Landessozialgericht NRW Urteil, 13. Okt. 2014 - L 20 SO 20/13
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 18.10.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII bzw. von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII.
3Die 1955 geborene, ledige Klägerin leidet an einer psychischen Erkrankung in Form einer Schizophrenie. Für sie ist mindestens seit Mitte 2005 eine Betreuung angeordnet. Bis zum 31.03.2007 bezog sie Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Leistungsbewilligung nach dem SGB II hob die damalige ARGE N (als Rechtsvorgängerin des heutigen Jobcenters) mit Wirkung vom 01.04.2007 wegen Wegfalls der Erwerbsfähigkeit auf (Bescheid vom 06.03.2007). Zuvor war eine dauerhafte Erwerbsminderung der Klägerin auf Grund ihrer Erkrankung durch den ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit festgestellt worden. Derzeit bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von jedenfalls 177,97 EUR monatlich (Stand: Juli 2013).
4Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragte als ihre (damalige) Betreuerin mit Schreiben vom 27.03.2007 bei der Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Klägerin über ein Girokonto mit einem Guthaben von 919,37 EUR und ein Sparbuch mit einem Guthaben von 508,24 EUR. In ihrem Antrag gab sie an, in einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der I-Straße 00 in N zu wohnen, welches sie zu einem Anteil von einem Drittel von ihren Eltern geerbt habe. Den restlichen Anteil von zwei Dritteln halte ihr Bruder B C. Dem vorgelegten Ehe- und Erbvertrag der Eltern der Klägerin vom 23.07.1976 ist zu entnehmen, dass die Klägerin und ihre beiden Geschwister zu gleichen Teilen Erben des letztversterbenden Ehegatten (der Mutter der Klägerin) geworden sind. Zudem enthält der Vertrag eine Teilungsanordnung, wonach die drei Kinder Miterben zu gleichen Teilen werden sollten. Die Erbengemeinschaft solle dahingehend aufgelöst werden, dass der Bruder die Nutzung des Erdgeschosses, die Schwester die Nutzung der zweiten Etage und die Klägerin die Nutzung der ersten Etage erhalte; das Dachgeschoss (35 m²) sollte allen dreien gemeinschaftlich zustehen. Den Anteil der bereits verstorbenen Schwester erwab zwischenzeitlich der Bruder der Klägerin. Entsprechend der Verfügung der Eltern bewohnt die Klägerin eine 72 m² große Wohnung im ersten Obergeschoss. Aus der zweiten Wohnung auf dieser Etage (48 m²) erhält sie Mieteinnahmen in Höhe von 238,77 EUR monatlich. Eine kurze gutachterliche Äußerung des Immobilienkaufmanns N L vom 21.12.2004 schätzt für Dezember 2004 für das gesamte Hausgrundstück einen Verkehrswert von 195.000,00 EUR.
5Ab April 2007 betrug der monatliche Abschlag der Klägerin für Erdgas 51,00 EUR, für Strom 25,00 EUR und für Wasser 47,00 EUR. Darüber hinaus fielen im August 2007 Kosten für notwendige Reparaturen und die Wohngebäudeversicherung in Höhe von 100,90 EUR an. Nach dem Grundbesitzabgabenbescheid waren für das Jahr 2007 für das gesamte Haus 1.152,61 EUR zu zahlen, anteilig fällig jeweils vierteljährlich zur Quartalsmitte. Ab 01.04.2007 betrugen die Beiträge der Klägerin an die Deutsche BKK monatlich 115,15 EUR für die Kranken- bzw. 15,92 EUR für die Pflegeversicherung.
6Die Beklagte lehnte die Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.04.2007 ab (Bescheid vom 21.01.2008). Die Klägerin verfüge über einen Eigentumsanteil von 30,1 % an ihrem Elternhaus. Dies entspreche einer Wohnfläche von 118 m², wovon 59 m² vermietet seien. Der Wert des Hauses habe 2004 bei 195.000,00 EUR gelegen, der Anteil der Klägerin betrage somit 58.695,00 EUR. Der nicht von ihr selbst bewohnte Teil sei nicht geschützt und für ihren Lebensunterhalt zu verwerten. Die Gewährung eines Darlehens sei ebenfalls nicht möglich, da eine Verwertung der Immobilie jedenfalls durch Aufnahme eines privaten Darlehens erfolgen könne.
7Die Klägerin erhob dagegen durch ihre Bevollmächtigte Widerspruch (Schreiben vom 28.01.2008). Sie beantragte erneut Leistungen ab dem 01.02.2008 (Schreiben vom 07.02.2008). Auf diesen Antrag forderte die Beklagte mit Schreiben vom 12.03.2008 die Klägerin auf, entsprechende Unterlagen einzureichen, sofern kein Vermögen über der Freigrenze mehr vorhanden sei. Sollte der Antrag zur Fristwahrung für einen Zeitpunkt in der weiteren Zukunft gestellt worden sein, so bestehe ein Anspruch erst wieder ab dem Zeitpunkt, in dem das Vermögen die Freigrenze nicht mehr überschreite. Eine jetzige Antragstellung sei daher unerheblich. Die Ablehnung vom 21.01.2008 bleibe bestehen.
8Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2009 (zugestellt am 13.11.2009) wies die Beklagte den Widerspruch nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter zurück. Da Leistungen auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin abgelehnt worden seien, habe man nicht geprüft, ob sie dauerhaft voll erwerbsgemindert sei. Auch die Höhe des Grundsicherungsbedarfs der Klägerin sei nicht bekannt, da keine Unterlagen zu den Unterkunftskosten für die selbstbewohnte Wohnung vorlägen. Jedenfalls sei die Verwertung des Miteigentumsanteils an dem Haus I-Straße 00 in N nicht nach § 90 SGB XII ausgeschlossen. Ihr Drittel-Anteil entspreche etwa 131 m² Wohnfläche; sein Wert betrage rund 65.000,00 EUR. Der Wohnflächenanteil sei für eine Alleinstehende nicht angemessen. Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslage bestünden nicht. Auch eine besondere Härte liege nicht vor, da eine Veräußerung es der Klägerin ermöglichen würde, zeitweise unabhängig von Sozialhilfe zu leben. Ihre psychische Erkrankung allein könne eine besondere Härte ebenfalls nicht begründen, zumal sie nur einen Teil ihres Erbes veräußern müsse. Auch eine Darlehensgewährung scheide aus; denn die Klägerin habe keine Gründe vorgetragen, die einer Verwertung entgegenstünden.
9Am 14.12.2009 (Montag) hat die Prozessbevollmächtigte für die Klägerin Klage erhoben. Das Haus sei 1895/1910 erbaut und sanierungsbedürftig. Die von der Klägerin selbst genutzte Wohnung verfüge nicht über Heizkörper; Feuchtigkeit und Schimmel bestimmten ihren Zustand. Renovierungsarbeiten scheiterten an fehlender Liquidität, so dass mit einem hohen Wertverlust binnen kurzer Zeit zu rechnen sei. Die Klägerin sei zudem psychisch krank. Sie leide an Schizophrenie und sei in regelmäßiger Behandlung. Nach Rücksprache mit der behandelnden Psychologin bestehe Suizidgefahr. Das Haus stelle den letzten Bezug zur verstorbenen Mutter der Klägerin dar, der sie sich sehr verbunden fühle; ein Umzug sei deshalb nicht zumutbar. Die Verwertung des Miteigentumsanteils bedeute außerdem eine besondere Härte, weil ein Verkauf an ihren Bruder ihren Gesundheitszustand extrem gefährden würde. Ein Fremder aber würde zwei Eigentumswohnungen in einem heruntergekommenen Mehrfamilienhaus nicht zum Preis von 60.000,00 EUR erwerben. Schließlich habe die selbstgenutzte Wohnung eine angemessene Größe.
10Die Klägerin hat beantragt,
11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2009 zu verurteilen, ihr ab dem 01.04.2007 Leistungen der Sozialhilfe in Gestalt der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, hilfsweise als Darlehen, zu gewähren.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat vorgetragen, für eine fehlende Verwertbarkeit des Miteigentumsanteils bestünden keine Anhaltspunkte. Eine Verwertung sei im Übrigen nicht nur durch Verkauf, sondern auch durch Beleihung möglich. Die psychische Erkrankung der Klägerin könne eine besondere Härte nicht begründen. Die Klägerin werde ohnehin nicht auf die Verwertung des gesamten Miteigentumsanteils verwiesen. Sofern sie lediglich die vermietete Wohnung verwerte, verbleibe ihr immer noch die selbst bewohnte Wohnung zur eigenen Nutzung.
15Während des Klageverfahrens hat die Bevollmächtigte zwei Schreiben des Rechtsbeistands des Bruders der Klägerin vom 16.03. und 22.08.2011 vorgelegt; danach sei dieser bereits seit September 2005 bereit gewesen und sei es auch weiterhin, den Miteigentumsanteil der Klägerin zu erwerben, allerdings nur dann, wenn die Klägerin aus der von ihr bewohnten Wohnung ausziehe. Zudem hat sie einen Grundbuchauszug überreicht, aus dem eine Pfändung des Erbteils der Klägerin für die Q gGmbH in N hervorgeht. Gleichfalls hat sie einen Vollstreckungsbescheid dieser gGmbH vom 02.10.2009 vorgelegt, mit dem eine Forderung gegenüber der Klägerin in Höhe von 6.123,69 EUR tituliert wird.
16Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vom 24.05.2012 des Dipl.-Ing. (Arch.) und Bausachverständigen K T zum Wert des Hauses I-Straße 00 in N. Danach handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mit sieben Wohnungen auf einem 341 m² großen Grundstück in mittlerer Wohnlage. Der Verkehrswert der Gesamtimmobilie habe im März 2007 bei 270.000,00 EUR gelegen. Für die Klägerin ergebe sich wegen eines Abschlags auf Grund mangelhaften Wohnungszustandes (die Modernisierung des ersten Obergeschosses sei letztmals 1959/60 erfolgt, die Wohnung weise umfangreiche Schäden auf, die Technik sei veraltet, es sei nur ein Elektro-Heizofen vorhanden) gegenüber den modernisierten Wohnungen ein Wertanteil am Objekt von 76.000,00 EUR. Durch zwischenzeitliche Wertveränderungen seien zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung die entsprechenden Werte mit 300.000,00 EUR bzw. 84.000,00 EUR anzunehmen.
17Mit Urteil vom 18.10.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Allein auf Grund des im (Mit-)Eigentum der Klägerin befindlichen Hausgrundstücks sei von einem den Schonbetrag übersteigenden Vermögen auszugehen. Das Hausgrundstück sei verwertbar und gehöre nicht zum Schonvermögen, weil es kein angemessenes Hausgrundstück im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII darstelle. Mehrfamilienhäuser unterfielen offensichtlich nicht dem Schutzbereich der Norm. Die Verwertung stelle auch keine besondere Härte dar. Die Verwertung von nicht unter § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII fallenden Immobilien entspreche grundsätzlich dem Willen des Gesetzgebers. Offen bleiben könne, ob die Verwertung durch Verkauf wegen der psychischen Erkrankung der Klägerin eine besondere Härte darstelle. Auf Grund des Verkehrswertes des Grundstücks gehe das Gericht davon aus, dass die Aufnahme eines Bankdarlehens gegen eine dingliche Belastung des Grundstücks möglich sei. Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer darlehensweisen Leistungsgewährung lägen ebenfalls nicht vor.
18Gegen das der Klägerin am 21.12.2012 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 11.01.2013. Die Klägerin fühle sich ihrem Elternhaus extrem verbunden. Die Notwendigkeit einer Veräußerung rufe bei ihr Angst und Panik hervor; sie habe bereits ernstzunehmend mit Suizid gedroht. Auf Grund des Zustandes sei der Miteigentumsanteil auch nicht veräußerbar. Die Verwertung sei darüber hinaus unverhältnismäßig. Die Klägerin wohne in ihrer Wohnung kostenfrei und erziele durch den Mieterlös aus der anderen Wohnung Einkommen. Bei einem Verkauf müsste sie eine Wohnung anmieten. Nach den Vorgaben der Beklagten stünde ihr ein Mietzins von bis zu 428,00 EUR zuzüglich Heizkosten zu. Von dem Verkaufserlös müssten die notwendigen Sanierungskosten in Abzug gebracht werden, so dass der Erlös unerheblich sei.
19Die Klägerin beantragt,
20das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 18.10.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2009 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab dem 01.04.2007 zu zahlen.
21Die Beklagte beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
24Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens vom 11.12.2013 des Sachverständigen für Immobilienbewertung Bernhard Homann. Dieser hat sich hinsichtlich der Verkehrswertermittlung dem Ergebnis des Sachverständigen T angeschlossen. Ein Verkauf der Immobilie zu dem ermittelten Verkehrswert sei zudem sowohl im Jahr 2007 als auch zum Zeitpunkt der Gutachtenerstattung innerhalb von zwölf Monaten realistisch gewesen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
26Entscheidungsgründe:
27Die nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat es das Sozialgericht abgelehnt, die Beklagte zur Erbringung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bzw. der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII als Zuschuss oder als Darlehen zu verurteilen.
281. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2009, mit dem es die Beklagte ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt hat, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.04.2007 zu gewähren. Streitbefangen ist daher der Zeitraum vom 01.04.2007 bis zur zweitinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 13.10.2014.
29Eine zeitliche Begrenzung des streitbefangenen Zeitraums ergibt sich nicht etwa aus dem Neuantrag der Klägerin im Schreiben vom 07.02.2008. Denn die daraufhin erfolgte Mitteilung der Beklagten vom 12.03.2008 stellt bereits keine erneute Ablehnungsentscheidung dar. Diesem Schreiben fehlt jeglicher Regelungscharakter. Nach seinem Inhalt war der Beklagten bereits nicht klar, ob es sich um einen Neuantrag wegen einer Änderung der Vermögensverhältnisse oder aber um einen fristwahrenden Neuantrag für einen Zeitraum in der Zukunft handeln sollte. Die Ausführungen der Beklagten können auch nicht im Sinne einer Wahlfeststellung dahingehend verstanden werden, dass unabhängig von der Tatsachengrundlage in jedem der beiden Alternativfälle eine Ablehnung erfolgen sollte. Vielmehr wären bei einem Wegfall des Vermögens weitere Nachweise einzureichen gewesen, wogegen es bei unveränderter Tatsachengrundlage bei der bereits erfolgten Ablehnung verblieben wäre. Lässt die Beklagte danach aber offen, welche Rechtsfolge sie an den Antrag der Klägerin knüpfen will, so trifft sie von vornherein keine Regelung. Das Schreiben war vielmehr als Aufforderung zu verstehen, den (ggf. gemeinten) Neuantrag zu präzisieren, was jedoch in der Folgezeit nicht geschehen ist.
30Gegen den angefochtenen Bescheid wendet sich die Klägerin mit ihrer zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 56 SGG). Für die von der Klägerin geltend gemachten Leistungen nach §§ 41 ff. SGB XII ist die Beklagte sachlich und örtlich zuständiger Leistungsträger (§ 3 Abs. 1 und 2, § 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII).
312. Ein Anspruch der Klägerin auf Leistungsgewährung besteht weder in Form eines Zuschusses noch eines Darlehens. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin grundsätzlich nach dem Dritten oder nach dem Vierten Kapitel des SGB XII leistungsberechtigt wäre. Denn sie erfüllte im streitgegenständlichen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen weder des § 19 Abs. 1 SGB XII (i.d.F. ab 01.01.2005) bzw. 27 SGB XII (i.d.F. ab 01.01.2011) noch des § 19 Abs. 2 SGB XII (in der jeweils geltenden Fassung) bzw. des § 41 SGB XII (i.d.F. ab 01.01.2011). Die Klägerin hatte zwar durch ihren Wohnsitz in N ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Sie ist auch voll erwerbsgemindert, wobei die Frage, ob diese Erwerbsminderung auch auf Dauer besteht, offen bleiben kann.
32Denn zwar konnte die Klägerin ihren Bedarf nicht vollständig aus ihrem Einkommen decken. Ihr monatlicher Bedarf bestand zumindest in Höhe von 445,00 EUR (347,00 EUR Regelbedarf (Stand 2007) sowie Unterkunftskosten mindestens in Höhe von monatlich 51,00 EUR für Erdgas, 47,00 EUR monatlich für Wasser und ggf. 25,00 EUR für Strom; letzterer ist zumindest teilweise zu berücksichtigen, weil die Klägerin ausweislich des vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens einen Elektro-Heizofen für das Heizen der Wohnung besitzt). Hinzu kommen noch vierteljährlich anfallende Grundbesitzabgaben, Kosten für Versicherungen sowie einmalige Reparaturen, die jeweils im Fälligkeitsmonat zu berücksichtigen sind. Dem standen lediglich monatliche Einkünfte aus einer Rente in Höhe von etwa 177,97 EUR (so der Stand am 01.07.2013) sowie aus Mieteinnahmen in Höhe von 238,77 EUR, insgesamt also von 416,74 EUR gegenüber. Bei der Klägerin verbleibt daher ein monatlicher Bedarf für (ergänzende) Leistungen von mindestens 28,26 EUR; in einigen Monaten dürfte er noch wesentlich höher liegen.
33Voraussetzung für Leistungen sowohl nach dem Dritten als auch nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ist jedoch überdies, dass der Hilfebedürftige seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Vermögen bestreiten kann. Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin nicht.
34Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Als verwertbares Vermögen kommt bei der Klägerin ihr erbengemeinschaftlicher Drittel-Anteil am Nachlass ihrer Eltern in Betracht, namentlich also am Haus I-Straße 00 in N, in dem die Klägerin unter anderem auch selbst wohnt.
35a) Rechtliche oder tatsächliche Hindernisse für eine Verwertbarkeit des Erbteils bestehen nicht. Solange die ungeteilte Erbengemeinschaft fortbesteht, kann die Klägerin grundsätzlich ihren Anteil durch Verkauf - insbesondere an den zum Kauf bereiten Bruder - oder aber durch Verpfändung verwerten (vgl. zu diesen Verwertungsmöglichkeiten bereits BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R Rn. 27). Darüber hinaus bestand und besteht für sie auch die Möglichkeit, eine Auseinandersetzung des Erbes nach §§ 2042 ff. BGB zu verlangen.
36aa) Ein etwa angeordneter Ausschluss der Auseinandersetzung durch letztwillige Verfügung nach § 2044 BGB stünde einer solchen Verwertungsmöglichkeit nicht entgegen. Denn zum einen kann durch einen solchen lediglich die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, nicht aber der Verkauf des Erbteils ausgeschlossen werden, so dass ein Verkauf des Erbteils insbesondere an den Bruder der Klägerin weiterhin möglich bliebe. Zum anderen erfährt § 2044 BGB nach dessen Abs. 1 S. 2 eine Einschränkung durch die entsprechende Anwendung des § 749 Abs. 2 BGB. Danach ist auch bei einem Ausschluss der Auseinandersetzung letztere bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich. Ein solcher dürfte - ohne dass der Senat dies abschließend entscheiden müsste - jedoch bei Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit eines Erben gegeben. Würde man dies anders sehen, so würde eine entsprechende letztwillige Verfügung eine solche zu Lasten Dritter, hier des Sozialhilfeträgers, darstellen. Dies wäre mit dem Nachranggrundsatz der Sozialhilfe nicht zu vereinbaren. Unbeschadet dessen war ohnehin ein Ausschluss der Auseinandersetzung im Sinne des § 2044 BGB durch die Erblasser - die Eltern der Klägerin - ersichtlich nicht gewollt. Denn der Erbvertrag enthält eindeutig Vorgaben gerade zu einer Auflösung der Erbengemeinschaft im Rahmen einer Teilungsanordnung im Sinne des § 2048 BGB.
37bb) Würde die Klägerin daher gegenüber ihrem Bruder anstelle eines Verkaufs ihres Miteigentumsanteils die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen, so erlaubte die von ihren Eltern (ggf.) getroffene Teilungsanordnung jedenfalls eine Zuweisung von Alleineigentum an die Klägerin an den beiden Wohnungen im ersten Stock sowie ein Drittel-Miteigentumsanteil an der Wohnung im Dachgeschoss. Auf diese Weise wäre die Klägerin jedenfalls in der Lage, die zur Zeit vermietete Wohnung sowie den Miteigentumsanteil an der Dachgeschosswohnung zu veräußern. Bislang hat sich die Klägerin allerdings nicht um eine entsprechende Auseinandersetzung (wie überhaupt um eine Verwertung ihres Miteigentumsanteils) bemüht. Sofern ein Hilfebedürftiger an der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft aber nicht interessiert ist und den Auseinandersetzungsanspruch nicht ernstlich geltend gemacht hat, besteht von vornherein kein tatsächliches Verwertungshindernis (BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R Rn. 34).
38b) Die Verwertung des Miteigentumsanteils der Klägerin ist auch nicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII ausgeschlossen. Die Vorschrift bestimmt, dass die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden darf vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Der Miteigentumsanteil der Klägerin ist jedoch im Sinne der Vorschrift nicht "angemessen".
39aa) Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 SGB XII).
40Der Senat hat insoweit bereits ausgeführt (vgl. Urteil vom 05.05.2014 - L 20 SO 58/13 Rn. 41 ff.), dass der Gesetzgeber mit dieser Formulierung zur Angemessenheit die sog. Kombinationstheorie aufgegriffen hat, die vom Bundesverwaltungsgericht zur Auslegung des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG (i.d.F. bis 31.12.1990) entwickelt worden war. Nach dieser Vorschrift durfte die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines kleinen Hausgrundstücks, besonders eines Familienheims. Die Eigenschaft eines Hausgrundstücks als "klein" sollte sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach personenbezogenen Kriterien (Zahl der Bewohner und deren besondere Bedürfnisse) sowie nach sachbezogenen und wertbezogenen Kriterien (Größe, Zuschnitt und Ausstattung der Baulichkeit; Größe des Grundstücks; Wert des Grundstücks einschließlich der Baulichkeit) richten (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1974 - V C 50.73 sowie vom 17.01.1980 - 5 C 48/78).
41Das Bundessozialgericht hat sich dieser Kombinationstheorie des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen. Danach ist die Angemessenheit nach Maßgabe und Würdigung aller in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG (jetzt § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) bezeichneten personen-, sach- und wertbezogenen Kriterien zu beurteilen. Soweit ein einzelnes Kriterium unangemessen ist, führt dies also nicht automatisch zur Unangemessenheit des Hausgrundstücks (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Dieser Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat angeschlossen (vgl. Urteil vom 05.05.2014 - L 20 SO 58/13 Rn. 41 ff.).
42Auch nach der danach erforderlichen Gesamtbetrachtung kann der Anteil der Klägerin an dem Hausgrundstück nicht als angemessen angesehen werden. Das Haus I-Straße 00 in N ist ein Sieben-Familien-Haus mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 384 m². Für die Bewertung der Angemessenheit ist allerdings nicht auf diese Gesamtwohnfläche abzustellen, sondern lediglich auf die Fläche, die dem Anteil der Klägerin am Gesamthandsvermögen entspricht. Das Bundessozialgericht hat (im Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 99/11 R Rn. 17 unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Gerichts zum Arbeitslosenhilferecht sowie auf BVerwG, Urteil vom 25.06.1992 - 5 C 19/89 Rn. 12) insofern ausgeführt, dass für die Beurteilung der Angemessenheit eines im Miteigentum stehenden Hausgrundstücks allein auf den vom Leistungsempfänger als Wohnung genutzten Teil des gesamten Hausgrundstücks abgestellt werden kann, wenn das Wohneigentum des Miteigentümers durch die ihren Anteilen entsprechende Nutzung der anderen Miteigentümer auf einen seinem ideellen Miteigentumsanteil entsprechenden realen Grundstücks- und Gebäudeteil beschränkt ist. Abzustellen ist danach grundsätzlich auf den Miteigentumsanteil, soweit die tatsächliche Nutzung diesem entspricht. Wird allerdings durch den Hilfebedürftigen nur ein geringerer Teil genutzt, so muss auch dann auf seinen tatsächlichen Anteil abgestellt werden, weil der Hilfeempfänger eine seinem tatsächlichen Anteil entsprechende Nutzung rechtlich beanspruchen könnte.
43Entsprechendes muss auch im vorliegenden Fall für den Anteil der Klägerin am Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gelten. Zwar ist die Klägerin als deren Teil Miteigentümerin der gesamten Immobilie. Ausweislich der von den Eltern getroffenen und von den Erben im Wesentlichen auch "gelebten" Teilungsanordnung kommt der Klägerin die ausschließliche Nutzung der ersten Etage sowie die gemeinschaftliche Nutzung des Dachgeschosses zu. Dies entspricht einer Wohnfläche von 131,7 m² (120 m² im ersten Obergeschoss zuzüglich der anteiligen Wohnfläche im Dachgeschoss, also einem Drittel von 35 m² = 11,7 m²) und damit etwas mehr als einem Drittel der Gesamtwohnfläche. Zwar nutzt die Klägerin seit Antragstellung bis heute lediglich die erste Etage, in welcher sie eine der beiden Wohnungen selbst bewohnt und die andere vermietet, während die Dachgeschosswohnung offenbar ausschließlich durch ihren Bruder genutzt wird. Weder diese tatsächliche Nutzung der Dachgeschosswohnung allein durch den Bruder noch die Vermietung einer der beiden Wohnungen im ersten Obergeschoss ändern jedoch etwas daran, dass für die Beurteilung der Angemessenheit der vollständige Anteil der Klägerin am Gesamthandsvermögen zu berücksichtigen ist. Denn zum einen vermittelt die Teilungsanordnung im Ehe- und Erbvertrag ihrer Eltern einen schuldrechtlichen Anspruch der Klägerin auf eine entsprechende Auseinandersetzung (vgl. zu dieser Wirkung der Teilungsanordnung nur BGH, Urteil vom 17.04.2002 - IV ZR 226/00 sowie Weidlich in Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, § 2048 Rn. 4). Zum anderen beschränkt auch die Vermietung eines Teils der Wohnfläche die grundsätzliche Verwertbarkeit nicht (so bereits Urteil des Senats vom 05.05.2014 - L 20 SO 58/13 Rn. 46).
44Die der Klägerin bei einer Auseinandersetzung des Gesamthandvermögens insgesamt zustehende Wohnfläche von mehr als 130 m² ist mithin bei der Beurteilung der Angemessenheit zu Grunde zu legen. Sie ist für die Klägerin, die das Haus nicht mit Angehörigen, insbesondere nicht mit ihrem Bruder bewohnt, unangemessen groß. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum SGB II ist die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks nach den Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG) mit einem Grenzwert von 130 m² für einen Vier-Personen-Haushalt zu bestimmen; für jede weitere Person erhöht sich der Anteil um 20 m², für jede Person weniger verringert er sich um 20 m² (vgl. BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R, vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R, vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R und vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Bei einer Belegung des Hauses mit nur einer Person sei die Grenze allerdings typisierend auf 90 m² festzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Darüber hinaus sei bei einer Überschreitung der Wohnflächenobergrenze um nicht mehr als 10 % mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch von einer angemessenen Wohnfläche auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R). Der für die Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung - auch aus Gründen der Harmonisierung (zu deren Notwendigkeit vgl. Coseriu, in: Bender/Eicher, Sozialrecht - eine Terra incognita, 2009, 225, 255 f.; Stölting/Greiser, SGb 2010, 631 ff.) - angeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Der erkennende Senat ist dieser Rechtsprechung grundsätzlich gefolgt (Urteil vom 05.05.2014 - L 20 SO 58/13 Rn. 45).
45Vorliegend ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass es sich bei dem von der Klägerin teilweise bewohnten Haus nicht um ein Familienheim mit (nur) einer Wohnung im Sinne des § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 II. WobauG handelt, sondern um ein Mehrfamilienhaus mit sieben abgeschlossenen Wohneinheiten. Dies rechtfertigt es, bei der Frage nach der angemessene Wohnfläche für einen Vier-Personen-Haushalt auf die Regelung des § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 II. WobauG zurückzugreifen, die nicht Einfamilienhäuser, sondern Eigentumswohnungen betrifft. Danach ist für eigengenutzte Eigentumswohnungen und Kaufeigentumswohnungen eine maximale Wohnfläche von 120 m² vorgesehen. Diese im Vergleich zu Einfamilienhäusern reduzierte Wohnfläche rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass in letzteren typischerweise mehr Raum für Flure und Treppen benötigt wird, als er bei Wohnungen anfällt. Dementsprechend stellt auch das Bundessozialgericht bei einer Eigentumswohnung auf eine angemessene Wohnfläche von 120 m² (für vier Personen; mit entsprechenden Änderungen je nach Personenzahl wie bei Einfamilienhäusern) ab (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R Rn. 22).
46Danach wäre für die Klägerin im Hause I-Straße 00 in N eine Wohnfläche von 80 m² als angemessen anzusehen. Auch der Umstand, dass es sich bei den der Klägerin zur Nutzung zur Verfügung stehenden Wohnungen um mehrere abgeschlossene Wohneinheiten handelt, führt zu keiner abweichenden Beurteilung hinsichtlich der Angemessenheit. Denn jedenfalls sind die Wohnungen eigentumsrechtlich bislang nicht voneinander getrennt, so dass sich eine separate Betrachtung schon aus diesem Grund verbietet. Selbst wenn man eine Überschreitung der angemessenen Wohnfläche (80 m²) um 10 % als unbeachtlich ansehen wollte, überstiege die tatsächliche Wohnfläche von 131,7 m² die dann zu berücksichtigenden 88 m² noch erheblich.
47bb) Schließlich wird auch unter Anwendung der Kombinationstheorie die unangemessene Größe der Wohnfläche nicht aufgewogen. Zwar liegt die Grundstücksgröße mit 341 m² durchaus im Bereich des Angemessenen, und auch die Ausstattung der von der Klägerin genutzten Wohnung ist auf Grund des vom Gutachter ermittelten niedrigen Standards nicht als unangemessen anzusehen. Die Zahl der Bewohner des streitgegenständlichen Hauses rechtfertigt allerdings keine andere Bewertung, weil sie sämtlich nicht mit der Klägerin verwandt sind. Dass ein weiterer Wohnbedarf auf Grund bei der Klägerin vorliegender, spezifischer Umstände vorliegt, ist nicht ersichtlich. Aus dem Wert der Immobilie schließlich folgt nichts, was im Rahmen der Gesamtbetrachtung einer Verwertungspflicht entgegenstünde. Der Sachverständige T hat - bestätigt vom Sachverständigen Homann - den Verkehrswert der gesamten Immobilie im März 2007 auf 270.000,00 EUR beziffert, der sich bis zum Jahr 2012 durch Steigerung des Bodenwertes, höherer Bauindexwerte und Mietsteigerungen auf 300.000,00 EUR erhöht hat. Den auf die Klägerin entfallenden Anteil hat er insoweit mit 76.000,00 EUR (2007) bzw. 84.000,00 EUR (2012) angegeben und dies mit dem mangelhaften baulichen Zustand des von ihr genutzten Hausteiles im Vergleich zur übrigen Immobilie begründet. Diese Wertfestsetzung berücksichtigt allerdings nur die Wohnungen im ersten Obergeschoss und lässt den auf die Klägerin nach dem Ehe- und Erbvertrag ihrer Eltern ebenfalls zur Nutzung zukommenden Anteil am Dachgeschoss außer Betracht. Letzterem käme unter Zugrundelegung der gutachterlich ermittelten Werte nochmals ein Wert von rund 8.600,00 EUR bzw. 9.575,00 EUR zu. Das Vermögen der Klägerin hatte daher zum Zeitpunkt der Antragstellung im März 2007 einen Wert von etwa 84.600,00 EUR. Angesichts dessen, dass die Klägerin bei Antragstellung erst 51 Jahre alt war und auf Grund ihrer Erkrankung auf unabsehbare Zeit auf (ergänzende) staatliche Transferleistungen angewiesen sein würde, wenn sie diesen erheblichen Vermögenswert nicht zur Vermeidung von Sozialhilfebedürftigkeit einsetzen müsste, kann eine Freistellung dieses Immobilienvermögens von der Verwertungspflicht sozialhilferechtlich nicht angemessen sein. Daran ändert es auch nichts, dass der Miteigentumsanteil der Klägerin zwischenzeitlich wegen einer Forderung in Höhe von knapp 7.000,00 EUR gepfändet wurde; denn auch dann verbleibt ein erheblicher Vermögenswert, der zur Vermeidung von Sozialhilfebedürftigkeit eingesetzt werden kann.
