Landgericht Köln Urteil, 17. Dez. 2014 - 4 O 495/12

ECLI:ECLI:DE:LGK:2014:1217.4O495.12.00
bei uns veröffentlicht am17.12.2014

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der
Landgericht Köln Urteil, 17. Dez. 2014 - 4 O 495/12 zitiert 14 §§.

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(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden. (2) Im Planfeststell

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 75 Rechtswirkungen der Planfeststellung


(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behör

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(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen. (2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstell

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Ein Grundstück darf nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist.

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Auf Grund privatrechtlicher, nicht auf besonderen Titeln beruhender Ansprüche zur Abwehr benachteiligender Einwirkungen von einem Grundstück auf ein benachbartes Grundstück kann nicht die Einstellung des Betriebs einer Anlage verlangt werden, deren G

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(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.

(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.

(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.

(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.

(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn

1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,
2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung; auf ihre Erteilung sind die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden; davon ausgenommen sind Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5, die entsprechend anzuwenden sind. Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. § 75 Abs. 4 gilt entsprechend.

(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn

1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen,
2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.

(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.

(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.

(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.

(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.

(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.

Ein Grundstück darf nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 72/04 Verkündet am:
10. Dezember 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ist ein Planfeststellungsverfahren nach §§ 8, 9, 10 LuftVG durchgeführt worden, kommt ein zivilrechtlicher
Entschädigungsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB wegen Lärmbelästigungen
grundsätzlich nicht in Betracht.

b) Wird eine Planfeststellung nach § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG fingiert, gilt dasselbe. Dem von Lärmimmissionen
Betroffenen steht in solchen Fällen Rechtsschutz in entsprechender Anwendung des

c) Die Sperrwirkung der Regelungen des Planfeststellungsverfahrens gilt nicht nur für den Anspruch
auf Erstattung der Kosten für passive Schallschutzmaßnahmen, sondern auch für Ansprüche auf
Ausgleich eines verbleibenden Minderwerts des Grundstücks.

d) Bei der Beurteilung, ob Fluglärm eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 2
Satz 1 BGB bedeutet, ist der Tatrichter auf eine Würdigung aller die Lärmimmissionen charakterisierenden
Umstände angewiesen. Die Vorschriften des Fluglärmgesetzes, der TA-Lärm und der
Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) stellen keine Normen im Sinne des § 906 Abs. 1
Satz 2 und 3 BGB dar; von den dort geregelten Grenzwerten geht daher keine Indizwirkung aus,
sie können aber bei der Gesamtwürdigung als Entscheidungshilfe Berücksichtigung finden.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2004 - V ZR 72/04 - OLG Köln
LG Bonn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Dezember 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und
die Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. März 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte betreibt den erstmals 1959 genehmigten F lughafen Köln/Bonn. Die Kläger sind seit 1989 Eigentümer eines Hausgrundstücks in L. -S. , das zuvor der Mutter des Klägers gehörte, die den Klägern etwaige Ansprüche gegen die Beklagte wegen Fluglärmbelästigung abgetreten hat.
Das Haus befindet sich außerhalb der durch das Gesetz zum S chutz gegen Fluglärm (Fluglärmschutzgesetz) gezogenen Schutzzonen unter dem Gleitpfad der einfliegenden Flugzeuge beim Anflug auf eine bestimmte, über-
wiegend nur bei Westwindwetterlagen genutzte Landebahn. Die durchschnittliche Überflughöhe beträgt, bedingt durch die Hanglage des Grundstücks, regelmäßig weniger als 300 m.
Die Kläger haben behauptet, daß von dem Flugverkehr, insbesondere nachts, eine unzumutbare Lärmbelästigung ausgehe, der durch Schallschutzmaßnahmen nicht in ausreichendem Maße begegnet werden könne. Sie haben im Jahre 2000 die Fenster im Erdgeschoß ausgetauscht und mit Wärmeschutzverglasung versehen. Außerdem haben sie eine Isolierung des Flachdaches - soweit nicht überbaut - anbringen lassen. Die Kosten hierfür (10.849,14 € und 4.366,14 €) machen sie als Aufwendungsersatz für Schallschutzmaßnahmen geltend. Ferner verlangen sie Ausgleich einer nach ihrer Behauptung auf der Lärmimmission beruhenden Wertminderung von 54.467,16 € (25 % des Grundstückswerts).
Das Landgericht hat eine Beweisaufnahme durch Einholun g von Sachverständigengutachten zum Ausmaß der Lärmbeeinträchtigung und durch Beobachtung der Flugbewegungen zu nächtlicher Zeit durchgeführt und der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Frage, ob auch die Flugbelästigung tagsüber für die Kläger unzumutbar ist und neben der im Grundurteil festgestellten nächtlichen Fluglärmbelastung eine Wertminderung von insgesamt 25 % des Grundstückswertes rechtfertigt, dem Betragsverfahren überlassen bleibt. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Abweisungsantrag weiter. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB dem Grunde nach für gerechtfertigt. Der Umstand, daß der Flughafen - vom Berufungsgericht unterstellt - nach § 71 Abs. 2 LuftVG als genehmigt gelte, führe nicht dazu, daß nach § 9 Abs. 2, 3 LuftVG, § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG oder nach § 11 LuftVG, § 14 BImSchG die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche ausgeschlossen sei. Zur Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung durch den Fluglärm ist das Berufungsgericht auf der Grundlage der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme gekommen. Es hat sich dabei nicht an den Regelungen der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - orientiert, sondern hat im Rahmen einer Gesamtbetrachtung vor allem auf einen Mittelungspegel abgestellt und dabei unter Berücksichtigung, daß das Hausgrundstück in einem allgemeinen Wohngebiet liegt, Grenzwerte verschiedener DIN-Vorschriften über die Messung und Beurteilung von Flugzeuggeräuschen sowie über städtebaulichen Schallschutz, ferner eine VDI-Richtlinie über Arbeitslärm zur Bewertung mit herangezogen. Daß das Landgericht - nach Auffassung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft - keine Feststellungen zu etwaigen Lärmbelästigungen tagsüber getroffen hat, hält das Berufungsgericht nicht für entscheidungserheblich, da der Anspruch dem Grunde nach schon wegen der nächtlichen Lärmbeeinträchtigung gerechtfertigt sei und Weiteres dem Betragsverfahren überlassen bleiben könne.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision n icht in allen Punkten stand.
1. Entgegen der Auffassung der Revision stellt es allerd ings keinen Verfahrensfehler dar, daß das Berufungsgericht durch Grundurteil entschieden hat, obwohl es an Feststellungen zu etwaigen Lärmbeeinträchtigungen tagsüber fehlt. Für den Grund des Anspruchs genügt es, daß das Berufungsgericht sich die Überzeugung davon verschafft hat, daß der von dem Flughafen der Beklagten ausgehende Fluglärm eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB darstellt, die die Kläger in der Benutzung ihres Grundstücks in nicht mehr zumutbarer Weise beeinträchtigt. Beruht diese Überzeugung nur auf Feststellungen, die zur Nachtzeit getroffen wurden, so ändert sich daran nichts, wenn tagsüber eine weitere Lärmbelästigung hinzutritt , mag sie die Zumutbarkeitsschwelle überschreiten oder nicht. Daß der Senat - in einem obiter dictum - gemeint hat, eine Lärmdauerbelastung durch überfliegende Flugzeuge könne nur insgesamt unter Berücksichtigung ihrer Besonderheiten gewürdigt werden, wobei zwischen landenden und startenden Flugzeugen ebensowenig unterschieden werden könne wie zwischen leisen oder lauten (Urt. v. 16. September 1988, V ZR 267/86, NJW-RR 1989, 396, 397), steht dem nicht entgegen. In jenem Verfahren hatte das Berufungsgericht die sich widersprechenden Feststellungen getroffen, daß die Kläger zwar die Geräusche landender Flugzeuge hinnehmen müßten, "unter Umständen" aber "einen Ausgleichsanspruch wegen der Geräuscheinwirkung startender Flugzeuge" hätten. Andererseits - so das Berufungsgericht in dem damaligen Verfahren - sei die "Häufigkeit von Geräuschbeeinträchtigung der landenden Flug-
zeuge wesentlich größer, was zur Folge haben könne, daß die zusätzliche Belastung durch startende Flugzeuge doch nicht ins Gewicht falle". Angesichts dessen fehlte es schon an der für den Erlaß des Grundurteils notwendigen Feststellung, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit der Klageanspruch in irgendeiner Höhe bestand (Senat, aaO). Solche Bedenken können vorliegend nicht erhoben werden. Schon die Lärmbeeinträchtigungen bei Nacht rechtfertigen nach Auffassung des Berufungsgerichts einen Ausgleichsanspruch. Somit kommt es nur noch für dessen Höhe auf eine Gesamtbetrachtung des Lärms bei Tag und bei Nacht an.
2. Die Revision wendet sich nicht gegen die - aus Rechtsgr ünden auch nicht zu beanstandende - Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Zivilrechtsweg vorliegend unbeschadet des Umstands gegeben ist, daß möglicherweise fiktiv von einem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluß auszugehen ist. Sie hält aber materiellrechtlich den geltend gemachten Ausgleichsanspruch wegen der Wirkungen einer solchen Fiktion und - generell - wegen des Verhältnisses von öffentlichem und zivilrechtlichem Immissionsschutzrecht für ausgeschlossen.

a) Geht man - wie revisionsrechtlich geboten - davon aus, daß der von der Beklagten betriebene Flugplatz nach § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG als im Plan festgestellt gilt, so ist der Rechtsansicht der Revision beizutreten, daß für einen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB kein Raum ist.
aa) Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat für de n Bereich des Straßenbaus entschieden, daß ein öffentlich-rechtlicher, unter dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs geltend gemachter Entschädigungsanspruch
wegen Lärmimmissionen infolge nicht ausreichender Schallschutzmaßnahmen dann ausscheidet, wenn die öffentliche Unternehmung (in jenem Fall der Ausbau einer Autobahn), die zu der Lärmimmission führt, auf einem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluß beruht, der Schallschutzmaßnahmen nicht berücksichtigt (BGHZ 140, 285, 293 ff., 298 ff., beruhend auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, NJW 1987, 2884 f.; NJW 1989, 467, 469). Maßgebend für diese Entscheidung sind die folgenden Überlegungen.
Das Planfeststellungsverfahren gibt dem von der geplante n Unternehmung betroffenen Nachbarn die Möglichkeit, Einwendungen vorzubringen und die Behörde anzuhalten, Schallschutzmaßnahmen zum Schutze der Anlieger anzuordnen (§ 74 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG). Dazu zählen alle aktiven und insbesondere auch passiven Schallschutzeinrichtungen, wie etwa Schallschutzfenster , die am Haus des Nachbarn installiert werden können (Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 74 Rdn. 88; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 74 Rdn. 107 ff., 111). Hat die Planfeststellungsbehörde sich, etwa aufgrund von Einwendungen, mit der Frage der erforderlichen aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen bezogen auf das benachbarte Eigentum im Planfeststellungsverfahren, wie geboten, umfassend auseinandergesetzt, so ist damit dem Eigentumsschutz der Anlieger Genüge getan. Ist der betroffene Eigentümer der Meinung, daß der Planfeststellungsbeschluß dem Schutz seines Eigentums im Hinblick auf mögliche Schallschutzmaßnahmen nicht genügend Rechnung trägt, so kann er im Wege der Anfechtung des Beschlusses Ergänzungen durchsetzen. Sieht er hiervon ab, muß er sich, wenn nicht ein Verfahren nach § 75 Abs. 2 und 3 VwVfG auf nachträgliche Anordnung von Maßnahmen bei nicht voraussehbaren Wirkungen des Vorhabens in Betracht kommt, mit der Bestandskraft der Ablehnung weiterge-
hender Schallschutzmaßnahmen abfinden. Für einen Anspruch auf eine für passive Schallschutzmaßnahmen zu verwendende Entschädigung besteht bei einer solchen Sachlage auch unter dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs , der sich aus dem allgemeinen Aufopferungsgrundsatz herleitet, kein Bedürfnis und kein Raum (BGHZ 140, 285, 301 f.).
bb) Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für einen Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB.
(1) Die Verwandtschaft des öffentlich-rechtlichen Aufopf erungsanspruchs mit dem zivilrechtlichen Entschädigungsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB legt eine grundsätzliche Gleichbehandlung nahe. Die Parallele beider Ansprüche zeigt sich darin, daß die Anspruchsvoraussetzungen des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Anspruch übertragen werden (BGHZ 91, 20, 27; Krohn, in: Roth/Lemke/Krohn, Der bürgerlichrechtliche Aufopferungsanspruch als Problem der Systemgerechtigkeit im Schadensersatzrecht, 2001, S. 57), daß mit anderen Worten die zivilrechtliche Norm schlicht analog im öffentlichen Recht angewandt wird (Erman/A. Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 906 Rdn. 50; Staudinger/Roth, BGB [2001], § 906 Rdn. 84; Hagen, WM 1984, 677, 682). So wird im allgemeinen der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Entschädigung zuerkannt, wenn Immissionen von hoher Hand, deren Zuführung nicht untersagt werden kann, sich als ein unmittelbarer Eingriff in nachbarliches Eigentum darstellen und die Grenze dessen überschreiten , was ein Nachbar nach § 906 BGB entschädigungslos hinnehmen muß (BGHZ 91, 20, 21 f.; 122, 76).
(2) Daß für einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht anders als für den strukturell vergleichbaren öffentlichrechtlichen Entschädigungsanspruch der Grundsatz des Vorrangs der im Planfeststellungsverfahren gebotenen Rechtsschutzmöglichkeiten gelten muß, entspricht seiner Konzeption. Er kommt nur in Betracht, wenn nicht eine andere gesetzliche Bestimmung den konkreten Fall abschließend regelt (BGHZ 72, 289, 295; Senat, BGHZ 142, 227, 236). Ferner setzt er stets voraus, daß der primäre Störungsabwehranspruch (§ 1004 BGB) dem betroffenen Eigentümer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen versagt ist (BGHZ 72, 289, 292 f.; Senat, BGHZ 85, 375; Hagen, WM 1984, 677, 684). In diesem Zusammenhang ist in der Vergangenheit stets gefragt worden, ob und mit welcher Folge es von Bedeutung ist, daß der betroffene Nachbar von zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln oder Rechtsbehelfen keinen Gebrauch gemacht hat. Für den Bereich des öffentlichen Rechts ist eine entsprechende Anwendung des § 254 BGB herangezogen worden. Danach soll dem Nachbarn, der zumutbare Rechtsbehelfe einzulegen unterläßt, wegen Nichtwahrung eigener Belange ein Ausgleich für solche Nachteile verwehrt bleiben, die er durch den Gebrauch der Rechtsbehelfe hätte vermeiden können (BGHZ 113, 17, 22 f.; 140, 285, 297). Im Zivilrecht sind die gleichen Überlegungen - mit demselben Ergebnis - unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit angestellt worden (Hagen, WM 1984, 677, 684 unter Hinweis auf BGHZ 72, 289, 294 f.). Solche Erwägungen erfassen die Problematik nicht im Kern und bleiben unscharf. Klar ist demgegenüber der Ansatz, den der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs für den öffentlich -rechtlichen Entschädigungsanspruch nunmehr verfolgt. Wenn der Gesetzgeber für bestimmte Immissionen im Vorfeld ein spezifisches Verfahren zur Vermeidung von Eigentumsbeeinträchtigungen im nachbarlichen Bereich vorsieht , in dem die Rechte des Einzelnen berücksichtigt werden können, so sind
diese Rechtsschutzmöglichkeiten zu ergreifen. Ein Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB tritt dahinter zurück (vgl. schon OLG Stuttgart, NJWRR 2001, 1313, 1315).
Ein solches Verfahren stellt das Planfeststellungsverfahren dar. Die Behörde hat dem Träger des Vorhabens, von dem Immissionen ausgehen können , nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Auflagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Ist dies nicht möglich oder untunlich, steht den Betroffenen nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld zu. Neben dieser ausdifferenzierten Regelung besteht im Regelfall für einen zusätzlichen Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB kein Bedürfnis. Nur soweit die im Planfeststellungsverfahren zu Gebote stehenden Möglichkeiten dem berechtigten Interesse des benachbarten Grundstückseigentümers nicht ausreichend Rechnung tragen, etwa weil sie Besonderheiten des Einzelfalls nicht erfassen können, ist ein Rückgriff auf § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB denkbar.
cc) Dies bedeutet auch für den hier zu unterstellenden F all einer fiktiven Planfeststellung, daß ein Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist.
(1) Das Berufungsgericht, das die Problematik nicht verken nt, sieht Bedarf für einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch, weil vorliegend kein Planfeststellungsverfahren durchgeführt worden ist und sich die bestandskräftige Planfeststellung nur aufgrund einer Fiktion ergibt (§ 71 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 LuftVG). Dem Betroffenen hätten daher die Möglichkeiten, die § 74 Abs. 2
VwVfG vorsieht, nicht zur Verfügung gestanden. Dies trifft im Ergebnis nicht zu. Allerdings scheiden bei einem nur fingierten Planfeststellungsverfahren Anordnungen und Auflagen aus, die die Planfeststellungsbehörde ansonsten nach § 74 Abs. 2 VwVfG in dem Verfahren treffen und vorsehen kann. Es bleibt aber die Möglichkeit, in entsprechender Anwendung des § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG nachträglich die Maßnahmen einzufordern, die ansonsten nach § 74 Abs. 2 VwVfG zu treffen gewesen wären (BVerfG, NVwZ-RR 2001, 209; BVerwG, NVwZ 2004, 869 f.). Dieser Rechtsbehelf unterscheidet sich in seiner Qualität nicht von den im Planfeststellungsverfahren selbst vorgesehenen Regularien. Die Vorschriften sind inhaltlich gleich gestaltet. Auch § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG sieht die Anordnung von Vorkehrungen gegen Immissionen bzw. die Errichtung und Unterhaltung von schützenden Anlagen vor sowie, falls solche Maßnahmen nicht möglich oder untunlich sind, eine Entschädigung in Geld. Soweit die nachträgliche Anordnung von Vorkehrungen gegen Immissionen nach § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG davon abhängig ist, daß es sich um Wirkungen des genehmigten Vorhabens handeln muß, die im Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit des Plans nicht voraussehbar waren, unterliegt die Norm im Anwendungsbereich fiktiver Planfeststellungen im Sinne von § 72 Abs. 2 LuftVG einer Modifizierung. Der Grund dafür, daß die Wirkungen objektiv erst nach der Unanfechtbarkeit in Erscheinung getreten (Bonk/Neumann, in: Stelkens /Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 75 Rdn. 52) und für den Betroffenen bei verständiger Sicht nicht voraussehbar gewesen sein dürfen (BVerwGE 80, 7, 13; Bonk/Neumann aaO; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 75 Rdn. 25), liegt darin, daß vorher aufgetretene Beeinträchtigungen Einzelner im Planfeststellungsverfahren hätten Berücksichtigung finden können. Bei einer fiktiven Planfeststellung scheiden solche Überlegungen aus. Der Betroffene muß daher grundsätzlich auch solche ihn beeinträchtigende Wirkungen geltend machen
können, die schon vor der kraft gesetzlicher Fiktion eingetretenen Unanfechtbarkeit des Plans bestanden haben, jedenfalls, wenn die mit dem Anlagenbetrieb verbundenen Immissionen ein Ausmaß erreichen, durch das der Gewährleistungsgehalt des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG oder des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG angetastet wird (BVerwG aaO). Die zeitlichen Grenzen der Geltendmachung ergeben sich dann allein aus § 75 Abs. 3 Satz 2 VwVfG.
Einem solchen Verständnis steht auch nicht der Zweck der Fi ktion des § 71 Abs. 2 LuftVG entgegen. Mit dieser am 1. März 1999 in Kraft getretenen Änderung des Luftverkehrsgesetzes (Giemulla, in: Giemulla/ Schmid, LuftVG, Stand: Dez. 2000, § 71 Rdn. 1) sollte für ältere Flugplätze in den alten Bundesländern Rechtssicherheit geschaffen werden (BT-Drucks. 13/9513, S. 54 f., 60 f.). Es sollte eine Rechtsgrundlage geschaffen werden für den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung bestehenden tatsächlichen Zustand (Giemulla, aaO Rdn. 5). Die Norm hat aber nicht den Charakter einer allgemeinen Heilungsklausel (BVerwG aaO S. 871) und schließt somit nicht weitergehende Anordnungen zum Schutz vor Lärmimmissionen aus.
(2) Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat offen gelassen, ob die Sperrwirkung eines bestandskräftigen Planfeststellungsverfahrens nur für den Anspruch auf Erstattung der Kosten für passive Schallschutzmaßnahmen gilt oder auch für Ansprüche auf Ausgleich eines verbleibenden Minderwerts des Grundstücks (BGHZ 140, 285, 300 f.). Die Frage ist im Sinne eines umfassenden Ausschlusses zivilrechtlicher Ausgleichsansprüche zu beantworten. Die Vorschriften der §§ 74 Abs. 2, 75 Abs. 2 VwVfG verfolgen das Ziel, jede fachplanungsrechtlich erhebliche Beeinträchtigung im nachbarlichen Bereich auszuschließen. Dazu dient die Vornahme aktiver und passiver Schallschutzmaß-
nahmen. Ein Minderwert, der zu entschädigen wäre, verbleibt dann ohnehin nicht. Er kommt nur in Betracht, wenn Schallschutzmaßnahmen nicht ausreichen oder mit dem Vorhaben nicht vereinbar oder untunlich sind. Dann sieht § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG, wie auch § 75 Abs. 2 Satz 4 VwVfG, eine Geldentschädigung zum Ausgleich des Minderwerts vor (BGHZ 140, 285, 298). Diese Regelung ist ausreichend und läßt, auch hinsichtlich der Entschädigung für einen Minderwert des Grundstücks, keinen Raum für einen Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Dabei kommt es auf die in Rechtsprechung und Literatur eher unscharf behandelte Frage, ob für öffentlich-rechtliche Aufopferungsansprüche aus enteignendem Eingriff und für zivilrechtliche Ausgleichsansprüche nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unterschiedliche Zumutbarkeitsschwellen gelten (siehe dazu etwa BGHZ 122, 76, 78 f.; Staudinger/Roth, BGB [2001], § 906 Rdn. 257) nicht an. Die Ansprüche nach §§ 74 Abs. 2, 75 Abs. 2 VwVfG, und damit auch die auf Geldentschädigung, die ja nichts anderes als Ersatz für nicht mögliche Schutzmaßnahmen darstellen, sind schon bei Überschreiten der (fachplanungsrechtlichen) Erheblichkeitsschwelle gegeben, nicht erst, wenn auch die deutlich höher liegende enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erreicht ist (BGHZ 140, 285, 298), die nach der Rechtsprechung des III. Zivilsenats zugleich das zumutbare Maß bezeichnen soll, bis zu dem der Eigentümer Beeinträchtigungen nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB entschädigungslos hinnehmen muß (BGHZ 122, 76, 79). Der Betroffene steht sich daher mit den Möglichkeiten, die die Vorschriften der §§ 74 Abs. 2, 75 Abs. 2 VwVfG bieten, grundsätzlich sogar besser als mit zivilrechtlichen Ausgleichsansprüchen. Um so weniger ist für letztere ein Bedarf.

b) Sind hingegen die Voraussetzungen für eine Fiktion nach § 71 Abs. 2 LuftVG nicht gegeben, steht der Weg für nachträgliche Schutzanordnungen
nach § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG nicht zur Verfügung. Für diesen Fall kommt ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht (Giemulla, in: Giemulla/Schmid, § 9 LuftVG Rdn. 12). Ausgehend hiervon halten die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es einen solchen Anspruch dem Grunde nach bejaht, den Angriffen der Revision stand.
aa) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die von dem Flugverkehr herrührenden Lärmimmissionen von den Klägern zu dulden sind, wenn sie keine oder eine nur unwesentliche Beeinträchtigung darstellen (§ 906 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ob eine Beeinträchtigung wesentlich ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen ab und davon, was diesem auch unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist (Senat, BGHZ 120, 239, 255; 121, 248, 255; 148, 261, 264). Die dazu von dem Berufungsgericht in tatrichterlicher Verantwortung vorgenommene Bewertung mit dem Ergebnis einer wesentlichen Beeinträchtigung weist keine Rechtsfehler auf. Das führt, da nach den Feststellungen des Landgerichts auch die Voraussetzungen des § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB gegeben sind, zu einem Ausgleichsanspruch nach Satz 2 der Norm.
bb) So ist es insbesondere nicht zu beanstanden, daß das B erufungsgericht die Voraussetzungen des § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB nicht für gegeben erachtet hat.
Das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (Fluglärmgesetz) fäll t nicht unter § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB, da es nicht der Beurteilung individueller Lärmbeeinträchtigungen dient, sondern lediglich eine Grundlage für die Festlegung
von Lärmschutzzonen bietet (BGHZ 122, 76, 82; Staudinger/Roth, § 906 Rdn. 148; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 906 Rdn. 17; vgl. auch schon Senat, BGHZ 69, 105, 109 f.). Soweit die Revision darauf verweist, daß nach der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zum Sachenrechtsänderungsgesetz vom 21. September 1994 das Fluglärmgesetz zu den Gesetzen im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB gehören solle (vgl. BT-Drucks. 12/7425, S. 88), führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Der Charakter des Fluglärmgesetzes, das nicht Gegenstand der Beratungen war, konnte und sollte durch das Sachenrechtsänderungsgesetz, das die jetzige Fassung des § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 zur Folge hatte, nicht geändert werden. Wenn der Rechtsausschuß das Fluglärmgesetz als Beispiel für ein Gesetz im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB genannt hat, so erlag er einem Irrtum - ebenso wie er einem Irrtum hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in § 906 Abs. 1 BGB unterlag (Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 217/03, NJW 2004, 1317, 1318). Infolgedessen geht auch die Verfahrensrüge der Revision fehl, soweit eine Frage der Beklagten nach einer an dem Fluglärmgesetz ausgerichteten Meßbewertung im Beweisverfahren nicht zugelassen worden ist.
Die TA-Lärm und die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BI mSchV; beides Regelungen, die im Bundesimmissionsschutzgesetz ihre Grundlage haben; vgl. §§ 66 Abs. 2, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG) sind im konkreten Fall nicht nach § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB heranzuziehen, da die Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes nach § 2 Abs. 2 LuftVG nicht für Flugplätze gelten (vgl. Landmann/Rohmer/Hansmann, Umweltrecht, Bd. II, 3.1 TA-Lärm Nr. 1 Rdn. 7). Für den durch den Luftverkehr hervorgerufenen Lärm gibt es im Rahmen der Beurteilung auch nach § 9 Abs. 2 LuftVG keine generell festgeleg-
ten Grenzen (BVerwG, UPR 1999, 153, 154; BVerwG, NVwZ 2004, 1229, 1232; Landmann/Rohmer/Hansmann, aaO). Ebensowenig gibt es damit Grenz- oder Richtwerte, die für § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB Bedeutung erlangen könnten. Solche ergeben sich auch nicht aus der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (ABl EG 2002, L 189/12), deren Umsetzungsfrist abgelaufen ist. Diese Richtlinie dient zwar der Erarbeitung eines gemeinsamen Konzepts zur Bekämpfung von Lärm, auch Fluglärm, dem Menschen insbesondere in bebauten Gebieten ausgesetzt sind. Sie regelt aber zunächst nur die Ermittlung der Belastung durch Umgebungslärm anhand von Lärmkarten nach gemeinsamen Bewertungsmethoden und legt keine Grenzwerte fest, an denen sich Behörden und Gerichte bei der Beurteilung von Unterlassungsbegehren oder Schadensersatzansprüchen orientieren könnten.
Der Tatrichter ist daher auf eine Gesamtwürdigung all er die Lärmimmissionen charakterisierenden Umstände angewiesen, ohne daß ihn Grenz- oder Richtwerte hierbei binden könnten. Das schließt nicht aus, daß er - wie es das Berufungsgericht getan hat - in seine Würdigung Grenz- und Richtwerte aus Lärmschutzvorschriften einbezieht, auch wenn diese nicht unter § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB fallen. Sie können eine Entscheidungshilfe darstellen (Senat , BGHZ 111, 63, 67; 120, 239, 256 f.; 121, 248, 253; Urt. v. 26. September 2003, V ZR 41/03, NJW 2003, 3699, 3700). Dabei wäre es dem Berufungsgericht auch nicht verwehrt gewesen - wie die Revision geltend macht -, auch die Grenzwerte der TA-Lärm oder der Verkehrslärmschutzverordnung in den Blick zu nehmen, statt allein auf privatrechtliche Umweltstandards abzustellen. Es ist indes nicht ersichtlich, und wird auch von der Revision nicht aufgezeigt, daß eine Berücksichtigung dieser öffentlich-rechtlichen Grenzwerte zu einem ande-
ren Ergebnis geführt hätte. Die Grenzwerte der TA-Lärm für allgemeine Wohngebiete liegen bei nachts 40 dB(A) und tags 55 dB (A) und reihen sich damit in die Größenordnung der Werte ein, auf die das Berufungsgericht abgestellt hat. Ähnlich verhält es sich mit den Werten der Verkehrslärmschut zverordnung (49 dB(A)/59 dB(A)), zumal diese ohnehin kaum aussagekräftig sind, weil sie nicht für ständige Lärmquellen, sondern für vorübergehende Immissionen durch den Bau oder durch wesentliche Änderungen von öffe ntlichen Straßen gelten.
cc) Daß das Berufungsgericht den Ausgleich der Wertminder ung durch Zahlung eines einmaligen Betrages statt monatlicher Beträge festgesetzt hat, ist entgegen der Auffassung der Revision nicht von Rechtsirrtum beeinflußt. Eine Rentenzahlung kommt in Betracht, wenn die Nutzungswertminderung vorübergehender Natur ist (vgl. nur Staudinger/Roth, § 906 Rdn. 264 m.w.N.). Dies hat das Berufungsgericht in tatrichterlich nicht zu beanstandender Weise ausgeschlossen.
dd) Soweit die Revision meint, die Kläger hätten den geltend gemachten Anspruch verwirkt, verweist sie nicht auf Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen , der geeignet wäre, die für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen Zeit- und Umstandsmomente (Senat, BGHZ 43, 289, 292; BGHZ 84, 280, 281) auszufüllen. Der Überlegung, die Ausschlußfrist des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG schlicht auf die Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu übertragen, kann nicht gefolgt werden. Eine Anwendung der Ausschlußfrist des Verwaltungsverfahrensgesetzes bedeutete nicht die Konkretisierung eines Verwirkungstatbestandes, sondern die Implantierung einer besonderen Verjährung für zivilrechtliche Immissionsschutzansprüche.
Dem stehen die Verjährungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die auch für Ansprüche aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gelten, entgegen (vgl. nur Senat, Urt. v. 18. November 1994, V ZR 98/93, NJW 1995, 714, 715).

