lediglich folgende Anweisungen zu richten gewesen: Kontrolle der Fehlstelle auf Wasser-/Bodeneintritt und bei Wasserzutritt Fehlstelle mit Erdreich verfüllen. Hierzu behauptet die Beklagte, die Kontrolle auf Wassereintritt sei am 22.04.2003 erfolgt und die Anweisung hinsichtlich des Verfüllens mit Erdreich sei auf Seiten der Klägerin bekannt gewesen, was aus der Aussage des Zeugen Q2 im Ermittlungsverfahren folge.
83Zudem meint die Beklagte, das Landgericht habe ihren Vortrag, auch ihre Mitarbeiter hätten ständig die Dichtigkeit des Baugrubeneckbereichs kontrolliert, ebenfalls übergangen. Ferner sei die Anlegung eines Suchschurfs von ihrem Bauleiter angeordnet worden, was ebenfalls von dem Landgericht nicht berücksichtigt worden sei.
84Unzutreffend habe das Landgericht ferner angenommen, dass aus ihrer Verpflichtung zur verantwortlichen Überwachung der Bauarbeiten gemäß § 7.41 des Dach-ARAGE-Vertrags eine Verpflichtung zur Überwachung der Bauleitung der Klägerin oder sogar das Recht der Klägerin, überwacht zu werden, folge.
85Zu der Berufungsbegründung der Klägerin ist die Beklagte der Ansicht, aus den protokollierten Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. I2 vor dem Landgericht Düsseldorf in dem dortigen Verfahren zu Az. 14c O 165/08 sei für den vorliegenden Rechtsstreit nichts herzuleiten, da das Teilurteil nur zwischen den dortigen Parteien Rechtskraftwirkung entfalte und eine Streitverkündung nicht erfolgt sei. Zudem komme die Verwertung des dortigen Sitzungsprotokolls vom 20.01.2015 nicht in Betracht, da § 411a ZPO nur für schriftliche Sachverständigengutachten gelte. Ferner stünden die klägerseits zitierten Aussagen der Zeugen Q2 und P aus dem vorgenannten Verfahren im Widerspruch zu ihren Einlassungen gegenüber der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. I2 beruhten auf spontanen Einschätzungen und ständen im Gegensatz zu dem Gutachten des von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf beauftragten Sachverständigen Q3. Einer Verwertung der in dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26.03.2015, Az. 14c O 165/08, gewürdigten Aussagen der Zeugen Q2 und P stehe im Hinblick auf die Beweisantritte in dem Klageerwiderungsschriftsatz vom 24.03.2014 der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme entgegen. Entsprechendes gelte auch für das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. I2.
86Soweit die Klägerin ihr Pflichtwidrigkeiten bei der kaufmännischen Geschäftsführung der Dach-ARGE vorwirft, meint die Beklagte, der Tatbestandsberichtigungsantrag sei zu Recht von dem Landgericht zurückgewiesen worden. Richtig sei zwar, dass die objektbezogene Erhöhung der Haftpflichtversicherung der Klägerin unter Einschluss der ARGE erfolgt sei. Unzutreffend sei jedoch, dass sich die Police oder der Versicherungsschein bei ihr – der Beklagten – befunden hätten; lediglich der Nachtrag zu der bereits bestehenden Haftpflichtversicherung der Klägerin habe ihr vorgelegen. Dass die Anzeige des Schadensfalls gegenüber der Versicherung durch die Klägerin, wie von ihr vorgetragen, nur zur eigenen „Grunddeckung“ erfolgt sei, hält die Beklagte für lebensfremd und konstruiert. Der dreifache Verschuldensvorwurf in diesem Zusammenhang sei nicht berechtigt und unerheblich, zumal das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 05.03.2010, 4 O 82/09, nicht den Einwand der Versicherung hinsichtlich der Befristung für durchgreifend erachtet habe, sondern lediglich das Verstreichen der zweijährigen Verjährungsfrist. Insoweit treffe sie allenfalls leichtes Verschulden, nicht jedoch grobe Fahrlässigkeit.
87Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungen der Klägerin vom 06.05.2015 (Bl. 422ff. GA) sowie der Beklagten vom 07.05.2015 (Bl. 490 ff. GA), die Berufungserwiderungen der Klägerin sowie der Beklagten jeweis vom 20.07.2015 (Bl. 560 ff. und 591 ff. GA), die weiteren Schriftsätze der Parteien vom 13.08.2015, 28.08.2015, 02.09.2015 und 24.09.2015 (Bl. 606 ff., 611 ff., 643 ff., 677 ff. GA) und auf die Sitzungsniederschrift vom 04.09.2015 (Bl. 654 ff GA) Bezug genommen.
88II.
89Die jeweils zulässige Berufungen der Parteien haben insofern Erfolg, als das erstinstanzliche Urteil mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufzuheben und die Sache auf den hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin hin an das Landgericht zurückzuverweisen ist, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
90A.
91Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage nicht bereits unzulässig.
921.
93Die Klage ist mit dem Hauptantrag zu 1) zulässig.
94a)
95Soweit die Beklagte meint, die Klägerin könne nicht mit dem Hauptantrag zu 1) die Freistellung von Forderungen Dritter verlangen, obwohl sie sich gegen diese nach wie vor wehrt und solange das Bestehen der Ansprüche der Drittgläubiger nicht feststeht, sprechen diese Umstände nicht gegen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin.
96Zwar hat der Anspruchsteller, solange er die Forderung, von der er Befreiung verlangt, selbst mit einem Rechtsbehelf bekämpft, kein berechtigtes Interesse daran, von seinem Schuldner bereits Zahlung zu verlangen; in einem solchen Fall ist grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht der richtige Weg (vergleiche BGH, Urteil vom 16.11.2006, I ZR 257/03, zitiert nach juris). Dies gilt jedoch nach der Rechtssprechung u.a. des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, dann nicht, wenn ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen wird und von seinen Mitgesellschaftern im Innenverhältnis umfassende Freistellung verlangt (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2007, II ZR 136/06, zitiert nach juris). Denn der selbstständige Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB entsteht nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers, sondern schon mit der Entstehung der Gesamtschuld (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2007, II ZR 136/06; Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Auflage, § 426 Rn. 4, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Ist die Schuld fällig, kann der mithaftende Gesamtschuldner schon vor Erbringung seiner eigenen Leistung von seinen Mitschuldnern verlangen, ihren Anteilen entsprechend an der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken und ihn von einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger freizustellen, was auch unter mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern gilt, wenn von der Gesellschaft kein Ausgleich zu erlangen ist (vergleiche BGH, a.a.O.).
97Genau so liegt der Fall hier. Die Klägerin verlangt mit dem Hauptantrag zu 1) von der Beklagten die Freistellung von Ansprüchen Dritter, denen sie sich ausgesetzt sieht, und zwar ausdrücklich primär aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III des Dach-ARGE-Vertrags der Parteien vom 17.09.2002. Damit macht sie als Gesellschafterin der Dach-ARGE Baugrube E2 E einen Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte als Mitgesellschafterin geltend. Die ernsthafte Möglichkeit ihrer Inanspruchnahme durch die genannten Gesellschaftsgläubiger hat die Klägerin durch Bezugnahme (vergleiche Klageschrift vom 04.10.2013, Seite 8 ff., Bl. 8 ff. GA) auf anhängige Gerichtsverfahren, in denen sie wegen Schadensersatzansprüchen aus dem Kranunfall vom 29.04.2003 verklagt wird (Anl. TW4-8, Bl. 113 ff. Anlagenheft I und II), sowie auf das Anspruchsschreiben der Firma T2 GmbH vom 04.12.2006 (Anl. TW9, Bl. 314 ff. Anlagenband I) dargelegt, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten ist.
98Die subsidiäre Haftung der Mitgesellschafter greift schon dann ein, wenn der Gesellschaft frei verfügbare Mittel zur Erfüllung der Gesellschaftsschuld nicht zur Verfügung stehen (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2007, II ZR 136/06). Dem ebenfalls unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägern zufolge hat hier die Dach-ARGE keine eigenen finanziellen Mittel, sondern dient lediglich ergebnisneutral als Durchgangsstation für Zahlungen an die Nachunternehmer.
99Mithin kann die Klägerin bereits jetzt ihren möglichen vertraglichen Anspruch auf Freistellung von Forderungen der Gesellschaftsgläubiger gegen die Beklagte geltend machen und ist nicht auf die – hier hilfsweise beantragte – Feststellung der Ersatzpflicht zu verweisen.
100Dem steht die beklagtenseits zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Urteil vom 15.08.2014, 4 U 223/13) nicht entgegen, zumal hier nicht allein die Befreiung von einer Verbindlichkeit gefordert wird, sondern die umfassende Freistellung. Auch aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22.08.2014 (22 U 31/14) ergibt sich nichts anderes. Soweit dort der Anspruch auf Freistellung von der Eingehung einer Verbindlichkeit abhängig gemacht wird, bezieht sich dies auf eine Schadensersatzpflicht, und nicht – wie hier von der Klägerin primär geltend gemacht – auf den Gesamtschuldnerausgleich zwischen Gesellschaftern einer GbR. Der beklagtenseits zitierten Kritik an der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.10.2007 zu Az. II ZR 136/06 (vergleiche Schweer und Todorow, NJW 2013, 2072 ff. und NJW 2013, 3004 ff.) ist aufgrund des Zeitpunktes der Entstehung des Ausgleichsanspruchs nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB bereits mit der Begründung des Gesamtschuldverhältnisses nicht zu folgen.
101Anders mag dies sein, soweit die Klägerin ihren auf Freistellung von Verbindlichkeiten gerichteten Hauptantrag zu 1) in zweiter Linie zusätzlich auf eine etwaige Schadensersatzpflicht der Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Dach-ARGE-Vertrag und im Wege der „actio pro socio“ aus § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B stützt.
102Denn im Falle eines auf Befreiung gerichteten Schadensersatzanspruchs besteht der Schaden in der Belastung mit einer Verbindlichkeit (vergleiche BGH, Urteil vom 14.06.1989, VIII ZR 132/88; Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 249 Rn. 4; Ebert in Erman, BGB, 14. Aufl., § 249 Rn. 13, zitiert nach juris). Das setzt voraus, dass der Anspruchsteller tatsächlich mit einer Verbindlichkeit beschwert ist (vergleiche BGH, Urteil vom 16.11.2006, I ZR 257/03). Bis dahin ist insoweit grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht der richtige Weg (vergleiche BGH, a.a.O.).
103Im Ergebnis kann die Klägerin mit ihrem auf Freistellung von Forderungen der Gesellschaftsgläubiger gerichteten Hauptantrag zu 1) jedenfalls den vertraglichen Freistellungsanspruch (§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag) geltend machen. Soweit sie die Befeiung von Verbindlichkeiten als Schadensersatz verlangt (§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Dach-ARGE-Vertrag und § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 4 Nr. 7 VOB/B – actio pro socio), mag sie auf den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag zu verweisen sein.
104Hierauf kommt es indes aus den unter C.1. dargelegten Gründen im Ergebnis nicht an.
105b)
106Der mit dem Hauptantrag zu 1) auf Freistellung gerichtete Klageantrag ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
107Der Schuldbefreiungsantrag muss Grund und Höhe der Schuld, von der freigestellt zu werden der Kläger begehrt, angeben, damit die Vollstreckung nach § 887 ZPO erfolgen kann (vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.08.2014, 22 U 31/14; OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.08.1999, 9 W 43/99; Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage, § 253 Rn. 13c; Foerster in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 253 Rn. 32; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 887 Rn. 10).
108Hier enthalten die zu dem Klageantrag zu 1) unter a) – f) aufgeführten Forderungen von Drittgläubigern die erforderlichen Angaben durch Benennung der Anspruchsteller, des Schuldgrundes und der geltend gemachten Forderungshöhe. Soweit die Klägerin im Rahmen der Befreiung von den Verbindlichkeiten auch die Ergreifung von Abwehrmaßnahmen verlangt, mag der Klageantrag zwar den für die Vollstreckung grundsätzlich erforderlichen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügen. Denn diese Handlungen müssten näher bezeichnet werden, da ansonsten eine Vollstreckung des Urteils nicht möglich wäre (vergleiche OLG Frankfurt, Urteil vom 15.08.2014, 4 U 223/13). Dies soll jedoch im Sinne des grundsätzlich zu beachtenden materiellen Wahlrechts des Befreiungsschuldners, wie er die Befreiung vornehmen will (vergleiche Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 257 Rn. 2), dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten bleiben.
109c)
110Nachdem die Klägerin den Rechtsstreit zu dem Klageantrag zu 1) hinsichtlich des unter 1e) genannten Anspruchs der J3 GmbH mit Schriftsatz vom 20.07.2015 in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt hat, die Beklagte dem jedoch mit Schriftsatz vom 28.08.2015 ausdrücklich nicht zugestimmt hat, ist insoweit von einer zulässigen Änderung des Antrags in ein auf Feststellung der Erledigung gerichtetes Begehren auszugehen (vergleiche Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 91a Rn. 37).
1112.
112Der auf Feststellung der Freistellungspflicht hinsichtlich weitergehender Ansprüche Dritter aus dem Kranunfall vom 29.04.2003 gerichtete Klageantrag zu 2) ist ebenfalls zulässig.
113Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Eine Leistungsklage kann insoweit noch nicht erhoben werden, da Ansprüche Dritter, die über die im Klageantrag zu 1) genannten hinausgehen, noch nicht konkretisiert werden können. Aufgrund der klarstellenden Angabe „weitergehende Ansprüche“ ist die von der Beklagten monierte Überschneidung der beiden Klageanträge zu 1) (Hauptantrag) und 2) ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist keine Einschränkung auf den Umfang der Verurteilung der Klägerin vorzunehmen, da diese – wie oben ausgeführt – gerade nicht materielle Voraussetzung für das Entstehen einer Freistellungsverpflichtung der Beklagten wäre.
114Der Feststellungsantrag zu 2) ist auch hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Klageantrag muss das festzustellende Rechtsverhältnis bestimmt bezeichnen, denn der Umfang der Rechtshängigkeit und späteren Rechtskraft muss feststehen (vergleiche Zöller-Greger, a.a.O., § 256 Rn. 15). Hier sollen alle „weitergehenden Ansprüche“ Dritter, d.h. über die in dem auf Freistellung gerichteten Klageantrag zu 1) genannten hinaus, die auf dem Kranunfall vom 29.04.2003 in E beruhen, von der begehrten Feststellung umfasst werden, wobei sogar „insbesondere“ einige Ansprüche näher konkretisiert sind. Der Antrag ist mithin hinreichend bestimmt.
1153.
116Bedenken gegen die Zulässigkeit des Hilfsantrags bestehen nicht. Dieser wird ausdrücklich für den Fall gestellt, dass die Klage mit dem Hauptantrag zu 1) derzeit keinen Erfolg hat, weil die Verurteilung in den von den Hauptgläubigern geführten Prozessen abgewartet werden müsse. Soweit es in diesem Zusammenhang auf eine in zweiter Linie von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzpflicht der Beklagten statt des primär geltend gemachten Ausgleichsanspruchs als Mitgesellschafterin der Dach-ARGE ankommt, ist von dem Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) der Klägerin auszugehen, da – wie vorstehend ausgeführt – die Leistungsklage dann (noch) nicht möglich wäre. In derartigen Fällen ist ausnahmsweise neben der Leistungsklage der auf Feststellung gerichtete Hilfsantrag zulässig (vergleiche BGH, Urteil vom 17.02.1998, VI ZR 342/96, zitiert nach juris).
117Der Antrag ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
118Im Ergebnis kommt die von der Beklagten begehrte Abweisung der Klage als unzulässig nicht in Betracht.
119B.
120In der Sache führen die Berufungen der Parteien gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit dem zugrundeliegenden Verfahren und Zurückverweisung des Rechtsstreits in die erste Instanz.
121Der dazu erforderliche Antrag ist von der Klägerin gestellt. Dass der Antrag nur „hilfsweise“ gestellt ist, schadet nicht (vergleiche OLG Koblenz, Urteil vom 03.11.2005, 5 U 452/05, zitiert nach juris; Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 56, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung), zumal die Bedingung, dass dem auf vollumfängliche Verurteilung der Beklagten gerichteten Hauptantrag nicht entsprochen werden kann, wegen Notwendigkeit einer umfangreichen Beweisaufnahme eingetreten ist.
122Der mit dem Hauptantrag zu 1) geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von Forderungen Dritter aus dem Kranunfall vom 29.04.2003 kann der Klägerin gegen die Beklagte aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag zustehen.
1231.
124Die Parteien hatten sich durch Vertrag vom 17.08.2002 (Anl. TW1, Bl. 1 ff. Anlagenheft I) zu der Dach-Arbeitsgemeinschaft Baugrube E2 E, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zusammengeschlossen. Diese wird, z.T. neben den Parteien als Gesamtschuldner, nach dem Kranunfall vom 29.04.2003 in E, L, von möglichen Geschädigten wegen Schadensersatzes in Anspruch genommen. Im Außenverhältnis haften die Parteien als Gesellschafter der Dach-ARGE ggf. gesamtschuldnerisch, §§ 421 ff. BGB (vergleiche Palandt-Sprau, a.a.O., § 714 Rn. 11 ff.). Hiervon gehen auch beide Parteien übereinstimmend aus.
125Im Streit steht letztlich die interne Haftungsverteilung zwischen den Parteien. Gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Hier sieht § 3 Dach-ARGE-Vertrag als „vorläufiges Beteiligungsverhältnis“ und als Anteile u.a. an Haftung Folgendes vor: Beklagte 62,5 % und Klägerin 37,5 %. Das endgültige Beteiligungsverhältnis soll sich nach Abrechnung der einzelnen Lose ergeben. Dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin zufolge beträgt nach Abrechnung das Verhältnis der Leistungsbeträge 68 % (Beklagte) zu 32 % (Klägerin). Allerdings sollte gemäß § 25.225 Abs. VI Dach-ARGE-Vertrag die Haftung von den Parteien als Gesellschafter nur so lange im Verhältnis ihrer Leistungsanteile übernommen werden, bis Zweifel oder Streit unter den Gesellschaftern, ob und in welchem Verhältnis sie zu haften haben, beendet sind – ggf. mit dem Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits. Denn vorrangig sollte gemäß § 25.225 Abs. II Dach-ARGE-Vertrag im Innenverhältnis jeder Gesellschafter das sich aus seinem Leistungs- und Lieferumfang ergebende gesamte wirtschaftliche und technische Risiko allein tragen. Weiter sieht § 25.225 Abs. IV Dach-ARGE-Vertrag Folgendes vor: „ … Jeder Gesellschafter haftet entsprechend seinem Verschulden bzw. bei einer Haftung ohne Verschulden entsprechend seiner Verursachung. …“. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung in § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag auszulegen, wonach u.a. bei Geltendmachung von Ansprüchen Dritter, die den Leistungsumfang eines Gesellschafters betreffen, sich dieser verpflichtet, den anderen Gesellschafter von den geltend gemachten Ansprüchen freizuhalten. Maßgebend ist mithin bei Schadensersatzansprüchen, die sich aus beiden Leistungsgegenständen der Gesellschafter (Losen) ergeben, in erster Linie der Grad des Verschuldens. Im Umfang der danach zu bestimmenden Haftungsquote kann der hier geltend gemachte Freistellungsanspruch der Klägerin bestehen.
126Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang entsprechend den Grundsätzen über den Ausgleich gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB nach der vertraglichen Zuordnung das Gewicht der Verursachungsbeiträge und ggf. das Verschulden als maßgeblich angesehen hat, entspricht dies nur teilweise der wie vorstehend dargelegten vertraglichen Regelung der Parteien, die vorrangig zu berücksichtigen ist (vergleiche Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 426 Rn. 14).
127Ob und inwieweit sich dieser teilweise nicht mit den vertraglichen Vereinbarungen in Einklang stehende Maßstab bei der Haftungsverteilung im Innenverhältnis der Parteien auswirkt, lässt die erstinstanzliche Entscheidung mangels Differenzierung zwischen Verursachung und Verschulden nicht erkennen. Zudem hat das Landgericht den seiner nach § 254 BGB vorgenommenen Einschätzung der Haftungsquoten zugrunde gelegten Sachverhalt zu wesentlichen Teilen unzutreffend bzw. unvollständig gewürdigt und Beweisangebote übergangen.
1282.
129Für die Haftung im Innenverhältnis der Parteien gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 22.225 Abs. II – IV Dach-ARGE-Vertrag ist – wie vorstehend ausgeführt – zunächst die Zuordnung des Schadenfalls vom 29.04.2003 zu dem jeweiligen Leistungsgegenstand der Parteien und sodann das jeweilige Verschulden der Parteien maßgebend. Nur bei Haftung ohne Verschulden kommt es auf das jeweilige Gewicht der Verursachung an. Auf das Verhältnis der Leistungsanteile (68% zu 32 %) ist lediglich äußerst hilfsweise zurückzugreifen.
130Ausgangspunkt der Haftungsverteilung sind die wechselseitig von den Parteien vorgeworfenen Pflichtverletzungen, die zu dem Kranunfall geführt haben können.
131Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich folgende Vorwürfe gegen die Beklagte erhoben:
132(1) Fehlstelle in der von der Beklagten hergestellten Schlitzwand,
133(2) unzureichende Maßnahmen der Beklagten, um den Gefahren der Fehlstelle zu begegnen,
134(3) fehlende Information und Anweisung der Klägerin,
135(4) unzureichende Beachtung des eigenen Handlungskonzepts „Arbeitsablauf Fehlstelle“,
136(5) Billigung der Entscheidung, als Gründungspfähle für den Kran die Verbaupfähle im Bereich der Fehlstelle zu nutzen.
137Diese vorgenannten Umstände sind dem Los (Spezialtiefbau-/Verbauarbeiten) der Beklagten zuzuordnen, die gemäß § 25.111 Dach-ARGE-Vertrag für die Erstellung der Schlitzwand und Wasserhaltung zu sorgen hatte.
138Umgekehrt wirft die Beklagte der Klägerin vor, im Spundwandbohleneckbereich pflichtwidrig die Spundbohlen „mit brachialer Gewalt“ weggerissen zu haben, statt in kleinen Stücken abzubrennen (6). Der Klägerin oblagen nach ihrem Los (Abbruch/Sprengarbeiten) u.a. die vorgenannten Abbrucharbeiten.
139Zu (1) Fehlstelle in der Schlitzwand
140Dass die von der Beklagten hergestellte Schlitzwand eine Fehlstelle aufgewiesen hat, durch die am Schadenstag Wasser in die Baugrube gespült ist, was zur Bodenerosion geführt hat, wodurch es schließlich zum Umstürzen des genau über dieser Stelle aufgebauten Krans kam, ist zwischen den Parteien unstreitig.
141Indem das Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung die Entstehung der Fehlstelle zu Lasten der Beklagten berücksichtigt hat, ist es offenbar davon ausgegangen, dass dieser insoweit eine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Das setzt zumindest voraus, dass die Fehlstelle bei der Errichtung der Schlitzwand vermeidbar gewesen wäre. Die entsprechende Behauptung der Klägerin ist allerdings beklagtenseits bestritten worden (vergleiche erstinstanzlicher Schriftsatz vom 22.07.2014, Seite 5, Bl. 288 GA). Das Landgericht hat in seiner erstinstanzlichen Entscheidung die Vermeidbarkeit der Fehlstelle mithin zu Unrecht als unstreitig angesehen, was die Beklagte ausdrücklich im Rahmen der Berufungsbegründung rügt. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang auf die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. X in seiner zu dem Verfahren vor dem Landgericht Köln zu Az. 18 O 140/07 (= OLG Köln, 19 U 112/12) erstatteten Gutachten vom 15.10.2009 (Anl. TW2, Bl. 27 ff. Anlagenheft I) Bezug genommen und gemeint, den gesamten Inhalt des Gutachtens als unstreitigen Sachverhalt ansehen zu können. Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Zwar hat die Klägerin recht umfassend hinsichtlich der fraglichen Verursachung des Kranunfalls und zu den gegen die Beklagte erhobenen Vorwürfen auf das vorgenannte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. X Bezug genommen und dieses auch zu den Akten gereicht. Es trifft auch zu, dass sich die Beklagte, wenn auch in anderem Zusammenhang, auf das sachverständige Zeugnis des Prof. Dr. X berufen hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Beklagte die Feststellungen des vorgenannten Sachverständigen vollumfänglich zu eigen machen wollte, schon gar nicht dessen Ausführungen zur fraglichen Vermeidbarkeit der Fehlstelle, die – wie oben dargelegt – beklagtenseits ausdrücklich bestritten worden ist. Das Landgericht durfte diesen Umstand daher nicht als unstreitig und auch nicht als erwiesen ansehen, zumal es das in einem anderen Rechtsstreit eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. X vom 15.10.2009 nicht gemäß § 411a ZPO verwertet hat. Hierzu hätte es nach Anhörung der Parteien einer entsprechenden Anordnung des Gerichts bedurft (vergleiche Zöller-Greger, a.a.O, § 411 Rn. 3, 4). Zu der aufgeworfenen Frage der Vermeidbarkeit der Fehlstelle in der Schlitzwand wäre daher dem klägerseits angetretenen Beweis durch Vernehmung des Sachverständigen Prof. Dr. X als Zeugen (Bl. 17 GA) sowie der gegenbeweislich von der Beklagten benannten sachverständigen Zeugen Prof. Dr. L3 und Prof. Dr. Q3 (Bl. 289 GA) nachzugehen gewesen. Mit nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eingereichtem Schriftsatz vom 08.01.2015 (Seite 3, Bl. 346 GA) hat die Beklagte zusätzlich Beweis angetreten durch Vernehmung der weiteren sachverständigen Zeugen Prof. Dr. L2 und Prof. Dr. Q4. Ob die Vernehmung der vorgenannten Beweispersonen als sachverständige Zeugen (§ 414 ZPO) oder ihre Anhörung als Sachverständige (§ 411 ZPO) geboten war, kann hier dahinstehen, da ggf. der Beweisantritt auszulegen oder zumindest nach Hinweis gemäß § 139 Abs. 2 ZPO für entsprechende Klarheit zu sorgen gewesen wäre, was ggf. noch zu erfolgen hat.
142In der fehlerhaften Behandlung des Parteivorbringens, hier der unzutreffenden Zuordnung streitiger Tatsachen als unstreitig, liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S.v. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO (vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2011, 20 U 37/11, zitiert nach juris; Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 17). Denn das eindeutige Parteivorbringen der Beklagten, nämlich das Bestreiten der Vermeidbarkeit der Fehlstelle in der Schlitzwand, ist durch das Landgericht objektiv willkürlich gewürdigt worden. Auf subjektive Umstände oder ein Verschulden des Gerichts kommt es dabei nicht an (vergleiche BVerfG, Beschluss vom 07.04.1981, 2 BvR 911/80, zitiert nach juris).
143Das angefochtene Urteil beruht auf diesem Verfahrensmangel, da das Landgericht den Umstand, dass die errichtete Schlitzwand eine vermeidbare Fehlstelle aufgewiesen hat, bei der Ermittlung der Haftungsquoten zu Lasten der Beklagten berücksichtigt hat. Dieser Gesichtspunkt wird auch nicht durch den weiteren Vorwurf der Ergreifung unzureichender Maßnahmen (2) überlagert, da es bei der Haftungsverteilung – wie oben dargestellt – maßgeblich auf den Grad des Verschuldens ankommt, der durch eventuelle mehrfache zu vertretende Pflichtwidrigkeiten durchaus beeinflusst werden kann.
144Zu (2) Unzureichende Maßnahmen
145Dass die Beklagte nach Feststellung der Fehlstelle in der Schlitzwand unzureichende Maßnahmen zur Beseitigung der sich daraus ergebenden Gefahr von Wasseraustritt und Bodenerosion ergriffen hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Ursprünglich hatte der im Vorfeld hinzugezogene Sachverständige Prof. Dr. L2 folgende Maßnahmen vorgeschlagen: Verpressschläuche einbringen, Erstellung eines Havariekonzepts und kontinuierliche Fachüberwachung (vergleiche Schreiben vom 28.01.2003, Anl. TW11, Bl. 328 f. Anlagenheft II). Verpressschläuche sind – unstreitig – durch die Beklagte nicht eingebaut worden. Es sind stattdessen drei Stützbohrungen sowie Verpressung mit Zementsuspension über Manchettenrohre durchgeführt worden. Diese Maßnahmen waren ungeeignet, wie der Sachverständige Prof. Dr. X in seinem vorgenannten Gutachten vom 15.10.2009 festgestellt hat. Hierauf hat die Klägerin Bezug genommen, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten ist. Dass die Beklagte mithin bewusst hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen von den Empfehlungen des hinzugezogenen Fachmanns abgewichen ist, muss zu ihren Lasten in die Haftungsverteilung einbezogen werden.
146Zu (3) Fehlende Information und Anweisung
147Soweit die Klägerin der Beklagten vorwirft, sie nicht über die Fehlstelle in der Schlitzwand informiert und entsprechend zur Vorsicht bei dem Ausbau der dort im Baugrubeneckbereich zu entfernenden Spundbohlen angewiesen zu haben, ist das Landgericht dem in seiner angefochtenen Entscheidung nicht gefolgt. Dabei hat es als unstreitig angesehen, dass den Mitarbeitern der Frühschicht der Hinweis erteilt worden sei, in der Ecke dürften die Dielen nicht gerissen werden, und dass diese Anweisung nicht an die Mitarbeiter der Spätschicht weitergegeben worden sei. Die entsprechende Behauptung der Beklagten ist jedoch von der Klägerin bereits erstinstanzlich bestritten worden, indem ausdrücklich vorgetragen worden ist, dass kein Mitarbeiter eine entsprechende Information oder Anweisung der Beklagten erhalten habe (vergleiche u.a. Schriftsatz vom 28.05.2014, Seite 18, 22, Bl. 237 und 241 GA). Dies hat die Klägerin im Rahmen ihrer Berufungsbegründung ausdrücklich gerügt. Es wären deshalb erstinstanzlich die wechselseitig benannten Zeugen Q2 (von der Klägerin benannt) sowie H, C und N6 (von der Beklagten benannt) zu der Frage zu vernehmen gewesen, ob die Mitarbeiter der Klägerin entsprechend informiert und angewiesen worden waren.
148Auch insofern hat das Landgericht das Vorbringen der Parteien fehlerhaft behandelt, indem es streitige Tatsachen als unstreitig angesehen hat. Darin liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S.v. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
149Auf diesem beruht das angefochtene Urteil, denn das Landgericht hat im Rahmen der vorgenommenen Haftungsverteilung festgestellt, die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass ihren Mitarbeitern die Problematik gänzlich unbekannt gewesen ist, sie nicht vom Risiko der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden sei und sie die Entfernung der Spundbohlenreste lediglich in dem Bewusstsein vorgenommen habe, dass man in diesem letzten Stück der Baugrubenecke so schnell wie möglich fertig werden müsse. Dass die Klägerin auf andere Weise als über ihre Mitarbeiter vor Ort von der Fehlstelle in Kenntnis gesetzt worden wäre und Anweisungen hierzu erhalten hätte, ist nicht anzunehmen. Sie ist ihrem unbestritten gebliebenen Vortrag zufolge nicht an der hierüber einberufenen Besprechung vom 09.01.2013 beteiligt worden (vergleiche Protokoll, Anl. TW13, Bl. 253 ff. GA). Der Klägerin ist zudem – unstreitig – vor dem streitgegenständlichen Unfall das Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ (Anl. B5, Bl. 104 GA) nicht übermittelt worden. Soweit die Beklagte erstinstanzlich behauptet hat, die Klägerin mit Fax-Schreiben vom „25.04.2002“ bzw. –richtig- 25.04.2003 (Anl. B6, Bl. 105 f. GA) von der Fehlstelle in der Schlitzwand und den Handlungsanweisungen in Kenntnis gesetzt zu haben, ist klägerseits der Zugang des Schreibens bestritten worden, ohne dass die Beklagte hierfür Beweis angetreten hat.
150Letztlich ist die Frage der Information und Anweisung der Klägerin durch die Beklagte für den von dieser umgekehrt erhobenen Vorwurf des pflichtwidrigen Vorgehens bei der Beseitigung der Spundwandbohlen (6) entscheidungserheblich. Denn hätte die Klägerin in Unkenntnis von der gefährlichen Fehlstelle in diesem Bereich die Spundbohlen entfernt, hat dies sowohl auf das Vorliegen einer etwaigen pflichtwidrigen Handlung als auch auf den Grad eines möglichen Verschuldens Auswirkungen.
151Zu (6) Wegreißen der Spundbohlen statt Abbrennen
152Dass der Wasseraustritt in die Baugrube und die dadurch ausgelöste Bodenerosion, die schließlich zum Umstürzen des Krans geführt hat, letztlich mit dem Entfernen der Spundbohlen im Bereich der Fehlstelle durch die Klägerin herbeigeführt wurde, ist unstreitig. Ebenso unstreitig ist, dass die Bohlen dort nicht abgebrannt, sondern weggerissen worden sind. Soweit die Beklagte behauptet, dies sei entgegen der Verpflichtungen der Klägerin aus dem Bauvertrag und entgegen ihrer ausdrücklichen Vorgabe erfolgt, ist dies klägerseits bestritten worden.
153Zu der Frage, auf welche Weise die Klägerin die Entfernung der Spundbohlen vorzunehmen hatte, ist zunächst auf den – unstreitig – zum Gegenstand des Bauvertrags gemachten Nachtrag „N7“ der Klägerin (Anl. B3, Bl. 102 GA) zurückzugreifen, wo es unter Ziff. 7.1 wie folgt heißt: „… Spundbohlen freilegen, abbrennen und ziehen, …“. Soweit das Landgericht daraus geschlossen hat, dass ein Wegbiegen der Spundbohlen nicht hätte erfolgen dürfen, kann dem nicht gefolgt werden. Denn dem Wortlaut des vorgenannten Nachtrags „N7“ zufolge ist sowohl ein Abbrennen als auch ein Ziehen der Bohlen vorgesehen.
154Daher kommt es auf etwaige anderweitig erteilte Weisungen zur Vorgehensweise bei den Abbrucharbeiten an, über die zwischen den Parteien gestritten wird. Die Beklagte hat behauptet, über ihren Polier C die Mitarbeiter der Klägerin angewiesen zu haben, in der Ecke die Dielen nicht zu reißen, sondern vorsichtig schrittweise abzubrennen, was von Seiten der Klägerin ausdrücklich bestritten worden ist (vergleiche Schriftsatz vom 28.05.2014, Seite 22, Bl. 241 GA). Hierzu hätte das Landgericht die beklagtenseits mit Schriftsatz vom 24.03.2014 (Seite 13, Bl. 74 ff. GA) benannten Zeugen H, N6, C, P, C2, H2, S, H3 und T3 sowie den von beiden Parteien benannten Zeugen Q2 (vergleiche auch Schriftsatz der Klägerin vom 28.05.2014, Seite 18 ff., Bl. 237 ff. GA) vernehmen müssen. Stattdessen hat das Landgericht lediglich die Aussagen der beiden Zeugen P und C2 im Ermittlungsverfahren des PP E vom 16.05.2003 (Anl. B10, Bl. 136 ff. GA) bzw. vom 07.05.2003 (Anl. B12, Bl. 149 ff. GA) im Rahmen einer Beweiswürdigung berücksichtigt und ist auf diese Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass die Dielen/Bohlen erst nach erfolgtem Abbrennen durch einen Bagger hätten weggezogen werden sollen. Das angefochtene Urteil lässt an dieser Stelle nicht erkennen, ob auch die ebenfalls vorgelegten Aussagen der weiteren Mitarbeiter der Parteien als Zeugen in dem Ermittlungsverfahren (Anl. B7 - B17, Bl. 107 ff. GA) im Rahmen der recht knapp erscheinenden Beweiswürdigung berücksichtigt worden sind. Vor allem hat das Landgericht aber auch gegen den aus § 355 ZPO folgenden Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen.
155Zwar können die Beweisergebnisse anderer Verfahren urkundlich in einen Zivilprozess eingeführt werden. Das berührt jedoch nicht den Anspruch der Parteien darauf, dass zum maßgeblichen Sachverhalt Zeugen befragt und Sachverständige gehört werden (vergleiche BGH, Urteil vom 06.06.2000, VI ZR 98/99; Urteil vom 12.07.2013, V ZR 85/12; jeweils zitiert nach juris). Der Urkundenbeweis ist nicht dazu da, das grundlegende Recht auf eine unmittelbare Beweisaufnahme zu verkürzen (vergleiche OLG Koblenz, Urteil vom 03.11.2005, 5 U 452/05, zitiert nach juris). Der persönliche Eindruck, den ein Zeuge macht, bietet eine höhere Gewähr für die Ermittlung der Wahrheit, als sie allein durch anderweitige Niederschriften vermittelt werden kann (vergleiche BGH, Urteil vom 14.07.1952, IV ZR 25/52, zitiert nach juris). Die persönliche Vernehmung der Zeugen war hier umso mehr geboten, als beide Parteien ihrerseits die Aussagen aus dem Ermittlungsverfahren unterschiedlich interpretieren. Der Verwertung der Zeugenaussagen aus dem Ermittlungsverfahren unter Übergehung des angetretenen Zeugenbeweises stand mithin der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme entgegen (vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2011, 20 U 37/11, zitiert nach juris). Dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel i.S.v. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO dar (vergleiche OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG München, Urteil vom 14.02.2014, 10 U 3074/13).
156Auf diesem Verfahrensmangel beruht das erstinstanzliche Urteil, da das Landgericht aufgrund der vorgenannten Aussagen aus dem Ermittlungsverfahren auf ein etwaiges von der Klägerin zu vertretendes pflichtwidriges Handeln ihrer Mitarbeiter geschlossen hat.
157Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Berufungsbegründung die mögliche „Fehlinterpretation“ der Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren ausdrücklich beanstandet. Soweit sie dennoch wegen der inzwischen vorliegenden Erkenntnisse aus dem durch rechtskräftiges Teilurteil vom 26.03.2015 für sie abgeschlossenen Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 14c O 165/08 eine weitere Beweisaufnahme nicht für erforderlich hält, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die dortigen Aussagen der Zeugen Q2 und P sowie die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. I2 (vergleiche Sitzungsprotokoll des Landgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015, Anl. TW20, Bl. 448 ff. GA) ersetzen ebenfalls aus den oben dargelegten Gründen nicht den im vorliegenden Rechtsstreit unmittelbar zu erhebenden Beweis. Zudem sind weitere Zeugen zu vernehmen, wie vorstehend ausgeführt. Entgegen der Auffassung der Klägerin durfte erstinstanzlich auch nicht mit dem hier unzutreffenden Argument der Vermeidung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises von der Vernehmung der benannten Zeugen abgesehen werden.
158Sofern der Beklagten der Beweis für die Richtigkeit ihrer Behauptung, die Mitarbeiter der Klägerin zum vorsichtigen Abbrennen der Bohlen im Baugrubeneckbereich angewiesen zu haben, nicht gelingt, kommt es auf die übliche Vorgehensweise bei derartigen Abbrucharbeiten an. Hierzu hat die Beklagte behauptet, die Klägerin sei mit besonders „brachialer Gewalt“ beim Wegreißen der Spundbohlen vorgegangen, was klägerseits bestritten worden ist. Dem Vortrag der Klägerin zufolge sei es üblich, auf diese Weise den letzten Spundbohlenrest zu ziehen. Allerdings kommt es in diesem Zusammenhang wiederum auf die fragliche Information der Klägerin über das Vorhandensein der Fehlstelle in der Schlitzwand an. Wenn auf Seiten der Klägerin die Gefahrenstelle bekannt war, durfte sie nicht – wie ggf. sonst üblich – die Spundbohlen wegreißen. Sofern es vor diesem Hintergrund auf die Frage nach der üblichen Vorgehensweise bei derartigen Abbrucharbeiten noch ankommt, wird dem von der Beklagten angetretenen Beweis durch Vernehmung bzw. Anhörung der Sachverständigen Prof. Dr. Q3, Prof. Dr. X, Prof. Dr. L3 und Prof. Dr. L2 (vergleiche Schriftsatz vom 24.03.14, Seite 6, Bl. 67 GA) sowie des Prof. Dr. Q4 (vergleiche Schriftsatz vom 08.01.2015, Seite 3, Bl. 346 GA) als sachverständige Zeugen oder Sachverständige nachzugehen sein.
159Zu (4) Unzureichende Beachtung des Handlungskonzepts
160Soweit die Klägerin der Beklagten unter Hinweis auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. X vom 15.10.2009 vorwirft, ihr eigenes Handlungskonzept „Arbeitsablauf Fehlstelle“ (Anl. B5, Bl. 104 GA) nicht hinreichend beachtet zu haben, da keine bodenmechanische Fachüberwachung beim Freilegen der Fehlstelle vor Ort war, ist der Sachverhalt letztlich unstreitig. Zwar trägt die Beklagte vor, die Dichtigkeit ständig kontrolliert zu haben und zum Zeitpunkt des Schadensfalles sei ihr Polier C auf der Baustelle gewesen. Dass weder dieser noch ein anderer Fachbauleiter die Freilegung der Fehlstelle durch die Klägerin an Ort und Stelle überwacht hat, ist jedoch ebenfalls unstreitig. Allerdings kommt es in diesem Zusammenhang wiederum auf die fragliche Information der Klägerin und ihrer Mitarbeiter über die Fehlstelle an, da sie in Kenntnis der Gefahrenlage ohne bodenmechanische Fachüberwachung die Fehlstelle nicht freilegen durfte. In diesem Falle würde sich eine etwaige beiderseits zu vertretende Pflichtwidrigkeit der Parteien hinsichtlich der fehlenden Überwachung der Fehlstelle im Rahmen der internen Haftungsverteilung gegenseitig aufheben. Andernfalls wäre dieser Gesichtspunkt nur zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen.