48c) Die Klägerin kann einer Einsatzpflicht ihres Vermögens schließlich nicht entgegenhalten, dass eine Verwertung bereits durch teilweise Vermietung erfolge. Denn die monatliche Mieteinnahmen betragen lediglich 238,77 EUR. Angesichts des schlechten baulichen Zustandes der vermieteten Wohnung - den die Klägerin selbst mehrfach betont (fehlende Heizkörper und Schimmelbefall) und der auf Grund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse auch nicht beseitigt werden kann - ist schon fraglich, ob eine Vermietung auch weiterhin dauerhaft möglich sein wird. Jedenfalls aber führt die Vermietung nicht zu Einnahmen in einer Höhe, die einen (ergänzenden) Sozialhilfebedarf der Klägerin nachhaltig vermeiden würde; dann aber kann dem Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nur durch eine Verwertung entsprochen werden, die prognostisch für einen langen Zeitraum jegliche Hilfebedürftigkeit beseitigt.
49d) Eine Verwertung des Anteils der Klägerin am Gesamthandsvermögen würde schließlich keine Härte bedeuten, die der Klägerin nicht zuzumuten wäre. Nach § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Die Vorschrift soll Fälle erfassen, die wegen ihrer atypischen Ausgestaltung nicht bereits von den Regeltatbeständen des Schonvermögens erfasst werden, diesen aber in Bezug auf den Regelungszweck grundsätzlich gleichwertig sind (vgl. Mecke in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 90 Rn. 94, Stand: 01.05.2014). Für die Prüfung des Vorliegens einer Härte sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und daraufhin zu überprüfen, ob sie in ihrem Zusammenwirken eine bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende, also atypische schwere Belastung des Vermögensinhabers ergeben. Eine Härte liegt danach vor, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z.B. der Art, Schwere und Dauer der Hilfe, des Alters, des Familienstands oder der sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers und seiner Angehörigen, eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung der nachfragenden Person insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist (vgl. Mecke a.a.O. Rn. 98).
50aa) Eine solche Härte bei Verkauf des Anteils der Klägerin am Gesamthandsvermögen ist nicht ersichtlich. Sie folgt insbesondere nicht daraus, dass es sich bei der Immobilie um das Elternhaus der Klägerin handelt. Die Herkunft des Vermögensgegenstandes spielt vielmehr für sich genommen keine Rolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.1974 - V C 50.73 Rn. 30). Dass die Klägerin mit diesem Haus viele Erinnerungen verbindet und daran eine emotionale Verbindung knüpft, ändert daran nichts; denn dies ist nur die typische Situation eines Familienerbes bzw. eines Eigentümers einer über längere Zeit selbst bewohnten Immobilie. Kommt zudem gerade der Bruder der Klägerin als Käufer ihres Miteigentumsanteils in Betracht, würde das Haus ohnehin im Eigentum eines Mitglieds der Familie der Klägerin verbleiben. Dies würde auch dem Willen der verstorbenen Eltern entgegenkommen, dass das Haus nicht verkauft werde.
51bb) Dass die Klägerin in ihrem Miteigentumsanteil eine Alterssicherung sieht, begründet ebenfalls keine Härte i.S.d. § 90 Abs. 3 SGB XII. Es ist bereits fraglich, ob ein Härtefall nicht schon deshalb ausscheidet, weil die Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII begehrt, § 90 Abs. 3 S. 2 SGB XII die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung aber ausdrücklich nur für Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel als Grund für eine Härte vorsieht. Die deshalb aufgeworfene Frage, ob der Rechtsgedanke des § 90 Abs. 3 S. 2 SGB XII auch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung anzuwenden ist, kann jedoch dahinstehen. Denn die derzeitige Einkommenssituation der Klägerin und ihr gesundheitlicher Zustand rechtfertigt keinerlei Prognose, dass sie im Alter unabhängig von staatlichen Transferleistungen werde leben können. Schon jetzt reichen ihr Renteneinkommen und die Mieteinnahmen nicht aus, um ihren Grundsicherungsbedarf zu decken. Dass sich ihre Rente bis zum oder mit Erreichen der Altersgrenze signifikant erhöhen wird, ist angesichts der Schwere ihrer Erkrankung und ihrer (bei verständiger Prognose als dauerhaft anzusehenden) Erwerbsminderung nicht zu erwarten. Zudem weisen die von ihr genutzte sowie die vermietete Wohnung einen erheblichen Renovierungsrückstand auf, der von der Klägerin aus eigener wirtschaftlicher Kraft ersichtlich nicht behoben werden kann; es liegt deshalb nahe, dass die Mieteinnahmen nicht einmal mehr auf längere Dauer erzielt werden können. Eine Alterssicherung durch Nichtverwertung des Vermögens der Klägerin erscheint deshalb bei verständiger Betrachtung von vornherein nicht möglich.
52cc) Soweit für die Klägerin schließlich für den Fall einer Verwertung ihres Miteigentumsanteils eine Suizidgefahr geltend gemacht wird, führt dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Ob eine solche Gefahr tatsächlich besteht, kann der Senat offen lassen. Selbst wenn sie bestehen sollte, könnte sie nicht - zu Lasten der die Sozialhilfe mit Steuern aufbringenden Allgemeinheit - einen erheblichen Vermögenswert von der sozialhilferechtlichen Verwertungspflicht freistellen. Einer Suizidgefährdung wäre vielmehr ggf. durch Hilfsmaßnahmen zu begegnen, die allgemein in solchen Situationen bereitstehen (etwa Maßnahmen nach dem PsychKG oder sonstige psychiatrische bzw. medizinische Intervention); im sozialhilferechtlichen Regelungsgefüge selbst sind solche Maßnahmen nicht zu verorten, und sie können dieses Gefüge auch nicht konterkarieren.
53e) Besteht kein Anspruch der Klägerin auf die geltend gemachten Sozialhilfeleistungen als nicht rückzahlbarer Zuschuss, so hat die Beklagte im Übrigen auch zu Recht eine darlehensweise Sozialhilfe abgelehnt. Ein Darlehen setzt nach § 91 S. 1 SGB XII voraus, dass der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die Person, die es einzusetzen hat, eine besondere Härte bedeuten würde. Unbeschadet der Frage, ob der Klägerin bereits eine sofortige Verwertung durch raschen Verkauf ihres Miteigentumsanteils an ihren zum Kauf bereiten Bruder möglich wäre, liegen die Voraussetzungen für ein Darlehen jedenfalls deshalb nicht vor, weil die Klägerin von vornherein nicht bereit ist, ihren Anteil überhaupt zu verwerten. In einem solchen Fall wird die mit § 91 S. 1 SGB XII geregelte Lebenssituation verfehlt; diese setzt für ein Darlehen voraus, dass eine Verwertung jedenfalls grundsätzlich in Angriff genommen wird und lediglich ihre "sofortige" Verwirklichung eine Härte bedeuten würde oder nicht möglich ist.
543. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und trägt dem Ergebnis der Hauptsache Rechnung.
554. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht NRW Urteil, 13. Okt. 2014 - L 20 SO 20/13
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Landessozialgericht NRW Urteil, 13. Okt. 2014 - L 20 SO 20/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung
- 1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird, - 2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden, - 3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, - 4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, - 6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde, - 7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist, - 8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes, - 9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.
(1) Die Sozialhilfe wird von örtlichen und überörtlichen Trägern geleistet.
(2) Örtliche Träger der Sozialhilfe sind die kreisfreien Städte und die Kreise, soweit nicht nach Landesrecht etwas anderes bestimmt wird. Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist zu gewährleisten, dass die zukünftigen örtlichen Träger mit der Übertragung dieser Aufgaben einverstanden sind, nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch geeignet sind und dass die Erfüllung dieser Aufgaben in dem gesamten Kreisgebiet sichergestellt ist.
(3) Die Länder bestimmen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe.
(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.
(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.
(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für
- 1.
(weggefallen) - 2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66, - 3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69, - 4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.
(5) (weggefallen)
(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.
(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.
(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.
(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.
(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.
(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.
(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.
(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.
(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:
für den Geburtsjahrgang | erfolgt eine Anhebung um Monate | auf Vollendung eines Lebensalters von |
1947 | 1 | 65 Jahren und 1 Monat |
1948 | 2 | 65 Jahren und 2 Monaten |
1949 | 3 | 65 Jahren und 3 Monaten |
1950 | 4 | 65 Jahren und 4 Monaten |
1951 | 5 | 65 Jahren und 5 Monaten |
1952 | 6 | 65 Jahren und 6 Monaten |
1953 | 7 | 65 Jahren und 7 Monaten |
1954 | 8 | 65 Jahren und 8 Monaten |
1955 | 9 | 65 Jahren und 9 Monaten |
1956 | 10 | 65 Jahren und 10 Monaten |
1957 | 11 | 65 Jahren und 11 Monaten |
1958 | 12 | 66 Jahren |
1959 | 14 | 66 Jahren und 2 Monaten |
1960 | 16 | 66 Jahren und 4 Monaten |
1961 | 18 | 66 Jahren und 6 Monaten |
1962 | 20 | 66 Jahren und 8 Monaten |
1963 | 22 | 66 Jahren und 10 Monaten |
ab 1964 | 24 | 67 Jahren. |
(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.
(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie
- 1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder - 2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.
(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung
- 1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird, - 2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden, - 3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, - 4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, - 6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde, - 7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist, - 8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes, - 9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
(1) Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung die Auseinandersetzung in Ansehung des Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände ausschließen oder von der Einhaltung einer Kündigungsfrist abhängig machen. Die Vorschriften des § 749 Abs. 2, 3, der §§ 750, 751 und des § 1010 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.
(2) Die Verfügung wird unwirksam, wenn 30 Jahre seit dem Eintritt des Erbfalls verstrichen sind. Der Erblasser kann jedoch anordnen, dass die Verfügung bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses in der Person eines Miterben oder, falls er eine Nacherbfolge oder ein Vermächtnis anordnet, bis zum Eintritt der Nacherbfolge oder bis zum Anfall des Vermächtnisses gelten soll. Ist der Miterbe, in dessen Person das Ereignis eintreten soll, eine juristische Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frist.
(1) Jeder Teilhaber kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen.
(2) Wird das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vereinbarung für immer oder auf Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt wird, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist verlangt werden.
(3) Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen, diesen Vorschriften zuwider ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist nichtig.
(1) Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung die Auseinandersetzung in Ansehung des Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände ausschließen oder von der Einhaltung einer Kündigungsfrist abhängig machen. Die Vorschriften des § 749 Abs. 2, 3, der §§ 750, 751 und des § 1010 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.
(2) Die Verfügung wird unwirksam, wenn 30 Jahre seit dem Eintritt des Erbfalls verstrichen sind. Der Erblasser kann jedoch anordnen, dass die Verfügung bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses in der Person eines Miterben oder, falls er eine Nacherbfolge oder ein Vermächtnis anordnet, bis zum Eintritt der Nacherbfolge oder bis zum Anfall des Vermächtnisses gelten soll. Ist der Miterbe, in dessen Person das Ereignis eintreten soll, eine juristische Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frist.
Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung Anordnungen für die Auseinandersetzung treffen. Er kann insbesondere anordnen, dass die Auseinandersetzung nach dem billigen Ermessen eines Dritten erfolgen soll. Die von dem Dritten auf Grund der Anordnung getroffene Bestimmung ist für die Erben nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil.
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung
- 1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird, - 2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden, - 3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, - 4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, - 6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde, - 7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist, - 8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes, - 9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.11.2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im Wesentlichen, ob das selbstgenutzte Einfamilienhaus der Klägerin (Erbbaurecht) im Rahmen der von ihr bezogenen Sozialhilfe nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) einsatzpflichtiges oder geschütztes Vermögen ist.
3Die am 00.00.1943 geborene Klägerin war in erster Ehe mit dem Architekten S verheiratet. Aus der Ehe gingen eine Tochter (geb. 1967) und ein Sohn (geb. 1971) hervor. Nach der Trennung der Eheleute errichtete der Ehemann im Jahre 1975 ein Einfamilienhaus auf einem Erbbaugrundstück in N, in das die Klägerin noch im gleichen Jahr mit den Kindern einzog. Erbbauberechtigter war zunächst der Ehemann; im Rahmen der Scheidungsfolgenregelung wurde dann am 18.01.1977 die Klägerin als Erbbauberechtigte ins Grundbuch eingetragen. Die zweite Ehe der Klägerin dauerte nur etwa zwei Jahre und wurde 1986 geschieden. Anlässlich dieser weiteren Ehe wohnte die Klägerin für etwa fünf Jahre in M (D); während diese Zeit war das Einfamilienhaus in N vermietet. Die Klägerin und ihr Sohn wohnen - mit Unterbrechungen durch die zweite Ehe der Klägerin, beim Sohn auch durch dessen Studium in B - bis heute in dem Haus; die Tochter ist im Alter von etwa 16 Jahren zu ihrem erneut verheirateten Vater gezogen.
4Das (einheitliche) Erbbaurecht besteht aus zwei Grundstücken. Auf dem einen Grundstück (G 00) mit einer Fläche von 485 m² wurde 1975 das Einfamilienhaus errichtet. Das Haus ist ein Flachdach-Bungalow mit sämtlich ebenerdigen Räumen. Es hat drei Schlafzimmer, ein Wohn- und Esszimmer, eine Küche, zwei Bäder und ein Gäste-WC; die Wohnfläche beträgt 119 m². Es gehört zu einer zusammenhängenden, L-förmigen Siedlung von 14 gleichartigen Häusern, die zum gleichen Zeitpunkt auf vergleichbar großen Grundstücken errichtet worden sind. Die Häuser weisen eine einfache bis mittlere Standardausstattung auf. N ist ein Außenbezirk von N; die Lage der Grundstücke ist ohne besondere Vorzüge und Nachteile. Mittlerweile befinden sich in diesem Ortsteil auch zahlreiche Mehrfamilienhäuser; in unmittelbarer Nähe des Hauses der Klägerin befindet sich so ein sechsstöckiges Haus. Das (in das Erbbaurecht einbezogene) weitere Grundstück mit einer Fläche von 21 m² gehört zu einem zu den 14 Häusern geschaffenen Garagenhof (S) und ist mit einer Flachdach-Garage bebaut. Vor etwa drei Jahren hat der Sohn der Klägerin das rissig gewordene Dach dieser Garage mit Dachpappe geflickt, so dass es seither nicht mehr undicht und die Garage ohne Beeinträchtigung benutzbar ist. Etwa zwei Jahre nach dem Bezug durch die Klägerin errichtete ihr erster Ehemann auf dem Hausgrundstück eine weitere Garage direkt neben dem nicht unterkellerten Haus, so dass der Klägerin weiterer Stauraum zur Verfügung stand.
5Der Erbbauzins für das einheitliche Erbbaurecht an beiden Grundstücken beläuft sich auf monatlich 109,18 EUR; seit etlichen Jahren ist eine monatliche Zahlungsweise vereinbart. Der laufende monatliche Abschlag für Wasser beträgt 20,75 EUR. Darüber hinaus hat die Klägerin weitere Aufwendungen zu tragen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden.
6Die Klägerin vermietete ihrem Sohn ab dem 01.07.2003 einen Teil ihres Hauses, bestehend aus zwei Zimmern und einem Badezimmer mit einer Wohnfläche von 35 m²; die Küche der Klägerin darf er mitnutzen. Die Miete einschließlich der Nebenkosten belief sich ursprünglich auf 300,00 EUR und wurde zum 01.10.2004 auf 320,00 EUR erhöht. Die Garage auf dem separaten Grundstück (S) hat die Klägerin im streitigen Zeitraum (01.05.2009 bis 31.03.2010) für 45,00 EUR pro Monat vermietet. Der Grundstückseigentümer wurde zu keiner Zeit darüber befragt, ob er einer Teilung des einheitlichen Erbbaurechts zum Zwecke eines separaten Verkaufs des Erbbaurechts an der separaten Garage zustimmen würde. Die Klägerin bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (Bewilligungsbescheid vom 20.11.2008); diese belief sich ab dem 01.01.2009 auf monatlich 98,92 EUR.
7Im Jahre 2008 besaß die Klägerin einen PKW VW Golf (Baujahr 1995, keine besondere Ausstattung, etwa 75.000 km Laufleistung); aufgrund von Standschäden konnte sie diesen nur mehr für einen Preis von 200,00 EUR an eine Nachbarin verkaufen. Weiteres Vermögen i.H.v. etwa 74.000,00 EUR, das die Klägerin für ihre Altersvorsorge im Wesentlichen in Investmentfonds auf einem Online-Depot bei der D-bank angelegte hatte, ist vor etwa sechs Jahren im Wege des Keylogging von unbekannter Seite abgegriffen worden (sog. Phishing). Eine Entschädigung für den Verlust dieses Vermögens hat die Klägerin nicht erhalten.
8Die Klägerin bezog bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahres (am 17.12.2008) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 10.11.2008 beantragte sie bei der Beklagten ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII.
9Mit Bescheid vom 04.02.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII als Darlehen. Die Klägerin verfüge über ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von 110 m². Dies sei vorrangig einzusetzendes Vermögen; da eine Verwertung nicht sofort möglich sei, würden Leistungen als Darlehen gewährt. Bei der Bewilligung legte die Beklagte einen Bedarf von 587,73 EUR zugrunde (Regelsatz 351,00 EUR, Hauslasten 135,03 EUR, Heizkosten 101,70 EUR). Zur Berechnung der Hauslasten rechnete die Beklagte sämtliche Kosten einschließlich des Erbbauzinses und eines Erhaltungsaufwandes von 1% zusammen (247,53 EUR) und berücksichtigte davon aufgrund der Vermietung einen Anteil von 54,55 % als Bedarf der Klägerin. Als Einkommen rechnete sie die Altersrente von 98,92 EUR sowie Mieteinkünfte von 205,88 EUR an; bei letzteren legte sie Einnahmen i.H.v. 290,00 EUR zugrunde, von denen anteilige Kosten i.H.v. 84,12 EUR abzuziehen seien. Es ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag von 282,93 EUR.
10Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch vom 26.02.2009 begehrte die Klägerin die Leistungen nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss. Das Hausgrundstück sei Schonvermögen, da sie 35 m² vermietet habe und deshalb selbst weniger als 90 m² bewohne. Ohnehin sei nicht allein auf die Wohnfläche abzustellen, sondern auch auf den Wert der Immobilie, welchen sie auf nur 50.000,00 EUR schätze. Sie bewohne das Haus bereits seit 1975; zudem sei zu berücksichtigen, dass ihr wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen ein Umzug unzumutbar sei.
11Die städtische Bewertungsstelle der Beklagten ermittelte nach Aktenlage einen Wert des Erbbaurechtes von 160.000,00 EUR.
12Die Beklagte bewilligte in der Folgezeit darlehensweise Leistungen befristet bis zum 31.03.2010, ohne dass die Klägerin nochmals Widerspruch einlegte. Am 17.03.2010 stellte die Klägerin einen Folgeantrag. Mit Schreiben vom 14.04.2010 teilte die Beklagte der Bevollmächtigten der Klägerin mit, die Leistungen würden für April 2014 darlehensweise bewilligt; über Leistungen ab dem 01.05.2010 werde nach Eingang noch fehlender Unterlagen entschieden. Gegen dieses Schreiben und die darlehensweise Bewilligung für April 2010 legte die Klägerin am 07.05.2010 Widerspruch ein.
13Mit Bescheid vom 12.05.2010 lehnte die Beklagte zuschussweise Leistungen ab dem 01.05.2010 ab. Die Klägerin verfüge über verwertbares Vermögen, so dass kein Anspruch auf Leistungen als Zuschuss bestehe. Die Beklagte bot die Weitergewährung als Darlehen an, allerdings nur gegen Eintragung einer Hypothek über 6.000,00 EUR. Die Klägerin legte hiergegen am 15.06.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung nahm sie auf ihren bisherigen Widerspruch Bezug. Sie sei damit einverstanden, dass zunächst weiter ein Darlehen gewährt werde, und werde die Zustimmung zur Eintragung einer Hypothek erteilen.
14Mit Bescheid vom 16.06.2010 gewährte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum Mai bis August 2010 Leistungen als Darlehen. Sie machte der Klägerin zur Auflage, ihre Zustimmung zur Eintragung einer Sicherungshypothek zu erteilen.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2010 (zugestellt am 22.07.2010) wies die Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter die Widersprüche der Klägerin vom 25.02.2009, 07.05.2010 und 15.06.2010 zurück. Gegenstand des Verfahrens seien der Bescheid vom 04.02.2009, mit dem Leistungen für den Zeitraum 17.12.2008 bis 30.04.2009 bewilligt worden seien, sowie der Bescheid vom 14.04.2010 mit der Bewilligung für den Monat April 2010. Für den Zeitraum 01.05.2009 bis 31.03.2010 seien weitere Bescheide erteilt worden, die bestandskräftig geworden seien; er sei daher nicht Gegenstand des Verfahrens. Die zuschussweise Leistungsgewährung ab Mai 2010 sei mit Bescheid vom 12.05.2010 abgelehnt worden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen als Zuschuss, da sie über verwertbares Vermögen verfüge. Sie sei Eigentümerin eines Hausgrundstücks, dessen Wohnfläche mit 110 m² unangemessen sei. Dies gelte auch in Anbetracht des Umstandes, dass die Klägerin das Haus mit ihrem Sohn bewohne; denn die angemessene Wohnfläche für zwei Personen betrage 90 m². Zwar sei nicht allein auf die Wohnfläche abzustellen, und es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Grundstücksgröße von 485 m², der Zuschnitt und die Ausstattung des Hauses unangemessen seien. Dennoch sei allein aufgrund der Wohnfläche von einer nicht geschützten Immobilie auszugehen. Deren Verwertung bedeute für die Klägerin auch keine besondere Härte. Weder ihr Alter noch gesundheitliche Einschränkungen könnten eine Härte begründen. Die Klägerin könne daher nur darlehensweise Leistungen erhalten, die ihr bis zum 31.08.2010 gewährt worden seien.
16Die Klägerin hat am 19.08.2010 Klage erhoben. Die Leistungen nach dem SGB XII stünden ihr als Zuschuss zu. Ihr Hausgrundstück sei Schonvermögen; denn sie bewohne selbst weniger als 90 m². Nach der sog. Kombinationstheorie sei auch nicht allein auf die Wohnfläche, sondern auf alle persönlichen, sachlichen und wertbezogenen Faktoren abzustellen. Die Grundstücksgröße von 485 m² sei angemessen. Der Wert der Immobilie sei von der Beklagten fehlerhaft mit 160.000,00 EUR ermittelt worden, tatsächlich betrage er nur etwa 80.000,00 EUR. Es sei zu berücksichtigen, dass es sich um ein Erbbaugrundstück handele und das Haus sanierungsbedürftig sei. Eine Verwertung würde für sie zudem eine Härte bedeuten, da sie bereits mehr als 25 Jahre dort wohne. Psychisch würde sie einen Umzug nicht verkraften.
17In einem Erörterungstermin vom 08.02.2012 haben die Beteiligten gegenüber dem Sozialgericht übereinstimmend erklärt, der streitgegenständliche Zeitraum reiche vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009. Für Zeiten ab dem 01.05.2010 hat die Beklagte weiter erklärt, sie werde sich nicht auf die bestandskräftige Ablehnung zuschussweiser Leistungen berufen.
18Die Klägerin hat beantragt,
19die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 04.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 als verlorenen Zuschuss zu gewähren.
20Die Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Sie hat auf ihren Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, das Hausgrundstück sei ein ungeschützter Vermögenswert, der vorrangig vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes einzusetzen sei. Dass die Klägerin das Haus gemeinsam mit ihrem Sohn bewohne, könne nicht zu einer Angemessenheit des Hausgrundstücks führen; denn hierdurch verringere sich die Wohnfläche nicht auf eine angemessene Größe.
23Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Dipl. Ing. (B) und Bausachverständigen T (N) vom 20.03.2012 zum Wert der Immobilie eingeholt. Danach handelt es sich um ein Einfamilienwohnhaus mit zwei Garagen, wobei sich eine Garage auf einer separaten Parzelle befinde. Die Klägerin sei erbbauberechtigt aufgrund eines Vertrages vom 30.08.1974. Das Grundstück habe eine Größe von 485 m², zzgl. 21 m² auf dem Garagenhof. Das Wohnhaus sei 1975 errichtet worden und habe eine Wohnfläche von 119 m². Davon seien 35 m² an den Sohn für eine Warmmiete von 320,00 EUR vermietet. Die Garage auf dem Garagenhof sei (mittlerweile) für 50,00 EUR vermietet. Es handele sich um ein Einfamilienwohnhaus in mittlerer Lage, mit individueller Struktur und einfacher bis mittlerer Standardausstattung. Der bauliche Zustand sei mittelmäßig bei mangelhaften Dämmfaktoren. Der Ertragswert belaufe sich auf 135.000,00 EUR, der Sachwert auf 178.000,00 EUR. Maßgeblich sei bei vordergründiger Eigennutzung der Sachwert. Von diesem sei allerdings ein Abschlag von 20% zu machen. Denn zum einen sei der mängelbehaftete Gebäudezustand wertmindernd zu berücksichtigen, zum anderen werde der Käuferkreis erfahrungsgemäß durch das Erbbaurecht eingeschränkt. Der Verkehrswert betrage für Dezember 2008 140.000,00 EUR; für das Jahr 2011 betrage er aufgrund der allgemeinen Wertsteigerung bei Einfamilienhäusern 145.000,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
24Mit Urteil vom 07.11.2012 (der Beklagten zugestellt am 10.01.2013) hat das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 17.12.2008 bis 30.04.2009 als Zuschuss zu gewähren. Die Immobilie der Klägerin sei ein angemessenes Hausgrundstück i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für einen Vier-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 130 m² angemessen, und für jede Person weniger sei ein Abschlag von 20 m² zu machen. Angesichts der übrigen Faktoren des Hausgrundstücks (Wohnfläche, Verkehrswert und bauliche Ausstattung), die - wohl auch nach Auffassung des Beklagten - dem Angemessenheitsbegriff des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII unterfielen, sei jedoch davon auszugehen, dass die geringe Überschreitung der angemessenen Wohnfläche unbeachtlich sei.
25Die Beklagte hat am 28.01.2013 Berufung eingelegt. Sie hält die Immobilie der Klägerin nach wie vor nicht für angemessen. Nach der Kombinationstheorie seien alle in § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII genannten persönlichen, sachlichen und wertbezogenen Kriterien zu berücksichtigen. Die Grundstücksgröße von (insgesamt) über 500 m² sei nicht angemessen; denn es gehe nicht um einen ländlichen Bereich, sondern um einen Stadtteil von N. Auch die Wohnfläche sei unangemessen; die vorliegende Überschreitung von 32% sei keineswegs mehr geringfügig. Sonstige Kriterien könnten die Unangemessenheit der Grundstücksgröße und der Wohnfläche nicht kompensieren. Es liege auch kein atypischer Sachverhalt im Sinne einer Härte gem. § 90 Abs. 3 SGB XII vor.
26Die Beklagte beantragt,
27das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.11.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
28Die Klägerin beantragt,
29die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
30Das Sozialgericht habe die geringfügige Überschreitung der angemessenen Wohnfläche zutreffend als unbeachtlich angesehen. Die Grundstücksgröße sei angemessen, da der Ortsteil N eher dem ländlichen Bereich zuzuordnen sei. Der Verkehrswert von 140.000,00 EUR sei ebenfalls angemessen, denn er liege unter dem Wert von 160.000,00 EUR, welchen die Beklagte für vergleichbare Immobilien ermittelt habe. Eine Verwertung würde auch eine Härte bedeuten.
31Der Senat hat ein Gutachten des Immobilienmaklers I (N) vom 19.12.2013 zur Frage der Marktgängigkeit des Erbbaurechts der Klägerin eingeholt. Der Sachverständige führt aus, gegen das Gutachten des Sachverständigen T bestünden keine Einwände. Dieser habe zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Verkauf des Hauses - welches am Markt ausschließlich Eigennutzer anspreche - durch die Errichtung auf einem Erbbaugrundstück erschwert werde. Die mittelmäßige Lage des Grundstücks und die Mängel am Haus ließen einen höheren Quadratmeterpreis nicht zu. Das Vergleichswertverfahren sei aufgrund der Individualität des Erbbaurechts nicht anzuwenden, zumal auch nach der Datenbank des Gutachters kein vergleichbares Objekt verkauft worden sei. Auf der Grundlage der ihm vorliegenden Erfahrungswerte bei Verkäufen von Immobilien auf Erbpachtgrundstücken zur Eigennutzung sowie des ermittelten Verkehrswerts wäre eine Vermarktung innerhalb von zwölf Monaten möglich gewesen. Diese Aussage beziehe sich auf einen Verkauf mit der Möglichkeit der anschließenden Eigennutzung seitens des Käufers sowie einer öffentlichen Vermarktung, da es sich hier um einen eingeschränkten Kundenkreis handele. Ein Verkauf der Immobilie innerhalb von zwölf Monaten sei weiterhin realistisch. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten; er ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
33Entscheidungsgründe:
34I. Die nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII als Zuschuss zu gewähren.
351. Gegenstand des Klageverfahrens ist nach der Beschränkung des streitigen Zeitraumes im erstinstanzlichen Erörterungstermin vom 08.02.2012 allein noch der Bescheid vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 (§ 95 SGG), mit dem Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 als Darlehen bewilligt worden sind.
36Die hiergegen gerichtete Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1, § 56 SGG) zulässig. Denn der angefochtene Bescheid verfügt unter anderem, dass die Leistungen lediglich als Darlehen bewilligt werden. Nach dem Klageantrag (und einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 05.05.2014) ist nicht über etwa höhere Leistungen nach dem SGB XII zu befinden, sondern nur darüber, ob die gewährten Leistungen statt als Darlehen als (nicht zurückzuzahlender) Zuschuss hätten erbracht werden müssen. Da die Beklagte bereits Leistungen erbracht hat und deshalb nicht erneut zur Leistung verurteilt werden kann, musste - wie auch im Tenor des Sozialgerichts geschehen - lediglich die Form der Zahlung (Zuschuss statt Darlehen) geändert werden.
372. Der Bescheid vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 ist, soweit zustehende Leistungen in Form eines Darlehens bewilligt werden, rechtwidrig; die Klägerin ist dadurch im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert.
38Denn sie hatte im streitigen Zeitraum 17.12.2008 bis 30.04.2009 einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII als Zuschuss aus § 41 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten (Abs. 1 S. 1). Leistungsberechtigt wegen Alters nach Absatz 1 ist, wer die Altersgrenze erreicht hat (Abs. 2 S. 1).
39Die Klägerin hat am 17.12.2008 das 65. Lebensjahr vollendet und damit die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht. Sie hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, denn sie lebt - ohne dass es sich dabei nur um einen nur vorübergehenden Aufenthalt handeln würde - in N. Den Antrag auf Grundsicherung nach dem SGB XII hat sie am 10.11.2008 gestellt. Die Klägerin konnte zudem ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen (a) und Vermögen (b) beschaffen.
40a) Das Einkommen der Klägerin deckte ihren Bedarf im streitigen Zeitraum nicht. Ihr monatlicher Bedarf setzte sich mindestens aus dem Regelsatz von 351,00 EUR, dem (monatlich fälligen) Erbbauzins von 109,18 EUR und dem monatlichen Abschlag für Wasser von 20,75 EUR zusammen (Summe: 480,93 EUR). Dazu kommen weitere Aufwendungen für das Eigenheim, wie z.B. Grundbesitzabgaben und Beiträge zur Gebäudeversicherung, die jeweils im Monat ihrer Fälligkeit dem Bedarf hinzuzurechnen sind (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 78/12 R m.w.N.). Die Klägerin konnte jedoch bereits den Mindest-Gesamtbedarf i.H.v. 480,93 EUR im streitigen Zeitraum nicht durch die Altersrente i.H.v. 98,92 EUR und die Mieteinkünfte i.H.v. 365,00 EUR (Summe: 463,92 EUR) vollständig decken; vielmehr verblieb ein Restbedarf.
41b) Vermögen der Klägerin steht einem Leistungsanspruch im streitigen Zeitraum ebenfalls nicht entgegen:
42aa) Der PKW der Klägerin hatte - wovon die Beteiligten ausweislich einer übereinstimmend gegenüber dem Senat in einem Verhandlungstermin vom 14.04.2014 und ebenso der Senat ausgehen - einen Marktwert von 200,00 EUR; er war damit gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII nicht als Vermögen einsatzpflichtig. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte. Der Vorschrift unterfallen nicht nur unmittelbar Geldbeträge und Geldwerte im engeren Sinn, sondern mittelbar auch Vermögensgegenstände, wenn der Erlös aus ihrer Verwertung den maßgeblichen Freibetrag nicht übersteigt bzw. übersteigen würde (vgl. BSG, Urteil vom 20.09.2012 - B 8 SO 13/11 R). Dieser Freibetrag beläuft sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 1a der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des SGB XII bei nachfragenden Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, auf 2.600,00 EUR. Er liegt damit weit oberhalb des Wertes des (ehemaligen) PKW der Klägerin.