III.

Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif, da die Feststel lungen des Berufungsgerichts nicht die Beurteilung zulassen, ob die Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 LuftVG mit der Folge der Fiktion eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses gegeben sind. Das Berufungsgericht wird daher diese von ihm offen gelassene Frage zu klären haben. Wenzel Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 17/09 Verkündet am:
30. Oktober 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der zivilrechtliche Entschädigungsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB wegen
Lärmbelästigungen tritt auch dann hinter die im Planfeststellungsverfahren gegebenen
Rechtsbehelfe zurück, wenn der Vorhabenträger die den Nachbar schützenden
Planvorgaben nicht einhält (Fortführung von Senat, BGHZ 161, 323).
BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und
den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und unter Zurückweisung der Revision der Klägerin wird das Grundurteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 30. Dezember 2008 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 14. September 2005 wird zurückgewiesen. Die Kosten beider Rechtsmittelzüge trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagten betreiben das Bauvorhaben "City-Tunnel Leipzig". Dieses sieht die Herstellung einer unter der Innenstadt von Leipzig verlaufenden Schienenverbindung zwischen zwei Bahnhöfen einschließlich der Errichtung mehrerer unterirdischer Haltepunkte, unter anderem am Marktplatz, vor. Die Zulässig- keit des Vorhabens ist durch bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 19. Mai 2000 festgestellt.
2
Die Klägerin führte an der Ostseite des Marktplatzes zwischen 2002 und Oktober 2007 ein Restaurant mit einem hauptsächlich in den Rathausarkaden gelegenen Außenbereich.
3
Am Marktplatz begannen die Bauarbeiten für den City-Tunnel im ersten Quartal 2004. Im Laufe des Jahres 2005 wurde für das Projekt auf einer großen Fläche des Marktplatzes eine offene Baugrube ausgehoben. Ausweislich eines von der Klägerin im August 2005 eingeholten Privatgutachtens überschritten die Messwerte die in der TA Lärm festgesetzten Grenzwerte erheblich. Im zweiten Quartal 2006 wurde die Baugrube mit Ausnahme des nördlichen Bereichs wieder geschlossen. Die Arbeiten wurden allerdings nicht nur unterirdisch fortgesetzt. Zudem führte ein Fahrweg zum Abtransport des Erdaushubs unmittelbar am Außenbereich des Restaurants vorbei.
4
Die Klägerin verlangt für die von den Bauarbeiten ausgehenden Beeinträchtigungen eine - anfangs auf Ertragseinbußen, später (auch) auf den Wertverlust des Restaurants gestützte - Entschädigung von 107.349,62 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Dagegen wenden sich beide Parteien mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin könne von den Beklagten gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Entschädigung in Geld verlangen, soweit diese die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses nicht eingehalten hätten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme ein zivilrechtlicher Entschädigungsanspruch zwar nicht in Betracht, wenn die Immissionen verursachende Anlage auf der Grundlage eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses betrieben werde. Die Ausschlusswirkung reiche allerdings nur so weit, wie sich der Träger des Vorhabens an die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses halte. Bewege er sich außerhalb dieser Grenzen, bleibe es bei den allgemeinen Rechtsbehelfen. Nach diesen Grundsätzen seien Ansprüche der Klägerin wegen Zugangsbeschränkungen zum Restaurant, Staubimmissionen , Bauzeitverzögerungen sowie Beeinträchtigungen durch den Baustellenverkehr ausgeschlossen. Die Klägerin habe jedoch den Nachweis geführt, dass das Restaurant im Zeitraum von April 2005 bis April 2006 an insgesamt 243 Tagen Lärmimmissionen ausgesetzt gewesen sei, die die Grenzwerte der durch den Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm überschritten hätten. Für diese Beeinträchtigungen könne sie einen Ausgleich in Geld verlangen.

II.

6
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Klägerin, nicht aber der aufgrund der Revision der Beklagten vorzunehmenden rechtlichen Nachprüfung stand.

7
Revision der Klägerin
8
1. Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie wird durch das angefochtene Urteil beschwert, obwohl das Berufungsgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hat.
9
Bei einem Zwischenurteil über den Grund gemäß § 304 ZPO kann die Beschwer nicht, wie im Regelfall, alleine danach bestimmt werden, ob und in welchem Umfang der Tenor der angefochtenen Entscheidung von dem in der Instanz zuletzt gestellten Antrag abweicht (sog. formelle Beschwer, vgl. Senat, Urt. v. 12. März 2004, V ZR 37/03, NJW 2004, 2019, 2020 m.w.N.). Durch ein Grundurteil beschwert kann der Kläger vielmehr auch dann sein, wenn zwar der Urteilstenor das Klagebegehren in vollem Umfang für gerechtfertigt erklärt, in den Entscheidungsgründen aber bindend festgestellt wird, auf welcher Grundlage das Betragsverfahren aufzubauen hat und welche Umstände abschließend im Grundverfahren geklärt sind, das Urteil also eine für die Partei negative Bindungswirkung aufweist (BGH, Urt. v. 10. Juli 1959, VI ZR 160/58, NJW 1959, 1918, 1919; Urt. v. 17. Oktober 1985, III ZR 105/84, WM 1986, 331; Urt. v. 20. Dezember 2005, XI ZR 66/05, NJW-RR 2007, 138, 139).
10
Das ist hier der Fall. Aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt sich, dass ein Anspruch der Klägerin gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nur wegen solcher Immissionen für gerechtfertigt erklärt worden ist, die das nach dem Planfeststellungsbeschluss zulässige Maß übersteigen. Diese den Anspruchsgrund betreffende Festlegung nimmt als zulässiger Inhalt eines Grundurteils an der innerprozessualen Bindungswirkung im Betragsverfahren teil (vgl. BGHZ 10, 361, 362) und beschwert die Klägerin.
11
2. Die Revision der Klägerin ist jedoch unbegründet.
12
a) Ohne Erfolg bleibt ihre Rüge, das Grundurteil sei schon deshalb aufzuheben , weil es mangels teilweiser Abweisung der Klage nicht erkennen lasse, über welchen Teil des Klageanspruchs abschließend entschieden worden sei. Einer teilweisen Abweisung der Klage im Urteilstenor hätte es nur dann bedurft, wenn ein quantitativer, zahlenmäßig oder auf sonstige Weise bestimmter Teil des - teilbaren - Streitgegenstandes abschließend beschieden worden wäre (vgl. BGHZ 108, 256, 260; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 301 Rdn. 7a, m.w.N.). Eine solche Aufspaltung der Klageforderung ist hier jedoch nicht möglich , weil die Klägerin bei deren Bezifferung nicht zwischen den verschiedenen Beeinträchtigungen unterscheidet, sondern ihr Zahlungsbegehren auf die Gesamtheit der Einwirkungen stützt, denen der Restaurantbetrieb bis zu seiner Schließung ausgesetzt war. Demgemäß ist mit der Festlegung im Grundurteil, die Klägerin könne eine Entschädigung nur für einen Teil der Beeinträchtigungen verlangen, nicht zugleich entschieden, dass die auf Zahlung von 107.349,63 € gerichtete Klageforderung in einer bestimmten Höhe unbegründet ist. Das Berufungsgericht stellt lediglich (mit innerprozessualer Bindungswirkung ) fest, dass ein Teil des Sachverhalts, auf den die Klage gestützt worden ist, den geltend gemachten Anspruch nicht zu rechtfertigen vermag; für eine teilweise Klageabweisung ist insoweit kein Raum (vgl. BGH, Urt. v. 26. März 1985, X ZR 28/84, NJW 1985, 1959 zu 2.).
13
Dies gilt auch, soweit sich das Berufungsgericht zu der Höhe der aus seiner Sicht in Betracht kommenden Entschädigung ("nicht mehr als 10 % des festzustellenden Wertverlustes") äußert. Eine abschließende Entscheidung über einen Teil der Klageforderung ist damit nicht verbunden. Die Ausführungen entfalten keine Bindungswirkung für das Betragsverfahren, weil sie ausschließlich die Höhe des Anspruchs betreffen (vgl. BGH, Urt. v. 20. Dezember 2005, XI ZR 66/05, NJW-RR 2007, 138, 139 m.w.N.).
14
b) In der Sache nimmt das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend an, dass ein privatrechtlicher Ausgleichsanspruch (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB) wegen des nach § 18 Satz 1 AEG zu dem Vorhaben ergangenen Planfeststellungsbeschlusses grundsätzlich ausgeschlossen ist. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Klägerin bleiben ohne Erfolg.
15
aa) Wie der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des III. Zivilsenates zu einem Anspruch wegen enteignenden Eingriffs (BGHZ 140, 285, 293 ff.) entschieden hat, bleibt neben den im Planfeststellungsverfahren eröffneten Rechtsbehelfen (§ 74 Abs. 2, § 75 Abs. 2 VwVfG; hier i.V.m. § 18 Satz 3 AEG) für einen Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich kein Raum. Dem Eigentumsschutz des Nachbarn wird dadurch Genüge getan, dass die Planfeststellungsbehörde sich mit der Frage der erforderlichen aktiven oder passiven Schutzmaßnahmen (§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG) bezogen auf das benachbarte Eigentum umfassend auseinandersetzen und solche Maßnahmen oder eine Entschädigungspflicht (§ 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG) anordnen muss, wenn unzumutbare Beeinträchtigungen zu erwarten sind (vgl. BVerwGE 84, 31, 38 f.; 110, 370, 392; 123, 23, 36).
16
Meint der betroffene Nachbar, dass seinem Eigentumsrecht im Planfeststellungsverfahren nicht ausreichend Rechnung getragen worden ist, kann er die in diesem Verfahren vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten ergreifen. Er kann insbesondere im Wege der Verpflichtungsklage Planergänzungen durchsetzen oder, sofern sich nach Unanfechtbarkeit des Beschlusses nicht vorhersehbare Wirkungen des Vorhabens zeigen, gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG nachträgliche Anordnungen verlangen.
17
Ein höheres Schutzniveau wird durch die Vorschrift des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht vermittelt. Sie gewährt ebenfalls nur insoweit einen Ausgleich, als der Nachbar über das zumutbare Maß hinaus in der Benutzung seines Grundstücks beeinträchtigt wird (Senat, BGHZ 62, 361, 372). Da sich die Zumutbarkeit nach den Maßstäben richtet, die für die Beurteilung einer Einwirkung als wesentliche Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB gelten (Senat, Urt. v. 27. Oktober 2006, V ZR 2/06, VersR 2007, 657, 658), bestimmen das öffentliche und das private Immissionsschutzrecht die Grenze der Duldungspflicht gegenüber Immissionen im Ergebnis identisch (Senat, BGHZ 111, 63, 65 f.; BVerwG, NJW 1988, 2396, 2397; Krüger, ZfIR 2007, 2). Ein Bedürfnis für die zusätzliche Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB bei planfestgestellten Vorhaben besteht daher nicht.
18
bb) Hinter die Rechtsschutzmöglichkeiten im Planfeststellungsverfahren tritt der Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auch dann zurück, wenn die das Nachbargrundstück treffenden Einwirkungen nicht auf den Betrieb , sondern - wie hier - auf die Errichtung des planfestgestellten Vorhabens zurückzuführen sind. Die durch den Beschluss begründete Duldungspflicht des Nachbarn erfasst bereits die während der Bauphase entstehenden Immissionen (Senat, BGHZ 54, 384, 388). Auch die im Planfeststellungsverfahren zu beachtenden Vorschriften über Schutzmaßnahmen unterscheiden nicht nach den einzelnen Abschnitten der Realisierung des Vorhabens. Das durch das Fachplanungsrecht zur Verfügung gestellte Instrumentarium erlaubt es vielmehr, schon bei der Durchführung der Baumaßnahme auftretende Konflikte einer interessengerechten Lösung zuzuführen (vgl. OLG Hamm NVwZ 2004, 1148, 1149; VGH Mannheim NVwZ-RR 1990, 227 f.; Urt. v. 8. Februar 2007, 5 S 2257/05, juris Rdn. 127 ff. sowie BVerwG NVwZ 1988, 534 f.).
19
Der hier maßgebliche Planfeststellungsbeschluss regelt den sich aus dem Bau des City-Tunnels ergebenden Konflikt zwischen den Interessen der Beklagten und denen der Anlieger. Der Einwand der Revision, der in den Be- stimmungen zur Vermeidung bauzeitlicher Belastungen (Abschnitt A.V.3. des Planfeststellungsbeschlusses) enthaltene Verweis auf die einzuhaltenden Immissionsrichtwerte sei mit der Verweisungsklausel vergleichbar, die den Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHZ 97, 114 veranlasst habe, zivilrechtliche Entschädigungsansprüche als nicht ausgeschlossen anzusehen, ist unbegründet. In dem dortigen Fall war die klagende Partei wegen ihrer Entschädigungsansprüche "in das Entschädigungsverfahren verwiesen" worden (aaO, S. 120) und durfte deshalb davon ausgehen, dass ihr die Möglichkeit vorbehalten werden sollte, ihre Ansprüche in einem besonderen administrativen Verfahren geltend zu machen. Hiermit ist der Hinweis auf die Pflicht, bestimmte Richtwerte einzuhalten, nicht vergleichbar. Er verweist die Betroffenen nicht in ein anderes Verwaltungsverfahren, sondern verkörpert die Auflage, die die Planfeststellungsbehörde zum Schutz der Anlieger vor bauzeitlichen Belastungen für angemessen erachtet hat.
20
cc) Entgegen der Auffassung der Revision liegen hier keine Besonderheiten des Einzelfalls vor, die durch die im Planfeststellungsverfahren zu Gebote stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten nicht erfasst werden konnten (vgl. hierzu Senat BGHZ 161, 323, 330 f.).
21
(1) Dass Maßnahmen zum Schutz der durch den Bau des City-Tunnels nachteilig lärmbetroffenen (gewerblichen) Anlieger des Marktplatzes keinen Eingang in den Planfeststellungsbeschluss hätten finden können, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin nicht vorgetragen. Gleiches gilt mit Blick auf die Bestimmung eines Auflagenvorbehalts (§ 74 Abs. 3 VwVfG; vgl. BVerwG NVwZ 1989, 147, 148), sofern zum Zeitpunkt der Planfeststellung noch nicht abschließend zu ermitteln gewesen sein sollte, ob durch den Baustellenbetrieb unzumutbare Belastungen der Anlieger zu erwarten waren.
22
(2) Auch der Umstand, dass die Klägerin die Räumlichkeiten zum Betrieb des Restaurants erst im Jahr 2002 und damit rund zwei Jahre nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses angemietet hat, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Zwar knüpft der Ausschluss zivilrechtlicher Ansprüche an die Möglichkeit des Anliegers an, seine Rechte in einem förmlichen Verwaltungsverfahren sowie einem sich eventuell anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren wahrzunehmen (vgl. Senat, BGHZ 161, 323, 330; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 906 Rdn. 27). Dieses Erfordernis bezieht sich jedoch nur auf den zur Zeit der Planung berechtigten Personenkreis. Derjenige, der erst später Eigentümer eines von dem Vorhaben betroffenen Grundstücks wird, kann sich der Wirkung des bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses nicht unter Berufung auf eine unterbliebene Verfahrensbeteiligung entziehen. Er tritt in eine durch den Planfeststellungsbeschluss "vorbelastete" Rechtsposition ein. Die Entscheidung der Planungsbehörde, ob und in welchem Umfang Vorkehrungen wegen nachteiliger Auswirkungen des Vorhabens zu treffen sind, dient dem Schutz des Eigentums (Senat, BGHZ 161, 323, 328), ohne dass es auf den konkreten Inhaber des Rechtsguts ankommt. Dem das Grundstück lediglich aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung nutzenden Mieter kommt insoweit keine stärkere Rechtsposition zu.
23
(3) Ohne Bedeutung bliebe es schließlich, wenn sich der von der Klägerin in den angemieteten Räumen aufgenommene Restaurantbetrieb von der früheren Nutzung des Anwesens unterschiede. Die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wäre dadurch nicht infrage gestellt. Diese richtet sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses und wird durch spätere Änderungen der für die Entscheidung maßgeblichen Umstände nicht berührt (BVerwG NVwZ 1999, 989, 990 m.w.N.). Der Eigentümer oder Mieter, der nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine neue Nutzung aufnimmt , ist durch die Möglichkeit nachträglicher Schutzanordnungen für nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens einschließlich der Möglichkeit eines Ausgleichsanspruchs (§ 75 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG) hinreichend geschützt.
24
Revision der Beklagten
25
Die Revision der Beklagten, mit der diese eine vollständige Klageabweisung erstreben, ist begründet.
26
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünde trotz der Ausschlusswirkung eines Planfeststellungsverfahrens ein Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu, weil diese nur so weit gelte, wie sich der Vorhabenträger innerhalb der Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses bewege, ist rechtsfehlerhaft. Nach Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens ist für einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auch dann kein Raum, wenn die durch den Planfeststellungsbeschluss gezogenen Grenzen zulässiger Einwirkungen auf Anliegergrundstücke überschritten werden.
27
1. Mit dem Planfeststellungsverfahren hat der Gesetzgeber für bestimmte Immissionen im Vorfeld ein spezifisches Verfahren zur Vermeidung von Eigentumsbeeinträchtigungen im nachbarlichen Bereich geschaffen. Hinter die sich daraus ergebenden Rechtsschutzmöglichkeiten tritt der Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unabhängig davon zurück, ob die konkrete Planfeststellung ausreichende Schutzvorkehrungen zu Gunsten der betroffenen Grundstückseigentümer und -nutzer enthält; ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Vorgaben des Beschlusses eingehalten werden. Denn der Vorrang des Planfeststellungsverfahrens rechtfertigt sich aus seiner generellen Eignung, Beeinträchtigungen des Eigentums zu vermeiden oder jedenfalls angemessen auszugleichen. Er findet seine Grenze deshalb erst dort, wo die im Planfeststellungsverfahren zu Gebote stehenden Möglichkeiten nicht geeignet sind, dem berechtig- ten Interesse des benachbarten Grundstückseigentümers ausreichend Rechnung zu tragen (vgl. Senat, BGHZ 161, 323, 330). Für Beeinträchtigungen, die aus einer Überschreitung der durch das öffentliche Recht festgesetzten und im Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Richtwerte für Immissionen folgen, gilt dies nicht. Die im Planfeststellungsverfahren zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe (§§ 74 Abs. 2 und 75 Abs. 2 VwVfG) ermöglichen es dem Betroffenen, auch hierfür Schutzmaßnahmen oder, wo diese untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind, eine Entschädigung in Geld durchzusetzen.
28
2. a) Sind Überschreitungen einschlägiger Richtwerte - wie sie hier in der auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965 (BGBl. I 1214) erlassenen und in dem Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen AVwV Baulärm enthalten sind - zu erwarten , ist vorauszusehen, dass das Vorhaben zu Beeinträchtigungen der Anlieger führen wird, die die Grenze des Zumutbaren übersteigen. In einem solchen Fall muss die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens Schutzmaßnahmen, etwa die Errichtung eines Lärmschutzwalls oder den Einbau von Schallschutzfenstern, auferlegen (§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG; vgl. BVerwGE 110, 370, 392 sowie Jarass, DÖV 2004, 633, 634 f.). Soweit solche Vorkehrungen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind, hat der Betroffene einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld (§ 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG); über die Entschädigungspflicht ist zumindest dem Grunde nach bereits in dem Planfeststellungsbeschluss zu entscheiden (vgl. Stelkens /Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 74 Rdn. 198).
29
Dem Betroffenen obliegt es, rechtzeitig zu prüfen, ob der Planfeststellungsbeschluss diesem Gebot genügt. Ist dies nicht der Fall, kann er zum Schutz seiner Rechte innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage insbesondere mit dem Ziel erheben, den Plan um eine Schutzvorkehrung im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG oder eine Entschädigungsregelung gemäß § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG zu ergänzen (vgl. BVerwGE 104, 123, 129; BVerwG NVwZ 1998, 846). Sieht er hiervon ab und wird der Planfeststellungsbeschluss bestandskräftig, sind Ansprüche aus § 74 Abs. 2 VwVfG gegen den Träger des Vorhabens verbindlich aberkannt (vgl. BVerwGE 77, 295, 296 f.; OVG Lüneburg, NdsRpfl. 2001, 416, 417).
30
Die Möglichkeit, für eine Aufnahme von Schutzvorkehrungen oder Entschädigungsanordnungen in dem Planfeststellungsbeschluss zu sorgen, bestand auch hier. In der Regelung zur Vermeidung bauzeitlicher Belastungen (Abschnitt A.V.3. des Planfeststellungsbeschlusses) kommt die Einschätzung der Planfeststellungsbehörde zum Ausdruck, dass dem Schutz des Eigentums der Anlieger durch die Verpflichtung der Beklagten, die einschlägigen Grenzwerte für Baulärm einzuhalten, und durch den Hinweis auf die Möglichkeit, gegen übermäßige Lärmimmissionen gemäß Ziffer 4 und 5 AVwV Baulärm behördlich einzuschreiten, Genüge getan ist. Zugleich wird - durch stillschweigendes Übergehen - ein Anspruch der Anlieger auf die Anordnung von Schutzmaßnahmen oder einer Entschädigung von Geld (§ 74 Abs. 2 Satz 2 u. 3 VwVfG) verneint (vgl. BVerwGE 77, 295, 296 f.). Hiergegen hätte sich der damalige Eigentümer oder der frühere Nutzer der Räume, in denen die Klägerin später ihr Restaurant betrieb, auf dem Verwaltungsrechtsweg wenden können.
31
b) Im Zeitpunkt der Planung nicht voraussehbare Wirkungen eines Vorhabens , d.h. nachteilige Entwicklungen, die sich erst später zeigen und mit denen die Beteiligten bei der Planfeststellung verständigerweise nicht rechnen konnten, werden von § 75 Abs. 2 Satz 2 und 4 VwVfG erfasst (vgl. BVerwGE 128, 177, 182). Nach dieser Vorschrift kann der Betroffene, auch nachdem der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden ist, Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, durch welche Einwirkun- gen, die die Grenze des Unzumutbaren überschreiten, ausgeschlossen werden. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar , kann der Betroffene eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Dieser, gegen die Planfeststellungsbehörde gerichtete und im Verwaltungsrechtsweg durchzusetzende (vgl. BGHZ 140, 285, 296 f.), Anspruch stand der Klägerin zur Verfügung, soweit mit unzumutbaren Beeinträchtigungen des Gewerbebetriebs infolge einer Überschreitung der in den Beschluss festgelegten Grenzwerte im Zeitpunkt der Planfeststellung nicht gerechnet werden konnte.
32
c) Der Betroffene ist schließlich nicht schutzlos, wenn die in dem Planfeststellungsbeschluss enthaltenen Schutzvorkehrungen nicht eingehalten werden. Soweit Anordnungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG getroffen worden sind, durch die nachteilige Einwirkungen des Vorhabens auf sein Eigentum verhindert oder ausgeglichen werden sollen, steht ihm ein subjektivöffentliches Recht auf Vollzug der Anordnung gegen den Vorhabenträger zu (vgl. BVerwG Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 14 Rdn. 11 f.; OVG Lüneburg NuR 1999, 353).
33
Verweist der Planfeststellungsbeschluss, wie hier, lediglich auf eine bestehende Lärmverordnung, liegt dem die - von dem Betroffenen entweder nicht angegriffene oder aber von den Verwaltungsgerichten bestätigte - Einschätzung der Planfeststellungsbehörde zugrunde, dass mit unzumutbaren Beeinträchtigungen nicht zu rechnen ist, weil sich die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte mit dem dafür vorgesehenen Instrumentarium - hier durch die in der AVwV Baulärm vorgesehenen Maßnahmen zur Lärmminderung bis hin zur Stilllegung von Baumaschinen (vgl. Ziffer 4 und 5 AVwV Baulärm) - sicherstellen lässt und deshalb keine die (fachplanerische) Zumutbarkeitsschwelle übersteigenden Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Kommt es im Einzelfall zu Über- schreitungen der Grenzwerte, kann der Betroffene den Einsatz dieses Instrumentariums mit den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Rechtsbehelfen, gerichtet auf ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde, erzwingen (vgl. BVerwG NVwZ 2005, 330, 332 a.E.). Erweist sich dagegen die Einschätzung der Planfeststellungsbehörde als unzutreffend - hier also das Instrumentarium der Baulärmverordnung als ungeeignet, um unzumutbare Beeinträchtigungen zu verhindern -, kann der Betroffene gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG die nachträgliche Anordnung von Schutzmaßnahmen oder einer Entschädigung verlangen. Für einen Anspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB bleibt daher auch in diesen Fällen kein Raum.

III.

34
Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache im Sinne einer vollständigen Abweisung der Klage zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

IV.

35
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 14.09.2005 - 13 O 2266/05 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 30.12.2008 - 11 U 1774/05 -

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 72/04 Verkündet am:
10. Dezember 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ist ein Planfeststellungsverfahren nach §§ 8, 9, 10 LuftVG durchgeführt worden, kommt ein zivilrechtlicher
Entschädigungsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB wegen Lärmbelästigungen
grundsätzlich nicht in Betracht.

b) Wird eine Planfeststellung nach § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG fingiert, gilt dasselbe. Dem von Lärmimmissionen
Betroffenen steht in solchen Fällen Rechtsschutz in entsprechender Anwendung des

c) Die Sperrwirkung der Regelungen des Planfeststellungsverfahrens gilt nicht nur für den Anspruch
auf Erstattung der Kosten für passive Schallschutzmaßnahmen, sondern auch für Ansprüche auf
Ausgleich eines verbleibenden Minderwerts des Grundstücks.

d) Bei der Beurteilung, ob Fluglärm eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 2
Satz 1 BGB bedeutet, ist der Tatrichter auf eine Würdigung aller die Lärmimmissionen charakterisierenden
Umstände angewiesen. Die Vorschriften des Fluglärmgesetzes, der TA-Lärm und der
Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) stellen keine Normen im Sinne des § 906 Abs. 1
Satz 2 und 3 BGB dar; von den dort geregelten Grenzwerten geht daher keine Indizwirkung aus,
sie können aber bei der Gesamtwürdigung als Entscheidungshilfe Berücksichtigung finden.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2004 - V ZR 72/04 - OLG Köln
LG Bonn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Dezember 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und
die Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. März 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte betreibt den erstmals 1959 genehmigten F lughafen Köln/Bonn. Die Kläger sind seit 1989 Eigentümer eines Hausgrundstücks in L. -S. , das zuvor der Mutter des Klägers gehörte, die den Klägern etwaige Ansprüche gegen die Beklagte wegen Fluglärmbelästigung abgetreten hat.
Das Haus befindet sich außerhalb der durch das Gesetz zum S chutz gegen Fluglärm (Fluglärmschutzgesetz) gezogenen Schutzzonen unter dem Gleitpfad der einfliegenden Flugzeuge beim Anflug auf eine bestimmte, über-
wiegend nur bei Westwindwetterlagen genutzte Landebahn. Die durchschnittliche Überflughöhe beträgt, bedingt durch die Hanglage des Grundstücks, regelmäßig weniger als 300 m.
Die Kläger haben behauptet, daß von dem Flugverkehr, insbesondere nachts, eine unzumutbare Lärmbelästigung ausgehe, der durch Schallschutzmaßnahmen nicht in ausreichendem Maße begegnet werden könne. Sie haben im Jahre 2000 die Fenster im Erdgeschoß ausgetauscht und mit Wärmeschutzverglasung versehen. Außerdem haben sie eine Isolierung des Flachdaches - soweit nicht überbaut - anbringen lassen. Die Kosten hierfür (10.849,14 € und 4.366,14 €) machen sie als Aufwendungsersatz für Schallschutzmaßnahmen geltend. Ferner verlangen sie Ausgleich einer nach ihrer Behauptung auf der Lärmimmission beruhenden Wertminderung von 54.467,16 € (25 % des Grundstückswerts).
Das Landgericht hat eine Beweisaufnahme durch Einholun g von Sachverständigengutachten zum Ausmaß der Lärmbeeinträchtigung und durch Beobachtung der Flugbewegungen zu nächtlicher Zeit durchgeführt und der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Frage, ob auch die Flugbelästigung tagsüber für die Kläger unzumutbar ist und neben der im Grundurteil festgestellten nächtlichen Fluglärmbelastung eine Wertminderung von insgesamt 25 % des Grundstückswertes rechtfertigt, dem Betragsverfahren überlassen bleibt. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Abweisungsantrag weiter. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB dem Grunde nach für gerechtfertigt. Der Umstand, daß der Flughafen - vom Berufungsgericht unterstellt - nach § 71 Abs. 2 LuftVG als genehmigt gelte, führe nicht dazu, daß nach § 9 Abs. 2, 3 LuftVG, § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG oder nach § 11 LuftVG, § 14 BImSchG die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche ausgeschlossen sei. Zur Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung durch den Fluglärm ist das Berufungsgericht auf der Grundlage der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme gekommen. Es hat sich dabei nicht an den Regelungen der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - orientiert, sondern hat im Rahmen einer Gesamtbetrachtung vor allem auf einen Mittelungspegel abgestellt und dabei unter Berücksichtigung, daß das Hausgrundstück in einem allgemeinen Wohngebiet liegt, Grenzwerte verschiedener DIN-Vorschriften über die Messung und Beurteilung von Flugzeuggeräuschen sowie über städtebaulichen Schallschutz, ferner eine VDI-Richtlinie über Arbeitslärm zur Bewertung mit herangezogen. Daß das Landgericht - nach Auffassung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft - keine Feststellungen zu etwaigen Lärmbelästigungen tagsüber getroffen hat, hält das Berufungsgericht nicht für entscheidungserheblich, da der Anspruch dem Grunde nach schon wegen der nächtlichen Lärmbeeinträchtigung gerechtfertigt sei und Weiteres dem Betragsverfahren überlassen bleiben könne.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision n icht in allen Punkten stand.
1. Entgegen der Auffassung der Revision stellt es allerd ings keinen Verfahrensfehler dar, daß das Berufungsgericht durch Grundurteil entschieden hat, obwohl es an Feststellungen zu etwaigen Lärmbeeinträchtigungen tagsüber fehlt. Für den Grund des Anspruchs genügt es, daß das Berufungsgericht sich die Überzeugung davon verschafft hat, daß der von dem Flughafen der Beklagten ausgehende Fluglärm eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB darstellt, die die Kläger in der Benutzung ihres Grundstücks in nicht mehr zumutbarer Weise beeinträchtigt. Beruht diese Überzeugung nur auf Feststellungen, die zur Nachtzeit getroffen wurden, so ändert sich daran nichts, wenn tagsüber eine weitere Lärmbelästigung hinzutritt , mag sie die Zumutbarkeitsschwelle überschreiten oder nicht. Daß der Senat - in einem obiter dictum - gemeint hat, eine Lärmdauerbelastung durch überfliegende Flugzeuge könne nur insgesamt unter Berücksichtigung ihrer Besonderheiten gewürdigt werden, wobei zwischen landenden und startenden Flugzeugen ebensowenig unterschieden werden könne wie zwischen leisen oder lauten (Urt. v. 16. September 1988, V ZR 267/86, NJW-RR 1989, 396, 397), steht dem nicht entgegen. In jenem Verfahren hatte das Berufungsgericht die sich widersprechenden Feststellungen getroffen, daß die Kläger zwar die Geräusche landender Flugzeuge hinnehmen müßten, "unter Umständen" aber "einen Ausgleichsanspruch wegen der Geräuscheinwirkung startender Flugzeuge" hätten. Andererseits - so das Berufungsgericht in dem damaligen Verfahren - sei die "Häufigkeit von Geräuschbeeinträchtigung der landenden Flug-
zeuge wesentlich größer, was zur Folge haben könne, daß die zusätzliche Belastung durch startende Flugzeuge doch nicht ins Gewicht falle". Angesichts dessen fehlte es schon an der für den Erlaß des Grundurteils notwendigen Feststellung, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit der Klageanspruch in irgendeiner Höhe bestand (Senat, aaO). Solche Bedenken können vorliegend nicht erhoben werden. Schon die Lärmbeeinträchtigungen bei Nacht rechtfertigen nach Auffassung des Berufungsgerichts einen Ausgleichsanspruch. Somit kommt es nur noch für dessen Höhe auf eine Gesamtbetrachtung des Lärms bei Tag und bei Nacht an.
2. Die Revision wendet sich nicht gegen die - aus Rechtsgr ünden auch nicht zu beanstandende - Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Zivilrechtsweg vorliegend unbeschadet des Umstands gegeben ist, daß möglicherweise fiktiv von einem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluß auszugehen ist. Sie hält aber materiellrechtlich den geltend gemachten Ausgleichsanspruch wegen der Wirkungen einer solchen Fiktion und - generell - wegen des Verhältnisses von öffentlichem und zivilrechtlichem Immissionsschutzrecht für ausgeschlossen.