161Zu (5) Billigung des Standorts des Krans
162Dass die Beklagte die Entscheidung der Firma I, als Gründungspfähle für den Kran die Verbaupfähle im Bereich der Fehlstelle zu nutzen, gebilligt hat, ist unstreitig. Auch dieser von dem Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung unberücksichtigt gelassene Umstand ist in die Haftungsverteilung zu Lasten der Beklagten einzubeziehen.
163Aufgrund der vorstehend aufgezeigten wesentlichen Verfahrensmängel ist die Aufhebung des angefochtenen Urteils mit dem zu Grunde liegenden Verfahren und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht geboten, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
164Ob das Berufungsgericht statt einer Sachentscheidung die Zurückverweisung wählt, steht in seinem Ermessen, das den Gesichtspunkt der Prozessökonomie in Betracht ziehen muss (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 6). Das Berufungsgericht handelt ermessensfehlerfrei, wenn das Interesse an einer schnelleren Erledigung gegenüber dem Verlust einer Tatsacheninstanz nicht überwiegt (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 38 Rn. 7).
165Hier wäre eine sehr umfangreiche Beweisaufnahme durchzuführen. Eine solche würde den Senat zu einer mit der Funktion eines Rechtsmittelgerichts unvereinbaren weitgehenden Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens zwingen. Daher ist in solchen Fällen regelmäßig die Zurückverweisung geboten (vergleiche OLG München, Urteil vom 14.02.2014, 10 U 3074/13, zitiert nach juris). Hier spricht nichts dafür, von diesem Grundsatz abzuweichen.
166C.
167Zu welchem Ergebnis die Beweisaufnahme vor dem Landgericht führen und welche gerichtliche Entscheidung daraus anknüpfen wird, ist derzeit nicht abzusehen. Gleichwohl erscheint dem Senat – mit dem Ziel der Vermeidung eines weiteren Berufungsverfahrens – zweckmäßig, seinen aus der gegenwärtig greifbaren Tatsachengrundlage abgeleiteten Rechtsstandpunkt zu weiteren noch nicht erörterten Aspekten des Falles aufzuzeigen:
1681.
169Soweit der mit dem Hauptantrag zu 1) geltend gemachte Freistellungsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB i.V.m. § 25. 225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag nicht besteht, wird die Klage mit dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag ebenfalls keinen Erfolg haben. Denn ein weitergehender Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Dach-ARGE-Vertrag sowie aus § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B im Wege der „actio pro socio“ kommt nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht in Betracht.
170a)
171Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen etwaiger Verletzung der Pflichten als technische Geschäftsführerin der Dach-ARGE gemäß § 7 Dach-ARGE-Vertrag geht nicht weiter als der auf § 426 Abs. 1 BGB i.V.m. § 25.225 Abs. II Dach-ARGE-Vertrag gestützte Freistellungsanspruch gemäß dem Hauptantrag zu 1). Die gegen die Beklagte in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe, insbesondere hinsichtlich der technischen/terminlichen Koordination der Gesamtbaustelle sowie der Überwachung der Bauarbeiten einschließlich der Überprüfung der Einhaltung aller sicherheitsrelevanten Vorschriften und Gesetze, sind im Wesentlichen deckungsgleich, jedenfalls nicht weitergehend.
172b)
173Soweit ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen etwaiger Verletzung der Pflichten als kaufmännische Geschäftsführerin der Dach-ARGE gemäß § 8 Dach-ARGE-Vertrag in Betracht kommt, ist von gleichen Haftungsanteilen der Parteien auszugehen.
174Zwar ist die auf Feststellung des Versicherungsschutzes für Sach- und Personenschäden aus dem Schadensereignis vom 29.04.2003 (Kranunglück E L) gerichtete Deckungsklage der Dach-ARGE gegen die N AG durch Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 05.03.2010, Az. 4 U 82/09 (Anlage B 19, Bl. 192 ff. GA) rechtskräftig abgewiesen worden. Jedoch beruht dies weder auf einer etwaigen Versäumung, den Versicherungsschutz über den 31.03.2003 hinaus bis zum tatsächlichen Ende der Bauarbeiten zu verlängern, noch auf einer mangelnden Schadensanzeige. Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist in seiner vorgenannten Entscheidung nicht davon ausgegangen, dass der Versicherungsschutz aus der Objekthaftpflichtversicherung bis zum 31.03.2003 befristet gewesen ist. Die Befristung des Versicherungsschutzes sei vielmehr offen und wäre im Wege der Beweisaufnahme zu klären gewesen (vergleiche Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010, 4 U 82/09, Entscheidungsgründe I. 1., Bl. 205 GA). Dass eine Beweisaufnahme ebenfalls zur Abweisung der Deckungsklage geführt hätte, ist von der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit nicht dargelegt worden. Daher kann hier dahinstehen, wer von den beiden Parteien ggf. für die Verlängerung des Versicherungsschutzes zu sorgen hatte.
175Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist in seinem vorgenannten Urteil zudem von einer wirksamen Schadensmeldung durch die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits ausgegangen (vergleiche Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.03.2010, 4 U 89/09, Entscheidungsgründe I. 3. c) bb), Bl. 209 GA), so dass ein etwaiges Versäumnis der Beklagten auch insoweit nicht zur Abweisung der Deckungsklage geführt hat.
176Entscheidend hierfür war das Verstreichen der zweijährigen Verjährungsfrist gemäß § 12 Abs. 2 VVG (a.F.), nach Ablehnung des Versicherungsschutzes durch die N AG mit Schreiben vom 25.11.2003 (Anl. TW14, Bl. 260 GA). Dieses Schreiben war ursprünglich an die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits gerichtet und ist von dieser mit Schreiben vom 28.11.2003 an die Beklagte weitergeleitet worden (Anl. TW15, Bl. 261 GA). Der Inhalt des Schreibens der Versicherung, mit dem ersichtlich auf einer Befristung der Anhebung der Versicherungssumme gemäß dem objektbezogenen Nachtrag bis zum 31.03.2003 beharrt und mithin der Versicherungsschutz für den Kranunfall vom 29.04.2003 abgelehnt wird, war daher beiden Parteien bekannt. Dennoch haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte nicht rechtzeitig vor Ablauf der vorgenannten Frist für die Hemmung der Verjährung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag gesorgt, ggf. durch gerichtliche Geltendmachung. Zwar mag dies primär der Beklagten als Vertreterin der Dach-ARGE im Rahmen ihrer kaufmännischen Geschäftsführung oblegen haben. Jedoch hat auch die Klägerin weder auf den Lauf der Verjährungsfrist hingewiesen noch auf die gerichtliche Geltendmachung des Versicherungsschutzes gedrängt, obwohl gemäß § 25.225 Abs. III Dach-ARGE-Vertrag vorgesehen ist: „Wird ein Haftungsanspruch gegen einen Gesellschafter geltend gemacht oder ist dies zu erwarten, so unterrichten sich die Gesellschafter unverzüglich und legen ihr Verhalten gemeinsam fest. Die Gesellschafter werden sich bei der Abwicklung derartiger Ansprüche nach Kräften unterstützen.“ Aufgrund dieser Vereinbarung durfte sich die Klägerin nicht „blind“ auf die kaufmännische Geschäftsführung der Beklagten verlassen, sondern hätte ihrerseits die gebotenen Schritte zur Wahrung der Verjährungsfrist erwägen und mit der Beklagten besprechen müssen. Vor diesem Hintergrund trifft die Klägerin ein gleichwertiges Mitverschulden an dem mangelnden Versicherungsschutz für den Personen- und Sachschaden aus dem streitgegenständlichen Kranunfall.
177c)
178Eine weitergehende Haftung der Beklagten folgt auch nicht aus dem im Wege der „actio pro socio“ geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB und § 4 Nr. 7 VOB/B i.V.m. § 25.135 Dach-ARGE-Vertrag.
1792.
180Für die nach einseitiger Teil-Erledigungserklärung zu dem Klageantrag zu 1) hinsichtlich des unter 1e) genannten Anspruchs der Fa. J3 GmbH begehrte Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
1813.
182Dasselbe gilt für das mit dem Klageantrag zu 2) festzustellende Rechtsverhältnis hinsichtlich der Freistellung von weitergehenden Ansprüchen, das hinsichtlich der Haftungsverteilung demjenigen nach dem Hauptantrag zu 1) entspricht.
183D.
184Nach Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils ist der weitere Antrag der Klägerin auf Berichtigung des Tenors der Entscheidung des Landgerichts gegenstandslos.
185III.
186Die gerichtlichen Kosten zweiter Instanz sind wegen des eindeutigen Verfahrensfehlers gemäß § 21 GKG niederzuschlagen. Eine unrichtige Sachbehandlung kann durchaus vorliegen, soweit das erstinstanzliche Gericht einen offensichtlichen erheblichen Verfahrensfehler begangen hat, der zur Zurückverweisung durch das Berufungsgericht führt (vergleiche Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage 2014, § 21 GKG Rn. 40, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Zwar mag nicht jeder Verfahrensmangel, der gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung führt, eine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 21 GKG darstellen (vergleiche KG Berlin, Beschluss vom 24.05.2005, 1 AR 20/03; OLG München, Beschluss vom 23.11.1989, 10 U 3401/89; jeweils zitiert nach juris). Bei Entscheidungen, die den breiten richterlichen Handlungs-, Bewertungs- und Entscheidungsspielraum deutlich überschreiten, ist jedoch von einer unrichtigen Sachbehandlung auszugehen (vergleiche OLG München, Urteil vom 11.07.2013, 23 U 695/13, zitiert nach juris). Dies kann insbesondere bei offensichtlichem Übergehen von Beweisangeboten der Fall sein (vergleiche OLG München, a.a.O., OLG Koblenz, Urteil vom 17.10.2012, 5 U 1551/11; OLG Koblenz, Urteil vom 08.10.2014, 5 U 716/14; jeweils zitiert nach juris). Hier muss dem Landgericht die Problematik seiner Vorgehensweise bei Erlass des erstinstanzlichen Urteils durchaus bewusst gewesen sein, zumal beide Parteien im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 08.12.2014 mit Schriftsätzen vom 15.12.2014 (Bl. 338 ff. GA) und 08.01.2015 (Bl. 344 ff. GA) jeweils unter Bezugnahme auf ihre Beweisangebote ausdrücklich auf die ihrer Auffassung nach mangelnde Entscheidungsreife der Sache hingewiesen hatten.
187Im Übrigen ist die Kostenentscheidung der erstinstanzlichen Schlussentscheidung vorzubehalten (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 57).
188Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO (vergleiche zur möglichen Vollstreckung des aufhebenden und zurückverweisenden Urteils: Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 58).
189Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Streitentscheidend sind Umstände des Einzelfalls. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden. Zudem wird entgegen der Auffassung der Beklagten insbesondere hinsichtlich der Voraussetzungen eines Freistellungsanspruchs unter Gesamtschuldnern weder von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch von derjenigen anderer Oberlandesgerichte abgewichen.
190Berufungsstreitwert: 13.000.000,00 €
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 30. Okt. 2015 - 19 U 20/15
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Oberlandesgericht Köln Urteil, 30. Okt. 2015 - 19 U 20/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Tenor
Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) werden verurteilt, an die Klägerin 900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG a.F. aus einer Bauleistungsversicherung, hilfsweise aus abgetretenem Recht.
3Die Eigentümerin und Bauherrin eines Hotel-, Büro- und Wellnesskomplexes in Düsseldorf, A-Straße, die A Objektgesellschaft Düsseldorf Dr. A KG (im Folgenden: A), schloss mit der Klägerin am 22.02.2002, mit Nachtrag vom 07.04.2003, eine Bauleistungsversicherung mit einer Versicherungssumme von 75.000.000,00 EUR für den vorgenannten Gebäudekomplex betreffend „Neubau-Gründung über Schlitzwandlamellen unterhalb der Primärstütze“. Wegen der Einzelheiten der Versicherungsleistung und der Bedingungen wird auf das Anlagenkonvolut K 16 verwiesen. Die A hatte die E& P Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH (im Folgenden: B) mit der Ausführung der Bauleistung als Generalunternehmer beauftragt, die wiederum die Beklagte zu 1) mit Vertrag vom 23./26.08.2002 (Anlage K 8) mit der Erstellung der Baugrube und der Stützwand beauftragte. Die Beklagten zu 2) und zu 3) sind die Gesellschafter der Beklagten zu 1). Mit der Projektsteuerung hatte die A die Streithelferin zu 1) beauftragt, die mit Vertrag vom 21.12.2002 die Bauüberwachung übernahm. Zusätzlich hatte die A mit der Ingenieursozietät Prof. Dr. D GmbH (im Folgenden: Ingenieursozietät D) einen fachtechnischen Berater im Zusammenhang mit der Baugrube eingeschaltet. Die Rohbauarbeiten hatte die B bei der Firma Z GmbH (im folgenden Z) in Auftrag gegeben. Diese stellte an der Süd-Ost-Ecke der Baugrube einen Baukran auf. Über das Vermögen der zuletzt als Z Bauholding GmbH firmierenden vormaligen Streithelferin zu 2) der Klägerin wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet.
4Während des Voraushubs und der Schlitzwandarbeiten der Baugrube wurde ein alter Spundwandverbau angetroffen, der nicht vollständig gezogen werden konnte. Diesbezüglich fand am 09.01.2003 ein Ortstermin statt, worüber die Ingenieursozietät D als geotechnischer Berater ein Protokoll der Besprechung erstellte (Anl. K 9). Unter dem 23.01.2003 unterbreitete die Beklagte zu 1) einen schriftlichen Ausführungsvorschlag zu den geänderten Rahmenbedingungen (Anlage K 10), den die Ingenieursozietät D fachtechnisch prüfte und am 28.01.2003 bestätigte. Hiernach sollte der vorgefundene Spundbohlenverbau nach Freischälen der Spundbohlen von anhaftendem Erdmaterial in die Schlitzwand im süd-östlichen Eckbereich mit einbetoniert werden. In dem Begleitschreiben wies die Ingenieursozietät D auf mögliche Risiken hin und empfahl den Einbau von Verpreßschläuchen über die gesamte Spundbohlenlänge, die Erstellung eines Havariekonzeptes mit sofortigen Sicherheitsmaßnahmen im Falle von Undichtigkeiten und eine kontinuierliche Fachüberwachung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 11 verwiesen. Die Streithelferin zu 1) ordnete sodann mit Schreiben vom 30.01.2003 (Anlage K 82) gegenüber der Beklagten zu 1) die Umsetzung dieser Empfehlung an.
5Durch die Beklagten wurde im Zuge der Erstellung der Schlitzwand im fraglichen Eckbereich der Baugrube keine Verpreßschläuche eingebracht, sondern Manschettenrohre verwendet. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Lamellen der Schlitzwand nicht vollständig dicht hergestellt worden waren, erstellte der Oberbauleiter der Beklagten zu 2) am 23.04.2003 eine Arbeitsanweisung zum Umgang mit der Fehlstelle in der Schlitzwand mit folgendem Inhalt (Anlage K 12):
6 „Kontrolle der Fehlstelle auf Wasser- und Bodeneintritt
7 Sichern der Fehlstelle gegen möglichen Bodeneintritt durch Einschlagen von Hartholzkeilen mit entsprechendem Verfüllmaterial (Holzwolle oder gleichwertig)
8 baugrubenseitige Packerinjektion mit Hartschaum zur Verringerung des Wasserzuflusses
9 Anbringen von Stahlblechen, Breite ca. 0,5 - 0,8 m, Dicke ca. 15 mm über die gesamte Höhe des vertikalen Spaltes ca. 6 - 8 m
10 Tastbohrung (Kleinlochbohrung im Zuge des Anbringens der Stahlbleche zur Überprüfung gegebenenfalls vorhandener Kiesnester)
11 gegebenenfalls nach Injektion der Hohlräume zwischen Stahlplatte und Schlitzwandoberfläche
12 bei starkem Wasserzutritt in der Fehlstelle Wiederverfüllung mit Erdreich“
13Am 29.04.2003 kam es zu einem Kranunfall, bei dem der unmittelbar neben der Süd-Ost-Ecke der Baugrube befindliche Kran umstürzte und einen anderen Kran mitriss. Es kam zu erheblichem Personen-und Sachschaden.
14Die Parteien haben im Verfahren um die Haftung dem Grunde nach um die Verantwortlichkeit für das Umstürzen des Krans gestritten. Die Klägerin hat behauptet, die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) hätten am Schadenstag eine Spundwand vor der Schlitzwand unsachgemäß abgerissen, wo durch eine Fehlstelle in der Beton-Schlitzwand Grundwasser in die Baugrube eingedrungen sei. Dadurch sei es außerhalb der Baugrube zu einem erheblichen Bodenverlust im Bereich der Kranstützen gekommen, der zu einem Absacken der Kran-Stützpfähle und in unmittelbarer Folge zu einem Absacken des Kopfbalkens und des gesamten Krans geführt habe.
15Zur Untermauerung ihres Vortrags zur Schadensursache hat die Klägerin sich auf die Gutachten des von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf bestellten Sachverständigen Prof. Dr. X (Anl. K3), sowie das von der Bauherrin eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S (Anl. K2) bezogen.
16Die A zeigte den Schadensfall der Klägerin telefonisch am 29.04.2003 und am 19.05.2003 schriftlich an. Die Baubeteiligten erarbeiteten zusammen mit der Klägerin ein Konzept zur Sanierung der Baugrube. Zur Feststellung des Bauleistungsschadens ließ die Klägerin ein Gutachten des Sachverständigenbüros Rolf K. Stocken erstellen. Dieses Büro ermittelte einen Bauleistungsschaden i.H.v. 3,2 Millionen EUR. Die im Gutachten berücksichtigten Maßnahmen zur Sanierung betreffen zu einem erheblichen Teil Leistungen der Beklagten zu 1), z.B. Vereisung des Baugrundes, Abtragen der Notberme, Sicherung der Schlitzwand mittels Hochdruckinjektion- und Drüsenstahlverfahrens, ferner Leistungen der Firma Z GmbH in Bezug auf die Wiederherstellung der durch den Einsturz der Kräne bestätigten Konstruktion des Neubaus im 1. Bauabschnitt, Leistungen der Firma AA und CC für die Bergung der beiden Kräne sowie Kosten für geotechnische Untersuchungen und Ingenieur- und Sachverständigenleistungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung in der Klageschrift, Bl. 13 ff. d.A., sowie das Gutachten HH, Anl. K 6, verwiesen.
17Die Klägerin behauptet, sie habe 3,2 Millionen € an die Firma A ausgezahlt, damit diese die Schadenspositionen bei den jeweiligen Firmen bezahlen könne. Sie verlangt Schadensersatz in genannter Höhe aus von der Firma B übergegangenem, hilfsweise abgetretenem Recht. Mit Schriftsatz vom 22.04.2014 (Bl. 1753 ff. der Akten) hat die Klägerin eine Vereinbarung zwischen ihr, der Firma A und der Firma B vom 20./21.10.2005 vorgelegt, in der B an die Klägerin ihren Anspruch gegen die Beklagten auf Erstattung der Schäden wegen und in Höhe der durch die Klägerin an A erfolgten Zahlungen abtritt. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 110, Bl. 1756 ff. der Akten, verwiesen.
18Die Klägerin ist der Auffassung, die vom Sachverständigen HH angesetzten Beträge seien von der Bauleistungsversicherung erfasst und Ansprüche in entsprechender Höhe gemäß § 67 VVG a.F. auf sie übergegangen. In der Rechtsprechung sei allgemein anerkannt, dass in Fällen der Beschädigung von Leistungen eines Nachunternehmers vor Abnahme der Besteller im Rahmen der Drittschadensliquidation diesen Schaden gegenüber dem schädigenden Vertragspartner geltend machen könne. B stehe daher auch in diesen Fällen ein Schadensersatzanspruch aus § 4 Nr. 7 VOB/B gegen die Beklagte zu 1) zu. Dieser Schadensersatzanspruch entschädige den Schaden, für den die Klägerin aufgrund der Bauleistungsversicherung entsprechend ihre Zahlung erbracht habe und gehe daher gemäß § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN auf die Klägerin über.
19Die Klägerin beantragt,
20Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 3.200.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
21Die Streithelfer schließen sich dem klägerischen Antrag an.
22Die Beklagten beantragen,
23die Klage abzuweisen.
24Die Beklagten haben im Verfahren zur Haftung dem Grunde nach behauptet, sie hätten ihre Werkleistungen ordnungsgemäß und beanstandungsfrei erbracht. Die Vorgaben der Arbeitsanweisung vom 23.04.2003 seien durch die beschäftigten Arbeitnehmer der Beklagten durchweg eingehalten worden. Das Wegbiegen der Spundwand sei nicht schadensursächlich gewesen, weil zwischen Wassereintritt und Havarie des Kranes lediglich Sekunden gelegen hätten. Es sei physikalisch unmöglich, dass innerhalb dieser kurzen Zeitspanne ein erheblicher Bodenentzug hätte entstehen können.
25Andere Ursachen seien wahrscheinlicher. Der Wassereintritt sei auf eine oberhalb der Baugrube verlaufende Ringleitung zurückzuführen, die vor dem Unfallereignis gebrochen oder zumindest undicht gewesen sei. Ein Eintritt von Bodenmaterial nach dem Öffnen der Schlitzwandfuge sei nicht eingetreten. Entgegen der ursprünglichen Annahme sei der Baugrund nicht von mitteldichter bis dichter Lagerung gewesen, sondern habe eine lockere Lagerung aufgewiesen. Zudem seien vorhandene Bodendenkmäler und frühere Bautätigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das Versagen der Krangründung sei möglicherweise auf ein Zusammenspiel von verschiedenen Bauaktivitäten mit zunehmender Schiefstellung des Krans und orkanartigen Windverhältnissen am Schadenstag zurückzuführen. Durch Arbeiten mit einem Minibagger sei es zu Erschütterungen gekommen, die zu einer Minderung der Mantelreibung der Bohrpfähle geführt haben könnte. Der Unfall hätte bei Ausführung einer – unstrittig nicht ausgeführten – horizontalen Abstützung der Krangründung (sogenannte „Zerrplatte“) vermieden werden können.
26Die Beklagten haben zudem die Ansicht vertreten, dass sich in dem Unfall ein systemimmanentes Ausführungsrisiko verwirklicht habe, welches eine Haftung der Beklagten ausschließe. Aufgrund des nachträglich aufgefundenen Spundwandbaus sei ein erhöhtes Risiko von Fehlstellen zwischen der Schlitzwand und der Spundwand verblieben, welches allen Baubeteiligten bekannt gewesen sei. Der Klägerin sei anzulasten, dass die Bauherren auf ein anlässlich der Besprechung vom 09.01.2003 vorgeschlagenes Hochdruckinjektionsverfahren sowie auf die empfohlene Fachbauüberwachung aus Kostengründen verzichtet habe. Die Arbeitsanweisung vom 23.04.2003 stelle keine Umsetzung des geforderten Havariekonzeptes dar. Vorgenannte Maßnahmen seien von Seiten der Bauherren vorzunehmen gewesen, deren Unterlassung ein Mitverschulden begründe. Der Klägerin seien ebenfalls Verstöße des Bauherren gegen gesetzliche Arbeitsschutzbestimmungen anzulasten.
27Die Beklagten bestreiten ferner, dass die Klägerin die behaupteten Beträge an ihre Versicherungsnehmerin ausgezahlt habe. Die geltend gemachten Schadensbeseitigungs- und Wiederherstellungskosten seien zum Teil nicht von der Bauleistungsversicherung umfasst, weil z.B. Maßnahmen berücksichtigt worden seien, die nicht nur der Sanierung der Baugrube, sondern zur Erkundung der Schadensursache dienten. Die Beklagten sind der Ansicht, darunter fielen z.B. Maßnahmen der Vereisung und der Abtransport der Kräne auf ein Gelände der Staatsanwaltschaft. Teils seien Kosten abgerechnet worden, die die Bauherren bzw. die Bauträgerin B bereits in anderen Verfahren geltend mache. Eine Differenzierung zwischen den bereits anderweitig berücksichtigten Teilen der jeweiligen Rechnungen sei nicht möglich. Einzelne von der Klägerin anerkannte Leistungen hätten nichts mit dem Schadensfall zu tun. Jedenfalls sei dies nicht nachvollziehbar dargelegt. Teils behaupten die Beklagten, ein Reparaturbedürfnis habe nicht bestanden. Maßnahmen zur Erkundung des Baugrundes sei nicht vom Versicherungsumfang umfasst. Soweit die Klägerin meine, der von der Beklagten zu 1) selbst zur Sanierung der Baugrube berechnete Aufwand sei als Schadensersatz auf sie übergegangen, so sei dies schon insofern falsch, als die Beklagte zu 1) nicht Dritte im Sinne von § 67 Abs. 1 VVG sei. Sie sei vielmehr mitversicherten Nachunternehmerin im Sinne von § 3 Nr. 1 ABN. Die behördlichen Gebühren (Position 45 der Klage) seien als solche nicht von der Bauleistungsversicherung erfasst. Schließlich erheben sie die Einrede der Verjährung.
28Mit Grundurteil vom 15.06.2012 ist der Klage nach Einholung eines Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. GG, Anhörung der weiteren von den Parteien benannten (Privat-)-Sachverständigen sowie Vernehmung von Zeugen dem Grunde nach stattgegeben worden. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das OLG Köln mit Urteil vom 22.03.2013, 19 U 111/12, zurückgewiesen. Am 21.07.2014 hat das Gericht Beweisbeschluss erlassen (Bl. 1785 d.A.) und mit Beschluss vom 01.10.2014 Herrn Dipl.-Ing. MM zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Mit Beschluss vom 26.01.2015 ist die Ausführung des Beweisbeschlusses zunächst zurückgestellt worden und den Parteien sind Hinweise erteilt worden (Bl. 1842 ff. d.A.). Mit Beschluss vom 18.01.2016 ist der Beweisbeschluss vom 21.07.2014 aufgehoben worden.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die Klage ist zulässig, aber nur im Umfang von 900,00 € begründet.
32I.
33Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch aus von der Firma B übergegangenem Recht gemäß § 4 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002 i.V.m. § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN 2001 in Höhe von 900,00 EUR zu.
34Das Oberlandesgericht Köln hat mit Berufungsurteil vom 22.03.2013, Az.: 19 U 111/12, insoweit die Feststellungen der Kammer im Grundurteil vom 15.06.2012 gebilligt, dass die Klägerin den Anfall von Gebühren in dieser Höhe für nachträgliche Genehmigungen der Stadt Düsseldorf im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Schadensereignis substantiiert behauptet und die Beklagten diese Schadensposition nicht substantiiert bestritten hat. Weder in der Berufung, noch im weiteren Verfahrensverlauf nach Verkündung des Berufungsurteils haben die Beklagten dazu weitere Ausführungen gemacht.
35Der Anspruch gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) als Gesellschafter der Beklagten zu 1) ergibt sich in entsprechender Anwendung von § 128 HBG. Die gesamtschuldnerische Haftung ergibt sich aus § 128 S. 1 HGB.
36II.
37Ein darüber hinausgehender Zahlungsanspruch steht der Klägerin gegen die Beklagten nicht zu.
38Auf Grundlage des eigenen Sachvortrags der Klägerin ist ein Übergang nach § 67 VVG a.F. von etwaigen Ansprüchen der B gegen die Beklagten zu 1), 2) und 3) im Wege der cessio legis nicht erfolgt.
39Ausweislich der Klarstellung im klägerischen Schriftsatz vom 25.06.2015 (Bl. 1777 d.A.) verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Zahlungsanspruch primär aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG a.F. Lediglich hilfsweise verfolgt die Klägerin den Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht.
401.
41Der Klägerin stehen gegen die Beklagten keine Ansprüche aus übergegangenem Recht zu.
42Die Klägerin macht Ansprüche auf Schadensersatz aus von der Firma B übergegangenem Recht aus einer Bauleistungsversicherung gemäß § 4 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002 i.V.m. § 67 VVG a.F. sowie § 3 Nr. 3 ABN (nach den Versicherungsbedingungen gemäß Bauleistungsversicherungsvertrag vom 22.02.2001, Anlagenkonvolut K 16) geltend.
43Grundsätzlich gehen Ansprüche des Versicherungsnehmers – hier war die A-Objektgesellschaft Düsseldorf Vertragspartner des Bauleistungsversicherungsvertrages nach Antrag vom 03.04.2002 (Anlage K 16) – auf den Versicherer über. Bei Versicherung für fremde Rechnung kann dies allerdings auch für Ansprüche des Mitversicherten, hier also B, gegen die Beklagten aus § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B gelten.
44Nach § 76 Abs. 2 VVG a.F. ist der Versicherungsnehmer, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist, ebenfalls zur Entgegennahme der Versicherungsleistung befugt. Außerdem bestimmt § 16 Nr. 1 ABN, dass über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag abweichend von §§ 74 ff. VVG nur der Versicherungsnehmer verfügen kann. In diesem Fall geht grundsätzlich auch der Anspruch des Versicherten (B) auf den Versicherer über (allgemein zum Übergang des Anspruchs des Versicherten bei Versicherung für fremde Rechnung: BGH, VersR 1985, 753; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 86 Rn. 12 m.w.N.).
452.
46Dem Anspruchsübergang steht überwiegend entgegen, dass die Beklagte als mitversicherter Unternehmer selbst in den Versicherungsschutz der Klägerin einbezogen war und daher insoweit kein „Dritter“ ist, der vom Versicherer im Wege des Regresses in Anspruch genommen werden kann. Das betrifft sicher die Leistungen der Beklagten, derentwegen die Klägerin Schadensersatz in Höhe von netto 1.150.315,59 EUR verlangt. Wahrscheinlich sind weitere Positionen – mit Ausnahme des Schadens der Firma Z – betroffen. Hierzu können keine näheren Feststellungen getroffen werden, was zu Lasten der Klägerin geht.
47a)
48Gemäß § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN 2001 können nur solche Ansprüche übergehen, die sich auf den versicherten Schaden, der in den Schutzbereich der Bauleistungsversicherung fällt, beziehen. Der Übergang von Schadensersatzansprüchen kommt grundsätzlich nicht nur bei Schäden die durch außenstehende Dritte verursacht wurden in Betracht, sondern auch dann, wenn ein mitversicherter Unternehmer die Bauleistung eines anderen Unternehmens oder Nachunternehmers beschädigt (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 54 ff.).
49Die Klägerin geht zutreffend davon aus, dass aufgrund der Vereinbarung des § 3 ABN 2001 nicht nur der Bauherr als Versicherungsnehmer versichert ist, sondern auch weitere Auftraggeber und Nachunternehmer (vgl. BGH, NZBau 2003, 382). Neben der Versicherungsnehmerin A ist daher auch B mitversichert. Gleichermaßen ist aber auch die Beklagte zu 1) Mitversicherte der von A abgeschlossenen Bauleistungsversicherung, wie die Klägerin selbst einräumt. Auch wenn § 3 Nr. 3 ABN 2001 vorsieht, dass in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung Ansprüche, die dem Versicherungsnehmer oder einem versicherten Unternehmen im Zusammenhang mit einem entschädigungspflichtigen Schaden zustehen, auf den Versicherer auch dann übergehen, wenn sie sich gegen einen anderen Versicherten richten, ist damit über den konkreten Anspruchsübergang und dessen Umfang noch nichts besagt. Der Regress ist nämlich ausgeschlossen, soweit das versicherte Interesse der Beklagten zu 1) als mitversicherter Unternehmer gemäß § 3 Nr. 1 ABN 2001 betroffen ist.
50b)
51Das Interesse der Nachunternehmer ist grundsätzlich mitversichert (BGH, Beschluss vom 14.12.2003 – IV ZR 319/02 – juris; vorgehend OLG Köln, Urteil vom 13.08.2002 – 9 U 191/01 – juris). Der Mitversicherte ist nur in Ausnahmefällen Dritter im Sinne von § 67 Abs. 1 VVG a.F., namentlich dann, wenn bei einem Zusammentreffen von Eigen- und Fremdversicherung im konkreten Fall nur die Eigenversicherung eingreift oder wenn der Versicherer nicht dem Mitversicherten sondern – abweichend von § 75 VVG a.F. – nur dem Versicherungsnehmer gegenüber zur Leistung verpflichtet ist und an diesen leistet (vergleiche OLG Karlsruhe Versicherungsrecht 2000, 1360; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 86 Rn. 19 m.w.N.).
52Von einer Mitversicherung der Beklagten ist nach den vorgemachten Ausführungen vorliegend auszugehen. Nach § 3 ABN 2001 sind die Leistungen aller am Bau Beteiligten in den Versicherungsschutz einbezogen, also auch der Nach- und Subunternehmer (von Rintelen, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 2, Rn. 2). Die Rechte aus dem Versicherungsvertrag standen gem. § 75 Abs. 1 S. 1 VVG a. F. dem jeweiligen Versicherten zu. Klauseln, die – wie hier § 16 Nr. 1 ABN 2001 – das Verfügungsrecht über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag allein dem Versicherungsnehmer zuweisen, beeinträchtigen die Anspruchsinhaberschaft des Mitversicherten in der Fremdversicherung nicht (so: OLG Karlsruhe, a. a. O., zu § 11 Abs. 2 ARB 75). Maßgeblich ist mithin, in welchem Umfang das - aus Sicht des Versicherungsnehmers fremde - versicherte Interesse der Beklagten betroffen ist. Denn dort, wo dieses Interesse betroffen ist, kann der Anspruch nicht übergehen.
53Das versicherte Interesse der Beklagten bestimmt sich nach § 3 Nr. 1 und Nr. 2 ABN 2001 i.V.m. §§ 1, 2 und 9 ff. ABN 2001. Entschädigung wird demnach geleistet für Schäden, die zu Lasten des Versicherungsnehmers oder eines der beauftragten Unternehmer gehen. Beauftragte, mitversicherte Unternehmer sind nur bei Schäden an nicht selbst erstellten Bauleistungen – insoweit sind sie nicht mitversichert – einem Regress des Versicherers ausgesetzt (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 36). Die Mitversicherung ist – wenn Klausel 68, wie vorliegend, nicht vereinbart wurde – aufgrund des Rückgriffsanspruchs des Versicherers nach § 3 Nr. 3 ABN 2001, auf das jeweilige Gewerk des mitversicherten Unternehmers bezogen.
54c)
55Die Klägerin hat trotz entsprechenden Hinweises der Kammer schon nicht schlüssig dargetan, dass die geltend gemachten Schadenspositionen nicht das eigene Sachinteresse der Beklagten, also deren eigene, mitversicherte Bauleistung, namentlich das Ausheben der Baugrube nebst zugehöriger Leistungen, betreffen. Insoweit hätte es einer detaillierten Darlegung anhand der im Einzelnen durchgeführten Sanierungsarbeiten bedurft. Die Klägerin beschränkt sich indes darauf, lediglich zwischen Leistungen der Beklagten, welche diese aufgrund gesonderter Beauftragung durch B im Rahmen der Sanierungsarbeiten und darauf bezogener Nachträge erbrachte, einerseits, sowie Leistungen weiterer Unternehmen – darunter auch die Beklagte zu 3) – aufgrund besonderer Beauftragung im Rahmen der Sanierungsarbeiten zu differenzieren. Dabei stellt die Klägerin jeweils lediglich darauf ab, der Privatsachverständige HH habe in seinem Gutachten vom 8. 9. 2006 (Anl. K 6) festgestellt, dass es sich bei den ausgeführten Arbeiten und angefallenen Kosten um Bestandteile des Bauleistungsschadens gehandelt habe.
56Nähere Ausführungen dazu, wie die Zuordnung der einzelnen Schadenspositionen und Aufwendungen zum Bauleistungsschaden erfolgt ist, fehlen gänzlich. Das Gutachten HH erschöpft sich weitgehend in einer Auflistung der angefallenen Kosten und deren Berechnungsgrundlagen. Einzelheiten dazu, wie und weshalb bestimmte Positionen als Bauleistungsschäden zu qualifizieren seien, lassen sich dem Gutachten indes nicht entnehmen. Eine Zuordnung der Einzelpositionen zu den einzelnen mitversicherten Gewerken findet nicht statt. Der Privatsachverständige führt lediglich aus, dass die dem Bauleistungsschadens zuzuordnenden Kosten im Rahmen von Gesprächen mit Herrn Wischerhoff vom Ingenieurbüro LL am 23.08.2006 ermittelt und einvernehmlich festgelegt worden seien. Anhand welcher Parameter diese Ermittlung und Zuordnung erfolgte geht weder aus dem schriftsätzlichen Vortrag der Klägerseite hervor, noch aus dem Gutachten HH. In der Klageschrift (Bl. 13 ff. d.A.) wird lediglich pauschal auf „Feststellungen“ des Privatsachverständigen HH Bezug genommen. Diese pauschale Bezugnahme auf ein Privatgutachten zum Beleg des eigenen Sachvortrags ist bereits per se unzulässig, da sie nicht ausreichend konkret erfolgt. Feststellungen in der Sache wurden von dem Privatsachverständigen zudem offenbar gar nicht getroffen. Vielmehr hat er lediglich die ihm vorgelegten Rechnungen zusammengestellt und in Gesprächen mit dem Projektsteuerer, zunächst II Consulting, dann Ingenieurbüro LL sowie dem Rückversicherer (JJ & Company, Herr KK) Absprachen getroffen (Privatgutachten, Anlage K 6, S. 10 ff.). Die dabei ermittelten Schadenskosten differierten offenbar ganz erheblich (S. 11 d. Gutachtens). Schließlich sind das Sachinteresse der Beklagten an der eigenen, mitversicherten Leistung betreffende Wiederherstellungskosten offenbar mit eingeflossen (S. 13 d. Gutachtens), ohne dass hier genau differenziert wird.
57Eine Zuordnung der einzelnen Sanierungsmaßnahmen und Kostenpositionen zu den jeweiligen ursprünglichen Bauleistungen fehlt gänzlich. Eine Abgrenzung der versicherten Interessen im Sinne von § 3 ABN ist daher auf Grundlage des klägerischen Sachvortrags nicht möglich. Die Klägerin beschränkt sich bei den einzelnen Schadenspositionen jeweils darauf, anzugeben, dass diese „vom Bauleistungsschaden gedeckt/umfasst“ oder dem „Bauleistungsschaden zuzuordnen“ seien, ohne dies näher zu begründen. Mangels dezidierten Sachvortrags zu den versicherten Interessen sind die behaupteten Schadenspositionen einer Subsumtion und damit auch einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Soweit die Klägerin anführt, der Privatsachverständige HH habe dezidiert geprüft, welche Leistungen dem nach den nach den versicherungsvertraglichen Regelungen versicherten Interessen zuzuordnen seien und zum Nachweis auf dessen Gutachten vom 08.09.2006 verweist (Bl. 1898 d.A.), ergibt sich eine solche dezidierte Prüfung aus dem Gutachten gerade nicht. Der klägerische Vortrag erweist sich insoweit bereits als unschlüssig.
58d)
59Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie sei gemäß § 28 VVG a. F. gegenüber der Beklagten als Versichertem leistungsfrei, mit der Folge, dass sich die Beklagte nicht darauf berufen könne, als Mitversicherter nicht „Dritter“ im Sinne von § 67 VVG a. F. zu sein. Gemäß § 2 Nr. 1 ABN 2001 wird Entschädigung geleistet für unvorhergesehen eintretende Schäden an versicherten Bauleistungen oder an sonstigen versicherten Sachen. Unvorhergesehen sind Schäden, die weder der Auftraggeber noch der beauftragte Unternehmer oder deren Repräsentanten rechtzeitig vorhergesehen haben oder mit dem jeweils erforderlichen Fachwissen hätten vorhersehen können.
60Die Voraussetzungen einer Zurechnung grob fahrlässiger Verursachung des Versicherungsfalls an den Mitversicherten sind nicht gegeben. Grobe Fahrlässigkeit muss beim Versicherten oder seinen Repräsentanten vorliegen. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) sind indes nicht als Repräsentanten der Beklagten anzusehen. Die Repräsentantenstellung erfordert insoweit die Befugnis, selbstständig in nicht ganz unbedeutendem Umfang für den Versicherungsnehmer oder den Versicherten zu handeln (BGHZ 122, 250, 253; BGH VersR 1996, 1229, 1230). Der Repräsentant muss „risikotechnisch“ an die Stelle des Versicherungsnehmers treten. Regelmäßig werden Betriebsleiter von Bauunternehmen oder auch Baustellenleiter als Repräsentanten des Unternehmens angesehen. Keine Repräsentanten sind hingegen einfache Arbeiter oder auch der Polier (vergleiche Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 28 Rn. 121 mit nach weiteren Nachweisen; OLG Hamm VersR 2000, 1104). Hier ist grob fahrlässiges Verhalten des Betriebsleiters oder des Baustellenleiters nicht ersichtlich. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) waren lediglich mit bestimmten technischen Verrichtungen an der versicherten Sache betraut, indem sie am Nachmittag des 29.04.2003 mit Bagger und Hydraulikmeißel die noch verbliebenen Spundwandreste im Bereich der Ecke Königstraße/Telekomgebäude abrissen und es dadurch zu einer Öffnung in der Schlitzwand kam. Es handelte sich um einfache Arbeiter, möglicherweise Vorarbeiter. Sie besaßen innerhalb dieses begrenzten Wirkungskreises allenfalls eine gewisse Bewegungsfreiheit. Für solche Personen ist eine Repräsentantenstellung zu verneinen.