43bb) Als weiterer Vermögensgegenstand kommt allein das Erbbaurecht der Klägerin in Betracht. Der Senat hält dieses Erbbaurecht jedoch für nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII vor einer Einsatzpflicht geschützt. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.
44Mit dieser Formulierung hat der Gesetzgeber die sog. Kombinationstheorie aufgegriffen, die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zur Auslegung des § 88 Abs. 2 Nr. 7 Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in der bis zum 31.12.1990 geltenden Fassung entwickelt worden war. Nach dieser Vorschrift durfte die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines kleinen Hausgrundstücks, besonders eines Familienheims. Die Eigenschaft eines Hausgrundstücks als "klein" sollte sich nach der Rechtsprechung des BVerwG nach personenbezogenen Kriterien (Zahl der Bewohner und deren besondere Bedürfnisse) sowie nach sachbezogenen und wertbezogenen Kriterien (Größe, Zuschnitt und Ausstattung der Baulichkeit; Größe des Grundstücks; Wert des Grundstücks einschließlich der Baulichkeit) richten (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1974 - V C 50.73 sowie vom 17.01.1980 - 5 C 48/78).
45Das BSG hat sich dieser Kombinationstheorie des BVerwG angeschlossen. Danach sei die Angemessenheit nach Maßgabe und Würdigung aller in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG (jetzt § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) bezeichneten personen-, sach- und wertbezogenen Kriterien zu beurteilen; soweit ein einzelnes Kriterium unangemessen sei, führe dies also nicht automatisch zur Unangemessenheit des Hausgrundstücks (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.
46Bei einer danach erforderlichen Gesamtbetrachtung sieht der Senat das bebaute Erbbaurecht der Klägerin als ein insgesamt angemessenes Hausgrundstück i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII an. Zwar ist die Wohnfläche des Hauses im Hinblick auf die Anzahl der Bewohner für sich genommen unangemessen groß [dazu (1.)]. Die Überschreitung der insoweit zu ziehenden Angemessenheitsgrenze ist jedoch zu tolerieren, da sie weniger als ein Drittel oberhalb der Grenze für ein von ein bis zwei Personen bewohntes Einfamilienhaus liegt und zugleich sämtliche übrigen sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien eingehalten werden [dazu (2.)]. Schließlich steht der Angemessenheit des Erbbrauchrechts auch nicht entgegen, dass es aus zwei Grundstücken besteht; denn die Klägerin verwertet das separate Grundstück auf dem Garagenhof in geeigneter Weise bereits durch Vermietung [dazu (3.)].
47(1.) Die Wohnfläche des von der Klägerin bewohnten Hauses ist für sich genommen im Hinblick auf die Anzahl der zwei Bewohner unangemessen groß. Nach der Rechtsprechung des BSG zum SGB II ist die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks nach den Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG) mit einem Grenzwert von 130 m² für einen Vier-Personen-Haushalt zu bestimmen; für jede weitere Person erhöht er sich um 20 m², für jede Person weniger verringert er sich um 20 m² (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R; Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R; Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R; Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Bei einer Belegung des Hauses mit nur einer Person sei die Grenze allerdings typisierend auf 90 m² festzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Darüber hinaus sei bei einer Überschreitung der Wohnflächenobergrenze um nicht mehr als 10% mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch von einer angemessenen Wohnfläche auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R). Der für die Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung - auch aus Gründen der Harmonisierung (zu deren Notwendigkeit vgl. Coseriu, in: Bender/Eicher, Sozialrecht - eine Terra incognita, 2009, 225, 255 f.; Stölting/Greiser, SGb 2010, 631 ff.) - angeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Grundsätzlich schließt sich auch der erkennende Senat dieser Rechtsprechung an.
48Zur Beurteilung der Angemessenheit ist von der Gesamtwohnfläche des Hauses von 119 m² auszugehen; maßgebend ist - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht etwa nur die von der Klägerin selbst bewohnte Fläche von 84 m². Insoweit genügt, dass der Vermögensinhaber das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche ist deshalb gerechtfertigt, weil der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit steht, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliegt; Ausnahmen sind allenfalls denkbar bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile (vgl. BSG, a.a.O.). Ohne eine Teilung des Eigentums ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten, und es ist für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche und nicht nur auf die von der Leistungen beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abzustellen (vgl. BSG, a.a.O.). Für Inhaber eines Erbbaurechts kann nach Ansicht des Senats nichts anders gelten. Denn die Klägerin kann als dessen Eigentümerin das gesamte bebaute Erbbaurecht als Vermögensgegenstand verwerten; die Vermietung eines Teils des Hauses an ihren Sohn ändert daran nichts und stellt insbesondere kein rechtliches Hindernis für eine Verwertung dar (wie es etwa bei einem Miteigentumsanteil bestünde).
49Gehört der Sohn aber zu den Angehörigen der Klägerin i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII, so ist bei der Beurteilung der Angemessenheit der Wohnfläche von zwei Personen auszugehen. Anders als im SGB II ist also nicht nur auf Mitglieder der Bedarfs- bzw. Einstandsgemeinschaft abzustellen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Bei der Auslegung des Begriffs "Angehöriger" kann man sich an § 16 Abs. 5 Nr. 3 SGB X orientieren (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Danach gehören Verwandte und Verschwägerte gerader Linie zu den Angehörigen, und somit auch der Sohn der Klägerin.
50Berechnet sich die angemessene Wohnfläche damit im vorliegenden Verfahren nach zwei Personen, so beträgt sie (130 m² abzgl. 2 x 20 m²; s.o.) 90 m². Die tatsächliche Wohnfläche ist mit 119 m² deshalb unangemessen. Das gilt selbst dann, wenn man eine Überschreitung von 10% auch im Bereich des Sozialhilferechts (ebenso wie im Bereich des SGB II) aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für tolerabel hält.
51An der Unangemessenheit der Wohnfläche ändert es auch nichts, dass das Haus ursprünglich beim Erwerb des bebauten Erbbaurechts durch die Klägerin für eine Nutzung durch drei Personen - nämlich als Familienheim für die Klägerin und ihre beiden Kinder - gedacht war. Die Klägerin lebte denn auch nach Trennung von ihrem ersten Ehemann zunächst mit beiden Kindern in dem Haus; die Tochter ist erst im Alter von etwa 16 Jahren zu ihrem Vater gezogen.
52In der Literatur wird insoweit die Auffassung vertreten, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 82 Abs. 3 S. 2 II des II. WobauG a.F. solle von einer Herabsetzung der angemessenen Wohnfläche abgesehen werden, wenn sich die ursprüngliche Bewohnerzahl erst durch den Auszug erwachsener Kinder verringert habe (vgl. Mecke in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 90, Rn. 78; Link, Sozialrecht aktuell 2007, 8, 12). Nach dieser (am 31.12.2001 außer Kraft getretenen) Vorschrift ist eine Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug der Wohnung unschädlich. Wollte man so verfahren, betrüge die angemessene Wohnfläche beim Haus der Klägerin (für drei Personen) 110 m²; wollte man zudem auch hier aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Überschreitung von 10% tolerieren (dann 121 m²), wäre die tatsächliche Wohnfläche von 119 m² noch angemessen. Der Senat schließt sich dieser Auffassung jedoch nicht an. Denn Sozialhilfe dient grundsätzlich nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage und knüpft daher an einen aktuellen Hilfebedarf an (BSG, Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R; sog. Gegenwärtigkeitsprinzip). § 90 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 SGB XII normiert zudem ausdrücklich, dass (auch) auf die Zahl der Bewohner abzustellen ist; ist Sozialhilfe von vornherein nur eine Hilfe in gegenwärtigen Notlagen, so kann maßgeblich allein die Zahl der Bewohner im Zeitpunkt der geltend gemachten Hilfebedürftigkeit sein (so der erkennende Senat bereits im Urteil vom 19.11.2012 - L 20 SO 273/11; unveröffentlicht).
53(2.) Der Senat hält gleichwohl die Überschreitung der angemessenen Wohnfläche im Falle der Klägerin im Rahmen einer Gesamtbetrachtung für nicht anspruchsschädlich. Denn die Überschreitung betrifft ein Einfamilienhaus für ein bis zwei Bewohner und beträgt dort weniger als ein Drittel; zugleich ist das selbstgenutzte Haus nach den sonstigen Kriterien jeweils sozialhilferechtlich angemessen:
54Einfamilienhäuser in einer eher ländlichen Vorortgegend wie N wurden in den 1970er Jahren üblicherweise mit einer Wohnfläche von mehr als 90 m² errichtet. Auch für Eigentümer mit durchschnittlichen oder gar unterdurchschnittlichen finanziellen Mitteln gibt es kleine Häuser von bis zu 90 m² Wohnfläche allenfalls ausnahmsweise. Dementsprechend weist auch das Haus der Klägerin bei 119 m² Wohnfläche lediglich die für eine Kleinfamilie mit zwei Kindern notwendigen Räume auf (je ein Schlafzimmer für Mutter/Eltern, Sohn und Tochter, Wohn-/Essraum, Küche, sanitäre Räume). Die einzelnen Zimmer sind dabei auch der Größe nach angemessen; die Kinderzimmer haben jeweils eine Wohnfläche von 8,55 m², das Schlafzimmer für Eltern (bzw. die Klägerin als Mutter) weist 22,90 m² auf, das Wohnzimmer 28,26 m², der Essbereich 13,14 m² und die Küche 8,87 m² (übrige Flächen insgesamt 29,00 m²). Gleichwohl summiert sich diese - jeweils für sich genommen bescheidene - Wohnfläche auf 119 m²; dies macht ersichtlich, dass auch bescheidene Einfamilienhäuser mit lediglich bis zu 90 m² nur als Ausnahmefall bei besonders kleinem Bedarf des Bauherrn errichtet werden. Gibt es kleine Einfamilienhäuser mit einer Wohnfläche von 90 m² deshalb nur sehr selten, so liefe der Schutz von selbstgenutzten Hausgrundstücken nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII faktisch leer, wenn ein Einfamilienhaus - wie in typischen Alterslebenslagen, die vom Vierten Kapitel des SGB XII berücksichtigt werden - nur von einer oder zwei Personen bewohnt wird.
55Der Senat hält es aus diesem Grund zur Wahrung eines faktischen Anwendungsbereichs für die in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII berücksichtigte typische Lebenssituation für erforderlich, bei Einfamilienhausgrundstücken, die von einer oder zwei Personen selbst genutzt werden, eine Überschreitung der mit 90 m² zu bemessenden angemessenen Wohnfläche bis zu einem Drittel zuzulassen, wenn das Haus nach sonstigen Kriterien angemessen ist und keine besondere Wertsteigerung erfährt. In einem solchen Fall hält er die Interessen der die Sozialhilfe über Steuern aufbringenden Allgemeinheit durch die Regelung über einen Kostenersatz durch Erben in § 102 SGB XII für hinreichend gewahrt.
56Die genannten Voraussetzungen treffen auf das Haus der Klägerin zu.
57Die Überschreitung der angemessenen Wohnfläche liegt mit 32% unter einem Drittel. Im Übrigen ist das Haus sozialhilferechtlich angemessen:
58Nach den Ausführungen des Sachverständigen T, denen sich der Senat anschließt, verfügt das Gebäude über eine einfache bis mittlere Standardausstattung. Größere Ausbauten oder Renovierungen wurden seit seiner Errichtung im Jahre 1975 nicht vorgenommen; so ist etwa noch immer die ursprüngliche Einfachverglasung vorhanden. Auch der Zuschnitt des Gebäudes weist keine Besonderheiten auf; neben einem größeren Wohn-/Essbereich mit angeschlossener Küche gibt es drei Schlafzimmer. Das Vorhandensein zweier Bäder (ohne besondere Ausstattung) sieht der Senat nicht als wertsteigernde Luxusausstattung an, welche zu einer sozialhilferechtlichen Unangemessenheit führen würde.
59Auch die - nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilende - Größe des Grundstücks ist sozialhilferechtlich angemessen. In der Praxis angewandte Grenzwerte von 500 m² für ein freistehendes Haus (vgl. Geiger in: LPK-SGB XII, § 90 SGB XII, 9. Aufl. 2012, Rn. 53) bzw. für den ländlichen Raum (vgl. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 90 SGB XII, Rn. 59) sind nach der Rechtsprechung des BSG allenfalls Anhaltspunkte; sie können überschritten werden, wenn sich die Größe eines Hausgrundstücks im Rahmen der örtlichen Gegebenheiten hält (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Letzteres ist hier der Fall. Denn die Immobilie der Klägerin gehört zu einer L-förmig angelegten Siedlung von gleichartigen Häusern, die auf vergleichbar großen Grundstücken errichtet worden sind. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Ortsteil N nicht zum innerstädtischen Bereich von N gehört, sondern eher ländlich strukturiert ist. In einem ländlichen Bereich hat das BSG sogar im von ihm entschiedenen Einzelfall ein Grundstück von 800 m² noch als angemessen angesehen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R).
60Auch der Verkehrswert des Erbbaurechtes ist angemessen. Der Sachständigen T hat den Verkehrswert aus dem Sachwert abgeleitet, da die Eigennutzung vordergründig sei. Bei dieser Methode wird zunächst der Bodenwertanteil ermittelt und dann der Gebäudewert; zusammengenommen ergibt sich der Sachwert des Erbbaurechts. Dieser beläuft sich im vorliegenden Verfahren nach den Feststellungen des Sachverständigen T auf 178.000,00 EUR. Bei der Festlegung des Verkehrswertes sei jedoch aufgrund des mängelbehafteten Gebäudezustandes und des Erbbaugrundstücks ein Abschlag von 20% zu machen, so dass sich gerundet ein Wert von 140.000,00 EUR ergebe. Auch der vom Senat gutachterlich gehörte N Immobilienmakler I hat gegen diese Einschätzung keine Einwände erhoben. Der Senat schließt sich diesen Einschätzungen der beiden Sachverständigen an, da sie schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend sind. Der Verkehrswert des Erbbrauchrechtes setzt sich zusammen aus dem reinen Bodenwertanteil i.H.v. ca. 50.000,00 EUR (62.000,00 EUR abzgl. des Abschlages von 20%) und dem Gebäudewert einschließlich eines Zuschlages für die Außenanlagen von insgesamt ca. 90.000,00 EUR (115.500,00 EUR abzgl. des Abschlages von 20%). Der Bodenwertanteil des Erbbraurechtes ist deshalb so hoch, weil der Bodenrichtwert im Bereich des Erbbaugrundstücks 230,00 EUR/m² beträgt. Die Angemessenheit dieses Anteils folgt bereits daraus, dass es sich um ein angemessenes Grundstück handelt (s.o.) und die Klägerin den Bodenrichtwert nicht beeinflussen kann. Das Gebäude selbst ist somit nur ca. 90.000,00 EUR wert, was nach Auffassung des Senates die sozialhilferechtliche Angemessenheitsgrenze nicht überschreitet.
61(3.) Schließlich steht der Angemessenheit des Erbbauchrechts im Rahmen von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII auch nicht entgegen, dass es aus zwei Grundstücken besteht. Insoweit reicht es - unbeschadet der Frage, wie bei einer Eigennutzung des separaten Garagengrundstücks durch die Klägerin zu entscheiden wäre - aus, dass die Klägerin das separate Grundstück auf dem Garagenhof (S) durch Vermietung verwertet.
62Zwar ist das Vorhandensein eines zweiten Grundstücks mit einer zweiten Garage sozialhilferechtlich nicht angemessen. Denn eine vom selbstgenutzten Hausgrundstück separate Garage dient nicht dem Wohnen; es unterfällt deshalb von vornherein nicht dem auf das Grundbedürfnis Wohnung (Art. 13 Grundgesetz) gerichteten Schutzzweck des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Ohnehin verfügt das Hausgrundstück der Klägerin noch über eine weitere Garage; schon aus diesem Grund erscheint ein schützenswerter Bedarf der Klägerin (die im Übrigen auch nicht mehr über ein Kraftfahrzeug verfügt) für die Nutzung der separaten Garage ausgeschlossen. Ist das separate Garagengrundstück deshalb ein Vermögensgegenstand, der sozialhilferechtlich nicht geschützt ist, so muss die Klägerin ihn zur (ggf. teilweisen) Vermeidung von Sozialhilfebedarf verwerten.
63Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Ist der Inhaber dagegen in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt und kann er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen, ist von der Unverwertbarkeit des Vermögens auszugehen; in diesem Falle wäre es sozialhilferechtlich nicht anspruchsschädlich. Darüber hinaus enthält der Begriff der Verwertbarkeit aber auch eine tatsächliche Komponente. Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie, etwa bei Grundstücken infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R).
64Die Verwertung des separaten Garagengrundstücks ist grundsätzlich möglich. Denn das einheitliche Erbbaurecht der Klägerin am Haus- sowie am Garagengrundstück ist grundsätzlich teilbar; ein Erbbaurechtsteil am Garagengrundstück wäre nach Teilung des einheitlichen Erbbaurechts auch separat veräußerbar. Voraussetzung für ein solches Vorgehen wäre allerdings die Zustimmung des Grundstückeigentümers. Erforderlich für die Teilung eines Erbbaurechts ist jedoch - neben der (hier schon vorliegenden) Teilung des Erbbaugrundstücks in mehrere Grundstücke im Rechtssinn (§ 7 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO)) - zusätzlich, dass sich auf den geteilten Grundstücken jeweils ein Gebäude befindet bzw. es dort errichtet werden kann (vgl. von Oefele/Heinemann in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 1 ErbbauRG Rn. 43 ff.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn beide bereits grundbuchlich getrennte Grundstücke sind jeweils mit einem Gebäude bebaut. Eine Teilung des Erbbaurechts setzt jedoch nach § 26 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) voraus, dass der Eigentümer des Grundstücks der Teilung zustimmt; denn in einer Teilung eines Erbbaurechts liegt zugleich immer auch dessen (Teil-) Aufhebung und damit die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 26 ErbbauRG (vgl. von Oefele/Heinemann, a.a.O., Rn. 46). Eine solche Zustimmung des Grundstückseigentümers liegt hinsichtlich des Erbbaurechts der Klägerin nicht vor; ob sie erteilt werden würde, ist zumindest fraglich.
65Es kann offen bleiben, ob der Grundstückeigentümer einer Teilung des Erbbaurechts der Klägerin zustimmen würde bzw. zugestimmt hätte, wäre er daraufhin befragt worden. Denn die Klägerin verwertet die separate Garage zulässigerweise anders als durch Verkauf des Erbbaurechts, nämlich durch Vermietung:
66Eine Verwertung kann auf unterschiedliche Art erfolgen, etwa durch Verkauf oder Beleihung; auch Vermietung oder Verpachtung kommen in Betracht. Grundsätzlich steht es dem Hilfesuchenden frei, zwischen mehreren möglichen Verwertungsarten zu wählen. Jedoch folgt aus der Selbsthilfeverpflichtung des § 2 Abs. 1 SGB XII, dass er grundsätzlich die Verwertungsart zu wählen hat, die den höchsten Deckungsbeitrag erbringt (vgl. Mecke in jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2011, § 90, Rn. 37). Dieser Grundsatz ist nach Auffassung des Senats in der Weise zu modifizieren bzw. zu präzisieren, dass im Falle eines prognostisch langjährigen Leistungsbedarfs von einer Veräußerung abgesehen werden kann, wenn sich der Sozialhilfebedarf durch Vermietung in einer Weise reduzieren lässt, dass die Leistungseinsparungen bereits innerhalb weniger Jahre den Wert des Vermögensgegenstandes erreichen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn der Wert der Garage beläuft sich nach der Mitteilung der städtischen Bewertungsstelle der Beklagten auf 4.000,00 EUR. Auch wenn es sich dabei dem Sachverständigen T zufolge nur um eine Schätzung handelt, wird doch deutlich, dass es sich bei der Vermietung (im streitigen Zeitraum gegen einen monatlichen Mietzins von 45,00 EUR, inzwischen von 50,00 EUR) um eine wirtschaftlich auf nicht allzu lange Frist lukrative Form der Verwertung handelt. Denn bereits nach etwa acht Jahren liegen die Einnahmen durch die Vermietung über dem genannten Schätzwert der Garage (für den im Übrigen die nur laienhafte Ausbesserung des Daches durch den Sohn der Klägerin ersichtlich noch nicht einmal berücksichtigt worden ist). Es schien daher - jedenfalls im streitigen Zeitraum - auch mit Blick auf eine Reduzierung des Sozialhilfebedarfs wirtschaftlich von vornherein sogar sinnvoller, das Erbbaurecht an dem separaten Grundstück durch die erfolgte Vermietung der Garage zu verwerten, statt es zu veräußern. Die Klägerin ist deshalb ihrer Verwertungspflicht bereits nachgekommen.
67III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
68IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung
- 1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird, - 2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden, - 3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, - 4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, - 6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde, - 7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist, - 8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes, - 9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.11.2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im Wesentlichen, ob das selbstgenutzte Einfamilienhaus der Klägerin (Erbbaurecht) im Rahmen der von ihr bezogenen Sozialhilfe nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) einsatzpflichtiges oder geschütztes Vermögen ist.
3Die am 00.00.1943 geborene Klägerin war in erster Ehe mit dem Architekten S verheiratet. Aus der Ehe gingen eine Tochter (geb. 1967) und ein Sohn (geb. 1971) hervor. Nach der Trennung der Eheleute errichtete der Ehemann im Jahre 1975 ein Einfamilienhaus auf einem Erbbaugrundstück in N, in das die Klägerin noch im gleichen Jahr mit den Kindern einzog. Erbbauberechtigter war zunächst der Ehemann; im Rahmen der Scheidungsfolgenregelung wurde dann am 18.01.1977 die Klägerin als Erbbauberechtigte ins Grundbuch eingetragen. Die zweite Ehe der Klägerin dauerte nur etwa zwei Jahre und wurde 1986 geschieden. Anlässlich dieser weiteren Ehe wohnte die Klägerin für etwa fünf Jahre in M (D); während diese Zeit war das Einfamilienhaus in N vermietet. Die Klägerin und ihr Sohn wohnen - mit Unterbrechungen durch die zweite Ehe der Klägerin, beim Sohn auch durch dessen Studium in B - bis heute in dem Haus; die Tochter ist im Alter von etwa 16 Jahren zu ihrem erneut verheirateten Vater gezogen.
4Das (einheitliche) Erbbaurecht besteht aus zwei Grundstücken. Auf dem einen Grundstück (G 00) mit einer Fläche von 485 m² wurde 1975 das Einfamilienhaus errichtet. Das Haus ist ein Flachdach-Bungalow mit sämtlich ebenerdigen Räumen. Es hat drei Schlafzimmer, ein Wohn- und Esszimmer, eine Küche, zwei Bäder und ein Gäste-WC; die Wohnfläche beträgt 119 m². Es gehört zu einer zusammenhängenden, L-förmigen Siedlung von 14 gleichartigen Häusern, die zum gleichen Zeitpunkt auf vergleichbar großen Grundstücken errichtet worden sind. Die Häuser weisen eine einfache bis mittlere Standardausstattung auf. N ist ein Außenbezirk von N; die Lage der Grundstücke ist ohne besondere Vorzüge und Nachteile. Mittlerweile befinden sich in diesem Ortsteil auch zahlreiche Mehrfamilienhäuser; in unmittelbarer Nähe des Hauses der Klägerin befindet sich so ein sechsstöckiges Haus. Das (in das Erbbaurecht einbezogene) weitere Grundstück mit einer Fläche von 21 m² gehört zu einem zu den 14 Häusern geschaffenen Garagenhof (S) und ist mit einer Flachdach-Garage bebaut. Vor etwa drei Jahren hat der Sohn der Klägerin das rissig gewordene Dach dieser Garage mit Dachpappe geflickt, so dass es seither nicht mehr undicht und die Garage ohne Beeinträchtigung benutzbar ist. Etwa zwei Jahre nach dem Bezug durch die Klägerin errichtete ihr erster Ehemann auf dem Hausgrundstück eine weitere Garage direkt neben dem nicht unterkellerten Haus, so dass der Klägerin weiterer Stauraum zur Verfügung stand.
5Der Erbbauzins für das einheitliche Erbbaurecht an beiden Grundstücken beläuft sich auf monatlich 109,18 EUR; seit etlichen Jahren ist eine monatliche Zahlungsweise vereinbart. Der laufende monatliche Abschlag für Wasser beträgt 20,75 EUR. Darüber hinaus hat die Klägerin weitere Aufwendungen zu tragen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden.
6Die Klägerin vermietete ihrem Sohn ab dem 01.07.2003 einen Teil ihres Hauses, bestehend aus zwei Zimmern und einem Badezimmer mit einer Wohnfläche von 35 m²; die Küche der Klägerin darf er mitnutzen. Die Miete einschließlich der Nebenkosten belief sich ursprünglich auf 300,00 EUR und wurde zum 01.10.2004 auf 320,00 EUR erhöht. Die Garage auf dem separaten Grundstück (S) hat die Klägerin im streitigen Zeitraum (01.05.2009 bis 31.03.2010) für 45,00 EUR pro Monat vermietet. Der Grundstückseigentümer wurde zu keiner Zeit darüber befragt, ob er einer Teilung des einheitlichen Erbbaurechts zum Zwecke eines separaten Verkaufs des Erbbaurechts an der separaten Garage zustimmen würde. Die Klägerin bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (Bewilligungsbescheid vom 20.11.2008); diese belief sich ab dem 01.01.2009 auf monatlich 98,92 EUR.
7Im Jahre 2008 besaß die Klägerin einen PKW VW Golf (Baujahr 1995, keine besondere Ausstattung, etwa 75.000 km Laufleistung); aufgrund von Standschäden konnte sie diesen nur mehr für einen Preis von 200,00 EUR an eine Nachbarin verkaufen. Weiteres Vermögen i.H.v. etwa 74.000,00 EUR, das die Klägerin für ihre Altersvorsorge im Wesentlichen in Investmentfonds auf einem Online-Depot bei der D-bank angelegte hatte, ist vor etwa sechs Jahren im Wege des Keylogging von unbekannter Seite abgegriffen worden (sog. Phishing). Eine Entschädigung für den Verlust dieses Vermögens hat die Klägerin nicht erhalten.
8Die Klägerin bezog bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahres (am 17.12.2008) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 10.11.2008 beantragte sie bei der Beklagten ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII.
9Mit Bescheid vom 04.02.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII als Darlehen. Die Klägerin verfüge über ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von 110 m². Dies sei vorrangig einzusetzendes Vermögen; da eine Verwertung nicht sofort möglich sei, würden Leistungen als Darlehen gewährt. Bei der Bewilligung legte die Beklagte einen Bedarf von 587,73 EUR zugrunde (Regelsatz 351,00 EUR, Hauslasten 135,03 EUR, Heizkosten 101,70 EUR). Zur Berechnung der Hauslasten rechnete die Beklagte sämtliche Kosten einschließlich des Erbbauzinses und eines Erhaltungsaufwandes von 1% zusammen (247,53 EUR) und berücksichtigte davon aufgrund der Vermietung einen Anteil von 54,55 % als Bedarf der Klägerin. Als Einkommen rechnete sie die Altersrente von 98,92 EUR sowie Mieteinkünfte von 205,88 EUR an; bei letzteren legte sie Einnahmen i.H.v. 290,00 EUR zugrunde, von denen anteilige Kosten i.H.v. 84,12 EUR abzuziehen seien. Es ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag von 282,93 EUR.
10Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch vom 26.02.2009 begehrte die Klägerin die Leistungen nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss. Das Hausgrundstück sei Schonvermögen, da sie 35 m² vermietet habe und deshalb selbst weniger als 90 m² bewohne. Ohnehin sei nicht allein auf die Wohnfläche abzustellen, sondern auch auf den Wert der Immobilie, welchen sie auf nur 50.000,00 EUR schätze. Sie bewohne das Haus bereits seit 1975; zudem sei zu berücksichtigen, dass ihr wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen ein Umzug unzumutbar sei.
11Die städtische Bewertungsstelle der Beklagten ermittelte nach Aktenlage einen Wert des Erbbaurechtes von 160.000,00 EUR.
12Die Beklagte bewilligte in der Folgezeit darlehensweise Leistungen befristet bis zum 31.03.2010, ohne dass die Klägerin nochmals Widerspruch einlegte. Am 17.03.2010 stellte die Klägerin einen Folgeantrag. Mit Schreiben vom 14.04.2010 teilte die Beklagte der Bevollmächtigten der Klägerin mit, die Leistungen würden für April 2014 darlehensweise bewilligt; über Leistungen ab dem 01.05.2010 werde nach Eingang noch fehlender Unterlagen entschieden. Gegen dieses Schreiben und die darlehensweise Bewilligung für April 2010 legte die Klägerin am 07.05.2010 Widerspruch ein.
13Mit Bescheid vom 12.05.2010 lehnte die Beklagte zuschussweise Leistungen ab dem 01.05.2010 ab. Die Klägerin verfüge über verwertbares Vermögen, so dass kein Anspruch auf Leistungen als Zuschuss bestehe. Die Beklagte bot die Weitergewährung als Darlehen an, allerdings nur gegen Eintragung einer Hypothek über 6.000,00 EUR. Die Klägerin legte hiergegen am 15.06.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung nahm sie auf ihren bisherigen Widerspruch Bezug. Sie sei damit einverstanden, dass zunächst weiter ein Darlehen gewährt werde, und werde die Zustimmung zur Eintragung einer Hypothek erteilen.
14Mit Bescheid vom 16.06.2010 gewährte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum Mai bis August 2010 Leistungen als Darlehen. Sie machte der Klägerin zur Auflage, ihre Zustimmung zur Eintragung einer Sicherungshypothek zu erteilen.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2010 (zugestellt am 22.07.2010) wies die Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter die Widersprüche der Klägerin vom 25.02.2009, 07.05.2010 und 15.06.2010 zurück. Gegenstand des Verfahrens seien der Bescheid vom 04.02.2009, mit dem Leistungen für den Zeitraum 17.12.2008 bis 30.04.2009 bewilligt worden seien, sowie der Bescheid vom 14.04.2010 mit der Bewilligung für den Monat April 2010. Für den Zeitraum 01.05.2009 bis 31.03.2010 seien weitere Bescheide erteilt worden, die bestandskräftig geworden seien; er sei daher nicht Gegenstand des Verfahrens. Die zuschussweise Leistungsgewährung ab Mai 2010 sei mit Bescheid vom 12.05.2010 abgelehnt worden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen als Zuschuss, da sie über verwertbares Vermögen verfüge. Sie sei Eigentümerin eines Hausgrundstücks, dessen Wohnfläche mit 110 m² unangemessen sei. Dies gelte auch in Anbetracht des Umstandes, dass die Klägerin das Haus mit ihrem Sohn bewohne; denn die angemessene Wohnfläche für zwei Personen betrage 90 m². Zwar sei nicht allein auf die Wohnfläche abzustellen, und es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Grundstücksgröße von 485 m², der Zuschnitt und die Ausstattung des Hauses unangemessen seien. Dennoch sei allein aufgrund der Wohnfläche von einer nicht geschützten Immobilie auszugehen. Deren Verwertung bedeute für die Klägerin auch keine besondere Härte. Weder ihr Alter noch gesundheitliche Einschränkungen könnten eine Härte begründen. Die Klägerin könne daher nur darlehensweise Leistungen erhalten, die ihr bis zum 31.08.2010 gewährt worden seien.
16Die Klägerin hat am 19.08.2010 Klage erhoben. Die Leistungen nach dem SGB XII stünden ihr als Zuschuss zu. Ihr Hausgrundstück sei Schonvermögen; denn sie bewohne selbst weniger als 90 m². Nach der sog. Kombinationstheorie sei auch nicht allein auf die Wohnfläche, sondern auf alle persönlichen, sachlichen und wertbezogenen Faktoren abzustellen. Die Grundstücksgröße von 485 m² sei angemessen. Der Wert der Immobilie sei von der Beklagten fehlerhaft mit 160.000,00 EUR ermittelt worden, tatsächlich betrage er nur etwa 80.000,00 EUR. Es sei zu berücksichtigen, dass es sich um ein Erbbaugrundstück handele und das Haus sanierungsbedürftig sei. Eine Verwertung würde für sie zudem eine Härte bedeuten, da sie bereits mehr als 25 Jahre dort wohne. Psychisch würde sie einen Umzug nicht verkraften.