a) Geht man - wie revisionsrechtlich geboten - davon aus, daß der von der Beklagten betriebene Flugplatz nach § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG als im Plan festgestellt gilt, so ist der Rechtsansicht der Revision beizutreten, daß für einen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB kein Raum ist.
aa) Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat für de n Bereich des Straßenbaus entschieden, daß ein öffentlich-rechtlicher, unter dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs geltend gemachter Entschädigungsanspruch
wegen Lärmimmissionen infolge nicht ausreichender Schallschutzmaßnahmen dann ausscheidet, wenn die öffentliche Unternehmung (in jenem Fall der Ausbau einer Autobahn), die zu der Lärmimmission führt, auf einem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluß beruht, der Schallschutzmaßnahmen nicht berücksichtigt (BGHZ 140, 285, 293 ff., 298 ff., beruhend auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, NJW 1987, 2884 f.; NJW 1989, 467, 469). Maßgebend für diese Entscheidung sind die folgenden Überlegungen.
Das Planfeststellungsverfahren gibt dem von der geplante n Unternehmung betroffenen Nachbarn die Möglichkeit, Einwendungen vorzubringen und die Behörde anzuhalten, Schallschutzmaßnahmen zum Schutze der Anlieger anzuordnen (§ 74 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG). Dazu zählen alle aktiven und insbesondere auch passiven Schallschutzeinrichtungen, wie etwa Schallschutzfenster , die am Haus des Nachbarn installiert werden können (Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 74 Rdn. 88; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 74 Rdn. 107 ff., 111). Hat die Planfeststellungsbehörde sich, etwa aufgrund von Einwendungen, mit der Frage der erforderlichen aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen bezogen auf das benachbarte Eigentum im Planfeststellungsverfahren, wie geboten, umfassend auseinandergesetzt, so ist damit dem Eigentumsschutz der Anlieger Genüge getan. Ist der betroffene Eigentümer der Meinung, daß der Planfeststellungsbeschluß dem Schutz seines Eigentums im Hinblick auf mögliche Schallschutzmaßnahmen nicht genügend Rechnung trägt, so kann er im Wege der Anfechtung des Beschlusses Ergänzungen durchsetzen. Sieht er hiervon ab, muß er sich, wenn nicht ein Verfahren nach § 75 Abs. 2 und 3 VwVfG auf nachträgliche Anordnung von Maßnahmen bei nicht voraussehbaren Wirkungen des Vorhabens in Betracht kommt, mit der Bestandskraft der Ablehnung weiterge-
hender Schallschutzmaßnahmen abfinden. Für einen Anspruch auf eine für passive Schallschutzmaßnahmen zu verwendende Entschädigung besteht bei einer solchen Sachlage auch unter dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs , der sich aus dem allgemeinen Aufopferungsgrundsatz herleitet, kein Bedürfnis und kein Raum (BGHZ 140, 285, 301 f.).
bb) Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für einen Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB.
(1) Die Verwandtschaft des öffentlich-rechtlichen Aufopf erungsanspruchs mit dem zivilrechtlichen Entschädigungsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB legt eine grundsätzliche Gleichbehandlung nahe. Die Parallele beider Ansprüche zeigt sich darin, daß die Anspruchsvoraussetzungen des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Anspruch übertragen werden (BGHZ 91, 20, 27; Krohn, in: Roth/Lemke/Krohn, Der bürgerlichrechtliche Aufopferungsanspruch als Problem der Systemgerechtigkeit im Schadensersatzrecht, 2001, S. 57), daß mit anderen Worten die zivilrechtliche Norm schlicht analog im öffentlichen Recht angewandt wird (Erman/A. Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 906 Rdn. 50; Staudinger/Roth, BGB [2001], § 906 Rdn. 84; Hagen, WM 1984, 677, 682). So wird im allgemeinen der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Entschädigung zuerkannt, wenn Immissionen von hoher Hand, deren Zuführung nicht untersagt werden kann, sich als ein unmittelbarer Eingriff in nachbarliches Eigentum darstellen und die Grenze dessen überschreiten , was ein Nachbar nach § 906 BGB entschädigungslos hinnehmen muß (BGHZ 91, 20, 21 f.; 122, 76).
(2) Daß für einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht anders als für den strukturell vergleichbaren öffentlichrechtlichen Entschädigungsanspruch der Grundsatz des Vorrangs der im Planfeststellungsverfahren gebotenen Rechtsschutzmöglichkeiten gelten muß, entspricht seiner Konzeption. Er kommt nur in Betracht, wenn nicht eine andere gesetzliche Bestimmung den konkreten Fall abschließend regelt (BGHZ 72, 289, 295; Senat, BGHZ 142, 227, 236). Ferner setzt er stets voraus, daß der primäre Störungsabwehranspruch (§ 1004 BGB) dem betroffenen Eigentümer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen versagt ist (BGHZ 72, 289, 292 f.; Senat, BGHZ 85, 375; Hagen, WM 1984, 677, 684). In diesem Zusammenhang ist in der Vergangenheit stets gefragt worden, ob und mit welcher Folge es von Bedeutung ist, daß der betroffene Nachbar von zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln oder Rechtsbehelfen keinen Gebrauch gemacht hat. Für den Bereich des öffentlichen Rechts ist eine entsprechende Anwendung des § 254 BGB herangezogen worden. Danach soll dem Nachbarn, der zumutbare Rechtsbehelfe einzulegen unterläßt, wegen Nichtwahrung eigener Belange ein Ausgleich für solche Nachteile verwehrt bleiben, die er durch den Gebrauch der Rechtsbehelfe hätte vermeiden können (BGHZ 113, 17, 22 f.; 140, 285, 297). Im Zivilrecht sind die gleichen Überlegungen - mit demselben Ergebnis - unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit angestellt worden (Hagen, WM 1984, 677, 684 unter Hinweis auf BGHZ 72, 289, 294 f.). Solche Erwägungen erfassen die Problematik nicht im Kern und bleiben unscharf. Klar ist demgegenüber der Ansatz, den der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs für den öffentlich -rechtlichen Entschädigungsanspruch nunmehr verfolgt. Wenn der Gesetzgeber für bestimmte Immissionen im Vorfeld ein spezifisches Verfahren zur Vermeidung von Eigentumsbeeinträchtigungen im nachbarlichen Bereich vorsieht , in dem die Rechte des Einzelnen berücksichtigt werden können, so sind
diese Rechtsschutzmöglichkeiten zu ergreifen. Ein Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB tritt dahinter zurück (vgl. schon OLG Stuttgart, NJWRR 2001, 1313, 1315).
Ein solches Verfahren stellt das Planfeststellungsverfahren dar. Die Behörde hat dem Träger des Vorhabens, von dem Immissionen ausgehen können , nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Auflagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Ist dies nicht möglich oder untunlich, steht den Betroffenen nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld zu. Neben dieser ausdifferenzierten Regelung besteht im Regelfall für einen zusätzlichen Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB kein Bedürfnis. Nur soweit die im Planfeststellungsverfahren zu Gebote stehenden Möglichkeiten dem berechtigten Interesse des benachbarten Grundstückseigentümers nicht ausreichend Rechnung tragen, etwa weil sie Besonderheiten des Einzelfalls nicht erfassen können, ist ein Rückgriff auf § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB denkbar.
cc) Dies bedeutet auch für den hier zu unterstellenden F all einer fiktiven Planfeststellung, daß ein Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist.
(1) Das Berufungsgericht, das die Problematik nicht verken nt, sieht Bedarf für einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch, weil vorliegend kein Planfeststellungsverfahren durchgeführt worden ist und sich die bestandskräftige Planfeststellung nur aufgrund einer Fiktion ergibt (§ 71 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 LuftVG). Dem Betroffenen hätten daher die Möglichkeiten, die § 74 Abs. 2
VwVfG vorsieht, nicht zur Verfügung gestanden. Dies trifft im Ergebnis nicht zu. Allerdings scheiden bei einem nur fingierten Planfeststellungsverfahren Anordnungen und Auflagen aus, die die Planfeststellungsbehörde ansonsten nach § 74 Abs. 2 VwVfG in dem Verfahren treffen und vorsehen kann. Es bleibt aber die Möglichkeit, in entsprechender Anwendung des § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG nachträglich die Maßnahmen einzufordern, die ansonsten nach § 74 Abs. 2 VwVfG zu treffen gewesen wären (BVerfG, NVwZ-RR 2001, 209; BVerwG, NVwZ 2004, 869 f.). Dieser Rechtsbehelf unterscheidet sich in seiner Qualität nicht von den im Planfeststellungsverfahren selbst vorgesehenen Regularien. Die Vorschriften sind inhaltlich gleich gestaltet. Auch § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG sieht die Anordnung von Vorkehrungen gegen Immissionen bzw. die Errichtung und Unterhaltung von schützenden Anlagen vor sowie, falls solche Maßnahmen nicht möglich oder untunlich sind, eine Entschädigung in Geld. Soweit die nachträgliche Anordnung von Vorkehrungen gegen Immissionen nach § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG davon abhängig ist, daß es sich um Wirkungen des genehmigten Vorhabens handeln muß, die im Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit des Plans nicht voraussehbar waren, unterliegt die Norm im Anwendungsbereich fiktiver Planfeststellungen im Sinne von § 72 Abs. 2 LuftVG einer Modifizierung. Der Grund dafür, daß die Wirkungen objektiv erst nach der Unanfechtbarkeit in Erscheinung getreten (Bonk/Neumann, in: Stelkens /Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 75 Rdn. 52) und für den Betroffenen bei verständiger Sicht nicht voraussehbar gewesen sein dürfen (BVerwGE 80, 7, 13; Bonk/Neumann aaO; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 75 Rdn. 25), liegt darin, daß vorher aufgetretene Beeinträchtigungen Einzelner im Planfeststellungsverfahren hätten Berücksichtigung finden können. Bei einer fiktiven Planfeststellung scheiden solche Überlegungen aus. Der Betroffene muß daher grundsätzlich auch solche ihn beeinträchtigende Wirkungen geltend machen
können, die schon vor der kraft gesetzlicher Fiktion eingetretenen Unanfechtbarkeit des Plans bestanden haben, jedenfalls, wenn die mit dem Anlagenbetrieb verbundenen Immissionen ein Ausmaß erreichen, durch das der Gewährleistungsgehalt des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG oder des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG angetastet wird (BVerwG aaO). Die zeitlichen Grenzen der Geltendmachung ergeben sich dann allein aus § 75 Abs. 3 Satz 2 VwVfG.
Einem solchen Verständnis steht auch nicht der Zweck der Fi ktion des § 71 Abs. 2 LuftVG entgegen. Mit dieser am 1. März 1999 in Kraft getretenen Änderung des Luftverkehrsgesetzes (Giemulla, in: Giemulla/ Schmid, LuftVG, Stand: Dez. 2000, § 71 Rdn. 1) sollte für ältere Flugplätze in den alten Bundesländern Rechtssicherheit geschaffen werden (BT-Drucks. 13/9513, S. 54 f., 60 f.). Es sollte eine Rechtsgrundlage geschaffen werden für den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung bestehenden tatsächlichen Zustand (Giemulla, aaO Rdn. 5). Die Norm hat aber nicht den Charakter einer allgemeinen Heilungsklausel (BVerwG aaO S. 871) und schließt somit nicht weitergehende Anordnungen zum Schutz vor Lärmimmissionen aus.
(2) Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat offen gelassen, ob die Sperrwirkung eines bestandskräftigen Planfeststellungsverfahrens nur für den Anspruch auf Erstattung der Kosten für passive Schallschutzmaßnahmen gilt oder auch für Ansprüche auf Ausgleich eines verbleibenden Minderwerts des Grundstücks (BGHZ 140, 285, 300 f.). Die Frage ist im Sinne eines umfassenden Ausschlusses zivilrechtlicher Ausgleichsansprüche zu beantworten. Die Vorschriften der §§ 74 Abs. 2, 75 Abs. 2 VwVfG verfolgen das Ziel, jede fachplanungsrechtlich erhebliche Beeinträchtigung im nachbarlichen Bereich auszuschließen. Dazu dient die Vornahme aktiver und passiver Schallschutzmaß-
nahmen. Ein Minderwert, der zu entschädigen wäre, verbleibt dann ohnehin nicht. Er kommt nur in Betracht, wenn Schallschutzmaßnahmen nicht ausreichen oder mit dem Vorhaben nicht vereinbar oder untunlich sind. Dann sieht § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG, wie auch § 75 Abs. 2 Satz 4 VwVfG, eine Geldentschädigung zum Ausgleich des Minderwerts vor (BGHZ 140, 285, 298). Diese Regelung ist ausreichend und läßt, auch hinsichtlich der Entschädigung für einen Minderwert des Grundstücks, keinen Raum für einen Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Dabei kommt es auf die in Rechtsprechung und Literatur eher unscharf behandelte Frage, ob für öffentlich-rechtliche Aufopferungsansprüche aus enteignendem Eingriff und für zivilrechtliche Ausgleichsansprüche nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unterschiedliche Zumutbarkeitsschwellen gelten (siehe dazu etwa BGHZ 122, 76, 78 f.; Staudinger/Roth, BGB [2001], § 906 Rdn. 257) nicht an. Die Ansprüche nach §§ 74 Abs. 2, 75 Abs. 2 VwVfG, und damit auch die auf Geldentschädigung, die ja nichts anderes als Ersatz für nicht mögliche Schutzmaßnahmen darstellen, sind schon bei Überschreiten der (fachplanungsrechtlichen) Erheblichkeitsschwelle gegeben, nicht erst, wenn auch die deutlich höher liegende enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erreicht ist (BGHZ 140, 285, 298), die nach der Rechtsprechung des III. Zivilsenats zugleich das zumutbare Maß bezeichnen soll, bis zu dem der Eigentümer Beeinträchtigungen nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB entschädigungslos hinnehmen muß (BGHZ 122, 76, 79). Der Betroffene steht sich daher mit den Möglichkeiten, die die Vorschriften der §§ 74 Abs. 2, 75 Abs. 2 VwVfG bieten, grundsätzlich sogar besser als mit zivilrechtlichen Ausgleichsansprüchen. Um so weniger ist für letztere ein Bedarf.

b) Sind hingegen die Voraussetzungen für eine Fiktion nach § 71 Abs. 2 LuftVG nicht gegeben, steht der Weg für nachträgliche Schutzanordnungen
nach § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG nicht zur Verfügung. Für diesen Fall kommt ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht (Giemulla, in: Giemulla/Schmid, § 9 LuftVG Rdn. 12). Ausgehend hiervon halten die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es einen solchen Anspruch dem Grunde nach bejaht, den Angriffen der Revision stand.
aa) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die von dem Flugverkehr herrührenden Lärmimmissionen von den Klägern zu dulden sind, wenn sie keine oder eine nur unwesentliche Beeinträchtigung darstellen (§ 906 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ob eine Beeinträchtigung wesentlich ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen ab und davon, was diesem auch unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist (Senat, BGHZ 120, 239, 255; 121, 248, 255; 148, 261, 264). Die dazu von dem Berufungsgericht in tatrichterlicher Verantwortung vorgenommene Bewertung mit dem Ergebnis einer wesentlichen Beeinträchtigung weist keine Rechtsfehler auf. Das führt, da nach den Feststellungen des Landgerichts auch die Voraussetzungen des § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB gegeben sind, zu einem Ausgleichsanspruch nach Satz 2 der Norm.
bb) So ist es insbesondere nicht zu beanstanden, daß das B erufungsgericht die Voraussetzungen des § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB nicht für gegeben erachtet hat.
Das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (Fluglärmgesetz) fäll t nicht unter § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB, da es nicht der Beurteilung individueller Lärmbeeinträchtigungen dient, sondern lediglich eine Grundlage für die Festlegung
von Lärmschutzzonen bietet (BGHZ 122, 76, 82; Staudinger/Roth, § 906 Rdn. 148; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 906 Rdn. 17; vgl. auch schon Senat, BGHZ 69, 105, 109 f.). Soweit die Revision darauf verweist, daß nach der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zum Sachenrechtsänderungsgesetz vom 21. September 1994 das Fluglärmgesetz zu den Gesetzen im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB gehören solle (vgl. BT-Drucks. 12/7425, S. 88), führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Der Charakter des Fluglärmgesetzes, das nicht Gegenstand der Beratungen war, konnte und sollte durch das Sachenrechtsänderungsgesetz, das die jetzige Fassung des § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 zur Folge hatte, nicht geändert werden. Wenn der Rechtsausschuß das Fluglärmgesetz als Beispiel für ein Gesetz im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB genannt hat, so erlag er einem Irrtum - ebenso wie er einem Irrtum hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in § 906 Abs. 1 BGB unterlag (Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 217/03, NJW 2004, 1317, 1318). Infolgedessen geht auch die Verfahrensrüge der Revision fehl, soweit eine Frage der Beklagten nach einer an dem Fluglärmgesetz ausgerichteten Meßbewertung im Beweisverfahren nicht zugelassen worden ist.
Die TA-Lärm und die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BI mSchV; beides Regelungen, die im Bundesimmissionsschutzgesetz ihre Grundlage haben; vgl. §§ 66 Abs. 2, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG) sind im konkreten Fall nicht nach § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB heranzuziehen, da die Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes nach § 2 Abs. 2 LuftVG nicht für Flugplätze gelten (vgl. Landmann/Rohmer/Hansmann, Umweltrecht, Bd. II, 3.1 TA-Lärm Nr. 1 Rdn. 7). Für den durch den Luftverkehr hervorgerufenen Lärm gibt es im Rahmen der Beurteilung auch nach § 9 Abs. 2 LuftVG keine generell festgeleg-
ten Grenzen (BVerwG, UPR 1999, 153, 154; BVerwG, NVwZ 2004, 1229, 1232; Landmann/Rohmer/Hansmann, aaO). Ebensowenig gibt es damit Grenz- oder Richtwerte, die für § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB Bedeutung erlangen könnten. Solche ergeben sich auch nicht aus der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (ABl EG 2002, L 189/12), deren Umsetzungsfrist abgelaufen ist. Diese Richtlinie dient zwar der Erarbeitung eines gemeinsamen Konzepts zur Bekämpfung von Lärm, auch Fluglärm, dem Menschen insbesondere in bebauten Gebieten ausgesetzt sind. Sie regelt aber zunächst nur die Ermittlung der Belastung durch Umgebungslärm anhand von Lärmkarten nach gemeinsamen Bewertungsmethoden und legt keine Grenzwerte fest, an denen sich Behörden und Gerichte bei der Beurteilung von Unterlassungsbegehren oder Schadensersatzansprüchen orientieren könnten.
Der Tatrichter ist daher auf eine Gesamtwürdigung all er die Lärmimmissionen charakterisierenden Umstände angewiesen, ohne daß ihn Grenz- oder Richtwerte hierbei binden könnten. Das schließt nicht aus, daß er - wie es das Berufungsgericht getan hat - in seine Würdigung Grenz- und Richtwerte aus Lärmschutzvorschriften einbezieht, auch wenn diese nicht unter § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB fallen. Sie können eine Entscheidungshilfe darstellen (Senat , BGHZ 111, 63, 67; 120, 239, 256 f.; 121, 248, 253; Urt. v. 26. September 2003, V ZR 41/03, NJW 2003, 3699, 3700). Dabei wäre es dem Berufungsgericht auch nicht verwehrt gewesen - wie die Revision geltend macht -, auch die Grenzwerte der TA-Lärm oder der Verkehrslärmschutzverordnung in den Blick zu nehmen, statt allein auf privatrechtliche Umweltstandards abzustellen. Es ist indes nicht ersichtlich, und wird auch von der Revision nicht aufgezeigt, daß eine Berücksichtigung dieser öffentlich-rechtlichen Grenzwerte zu einem ande-
ren Ergebnis geführt hätte. Die Grenzwerte der TA-Lärm für allgemeine Wohngebiete liegen bei nachts 40 dB(A) und tags 55 dB (A) und reihen sich damit in die Größenordnung der Werte ein, auf die das Berufungsgericht abgestellt hat. Ähnlich verhält es sich mit den Werten der Verkehrslärmschut zverordnung (49 dB(A)/59 dB(A)), zumal diese ohnehin kaum aussagekräftig sind, weil sie nicht für ständige Lärmquellen, sondern für vorübergehende Immissionen durch den Bau oder durch wesentliche Änderungen von öffe ntlichen Straßen gelten.
cc) Daß das Berufungsgericht den Ausgleich der Wertminder ung durch Zahlung eines einmaligen Betrages statt monatlicher Beträge festgesetzt hat, ist entgegen der Auffassung der Revision nicht von Rechtsirrtum beeinflußt. Eine Rentenzahlung kommt in Betracht, wenn die Nutzungswertminderung vorübergehender Natur ist (vgl. nur Staudinger/Roth, § 906 Rdn. 264 m.w.N.). Dies hat das Berufungsgericht in tatrichterlich nicht zu beanstandender Weise ausgeschlossen.
dd) Soweit die Revision meint, die Kläger hätten den geltend gemachten Anspruch verwirkt, verweist sie nicht auf Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen , der geeignet wäre, die für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen Zeit- und Umstandsmomente (Senat, BGHZ 43, 289, 292; BGHZ 84, 280, 281) auszufüllen. Der Überlegung, die Ausschlußfrist des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG schlicht auf die Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu übertragen, kann nicht gefolgt werden. Eine Anwendung der Ausschlußfrist des Verwaltungsverfahrensgesetzes bedeutete nicht die Konkretisierung eines Verwirkungstatbestandes, sondern die Implantierung einer besonderen Verjährung für zivilrechtliche Immissionsschutzansprüche.
Dem stehen die Verjährungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die auch für Ansprüche aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gelten, entgegen (vgl. nur Senat, Urt. v. 18. November 1994, V ZR 98/93, NJW 1995, 714, 715).

III.

Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif, da die Feststel lungen des Berufungsgerichts nicht die Beurteilung zulassen, ob die Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 LuftVG mit der Folge der Fiktion eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses gegeben sind. Das Berufungsgericht wird daher diese von ihm offen gelassene Frage zu klären haben. Wenzel Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 17/09 Verkündet am:
30. Oktober 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der zivilrechtliche Entschädigungsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB wegen
Lärmbelästigungen tritt auch dann hinter die im Planfeststellungsverfahren gegebenen
Rechtsbehelfe zurück, wenn der Vorhabenträger die den Nachbar schützenden
Planvorgaben nicht einhält (Fortführung von Senat, BGHZ 161, 323).
BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und
den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und unter Zurückweisung der Revision der Klägerin wird das Grundurteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 30. Dezember 2008 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 14. September 2005 wird zurückgewiesen. Die Kosten beider Rechtsmittelzüge trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagten betreiben das Bauvorhaben "City-Tunnel Leipzig". Dieses sieht die Herstellung einer unter der Innenstadt von Leipzig verlaufenden Schienenverbindung zwischen zwei Bahnhöfen einschließlich der Errichtung mehrerer unterirdischer Haltepunkte, unter anderem am Marktplatz, vor. Die Zulässig- keit des Vorhabens ist durch bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 19. Mai 2000 festgestellt.
2
Die Klägerin führte an der Ostseite des Marktplatzes zwischen 2002 und Oktober 2007 ein Restaurant mit einem hauptsächlich in den Rathausarkaden gelegenen Außenbereich.
3
Am Marktplatz begannen die Bauarbeiten für den City-Tunnel im ersten Quartal 2004. Im Laufe des Jahres 2005 wurde für das Projekt auf einer großen Fläche des Marktplatzes eine offene Baugrube ausgehoben. Ausweislich eines von der Klägerin im August 2005 eingeholten Privatgutachtens überschritten die Messwerte die in der TA Lärm festgesetzten Grenzwerte erheblich. Im zweiten Quartal 2006 wurde die Baugrube mit Ausnahme des nördlichen Bereichs wieder geschlossen. Die Arbeiten wurden allerdings nicht nur unterirdisch fortgesetzt. Zudem führte ein Fahrweg zum Abtransport des Erdaushubs unmittelbar am Außenbereich des Restaurants vorbei.
4
Die Klägerin verlangt für die von den Bauarbeiten ausgehenden Beeinträchtigungen eine - anfangs auf Ertragseinbußen, später (auch) auf den Wertverlust des Restaurants gestützte - Entschädigung von 107.349,62 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Dagegen wenden sich beide Parteien mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin könne von den Beklagten gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Entschädigung in Geld verlangen, soweit diese die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses nicht eingehalten hätten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme ein zivilrechtlicher Entschädigungsanspruch zwar nicht in Betracht, wenn die Immissionen verursachende Anlage auf der Grundlage eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses betrieben werde. Die Ausschlusswirkung reiche allerdings nur so weit, wie sich der Träger des Vorhabens an die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses halte. Bewege er sich außerhalb dieser Grenzen, bleibe es bei den allgemeinen Rechtsbehelfen. Nach diesen Grundsätzen seien Ansprüche der Klägerin wegen Zugangsbeschränkungen zum Restaurant, Staubimmissionen , Bauzeitverzögerungen sowie Beeinträchtigungen durch den Baustellenverkehr ausgeschlossen. Die Klägerin habe jedoch den Nachweis geführt, dass das Restaurant im Zeitraum von April 2005 bis April 2006 an insgesamt 243 Tagen Lärmimmissionen ausgesetzt gewesen sei, die die Grenzwerte der durch den Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm überschritten hätten. Für diese Beeinträchtigungen könne sie einen Ausgleich in Geld verlangen.

II.

6
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Klägerin, nicht aber der aufgrund der Revision der Beklagten vorzunehmenden rechtlichen Nachprüfung stand.