613.
62Gemäß § 3 Nr. 1 ABN 2000 wird Entschädigung geleistet für Schäden, die zu Lasten des Versicherungsnehmers oder eines der beauftragten Unternehmer gehen. Voraussetzung für den Anspruchsübergang ist folglich, dass der jeweilige Schaden zu Lasten gerade der Firma B geht und dass gerade B auch von der Klägerin entschädigt worden ist. Es muss folglich das eigene Interesse von B betroffen sein. Es kann nicht festgestellt werden, dass hinsichtlich der geltend gemachten Schadenspositionen das eigene Sachinteresse von B betroffen ist, was grundsätzlich hinsichtlich der Bauleistung, zu der sich B gegenüber A verpflichtet hat, der Fall wäre, soweit nicht nach den oben dargestellten Grundsätzen das Interesse eines anderen mitversicherten Unternehmens betroffen ist. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass B ein Schaden – als Voraussetzung für einen Anspruch nach § 4 Nr. 7 VOB/B 2002 gegen die Beklagten – entstanden ist. Namentlich hinsichtlich der Schadensposition Fa. Z in Höhe von 708.015,71 € ist kein Anspruch übergegangen. Auch im Übrigen kann ein Anspruchsübergang nicht festgestellt werden.
63a)
64Da die Klägerin Ansprüche aus übergegangenem Recht von B geltend macht, darf es sich nicht um das Interesse des Versicherungsnehmers selbst – A – oder anderer mitversicherte Unternehmer handeln.
65Mit Interesse wird die Wertbeziehung einer Person zu einer Sache gekennzeichnet. Bei der Bauleistungsversicherung wird dies maßgeblich durch § 644 BGB oder §§ 7, 12 Abs. 6 VOB/B bestimmt. So trägt etwa der Bauherr nach Werkvertragsrecht nicht die Gefahr für den zufälligen Untergang des Werkes vor der Abnahme (§ 644 BGB), es sei denn er befindet sich im Annahmeverzug.
66Vorliegend war eine Abnahme unstreitig nicht erfolgt, so dass §§ 644 BGB, 12 Abs. 6 VOB/B einschlägig ist. Dagegen trägt der Bauherr die Gefahr für die Fälle der höheren Gewalt oder anderer objektiv unabwendbarer Ereignisse nach § 7 VOB/B schon vor dem Zeitpunkt der Abnahme (vergleiche Rehm/Frömel, ABN/ABU, 3. Aufl. 2009, ABN A, § 3, Rn. 7). Dabei greifen die Regeln über die Gefahrtragung nur dann ein, wenn weder der eine noch der andere Vertragsteil für die vor Abnahme aufgetretene Beschädigung oder Zerstörung im Sinne eines Vertretenmüssens einzutreten hat. Wird die Leistung also durch einen abwendbaren, also vom Auftragnehmer oder vom Auftraggeber zu vertretenden Umstand fehlerhaft ausgeführt oder beschädigt oder zerstört, so liegt nicht ein Gefahrtragungstatbestand nach § 7 VOB/B vor, sondern es greifen die Grundsätze der Mängelbeseitigung nach § 4 Abs. 7 VOB/B oder für die Frage der sonstigen Haftung die in § 10 Abs. 1 VOB/B enthaltene Generalklausel ein (vergleiche Ingenstau/Korbion/Oppler, VOB, 18. Aufl. 2013, § 7 VOB/B Rn. 4 ff.).
67Voraussetzung für den Gefahrübergang vor Abnahme gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 VOB/B sind andere objektiv unabwendbare, vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände. Diese Voraussetzungen liegen nur dann vor, wenn sie nach menschlicher Einsicht und Erfahrung in dem Sinne unvorhersehbar sind, dass sie oder ihre Auswirkungen trotz Anwendung wirtschaftlich erträglicher Mittel durch die äußerste nach der Sachlage zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder in ihren Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden können. Danach ist ein Ereignis nicht schon dann unvorhersehbar, wenn es für den Auftragnehmer unabwendbar ist. Die Voraussetzungen sind vielmehr nur dann erfüllt, wenn das Ereignis objektiv, und zwar unabhängig von der konkreten Situation des betroffenen Auftragnehmers unvorhersehbar und unvermeidbar war.
68Bezogen auf den hier durch den umgestürzten Kran zerstörten Rohbau (Leistungen der Fa. Z), gilt somit, dass der Rohbauer weder gemäß § 10 Abs. 1 noch gemäß § 4 Abs. 7 VOB/B haftet, da er die von der Beklagten zu 3) zu vertretende Zerstörung nicht zu vertreten hat. B haftet dem Rohbauer seinerseits nicht gemäß § 10 Abs. 1 VOB/B, da sich der Generalunternehmer das Vertretenmüssen des einen Nachunternehmers im Verhältnis zum anderen Nachunternehmer nicht zurechnen lassen muss. Die Voraussetzungen von § 278 BGB liegen insoweit nicht vor (vergleiche BGH NJW 1985, 2475, 2476). Es greifen also die Gefahrtragungsregeln ein. § 7 Abs. 1 VOB/B ist nicht erfüllt, da es sich zwar um einen unvorhergesehen eingetretenen Schaden im Sinne von § 2 ABN handelt, nicht jedoch um einen „objektiv“ unabwendbaren Umstand. Die Gefahr trägt daher der Rohbauer gemäß § 644 BGB. Sein als Unternehmer mitversichertes Interesse ist betroffen (vgl. hierzu: Möller/Segger, in: Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2016, § 86, Rn. 86; Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, vor § 74, Rn. 59). Ihm stand ein eigener Anspruch als Mitversicherter in der Fremdversicherung gegen die Klägerin zu. Nicht betroffen ist hingegen das Interesse von B. Durch die Auszahlung der Versicherungsleistung an den Versicherungsnehmer kann ein Anspruch des mitversicherten Auftraggebers B nicht gemäß § 67 VVG a. F. übergegangen sein.
69b)
70Die Klägerin hat hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Schadenspositionen auch auf entsprechenden Hinweis der Kammer die Betroffenheit eines eigenen Interesses von B nicht dargetan. Soweit die Klägerin geltend macht, § 67 VVG a.F. und § 3 Nr. 3 ABN stellten für den Anspruchsübergang nicht auf das Bestehen eines versicherten Interesses des Anspruchsinhabers ab (Bl. 1894 d.A.), kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr können nur solche Ansprüche übergehen, die sich auf den versicherten Schaden, der in den Schutzbereich der Bauleistungsversicherung fällt, beziehen (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 55). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist daher für den Anspruchsübergang nicht allein entscheidend, dass der Versicherer aus dem Versicherungsvertrag eine Entschädigung erbracht hat, und daß überhaupt Bauleistungsschäden entstanden sind.
71Es hätte der Klägerin oblegen, detailliert darzulegen, dass gerade bei B Bauleistungsschäden entstanden sind, also inwieweit die entstandenen Schäden nicht dem mitversicherten Interesse des Bauherrn – A – oder anderer Auftragnehmer zuzuordnen sind. Eine derartige Zuordnung der geltend gemachten Schadenspositionen zu den Bauleistungen einzelner Unternehmer fehlt. Wegen der Einzelheiten kann auf die entsprechenden Ausführungen oben 2. c) verwiesen werden.
724.
73Die Klägerin kann sich zur Geltendmachung ihres Anspruchs auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsfigur der Drittschadensliquidation stützen.
74B hat vorliegend, wie die Klägerin auch selbst einräumt (Bl. 1897 d.A.) bzgl. der hier geltend gemachten Positionen keinen eigenen Schaden erlitten. Denn die mitversicherten Nachunternehmer von B waren aufgrund der in §§ 644 BGB, 12 Abs. 6 VOB/B niedergelegten Gefahrtragungsregelung vor Abnahme zur vergütungsfreien Wiederherstellung der von der Beklagten zu 1) beschädigten Bauleistungen verpflichtet. Der jeweilige Nachunternehmer musste die Leistung daher grundsätzlich ohne Bestehen eines (neuen) Vergütungsanspruchs gegenüber dem Besteller – hier B – neu erstellen, so dass dem Besteller auch kein (eigener) Schaden entstand.
75a)
76Die Drittschadensliquidation im Falle der obligatorischen Gefahrentlastung, § 644 BGB, ist ein anerkanntes Rechtsinstitut (vgl. BGH, NJW 1970, 38, 41; BGH IBRRS 2016, 0311; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 644, Rn. 15; Voit, in: Beck’scher Online-Kommentar, 37. Edition, Stand: 01.02.2015, § 644, Rn. 22; zweifelnd Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 249, Rn. 301 ff.).
77Alternative Lösungswege sind die Auffassung vom Objektschaden, die dem Rechtsgut unabhängig vom konkreten Schaden des Rechtsinhabers einen Wert zubilligt (vgl. Larenz, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 13. Aufl., § 27 IV, b 1; Hagen, JuS 1970, 442, 445) oder die Schadensbemessung nach wertenden Gesichtspunkten vornimmt (vgl. Büdenbender, NJW 2000, 986 ff.). Der Bundesgerichtshof (BGH, NJW 1984, 2569) hat auch einen Anspruch des die Gefahr tragenden Unternehmers auf der Grundlage der Besitzverletzung, § 823 Abs. 1 BGB, zugebilligt. Grundlage der Konstellation ist das Auseinanderfallen von „Verletztem“ und „Geschädigtem“ (BGH, NJW 1970, 38; Büdenbender, NJW 2000, 986 ff.; Weiss, JuS 2015, 8, 10 m.w.N.). Damit kommt der Frage, wer „Verletzter“ ist, maßgebliche Bedeutung zu.
78Im vorliegenden Fall kommen der Unternehmer (Fa. Z), der Besteller (B) und der Eigentümer (A) in Betracht. Der Unternehmer ist allenfalls im Besitz verletzt, der Eigentümer ist jedenfalls in seinem Eigentum verletzt. Ob der Besteller verletzt ist, erscheint zweifelhaft. Soweit ersichtlich wird die Verletzung des Eigentums als maßgeblich dafür angesehen, wer Inhaber des Anspruchs ist (BGH, NJW 1970, 38, 41; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 591; Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 249, Rn. 301 ff.; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 644, Rn. 15; Weiss, JuS 2015, 8, 11; Grüneberg, in: Plandt, BGB, 75. Aufl. 2016, vor § 249, Rn. 110; unklar: OLG Dresden, BeckRS 2007, 12001: „Besteller“; OLG München, NJW 2011, 3375, 3377: „Inhaber der verletzten Rechtsstellung“). Die Frage kann nicht dahinstehen, es muss nämlich eine Vervielfältigung des Schadens – oder genauer der Ersatzberechtigten für einen Schaden ausgeschlossen werden (vergleiche BGH IBRRS 2016, 0311; RGZ 170, 247, 250; Selb, NJW 1964, 1765, 1766). Der Anspruch kann also nur einem zustehen. Dies ist vorliegend A als Eigentümerin. Ihre Rechtsstellung ist unzweifelhaft verletzt. Der ihr gehörende Rohbau ist zerstört. § 4 Nr. 7 VOB/B hat hier zurückzutreten.
79Zwar ist die „Rechtsstellung“ des Bestellers insoweit betroffen, als die ihm gegenüber geschuldete vertragliche Werkleitung mangelhaft erbracht wurde. Dies erfüllt aber noch nicht die Anspruchsnorm. Diese setzt – anders als § 823 Abs. 1 BGB – schon tatbestandlich den Schaden voraus. Damit steht der Ersatzanspruch A zu.
80Die Gefahrentlastung eines Eigentümers führt nicht dazu, dass der Ersatzpflichtige frei wird, sondern der Eigentümer kann den sog. Drittschaden im eigenen Namen liquidieren (OLG Hamburg, MDR 1974, 668, 669; unter Verweis auf BGH, VersR 1972, 1138: zur Gefahrentlastung nach § 447 BGB). A kann den Drittschaden des Rohbauers liquidieren. B hat einen Anspruch gegen A auf Abtretung dieses Anspruchs, der Rohbauer wiederum einen Anspruch auf Abtretung des auf Abtretung gerichteten Anspruchs von B gegen A.
81Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 30.09.1969, Az.: VI ZR 254/67 (BGH, NJW 1970, 38), auf das sich die Klägerin maßgeblich beruft, und dem eine Fallkonstellation zugrunde liegt, in welcher ebenfalls Ansprüche aufgrund von § 67 VVG a.F. geltend gemacht werden, gerade ausgeführt, dass die Verneinung eines eigenen Ersatzanspruchs des geschädigten mitversicherten Nachunternehmers nicht zu einem unbilligen Ergebnis führt, da das geschädigte Unternehmen vom Besteller die Abtretung des Schadensersatzanspruchs verlangen könne, der diesem als Eigentümer und Vertragspartner zustehe (a.a.O. Rn. 28). Einen automatischen Anspruchsübergang cessio legis nach § 67 VVG a.F. konzediert der BGH indessen gerade nicht. Vielmehr lag in dem zu beurteilenden Sachverhalt eine Abtretung – ebenso wenig wie eine Ermächtigung zur Prozessführung – gerade nicht vor (a.a.O. Rn. 29). Von einer solchen Abtretung kann der Werkunternehmer die erneute Erbringung seiner Werkleistung abhängig machen.
82Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin angeführten Entscheidungen des OLG Dresden (Urteil vom 15.11.2005, Az.: 14 U 2368/04, BeckRS 2007, 12001) und des OLG Düsseldorf (NJW-RR 1996, 591). Das OLG Dresden stellt lediglich fest, dass, wenn wegen der Gefahrtragungsregel des § 644 Abs. 1 BGB die Konstellation eintritt, dass der Besteller zwar einen vertraglichen Anspruch aber keinen Schaden hat, da vor Abnahme die bereits erbrachte Werkleistung nochmals zu erbringen ist, ohne zum Ausgleich über einen Anspruch gegen den Schädiger zu verfügen, dies einen anerkannten Fall der Drittschadensliquidation bilde und der BGH in einem solchen Fall zumindest einen Anspruch auf Abtretung des Schadensersatzanspruchs des Bestellers bejaht habe.
83Das OLG Düsseldorf kam im dortigen Fall ebenfalls zu der Einschätzung dass der geschädigte Werkunternehmer im Wege der Drittschadensliquidation von dem Besteller lediglich die Abtretung des Schadensersatzanspruchs verlangen könne. Dass eine derartige Abtretung des Anspruchs von B an die jeweiligen geschädigten Nachunternehmer stattgefunden habe, wird von der Klägerin nicht behauptet und ist auch aus den Umständen nicht ersichtlich. Für einen Anspruchsübergang auf die Klägerin lässt sich aus den zitierten Entscheidungen entgegen der Auffassung der Klägerin also nichts herleiten.
84b)
85Entgegen der Auffassung der Klägerin führt eine derartige Risikoverteilung nicht zu einem unbilligen Ergebnis. Dass die hier gefundene Lösung sachgerecht ist, zeigt folgende Überlegung: Zur Schadensverlagerung vom Eigentümer auf einen Dritten kommt es nur aufgrund schuldrechtlicher Bestimmungen (§ 644 BGB). Der Mechanismus versagt, wenn der Ausgleich des Schadens des Eigentümers über die Neuherstellungsverpflichtung ausfällt, z. B. weil der Besteller und Auftragnehmer des Eigentümers insolvent wird, bevor das zerstörte Werk wiederaufgebaut ist. Würde man dem Besteller – hier B – den Anspruch zubilligen, würde er in die Insolvenzmasse fallen oder aber er wäre möglicherweise schon durch Zahlung an den Besteller oder den Unternehmer – Rohbauer – erfüllt, bevor das Werk neu errichtet ist. Der Drittschaden wäre dann „liquidiert“, ohne daß der Ersatzbetrag tatsächlich zur Schadensbehebung – beim Eigentümer – eingesetzt wird.
86Einen Anspruch könnte die Klägerin nur im Wege der Abtretung durch A geltend machen. Die Klägerin behauptet indes weder, einen Anspruch von A gegen die Beklagten unmittelbar im Wege der cessio legis gemäß § 67 VVG a.F. erworben zu haben, noch, A habe einen Anspruch an B abgetreten. Die Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 (Bl. 1756 ff. d.A.) beinhaltet ausweislich § 2 lediglich eine Abtretung von Ansprüchen von B an die Klägerin. Der Anspruch aus § 823 BGB ist folglich bei A verblieben.
875.
88Die vorstehenden Ausführungen betreffen allgemeine schadensrechtliche Gesichtspunkte. Darüberhinaus sind auch aus versicherungsrechtlicher Sicht besondere Voraussetzungen eines Anspruchsübergangs zu beachten. Neben der Frage des versicherten Interesses ist von Bedeutung, an welchen Versicherten oder für welchen Versicherten der Versicherer gezahlt hat. Aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BGH (BGH, NJW NJW 1970, 38, 41) ergibt sich, dass nur der Anspruch des Versicherten gemäß § 67 VVG a.F. übergeht, der vom Versicherer entschädigt worden ist. Dies ist dann der Fall, wenn an den Versicherten oder für den Versicherten geleistet ist. Die Klägerin hat nach eigenem Vorbringen an A gezahlt (vgl. Bl. 13 d.A.). A ist auch Versicherter. Damit ist, soweit das Interesse von A versichert ist, A entschädigt worden. Da A bereits Eigentümer des Rohbaus geworden war, ist jedenfalls auch das Interesse von A betroffen. Der Eigentümer hat ein versicherbares Interesse auch dann, wenn ein Dritter die Gefahr des zukünftigen Untergangs trägt (Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, vor § 74, Rn. 49). Da A als Versicherungsnehmer ermächtigt war, die Versicherungsleistung auch für die übrigen Versicherten entgegenzunehmen, § 78 Abs. 2 VVG a.F., würde ein Übergang von Ansprüchen von B gemäß § 67 VVG a.F. insoweit voraussetzen, daß die Klägerin „für“ B als Versicherten geleistet hat. Daß dies geschehen sei, kann nicht festgestellt werden. Auf die interne „Weiterleitung“ von A an B kann es nicht ankommen, da dies der Klägerin nicht zurechenbar ist. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe für die Leistungen der Fa. Z „ausgekehrt“ (Bl. 188 d.A.), würde dies bedeuten, daß sie an den Rohbauer für dessen wegen § 644 BGB mitversicherten Interesses gezahlt hat, nicht aber an B.
89III.
90Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gegen die Beklagten zu, soweit sie diesen Anspruch hilfsweise auf die Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 stützt (Anlage K 110, Bl. 17 56 ff. d.A.). Unabhängig von der Frage, ob der Inhalt des abgetretenen Anspruchs überhaupt das von der Klägerin verfolgte Anspruchsziel deckt, ist dieser Anspruch jedenfalls nicht mehr durchsetzbar.
91Ein Anspruch auf Grundlage der Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 ist nicht durchsetzbar, da ihm die Einrede der Verjährung entgegensteht. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin die von Beklagtenseite angegriffene Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung unterstellt, begann die Verjährung für die Geltendmachung dieses Anspruchs aus abgetretenem Recht gemäß §§ 196, 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Jahres 2005 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2008. Demgegenüber hat die Klägerin die Abtretungsvereinbarung im hiesigen Verfahren erstmalig mit Schriftsatz vom 22.04.2014 vorgelegt (Bl. 1756 ff. d.A.) und wiederum mit Schriftsatz vom 25.06.2014 (Bl. 1777 d.A.) erklärt, dass Ansprüche aus abgetretenem Recht aus dieser Abtretungsvereinbarung lediglich hilfsweise geltend gemacht werden.
92Durch die Erhebung der vorliegenden, ausweislich der Zustellungsurkunde am 08.07. und 09.07.2007 (Bl. 50 ff. d.A.) zugestellten und damit rechtshängig gewordenen Klage ist der Lauf der Verjährung für den auf die Abtretungsvereinbarung vom 21.05.2005 gestützten Zahlungsanspruch nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden.
93Nach der ständiger Rechtsprechung des BGH unterbricht die Erhebung der Klage nach § 204 Abs.1 Nr. 1 BGB die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch (BGH, NJW 2005, 2004; BGHZ 104, 6; BGH, NJW 1988, 1778; BGHZ 132, 240; BGH, NJW 1996, 117). Bei der Abtretung eines Anspruchs handelt es sich um einen anderen Lebenssachverhalt als beim originären Erwerb eines Rechts oder einem gesetzlichen Forderungsübergang. Stützt sich ein Kläger im Klagewege zunächst auf einen eigenen oder kraft Gesetzes übergegangenen Anspruch, so läuft die Verjährung des später, nach Ablauf der Verjährungsfrist, aufgrund einer Abtretung in den Prozess eingeführten Anspruchs weiter (vergleiche OLG Köln r + s 1997, 180, 182 f.). Danach ist hier durch die Erhebung der Klage keine Hemmung der Verjährung des in Rede stehenden Schadensersatzanspruchs aus Werkvertragsrecht i.V.m. der Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 eingetreten. Die Klägerin verfolgt diesen Anspruch ausweislich des Schriftsatzes vom 25.06.2014 lediglich hilfsweise. In der Klageschrift hat sie den Anspruch dagegen zunächst aus eigenem, nach § 67 VVG a.F., § 3 Nr. 3 ABN übergegangenem Recht geltend gemacht. Damit hatte die ursprüngliche Klage einen anderen Streitgegenstand. In dem Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht liegt wegen der Änderung des dazu vorgetragenen Lebenssachverhalts ein Wechsel des Streitgegenstands im Sinne einer Klageänderung nach § 263 ZPO (BGH, NJW 2005, 2004; BGH, NJW 1996, 117).
94IV.
95Der Zinsanspruch ist nach §§ 291, 288 Abs. 2 ZPO bezogen auf den berechtigten Teil der Forderung gegeben.
96V.
97Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
98Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 2, 711 ZPO.
99Der Streitwert wird auf 3.200.000,00 EUR festgesetzt.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
Tenor
Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) werden verurteilt, an die Klägerin 900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG a.F. aus einer Bauleistungsversicherung, hilfsweise aus abgetretenem Recht.
3Die Eigentümerin und Bauherrin eines Hotel-, Büro- und Wellnesskomplexes in Düsseldorf, A-Straße, die A Objektgesellschaft Düsseldorf Dr. A KG (im Folgenden: A), schloss mit der Klägerin am 22.02.2002, mit Nachtrag vom 07.04.2003, eine Bauleistungsversicherung mit einer Versicherungssumme von 75.000.000,00 EUR für den vorgenannten Gebäudekomplex betreffend „Neubau-Gründung über Schlitzwandlamellen unterhalb der Primärstütze“. Wegen der Einzelheiten der Versicherungsleistung und der Bedingungen wird auf das Anlagenkonvolut K 16 verwiesen. Die A hatte die E& P Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH (im Folgenden: B) mit der Ausführung der Bauleistung als Generalunternehmer beauftragt, die wiederum die Beklagte zu 1) mit Vertrag vom 23./26.08.2002 (Anlage K 8) mit der Erstellung der Baugrube und der Stützwand beauftragte. Die Beklagten zu 2) und zu 3) sind die Gesellschafter der Beklagten zu 1). Mit der Projektsteuerung hatte die A die Streithelferin zu 1) beauftragt, die mit Vertrag vom 21.12.2002 die Bauüberwachung übernahm. Zusätzlich hatte die A mit der Ingenieursozietät Prof. Dr. D GmbH (im Folgenden: Ingenieursozietät D) einen fachtechnischen Berater im Zusammenhang mit der Baugrube eingeschaltet. Die Rohbauarbeiten hatte die B bei der Firma Z GmbH (im folgenden Z) in Auftrag gegeben. Diese stellte an der Süd-Ost-Ecke der Baugrube einen Baukran auf. Über das Vermögen der zuletzt als Z Bauholding GmbH firmierenden vormaligen Streithelferin zu 2) der Klägerin wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet.
4Während des Voraushubs und der Schlitzwandarbeiten der Baugrube wurde ein alter Spundwandverbau angetroffen, der nicht vollständig gezogen werden konnte. Diesbezüglich fand am 09.01.2003 ein Ortstermin statt, worüber die Ingenieursozietät D als geotechnischer Berater ein Protokoll der Besprechung erstellte (Anl. K 9). Unter dem 23.01.2003 unterbreitete die Beklagte zu 1) einen schriftlichen Ausführungsvorschlag zu den geänderten Rahmenbedingungen (Anlage K 10), den die Ingenieursozietät D fachtechnisch prüfte und am 28.01.2003 bestätigte. Hiernach sollte der vorgefundene Spundbohlenverbau nach Freischälen der Spundbohlen von anhaftendem Erdmaterial in die Schlitzwand im süd-östlichen Eckbereich mit einbetoniert werden. In dem Begleitschreiben wies die Ingenieursozietät D auf mögliche Risiken hin und empfahl den Einbau von Verpreßschläuchen über die gesamte Spundbohlenlänge, die Erstellung eines Havariekonzeptes mit sofortigen Sicherheitsmaßnahmen im Falle von Undichtigkeiten und eine kontinuierliche Fachüberwachung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 11 verwiesen. Die Streithelferin zu 1) ordnete sodann mit Schreiben vom 30.01.2003 (Anlage K 82) gegenüber der Beklagten zu 1) die Umsetzung dieser Empfehlung an.
5Durch die Beklagten wurde im Zuge der Erstellung der Schlitzwand im fraglichen Eckbereich der Baugrube keine Verpreßschläuche eingebracht, sondern Manschettenrohre verwendet. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Lamellen der Schlitzwand nicht vollständig dicht hergestellt worden waren, erstellte der Oberbauleiter der Beklagten zu 2) am 23.04.2003 eine Arbeitsanweisung zum Umgang mit der Fehlstelle in der Schlitzwand mit folgendem Inhalt (Anlage K 12):
6 „Kontrolle der Fehlstelle auf Wasser- und Bodeneintritt
7 Sichern der Fehlstelle gegen möglichen Bodeneintritt durch Einschlagen von Hartholzkeilen mit entsprechendem Verfüllmaterial (Holzwolle oder gleichwertig)
8 baugrubenseitige Packerinjektion mit Hartschaum zur Verringerung des Wasserzuflusses
9 Anbringen von Stahlblechen, Breite ca. 0,5 - 0,8 m, Dicke ca. 15 mm über die gesamte Höhe des vertikalen Spaltes ca. 6 - 8 m
10 Tastbohrung (Kleinlochbohrung im Zuge des Anbringens der Stahlbleche zur Überprüfung gegebenenfalls vorhandener Kiesnester)
11 gegebenenfalls nach Injektion der Hohlräume zwischen Stahlplatte und Schlitzwandoberfläche
12 bei starkem Wasserzutritt in der Fehlstelle Wiederverfüllung mit Erdreich“
13Am 29.04.2003 kam es zu einem Kranunfall, bei dem der unmittelbar neben der Süd-Ost-Ecke der Baugrube befindliche Kran umstürzte und einen anderen Kran mitriss. Es kam zu erheblichem Personen-und Sachschaden.
14Die Parteien haben im Verfahren um die Haftung dem Grunde nach um die Verantwortlichkeit für das Umstürzen des Krans gestritten. Die Klägerin hat behauptet, die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) hätten am Schadenstag eine Spundwand vor der Schlitzwand unsachgemäß abgerissen, wo durch eine Fehlstelle in der Beton-Schlitzwand Grundwasser in die Baugrube eingedrungen sei. Dadurch sei es außerhalb der Baugrube zu einem erheblichen Bodenverlust im Bereich der Kranstützen gekommen, der zu einem Absacken der Kran-Stützpfähle und in unmittelbarer Folge zu einem Absacken des Kopfbalkens und des gesamten Krans geführt habe.
15Zur Untermauerung ihres Vortrags zur Schadensursache hat die Klägerin sich auf die Gutachten des von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf bestellten Sachverständigen Prof. Dr. X (Anl. K3), sowie das von der Bauherrin eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S (Anl. K2) bezogen.
16Die A zeigte den Schadensfall der Klägerin telefonisch am 29.04.2003 und am 19.05.2003 schriftlich an. Die Baubeteiligten erarbeiteten zusammen mit der Klägerin ein Konzept zur Sanierung der Baugrube. Zur Feststellung des Bauleistungsschadens ließ die Klägerin ein Gutachten des Sachverständigenbüros Rolf K. Stocken erstellen. Dieses Büro ermittelte einen Bauleistungsschaden i.H.v. 3,2 Millionen EUR. Die im Gutachten berücksichtigten Maßnahmen zur Sanierung betreffen zu einem erheblichen Teil Leistungen der Beklagten zu 1), z.B. Vereisung des Baugrundes, Abtragen der Notberme, Sicherung der Schlitzwand mittels Hochdruckinjektion- und Drüsenstahlverfahrens, ferner Leistungen der Firma Z GmbH in Bezug auf die Wiederherstellung der durch den Einsturz der Kräne bestätigten Konstruktion des Neubaus im 1. Bauabschnitt, Leistungen der Firma AA und CC für die Bergung der beiden Kräne sowie Kosten für geotechnische Untersuchungen und Ingenieur- und Sachverständigenleistungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung in der Klageschrift, Bl. 13 ff. d.A., sowie das Gutachten HH, Anl. K 6, verwiesen.
17Die Klägerin behauptet, sie habe 3,2 Millionen € an die Firma A ausgezahlt, damit diese die Schadenspositionen bei den jeweiligen Firmen bezahlen könne. Sie verlangt Schadensersatz in genannter Höhe aus von der Firma B übergegangenem, hilfsweise abgetretenem Recht. Mit Schriftsatz vom 22.04.2014 (Bl. 1753 ff. der Akten) hat die Klägerin eine Vereinbarung zwischen ihr, der Firma A und der Firma B vom 20./21.10.2005 vorgelegt, in der B an die Klägerin ihren Anspruch gegen die Beklagten auf Erstattung der Schäden wegen und in Höhe der durch die Klägerin an A erfolgten Zahlungen abtritt. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 110, Bl. 1756 ff. der Akten, verwiesen.
18Die Klägerin ist der Auffassung, die vom Sachverständigen HH angesetzten Beträge seien von der Bauleistungsversicherung erfasst und Ansprüche in entsprechender Höhe gemäß § 67 VVG a.F. auf sie übergegangen. In der Rechtsprechung sei allgemein anerkannt, dass in Fällen der Beschädigung von Leistungen eines Nachunternehmers vor Abnahme der Besteller im Rahmen der Drittschadensliquidation diesen Schaden gegenüber dem schädigenden Vertragspartner geltend machen könne. B stehe daher auch in diesen Fällen ein Schadensersatzanspruch aus § 4 Nr. 7 VOB/B gegen die Beklagte zu 1) zu. Dieser Schadensersatzanspruch entschädige den Schaden, für den die Klägerin aufgrund der Bauleistungsversicherung entsprechend ihre Zahlung erbracht habe und gehe daher gemäß § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN auf die Klägerin über.
19Die Klägerin beantragt,
20Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 3.200.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
21Die Streithelfer schließen sich dem klägerischen Antrag an.
22Die Beklagten beantragen,
23die Klage abzuweisen.
24Die Beklagten haben im Verfahren zur Haftung dem Grunde nach behauptet, sie hätten ihre Werkleistungen ordnungsgemäß und beanstandungsfrei erbracht. Die Vorgaben der Arbeitsanweisung vom 23.04.2003 seien durch die beschäftigten Arbeitnehmer der Beklagten durchweg eingehalten worden. Das Wegbiegen der Spundwand sei nicht schadensursächlich gewesen, weil zwischen Wassereintritt und Havarie des Kranes lediglich Sekunden gelegen hätten. Es sei physikalisch unmöglich, dass innerhalb dieser kurzen Zeitspanne ein erheblicher Bodenentzug hätte entstehen können.
25Andere Ursachen seien wahrscheinlicher. Der Wassereintritt sei auf eine oberhalb der Baugrube verlaufende Ringleitung zurückzuführen, die vor dem Unfallereignis gebrochen oder zumindest undicht gewesen sei. Ein Eintritt von Bodenmaterial nach dem Öffnen der Schlitzwandfuge sei nicht eingetreten. Entgegen der ursprünglichen Annahme sei der Baugrund nicht von mitteldichter bis dichter Lagerung gewesen, sondern habe eine lockere Lagerung aufgewiesen. Zudem seien vorhandene Bodendenkmäler und frühere Bautätigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das Versagen der Krangründung sei möglicherweise auf ein Zusammenspiel von verschiedenen Bauaktivitäten mit zunehmender Schiefstellung des Krans und orkanartigen Windverhältnissen am Schadenstag zurückzuführen. Durch Arbeiten mit einem Minibagger sei es zu Erschütterungen gekommen, die zu einer Minderung der Mantelreibung der Bohrpfähle geführt haben könnte. Der Unfall hätte bei Ausführung einer – unstrittig nicht ausgeführten – horizontalen Abstützung der Krangründung (sogenannte „Zerrplatte“) vermieden werden können.
26Die Beklagten haben zudem die Ansicht vertreten, dass sich in dem Unfall ein systemimmanentes Ausführungsrisiko verwirklicht habe, welches eine Haftung der Beklagten ausschließe. Aufgrund des nachträglich aufgefundenen Spundwandbaus sei ein erhöhtes Risiko von Fehlstellen zwischen der Schlitzwand und der Spundwand verblieben, welches allen Baubeteiligten bekannt gewesen sei. Der Klägerin sei anzulasten, dass die Bauherren auf ein anlässlich der Besprechung vom 09.01.2003 vorgeschlagenes Hochdruckinjektionsverfahren sowie auf die empfohlene Fachbauüberwachung aus Kostengründen verzichtet habe. Die Arbeitsanweisung vom 23.04.2003 stelle keine Umsetzung des geforderten Havariekonzeptes dar. Vorgenannte Maßnahmen seien von Seiten der Bauherren vorzunehmen gewesen, deren Unterlassung ein Mitverschulden begründe. Der Klägerin seien ebenfalls Verstöße des Bauherren gegen gesetzliche Arbeitsschutzbestimmungen anzulasten.
27Die Beklagten bestreiten ferner, dass die Klägerin die behaupteten Beträge an ihre Versicherungsnehmerin ausgezahlt habe. Die geltend gemachten Schadensbeseitigungs- und Wiederherstellungskosten seien zum Teil nicht von der Bauleistungsversicherung umfasst, weil z.B. Maßnahmen berücksichtigt worden seien, die nicht nur der Sanierung der Baugrube, sondern zur Erkundung der Schadensursache dienten. Die Beklagten sind der Ansicht, darunter fielen z.B. Maßnahmen der Vereisung und der Abtransport der Kräne auf ein Gelände der Staatsanwaltschaft. Teils seien Kosten abgerechnet worden, die die Bauherren bzw. die Bauträgerin B bereits in anderen Verfahren geltend mache. Eine Differenzierung zwischen den bereits anderweitig berücksichtigten Teilen der jeweiligen Rechnungen sei nicht möglich. Einzelne von der Klägerin anerkannte Leistungen hätten nichts mit dem Schadensfall zu tun. Jedenfalls sei dies nicht nachvollziehbar dargelegt. Teils behaupten die Beklagten, ein Reparaturbedürfnis habe nicht bestanden. Maßnahmen zur Erkundung des Baugrundes sei nicht vom Versicherungsumfang umfasst. Soweit die Klägerin meine, der von der Beklagten zu 1) selbst zur Sanierung der Baugrube berechnete Aufwand sei als Schadensersatz auf sie übergegangen, so sei dies schon insofern falsch, als die Beklagte zu 1) nicht Dritte im Sinne von § 67 Abs. 1 VVG sei. Sie sei vielmehr mitversicherten Nachunternehmerin im Sinne von § 3 Nr. 1 ABN. Die behördlichen Gebühren (Position 45 der Klage) seien als solche nicht von der Bauleistungsversicherung erfasst. Schließlich erheben sie die Einrede der Verjährung.
28Mit Grundurteil vom 15.06.2012 ist der Klage nach Einholung eines Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. GG, Anhörung der weiteren von den Parteien benannten (Privat-)-Sachverständigen sowie Vernehmung von Zeugen dem Grunde nach stattgegeben worden. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das OLG Köln mit Urteil vom 22.03.2013, 19 U 111/12, zurückgewiesen. Am 21.07.2014 hat das Gericht Beweisbeschluss erlassen (Bl. 1785 d.A.) und mit Beschluss vom 01.10.2014 Herrn Dipl.-Ing. MM zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Mit Beschluss vom 26.01.2015 ist die Ausführung des Beweisbeschlusses zunächst zurückgestellt worden und den Parteien sind Hinweise erteilt worden (Bl. 1842 ff. d.A.). Mit Beschluss vom 18.01.2016 ist der Beweisbeschluss vom 21.07.2014 aufgehoben worden.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die Klage ist zulässig, aber nur im Umfang von 900,00 € begründet.
32I.
33Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch aus von der Firma B übergegangenem Recht gemäß § 4 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002 i.V.m. § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN 2001 in Höhe von 900,00 EUR zu.
34Das Oberlandesgericht Köln hat mit Berufungsurteil vom 22.03.2013, Az.: 19 U 111/12, insoweit die Feststellungen der Kammer im Grundurteil vom 15.06.2012 gebilligt, dass die Klägerin den Anfall von Gebühren in dieser Höhe für nachträgliche Genehmigungen der Stadt Düsseldorf im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Schadensereignis substantiiert behauptet und die Beklagten diese Schadensposition nicht substantiiert bestritten hat. Weder in der Berufung, noch im weiteren Verfahrensverlauf nach Verkündung des Berufungsurteils haben die Beklagten dazu weitere Ausführungen gemacht.
35Der Anspruch gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) als Gesellschafter der Beklagten zu 1) ergibt sich in entsprechender Anwendung von § 128 HBG. Die gesamtschuldnerische Haftung ergibt sich aus § 128 S. 1 HGB.
36II.
37Ein darüber hinausgehender Zahlungsanspruch steht der Klägerin gegen die Beklagten nicht zu.
38Auf Grundlage des eigenen Sachvortrags der Klägerin ist ein Übergang nach § 67 VVG a.F. von etwaigen Ansprüchen der B gegen die Beklagten zu 1), 2) und 3) im Wege der cessio legis nicht erfolgt.
39Ausweislich der Klarstellung im klägerischen Schriftsatz vom 25.06.2015 (Bl. 1777 d.A.) verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Zahlungsanspruch primär aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG a.F. Lediglich hilfsweise verfolgt die Klägerin den Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht.
401.
41Der Klägerin stehen gegen die Beklagten keine Ansprüche aus übergegangenem Recht zu.
42Die Klägerin macht Ansprüche auf Schadensersatz aus von der Firma B übergegangenem Recht aus einer Bauleistungsversicherung gemäß § 4 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002 i.V.m. § 67 VVG a.F. sowie § 3 Nr. 3 ABN (nach den Versicherungsbedingungen gemäß Bauleistungsversicherungsvertrag vom 22.02.2001, Anlagenkonvolut K 16) geltend.
43Grundsätzlich gehen Ansprüche des Versicherungsnehmers – hier war die A-Objektgesellschaft Düsseldorf Vertragspartner des Bauleistungsversicherungsvertrages nach Antrag vom 03.04.2002 (Anlage K 16) – auf den Versicherer über. Bei Versicherung für fremde Rechnung kann dies allerdings auch für Ansprüche des Mitversicherten, hier also B, gegen die Beklagten aus § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B gelten.
44Nach § 76 Abs. 2 VVG a.F. ist der Versicherungsnehmer, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist, ebenfalls zur Entgegennahme der Versicherungsleistung befugt. Außerdem bestimmt § 16 Nr. 1 ABN, dass über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag abweichend von §§ 74 ff. VVG nur der Versicherungsnehmer verfügen kann. In diesem Fall geht grundsätzlich auch der Anspruch des Versicherten (B) auf den Versicherer über (allgemein zum Übergang des Anspruchs des Versicherten bei Versicherung für fremde Rechnung: BGH, VersR 1985, 753; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 86 Rn. 12 m.w.N.).
452.
46Dem Anspruchsübergang steht überwiegend entgegen, dass die Beklagte als mitversicherter Unternehmer selbst in den Versicherungsschutz der Klägerin einbezogen war und daher insoweit kein „Dritter“ ist, der vom Versicherer im Wege des Regresses in Anspruch genommen werden kann. Das betrifft sicher die Leistungen der Beklagten, derentwegen die Klägerin Schadensersatz in Höhe von netto 1.150.315,59 EUR verlangt. Wahrscheinlich sind weitere Positionen – mit Ausnahme des Schadens der Firma Z – betroffen. Hierzu können keine näheren Feststellungen getroffen werden, was zu Lasten der Klägerin geht.
47a)
48Gemäß § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN 2001 können nur solche Ansprüche übergehen, die sich auf den versicherten Schaden, der in den Schutzbereich der Bauleistungsversicherung fällt, beziehen. Der Übergang von Schadensersatzansprüchen kommt grundsätzlich nicht nur bei Schäden die durch außenstehende Dritte verursacht wurden in Betracht, sondern auch dann, wenn ein mitversicherter Unternehmer die Bauleistung eines anderen Unternehmens oder Nachunternehmers beschädigt (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 54 ff.).