17In einem Erörterungstermin vom 08.02.2012 haben die Beteiligten gegenüber dem Sozialgericht übereinstimmend erklärt, der streitgegenständliche Zeitraum reiche vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009. Für Zeiten ab dem 01.05.2010 hat die Beklagte weiter erklärt, sie werde sich nicht auf die bestandskräftige Ablehnung zuschussweiser Leistungen berufen.
18Die Klägerin hat beantragt,
19die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 04.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 als verlorenen Zuschuss zu gewähren.
20Die Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Sie hat auf ihren Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, das Hausgrundstück sei ein ungeschützter Vermögenswert, der vorrangig vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes einzusetzen sei. Dass die Klägerin das Haus gemeinsam mit ihrem Sohn bewohne, könne nicht zu einer Angemessenheit des Hausgrundstücks führen; denn hierdurch verringere sich die Wohnfläche nicht auf eine angemessene Größe.
23Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Dipl. Ing. (B) und Bausachverständigen T (N) vom 20.03.2012 zum Wert der Immobilie eingeholt. Danach handelt es sich um ein Einfamilienwohnhaus mit zwei Garagen, wobei sich eine Garage auf einer separaten Parzelle befinde. Die Klägerin sei erbbauberechtigt aufgrund eines Vertrages vom 30.08.1974. Das Grundstück habe eine Größe von 485 m², zzgl. 21 m² auf dem Garagenhof. Das Wohnhaus sei 1975 errichtet worden und habe eine Wohnfläche von 119 m². Davon seien 35 m² an den Sohn für eine Warmmiete von 320,00 EUR vermietet. Die Garage auf dem Garagenhof sei (mittlerweile) für 50,00 EUR vermietet. Es handele sich um ein Einfamilienwohnhaus in mittlerer Lage, mit individueller Struktur und einfacher bis mittlerer Standardausstattung. Der bauliche Zustand sei mittelmäßig bei mangelhaften Dämmfaktoren. Der Ertragswert belaufe sich auf 135.000,00 EUR, der Sachwert auf 178.000,00 EUR. Maßgeblich sei bei vordergründiger Eigennutzung der Sachwert. Von diesem sei allerdings ein Abschlag von 20% zu machen. Denn zum einen sei der mängelbehaftete Gebäudezustand wertmindernd zu berücksichtigen, zum anderen werde der Käuferkreis erfahrungsgemäß durch das Erbbaurecht eingeschränkt. Der Verkehrswert betrage für Dezember 2008 140.000,00 EUR; für das Jahr 2011 betrage er aufgrund der allgemeinen Wertsteigerung bei Einfamilienhäusern 145.000,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
24Mit Urteil vom 07.11.2012 (der Beklagten zugestellt am 10.01.2013) hat das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 17.12.2008 bis 30.04.2009 als Zuschuss zu gewähren. Die Immobilie der Klägerin sei ein angemessenes Hausgrundstück i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für einen Vier-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 130 m² angemessen, und für jede Person weniger sei ein Abschlag von 20 m² zu machen. Angesichts der übrigen Faktoren des Hausgrundstücks (Wohnfläche, Verkehrswert und bauliche Ausstattung), die - wohl auch nach Auffassung des Beklagten - dem Angemessenheitsbegriff des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII unterfielen, sei jedoch davon auszugehen, dass die geringe Überschreitung der angemessenen Wohnfläche unbeachtlich sei.
25Die Beklagte hat am 28.01.2013 Berufung eingelegt. Sie hält die Immobilie der Klägerin nach wie vor nicht für angemessen. Nach der Kombinationstheorie seien alle in § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII genannten persönlichen, sachlichen und wertbezogenen Kriterien zu berücksichtigen. Die Grundstücksgröße von (insgesamt) über 500 m² sei nicht angemessen; denn es gehe nicht um einen ländlichen Bereich, sondern um einen Stadtteil von N. Auch die Wohnfläche sei unangemessen; die vorliegende Überschreitung von 32% sei keineswegs mehr geringfügig. Sonstige Kriterien könnten die Unangemessenheit der Grundstücksgröße und der Wohnfläche nicht kompensieren. Es liege auch kein atypischer Sachverhalt im Sinne einer Härte gem. § 90 Abs. 3 SGB XII vor.
26Die Beklagte beantragt,
27das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.11.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
28Die Klägerin beantragt,
29die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
30Das Sozialgericht habe die geringfügige Überschreitung der angemessenen Wohnfläche zutreffend als unbeachtlich angesehen. Die Grundstücksgröße sei angemessen, da der Ortsteil N eher dem ländlichen Bereich zuzuordnen sei. Der Verkehrswert von 140.000,00 EUR sei ebenfalls angemessen, denn er liege unter dem Wert von 160.000,00 EUR, welchen die Beklagte für vergleichbare Immobilien ermittelt habe. Eine Verwertung würde auch eine Härte bedeuten.
31Der Senat hat ein Gutachten des Immobilienmaklers I (N) vom 19.12.2013 zur Frage der Marktgängigkeit des Erbbaurechts der Klägerin eingeholt. Der Sachverständige führt aus, gegen das Gutachten des Sachverständigen T bestünden keine Einwände. Dieser habe zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Verkauf des Hauses - welches am Markt ausschließlich Eigennutzer anspreche - durch die Errichtung auf einem Erbbaugrundstück erschwert werde. Die mittelmäßige Lage des Grundstücks und die Mängel am Haus ließen einen höheren Quadratmeterpreis nicht zu. Das Vergleichswertverfahren sei aufgrund der Individualität des Erbbaurechts nicht anzuwenden, zumal auch nach der Datenbank des Gutachters kein vergleichbares Objekt verkauft worden sei. Auf der Grundlage der ihm vorliegenden Erfahrungswerte bei Verkäufen von Immobilien auf Erbpachtgrundstücken zur Eigennutzung sowie des ermittelten Verkehrswerts wäre eine Vermarktung innerhalb von zwölf Monaten möglich gewesen. Diese Aussage beziehe sich auf einen Verkauf mit der Möglichkeit der anschließenden Eigennutzung seitens des Käufers sowie einer öffentlichen Vermarktung, da es sich hier um einen eingeschränkten Kundenkreis handele. Ein Verkauf der Immobilie innerhalb von zwölf Monaten sei weiterhin realistisch. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten; er ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
33Entscheidungsgründe:
34I. Die nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII als Zuschuss zu gewähren.
351. Gegenstand des Klageverfahrens ist nach der Beschränkung des streitigen Zeitraumes im erstinstanzlichen Erörterungstermin vom 08.02.2012 allein noch der Bescheid vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 (§ 95 SGG), mit dem Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 als Darlehen bewilligt worden sind.
36Die hiergegen gerichtete Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1, § 56 SGG) zulässig. Denn der angefochtene Bescheid verfügt unter anderem, dass die Leistungen lediglich als Darlehen bewilligt werden. Nach dem Klageantrag (und einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 05.05.2014) ist nicht über etwa höhere Leistungen nach dem SGB XII zu befinden, sondern nur darüber, ob die gewährten Leistungen statt als Darlehen als (nicht zurückzuzahlender) Zuschuss hätten erbracht werden müssen. Da die Beklagte bereits Leistungen erbracht hat und deshalb nicht erneut zur Leistung verurteilt werden kann, musste - wie auch im Tenor des Sozialgerichts geschehen - lediglich die Form der Zahlung (Zuschuss statt Darlehen) geändert werden.
372. Der Bescheid vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 ist, soweit zustehende Leistungen in Form eines Darlehens bewilligt werden, rechtwidrig; die Klägerin ist dadurch im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert.
38Denn sie hatte im streitigen Zeitraum 17.12.2008 bis 30.04.2009 einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII als Zuschuss aus § 41 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten (Abs. 1 S. 1). Leistungsberechtigt wegen Alters nach Absatz 1 ist, wer die Altersgrenze erreicht hat (Abs. 2 S. 1).
39Die Klägerin hat am 17.12.2008 das 65. Lebensjahr vollendet und damit die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht. Sie hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, denn sie lebt - ohne dass es sich dabei nur um einen nur vorübergehenden Aufenthalt handeln würde - in N. Den Antrag auf Grundsicherung nach dem SGB XII hat sie am 10.11.2008 gestellt. Die Klägerin konnte zudem ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen (a) und Vermögen (b) beschaffen.
40a) Das Einkommen der Klägerin deckte ihren Bedarf im streitigen Zeitraum nicht. Ihr monatlicher Bedarf setzte sich mindestens aus dem Regelsatz von 351,00 EUR, dem (monatlich fälligen) Erbbauzins von 109,18 EUR und dem monatlichen Abschlag für Wasser von 20,75 EUR zusammen (Summe: 480,93 EUR). Dazu kommen weitere Aufwendungen für das Eigenheim, wie z.B. Grundbesitzabgaben und Beiträge zur Gebäudeversicherung, die jeweils im Monat ihrer Fälligkeit dem Bedarf hinzuzurechnen sind (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 78/12 R m.w.N.). Die Klägerin konnte jedoch bereits den Mindest-Gesamtbedarf i.H.v. 480,93 EUR im streitigen Zeitraum nicht durch die Altersrente i.H.v. 98,92 EUR und die Mieteinkünfte i.H.v. 365,00 EUR (Summe: 463,92 EUR) vollständig decken; vielmehr verblieb ein Restbedarf.
41b) Vermögen der Klägerin steht einem Leistungsanspruch im streitigen Zeitraum ebenfalls nicht entgegen:
42aa) Der PKW der Klägerin hatte - wovon die Beteiligten ausweislich einer übereinstimmend gegenüber dem Senat in einem Verhandlungstermin vom 14.04.2014 und ebenso der Senat ausgehen - einen Marktwert von 200,00 EUR; er war damit gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII nicht als Vermögen einsatzpflichtig. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte. Der Vorschrift unterfallen nicht nur unmittelbar Geldbeträge und Geldwerte im engeren Sinn, sondern mittelbar auch Vermögensgegenstände, wenn der Erlös aus ihrer Verwertung den maßgeblichen Freibetrag nicht übersteigt bzw. übersteigen würde (vgl. BSG, Urteil vom 20.09.2012 - B 8 SO 13/11 R). Dieser Freibetrag beläuft sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 1a der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des SGB XII bei nachfragenden Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, auf 2.600,00 EUR. Er liegt damit weit oberhalb des Wertes des (ehemaligen) PKW der Klägerin.
43bb) Als weiterer Vermögensgegenstand kommt allein das Erbbaurecht der Klägerin in Betracht. Der Senat hält dieses Erbbaurecht jedoch für nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII vor einer Einsatzpflicht geschützt. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.
44Mit dieser Formulierung hat der Gesetzgeber die sog. Kombinationstheorie aufgegriffen, die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zur Auslegung des § 88 Abs. 2 Nr. 7 Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in der bis zum 31.12.1990 geltenden Fassung entwickelt worden war. Nach dieser Vorschrift durfte die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines kleinen Hausgrundstücks, besonders eines Familienheims. Die Eigenschaft eines Hausgrundstücks als "klein" sollte sich nach der Rechtsprechung des BVerwG nach personenbezogenen Kriterien (Zahl der Bewohner und deren besondere Bedürfnisse) sowie nach sachbezogenen und wertbezogenen Kriterien (Größe, Zuschnitt und Ausstattung der Baulichkeit; Größe des Grundstücks; Wert des Grundstücks einschließlich der Baulichkeit) richten (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1974 - V C 50.73 sowie vom 17.01.1980 - 5 C 48/78).
45Das BSG hat sich dieser Kombinationstheorie des BVerwG angeschlossen. Danach sei die Angemessenheit nach Maßgabe und Würdigung aller in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG (jetzt § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) bezeichneten personen-, sach- und wertbezogenen Kriterien zu beurteilen; soweit ein einzelnes Kriterium unangemessen sei, führe dies also nicht automatisch zur Unangemessenheit des Hausgrundstücks (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.
46Bei einer danach erforderlichen Gesamtbetrachtung sieht der Senat das bebaute Erbbaurecht der Klägerin als ein insgesamt angemessenes Hausgrundstück i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII an. Zwar ist die Wohnfläche des Hauses im Hinblick auf die Anzahl der Bewohner für sich genommen unangemessen groß [dazu (1.)]. Die Überschreitung der insoweit zu ziehenden Angemessenheitsgrenze ist jedoch zu tolerieren, da sie weniger als ein Drittel oberhalb der Grenze für ein von ein bis zwei Personen bewohntes Einfamilienhaus liegt und zugleich sämtliche übrigen sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien eingehalten werden [dazu (2.)]. Schließlich steht der Angemessenheit des Erbbrauchrechts auch nicht entgegen, dass es aus zwei Grundstücken besteht; denn die Klägerin verwertet das separate Grundstück auf dem Garagenhof in geeigneter Weise bereits durch Vermietung [dazu (3.)].
47(1.) Die Wohnfläche des von der Klägerin bewohnten Hauses ist für sich genommen im Hinblick auf die Anzahl der zwei Bewohner unangemessen groß. Nach der Rechtsprechung des BSG zum SGB II ist die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks nach den Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG) mit einem Grenzwert von 130 m² für einen Vier-Personen-Haushalt zu bestimmen; für jede weitere Person erhöht er sich um 20 m², für jede Person weniger verringert er sich um 20 m² (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R; Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R; Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R; Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Bei einer Belegung des Hauses mit nur einer Person sei die Grenze allerdings typisierend auf 90 m² festzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Darüber hinaus sei bei einer Überschreitung der Wohnflächenobergrenze um nicht mehr als 10% mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch von einer angemessenen Wohnfläche auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R). Der für die Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung - auch aus Gründen der Harmonisierung (zu deren Notwendigkeit vgl. Coseriu, in: Bender/Eicher, Sozialrecht - eine Terra incognita, 2009, 225, 255 f.; Stölting/Greiser, SGb 2010, 631 ff.) - angeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Grundsätzlich schließt sich auch der erkennende Senat dieser Rechtsprechung an.
48Zur Beurteilung der Angemessenheit ist von der Gesamtwohnfläche des Hauses von 119 m² auszugehen; maßgebend ist - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht etwa nur die von der Klägerin selbst bewohnte Fläche von 84 m². Insoweit genügt, dass der Vermögensinhaber das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche ist deshalb gerechtfertigt, weil der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit steht, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliegt; Ausnahmen sind allenfalls denkbar bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile (vgl. BSG, a.a.O.). Ohne eine Teilung des Eigentums ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten, und es ist für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche und nicht nur auf die von der Leistungen beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abzustellen (vgl. BSG, a.a.O.). Für Inhaber eines Erbbaurechts kann nach Ansicht des Senats nichts anders gelten. Denn die Klägerin kann als dessen Eigentümerin das gesamte bebaute Erbbaurecht als Vermögensgegenstand verwerten; die Vermietung eines Teils des Hauses an ihren Sohn ändert daran nichts und stellt insbesondere kein rechtliches Hindernis für eine Verwertung dar (wie es etwa bei einem Miteigentumsanteil bestünde).
49Gehört der Sohn aber zu den Angehörigen der Klägerin i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII, so ist bei der Beurteilung der Angemessenheit der Wohnfläche von zwei Personen auszugehen. Anders als im SGB II ist also nicht nur auf Mitglieder der Bedarfs- bzw. Einstandsgemeinschaft abzustellen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Bei der Auslegung des Begriffs "Angehöriger" kann man sich an § 16 Abs. 5 Nr. 3 SGB X orientieren (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Danach gehören Verwandte und Verschwägerte gerader Linie zu den Angehörigen, und somit auch der Sohn der Klägerin.
50Berechnet sich die angemessene Wohnfläche damit im vorliegenden Verfahren nach zwei Personen, so beträgt sie (130 m² abzgl. 2 x 20 m²; s.o.) 90 m². Die tatsächliche Wohnfläche ist mit 119 m² deshalb unangemessen. Das gilt selbst dann, wenn man eine Überschreitung von 10% auch im Bereich des Sozialhilferechts (ebenso wie im Bereich des SGB II) aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für tolerabel hält.
51An der Unangemessenheit der Wohnfläche ändert es auch nichts, dass das Haus ursprünglich beim Erwerb des bebauten Erbbaurechts durch die Klägerin für eine Nutzung durch drei Personen - nämlich als Familienheim für die Klägerin und ihre beiden Kinder - gedacht war. Die Klägerin lebte denn auch nach Trennung von ihrem ersten Ehemann zunächst mit beiden Kindern in dem Haus; die Tochter ist erst im Alter von etwa 16 Jahren zu ihrem Vater gezogen.
52In der Literatur wird insoweit die Auffassung vertreten, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 82 Abs. 3 S. 2 II des II. WobauG a.F. solle von einer Herabsetzung der angemessenen Wohnfläche abgesehen werden, wenn sich die ursprüngliche Bewohnerzahl erst durch den Auszug erwachsener Kinder verringert habe (vgl. Mecke in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 90, Rn. 78; Link, Sozialrecht aktuell 2007, 8, 12). Nach dieser (am 31.12.2001 außer Kraft getretenen) Vorschrift ist eine Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug der Wohnung unschädlich. Wollte man so verfahren, betrüge die angemessene Wohnfläche beim Haus der Klägerin (für drei Personen) 110 m²; wollte man zudem auch hier aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Überschreitung von 10% tolerieren (dann 121 m²), wäre die tatsächliche Wohnfläche von 119 m² noch angemessen. Der Senat schließt sich dieser Auffassung jedoch nicht an. Denn Sozialhilfe dient grundsätzlich nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage und knüpft daher an einen aktuellen Hilfebedarf an (BSG, Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R; sog. Gegenwärtigkeitsprinzip). § 90 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 SGB XII normiert zudem ausdrücklich, dass (auch) auf die Zahl der Bewohner abzustellen ist; ist Sozialhilfe von vornherein nur eine Hilfe in gegenwärtigen Notlagen, so kann maßgeblich allein die Zahl der Bewohner im Zeitpunkt der geltend gemachten Hilfebedürftigkeit sein (so der erkennende Senat bereits im Urteil vom 19.11.2012 - L 20 SO 273/11; unveröffentlicht).
53(2.) Der Senat hält gleichwohl die Überschreitung der angemessenen Wohnfläche im Falle der Klägerin im Rahmen einer Gesamtbetrachtung für nicht anspruchsschädlich. Denn die Überschreitung betrifft ein Einfamilienhaus für ein bis zwei Bewohner und beträgt dort weniger als ein Drittel; zugleich ist das selbstgenutzte Haus nach den sonstigen Kriterien jeweils sozialhilferechtlich angemessen:
54Einfamilienhäuser in einer eher ländlichen Vorortgegend wie N wurden in den 1970er Jahren üblicherweise mit einer Wohnfläche von mehr als 90 m² errichtet. Auch für Eigentümer mit durchschnittlichen oder gar unterdurchschnittlichen finanziellen Mitteln gibt es kleine Häuser von bis zu 90 m² Wohnfläche allenfalls ausnahmsweise. Dementsprechend weist auch das Haus der Klägerin bei 119 m² Wohnfläche lediglich die für eine Kleinfamilie mit zwei Kindern notwendigen Räume auf (je ein Schlafzimmer für Mutter/Eltern, Sohn und Tochter, Wohn-/Essraum, Küche, sanitäre Räume). Die einzelnen Zimmer sind dabei auch der Größe nach angemessen; die Kinderzimmer haben jeweils eine Wohnfläche von 8,55 m², das Schlafzimmer für Eltern (bzw. die Klägerin als Mutter) weist 22,90 m² auf, das Wohnzimmer 28,26 m², der Essbereich 13,14 m² und die Küche 8,87 m² (übrige Flächen insgesamt 29,00 m²). Gleichwohl summiert sich diese - jeweils für sich genommen bescheidene - Wohnfläche auf 119 m²; dies macht ersichtlich, dass auch bescheidene Einfamilienhäuser mit lediglich bis zu 90 m² nur als Ausnahmefall bei besonders kleinem Bedarf des Bauherrn errichtet werden. Gibt es kleine Einfamilienhäuser mit einer Wohnfläche von 90 m² deshalb nur sehr selten, so liefe der Schutz von selbstgenutzten Hausgrundstücken nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII faktisch leer, wenn ein Einfamilienhaus - wie in typischen Alterslebenslagen, die vom Vierten Kapitel des SGB XII berücksichtigt werden - nur von einer oder zwei Personen bewohnt wird.
55Der Senat hält es aus diesem Grund zur Wahrung eines faktischen Anwendungsbereichs für die in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII berücksichtigte typische Lebenssituation für erforderlich, bei Einfamilienhausgrundstücken, die von einer oder zwei Personen selbst genutzt werden, eine Überschreitung der mit 90 m² zu bemessenden angemessenen Wohnfläche bis zu einem Drittel zuzulassen, wenn das Haus nach sonstigen Kriterien angemessen ist und keine besondere Wertsteigerung erfährt. In einem solchen Fall hält er die Interessen der die Sozialhilfe über Steuern aufbringenden Allgemeinheit durch die Regelung über einen Kostenersatz durch Erben in § 102 SGB XII für hinreichend gewahrt.
56Die genannten Voraussetzungen treffen auf das Haus der Klägerin zu.
57Die Überschreitung der angemessenen Wohnfläche liegt mit 32% unter einem Drittel. Im Übrigen ist das Haus sozialhilferechtlich angemessen:
58Nach den Ausführungen des Sachverständigen T, denen sich der Senat anschließt, verfügt das Gebäude über eine einfache bis mittlere Standardausstattung. Größere Ausbauten oder Renovierungen wurden seit seiner Errichtung im Jahre 1975 nicht vorgenommen; so ist etwa noch immer die ursprüngliche Einfachverglasung vorhanden. Auch der Zuschnitt des Gebäudes weist keine Besonderheiten auf; neben einem größeren Wohn-/Essbereich mit angeschlossener Küche gibt es drei Schlafzimmer. Das Vorhandensein zweier Bäder (ohne besondere Ausstattung) sieht der Senat nicht als wertsteigernde Luxusausstattung an, welche zu einer sozialhilferechtlichen Unangemessenheit führen würde.
59Auch die - nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilende - Größe des Grundstücks ist sozialhilferechtlich angemessen. In der Praxis angewandte Grenzwerte von 500 m² für ein freistehendes Haus (vgl. Geiger in: LPK-SGB XII, § 90 SGB XII, 9. Aufl. 2012, Rn. 53) bzw. für den ländlichen Raum (vgl. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 90 SGB XII, Rn. 59) sind nach der Rechtsprechung des BSG allenfalls Anhaltspunkte; sie können überschritten werden, wenn sich die Größe eines Hausgrundstücks im Rahmen der örtlichen Gegebenheiten hält (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Letzteres ist hier der Fall. Denn die Immobilie der Klägerin gehört zu einer L-förmig angelegten Siedlung von gleichartigen Häusern, die auf vergleichbar großen Grundstücken errichtet worden sind. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Ortsteil N nicht zum innerstädtischen Bereich von N gehört, sondern eher ländlich strukturiert ist. In einem ländlichen Bereich hat das BSG sogar im von ihm entschiedenen Einzelfall ein Grundstück von 800 m² noch als angemessen angesehen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R).
60Auch der Verkehrswert des Erbbaurechtes ist angemessen. Der Sachständigen T hat den Verkehrswert aus dem Sachwert abgeleitet, da die Eigennutzung vordergründig sei. Bei dieser Methode wird zunächst der Bodenwertanteil ermittelt und dann der Gebäudewert; zusammengenommen ergibt sich der Sachwert des Erbbaurechts. Dieser beläuft sich im vorliegenden Verfahren nach den Feststellungen des Sachverständigen T auf 178.000,00 EUR. Bei der Festlegung des Verkehrswertes sei jedoch aufgrund des mängelbehafteten Gebäudezustandes und des Erbbaugrundstücks ein Abschlag von 20% zu machen, so dass sich gerundet ein Wert von 140.000,00 EUR ergebe. Auch der vom Senat gutachterlich gehörte N Immobilienmakler I hat gegen diese Einschätzung keine Einwände erhoben. Der Senat schließt sich diesen Einschätzungen der beiden Sachverständigen an, da sie schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend sind. Der Verkehrswert des Erbbrauchrechtes setzt sich zusammen aus dem reinen Bodenwertanteil i.H.v. ca. 50.000,00 EUR (62.000,00 EUR abzgl. des Abschlages von 20%) und dem Gebäudewert einschließlich eines Zuschlages für die Außenanlagen von insgesamt ca. 90.000,00 EUR (115.500,00 EUR abzgl. des Abschlages von 20%). Der Bodenwertanteil des Erbbraurechtes ist deshalb so hoch, weil der Bodenrichtwert im Bereich des Erbbaugrundstücks 230,00 EUR/m² beträgt. Die Angemessenheit dieses Anteils folgt bereits daraus, dass es sich um ein angemessenes Grundstück handelt (s.o.) und die Klägerin den Bodenrichtwert nicht beeinflussen kann. Das Gebäude selbst ist somit nur ca. 90.000,00 EUR wert, was nach Auffassung des Senates die sozialhilferechtliche Angemessenheitsgrenze nicht überschreitet.
61(3.) Schließlich steht der Angemessenheit des Erbbauchrechts im Rahmen von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII auch nicht entgegen, dass es aus zwei Grundstücken besteht. Insoweit reicht es - unbeschadet der Frage, wie bei einer Eigennutzung des separaten Garagengrundstücks durch die Klägerin zu entscheiden wäre - aus, dass die Klägerin das separate Grundstück auf dem Garagenhof (S) durch Vermietung verwertet.
62Zwar ist das Vorhandensein eines zweiten Grundstücks mit einer zweiten Garage sozialhilferechtlich nicht angemessen. Denn eine vom selbstgenutzten Hausgrundstück separate Garage dient nicht dem Wohnen; es unterfällt deshalb von vornherein nicht dem auf das Grundbedürfnis Wohnung (Art. 13 Grundgesetz) gerichteten Schutzzweck des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Ohnehin verfügt das Hausgrundstück der Klägerin noch über eine weitere Garage; schon aus diesem Grund erscheint ein schützenswerter Bedarf der Klägerin (die im Übrigen auch nicht mehr über ein Kraftfahrzeug verfügt) für die Nutzung der separaten Garage ausgeschlossen. Ist das separate Garagengrundstück deshalb ein Vermögensgegenstand, der sozialhilferechtlich nicht geschützt ist, so muss die Klägerin ihn zur (ggf. teilweisen) Vermeidung von Sozialhilfebedarf verwerten.
63Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Ist der Inhaber dagegen in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt und kann er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen, ist von der Unverwertbarkeit des Vermögens auszugehen; in diesem Falle wäre es sozialhilferechtlich nicht anspruchsschädlich. Darüber hinaus enthält der Begriff der Verwertbarkeit aber auch eine tatsächliche Komponente. Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie, etwa bei Grundstücken infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R).
64Die Verwertung des separaten Garagengrundstücks ist grundsätzlich möglich. Denn das einheitliche Erbbaurecht der Klägerin am Haus- sowie am Garagengrundstück ist grundsätzlich teilbar; ein Erbbaurechtsteil am Garagengrundstück wäre nach Teilung des einheitlichen Erbbaurechts auch separat veräußerbar. Voraussetzung für ein solches Vorgehen wäre allerdings die Zustimmung des Grundstückeigentümers. Erforderlich für die Teilung eines Erbbaurechts ist jedoch - neben der (hier schon vorliegenden) Teilung des Erbbaugrundstücks in mehrere Grundstücke im Rechtssinn (§ 7 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO)) - zusätzlich, dass sich auf den geteilten Grundstücken jeweils ein Gebäude befindet bzw. es dort errichtet werden kann (vgl. von Oefele/Heinemann in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 1 ErbbauRG Rn. 43 ff.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn beide bereits grundbuchlich getrennte Grundstücke sind jeweils mit einem Gebäude bebaut. Eine Teilung des Erbbaurechts setzt jedoch nach § 26 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) voraus, dass der Eigentümer des Grundstücks der Teilung zustimmt; denn in einer Teilung eines Erbbaurechts liegt zugleich immer auch dessen (Teil-) Aufhebung und damit die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 26 ErbbauRG (vgl. von Oefele/Heinemann, a.a.O., Rn. 46). Eine solche Zustimmung des Grundstückseigentümers liegt hinsichtlich des Erbbaurechts der Klägerin nicht vor; ob sie erteilt werden würde, ist zumindest fraglich.
65Es kann offen bleiben, ob der Grundstückeigentümer einer Teilung des Erbbaurechts der Klägerin zustimmen würde bzw. zugestimmt hätte, wäre er daraufhin befragt worden. Denn die Klägerin verwertet die separate Garage zulässigerweise anders als durch Verkauf des Erbbaurechts, nämlich durch Vermietung:
66Eine Verwertung kann auf unterschiedliche Art erfolgen, etwa durch Verkauf oder Beleihung; auch Vermietung oder Verpachtung kommen in Betracht. Grundsätzlich steht es dem Hilfesuchenden frei, zwischen mehreren möglichen Verwertungsarten zu wählen. Jedoch folgt aus der Selbsthilfeverpflichtung des § 2 Abs. 1 SGB XII, dass er grundsätzlich die Verwertungsart zu wählen hat, die den höchsten Deckungsbeitrag erbringt (vgl. Mecke in jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2011, § 90, Rn. 37). Dieser Grundsatz ist nach Auffassung des Senats in der Weise zu modifizieren bzw. zu präzisieren, dass im Falle eines prognostisch langjährigen Leistungsbedarfs von einer Veräußerung abgesehen werden kann, wenn sich der Sozialhilfebedarf durch Vermietung in einer Weise reduzieren lässt, dass die Leistungseinsparungen bereits innerhalb weniger Jahre den Wert des Vermögensgegenstandes erreichen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn der Wert der Garage beläuft sich nach der Mitteilung der städtischen Bewertungsstelle der Beklagten auf 4.000,00 EUR. Auch wenn es sich dabei dem Sachverständigen T zufolge nur um eine Schätzung handelt, wird doch deutlich, dass es sich bei der Vermietung (im streitigen Zeitraum gegen einen monatlichen Mietzins von 45,00 EUR, inzwischen von 50,00 EUR) um eine wirtschaftlich auf nicht allzu lange Frist lukrative Form der Verwertung handelt. Denn bereits nach etwa acht Jahren liegen die Einnahmen durch die Vermietung über dem genannten Schätzwert der Garage (für den im Übrigen die nur laienhafte Ausbesserung des Daches durch den Sohn der Klägerin ersichtlich noch nicht einmal berücksichtigt worden ist). Es schien daher - jedenfalls im streitigen Zeitraum - auch mit Blick auf eine Reduzierung des Sozialhilfebedarfs wirtschaftlich von vornherein sogar sinnvoller, das Erbbaurecht an dem separaten Grundstück durch die erfolgte Vermietung der Garage zu verwerten, statt es zu veräußern. Die Klägerin ist deshalb ihrer Verwertungspflicht bereits nachgekommen.
67III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
68IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tenor
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Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. April 2011 werden zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Streitig sind Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II als Zuschuss statt als Darlehen vom 1.4.2005 bis 31.3.2006 und dem Grunde nach vom 1.4.2006 bis 16.5.2006.
- 2
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Die Kläger zu 1 (geb 1956) und 2 (geb 1957) sind Eigentümer eines 597 qm großen bebauten Hausgrundstücks in der Gemarkung G Das Haus hat eine Wohnfläche von 167 qm; die selbstgenutzte Erdgeschosswohnung der Kläger zu 1 und 2 hat eine Wohnfläche von 117 qm; die 50 qm große Einliegerwohnung im Dachgeschoss ist vermietet.
- 3
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Auf den Antrag der Kläger vom 29.12.2004 bewilligte die Beklagte - entsprechend der vorangegangenen Bewilligung der Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.3.2005 - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 1116,21 Euro monatlich als Zuschuss. Für den Zeitraum vom 1.4.2005 bis 31.5.2005 erbrachte sie Leistungen in Höhe von 864,54 Euro und für den Zeitraum vom 1.6.2005 bis 31.7.2005 in Höhe von 1018,54 Euro, jeweils als Darlehen (Bescheid vom 23.6.2005). Für die Zeit ab 1.8.2005 lehnte die Beklagte die Bewilligung von SGB II-Leistungen mit der Begründung ab, die Kläger verfügten über Vermögen, welches nicht gemäß § 12 Abs 3 SGB II geschützt sei(Bescheid vom 29.7.2005). Auf die Widersprüche der Kläger bewilligte der Landrat des Kreises Borken für die Zeit vom 1.4.2005 bis 31.7.2005 weitere SGB II-Leistungen in Höhe von 19,07 Euro und wies die Widersprüche im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005). Bis 31.7.2005 seien darlehensweise Leistungen zu bewilligen, weil der sofortige Verbrauch bzw die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich gewesen sei. Danach kämen weitere Leistungen nicht in Betracht, weil sich die Kläger geweigert hätten, eine Grundschuld zu bestellen. Nachdem die Kläger zu 1 und 2 die Eintragung einer Grundschuld auf das Hausgrundstück zu Gunsten des Beklagten in Höhe von 12 000 Euro veranlasst hatten (Grundschuldbestellung vom 11.7.2005), hat die Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 7.8.2006 als Darlehen bewilligt (Bescheide vom 4.9.2006 und 28.9.2006).