7
Revision der Klägerin
8
1. Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie wird durch das angefochtene Urteil beschwert, obwohl das Berufungsgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hat.
9
Bei einem Zwischenurteil über den Grund gemäß § 304 ZPO kann die Beschwer nicht, wie im Regelfall, alleine danach bestimmt werden, ob und in welchem Umfang der Tenor der angefochtenen Entscheidung von dem in der Instanz zuletzt gestellten Antrag abweicht (sog. formelle Beschwer, vgl. Senat, Urt. v. 12. März 2004, V ZR 37/03, NJW 2004, 2019, 2020 m.w.N.). Durch ein Grundurteil beschwert kann der Kläger vielmehr auch dann sein, wenn zwar der Urteilstenor das Klagebegehren in vollem Umfang für gerechtfertigt erklärt, in den Entscheidungsgründen aber bindend festgestellt wird, auf welcher Grundlage das Betragsverfahren aufzubauen hat und welche Umstände abschließend im Grundverfahren geklärt sind, das Urteil also eine für die Partei negative Bindungswirkung aufweist (BGH, Urt. v. 10. Juli 1959, VI ZR 160/58, NJW 1959, 1918, 1919; Urt. v. 17. Oktober 1985, III ZR 105/84, WM 1986, 331; Urt. v. 20. Dezember 2005, XI ZR 66/05, NJW-RR 2007, 138, 139).
10
Das ist hier der Fall. Aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt sich, dass ein Anspruch der Klägerin gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nur wegen solcher Immissionen für gerechtfertigt erklärt worden ist, die das nach dem Planfeststellungsbeschluss zulässige Maß übersteigen. Diese den Anspruchsgrund betreffende Festlegung nimmt als zulässiger Inhalt eines Grundurteils an der innerprozessualen Bindungswirkung im Betragsverfahren teil (vgl. BGHZ 10, 361, 362) und beschwert die Klägerin.
11
2. Die Revision der Klägerin ist jedoch unbegründet.
12
a) Ohne Erfolg bleibt ihre Rüge, das Grundurteil sei schon deshalb aufzuheben , weil es mangels teilweiser Abweisung der Klage nicht erkennen lasse, über welchen Teil des Klageanspruchs abschließend entschieden worden sei. Einer teilweisen Abweisung der Klage im Urteilstenor hätte es nur dann bedurft, wenn ein quantitativer, zahlenmäßig oder auf sonstige Weise bestimmter Teil des - teilbaren - Streitgegenstandes abschließend beschieden worden wäre (vgl. BGHZ 108, 256, 260; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 301 Rdn. 7a, m.w.N.). Eine solche Aufspaltung der Klageforderung ist hier jedoch nicht möglich , weil die Klägerin bei deren Bezifferung nicht zwischen den verschiedenen Beeinträchtigungen unterscheidet, sondern ihr Zahlungsbegehren auf die Gesamtheit der Einwirkungen stützt, denen der Restaurantbetrieb bis zu seiner Schließung ausgesetzt war. Demgemäß ist mit der Festlegung im Grundurteil, die Klägerin könne eine Entschädigung nur für einen Teil der Beeinträchtigungen verlangen, nicht zugleich entschieden, dass die auf Zahlung von 107.349,63 € gerichtete Klageforderung in einer bestimmten Höhe unbegründet ist. Das Berufungsgericht stellt lediglich (mit innerprozessualer Bindungswirkung ) fest, dass ein Teil des Sachverhalts, auf den die Klage gestützt worden ist, den geltend gemachten Anspruch nicht zu rechtfertigen vermag; für eine teilweise Klageabweisung ist insoweit kein Raum (vgl. BGH, Urt. v. 26. März 1985, X ZR 28/84, NJW 1985, 1959 zu 2.).
13
Dies gilt auch, soweit sich das Berufungsgericht zu der Höhe der aus seiner Sicht in Betracht kommenden Entschädigung ("nicht mehr als 10 % des festzustellenden Wertverlustes") äußert. Eine abschließende Entscheidung über einen Teil der Klageforderung ist damit nicht verbunden. Die Ausführungen entfalten keine Bindungswirkung für das Betragsverfahren, weil sie ausschließlich die Höhe des Anspruchs betreffen (vgl. BGH, Urt. v. 20. Dezember 2005, XI ZR 66/05, NJW-RR 2007, 138, 139 m.w.N.).
14
b) In der Sache nimmt das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend an, dass ein privatrechtlicher Ausgleichsanspruch (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB) wegen des nach § 18 Satz 1 AEG zu dem Vorhaben ergangenen Planfeststellungsbeschlusses grundsätzlich ausgeschlossen ist. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Klägerin bleiben ohne Erfolg.
15
aa) Wie der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des III. Zivilsenates zu einem Anspruch wegen enteignenden Eingriffs (BGHZ 140, 285, 293 ff.) entschieden hat, bleibt neben den im Planfeststellungsverfahren eröffneten Rechtsbehelfen (§ 74 Abs. 2, § 75 Abs. 2 VwVfG; hier i.V.m. § 18 Satz 3 AEG) für einen Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich kein Raum. Dem Eigentumsschutz des Nachbarn wird dadurch Genüge getan, dass die Planfeststellungsbehörde sich mit der Frage der erforderlichen aktiven oder passiven Schutzmaßnahmen (§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG) bezogen auf das benachbarte Eigentum umfassend auseinandersetzen und solche Maßnahmen oder eine Entschädigungspflicht (§ 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG) anordnen muss, wenn unzumutbare Beeinträchtigungen zu erwarten sind (vgl. BVerwGE 84, 31, 38 f.; 110, 370, 392; 123, 23, 36).
16
Meint der betroffene Nachbar, dass seinem Eigentumsrecht im Planfeststellungsverfahren nicht ausreichend Rechnung getragen worden ist, kann er die in diesem Verfahren vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten ergreifen. Er kann insbesondere im Wege der Verpflichtungsklage Planergänzungen durchsetzen oder, sofern sich nach Unanfechtbarkeit des Beschlusses nicht vorhersehbare Wirkungen des Vorhabens zeigen, gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG nachträgliche Anordnungen verlangen.
17
Ein höheres Schutzniveau wird durch die Vorschrift des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht vermittelt. Sie gewährt ebenfalls nur insoweit einen Ausgleich, als der Nachbar über das zumutbare Maß hinaus in der Benutzung seines Grundstücks beeinträchtigt wird (Senat, BGHZ 62, 361, 372). Da sich die Zumutbarkeit nach den Maßstäben richtet, die für die Beurteilung einer Einwirkung als wesentliche Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB gelten (Senat, Urt. v. 27. Oktober 2006, V ZR 2/06, VersR 2007, 657, 658), bestimmen das öffentliche und das private Immissionsschutzrecht die Grenze der Duldungspflicht gegenüber Immissionen im Ergebnis identisch (Senat, BGHZ 111, 63, 65 f.; BVerwG, NJW 1988, 2396, 2397; Krüger, ZfIR 2007, 2). Ein Bedürfnis für die zusätzliche Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB bei planfestgestellten Vorhaben besteht daher nicht.
18
bb) Hinter die Rechtsschutzmöglichkeiten im Planfeststellungsverfahren tritt der Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auch dann zurück, wenn die das Nachbargrundstück treffenden Einwirkungen nicht auf den Betrieb , sondern - wie hier - auf die Errichtung des planfestgestellten Vorhabens zurückzuführen sind. Die durch den Beschluss begründete Duldungspflicht des Nachbarn erfasst bereits die während der Bauphase entstehenden Immissionen (Senat, BGHZ 54, 384, 388). Auch die im Planfeststellungsverfahren zu beachtenden Vorschriften über Schutzmaßnahmen unterscheiden nicht nach den einzelnen Abschnitten der Realisierung des Vorhabens. Das durch das Fachplanungsrecht zur Verfügung gestellte Instrumentarium erlaubt es vielmehr, schon bei der Durchführung der Baumaßnahme auftretende Konflikte einer interessengerechten Lösung zuzuführen (vgl. OLG Hamm NVwZ 2004, 1148, 1149; VGH Mannheim NVwZ-RR 1990, 227 f.; Urt. v. 8. Februar 2007, 5 S 2257/05, juris Rdn. 127 ff. sowie BVerwG NVwZ 1988, 534 f.).
19
Der hier maßgebliche Planfeststellungsbeschluss regelt den sich aus dem Bau des City-Tunnels ergebenden Konflikt zwischen den Interessen der Beklagten und denen der Anlieger. Der Einwand der Revision, der in den Be- stimmungen zur Vermeidung bauzeitlicher Belastungen (Abschnitt A.V.3. des Planfeststellungsbeschlusses) enthaltene Verweis auf die einzuhaltenden Immissionsrichtwerte sei mit der Verweisungsklausel vergleichbar, die den Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHZ 97, 114 veranlasst habe, zivilrechtliche Entschädigungsansprüche als nicht ausgeschlossen anzusehen, ist unbegründet. In dem dortigen Fall war die klagende Partei wegen ihrer Entschädigungsansprüche "in das Entschädigungsverfahren verwiesen" worden (aaO, S. 120) und durfte deshalb davon ausgehen, dass ihr die Möglichkeit vorbehalten werden sollte, ihre Ansprüche in einem besonderen administrativen Verfahren geltend zu machen. Hiermit ist der Hinweis auf die Pflicht, bestimmte Richtwerte einzuhalten, nicht vergleichbar. Er verweist die Betroffenen nicht in ein anderes Verwaltungsverfahren, sondern verkörpert die Auflage, die die Planfeststellungsbehörde zum Schutz der Anlieger vor bauzeitlichen Belastungen für angemessen erachtet hat.
20
cc) Entgegen der Auffassung der Revision liegen hier keine Besonderheiten des Einzelfalls vor, die durch die im Planfeststellungsverfahren zu Gebote stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten nicht erfasst werden konnten (vgl. hierzu Senat BGHZ 161, 323, 330 f.).
21
(1) Dass Maßnahmen zum Schutz der durch den Bau des City-Tunnels nachteilig lärmbetroffenen (gewerblichen) Anlieger des Marktplatzes keinen Eingang in den Planfeststellungsbeschluss hätten finden können, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin nicht vorgetragen. Gleiches gilt mit Blick auf die Bestimmung eines Auflagenvorbehalts (§ 74 Abs. 3 VwVfG; vgl. BVerwG NVwZ 1989, 147, 148), sofern zum Zeitpunkt der Planfeststellung noch nicht abschließend zu ermitteln gewesen sein sollte, ob durch den Baustellenbetrieb unzumutbare Belastungen der Anlieger zu erwarten waren.
22
(2) Auch der Umstand, dass die Klägerin die Räumlichkeiten zum Betrieb des Restaurants erst im Jahr 2002 und damit rund zwei Jahre nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses angemietet hat, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Zwar knüpft der Ausschluss zivilrechtlicher Ansprüche an die Möglichkeit des Anliegers an, seine Rechte in einem förmlichen Verwaltungsverfahren sowie einem sich eventuell anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren wahrzunehmen (vgl. Senat, BGHZ 161, 323, 330; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 906 Rdn. 27). Dieses Erfordernis bezieht sich jedoch nur auf den zur Zeit der Planung berechtigten Personenkreis. Derjenige, der erst später Eigentümer eines von dem Vorhaben betroffenen Grundstücks wird, kann sich der Wirkung des bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses nicht unter Berufung auf eine unterbliebene Verfahrensbeteiligung entziehen. Er tritt in eine durch den Planfeststellungsbeschluss "vorbelastete" Rechtsposition ein. Die Entscheidung der Planungsbehörde, ob und in welchem Umfang Vorkehrungen wegen nachteiliger Auswirkungen des Vorhabens zu treffen sind, dient dem Schutz des Eigentums (Senat, BGHZ 161, 323, 328), ohne dass es auf den konkreten Inhaber des Rechtsguts ankommt. Dem das Grundstück lediglich aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung nutzenden Mieter kommt insoweit keine stärkere Rechtsposition zu.
23
(3) Ohne Bedeutung bliebe es schließlich, wenn sich der von der Klägerin in den angemieteten Räumen aufgenommene Restaurantbetrieb von der früheren Nutzung des Anwesens unterschiede. Die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wäre dadurch nicht infrage gestellt. Diese richtet sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses und wird durch spätere Änderungen der für die Entscheidung maßgeblichen Umstände nicht berührt (BVerwG NVwZ 1999, 989, 990 m.w.N.). Der Eigentümer oder Mieter, der nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine neue Nutzung aufnimmt , ist durch die Möglichkeit nachträglicher Schutzanordnungen für nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens einschließlich der Möglichkeit eines Ausgleichsanspruchs (§ 75 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG) hinreichend geschützt.
24
Revision der Beklagten
25
Die Revision der Beklagten, mit der diese eine vollständige Klageabweisung erstreben, ist begründet.
26
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünde trotz der Ausschlusswirkung eines Planfeststellungsverfahrens ein Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu, weil diese nur so weit gelte, wie sich der Vorhabenträger innerhalb der Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses bewege, ist rechtsfehlerhaft. Nach Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens ist für einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auch dann kein Raum, wenn die durch den Planfeststellungsbeschluss gezogenen Grenzen zulässiger Einwirkungen auf Anliegergrundstücke überschritten werden.
27
1. Mit dem Planfeststellungsverfahren hat der Gesetzgeber für bestimmte Immissionen im Vorfeld ein spezifisches Verfahren zur Vermeidung von Eigentumsbeeinträchtigungen im nachbarlichen Bereich geschaffen. Hinter die sich daraus ergebenden Rechtsschutzmöglichkeiten tritt der Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unabhängig davon zurück, ob die konkrete Planfeststellung ausreichende Schutzvorkehrungen zu Gunsten der betroffenen Grundstückseigentümer und -nutzer enthält; ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Vorgaben des Beschlusses eingehalten werden. Denn der Vorrang des Planfeststellungsverfahrens rechtfertigt sich aus seiner generellen Eignung, Beeinträchtigungen des Eigentums zu vermeiden oder jedenfalls angemessen auszugleichen. Er findet seine Grenze deshalb erst dort, wo die im Planfeststellungsverfahren zu Gebote stehenden Möglichkeiten nicht geeignet sind, dem berechtig- ten Interesse des benachbarten Grundstückseigentümers ausreichend Rechnung zu tragen (vgl. Senat, BGHZ 161, 323, 330). Für Beeinträchtigungen, die aus einer Überschreitung der durch das öffentliche Recht festgesetzten und im Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Richtwerte für Immissionen folgen, gilt dies nicht. Die im Planfeststellungsverfahren zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe (§§ 74 Abs. 2 und 75 Abs. 2 VwVfG) ermöglichen es dem Betroffenen, auch hierfür Schutzmaßnahmen oder, wo diese untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind, eine Entschädigung in Geld durchzusetzen.
28
2. a) Sind Überschreitungen einschlägiger Richtwerte - wie sie hier in der auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965 (BGBl. I 1214) erlassenen und in dem Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen AVwV Baulärm enthalten sind - zu erwarten , ist vorauszusehen, dass das Vorhaben zu Beeinträchtigungen der Anlieger führen wird, die die Grenze des Zumutbaren übersteigen. In einem solchen Fall muss die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens Schutzmaßnahmen, etwa die Errichtung eines Lärmschutzwalls oder den Einbau von Schallschutzfenstern, auferlegen (§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG; vgl. BVerwGE 110, 370, 392 sowie Jarass, DÖV 2004, 633, 634 f.). Soweit solche Vorkehrungen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind, hat der Betroffene einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld (§ 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG); über die Entschädigungspflicht ist zumindest dem Grunde nach bereits in dem Planfeststellungsbeschluss zu entscheiden (vgl. Stelkens /Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 74 Rdn. 198).
29
Dem Betroffenen obliegt es, rechtzeitig zu prüfen, ob der Planfeststellungsbeschluss diesem Gebot genügt. Ist dies nicht der Fall, kann er zum Schutz seiner Rechte innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage insbesondere mit dem Ziel erheben, den Plan um eine Schutzvorkehrung im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG oder eine Entschädigungsregelung gemäß § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG zu ergänzen (vgl. BVerwGE 104, 123, 129; BVerwG NVwZ 1998, 846). Sieht er hiervon ab und wird der Planfeststellungsbeschluss bestandskräftig, sind Ansprüche aus § 74 Abs. 2 VwVfG gegen den Träger des Vorhabens verbindlich aberkannt (vgl. BVerwGE 77, 295, 296 f.; OVG Lüneburg, NdsRpfl. 2001, 416, 417).
30
Die Möglichkeit, für eine Aufnahme von Schutzvorkehrungen oder Entschädigungsanordnungen in dem Planfeststellungsbeschluss zu sorgen, bestand auch hier. In der Regelung zur Vermeidung bauzeitlicher Belastungen (Abschnitt A.V.3. des Planfeststellungsbeschlusses) kommt die Einschätzung der Planfeststellungsbehörde zum Ausdruck, dass dem Schutz des Eigentums der Anlieger durch die Verpflichtung der Beklagten, die einschlägigen Grenzwerte für Baulärm einzuhalten, und durch den Hinweis auf die Möglichkeit, gegen übermäßige Lärmimmissionen gemäß Ziffer 4 und 5 AVwV Baulärm behördlich einzuschreiten, Genüge getan ist. Zugleich wird - durch stillschweigendes Übergehen - ein Anspruch der Anlieger auf die Anordnung von Schutzmaßnahmen oder einer Entschädigung von Geld (§ 74 Abs. 2 Satz 2 u. 3 VwVfG) verneint (vgl. BVerwGE 77, 295, 296 f.). Hiergegen hätte sich der damalige Eigentümer oder der frühere Nutzer der Räume, in denen die Klägerin später ihr Restaurant betrieb, auf dem Verwaltungsrechtsweg wenden können.
31
b) Im Zeitpunkt der Planung nicht voraussehbare Wirkungen eines Vorhabens , d.h. nachteilige Entwicklungen, die sich erst später zeigen und mit denen die Beteiligten bei der Planfeststellung verständigerweise nicht rechnen konnten, werden von § 75 Abs. 2 Satz 2 und 4 VwVfG erfasst (vgl. BVerwGE 128, 177, 182). Nach dieser Vorschrift kann der Betroffene, auch nachdem der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden ist, Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, durch welche Einwirkun- gen, die die Grenze des Unzumutbaren überschreiten, ausgeschlossen werden. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar , kann der Betroffene eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Dieser, gegen die Planfeststellungsbehörde gerichtete und im Verwaltungsrechtsweg durchzusetzende (vgl. BGHZ 140, 285, 296 f.), Anspruch stand der Klägerin zur Verfügung, soweit mit unzumutbaren Beeinträchtigungen des Gewerbebetriebs infolge einer Überschreitung der in den Beschluss festgelegten Grenzwerte im Zeitpunkt der Planfeststellung nicht gerechnet werden konnte.
32
c) Der Betroffene ist schließlich nicht schutzlos, wenn die in dem Planfeststellungsbeschluss enthaltenen Schutzvorkehrungen nicht eingehalten werden. Soweit Anordnungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG getroffen worden sind, durch die nachteilige Einwirkungen des Vorhabens auf sein Eigentum verhindert oder ausgeglichen werden sollen, steht ihm ein subjektivöffentliches Recht auf Vollzug der Anordnung gegen den Vorhabenträger zu (vgl. BVerwG Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 14 Rdn. 11 f.; OVG Lüneburg NuR 1999, 353).
33
Verweist der Planfeststellungsbeschluss, wie hier, lediglich auf eine bestehende Lärmverordnung, liegt dem die - von dem Betroffenen entweder nicht angegriffene oder aber von den Verwaltungsgerichten bestätigte - Einschätzung der Planfeststellungsbehörde zugrunde, dass mit unzumutbaren Beeinträchtigungen nicht zu rechnen ist, weil sich die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte mit dem dafür vorgesehenen Instrumentarium - hier durch die in der AVwV Baulärm vorgesehenen Maßnahmen zur Lärmminderung bis hin zur Stilllegung von Baumaschinen (vgl. Ziffer 4 und 5 AVwV Baulärm) - sicherstellen lässt und deshalb keine die (fachplanerische) Zumutbarkeitsschwelle übersteigenden Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Kommt es im Einzelfall zu Über- schreitungen der Grenzwerte, kann der Betroffene den Einsatz dieses Instrumentariums mit den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Rechtsbehelfen, gerichtet auf ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde, erzwingen (vgl. BVerwG NVwZ 2005, 330, 332 a.E.). Erweist sich dagegen die Einschätzung der Planfeststellungsbehörde als unzutreffend - hier also das Instrumentarium der Baulärmverordnung als ungeeignet, um unzumutbare Beeinträchtigungen zu verhindern -, kann der Betroffene gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG die nachträgliche Anordnung von Schutzmaßnahmen oder einer Entschädigung verlangen. Für einen Anspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB bleibt daher auch in diesen Fällen kein Raum.

III.

34
Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache im Sinne einer vollständigen Abweisung der Klage zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

IV.

35
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 14.09.2005 - 13 O 2266/05 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 30.12.2008 - 11 U 1774/05 -

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 21. Oktober 1999 für den Bau der U-Bahnlinie 5 im Bezirk Berlin-Mitte in der Fassung des 2. Änderungsbeschlusses vom 27. Juni 2011 (2. Bauabschnitt zwischen Alexanderplatz und U-Bahnhof Brandenburger Tor).

2

Der Planfeststellungsbeschluss von 1999 ist in wesentlichen Teilen bereits umgesetzt worden. Der Streckenteil zwischen dem Hauptbahnhof und dem U-Bahnhof Brandenburger Tor wurde 2008 fertig gestellt und in Betrieb genommen. Im November 2008 beantragte die Beigeladene die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens zur 2. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses. Die 2. Planänderung betrifft den Lückenschluss der U-Bahnlinie U5 zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und Alexanderplatz. Im Zuge dieser Baumaßnahme werden u.a. drei Bahnhöfe (Berliner Rathaus, Museumsinsel und Unter den Linden) errichtet. Die Gesamttunnellänge zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und Alexanderplatz beträgt circa 2,2 km.

3

Streitgegenständlich ist vorliegend allein die Errichtung des unterirdischen Bahnhofs Unter den Linden. Der Bahnhof wird als Kreuzungsbahnhof der U-Bahnlinien 5 und 6 gestaltet. Er befindet sich im Schnittpunkt des Boulevards Unter den Linden mit der Friedrichstraße. Im Vergleich zur Planung aus dem Jahr 1999 werden durch die 2. Planänderung der Bahnsteig der U5 nach Osten und der Bahnsteig der U6 einschließlich der südlichen Zugänge um circa 15 m nach Süden verschoben. Die Zugänge und Aufzüge im Kreuzungsbereich werden auf der Mittelpromenade Unter den Linden angeordnet; zudem wird das Bahnhofsbauwerk um einen neuen Ausgang zur Charlottenstraße erweitert. Im Gegensatz zur ursprünglichen Planung werden Baumaßnahmen auf der nördlichen Seite der Mittelpromenade Unter den Linden nicht mehr erforderlich, so dass der Verkehr während der Bauzeit über die Nordfahrbahn der Straße Unter den Linden geführt werden kann. Der Beklagte hat die Planänderung überdies zum Anlass genommen, die im Bereich der Bahnhofsbaustellen baubedingt auftretenden Beeinträchtigungen der Nachbarschaft neu zu bewerten.

4

Der Bahnhof Unter den Linden wird in vier Baufeldern teils in offener und teils in geschlossener Bauweise unterhalb der Deckelung errichtet. In der Friedrichstraße soll der Abschlussdeckel im Baufeld IV circa 10 Monate nach Baubeginn im April/Mai 2013 erstellt sein. In der Straße Unter den Linden soll der letzte Deckel im Baufeld II nach circa 15 Monaten im September 2013 verschlossen werden. Nach der Deckelung werden die Friedrichstraße und die südliche Fahrbahn der Straße Unter den Linden wieder für den Verkehr freigegeben. Die Gesamtdauer der Baumaßnahmen soll vier bis fünf Jahre betragen.

5

Die Klägerinnen sind Eigentümer bzw. Betreiber des im Kreuzungsbereich der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden mit der Friedrichstraße in unmittelbarer Nähe der Bahnhofsbaustelle gelegenen Hotels W.. Sie haben nach Auslegung der Planunterlagen fristgerecht Einwendungen erhoben. Das Hotel wurde 1985 bis 1987 errichtet, 2006 an die jetzige Eigentümerin verkauft und mit erheblichem finanziellen Aufwand modernisiert. Es verfügt über insgesamt 400 Zimmer, davon liegen 155 Zimmer zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße. Das Hotel ist nicht offiziell klassifiziert, weist aber nach den Angaben der Klägerinnen die Ausstattung eines Fünf-Sterne-Superior-Hotels auf.

6

Mit Beschluss vom 27. Juni 2011 stellte der Beklagte die Planänderung fest und wies die Einwendungen der Klägerinnen im Wesentlichen zurück. Nach der Begründung des Planänderungsbeschlusses werden sich beim Bau des Bahnhofs Unter den Linden wesentliche Beeinträchtigungen durch Baulärm ergeben, der vor allem durch den Abbruch der Fahrbahndecken, den Erdaushub, die Herstellung von Schlitzwänden und Dichtungssohlen sowie den Abbruch der Tunneldecke der U6 und die Wiederherstellung des Tunnelabschnitts im Baufeld IV verursacht wird. Die Friedrichstraße ist aufgrund der örtlichen Gegebenheiten besonders betroffen, weil der Abstand zwischen den Hausfassaden östlich und westlich der Friedrichstraße nur 22 m beträgt. Die Gesamtdauer der Phase mit den lärmrelevanten Tätigkeiten ist auf 305 Arbeitstage veranschlagt, für die Durchführung dieser Arbeiten ist ein Zeitraum von 12 Monaten vorgesehen.

7

Der Planänderungsbeschluss sieht in den Nebenbestimmungen eine Reihe von Vorkehrungen zum Immissionsschutz während der Bauarbeiten vor, u.a. den Einsatz lärmarmer Bauverfahren und Baugeräte, eine zeitliche Beschränkung der Bauarbeiten, die Verkleidung der Arkaden bis zur Deckelung der Baustelle bzw. auf Wunsch der Klägerinnen auch darüber hinaus bis zum vollständigen Abschluss der Bauarbeiten sowie ein umfassendes Monitoring zur Ermittlung und zur Dokumentation des durch die Bahnhofsbaustelle verursachten Lärms und der Erschütterungen. Ferner sind eine Beweissicherung und verschiedene sonstige Maßnahmen angeordnet worden, die die Staubentwicklung, den Spritzschutz, die Fassadenreinhaltung etc. betreffen.

8

Für gleichwohl verbleibende unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen während der Bauzeit ist den Klägerinnen im Planänderungsbeschluss ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zugesprochen worden. Für Außenwohnbereiche besteht der Entschädigungsanspruch bei einer Überschreitung von 68 dB(A), für Innenräume, sofern die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 für Innenschalldruckpegel von 40 dB(A) für Hotelzimmer und Vortragsräume sowie 50 dB(A) für Ladengeschäfte und Restaurants/Gaststätten überschritten werden.

9

Die Klägerinnen haben Ende Juli 2011 ein gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 1999 gerichtetes, ruhend gestelltes Klageverfahren wiederaufgerufen und den Planänderungsbeschluss einbezogen. Sie begehren zusätzliche aktive und passive Schallschutzmaßnahmen sowie ergänzende Regelungen zum Umfang und zu den Modalitäten der Entschädigung. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor:

10

Die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle sei im Planänderungsbeschluss fehlerhaft auf 68 dB(A) tags festgesetzt worden. Der Beklagte habe den Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße zu Unrecht als Gebiet mit vorwiegend gewerblichen Anlagen im Sinne von Nr. 3.1.1. Buchst. b) der AVV Baulärm eingestuft. Die gewerbliche Nutzung überwiege nicht, zumal die Hotelnutzung unter dem Gesichtspunkt Schutzbedürftigkeit als Wohnnutzung anzusehen sei. Der maßgebliche Immissionsrichtwert betrage daher nicht 65, sondern nur 60 dB(A) tags. Zudem sei rechtsfehlerhaft nicht der Immissionsrichtwert, sondern der um 5 dB(A) höhere sogenannte Eingreifwert nach Nr. 4.1. der AVV Baulärm als maßgeblich erachtet worden. Der Zuschlag in Nr. 4.1. sei der bei Erlass der AVV Baulärm im Jahre 1970 noch bestehenden Messungenauigkeit geschuldet und inzwischen obsolet.

11

Bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle sei zu Unrecht die Vorbelastung durch den Verkehrslärm einbezogen worden. Der Verkehrslärm dürfe nicht berücksichtigt werden, weil er die verfassungsrechtliche Grenze zur Gesundheitsgefährdung von 70 dB(A) tags überschreite. Zudem seien Verkehrslärm und Baulärm nicht vergleichbar. Der Informationsgehalt sei völlig verschieden, Verkehrslärm sei sozial akzeptierter. Abgesehen davon nehme die Vorbelastung durch Verkehrslärm in der Friedrichstraße zur Behrenstraße hin auf 66 dB(A) ab.

12

Die der Planfeststellung zugrunde liegende Lärmprognose sei fehlerhaft, weil darin nur auf den Baustellenlärm abgestellt und der Umgebungslärm nicht einbezogen werde. Das sei mit dem akzeptorbezogenen Ansatz des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht vereinbar. Die Maschinenlärmwerte seien zu Unrecht pauschal um 3 dB(A) gemindert worden. Der Lärmprognose liege ein idealisierter Bauablauf zugrunde, die Einsatzzeiten der Baugeräte seien zu optimistisch kalkuliert. Zudem seien keine Impulszuschläge berücksichtigt worden, so dass eigentlich um 3 bis 5 dB(A) höhere Geräuschimmissionen zu erwarten seien. Kurzzeitige Geräuschspitzen würden von der AVV Baulärm "weggemittelt", insoweit fehle es im Planänderungsbeschluss an einem Maximalpegelkriterium.

13

Die Entschädigung für unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen in Innenräumen dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass im Rauminneren die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 überschritten werden. Die VDI-Richtlinie 2719 sei auf temporäre Ereignisse wie Baustellen nicht zugeschnitten. Die allein maßgebliche AVV Baulärm hebe nur auf Außenpegel ab und sehe ein einheitliches Schutzniveau für die Außen- und Innenkontaktbereiche vor. Hinzu komme, dass die Innenschallpegel zurzeit deutlich unter 40 dB(A) lägen, der Ist-Zustand also weitaus besser sei als der für die Bauzeit als zumutbar festgelegte Zustand. Die Vorhabenträgerin dürfe nicht von einer vorhandenen besseren Schalldämmung profitieren, die die Betroffenen auf eigene Kosten vorgenommen hätten.

14

Der Planänderungsbeschluss sei schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte weitergehende Entschädigungsansprüche pauschal abgelehnt habe. Der Begriff der nachteiligen Wirkungen im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG müsse weit verstanden werden. Er umfasse auch Umsatzeinbußen, Mietausfälle und andere, nicht nur physisch, sondern auch psychisch vermittelte Auswirkungen wie etwa die gerechtfertigte Furcht vor unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen. Touristen würden das Hotel wegen der Baustelle meiden, Stammkunden gingen verloren. Die Entschädigung müsse daher auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller baustellenbedingten Auswirkungen auf den Hotelbetrieb bemessen werden.

15

Das Hotel habe einen Buchungsvorlauf von 18 Monaten und sei durchschnittlich zwischen 60 bis 80 % ausgelastet. Mangels detaillierter Lärmprognose könne nicht im Voraus steuernd auf die Hotelbelegung eingewirkt werden. Es bleibe nur die Möglichkeit, die lärmbetroffenen Zimmer an den Straßenfronten zur Baustelle nicht mehr anzubieten. Für die Dauer der Baustelle sei ein Umsatzrückgang von 35 bis 40 % zu erwarten, das Hotel gerate damit in die Verlustzone. Die baustellenbedingten Umsatzeinbußen könnten nicht durch organisatorische Maßnahmen kompensiert werden. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die Beeinträchtigungen erst mit dem Abschluss aller Bauarbeiten beendet seien und auch danach noch fortwirkten.