49Die Klägerin geht zutreffend davon aus, dass aufgrund der Vereinbarung des § 3 ABN 2001 nicht nur der Bauherr als Versicherungsnehmer versichert ist, sondern auch weitere Auftraggeber und Nachunternehmer (vgl. BGH, NZBau 2003, 382). Neben der Versicherungsnehmerin A ist daher auch B mitversichert. Gleichermaßen ist aber auch die Beklagte zu 1) Mitversicherte der von A abgeschlossenen Bauleistungsversicherung, wie die Klägerin selbst einräumt. Auch wenn § 3 Nr. 3 ABN 2001 vorsieht, dass in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung Ansprüche, die dem Versicherungsnehmer oder einem versicherten Unternehmen im Zusammenhang mit einem entschädigungspflichtigen Schaden zustehen, auf den Versicherer auch dann übergehen, wenn sie sich gegen einen anderen Versicherten richten, ist damit über den konkreten Anspruchsübergang und dessen Umfang noch nichts besagt. Der Regress ist nämlich ausgeschlossen, soweit das versicherte Interesse der Beklagten zu 1) als mitversicherter Unternehmer gemäß § 3 Nr. 1 ABN 2001 betroffen ist.
50b)
51Das Interesse der Nachunternehmer ist grundsätzlich mitversichert (BGH, Beschluss vom 14.12.2003 – IV ZR 319/02 – juris; vorgehend OLG Köln, Urteil vom 13.08.2002 – 9 U 191/01 – juris). Der Mitversicherte ist nur in Ausnahmefällen Dritter im Sinne von § 67 Abs. 1 VVG a.F., namentlich dann, wenn bei einem Zusammentreffen von Eigen- und Fremdversicherung im konkreten Fall nur die Eigenversicherung eingreift oder wenn der Versicherer nicht dem Mitversicherten sondern – abweichend von § 75 VVG a.F. – nur dem Versicherungsnehmer gegenüber zur Leistung verpflichtet ist und an diesen leistet (vergleiche OLG Karlsruhe Versicherungsrecht 2000, 1360; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 86 Rn. 19 m.w.N.).
52Von einer Mitversicherung der Beklagten ist nach den vorgemachten Ausführungen vorliegend auszugehen. Nach § 3 ABN 2001 sind die Leistungen aller am Bau Beteiligten in den Versicherungsschutz einbezogen, also auch der Nach- und Subunternehmer (von Rintelen, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 2, Rn. 2). Die Rechte aus dem Versicherungsvertrag standen gem. § 75 Abs. 1 S. 1 VVG a. F. dem jeweiligen Versicherten zu. Klauseln, die – wie hier § 16 Nr. 1 ABN 2001 – das Verfügungsrecht über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag allein dem Versicherungsnehmer zuweisen, beeinträchtigen die Anspruchsinhaberschaft des Mitversicherten in der Fremdversicherung nicht (so: OLG Karlsruhe, a. a. O., zu § 11 Abs. 2 ARB 75). Maßgeblich ist mithin, in welchem Umfang das - aus Sicht des Versicherungsnehmers fremde - versicherte Interesse der Beklagten betroffen ist. Denn dort, wo dieses Interesse betroffen ist, kann der Anspruch nicht übergehen.
53Das versicherte Interesse der Beklagten bestimmt sich nach § 3 Nr. 1 und Nr. 2 ABN 2001 i.V.m. §§ 1, 2 und 9 ff. ABN 2001. Entschädigung wird demnach geleistet für Schäden, die zu Lasten des Versicherungsnehmers oder eines der beauftragten Unternehmer gehen. Beauftragte, mitversicherte Unternehmer sind nur bei Schäden an nicht selbst erstellten Bauleistungen – insoweit sind sie nicht mitversichert – einem Regress des Versicherers ausgesetzt (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 36). Die Mitversicherung ist – wenn Klausel 68, wie vorliegend, nicht vereinbart wurde – aufgrund des Rückgriffsanspruchs des Versicherers nach § 3 Nr. 3 ABN 2001, auf das jeweilige Gewerk des mitversicherten Unternehmers bezogen.
54c)
55Die Klägerin hat trotz entsprechenden Hinweises der Kammer schon nicht schlüssig dargetan, dass die geltend gemachten Schadenspositionen nicht das eigene Sachinteresse der Beklagten, also deren eigene, mitversicherte Bauleistung, namentlich das Ausheben der Baugrube nebst zugehöriger Leistungen, betreffen. Insoweit hätte es einer detaillierten Darlegung anhand der im Einzelnen durchgeführten Sanierungsarbeiten bedurft. Die Klägerin beschränkt sich indes darauf, lediglich zwischen Leistungen der Beklagten, welche diese aufgrund gesonderter Beauftragung durch B im Rahmen der Sanierungsarbeiten und darauf bezogener Nachträge erbrachte, einerseits, sowie Leistungen weiterer Unternehmen – darunter auch die Beklagte zu 3) – aufgrund besonderer Beauftragung im Rahmen der Sanierungsarbeiten zu differenzieren. Dabei stellt die Klägerin jeweils lediglich darauf ab, der Privatsachverständige HH habe in seinem Gutachten vom 8. 9. 2006 (Anl. K 6) festgestellt, dass es sich bei den ausgeführten Arbeiten und angefallenen Kosten um Bestandteile des Bauleistungsschadens gehandelt habe.
56Nähere Ausführungen dazu, wie die Zuordnung der einzelnen Schadenspositionen und Aufwendungen zum Bauleistungsschaden erfolgt ist, fehlen gänzlich. Das Gutachten HH erschöpft sich weitgehend in einer Auflistung der angefallenen Kosten und deren Berechnungsgrundlagen. Einzelheiten dazu, wie und weshalb bestimmte Positionen als Bauleistungsschäden zu qualifizieren seien, lassen sich dem Gutachten indes nicht entnehmen. Eine Zuordnung der Einzelpositionen zu den einzelnen mitversicherten Gewerken findet nicht statt. Der Privatsachverständige führt lediglich aus, dass die dem Bauleistungsschadens zuzuordnenden Kosten im Rahmen von Gesprächen mit Herrn Wischerhoff vom Ingenieurbüro LL am 23.08.2006 ermittelt und einvernehmlich festgelegt worden seien. Anhand welcher Parameter diese Ermittlung und Zuordnung erfolgte geht weder aus dem schriftsätzlichen Vortrag der Klägerseite hervor, noch aus dem Gutachten HH. In der Klageschrift (Bl. 13 ff. d.A.) wird lediglich pauschal auf „Feststellungen“ des Privatsachverständigen HH Bezug genommen. Diese pauschale Bezugnahme auf ein Privatgutachten zum Beleg des eigenen Sachvortrags ist bereits per se unzulässig, da sie nicht ausreichend konkret erfolgt. Feststellungen in der Sache wurden von dem Privatsachverständigen zudem offenbar gar nicht getroffen. Vielmehr hat er lediglich die ihm vorgelegten Rechnungen zusammengestellt und in Gesprächen mit dem Projektsteuerer, zunächst II Consulting, dann Ingenieurbüro LL sowie dem Rückversicherer (JJ & Company, Herr KK) Absprachen getroffen (Privatgutachten, Anlage K 6, S. 10 ff.). Die dabei ermittelten Schadenskosten differierten offenbar ganz erheblich (S. 11 d. Gutachtens). Schließlich sind das Sachinteresse der Beklagten an der eigenen, mitversicherten Leistung betreffende Wiederherstellungskosten offenbar mit eingeflossen (S. 13 d. Gutachtens), ohne dass hier genau differenziert wird.
57Eine Zuordnung der einzelnen Sanierungsmaßnahmen und Kostenpositionen zu den jeweiligen ursprünglichen Bauleistungen fehlt gänzlich. Eine Abgrenzung der versicherten Interessen im Sinne von § 3 ABN ist daher auf Grundlage des klägerischen Sachvortrags nicht möglich. Die Klägerin beschränkt sich bei den einzelnen Schadenspositionen jeweils darauf, anzugeben, dass diese „vom Bauleistungsschaden gedeckt/umfasst“ oder dem „Bauleistungsschaden zuzuordnen“ seien, ohne dies näher zu begründen. Mangels dezidierten Sachvortrags zu den versicherten Interessen sind die behaupteten Schadenspositionen einer Subsumtion und damit auch einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Soweit die Klägerin anführt, der Privatsachverständige HH habe dezidiert geprüft, welche Leistungen dem nach den nach den versicherungsvertraglichen Regelungen versicherten Interessen zuzuordnen seien und zum Nachweis auf dessen Gutachten vom 08.09.2006 verweist (Bl. 1898 d.A.), ergibt sich eine solche dezidierte Prüfung aus dem Gutachten gerade nicht. Der klägerische Vortrag erweist sich insoweit bereits als unschlüssig.
58d)
59Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie sei gemäß § 28 VVG a. F. gegenüber der Beklagten als Versichertem leistungsfrei, mit der Folge, dass sich die Beklagte nicht darauf berufen könne, als Mitversicherter nicht „Dritter“ im Sinne von § 67 VVG a. F. zu sein. Gemäß § 2 Nr. 1 ABN 2001 wird Entschädigung geleistet für unvorhergesehen eintretende Schäden an versicherten Bauleistungen oder an sonstigen versicherten Sachen. Unvorhergesehen sind Schäden, die weder der Auftraggeber noch der beauftragte Unternehmer oder deren Repräsentanten rechtzeitig vorhergesehen haben oder mit dem jeweils erforderlichen Fachwissen hätten vorhersehen können.
60Die Voraussetzungen einer Zurechnung grob fahrlässiger Verursachung des Versicherungsfalls an den Mitversicherten sind nicht gegeben. Grobe Fahrlässigkeit muss beim Versicherten oder seinen Repräsentanten vorliegen. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) sind indes nicht als Repräsentanten der Beklagten anzusehen. Die Repräsentantenstellung erfordert insoweit die Befugnis, selbstständig in nicht ganz unbedeutendem Umfang für den Versicherungsnehmer oder den Versicherten zu handeln (BGHZ 122, 250, 253; BGH VersR 1996, 1229, 1230). Der Repräsentant muss „risikotechnisch“ an die Stelle des Versicherungsnehmers treten. Regelmäßig werden Betriebsleiter von Bauunternehmen oder auch Baustellenleiter als Repräsentanten des Unternehmens angesehen. Keine Repräsentanten sind hingegen einfache Arbeiter oder auch der Polier (vergleiche Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 28 Rn. 121 mit nach weiteren Nachweisen; OLG Hamm VersR 2000, 1104). Hier ist grob fahrlässiges Verhalten des Betriebsleiters oder des Baustellenleiters nicht ersichtlich. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) waren lediglich mit bestimmten technischen Verrichtungen an der versicherten Sache betraut, indem sie am Nachmittag des 29.04.2003 mit Bagger und Hydraulikmeißel die noch verbliebenen Spundwandreste im Bereich der Ecke Königstraße/Telekomgebäude abrissen und es dadurch zu einer Öffnung in der Schlitzwand kam. Es handelte sich um einfache Arbeiter, möglicherweise Vorarbeiter. Sie besaßen innerhalb dieses begrenzten Wirkungskreises allenfalls eine gewisse Bewegungsfreiheit. Für solche Personen ist eine Repräsentantenstellung zu verneinen.
613.
62Gemäß § 3 Nr. 1 ABN 2000 wird Entschädigung geleistet für Schäden, die zu Lasten des Versicherungsnehmers oder eines der beauftragten Unternehmer gehen. Voraussetzung für den Anspruchsübergang ist folglich, dass der jeweilige Schaden zu Lasten gerade der Firma B geht und dass gerade B auch von der Klägerin entschädigt worden ist. Es muss folglich das eigene Interesse von B betroffen sein. Es kann nicht festgestellt werden, dass hinsichtlich der geltend gemachten Schadenspositionen das eigene Sachinteresse von B betroffen ist, was grundsätzlich hinsichtlich der Bauleistung, zu der sich B gegenüber A verpflichtet hat, der Fall wäre, soweit nicht nach den oben dargestellten Grundsätzen das Interesse eines anderen mitversicherten Unternehmens betroffen ist. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass B ein Schaden – als Voraussetzung für einen Anspruch nach § 4 Nr. 7 VOB/B 2002 gegen die Beklagten – entstanden ist. Namentlich hinsichtlich der Schadensposition Fa. Z in Höhe von 708.015,71 € ist kein Anspruch übergegangen. Auch im Übrigen kann ein Anspruchsübergang nicht festgestellt werden.
63a)
64Da die Klägerin Ansprüche aus übergegangenem Recht von B geltend macht, darf es sich nicht um das Interesse des Versicherungsnehmers selbst – A – oder anderer mitversicherte Unternehmer handeln.
65Mit Interesse wird die Wertbeziehung einer Person zu einer Sache gekennzeichnet. Bei der Bauleistungsversicherung wird dies maßgeblich durch § 644 BGB oder §§ 7, 12 Abs. 6 VOB/B bestimmt. So trägt etwa der Bauherr nach Werkvertragsrecht nicht die Gefahr für den zufälligen Untergang des Werkes vor der Abnahme (§ 644 BGB), es sei denn er befindet sich im Annahmeverzug.
66Vorliegend war eine Abnahme unstreitig nicht erfolgt, so dass §§ 644 BGB, 12 Abs. 6 VOB/B einschlägig ist. Dagegen trägt der Bauherr die Gefahr für die Fälle der höheren Gewalt oder anderer objektiv unabwendbarer Ereignisse nach § 7 VOB/B schon vor dem Zeitpunkt der Abnahme (vergleiche Rehm/Frömel, ABN/ABU, 3. Aufl. 2009, ABN A, § 3, Rn. 7). Dabei greifen die Regeln über die Gefahrtragung nur dann ein, wenn weder der eine noch der andere Vertragsteil für die vor Abnahme aufgetretene Beschädigung oder Zerstörung im Sinne eines Vertretenmüssens einzutreten hat. Wird die Leistung also durch einen abwendbaren, also vom Auftragnehmer oder vom Auftraggeber zu vertretenden Umstand fehlerhaft ausgeführt oder beschädigt oder zerstört, so liegt nicht ein Gefahrtragungstatbestand nach § 7 VOB/B vor, sondern es greifen die Grundsätze der Mängelbeseitigung nach § 4 Abs. 7 VOB/B oder für die Frage der sonstigen Haftung die in § 10 Abs. 1 VOB/B enthaltene Generalklausel ein (vergleiche Ingenstau/Korbion/Oppler, VOB, 18. Aufl. 2013, § 7 VOB/B Rn. 4 ff.).
67Voraussetzung für den Gefahrübergang vor Abnahme gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 VOB/B sind andere objektiv unabwendbare, vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände. Diese Voraussetzungen liegen nur dann vor, wenn sie nach menschlicher Einsicht und Erfahrung in dem Sinne unvorhersehbar sind, dass sie oder ihre Auswirkungen trotz Anwendung wirtschaftlich erträglicher Mittel durch die äußerste nach der Sachlage zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder in ihren Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden können. Danach ist ein Ereignis nicht schon dann unvorhersehbar, wenn es für den Auftragnehmer unabwendbar ist. Die Voraussetzungen sind vielmehr nur dann erfüllt, wenn das Ereignis objektiv, und zwar unabhängig von der konkreten Situation des betroffenen Auftragnehmers unvorhersehbar und unvermeidbar war.
68Bezogen auf den hier durch den umgestürzten Kran zerstörten Rohbau (Leistungen der Fa. Z), gilt somit, dass der Rohbauer weder gemäß § 10 Abs. 1 noch gemäß § 4 Abs. 7 VOB/B haftet, da er die von der Beklagten zu 3) zu vertretende Zerstörung nicht zu vertreten hat. B haftet dem Rohbauer seinerseits nicht gemäß § 10 Abs. 1 VOB/B, da sich der Generalunternehmer das Vertretenmüssen des einen Nachunternehmers im Verhältnis zum anderen Nachunternehmer nicht zurechnen lassen muss. Die Voraussetzungen von § 278 BGB liegen insoweit nicht vor (vergleiche BGH NJW 1985, 2475, 2476). Es greifen also die Gefahrtragungsregeln ein. § 7 Abs. 1 VOB/B ist nicht erfüllt, da es sich zwar um einen unvorhergesehen eingetretenen Schaden im Sinne von § 2 ABN handelt, nicht jedoch um einen „objektiv“ unabwendbaren Umstand. Die Gefahr trägt daher der Rohbauer gemäß § 644 BGB. Sein als Unternehmer mitversichertes Interesse ist betroffen (vgl. hierzu: Möller/Segger, in: Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2016, § 86, Rn. 86; Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, vor § 74, Rn. 59). Ihm stand ein eigener Anspruch als Mitversicherter in der Fremdversicherung gegen die Klägerin zu. Nicht betroffen ist hingegen das Interesse von B. Durch die Auszahlung der Versicherungsleistung an den Versicherungsnehmer kann ein Anspruch des mitversicherten Auftraggebers B nicht gemäß § 67 VVG a. F. übergegangen sein.
69b)
70Die Klägerin hat hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Schadenspositionen auch auf entsprechenden Hinweis der Kammer die Betroffenheit eines eigenen Interesses von B nicht dargetan. Soweit die Klägerin geltend macht, § 67 VVG a.F. und § 3 Nr. 3 ABN stellten für den Anspruchsübergang nicht auf das Bestehen eines versicherten Interesses des Anspruchsinhabers ab (Bl. 1894 d.A.), kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr können nur solche Ansprüche übergehen, die sich auf den versicherten Schaden, der in den Schutzbereich der Bauleistungsversicherung fällt, beziehen (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 55). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist daher für den Anspruchsübergang nicht allein entscheidend, dass der Versicherer aus dem Versicherungsvertrag eine Entschädigung erbracht hat, und daß überhaupt Bauleistungsschäden entstanden sind.
71Es hätte der Klägerin oblegen, detailliert darzulegen, dass gerade bei B Bauleistungsschäden entstanden sind, also inwieweit die entstandenen Schäden nicht dem mitversicherten Interesse des Bauherrn – A – oder anderer Auftragnehmer zuzuordnen sind. Eine derartige Zuordnung der geltend gemachten Schadenspositionen zu den Bauleistungen einzelner Unternehmer fehlt. Wegen der Einzelheiten kann auf die entsprechenden Ausführungen oben 2. c) verwiesen werden.
724.
73Die Klägerin kann sich zur Geltendmachung ihres Anspruchs auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsfigur der Drittschadensliquidation stützen.
74B hat vorliegend, wie die Klägerin auch selbst einräumt (Bl. 1897 d.A.) bzgl. der hier geltend gemachten Positionen keinen eigenen Schaden erlitten. Denn die mitversicherten Nachunternehmer von B waren aufgrund der in §§ 644 BGB, 12 Abs. 6 VOB/B niedergelegten Gefahrtragungsregelung vor Abnahme zur vergütungsfreien Wiederherstellung der von der Beklagten zu 1) beschädigten Bauleistungen verpflichtet. Der jeweilige Nachunternehmer musste die Leistung daher grundsätzlich ohne Bestehen eines (neuen) Vergütungsanspruchs gegenüber dem Besteller – hier B – neu erstellen, so dass dem Besteller auch kein (eigener) Schaden entstand.
75a)
76Die Drittschadensliquidation im Falle der obligatorischen Gefahrentlastung, § 644 BGB, ist ein anerkanntes Rechtsinstitut (vgl. BGH, NJW 1970, 38, 41; BGH IBRRS 2016, 0311; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 644, Rn. 15; Voit, in: Beck’scher Online-Kommentar, 37. Edition, Stand: 01.02.2015, § 644, Rn. 22; zweifelnd Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 249, Rn. 301 ff.).
77Alternative Lösungswege sind die Auffassung vom Objektschaden, die dem Rechtsgut unabhängig vom konkreten Schaden des Rechtsinhabers einen Wert zubilligt (vgl. Larenz, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 13. Aufl., § 27 IV, b 1; Hagen, JuS 1970, 442, 445) oder die Schadensbemessung nach wertenden Gesichtspunkten vornimmt (vgl. Büdenbender, NJW 2000, 986 ff.). Der Bundesgerichtshof (BGH, NJW 1984, 2569) hat auch einen Anspruch des die Gefahr tragenden Unternehmers auf der Grundlage der Besitzverletzung, § 823 Abs. 1 BGB, zugebilligt. Grundlage der Konstellation ist das Auseinanderfallen von „Verletztem“ und „Geschädigtem“ (BGH, NJW 1970, 38; Büdenbender, NJW 2000, 986 ff.; Weiss, JuS 2015, 8, 10 m.w.N.). Damit kommt der Frage, wer „Verletzter“ ist, maßgebliche Bedeutung zu.
78Im vorliegenden Fall kommen der Unternehmer (Fa. Z), der Besteller (B) und der Eigentümer (A) in Betracht. Der Unternehmer ist allenfalls im Besitz verletzt, der Eigentümer ist jedenfalls in seinem Eigentum verletzt. Ob der Besteller verletzt ist, erscheint zweifelhaft. Soweit ersichtlich wird die Verletzung des Eigentums als maßgeblich dafür angesehen, wer Inhaber des Anspruchs ist (BGH, NJW 1970, 38, 41; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 591; Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 249, Rn. 301 ff.; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 644, Rn. 15; Weiss, JuS 2015, 8, 11; Grüneberg, in: Plandt, BGB, 75. Aufl. 2016, vor § 249, Rn. 110; unklar: OLG Dresden, BeckRS 2007, 12001: „Besteller“; OLG München, NJW 2011, 3375, 3377: „Inhaber der verletzten Rechtsstellung“). Die Frage kann nicht dahinstehen, es muss nämlich eine Vervielfältigung des Schadens – oder genauer der Ersatzberechtigten für einen Schaden ausgeschlossen werden (vergleiche BGH IBRRS 2016, 0311; RGZ 170, 247, 250; Selb, NJW 1964, 1765, 1766). Der Anspruch kann also nur einem zustehen. Dies ist vorliegend A als Eigentümerin. Ihre Rechtsstellung ist unzweifelhaft verletzt. Der ihr gehörende Rohbau ist zerstört. § 4 Nr. 7 VOB/B hat hier zurückzutreten.
79Zwar ist die „Rechtsstellung“ des Bestellers insoweit betroffen, als die ihm gegenüber geschuldete vertragliche Werkleitung mangelhaft erbracht wurde. Dies erfüllt aber noch nicht die Anspruchsnorm. Diese setzt – anders als § 823 Abs. 1 BGB – schon tatbestandlich den Schaden voraus. Damit steht der Ersatzanspruch A zu.
80Die Gefahrentlastung eines Eigentümers führt nicht dazu, dass der Ersatzpflichtige frei wird, sondern der Eigentümer kann den sog. Drittschaden im eigenen Namen liquidieren (OLG Hamburg, MDR 1974, 668, 669; unter Verweis auf BGH, VersR 1972, 1138: zur Gefahrentlastung nach § 447 BGB). A kann den Drittschaden des Rohbauers liquidieren. B hat einen Anspruch gegen A auf Abtretung dieses Anspruchs, der Rohbauer wiederum einen Anspruch auf Abtretung des auf Abtretung gerichteten Anspruchs von B gegen A.
81Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 30.09.1969, Az.: VI ZR 254/67 (BGH, NJW 1970, 38), auf das sich die Klägerin maßgeblich beruft, und dem eine Fallkonstellation zugrunde liegt, in welcher ebenfalls Ansprüche aufgrund von § 67 VVG a.F. geltend gemacht werden, gerade ausgeführt, dass die Verneinung eines eigenen Ersatzanspruchs des geschädigten mitversicherten Nachunternehmers nicht zu einem unbilligen Ergebnis führt, da das geschädigte Unternehmen vom Besteller die Abtretung des Schadensersatzanspruchs verlangen könne, der diesem als Eigentümer und Vertragspartner zustehe (a.a.O. Rn. 28). Einen automatischen Anspruchsübergang cessio legis nach § 67 VVG a.F. konzediert der BGH indessen gerade nicht. Vielmehr lag in dem zu beurteilenden Sachverhalt eine Abtretung – ebenso wenig wie eine Ermächtigung zur Prozessführung – gerade nicht vor (a.a.O. Rn. 29). Von einer solchen Abtretung kann der Werkunternehmer die erneute Erbringung seiner Werkleistung abhängig machen.
82Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin angeführten Entscheidungen des OLG Dresden (Urteil vom 15.11.2005, Az.: 14 U 2368/04, BeckRS 2007, 12001) und des OLG Düsseldorf (NJW-RR 1996, 591). Das OLG Dresden stellt lediglich fest, dass, wenn wegen der Gefahrtragungsregel des § 644 Abs. 1 BGB die Konstellation eintritt, dass der Besteller zwar einen vertraglichen Anspruch aber keinen Schaden hat, da vor Abnahme die bereits erbrachte Werkleistung nochmals zu erbringen ist, ohne zum Ausgleich über einen Anspruch gegen den Schädiger zu verfügen, dies einen anerkannten Fall der Drittschadensliquidation bilde und der BGH in einem solchen Fall zumindest einen Anspruch auf Abtretung des Schadensersatzanspruchs des Bestellers bejaht habe.
83Das OLG Düsseldorf kam im dortigen Fall ebenfalls zu der Einschätzung dass der geschädigte Werkunternehmer im Wege der Drittschadensliquidation von dem Besteller lediglich die Abtretung des Schadensersatzanspruchs verlangen könne. Dass eine derartige Abtretung des Anspruchs von B an die jeweiligen geschädigten Nachunternehmer stattgefunden habe, wird von der Klägerin nicht behauptet und ist auch aus den Umständen nicht ersichtlich. Für einen Anspruchsübergang auf die Klägerin lässt sich aus den zitierten Entscheidungen entgegen der Auffassung der Klägerin also nichts herleiten.
84b)
85Entgegen der Auffassung der Klägerin führt eine derartige Risikoverteilung nicht zu einem unbilligen Ergebnis. Dass die hier gefundene Lösung sachgerecht ist, zeigt folgende Überlegung: Zur Schadensverlagerung vom Eigentümer auf einen Dritten kommt es nur aufgrund schuldrechtlicher Bestimmungen (§ 644 BGB). Der Mechanismus versagt, wenn der Ausgleich des Schadens des Eigentümers über die Neuherstellungsverpflichtung ausfällt, z. B. weil der Besteller und Auftragnehmer des Eigentümers insolvent wird, bevor das zerstörte Werk wiederaufgebaut ist. Würde man dem Besteller – hier B – den Anspruch zubilligen, würde er in die Insolvenzmasse fallen oder aber er wäre möglicherweise schon durch Zahlung an den Besteller oder den Unternehmer – Rohbauer – erfüllt, bevor das Werk neu errichtet ist. Der Drittschaden wäre dann „liquidiert“, ohne daß der Ersatzbetrag tatsächlich zur Schadensbehebung – beim Eigentümer – eingesetzt wird.
86Einen Anspruch könnte die Klägerin nur im Wege der Abtretung durch A geltend machen. Die Klägerin behauptet indes weder, einen Anspruch von A gegen die Beklagten unmittelbar im Wege der cessio legis gemäß § 67 VVG a.F. erworben zu haben, noch, A habe einen Anspruch an B abgetreten. Die Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 (Bl. 1756 ff. d.A.) beinhaltet ausweislich § 2 lediglich eine Abtretung von Ansprüchen von B an die Klägerin. Der Anspruch aus § 823 BGB ist folglich bei A verblieben.
875.
88Die vorstehenden Ausführungen betreffen allgemeine schadensrechtliche Gesichtspunkte. Darüberhinaus sind auch aus versicherungsrechtlicher Sicht besondere Voraussetzungen eines Anspruchsübergangs zu beachten. Neben der Frage des versicherten Interesses ist von Bedeutung, an welchen Versicherten oder für welchen Versicherten der Versicherer gezahlt hat. Aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BGH (BGH, NJW NJW 1970, 38, 41) ergibt sich, dass nur der Anspruch des Versicherten gemäß § 67 VVG a.F. übergeht, der vom Versicherer entschädigt worden ist. Dies ist dann der Fall, wenn an den Versicherten oder für den Versicherten geleistet ist. Die Klägerin hat nach eigenem Vorbringen an A gezahlt (vgl. Bl. 13 d.A.). A ist auch Versicherter. Damit ist, soweit das Interesse von A versichert ist, A entschädigt worden. Da A bereits Eigentümer des Rohbaus geworden war, ist jedenfalls auch das Interesse von A betroffen. Der Eigentümer hat ein versicherbares Interesse auch dann, wenn ein Dritter die Gefahr des zukünftigen Untergangs trägt (Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, vor § 74, Rn. 49). Da A als Versicherungsnehmer ermächtigt war, die Versicherungsleistung auch für die übrigen Versicherten entgegenzunehmen, § 78 Abs. 2 VVG a.F., würde ein Übergang von Ansprüchen von B gemäß § 67 VVG a.F. insoweit voraussetzen, daß die Klägerin „für“ B als Versicherten geleistet hat. Daß dies geschehen sei, kann nicht festgestellt werden. Auf die interne „Weiterleitung“ von A an B kann es nicht ankommen, da dies der Klägerin nicht zurechenbar ist. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe für die Leistungen der Fa. Z „ausgekehrt“ (Bl. 188 d.A.), würde dies bedeuten, daß sie an den Rohbauer für dessen wegen § 644 BGB mitversicherten Interesses gezahlt hat, nicht aber an B.
89III.
90Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gegen die Beklagten zu, soweit sie diesen Anspruch hilfsweise auf die Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 stützt (Anlage K 110, Bl. 17 56 ff. d.A.). Unabhängig von der Frage, ob der Inhalt des abgetretenen Anspruchs überhaupt das von der Klägerin verfolgte Anspruchsziel deckt, ist dieser Anspruch jedenfalls nicht mehr durchsetzbar.
91Ein Anspruch auf Grundlage der Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 ist nicht durchsetzbar, da ihm die Einrede der Verjährung entgegensteht. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin die von Beklagtenseite angegriffene Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung unterstellt, begann die Verjährung für die Geltendmachung dieses Anspruchs aus abgetretenem Recht gemäß §§ 196, 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Jahres 2005 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2008. Demgegenüber hat die Klägerin die Abtretungsvereinbarung im hiesigen Verfahren erstmalig mit Schriftsatz vom 22.04.2014 vorgelegt (Bl. 1756 ff. d.A.) und wiederum mit Schriftsatz vom 25.06.2014 (Bl. 1777 d.A.) erklärt, dass Ansprüche aus abgetretenem Recht aus dieser Abtretungsvereinbarung lediglich hilfsweise geltend gemacht werden.
92Durch die Erhebung der vorliegenden, ausweislich der Zustellungsurkunde am 08.07. und 09.07.2007 (Bl. 50 ff. d.A.) zugestellten und damit rechtshängig gewordenen Klage ist der Lauf der Verjährung für den auf die Abtretungsvereinbarung vom 21.05.2005 gestützten Zahlungsanspruch nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden.
93Nach der ständiger Rechtsprechung des BGH unterbricht die Erhebung der Klage nach § 204 Abs.1 Nr. 1 BGB die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch (BGH, NJW 2005, 2004; BGHZ 104, 6; BGH, NJW 1988, 1778; BGHZ 132, 240; BGH, NJW 1996, 117). Bei der Abtretung eines Anspruchs handelt es sich um einen anderen Lebenssachverhalt als beim originären Erwerb eines Rechts oder einem gesetzlichen Forderungsübergang. Stützt sich ein Kläger im Klagewege zunächst auf einen eigenen oder kraft Gesetzes übergegangenen Anspruch, so läuft die Verjährung des später, nach Ablauf der Verjährungsfrist, aufgrund einer Abtretung in den Prozess eingeführten Anspruchs weiter (vergleiche OLG Köln r + s 1997, 180, 182 f.). Danach ist hier durch die Erhebung der Klage keine Hemmung der Verjährung des in Rede stehenden Schadensersatzanspruchs aus Werkvertragsrecht i.V.m. der Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 eingetreten. Die Klägerin verfolgt diesen Anspruch ausweislich des Schriftsatzes vom 25.06.2014 lediglich hilfsweise. In der Klageschrift hat sie den Anspruch dagegen zunächst aus eigenem, nach § 67 VVG a.F., § 3 Nr. 3 ABN übergegangenem Recht geltend gemacht. Damit hatte die ursprüngliche Klage einen anderen Streitgegenstand. In dem Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht liegt wegen der Änderung des dazu vorgetragenen Lebenssachverhalts ein Wechsel des Streitgegenstands im Sinne einer Klageänderung nach § 263 ZPO (BGH, NJW 2005, 2004; BGH, NJW 1996, 117).
94IV.
95Der Zinsanspruch ist nach §§ 291, 288 Abs. 2 ZPO bezogen auf den berechtigten Teil der Forderung gegeben.
96V.
97Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
98Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 2, 711 ZPO.
99Der Streitwert wird auf 3.200.000,00 EUR festgesetzt.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.
(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.
(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
- 1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, die einen Verlag betreibt, nimmt das beklagte Paketdienstunternehmen auf Freistellung von Schadensersatzansprüchen in Anspruch, die der Berufsfotograf Andreas S. wegen des Verlustes von 351 Diapositiven gegen sie geltend macht.
- 2
- Die Klägerin steht mit der Beklagten in laufender Geschäftsbeziehung. Die Parteien haben am 13. Juli 2001 eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Nach § 1 Abs. 3 dieser Vereinbarung liegen den Vertragsverhältnissen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zugrunde. Diese enthalten u.a. folgende Regelungen: 3. Beförderungsausschluss 3.1 Von der speditionellen Behandlung im Paketdienst sind ausgeschlossen : 3.1.2 Güter von besonderem Wert, insbesondere Edelmetalle, echter Schmuck, Edelsteine, echte Perlen, Antiquitäten, Kunstgegenstände ; … 3.1.5 sonstige Güter, sofern sie einen höheren Wert als 13.000 € besitzen. … 3.3 D. ist berechtigt, die Übernahme oder Weiterbeförderung zu verweigern, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Paket von der speditionellen Behandlung gemäß Ziffer 3.1 ausgeschlossen ist. 3.4 Die Übernahme von gemäß Ziffer 3.1 ausgeschlossenen Gütern stellt keinen Verzicht auf den Beförderungsausschluss dar. 4. Leistungsumfang 4.1 Die speditionelle Leistung umfasst: 4.1.2 Bei Nichtantreffen einen zweiten und falls notwendig einen dritten Zustellungsversuch. 4.1.3 Die Aushändigung an den Empfänger oder eine andere erwachsene Person, die unter der Zustelladresse angetroffen wird und die Sendung entgegennimmt, wobei keine Verpflichtung besteht, eine Empfangsberechtigung zu überprüfen.
- 3
- Die Klägerin übergab der Beklagten am 13. März 2002 vier Pakete zur Beförderung zu dem in München wohnhaften Fotografen S. Dieser hatte der Klägerin im Mai 2001 insgesamt 383 Diapositive zur Auswahl für geplante Vogelbücher zur Verfügung gestellt. Nach dem Vortrag der Klägerin befanden sich in den vier der Beklagten übergebenen Paketen 351 Dias, die nicht für eine Veröffentlichung ausgewählt worden waren. Die Klägerin hat behauptet, die von ihr versandten Diapositive hätten den Fotografen S. nicht erreicht. Diesem sei dadurch ein Schaden in Höhe von 175.500 € (500 € je Diapositiv) entstanden. Der Fotograf S. hat diesen Betrag mit einem Mahnbescheid gegenüber der Klägerin geltend gemacht, die dagegen Widerspruch eingelegt hat.
- 4
- Die Klägerin hat behauptet, der Auslieferungsfahrer habe die Sendung unterschlagen oder entsorgt und durch Fälschung der Empfangsquittung die Ablieferung der Pakete vorgespiegelt. Für diese vorsätzliche Pflichtverletzung ihres Erfüllungsgehilfen müsse die Beklagte einstehen. Da sie, die Klägerin, gegenüber dem Fotografen S. für den Verlust der Diapositive hafte, habe die Beklagte sie von dieser Verpflichtung freizustellen. Wegen der vorsätzlichen Pflichtverletzung des Auslieferungsfahrers erstrecke sich die Haftung der Beklagten auf den vollen Schaden. Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse stünden einer Inanspruchnahme der Beklagten nicht entgegen, weil insbesondere die in Ziffer 3.1.5 vorgesehene Wertgrenze von 13.000 € pro Paket nicht erreicht sei.
- 5
- Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen Ansprüchen des Herrn Andreas S. (es folgt die genaue Anschrift ) freizustellen, die dieser wegen des Verlustes der mit den Paketen Nr. 17154821341, Nr. 17154821342, Nr. 17154821343 und Nr. 17154821344 vom 14. März 2002 verschickten 351 Dias gegen die Klägerin geltend macht.
- 6
- Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Inhalt der Pakete bestritten. Ferner hat sie behauptet, der Auslieferungsfahrer habe die Pakete an einen zur Entgegennahme bereiten Nachbarn des Adressaten S. übergeben , der die Pakete anschließend vor die Haustür des Empfängers gestellt habe. Das Anwesen befinde sich in einer ruhigen, überschaubaren, gut bürgerlichen Wohngegend und sei mit einem Tor versehen. Bei dieser Sachlage habe sich der Auslieferungsfahrer nicht leichtfertig i.S. von § 435 HGB verhalten.
- 7
- Die von dem Fotografen S. geltend gemachte Schadensersatzforderung sei zudem weit überhöht. Die Klägerin zahle - ebenso wie andere Verlage - für die Veröffentlichung eines Bildes lediglich ein Honorar von 31 €. Falls die Wertangaben des Fotografen S. zutreffen sollten, stünden einer Haftung die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse entgegen. Zumindest sei ein Mitverschulden der Klägerin wegen unterlassener Wertdeklaration gegeben, das zu einem vollständigen Haftungsausschluss führe.
- 8
- Das Landgericht hat der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, dass sich die Freistellungsverpflichtung der Beklagten nur auf Ansprüche erstreckt, die der Fotograf S. berechtigterweise gegen die Klägerin geltend macht. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Stuttgart NJW-RR 2004, 610).
- 9
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
- 10
- I. Das Berufungsgericht hat das von der Klägerin geltend gemachte Freistellungsbegehren in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
- 11
- Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin der Beklagten am 13. März 2002 vier Pakete mit insgesamt 351 Diapositiven ohne Wertangabe übergeben habe. Der von dem Empfänger der Sendung behauptete Wert der Diapositive sei der Klägerin nicht bekannt gewesen. Die Ablieferung der Pakete habe der Auslieferungsfahrer selbst in der vom Empfänger zu unterzeichnenden Empfangsbestätigung mit unleserlicher Unterschrift quittiert. Eine Person, die die Pakete entgegengenommen habe, sei nicht aufzufinden.
- 12
- Ein Feststellungsinteresse für das von der Klägerin geltend gemachte Freistellungsbegehren sei gegeben.
- 13
- Der Anspruch der Klägerin sei auch begründet. Die Parteien hätten - zumindest konkludent - einen Frachtvertrag i.S. von § 407 HGB abgeschlos- sen. Die Beklagte habe den Transport der ihr übergebenen Pakete übernommen , hierfür Beförderungsentgelt erhalten und das Transportgut ihren eigenen Angaben zufolge an eine - wenn auch nicht feststellbare - Person ausgeliefert. Die Klauseln in Ziffer 3.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten stünden der Annahme eines Vertragsschlusses nicht entgegen. Die Beklagte hafte nach § 425 HGB für den Verlust der Diapositive, weil davon auszugehen sei, dass die Sendung den Adressaten S. nicht erreicht habe. Sie habe für den Verlust der Sendung in vollem Umfang ohne Haftungsbegrenzung einzustehen. Denn der Auslieferungsfahrer, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen müsse, habe die ihm obliegenden Pflichten vorsätzlich nach § 435 HGB verletzt und dadurch den Verlust herbeigeführt. Auf die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, weil diese wegen Verstoßes gegen § 449 Abs. 2 i.V. mit § 449 Abs. 1 HGB unwirksam seien.
- 14
- Ein Mitverschulden der Klägerin wegen der unterlassenen Angabe des Wertes der Sendung sei nicht gegeben. Dies treffe auch dann zu, wenn der von dem Fotografen S. geltend gemachte Schaden der Höhe nach richtig wäre. Es stehe fest, dass die Klägerin den nunmehr behaupteten Wert der Diapositive nicht gekannt habe. Sie habe auch keine Veranlassung gehabt, sich über deren Wert kundig zu machen, da sie die Diapositive auf dem Postweg von dem Fotografen übersandt erhalten habe. Auf den wirklichen Wert der in Verlust geratenen Diapositive komme es im vorliegenden Rechtsstreit nicht an. Dieser sei vielmehr in dem Verfahren zwischen dem Fotografen S. und der Klägerin zu klären.
- 15
- II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nur insoweit nicht stand, als das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin bei der Entstehung des Schadens verneint hat.
- 16
- 1. Das Berufungsgericht ist mit Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Die Revision rügt ohne Erfolg, für den von der Klägerin erhobenen Klageanspruch fehle es an einem Feststellungs- und Rechtsschutzinteresse.