- 4
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Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 22.8.2007). Die Kläger hätten gegenüber der Deckung aus Steuermitteln vorrangig einzusetzendes, nicht geschütztes Grundvermögen. Die Verwertung stelle keine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB II dar. Die Verwertungsmöglichkeiten müssten nicht im Einzelnen aufgezeigt werden. Wegen der Miet- und Kindergeldanrechnung hätten die Kläger auch keinen höheren Darlehensanspruch.
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Das LSG Nordrhein-Westfalen hat den Gerichtsbescheid des SG vom 22.8.2007 geändert und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 29.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2005 verurteilt, den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen für die Zeit vom 1.8.2005 bis 31.3.2006 als Darlehen zu gewähren. Soweit die Leistungen als Zuschuss begehrt werden, hat das LSG die Klage abgewiesen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, die Kläger könnten in dem Zeitraum vom 1.4.2005 bis 31.7.2005 keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss beanspruchen, weil sie nicht hilfebedürftig gewesen seien. Ihr Hausgrundstück sei kein geschütztes Vermögen, weil es mit einer Gesamtwohnfläche von 167 qm die "angemessene Größe" iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II überschreite. Die Obliegenheit zur Verwertung beziehe sich auf das gesamte Hausgrundstück und nicht lediglich auf die Einliegerwohnung, weshalb es nicht darauf ankomme, ob eine "isolierte" Verwertung bzw Vermarktung der Einliegerwohnung möglich und zumutbar sei. Eine Aufteilung des Hauses in separate Eigentumswohnungen mit entsprechender Teilungserklärung liege nicht vor. Bei dem Hausgrundstück handele es sich um einen verwertbaren Vermögensgegenstand. Die Verwertung sei auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Nach aktenkundiger Einschätzung des Gutachterausschusses für den Kreis Borken von Oktober 2005 belaufe sich der Verkehrswert der Gesamtimmobilie auf ca 187 000 Euro (220 430 Euro - 15 % unter Berücksichtigung des Risikos der Vermarktbarkeit); nach Aktenlage stehe dem im streitigen Zeitraum eine dinglich abgesicherte Belastung von 110 688,52 Euro gegenüber, sodass einzusetzendes Vermögen in Höhe von 76 311,48 Euro verbleibe. Auch spreche der mit notariellem Vertrag vom 15.3.1996 gezahlte Kaufpreis in Höhe von 380 000 DM für die Richtigkeit der Einschätzung des Gutachterausschusses. In der Obliegenheit zur Verwertung des unangemessen großen Hausgrundstücks sei auch keine besondere Härte zu sehen. Soweit die Beklagte SGB II-Leistungen ab 1.8.2005 auch darlehensweise versagt habe, weil die Kläger der Forderung der Beklagten nach Bestellung einer Grundschuld nicht nachgekommen seien, sei dies rechtswidrig und beschwere die Kläger, weil es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehle. Auf § 23 Abs 5 SGB II könne sich die Beklagte erst ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Norm stützen. Sie sei daher verpflichtet, für die Zeit vom 1.8.2005 bis 31.3.2006 Leistungen nach dem SGB II als Darlehen nach § 9 Abs 4 SGB II in der bis 31.3.2006 geltenden Fassung zu gewähren.
- 6
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügen die Kläger einen Verstoß gegen § 9 Abs 1 SGB II, § 12 Abs 1 SGB II und § 12 Abs 3 Nr 4 SGB II sowie § 11 Abs 2 Nr 5 SGB II. Die abgetrennte Einliegerwohnung sei nicht Teil der selbst bewohnten Wohnfläche, sondern stelle - ähnlich wie ein Zweifamilienhaus - einen gesonderten Wohn- und Lebensbereich dar. Bei der Bewertung der Frage, ob ein Einfamilienhaus als reines Einfamilienhaus oder mehr als Zweifamilienhaus zu werten sei, komme es auch auf die innere bauliche Gestaltung des Gebäudes an. Es handele sich um zwei abgeschlossene, baulich getrennte Wohneinheiten, die selbständig bewirtschaftet werden könnten. Es liege eine Abgeschlossenheitserklärung und bereits seit dem 29.8.2005 eine entsprechende Teilungserklärung vor. Der Verkauf der Einliegerwohnung sei keine realistische Alternative, weil die Wohnung keinen Grundstücksanteil, keinen Kelleranteil und keinen Garagenanteil habe und eine Nutzungseinschränkung der Wohnfläche durch die Dachschrägen bestehe. Dem Verkauf stehe auch entgegen, dass in G und Umland hinreichend gute und günstige Angebote von Eigentumswohnungen vorhanden seien bzw waren. Bei einem Teilverkauf verbleibe als Sicherheit lediglich eine einzelne Eigentumswohnung, die von der Kredit gewährenden Bank nicht als beleihungsfähig angesehen und daher zur Kündigung des Darlehensvertrags führen würde.
- 7
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Die Kläger beantragen,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 22. August 2007 und das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. April 2011 teilweise aufzuheben,
2. die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 23. Juni 2005 und 29. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2005 zu verurteilen, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in bestimmungsgemäßer Höhe für die Zeit vom 1. April 2005 bis 16. Mai 2006 als Zuschuss zu gewähren.
- 8
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 9
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Zwar könne insbesondere bei unangemessen großen Immobilien vorrangig ein Verkauf oder eine Beleihung abtrennbarer Gebäudebestandteile, zB durch Bildung von Wohneigentum, erfolgen. Sei dies nicht möglich oder zumutbar, könne die Verwertung der gesamten unangemessenen Immobilie verlangt werden, wenn anders die Hilfebedürftigkeit nicht vollständig beseitigt werden könne. Hier führe jedoch allein die gesamte Verwertung der Immobilie zu einem hinreichenden Gelderlös und damit zur vollständigen Beseitigung der Hilfebedürftigkeit.
Entscheidungsgründe
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Die zulässigen Revisionen der Kläger sind nicht begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).
- 11
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1. Streitgegenstand sind die Bescheide vom 23.6.2005 und 29.7.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2005, mit denen die Beklagte für den Zeitraum vom 1.4.2005 bis 31.7.2005 die darlehensweise Leistungsgewährung und für den Zeitraum ab 1.8.2005 die Leistungen in vollem Umfang abgelehnt hat. Grundsätzlich erstreckt sich bei einer vollständigen Leistungsversagung (hier: ab 1.8.2005) der streitige Leistungszeitraum zwar bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Nach dem im Berufungsverfahren eingeschränkten Antrag haben die Kläger zuschussweise SGB II-Leistungen jedoch nur für den Zeitraum vom 1.4.2005 bis 16.5.2006 beantragt und sind insofern zu Recht davon ausgegangen, dass ein - hier nach Aktenlage vorliegender - weiterer Leistungsantrag den streitigen Zeitraum begrenzt (vgl nur BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 67/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 28 RdNr 13 mwN; BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R - RdNr 12). Das SG hat das Klagebegehren in seinem Gerichtsbescheid vom 22.8.2007 unzutreffend zu eng ausgelegt, indem es "hinsichtlich der zeitlichen Erstreckung von dem 2005 üblichen Sechsmonatsbewilligungszeitraum" ausgegangen ist.
- 12
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Da die Kläger auf eine darlehensweise Leistungsgewährung nicht ausdrücklich verzichtet haben (vgl hierzu nur BSG Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 160/10 R - SozR 4-4200 § 26 Nr 2 RdNr 16 mwN) und dies auch Gegenstand des angefochtenen Berufungsurteils war, ist - nach Zuerkennung von SGB II-Leistungen als Darlehen für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis 31.3.2006 durch das angefochtene Urteil des LSG - auch im Streit, ob für den Zeitraum vom 1.4.2006 bis 16.5.2006 zumindest ein Anspruch auf SGB II-Leistungen als Darlehen besteht (vgl hierzu unter 7).
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Die Stadt G ist passiv legitimiert, weil sie gegenüber den Leistungsberechtigten im Außenverhältnis materiell zur Erbringung der Leistungen nach dem SGB II verpflichtet ist (vgl Urteil des Senats vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - unter Hinweis auf § 5 Abs 2 Gesetz zur Ausführung des SGB II für das Land Nordrhein-Westfalen
idF vom 16.12.2004, GVBl NRW 2004, 821 iVm § 6 Abs 2 S 1 SGB II, § 6a Abs 2 SGB II iVm § 1 Abs 1 Kommunalträger-Zulassungsverordnung idF vom 24.9.2004, BGBl I 2349; vgl bereits BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 56/06 R - juris RdNr 15 f) . Zwar hat der Senat bereits entschieden, dass grundsätzlich auch der Kreis am Verfahren zu beteiligen ist, weil dieser - wie auch hier - die Widerspruchsbescheide erlässt (BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - juris RdNr 24, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die unterbliebene Beiladung ist hier aber im Revisionsverfahren unbeachtlich, weil kein Fall des § 75 Abs 2 Alt 1 SGG vorliegt und die unterbliebene Beiladung im Revisionsverfahren nicht gerügt worden ist(Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b).
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2. Das LSG hat die Berufungen der Kläger zu Recht zurückgewiesen, soweit sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss anstelle des für den Zeitraum vom 1.4.2005 bis 31.3.2006 zuerkannten Darlehens begehren (vgl zur streitigen Zeit ab 1.4.2006 unter 7). Das von ihnen bewohnte Hausgrundstück stellt nicht geschütztes Vermögen dar, das der Hilfebedürftigkeit entgegensteht.
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Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs 1 S 1 SGB II(hier in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003
) Personen, 1. die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Hilfebedürftig iS von § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 Abs 1 SGB II ist, wer ua seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 2) sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 12 Abs 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände - mit ihrem Verkehrswert(§ 12 Abs 4 S 1 SGB II) - zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird (§ 12 Abs 4 S 2 SGB II). Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind gemäß § 12 Abs 4 S 3 SGB II zu berücksichtigen. Ob und in welchem Umfang dem Hilfebedürftigen die Verwertung von Vermögen zuzumuten ist, regeln § 12 Abs 2, 3 SGB II. Als Vermögen nicht zu berücksichtigen ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (§ 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II). Nach § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB II sind als Vermögen weiter nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.
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3. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass das von den Klägern bewohnte Hausgrundstück ein solches von unangemessener Größe iS von § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II darstellt. Bei der Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks ist die gesamte Wohnfläche des Hauses von 167 qm einschließlich der vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der selbst bewohnte Anteil von 117 qm, zu berücksichtigen.
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Die Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass die Kläger kraft ihres Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit steht, keinen Beschränkungen hinsichtlich dessen Nutzung unterliegen. Anders als bei einem Miteigentumsanteil bestehen keine eigentumsrechtlichen Einschränkungen in dem Sinne, dass jeder Miteigentümer durch die Rechte der anderen Miteigentümer in seinem Nutzungsrecht, auch dem Wohnnutzungsrecht, eingeschränkt ist. Entsprechend ist bereits von der Rechtsprechung des BSG zum Arbeitslosenhilferecht und des BVerwG zum Sozialhilferecht nur für diese Konstellation anerkannt worden, dass für die Bewertung, ob das im Miteigentum stehende Hausgrundstück angemessen ist, nur auf den vom Leistungsempfänger als Wohnung genutzten Teil des gesamten Hausgrundstücks abgestellt werden kann, wenn das Wohneigentum des Miteigentümers durch die ihren Anteilen entsprechende Nutzung der anderen Miteigentümer auf einen seinem ideellen Miteigentumsanteil entsprechenden realen Grundstücks- und Gebäudeteil beschränkt ist. Solange eine Teilung nicht vorliegt, ist daher das Hausgrundstück der Kläger in seiner Gesamtheit zu beurteilen (BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R - juris RdNr 35; BSG Urteil vom 30.5.1990 - 11 RAr 33/88 - juris RdNr 30; BVerwG Urteil vom 25.6.1992 - 5 C 19/89 - BVerwGE 90, 252 ff). Diese Betrachtung ist auch für iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II geschütztes Vermögen maßgebend, weil der Gesetzgeber des SGB II die Berücksichtigung von Vermögen in § 12 SGB II im Wesentlichen wie im bisherigen Recht der Arbeitslosenhilfe regeln wollte(BT-Drucks 15/1516 S 53 zu § 12; vgl zB auch bereits BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 52/06 R - FEVS 60, 297 ff).
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Entgegen dem Revisionsvortrag liegt - nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) - keine Teilungs-, sondern lediglich eine Abgeschlossenheitserklärung vor. Die Teilbarkeit eines Hausgrundstücks bei entsprechender Größe ist keine Frage der angemessenen Größe des Hausgrundstücks, sondern erst bei der Zumutbarkeit der Verwertbarkeit eines unangemessenen Hausgrundstücks im Rahmen der Härteregelung zu berücksichtigen (vgl zur Sozialhilfe: BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 20; zur Härtefallprüfung siehe unter Nr 6).
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Die Gesamtwohnfläche des von den Klägern bewohnten Hauses überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II. Danach ist die angemessene Größe nach den Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes - wenn man zugunsten der Kläger trotz insofern fehlender Feststellungen des LSG zumindest bis Mitte 2005 ein Zusammenleben mit den Kindern N und F annimmt - mit einem Grenzwert von 130 qm für einen Vier-Personen-Haushalt zu bestimmen (BSGE 97, 203 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSGE 98, 243 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 22; Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - juris RdNr 16). Zwar bedürfen diese Größen je nach den Umständen des Einzelfalls einer Anpassung nach oben (BSGE 97, 203 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22). Besondere Umstände des Einzelfalls, die ein Abweichen von diesen Grenzen rechtfertigen könnten, sind indes weder vorgetragen noch vom LSG festgestellt.
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4. Bei dem Hausgrundstück der Kläger handelt es sich auch um verwertbares Vermögen iS von § 12 Abs 1 SGB II.
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Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können (BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 28). Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie - wie beispielsweise Grundstücke in Folge sinkender Immobilienpreise - über den Marktwert hinaus belastet sind (BSG Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R - BSGE 99, 248 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 6, RdNr 15). Nach den Feststellungen des LSG war - neben der vorgenommenen Verwertung durch Vermietung - tatsächlich auch eine Verwertung des gesamten Hausgrundstücks "in absehbarer Zeit" durch Verkauf möglich. Das LSG hat ausgeführt, Anhaltspunkte für etwaige Verwertungshindernisse, etwa Verfügungsbeschränkungen, bestünden nicht. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Kläger nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffen, sondern sie leiten den Anspruch auf eine zuschussweise Gewährung ausschließlich aus der nach ihrer rechtlichen Sicht gebotenen Nichtberücksichtigung der Einliegerwohnung bei der Bestimmung der angemessenen Größe des Hausgrundstücks sowie deren behaupteter fehlender Verwertbarkeit ab.
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5. Die Verwertung des gesamten Hausgrundstücks ist nicht offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 1. Alt SGB II.
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Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 1. Alt SGB II liegt vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstands steht (BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 37; vgl zur Alhi BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7 S 65). Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkaufspreis der jeweilige Vermögensgegenstand im Zeitpunkt der Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II (§ 12 Abs 4 S 2 SGB II) auf dem Markt hatte (BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12). Dieser aktuelle (gegenwärtige) Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüberzustellen (vgl BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 22; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, RdNr 34), wobei künftige Gewinnaussichten außer Betracht bleiben (BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 22; BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 37).
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Bei der Verwertung von Immobilien lässt sich - anders als möglicherweise bei anderen Gegenständen - eine absolute Grenze nicht ziehen (BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 37). Da es sich bei Immobilienvermögen sowie Renten- und Lebensversicherungen um unterschiedliche Anlageformen handelt, kann die Rechtsprechung der für die Grundsicherung nach dem SGB II zuständigen Senate des BSG zur Höhe der in Kauf zu nehmenden Verluste bei Veräußerungen von Lebensversicherungen, wonach ein Verlust von 12,9 % die Grenze der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit noch nicht erreicht, dies aber bei einem Verlust von 18,5 % zweifelhaft ist (BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 23), nicht übertragen werden. Der Wert der bei Lebensversicherungen eingezahlten Beiträge realisiert sich erst künftig, während bei Immobilien regelmäßig bereits mit dem Erwerb Wohnvorteile vorhanden sind. Auch können marktgängige Wertschwankungen bei Immobilien eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit nicht begründen. Entsprechend der Rechtsprechung zum Recht der Alhi ist daher Prüfungsmaßstab bei der Verwertung von Immobilienvermögen, ob dieses nur mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten veräußert werden kann (BSG Urteil vom 3.5.2005 - B 7/7a AL 84/04 R - SozR 4-4220 § 1 Nr 4 S 9).
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Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegt eine Unwirtschaftlichkeit der Verwertung bei einem Vergleich des aktuellen Verkehrswertes mit dem Substanzwert nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits bei einer Gegenüberstellung des Verkehrswerts der Gesamtimmobilie und den Kosten des Erwerbs und deren Herstellung (vgl zu diesem Anhaltspunkt: BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 37 = juris RdNr 40) nicht vor. Nach der vom LSG in Bezug genommenen Einschätzung des Gutachterausschusses für den Kreis Borken von Oktober 2005 beläuft sich der Verkehrswert der Gesamtimmobilie auf 220 430 Euro (Verkehrswert zum Zeitpunkt der Antragstellung nach dem SGB II bzw Wertermittlungsstichtag), unter Berücksichtigung von Vermarktungsrisiken auf 187 000 Euro (vgl zur Berücksichtigung der Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken bereits BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 39 ff). Unter Heranziehung des im Jahre 1996 gezahlten Verkaufspreises von 380 000 DM (umgerechnet: 194 290,91 Euro) ergibt sich eine Differenz, die unter Berücksichtigung der Schwankungen bei Immobilienpreisen und des Wohnvorteils hinzunehmen ist. Hinweise darauf, dass in absehbarer Zeit ein höherer Kaufpreis zu erzielen sein könnte, ergeben sich aus den Feststellungen des LSG nicht. Als verwertbares Vermögen verbleibt - ausgehend von den Feststellungen des LSG zu den vorhandenen Verbindlichkeiten in Höhe von 110 688,52 Euro - ein Betrag in Höhe von 76 311,48 Euro als verwertbares Vermögen, dem Grundfreibeträge der Kläger in Höhe von 20 900 Euro gegenüberstehen.
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6. In der Verwertung des gesamten Hausgrundstücks liegt nach den Umständen des Einzelfalls auch keine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 2. Alt SGB II.
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Zwar kann sich auch aus einer zumutbaren Verwertungsform ein Härtefall ergeben (vgl BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 21); hier ist ein solcher jedoch nicht allein, dh ohne weiter hinzutretende Umstände des Einzelfalls, darin zu sehen, dass den Klägern mit dem Verkauf anstelle der (bloßen) Vermietung eine bestimmte Verwertungsart zugemutet wird. Weitere Anhaltspunkte, etwa familiärer Art, sind nach den Feststellungen des LSG nicht ersichtlich und von den Klägern nicht vorgetragen.
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Nach § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 2. Alt SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Da nur außergewöhnliche Umstände maßgebend sind, die nicht schon durch die ausdrücklichen gesetzlichen Freistellungen über das Schonvermögen und die Absetzbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden, setzt die Härteregelung solche Gegebenheiten voraus, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen, als eine einfache Härte und die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte(BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R - RdNr 20; vgl zB BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, RdNr 31; BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 35/08 R - BSGE 103, 146 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 14, RdNr 20). Die Art der Verwertung ist dem Hilfebedürftigen selbst überlassen. Aus dem Grundsatz der Subsidiarität der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl § 9 Abs 1 Nr 2 SGB II) folgt jedoch, dass er grundsätzlich nur zwischen den Verwertungsarten wählen kann, die den Hilfebedarf in etwa gleicher Weise decken. Er muss regelmäßig die Verwertungsart wählen, die den höchsten Deckungsbeitrag erbringt. Auch eine Veräußerung des Hausgrundstücks, das den Rahmen des Angemessenen iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II überschreitet, scheidet nicht aus(BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R - RdNr 19; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 37). Dies ist vielmehr nach dem begrenzten Vermögensschutz in § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II, der eine "Teilangemessenheit" nicht kennt, ein typischer Anwendungsfall nicht geschützten Vermögens.
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nicht davon auszugehen, dass die Verwertung des Hausgrundstücks eine besondere Härte begründet. Die Kläger verfügen mit dem tatsächlich innegehabten Hausgrundstück über einen nicht geschützten Vermögensgegenstand, der hinsichtlich seiner Größe erheblich über das von § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II geschützte Hausgrundstück im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" als räumlicher Lebensmittelpunkt(Radüge in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 12 RdNr 124)hinausgeht. Die Regelung des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II bezweckt wie bereits die Vorgängerregelungen in der Arbeitslosenhilfe und dem Sozialhilferecht lediglich, dem Hilfebedürftigen und seinen mit ihm zusammen wohnenden Angehörigen eine angemessene Wohnstätte zu erhalten. Insofern hat bereits das BVerwG zu der Vorgängerregelung des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG betont, dass das Grundvermögen nicht schlechthin, sondern nur insoweit geschützt ist, als es dem Leistungsberechtigten als Wohnung dient(BVerwG Urteile vom 21.10.1970 - 5 C 33.70 - Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr 3 und vom 17.1.1980 - 5 C 48.78 - BVerwGE 59, 294; BVerwGE 89, 241).
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Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Kläger aus dem Vermögen regelmäßige Mieterträge erzielen, die ihren Bedarf mindern. Diese Erträge sind jedoch im Rahmen der - bei Härteregelungen stets erforderlichen Einzelfallprüfung - mit weiteren Umständen abzuwägen. In die Überlegung einzubeziehen ist, dass die Grenze der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks erheblich überschritten wird und erhebliche, nicht geschützte Vermögenswerte betroffen sind. Soweit die Kläger vortragen, die Verwertbarkeit des Hausgrundstücks sei eingeschränkt, weil eine einzelne Eigentumswohnung als nicht beleihungsfähig angesehen werde und daher - auch bezogen auf den bewohnten Teil des Hauses - eine Aufteilung in Eigentumswohnungen zu einer Kündigung des Darlehensvertrags führen würde, fehlen zwar weitergehende Feststellungen des LSG zum Ausgang der von der Hypothekenbank zugesagten weiteren Prüfung alternativer Erhaltungsmöglichkeiten des von den Klägern bewohnten Teils des Hausgrundstücks. Grundsätzlich können aber nicht allein die mit Kreditgebern ausgehandelten Konditionen bzw der Umfang noch vorhandener Verbindlichkeiten bei hohen SGB II-Leistungen und die deshalb faktisch fehlende Möglichkeit, sich den Privilegierungstatbestand des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützten Selbstnutzung durch Schaffung von Wohnungseigentum zu erhalten(vgl hierzu auch Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, § 12 SGB II RdNr 50, Stand April 2010), eine Härte begründen, wenn weitere Härtegesichtspunkte nicht vorhanden sind. Insofern ist zu berücksichtigen, dass sich die Finanzierung und die damit verbundenen Konditionen hier von vornherein auf ein unangemessen großes und damit nicht geschütztes Hausgrundstück bezogen haben.
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7. Das LSG ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass ein Anspruch der Kläger auf SGB II-Leistungen für den ebenfalls streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.4.2006 bis 16.5.2006 nicht besteht, auch soweit sie diese Leistungen hilfsweise als Darlehen begehren.
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Nach § 23 Abs 5 idF des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2006 (BGBl I 558) sind Hilfebedürftigen Leistungen als Darlehen zu erbringen, soweit der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde (Satz 1). Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird (Satz 2).
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Zwar kann nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG davon ausgegangen werden, dass die sofortige Verwertung des zu berücksichtigenden Vermögens für die Kläger eine besondere Härte bedeuten würde. Für diesen Zeitraum existierte aber keine Grundschuldbestellung der Kläger, obgleich die Beklagte diese bereits mit Schreiben vom 11.7.2005 zur Eintragung einer Grundschuld zu seinen Gunsten aufgefordert und einen entsprechenden Vordruck beigefügt hatte. Auch bereits mit dem vom LSG in Bezug genommenen Bescheid vom 23.6.2005 hatte die Beklagte darauf hingewiesen, dass hinsichtlich einer Weitergewährung von SGB II-Leistungen eine dingliche Absicherung für eine darlehensweise Hilfegewährung erforderlich sei. Die Kläger sind insofern ausreichend auf die zum Erhalt des geschützten Wohnumfeldes erforderlichen Maßnahmen hingewiesen worden (vgl auch BSG Urteil vom 8.2.2007 - B 7a AL 22/06 R - BSGE 98, 108 ff = SozR 4-4300 § 324 Nr 3 zur Berücksichtigung einer zu Unrecht unterbliebenen Beratung im Rahmen der Härtefallregelung des § 324 Abs 1 S 2 SGB III). Zudem sind Anhaltspunkte für andere Sicherungsformen weder vorgetragen noch ersichtlich, sodass die Beklagte - im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null - die darlehensweisen Leistungen von der dinglichen Sicherung abhängig machen durfte.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Auseinandersetzung des noch aus einem Hausgrundstück in M. bestehenden Nachlasses der am 30. Mai 1969 verstorbenen Erblasserin. Diese ist zu gleichen Teilen von ihren drei Töchtern beerbt worden, der Klägerin zu 1), der Beklagten und derinzwischen verstorbenen H. S.. An deren Stelle ist ihre Tochter getreten, die Klägerin zu 2).
Im Testament der Erblasserin vom 20. Februar 1969 heißt es: "Ich A. P. geborene G. bestimme, daß meine drei Töchter D. B. [Beklagte], I. H. [Klägerin zu 1)] und H. S. nach meinem Tod die Wohnung die sie jetzt innehaben als Eigentumswohnung behalten. Der Grund soll in drei Teile geteilt werden, D. B. soll einen Zugang zu ihrem Anteil erhalten. Sollte ich noch Ersparnisse haben, so gehen sie auch an D. B.. Ich bitte Euch, alle Angelegenheiten in friedlichem Sinne miteinander zu besprechen. Euere Mutter A. P.." Auf dem 950 qm großen Grundstück befanden sich zum Zeitpunkt des Erbfalles ein an der Straße gelegenes Zweifamilienhaus und im hinteren Bereich ein Gartenhaus. Das Zweifamilienhaus wurde damals und wird jetzt noch von den Familien der Klägerinnen bewohnt, das Gartenhaus von der Beklagten. Eine Realteilung ist nach öffentlichrechtlichen Bauvorschriften nicht möglich.
Die Klägerinnen betreiben die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft im Wege der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum nach § 3 WEG. Sie haben am 9. Februar 1999 eine entsprechende Vereinbarung sowie eine Gemeinschaftsordnung im Sinne der §§ 10-29 WEG notariell beurkunden lassen. Dabei hat die Klägerin zu 1) vorbehaltlich nachträglicher Genehmigung zugleich für die Beklagte gehandelt. Die Vereinbarung nach § 3 WEG sieht vor, daß die Parteien einen Miteigentumsanteil von je 1/3 erhalten, verbunden mit dem Sondereigentum an den von ihnen jeweils bewohnten Räumen. Die Klägerinnen
erstreben, die Beklagte zu verurteilen, die beurkundeten Vereinbarungen zu genehmigen.
Die Beklagte stimmt der Erbauseinandersetzung durch Begründung von Wohnungseigentum grundsätzlich zu. Sie macht ihre Genehmigung aber davon abhängig, daû die Klägerinnen sich an den Kosten des Abwasseranschlusses des Gartengebäudes beteiligen und das Gelände im Bereich der Zufahrt zum Gartengebäude auffüllen. Ferner verlangt sie Änderungen und Ergänzungen der Gemeinschaftsordnung dahingehend , daû die Sondernutzungsflächen in drei Punkten zu ihren Gunsten vergröûert werden, daû sie sich nicht an den Kosten eines Grenzzaunes an ihrer Sondernutzungsfläche zu beteiligen habe, falls die Klägerinnen einen solchen errichten, daû Grenzzäune im Gartenbereich nicht höher als 50 cm sein dürfen und daû Kompostierungsanlagen einen Grenzabstand von drei Metern haben müssen.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, den Vertrag zur Begründung von Wohnungs- und Teileigentum nach § 3 WEG nebst Gemeinschaftsordnung zu genehmigen. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision erstreben die Klägerinnen die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Hierüber war
durch Versäumnisurteil, jedoch aufgrund sachlicher Prüfung zu entscheiden (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).
I. Das Berufungsgericht hat sich durch § 2042 BGB i.V. mit den dort in Bezug genommenen Vorschriften des § 749 Abs. 2, 3 und der §§ 750 bis 758 BGB gehindert gesehen, über die zwischen den Parteien noch streitigen Punkte zu entscheiden. Die Erblasserin habe zur Art und Weise der Grundstücksteilung im einzelnen keine Anordnungen hinterlassen. Da eine Teilung in Natur nicht möglich sei und einer Aufhebung der Erbengemeinschaft durch Zwangsversteigerung das Testament entgegenstehen dürfte, sei die von den Klägerinnen erstrebte Aufteilung des Grundbesitzes grundsätzlich nur einverständlich mit der Beklagten zu erreichen. Die Möglichkeit einer richterlichen Teilung gebe es nach dem Gesetz nicht. Die Beklagte sei auch nach Treu und Glauben nicht zur Genehmigung verpflichtet. Es sei zwar nicht zu verkennen, daû die Klägerinnen sich um eine ausgewogene Gesamtregelung bemüht und der Beklagten insbesondere eine den Anteil der Klägerinnen deutlich übersteigende Grundstücksfläche zugewiesen hätten. Die von ihnen vorgeschlagene Aufteilung stelle jedoch nicht die einzige ihnen zumutbare Art der Grundaufteilung dar. Die Gegenvorschläge der Beklagten gingen zwar sehr weit, seien in ihrer Tendenz jedoch nicht vollkommen unverständlich.
II. Dem folgt der Senat nicht. Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend gesehen, daû die von der Beklagten erhobenen Einwendungen
der Erbauseinandersetzung durch Begründung von Wohnungseigentum nicht entgegenstehen. Sie sind einem anderen rechtlichen Regelungsbereich zuzuordnen, für den dem Berufungsgericht die Entscheidungskompetenz nicht fehlt.
1. Der Anspruch auf Erbauseinandersetzung durch Begründung von Wohnungseigentum gemäû § 3 WEG ergibt sich aus §§ 2042 Abs. 1, 2048 Satz 1 BGB i.V. mit der im Testament getroffenen Teilungsanordnung. Diese hat schuldrechtliche Wirkung wie eine Miterbenvereinbarung , sie ersetzt in ihrem Umfang den Teilungsplan und geht den gesetzlichen Regeln für die Auseinandersetzung vor (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1984 - IVa ZR 87/82 - NJW 1985, 51 unter 2; MünchKomm/ Dütz, 3. Aufl. § 2042 Rdn. 22, § 2048 Rdn. 8; Staudinger/Werner, 13. Bearb. 1996 § 2042 Rdn. 3, 5, 43).
Die Erblasserin hat im Testament angeordnet, daû jede Tochter die von ihr jeweils bewohnte Wohnung als Eigentumswohnung behalten und der Grund in drei Teile geteilt werden solle. Dies wird von den Parteien zutreffend als eine Teilungsanordnung gemäû § 2048 Satz 1 BGB angesehen, die auf eine Auseinandersetzung durch Begründung von Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz gerichtet ist. Über die in der notariellen Urkunde zur Begründung von Wohnungseigentum nach § 3 WEG vorgesehene Einräumung eines Miteigentumsanteils von je 1/3, verbunden mit dem Sondereigentum an den von ihnen jeweils bewohnten Räumen, sind die Parteien sich auch einig. Damit wird einerseits der Teilungsanordnung Rechnung getragen, ande-
rerseits sind damit die notwendigen Voraussetzungen für die Begründung von Wohnungseigentum nach §§ 3-7 WEG gegeben.