16

In der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2012 hat der Beklagte den Planänderungsbeschluss teilweise berichtigt und ergänzt.

17

Die Klägerinnen beantragen,

den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Berlin vom 21. Oktober 1999 für den Bau der U-Bahnlinie 5 in der Fassung des 2. Änderungsbeschlusses vom 27. Juni 2011 in der Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen rechtzeitig vor Baubeginn wie folgt zu ändern:

1. Die Auflage A II.3.1.1. wird dahingehend präzisiert, dass nur Baumaschinen mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" oder entsprechender anderer Zertifizierungen eingesetzt werden dürfen.

2. Die Verkleidung zum Schutz der Arkaden muss gewährleisten, dass in den Arkadengängen der Immissionswert von 60 dB(A) nicht überschritten wird.

3. Der Außenbereich der Galerie und des Restaurants N. im Hotel W. zur Straße Unter den Linden ist durch Lärmschutzwände an der Baustelle so zu schützen, dass die Zumutbarkeitsgrenze auf dem Gehweg von 60 dB(A) nicht überschritten wird.

4. Die Baustelle in der Friedrichstraße ist nach Herstellung der Schlitzwände und vor weiterem Abtrag der Straßendecke einzuhausen mit einer Schalldämmung von mindestens 20 dB.

5. Die Beigeladene wird verpflichtet, der Klägerin zu 1 (G. GmbH) die Kosten für Schallschutzfenster an Hotelzimmern Unter den Linden sowie in der Friedrichstraße einschließlich Lobby, Frühstücks- und Hotelrestaurant zu erstatten, die erforderlich sind, um bei einem zulässigen Grenzwert von 60 dB(A), zulässigen Maximalpegeln von 70 dB(A) einen Innenraumpegel in den Hotelzimmern von 31 dB(A) zu gewährleisten.

6. Die Vorhabenträgerin wird verpflichtet, den Gehweg Unter den Linden vor dem Hotel während der gesamten Bauzeit täglich zu reinigen.

7. Die Auflage A II.3.1.8. wird wie folgt ergänzt: "Rechtzeitig vor Baubeginn ist die Beweissicherung gemäß Konzept der GuD vom 26. August 2010 mit den Maßnahmen S1 - S7 durchzuführen".

8. Die Beigeladene wird verpflichtet, eine Lärmprognose mit detailliertem Bauablauf für die Baufelder II - IV vorzulegen und anzugeben, wann der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) überschritten wird und welche Maximalpegel in den einzelnen Bauabschnitten täglich zu erwarten sind.

9.

a) Zugunsten der Klägerinnen sind die durch die Baustelle verursachten Ertragseinbußen zu entschädigen, die dadurch entstehen, dass die Zimmer an der Straße Unter den Linden und in der Friedrichstraße für die Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben nicht vermietet werden. Hilfsweise falls weitere aktive und passive Schallschutzmaßnahmen angeordnet werden: Zugunsten der Klägerinnen sind die verbleibenden Ertragseinbußen in der Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben zu entschädigen.

b) Die Ertragseinbußen bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Deckelung sind zu entschädigen.

c) Die Ertragseinbußen sind zu ermitteln durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit Fachkunde des Enteignungs- und Entschädigungsrechts sowie des Hotelbetriebs, der mit Zustimmung der Klägerinnen ausgewählt wurde.

d) Die Ertragseinbußen sind nach Maßgabe der Erträge des Hotels 2011 bis Baubeginn zu ermitteln. Als durch die Baustelle verursacht gilt eine Minderung des RevPar des W. im Unterschied zum RevPar des Vergleichsmarktes der Fünf-Sterne Hotels in Berlin Mitte.

e) Die Entschädigungen sind innerhalb von zwei Wochen nach Abschluss eines Monats zu ermitteln und in der ersten Woche des Folgemonats auszugleichen.

10. Den Klägerinnen sind die durch die Baustelle verursachten Mietminderungen der Ladengeschäfte und des Restaurants N. zu entschädigen. Die Angemessenheit der Entschädigung ist durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen unter Berücksichtigung des Bauablaufes und vergleichbarer Mieten jeweils nach Ablauf eines Monats zu ermitteln.

18

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

19

Sie treten dem Vortrag der Klägerinnen im Einzelnen entgegen.

Entscheidungsgründe

20

Die nach der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2012 gewechselten Schriftsätze geben dem Senat keine Veranlassung, nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die begehrten Planergänzungen. Das im Planänderungsbeschluss festgesetzte Schutz- und Entschädigungskonzept in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die Betroffenheit der Klägerinnen durch die Baustelle, namentlich den Baustellenlärm, fehlerfrei abgewogen und der beigeladenen Vorhabenträgerin die zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erforderlichen Schutzmaßnahmen auferlegt (1) bzw. ihnen eine Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG zugesprochen (2).

22

1. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Ergänzung des Planänderungsbeschlusses um weitere Schutzvorkehrungen gegen die von der Bahnhofsbaustelle Unter den Linden ausgehenden Beeinträchtigungen durch Lärm, Staub und Erschütterungen. Das planfestgestellte Schutzkonzept beruht weder auf einer rechtsfehlerhaft zu hoch festgesetzten fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle (a) noch auf einer mängelbehafteten Lärmprognose (b). Die Klageanträge Nr. 1 bis 8 können daher keinen Erfolg haben (c).

23

a) Die in den Auflagen A II.3.1.1. bis 3.2.3. festgesetzten Schutzmaßnahmen finden ihre rechtliche Grundlage in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Danach hat die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind.

24

§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erfasst auch solche nachteiligen Wirkungen, die durch Lärm, Erschütterungen und Staub aufgrund der Bauarbeiten für das planfestgestellte Vorhaben entstehen (Beschluss vom 27. Januar 1988 - BVerwG 4 B 7.88 - Buchholz 442.01 § 29 PBefG Nr. 1 S. 1<2>). § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG differenziert nicht nach den einzelnen Abschnitten zur Realisierung des Vorhabens. Die durch den Planfeststellungsbeschluss begründete Duldungspflicht des Nachbarn umfasst daher auch die während der Bauphase entstehenden Immissionen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - MDR 2010, 142 Rn. 18).

25

aa) Ob nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorliegen, beurteilt sich bei Baulärm nach § 22 Abs. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit der gemäß § 66 Abs. 2 BImSchG maßgeblichen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - AVV Baulärm - vom 19. August 1970 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 160 vom 1. September 1970). Auf die TA Lärm kann selbst bei mehrjähriger Dauer einer Baustelle nicht zurückgegriffen werden; Baustellen sind vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausdrücklich ausgeschlossen (Nr. 1 Buchst. f) TA Lärm).

26

(1) Die AVV Baulärm konkretisiert für Geräuschimmissionen von Baustellen den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen. Die zur Annahme der normkonkretisierenden Wirkung einer Verwaltungsvorschrift erforderlichen formellen Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 8 C 16.96 - BVerwGE 107, 338 = Buchholz 401.64 § 4 AbwAG Nr. 6 S. 22<25 f.>) liegen vor. Ermächtigungsgrundlage für die AVV Baulärm war § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1214, außer Kraft getreten zum 1. April 1974). Danach erlässt die Bundesregierung zur Durchführung des Absatzes 1 nach Anhörung des technischen Ausschusses (§ 8) mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über 1. Richtwerte für die von Baumaschinen bei bestimmten Betriebsvorgängen ausgehenden Geräusche, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist (Emissionsrichtwerte), 2. Richtwerte für die von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen, bei deren Überschreiten Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Allgemeinheit zu besorgen sind (Immissionsrichtwerte), und 3. das Verfahren für die Messung der Geräuschemissionen und der von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen. Der anzuhörende technische Ausschuss nach § 8 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm setzte sich aus Vertretern verschiedener Bundesministerien und Bundesanstalten, der Landesregierungen, der Gewerkschaften, der Technischen Überwachung sowie Vertretern aus Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen.

27

(2) Die AVV Baulärm konkretisiert das vom Normgeber für erforderlich gehaltene Schutzniveau in Nr. 3 differenzierend nach dem Gebietscharakter und nach Tages- und Nachtzeiten durch Festlegung bestimmter Immissionsrichtwerte. In Nr. 6 enthält sie Regelungen zur Ermittlung des Beurteilungspegels im Wege eines Messverfahrens. Dafür, dass die Regelungen zum Schutzniveau durch neue, gesicherte Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung überholt wären, ist nichts ersichtlich. Das gilt sowohl für die Gebietseinteilung der AVV Baulärm als auch für die festgelegten Immissionsrichtwerte. Zwar stimmt die Gebietszuordnung der AVV Baulärm noch mit derjenigen der Baunutzungsverordnung von 1968 überein, während neuere Regelwerke, etwa die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) und die TA Lärm die Gebietsbezeichnungen der Baunutzungsverordnung von 1990 verwenden. Allein daraus folgt aber nicht, dass die Gebietseinteilung der AVV Baulärm nicht mehr geeignet oder zweckmäßig ist. Denn anders als bei den vorgenannten Regelwerken geht es im Anwendungsbereich der AVV Baulärm nicht um eine dauerhafte Gebietsverträglichkeit der Lärmeinwirkungen, sondern um vorübergehende Lärmeinwirkungen durch eine Baustelle. Zu deren Bewältigung reicht der gröbere Differenzierungsgrad der Gebietseinteilung der AVV Baulärm aus. Zugleich rechtfertigt der Umstand, dass Baustellenlärm - auch bei mehrjährigen Baustellen - vorübergehend ist, es auch heute noch, Immissionsrichtwerte festzulegen, die über den in verschiedenen anderen Regelwerken zu dauerhaften Lärmeinwirkungen - etwa in § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV oder Nr. 6.1 der TA Lärm - vorgesehenen Werten liegen. Hinsichtlich der Regelungen zum Messverfahren fehlt es ebenfalls an Anhaltspunkten dafür, dass diese inzwischen derart veraltet sind, dass der Beurteilungspegel damit nicht mehr hinreichend verlässlich ermittelt werden kann. Dies gilt umso mehr, als die Bestimmungen der AVV Baulärm zum Messverfahren nicht so eng gefasst sind, dass sie etwa die Heranziehung modernerer Regelwerke (VDI-Richtlinien oder DIN-Vorschriften), die erst nach der AVV Baulärm erlassen worden sind, ausschließen.

28

Auch der Gesetzgeber ist offensichtlich davon ausgegangen, dass die AVV Baulärm trotz des seit ihrem Erlass eingetretenen Zeitablaufs nicht als überholt anzusehen ist. Der Umstand, dass er anlässlich der letzten Änderung des § 66 BImSchG durch das Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm vom 24. Juni 2005 (BGBl I S. 1794, in Kraft getreten mit Wirkung vom 30. Juni 2005; vgl. BTDrucks 15/3782 S. 10 und S. 37 f.) in § 66 Abs. 2 BImSchG bis zum Inkrafttreten von entsprechenden Rechtsverordnungen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz die Fortgeltung der AVV Baulärm vom 19. August 1970 angeordnet hat, zeigt, dass es nach der Vorstellung des Gesetzgebers für Baustellenlärm bei der Anwendbarkeit der im Vergleich zur TA Lärm zwar wesentlich älteren, aber sachnäheren AVV Baulärm bleiben sollte (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 8. Februar 2007 - 5 S 2257/05 - ZuR 2007, 427, Rn. 131; Dziallas/Kullick, NZBau 2011, 544).

29

Dafür, dass der Gesetzgeber die Fortgeltung der AVV Baulärm ausdrücklich in seinen Willen aufgenommen hat, spricht zudem, dass die bis zu diesem Zeitpunkt in § 66 Abs. 2 BImSchG a.F. neben der AVV Baulärm als maßgebend aufgeführten (acht) allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Schutz gegen Baulärm, die wie die AVV Baulärm auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm erlassen worden waren und das Emissionsmessverfahren sowie Emissionsrichtwerte für verschiedene Baugeräte/-maschinen bestimmten, gestrichen wurden.

30

(3) Die in der AVV Baulärm in Nr. 3.1.1. festgelegten Immissionsrichtwerte entfalten nur für den Regelfall Bindungswirkung. Die Bindungswirkung einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift wird durch ihren Anwendungsbereich bzw. ihren Aussagegehalt bestimmt. Dabei wird die Auslegung solcher Verwaltungsvorschriften in besonderer Weise durch die Entstehungsgeschichte beeinflusst (Urteil vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 15.98 - BVerwGE 110, 216 <219> = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 7 S. 2<4 f.>). Aus den Gesetzgebungsmaterialien zur Ermächtigungsgrundlage der AVV Baulärm in § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm ergibt sich, dass der Normgeber bewusst zwischen Richtwerten und Grenzwerten differenziert hat. So enthielt etwa der Entwurf des Gesetzes (BTDrucks IV/3142 S. 1) in § 2 Abs. 3 eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Bestimmung von Immissionsrichtwerten für die von Baustellen ausgehenden Geräusche, bei deren Überschreitung Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit zu besorgen sind, sowie das Verfahren für die Messung der Geräuschimmissionen. Ausweislich der Begründung zu § 2 Abs. 3 war es das Anliegen des Gesetzgebers, den Verwaltungsbehörden in der Form allgemeiner Verwaltungsvorschriften Immissionsrichtwerte an die Hand zu geben, bei deren Überschreitung der Lärm der Baumaschinen in der Regel als unzumutbar anzusehen ist (BTDrucks IV/3142 S. 5). Ergänzend dazu sah § 3 Abs. 1 des Entwurfs eine Ermächtigung vor, durch Rechtsverordnung Emissionsgrenzwerte festzusetzen, die beim Betrieb von Baumaschinen auf Baustellen nicht überschritten werden dürfen, und Vorschriften über das Verfahren für die Messung der Geräuschemissionen zu erlassen. Auf Vorschlag der Bundesregierung und des Ausschusses für Gesundheitswesen wurde der Gesetzentwurf in §§ 2 und 3 dahingehend geändert, dass nicht mehr zur Festlegung von Emissionsgrenzwerten und Immissionsrichtwerten, sondern in § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 zur Festlegung von Immissions- und Emissionsrichtwerten ermächtigt wurde. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Festsetzung von Emissionsgrenzwerten durch Rechtsverordnung nicht die Möglichkeit biete, die besonderen Verhältnisse, unter denen Baumaschinen eingesetzt werden, zu berücksichtigen. Der Ausschuss schlug deshalb die Festsetzung von Richtwerten durch allgemeine Verwaltungsvorschriften vor, die eine elastischere Handhabung ermöglichten. Dabei ging er davon aus, dass die zuständigen Verwaltungsbehörden bei Überschreiten der Immissions- und Emissionsrichtwerte grundsätzlich verpflichtet sind, die notwendigen Maßnahmen zur Lärmminderung anzuordnen (BTDrucks IV/3584 S. 2).

31

Der Begriff "Immissionsrichtwert" ist danach im Anwendungsbereich der AVV Baulärm weiter zu verstehen als etwa im Anwendungsbereich der TA Lärm, die diesen Begriff in Nr. 6 ebenfalls verwendet, Überschreitungen aber nur in ausdrücklich geregelten Fällen (vgl. z.B. Nr. 3.2.1 2. bis 6. Absatz sowie Nr. 3.2.2) zulässt und ansonsten von einer strikten Pflicht zur Einhaltung der Richtwerte ausgeht, die für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung keinen Raum lässt (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 Rn. 12; Beschluss vom 8. November 1994 - BVerwG 7 B 73.94 - Buchholz 406.25 § 3 BImSchG Nr. 10 S. 2<3>). Dabei ist das engere Begriffsverständnis der TA Lärm schon in der Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG angelegt, die auf "Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen", abhebt. In der Ermächtigungsgrundlage in § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm war dagegen - weniger strikt - von "Richtwerte(n) für die von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen, bei deren Überschreiten Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Allgemeinheit zu besorgen sind", die Rede.

32

Der Normzweck der AVV Baulärm, eine gleichmäßige Rechtsanwendung sicherzustellen und damit Rechtssicherheit zu schaffen, wird auch dann nicht in Frage gestellt, wenn die Immissionsrichtwerte nur für den Regelfall als bindend betrachtet werden. Der verbleibende Spielraum für Ausnahmen von der Bindungswirkung ist eng, namentlich ist Nr. 3.1. nicht dahingehend zu verstehen, dass der gemäß Gebietszuordnung maßgebliche Immissionsrichtwert nur als Orientierungswert betrachtet und ergänzend eine Einzelfallbetrachtung angestellt wird. Da die AVV Baulärm als Maßstab für die Zumutbarkeit von Baustellenlärm auf die abstrakt bestimmte Schutzwürdigkeit von Gebieten abhebt, kommen Abweichungen vom Immissionsrichtwert nach oben vielmehr nur dann in Frage, wenn die Schutzwürdigkeit des Einwirkungsbereichs der Baustelle im konkreten Fall ausnahmsweise geringer zu bemessen ist als in den gebietsbezogen festgelegten Immissionsrichtwerten. Dies entspricht auch dem Anliegen des Gesetzgebers, die besonderen Verhältnisse berücksichtigen zu können, unter denen Baumaschinen zum Einsatz kommen (vgl. BTDrucks IV/3584 S. 2). Eine Abweichung von den Immissionsrichtwerten kann danach etwa dann in Betracht kommen, wenn im Einwirkungsbereich der Baustelle eine tatsächliche Lärmvorbelastung vorhanden ist, die über dem maßgeblichen Richtwert der AVV Baulärm liegt. Dabei ist der Begriff Vorbelastung hier nicht einschränkend in dem Sinne zu verstehen, dass nur Vorbelastungen durch andere Baustellen erfasst werden (vgl. etwa die einschränkende Definition in Nr. 2.4 1. Absatz Satz 1 TA Lärm). Maßgeblich ist vielmehr die Vorbelastung im natürlichen Wortsinn. "Nachteilige Wirkungen" im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG gehen nur von solchen baustellenbedingten Geräuschimmissionen aus, die dem Einwirkungsbereich mit Rücksicht auf dessen durch die Gebietsart und die konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können. Für die Gebietsart ist dabei von der bebauungsrechtlich geprägten Situation der betroffenen Grundstücke (im Einwirkungsbereich) auszugehen, für die tatsächlichen Verhältnisse spielen insbesondere Geräuschvorbelastungen eine wesentliche Rolle (vgl. Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <131> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 2 S. 1<22>). Daraus folgt zugleich, dass eine verminderte Schutzwürdigkeit nicht schon dann angenommen werden kann, wenn es etwa um die Errichtung wichtiger Verkehrsinfrastrukturvorhaben im öffentlichen Interesse geht. Zwar mag es Planbetroffenen als Ausdruck der Sozialbindung zumutbar sein, mehr an Baulärm hinzunehmen, wenn ein Vorhaben dem allgemeinen Verkehr gewidmet ist und insofern dem Wohl der Allgemeinheit dient. Dies mit bindender Wirkung entsprechend zu regeln, muss aber dem Normgeber vorbehalten bleiben.

33

(4) Entgegen der Auffassung der Klägerinnen erstreckt sich der Anwendungsbereich der AVV Baulärm nicht auf den Schutz der Außenkontaktbereiche vor Ladengeschäften. Die AVV Baulärm zielt auf den Schutz der Nachbarschaft. Zwar war in §§ 2, 3 Abs. 2 Nr. 2 und § 5 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm, auf dessen Grundlage die AVV Baulärm erlassen worden ist, nur von Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen der Allgemeinheit die Rede. Aus den Materialien ergibt sich aber, dass die in der Nachbarschaft von Baustellen wohnenden oder arbeitenden Personen geschützt werden sollten (BTDrucks IV/3142 S. 5, linke Spalte und BTDrucks IV/3584 S. 1). Zur Nachbarschaft in diesem Sinne gehören nur diejenigen Personen, die sich dem Baulärm jedenfalls nicht nachhaltig entziehen können, weil sie nach ihren Lebensumständen, die durch den Wohnort, den Arbeitsplatz oder die Ausbildungsstätte vermittelt werden können, den Einwirkungen dauerhaft ausgesetzt und daher qualifiziert betroffen sind (vgl. Urteil vom 22. Oktober 1982 - BVerwG 7 C 50.78 - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 6 S. 17<19 f.>). Hierzu gehören etwa die Eigentümer und Bewohner der im Einwirkungsbereich gelegenen Grundstücke und alle Personen, die im Einwirkungsbereich arbeiten. Keine Nachbarn sind dagegen Personen, die sich nur zufällig bzw. gelegentlich, d.h. ohne besondere persönliche oder sachliche Bindungen, etwa aufgrund von Ausflügen oder Reisen oder als Kunden, im Einwirkungsbereich aufhalten. Solche Personen sind als "Publikum" Teil der "Allgemeinheit" (Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 35 ff.; Kutscheidt in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Juli 2011, § 3 Rn. 6a f.).

34

Der Schutz der Nachbarschaft erfasst auch die zum Wohnen im Freien geeigneten und bestimmten unbebauten Flächen eines Wohngrundstücks. Der Schutzgegenstand des "Wohnens" kennzeichnet einen einheitlichen Lebensvorgang, der die Nutzung des Grundstücks insgesamt umfasst (Urteil vom 29. Januar 1991 - BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <387> = Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 7 S. 26<52 f.>). Voraussetzung für einen Anspruch auf Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG (bzw. einen Ausgleich in Geld nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG) ist insoweit, dass die gebietsspezifische Zumutbarkeitsgrenze für die Lärmimmissionen überschritten wird und die konkrete Fläche wegen ihrer besonderen Funktion und Lärmbetroffenheit schutzwürdig ist (Urteile vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 11.87 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 6 S. 7 und vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197 = Buchholz 406.25 § 22 BImSchG Nr. 6 S. 11).

35

Bei den Außenkontaktbereichen vor Ladengeschäften handelt es sich nicht um Flächen, die wegen ihrer besonderen Funktion und Lärmbetroffenheit schutzwürdig sind. Zwar gehört zu dem durch Art. 14 GG geschützten Bestand eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs auch die besondere Lage an der Straße (Kontakt nach außen), die dem Betrieb den Zugang zur Straße sowie die Zugänglichkeit von der Straße her gewährt und dem Inhaber die Einwirkung durch Werbung auf den fließenden Verkehr und damit das Gewinnen von Laufkundschaft ermöglicht (BGH, Urteil vom 7. Juli 1980 - III ZR 32/79 - NJW 1980, 2703, Rn. 17). Der Zugang zu Ladengeschäften wird aber nicht durch den Baulärm als solchen, sondern allenfalls durch bauliche Anlagen zu dessen Abschirmung beeinträchtigt. Abweichendes folgt nicht daraus, dass - wie die Klägerinnen meinen - die Möglichkeit zur Aufnahme von Außenkontakten durch Verweilen vor den Schaufenstern durch den Baulärm behindert wird. Passanten und Laufkundschaft werden vom Baulärm nicht qualifiziert betroffen, weil sie sich - auch beim Verweilen vor Schaufenstern - nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend im Einwirkungsbereich des Baulärms aufhalten. Anders verhält sich dies etwa bei den Freisitzen von Restaurants und Gaststätten, die grundsätzlich zu den schutzwürdigen Außenbereichen gehören können.

36

bb) Ausgehend von den vorgenannten Maßstäben hat der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG im Ergebnis zu Recht auf 68 dB(A) tags bestimmt. Die dagegen erhobenen Einwände der Klägerinnen greifen nicht durch.

37

(1) Der Beklagte hat das Gebiet um die Bahnhofsbaustelle Unter den Linden/Friedrichstraße zutreffend als "Gebiet, in dem vorwiegend gewerbliche Anlagen untergebracht sind" nach Nr. 3.1.1. Buchst. b) der AVV Baulärm eingestuft und demgemäß im Ausgangspunkt den Immissionsrichtwert von 65 dB(A) tags zugrunde gelegt. Für die Gebietszuordnung nach Nr. 3.1.1. der AVV Baulärm, die wie oben bereits ausgeführt nicht an die Gebietseinteilung der Baunutzungsverordnung 1990 angepasst werden muss, ist nicht auf den konkreten Immissionsort, sondern - wie sich aus Nr. 3.2.2. ergibt - auf den Einwirkungsbereich der Anlage abzustellen. Der Einwirkungsbereich der Bahnhofsbaustelle Unter den Linden ist in der richterlichen Aufklärungsverfügung vom 3. April 2012 dahingehend umrissen worden, dass er das Gebiet nördlich und südlich der Straße Unter den Linden vom Kreuzungsbereich Neustädtische Kirchstraße/Unter den Linden sowie Glinkastraße/Unter den Linden jeweils bis zur Kreuzung Unter den Linden/Charlottenstraße sowie beidseits der Friedrichstraße vom Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße bis zum Kreuzungsbereich Friedrichstraße/Behrenstraße (einschließlich der Gebäude Friedrichstraße 168-170 und Friedrichstraße 81-82) umfasst. Die Rüge der Klägerinnen, damit sei der Einwirkungsbereich zu eng gezogen, weil der Lärm auch in die Rosmarinstraße hineinwirke, greift schon deshalb nicht durch, weil die Rosmarinstraße zwischen dem Lindencorso und dem Rosmarin Karree verläuft und damit erfasst wird.

38

Der so bestimmte Einwirkungsbereich der Baustelle liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, so dass gemäß Nr. 3.2.3. der AVV Baulärm für die Gebietszuordnung die tatsächliche bauliche Nutzung zugrunde zu legen ist. Die tatsächliche bauliche Nutzung im Einwirkungsbereich der Baustelle ist in Anbetracht der vom Beklagten auf die Aufklärungsverfügung vom 3. April 2012 hin mit Schriftsatz vom 20. April 2012 vorgelegten Übersicht als vorwiegend gewerblich einzustufen. Die vorhandenen Gebäude werden weit überwiegend als Geschäfts- und Bürogebäude genutzt, der Anteil der Wohnnutzung ist - auch unter Berücksichtigung der im Rosmarin Karree vorhandenen Wohnungen und Apartments, die nicht zur Friedrichstraße hin gelegen sind - zahlenmäßig deutlich untergeordnet, er liegt bei maximal 20 %. Dabei ist eine Hotelnutzung entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht wie eine Wohnnutzung zu behandeln, sondern als gewerbliche Nutzung zu qualifizieren. Zwar mag eine Hotelnutzung im Hinblick auf Lärm schutzbedürftiger sein als andere gewerbliche Nutzungen. Gleichwohl unterscheiden sich Wohnnutzung und Beherbergungsbetrieb - wovon im Übrigen auch die von den Klägerinnen herangezogene Baunutzungsverordnung 1990 in § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 3 Abs. 3 Nr. 1 ausgeht - grundlegend. So liegt ein Beherbergungsbetrieb in Abgrenzung zur Wohnnutzung nur dann vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (Beschluss vom 8. Mai 1989 - BVerwG 4 B 78.89 - Buchholz 406.11 § 31 BBauG/BauGB Nr. 27 S. 1<2>). Insbesondere der Gesichtspunkt des nur vorübergehenden Aufenthalts rechtfertigt die Annahme einer im Vergleich zur Wohnnutzung geminderten Schutzwürdigkeit der Hotelnutzung.

39

(2) Der Beklagte durfte den danach maßgeblichen Immissionsrichtwert von 65 dB(A) wegen der im Einwirkungsbereich der Baustelle vorhandenen tatsächlichen Vorbelastung durch Verkehrslärm um 3 dB(A) auf 68 dB(A) erhöhen.

40

Nach der messtechnischen Bestandsaufnahme der B. GmbH zur Geräusch- und Erschütterungssituation in der Umgebung der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße vom 11. November 2009 treten im Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße im Bereich bis zur Traufhöhe (22 m) an Werktagen (Montag bis Samstag) während der Tageszeit gemäß AVV Baulärm (07:00 bis 20:00 Uhr) energieäquivalente Dauerschallpegel von circa 70 dB(A) auf. Dabei sind die Unterschiede zwischen den unteren und den oberen Stockwerken mit maximal 0,5 dB sehr gering. Südlich der Straße Unter den Linden nehmen die Geräuschimmissionen in der Friedrichstraße bis zur Behrenstraße hin auf 66 dB(A) ab. Die auftretenden Geräusche weisen von Tag zu Tag nur geringe Unterschiede auf, ein Einfluss der Ferienzeit auf die Messergebnisse ist nicht erkennbar. An Werktagen ist der energieäquivalente Dauerschallpegel während der Nachtzeit nur 4 dB geringer als während der Tageszeit. In den Nächten von Freitag auf Samstag sowie Samstag auf Sonntag ist ein deutliches Absinken des Geräuschniveaus erst ab circa 02.00 Uhr nachts zu beobachten. Maximalpegel von 80 dB(A) treten im Untersuchungsgebiet so häufig auf, dass sie als typische Alltagsgeräusche anzusehen sind. Auch Maximalpegel über 90 dB(A) treten im Untersuchungsgebiet an allen Tagen regelmäßig auf (S. 10).

41

Die Klägerinnen haben diese Befunde nicht in Abrede gestellt. Ihr Einwand, die Vorbelastung dürfe nicht berücksichtigt werden, weil sie wegen Überschreitung der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle von 70 dB(A) rechtswidrig sei und eine Verpflichtung zur Lärmsanierung begründe, greift nicht durch. Dass die Vorbelastung durch den Verkehrslärm sich im Bereich der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze von 70 dB(A) bewegt, hat - ungeachtet der Frage, ob diese Grenze auch für innerstädtische Lagen wie hier einschlägig ist - nicht zur Folge, dass die Vorbelastung keinerlei Berücksichtigung finden darf (vgl. Beschluss vom 23. Juni 1989 - BVerwG 4 B 100.89 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 8 S. 12<13>).

42

Die Vorbelastung durch den Verkehrslärm musste nicht deshalb außer Betracht bleiben, weil Verkehrslärm und Baulärm nicht von den gleichen Lärmquellen herrühren. Wie oben ausgeführt ist der Begriff der Vorbelastung im Anwendungsbereich der AVV Baulärm im natürlichen Wortsinn zu verstehen. Darauf, von welcher Lärmquelle die tatsächliche Vorbelastung verursacht wird, kommt es daher nicht an. Folglich stellt sich auch die Frage nach der Vergleichbarkeit von Verkehrs- und Baulärm nicht.