- 17
- a) Entgegen der Auffassung der Revision braucht sich die Klägerin nicht darauf verweisen zu lassen, dass sie einen dem Eigentümer durch den Verlust der Diapositive entstandenen Schaden von der Beklagten im Wege der Drittschadensliquidation hätte ersetzt verlangen können. Denn der Klägerin steht aus dem mit der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag ein eigener vertraglicher Schadensersatzanspruch zu, der gegenwärtig noch nicht beziffert werden kann.
- 18
- b) Das Feststellungs- und Rechtsschutzinteresse für den geltend gemachten Feststellungsantrag entfällt auch nicht deshalb, weil die Klägerin auf Freistellung und damit auf Leistung klagen könnte.
- 19
- aa) Die Klägerin wird von dem Eigentümer der abhanden gekommenen Diapositive selbst auf Leistung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Dieser Anspruch kann - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - dem Grunde nach gerechtfertigt sein. Der Fotograf S. hatte der Klägerin aufgrund eines Leihvertrags im Mai 2001 insgesamt 383 Diapositive überlassen. Aus diesem Vertragsverhältnis bestand für die Klägerin die Verpflichtung zur Rückgabe der nicht für eine Veröffentlichung ausgewählten Aufnahmen. Der Leistungsort für die Rückgabeverpflichtung der Klägerin war bei der hier gegebenen Fallgestaltung der Sitz des Eigentümers in München (BGH, Urt. v. 19.9.2001 - I ZR 343/98, TranspR 2002, 365, 367 = GRUR 2002, 282 - Bildagentur ). Dies hat zur Folge, dass die Klägerin für ein Verschulden des Trans- portunternehmens nach § 278 BGB haftet und sich bei einem Verlust der Diapositive insofern gemäß § 280 Abs. 1 BGB entlasten muss (vgl. BGH TranspR 2002, 365, 367), was nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts bislang nicht geschehen ist. Danach kommt ein Schadensersatzanspruch des Eigentümers der in Verlust geratenen Diapositive gegen die Klägerin dem Grunde nach ernsthaft in Betracht.
- 20
- bb) Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden besteht allein in ihrer Belastung mit einer Verbindlichkeit. Der zunächst auf Befreiung von dieser Schuld gerichtete Anspruch geht gemäß § 250 Satz 2 BGB zwar in einen Zahlungsanspruch über, wenn der Schädiger - wie im Streitfall - die Leistung ernsthaft und endgültig abgelehnt hat (BGH, Urt. v. 10.12.1992 - IX ZR 54/92, NJW 1993, 1137, 1138 m.w.N.). Das setzt aber voraus, dass die Klägerin tatsächlich mit einer Verbindlichkeit beschwert ist, die Schadensersatzforderung des Eigentümers der verlorengegangenen Diapositive also erfüllen muss (vgl. BGH, Urt. v. 11.6.1986 - VIII ZR 153/85, NJW-RR 1987, 43, 44; Urt. v. 9.11.1988 - VIII ZR 310/87, NJW 1989, 1215, 1216). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin gegen den von dem Fotografen S. erwirkten Mahnbescheid Widerspruch eingelegt. Wer die Forderung, von der er Befreiung verlangt, selbst mit einem Rechtsbehelf bekämpft, bringt dadurch grundsätzlich zum Ausdruck, dass er deren Beseitigung noch für möglich, den Anspruch des Dritten also für nicht endgültig gesichert hält. Solange die Klägerin gegen die von dem Eigentümer der abhanden gekommenen Diapositive erhobene Schadensersatzforderung vorgeht, hat sie kein berechtigtes Interesse daran, von ihrem Schuldner bereits Zahlung zu erhalten. In einem solchen Fall ist grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht des in Anspruch genommenen Schädigers der richtige Weg (vgl. BGHZ 79, 76, 78; BGH NJW 1993, 1137, 1139 m.w.N.). Im Übrigen kann, solange die Höhe der Verbindlichkeit, von der Befreiung verlangt wird, nicht feststeht, nicht auf Leistung, sondern nur auf Feststellung geklagt werden (vgl. MünchKomm.ZPO/Lüke, 2. Aufl., § 253 Rdn. 146; Musielak/Foerste, ZPO, 5. Aufl., § 256 Rdn. 29).
- 21
- 2. Die Klage ist dem Grunde nach auch gerechtfertigt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann aber ein Mitverschulden der Klägerin in Betracht kommen.
- 22
- a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten nach den §§ 407, 425 Abs. 1 HGB bejaht hat.
- 23
- aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Frachtvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten durch die Übernahme und die Beförderung der ihrem Inhalt nach nicht erkennbaren Sendung durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen ist. Die Verbotsgutklauseln unter Ziffer 3.1 der AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob diese Klauseln gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen und deshalb unwirksam sind. Denn bereits die vorrangige Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der AGB aus der Sicht eines verständigen Versenders ergibt, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts der Klauseln unter Ziffer 3.1 einen Vertrag schließen wollte (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, TranspR 2006, 254, 255, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 64 vorgesehen).
- 24
- bb) Die Auslegung der über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verwendeten AGB der Beklagten unterliegt in vollem Umfang revisionsrechtlicher Überprüfung (st. Rspr.; vgl. BGHZ 151, 337, 346 f.; BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03, Tz 17).
- 25
- cc) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und nach ihrem typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Bei der insoweit gebotenen objektiven Auslegung ist daher zu prüfen, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von dem angesprochenen Kundenkreis vernünftigerweise aufgefasst werden durften. Ausgangspunkt der Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut der verwendeten Bestimmung. Daneben kommt es aber auch auf den Sinn und Zweck und die systematische Stellung der fraglichen Klausel innerhalb des Gesamtwerks an, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Kunden maßgeblich sind (BGHZ 151, 337, 348; BGH TranspR 2006, 254, 255). Diese Grundsätze gelten auch für leistungsbeschreibende Klauseln (vgl. Staudinger /Schlosser, BGB [1998], § 5 AGBG Rdn. 2; MünchKomm.BGB/Basedow, 4. Aufl., Band 2a § 307 Rdn. 19).
- 26
- dd) Die Beklagte will nach dem Wortlaut von Ziffer 3.1.2 ihrer AGB bei Gütern mit besonderem Wert, insbesondere Edelmetallen, echtem Schmuck, Edelsteinen, echten Perlen, Antiquitäten und Kunstgegenständen, keinerlei vertragliche Verpflichtung eingehen. Gleiches gilt gemäß Ziffer 3.1.5 der AGB für sonstige Güter, sofern sie einen höheren Wert als 13.000 € besitzen. Diese Regelungen sind jedoch nicht isoliert zu betrachten, sondern im systematischen Zusammenhang mit Ziffer 3.3, 3.4 und Ziffer 6 (Haftung) der AGB zu beurteilen, die auf sie Bezug nehmen. Nach Ziffer 3.3 der AGB ist die Beklagte berechtigt, die Übernahme oder Weiterbeförderung zu verweigern, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Paket von der speditionellen Behandlung gemäß Ziffer 3.1 der AGB ausgeschlossen ist. In Ziffer 6 der AGB ist unter anderem die Haftung der Beklagten bei verbotenen Gütern geregelt.
- 27
- Diese Regelungen ergeben aus der Sicht eines verständigen Versenders nur dann einen Sinn, wenn vom Zustandekommen eines Vertrags ausgegangen wird. Nach dem Gesamtzusammenhang der AGB kann aus den Regelungen in Ziffer 3.1 daher nicht entnommen werden, dass die Beklagte - handelnd durch ihre Mitarbeiter - das Zustandekommen von Beförderungsverträgen über verbotene Güter von vornherein für alle Fälle ausschließen wollte. Vielmehr bringt sie insoweit zum Ausdruck, dass sie sich nach dem Abschluss eines Beförderungsvertrags über so genannte ausgeschlossene Sendungen ihr weiteres Vorgehen vorbehalten will (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 255 f.).
- 28
- ee) Die vorstehende Beurteilung der Klauseln entspricht im Übrigen auch der herrschenden Auffassung zur Auslegung der insoweit vergleichbaren Bestimmungen der § 54 EVO a.F., § 8 KVO a.F. und Art. 4 CIM (vgl. zu § 54 EVO a.F.: Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck, Eisenbahn-Beförderungsrecht, 4. Aufl., Lieferung 1/97, § 54 EVO Anm. 1b; zu § 8 KVO a.F.: Koller, Transportrecht, 2. Aufl., § 8 KVO Rdn. 1; zu Art. 4 CIM: Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 4 CIM Rdn. 5).
- 29
- ff) Die Ansprüche aus dem Frachtvertrag sind entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin ihrerseits der Beklagten gegenüber nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss haftete. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen schuldhafter Irreführung sowie bei Falschangaben vor oder bei Vertragsschluss über § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 BGB eine Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 - VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; Urt. v. 6.4.2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Im Streitfall führte eine von der Klägerin etwa verletzte Aufklärungspflicht über den Wert der Sendung aber nicht zu einem Recht der Beklagten, die Aufhebung des Vertrags zu verlangen. Es ist anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, dessen Eintritt durch die Einhaltung der Pflicht verhindert werden sollte (vgl. BGHZ 116, 209, 212 m.w.N.). Dadurch, dass die AGB-Regelungen auch auf den Fall zutreffen, dass entgegen Ziffer 3.1 ein Beförderungsvertrag über Verbotsgut abgeschlossen wird, machen sie deutlich, dass die Verletzung der Aufklärungspflicht über den Wert des Transportguts den Vertragsschluss nicht als solchen unterbinden soll (vgl. oben Ziffer 2 a dd). Der Vertragsschluss selbst ist daher auch nicht als Schaden der Beklagten anzusehen (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 256).
- 30
- b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte für einen der Klägerin entstandenen Schaden nach § 435 HGB unbeschränkt haftet.
- 31
- aa) Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass der Auslieferungsfahrer , für dessen Handlungen die Beklagte gemäß § 428 HGB einzustehen hat, die ihm obliegenden Pflichten vorsätzlich nach § 435 HGB verletzt und dadurch den streitgegenständlichen Verlust herbeigeführt hat. Der Auslieferungsfahrer durfte das Transportgut nach den Zustellvorschriften der Beklagten (Ziffer 4.1.3 AGB) nur an den Empfänger oder eine andere erwachsene Person, die unter der Zustelladresse angetroffen wurde, aushändigen. Gegen diese Bestimmung , die der Sicherung des Transportgutes dient, hat der Auslieferungsfahrer , dem die Zustellvorschriften bekannt sein mussten, unstreitig verstoßen. Denn nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Auslieferungsfahrer die in Verlust geratenen Pakete weder dem Empfänger selbst noch einer unter der Zustelladresse angetroffenen erwachsenen Person übergeben. Das behauptet die Beklagte auch selbst nicht. Sie trägt vielmehr vor, die Pakete seien einem Nachbarn des Empfängers übergeben worden. Das stellt einen vorsätzlichen Verstoß gegen die vertraglichen Pflichten der Beklagten dar.
- 32
- Diese vorsätzliche Pflichtverletzung rechtfertigt für sich allein schon die Annahme eines qualifizierten Verschuldens gemäß § 435 HGB (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 314 = VersR 2006, 814). Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 435 HGB ein qualifiziertes Verschulden nur in Bezug auf den die Haftung begründenden Tatbestand voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 22 = VersR 1999, 254; BGH TranspR 2005, 311, 314). Ist danach von einem qualifizierten Verschulden i.S. von § 435 HGB auszugehen, das seiner Art nach als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommt, so obliegt es der Beklagten, im Prozess solche Umstände vorzutragen und zu beweisen, die gegen die Kausalität des festgestellten Sorgfaltsverstoßes sprechen (vgl. BGH TranspR 1999, 19, 22 f.; TranspR 2005, 311, 314). Bei einem bewussten Verstoß gegen eine der Sicherung des Transportgutes dienende Bestimmung spricht eine Vermutung dafür, dass die Pflichtverletzung kausal für den eingetretenen Verlust gewesen ist und dass dem Handelnden dies auch bewusst sein musste. In einem solchen Fall ist es Sache des Frachtführers, Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die gegen die Kausalität des Fehlverhaltens sprechen (vgl. BGH TranspR 1999, 19, 22 f.; TranspR 2005, 311, 314). Solche die Beklagte entlastenden Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt.
- 33
- bb) Einer unbeschränkten Haftung der Beklagten steht nicht entgegen, dass sie nach Ziffer 6.2 AGB für den Verlust einer gemäß Ziffer 3.1 AGB von der Beförderung ausgeschlossenen Sendung nicht haften will. Bei Ziffer 6.2 AGB handelt es sich nicht um eine der Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflicht der Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, TranspR 2006, 169, 170 f. = NJW-RR 2006, 758 m.w.N.), sondern um einen Haftungsausschluss. Die Klausel schränkt nach ihrem eindeutigen Wortlaut die ohne sie nach dem Gesetz bestehende Haftung ein (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 256). Das Berufungsgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass die in Rede stehende Klausel gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt und damit unwirksam ist. Die Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs, denen § 449 Abs. 1 Satz 1 HGB Rechnung trägt, sind entgegen der Ansicht der Revision im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da der zwischen den Parteien geschlossene Frachtvertrag nicht die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand hatte.
- 34
- c) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat.
- 35
- aa) Für die Beurteilung der Frage des Mitverschuldens ist seit dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes die Bestimmung des § 425 Abs. 2 HGB maßgeblich. Die Vorschrift greift jedoch den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8454, S. 60). Auf die zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 zu § 254 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB ergangenen Entscheidungen kann daher ohne weiteres zurückgegriffen werden (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, TranspR 2006, 205, 206).
- 36
- bb) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein Versender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Frachtführer die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behan- delt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz beansprucht (BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401 = VersR 2006, 570). Hätte der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch den Spediteur kennen müssen, kann auch das für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden ausreichen. Denn gemäß § 254 Abs. 1 BGB ist ein Mitverschulden bereits dann anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eines eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 80/03, TranspR 2006, 121, 122 = VersR 2006, 953; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 425 HGB Rdn. 74; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 254 Rdn. 23).
- 37
- cc) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zum Wert der abhanden gekommenen Diapositive getroffen. In der Revisionsinstanz ist daher von dem von dem Fotografen S. behaupteten Wert (500 € je Einzelstück) auszugehen.
- 38
- Das Berufungsgericht hat ein Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens verneint, weil feststehe, dass sie den von dem Fotografen S. behaupteten Wert der Diapositive nicht gekannt habe. Die Klägerin habe auch keine Veranlassung gehabt, sich vor der Versendung über den Wert der Diapositive zu informieren, da sie diese von dem Fotografen zuvor auf dem Postweg erhalten habe.
- 39
- Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Bei der Klägerin handelt es sich um einen Fachverlag, der häufig mit Aufnahmen von Berufsfotografen befasst ist. Der Klägerin musste daher bewusst sein, dass ein Diapositiv, wenn es sich um ein Unikat handelt, für den Fotografen nicht nur den Wert verkörpert, der als Vergütung für die Nutzung der Aufnahme zu entrichten ist. Sie hätte sich somit bei dem Fotografen zumindest darüber vergewissern müssen, ob es sich bei den ihr überlassenen Diapositiven um Unikate gehandelt hat. Auch wenn der Klägerin die Aufnahmen nicht mit einem Wertpaket übersandt worden waren, hätte sie in Betracht ziehen müssen, dass die Diapositive für den Eigentümer einen die einzelne Nutzungsvergütung erheblich übersteigenden Wert haben könnten und deshalb eine Versendung mittels Wertpaket erfolgen musste. Das Berufungsgericht durfte danach den Wert der von der Klägerin an den Fotografen S. übersandten Diapositive nicht offenlassen.
- 40
- dd) Die von der Klägerin unterlassene Wertangabe kann auch für den Schadenseintritt mitursächlich gewesen sein. Dies setzt zwar grundsätzlich voraus , dass das Transportunternehmen bei zutreffender Inhalts- und Wertangabe seine Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471 = NJW 2003, 3626). Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Jedoch liegt im Streitfall die Besonderheit vor, dass die Beklagte bei einer korrekten Wertangabe der Klägerin jedenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, die Beförderung im einfachen Paketdienst zu verweigern (Ziffer 3.1 AGB).
- 41
- III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Schaffert Gröning
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 24.04.2003 - 36 O 171/02 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 19.11.2003 - 3 U 137/03 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger und der Beklagte bildeten mit ihren Architekturbüros auf der Grundlage einer Vereinbarung vom 12. Mai 1999 eine Projektgemeinschaft für den Bereich "Städtebauliches Umfeld ICE-Bahnhof M. " (im Folgenden: Projektgemeinschaft). Die Projektgemeinschaft wurde von der - für die Stadt M. handelnden - D. -Aktiengesellschaft im Rahmen eines "Generalplanervertrags über Planungsleistungen" unter anderem mit Planungs- und Vergabeaufgaben für die Glas-/Stahlkonstruktion der Überdachung des zentralen Omnibusbahnhofs M. beauftragt. Innerhalb der Projektgemeinschaft war allein der Beklagte mit der Vorbereitung der Vergabe für die Stahl-/Glaskonstruktion befasst. Unter Berücksichtigung der - im Auftrag der Projektgemeinschaft von der Firma R. GmbH als Tragwerksplanerin berechneten - Statik für die Stahlkonstruktion fertigte der Beklagte eine Planungszeichnung, auf deren Grundlage das Ingenieurbüro J. Re. (Streithelfer zu 1 des Beklagten) als Subunternehmer der Projektgemeinschaft die der Vergabe zugrunde liegende Leistungsbeschreibung erstellte. Die Überdachung sollte mit einem punktgehaltenen Verglasungssystem ausgeführt werden. Den Zuschlag erhielt die Fa. L. Ing.-Bau GmbH (Streithelferin zu 2 des Beklagten). Als die - von der Fa. L. Ing.-Bau GmbH beschaffte - Statik für die Glaskonstruktion vorlag, stellte sich heraus, dass das vorgesehene Befestigungssystem verstärkt werden musste. Hierfür war ein Zusatzauftrag in Höhe von 85.754,04 DM (43.845,34 €) erforderlich.
- 2
- Eine andere Bieterin hatte ein Nebenangebot eingereicht, in dem sie zu einem um 100.000,00 DM niedrigeren Preis anbot, die Glaselemente nicht mit Punkthaltern zu befestigen, sondern auf Stahlprofilen zu lagern.
- 3
- Die Stadt M. verlangt von der Projektgemeinschaft Schadensersatz in Höhe von 43.845,34 € mit der Begründung, sie hätte in Kenntnis der tatsächlichen Kosten der Punktverglasung das Vergabeverfahren für dieses System abgebrochen und eine Ausschreibung für eine - erheblich kostengünstigere , wenn auch optisch weniger ansprechende - Befestigung der Glaselemente mit Stahlprofilen veranlasst. Auf eine Anfrage der - im Namen der Stadt M. handelnden - Verbandsgemeindeverwaltung M. an die Projektgemeinschaft vom 14. April 2002 erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 23. April 2002 namens der Projektgemeinschaft die grundsätzliche Bereitschaft, als Generalplaner für die Fehlplanung zu haften. Nachdem die Haftpflichtversicherung des Beklagten mit Schreiben vom 10. April 2003 Ansprüche gegen ihren Versicherungsnehmer als unberechtigt zurückgewiesen hatte, wandte sich die Verbandsgemeindeverwaltung M. mit Schreiben vom 30. Mai 2003 wegen der Schadensregulierung an die Kläger.
- 4
- Die Kläger haben die Verurteilung des Beklagten beantragt, sie von der Inanspruchnahme durch die Stadt M. wegen der fehlerhaften Planung der Glas-/Stahlkonstruktion in Höhe von 43.845,34 € nebst Zinsen freizustellen. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Hiergegen richtet sich die von dem erkennenden Senat zugelassene Revision der Kläger.
- 5
- Während des laufenden Revisionsverfahrens wurde am 1. Mai 2007 über das Vermögen der Streithelferin zu 2 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Ein Gesellschafter, der von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen werde, könne von seinen Mitgesellschaftern nur in Ausnahmefällen Ausgleich verlangen. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Die Stadt M. habe nicht unmittelbar die Kläger, sondern die Projektgemeinschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Demzufolge hätten die Kläger an die Stadt M. auch keine Zahlung geleistet, die Grundlage eines Ausgleichsanspruchs nach § 426 Abs. 1 BGB sein könne. Zu- dem sei ein ersatzfähiger Schaden der Stadt M. in der geltend gemachten Höhe nicht hinreichend vorgetragen und auch nicht erkennbar. Schließlich sei weder ausreichend dargelegt noch sonst ersichtlich, dass ein Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen nicht möglich sei. Mit dem Regulierungsanspruch gegen seine Haftpflichtversicherung habe der Beklagte der Gesellschaft eine "Vermögensposition zur Verfügung gestellt", die im Falle einer Inanspruchnahme der Kläger einen Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen ermöglichen würde.
- 9
- II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.
- 10
- 1. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts steht dem Freistellungsbegehren der Kläger nicht entgegen, dass die Stadt M. die Kläger nicht unmittelbar in Anspruch genommen habe.
- 11
- a) Schon die Auslegung des Berufungsgerichts, mit der es dem Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung M. vom 30. Mai 2003 lediglich Schadensersatzforderungen der Stadt M. gegen die Projektgemeinschaft , nicht jedoch gegen die Kläger persönlich entnehmen will, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie findet im Wortlaut des Schreibens keine Stütze und lässt gänzlich unberücksichtigt, dass das Schreiben, in dem die Stadt M. die gerichtliche Durchsetzung ihrer Forderungen ankündigt , nicht an die Projektgemeinschaft, sondern ausdrücklich an die Kläger persönlich gerichtet ist. Zudem steht diese Auslegung zu der - vom Berufungsgericht an anderer Stelle des angefochtenen Urteils (I Abs. 3 a.E.) ausdrücklich getroffenen - Feststellung in Widerspruch, dass die Verbandsgemeindeverwaltung in diesem Schreiben gerade von den Klägern Ersatz des Mehraufwandes gefordert hat.
- 12
- b) Rechtsfehlerhaft ist die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die von den Klägern begehrte Freistellung setze ihre - erfolgreiche - Inanspruchnahme durch die Stadt M. voraus.
- 13
- aa) Der Beklagte kann nicht damit durchdringen, für die Kläger bestehe schon deshalb keine Gefahr, von der Stadt M. in Anspruch genommen zu werden, weil deren Forderung verjährt sei. Der erstmals in der Revisionsinstanz erhobene Einwand, die Forderung der Stadt M. sei - noch vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz - verjährt, ist einer Berücksichtigung durch das Revisionsgericht entzogen; die Verjährungseinrede kann in der Revisionsinstanz nicht mehr nachgeholt werden (BGHZ 1, 234, 239; Zöller/Gummer, ZPO 26. Aufl. § 559 Rdn. 7).
- 14
- bb) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass zwischen mehreren - analog § 128 BGB persönlich haftenden - Gesellschaftern einer BGB-Außen-Gesellschaft ein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht, auf das § 426 Abs. 1 BGB Anwendung findet (Sen.Urt. v. 2. Juli 1979 - II ZR 132/78, WM 1979, 1282; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 705 Rdn. 217; § 714 Rdn. 56). Anders als das Berufungsgericht in Verkennung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gemeint hat, entsteht jedoch der selbständige Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers, sondern schon mit der Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses (BGH, Urt. v. 7. November 1985 - III ZR 142/84, WM 1986, 170; BGHZ 114, 117, 122; BGH, Urt. v. 20. Juli 2006 - IX ZR 44/05, ZIP 2006, 1591, 1592). Ist die Schuld fällig, kann der mithaftende Gesamtschuldner schon vor Erbringung seiner eigenen Leistung von seinen Mitschuldnern verlangen, ihren Anteilen entsprechend an der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken und ihn von einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger freizustellen (BGH, Urt. v. 5. März 1981 - III ZR 115/80, ZIP 1981, 594, 596; BGH, Urt. v. 7. November 1985 aaO; Urt. v. 20. Juli 2006 aaO). Diese Grundsätze gelten auch unter mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern, wenn von der Gesellschaft kein Ausgleich zu erlangen ist (BGHZ 37, 299, 303; Sen.Urt. vom 2. Juli 1979 aaO). In diesem Fall kann ein Gesellschafter von seinen Mitgesellschaftern schon dann Freistellung fordern, wenn die ernsthafte Möglichkeit seiner Inanspruchnahme durch einen Gesellschaftsgläubiger besteht (MünchKommHGB/K. Schmidt 2. Aufl. § 128 Rdn. 36; Hillmann in Ebenroth /Boujong/Joost, HGB § 128 Rdn. 37).
- 15
- So liegt der Fall hier. Die Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung M. vom 14. April 2002 und vom 30. Mai 2002 lassen keinen Zweifel daran, dass die Stadt M. wegen des ihr entstandenen Mehraufwands für die Überdachung des Omnibusbahnhofes jedenfalls gegen die Projektgemeinschaft Ansprüche erhebt, die sie mit Hilfe der Gerichte durchzusetzen gewillt war.
- 16
- 2. Ebenso wenig gefolgt werden kann dem Berufungsgericht, soweit es den Klägern die begehrte Freistellung versagt, weil im Falle ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen möglich sei.
- 17
- Im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, dass während des Bestehens der Gesellschaft ein Mitgesellschafter nur dann nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Ausgleich in Anspruch genommen werden kann, wenn von der Gesellschaft keine Erstattung zu erlangen ist (Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 - II ZR 382/99, ZIP 2002, 394, 396 m.w.Nachw.; vgl. schon oben II 1 b bb). Dieser Grundsatz gilt für den Befreiungsanspruch ebenso wie für den Rückgriffsanspruch nach Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers (MünchKommHGB/K. Schmidt aaO; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost aaO).
- 18
- Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts , ein Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen sei schon deshalb möglich , weil der Beklagte mit dem Regulierungsanspruch gegen seine Haftpflichtversicherung der Gesellschaft eine "Vermögensposition zur Verfügung gestellt" habe. Wie die Revision mit Recht rügt, hat das Berufungsgericht schon nicht ordnungsgemäß festgestellt, dass der Beklagte den Regulierungsanspruch gegen seinen Haftpflichtversicherer an die Gesellschaft abgetreten hat. Hierfür ist auch nichts ersichtlich. Zudem ist dem Schreiben des Haftpflichtversicherers vom 10. April 2003 an die Verbandsgemeindeverwaltung M. keinesfalls die Bereitschaft des Versicherers zu entnehmen, auch die Projektgemeinschaft und damit die Kläger als deren Gesellschafter in den Haftpflichtversicherungsschutz einzubeziehen.
- 19
- Schließlich hat das Berufungsgericht übersehen, dass nach der Rechtsprechung des Senats die subsidiäre Haftung der Mitgesellschafter schon dann eingreift, wenn der Gesellschaft frei verfügbare Mittel zur Erfüllung der Gesellschaftsschuld nicht zur Verfügung stehen (BGHZ 37, 299, 303; Sen.Urt. v. 2. Juli 1979 aaO; BGHZ 103, 72, 76; Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 aaO). Ein erst noch durchzusetzender Regulierungsanspruch gegen den Haftpflichtversicherer verdient nicht die Qualifizierung als "frei verfügbare Mittel" der Gesellschaft.
- 20
- Sonstiges Gesellschaftsvermögen, aus dem die Kläger von der Gesellschaft Befreiung erlangen könnten, ist nach dem für das Revisionsverfahren maßgebenden Sachverhalt nicht vorhanden. Die Kläger haben, ohne dass das Berufungsgericht gegenteilige Feststellungen getroffen hätte, vorgetragen, die Gesellschaft verfüge nicht über eigenes Vermögen. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, dass die Projektgemeinschaft kein Gesellschaftsvermögen hat.
- 21
- 3. Schon im Ansatz unrichtig ist schließlich die Auffassung des Berufungsgerichts , ein Freistellungsanspruch bestehe nicht, weil ein ersetzungsfähiger Schaden der Stadt M. nicht erkennbar sei.
- 22
- Der von den Klägern verfolgte umfassende Freistellungsanspruch setzt nicht voraus, dass die Forderung der Stadt M. auf Ersatz der Mehrkosten berechtigt ist. Denn die Pflicht zur Freistellung umfasst nicht nur die Verpflichtung , begründete Ansprüche zu erfüllen, sondern auch die Verpflichtung, unbegründete Ansprüche von dem Freistellungsgläubiger abzuwehren. Der Gefahr , eine unbegründete Forderung zu erfüllen oder sich wegen einer begründeten Forderung mit einer Klage überziehen zu lassen, soll der Freizustellende nach dem Sinn der Freistellung gerade enthoben werden (BGH, Urt. v. 19. April 2002 - V ZR 3/01, ZIP 2002, 1299; Urt. v. 19. Januar 1983 - IVa ZR 116/81, NJW 1983, 1729, 1730, jeweils für den vertraglichen Befreiungsanspruch).
- 23
- Darauf, dass das Berufungsgericht - wie die Revision zu Recht rügt - von seinem verfehlten Rechtsstandpunkt aus dann auch noch verfahrensfehlerhaft der durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellten Behauptung der Kläger nicht nachgegangen ist, durch die ausgeführte Dachkonstruktion sei keine Werterhöhung des Grundstücks eingetreten und auch der Nutzungswert des Grundstücks habe sich nicht erhöht, kommt es deshalb im Ergebnis nicht an.
- 24
- III. Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO).
- 25
- Das Berufungsgericht wird wegen der Subsidiarität der Gesellschafterhaftung nicht nur dem Vorbringen der Kläger nachzugehen haben, die Gesellschaft verfüge nicht - mehr - über eigenes Vermögen, sondern wird, gegebe- nenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien, auch Feststellungen zu der - zwischen den Parteien streitigen - Verlustbeteiligung in der Gesellschaft zu treffen haben. Wurden die Aufträge für die Gesellschaft abgewickelt und waren die Gesellschafter - wie der Beklagte behauptet - zu gleichen Teilen an Gewinn und Verlust der an die Projektgemeinschaft vergebenen Aufträge beteiligt, ist dieser Maßstab grundsätzlich auch für den Ausgleich im Innenverhältnis maßgeblich (Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 aaO; BGHZ 103, 72, 76). Anderes könnte gelten, wenn die Verbindlichkeit auf einem - gemessen an § 708 BGB - pflichtwidrigen und schuldhaften Verhalten des Beklagten beruht (Staudinger /Noack, BGB 2005 § 426 Rdn. 188 m.w.Nachw.).
- 26
- In dem neu eröffneten Berufungsverfahren ist außerdem zu klären, ob die Projektgemeinschaft durch die - unstreitige - Kündigung der Kläger oder infolge Zweckerreichung zwischenzeitlich aufgelöst ist und sich im Abwicklungsstadium befindet. In diesem Fall kann der Freistellungsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht mehr selbständig geltend gemacht werden; er ist dann nur noch ein unselbständiger Rechnungsposten in der Auseinandersetzungsbilanz (st.Rspr., vgl. nur Sen.Urt. v. 3. April 2006 - II ZR 40/05, ZIP 2006, 994, 996 m.w.Nachw.). Dies allein könnte freilich eine vollständige Abweisung der Klage nicht rechtfertigen, weil in dem auf Freistellung gerichteten Leistungsantrag als Minus ein Feststellungsbegehren enthalten ist (Sen.Urt. v. 18. März 2002 - II ZR 103/01, NZG 2002, 519). Allerdings steht - worauf die Revision zu Recht hinweist - die Auflösung der Gesellschaft der Leistungsklage dann nicht entgegen, wenn - wie die Kläger behaupten - kein Gesellschaftsvermögen (mehr) vorhanden ist (Sen.Urt. v. 21. November 2005 - II ZR 17/04, ZIP 2006, 232 f. Tz. 11; Sen.Urt. v. 23. Oktober 2006 - II ZR 192/05, ZIP 2006, 2271, 2272 Tz. 10).
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 15.07.2004 - 9 O 258/03 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 26.04.2006 - 1 U 1026/04 -
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger und der Beklagte bildeten mit ihren Architekturbüros auf der Grundlage einer Vereinbarung vom 12. Mai 1999 eine Projektgemeinschaft für den Bereich "Städtebauliches Umfeld ICE-Bahnhof M. " (im Folgenden: Projektgemeinschaft). Die Projektgemeinschaft wurde von der - für die Stadt M. handelnden - D. -Aktiengesellschaft im Rahmen eines "Generalplanervertrags über Planungsleistungen" unter anderem mit Planungs- und Vergabeaufgaben für die Glas-/Stahlkonstruktion der Überdachung des zentralen Omnibusbahnhofs M. beauftragt. Innerhalb der Projektgemeinschaft war allein der Beklagte mit der Vorbereitung der Vergabe für die Stahl-/Glaskonstruktion befasst. Unter Berücksichtigung der - im Auftrag der Projektgemeinschaft von der Firma R. GmbH als Tragwerksplanerin berechneten - Statik für die Stahlkonstruktion fertigte der Beklagte eine Planungszeichnung, auf deren Grundlage das Ingenieurbüro J. Re. (Streithelfer zu 1 des Beklagten) als Subunternehmer der Projektgemeinschaft die der Vergabe zugrunde liegende Leistungsbeschreibung erstellte. Die Überdachung sollte mit einem punktgehaltenen Verglasungssystem ausgeführt werden. Den Zuschlag erhielt die Fa. L. Ing.-Bau GmbH (Streithelferin zu 2 des Beklagten). Als die - von der Fa. L. Ing.-Bau GmbH beschaffte - Statik für die Glaskonstruktion vorlag, stellte sich heraus, dass das vorgesehene Befestigungssystem verstärkt werden musste. Hierfür war ein Zusatzauftrag in Höhe von 85.754,04 DM (43.845,34 €) erforderlich.
- 2
- Eine andere Bieterin hatte ein Nebenangebot eingereicht, in dem sie zu einem um 100.000,00 DM niedrigeren Preis anbot, die Glaselemente nicht mit Punkthaltern zu befestigen, sondern auf Stahlprofilen zu lagern.
- 3
- Die Stadt M. verlangt von der Projektgemeinschaft Schadensersatz in Höhe von 43.845,34 € mit der Begründung, sie hätte in Kenntnis der tatsächlichen Kosten der Punktverglasung das Vergabeverfahren für dieses System abgebrochen und eine Ausschreibung für eine - erheblich kostengünstigere , wenn auch optisch weniger ansprechende - Befestigung der Glaselemente mit Stahlprofilen veranlasst. Auf eine Anfrage der - im Namen der Stadt M. handelnden - Verbandsgemeindeverwaltung M. an die Projektgemeinschaft vom 14. April 2002 erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 23. April 2002 namens der Projektgemeinschaft die grundsätzliche Bereitschaft, als Generalplaner für die Fehlplanung zu haften. Nachdem die Haftpflichtversicherung des Beklagten mit Schreiben vom 10. April 2003 Ansprüche gegen ihren Versicherungsnehmer als unberechtigt zurückgewiesen hatte, wandte sich die Verbandsgemeindeverwaltung M. mit Schreiben vom 30. Mai 2003 wegen der Schadensregulierung an die Kläger.
- 4
- Die Kläger haben die Verurteilung des Beklagten beantragt, sie von der Inanspruchnahme durch die Stadt M. wegen der fehlerhaften Planung der Glas-/Stahlkonstruktion in Höhe von 43.845,34 € nebst Zinsen freizustellen. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Hiergegen richtet sich die von dem erkennenden Senat zugelassene Revision der Kläger.
- 5
- Während des laufenden Revisionsverfahrens wurde am 1. Mai 2007 über das Vermögen der Streithelferin zu 2 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Ein Gesellschafter, der von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen werde, könne von seinen Mitgesellschaftern nur in Ausnahmefällen Ausgleich verlangen. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Die Stadt M. habe nicht unmittelbar die Kläger, sondern die Projektgemeinschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Demzufolge hätten die Kläger an die Stadt M. auch keine Zahlung geleistet, die Grundlage eines Ausgleichsanspruchs nach § 426 Abs. 1 BGB sein könne. Zu- dem sei ein ersatzfähiger Schaden der Stadt M. in der geltend gemachten Höhe nicht hinreichend vorgetragen und auch nicht erkennbar. Schließlich sei weder ausreichend dargelegt noch sonst ersichtlich, dass ein Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen nicht möglich sei. Mit dem Regulierungsanspruch gegen seine Haftpflichtversicherung habe der Beklagte der Gesellschaft eine "Vermögensposition zur Verfügung gestellt", die im Falle einer Inanspruchnahme der Kläger einen Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen ermöglichen würde.
- 9
- II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.
- 10
- 1. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts steht dem Freistellungsbegehren der Kläger nicht entgegen, dass die Stadt M. die Kläger nicht unmittelbar in Anspruch genommen habe.
- 11
- a) Schon die Auslegung des Berufungsgerichts, mit der es dem Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung M. vom 30. Mai 2003 lediglich Schadensersatzforderungen der Stadt M. gegen die Projektgemeinschaft , nicht jedoch gegen die Kläger persönlich entnehmen will, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie findet im Wortlaut des Schreibens keine Stütze und lässt gänzlich unberücksichtigt, dass das Schreiben, in dem die Stadt M. die gerichtliche Durchsetzung ihrer Forderungen ankündigt , nicht an die Projektgemeinschaft, sondern ausdrücklich an die Kläger persönlich gerichtet ist. Zudem steht diese Auslegung zu der - vom Berufungsgericht an anderer Stelle des angefochtenen Urteils (I Abs. 3 a.E.) ausdrücklich getroffenen - Feststellung in Widerspruch, dass die Verbandsgemeindeverwaltung in diesem Schreiben gerade von den Klägern Ersatz des Mehraufwandes gefordert hat.
- 12
- b) Rechtsfehlerhaft ist die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die von den Klägern begehrte Freistellung setze ihre - erfolgreiche - Inanspruchnahme durch die Stadt M. voraus.
- 13
- aa) Der Beklagte kann nicht damit durchdringen, für die Kläger bestehe schon deshalb keine Gefahr, von der Stadt M. in Anspruch genommen zu werden, weil deren Forderung verjährt sei. Der erstmals in der Revisionsinstanz erhobene Einwand, die Forderung der Stadt M. sei - noch vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz - verjährt, ist einer Berücksichtigung durch das Revisionsgericht entzogen; die Verjährungseinrede kann in der Revisionsinstanz nicht mehr nachgeholt werden (BGHZ 1, 234, 239; Zöller/Gummer, ZPO 26. Aufl. § 559 Rdn. 7).
- 14
- bb) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass zwischen mehreren - analog § 128 BGB persönlich haftenden - Gesellschaftern einer BGB-Außen-Gesellschaft ein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht, auf das § 426 Abs. 1 BGB Anwendung findet (Sen.Urt. v. 2. Juli 1979 - II ZR 132/78, WM 1979, 1282; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 705 Rdn. 217; § 714 Rdn. 56). Anders als das Berufungsgericht in Verkennung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gemeint hat, entsteht jedoch der selbständige Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers, sondern schon mit der Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses (BGH, Urt. v. 7. November 1985 - III ZR 142/84, WM 1986, 170; BGHZ 114, 117, 122; BGH, Urt. v. 20. Juli 2006 - IX ZR 44/05, ZIP 2006, 1591, 1592). Ist die Schuld fällig, kann der mithaftende Gesamtschuldner schon vor Erbringung seiner eigenen Leistung von seinen Mitschuldnern verlangen, ihren Anteilen entsprechend an der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken und ihn von einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger freizustellen (BGH, Urt. v. 5. März 1981 - III ZR 115/80, ZIP 1981, 594, 596; BGH, Urt. v. 7. November 1985 aaO; Urt. v. 20. Juli 2006 aaO). Diese Grundsätze gelten auch unter mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern, wenn von der Gesellschaft kein Ausgleich zu erlangen ist (BGHZ 37, 299, 303; Sen.Urt. vom 2. Juli 1979 aaO). In diesem Fall kann ein Gesellschafter von seinen Mitgesellschaftern schon dann Freistellung fordern, wenn die ernsthafte Möglichkeit seiner Inanspruchnahme durch einen Gesellschaftsgläubiger besteht (MünchKommHGB/K. Schmidt 2. Aufl. § 128 Rdn. 36; Hillmann in Ebenroth /Boujong/Joost, HGB § 128 Rdn. 37).
- 15
- So liegt der Fall hier. Die Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung M. vom 14. April 2002 und vom 30. Mai 2002 lassen keinen Zweifel daran, dass die Stadt M. wegen des ihr entstandenen Mehraufwands für die Überdachung des Omnibusbahnhofes jedenfalls gegen die Projektgemeinschaft Ansprüche erhebt, die sie mit Hilfe der Gerichte durchzusetzen gewillt war.
- 16
- 2. Ebenso wenig gefolgt werden kann dem Berufungsgericht, soweit es den Klägern die begehrte Freistellung versagt, weil im Falle ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen möglich sei.
- 17
- Im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, dass während des Bestehens der Gesellschaft ein Mitgesellschafter nur dann nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Ausgleich in Anspruch genommen werden kann, wenn von der Gesellschaft keine Erstattung zu erlangen ist (Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 - II ZR 382/99, ZIP 2002, 394, 396 m.w.Nachw.; vgl. schon oben II 1 b bb). Dieser Grundsatz gilt für den Befreiungsanspruch ebenso wie für den Rückgriffsanspruch nach Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers (MünchKommHGB/K. Schmidt aaO; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost aaO).