2. Der Streit der Parteien um einzelne Punkte der Gemeinschaftsordnung im Sinne von §§ 10-29 WEG steht der Auseinandersetzung nicht entgegen.
a) Die Vereinbarung einer Gemeinschaftsordnung ist zwar zweckmäûig , aber für eine Aufteilung in Wohnungseigentum nicht notwendig (vgl. MünchKomm/Röll, Bd. 6 3. Aufl. § 10 WEG Rdn. 21; Bärmann/Pick, WEG 15. Aufl. § 3 Rdn. 23; Palandt/Bassenge, 61. Aufl. § 3 WEG Rdn. 6). Mangels einer abweichenden Vereinbarung im Sinne des § 10 WEG besteht nämlich unter allen Wohnungseigentümern ein gesetzliches Schuldverhältnis (Gemeinschaftsverhältnis), das der Regelung des Wohnungseigentumsgesetzes und den gemäû § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG ergänzend anwendbaren Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Bruchteilsgemeinschaft unterliegt (BGHZ 141, 224, 228; Pick in Bärmann/Pick/Merle, WEG 8. Aufl. § 10 Rdn. 27, 35).
Sind über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus Regelungen zum Gemeinschaftsverhältnis erforderlich und können sich die Parteien darüber nicht einigen, entscheidet nach §§ 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 15 Abs. 3 WEG der Richter nach billigem Ermessen (vgl. BGHZ 130, 304, 312 f. und BGH, Beschluû vom 19. Dezember 1991 - V ZB 27/90 - NJW 1992, 978 unter III 1) im Rahmen der materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes. Bei einer Erbauseinandersetzung wird auf diese Weise erreicht, daû dem
Willen des Erblassers Geltung verschafft werden kann, der in einer auf Begründung von Wohnungseigentum gerichteten Teilungsanordnung zum Ausdruck gekommen ist. Damit kann insbesondere verhindert werden , daû die Auseinandersetzung an der fehlenden Einigung z.B. über den Abstellplatz für einen PKW oder die Mülltonnen oder die Höhe eines Grenzzaunes scheitert. Sofern die hier von den Klägerinnen vorgesehene Einräumung dinglicher Sondernutzungsrechte nicht durch Richterspruch erfolgen kann (vgl. BGHZ 145, 158, 167 f.; 130, 159, 164 ff.; 109, 396, 399), kommt eine sachgerechte andere Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 3 WEG in Betracht. Dabei kann auch im Hinblick auf § 242 BGB zu berücksichtigen sein, daû die Parteien erkennbar darin übereinstimmen , ein gedeihliches Zusammenleben sei nur durch Einräumung von Sondernutzungsrechten an bestimmten Teilflächen möglich, und daû nur noch wenige, befriedigend lösbar erscheinende Streitpunkte vorhanden sind.
b) Die Entscheidung über die streitigen Punkte der Gemeinschaftsordnung hat im vorliegenden Verfahren das Prozeûgericht zu treffen. Da es für den Anspruch auf Erbauseinandersetzung durch Begründung von Wohnungseigentum zuständig ist, hat es nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG den Streitgegenstand auch nach den an sich in die Zuständigkeit der freiwilligen Gerichtsbarkeit fallenden Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes zu beurteilen (vgl. zu § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG BGH, Beschluû vom 15. Januar 1998 - I ZB 20/97 - NJW 1998, 2743 unter II 2 a und BGHZ 114, 1 ff.). Die Abgrenzung des Wohnungseigentumsgerichts von dem Zivilgericht wird wie eine Rechtswegstreitigkeit behandelt (BGHZ 130, 159, 162 ff.).
3. Die von der Beklagten behaupteten Ansprüche auf Beteiligung der Klägerinnen an den Kosten für den Anschluû des Gartenhauses an die öffentliche Abwasserversorgung und auf Auffüllung der Sondernutzungsfläche im Bereich der Zufahrt zum Gartengebäude stehen der Auseinandersetzung ebenfalls nicht entgegen. Sie haben mit der Begründung von Wohnungseigentum nach §§ 3-7 WEG nichts zu tun.
III. Der Senat ist zu einer abschlieûenden Entscheidung nicht in der Lage; die Parteien müssen Gelegenheit haben, im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Senats ihre Anträge und ihren Sachvortrag zu ergänzen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Ambrosius Felsch
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.11.2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im Wesentlichen, ob das selbstgenutzte Einfamilienhaus der Klägerin (Erbbaurecht) im Rahmen der von ihr bezogenen Sozialhilfe nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) einsatzpflichtiges oder geschütztes Vermögen ist.
3Die am 00.00.1943 geborene Klägerin war in erster Ehe mit dem Architekten S verheiratet. Aus der Ehe gingen eine Tochter (geb. 1967) und ein Sohn (geb. 1971) hervor. Nach der Trennung der Eheleute errichtete der Ehemann im Jahre 1975 ein Einfamilienhaus auf einem Erbbaugrundstück in N, in das die Klägerin noch im gleichen Jahr mit den Kindern einzog. Erbbauberechtigter war zunächst der Ehemann; im Rahmen der Scheidungsfolgenregelung wurde dann am 18.01.1977 die Klägerin als Erbbauberechtigte ins Grundbuch eingetragen. Die zweite Ehe der Klägerin dauerte nur etwa zwei Jahre und wurde 1986 geschieden. Anlässlich dieser weiteren Ehe wohnte die Klägerin für etwa fünf Jahre in M (D); während diese Zeit war das Einfamilienhaus in N vermietet. Die Klägerin und ihr Sohn wohnen - mit Unterbrechungen durch die zweite Ehe der Klägerin, beim Sohn auch durch dessen Studium in B - bis heute in dem Haus; die Tochter ist im Alter von etwa 16 Jahren zu ihrem erneut verheirateten Vater gezogen.
4Das (einheitliche) Erbbaurecht besteht aus zwei Grundstücken. Auf dem einen Grundstück (G 00) mit einer Fläche von 485 m² wurde 1975 das Einfamilienhaus errichtet. Das Haus ist ein Flachdach-Bungalow mit sämtlich ebenerdigen Räumen. Es hat drei Schlafzimmer, ein Wohn- und Esszimmer, eine Küche, zwei Bäder und ein Gäste-WC; die Wohnfläche beträgt 119 m². Es gehört zu einer zusammenhängenden, L-förmigen Siedlung von 14 gleichartigen Häusern, die zum gleichen Zeitpunkt auf vergleichbar großen Grundstücken errichtet worden sind. Die Häuser weisen eine einfache bis mittlere Standardausstattung auf. N ist ein Außenbezirk von N; die Lage der Grundstücke ist ohne besondere Vorzüge und Nachteile. Mittlerweile befinden sich in diesem Ortsteil auch zahlreiche Mehrfamilienhäuser; in unmittelbarer Nähe des Hauses der Klägerin befindet sich so ein sechsstöckiges Haus. Das (in das Erbbaurecht einbezogene) weitere Grundstück mit einer Fläche von 21 m² gehört zu einem zu den 14 Häusern geschaffenen Garagenhof (S) und ist mit einer Flachdach-Garage bebaut. Vor etwa drei Jahren hat der Sohn der Klägerin das rissig gewordene Dach dieser Garage mit Dachpappe geflickt, so dass es seither nicht mehr undicht und die Garage ohne Beeinträchtigung benutzbar ist. Etwa zwei Jahre nach dem Bezug durch die Klägerin errichtete ihr erster Ehemann auf dem Hausgrundstück eine weitere Garage direkt neben dem nicht unterkellerten Haus, so dass der Klägerin weiterer Stauraum zur Verfügung stand.
5Der Erbbauzins für das einheitliche Erbbaurecht an beiden Grundstücken beläuft sich auf monatlich 109,18 EUR; seit etlichen Jahren ist eine monatliche Zahlungsweise vereinbart. Der laufende monatliche Abschlag für Wasser beträgt 20,75 EUR. Darüber hinaus hat die Klägerin weitere Aufwendungen zu tragen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden.
6Die Klägerin vermietete ihrem Sohn ab dem 01.07.2003 einen Teil ihres Hauses, bestehend aus zwei Zimmern und einem Badezimmer mit einer Wohnfläche von 35 m²; die Küche der Klägerin darf er mitnutzen. Die Miete einschließlich der Nebenkosten belief sich ursprünglich auf 300,00 EUR und wurde zum 01.10.2004 auf 320,00 EUR erhöht. Die Garage auf dem separaten Grundstück (S) hat die Klägerin im streitigen Zeitraum (01.05.2009 bis 31.03.2010) für 45,00 EUR pro Monat vermietet. Der Grundstückseigentümer wurde zu keiner Zeit darüber befragt, ob er einer Teilung des einheitlichen Erbbaurechts zum Zwecke eines separaten Verkaufs des Erbbaurechts an der separaten Garage zustimmen würde. Die Klägerin bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (Bewilligungsbescheid vom 20.11.2008); diese belief sich ab dem 01.01.2009 auf monatlich 98,92 EUR.
7Im Jahre 2008 besaß die Klägerin einen PKW VW Golf (Baujahr 1995, keine besondere Ausstattung, etwa 75.000 km Laufleistung); aufgrund von Standschäden konnte sie diesen nur mehr für einen Preis von 200,00 EUR an eine Nachbarin verkaufen. Weiteres Vermögen i.H.v. etwa 74.000,00 EUR, das die Klägerin für ihre Altersvorsorge im Wesentlichen in Investmentfonds auf einem Online-Depot bei der D-bank angelegte hatte, ist vor etwa sechs Jahren im Wege des Keylogging von unbekannter Seite abgegriffen worden (sog. Phishing). Eine Entschädigung für den Verlust dieses Vermögens hat die Klägerin nicht erhalten.
8Die Klägerin bezog bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahres (am 17.12.2008) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 10.11.2008 beantragte sie bei der Beklagten ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII.
9Mit Bescheid vom 04.02.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII als Darlehen. Die Klägerin verfüge über ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von 110 m². Dies sei vorrangig einzusetzendes Vermögen; da eine Verwertung nicht sofort möglich sei, würden Leistungen als Darlehen gewährt. Bei der Bewilligung legte die Beklagte einen Bedarf von 587,73 EUR zugrunde (Regelsatz 351,00 EUR, Hauslasten 135,03 EUR, Heizkosten 101,70 EUR). Zur Berechnung der Hauslasten rechnete die Beklagte sämtliche Kosten einschließlich des Erbbauzinses und eines Erhaltungsaufwandes von 1% zusammen (247,53 EUR) und berücksichtigte davon aufgrund der Vermietung einen Anteil von 54,55 % als Bedarf der Klägerin. Als Einkommen rechnete sie die Altersrente von 98,92 EUR sowie Mieteinkünfte von 205,88 EUR an; bei letzteren legte sie Einnahmen i.H.v. 290,00 EUR zugrunde, von denen anteilige Kosten i.H.v. 84,12 EUR abzuziehen seien. Es ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag von 282,93 EUR.
10Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch vom 26.02.2009 begehrte die Klägerin die Leistungen nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss. Das Hausgrundstück sei Schonvermögen, da sie 35 m² vermietet habe und deshalb selbst weniger als 90 m² bewohne. Ohnehin sei nicht allein auf die Wohnfläche abzustellen, sondern auch auf den Wert der Immobilie, welchen sie auf nur 50.000,00 EUR schätze. Sie bewohne das Haus bereits seit 1975; zudem sei zu berücksichtigen, dass ihr wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen ein Umzug unzumutbar sei.
11Die städtische Bewertungsstelle der Beklagten ermittelte nach Aktenlage einen Wert des Erbbaurechtes von 160.000,00 EUR.
12Die Beklagte bewilligte in der Folgezeit darlehensweise Leistungen befristet bis zum 31.03.2010, ohne dass die Klägerin nochmals Widerspruch einlegte. Am 17.03.2010 stellte die Klägerin einen Folgeantrag. Mit Schreiben vom 14.04.2010 teilte die Beklagte der Bevollmächtigten der Klägerin mit, die Leistungen würden für April 2014 darlehensweise bewilligt; über Leistungen ab dem 01.05.2010 werde nach Eingang noch fehlender Unterlagen entschieden. Gegen dieses Schreiben und die darlehensweise Bewilligung für April 2010 legte die Klägerin am 07.05.2010 Widerspruch ein.
13Mit Bescheid vom 12.05.2010 lehnte die Beklagte zuschussweise Leistungen ab dem 01.05.2010 ab. Die Klägerin verfüge über verwertbares Vermögen, so dass kein Anspruch auf Leistungen als Zuschuss bestehe. Die Beklagte bot die Weitergewährung als Darlehen an, allerdings nur gegen Eintragung einer Hypothek über 6.000,00 EUR. Die Klägerin legte hiergegen am 15.06.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung nahm sie auf ihren bisherigen Widerspruch Bezug. Sie sei damit einverstanden, dass zunächst weiter ein Darlehen gewährt werde, und werde die Zustimmung zur Eintragung einer Hypothek erteilen.
14Mit Bescheid vom 16.06.2010 gewährte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum Mai bis August 2010 Leistungen als Darlehen. Sie machte der Klägerin zur Auflage, ihre Zustimmung zur Eintragung einer Sicherungshypothek zu erteilen.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2010 (zugestellt am 22.07.2010) wies die Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter die Widersprüche der Klägerin vom 25.02.2009, 07.05.2010 und 15.06.2010 zurück. Gegenstand des Verfahrens seien der Bescheid vom 04.02.2009, mit dem Leistungen für den Zeitraum 17.12.2008 bis 30.04.2009 bewilligt worden seien, sowie der Bescheid vom 14.04.2010 mit der Bewilligung für den Monat April 2010. Für den Zeitraum 01.05.2009 bis 31.03.2010 seien weitere Bescheide erteilt worden, die bestandskräftig geworden seien; er sei daher nicht Gegenstand des Verfahrens. Die zuschussweise Leistungsgewährung ab Mai 2010 sei mit Bescheid vom 12.05.2010 abgelehnt worden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen als Zuschuss, da sie über verwertbares Vermögen verfüge. Sie sei Eigentümerin eines Hausgrundstücks, dessen Wohnfläche mit 110 m² unangemessen sei. Dies gelte auch in Anbetracht des Umstandes, dass die Klägerin das Haus mit ihrem Sohn bewohne; denn die angemessene Wohnfläche für zwei Personen betrage 90 m². Zwar sei nicht allein auf die Wohnfläche abzustellen, und es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Grundstücksgröße von 485 m², der Zuschnitt und die Ausstattung des Hauses unangemessen seien. Dennoch sei allein aufgrund der Wohnfläche von einer nicht geschützten Immobilie auszugehen. Deren Verwertung bedeute für die Klägerin auch keine besondere Härte. Weder ihr Alter noch gesundheitliche Einschränkungen könnten eine Härte begründen. Die Klägerin könne daher nur darlehensweise Leistungen erhalten, die ihr bis zum 31.08.2010 gewährt worden seien.
16Die Klägerin hat am 19.08.2010 Klage erhoben. Die Leistungen nach dem SGB XII stünden ihr als Zuschuss zu. Ihr Hausgrundstück sei Schonvermögen; denn sie bewohne selbst weniger als 90 m². Nach der sog. Kombinationstheorie sei auch nicht allein auf die Wohnfläche, sondern auf alle persönlichen, sachlichen und wertbezogenen Faktoren abzustellen. Die Grundstücksgröße von 485 m² sei angemessen. Der Wert der Immobilie sei von der Beklagten fehlerhaft mit 160.000,00 EUR ermittelt worden, tatsächlich betrage er nur etwa 80.000,00 EUR. Es sei zu berücksichtigen, dass es sich um ein Erbbaugrundstück handele und das Haus sanierungsbedürftig sei. Eine Verwertung würde für sie zudem eine Härte bedeuten, da sie bereits mehr als 25 Jahre dort wohne. Psychisch würde sie einen Umzug nicht verkraften.
17In einem Erörterungstermin vom 08.02.2012 haben die Beteiligten gegenüber dem Sozialgericht übereinstimmend erklärt, der streitgegenständliche Zeitraum reiche vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009. Für Zeiten ab dem 01.05.2010 hat die Beklagte weiter erklärt, sie werde sich nicht auf die bestandskräftige Ablehnung zuschussweiser Leistungen berufen.
18Die Klägerin hat beantragt,
19die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 04.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 als verlorenen Zuschuss zu gewähren.
20Die Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Sie hat auf ihren Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, das Hausgrundstück sei ein ungeschützter Vermögenswert, der vorrangig vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes einzusetzen sei. Dass die Klägerin das Haus gemeinsam mit ihrem Sohn bewohne, könne nicht zu einer Angemessenheit des Hausgrundstücks führen; denn hierdurch verringere sich die Wohnfläche nicht auf eine angemessene Größe.
23Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Dipl. Ing. (B) und Bausachverständigen T (N) vom 20.03.2012 zum Wert der Immobilie eingeholt. Danach handelt es sich um ein Einfamilienwohnhaus mit zwei Garagen, wobei sich eine Garage auf einer separaten Parzelle befinde. Die Klägerin sei erbbauberechtigt aufgrund eines Vertrages vom 30.08.1974. Das Grundstück habe eine Größe von 485 m², zzgl. 21 m² auf dem Garagenhof. Das Wohnhaus sei 1975 errichtet worden und habe eine Wohnfläche von 119 m². Davon seien 35 m² an den Sohn für eine Warmmiete von 320,00 EUR vermietet. Die Garage auf dem Garagenhof sei (mittlerweile) für 50,00 EUR vermietet. Es handele sich um ein Einfamilienwohnhaus in mittlerer Lage, mit individueller Struktur und einfacher bis mittlerer Standardausstattung. Der bauliche Zustand sei mittelmäßig bei mangelhaften Dämmfaktoren. Der Ertragswert belaufe sich auf 135.000,00 EUR, der Sachwert auf 178.000,00 EUR. Maßgeblich sei bei vordergründiger Eigennutzung der Sachwert. Von diesem sei allerdings ein Abschlag von 20% zu machen. Denn zum einen sei der mängelbehaftete Gebäudezustand wertmindernd zu berücksichtigen, zum anderen werde der Käuferkreis erfahrungsgemäß durch das Erbbaurecht eingeschränkt. Der Verkehrswert betrage für Dezember 2008 140.000,00 EUR; für das Jahr 2011 betrage er aufgrund der allgemeinen Wertsteigerung bei Einfamilienhäusern 145.000,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
24Mit Urteil vom 07.11.2012 (der Beklagten zugestellt am 10.01.2013) hat das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 17.12.2008 bis 30.04.2009 als Zuschuss zu gewähren. Die Immobilie der Klägerin sei ein angemessenes Hausgrundstück i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für einen Vier-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 130 m² angemessen, und für jede Person weniger sei ein Abschlag von 20 m² zu machen. Angesichts der übrigen Faktoren des Hausgrundstücks (Wohnfläche, Verkehrswert und bauliche Ausstattung), die - wohl auch nach Auffassung des Beklagten - dem Angemessenheitsbegriff des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII unterfielen, sei jedoch davon auszugehen, dass die geringe Überschreitung der angemessenen Wohnfläche unbeachtlich sei.
25Die Beklagte hat am 28.01.2013 Berufung eingelegt. Sie hält die Immobilie der Klägerin nach wie vor nicht für angemessen. Nach der Kombinationstheorie seien alle in § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII genannten persönlichen, sachlichen und wertbezogenen Kriterien zu berücksichtigen. Die Grundstücksgröße von (insgesamt) über 500 m² sei nicht angemessen; denn es gehe nicht um einen ländlichen Bereich, sondern um einen Stadtteil von N. Auch die Wohnfläche sei unangemessen; die vorliegende Überschreitung von 32% sei keineswegs mehr geringfügig. Sonstige Kriterien könnten die Unangemessenheit der Grundstücksgröße und der Wohnfläche nicht kompensieren. Es liege auch kein atypischer Sachverhalt im Sinne einer Härte gem. § 90 Abs. 3 SGB XII vor.
26Die Beklagte beantragt,
27das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.11.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
28Die Klägerin beantragt,
29die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
30Das Sozialgericht habe die geringfügige Überschreitung der angemessenen Wohnfläche zutreffend als unbeachtlich angesehen. Die Grundstücksgröße sei angemessen, da der Ortsteil N eher dem ländlichen Bereich zuzuordnen sei. Der Verkehrswert von 140.000,00 EUR sei ebenfalls angemessen, denn er liege unter dem Wert von 160.000,00 EUR, welchen die Beklagte für vergleichbare Immobilien ermittelt habe. Eine Verwertung würde auch eine Härte bedeuten.
31Der Senat hat ein Gutachten des Immobilienmaklers I (N) vom 19.12.2013 zur Frage der Marktgängigkeit des Erbbaurechts der Klägerin eingeholt. Der Sachverständige führt aus, gegen das Gutachten des Sachverständigen T bestünden keine Einwände. Dieser habe zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Verkauf des Hauses - welches am Markt ausschließlich Eigennutzer anspreche - durch die Errichtung auf einem Erbbaugrundstück erschwert werde. Die mittelmäßige Lage des Grundstücks und die Mängel am Haus ließen einen höheren Quadratmeterpreis nicht zu. Das Vergleichswertverfahren sei aufgrund der Individualität des Erbbaurechts nicht anzuwenden, zumal auch nach der Datenbank des Gutachters kein vergleichbares Objekt verkauft worden sei. Auf der Grundlage der ihm vorliegenden Erfahrungswerte bei Verkäufen von Immobilien auf Erbpachtgrundstücken zur Eigennutzung sowie des ermittelten Verkehrswerts wäre eine Vermarktung innerhalb von zwölf Monaten möglich gewesen. Diese Aussage beziehe sich auf einen Verkauf mit der Möglichkeit der anschließenden Eigennutzung seitens des Käufers sowie einer öffentlichen Vermarktung, da es sich hier um einen eingeschränkten Kundenkreis handele. Ein Verkauf der Immobilie innerhalb von zwölf Monaten sei weiterhin realistisch. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten; er ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
33Entscheidungsgründe:
34I. Die nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII als Zuschuss zu gewähren.
351. Gegenstand des Klageverfahrens ist nach der Beschränkung des streitigen Zeitraumes im erstinstanzlichen Erörterungstermin vom 08.02.2012 allein noch der Bescheid vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 (§ 95 SGG), mit dem Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 als Darlehen bewilligt worden sind.
36Die hiergegen gerichtete Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1, § 56 SGG) zulässig. Denn der angefochtene Bescheid verfügt unter anderem, dass die Leistungen lediglich als Darlehen bewilligt werden. Nach dem Klageantrag (und einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 05.05.2014) ist nicht über etwa höhere Leistungen nach dem SGB XII zu befinden, sondern nur darüber, ob die gewährten Leistungen statt als Darlehen als (nicht zurückzuzahlender) Zuschuss hätten erbracht werden müssen. Da die Beklagte bereits Leistungen erbracht hat und deshalb nicht erneut zur Leistung verurteilt werden kann, musste - wie auch im Tenor des Sozialgerichts geschehen - lediglich die Form der Zahlung (Zuschuss statt Darlehen) geändert werden.
372. Der Bescheid vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 ist, soweit zustehende Leistungen in Form eines Darlehens bewilligt werden, rechtwidrig; die Klägerin ist dadurch im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert.
38Denn sie hatte im streitigen Zeitraum 17.12.2008 bis 30.04.2009 einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII als Zuschuss aus § 41 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten (Abs. 1 S. 1). Leistungsberechtigt wegen Alters nach Absatz 1 ist, wer die Altersgrenze erreicht hat (Abs. 2 S. 1).
39Die Klägerin hat am 17.12.2008 das 65. Lebensjahr vollendet und damit die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht. Sie hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, denn sie lebt - ohne dass es sich dabei nur um einen nur vorübergehenden Aufenthalt handeln würde - in N. Den Antrag auf Grundsicherung nach dem SGB XII hat sie am 10.11.2008 gestellt. Die Klägerin konnte zudem ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen (a) und Vermögen (b) beschaffen.
40a) Das Einkommen der Klägerin deckte ihren Bedarf im streitigen Zeitraum nicht. Ihr monatlicher Bedarf setzte sich mindestens aus dem Regelsatz von 351,00 EUR, dem (monatlich fälligen) Erbbauzins von 109,18 EUR und dem monatlichen Abschlag für Wasser von 20,75 EUR zusammen (Summe: 480,93 EUR). Dazu kommen weitere Aufwendungen für das Eigenheim, wie z.B. Grundbesitzabgaben und Beiträge zur Gebäudeversicherung, die jeweils im Monat ihrer Fälligkeit dem Bedarf hinzuzurechnen sind (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 78/12 R m.w.N.). Die Klägerin konnte jedoch bereits den Mindest-Gesamtbedarf i.H.v. 480,93 EUR im streitigen Zeitraum nicht durch die Altersrente i.H.v. 98,92 EUR und die Mieteinkünfte i.H.v. 365,00 EUR (Summe: 463,92 EUR) vollständig decken; vielmehr verblieb ein Restbedarf.
41b) Vermögen der Klägerin steht einem Leistungsanspruch im streitigen Zeitraum ebenfalls nicht entgegen:
42aa) Der PKW der Klägerin hatte - wovon die Beteiligten ausweislich einer übereinstimmend gegenüber dem Senat in einem Verhandlungstermin vom 14.04.2014 und ebenso der Senat ausgehen - einen Marktwert von 200,00 EUR; er war damit gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII nicht als Vermögen einsatzpflichtig. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte. Der Vorschrift unterfallen nicht nur unmittelbar Geldbeträge und Geldwerte im engeren Sinn, sondern mittelbar auch Vermögensgegenstände, wenn der Erlös aus ihrer Verwertung den maßgeblichen Freibetrag nicht übersteigt bzw. übersteigen würde (vgl. BSG, Urteil vom 20.09.2012 - B 8 SO 13/11 R). Dieser Freibetrag beläuft sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 1a der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des SGB XII bei nachfragenden Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, auf 2.600,00 EUR. Er liegt damit weit oberhalb des Wertes des (ehemaligen) PKW der Klägerin.
43bb) Als weiterer Vermögensgegenstand kommt allein das Erbbaurecht der Klägerin in Betracht. Der Senat hält dieses Erbbaurecht jedoch für nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII vor einer Einsatzpflicht geschützt. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.
44Mit dieser Formulierung hat der Gesetzgeber die sog. Kombinationstheorie aufgegriffen, die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zur Auslegung des § 88 Abs. 2 Nr. 7 Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in der bis zum 31.12.1990 geltenden Fassung entwickelt worden war. Nach dieser Vorschrift durfte die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines kleinen Hausgrundstücks, besonders eines Familienheims. Die Eigenschaft eines Hausgrundstücks als "klein" sollte sich nach der Rechtsprechung des BVerwG nach personenbezogenen Kriterien (Zahl der Bewohner und deren besondere Bedürfnisse) sowie nach sachbezogenen und wertbezogenen Kriterien (Größe, Zuschnitt und Ausstattung der Baulichkeit; Größe des Grundstücks; Wert des Grundstücks einschließlich der Baulichkeit) richten (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1974 - V C 50.73 sowie vom 17.01.1980 - 5 C 48/78).
45Das BSG hat sich dieser Kombinationstheorie des BVerwG angeschlossen. Danach sei die Angemessenheit nach Maßgabe und Würdigung aller in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG (jetzt § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) bezeichneten personen-, sach- und wertbezogenen Kriterien zu beurteilen; soweit ein einzelnes Kriterium unangemessen sei, führe dies also nicht automatisch zur Unangemessenheit des Hausgrundstücks (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.
46Bei einer danach erforderlichen Gesamtbetrachtung sieht der Senat das bebaute Erbbaurecht der Klägerin als ein insgesamt angemessenes Hausgrundstück i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII an. Zwar ist die Wohnfläche des Hauses im Hinblick auf die Anzahl der Bewohner für sich genommen unangemessen groß [dazu (1.)]. Die Überschreitung der insoweit zu ziehenden Angemessenheitsgrenze ist jedoch zu tolerieren, da sie weniger als ein Drittel oberhalb der Grenze für ein von ein bis zwei Personen bewohntes Einfamilienhaus liegt und zugleich sämtliche übrigen sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien eingehalten werden [dazu (2.)]. Schließlich steht der Angemessenheit des Erbbrauchrechts auch nicht entgegen, dass es aus zwei Grundstücken besteht; denn die Klägerin verwertet das separate Grundstück auf dem Garagenhof in geeigneter Weise bereits durch Vermietung [dazu (3.)].
47(1.) Die Wohnfläche des von der Klägerin bewohnten Hauses ist für sich genommen im Hinblick auf die Anzahl der zwei Bewohner unangemessen groß. Nach der Rechtsprechung des BSG zum SGB II ist die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks nach den Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG) mit einem Grenzwert von 130 m² für einen Vier-Personen-Haushalt zu bestimmen; für jede weitere Person erhöht er sich um 20 m², für jede Person weniger verringert er sich um 20 m² (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R; Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R; Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R; Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Bei einer Belegung des Hauses mit nur einer Person sei die Grenze allerdings typisierend auf 90 m² festzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Darüber hinaus sei bei einer Überschreitung der Wohnflächenobergrenze um nicht mehr als 10% mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch von einer angemessenen Wohnfläche auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R). Der für die Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung - auch aus Gründen der Harmonisierung (zu deren Notwendigkeit vgl. Coseriu, in: Bender/Eicher, Sozialrecht - eine Terra incognita, 2009, 225, 255 f.; Stölting/Greiser, SGb 2010, 631 ff.) - angeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Grundsätzlich schließt sich auch der erkennende Senat dieser Rechtsprechung an.
48Zur Beurteilung der Angemessenheit ist von der Gesamtwohnfläche des Hauses von 119 m² auszugehen; maßgebend ist - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht etwa nur die von der Klägerin selbst bewohnte Fläche von 84 m². Insoweit genügt, dass der Vermögensinhaber das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche ist deshalb gerechtfertigt, weil der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit steht, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliegt; Ausnahmen sind allenfalls denkbar bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile (vgl. BSG, a.a.O.). Ohne eine Teilung des Eigentums ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten, und es ist für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche und nicht nur auf die von der Leistungen beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abzustellen (vgl. BSG, a.a.O.). Für Inhaber eines Erbbaurechts kann nach Ansicht des Senats nichts anders gelten. Denn die Klägerin kann als dessen Eigentümerin das gesamte bebaute Erbbaurecht als Vermögensgegenstand verwerten; die Vermietung eines Teils des Hauses an ihren Sohn ändert daran nichts und stellt insbesondere kein rechtliches Hindernis für eine Verwertung dar (wie es etwa bei einem Miteigentumsanteil bestünde).
49Gehört der Sohn aber zu den Angehörigen der Klägerin i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII, so ist bei der Beurteilung der Angemessenheit der Wohnfläche von zwei Personen auszugehen. Anders als im SGB II ist also nicht nur auf Mitglieder der Bedarfs- bzw. Einstandsgemeinschaft abzustellen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Bei der Auslegung des Begriffs "Angehöriger" kann man sich an § 16 Abs. 5 Nr. 3 SGB X orientieren (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Danach gehören Verwandte und Verschwägerte gerader Linie zu den Angehörigen, und somit auch der Sohn der Klägerin.
50Berechnet sich die angemessene Wohnfläche damit im vorliegenden Verfahren nach zwei Personen, so beträgt sie (130 m² abzgl. 2 x 20 m²; s.o.) 90 m². Die tatsächliche Wohnfläche ist mit 119 m² deshalb unangemessen. Das gilt selbst dann, wenn man eine Überschreitung von 10% auch im Bereich des Sozialhilferechts (ebenso wie im Bereich des SGB II) aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für tolerabel hält.
51An der Unangemessenheit der Wohnfläche ändert es auch nichts, dass das Haus ursprünglich beim Erwerb des bebauten Erbbaurechts durch die Klägerin für eine Nutzung durch drei Personen - nämlich als Familienheim für die Klägerin und ihre beiden Kinder - gedacht war. Die Klägerin lebte denn auch nach Trennung von ihrem ersten Ehemann zunächst mit beiden Kindern in dem Haus; die Tochter ist erst im Alter von etwa 16 Jahren zu ihrem Vater gezogen.