43

Selbst wenn man dies anders sehen wollte, könnten die Klägerinnen sich vorliegend auf die mangelnde Vergleichbarkeit nicht berufen. Die Frage, ob der Geräuschcharakter des vorhandenen Verkehrslärms und des zu erwartenden Baulärms vergleichbar sind, war Gegenstand gutachterlicher Untersuchungen. Nach den gutachterlichen Stellungnahmen der B. GmbH vom 22. Juli 2010 und vom 20. Oktober 2010 ist die Vergleichbarkeit nur an den Tagen nicht gegeben, an denen beim Abbruch der Fahrbahnen ein Fugenschneider mit einer Schallleistung von 115 dB(A) sowie beim Betonieren der Tunneldecke ein Verdichter (Rüttelflasche) zum Einsatz kommt, der ein stark tonhaltiges Geräusch erzeugt, das auch bei parallelem Betrieb mit Betonmischfahrzeugen und Autobetonpumpen jederzeit wahrgenommen werden kann. Diese Tage machen nur einen geringen Anteil an den Gesamtbautagen (305) aus. Für alle anderen Bauphasen - auch die besonders lärmintensiven Bauphasen "Erstellung der Schlitzwände und Erstellung der HDI-Sohlen" - gelangen die Gutachter dagegen zu dem Ergebnis, dass die Geräusche vergleichbar seien, weil in diesen Bauphasen die Baugeräusche durch die Geräusche der Antriebsmotoren der Baugeräte bestimmt würden. Die Klägerinnen haben diese gutachterlichen Stellungnahmen nicht substantiiert in Zweifel gezogen, sondern sich damit begnügt, die Vergleichbarkeit von Bau- und Verkehrslärm pauschal zu bestreiten.

44

Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle für die Baustelle Unter den Linden/Friedrichstraße einheitlich auf 68 dB(A) bestimmt hat, obwohl - was er ausweislich der Begründung des Planänderungsbeschlusses zur Kenntnis genommen hat (S. 34) - die Vorbelastung durch den Verkehrslärm zur Behrenstraße hin von circa 70 dB(A) auf circa 66 dB(A) abnimmt. Die Zumutbarkeitsschwelle muss, zumal bei Baustellen von räumlich begrenzter Ausdehnung, weder geschossbezogen noch für jedes einzelne Gebäude gesondert festgelegt werden. Vielmehr war es vorliegend sachgerecht, einen Mittelwert zu bilden.

45

(3) Dagegen darf der nach Nr. 3.1.1. der AVV Baulärm maßgebliche Immissionsrichtwert im Planfeststellungsverfahren nicht unter Rückgriff auf den sogenannten Eingreifwert nach Nr. 4.1. noch (um bis zu) 5 dB(A) erhöht werden. Nach Nr. 4.1. sollen Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden, wenn der nach Nr. 6. ermittelte Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A) überschreitet. Eine ähnliche Regelung findet sich etwa in Nr. 5.1 3. Absatz TA Lärm 1998. Diese Vorschrift befasst sich mit immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an bestehende Anlagen und legt fest, dass - neben weiteren Voraussetzungen - erst bei Überschreitung der Richtwerte um 5 dB(A) eingeschritten werden darf. Der Sache nach wirkt sich der Zuschlag in Nr. 4.1. der AVV Baulärm wie ein Messabschlag zugunsten des Bauunternehmers aus. Ein solcher Messabschlag, dort um jeweils 3 dB(A), ist auch in anderen Regelwerken anerkannt (vgl. etwa Anhang Nr. 1.6 Abs. 2 der 18. BImSchV und Nr. 6.9 TA Lärm 1998). Messabschläge sind wegen der Interdependenzen zwischen Immissionswerten und dem für ihre Ermittlung festgelegten Mess- und Beurteilungsverfahren untrennbarer Bestandteil dieser Verfahren. Sie sind trotz der Fortentwicklung der Messtechnik wegen verbleibender Unsicherheiten bei der messtechnischen Überprüfung der Einhaltung der Immissionswerte auch heute noch gerechtfertigt (vgl. Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 Rn. 18; Feldhaus/Tegeder, UPR 2005, 208 <209 f.>). Allerdings kommen Messabschläge bei prognostischen Einschätzungen in Genehmigungsverfahren nicht zum Tragen, weil dort nachzuweisen ist, dass die Zumutbarkeitskriterien eingehalten werden. Überträgt man diese Erwägungen auf den Eingreifwert nach Nr. 4.1. der AVV Baulärm, kann der Messabschlag bei der Bestimmung der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle im Planfeststellungsverfahren keine Anwendung finden. Nach dem Wortlaut der Nr. 4.1. und ihrer systematischen Stellung innerhalb der AVV Baulärm dürfte es sich dabei vielmehr um eine Regelung handeln, die das behördliche Handlungsermessen steuern soll. Dafür spricht u.a., dass sie sich nicht im Abschnitt Nr. 6. "Ermittlung des Beurteilungspegels", sondern im Abschnitt Nr. 4. "Maßnahmen zur Minderung des Baulärms" findet.

46

(4) Der Beklagte hat eine Entschädigung für unzumutbare Lärmeinwirkungen in Innenräumen zwar von der Überschreitung der oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 abhängig gemacht, was ausgehend von dem im Planänderungsbeschluss unterstellten Schalldämmmaß der Außenfassaden des Hotels (vorbehaltlich des Nachweises einer geringeren Schalldämmung) nur bei einem Außenpegel ab 71 dB(A) der Fall ist. Das führt aber nicht dazu, dass die auf einen Außenpegel von 68 dB(A) festgelegte Zumutbarkeitsschwelle damit faktisch auf 71 dB(A) erhöht wird. Der Außenpegel beschreibt den Wert, ab dem aktiver Schallschutz erforderlich wird. Hiervon ist erkennbar auch der Beklagte ausgegangen, indem er die der Beigeladenen aufgegebenen Vorkehrungen zum Schutz vor Baulärm auf diesen Wert hin ausgerichtet hat. Davon zu unterscheiden ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Entschädigung für baulärmbedingte Nutzungsbeeinträchtigungen in Innenräumen besteht.

47

b) Die dem planfestgestellten Schutzkonzept zugrunde liegende Lärmprognose leidet nicht an den von den Klägerinnen geltend gemachten Mängeln.

48

aa) Die Rügen der Klägerinnen, bei der Lärmprognose sei hinsichtlich der im Katalog der 32. BImSchV aufgeführten Baumaschinen pauschal ein Geräteabschlag von 3 dB vorgenommen worden, überdies seien keine Impulszuschläge berücksichtigt und sei ein idealisierter Bauablauf zugrunde gelegt worden, greifen nicht durch.

49

Nach dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010 haben die Gutachter - den Vorgaben in I. der Anlage 5 zur AVV Baulärm entsprechend - zunächst für jede der Bauphasen, die in allen Baufeldern durchlaufen werden (Baufeldfreimachung und Abbruch der vorhandenen Straße; Erdaushub und Erstellung der Führungen für den Schlitzwandgreifer, Erstellung der Schlitzwände, Erstellung der HDI-Sohlen, Abbruch des vorhandenen Tunnels , Betonieren der Tunneldecke, Bauarbeiten unter der Tunneldecke , Wiederherstellung des Straßenpflasters ), die maßgeblichen Eingangsdaten (Geräuschemissionen der eingesetzten Baugeräte bzw. Bauverfahren, tägliche Einsatzzeiten der verwendeten Baugeräte bzw. Bauverfahren, Dauer der Bauphase, geometrische Anordnung der Baugeräte während der Bauphase) ermittelt. Aufbauend auf diesen Angaben ist für jede Bauphase ein eigenes Berechnungsfile erstellt worden. Dabei ist im Sinne einer worst-case-Annahme unterstellt worden, dass die Bauarbeiten während der im Massenlogistikkonzept beschriebenen Zeitdauer permanent stattfinden; Einrichtungszeiten für die Baustelle sowie Abbauzeiten und eventuelle Stillstandzeiten, die als Pufferzeiten in die Bauzeit mit eingerechnet sind, wurden nicht berücksichtigt (S. 25/26).

50

Die für die Berechnungen verwendeten Geräuschemissionsansätze der Baugeräte (Schallleistungspegel) sind in der Tabelle 8 des Gutachtens vom 2. März 2010 (S. 28) angegeben. In der Tabelle findet sich auch eine Autobetonpumpe mit einer Antriebsleistung von 272 kW. Der Einwand der Klägerinnen, die Hochdruckpumpe sei nicht einbezogen worden, ist daher nicht begründet. Sofern die Geräuschemissionen der eingesetzten Baumaschinen impulshaltig und/oder tonhaltig sind, ist ein entsprechender Zuschlag in der Spalte KI (Impulszuschlag) bzw. KT (Tonzuschlag) vermerkt, so für den Einsatz des Radladers beim Aufheben des Asphalts wegen der Stoßgeräusche beim Aufnehmen und Abkippen in den LKW sowie für den Einsatz des Kettenbaggers beim Abbrechen der Tunneldecke wegen der Stoßgeräusche beim Abladen in den LKW (vgl. S. 28 Tabelle 8, Spalte Bemerkungen). Hinsichtlich der Geräuschemissionen der Baugeräte geht das Gutachten davon aus, dass die Baugeräte mindestens die derzeitigen Anforderungen an das Inverkehrbringen erfüllen. Für die in der 32. BImSchV aufgeführten Baugeräte sind dies die Anforderungen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG, Phase 2 (S. 26). Für die Baumaschinen, die im Katalog der 32. BImSchV aufgeführt sind, haben die Gutachter den Grenzwert für das Inverkehrbringen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG, Phase 2, abzüglich 3 dB angesetzt. Für Baugeräte, die im Katalog der 32. BImSchV nicht aufgeführt werden, wurde auf verschiedene Literaturquellen zurückgegriffen (S. 27).

51

Gegen diese Verfahrensweise ist nichts zu erinnern. Die Anforderungen der EU-Richtlinie 2000/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen (ABl EG Nr. L 162 S. 1), zu deren Umsetzung die 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung) - 32. BImSchV - vom 29. August 2002 (BGBl I S. 3478, zuletzt geändert durch Verordnung zur Umsetzung der EG-Richtlinien 2002/44/EG und 2003/10/EG zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen vom 6. März 2007, BGBl I S. 261 <277>) dient, sind als garantierte Schallleistungspegel zu verstehen (vgl. Art. 3 Buchst. f der Richtlinie und § 2 Nr. 6 der 32. BImSchV). Der garantierte Schallleistungspegel liegt nach den Erläuterungen im Gutachten vom 2. März 2010 stets oberhalb des im Einsatz erzeugten Schallleistungspegels, weil er alle eventuellen Unsicherheiten (auch solche, die durch das Messverfahren bedingt sind) mit abdecken muss. Mit welchem Sicherheitszuschlag die einzelnen Hersteller rechnen, bleibe ihnen selbst überlassen. Zumindest müssten sie aber den offiziellen Wert für die Messunsicherheit des Verfahrens (3 dB) berücksichtigen. Den Messungen der Gutachter zufolge werden zum Teil wesentlich größere Unsicherheitsaufschläge bis zu 6 dB aufgeschlagen. Dies rechtfertigt es auch nach der Auffassung des Senats, von den Grenzwerten für das Inverkehrbringen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG für die im Katalog der 32. BImSchV aufgeführten Baumaschinen im Rahmen der Lärmprognose 3 dB abzuziehen.

52

Worauf die Klägerinnen ihre nicht näher begründete Behauptung stützen, dass der Lärmprognose ein idealisierter Bauablauf zugrunde liege, erschließt sich nicht. Die für die jeweiligen Bauphasen zugrunde gelegten Zeiträume und Einsatzzeiten der Baumaschinen können den Tabellen Nr. 9 bis 15 des Gutachtens (S. 30 bis 36) entnommen werden. Substantielle Einwände gegen die dort angesetzten Einsatzzeiten und Zeiträume haben die Klägerinnen nicht erhoben.

53

bb) Die Lärmprognose erweist sich auch nicht deshalb als unzulänglich, weil kein Summenpegel aus Verkehrslärm und Baustellenlärm gebildet worden ist. Die AVV Baulärm enthält keine Regelung zur Berücksichtigung bereits vorhandener Geräusche bei der Ermittlung der Gesamtbelastung. Das ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Zwar liegt dem Bundes-Immissionsschutzgesetz in § 3 Abs. 1 für die Definition der schädlichen Umwelteinwirkungen eine akzeptorbezogene Betrachtungsweise zugrunde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschimmissionen aber maßgeblich vom "Anlagenbezug" des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auszugehen, wie er auch in § 22 Abs. 1 BImSchG und den daran ausgerichteten, nach Anlagenarten differenzierenden Verordnungen und Regelwerken zum Ausdruck kommt. Gesamtbetrachtungen sind nur nach Maßgabe dessen erlaubt, was gesetzliche Vorgaben und die daran anknüpfenden Regelwerke zulassen. Selbst wenn man anerkennt, dass es für die Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen nach der Definition des § 3 Abs. 2 BImSchG nicht darauf ankommt, woher, insbesondere aus wie vielen Quellen, die zu beurteilende Beeinträchtigung stammt (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1 <7> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 12 S. 23<27>) und daher bei der immissionsschutzrechtlichen Beurteilung von Anlagen die vorhandene Geräuschvorbelastung grundsätzlich zu berücksichtigen ist, folgt daraus nicht, dass dem nur durch die Bildung eines alle Geräusche erfassenden Summenpegels Rechnung getragen werden kann. Das gilt selbst dann, wenn der Lärm einzelner Anlagen dominiert. Die Frage, wie der Lärmbeitrag anderer, insbesondere andersartiger Anlagen zu berücksichtigen ist, ist vielmehr vorrangig nach dem für die jeweilige Anlagenart einschlägigen Regelwerk zu beantworten. Die Bildung eines Summenpegels ist zulässig, wenn es sich um gleichartige, durch dasselbe Regelwerk erfasste Anlagen handelt (Urteil vom 16. Mai 2001 - BVerwG 7 C 16.00 - Buchholz 406.25 § 3 BImSchG Nr. 16 Rn. 12 und 16). Abweichendes gilt im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dann, wenn die Gesamtbelastung der Geräuschimmissionen aus verschiedenen Lärmquellen die Grenze zur Gesundheitsgefährdung übersteigt.

54

Dafür ist hier nichts ersichtlich. Der Verkehrslärm im Bereich der Baustelle Unter den Linden/Friedrichstraße wird aufgrund der Sperrung der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden sowie der Friedrichstraße von der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden bis zur Kreuzung mit der Behrenstraße während der offenen Bauphase weitgehend entfallen. Nach dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010 ist der Anteil der Verkehrsgeräusche während der Bauphase ermittelt und in Relation zu den durch den Baubetrieb erzeugten Geräuschimmissionen gestellt worden. Danach ist ein nennenswerter Einfluss der Verkehrsgeräusche nur für die - hier nicht relevanten - Bereiche nördlich der Straße Unter den Linden (Haus der Schweiz) zu erwarten. Auch dort würde aber ein Anteil von 5 % überdurchschnittlich lauter Tage während der Bauzeit selbst bei Berücksichtigung der Verkehrsgeräusche nicht überschritten werden (S. 45 bis 48). Für den Immissionspunkt H (Ecke Friedrichstraße/Behrenstraße, Rosmarin Karree) und die dem gegenüberliegende Fassade des Hotels ist für die Bauphase ein Verkehrslärm von circa 44 dB(A) ermittelt worden (S. 47, Tabelle 25 und Anhang, letztes Blatt). Ein gesundheitsgefährdender Summenpegel ist demnach nicht zu besorgen.

55

Der Einwand der Klägerinnen, die Verkehrsbelastung auf der Behrenstraße werde während der Bauzeit aufgrund der vorgesehenen Umleitungen erheblich steigen, greift nicht durch. Abgesehen davon, dass die Behrenstraße an den der Baustelle abgewandten Fassaden des Hotels entlang verläuft, ist schon nicht substantiiert dargetan, dass es auf der Behrenstraße tatsächlich zu einer Verkehrszunahme kommt. Nach dem von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 14. Juni 2012 vorgelegten aktuellen Verkehrsführungskonzept vom 25. Mai 2012 wird der Fahrzeugverkehr (Kfz-Verkehr, Radverkehr, ÖPNV) mithilfe eines komplexen Umleitungssystems an den Sperrungen im Bereich Unter den Linden/Friedrichstraße vorbeigeführt. Über die Behrenstraße wird lediglich der Verkehr in Richtung Süden geführt. Für eine wesentliche Erhöhung des Verkehrs auf der Behrenstraße ist danach nichts ersichtlich.

56

cc) Weitere substantielle Einwände gegen die Lärmprognose haben die Klägerinnen nicht erhoben. Ihre Rüge, es fehle im Planänderungsbeschluss an der Festlegung eines Maximalpegelkriteriums, greift nicht durch. Die AVV Baulärm stellt für die Tagzeit auf den gemittelten Pegel ab, die Zahl der Überschreitungen eines bestimmten Maximalpegels ist nicht entscheidend. Eine Art Maximalpegelregelung findet sich in Nr. 3.1.3. der AVV Baulärm nur für die Nachtzeit. Dagegen ist nichts zu erinnern, zumal auch der von einer über mehrere Jahre hinweg betriebenen Baustelle ausgehende Lärm im Gegensatz zu Gewerbe- und Verkehrslärm zeitlich begrenzt ist und jedem Grundstückseigentümer und erst recht dem Träger eines im öffentlichen Interesse stehenden (Groß-)Vorhabens die Möglichkeit zustehen muss, seine ansonsten zulässigen Vorhaben unter auch ihm zumutbaren Bedingungen zu verwirklichen (VGH Mannheim, Urteil vom 8. Februar 2007 - 5 S 2257/05 - ZUR 2007, 427 Rn. 131; vgl. zur Zulässigkeit des Dauerschallkriteriums für die Bewertung von Fluglärm während des Tags, BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2008 - BVerwG 4 B 50.07 - BauR 2008, 2030).

57

Im Übrigen ergibt sich aus dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010, dass die der Lärmprognose zugrunde liegenden Berechnungen mithilfe der Prognosesoftware CADNA/A, Version 3.7, durchgeführt wurden und der Beurteilungspegel gemäß DIN-Vorschrift 45645-2 ermittelt wurde (S. 37 f.). In die Berechnungen sind die Geräuschemissionen und Einsatzzeiten der Geräte sowie die veranschlagte Dauer der Bauphase eingegangen (S. 36). Zudem sind in die Lärmprognose sowohl der über die einzelnen Bauphasen bzw. über die gesamte Bauzeit prognostizierte und gemittelte Beurteilungspegel als auch die Anzahl der Tage eingestellt worden, an denen ein Beurteilungspegel von 72 dB(A) überschritten wird (S. 11). Maximalpegel über 72 dB(A) sind damit in der Lärmprognose berücksichtigt worden.

58

c) Die im Wesentlichen auf Ergänzung des Planänderungsbeschlusses um weitere Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes gerichteten Anträge Nr. 1 bis 8 haben keinen Erfolg.

59

aa) Der Antrag Nr. 1, die Auflage A II.3.1.1. dahingehend zu ergänzen, dass nur Baumaschinen mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" oder entsprechender anderer Zertifizierung eingesetzt werden dürfen, kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten und der Beigeladenen auf der Baustelle auch Baumaschinen zum Einsatz kommen, für die es solche Umweltzeichen nicht gibt. Vor diesem Hintergrund reicht es aus, dass der Beklagte der Beigeladenen in dieser Nebenbestimmung aufgegeben hat, sicherzustellen, dass ausschließlich Bauverfahren und Baugeräte eingesetzt werden, die hinsichtlich ihrer Schall- und Erschütterungsemissionen lärmarm arbeiten. Soweit die Klägerinnen darauf verweisen, dass das von der Beigeladenen ursprünglich vorgelegte Gutachten Nr. N454113h des Ing.-Büro Dr.-Ing. M. den Einsatz geräuscharmer Baugeräte mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" empfehle, weil damit eine Reduktion um 5 bis 10 dB(A) möglich sei, folgt daraus nichts anderes. Aus dem - knapp gehaltenen - Gutachten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gutachter sich mit dem Gesichtspunkt der Verfügbarkeit solcher Baumaschinen und -geräte überhaupt näher befasst hat.

60

bb) Eine Verkleidung, die sicherstellt, dass in den Arkaden ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten wird (Antrag Nr. 2), können die Klägerinnen - von allem anderen abgesehen - schon deshalb nicht beanspruchen, weil der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle zu Recht auf 68 dB(A) festgelegt hat.

61

cc) Der Antrag Nr. 3, den Außenbereich der Galerie und des Restaurants Nante-Eck zur Straße Unter den Linden durch Lärmschutzwände an der Baustelle so zu schützen, dass auf dem Gehweg ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten wird, bleibt ebenfalls erfolglos. Die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle ist zu Recht auf 68 dB(A) festgesetzt worden. Die Klägerinnen haben daher ungeachtet dessen, dass Außenkontaktbereiche vor Ladengeschäften dem Anwendungsbereich der AVV Baulärm ohnehin nicht unterfallen, keinen Anspruch auf Einhaltung eines Beurteilungspegels von 60 dB(A). Hinzu kommt, dass die Aufstellung von Fassadenschutzwänden im Planaufstellungsverfahren geprüft, aber wegen des geringen Nutzens und der weit überwiegenden Nachteile sowie technischer Schwierigkeiten verworfen worden ist (S. 36 PÄB). Diese Überlegungen betreffen zwar in erster Linie die Friedrichstraße, sind aber auf die Straße Unter den Linden weitgehend übertragbar. Die Beigeladene hat im gerichtlichen Verfahren zu diesem Thema ergänzend ausgeführt, dass die Wirkung einer solchen Abschirmwand aufgrund der Reflexionen der Gebäudefassaden stark reduziert wäre. Selbst bei einer sehr hohen Abschirmwand von 8 m sei eine Geräuschreduktion von mehr als 5 dB nicht zu erreichen. Zudem seien solche Lärmschutzwände technisch nicht verfügbar. Bei der Errichtung einer so hohen, freistehenden Abschirmwand bestünden wegen auftretender Windlasten konstruktive Schwierigkeiten. In jedem Fall müssten zunächst tiefe Fundamente im Straßengrund errichtet werden. Hierfür sei im Bereich zwischen der Baustelle und den Gehwegen kein Platz. Abgesehen davon sei die Errichtung solcher Abschirmwände mit erheblichen Geräuschemissionen verbunden, die angesichts der in diesem Bereich nur während eines vergleichsweise kurzen Zeitraums auftretenden Lärmbeeinträchtigungen nicht zu rechtfertigen wären. Hiergegen haben die Klägerinnen keine substantiellen Einwände erhoben. Sie verweisen zwar auf die Empfehlung des Ing.-Büros M. im Gutachten vom 15. August 2008, mobile Schallschutzwände einzusetzen. Dieses Gutachten verhält sich aber nicht dazu, inwieweit der Einsatz mobiler Schallschutzwände vorliegend technisch überhaupt möglich und unter Lärmschutzgesichtspunkten sinnvoll wäre.

62

dd) Es kann dahinstehen, ob der Antrag Nr. 4, die Baustelle in der Friedrichstraße nach Herstellung der Schlitzwände und vor weiterem Abtrag der Straßendecke mit einer Schalldämmung von 20 dB(A) einzuhausen, schon deshalb keinen Erfolg haben kann, weil die Klägerinnen dies im Einwendungsverfahren nicht gefordert haben. Sie können eine Einhausung der Baustelle auch deshalb nicht beanspruchen, weil diese Maßnahme - sofern überhaupt technisch realisierbar - nach den von den Klägerinnen nicht bestrittenen Darlegungen des Beklagten und der Beigeladenen unverhältnismäßig wäre. Nach dem Lärm- und Erschütterungsgutachten der BeSB GmbH vom 2. März 2010 treten am lautesten Immissionsort im Mittelbereich der Friedrichstraße an maximal 16 % aller Bautage Geräuschimmissionen auf, die das derzeitige Geräuschniveau deutlich übersteigen. Vor den Fassaden in der Straße Unter den Linden sowie im Südbereich der Friedrichstraße beträgt dieser Anteil maximal circa 5 % aller Bautage. Circa die Hälfte aller überdurchschnittlich lauten Tage tritt während der Phase der Schlitzwanderstellung auf (S. 5/6). Die Einhausung würde demnach weder die längsten noch die lautesten Bauphasen erfassen. Ausgenommen blieben insbesondere die Arbeiten zur Herstellung der Schlitzwände und der HDI-Sohlen. Die hierzu eingesetzten Bohrgeräte haben eine Höhe von über 15 m und lassen sich daher nicht einhausen. Lediglich für die Herstellung der neuen Tunneldecke und die Wiederherstellung der Oberfläche käme eine Einhausung jedenfalls theoretisch in Betracht. Um das von den Klägerinnen geforderte Schalldämmmaß von 20 dB zu erzielen, müsste eine feste Abdeckung errichtet werden, die zudem stützfrei ist, weil ansonsten die Bautätigkeit behindert würde. Die Einhausung müsste eine Höhe von mindestens 6 m über Straßenniveau aufweisen, um Hebezugarbeiten zu ermöglichen. Sie würde somit die Fensterfront des ersten Obergeschosses des Hotels verdecken bzw. einschließen. Zudem müsste die Konstruktion fest im Boden verankert werden. Die im Boden zu verankernden Stützen müssten zwischen der Schlitzwand und der Fassade in die Erde eingebracht werden. Auf dem dort ohnehin nur begrenzt zur Verfügung stehenden Raum befinden sich bereits die für die Bauzeit verlegten Leitungen der Versorgungsunternehmen. Zudem müsste die Einhausung zum Großteil direkt vor Ort gefertigt (zugesägt) und dann montiert werden. Hierdurch würden genau die Schlag- und Sägegeräusche auftreten, die durch die Einhausung gerade vermieden werden sollen. Die Anzahl besonders lauter Tage würde sich durch die Arbeiten zur Errichtung der Einhausung damit voraussichtlich erhöhen. In Anbetracht dieser Umstände durfte der Beklagte eine Einhausung zu Recht verwerfen.

63

ee) Der Antrag Nr. 5, der Beigeladenen aufzugeben, der Klägerin zu 1 die Kosten für Schallschutzfenster in den Hotelzimmern, im Frühstücks- und Hotelrestaurant sowie in der Lobby zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße zu erstatten, die erforderlich sind, um bei einem zulässigen Grenzwert von 60 dB(A) und zulässigen Maximalpegeln von 70 dB(A) einen Innenpegel von 31 dB(A) zu gewährleisten, bleibt ebenfalls erfolglos. Die Klägerin zu 1 hat schon keinen Anspruch darauf, dass die Schallschutzmaßnahmen an einem Außenpegel von 60 dB(A) und einem Innenpegel von 31 dB(A) ausgerichtet werden. Zudem hat der Beklagte den Einbau von Schallschutzfenstern, der nach einer von der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 27. August 2010 gemäß Kostenschätzung vom 18. Juni 2010 circa 1 200 000 € kosten würde, zu Recht mit der Erwägung als unverhältnismäßig verworfen, dass in den Nachtstunden keine Bautätigkeit stattfinden wird, in den Tagstunden wegen der Sperrung der Friedrichstraße die hohe Vorbelastung durch Verkehrslärm entfällt und die baubedingte Lärmbelastung sich an der Mehrzahl der Bautage wegen des bereits vorhandenen hochwertigen Schallschutzes sogar unterhalb des Niveaus der Vorbelastung durch den Verkehrslärm bewegen wird. Zudem würde der Einbau bzw. die Auswechselung von Schallschutzfenstern ebenfalls zu Beeinträchtigungen in der Nutzbarkeit der Objekte führen, die in Relation zu den erzielbaren Erfolgen gestellt werden müssten. So sei beim Hotel W. davon auszugehen, dass eine Auswechselung der Fenster zu Beeinträchtigungen führen würde, die nicht weniger schwer wögen als die verbleibenden Beeinträchtigungen ohne die Maßnahme (S. 36-38 PÄB). Diesen Erwägungen sind die Klägerinnen nicht entgegengetreten.

64

Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern folgt auch nicht daraus, dass nach der Stellungnahme der Akustik-Inge-nieurbüro M. GmbH vom 4. Mai 2010 der mittlere Innenpegel in den Hotelzimmern 31 dB(A) betragen soll, eine Erhöhung der Lautstärke um 3 dB(A) als wesentlich und somit störend wahrgenommen werde und ein Hotelbetrieb mit dem hier gebotenen hohen Komfort bei einem Innenpegel von mehr als 35 dB(A) nicht mehr möglich sei, zumal ein ungestörter Schlaf ein wichtiges Qualitätsmerkmal eines Hotels und lauter Baulärm zwischen 07:00 und 10:00 Uhr daher auch dann besonders störend sei, wenn der über den ganzen Tag gemittelte Beurteilungspegel von 35 dB(A) noch nicht überschritten werde. Setzt man die prognostizierte Zahl der Tage, an denen es durch den Baulärm außen vor der Fassade des Hotels lauter wird als durch den vorhandenen Verkehrslärm bzw. als 71 dB(A) (52 Tage) in Relation zu den Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern, die eine Beibehaltung des bisherigen Lärmniveaus in den Zimmern auch an diesen Tagen ermöglichen, erweist sich der Einbau als unverhältnismäßig. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch die TA Lärm in Nr. 6.5 nur für Gebiete nach Nr. 6.1 Buchst. d bis f (allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, Kurgebiete sowie Krankenhäuser und Pflegeanstalten) Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit vorsieht (an Werktagen 06.00-07.00 Uhr und 20.00-22.00 Uhr), die in der Tagzeit der AVV Baulärm (07.00 bis 20.00 Uhr) bereits berücksichtigt sind.

65

Die Klägerin zu 1 kann auch nicht den Ersatz der Kosten verlangen, die bei der Sanierung 2006 bis 2008 für den Einbau von Schallschutzfenstern der Klasse 3 im Lindenflügel des Hotels aufgewandt wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Schallschutzfenster seinerzeit nicht zum Schutz der Hotelgäste vor Verkehrslärm, sondern zur Abwehr der Lärmeinwirkungen des streitgegenständlichen Bauvorhabens eingebaut worden sind, hat die Klägerin zu 1 nicht dargetan.