- 18
- Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts , ein Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen sei schon deshalb möglich , weil der Beklagte mit dem Regulierungsanspruch gegen seine Haftpflichtversicherung der Gesellschaft eine "Vermögensposition zur Verfügung gestellt" habe. Wie die Revision mit Recht rügt, hat das Berufungsgericht schon nicht ordnungsgemäß festgestellt, dass der Beklagte den Regulierungsanspruch gegen seinen Haftpflichtversicherer an die Gesellschaft abgetreten hat. Hierfür ist auch nichts ersichtlich. Zudem ist dem Schreiben des Haftpflichtversicherers vom 10. April 2003 an die Verbandsgemeindeverwaltung M. keinesfalls die Bereitschaft des Versicherers zu entnehmen, auch die Projektgemeinschaft und damit die Kläger als deren Gesellschafter in den Haftpflichtversicherungsschutz einzubeziehen.
- 19
- Schließlich hat das Berufungsgericht übersehen, dass nach der Rechtsprechung des Senats die subsidiäre Haftung der Mitgesellschafter schon dann eingreift, wenn der Gesellschaft frei verfügbare Mittel zur Erfüllung der Gesellschaftsschuld nicht zur Verfügung stehen (BGHZ 37, 299, 303; Sen.Urt. v. 2. Juli 1979 aaO; BGHZ 103, 72, 76; Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 aaO). Ein erst noch durchzusetzender Regulierungsanspruch gegen den Haftpflichtversicherer verdient nicht die Qualifizierung als "frei verfügbare Mittel" der Gesellschaft.
- 20
- Sonstiges Gesellschaftsvermögen, aus dem die Kläger von der Gesellschaft Befreiung erlangen könnten, ist nach dem für das Revisionsverfahren maßgebenden Sachverhalt nicht vorhanden. Die Kläger haben, ohne dass das Berufungsgericht gegenteilige Feststellungen getroffen hätte, vorgetragen, die Gesellschaft verfüge nicht über eigenes Vermögen. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, dass die Projektgemeinschaft kein Gesellschaftsvermögen hat.
- 21
- 3. Schon im Ansatz unrichtig ist schließlich die Auffassung des Berufungsgerichts , ein Freistellungsanspruch bestehe nicht, weil ein ersetzungsfähiger Schaden der Stadt M. nicht erkennbar sei.
- 22
- Der von den Klägern verfolgte umfassende Freistellungsanspruch setzt nicht voraus, dass die Forderung der Stadt M. auf Ersatz der Mehrkosten berechtigt ist. Denn die Pflicht zur Freistellung umfasst nicht nur die Verpflichtung , begründete Ansprüche zu erfüllen, sondern auch die Verpflichtung, unbegründete Ansprüche von dem Freistellungsgläubiger abzuwehren. Der Gefahr , eine unbegründete Forderung zu erfüllen oder sich wegen einer begründeten Forderung mit einer Klage überziehen zu lassen, soll der Freizustellende nach dem Sinn der Freistellung gerade enthoben werden (BGH, Urt. v. 19. April 2002 - V ZR 3/01, ZIP 2002, 1299; Urt. v. 19. Januar 1983 - IVa ZR 116/81, NJW 1983, 1729, 1730, jeweils für den vertraglichen Befreiungsanspruch).
- 23
- Darauf, dass das Berufungsgericht - wie die Revision zu Recht rügt - von seinem verfehlten Rechtsstandpunkt aus dann auch noch verfahrensfehlerhaft der durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellten Behauptung der Kläger nicht nachgegangen ist, durch die ausgeführte Dachkonstruktion sei keine Werterhöhung des Grundstücks eingetreten und auch der Nutzungswert des Grundstücks habe sich nicht erhöht, kommt es deshalb im Ergebnis nicht an.
- 24
- III. Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO).
- 25
- Das Berufungsgericht wird wegen der Subsidiarität der Gesellschafterhaftung nicht nur dem Vorbringen der Kläger nachzugehen haben, die Gesellschaft verfüge nicht - mehr - über eigenes Vermögen, sondern wird, gegebe- nenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien, auch Feststellungen zu der - zwischen den Parteien streitigen - Verlustbeteiligung in der Gesellschaft zu treffen haben. Wurden die Aufträge für die Gesellschaft abgewickelt und waren die Gesellschafter - wie der Beklagte behauptet - zu gleichen Teilen an Gewinn und Verlust der an die Projektgemeinschaft vergebenen Aufträge beteiligt, ist dieser Maßstab grundsätzlich auch für den Ausgleich im Innenverhältnis maßgeblich (Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 aaO; BGHZ 103, 72, 76). Anderes könnte gelten, wenn die Verbindlichkeit auf einem - gemessen an § 708 BGB - pflichtwidrigen und schuldhaften Verhalten des Beklagten beruht (Staudinger /Noack, BGB 2005 § 426 Rdn. 188 m.w.Nachw.).
- 26
- In dem neu eröffneten Berufungsverfahren ist außerdem zu klären, ob die Projektgemeinschaft durch die - unstreitige - Kündigung der Kläger oder infolge Zweckerreichung zwischenzeitlich aufgelöst ist und sich im Abwicklungsstadium befindet. In diesem Fall kann der Freistellungsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht mehr selbständig geltend gemacht werden; er ist dann nur noch ein unselbständiger Rechnungsposten in der Auseinandersetzungsbilanz (st.Rspr., vgl. nur Sen.Urt. v. 3. April 2006 - II ZR 40/05, ZIP 2006, 994, 996 m.w.Nachw.). Dies allein könnte freilich eine vollständige Abweisung der Klage nicht rechtfertigen, weil in dem auf Freistellung gerichteten Leistungsantrag als Minus ein Feststellungsbegehren enthalten ist (Sen.Urt. v. 18. März 2002 - II ZR 103/01, NZG 2002, 519). Allerdings steht - worauf die Revision zu Recht hinweist - die Auflösung der Gesellschaft der Leistungsklage dann nicht entgegen, wenn - wie die Kläger behaupten - kein Gesellschaftsvermögen (mehr) vorhanden ist (Sen.Urt. v. 21. November 2005 - II ZR 17/04, ZIP 2006, 232 f. Tz. 11; Sen.Urt. v. 23. Oktober 2006 - II ZR 192/05, ZIP 2006, 2271, 2272 Tz. 10).
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 15.07.2004 - 9 O 258/03 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 26.04.2006 - 1 U 1026/04 -
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger und der Beklagte bildeten mit ihren Architekturbüros auf der Grundlage einer Vereinbarung vom 12. Mai 1999 eine Projektgemeinschaft für den Bereich "Städtebauliches Umfeld ICE-Bahnhof M. " (im Folgenden: Projektgemeinschaft). Die Projektgemeinschaft wurde von der - für die Stadt M. handelnden - D. -Aktiengesellschaft im Rahmen eines "Generalplanervertrags über Planungsleistungen" unter anderem mit Planungs- und Vergabeaufgaben für die Glas-/Stahlkonstruktion der Überdachung des zentralen Omnibusbahnhofs M. beauftragt. Innerhalb der Projektgemeinschaft war allein der Beklagte mit der Vorbereitung der Vergabe für die Stahl-/Glaskonstruktion befasst. Unter Berücksichtigung der - im Auftrag der Projektgemeinschaft von der Firma R. GmbH als Tragwerksplanerin berechneten - Statik für die Stahlkonstruktion fertigte der Beklagte eine Planungszeichnung, auf deren Grundlage das Ingenieurbüro J. Re. (Streithelfer zu 1 des Beklagten) als Subunternehmer der Projektgemeinschaft die der Vergabe zugrunde liegende Leistungsbeschreibung erstellte. Die Überdachung sollte mit einem punktgehaltenen Verglasungssystem ausgeführt werden. Den Zuschlag erhielt die Fa. L. Ing.-Bau GmbH (Streithelferin zu 2 des Beklagten). Als die - von der Fa. L. Ing.-Bau GmbH beschaffte - Statik für die Glaskonstruktion vorlag, stellte sich heraus, dass das vorgesehene Befestigungssystem verstärkt werden musste. Hierfür war ein Zusatzauftrag in Höhe von 85.754,04 DM (43.845,34 €) erforderlich.
- 2
- Eine andere Bieterin hatte ein Nebenangebot eingereicht, in dem sie zu einem um 100.000,00 DM niedrigeren Preis anbot, die Glaselemente nicht mit Punkthaltern zu befestigen, sondern auf Stahlprofilen zu lagern.
- 3
- Die Stadt M. verlangt von der Projektgemeinschaft Schadensersatz in Höhe von 43.845,34 € mit der Begründung, sie hätte in Kenntnis der tatsächlichen Kosten der Punktverglasung das Vergabeverfahren für dieses System abgebrochen und eine Ausschreibung für eine - erheblich kostengünstigere , wenn auch optisch weniger ansprechende - Befestigung der Glaselemente mit Stahlprofilen veranlasst. Auf eine Anfrage der - im Namen der Stadt M. handelnden - Verbandsgemeindeverwaltung M. an die Projektgemeinschaft vom 14. April 2002 erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 23. April 2002 namens der Projektgemeinschaft die grundsätzliche Bereitschaft, als Generalplaner für die Fehlplanung zu haften. Nachdem die Haftpflichtversicherung des Beklagten mit Schreiben vom 10. April 2003 Ansprüche gegen ihren Versicherungsnehmer als unberechtigt zurückgewiesen hatte, wandte sich die Verbandsgemeindeverwaltung M. mit Schreiben vom 30. Mai 2003 wegen der Schadensregulierung an die Kläger.
- 4
- Die Kläger haben die Verurteilung des Beklagten beantragt, sie von der Inanspruchnahme durch die Stadt M. wegen der fehlerhaften Planung der Glas-/Stahlkonstruktion in Höhe von 43.845,34 € nebst Zinsen freizustellen. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Hiergegen richtet sich die von dem erkennenden Senat zugelassene Revision der Kläger.
- 5
- Während des laufenden Revisionsverfahrens wurde am 1. Mai 2007 über das Vermögen der Streithelferin zu 2 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Ein Gesellschafter, der von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen werde, könne von seinen Mitgesellschaftern nur in Ausnahmefällen Ausgleich verlangen. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Die Stadt M. habe nicht unmittelbar die Kläger, sondern die Projektgemeinschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Demzufolge hätten die Kläger an die Stadt M. auch keine Zahlung geleistet, die Grundlage eines Ausgleichsanspruchs nach § 426 Abs. 1 BGB sein könne. Zu- dem sei ein ersatzfähiger Schaden der Stadt M. in der geltend gemachten Höhe nicht hinreichend vorgetragen und auch nicht erkennbar. Schließlich sei weder ausreichend dargelegt noch sonst ersichtlich, dass ein Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen nicht möglich sei. Mit dem Regulierungsanspruch gegen seine Haftpflichtversicherung habe der Beklagte der Gesellschaft eine "Vermögensposition zur Verfügung gestellt", die im Falle einer Inanspruchnahme der Kläger einen Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen ermöglichen würde.
- 9
- II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.
- 10
- 1. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts steht dem Freistellungsbegehren der Kläger nicht entgegen, dass die Stadt M. die Kläger nicht unmittelbar in Anspruch genommen habe.
- 11
- a) Schon die Auslegung des Berufungsgerichts, mit der es dem Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung M. vom 30. Mai 2003 lediglich Schadensersatzforderungen der Stadt M. gegen die Projektgemeinschaft , nicht jedoch gegen die Kläger persönlich entnehmen will, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie findet im Wortlaut des Schreibens keine Stütze und lässt gänzlich unberücksichtigt, dass das Schreiben, in dem die Stadt M. die gerichtliche Durchsetzung ihrer Forderungen ankündigt , nicht an die Projektgemeinschaft, sondern ausdrücklich an die Kläger persönlich gerichtet ist. Zudem steht diese Auslegung zu der - vom Berufungsgericht an anderer Stelle des angefochtenen Urteils (I Abs. 3 a.E.) ausdrücklich getroffenen - Feststellung in Widerspruch, dass die Verbandsgemeindeverwaltung in diesem Schreiben gerade von den Klägern Ersatz des Mehraufwandes gefordert hat.
- 12
- b) Rechtsfehlerhaft ist die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die von den Klägern begehrte Freistellung setze ihre - erfolgreiche - Inanspruchnahme durch die Stadt M. voraus.
- 13
- aa) Der Beklagte kann nicht damit durchdringen, für die Kläger bestehe schon deshalb keine Gefahr, von der Stadt M. in Anspruch genommen zu werden, weil deren Forderung verjährt sei. Der erstmals in der Revisionsinstanz erhobene Einwand, die Forderung der Stadt M. sei - noch vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz - verjährt, ist einer Berücksichtigung durch das Revisionsgericht entzogen; die Verjährungseinrede kann in der Revisionsinstanz nicht mehr nachgeholt werden (BGHZ 1, 234, 239; Zöller/Gummer, ZPO 26. Aufl. § 559 Rdn. 7).
- 14
- bb) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass zwischen mehreren - analog § 128 BGB persönlich haftenden - Gesellschaftern einer BGB-Außen-Gesellschaft ein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht, auf das § 426 Abs. 1 BGB Anwendung findet (Sen.Urt. v. 2. Juli 1979 - II ZR 132/78, WM 1979, 1282; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 705 Rdn. 217; § 714 Rdn. 56). Anders als das Berufungsgericht in Verkennung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gemeint hat, entsteht jedoch der selbständige Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers, sondern schon mit der Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses (BGH, Urt. v. 7. November 1985 - III ZR 142/84, WM 1986, 170; BGHZ 114, 117, 122; BGH, Urt. v. 20. Juli 2006 - IX ZR 44/05, ZIP 2006, 1591, 1592). Ist die Schuld fällig, kann der mithaftende Gesamtschuldner schon vor Erbringung seiner eigenen Leistung von seinen Mitschuldnern verlangen, ihren Anteilen entsprechend an der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken und ihn von einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger freizustellen (BGH, Urt. v. 5. März 1981 - III ZR 115/80, ZIP 1981, 594, 596; BGH, Urt. v. 7. November 1985 aaO; Urt. v. 20. Juli 2006 aaO). Diese Grundsätze gelten auch unter mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern, wenn von der Gesellschaft kein Ausgleich zu erlangen ist (BGHZ 37, 299, 303; Sen.Urt. vom 2. Juli 1979 aaO). In diesem Fall kann ein Gesellschafter von seinen Mitgesellschaftern schon dann Freistellung fordern, wenn die ernsthafte Möglichkeit seiner Inanspruchnahme durch einen Gesellschaftsgläubiger besteht (MünchKommHGB/K. Schmidt 2. Aufl. § 128 Rdn. 36; Hillmann in Ebenroth /Boujong/Joost, HGB § 128 Rdn. 37).
- 15
- So liegt der Fall hier. Die Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung M. vom 14. April 2002 und vom 30. Mai 2002 lassen keinen Zweifel daran, dass die Stadt M. wegen des ihr entstandenen Mehraufwands für die Überdachung des Omnibusbahnhofes jedenfalls gegen die Projektgemeinschaft Ansprüche erhebt, die sie mit Hilfe der Gerichte durchzusetzen gewillt war.
- 16
- 2. Ebenso wenig gefolgt werden kann dem Berufungsgericht, soweit es den Klägern die begehrte Freistellung versagt, weil im Falle ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen möglich sei.
- 17
- Im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, dass während des Bestehens der Gesellschaft ein Mitgesellschafter nur dann nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Ausgleich in Anspruch genommen werden kann, wenn von der Gesellschaft keine Erstattung zu erlangen ist (Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 - II ZR 382/99, ZIP 2002, 394, 396 m.w.Nachw.; vgl. schon oben II 1 b bb). Dieser Grundsatz gilt für den Befreiungsanspruch ebenso wie für den Rückgriffsanspruch nach Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers (MünchKommHGB/K. Schmidt aaO; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost aaO).
- 18
- Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts , ein Ausgleich aus dem Gesellschaftsvermögen sei schon deshalb möglich , weil der Beklagte mit dem Regulierungsanspruch gegen seine Haftpflichtversicherung der Gesellschaft eine "Vermögensposition zur Verfügung gestellt" habe. Wie die Revision mit Recht rügt, hat das Berufungsgericht schon nicht ordnungsgemäß festgestellt, dass der Beklagte den Regulierungsanspruch gegen seinen Haftpflichtversicherer an die Gesellschaft abgetreten hat. Hierfür ist auch nichts ersichtlich. Zudem ist dem Schreiben des Haftpflichtversicherers vom 10. April 2003 an die Verbandsgemeindeverwaltung M. keinesfalls die Bereitschaft des Versicherers zu entnehmen, auch die Projektgemeinschaft und damit die Kläger als deren Gesellschafter in den Haftpflichtversicherungsschutz einzubeziehen.
- 19
- Schließlich hat das Berufungsgericht übersehen, dass nach der Rechtsprechung des Senats die subsidiäre Haftung der Mitgesellschafter schon dann eingreift, wenn der Gesellschaft frei verfügbare Mittel zur Erfüllung der Gesellschaftsschuld nicht zur Verfügung stehen (BGHZ 37, 299, 303; Sen.Urt. v. 2. Juli 1979 aaO; BGHZ 103, 72, 76; Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 aaO). Ein erst noch durchzusetzender Regulierungsanspruch gegen den Haftpflichtversicherer verdient nicht die Qualifizierung als "frei verfügbare Mittel" der Gesellschaft.
- 20
- Sonstiges Gesellschaftsvermögen, aus dem die Kläger von der Gesellschaft Befreiung erlangen könnten, ist nach dem für das Revisionsverfahren maßgebenden Sachverhalt nicht vorhanden. Die Kläger haben, ohne dass das Berufungsgericht gegenteilige Feststellungen getroffen hätte, vorgetragen, die Gesellschaft verfüge nicht über eigenes Vermögen. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, dass die Projektgemeinschaft kein Gesellschaftsvermögen hat.
- 21
- 3. Schon im Ansatz unrichtig ist schließlich die Auffassung des Berufungsgerichts , ein Freistellungsanspruch bestehe nicht, weil ein ersetzungsfähiger Schaden der Stadt M. nicht erkennbar sei.
- 22
- Der von den Klägern verfolgte umfassende Freistellungsanspruch setzt nicht voraus, dass die Forderung der Stadt M. auf Ersatz der Mehrkosten berechtigt ist. Denn die Pflicht zur Freistellung umfasst nicht nur die Verpflichtung , begründete Ansprüche zu erfüllen, sondern auch die Verpflichtung, unbegründete Ansprüche von dem Freistellungsgläubiger abzuwehren. Der Gefahr , eine unbegründete Forderung zu erfüllen oder sich wegen einer begründeten Forderung mit einer Klage überziehen zu lassen, soll der Freizustellende nach dem Sinn der Freistellung gerade enthoben werden (BGH, Urt. v. 19. April 2002 - V ZR 3/01, ZIP 2002, 1299; Urt. v. 19. Januar 1983 - IVa ZR 116/81, NJW 1983, 1729, 1730, jeweils für den vertraglichen Befreiungsanspruch).
- 23
- Darauf, dass das Berufungsgericht - wie die Revision zu Recht rügt - von seinem verfehlten Rechtsstandpunkt aus dann auch noch verfahrensfehlerhaft der durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellten Behauptung der Kläger nicht nachgegangen ist, durch die ausgeführte Dachkonstruktion sei keine Werterhöhung des Grundstücks eingetreten und auch der Nutzungswert des Grundstücks habe sich nicht erhöht, kommt es deshalb im Ergebnis nicht an.
- 24
- III. Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO).
- 25
- Das Berufungsgericht wird wegen der Subsidiarität der Gesellschafterhaftung nicht nur dem Vorbringen der Kläger nachzugehen haben, die Gesellschaft verfüge nicht - mehr - über eigenes Vermögen, sondern wird, gegebe- nenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien, auch Feststellungen zu der - zwischen den Parteien streitigen - Verlustbeteiligung in der Gesellschaft zu treffen haben. Wurden die Aufträge für die Gesellschaft abgewickelt und waren die Gesellschafter - wie der Beklagte behauptet - zu gleichen Teilen an Gewinn und Verlust der an die Projektgemeinschaft vergebenen Aufträge beteiligt, ist dieser Maßstab grundsätzlich auch für den Ausgleich im Innenverhältnis maßgeblich (Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 aaO; BGHZ 103, 72, 76). Anderes könnte gelten, wenn die Verbindlichkeit auf einem - gemessen an § 708 BGB - pflichtwidrigen und schuldhaften Verhalten des Beklagten beruht (Staudinger /Noack, BGB 2005 § 426 Rdn. 188 m.w.Nachw.).
- 26
- In dem neu eröffneten Berufungsverfahren ist außerdem zu klären, ob die Projektgemeinschaft durch die - unstreitige - Kündigung der Kläger oder infolge Zweckerreichung zwischenzeitlich aufgelöst ist und sich im Abwicklungsstadium befindet. In diesem Fall kann der Freistellungsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht mehr selbständig geltend gemacht werden; er ist dann nur noch ein unselbständiger Rechnungsposten in der Auseinandersetzungsbilanz (st.Rspr., vgl. nur Sen.Urt. v. 3. April 2006 - II ZR 40/05, ZIP 2006, 994, 996 m.w.Nachw.). Dies allein könnte freilich eine vollständige Abweisung der Klage nicht rechtfertigen, weil in dem auf Freistellung gerichteten Leistungsantrag als Minus ein Feststellungsbegehren enthalten ist (Sen.Urt. v. 18. März 2002 - II ZR 103/01, NZG 2002, 519). Allerdings steht - worauf die Revision zu Recht hinweist - die Auflösung der Gesellschaft der Leistungsklage dann nicht entgegen, wenn - wie die Kläger behaupten - kein Gesellschaftsvermögen (mehr) vorhanden ist (Sen.Urt. v. 21. November 2005 - II ZR 17/04, ZIP 2006, 232 f. Tz. 11; Sen.Urt. v. 23. Oktober 2006 - II ZR 192/05, ZIP 2006, 2271, 2272 Tz. 10).
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 15.07.2004 - 9 O 258/03 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 26.04.2006 - 1 U 1026/04 -
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, die einen Verlag betreibt, nimmt das beklagte Paketdienstunternehmen auf Freistellung von Schadensersatzansprüchen in Anspruch, die der Berufsfotograf Andreas S. wegen des Verlustes von 351 Diapositiven gegen sie geltend macht.
- 2
- Die Klägerin steht mit der Beklagten in laufender Geschäftsbeziehung. Die Parteien haben am 13. Juli 2001 eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Nach § 1 Abs. 3 dieser Vereinbarung liegen den Vertragsverhältnissen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zugrunde. Diese enthalten u.a. folgende Regelungen: 3. Beförderungsausschluss 3.1 Von der speditionellen Behandlung im Paketdienst sind ausgeschlossen : 3.1.2 Güter von besonderem Wert, insbesondere Edelmetalle, echter Schmuck, Edelsteine, echte Perlen, Antiquitäten, Kunstgegenstände ; … 3.1.5 sonstige Güter, sofern sie einen höheren Wert als 13.000 € besitzen. … 3.3 D. ist berechtigt, die Übernahme oder Weiterbeförderung zu verweigern, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Paket von der speditionellen Behandlung gemäß Ziffer 3.1 ausgeschlossen ist. 3.4 Die Übernahme von gemäß Ziffer 3.1 ausgeschlossenen Gütern stellt keinen Verzicht auf den Beförderungsausschluss dar. 4. Leistungsumfang 4.1 Die speditionelle Leistung umfasst: 4.1.2 Bei Nichtantreffen einen zweiten und falls notwendig einen dritten Zustellungsversuch. 4.1.3 Die Aushändigung an den Empfänger oder eine andere erwachsene Person, die unter der Zustelladresse angetroffen wird und die Sendung entgegennimmt, wobei keine Verpflichtung besteht, eine Empfangsberechtigung zu überprüfen.
- 3
- Die Klägerin übergab der Beklagten am 13. März 2002 vier Pakete zur Beförderung zu dem in München wohnhaften Fotografen S. Dieser hatte der Klägerin im Mai 2001 insgesamt 383 Diapositive zur Auswahl für geplante Vogelbücher zur Verfügung gestellt. Nach dem Vortrag der Klägerin befanden sich in den vier der Beklagten übergebenen Paketen 351 Dias, die nicht für eine Veröffentlichung ausgewählt worden waren. Die Klägerin hat behauptet, die von ihr versandten Diapositive hätten den Fotografen S. nicht erreicht. Diesem sei dadurch ein Schaden in Höhe von 175.500 € (500 € je Diapositiv) entstanden. Der Fotograf S. hat diesen Betrag mit einem Mahnbescheid gegenüber der Klägerin geltend gemacht, die dagegen Widerspruch eingelegt hat.
- 4
- Die Klägerin hat behauptet, der Auslieferungsfahrer habe die Sendung unterschlagen oder entsorgt und durch Fälschung der Empfangsquittung die Ablieferung der Pakete vorgespiegelt. Für diese vorsätzliche Pflichtverletzung ihres Erfüllungsgehilfen müsse die Beklagte einstehen. Da sie, die Klägerin, gegenüber dem Fotografen S. für den Verlust der Diapositive hafte, habe die Beklagte sie von dieser Verpflichtung freizustellen. Wegen der vorsätzlichen Pflichtverletzung des Auslieferungsfahrers erstrecke sich die Haftung der Beklagten auf den vollen Schaden. Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse stünden einer Inanspruchnahme der Beklagten nicht entgegen, weil insbesondere die in Ziffer 3.1.5 vorgesehene Wertgrenze von 13.000 € pro Paket nicht erreicht sei.
- 5
- Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen Ansprüchen des Herrn Andreas S. (es folgt die genaue Anschrift ) freizustellen, die dieser wegen des Verlustes der mit den Paketen Nr. 17154821341, Nr. 17154821342, Nr. 17154821343 und Nr. 17154821344 vom 14. März 2002 verschickten 351 Dias gegen die Klägerin geltend macht.
- 6
- Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Inhalt der Pakete bestritten. Ferner hat sie behauptet, der Auslieferungsfahrer habe die Pakete an einen zur Entgegennahme bereiten Nachbarn des Adressaten S. übergeben , der die Pakete anschließend vor die Haustür des Empfängers gestellt habe. Das Anwesen befinde sich in einer ruhigen, überschaubaren, gut bürgerlichen Wohngegend und sei mit einem Tor versehen. Bei dieser Sachlage habe sich der Auslieferungsfahrer nicht leichtfertig i.S. von § 435 HGB verhalten.
- 7
- Die von dem Fotografen S. geltend gemachte Schadensersatzforderung sei zudem weit überhöht. Die Klägerin zahle - ebenso wie andere Verlage - für die Veröffentlichung eines Bildes lediglich ein Honorar von 31 €. Falls die Wertangaben des Fotografen S. zutreffen sollten, stünden einer Haftung die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse entgegen. Zumindest sei ein Mitverschulden der Klägerin wegen unterlassener Wertdeklaration gegeben, das zu einem vollständigen Haftungsausschluss führe.
- 8
- Das Landgericht hat der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, dass sich die Freistellungsverpflichtung der Beklagten nur auf Ansprüche erstreckt, die der Fotograf S. berechtigterweise gegen die Klägerin geltend macht. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Stuttgart NJW-RR 2004, 610).
- 9
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
- 10
- I. Das Berufungsgericht hat das von der Klägerin geltend gemachte Freistellungsbegehren in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
- 11
- Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin der Beklagten am 13. März 2002 vier Pakete mit insgesamt 351 Diapositiven ohne Wertangabe übergeben habe. Der von dem Empfänger der Sendung behauptete Wert der Diapositive sei der Klägerin nicht bekannt gewesen. Die Ablieferung der Pakete habe der Auslieferungsfahrer selbst in der vom Empfänger zu unterzeichnenden Empfangsbestätigung mit unleserlicher Unterschrift quittiert. Eine Person, die die Pakete entgegengenommen habe, sei nicht aufzufinden.
- 12
- Ein Feststellungsinteresse für das von der Klägerin geltend gemachte Freistellungsbegehren sei gegeben.
- 13
- Der Anspruch der Klägerin sei auch begründet. Die Parteien hätten - zumindest konkludent - einen Frachtvertrag i.S. von § 407 HGB abgeschlos- sen. Die Beklagte habe den Transport der ihr übergebenen Pakete übernommen , hierfür Beförderungsentgelt erhalten und das Transportgut ihren eigenen Angaben zufolge an eine - wenn auch nicht feststellbare - Person ausgeliefert. Die Klauseln in Ziffer 3.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten stünden der Annahme eines Vertragsschlusses nicht entgegen. Die Beklagte hafte nach § 425 HGB für den Verlust der Diapositive, weil davon auszugehen sei, dass die Sendung den Adressaten S. nicht erreicht habe. Sie habe für den Verlust der Sendung in vollem Umfang ohne Haftungsbegrenzung einzustehen. Denn der Auslieferungsfahrer, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen müsse, habe die ihm obliegenden Pflichten vorsätzlich nach § 435 HGB verletzt und dadurch den Verlust herbeigeführt. Auf die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, weil diese wegen Verstoßes gegen § 449 Abs. 2 i.V. mit § 449 Abs. 1 HGB unwirksam seien.
- 14
- Ein Mitverschulden der Klägerin wegen der unterlassenen Angabe des Wertes der Sendung sei nicht gegeben. Dies treffe auch dann zu, wenn der von dem Fotografen S. geltend gemachte Schaden der Höhe nach richtig wäre. Es stehe fest, dass die Klägerin den nunmehr behaupteten Wert der Diapositive nicht gekannt habe. Sie habe auch keine Veranlassung gehabt, sich über deren Wert kundig zu machen, da sie die Diapositive auf dem Postweg von dem Fotografen übersandt erhalten habe. Auf den wirklichen Wert der in Verlust geratenen Diapositive komme es im vorliegenden Rechtsstreit nicht an. Dieser sei vielmehr in dem Verfahren zwischen dem Fotografen S. und der Klägerin zu klären.
- 15
- II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nur insoweit nicht stand, als das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin bei der Entstehung des Schadens verneint hat.
- 16
- 1. Das Berufungsgericht ist mit Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Die Revision rügt ohne Erfolg, für den von der Klägerin erhobenen Klageanspruch fehle es an einem Feststellungs- und Rechtsschutzinteresse.
- 17
- a) Entgegen der Auffassung der Revision braucht sich die Klägerin nicht darauf verweisen zu lassen, dass sie einen dem Eigentümer durch den Verlust der Diapositive entstandenen Schaden von der Beklagten im Wege der Drittschadensliquidation hätte ersetzt verlangen können. Denn der Klägerin steht aus dem mit der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag ein eigener vertraglicher Schadensersatzanspruch zu, der gegenwärtig noch nicht beziffert werden kann.
- 18
- b) Das Feststellungs- und Rechtsschutzinteresse für den geltend gemachten Feststellungsantrag entfällt auch nicht deshalb, weil die Klägerin auf Freistellung und damit auf Leistung klagen könnte.
- 19
- aa) Die Klägerin wird von dem Eigentümer der abhanden gekommenen Diapositive selbst auf Leistung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Dieser Anspruch kann - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - dem Grunde nach gerechtfertigt sein. Der Fotograf S. hatte der Klägerin aufgrund eines Leihvertrags im Mai 2001 insgesamt 383 Diapositive überlassen. Aus diesem Vertragsverhältnis bestand für die Klägerin die Verpflichtung zur Rückgabe der nicht für eine Veröffentlichung ausgewählten Aufnahmen. Der Leistungsort für die Rückgabeverpflichtung der Klägerin war bei der hier gegebenen Fallgestaltung der Sitz des Eigentümers in München (BGH, Urt. v. 19.9.2001 - I ZR 343/98, TranspR 2002, 365, 367 = GRUR 2002, 282 - Bildagentur ). Dies hat zur Folge, dass die Klägerin für ein Verschulden des Trans- portunternehmens nach § 278 BGB haftet und sich bei einem Verlust der Diapositive insofern gemäß § 280 Abs. 1 BGB entlasten muss (vgl. BGH TranspR 2002, 365, 367), was nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts bislang nicht geschehen ist. Danach kommt ein Schadensersatzanspruch des Eigentümers der in Verlust geratenen Diapositive gegen die Klägerin dem Grunde nach ernsthaft in Betracht.
- 20
- bb) Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden besteht allein in ihrer Belastung mit einer Verbindlichkeit. Der zunächst auf Befreiung von dieser Schuld gerichtete Anspruch geht gemäß § 250 Satz 2 BGB zwar in einen Zahlungsanspruch über, wenn der Schädiger - wie im Streitfall - die Leistung ernsthaft und endgültig abgelehnt hat (BGH, Urt. v. 10.12.1992 - IX ZR 54/92, NJW 1993, 1137, 1138 m.w.N.). Das setzt aber voraus, dass die Klägerin tatsächlich mit einer Verbindlichkeit beschwert ist, die Schadensersatzforderung des Eigentümers der verlorengegangenen Diapositive also erfüllen muss (vgl. BGH, Urt. v. 11.6.1986 - VIII ZR 153/85, NJW-RR 1987, 43, 44; Urt. v. 9.11.1988 - VIII ZR 310/87, NJW 1989, 1215, 1216). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin gegen den von dem Fotografen S. erwirkten Mahnbescheid Widerspruch eingelegt. Wer die Forderung, von der er Befreiung verlangt, selbst mit einem Rechtsbehelf bekämpft, bringt dadurch grundsätzlich zum Ausdruck, dass er deren Beseitigung noch für möglich, den Anspruch des Dritten also für nicht endgültig gesichert hält. Solange die Klägerin gegen die von dem Eigentümer der abhanden gekommenen Diapositive erhobene Schadensersatzforderung vorgeht, hat sie kein berechtigtes Interesse daran, von ihrem Schuldner bereits Zahlung zu erhalten. In einem solchen Fall ist grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht des in Anspruch genommenen Schädigers der richtige Weg (vgl. BGHZ 79, 76, 78; BGH NJW 1993, 1137, 1139 m.w.N.). Im Übrigen kann, solange die Höhe der Verbindlichkeit, von der Befreiung verlangt wird, nicht feststeht, nicht auf Leistung, sondern nur auf Feststellung geklagt werden (vgl. MünchKomm.ZPO/Lüke, 2. Aufl., § 253 Rdn. 146; Musielak/Foerste, ZPO, 5. Aufl., § 256 Rdn. 29).
- 21
- 2. Die Klage ist dem Grunde nach auch gerechtfertigt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann aber ein Mitverschulden der Klägerin in Betracht kommen.
- 22
- a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten nach den §§ 407, 425 Abs. 1 HGB bejaht hat.
- 23
- aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Frachtvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten durch die Übernahme und die Beförderung der ihrem Inhalt nach nicht erkennbaren Sendung durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen ist. Die Verbotsgutklauseln unter Ziffer 3.1 der AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob diese Klauseln gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen und deshalb unwirksam sind. Denn bereits die vorrangige Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der AGB aus der Sicht eines verständigen Versenders ergibt, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts der Klauseln unter Ziffer 3.1 einen Vertrag schließen wollte (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, TranspR 2006, 254, 255, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 64 vorgesehen).
- 24
- bb) Die Auslegung der über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verwendeten AGB der Beklagten unterliegt in vollem Umfang revisionsrechtlicher Überprüfung (st. Rspr.; vgl. BGHZ 151, 337, 346 f.; BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03, Tz 17).
- 25
- cc) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und nach ihrem typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Bei der insoweit gebotenen objektiven Auslegung ist daher zu prüfen, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von dem angesprochenen Kundenkreis vernünftigerweise aufgefasst werden durften. Ausgangspunkt der Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut der verwendeten Bestimmung. Daneben kommt es aber auch auf den Sinn und Zweck und die systematische Stellung der fraglichen Klausel innerhalb des Gesamtwerks an, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Kunden maßgeblich sind (BGHZ 151, 337, 348; BGH TranspR 2006, 254, 255). Diese Grundsätze gelten auch für leistungsbeschreibende Klauseln (vgl. Staudinger /Schlosser, BGB [1998], § 5 AGBG Rdn. 2; MünchKomm.BGB/Basedow, 4. Aufl., Band 2a § 307 Rdn. 19).
- 26
- dd) Die Beklagte will nach dem Wortlaut von Ziffer 3.1.2 ihrer AGB bei Gütern mit besonderem Wert, insbesondere Edelmetallen, echtem Schmuck, Edelsteinen, echten Perlen, Antiquitäten und Kunstgegenständen, keinerlei vertragliche Verpflichtung eingehen. Gleiches gilt gemäß Ziffer 3.1.5 der AGB für sonstige Güter, sofern sie einen höheren Wert als 13.000 € besitzen. Diese Regelungen sind jedoch nicht isoliert zu betrachten, sondern im systematischen Zusammenhang mit Ziffer 3.3, 3.4 und Ziffer 6 (Haftung) der AGB zu beurteilen, die auf sie Bezug nehmen. Nach Ziffer 3.3 der AGB ist die Beklagte berechtigt, die Übernahme oder Weiterbeförderung zu verweigern, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Paket von der speditionellen Behandlung gemäß Ziffer 3.1 der AGB ausgeschlossen ist. In Ziffer 6 der AGB ist unter anderem die Haftung der Beklagten bei verbotenen Gütern geregelt.
- 27
- Diese Regelungen ergeben aus der Sicht eines verständigen Versenders nur dann einen Sinn, wenn vom Zustandekommen eines Vertrags ausgegangen wird. Nach dem Gesamtzusammenhang der AGB kann aus den Regelungen in Ziffer 3.1 daher nicht entnommen werden, dass die Beklagte - handelnd durch ihre Mitarbeiter - das Zustandekommen von Beförderungsverträgen über verbotene Güter von vornherein für alle Fälle ausschließen wollte. Vielmehr bringt sie insoweit zum Ausdruck, dass sie sich nach dem Abschluss eines Beförderungsvertrags über so genannte ausgeschlossene Sendungen ihr weiteres Vorgehen vorbehalten will (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 255 f.).
- 28
- ee) Die vorstehende Beurteilung der Klauseln entspricht im Übrigen auch der herrschenden Auffassung zur Auslegung der insoweit vergleichbaren Bestimmungen der § 54 EVO a.F., § 8 KVO a.F. und Art. 4 CIM (vgl. zu § 54 EVO a.F.: Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck, Eisenbahn-Beförderungsrecht, 4. Aufl., Lieferung 1/97, § 54 EVO Anm. 1b; zu § 8 KVO a.F.: Koller, Transportrecht, 2. Aufl., § 8 KVO Rdn. 1; zu Art. 4 CIM: Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 4 CIM Rdn. 5).
- 29
- ff) Die Ansprüche aus dem Frachtvertrag sind entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin ihrerseits der Beklagten gegenüber nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss haftete. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen schuldhafter Irreführung sowie bei Falschangaben vor oder bei Vertragsschluss über § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 BGB eine Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 - VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; Urt. v. 6.4.2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Im Streitfall führte eine von der Klägerin etwa verletzte Aufklärungspflicht über den Wert der Sendung aber nicht zu einem Recht der Beklagten, die Aufhebung des Vertrags zu verlangen. Es ist anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, dessen Eintritt durch die Einhaltung der Pflicht verhindert werden sollte (vgl. BGHZ 116, 209, 212 m.w.N.). Dadurch, dass die AGB-Regelungen auch auf den Fall zutreffen, dass entgegen Ziffer 3.1 ein Beförderungsvertrag über Verbotsgut abgeschlossen wird, machen sie deutlich, dass die Verletzung der Aufklärungspflicht über den Wert des Transportguts den Vertragsschluss nicht als solchen unterbinden soll (vgl. oben Ziffer 2 a dd). Der Vertragsschluss selbst ist daher auch nicht als Schaden der Beklagten anzusehen (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 256).
- 30
- b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte für einen der Klägerin entstandenen Schaden nach § 435 HGB unbeschränkt haftet.
- 31
- aa) Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass der Auslieferungsfahrer , für dessen Handlungen die Beklagte gemäß § 428 HGB einzustehen hat, die ihm obliegenden Pflichten vorsätzlich nach § 435 HGB verletzt und dadurch den streitgegenständlichen Verlust herbeigeführt hat. Der Auslieferungsfahrer durfte das Transportgut nach den Zustellvorschriften der Beklagten (Ziffer 4.1.3 AGB) nur an den Empfänger oder eine andere erwachsene Person, die unter der Zustelladresse angetroffen wurde, aushändigen. Gegen diese Bestimmung , die der Sicherung des Transportgutes dient, hat der Auslieferungsfahrer , dem die Zustellvorschriften bekannt sein mussten, unstreitig verstoßen. Denn nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Auslieferungsfahrer die in Verlust geratenen Pakete weder dem Empfänger selbst noch einer unter der Zustelladresse angetroffenen erwachsenen Person übergeben. Das behauptet die Beklagte auch selbst nicht. Sie trägt vielmehr vor, die Pakete seien einem Nachbarn des Empfängers übergeben worden. Das stellt einen vorsätzlichen Verstoß gegen die vertraglichen Pflichten der Beklagten dar.