52In der Literatur wird insoweit die Auffassung vertreten, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 82 Abs. 3 S. 2 II des II. WobauG a.F. solle von einer Herabsetzung der angemessenen Wohnfläche abgesehen werden, wenn sich die ursprüngliche Bewohnerzahl erst durch den Auszug erwachsener Kinder verringert habe (vgl. Mecke in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 90, Rn. 78; Link, Sozialrecht aktuell 2007, 8, 12). Nach dieser (am 31.12.2001 außer Kraft getretenen) Vorschrift ist eine Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug der Wohnung unschädlich. Wollte man so verfahren, betrüge die angemessene Wohnfläche beim Haus der Klägerin (für drei Personen) 110 m²; wollte man zudem auch hier aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Überschreitung von 10% tolerieren (dann 121 m²), wäre die tatsächliche Wohnfläche von 119 m² noch angemessen. Der Senat schließt sich dieser Auffassung jedoch nicht an. Denn Sozialhilfe dient grundsätzlich nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage und knüpft daher an einen aktuellen Hilfebedarf an (BSG, Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R; sog. Gegenwärtigkeitsprinzip). § 90 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 SGB XII normiert zudem ausdrücklich, dass (auch) auf die Zahl der Bewohner abzustellen ist; ist Sozialhilfe von vornherein nur eine Hilfe in gegenwärtigen Notlagen, so kann maßgeblich allein die Zahl der Bewohner im Zeitpunkt der geltend gemachten Hilfebedürftigkeit sein (so der erkennende Senat bereits im Urteil vom 19.11.2012 - L 20 SO 273/11; unveröffentlicht).
53(2.) Der Senat hält gleichwohl die Überschreitung der angemessenen Wohnfläche im Falle der Klägerin im Rahmen einer Gesamtbetrachtung für nicht anspruchsschädlich. Denn die Überschreitung betrifft ein Einfamilienhaus für ein bis zwei Bewohner und beträgt dort weniger als ein Drittel; zugleich ist das selbstgenutzte Haus nach den sonstigen Kriterien jeweils sozialhilferechtlich angemessen:
54Einfamilienhäuser in einer eher ländlichen Vorortgegend wie N wurden in den 1970er Jahren üblicherweise mit einer Wohnfläche von mehr als 90 m² errichtet. Auch für Eigentümer mit durchschnittlichen oder gar unterdurchschnittlichen finanziellen Mitteln gibt es kleine Häuser von bis zu 90 m² Wohnfläche allenfalls ausnahmsweise. Dementsprechend weist auch das Haus der Klägerin bei 119 m² Wohnfläche lediglich die für eine Kleinfamilie mit zwei Kindern notwendigen Räume auf (je ein Schlafzimmer für Mutter/Eltern, Sohn und Tochter, Wohn-/Essraum, Küche, sanitäre Räume). Die einzelnen Zimmer sind dabei auch der Größe nach angemessen; die Kinderzimmer haben jeweils eine Wohnfläche von 8,55 m², das Schlafzimmer für Eltern (bzw. die Klägerin als Mutter) weist 22,90 m² auf, das Wohnzimmer 28,26 m², der Essbereich 13,14 m² und die Küche 8,87 m² (übrige Flächen insgesamt 29,00 m²). Gleichwohl summiert sich diese - jeweils für sich genommen bescheidene - Wohnfläche auf 119 m²; dies macht ersichtlich, dass auch bescheidene Einfamilienhäuser mit lediglich bis zu 90 m² nur als Ausnahmefall bei besonders kleinem Bedarf des Bauherrn errichtet werden. Gibt es kleine Einfamilienhäuser mit einer Wohnfläche von 90 m² deshalb nur sehr selten, so liefe der Schutz von selbstgenutzten Hausgrundstücken nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII faktisch leer, wenn ein Einfamilienhaus - wie in typischen Alterslebenslagen, die vom Vierten Kapitel des SGB XII berücksichtigt werden - nur von einer oder zwei Personen bewohnt wird.
55Der Senat hält es aus diesem Grund zur Wahrung eines faktischen Anwendungsbereichs für die in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII berücksichtigte typische Lebenssituation für erforderlich, bei Einfamilienhausgrundstücken, die von einer oder zwei Personen selbst genutzt werden, eine Überschreitung der mit 90 m² zu bemessenden angemessenen Wohnfläche bis zu einem Drittel zuzulassen, wenn das Haus nach sonstigen Kriterien angemessen ist und keine besondere Wertsteigerung erfährt. In einem solchen Fall hält er die Interessen der die Sozialhilfe über Steuern aufbringenden Allgemeinheit durch die Regelung über einen Kostenersatz durch Erben in § 102 SGB XII für hinreichend gewahrt.
56Die genannten Voraussetzungen treffen auf das Haus der Klägerin zu.
57Die Überschreitung der angemessenen Wohnfläche liegt mit 32% unter einem Drittel. Im Übrigen ist das Haus sozialhilferechtlich angemessen:
58Nach den Ausführungen des Sachverständigen T, denen sich der Senat anschließt, verfügt das Gebäude über eine einfache bis mittlere Standardausstattung. Größere Ausbauten oder Renovierungen wurden seit seiner Errichtung im Jahre 1975 nicht vorgenommen; so ist etwa noch immer die ursprüngliche Einfachverglasung vorhanden. Auch der Zuschnitt des Gebäudes weist keine Besonderheiten auf; neben einem größeren Wohn-/Essbereich mit angeschlossener Küche gibt es drei Schlafzimmer. Das Vorhandensein zweier Bäder (ohne besondere Ausstattung) sieht der Senat nicht als wertsteigernde Luxusausstattung an, welche zu einer sozialhilferechtlichen Unangemessenheit führen würde.
59Auch die - nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilende - Größe des Grundstücks ist sozialhilferechtlich angemessen. In der Praxis angewandte Grenzwerte von 500 m² für ein freistehendes Haus (vgl. Geiger in: LPK-SGB XII, § 90 SGB XII, 9. Aufl. 2012, Rn. 53) bzw. für den ländlichen Raum (vgl. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 90 SGB XII, Rn. 59) sind nach der Rechtsprechung des BSG allenfalls Anhaltspunkte; sie können überschritten werden, wenn sich die Größe eines Hausgrundstücks im Rahmen der örtlichen Gegebenheiten hält (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Letzteres ist hier der Fall. Denn die Immobilie der Klägerin gehört zu einer L-förmig angelegten Siedlung von gleichartigen Häusern, die auf vergleichbar großen Grundstücken errichtet worden sind. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Ortsteil N nicht zum innerstädtischen Bereich von N gehört, sondern eher ländlich strukturiert ist. In einem ländlichen Bereich hat das BSG sogar im von ihm entschiedenen Einzelfall ein Grundstück von 800 m² noch als angemessen angesehen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R).
60Auch der Verkehrswert des Erbbaurechtes ist angemessen. Der Sachständigen T hat den Verkehrswert aus dem Sachwert abgeleitet, da die Eigennutzung vordergründig sei. Bei dieser Methode wird zunächst der Bodenwertanteil ermittelt und dann der Gebäudewert; zusammengenommen ergibt sich der Sachwert des Erbbaurechts. Dieser beläuft sich im vorliegenden Verfahren nach den Feststellungen des Sachverständigen T auf 178.000,00 EUR. Bei der Festlegung des Verkehrswertes sei jedoch aufgrund des mängelbehafteten Gebäudezustandes und des Erbbaugrundstücks ein Abschlag von 20% zu machen, so dass sich gerundet ein Wert von 140.000,00 EUR ergebe. Auch der vom Senat gutachterlich gehörte N Immobilienmakler I hat gegen diese Einschätzung keine Einwände erhoben. Der Senat schließt sich diesen Einschätzungen der beiden Sachverständigen an, da sie schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend sind. Der Verkehrswert des Erbbrauchrechtes setzt sich zusammen aus dem reinen Bodenwertanteil i.H.v. ca. 50.000,00 EUR (62.000,00 EUR abzgl. des Abschlages von 20%) und dem Gebäudewert einschließlich eines Zuschlages für die Außenanlagen von insgesamt ca. 90.000,00 EUR (115.500,00 EUR abzgl. des Abschlages von 20%). Der Bodenwertanteil des Erbbraurechtes ist deshalb so hoch, weil der Bodenrichtwert im Bereich des Erbbaugrundstücks 230,00 EUR/m² beträgt. Die Angemessenheit dieses Anteils folgt bereits daraus, dass es sich um ein angemessenes Grundstück handelt (s.o.) und die Klägerin den Bodenrichtwert nicht beeinflussen kann. Das Gebäude selbst ist somit nur ca. 90.000,00 EUR wert, was nach Auffassung des Senates die sozialhilferechtliche Angemessenheitsgrenze nicht überschreitet.
61(3.) Schließlich steht der Angemessenheit des Erbbauchrechts im Rahmen von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII auch nicht entgegen, dass es aus zwei Grundstücken besteht. Insoweit reicht es - unbeschadet der Frage, wie bei einer Eigennutzung des separaten Garagengrundstücks durch die Klägerin zu entscheiden wäre - aus, dass die Klägerin das separate Grundstück auf dem Garagenhof (S) durch Vermietung verwertet.
62Zwar ist das Vorhandensein eines zweiten Grundstücks mit einer zweiten Garage sozialhilferechtlich nicht angemessen. Denn eine vom selbstgenutzten Hausgrundstück separate Garage dient nicht dem Wohnen; es unterfällt deshalb von vornherein nicht dem auf das Grundbedürfnis Wohnung (Art. 13 Grundgesetz) gerichteten Schutzzweck des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Ohnehin verfügt das Hausgrundstück der Klägerin noch über eine weitere Garage; schon aus diesem Grund erscheint ein schützenswerter Bedarf der Klägerin (die im Übrigen auch nicht mehr über ein Kraftfahrzeug verfügt) für die Nutzung der separaten Garage ausgeschlossen. Ist das separate Garagengrundstück deshalb ein Vermögensgegenstand, der sozialhilferechtlich nicht geschützt ist, so muss die Klägerin ihn zur (ggf. teilweisen) Vermeidung von Sozialhilfebedarf verwerten.
63Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Ist der Inhaber dagegen in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt und kann er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen, ist von der Unverwertbarkeit des Vermögens auszugehen; in diesem Falle wäre es sozialhilferechtlich nicht anspruchsschädlich. Darüber hinaus enthält der Begriff der Verwertbarkeit aber auch eine tatsächliche Komponente. Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie, etwa bei Grundstücken infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R).
64Die Verwertung des separaten Garagengrundstücks ist grundsätzlich möglich. Denn das einheitliche Erbbaurecht der Klägerin am Haus- sowie am Garagengrundstück ist grundsätzlich teilbar; ein Erbbaurechtsteil am Garagengrundstück wäre nach Teilung des einheitlichen Erbbaurechts auch separat veräußerbar. Voraussetzung für ein solches Vorgehen wäre allerdings die Zustimmung des Grundstückeigentümers. Erforderlich für die Teilung eines Erbbaurechts ist jedoch - neben der (hier schon vorliegenden) Teilung des Erbbaugrundstücks in mehrere Grundstücke im Rechtssinn (§ 7 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO)) - zusätzlich, dass sich auf den geteilten Grundstücken jeweils ein Gebäude befindet bzw. es dort errichtet werden kann (vgl. von Oefele/Heinemann in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 1 ErbbauRG Rn. 43 ff.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn beide bereits grundbuchlich getrennte Grundstücke sind jeweils mit einem Gebäude bebaut. Eine Teilung des Erbbaurechts setzt jedoch nach § 26 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) voraus, dass der Eigentümer des Grundstücks der Teilung zustimmt; denn in einer Teilung eines Erbbaurechts liegt zugleich immer auch dessen (Teil-) Aufhebung und damit die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 26 ErbbauRG (vgl. von Oefele/Heinemann, a.a.O., Rn. 46). Eine solche Zustimmung des Grundstückseigentümers liegt hinsichtlich des Erbbaurechts der Klägerin nicht vor; ob sie erteilt werden würde, ist zumindest fraglich.
65Es kann offen bleiben, ob der Grundstückeigentümer einer Teilung des Erbbaurechts der Klägerin zustimmen würde bzw. zugestimmt hätte, wäre er daraufhin befragt worden. Denn die Klägerin verwertet die separate Garage zulässigerweise anders als durch Verkauf des Erbbaurechts, nämlich durch Vermietung:
66Eine Verwertung kann auf unterschiedliche Art erfolgen, etwa durch Verkauf oder Beleihung; auch Vermietung oder Verpachtung kommen in Betracht. Grundsätzlich steht es dem Hilfesuchenden frei, zwischen mehreren möglichen Verwertungsarten zu wählen. Jedoch folgt aus der Selbsthilfeverpflichtung des § 2 Abs. 1 SGB XII, dass er grundsätzlich die Verwertungsart zu wählen hat, die den höchsten Deckungsbeitrag erbringt (vgl. Mecke in jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2011, § 90, Rn. 37). Dieser Grundsatz ist nach Auffassung des Senats in der Weise zu modifizieren bzw. zu präzisieren, dass im Falle eines prognostisch langjährigen Leistungsbedarfs von einer Veräußerung abgesehen werden kann, wenn sich der Sozialhilfebedarf durch Vermietung in einer Weise reduzieren lässt, dass die Leistungseinsparungen bereits innerhalb weniger Jahre den Wert des Vermögensgegenstandes erreichen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn der Wert der Garage beläuft sich nach der Mitteilung der städtischen Bewertungsstelle der Beklagten auf 4.000,00 EUR. Auch wenn es sich dabei dem Sachverständigen T zufolge nur um eine Schätzung handelt, wird doch deutlich, dass es sich bei der Vermietung (im streitigen Zeitraum gegen einen monatlichen Mietzins von 45,00 EUR, inzwischen von 50,00 EUR) um eine wirtschaftlich auf nicht allzu lange Frist lukrative Form der Verwertung handelt. Denn bereits nach etwa acht Jahren liegen die Einnahmen durch die Vermietung über dem genannten Schätzwert der Garage (für den im Übrigen die nur laienhafte Ausbesserung des Daches durch den Sohn der Klägerin ersichtlich noch nicht einmal berücksichtigt worden ist). Es schien daher - jedenfalls im streitigen Zeitraum - auch mit Blick auf eine Reduzierung des Sozialhilfebedarfs wirtschaftlich von vornherein sogar sinnvoller, das Erbbaurecht an dem separaten Grundstück durch die erfolgte Vermietung der Garage zu verwerten, statt es zu veräußern. Die Klägerin ist deshalb ihrer Verwertungspflicht bereits nachgekommen.
67III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
68IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - hier: Arbeitslosengeld II (Alg II) - nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit ab 12.11.2008. Im Streit ist insbesondere die Berücksichtigung eines in ihrem Alleineigentum stehenden Hausgrundstücks.
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Die im Jahr 1953 geborene, alleinstehende Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks in N, Gemarkung B, Flur 13, Flurstück 364, Lagebezeichnung H straße Auf dem 471 qm großen Grundstück befindet sich eine 1963 erbaute Doppelhaushälfte mit einem Zweifamilienhaus und einer Gesamtwohnfläche von 129 qm. Im Erdgeschoss und im Dachgeschoss befinden sich jeweils eigene Wohnungen, die baulich nicht voneinander abgeschlossen sind. Die Erdgeschosswohnung hat eine Wohnfläche von 70 qm und die Dachgeschosswohnung von 59 qm. Das Hausgrundstück stand ursprünglich im Eigentum der Eltern der Klägerin, die die Erdgeschosswohnung bewohnten. Die mittlerweile geschiedene Klägerin wohnte seinerzeit zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in der Dachgeschosswohnung. Im Jahr 2001 übertrugen die Eltern der Klägerin dieser unentgeltlich und lastenfrei das Alleineigentum an dem Grundstück. Dabei war zur Bestimmung der Kosten des Grundbuchamts von einem Verkehrswert von 210 000 DM ausgegangen worden. Nunmehr - nach dem Tod ihrer Eltern - wohnt die Klägerin allein in der Dachgeschosswohnung und in der Erdgeschosswohnung wohnen in einem eigenen Haushalt die Tochter der Klägerin, ihr Ehemann und deren mittlerweile drei Kinder. Im Oktober 2008 wies das Grundstück einen Verkehrswert von 143 000 Euro und zuletzt, im Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen, einen Verkehrswert von gut 130 000 Euro auf. Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld über 75 000 Euro, die der Sicherung eines von der Tochter der Klägerin und ihrem Ehemann Ende 2007 aufgenommenen Darlehens in Höhe von 75 000 Euro dient. Das Darlehen wird in monatlichen Raten von 495,63 Euro getilgt. Zum 31.12.2011 bestand die Darlehensforderung noch in Höhe von 65 073,46 Euro.
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Die Klägerin bezog vom 1.9.2008 bis zum 11.11.2008 Arbeitslosengeld. Sie beantragte am 20.10.2008 bei dem Beklagten Alg II für die Zeit ab 12.11.2008. Die ARGE V als Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters lehnte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 9.1.2009, Widerspruchsbescheid vom 15.6.2009). Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Sie verfüge über zu berücksichtigendes Vermögen, weil das Hausgrundstück für sie allein unangemessen groß sei. Für die Angemessenheitsprüfung sei nur auf die Klägerin und nicht auch auf die Familie ihrer Tochter abzustellen, denn es bestünde keine Bedarfsgemeinschaft und auch keine Haushaltsgemeinschaft iS des SGB II. Die Möglichkeit einer darlehensweisen Hilfegewährung sei von der Klägerin abgelehnt worden.
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Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Urteil vom 27.1.2012) und die Berufung der Klägerin zum LSG (Urteil vom 22.10.2012) blieben erfolglos. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, das im Alleineigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück sei nicht vor einer Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt, denn für die Klägerin allein sei nur ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche bis zu 90 qm angemessen. Der Umstand, dass die Familie ihrer Tochter in einem eigenen Haushalt auch in dem Haus wohne, sei für die Frage nach dem Schonvermögen der Klägerin iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II unbeachtlich. Aus einem Vergleich mit der abweichenden Regelung in § 90 Abs 2 Nr 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) folge nichts anderes.
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Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei ihr Hausgrundstück als "Familienheim" und "Mehrgenerationenhaus" vor der Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt. Zudem müsse, da das mit Angehörigen bewohnte Hausgrundstück bei Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, es vorliegend auch im Rahmen des SGB II geschützt sein.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 12. November 2008 bis zum 22. Oktober 2012 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind in der Sache die Urteile des LSG und des SG und die angefochtenen Bescheide des Beklagten sowie der Anspruch der Klägerin auf Alg II als Zuschuss für die Zeit ab 12.11.2008 (erster Tag nach Bezug von Arbeitslosengeld). Streitbefangen im Revisionsverfahren ist der Zeitraum bis zum 22.10.2012 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG). Mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrt die Klägerin die Aufhebung der Urteile des LSG und des SG und der angefochtenen Bescheide sowie die Verurteilung des Beklagten zur zuschussweisen Zahlung von Alg II; die Leistungsklage ist insoweit auf den Erlass eines Grundurteils gerichtet (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).
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2. Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Alg II ist § 19 iVm §§ 7, 9 und §§ 20, 21 und 22 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.
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Nach § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte als Alg II Leistungen, die den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfassen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben(Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).
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3. Die Klägerin erfüllt nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.
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4. Allerdings fehlen ausreichende Feststellungen des LSG zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin. Hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist nach § 9 Abs 1 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850), wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 4 SGB II auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen. Darlehensweise Leistungen hat die Klägerin jedoch ausdrücklich nicht begehrt; sie sind nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.
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Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II der Klägerin ist zunächst festzustellen, ob sie mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet(dazu unter a) und sind sodann ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf (dazu unter b) die zu dessen Deckung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten der Klägerin (dazu unter c) gegenüberzustellen.
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a) Die Klägerin ist geschieden und lebt in ihrem Haushalt allein. Sie ist in Anwendung der Vorgaben des § 7 Abs 3 SGB II dazu, welche Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören, eine alleinstehende Person. Es besteht auch keine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II zwischen ihr und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter, die in einem eigenen Haushalt lebt. In den beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses wird von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt.
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b) Nach § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II umfasst das Alg II den Regelbedarf(§ 20 SGB II), Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II).
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Zum Bedarf der Klägerin fehlen nähere Feststellungen des LSG. Feststellen lassen sich im Revisionsverfahren nur die für die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Höhen der Regelleistung (bis 31.12.2010) und des Regelbedarfs (ab 1.1.2011) zur Sicherung des Lebensunterhalts. Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin daneben auch Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II) in Betracht kommen könnten, sind nicht ersichtlich. Unbekannt ist, in welcher Höhe im streitbefangenen Zeitraum welche Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei ihr bestehen und zu berücksichtigen sind.
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c) Auch zum zu berücksichtigenden Einkommen iS der §§ 11 bis 11b SGB II sind die Feststellungen des LSG unvollständig. Nach diesen bezog die Klägerin seit September 2009 ein monatliches Erwerbseinkommen von im Schnitt anfänglich gut 300 Euro, mittlerweile knapp 500 Euro. Das LSG nahm hierfür auf eine Aufstellung der Klägerin Bezug, in der diese ihre monatlichen Einkünfte aufgelistet hatte. In welcher Höhe genau im streitbefangenen Zeitraum Einkommen zu berücksichtigen ist, ist damit nicht festgestellt, weil unbekannt ist, in welcher Höhe jeweils zu berücksichtigende Einkommensabsetzbeträge in den einzelnen Monaten des streitbefangenen Zeitraums die Höhe des zur Bedarfsdeckung einzusetzenden Einkommens verringern.
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Keine Feststellungen enthält das Urteil des LSG schließlich dazu, ob bei der Klägerin Einkommen auch deshalb zu berücksichtigen ist, wenn und weil ihre Tochter und ihr Schwiegersohn für die Klägerin Tilgungsleistungen mit Blick auf das Ende 2007 von ihnen aufgenommene Darlehen übernommen haben.
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Die Feststellungen des LSG reichen auch nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin über zu berücksichtigendes Vermögen iS des § 12 SGB II verfügte(dazu im Einzelnen unter 5.). Das (auch) von der Klägerin bewohnte Hausgrundstück hat das LSG zwar zu Recht als nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschütztes Vermögen angesehen(dazu unter 5. a). Allerdings kommt ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht(dazu unter 5. b).
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5. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 und 4 SGB II, deren Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist). Als ein berücksichtigungsfähiger verwertbarer Vermögensgegenstand kommt auch ein Hausgrundstück in Betracht, wie sich bereits aus der Ausnahmeregelung in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ergibt; denn danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs 3 SGB II (dessen Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist) erfüllen, sind von vornherein als sog Schonvermögen nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Werts des Vermögens bleiben sie außen vor (vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 75).
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Vorliegend scheidet zwar ein Vermögensschutz für das Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4, Satz 2 SGB II aus, weil dieses von unangemessener Größe ist(dazu unter a). Doch kommt sein Schutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht, weil hier eine besondere Härte daraus folgen kann, dass das Grundstück der Klägerin nach dem SGB XII vor Verwertung geschützt wäre(dazu unter b).
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a) Mit dem Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zielt das Gesetz insbesondere auf das Haus selbst und stellt maßgeblich auf dessen Wohnfläche ab(vgl Bundessozialgericht
Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 24; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 55; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90) .
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Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die Klägerin Alleineigentümerin eines 471 qm großen Hausgrundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, in der sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen (Zweifamilienhaus) mit einer Gesamtwohnfläche von 129 qm befinden. Nur diese Wohnfläche ist vorliegend näher auf ihre Angemessenheit zu prüfen, während die Grundstücksgröße von 471 qm einer eigenen Angemessenheitsprüfung nicht zu unterziehen ist. Denn Grundstücksgrößen bis zu 500 qm werden schon im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt, im ländlichen Bereich sogar bis zu 800 qm (vgl Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 57; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 93). Da beide als Anhaltspunkte dienende Werte hier unterschritten werden, bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit der Angemessenheit von Grundstücksgrößen im Rahmen des Vermögensschutzes nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II.
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aa) Das von der Klägerin nur zum Teil selbst genutzte Hausgrundstück ist mit seiner Gesamtwohnfläche auf seine Angemessenheit zu prüfen. Zwar nutzt die Klägerin die Gesamtwohnfläche ihres Hauses nur zum Teil selbst, denn sie wohnt nur in einer der beiden Wohnungen. Doch steht die Nutzung der anderen Wohnung, in der die Tochter der Klägerin, deren Ehemann und ihre Kinder wohnen und einen eigenen Haushalt führen und in der nicht auch die Klägerin wohnt, der Anwendung der Vermögensschutzregelung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht entgegen. Vielmehr genügt es insoweit, dass die Klägerin das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt. Denn mit dem Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ("selbst genutztes Hausgrundstück") geht es nach dem Zweck dieser Regelung nicht um den Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 13; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 35; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 54; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90). In diesem Sinne ist eigene Wohnung auch das selbst genutzte Haus, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird.
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In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist für die Prüfung des verwertbaren Vermögens die gesamte Wohnfläche eines Hauses, selbst im Falle einer vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 16 ff). Der 4. Senat des BSG hat diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks mit der Überlegung gerechtfertigt, dass der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit stehe, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliege. Ausnahmen hat der 4. Senat für möglich gehalten bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile. Auch der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von der Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur der vom Eigentümer bewohnten Fläche auszugehen sei, wenn dieser in seiner Stellung als Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks zwar durch ein Wohnrecht zugunsten seiner Eltern hinsichtlich der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt sei. Nur wenn das Eigentum der Leistungen beanspruchenden Person auf den von ihr benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, käme eine andere Prüfung in Betracht (Urteil des Senats vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 13).
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Solange eine Teilung des Eigentums nicht vorliegt, ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten und muss für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses und nicht nur auf die von der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abgehoben werden (vgl so bereits zur Arbeitslosenhilfe
BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 35) .
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bb) Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit nur auf die Größe des Hausgrundstücks ("Hausgrundstück von angemessener Größe"). Auf andere die Angemessenheit bestimmende Faktoren und dabei insbesondere auf den Wert des Hausgrundstücks wird nach diesem Wortlaut - im Unterschied zu § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII - nicht abgestellt. Die durch diese isolierte Orientierung des Gesetzgebers des SGB II an der Größe der Immobilie bewirkte Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II gegenüber denen nach dem SGB XII, soweit Letztere Immobilien von angemessener Größe verwerten müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies fordert, hat das BSG bislang unbeanstandet gelassen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16). Auch vorliegend zählt die Klägerin, die Leistungen nach dem SGB II begehrt, zur Gruppe der privilegierten Leistungsberechtigten und ist insoweit eine Prüfung der Regelungsunterschiede zwischen § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII am Maßstab des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) hier nicht erforderlich. Auf eine möglicherweise unterschiedliche Wirkung der unterschiedlichen Regelungen im hier zu entscheidenden Fall kommt es insoweit nicht an.
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(1) Die Gesamtwohnfläche des auch von der Klägerin bewohnten Hauses überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II, weil im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung nur auf die Klägerin allein abzustellen ist.
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Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG - in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur Alhi, die ihrerseits auf das Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bezug nahm (vgl BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 24 ff) - dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18, RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 19; BSG Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R, juris RdNr 29).
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Für Familienheime mit nur einer Wohnung und bis zu vier Personen sah das II. WobauG eine Wohnflächengrenze von 130 qm vor (§ 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 2 Nr 1 II. WobauG). Auf diese Grenze ist auch vorliegend abzustellen. Denn zwar sah § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG für Familienheime mit zwei Wohnungen eine Wohnflächengrenze von 200 qm vor, aber nur dann, wenn die zweite Wohnung als abgeschlossene Wohnung anzusehen war (§ 39 Abs 1 Satz 3 II. WobauG). Dies setzte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) voraus, dass beide Wohnungen in der Weise durch objektive bauliche Gestaltungsmerkmale dauerhaft vollkommen voneinander getrennt sind, wie dies für Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern typisch ist (vgl BVerwG Urteil vom 20.8.1986 - 8 C 23/84, juris RdNr 7 ff). Diese Voraussetzungen einer baulichen Abgeschlossenheit sind nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG vorliegend nicht erfüllt. Es kann daher offen bleiben, ob auf § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG, anders als noch in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, für die Angemessenheitsprüfung überhaupt zurückzugreifen wäre. Die danach hier maßgebliche Wohnflächengrenze von 130 qm ist nach der eben wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 qm pro Person zu reduzieren; typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22).
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Hieraus ergibt sich für den Ein-Personen-Haushalt der Klägerin allein ein Grenzwert von 90 qm (130 qm - 2 x 20 qm = 90 qm). Dieser wird mit der vom LSG für den Senat bindend festgestellten Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm deutlich überschritten. Auf die Berücksichtigung von Besonderheiten der Flächenberechnungen von Häusern einerseits und Eigentums- und Mietwohnungen andererseits, die angesichts der im Regelfall bestehenden baulichen Besonderheiten eines Hauses eine Erhöhung der angemessenen Größe eines Hauses gegenüber einer Eigentumswohnung gerechtfertigt erscheinen lassen können (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 27), kommt es angesichts dieser deutlichen Überschreitung nicht an. Auch die Anwendung einer gewissen Toleranz, wie sie bei Überschreiten der Wohnflächengrenze um nicht mehr als zehn vom Hundert mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erwogen worden ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 23), würde vorliegend an der unangemessenen Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nichts ändern.
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(2) Von diesen im Regelfall anzuwendenden Wohnflächengrenzwerten kann ausnahmsweise nach den besonderen Umständen des Einzelfalls abgewichen werden. Denn es muss ein Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen bestehen bleiben, die zu einer Anpassung der Grenzwerte je nach den Umständen des Einzelfalls nach oben, ggf aber auch nach unten führen können (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16).
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Ein besonderer Umstand des Einzelfalls, der ein Abweichen von der Grenze von 90 qm rechtfertigt, ist allerdings nicht, dass das in ihrem Alleineigentum stehende Haus der Klägerin zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen aufweist und die Familie der Tochter der Klägerin in der Erdgeschosswohnung des Hauses, die Klägerin aber allein in der 59 qm großen Dachgeschosswohnung wohnt und in beiden Wohnungen ein jeweils eigener Haushalt geführt wird.
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Zwar würde die Gesamtwohnfläche des Hauses die sich aus der Anwendung der Vorgaben des II. WobauG ergebenden Grenzwerte nicht überschreiten, wenn für die Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks nicht nur auf die Klägerin allein, sondern auf alle im Haus wohnenden Personen abzustellen wäre. Denn schon im Zeitpunkt der Antragstellung auf Alg II bestand die Familie der Tochter der Klägerin aus vier Personen (Tochter, Ehemann, zwei Kinder). Der Wohnflächengrenzwert von 130 qm für vier Personen, den die Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm ohnehin nicht überschreitet, würde mithin wegen der Belegung mit seinerzeit fünf und nunmehr sechs Personen sogar noch um jeweils 20 qm zu erhöhen sein. Indes sind maßgebliche Personen für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche eines Hauses bei der Prüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II neben den Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern iS des § 7 Abs 3 SGB II grundsätzlich nur die mit der Leistungen beanspruchenden Person für längere Zeit in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebenden weiteren Personen(vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23 f; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 92).
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Eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II besteht - wie oben dargestellt - zwischen der Klägerin und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter indes nicht. Nach den bindenden Feststellungen des LSG ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit der Familie ihrer Tochter in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebt. Insoweit fehlt es schon am Leben in einem Haushalt. Denn die beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses sind zwar eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennt und baulich nicht voneinander abgeschlossen, aber sie sind jeweils eigene Wohnungen, in denen von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt wird.
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Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des BSG bislang allein die Situation des Zusammenlebens von Pflegeeltern mit Pflegekindern in einem Haushalt anerkannt, die bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche eines Hauses zu einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Zwecksetzung des Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe -, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern, führt (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 23). Diese oder auch nur eine wertungsmäßig vergleichbare Situation liegt hier ersichtlich nicht vor.
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Andere normative Anknüpfungspunkte dafür, für die Frage der Angemessenheit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II des im Alleineigentum der Klägerin stehenden Hausgrundstücks darauf abzustellen, dass in dem Haus nicht nur die Klägerin lebt, sondern in einem eigenen Haushalt auch Angehörige leben, bietet das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht.
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(3) Nichts anderes folgt entgegen dem Revisionsvorbringen insoweit aus einem Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II mit § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII(in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022, am 1.1.2005 unverändert gebliebenen Fassung). Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in § 19 Abs 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit anderen Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich hierbei nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zB behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII).
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Ersichtlich unterscheidet sich der hierdurch geregelte Vermögensschutz von dem des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII kennt § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das Kriterium des Zusammenbewohnens eines Hauses mit Angehörigen (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Der Gesetzgeber des SGB II hat sich insoweit - ebenso wie zB bei der Verwertung von Geldvermögen - nicht für eine Harmonisierung der Regelungen zur Verwertung von selbst genutzten Immobilien im Sozialhilferecht nach dem SGB XII einerseits und dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II andererseits entschieden (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16).