66

ff) Der Antrag Nr. 6, die Beigeladene zu verpflichten, den Gehweg Unter den Linden vor dem Hotel während der gesamten Bauzeit täglich zu reinigen, bleibt erfolglos. Die Straße Unter den Linden ist in der bei Erlass des Planänderungsbeschlusses geltenden Verordnung über die Straßenreinigungsverzeichnisse und die Einteilung in Reinigungsklassen vom 29. Oktober 2009 (GVOBl Bln S. 505 <545>) im Straßenreinigungsverzeichnis A, Reinigungsklasse 1 (= 7x/Woche), verzeichnet und wird demnach täglich gereinigt. Dass diese Reinigung, die auch den Gehweg umfasst, während der Bauarbeiten unterbleibt, haben die Klägerinnen nicht vorgetragen.

67

gg) Der Antrag Nr. 7, die Auflage A II.3.1.8. dahingehend zu ergänzen, dass die Beweissicherung gemäß dem Konzept der GuD vom 26. August 2010 rechtzeitig vor Baubeginn durchzuführen ist, hat keinen Erfolg. Das Beweissicherungskonzept der GuD ist nach der Regelung in A I. des Planänderungsbeschlusses als Anlage 5 vollumfänglich planfestgestellt worden. Wie Ziff. 4.9 (S. 8/9) des Konzepts entnommen werden kann, soll eine Erstbeweissicherung hinsichtlich der Beweissicherungsarten S1 bis S6 vor Beginn der Bauarbeiten erfolgen. Dass die Beweissicherungsart S7 (visuelle Beweissicherung durch einen Sachverständigen) insoweit ausgenommen ist, begegnet keinen Bedenken, weil sie nach den Erläuterungen auf S. 8 des Konzepts im Zuge der Baumaßnahme ggf. bei besonderen Bedingungen und Schadensfällen vorgenommen werden muss, wenn andere Arten der Beweissicherung nicht bzw. nicht mehr möglich sind und es in Anbetracht des Schadens besonderen Sachverstands bedarf.

68

hh) Schließlich ist auch dem Antrag Nr. 8, der Beigeladenen aufzugeben, eine Lärmprognose mit detailliertem Bauablauf für die Baufelder II - IV vorzulegen und anzugeben, wann der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) überschritten wird und welche Maximalpegel in den einzelnen Bauabschnitten täglich zu erwarten sind, nicht zu entsprechen. Die Klägerinnen können die Vorlage einer solchermaßen detaillierten Lärmprognose nicht verlangen. Der durch Bauarbeiten ausgelöste Lärm ist unregelmäßig und entzieht sich einer noch genaueren Prognose (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 111 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 215 S. 196; VGH Kassel, Urteil vom 17. November 2011 - 2 C 2165/09.T - juris Rn. 272). Soweit möglich hat der Beklagte dem Interesse der Klägerinnen an einer frühzeitigen Information über die zu erwartenden Bauarbeiten durch die Regelung in A II.3.2.1. des Planänderungsbeschlusses Rechnung getragen.

69

2. Die im Planänderungsbeschluss in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen getroffenen Festsetzungen zum Grund (a) und zu den Bemessungsgrundlagen (b) der Entschädigung sind nicht zu beanstanden. Die weitergehenden Klageanträge Nr. 9a) bis e) und 10 sind nicht begründet (c).

70

a) Rechtsgrundlage für Entschädigungsansprüche wegen unzumutbarer Beeinträchtigungen durch die Errichtung eines planfestgestellten Vorhabens ist § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG. Danach hat - sofern Vorkehrungen oder Anlagen zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind - der Betroffene einen Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Der Entschädigungsanspruch ist dem Grunde nach im Planfeststellungsbeschluss festzustellen, zudem sind die Bemessungsgrundlagen für die Höhe anzugeben (Urteile vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 11.87 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 6 S. 7<9> und vom 31. Januar 2001 - BVerwG 11 A 6.00 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 56 S. 20<32>).

71

aa) Der Ausgleichsanspruch nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG gewährt einen finanziellen Ausgleich für einen anderenfalls unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentum. Es handelt sich dabei nicht um eine Enteignungsentschädigung, sondern um einen Ausgleichsanspruch eigener Art. § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG bestimmen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums. Wird der Eigentümer in der Nutzung seines Grundstücks durch nachteilige Einwirkungen des Vorhabens unzumutbar gestört und können diese Störungen aus den Gründen des Satzes 3 nicht durch physisch-reale Schutzmaßnahmen ausgeglichen werden, muss der Eigentümer die Einwirkungen auf sein Eigentum trotz deren Unzumutbarkeit zwar hinnehmen, wenn in der Abwägung hinreichend gewichtige Belange des Allgemeinwohls für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen. Die darin liegende Beschränkung seines Eigentums ist aber nur verhältnismäßig, wenn er finanziell entschädigt wird (Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 74 Rn. 195 m.w.N.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226 <245 f.>).

72

Entschädigungsansprüche aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff bestehen neben dem Entschädigungsanspruch aus § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht. Auch für einen Anspruch aus § 906 Abs. 2 BGB bleibt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs neben den im Planfeststellungsverfahren eröffneten Rechtsbehelfen grundsätzlich kein Raum (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - MDR 2010, 142 ).

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bb) § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG hat Surrogatcharakter. Sein Anwendungsbereich reicht nicht weiter als die Primärregelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Greift § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, der den Anspruch auf Schutzvorkehrungen regelt, tatbestandlich nicht ein, so ist auch für die Anwendung von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG kein Raum (stRspr, vgl. Urteile vom 27. Juni 2007 - BVerwG 4 A 2004.05 - BVerwGE 129, 83 ff. = Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 71 Rn. 12 und vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23 = Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 18 S. 93 <103>; BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 - 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512 ). § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG eröffnet keinen Anspruch auf einen Ausgleich aller Nachteile, die ein Planvorhaben auslöst. Auszugleichen sind nur die Nachteile, die die Grenze des Zumutbaren überschreiten und nicht durch physisch-reale Maßnahmen abgewendet werden (Bonk/Neumann, a.a.O. § 74 Rn. 197).

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Keine Schutzvorkehrungen und demgemäß auch keine Entschädigung können wegen einer Beeinträchtigung von rechtlich nicht geschützten wirtschaftlichen oder sonstigen Belangen verlangt werden, auch wenn diese bei der Abwägung grundsätzlich zu berücksichtigen sind. Derartige Belange können durch gegenläufige öffentliche Belange ohne finanziellen Ausgleich überwunden werden. Aus dem Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie lässt sich kein Recht auf bestmögliche Nutzung des Eigentums ableiten. Eine Minderung der Wirtschaftlichkeit ist grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie eine Verschlechterung der Verwertungsaussichten. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht bloße Umsatz- und Gewinnchancen und tatsächliche Gegebenheiten, auch wenn diese für das Unternehmen von erheblicher Bedeutung sind, weil sie nicht zum Bestand des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs gehören. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn sich eine Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten und der damit verbundene Verlust der Lagegunst auf den Bestand des Kundenkreises negativ auswirkt. Nicht geschützt ist insbesondere der Verlust an Stammkunden und die Erhaltung einer optisch ansprechenden Umgebungsbebauung, der über die einfachgesetzlich geregelten Rechte hinausgehende Anliegergebrauch, der Fortbestand einer bestimmten Anbindung an das öffentliche Wegesystem, wenn kein besonderer Vertrauensschutz besteht, und entstehende Lagenachteile, die zu einer Minderung des Grundstückswertes führen. Auch Ertragseinbußen, z.B. durch die Furcht der Kunden vor unzumutbarem Lärm, sind nicht nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ersatzfähig, denn § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG dient dem Schutz vor tatsächlichen und nicht vor vermeintlichen Lärmbelastungen (Urteile vom 27. Juni 2007 a.a.O. Rn. 12 ff. und vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <260> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23 S. 2<104>; Beschlüsse vom 21. Oktober 2003 - BVerwG 4 B 93.03 - juris und vom 8. September 2004 - BVerwG 4 B 42.04 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 66 S. 51<52 f.>).

75

cc) Bei Anlegung dieser Maßstäbe hat der Beklagte den Klägerinnen eine Entschädigung dem Grunde nach zu Recht nur für die verbleibenden unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Baulärm (und etwaige Erschütterungs- und Setzungsschäden, A II.3.1.8.), nicht aber für alle Auswirkungen der Baustelle auf den Hotelbetrieb zugesprochen. Die gegenteilige Auffassung der Klägerinnen, die Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG sei als "Ausgleich für das Ertragen einer Belastung zu Gunsten einer Baumaßnahme für den öffentlichen Personennahverkehr" zu sehen, geht am gestuften Regelungskonzept des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG vorbei. Da der Ausgleichsanspruch nur der Kompensation eines gleichheitswidrigen Sonderopfers dient, muss er grundsätzlich auch nur diejenige Belastung ausgleichen, die die von der Sozialgebundenheit gerechtfertigte Belastung des Eigentums übersteigt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 a.a.O. Rn. 43). Die Klägerinnen übersehen, dass der Beklagte der Beigeladenen zum Schutz der Baustellenanlieger vor Beeinträchtigungen durch Baulärm, Staub und Erschütterungen entsprechend der Vorrangregelung in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG eine Reihe von Schutzvorkehrungen auferlegt hat. Dazu gehören etwa die Auflagen, lärmarme Bauverfahren und Baugeräte einzusetzen (A II.3.1.1.), die zeitliche Beschränkung der Bauarbeiten auf die Zeit zwischen 07:00 und 20:00 Uhr (A II.3.1.2.), die Arkadenverkleidung (A II.3.2.3.), die Regelungen zum Einsatz von Schlitzwandbaggern (A II.3.1.4.) und zur Schlitzwanderstellung (A II.3.2.2.) sowie zur Einhaltung der Anhaltswerte der DIN-Vorschrift 4150-2 und 3 und der VDI-Richtlinie 2719 hinsichtlich Erschütterungen und sekundärem Luftschall (A II.3.1.5.). Zudem sind Auflagen im Hinblick auf die Staubentwicklung, die Verschmutzung bzw. Reinhaltung der Fassaden, zur Fußgängerquerung Unter den Linden und zum Erscheinungsbild der Baustelle erteilt worden (A II.3.2.7. bis 3.2.10.). Schließlich hat sich der Beklagte unter A II.3.2.6.2. die Anordnung weiterer Maßnahmen für den Fall vorbehalten, dass sich nach der konkretisierten Bauablaufplanung oder den Ergebnissen der angeordneten kontinuierlichen Kontrollmessungen abzeichnet, dass der Beurteilungspegel an mehr als den prognostizierten Tagen einen Wert von 68 dB(A) überschreitet oder sich die vorgesehene Gesamtbauzeit der lärmintensiven Arbeiten (12 Monate) um mehr als einen Monat erhöht. Gleiches gilt in Bezug auf Erschütterungen und sekundären Luftschall, falls sich herausstellt, dass entgegen der Prognose die vorgegebenen Anhaltswerte nicht eingehalten werden.

76

Unzumutbare, die Grenze der Sozialbindung übersteigende nachteilige Auswirkungen werden aufgrund der getroffenen Schutzvorkehrungen im Ergebnis nur (noch) durch den Baustellenlärm ausgelöst, weil weitere Schutzauflagen zu dessen Abwehr oder Reduzierung untunlich bzw. mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Dagegen kommt dem Umstand, dass - wie die Klägerinnen vortragen - Stammkunden und Touristen das Hotel unabhängig von der tatsächlichen Lärmbelastung durch die Baustelle schon deshalb meiden, weil es bis zur Deckelung im Umfeld einer Baustelle liegt, im Rahmen von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG keine Bedeutung zu. Dieser Effekt ließe sich durch keinerlei wie auch immer geartete Schutzmaßnahmen verhindern, namentlich stellt entgegen der Auffassung der Klägerinnen das "Unterlassen" der Baustelle keine Schutzvorkehrung im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG dar.

77

dd) Dass der Beklagte eine Entschädigung für die Beeinträchtigung von Innenräumen dem Grunde nach davon abhängig gemacht hat, dass die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 "Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen" für Innenschallpegel von 40 dB(A) für Hotelzimmer und Vortragsräume sowie 50 dB(A) für Restaurants/Gaststätten/Läden überschritten werden, ist nicht zu beanstanden. Abweichendes folgt nicht daraus, dass nach dem Inhalt eines in den Planunterlagen befindlichen Prüfberichts der Akustik-Ingenieurbüro M. GmbH vom 11. Dezember 2009 und einer ergänzenden Stellungnahme vom 4. Mai 2010 trotz der unterschiedlichen Fensterschalldämmungen in den Hotelzimmern (von FSSK 1 bis FSSK 3) in allen Zimmern ein Schalldruckpegel in der Größenordnung von circa 31 dB(A) gemessen worden ist.

78

Es spricht nichts dagegen, die Zumutbarkeitsgrenze für Innengeräuschpegel an den oberen Anhaltswerten der VDI-Richtlinie 2719 zu orientieren. Die VDI-Richtlinie 2719 gilt grundsätzlich nur für dauerhafte Lärmeinwirkungen, kann aber auch bei länger andauernden stationären Großbaustellen herangezogen werden. Dabei rechtfertigt es die begrenzte Dauer solcher Baustellen, sich an den oberen Anhaltswerten zu orientieren. Zwar mag der VDI-Richtlinie 2719 in Nr. 6.3 Tabelle 6 die Vorstellung zugrunde liegen, dass bei einem dauerhaften Schallschutz innerhalb der Anhaltswerte je nach Empfindlichkeit einzelner Nutzungsarten weiter differenziert werden soll. Im Hinblick auf die letztlich begrenzte Zeitdauer der sehr lauten Bauphasen konnte hier aber pauschalierend vorgegangen werden, zumal auch die Ausschöpfung der oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 für die Tagzeit nicht zu unzumutbaren Zuständen führt.

79

Innenschallpegel von 40 dB(A) in Hotelzimmern und Vortragsräumen und 50 dB(A) in Gaststätten/Restaurants/Läden stellen keine unzumutbare Belastung dar. Bei Wohnnutzungen ist Schutzziel für die - hier allein relevante - Tagzeit der AVV Baulärm (07.00-20.00 Uhr), unzumutbare Kommunikationsbeeinträchtigungen im Gebäudeinneren zu vermeiden. Nach dem Stand der aktuellen Lärmwirkungsforschung sind tagsüber zur Vermeidung von Kommunikationsstörungen in geschlossenen Wohnräumen Mittelungspegel von 45 dB(A) innen einzuhalten ("Sprachverständlichkeit"; Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116. = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Juli 2011, Vorbem. 18. BImSchV Rn. 14; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 15 Rn. 19.1). Für Räume, die als Gaststätte, Restaurant oder Ladengeschäft genutzt werden, und deren Schutzwürdigkeit gegenüber Wohnräumen, Tagungsräumen etc. daher gemindert ist, beträgt der obere Anhaltswert der VDI-Richtlinie 2719 50 dB(A).

80

Der Einwand der Klägerinnen, der Planänderungsbeschluss gehe von zu optimistischen Schalldämmmaßen der Außenfassaden des Hotels W. aus, ist angesichts der vorgetragenen aktuellen Innenschallpegel von circa 31 dB(A) und des vorhandenen Verkehrslärms kaum nachzuvollziehen. Ungeachtet dessen übersehen die Klägerinnen, dass der Planänderungsbeschluss auch den Fall, dass die Eigentümer ein geringeres Schalldämmmaß geltend machen und nachweisen, regelt. In A II.3.2.4. ist festgelegt, dass in einem solchen Fall die entsprechend geringeren Werte zugrunde zu legen sind. Die Kosten für den Nachweis und die Einzelfalluntersuchung trägt die Vorhabenträgerin (S. 10 PÄB). Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 6. Juli 2012 ausdrücklich und mit bindender Wirkung für ein etwaiges Entschädigungsverfahren klargestellt, dass diese Regelung ungeachtet der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Änderungen und Streichungen auf S. 42 des Planänderungsbeschlusses uneingeschränkt Anwendung findet.

81

b) Die zur Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgeblichen Faktoren sind im Planänderungsbeschluss in Gestalt der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen in ausreichender Weise festgelegt.

82

aa) Nach der Grundregelung in A II.3.2.4. des Planänderungsbeschlusses ist die Entschädigung zu leisten für die Beeinträchtigung von Hotelzimmern, Tagungsräumen, Restaurants, Läden und Außenwohnbereichen bezogen auf die Tage, an denen die festgelegten Pegel (68 dB(A) für Außenwohnbereiche, 40 bzw. 50 dB(A) für Innenräume) überschritten werden. Die Höhe der Entschädigung für das Hotel richtet sich gemäß der ergänzenden Regelung auf S. 42 des Planänderungsbeschlusses nach dem Ertragsausfall zwischen Baubeginn und Deckelung der Baugruben in der Friedrichstraße und der Straße Unter den Linden, der darauf zurückzuführen ist, dass es in diesem Zeitraum vor den Fassaden zur Friedrichstraße und Unter den Linden zu Überschreitungen eines Beurteilungspegels von 71 dB(A) kommt. Für vermietete Restaurants und Ladengeschäfte richtet sich die Entschädigung nach dem Maß der zulässigen Mietminderung bezogen auf die Tage, an denen vor den Fassaden zur Friedrichstraße und zur Straße Unter den Linden ein Beurteilungspegel von 81 dB(A) überschritten wird. Für den Fall, dass geringere Schalldämmmaße nachgewiesen werden, sind die entsprechend niedrigeren Werte maßgeblich (A II.3.2.4. S. 10 PÄB).

83

bb) Diese Festlegungen begegnen keinen Bedenken. Bei nur vorübergehenden Beeinträchtigungen von Gewerbebetrieben bzw. gewerblich genutzten Grundstücken durch eine Baustelle kommt es in der Regel nicht zu dauerhaften Verkehrswertminderungen, sondern zu Ertragsverlusten. Diese sind auszugleichen, soweit sie auf dem Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle beruhen. Dabei dürfen keine Nachteile von der Entschädigungspflicht ausgeschlossen werden, deren Entschädigung für einen adäquaten Ausgleich erforderlich ist (Bonk/Neumann, a.a.O. § 74 Rn. 198). Hierauf zielt die in der mündlichen Verhandlung in A II.3.2.4. sowie in B IV.2.1.4.3. neu eingefügte Formulierung "bezogen auf die Tage", die weiter gefasst ist als die ursprüngliche Formulierung "an den Tagen". Sie soll sicherstellen, dass Bemessungsgrundlage für die Entschädigung nicht nur die konkreten Tage sind, an denen es zu Überschreitungen der maßgeblichen Pegel gekommen ist, sondern diese Tage zu übergeordneten Zeitabschnitten in Beziehung gesetzt werden.

84

Im Hinblick auf den Hotelbetrieb als solchen ist dieser übergeordnete Zeitabschnitt der Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung (S. 42 PÄB). Diese Festlegung trägt zum einen den Besonderheiten des Hotelbetriebs, insbesondere dem notwendigen Buchungsvorlauf in allen drei Marktsegmenten, und zum anderen dem Umstand Rechnung, dass die Tage mit unzumutbaren Lärmeinwirkungen nicht mit der für eine sinnvolle Belegungsplanung erforderlichen Präzision vorausgesagt werden können. Eine Regelung, die nur auf die konkreten Tage mit Überschreitungen des Beurteilungspegels abhebt, ist daher nicht sachgerecht. Ein Hotelbetrieb ist in besonderem Maße auf eine antizipierende Planung angewiesen, auf tagesaktuelle Entwicklungen und Ereignisse in seinem Umfeld kann er - wenn überhaupt - allenfalls bedingt reagieren. Es erscheint daher als durchaus denkbar, dass eine Gesamtschau der Ergebnisse des in A II.3.2.5. angeordneten Lärmmonitorings, der dem Hotelbetrieb gemäß A II.3.2.1. übermittelten Informationen über den Bauablauf und der Entwicklung der Ertragslage des Hotels im Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung zu dem Ergebnis führt, dass eine Vermietung von zur Friedrichstraße und zur Straße Unter den Linden hin gelegenen Hotelzimmern, Tagungsräumen etc. auch an den Tagen bzw. in den Zeiträumen ohne unzumutbarem Baulärm nicht sinnvoll möglich war und dies daher an mehr als den prognostizierten 52 Tagen mit einer Überschreitung der Zumutbarkeitsschwelle zu einer Unterauslastung des Hotels geführt hat.

85

Für die vermieteten Räume (Restaurants, Ladengeschäfte, Galerie) schließt die Formulierung "bezogen auf die Tage" aus, dass die nach Maßgabe der zivilgerichtlichen Rechtsprechung bei Baulärm je nach Art und Dauer der Beeinträchtigung angemessene Mietminderung, deren Bezugsgröße in der Regel die monatsweise zu entrichtende Miete ist, im Entschädigungsverfahren auf die Tage "heruntergerechnet" wird, an denen der Baulärm die Zumutbarkeitsschwelle überschritten hat.

86

Weitergehende Festsetzungen mussten im Planfeststellungsverfahren, das von seiner Aufgabenstellung und seiner herkömmlichen Gestaltung her nicht die Voraussetzungen für eine detaillierte Berechnung von Geldentschädigungen bietet, nicht getroffen werden (Urteil vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 - BVerwGE 71, 166 <175> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 59 S. 59<67>). Es ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, im Planfeststellungsbeschluss Regelungen zum Ablauf des nachfolgenden Entschädigungsverfahrens oder zur methodischen Ermittlung der Entschädigungshöhe festzulegen. Das gilt umso mehr, wenn es - wie hier - um eine Entschädigung für vorübergehende Beeinträchtigungen geht. Die Angemessenheit der Entschädigung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dazu gehören bei vorübergehenden Beeinträchtigungen regelmäßig auch solche Umstände, die erst rückblickend nach Abschluss der Baumaßnahmen festgestellt werden können. Dies trifft vorliegend etwa auf die für die Bemessung der Entschädigung zwingend erforderliche Auswertung des Lärmmonitorings und der Entwicklung der Ertragslage des Hotels zu.

87

Die Rüge der Klägerinnen, auch mithilfe der vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen des Planänderungsbeschlusses werde das Problem, einen Kausalzusammenhang zwischen den unzumutbaren Lärmeinwirkungen und den Ertragseinbußen feststellen zu können, nicht gelöst, sondern in das Entschädigungsverfahren verlagert, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Frage, inwieweit Ertragseinbußen des Hotels auf unzumutbare Lärmeinwirkungen durch die Baustelle zurückzuführen sind, kann ungeachtet methodischer Einzelfragen schlechterdings nicht unabhängig von den Ergebnissen des Lärmmonitorings und der Ertragsentwicklung des Hotels beantwortet werden. Die Entscheidung darüber kann und muss daher - sofern die Beteiligten keine Einigung erzielen - dem Entschädigungsverfahren vorbehalten bleiben (vgl. A II.3.2.4. Satz 5). Den Klägerinnen werden dadurch keine Rechte abgeschnitten.

88

c) Die mit den weitergehenden Anträgen Nr. 9 und 10 begehrten Änderungen und Ergänzungen der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Festlegungen zu Grund und Bemessung der Entschädigung bleiben erfolglos.

89

aa) Einen Ausgleich derjenigen Ertragseinbußen, die dadurch entstehen, dass die zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße hin gelegenen Hotelzimmer für die Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben nicht vermietet werden (Antrag Nr. 9a, 1. Variante), können die Klägerinnen nicht beanspruchen. § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG gewährt einen Ausgleich nur für die Nachteile, die auf dem Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle beruhen.

90

Der Hilfsantrag Nr. 9a, 2. Variante, den Klägerinnen die nach Anordnung weiterer aktiver und passiver Schallschutzmaßnahmen im Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben verbleibenden Ertragseinbußen zu entschädigen, wird nicht relevant, weil die Klägerinnen weitere Schallschutzmaßnahmen nicht beanspruchen können (s.o. unter 1.c). Im Übrigen kann auf die Ausführungen unter aa) verwiesen werden.

91

Einen Anspruch auf Entschädigung der Ertragseinbußen bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Deckelung (Antrag Nr. 9b) haben die Klägerinnen - von allem anderen abgesehen - schon deshalb nicht, weil das Hotel nach der Deckelung der Baugruben keinen unzumutbaren (Lärm)Beeinträchtigungen mehr ausgesetzt sein wird. Andere Nachteile werden über § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht ausgeglichen.

92

Die Klägerinnen können nicht verlangen, dass der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss dahingehend ergänzt, dass die Ertragseinbußen durch einen mit ihrem Einverständnis ausgewählten Sachverständigen ermittelt werden (Antrag Nr. 9c). Ob - wofür vorliegend Einiges spricht - zum Entschädigungsverfahren ein Sachverständiger beigezogen wird, hat nicht die Planfeststellungs-, sondern die Entschädigungsbehörde zu entscheiden.

93

Die Klägerinnen können auch keine Regelung des Inhalts beanspruchen, dass als durch die Baustelle verursacht eine Minderung des RevPar des W. im Unterschied zum RevPar des Vergleichsmarktes der Fünf-Sterne-Hotels in Berlin-Mitte gilt (Antrag Nr. 9d). Dieser Antrag zielt darauf, die Methode zur Ermittlung des Ertragsausfalls im Planfeststellungsbeschluss festzulegen. Das ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde.

94

Die Klägerinnen haben überdies keinen Anspruch darauf, dass im Planfeststellungsbeschluss geregelt wird, dass die Entschädigung monatlich ermittelt und ausgeglichen wird (Antrag Nr. 9e). Über die Modalitäten der Ermittlung, Festsetzung und der Auszahlung der Entschädigung hat nicht die Planfeststellungsbehörde zu entscheiden.

95

bb) Schließlich bleibt auch der Antrag Nr. 10, den Klägerinnen die durch die Baustelle verursachten Mietminderungen der Ladengeschäfte und des Restaurants N. zu entschädigen und die Angemessenheit der Entschädigung durch einen Sachverständigen unter Berücksichtigung des Bauablaufs und vergleichbarer Mieten jeweils nach Ablauf eines Monats zu ermitteln, erfolglos. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Ausgleich der baustellenbedingten Mietminderungen, sondern nur auf Ausgleich der aufgrund unzumutbarer Beeinträchtigungen durch Baulärm gerechtfertigten Mietminderungen. Auch insoweit ist es nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, Regelungen zum Verfahren zu treffen. Über das Maß der zulässigen Mietminderung hat zunächst die Entschädigungsbehörde zu entscheiden, die insoweit ggf. einen Sachverständigen zu Rate ziehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 264/11 Verkündet am:
20. September 2012
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Anspruch auf eine "echte" Enteignungsentschädigung unterliegt hinsichtlich
seines Umfangs keiner Beschränkung oder Ausschlusswirkung des straßenrechtlichen
Planfeststellungsbeschlusses (Anschluss an Senatsurteile vom
15. Februar 1996 - III ZR 143/94, BGHZ 132, 63 und vom 21. Januar 1999
- III ZR 168/97, BGHZ 140, 285).
Der fachplanungsrechtliche Ausgleichsanspruch aufgrund der Planfeststellung
und die Enteignungsentschädigung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG stehen
nebeneinander. Verlangt der Eigentümer die Erfüllung beider Ansprüche, ist
das Verbot einer Doppelentschädigung zu beachten.
BGH, Urteil vom 20. September 2012 - III ZR 264/11 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2012 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Wöstmann, Seiters, Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. November 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Kläger begehren von der Beklagten die Zuerkennung einer Enteignungsentschädigung für Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm.

2
Der Kläger zu 1 ist Eigentümer der Flurstücke Nr. 9040/20, 9040/10 und 9045 der Gemarkung M. , Garmischer Straße 244, 246, 248, 250, 252, 254 und 256. Die Klägerin zu 2 ist Eigentümerin des Flurstücks Nr. 9040/4 Gemarkung M. , Garmischer Straße 221, 223, 225, 227, 229 und 231. Die Grundstücke sind in Reihenbauweise mit Mietshäusern zur Wohnnutzung entlang des Mittleren Rings bebaut.
3
Die beklagte Landeshauptstadt ist als Straßenbaulastträgerin zuständig für die Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses der Regierung von Oberbayern vom 7. Februar 2003 zur Realisierung des Vorhabens "Ausbau Mittlerer Ring Südwest, Untertunnelung des L. Platzes". Während der gesamten Bauzeit sollten in der G. Straße drei Fahrspuren je Fahrtrichtung sowie Geh- und Radwege beidseitig provisorisch aufrechterhalten werden. Im Planfeststellungsbeschluss hatte sich die Regierung von Oberbayern vorbehalten, über Ansprüche auf weitergehende Schutzmaßnahmen gegen das zumutbare Maß übersteigenden Baulärm beziehungsweise über Entschädigungsansprüche auf Antrag zu entscheiden. Da der vorhandene Straßenraum nicht ausreichte, beantragte die Beklagte zuerst die vorzeitige Besitzeinweisung und anschließend die endgültige Nutzungsüberlassung von Teilflächen der Grundstücke der Kläger bei der Enteignungsbehörde, um für die Dauer der Baumaßnahme über diese Flächen die Fahrspuren und Wege zu führen.
4
Mit Beschluss vom 29. September 2010 sprach die Enteignungsbehörde der Beklagten für den Ausbau des Mittleren Rings in M. ein bis zum 31. Dezember 2017 befristetes Nutzungsrecht an den verfahrensgegenständlichen Grundstücken der Kläger zu. Zugleich setzte die Enteignungsbehörde anhand von Pacht-Vergleichswerten eine Entschädigung in Höhe von 1,30 €/m² monatlich für die gesamte Dauer der Inanspruchnahme der Grundstücksteilflächen fest, beginnend ab dem Zeitpunkt der vorzeitigen Besitzeinweisung. Damit sollten nach Auffassung der Enteignungsbehörde alle im Zusammenhang mit dem Nutzungsentzug eingetretenen Vermögensnachteile gemäß dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Enteignungsentschädigung entschädigt sein. Eine Entschädigung für Mietminderungen und Leerstände infolge einer erhöhten Lärmbelästigung durch die provisorische Fahrbahnführung auf den vorgenannten Grundstücken gewährte die Enteignungsbehörde nicht.
5
Im Zuge der provisorischen Verkehrsführung wurde die Fahrbahn nebst Geh- und Radwegen an die Wohnhäuser der Kläger herangerückt. Der Abstand verringerte sich von ursprünglich 12,50 m auf 2,50 m.
6
Wegen der Verschwenkung der Straße und des dadurch bedingten Ansteigens der Lärmbelastung durch den darauf fließenden Verkehr begehren die Kläger im Hinblick auf zu erwartende beziehungsweise bereits eingetretene Mietausfälle und Mietminderungen eine Enteignungsentschädigung.
7
Ihre Klage auf Feststellung der Berechtigung einer weitergehenden Enteignungsentschädigung im Hinblick auf den Verkehrslärm ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben.
8
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Enteignungsentschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe



9
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.