- 32
- Diese vorsätzliche Pflichtverletzung rechtfertigt für sich allein schon die Annahme eines qualifizierten Verschuldens gemäß § 435 HGB (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 314 = VersR 2006, 814). Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 435 HGB ein qualifiziertes Verschulden nur in Bezug auf den die Haftung begründenden Tatbestand voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 22 = VersR 1999, 254; BGH TranspR 2005, 311, 314). Ist danach von einem qualifizierten Verschulden i.S. von § 435 HGB auszugehen, das seiner Art nach als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommt, so obliegt es der Beklagten, im Prozess solche Umstände vorzutragen und zu beweisen, die gegen die Kausalität des festgestellten Sorgfaltsverstoßes sprechen (vgl. BGH TranspR 1999, 19, 22 f.; TranspR 2005, 311, 314). Bei einem bewussten Verstoß gegen eine der Sicherung des Transportgutes dienende Bestimmung spricht eine Vermutung dafür, dass die Pflichtverletzung kausal für den eingetretenen Verlust gewesen ist und dass dem Handelnden dies auch bewusst sein musste. In einem solchen Fall ist es Sache des Frachtführers, Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die gegen die Kausalität des Fehlverhaltens sprechen (vgl. BGH TranspR 1999, 19, 22 f.; TranspR 2005, 311, 314). Solche die Beklagte entlastenden Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt.
- 33
- bb) Einer unbeschränkten Haftung der Beklagten steht nicht entgegen, dass sie nach Ziffer 6.2 AGB für den Verlust einer gemäß Ziffer 3.1 AGB von der Beförderung ausgeschlossenen Sendung nicht haften will. Bei Ziffer 6.2 AGB handelt es sich nicht um eine der Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflicht der Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, TranspR 2006, 169, 170 f. = NJW-RR 2006, 758 m.w.N.), sondern um einen Haftungsausschluss. Die Klausel schränkt nach ihrem eindeutigen Wortlaut die ohne sie nach dem Gesetz bestehende Haftung ein (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 256). Das Berufungsgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass die in Rede stehende Klausel gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt und damit unwirksam ist. Die Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs, denen § 449 Abs. 1 Satz 1 HGB Rechnung trägt, sind entgegen der Ansicht der Revision im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da der zwischen den Parteien geschlossene Frachtvertrag nicht die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand hatte.
- 34
- c) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat.
- 35
- aa) Für die Beurteilung der Frage des Mitverschuldens ist seit dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes die Bestimmung des § 425 Abs. 2 HGB maßgeblich. Die Vorschrift greift jedoch den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8454, S. 60). Auf die zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 zu § 254 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB ergangenen Entscheidungen kann daher ohne weiteres zurückgegriffen werden (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, TranspR 2006, 205, 206).
- 36
- bb) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein Versender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Frachtführer die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behan- delt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz beansprucht (BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401 = VersR 2006, 570). Hätte der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch den Spediteur kennen müssen, kann auch das für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden ausreichen. Denn gemäß § 254 Abs. 1 BGB ist ein Mitverschulden bereits dann anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eines eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 80/03, TranspR 2006, 121, 122 = VersR 2006, 953; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 425 HGB Rdn. 74; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 254 Rdn. 23).
- 37
- cc) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zum Wert der abhanden gekommenen Diapositive getroffen. In der Revisionsinstanz ist daher von dem von dem Fotografen S. behaupteten Wert (500 € je Einzelstück) auszugehen.
- 38
- Das Berufungsgericht hat ein Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens verneint, weil feststehe, dass sie den von dem Fotografen S. behaupteten Wert der Diapositive nicht gekannt habe. Die Klägerin habe auch keine Veranlassung gehabt, sich vor der Versendung über den Wert der Diapositive zu informieren, da sie diese von dem Fotografen zuvor auf dem Postweg erhalten habe.
- 39
- Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Bei der Klägerin handelt es sich um einen Fachverlag, der häufig mit Aufnahmen von Berufsfotografen befasst ist. Der Klägerin musste daher bewusst sein, dass ein Diapositiv, wenn es sich um ein Unikat handelt, für den Fotografen nicht nur den Wert verkörpert, der als Vergütung für die Nutzung der Aufnahme zu entrichten ist. Sie hätte sich somit bei dem Fotografen zumindest darüber vergewissern müssen, ob es sich bei den ihr überlassenen Diapositiven um Unikate gehandelt hat. Auch wenn der Klägerin die Aufnahmen nicht mit einem Wertpaket übersandt worden waren, hätte sie in Betracht ziehen müssen, dass die Diapositive für den Eigentümer einen die einzelne Nutzungsvergütung erheblich übersteigenden Wert haben könnten und deshalb eine Versendung mittels Wertpaket erfolgen musste. Das Berufungsgericht durfte danach den Wert der von der Klägerin an den Fotografen S. übersandten Diapositive nicht offenlassen.
- 40
- dd) Die von der Klägerin unterlassene Wertangabe kann auch für den Schadenseintritt mitursächlich gewesen sein. Dies setzt zwar grundsätzlich voraus , dass das Transportunternehmen bei zutreffender Inhalts- und Wertangabe seine Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471 = NJW 2003, 3626). Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Jedoch liegt im Streitfall die Besonderheit vor, dass die Beklagte bei einer korrekten Wertangabe der Klägerin jedenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, die Beförderung im einfachen Paketdienst zu verweigern (Ziffer 3.1 AGB).
- 41
- III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Schaffert Gröning
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 24.04.2003 - 36 O 171/02 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 19.11.2003 - 3 U 137/03 -
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.
(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
- 1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
Tenor
Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) werden verurteilt, an die Klägerin 900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG a.F. aus einer Bauleistungsversicherung, hilfsweise aus abgetretenem Recht.
3Die Eigentümerin und Bauherrin eines Hotel-, Büro- und Wellnesskomplexes in Düsseldorf, A-Straße, die A Objektgesellschaft Düsseldorf Dr. A KG (im Folgenden: A), schloss mit der Klägerin am 22.02.2002, mit Nachtrag vom 07.04.2003, eine Bauleistungsversicherung mit einer Versicherungssumme von 75.000.000,00 EUR für den vorgenannten Gebäudekomplex betreffend „Neubau-Gründung über Schlitzwandlamellen unterhalb der Primärstütze“. Wegen der Einzelheiten der Versicherungsleistung und der Bedingungen wird auf das Anlagenkonvolut K 16 verwiesen. Die A hatte die E& P Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH (im Folgenden: B) mit der Ausführung der Bauleistung als Generalunternehmer beauftragt, die wiederum die Beklagte zu 1) mit Vertrag vom 23./26.08.2002 (Anlage K 8) mit der Erstellung der Baugrube und der Stützwand beauftragte. Die Beklagten zu 2) und zu 3) sind die Gesellschafter der Beklagten zu 1). Mit der Projektsteuerung hatte die A die Streithelferin zu 1) beauftragt, die mit Vertrag vom 21.12.2002 die Bauüberwachung übernahm. Zusätzlich hatte die A mit der Ingenieursozietät Prof. Dr. D GmbH (im Folgenden: Ingenieursozietät D) einen fachtechnischen Berater im Zusammenhang mit der Baugrube eingeschaltet. Die Rohbauarbeiten hatte die B bei der Firma Z GmbH (im folgenden Z) in Auftrag gegeben. Diese stellte an der Süd-Ost-Ecke der Baugrube einen Baukran auf. Über das Vermögen der zuletzt als Z Bauholding GmbH firmierenden vormaligen Streithelferin zu 2) der Klägerin wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet.
4Während des Voraushubs und der Schlitzwandarbeiten der Baugrube wurde ein alter Spundwandverbau angetroffen, der nicht vollständig gezogen werden konnte. Diesbezüglich fand am 09.01.2003 ein Ortstermin statt, worüber die Ingenieursozietät D als geotechnischer Berater ein Protokoll der Besprechung erstellte (Anl. K 9). Unter dem 23.01.2003 unterbreitete die Beklagte zu 1) einen schriftlichen Ausführungsvorschlag zu den geänderten Rahmenbedingungen (Anlage K 10), den die Ingenieursozietät D fachtechnisch prüfte und am 28.01.2003 bestätigte. Hiernach sollte der vorgefundene Spundbohlenverbau nach Freischälen der Spundbohlen von anhaftendem Erdmaterial in die Schlitzwand im süd-östlichen Eckbereich mit einbetoniert werden. In dem Begleitschreiben wies die Ingenieursozietät D auf mögliche Risiken hin und empfahl den Einbau von Verpreßschläuchen über die gesamte Spundbohlenlänge, die Erstellung eines Havariekonzeptes mit sofortigen Sicherheitsmaßnahmen im Falle von Undichtigkeiten und eine kontinuierliche Fachüberwachung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 11 verwiesen. Die Streithelferin zu 1) ordnete sodann mit Schreiben vom 30.01.2003 (Anlage K 82) gegenüber der Beklagten zu 1) die Umsetzung dieser Empfehlung an.
5Durch die Beklagten wurde im Zuge der Erstellung der Schlitzwand im fraglichen Eckbereich der Baugrube keine Verpreßschläuche eingebracht, sondern Manschettenrohre verwendet. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Lamellen der Schlitzwand nicht vollständig dicht hergestellt worden waren, erstellte der Oberbauleiter der Beklagten zu 2) am 23.04.2003 eine Arbeitsanweisung zum Umgang mit der Fehlstelle in der Schlitzwand mit folgendem Inhalt (Anlage K 12):
6 „Kontrolle der Fehlstelle auf Wasser- und Bodeneintritt
7 Sichern der Fehlstelle gegen möglichen Bodeneintritt durch Einschlagen von Hartholzkeilen mit entsprechendem Verfüllmaterial (Holzwolle oder gleichwertig)
8 baugrubenseitige Packerinjektion mit Hartschaum zur Verringerung des Wasserzuflusses
9 Anbringen von Stahlblechen, Breite ca. 0,5 - 0,8 m, Dicke ca. 15 mm über die gesamte Höhe des vertikalen Spaltes ca. 6 - 8 m
10 Tastbohrung (Kleinlochbohrung im Zuge des Anbringens der Stahlbleche zur Überprüfung gegebenenfalls vorhandener Kiesnester)
11 gegebenenfalls nach Injektion der Hohlräume zwischen Stahlplatte und Schlitzwandoberfläche
12 bei starkem Wasserzutritt in der Fehlstelle Wiederverfüllung mit Erdreich“
13Am 29.04.2003 kam es zu einem Kranunfall, bei dem der unmittelbar neben der Süd-Ost-Ecke der Baugrube befindliche Kran umstürzte und einen anderen Kran mitriss. Es kam zu erheblichem Personen-und Sachschaden.
14Die Parteien haben im Verfahren um die Haftung dem Grunde nach um die Verantwortlichkeit für das Umstürzen des Krans gestritten. Die Klägerin hat behauptet, die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) hätten am Schadenstag eine Spundwand vor der Schlitzwand unsachgemäß abgerissen, wo durch eine Fehlstelle in der Beton-Schlitzwand Grundwasser in die Baugrube eingedrungen sei. Dadurch sei es außerhalb der Baugrube zu einem erheblichen Bodenverlust im Bereich der Kranstützen gekommen, der zu einem Absacken der Kran-Stützpfähle und in unmittelbarer Folge zu einem Absacken des Kopfbalkens und des gesamten Krans geführt habe.
15Zur Untermauerung ihres Vortrags zur Schadensursache hat die Klägerin sich auf die Gutachten des von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf bestellten Sachverständigen Prof. Dr. X (Anl. K3), sowie das von der Bauherrin eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S (Anl. K2) bezogen.
16Die A zeigte den Schadensfall der Klägerin telefonisch am 29.04.2003 und am 19.05.2003 schriftlich an. Die Baubeteiligten erarbeiteten zusammen mit der Klägerin ein Konzept zur Sanierung der Baugrube. Zur Feststellung des Bauleistungsschadens ließ die Klägerin ein Gutachten des Sachverständigenbüros Rolf K. Stocken erstellen. Dieses Büro ermittelte einen Bauleistungsschaden i.H.v. 3,2 Millionen EUR. Die im Gutachten berücksichtigten Maßnahmen zur Sanierung betreffen zu einem erheblichen Teil Leistungen der Beklagten zu 1), z.B. Vereisung des Baugrundes, Abtragen der Notberme, Sicherung der Schlitzwand mittels Hochdruckinjektion- und Drüsenstahlverfahrens, ferner Leistungen der Firma Z GmbH in Bezug auf die Wiederherstellung der durch den Einsturz der Kräne bestätigten Konstruktion des Neubaus im 1. Bauabschnitt, Leistungen der Firma AA und CC für die Bergung der beiden Kräne sowie Kosten für geotechnische Untersuchungen und Ingenieur- und Sachverständigenleistungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung in der Klageschrift, Bl. 13 ff. d.A., sowie das Gutachten HH, Anl. K 6, verwiesen.
17Die Klägerin behauptet, sie habe 3,2 Millionen € an die Firma A ausgezahlt, damit diese die Schadenspositionen bei den jeweiligen Firmen bezahlen könne. Sie verlangt Schadensersatz in genannter Höhe aus von der Firma B übergegangenem, hilfsweise abgetretenem Recht. Mit Schriftsatz vom 22.04.2014 (Bl. 1753 ff. der Akten) hat die Klägerin eine Vereinbarung zwischen ihr, der Firma A und der Firma B vom 20./21.10.2005 vorgelegt, in der B an die Klägerin ihren Anspruch gegen die Beklagten auf Erstattung der Schäden wegen und in Höhe der durch die Klägerin an A erfolgten Zahlungen abtritt. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 110, Bl. 1756 ff. der Akten, verwiesen.
18Die Klägerin ist der Auffassung, die vom Sachverständigen HH angesetzten Beträge seien von der Bauleistungsversicherung erfasst und Ansprüche in entsprechender Höhe gemäß § 67 VVG a.F. auf sie übergegangen. In der Rechtsprechung sei allgemein anerkannt, dass in Fällen der Beschädigung von Leistungen eines Nachunternehmers vor Abnahme der Besteller im Rahmen der Drittschadensliquidation diesen Schaden gegenüber dem schädigenden Vertragspartner geltend machen könne. B stehe daher auch in diesen Fällen ein Schadensersatzanspruch aus § 4 Nr. 7 VOB/B gegen die Beklagte zu 1) zu. Dieser Schadensersatzanspruch entschädige den Schaden, für den die Klägerin aufgrund der Bauleistungsversicherung entsprechend ihre Zahlung erbracht habe und gehe daher gemäß § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN auf die Klägerin über.
19Die Klägerin beantragt,
20Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 3.200.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
21Die Streithelfer schließen sich dem klägerischen Antrag an.
22Die Beklagten beantragen,
23die Klage abzuweisen.
24Die Beklagten haben im Verfahren zur Haftung dem Grunde nach behauptet, sie hätten ihre Werkleistungen ordnungsgemäß und beanstandungsfrei erbracht. Die Vorgaben der Arbeitsanweisung vom 23.04.2003 seien durch die beschäftigten Arbeitnehmer der Beklagten durchweg eingehalten worden. Das Wegbiegen der Spundwand sei nicht schadensursächlich gewesen, weil zwischen Wassereintritt und Havarie des Kranes lediglich Sekunden gelegen hätten. Es sei physikalisch unmöglich, dass innerhalb dieser kurzen Zeitspanne ein erheblicher Bodenentzug hätte entstehen können.
25Andere Ursachen seien wahrscheinlicher. Der Wassereintritt sei auf eine oberhalb der Baugrube verlaufende Ringleitung zurückzuführen, die vor dem Unfallereignis gebrochen oder zumindest undicht gewesen sei. Ein Eintritt von Bodenmaterial nach dem Öffnen der Schlitzwandfuge sei nicht eingetreten. Entgegen der ursprünglichen Annahme sei der Baugrund nicht von mitteldichter bis dichter Lagerung gewesen, sondern habe eine lockere Lagerung aufgewiesen. Zudem seien vorhandene Bodendenkmäler und frühere Bautätigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das Versagen der Krangründung sei möglicherweise auf ein Zusammenspiel von verschiedenen Bauaktivitäten mit zunehmender Schiefstellung des Krans und orkanartigen Windverhältnissen am Schadenstag zurückzuführen. Durch Arbeiten mit einem Minibagger sei es zu Erschütterungen gekommen, die zu einer Minderung der Mantelreibung der Bohrpfähle geführt haben könnte. Der Unfall hätte bei Ausführung einer – unstrittig nicht ausgeführten – horizontalen Abstützung der Krangründung (sogenannte „Zerrplatte“) vermieden werden können.
26Die Beklagten haben zudem die Ansicht vertreten, dass sich in dem Unfall ein systemimmanentes Ausführungsrisiko verwirklicht habe, welches eine Haftung der Beklagten ausschließe. Aufgrund des nachträglich aufgefundenen Spundwandbaus sei ein erhöhtes Risiko von Fehlstellen zwischen der Schlitzwand und der Spundwand verblieben, welches allen Baubeteiligten bekannt gewesen sei. Der Klägerin sei anzulasten, dass die Bauherren auf ein anlässlich der Besprechung vom 09.01.2003 vorgeschlagenes Hochdruckinjektionsverfahren sowie auf die empfohlene Fachbauüberwachung aus Kostengründen verzichtet habe. Die Arbeitsanweisung vom 23.04.2003 stelle keine Umsetzung des geforderten Havariekonzeptes dar. Vorgenannte Maßnahmen seien von Seiten der Bauherren vorzunehmen gewesen, deren Unterlassung ein Mitverschulden begründe. Der Klägerin seien ebenfalls Verstöße des Bauherren gegen gesetzliche Arbeitsschutzbestimmungen anzulasten.
27Die Beklagten bestreiten ferner, dass die Klägerin die behaupteten Beträge an ihre Versicherungsnehmerin ausgezahlt habe. Die geltend gemachten Schadensbeseitigungs- und Wiederherstellungskosten seien zum Teil nicht von der Bauleistungsversicherung umfasst, weil z.B. Maßnahmen berücksichtigt worden seien, die nicht nur der Sanierung der Baugrube, sondern zur Erkundung der Schadensursache dienten. Die Beklagten sind der Ansicht, darunter fielen z.B. Maßnahmen der Vereisung und der Abtransport der Kräne auf ein Gelände der Staatsanwaltschaft. Teils seien Kosten abgerechnet worden, die die Bauherren bzw. die Bauträgerin B bereits in anderen Verfahren geltend mache. Eine Differenzierung zwischen den bereits anderweitig berücksichtigten Teilen der jeweiligen Rechnungen sei nicht möglich. Einzelne von der Klägerin anerkannte Leistungen hätten nichts mit dem Schadensfall zu tun. Jedenfalls sei dies nicht nachvollziehbar dargelegt. Teils behaupten die Beklagten, ein Reparaturbedürfnis habe nicht bestanden. Maßnahmen zur Erkundung des Baugrundes sei nicht vom Versicherungsumfang umfasst. Soweit die Klägerin meine, der von der Beklagten zu 1) selbst zur Sanierung der Baugrube berechnete Aufwand sei als Schadensersatz auf sie übergegangen, so sei dies schon insofern falsch, als die Beklagte zu 1) nicht Dritte im Sinne von § 67 Abs. 1 VVG sei. Sie sei vielmehr mitversicherten Nachunternehmerin im Sinne von § 3 Nr. 1 ABN. Die behördlichen Gebühren (Position 45 der Klage) seien als solche nicht von der Bauleistungsversicherung erfasst. Schließlich erheben sie die Einrede der Verjährung.
28Mit Grundurteil vom 15.06.2012 ist der Klage nach Einholung eines Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. GG, Anhörung der weiteren von den Parteien benannten (Privat-)-Sachverständigen sowie Vernehmung von Zeugen dem Grunde nach stattgegeben worden. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das OLG Köln mit Urteil vom 22.03.2013, 19 U 111/12, zurückgewiesen. Am 21.07.2014 hat das Gericht Beweisbeschluss erlassen (Bl. 1785 d.A.) und mit Beschluss vom 01.10.2014 Herrn Dipl.-Ing. MM zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Mit Beschluss vom 26.01.2015 ist die Ausführung des Beweisbeschlusses zunächst zurückgestellt worden und den Parteien sind Hinweise erteilt worden (Bl. 1842 ff. d.A.). Mit Beschluss vom 18.01.2016 ist der Beweisbeschluss vom 21.07.2014 aufgehoben worden.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die Klage ist zulässig, aber nur im Umfang von 900,00 € begründet.
32I.
33Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch aus von der Firma B übergegangenem Recht gemäß § 4 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002 i.V.m. § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN 2001 in Höhe von 900,00 EUR zu.
34Das Oberlandesgericht Köln hat mit Berufungsurteil vom 22.03.2013, Az.: 19 U 111/12, insoweit die Feststellungen der Kammer im Grundurteil vom 15.06.2012 gebilligt, dass die Klägerin den Anfall von Gebühren in dieser Höhe für nachträgliche Genehmigungen der Stadt Düsseldorf im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Schadensereignis substantiiert behauptet und die Beklagten diese Schadensposition nicht substantiiert bestritten hat. Weder in der Berufung, noch im weiteren Verfahrensverlauf nach Verkündung des Berufungsurteils haben die Beklagten dazu weitere Ausführungen gemacht.
35Der Anspruch gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) als Gesellschafter der Beklagten zu 1) ergibt sich in entsprechender Anwendung von § 128 HBG. Die gesamtschuldnerische Haftung ergibt sich aus § 128 S. 1 HGB.
36II.
37Ein darüber hinausgehender Zahlungsanspruch steht der Klägerin gegen die Beklagten nicht zu.
38Auf Grundlage des eigenen Sachvortrags der Klägerin ist ein Übergang nach § 67 VVG a.F. von etwaigen Ansprüchen der B gegen die Beklagten zu 1), 2) und 3) im Wege der cessio legis nicht erfolgt.
39Ausweislich der Klarstellung im klägerischen Schriftsatz vom 25.06.2015 (Bl. 1777 d.A.) verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Zahlungsanspruch primär aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG a.F. Lediglich hilfsweise verfolgt die Klägerin den Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht.
401.
41Der Klägerin stehen gegen die Beklagten keine Ansprüche aus übergegangenem Recht zu.
42Die Klägerin macht Ansprüche auf Schadensersatz aus von der Firma B übergegangenem Recht aus einer Bauleistungsversicherung gemäß § 4 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002 i.V.m. § 67 VVG a.F. sowie § 3 Nr. 3 ABN (nach den Versicherungsbedingungen gemäß Bauleistungsversicherungsvertrag vom 22.02.2001, Anlagenkonvolut K 16) geltend.
43Grundsätzlich gehen Ansprüche des Versicherungsnehmers – hier war die A-Objektgesellschaft Düsseldorf Vertragspartner des Bauleistungsversicherungsvertrages nach Antrag vom 03.04.2002 (Anlage K 16) – auf den Versicherer über. Bei Versicherung für fremde Rechnung kann dies allerdings auch für Ansprüche des Mitversicherten, hier also B, gegen die Beklagten aus § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B gelten.
44Nach § 76 Abs. 2 VVG a.F. ist der Versicherungsnehmer, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist, ebenfalls zur Entgegennahme der Versicherungsleistung befugt. Außerdem bestimmt § 16 Nr. 1 ABN, dass über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag abweichend von §§ 74 ff. VVG nur der Versicherungsnehmer verfügen kann. In diesem Fall geht grundsätzlich auch der Anspruch des Versicherten (B) auf den Versicherer über (allgemein zum Übergang des Anspruchs des Versicherten bei Versicherung für fremde Rechnung: BGH, VersR 1985, 753; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 86 Rn. 12 m.w.N.).
452.
46Dem Anspruchsübergang steht überwiegend entgegen, dass die Beklagte als mitversicherter Unternehmer selbst in den Versicherungsschutz der Klägerin einbezogen war und daher insoweit kein „Dritter“ ist, der vom Versicherer im Wege des Regresses in Anspruch genommen werden kann. Das betrifft sicher die Leistungen der Beklagten, derentwegen die Klägerin Schadensersatz in Höhe von netto 1.150.315,59 EUR verlangt. Wahrscheinlich sind weitere Positionen – mit Ausnahme des Schadens der Firma Z – betroffen. Hierzu können keine näheren Feststellungen getroffen werden, was zu Lasten der Klägerin geht.
47a)
48Gemäß § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN 2001 können nur solche Ansprüche übergehen, die sich auf den versicherten Schaden, der in den Schutzbereich der Bauleistungsversicherung fällt, beziehen. Der Übergang von Schadensersatzansprüchen kommt grundsätzlich nicht nur bei Schäden die durch außenstehende Dritte verursacht wurden in Betracht, sondern auch dann, wenn ein mitversicherter Unternehmer die Bauleistung eines anderen Unternehmens oder Nachunternehmers beschädigt (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 54 ff.).
49Die Klägerin geht zutreffend davon aus, dass aufgrund der Vereinbarung des § 3 ABN 2001 nicht nur der Bauherr als Versicherungsnehmer versichert ist, sondern auch weitere Auftraggeber und Nachunternehmer (vgl. BGH, NZBau 2003, 382). Neben der Versicherungsnehmerin A ist daher auch B mitversichert. Gleichermaßen ist aber auch die Beklagte zu 1) Mitversicherte der von A abgeschlossenen Bauleistungsversicherung, wie die Klägerin selbst einräumt. Auch wenn § 3 Nr. 3 ABN 2001 vorsieht, dass in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung Ansprüche, die dem Versicherungsnehmer oder einem versicherten Unternehmen im Zusammenhang mit einem entschädigungspflichtigen Schaden zustehen, auf den Versicherer auch dann übergehen, wenn sie sich gegen einen anderen Versicherten richten, ist damit über den konkreten Anspruchsübergang und dessen Umfang noch nichts besagt. Der Regress ist nämlich ausgeschlossen, soweit das versicherte Interesse der Beklagten zu 1) als mitversicherter Unternehmer gemäß § 3 Nr. 1 ABN 2001 betroffen ist.
50b)
51Das Interesse der Nachunternehmer ist grundsätzlich mitversichert (BGH, Beschluss vom 14.12.2003 – IV ZR 319/02 – juris; vorgehend OLG Köln, Urteil vom 13.08.2002 – 9 U 191/01 – juris). Der Mitversicherte ist nur in Ausnahmefällen Dritter im Sinne von § 67 Abs. 1 VVG a.F., namentlich dann, wenn bei einem Zusammentreffen von Eigen- und Fremdversicherung im konkreten Fall nur die Eigenversicherung eingreift oder wenn der Versicherer nicht dem Mitversicherten sondern – abweichend von § 75 VVG a.F. – nur dem Versicherungsnehmer gegenüber zur Leistung verpflichtet ist und an diesen leistet (vergleiche OLG Karlsruhe Versicherungsrecht 2000, 1360; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 86 Rn. 19 m.w.N.).
52Von einer Mitversicherung der Beklagten ist nach den vorgemachten Ausführungen vorliegend auszugehen. Nach § 3 ABN 2001 sind die Leistungen aller am Bau Beteiligten in den Versicherungsschutz einbezogen, also auch der Nach- und Subunternehmer (von Rintelen, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 2, Rn. 2). Die Rechte aus dem Versicherungsvertrag standen gem. § 75 Abs. 1 S. 1 VVG a. F. dem jeweiligen Versicherten zu. Klauseln, die – wie hier § 16 Nr. 1 ABN 2001 – das Verfügungsrecht über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag allein dem Versicherungsnehmer zuweisen, beeinträchtigen die Anspruchsinhaberschaft des Mitversicherten in der Fremdversicherung nicht (so: OLG Karlsruhe, a. a. O., zu § 11 Abs. 2 ARB 75). Maßgeblich ist mithin, in welchem Umfang das - aus Sicht des Versicherungsnehmers fremde - versicherte Interesse der Beklagten betroffen ist. Denn dort, wo dieses Interesse betroffen ist, kann der Anspruch nicht übergehen.
53Das versicherte Interesse der Beklagten bestimmt sich nach § 3 Nr. 1 und Nr. 2 ABN 2001 i.V.m. §§ 1, 2 und 9 ff. ABN 2001. Entschädigung wird demnach geleistet für Schäden, die zu Lasten des Versicherungsnehmers oder eines der beauftragten Unternehmer gehen. Beauftragte, mitversicherte Unternehmer sind nur bei Schäden an nicht selbst erstellten Bauleistungen – insoweit sind sie nicht mitversichert – einem Regress des Versicherers ausgesetzt (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 36). Die Mitversicherung ist – wenn Klausel 68, wie vorliegend, nicht vereinbart wurde – aufgrund des Rückgriffsanspruchs des Versicherers nach § 3 Nr. 3 ABN 2001, auf das jeweilige Gewerk des mitversicherten Unternehmers bezogen.
54c)
55Die Klägerin hat trotz entsprechenden Hinweises der Kammer schon nicht schlüssig dargetan, dass die geltend gemachten Schadenspositionen nicht das eigene Sachinteresse der Beklagten, also deren eigene, mitversicherte Bauleistung, namentlich das Ausheben der Baugrube nebst zugehöriger Leistungen, betreffen. Insoweit hätte es einer detaillierten Darlegung anhand der im Einzelnen durchgeführten Sanierungsarbeiten bedurft. Die Klägerin beschränkt sich indes darauf, lediglich zwischen Leistungen der Beklagten, welche diese aufgrund gesonderter Beauftragung durch B im Rahmen der Sanierungsarbeiten und darauf bezogener Nachträge erbrachte, einerseits, sowie Leistungen weiterer Unternehmen – darunter auch die Beklagte zu 3) – aufgrund besonderer Beauftragung im Rahmen der Sanierungsarbeiten zu differenzieren. Dabei stellt die Klägerin jeweils lediglich darauf ab, der Privatsachverständige HH habe in seinem Gutachten vom 8. 9. 2006 (Anl. K 6) festgestellt, dass es sich bei den ausgeführten Arbeiten und angefallenen Kosten um Bestandteile des Bauleistungsschadens gehandelt habe.
56Nähere Ausführungen dazu, wie die Zuordnung der einzelnen Schadenspositionen und Aufwendungen zum Bauleistungsschaden erfolgt ist, fehlen gänzlich. Das Gutachten HH erschöpft sich weitgehend in einer Auflistung der angefallenen Kosten und deren Berechnungsgrundlagen. Einzelheiten dazu, wie und weshalb bestimmte Positionen als Bauleistungsschäden zu qualifizieren seien, lassen sich dem Gutachten indes nicht entnehmen. Eine Zuordnung der Einzelpositionen zu den einzelnen mitversicherten Gewerken findet nicht statt. Der Privatsachverständige führt lediglich aus, dass die dem Bauleistungsschadens zuzuordnenden Kosten im Rahmen von Gesprächen mit Herrn Wischerhoff vom Ingenieurbüro LL am 23.08.2006 ermittelt und einvernehmlich festgelegt worden seien. Anhand welcher Parameter diese Ermittlung und Zuordnung erfolgte geht weder aus dem schriftsätzlichen Vortrag der Klägerseite hervor, noch aus dem Gutachten HH. In der Klageschrift (Bl. 13 ff. d.A.) wird lediglich pauschal auf „Feststellungen“ des Privatsachverständigen HH Bezug genommen. Diese pauschale Bezugnahme auf ein Privatgutachten zum Beleg des eigenen Sachvortrags ist bereits per se unzulässig, da sie nicht ausreichend konkret erfolgt. Feststellungen in der Sache wurden von dem Privatsachverständigen zudem offenbar gar nicht getroffen. Vielmehr hat er lediglich die ihm vorgelegten Rechnungen zusammengestellt und in Gesprächen mit dem Projektsteuerer, zunächst II Consulting, dann Ingenieurbüro LL sowie dem Rückversicherer (JJ & Company, Herr KK) Absprachen getroffen (Privatgutachten, Anlage K 6, S. 10 ff.). Die dabei ermittelten Schadenskosten differierten offenbar ganz erheblich (S. 11 d. Gutachtens). Schließlich sind das Sachinteresse der Beklagten an der eigenen, mitversicherten Leistung betreffende Wiederherstellungskosten offenbar mit eingeflossen (S. 13 d. Gutachtens), ohne dass hier genau differenziert wird.
57Eine Zuordnung der einzelnen Sanierungsmaßnahmen und Kostenpositionen zu den jeweiligen ursprünglichen Bauleistungen fehlt gänzlich. Eine Abgrenzung der versicherten Interessen im Sinne von § 3 ABN ist daher auf Grundlage des klägerischen Sachvortrags nicht möglich. Die Klägerin beschränkt sich bei den einzelnen Schadenspositionen jeweils darauf, anzugeben, dass diese „vom Bauleistungsschaden gedeckt/umfasst“ oder dem „Bauleistungsschaden zuzuordnen“ seien, ohne dies näher zu begründen. Mangels dezidierten Sachvortrags zu den versicherten Interessen sind die behaupteten Schadenspositionen einer Subsumtion und damit auch einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Soweit die Klägerin anführt, der Privatsachverständige HH habe dezidiert geprüft, welche Leistungen dem nach den nach den versicherungsvertraglichen Regelungen versicherten Interessen zuzuordnen seien und zum Nachweis auf dessen Gutachten vom 08.09.2006 verweist (Bl. 1898 d.A.), ergibt sich eine solche dezidierte Prüfung aus dem Gutachten gerade nicht. Der klägerische Vortrag erweist sich insoweit bereits als unschlüssig.
58d)
59Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie sei gemäß § 28 VVG a. F. gegenüber der Beklagten als Versichertem leistungsfrei, mit der Folge, dass sich die Beklagte nicht darauf berufen könne, als Mitversicherter nicht „Dritter“ im Sinne von § 67 VVG a. F. zu sein. Gemäß § 2 Nr. 1 ABN 2001 wird Entschädigung geleistet für unvorhergesehen eintretende Schäden an versicherten Bauleistungen oder an sonstigen versicherten Sachen. Unvorhergesehen sind Schäden, die weder der Auftraggeber noch der beauftragte Unternehmer oder deren Repräsentanten rechtzeitig vorhergesehen haben oder mit dem jeweils erforderlichen Fachwissen hätten vorhersehen können.
60Die Voraussetzungen einer Zurechnung grob fahrlässiger Verursachung des Versicherungsfalls an den Mitversicherten sind nicht gegeben. Grobe Fahrlässigkeit muss beim Versicherten oder seinen Repräsentanten vorliegen. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) sind indes nicht als Repräsentanten der Beklagten anzusehen. Die Repräsentantenstellung erfordert insoweit die Befugnis, selbstständig in nicht ganz unbedeutendem Umfang für den Versicherungsnehmer oder den Versicherten zu handeln (BGHZ 122, 250, 253; BGH VersR 1996, 1229, 1230). Der Repräsentant muss „risikotechnisch“ an die Stelle des Versicherungsnehmers treten. Regelmäßig werden Betriebsleiter von Bauunternehmen oder auch Baustellenleiter als Repräsentanten des Unternehmens angesehen. Keine Repräsentanten sind hingegen einfache Arbeiter oder auch der Polier (vergleiche Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 28 Rn. 121 mit nach weiteren Nachweisen; OLG Hamm VersR 2000, 1104). Hier ist grob fahrlässiges Verhalten des Betriebsleiters oder des Baustellenleiters nicht ersichtlich. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) waren lediglich mit bestimmten technischen Verrichtungen an der versicherten Sache betraut, indem sie am Nachmittag des 29.04.2003 mit Bagger und Hydraulikmeißel die noch verbliebenen Spundwandreste im Bereich der Ecke Königstraße/Telekomgebäude abrissen und es dadurch zu einer Öffnung in der Schlitzwand kam. Es handelte sich um einfache Arbeiter, möglicherweise Vorarbeiter. Sie besaßen innerhalb dieses begrenzten Wirkungskreises allenfalls eine gewisse Bewegungsfreiheit. Für solche Personen ist eine Repräsentantenstellung zu verneinen.
613.
62Gemäß § 3 Nr. 1 ABN 2000 wird Entschädigung geleistet für Schäden, die zu Lasten des Versicherungsnehmers oder eines der beauftragten Unternehmer gehen. Voraussetzung für den Anspruchsübergang ist folglich, dass der jeweilige Schaden zu Lasten gerade der Firma B geht und dass gerade B auch von der Klägerin entschädigt worden ist. Es muss folglich das eigene Interesse von B betroffen sein. Es kann nicht festgestellt werden, dass hinsichtlich der geltend gemachten Schadenspositionen das eigene Sachinteresse von B betroffen ist, was grundsätzlich hinsichtlich der Bauleistung, zu der sich B gegenüber A verpflichtet hat, der Fall wäre, soweit nicht nach den oben dargestellten Grundsätzen das Interesse eines anderen mitversicherten Unternehmens betroffen ist. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass B ein Schaden – als Voraussetzung für einen Anspruch nach § 4 Nr. 7 VOB/B 2002 gegen die Beklagten – entstanden ist. Namentlich hinsichtlich der Schadensposition Fa. Z in Höhe von 708.015,71 € ist kein Anspruch übergegangen. Auch im Übrigen kann ein Anspruchsübergang nicht festgestellt werden.
63a)
64Da die Klägerin Ansprüche aus übergegangenem Recht von B geltend macht, darf es sich nicht um das Interesse des Versicherungsnehmers selbst – A – oder anderer mitversicherte Unternehmer handeln.
65Mit Interesse wird die Wertbeziehung einer Person zu einer Sache gekennzeichnet. Bei der Bauleistungsversicherung wird dies maßgeblich durch § 644 BGB oder §§ 7, 12 Abs. 6 VOB/B bestimmt. So trägt etwa der Bauherr nach Werkvertragsrecht nicht die Gefahr für den zufälligen Untergang des Werkes vor der Abnahme (§ 644 BGB), es sei denn er befindet sich im Annahmeverzug.
66Vorliegend war eine Abnahme unstreitig nicht erfolgt, so dass §§ 644 BGB, 12 Abs. 6 VOB/B einschlägig ist. Dagegen trägt der Bauherr die Gefahr für die Fälle der höheren Gewalt oder anderer objektiv unabwendbarer Ereignisse nach § 7 VOB/B schon vor dem Zeitpunkt der Abnahme (vergleiche Rehm/Frömel, ABN/ABU, 3. Aufl. 2009, ABN A, § 3, Rn. 7). Dabei greifen die Regeln über die Gefahrtragung nur dann ein, wenn weder der eine noch der andere Vertragsteil für die vor Abnahme aufgetretene Beschädigung oder Zerstörung im Sinne eines Vertretenmüssens einzutreten hat. Wird die Leistung also durch einen abwendbaren, also vom Auftragnehmer oder vom Auftraggeber zu vertretenden Umstand fehlerhaft ausgeführt oder beschädigt oder zerstört, so liegt nicht ein Gefahrtragungstatbestand nach § 7 VOB/B vor, sondern es greifen die Grundsätze der Mängelbeseitigung nach § 4 Abs. 7 VOB/B oder für die Frage der sonstigen Haftung die in § 10 Abs. 1 VOB/B enthaltene Generalklausel ein (vergleiche Ingenstau/Korbion/Oppler, VOB, 18. Aufl. 2013, § 7 VOB/B Rn. 4 ff.).
67Voraussetzung für den Gefahrübergang vor Abnahme gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 VOB/B sind andere objektiv unabwendbare, vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände. Diese Voraussetzungen liegen nur dann vor, wenn sie nach menschlicher Einsicht und Erfahrung in dem Sinne unvorhersehbar sind, dass sie oder ihre Auswirkungen trotz Anwendung wirtschaftlich erträglicher Mittel durch die äußerste nach der Sachlage zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder in ihren Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden können. Danach ist ein Ereignis nicht schon dann unvorhersehbar, wenn es für den Auftragnehmer unabwendbar ist. Die Voraussetzungen sind vielmehr nur dann erfüllt, wenn das Ereignis objektiv, und zwar unabhängig von der konkreten Situation des betroffenen Auftragnehmers unvorhersehbar und unvermeidbar war.
68Bezogen auf den hier durch den umgestürzten Kran zerstörten Rohbau (Leistungen der Fa. Z), gilt somit, dass der Rohbauer weder gemäß § 10 Abs. 1 noch gemäß § 4 Abs. 7 VOB/B haftet, da er die von der Beklagten zu 3) zu vertretende Zerstörung nicht zu vertreten hat. B haftet dem Rohbauer seinerseits nicht gemäß § 10 Abs. 1 VOB/B, da sich der Generalunternehmer das Vertretenmüssen des einen Nachunternehmers im Verhältnis zum anderen Nachunternehmer nicht zurechnen lassen muss. Die Voraussetzungen von § 278 BGB liegen insoweit nicht vor (vergleiche BGH NJW 1985, 2475, 2476). Es greifen also die Gefahrtragungsregeln ein. § 7 Abs. 1 VOB/B ist nicht erfüllt, da es sich zwar um einen unvorhergesehen eingetretenen Schaden im Sinne von § 2 ABN handelt, nicht jedoch um einen „objektiv“ unabwendbaren Umstand. Die Gefahr trägt daher der Rohbauer gemäß § 644 BGB. Sein als Unternehmer mitversichertes Interesse ist betroffen (vgl. hierzu: Möller/Segger, in: Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2016, § 86, Rn. 86; Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, vor § 74, Rn. 59). Ihm stand ein eigener Anspruch als Mitversicherter in der Fremdversicherung gegen die Klägerin zu. Nicht betroffen ist hingegen das Interesse von B. Durch die Auszahlung der Versicherungsleistung an den Versicherungsnehmer kann ein Anspruch des mitversicherten Auftraggebers B nicht gemäß § 67 VVG a. F. übergegangen sein.