I.


10
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Kläger auf eine weitere Enteignungsentschädigung verneint. Einem solchen Anspruch stehe die Sperrwirkung des Planfeststellungsbeschlusses vom 7. Februar 2003 entgegen. Die Planfeststellungsbehörde habe im Planfeststellungsbeschluss Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass die Anleger Mietminderungen oder Mietausfälle hinnehmen müssten. Soweit die Regelung im Planfeststellungsbeschluss nicht nur Baulärm sondern auch eine Beeinträchtigung durch Straßenlärm erfasse, wäre die Klage unzulässig, da den Klägern ein einfacherer und sachnäherer Weg zur Durchsetzung ihrer Ansprüche zur Verfügung stehe.
11
Wenn die Regelung im Planfeststellungsbeschluss nur auf Baulärm beschränkt sei, sei die Klage unbegründet. Dann stehe die Sperrwirkung des Planfeststellungsbeschlusses einem Entschädigungsanspruch entgegen. Ein enteignungsrechtlicher Entschädigungsanspruch könne abgesehen vom Ausnahmefall einer Planergänzung nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden. Es spiele keine Rolle, dass es hier nicht um Schallschutzmaßnahmen, sondern um Mietausfall gehe. Die Sperrwirkung des Planfeststellungsbeschlusses gelte nicht nur für den Anspruch auf Erstattung der Kosten für passive Schallschutzmaßnahmen , sondern auch für sonstige wertmindernde Auswirkungen auf das Grundstück. Auf Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG könnten sich die Kläger nicht berufen , da sie verpflichtet gewesen wären, im Wege des Primärrechtsschutzes ge- gen den Planfeststellungsbeschluss vorzugehen. Die Kläger könnten sich auch nicht darauf berufen, dass die Sperrwirkung der Planfeststellung hier ins Leere gehe, da zusätzlich ein Enteignungsverfahren durchgeführt worden sei und die enteigneten Kläger ihre Einwände und Rechte auch im Enteignungsverfahren vorbringen könnten. Es wäre ungereimt und ungerecht, die auch förmlich Enteigneten bei der Verfolgung gleichartiger Vermögensnachteile hinsichtlich der Sperrwirkung des Planfeststellungsbeschlusses zu privilegieren. Die Klage würde auch daran scheitern, dass die Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten verlangten, für alle weiteren Nachteile aufzukommen, die aus der Inanspruchnahme der Grundstücke der Kläger herrührten. Die Kläger hätten aus Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG jedoch nur einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung und nicht auf Schadensersatz und das auch nur dann, wenn die Zumutbarkeitsschwelle überschritten sei. Die Beklagte müsse deshalb entgegen der Einschätzung der Kläger nicht ohne Wenn und Aber für sämtliche weiteren Folgen der Fahrbahnverschwenkung einstehen.

II.


12
Die Revision hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Entschädigungsanspruch der Kläger aus § 19 Abs. 5 FStrG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 2, § 11 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung (BayEG) nicht verneint werden.
13
Zutreffend rügen die Kläger, dass das Berufungsgericht zu Unrecht von einer Bindungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses für die hier gegenständliche Enteignungsentschädigung ausgegangen ist, weshalb es sowohl für die Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis) als auch für die Begründetheit der Klage dahinstehen kann, ob die den "Baulärm" betreffenden Aussagen im Planfeststellungsbeschluss auch den hier in Rede stehenden Verkehrslärm erfassen.
14
1. Zum Verhältnis zwischen der Planfeststellung und den dort möglichen Entschädigungsansprüchen nach § 19 Abs. 5 FStrG in Verbindung mit den einschlägigen landesrechtlichen Enteignungsgesetzen beziehungsweise nach § 74 Abs. 2 VwVfG hat der Senat ausgeführt, dass ein Anspruch auf eine "echte" Enteignungsentschädigung hinsichtlich seines Umfangs keiner Beschränkung wegen einer Ausschlusswirkung des straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses unterliegt (Senatsurteile vom 15. Februar 1996 - III ZR 143/94, BGHZ 132, 63, 69 und vom 21. Januar 1999 - III ZR 168/97, BGHZ 140, 285, 290). Ein solcher Enteignungsentschädigungsanspruch entsteht aufgrund des Zugriffs auf die für die Ausführung des Straßenbauvorhabens benötigten Grundstücke, der auch auf der Grundlage der Planfeststellung die Einigung mit dem Rechtsinhaber oder die Durchführung einer Enteignung voraussetzt. Der Ausschluss privater Rechte bei einem unanfechtbar gewordenen Planfeststellungsbeschluss zielt demgegenüber auf Ansprüche aus Besitz oder Eigentum an den nicht für das Vorhaben benötigten, aber durch dessen Auswirkung beeinträchtigten Grundstücken. Daraus folgt, dass der Planfeststellungsbeschluss keine Verbindlichkeit für das gegebenenfalls nachfolgende Enteignungs(-entschädigungs )verfahren hat. Das gilt unbeschadet dessen, dass der Planfeststellungsbeschluss nach dem Grundsatz der Problembewältigung und im Hinblick auf mögliche enteignungsgerichtliche Vorwirkungen auch die Notwendigkeit und Folgen einer Enteignung erörtern muss, soweit das Vorhaben sich möglicherweise nicht ohne eine Enteignung von Grundeigentum verwirklichen lässt (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1999 aaO S. 290 f).
15
Demgemäß stehen der fachplanungsrechtliche Ausgleichsanspruch aufgrund der Planfeststellung und die Enteignungsentschädigung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG nebeneinander. Verlangt der Eigentümer die Erfüllung beider Ansprüche, ist das Verbot einer Doppelentschädigung (siehe Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayEG) zu beachten (vgl. Aust in Aust/Jakobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung , 6. Aufl., Rn. 779).
16
Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sichaus der Senatsentscheidung vom 21. Januar 1999 (aaO) nichts anderes. Der Senat hat im damaligen Fall ausgeführt, dass ein Anspruch aus einem enteignenden Eingriff im Hinblick auf Schallschutzmaßnahmen nicht in Betracht komme, da insoweit der fachplanungsrechtliche Ausgleichsanspruch gegebenenfalls im Wege von Rechtsmitteln gegen den Planfeststellungsbeschluss hätte geltend gemacht werden müssen. Dabei handelte es sich nicht um eine Enteignungsentschädigung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, was der Senat in der angegebenen Entscheidung ausdrücklich seinen Ausführungen vorausgeschickt hat (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1999 aaO S. 293).
17
Da die Kläger vorliegend eine Enteignungsentschädigung begehren, ist es auch ohne Belang, dass nach der - im Anschluss an das Senatsurteil vom 21. Januar 1999 ergangenen - Rechtsprechung des V. Zivilsenats neben den im Planfeststellungsverfahren eröffneten Rechtsbehelfen für Ansprüche (privater ) Dritter nach § 906 BGB grundsätzlich kein Raum ist (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09, NJW 2010, 1171 Rn. 15 ff mwN).
18
2. Gemäß Art. 8 Abs. 2 Nr. 2, Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayEG i.V.m. § 19 Abs. 5 FStrG steht den Klägern ein Anspruch auf eine Entschädigung für andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile zu. Wie der Senat zum Inhaltsgleichen § 96 Abs. 1 Satz 1 BauGB entschieden hat, können über die Substanzentschädigung hinaus Folgeschäden entschädigt werden, die ohne dinglichen Wertbezug durch die Enteignung unmittelbar oder zwangsnotwendig begründet werden, wobei auch hier nur rechtlich geschützte konkrete Werte und nicht bloße wirtschaftliche Interessen, Erwartungen oder Chancen dem Eigentumsschutz unterliegen. Die individuellen Nachteile, die nicht allgemein jeden betreffen, müssen als Folge der Enteignung in Erscheinung treten (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 - III ZR 298/06, BGHZ 174, 25, Rn. 19 mwN). Für die Beeinträchtigung eines Restgrundstücks nach einer Teilenteignung hat der Senat ausgeführt, dass der dadurch erwachsene Schaden nicht durch die erzwungene Abtretung des Teilgrundstücks unmittelbar herbeigeführt zu sein braucht; vielmehr genügt es, wenn die Schadensursache nur in dem ganzen Unternehmen liegt, für das es enteignet wurde (vgl. Senatsurteile vom 4. Oktober 1973 – III ZR 138/71, BGHZ 61, 253, 254; vom 1. Dezember 1977 - III ZR 130/75, DVBl 1978, 374, 375; vom 21. Januar 1999 - III ZR 168/97, NJW 1999, 1247, 1250, insoweit in BGHZ 140, 285 nicht abgedruckt).
19
3. Vorliegend machen die Kläger geltend, die Vermietbarkeit ihrer Häuser auf der nicht von der Enteignung betroffenen Teilfläche ihres Grundstücks sei beeinträchtigt. Die Vermietbarkeit eines Hauses gehört zu den eigentumsrechtlich geschützten Rechtspositionen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. November 2007 - III ZR 114/07, NVwZ 2008, 348).
20
Maßstab für die Höhe der Entschädigung ist, ob und in welchem Maße die mit dem Betrieb der Straße aufgrund der Verlegung ihrer Führung über den von der Enteignung betroffenen Grundstücksteil verbundenen Nachteile stärker auf den dem Eigentümer verbliebenen Restbesitz einwirken, als dies ohne Enteignung der entsprechenden Flächen der Fall gewesen wäre. Es ist dabei zu berücksichtigen, ob und in welchem Maße die von der Enteignung betroffenen Flächen die Möglichkeit geboten hätten, den Grundbesitz gegen diese Einwirkung abzuschirmen und ob ein Wegfall der "Schutzzone" zu einer spürbaren Beeinträchtigung des übrigen Eigentumsrechts geführt hat (vgl. Senatsurteil vom 6. März 1986 - III ZR 146/84, NJW 1986, 2424, 2425). Der Senat hat dabei die Grenze der noch entschädigungslos hinzunehmenden Geräuschbelastung aufgrund der Umstände des Einzelfalls bestimmt und es zugelassen, dass Richtwerte, die in Verwaltungsvorschriften angegeben oder im Schrifttum befürwortet werden, als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. Senatsurteil vom 6. März 1986 aaO). Sollte deshalb durch die Verlegung der Straße von einem Abstand von 12,50 m auf 2,50 m eine Steigerung der Lärmbelastung in spürbarer Weise festzustellen sein, was zur Folge hat, dass die Kläger Mietminderungen ihrer Mieter ausgesetzt werden, wird ein Anspruch auf eine Entschädigung bestehen. Es gilt jedoch der Grundsatz, dass die Auswirkungen eines Enteignungsunternehmens, das auf dem abgetretenen Teilstück eines Grundstücks durchgeführt wird, einen enteignungsrechtlichen Entschädigungsanspruch nur begründen, wenn die Auswirkungen oder Belästigungen, die das Enteignungsunternehmen mit sich bringt, das Maß dessen überschreiten, was ein Nachbar - am Maßstab des § 906 BGB gemessen - ohne Ausgleich hinnehmen muss (vgl. Senatsurteile vom 20. März 1975 - III ZR 215/71, BGHZ 64, 220, 222; vom 7. Mai 1981 - III ZR 67/80, BGHZ 80, 360, 362 f; vom 1. Dezember 1977 - III ZR 130/75, DVBl. 1978, 374, 375; vom 14. Juli 1977 - III ZR 41/75, NJW 1978, 318, 319).
21
Ohne Erfolg bleibt die Gegenrüge der Beklagten, die Kläger hätten die Lärmzunahme nicht hinreichend substantiiert behauptet und unter Beweis gestellt. Zu Substantiierung gehört nicht die konkrete Behauptung eines Dezibelwertes. Das würde die Darlegungsanforderungen überspannen, da der Bürger dies nur nach Einholung eines Sachverständigengutachtens könnte. Es reicht für eine hinreichend substantiierte und relevante Lärmzunahme aus, wenn die Kläger - wie geschehen und unter Beweis gestellt - darlegen, dass wegen der Lärmzunahme die Mieter Mietminderungen ausgesprochen haben.

22
4. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, ob die behaupteten nachteiligen Lärmauswirkungen die Zubilligung einer Enteignungsentschädigung rechtfertigen. Dies ist nachzuholen. Daher ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).
Schlick Wöstmann Seiters
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 27.07.2011 - 15 O 20053/10 -
OLG München, Entscheidung vom 10.11.2011 - 1 U 3517/11 -

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 264/11 Verkündet am:
20. September 2012
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Anspruch auf eine "echte" Enteignungsentschädigung unterliegt hinsichtlich
seines Umfangs keiner Beschränkung oder Ausschlusswirkung des straßenrechtlichen
Planfeststellungsbeschlusses (Anschluss an Senatsurteile vom
15. Februar 1996 - III ZR 143/94, BGHZ 132, 63 und vom 21. Januar 1999
- III ZR 168/97, BGHZ 140, 285).
Der fachplanungsrechtliche Ausgleichsanspruch aufgrund der Planfeststellung
und die Enteignungsentschädigung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG stehen
nebeneinander. Verlangt der Eigentümer die Erfüllung beider Ansprüche, ist
das Verbot einer Doppelentschädigung zu beachten.
BGH, Urteil vom 20. September 2012 - III ZR 264/11 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2012 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Wöstmann, Seiters, Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. November 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Kläger begehren von der Beklagten die Zuerkennung einer Enteignungsentschädigung für Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm.

2
Der Kläger zu 1 ist Eigentümer der Flurstücke Nr. 9040/20, 9040/10 und 9045 der Gemarkung M. , Garmischer Straße 244, 246, 248, 250, 252, 254 und 256. Die Klägerin zu 2 ist Eigentümerin des Flurstücks Nr. 9040/4 Gemarkung M. , Garmischer Straße 221, 223, 225, 227, 229 und 231. Die Grundstücke sind in Reihenbauweise mit Mietshäusern zur Wohnnutzung entlang des Mittleren Rings bebaut.
3
Die beklagte Landeshauptstadt ist als Straßenbaulastträgerin zuständig für die Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses der Regierung von Oberbayern vom 7. Februar 2003 zur Realisierung des Vorhabens "Ausbau Mittlerer Ring Südwest, Untertunnelung des L. Platzes". Während der gesamten Bauzeit sollten in der G. Straße drei Fahrspuren je Fahrtrichtung sowie Geh- und Radwege beidseitig provisorisch aufrechterhalten werden. Im Planfeststellungsbeschluss hatte sich die Regierung von Oberbayern vorbehalten, über Ansprüche auf weitergehende Schutzmaßnahmen gegen das zumutbare Maß übersteigenden Baulärm beziehungsweise über Entschädigungsansprüche auf Antrag zu entscheiden. Da der vorhandene Straßenraum nicht ausreichte, beantragte die Beklagte zuerst die vorzeitige Besitzeinweisung und anschließend die endgültige Nutzungsüberlassung von Teilflächen der Grundstücke der Kläger bei der Enteignungsbehörde, um für die Dauer der Baumaßnahme über diese Flächen die Fahrspuren und Wege zu führen.
4
Mit Beschluss vom 29. September 2010 sprach die Enteignungsbehörde der Beklagten für den Ausbau des Mittleren Rings in M. ein bis zum 31. Dezember 2017 befristetes Nutzungsrecht an den verfahrensgegenständlichen Grundstücken der Kläger zu. Zugleich setzte die Enteignungsbehörde anhand von Pacht-Vergleichswerten eine Entschädigung in Höhe von 1,30 €/m² monatlich für die gesamte Dauer der Inanspruchnahme der Grundstücksteilflächen fest, beginnend ab dem Zeitpunkt der vorzeitigen Besitzeinweisung. Damit sollten nach Auffassung der Enteignungsbehörde alle im Zusammenhang mit dem Nutzungsentzug eingetretenen Vermögensnachteile gemäß dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Enteignungsentschädigung entschädigt sein. Eine Entschädigung für Mietminderungen und Leerstände infolge einer erhöhten Lärmbelästigung durch die provisorische Fahrbahnführung auf den vorgenannten Grundstücken gewährte die Enteignungsbehörde nicht.
5
Im Zuge der provisorischen Verkehrsführung wurde die Fahrbahn nebst Geh- und Radwegen an die Wohnhäuser der Kläger herangerückt. Der Abstand verringerte sich von ursprünglich 12,50 m auf 2,50 m.
6
Wegen der Verschwenkung der Straße und des dadurch bedingten Ansteigens der Lärmbelastung durch den darauf fließenden Verkehr begehren die Kläger im Hinblick auf zu erwartende beziehungsweise bereits eingetretene Mietausfälle und Mietminderungen eine Enteignungsentschädigung.
7
Ihre Klage auf Feststellung der Berechtigung einer weitergehenden Enteignungsentschädigung im Hinblick auf den Verkehrslärm ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben.
8
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Enteignungsentschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe



9
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.

I.


10
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Kläger auf eine weitere Enteignungsentschädigung verneint. Einem solchen Anspruch stehe die Sperrwirkung des Planfeststellungsbeschlusses vom 7. Februar 2003 entgegen. Die Planfeststellungsbehörde habe im Planfeststellungsbeschluss Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass die Anleger Mietminderungen oder Mietausfälle hinnehmen müssten. Soweit die Regelung im Planfeststellungsbeschluss nicht nur Baulärm sondern auch eine Beeinträchtigung durch Straßenlärm erfasse, wäre die Klage unzulässig, da den Klägern ein einfacherer und sachnäherer Weg zur Durchsetzung ihrer Ansprüche zur Verfügung stehe.
11
Wenn die Regelung im Planfeststellungsbeschluss nur auf Baulärm beschränkt sei, sei die Klage unbegründet. Dann stehe die Sperrwirkung des Planfeststellungsbeschlusses einem Entschädigungsanspruch entgegen. Ein enteignungsrechtlicher Entschädigungsanspruch könne abgesehen vom Ausnahmefall einer Planergänzung nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden. Es spiele keine Rolle, dass es hier nicht um Schallschutzmaßnahmen, sondern um Mietausfall gehe. Die Sperrwirkung des Planfeststellungsbeschlusses gelte nicht nur für den Anspruch auf Erstattung der Kosten für passive Schallschutzmaßnahmen , sondern auch für sonstige wertmindernde Auswirkungen auf das Grundstück. Auf Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG könnten sich die Kläger nicht berufen , da sie verpflichtet gewesen wären, im Wege des Primärrechtsschutzes ge- gen den Planfeststellungsbeschluss vorzugehen. Die Kläger könnten sich auch nicht darauf berufen, dass die Sperrwirkung der Planfeststellung hier ins Leere gehe, da zusätzlich ein Enteignungsverfahren durchgeführt worden sei und die enteigneten Kläger ihre Einwände und Rechte auch im Enteignungsverfahren vorbringen könnten. Es wäre ungereimt und ungerecht, die auch förmlich Enteigneten bei der Verfolgung gleichartiger Vermögensnachteile hinsichtlich der Sperrwirkung des Planfeststellungsbeschlusses zu privilegieren. Die Klage würde auch daran scheitern, dass die Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten verlangten, für alle weiteren Nachteile aufzukommen, die aus der Inanspruchnahme der Grundstücke der Kläger herrührten. Die Kläger hätten aus Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG jedoch nur einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung und nicht auf Schadensersatz und das auch nur dann, wenn die Zumutbarkeitsschwelle überschritten sei. Die Beklagte müsse deshalb entgegen der Einschätzung der Kläger nicht ohne Wenn und Aber für sämtliche weiteren Folgen der Fahrbahnverschwenkung einstehen.

II.


12
Die Revision hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Entschädigungsanspruch der Kläger aus § 19 Abs. 5 FStrG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 2, § 11 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung (BayEG) nicht verneint werden.
13
Zutreffend rügen die Kläger, dass das Berufungsgericht zu Unrecht von einer Bindungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses für die hier gegenständliche Enteignungsentschädigung ausgegangen ist, weshalb es sowohl für die Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis) als auch für die Begründetheit der Klage dahinstehen kann, ob die den "Baulärm" betreffenden Aussagen im Planfeststellungsbeschluss auch den hier in Rede stehenden Verkehrslärm erfassen.
14
1. Zum Verhältnis zwischen der Planfeststellung und den dort möglichen Entschädigungsansprüchen nach § 19 Abs. 5 FStrG in Verbindung mit den einschlägigen landesrechtlichen Enteignungsgesetzen beziehungsweise nach § 74 Abs. 2 VwVfG hat der Senat ausgeführt, dass ein Anspruch auf eine "echte" Enteignungsentschädigung hinsichtlich seines Umfangs keiner Beschränkung wegen einer Ausschlusswirkung des straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses unterliegt (Senatsurteile vom 15. Februar 1996 - III ZR 143/94, BGHZ 132, 63, 69 und vom 21. Januar 1999 - III ZR 168/97, BGHZ 140, 285, 290). Ein solcher Enteignungsentschädigungsanspruch entsteht aufgrund des Zugriffs auf die für die Ausführung des Straßenbauvorhabens benötigten Grundstücke, der auch auf der Grundlage der Planfeststellung die Einigung mit dem Rechtsinhaber oder die Durchführung einer Enteignung voraussetzt. Der Ausschluss privater Rechte bei einem unanfechtbar gewordenen Planfeststellungsbeschluss zielt demgegenüber auf Ansprüche aus Besitz oder Eigentum an den nicht für das Vorhaben benötigten, aber durch dessen Auswirkung beeinträchtigten Grundstücken. Daraus folgt, dass der Planfeststellungsbeschluss keine Verbindlichkeit für das gegebenenfalls nachfolgende Enteignungs(-entschädigungs )verfahren hat. Das gilt unbeschadet dessen, dass der Planfeststellungsbeschluss nach dem Grundsatz der Problembewältigung und im Hinblick auf mögliche enteignungsgerichtliche Vorwirkungen auch die Notwendigkeit und Folgen einer Enteignung erörtern muss, soweit das Vorhaben sich möglicherweise nicht ohne eine Enteignung von Grundeigentum verwirklichen lässt (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1999 aaO S. 290 f).
15
Demgemäß stehen der fachplanungsrechtliche Ausgleichsanspruch aufgrund der Planfeststellung und die Enteignungsentschädigung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG nebeneinander. Verlangt der Eigentümer die Erfüllung beider Ansprüche, ist das Verbot einer Doppelentschädigung (siehe Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayEG) zu beachten (vgl. Aust in Aust/Jakobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung , 6. Aufl., Rn. 779).
16
Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sichaus der Senatsentscheidung vom 21. Januar 1999 (aaO) nichts anderes. Der Senat hat im damaligen Fall ausgeführt, dass ein Anspruch aus einem enteignenden Eingriff im Hinblick auf Schallschutzmaßnahmen nicht in Betracht komme, da insoweit der fachplanungsrechtliche Ausgleichsanspruch gegebenenfalls im Wege von Rechtsmitteln gegen den Planfeststellungsbeschluss hätte geltend gemacht werden müssen. Dabei handelte es sich nicht um eine Enteignungsentschädigung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, was der Senat in der angegebenen Entscheidung ausdrücklich seinen Ausführungen vorausgeschickt hat (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1999 aaO S. 293).
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Da die Kläger vorliegend eine Enteignungsentschädigung begehren, ist es auch ohne Belang, dass nach der - im Anschluss an das Senatsurteil vom 21. Januar 1999 ergangenen - Rechtsprechung des V. Zivilsenats neben den im Planfeststellungsverfahren eröffneten Rechtsbehelfen für Ansprüche (privater ) Dritter nach § 906 BGB grundsätzlich kein Raum ist (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09, NJW 2010, 1171 Rn. 15 ff mwN).
18
2. Gemäß Art. 8 Abs. 2 Nr. 2, Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayEG i.V.m. § 19 Abs. 5 FStrG steht den Klägern ein Anspruch auf eine Entschädigung für andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile zu. Wie der Senat zum Inhaltsgleichen § 96 Abs. 1 Satz 1 BauGB entschieden hat, können über die Substanzentschädigung hinaus Folgeschäden entschädigt werden, die ohne dinglichen Wertbezug durch die Enteignung unmittelbar oder zwangsnotwendig begründet werden, wobei auch hier nur rechtlich geschützte konkrete Werte und nicht bloße wirtschaftliche Interessen, Erwartungen oder Chancen dem Eigentumsschutz unterliegen. Die individuellen Nachteile, die nicht allgemein jeden betreffen, müssen als Folge der Enteignung in Erscheinung treten (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 - III ZR 298/06, BGHZ 174, 25, Rn. 19 mwN). Für die Beeinträchtigung eines Restgrundstücks nach einer Teilenteignung hat der Senat ausgeführt, dass der dadurch erwachsene Schaden nicht durch die erzwungene Abtretung des Teilgrundstücks unmittelbar herbeigeführt zu sein braucht; vielmehr genügt es, wenn die Schadensursache nur in dem ganzen Unternehmen liegt, für das es enteignet wurde (vgl. Senatsurteile vom 4. Oktober 1973 – III ZR 138/71, BGHZ 61, 253, 254; vom 1. Dezember 1977 - III ZR 130/75, DVBl 1978, 374, 375; vom 21. Januar 1999 - III ZR 168/97, NJW 1999, 1247, 1250, insoweit in BGHZ 140, 285 nicht abgedruckt).
19
3. Vorliegend machen die Kläger geltend, die Vermietbarkeit ihrer Häuser auf der nicht von der Enteignung betroffenen Teilfläche ihres Grundstücks sei beeinträchtigt. Die Vermietbarkeit eines Hauses gehört zu den eigentumsrechtlich geschützten Rechtspositionen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. November 2007 - III ZR 114/07, NVwZ 2008, 348).
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Maßstab für die Höhe der Entschädigung ist, ob und in welchem Maße die mit dem Betrieb der Straße aufgrund der Verlegung ihrer Führung über den von der Enteignung betroffenen Grundstücksteil verbundenen Nachteile stärker auf den dem Eigentümer verbliebenen Restbesitz einwirken, als dies ohne Enteignung der entsprechenden Flächen der Fall gewesen wäre. Es ist dabei zu berücksichtigen, ob und in welchem Maße die von der Enteignung betroffenen Flächen die Möglichkeit geboten hätten, den Grundbesitz gegen diese Einwirkung abzuschirmen und ob ein Wegfall der "Schutzzone" zu einer spürbaren Beeinträchtigung des übrigen Eigentumsrechts geführt hat (vgl. Senatsurteil vom 6. März 1986 - III ZR 146/84, NJW 1986, 2424, 2425). Der Senat hat dabei die Grenze der noch entschädigungslos hinzunehmenden Geräuschbelastung aufgrund der Umstände des Einzelfalls bestimmt und es zugelassen, dass Richtwerte, die in Verwaltungsvorschriften angegeben oder im Schrifttum befürwortet werden, als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. Senatsurteil vom 6. März 1986 aaO). Sollte deshalb durch die Verlegung der Straße von einem Abstand von 12,50 m auf 2,50 m eine Steigerung der Lärmbelastung in spürbarer Weise festzustellen sein, was zur Folge hat, dass die Kläger Mietminderungen ihrer Mieter ausgesetzt werden, wird ein Anspruch auf eine Entschädigung bestehen. Es gilt jedoch der Grundsatz, dass die Auswirkungen eines Enteignungsunternehmens, das auf dem abgetretenen Teilstück eines Grundstücks durchgeführt wird, einen enteignungsrechtlichen Entschädigungsanspruch nur begründen, wenn die Auswirkungen oder Belästigungen, die das Enteignungsunternehmen mit sich bringt, das Maß dessen überschreiten, was ein Nachbar - am Maßstab des § 906 BGB gemessen - ohne Ausgleich hinnehmen muss (vgl. Senatsurteile vom 20. März 1975 - III ZR 215/71, BGHZ 64, 220, 222; vom 7. Mai 1981 - III ZR 67/80, BGHZ 80, 360, 362 f; vom 1. Dezember 1977 - III ZR 130/75, DVBl. 1978, 374, 375; vom 14. Juli 1977 - III ZR 41/75, NJW 1978, 318, 319).
21
Ohne Erfolg bleibt die Gegenrüge der Beklagten, die Kläger hätten die Lärmzunahme nicht hinreichend substantiiert behauptet und unter Beweis gestellt. Zu Substantiierung gehört nicht die konkrete Behauptung eines Dezibelwertes. Das würde die Darlegungsanforderungen überspannen, da der Bürger dies nur nach Einholung eines Sachverständigengutachtens könnte. Es reicht für eine hinreichend substantiierte und relevante Lärmzunahme aus, wenn die Kläger - wie geschehen und unter Beweis gestellt - darlegen, dass wegen der Lärmzunahme die Mieter Mietminderungen ausgesprochen haben.

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4. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, ob die behaupteten nachteiligen Lärmauswirkungen die Zubilligung einer Enteignungsentschädigung rechtfertigen. Dies ist nachzuholen. Daher ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).
Schlick Wöstmann Seiters
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 27.07.2011 - 15 O 20053/10 -
OLG München, Entscheidung vom 10.11.2011 - 1 U 3517/11 -

Auf Grund privatrechtlicher, nicht auf besonderen Titeln beruhender Ansprüche zur Abwehr benachteiligender Einwirkungen von einem Grundstück auf ein benachbartes Grundstück kann nicht die Einstellung des Betriebs einer Anlage verlangt werden, deren Genehmigung unanfechtbar ist; es können nur Vorkehrungen verlangt werden, die die benachteiligenden Wirkungen ausschließen. Soweit solche Vorkehrungen nach dem Stand der Technik nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind, kann lediglich Schadensersatz verlangt werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.