69b)
70Die Klägerin hat hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Schadenspositionen auch auf entsprechenden Hinweis der Kammer die Betroffenheit eines eigenen Interesses von B nicht dargetan. Soweit die Klägerin geltend macht, § 67 VVG a.F. und § 3 Nr. 3 ABN stellten für den Anspruchsübergang nicht auf das Bestehen eines versicherten Interesses des Anspruchsinhabers ab (Bl. 1894 d.A.), kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr können nur solche Ansprüche übergehen, die sich auf den versicherten Schaden, der in den Schutzbereich der Bauleistungsversicherung fällt, beziehen (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 55). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist daher für den Anspruchsübergang nicht allein entscheidend, dass der Versicherer aus dem Versicherungsvertrag eine Entschädigung erbracht hat, und daß überhaupt Bauleistungsschäden entstanden sind.
71Es hätte der Klägerin oblegen, detailliert darzulegen, dass gerade bei B Bauleistungsschäden entstanden sind, also inwieweit die entstandenen Schäden nicht dem mitversicherten Interesse des Bauherrn – A – oder anderer Auftragnehmer zuzuordnen sind. Eine derartige Zuordnung der geltend gemachten Schadenspositionen zu den Bauleistungen einzelner Unternehmer fehlt. Wegen der Einzelheiten kann auf die entsprechenden Ausführungen oben 2. c) verwiesen werden.
724.
73Die Klägerin kann sich zur Geltendmachung ihres Anspruchs auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsfigur der Drittschadensliquidation stützen.
74B hat vorliegend, wie die Klägerin auch selbst einräumt (Bl. 1897 d.A.) bzgl. der hier geltend gemachten Positionen keinen eigenen Schaden erlitten. Denn die mitversicherten Nachunternehmer von B waren aufgrund der in §§ 644 BGB, 12 Abs. 6 VOB/B niedergelegten Gefahrtragungsregelung vor Abnahme zur vergütungsfreien Wiederherstellung der von der Beklagten zu 1) beschädigten Bauleistungen verpflichtet. Der jeweilige Nachunternehmer musste die Leistung daher grundsätzlich ohne Bestehen eines (neuen) Vergütungsanspruchs gegenüber dem Besteller – hier B – neu erstellen, so dass dem Besteller auch kein (eigener) Schaden entstand.
75a)
76Die Drittschadensliquidation im Falle der obligatorischen Gefahrentlastung, § 644 BGB, ist ein anerkanntes Rechtsinstitut (vgl. BGH, NJW 1970, 38, 41; BGH IBRRS 2016, 0311; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 644, Rn. 15; Voit, in: Beck’scher Online-Kommentar, 37. Edition, Stand: 01.02.2015, § 644, Rn. 22; zweifelnd Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 249, Rn. 301 ff.).
77Alternative Lösungswege sind die Auffassung vom Objektschaden, die dem Rechtsgut unabhängig vom konkreten Schaden des Rechtsinhabers einen Wert zubilligt (vgl. Larenz, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 13. Aufl., § 27 IV, b 1; Hagen, JuS 1970, 442, 445) oder die Schadensbemessung nach wertenden Gesichtspunkten vornimmt (vgl. Büdenbender, NJW 2000, 986 ff.). Der Bundesgerichtshof (BGH, NJW 1984, 2569) hat auch einen Anspruch des die Gefahr tragenden Unternehmers auf der Grundlage der Besitzverletzung, § 823 Abs. 1 BGB, zugebilligt. Grundlage der Konstellation ist das Auseinanderfallen von „Verletztem“ und „Geschädigtem“ (BGH, NJW 1970, 38; Büdenbender, NJW 2000, 986 ff.; Weiss, JuS 2015, 8, 10 m.w.N.). Damit kommt der Frage, wer „Verletzter“ ist, maßgebliche Bedeutung zu.
78Im vorliegenden Fall kommen der Unternehmer (Fa. Z), der Besteller (B) und der Eigentümer (A) in Betracht. Der Unternehmer ist allenfalls im Besitz verletzt, der Eigentümer ist jedenfalls in seinem Eigentum verletzt. Ob der Besteller verletzt ist, erscheint zweifelhaft. Soweit ersichtlich wird die Verletzung des Eigentums als maßgeblich dafür angesehen, wer Inhaber des Anspruchs ist (BGH, NJW 1970, 38, 41; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 591; Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 249, Rn. 301 ff.; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 644, Rn. 15; Weiss, JuS 2015, 8, 11; Grüneberg, in: Plandt, BGB, 75. Aufl. 2016, vor § 249, Rn. 110; unklar: OLG Dresden, BeckRS 2007, 12001: „Besteller“; OLG München, NJW 2011, 3375, 3377: „Inhaber der verletzten Rechtsstellung“). Die Frage kann nicht dahinstehen, es muss nämlich eine Vervielfältigung des Schadens – oder genauer der Ersatzberechtigten für einen Schaden ausgeschlossen werden (vergleiche BGH IBRRS 2016, 0311; RGZ 170, 247, 250; Selb, NJW 1964, 1765, 1766). Der Anspruch kann also nur einem zustehen. Dies ist vorliegend A als Eigentümerin. Ihre Rechtsstellung ist unzweifelhaft verletzt. Der ihr gehörende Rohbau ist zerstört. § 4 Nr. 7 VOB/B hat hier zurückzutreten.
79Zwar ist die „Rechtsstellung“ des Bestellers insoweit betroffen, als die ihm gegenüber geschuldete vertragliche Werkleitung mangelhaft erbracht wurde. Dies erfüllt aber noch nicht die Anspruchsnorm. Diese setzt – anders als § 823 Abs. 1 BGB – schon tatbestandlich den Schaden voraus. Damit steht der Ersatzanspruch A zu.
80Die Gefahrentlastung eines Eigentümers führt nicht dazu, dass der Ersatzpflichtige frei wird, sondern der Eigentümer kann den sog. Drittschaden im eigenen Namen liquidieren (OLG Hamburg, MDR 1974, 668, 669; unter Verweis auf BGH, VersR 1972, 1138: zur Gefahrentlastung nach § 447 BGB). A kann den Drittschaden des Rohbauers liquidieren. B hat einen Anspruch gegen A auf Abtretung dieses Anspruchs, der Rohbauer wiederum einen Anspruch auf Abtretung des auf Abtretung gerichteten Anspruchs von B gegen A.
81Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 30.09.1969, Az.: VI ZR 254/67 (BGH, NJW 1970, 38), auf das sich die Klägerin maßgeblich beruft, und dem eine Fallkonstellation zugrunde liegt, in welcher ebenfalls Ansprüche aufgrund von § 67 VVG a.F. geltend gemacht werden, gerade ausgeführt, dass die Verneinung eines eigenen Ersatzanspruchs des geschädigten mitversicherten Nachunternehmers nicht zu einem unbilligen Ergebnis führt, da das geschädigte Unternehmen vom Besteller die Abtretung des Schadensersatzanspruchs verlangen könne, der diesem als Eigentümer und Vertragspartner zustehe (a.a.O. Rn. 28). Einen automatischen Anspruchsübergang cessio legis nach § 67 VVG a.F. konzediert der BGH indessen gerade nicht. Vielmehr lag in dem zu beurteilenden Sachverhalt eine Abtretung – ebenso wenig wie eine Ermächtigung zur Prozessführung – gerade nicht vor (a.a.O. Rn. 29). Von einer solchen Abtretung kann der Werkunternehmer die erneute Erbringung seiner Werkleistung abhängig machen.
82Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin angeführten Entscheidungen des OLG Dresden (Urteil vom 15.11.2005, Az.: 14 U 2368/04, BeckRS 2007, 12001) und des OLG Düsseldorf (NJW-RR 1996, 591). Das OLG Dresden stellt lediglich fest, dass, wenn wegen der Gefahrtragungsregel des § 644 Abs. 1 BGB die Konstellation eintritt, dass der Besteller zwar einen vertraglichen Anspruch aber keinen Schaden hat, da vor Abnahme die bereits erbrachte Werkleistung nochmals zu erbringen ist, ohne zum Ausgleich über einen Anspruch gegen den Schädiger zu verfügen, dies einen anerkannten Fall der Drittschadensliquidation bilde und der BGH in einem solchen Fall zumindest einen Anspruch auf Abtretung des Schadensersatzanspruchs des Bestellers bejaht habe.
83Das OLG Düsseldorf kam im dortigen Fall ebenfalls zu der Einschätzung dass der geschädigte Werkunternehmer im Wege der Drittschadensliquidation von dem Besteller lediglich die Abtretung des Schadensersatzanspruchs verlangen könne. Dass eine derartige Abtretung des Anspruchs von B an die jeweiligen geschädigten Nachunternehmer stattgefunden habe, wird von der Klägerin nicht behauptet und ist auch aus den Umständen nicht ersichtlich. Für einen Anspruchsübergang auf die Klägerin lässt sich aus den zitierten Entscheidungen entgegen der Auffassung der Klägerin also nichts herleiten.
84b)
85Entgegen der Auffassung der Klägerin führt eine derartige Risikoverteilung nicht zu einem unbilligen Ergebnis. Dass die hier gefundene Lösung sachgerecht ist, zeigt folgende Überlegung: Zur Schadensverlagerung vom Eigentümer auf einen Dritten kommt es nur aufgrund schuldrechtlicher Bestimmungen (§ 644 BGB). Der Mechanismus versagt, wenn der Ausgleich des Schadens des Eigentümers über die Neuherstellungsverpflichtung ausfällt, z. B. weil der Besteller und Auftragnehmer des Eigentümers insolvent wird, bevor das zerstörte Werk wiederaufgebaut ist. Würde man dem Besteller – hier B – den Anspruch zubilligen, würde er in die Insolvenzmasse fallen oder aber er wäre möglicherweise schon durch Zahlung an den Besteller oder den Unternehmer – Rohbauer – erfüllt, bevor das Werk neu errichtet ist. Der Drittschaden wäre dann „liquidiert“, ohne daß der Ersatzbetrag tatsächlich zur Schadensbehebung – beim Eigentümer – eingesetzt wird.
86Einen Anspruch könnte die Klägerin nur im Wege der Abtretung durch A geltend machen. Die Klägerin behauptet indes weder, einen Anspruch von A gegen die Beklagten unmittelbar im Wege der cessio legis gemäß § 67 VVG a.F. erworben zu haben, noch, A habe einen Anspruch an B abgetreten. Die Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 (Bl. 1756 ff. d.A.) beinhaltet ausweislich § 2 lediglich eine Abtretung von Ansprüchen von B an die Klägerin. Der Anspruch aus § 823 BGB ist folglich bei A verblieben.
875.
88Die vorstehenden Ausführungen betreffen allgemeine schadensrechtliche Gesichtspunkte. Darüberhinaus sind auch aus versicherungsrechtlicher Sicht besondere Voraussetzungen eines Anspruchsübergangs zu beachten. Neben der Frage des versicherten Interesses ist von Bedeutung, an welchen Versicherten oder für welchen Versicherten der Versicherer gezahlt hat. Aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BGH (BGH, NJW NJW 1970, 38, 41) ergibt sich, dass nur der Anspruch des Versicherten gemäß § 67 VVG a.F. übergeht, der vom Versicherer entschädigt worden ist. Dies ist dann der Fall, wenn an den Versicherten oder für den Versicherten geleistet ist. Die Klägerin hat nach eigenem Vorbringen an A gezahlt (vgl. Bl. 13 d.A.). A ist auch Versicherter. Damit ist, soweit das Interesse von A versichert ist, A entschädigt worden. Da A bereits Eigentümer des Rohbaus geworden war, ist jedenfalls auch das Interesse von A betroffen. Der Eigentümer hat ein versicherbares Interesse auch dann, wenn ein Dritter die Gefahr des zukünftigen Untergangs trägt (Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, vor § 74, Rn. 49). Da A als Versicherungsnehmer ermächtigt war, die Versicherungsleistung auch für die übrigen Versicherten entgegenzunehmen, § 78 Abs. 2 VVG a.F., würde ein Übergang von Ansprüchen von B gemäß § 67 VVG a.F. insoweit voraussetzen, daß die Klägerin „für“ B als Versicherten geleistet hat. Daß dies geschehen sei, kann nicht festgestellt werden. Auf die interne „Weiterleitung“ von A an B kann es nicht ankommen, da dies der Klägerin nicht zurechenbar ist. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe für die Leistungen der Fa. Z „ausgekehrt“ (Bl. 188 d.A.), würde dies bedeuten, daß sie an den Rohbauer für dessen wegen § 644 BGB mitversicherten Interesses gezahlt hat, nicht aber an B.
89III.
90Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gegen die Beklagten zu, soweit sie diesen Anspruch hilfsweise auf die Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 stützt (Anlage K 110, Bl. 17 56 ff. d.A.). Unabhängig von der Frage, ob der Inhalt des abgetretenen Anspruchs überhaupt das von der Klägerin verfolgte Anspruchsziel deckt, ist dieser Anspruch jedenfalls nicht mehr durchsetzbar.
91Ein Anspruch auf Grundlage der Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 ist nicht durchsetzbar, da ihm die Einrede der Verjährung entgegensteht. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin die von Beklagtenseite angegriffene Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung unterstellt, begann die Verjährung für die Geltendmachung dieses Anspruchs aus abgetretenem Recht gemäß §§ 196, 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Jahres 2005 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2008. Demgegenüber hat die Klägerin die Abtretungsvereinbarung im hiesigen Verfahren erstmalig mit Schriftsatz vom 22.04.2014 vorgelegt (Bl. 1756 ff. d.A.) und wiederum mit Schriftsatz vom 25.06.2014 (Bl. 1777 d.A.) erklärt, dass Ansprüche aus abgetretenem Recht aus dieser Abtretungsvereinbarung lediglich hilfsweise geltend gemacht werden.
92Durch die Erhebung der vorliegenden, ausweislich der Zustellungsurkunde am 08.07. und 09.07.2007 (Bl. 50 ff. d.A.) zugestellten und damit rechtshängig gewordenen Klage ist der Lauf der Verjährung für den auf die Abtretungsvereinbarung vom 21.05.2005 gestützten Zahlungsanspruch nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden.
93Nach der ständiger Rechtsprechung des BGH unterbricht die Erhebung der Klage nach § 204 Abs.1 Nr. 1 BGB die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch (BGH, NJW 2005, 2004; BGHZ 104, 6; BGH, NJW 1988, 1778; BGHZ 132, 240; BGH, NJW 1996, 117). Bei der Abtretung eines Anspruchs handelt es sich um einen anderen Lebenssachverhalt als beim originären Erwerb eines Rechts oder einem gesetzlichen Forderungsübergang. Stützt sich ein Kläger im Klagewege zunächst auf einen eigenen oder kraft Gesetzes übergegangenen Anspruch, so läuft die Verjährung des später, nach Ablauf der Verjährungsfrist, aufgrund einer Abtretung in den Prozess eingeführten Anspruchs weiter (vergleiche OLG Köln r + s 1997, 180, 182 f.). Danach ist hier durch die Erhebung der Klage keine Hemmung der Verjährung des in Rede stehenden Schadensersatzanspruchs aus Werkvertragsrecht i.V.m. der Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 eingetreten. Die Klägerin verfolgt diesen Anspruch ausweislich des Schriftsatzes vom 25.06.2014 lediglich hilfsweise. In der Klageschrift hat sie den Anspruch dagegen zunächst aus eigenem, nach § 67 VVG a.F., § 3 Nr. 3 ABN übergegangenem Recht geltend gemacht. Damit hatte die ursprüngliche Klage einen anderen Streitgegenstand. In dem Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht liegt wegen der Änderung des dazu vorgetragenen Lebenssachverhalts ein Wechsel des Streitgegenstands im Sinne einer Klageänderung nach § 263 ZPO (BGH, NJW 2005, 2004; BGH, NJW 1996, 117).
94IV.
95Der Zinsanspruch ist nach §§ 291, 288 Abs. 2 ZPO bezogen auf den berechtigten Teil der Forderung gegeben.
96V.
97Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
98Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 2, 711 ZPO.
99Der Streitwert wird auf 3.200.000,00 EUR festgesetzt.
Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.
Insoweit zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war, sachkundige Personen zu vernehmen sind, kommen die Vorschriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung.
(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.
(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.
(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.
(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
- 1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
(1) Die Beweisaufnahme erfolgt vor dem Prozessgericht. Sie ist nur in den durch dieses Gesetz bestimmten Fällen einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht zu übertragen.
(2) Eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme angeordnet wird, findet nicht statt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Das klagende Land (Kläger) verlangt die Feststellung, zum Ankauf einer etwa 350 m² großen Fläche im Hinterhof des Grundstücks der Beklagten im Bezirk Pankow von Berlin nach Maßgabe des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes (VerkFlBerG) zu dem danach für Verkehrsflächen vorgesehenen Ankaufspreis berechtigt zu sein. Diese Fläche gehört zu einer begrünten Anlage. Darin befinden sich neben Gartenanlagen und Wegen ein Kinderspielplatz, eine Tischtennisplatte und eine Hirschskulptur, nach der die Anlage Hirschhof genannt wird. Der Innenhof ist von 1982 an unter zwischen den Beteiligten streitigen Umständen in Abstimmung mit den Bewohnern, Eigentümern und der Stadtbezirksverwaltung gestaltet und begrünt worden. Er war zumindest über einen langen Zeitraum öffentlich zugänglich. Verhandlungen über den Ab- schluss eines Nutzungsvertrags scheiterten, weil sich der Kläger nicht zum Abschluss der von ihm selbst vorgeschlagenen Vereinbarung entschließen konnte. Am 22. März 2007 beantragte der Kläger die Einleitung eines notariellen Vermittlungsverfahrens , das wegen des Widerstands der Beklagten keinen Erfolg hatte. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Kammergericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchten die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage erreichen. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 2
- Das Berufungsgericht hält den Kläger für berechtigt, die Fläche nach Maßgabe des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes zu dem für Verkehrsflächen vorgesehenen Preis anzukaufen. Der Hirschhof werde öffentlich genutzt. Er sei auf Initiative und mit Mitteln der früheren Stadtbezirksverwaltung errichtet worden. Davon sei es auf Grund der urkundenbeweislich verwerteten Aussagen von Zeugen in einem Parallelverfahren gegen die Eigentümer des benachbarten Hinterhofs und auf Grund des Urteils des OVG Berlin-Brandenburg vom 29. September 2011 (OVG 11 B 31.10, juris) in einem Rechtstreit über die Frage , ob es sich bei dem Hinterhof um eine Grünanlage im Sinn des Berliner Grünanlagengesetzes handelt, überzeugt. Die Begrünung des Hinterhofs sei auch nicht nur den Bewohnern der anliegenden Häuser zugutegekommen, sondern der Öffentlichkeit. Es handele sich um eine öffentliche Grünanlage, die als Verkehrsanlage gelte, und nicht um eine anders öffentlich genutzte Fläche. Die öffentliche Nutzung des Hinterhofs sei schließlich nicht anderweitig rechtlich abgesichert.
II.
- 3
- Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
- 4
- 1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Der Kläger kann von den Beklagten nach § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 VerkFlBerG den Verkauf der begrünten Teilfläche auf dem Grundstück der Beklagten zu dem ermäßigten Preis für Verkehrsflächen nur verlangen, wenn diese Teilfläche vor dem 3. Oktober 1990 für eine Verwaltungsaufgabe tatsächlich in Anspruch genommen worden ist und dieser Verwaltungsaufgabe immer noch dient. Das hat das Berufungsgericht festgestellt.
- 5
- 2. Diese Feststellung vermag das Urteil aber nicht zu tragen, weil sie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist.
- 6
- a) Das Berufungsgericht hat gegen den in § 355 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmten Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen, indem es nur die in einem anderen Verfahren protokollierten Aussagen der von dem Kläger benannten Zeugen urkundenbeweislich verwertet, die Zeugen aber nicht selbst vernommen hat.
- 7
- aa) Die Verwertung der Niederschrift einer Zeugenaussage aus einem anderen Verfahren im Wege des Urkundenbeweises ist zwar grundsätzlich zulässig (BGH, Urteile vom 14. Juli 1952 - IV ZR 25/52, BGHZ 7, 116, 121 f. und vom 9. Juni 1992 - VI ZR 215/91, NJW-RR 1992, 1214, 1215; Senat, Beschluss vom 17. November 2005 - V ZR 68/05, juris). Sie setzt die Zustimmung der Parteien nicht voraus (BGH, Urteil vom 19. April 1983 - VI ZR 253/81, VersR 1983, 667, 668). Auch der Widerspruch einer Partei gegen die Verwertung einer protokollierten Aussage steht deren Auswertung im Wege des Urkundenbeweises nicht entgegen (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1969 - VI ZR 128/68, VersR 1970, 322, 323).
- 8
- bb) Unzulässig wird die Verwertung der früheren Aussagen der benannten Zeugen im Wege des Urkundenbeweises anstelle von deren Vernehmung im anhängigen Verfahren aber dann, wenn eine Partei zum Zwecke des unmittelbaren Beweises die Vernehmung dieses Zeugen beantragt (BGH, Urteile vom 14. Juli 1952 - IV ZR 25/52, BGHZ 7, 116, 122, vom 9. Juni 1992 - VI ZR 215/91, NJW-RR 1992, 1214, 1215, vom 13. Juni 1995 - VI ZR 233/94, VersR 1995, 1370, 1371 und vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98, NJW 2000, 1420, 1421 f.; Senat, Beschluss vom 17. November 2005 - V ZR 68/05, juris). Einen solchen Antrag haben die Beklagten gestellt. Diesen Antrag durfte das Berufungsgericht nicht als verspätet zurückweisen. Er betraf kein neues Angriffs - oder Verteidigungsmittel der Beklagten, sondern die Verwertung der Aussagen der von dem beweispflichtigen Kläger rechtzeitig benannten Zeugen. Deren Vernehmung durch das Berufungsgericht hatten die Beklagten auch nicht erst in der mündlichen Verhandlung beantragt, sondern schon in der Berufungserwiderung. Darin hatten sie sich gegen die Verwertung der in dem anderen Verfahren protokollierten Aussagen der Zeugen mit der Begründung gewandt , sie widerspreche dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme ; außerdem könne das Berufungsgericht ohne „Ansehung der Zeugen“ deren Glaubwürdigkeit und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage nicht bewerten. Das ist in der Sache ein Antrag auf Vernehmung der Zeugen durch das Berufungsgericht , der als solcher auch klar zu erkennen war. Wollte das Berufungsgericht das anders sehen, musste es die Beklagten darauf hinweisen (vgl. Senat , Beschluss vom 17. November 2005 - V ZR 68/05, juris), was vor der mündlichen Verhandlung nicht geschehen ist. Anders als das Berufungsgericht meint, mussten die Beklagten nicht darlegen, dass und weshalb den protokollierten Aussagen der Zeugen nicht gefolgt werden kann. Die Parteien haben nach §§ 355, 373 ZPO einen gesetzlichen Anspruch auf eine mit den Garantien des Zeugenbeweises ausgestattete Vernehmung (BGH, Urteil vom 14. Juli 1952 - IV ZR 25/52, BGHZ 7, 116, 122). Diesen Anspruch macht das Gesetz wegen der offenkundigen Schwächen der urkundenbeweislichen Verwertung von Zeugenaussagen - fehlender persönlicher Eindruck von den Zeugen, fehlende Möglichkeit , Fragen zu stellen und Vorhalte zu machen, fehlende Möglichkeit der Gegenüberstellung (BGH, Urteil vom 30. November 1999 - IV ZR 207/98, NJW 2000, 1420, 1421) - nicht von der näheren Darlegung von Gründen abhängig.
- 9
- b) Von der Vernehmung der Zeugen durfte das Berufungsgericht auch nicht im Hinblick auf die Beweiskraft des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. September 2011 (OVG 11 B 31.10, juris) absehen.
- 10
- aa) Dieses Urteil - das sich zudem nicht mit den Voraussetzungen eines Ankaufsrechts nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz, sondern mit der Anwendbarkeit des Berliner Grünflächengesetzes (vom 24. November 1997, GVBl. Bln 1997 S. 612 - GrünAnlG) befasst - ist zwar eine öffentliche Urkunde, die eine Entscheidung enthält. Sie erbringt nach § 417 ZPO auch vollen Beweis ihres Inhalts. Die Beweiskraft des Urteils beschränkt sich aber auf den Urteilsausspruch und erfasst weder den Tatbestand noch die Entscheidungsgründe. Beide enthalten nicht die Entscheidung, um deren Beweis es in der Vorschrift des § 417 ZPO geht, sondern die Begründung der Entscheidung. Auf diese erstreckt sich die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde über eine Entscheidung weder bei einem Urteil noch bei einer anderen Entscheidung einer öffentlichen Stelle (BGH, Urteil vom 27. August 1963 - 5 StR 260/63, BGHSt 19, 87, 88; OLG Neustadt/Weinstraße, NJW 1964, 2162, 2163; OLG Frankfurt/Main, NStZ 1996, 234, 235; OLG Brandenburg, Urteil vom 21. Juli 2006 - 7 U 40/06, juris Rn. 9; MünchKomm-ZPO/Schreiber, 4. Aufl., § 417 Rn. 6).
- 11
- bb) Die Beweiskraft ergibt sich auch nicht aus § 418 ZPO. Zwar kann der Tatbestand eines Gerichtsurteils nach dieser Vorschrift Beweiskraft entfalten (MünchKomm-ZPO/Schreiber, 4. Aufl., § 418 Rn. 6); beispielsweise wird durch die Aufnahme von Zeugenaussagen in den Tatbestand ein vollgültiges Zeugnis des Gerichts über die vor ihm erstatteten Aussagen hergestellt (RGZ 149, 312, 316). Einer Verwertung der in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts enthaltenen Aussagen stünde im Hinblick auf den Antrag der Beklagten, die maßgeblichen Zeugen vor dem Prozessgericht zu hören, aber wiederum der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 ZPO) entgegen. Zudem stützt sich das Berufungsgericht nicht auf Tatbestandselemente des Urteils, sondern auf die Entscheidungsgründe, d.h. auf die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch das Gericht. Dieser kommt jedoch keine Beweiskraft nach § 418 ZPO zu.
- 12
- c) Das Berufungsurteil beruht auf dem Verfahrensfehler bei der Vernehmung der Zeugen und auf der Verkennung der Beweiskraft des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht zu einem anderen Beweisergebnis gelangt wäre, hätte es die fehlende Beweiskraft des Urteils erkannt und die Zeugen selbst vernommen. Das Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
III.
- 13
- Eine eigene Entscheidung ist dem Senat mangels verwertbarer Feststellungen nicht möglich. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
- 14
- 1. Die Begrünung der Teilfläche eines privaten Hinterhofs kann eine tatsächliche Inanspruchnahme für eine Verwaltungsaufgabe im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG sein.
- 15
- a) Die Schaffung von Grünflächen zur Erholung und Entspannung gehört als eine mögliche Form der Daseinsvorsorge zu den Verwaltungsaufgaben jedenfalls der Kommunen und der ihnen entsprechenden Verwaltungsgliederungen der Stadtstaaten.
- 16
- b) Anders als die Beklagten meinen, kommt es weder für die Frage, ob die Innenhoffläche vor dem 3. Oktober 1990 als Verkehrsfläche in der Form einer öffentlichen Grünanlage im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VerkFlBerG tatsächlich in Anspruch genommen worden ist, noch für die Frage, ob die Hoffläche diesem Zweck weiterhin dient, auf eine förmliche Widmung als Grünanlage oder für einen anderen öffentlichen Zweck an.
- 17
- aa) Auf eine förmliche Widmung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GrünAnlG kann es für die tatsächliche Inanspruchnahme der Hoffläche schon deshalb nicht ankommen , weil diese vor dem 3. Oktober 1990 durch die Dienststellen der DDR erfolgt sein muss, für die dieses Gesetz seinerzeit nicht galt. Eine solche förmliche Widmung ist aber auch für die Frage ohne Bedeutung, ob die Hoffläche einem öffentlichen Zweck, dem sie damals möglicherweise zugeführt worden ist, noch dient. Die Widmung einer Grünfläche als Grünanlage gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GrünAnlG, die das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 29. September 2011 (11 B 31.10, juris) für die Grünfläche im Hirschhof verneint hat, ist nur dafür erheblich, ob die Bezirke von Berlin hierfür Schutz- und Pflegepläne aufzustellen haben (§ 4 GrünAnlG), ob das Land Berlin die Verkehrssicherungspflicht hat (§ 5 GrünAnlG) und ob die Verhaltensvorschriften des § 6 GrünAnlG gelten, deren Nichteinhaltung nach § 7 GrünAnlG einen Ordnungswidrigkeitentatbestand verwirklicht. Die Anwendung des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes hängt davon nicht ab.
- 18
- bb) Auch auf eine förmliche Widmung zu einem anderen öffentlichen Zweck kommt es nicht an. Den Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass das Verkehrsflächenbereinigungsgesetz in § 2 Abs. 2 Nr. 1 für Straßen, Wege und Plätze auf die förmliche Widmung abstellt und damit bewusst auch auf die Anforderungen an eine solche Widmung verweist, die die Straßengesetze der Bundesländer dafür bestimmen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks 14/6204 S. 15). Einen ähnlichen Präzisierungsgrad hat die Verweisung auf § 1 Abs. 1 BWaStrG in § 2 Abs. 2 Nr. 2 VerkFlBerG, der die maßgeblichen Bundeswasserstraßen in einer Anlage 1 zu dem Gesetz abschließend aufführt. Für die anderen Verkehrsflächen und insbesondere für Grünanlagen schreibt § 2 Abs. 2 Nr. 5 VerkFlBerG Vergleichbares dagegen nicht vor. Das beruht auf dem Zweck der Vorschrift. Sie soll nicht die Anforderungen an eine tatsächliche Inanspruchnahme für eine Verwaltungsaufgabe vor dem 3. Oktober 1990 im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG festlegen. Sie soll vielmehr bestimmen, welche dieser Flächen einer solchen Verwaltungsaufgabe im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG heute noch dienen. Dafür sollen bei Straßen, Wegen und Plätze sowie den Wasserstraßen und Eisenbahnlinien die allgemein geltenden Regelungen zur Anwendung kommen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 14/6204 S. 15). Wo es dagegen solche allgemeinen Regelungen nicht gibt, verzichtet der Gesetzgeber auf Förmlichkeiten. So liegt es bei Grünanlagen.
- 19
- c) Für eine tatsächliche Inanspruchnahme der begrünten Fläche im Hinterhof der Beklagten für eine Verwaltungsaufgabe im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG genügt allerdings ein, wie es das Berufungsgericht formuliert , „öffentlicher Zugang, mag er auch nicht leicht auffindbar gewesen sein“, nicht. Eine solche Inanspruchnahme setzt vielmehr voraus, dass die zuständi- gen staatlichen Stellen vor dem 3. Oktober 1990 die Sachherrschaft über den begrünten Teil eines solchen Hinterhofs ausgeübt und diesen für einen Außenstehenden erkennbar dem öffentlichen Verkehr geöffnet haben, dass dieser tatsächlich als solcher wahrgenommen worden ist und dass dieser Zustand heute noch besteht.
- 20
- aa) Die Begrünung eines privaten Hinterhofs kommt, auch wenn sie mit öffentlichen Mitteln finanziert worden ist, gewöhnlich weder der Öffentlichkeit insgesamt noch Teilen derselben, sondern allein den Bewohnern der Gebäude zugute, von denen aus der Hinterhof erreicht werden kann. Denn ein solcher Hinterhof ist anderen Interessierten normalerweise nicht zugänglich. Daran änderte es im Grundsatz nichts, wenn die Haustüren oder Hofeinfahrten der angrenzenden Häuser (tagsüber) offen stünden und der Hinterhof deshalb auch von anderen als den Bewohnern dieser Häuser betreten werden könnte. Denn er würde auch dann von jedem Außenstehenden als privates befriedetes Besitztum erkannt, zu dessen Betreten nicht jeder eingeladen ist. Das wäre im Kern nicht anders, wenn die Eigentümer der die Hoffläche umgebenden Häuser den Bewohnern dieser Häuser die Benutzung aller Teile des Innenhofs ohne Rücksicht auf deren Zuordnung zu den Grundstücken gestattet hätten. Denn zur Benutzung eines in diesem Sinne „bewohneröffentlichen“ Innenhofs ist ebenfalls nicht jeder zugelassen, sondern nur, wer zu dem Kreis der Bewohner zählt.
- 21
- bb) Zu einer im Sinne des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes öffentlichen Fläche würde der Innenhof schließlich auch dann nicht, wenn er auf Veranlassung der privaten Eigentümer nicht nur den Nutzern der umgebenden Häuser, sondern ganz allgemein der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden wäre. Er hätte dann zwar einen Nutzen für die Allgemeinheit gewonnen, wäre aber eine private Fläche geblieben. Die Sachherrschaft der privaten Eigentümer hätte unverändert fortbestanden. Es hätte weiterhin allein in ihrem Belieben gestanden , welchen Teilen der Öffentlichkeit sie zu welchen Bedingungen die Hoffläche seinerzeit öffneten und künftig öffnen wollen. Einer solchen privatöffentlichen Nutzung fehlt das entscheidende Element, welcher die öffentliche Nutzung eines privaten Grundstücks zu einer Inanspruchnahme des Grundstücks für die Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VerkFlBerG werden lässt, die wiederum Voraussetzung für die Anwendung des Gesetzes ist: die öffentliche Sachherrschaft.
- 22
- cc) Es kommt deshalb entscheidend darauf an, ob der Hinterhof vor dem 3. Oktober 1990 nicht notwendig ständig, aber doch in nennenswertem zeitlichem Umfang für die Öffentlichkeit zugänglich war. Ferner musste damals erkennbar sein, dass der Hinterhof kein gewöhnliches befriedetes Besitztum, sondern - etwa im Sinne einer „Stadtoase“ - der Öffentlichkeit allgemein und nicht nur den Bewohnern der umgebenden Häuser zugänglich sein sollte. Er muss weiter seinerzeit tatsächlich in nennenswertem Umfang von der Öffentlichkeit als Erholungs- und Entspannungsort angenommen worden sein. Die Entscheidung darüber, ob und unter welchen Bedingungen der begrünte Teil des Hinterhofs der Öffentlichkeit zugänglich ist, musste schließlich vor dem 3. Oktober 1990 den privaten Grundstückseigentümern aus der Hand genommen worden und dauerhaft auf die zuständigen staatlichen Stellen übergegangen sein. Dieser Zustand muss heute noch bestehen. Andernfalls wäre der Hinterhof damals ein privates Refugium geblieben oder wieder ein solches Refugium geworden, für das ein Ankaufsrecht öffentlicher Nutzer nicht vorgesehen ist und auch nicht gerechtfertigt wäre. Feststellungen dazu fehlen bislang.
- 23
- 2. In entsprechender Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 5 VerkFlBerG kommt ein Ankaufsrecht des Klägers ferner nur in Betracht, wenn die öffentliche Nutzung der begrünten Teilfläche des Hinterhofs auf dem Grundstück der Be- klagten am 3. Oktober 1990 die private Nutzung durch die Bewohner der angrenzenden Gebäude überwog.
- 24
- a) Nach § 1 Abs. 1 Satz 5 VerkFlBerG findet das Verkehrsflächenbereinigungsgesetz nur im Fall überwiegender öffentlicher Nutzung Anwendung, wenn das von dem öffentlichen Nutzer in Anspruch genommene Gebäude oder die bauliche Anlage auch anderen als öffentlichen Zwecken dient. Hier geht es weder um die Nutzung eines Gebäudes noch um die Nutzung einer baulichen Anlage, sondern um die gemischte Nutzung einer privaten Hinterhoffläche. Sie wird vom Wortlaut der Vorschrift nicht erfasst.
- 25
- b) Auf diese Fallgestaltung ist die Vorschrift aber entsprechend anzuwenden.
- 26
- aa) Die Vorschrift weist eine planwidrige Lücke auf. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die Inanspruchnahme privater Grundstücke durch öffentliche Nutzer nicht immer zu einer Verdrängung der bestehenden privaten Nutzung auf dem ganzen Grundstück oder auf bestimmten Teilen davon führt. Das Ankaufsrecht soll dann nur bestehen, wenn die öffentliche Nutzung bei wertender Betrachtung überwiegt (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 14/6204 S. 14 zu Satz 3). Nicht erkannt hat der Gesetzgeber indessen, dass es eine solche Mischnutzung nicht nur bei der Inanspruchnahme von Gebäuden und baulichen Anlagen durch den öffentlichen Nutzer geben kann, sondern auch bei der Inanspruchnahme von Flächen. Die Inanspruchnahme einer Fläche durch einen öffentlichen Nutzer wird zwar in der Mehrzahl der Fälle zur Verdrängung der privaten Nutzung führen. Das ist aber gerade dann anders, wenn der öffentliche Nutzer eine Fläche in Anspruch nimmt, die inmitten eines befriedeten privaten Besitztums liegt, und diese der Öffentlichkeit zugänglich macht. Dann besteht die private Nutzung des befriedeten Besitztums unverändert fort; hinzu tritt die - hier allerdings erst noch festzustellende - staatlich veranlasste Nutzung durch die Allgemeinheit.
- 27
- bb) Hätte der Gesetzgeber diese Fallgruppe erkannt, hätte er sie in die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 5 VerkFlBerG aufgenommen oder für sie eine inhaltsgleiche Regelung geschaffen. Das ergibt sich zwingend aus der Begründung , die der Gesetzgeber für diese Regelung gegeben hat. Auf das Überwiegen der öffentlichen Nutzung sollte es wegen der für das Erwerbsrecht der öffentlichen Hand vorgesehenen, „gerade an die öffentliche Nutzung anknüpfenden Preisgestaltung“ ankommen (BT-Drucks. 14/6204 S. 14). Das Besondere dieser Preisgestaltung besteht darin, dass der Ankaufspreis, anders als nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz, nicht die Hälfte, sondern - wegen des Vorwegabzugs von einem Drittel des Bodenwerts gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerkFlBerG - im Ergebnis nur ein Drittel des Bodenwerts beträgt (§ 6 VerkFlBerG), und vor allem darin, dass der Ankaufspreis für alle Verkehrsflächen nach § 5 Abs. 1 VerkFlBerG nur ein Fünftel des Bodenwerts beträgt und zudem auf einen von der Gemeindegröße abhängigen Betrag von zwischen 5 €/m² und 15 €/m² begrenzt ist. Zu diesen aus seiner Sicht extrem niedrigen Preisen soll der private Eigentümer sein Land dem öffentlichen Nutzer nur verkaufen müssen, wenn dessen Nutzung überwiegt. Diese Preisgestaltung rechtfertigt sich verfassungsrechtlich mit den Belastungen (Unterhaltungskosten, mangelnder Ertrag) der öffentlichen Hand durch solche Flächen (dazu Senat, Urteil vom 20. Juni 2008 - V ZR 149/07, NJW-RR 2008, 1548, 1550 f. Rn. 16 ff.). Eine entsprechende Belastung kann bei einer gemischten privaten und öffentlichen Nutzung nur angenommen werden, wenn die öffentliche Nutzung überwiegt. In dieser Hinsicht ergeben sich zwischen der gemischten Nutzung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage einerseits und einer begrünten Fläche andererseits keine Unterschiede. Der Gesetzgeber hätte deshalb das Regelungsprinzip des § 1 Abs. 1 Satz 5 VerkFlBerG unterschiedslos auch auf diese Fallgruppe angewandt, hätte er diese als Regelungsproblem erkannt.
- 28
- cc) Für die Beantwortung der Frage nach einem Überwiegen der öffentlichen Nutzung kommt es nicht auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Ankaufsverlangens , sondern auf die Verhältnisse am 3. Oktober 1990 an (Senat, Urteil vom 6. Oktober 2006 - V ZR 138/05, LKV 2007, 190 Rn. 8). Diese überwiegende öffentliche Nutzung muss auch heute noch gegeben sein. Andernfalls diente das Grundstück nicht mehr im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG der Verwaltungsaufgabe. Zu beidem hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen. Sie werden nachzuholen sein.
- 29
- 3. In der neuen Verhandlung wird auch die rechtliche Einordnung der begrünten Fläche als öffentliche Grünanlage im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 5 VerkFlBerG oder als andere begrünte Fläche zu überprüfen sein. Richtig ist zwar, dass die eine öffentliche Parkfläche oder Grünanlage prägende Funktion, soweit hier relevant, darin besteht, gärtnerisch gestaltete Natur für die Erholung der Bevölkerung zu erschließen, und dass es für die Einordnung darauf ankommt , ob die Anlage ihrem Gesamtcharakter nach eine Gartenanlage oder, was hier auch in Betracht kommt, ein Kinderspielplatz ist (Senat, Urteil vom 20. Januar 2006 - V ZR 122/05 NJW-RR 2006, 805, 807 Rn. 17, 19). Dabei darf aber die begrünte Fläche des Hinterhofs nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr muss in die Wertung auch der Umstand einbezogen werden, dass die Fläche in einem Innenhof liegt. Sollte dieser der Anlage ihr Gepräge geben, handelte es sich nicht um eine öffentliche Grünanlage in einem Innenhof, für die der begrenzte Ankaufspreis nach § 5 Abs. 1 VerkFlBerG gilt, sondern um einen begrünten Innenhof. Der aber stellte eine sonstige Fläche dar, für die der Ankaufspreis nach § 6 VerkFlBerG maßgeblich ist. Auch insoweit kommt es auf die Verhältnisse am 3. Oktober 1990 und darauf an, ob der damalige Zustand heute noch besteht. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
LG Berlin, Entscheidung vom 23.05.2011 - 37 O 302/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 16.03.2012 - 7 U 145/11 -
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
- 1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
- 1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.