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Dieser Unterschied zwischen beiden Leistungssystemen lässt sich nicht durch eine Berücksichtigung der so nur im Sozialhilferecht gesetzlich fixierten Angemessenheitskriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auch bei der Angemessenheitsprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einebnen(so aber Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 91; ähnlich auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2008, K § 22 RdNr 210). Dagegen spricht bereits, dass - wie oben dargestellt - § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II seinerseits für Leistungsberechtigte nach dem SGB II insoweit typischerweise privilegierend wirkt, als dort nur auf die Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks und nicht auch auf dessen Wert abgestellt wird, während nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII Hausgrundstücke von angemessener Größe verwertet werden müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies erfordert. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nach Maßgabe der oben dargestellten Rechtsprechung auch im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II eine Differenzierung der angemessenen Gesamtwohnfläche nach der Anzahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen erfolgt. Darüber hinaus bestimmt § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II mit Blick auf die Vermögensschutztatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, dass für die Angemessenheit die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend sind und ermöglicht dadurch im Einzelfall eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte als nur der angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks. Nicht zuletzt ermöglicht für Härtefälle § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II noch eine Korrektur unbilliger Ergebnisse auch im Rahmen des SGB II(siehe dazu unten b).
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Dass darüber hinaus die Unterschiedlichkeit der Regelungen zur Verwertung von Hausgrundstücken in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zu einer benachteiligenden Andersbehandlung der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Personen führt, obwohl zwischen ihnen und den Leistungen nach dem SGB XII beanspruchenden Personen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können(vgl zu diesem Maßstab des Bundesverfassungsgerichts
für eine iS des Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung: BVerfGE 112, 368, 401; 116, 229, 238) , ist nicht ersichtlich. Aus Gleichbehandlungsgründen ist eine Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rechtsbereich des SGB II nicht erforderlich. Dagegen spricht schon, dass die vor- und nachteiligen Wirkungen der unterschiedlichen Regelungen in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zur Verwertung von Hausgrundstücken nicht für alle Fallkonstellationen bereits unmittelbar aus den Regelungsunterschieden selbst folgen, sondern einzelfallspezifisch durchaus unterschiedlich ausfallen können. Typischerweise ist sogar die Regelung im SGB II privilegierend im Vergleich zum SGB XII. Wirkt sich diese Privilegierung im Einzelfall nicht aus, zwingt dies nicht aus Gleichbehandlungsgründen zur Anwendung der Regelung im SGB XII. Zudem sind auch die jeweils unterschiedlichen Entstehungshintergründe beider Leistungssysteme, die typisierte Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten für die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sowie die konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze zu beachten (vgl dazu nur Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, Einleitung RdNr 1 f, 14 ff, 19 ff, 33 ff), an denen der Gesetzgeber seither im Wesentlichen festgehalten hat und die einer Harmonisierung beider Leistungssysteme durch die Rechtsprechung unter Vernachlässigung ihrer unterschiedlichen Normtexte Grenzen setzen (vgl zum Argument der Harmonisierung - in jeweils anderen Zusammenhängen - BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 21; BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, RdNr 37 ff; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 24; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R, juris RdNr 21; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris RdNr 18; BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 16/07 R - BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 15; vgl allg zur Harmonisierung von SGB II und SGB XII Stölting/Greiser, SGb 2010, 631).
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Auch eine vergleichende Betrachtung für jeden Einzelfall, ob die Anwendung des Angemessenheitsbegriffs von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II oder von § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII für die Leistungen beanspruchende Person günstiger wäre, ist nicht angezeigt. Soweit die Regelungen zur Verwertungspflicht von unangemessenen Hausgrundstücken in beiden Leistungssystemen unterschiedlich sind, sind sie in ihrer Unterschiedlichkeit im jeweiligen Leistungssystem anzuwenden, weil ihre Harmonisierung verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Art 3 Abs 1 GG gebietet keine Identität der Rechtsfolgen in vergleichbaren Lebenslagen. Für unbillige Ergebnisse im Einzelfall sehen beide Gesetze Korrekturmöglichkeiten durch eine Härtefallregelung vor (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II, § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII).
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Allerdings führt vorliegend nicht bereits die Anwendung von § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II zu einem anderen, für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Denn für eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte, die mit Blick auf die Lebensumstände der Klägerin während des (begehrten) Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere im Vergleich zu dem üblichen Lebenszuschnitt anderer Leistungsberechtigter (zu dieser Gegenüberstellung vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 79), für eine Angemessenheit des Hausgrundstücks streiten könnten, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Der von der Klägerin formulierte Wunsch, das seit 2001 in ihrem Alleineigentum stehende Hausgrundstück als Familienheim und Mehrgenerationenhaus zu erhalten, ist bei der Prüfung der Angemessenheit nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 und Satz 2 SGB II kein rechtlich maßgeblicher Gesichtspunkt. Denn eine Lebensstandardsicherung ist mit den existenzsichernden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, anders als mit der früheren Alhi, nicht bezweckt. Für das SGB II enthält danach zwar § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II eine für alle Vermögensschutztatbestände geltende nähere Konturierung des Angemessenheitsbegriffs, die sich aber von der spezifisch die Verwertung von Immobilienvermögen betreffenden Konkretisierung durch § 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII für das SGB XII unterscheidet und vorliegend nicht zugunsten der Klägerin wirkt.
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Das stimmt auch mit dem oben bereits dargestellten Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II überein. Zwar ist vom Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks das Haus als Ganzes erfasst, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird. Für die Frage der Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks - genauer: der Gesamtwohnfläche des Hauses - aber ist auf den Haushalt abzustellen, in dem die Leistungen beanspruchende Person wohnt und lebt. Denn bezogen auf die durch die Familie der Tochter der Klägerin genutzte Wohnung im Erdgeschoss, in der diese Familie einen eigenen Haushalt führt, geht es für die Klägerin nicht um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung ihres Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt. Sie wohnt und lebt allein in ihrem eigenen Haushalt in der von ihr genutzten Wohnung im Dachgeschoss.
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Soweit die Revision aus der Entwicklung der Vorschriften und der Rechtsprechung zum Schutz von Immobilienvermögen vor Verwertung von der Alhi zur Grundsicherung für Arbeitsuchende und aus einem Vergleich mit dem Sozialhilferecht vorliegend einen weitergehenden Schutz zugunsten der Klägerin abzuleiten sucht, steht dem der normative Befund entgegen, dass § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II - wie zuvor § 1 Abs 3 Nr 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO), an den der Gesetzgeber des SGB II anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1516 S 53) - allein auf das selbst genutzte Hausgrundstück von angemessener Größe abstellt. Ist das Hausgrundstück - wie hier für die Klägerin als allein in ihrem Haushalt lebende Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft - von unangemessener Größe, scheidet ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II aus.
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Soweit dagegen mit der Revision der Schutz eines angemessenen "kleinen Familienheimes" geltend gemacht wird, steht dahinter die Überlegung, das Haus der Klägerin als Ganzes für die Klägerin und die Familie ihrer Tochter zu erhalten. Der damit formulierte Schutzgedanke hat daher schon zur Voraussetzung, was im Revisionsverfahren noch im Streit war, nämlich dass die Familie der Tochter in die Angemessenheitsprüfung der Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einzubeziehen ist. Die begehrte Einbeziehung kommt jedoch aus den vorstehenden Gründen nicht in Betracht. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II stellt - anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII mit seiner Kombination mehrerer die Angemessenheit eines Hausgrundstücks bestimmender Faktoren, mit der der Gesetzgeber des SGB XII an die Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1514 S 66) - für die Angemessenheit der Größe eines Hausgrundstücks eben nicht (auch) auf die Zahl der Bewohner "unter einem Dach" ab (zum Begriff "unter einem Dach" vgl nur Geiger in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 90 RdNr 45; vgl auch BVerwG Urteil vom 17.1.1980 - 5 C 48/78 - BVerwGE 59, 294, 298: Berücksichtigung derer, um deren "Dach über dem Kopf" es geht), sondern knüpft allein an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II, in einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II oder zumindest - wie bei Pflegeeltern und Pflegekindern - in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Personen an. Anlass, von dieser Begrenzung abzusehen und eine Ausnahme beim Wohnen von Angehörigen in jeweils eigenen Haushalten in zwei Wohnungen eines Hauses zu formulieren, besteht nicht.
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b) Obwohl hier, wovon auch das LSG zu Recht ausgegangen ist, ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II wegen unangemessener Größe des Hausgrundstücks ausscheidet, hält der Senat in der vorliegenden Fallkonstellation eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II für möglich. Nach dieser Vorschrift, deren Wortlaut seit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) unverändert geblieben ist, sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II kommt die Funktion eines Auffangtatbestands und einer allgemeinen Härteklausel zu, die die atypischen Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden(vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 76, 118, mwN).
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aa) Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 31 ff; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 25; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 28; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 27). Als ein solcher Umstand kommt vorliegend in Betracht, dass ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht geschützt ist, das nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, weil dort die "unter einem Dach" wohnenden Angehörigen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einbezogen werden, im SGB II aber (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII eine Orientierung bieten.
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Denn sowohl bei dem SGB II als auch bei dem SGB XII handelt es sich hinsichtlich ihrer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ungeachtet der unterschiedlichen Entstehungshintergründe, der typisierten Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten sowie der konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze um der Existenzsicherung dienende, auf Bedarfsdeckung angelegte und bedürftigkeitsabhängige Leistungssysteme, die mit ihren voneinander getrennten leistungsberechtigten Personenkreisen zwar an verschiedene Lebenslagen anknüpfen (§ 5 Abs 2 SGB II, § 21 SGB XII), aber jeweils der Verwirklichung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) dienen. Ungeachtet ihrer Unterschiede stehen beide Leistungssysteme hinsichtlich ihrer Existenzsicherungsleistungen nicht in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis, sondern gleichrangig und selbstständig nebeneinander in einem Ausschließlichkeitsverhältnis (vgl Voelzke in Hauck/ Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 234 ff; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 21 RdNr 1 ff). Dieses Nebeneinander rechtfertigt es, in vergleichbaren Fallkonstellationen die für diese einschlägigen Regelungen des SGB II und des SGB XII vergleichend in den Blick zu nehmen. Unterscheiden sich die Regelungen in ihren Wirkungen, kann hieraus im Einzelfall ein Anlass zu Harmonisierung zugunsten der Leistungen beanspruchenden Person folgen, die im jeweils anderen Leistungssystem begünstigt wäre.
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Hierfür spricht mit Blick auf die Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen auch eine Würdigung der Rechtsentwicklung: Die Existenzsicherungsleistungen der Alhi und der Sozialhilfe standen bis zum 31.12.2004 noch in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis (vgl nur Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 46). Nur wer keinen Anspruch auf Alhi hatte oder wessen Bedarf sie nicht vollständig deckte, konnte Anspruch auf Sozialhilfe haben; dies war verbunden mit der Geltung der unterschiedlichen Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen in § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiVO und § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das SGB II und das SGB XII jeweils tradieren. Wer Sozialhilfe statt oder neben Alhi bezog, für den galt in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation die im Einzelfall günstigere Regelung des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das Wohnen von Angehörigen "unter einem Dach" berücksichtigte. Seit 1.1.2005 stehen mit ihren leistungsberechtigten Personenkreisen und hinsichtlich ihres Umfangs die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und dem SGB XII nebeneinander. Das SGB XII ist mit seinen Leistungen insoweit kein "unterstes Netz" für die Leistungsberechtigten nach dem SGB II, vielmehr bilden beide Leistungssysteme innerhalb des sozialen Sicherungssystems das "unterste Netz" (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand VI/2011, K § 21 RdNr 9; zur Sozialhilfe als Referenzsystem für Leistungen nach dem SGB II vgl BT-Drucks 15/1514 S 52, wo in diesem Zusammenhang von der Sozialhilfe als das "unterste Netz" der sozialen Sicherung die Rede ist). Der Umstand, dass seither für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht vor Verwertung geschützt ist, das zuvor nach § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG geschützt sein konnte und nunmehr durch § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, kann Anlass für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II sein.
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Vorliegend wäre nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und der Aktenlage das Hausgrundstück der Klägerin im Leistungssystem des SGB XII vor seiner Verwertung geschützt. Denn in dem Haus wohnt neben der Klägerin auch die Familie ihrer Tochter, sind diese mit der Klägerin das Haus zusammen bewohnenden Angehörigen nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII in die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Größe des Hauses einzubeziehen, ist das Haus danach mit seiner Gesamtwohnfläche von 129 qm nicht unangemessen groß und überschreitet es auch im Übrigen und insbesondere hinsichtlich seines Wertes nicht die sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien. Vielmehr handelt es sich um das typische geschützte "Familienheim", das über die Generationen weitergegeben werden soll (vgl zur Novellierung der Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG so bereits BT-Drucks 11/391 S 5), und dessen Schutz auch der Sinn und Zweck des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ist(BT-Drucks 15/1514 S 66), das aber in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützt ist.
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bb) Für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II genügt indes nicht diese unterschiedliche Regelungswirkung unterschiedlicher Regelungen. Vielmehr sind für diese Härtefallprüfung ergänzend die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen. Die Einbeziehung auch von Angehörigen, die mit der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, aber nicht mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft oder auch nur in einem gemeinsamen Haushalt leben, liegt jedenfalls nahe, wenn diese Angehörigen ihrerseits hilfebedürftig sind. Andererseits kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der "unter einem Dach" mitwohnenden Angehörigen zum Ausschluss einer besonderen Härte führen, weil das Haus durch ihre Einbeziehung größer und wertvoller sein darf, verglichen mit einem Abstellen allein auf die Leistungen beanspruchende Person (hier die tatsächlichen 129 qm statt der für die Klägerin allein angemessenen 90 qm). Sinn und Zweck eines Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück aus Härtefallgründen ist es nicht, wirtschaftlich leistungsfähigen Angehörigen einer Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person ein kostenfreies Mitwohnen in einem Haus, dessen Schutz vor Berücksichtigung bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit begehrt wird, zu ermöglichen. Eine besondere Härte läge danach nicht vor, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Angehörige mit der Leistungen beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, ohne einen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Beitrag für das Wohnen zu leisten.
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Diese modifizierte Übertragung des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auf eine vergleichbare Fallkonstellation im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II wahrt die Besonderheiten des SGB II und schützt vor missbräuchlichen Leistungsinanspruchnahmen, ohne den Gedanken einer Harmonisierung beider Leistungssysteme aus den Augen zu verlieren. Einzubeziehen in die Härtefallprüfung sind die Wertungen des SGB II, die sich ua aus dem Subsidiaritätsgedanken des § 9 Abs 1 SGB II ergeben(vgl zu Facetten des Nachranggrundsatzes Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 306 ff; Siebel-Huffmann in Berlit/Conradis/Sartorius, Handbuch Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 9, RdNr 28; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 9 RdNr 9, 21), und ein Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII, der zeigt, dass der Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach dem SGB II die typischerweise privilegierende Regelung ist. Die Unbilligkeit, die daraus zu folgen vermag, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Vermögensschutzregelung nach dem SGB XII für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person günstiger wäre, kann die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II rechtfertigen, ohne zu einer Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zwingen, die Modifikationen nicht zulässt. Die Berücksichtigung sozialhilferechtlicher Angemessenheitskriterien nach dem SGB XII im Rahmen der grundsicherungsrechtlichen Härtefallprüfung nach dem SGB II lässt vielmehr Raum für Modifikationen, wie hier eine mit dem ergänzenden Prüfkriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der mitwohnenden Angehörigen formuliert worden ist, um den Sinn und Zweck des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach dem SGB II zu wahren. Dieser besteht im Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt der Leistungen beanspruchenden Person, nicht aber im Schutz eines in getrennten Haushalten zusammen ein Haus bewohnenden Familienverbandes um jeden Preis.
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6. Ausgehend von diesen Maßgaben wird das LSG zu prüfen haben, ob hier eine besondere Härte vorliegt. Dafür spricht, dass die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin ein Darlehen über 75 000 Euro aufgenommen haben und Beiträge für die Tilgung dieses Darlehens leisten, dessen Mittel zumindest teilweise zur Finanzierung von Arbeiten am und im Haus der Klägerin verwandt worden sein sollen. Die näheren Umstände von Darlehensaufnahme, -verwendung, -tilgung und -sicherung wird das LSG aufzuklären haben.
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Daneben liegt es nahe, die jeweiligen Beiträge der Klägerin und der Familie ihrer Tochter zu den Kosten des Hausgrundstücks und den Kosten des eigenen Wohnens im Haus zu betrachten sowie diese Kostenbeiträge in ein Verhältnis zur jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu setzen.
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Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass eine besondere Härte zu bejahen ist, ist das Hausgrundstück der Klägerin vor Verwertung geschützt und im Rahmen der Prüfung ihrer Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen. Das LSG wird in diesem Fall noch Feststellungen zum Bedarf der Klägerin, insbesondere zu ihren Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, und zu ihrem zu berücksichtigenden Einkommen, ggf auch aus Leistungen seitens der Tochter und ihres Ehemanns an die Klägerin, zu treffen haben. Erst auf dieser Grundlage kann für die einzelnen Monate des streitbefangenen Zeitraums abschließend entschieden werden, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.
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Wenn das LSG dagegen zu der Überzeugung gelangt, dass auch nach den Maßgaben des Senats eine besondere Härte nicht vorliegt, ist das wirtschaftlich verwertbare, bislang nicht verwertete Hausgrundstück der Klägerin mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen und schließt dies ihre Hilfebedürftigkeit und damit den geltend gemachten Anspruch auf Alg II im streitbefangenen Zeitraum aus. Dies hat das LSG in seinem angefochtenen Urteil, ausgehend von seiner rechtlichen Wertung des Nichtvorliegens einer besonderen Härte, bereits festgestellt und zutreffend begründet.
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Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.11.2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im Wesentlichen, ob das selbstgenutzte Einfamilienhaus der Klägerin (Erbbaurecht) im Rahmen der von ihr bezogenen Sozialhilfe nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) einsatzpflichtiges oder geschütztes Vermögen ist.
3Die am 00.00.1943 geborene Klägerin war in erster Ehe mit dem Architekten S verheiratet. Aus der Ehe gingen eine Tochter (geb. 1967) und ein Sohn (geb. 1971) hervor. Nach der Trennung der Eheleute errichtete der Ehemann im Jahre 1975 ein Einfamilienhaus auf einem Erbbaugrundstück in N, in das die Klägerin noch im gleichen Jahr mit den Kindern einzog. Erbbauberechtigter war zunächst der Ehemann; im Rahmen der Scheidungsfolgenregelung wurde dann am 18.01.1977 die Klägerin als Erbbauberechtigte ins Grundbuch eingetragen. Die zweite Ehe der Klägerin dauerte nur etwa zwei Jahre und wurde 1986 geschieden. Anlässlich dieser weiteren Ehe wohnte die Klägerin für etwa fünf Jahre in M (D); während diese Zeit war das Einfamilienhaus in N vermietet. Die Klägerin und ihr Sohn wohnen - mit Unterbrechungen durch die zweite Ehe der Klägerin, beim Sohn auch durch dessen Studium in B - bis heute in dem Haus; die Tochter ist im Alter von etwa 16 Jahren zu ihrem erneut verheirateten Vater gezogen.
4Das (einheitliche) Erbbaurecht besteht aus zwei Grundstücken. Auf dem einen Grundstück (G 00) mit einer Fläche von 485 m² wurde 1975 das Einfamilienhaus errichtet. Das Haus ist ein Flachdach-Bungalow mit sämtlich ebenerdigen Räumen. Es hat drei Schlafzimmer, ein Wohn- und Esszimmer, eine Küche, zwei Bäder und ein Gäste-WC; die Wohnfläche beträgt 119 m². Es gehört zu einer zusammenhängenden, L-förmigen Siedlung von 14 gleichartigen Häusern, die zum gleichen Zeitpunkt auf vergleichbar großen Grundstücken errichtet worden sind. Die Häuser weisen eine einfache bis mittlere Standardausstattung auf. N ist ein Außenbezirk von N; die Lage der Grundstücke ist ohne besondere Vorzüge und Nachteile. Mittlerweile befinden sich in diesem Ortsteil auch zahlreiche Mehrfamilienhäuser; in unmittelbarer Nähe des Hauses der Klägerin befindet sich so ein sechsstöckiges Haus. Das (in das Erbbaurecht einbezogene) weitere Grundstück mit einer Fläche von 21 m² gehört zu einem zu den 14 Häusern geschaffenen Garagenhof (S) und ist mit einer Flachdach-Garage bebaut. Vor etwa drei Jahren hat der Sohn der Klägerin das rissig gewordene Dach dieser Garage mit Dachpappe geflickt, so dass es seither nicht mehr undicht und die Garage ohne Beeinträchtigung benutzbar ist. Etwa zwei Jahre nach dem Bezug durch die Klägerin errichtete ihr erster Ehemann auf dem Hausgrundstück eine weitere Garage direkt neben dem nicht unterkellerten Haus, so dass der Klägerin weiterer Stauraum zur Verfügung stand.
5Der Erbbauzins für das einheitliche Erbbaurecht an beiden Grundstücken beläuft sich auf monatlich 109,18 EUR; seit etlichen Jahren ist eine monatliche Zahlungsweise vereinbart. Der laufende monatliche Abschlag für Wasser beträgt 20,75 EUR. Darüber hinaus hat die Klägerin weitere Aufwendungen zu tragen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden.
6Die Klägerin vermietete ihrem Sohn ab dem 01.07.2003 einen Teil ihres Hauses, bestehend aus zwei Zimmern und einem Badezimmer mit einer Wohnfläche von 35 m²; die Küche der Klägerin darf er mitnutzen. Die Miete einschließlich der Nebenkosten belief sich ursprünglich auf 300,00 EUR und wurde zum 01.10.2004 auf 320,00 EUR erhöht. Die Garage auf dem separaten Grundstück (S) hat die Klägerin im streitigen Zeitraum (01.05.2009 bis 31.03.2010) für 45,00 EUR pro Monat vermietet. Der Grundstückseigentümer wurde zu keiner Zeit darüber befragt, ob er einer Teilung des einheitlichen Erbbaurechts zum Zwecke eines separaten Verkaufs des Erbbaurechts an der separaten Garage zustimmen würde. Die Klägerin bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (Bewilligungsbescheid vom 20.11.2008); diese belief sich ab dem 01.01.2009 auf monatlich 98,92 EUR.
7Im Jahre 2008 besaß die Klägerin einen PKW VW Golf (Baujahr 1995, keine besondere Ausstattung, etwa 75.000 km Laufleistung); aufgrund von Standschäden konnte sie diesen nur mehr für einen Preis von 200,00 EUR an eine Nachbarin verkaufen. Weiteres Vermögen i.H.v. etwa 74.000,00 EUR, das die Klägerin für ihre Altersvorsorge im Wesentlichen in Investmentfonds auf einem Online-Depot bei der D-bank angelegte hatte, ist vor etwa sechs Jahren im Wege des Keylogging von unbekannter Seite abgegriffen worden (sog. Phishing). Eine Entschädigung für den Verlust dieses Vermögens hat die Klägerin nicht erhalten.
8Die Klägerin bezog bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahres (am 17.12.2008) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 10.11.2008 beantragte sie bei der Beklagten ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII.
9Mit Bescheid vom 04.02.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII als Darlehen. Die Klägerin verfüge über ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von 110 m². Dies sei vorrangig einzusetzendes Vermögen; da eine Verwertung nicht sofort möglich sei, würden Leistungen als Darlehen gewährt. Bei der Bewilligung legte die Beklagte einen Bedarf von 587,73 EUR zugrunde (Regelsatz 351,00 EUR, Hauslasten 135,03 EUR, Heizkosten 101,70 EUR). Zur Berechnung der Hauslasten rechnete die Beklagte sämtliche Kosten einschließlich des Erbbauzinses und eines Erhaltungsaufwandes von 1% zusammen (247,53 EUR) und berücksichtigte davon aufgrund der Vermietung einen Anteil von 54,55 % als Bedarf der Klägerin. Als Einkommen rechnete sie die Altersrente von 98,92 EUR sowie Mieteinkünfte von 205,88 EUR an; bei letzteren legte sie Einnahmen i.H.v. 290,00 EUR zugrunde, von denen anteilige Kosten i.H.v. 84,12 EUR abzuziehen seien. Es ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag von 282,93 EUR.
10Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch vom 26.02.2009 begehrte die Klägerin die Leistungen nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss. Das Hausgrundstück sei Schonvermögen, da sie 35 m² vermietet habe und deshalb selbst weniger als 90 m² bewohne. Ohnehin sei nicht allein auf die Wohnfläche abzustellen, sondern auch auf den Wert der Immobilie, welchen sie auf nur 50.000,00 EUR schätze. Sie bewohne das Haus bereits seit 1975; zudem sei zu berücksichtigen, dass ihr wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen ein Umzug unzumutbar sei.
11Die städtische Bewertungsstelle der Beklagten ermittelte nach Aktenlage einen Wert des Erbbaurechtes von 160.000,00 EUR.
12Die Beklagte bewilligte in der Folgezeit darlehensweise Leistungen befristet bis zum 31.03.2010, ohne dass die Klägerin nochmals Widerspruch einlegte. Am 17.03.2010 stellte die Klägerin einen Folgeantrag. Mit Schreiben vom 14.04.2010 teilte die Beklagte der Bevollmächtigten der Klägerin mit, die Leistungen würden für April 2014 darlehensweise bewilligt; über Leistungen ab dem 01.05.2010 werde nach Eingang noch fehlender Unterlagen entschieden. Gegen dieses Schreiben und die darlehensweise Bewilligung für April 2010 legte die Klägerin am 07.05.2010 Widerspruch ein.
13Mit Bescheid vom 12.05.2010 lehnte die Beklagte zuschussweise Leistungen ab dem 01.05.2010 ab. Die Klägerin verfüge über verwertbares Vermögen, so dass kein Anspruch auf Leistungen als Zuschuss bestehe. Die Beklagte bot die Weitergewährung als Darlehen an, allerdings nur gegen Eintragung einer Hypothek über 6.000,00 EUR. Die Klägerin legte hiergegen am 15.06.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung nahm sie auf ihren bisherigen Widerspruch Bezug. Sie sei damit einverstanden, dass zunächst weiter ein Darlehen gewährt werde, und werde die Zustimmung zur Eintragung einer Hypothek erteilen.
14Mit Bescheid vom 16.06.2010 gewährte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum Mai bis August 2010 Leistungen als Darlehen. Sie machte der Klägerin zur Auflage, ihre Zustimmung zur Eintragung einer Sicherungshypothek zu erteilen.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2010 (zugestellt am 22.07.2010) wies die Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter die Widersprüche der Klägerin vom 25.02.2009, 07.05.2010 und 15.06.2010 zurück. Gegenstand des Verfahrens seien der Bescheid vom 04.02.2009, mit dem Leistungen für den Zeitraum 17.12.2008 bis 30.04.2009 bewilligt worden seien, sowie der Bescheid vom 14.04.2010 mit der Bewilligung für den Monat April 2010. Für den Zeitraum 01.05.2009 bis 31.03.2010 seien weitere Bescheide erteilt worden, die bestandskräftig geworden seien; er sei daher nicht Gegenstand des Verfahrens. Die zuschussweise Leistungsgewährung ab Mai 2010 sei mit Bescheid vom 12.05.2010 abgelehnt worden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen als Zuschuss, da sie über verwertbares Vermögen verfüge. Sie sei Eigentümerin eines Hausgrundstücks, dessen Wohnfläche mit 110 m² unangemessen sei. Dies gelte auch in Anbetracht des Umstandes, dass die Klägerin das Haus mit ihrem Sohn bewohne; denn die angemessene Wohnfläche für zwei Personen betrage 90 m². Zwar sei nicht allein auf die Wohnfläche abzustellen, und es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Grundstücksgröße von 485 m², der Zuschnitt und die Ausstattung des Hauses unangemessen seien. Dennoch sei allein aufgrund der Wohnfläche von einer nicht geschützten Immobilie auszugehen. Deren Verwertung bedeute für die Klägerin auch keine besondere Härte. Weder ihr Alter noch gesundheitliche Einschränkungen könnten eine Härte begründen. Die Klägerin könne daher nur darlehensweise Leistungen erhalten, die ihr bis zum 31.08.2010 gewährt worden seien.
16Die Klägerin hat am 19.08.2010 Klage erhoben. Die Leistungen nach dem SGB XII stünden ihr als Zuschuss zu. Ihr Hausgrundstück sei Schonvermögen; denn sie bewohne selbst weniger als 90 m². Nach der sog. Kombinationstheorie sei auch nicht allein auf die Wohnfläche, sondern auf alle persönlichen, sachlichen und wertbezogenen Faktoren abzustellen. Die Grundstücksgröße von 485 m² sei angemessen. Der Wert der Immobilie sei von der Beklagten fehlerhaft mit 160.000,00 EUR ermittelt worden, tatsächlich betrage er nur etwa 80.000,00 EUR. Es sei zu berücksichtigen, dass es sich um ein Erbbaugrundstück handele und das Haus sanierungsbedürftig sei. Eine Verwertung würde für sie zudem eine Härte bedeuten, da sie bereits mehr als 25 Jahre dort wohne. Psychisch würde sie einen Umzug nicht verkraften.
17In einem Erörterungstermin vom 08.02.2012 haben die Beteiligten gegenüber dem Sozialgericht übereinstimmend erklärt, der streitgegenständliche Zeitraum reiche vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009. Für Zeiten ab dem 01.05.2010 hat die Beklagte weiter erklärt, sie werde sich nicht auf die bestandskräftige Ablehnung zuschussweiser Leistungen berufen.
18Die Klägerin hat beantragt,
19die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 04.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 als verlorenen Zuschuss zu gewähren.
20Die Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Sie hat auf ihren Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, das Hausgrundstück sei ein ungeschützter Vermögenswert, der vorrangig vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes einzusetzen sei. Dass die Klägerin das Haus gemeinsam mit ihrem Sohn bewohne, könne nicht zu einer Angemessenheit des Hausgrundstücks führen; denn hierdurch verringere sich die Wohnfläche nicht auf eine angemessene Größe.
23Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Dipl. Ing. (B) und Bausachverständigen T (N) vom 20.03.2012 zum Wert der Immobilie eingeholt. Danach handelt es sich um ein Einfamilienwohnhaus mit zwei Garagen, wobei sich eine Garage auf einer separaten Parzelle befinde. Die Klägerin sei erbbauberechtigt aufgrund eines Vertrages vom 30.08.1974. Das Grundstück habe eine Größe von 485 m², zzgl. 21 m² auf dem Garagenhof. Das Wohnhaus sei 1975 errichtet worden und habe eine Wohnfläche von 119 m². Davon seien 35 m² an den Sohn für eine Warmmiete von 320,00 EUR vermietet. Die Garage auf dem Garagenhof sei (mittlerweile) für 50,00 EUR vermietet. Es handele sich um ein Einfamilienwohnhaus in mittlerer Lage, mit individueller Struktur und einfacher bis mittlerer Standardausstattung. Der bauliche Zustand sei mittelmäßig bei mangelhaften Dämmfaktoren. Der Ertragswert belaufe sich auf 135.000,00 EUR, der Sachwert auf 178.000,00 EUR. Maßgeblich sei bei vordergründiger Eigennutzung der Sachwert. Von diesem sei allerdings ein Abschlag von 20% zu machen. Denn zum einen sei der mängelbehaftete Gebäudezustand wertmindernd zu berücksichtigen, zum anderen werde der Käuferkreis erfahrungsgemäß durch das Erbbaurecht eingeschränkt. Der Verkehrswert betrage für Dezember 2008 140.000,00 EUR; für das Jahr 2011 betrage er aufgrund der allgemeinen Wertsteigerung bei Einfamilienhäusern 145.000,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
24Mit Urteil vom 07.11.2012 (der Beklagten zugestellt am 10.01.2013) hat das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 17.12.2008 bis 30.04.2009 als Zuschuss zu gewähren. Die Immobilie der Klägerin sei ein angemessenes Hausgrundstück i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für einen Vier-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 130 m² angemessen, und für jede Person weniger sei ein Abschlag von 20 m² zu machen. Angesichts der übrigen Faktoren des Hausgrundstücks (Wohnfläche, Verkehrswert und bauliche Ausstattung), die - wohl auch nach Auffassung des Beklagten - dem Angemessenheitsbegriff des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII unterfielen, sei jedoch davon auszugehen, dass die geringe Überschreitung der angemessenen Wohnfläche unbeachtlich sei.
25Die Beklagte hat am 28.01.2013 Berufung eingelegt. Sie hält die Immobilie der Klägerin nach wie vor nicht für angemessen. Nach der Kombinationstheorie seien alle in § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII genannten persönlichen, sachlichen und wertbezogenen Kriterien zu berücksichtigen. Die Grundstücksgröße von (insgesamt) über 500 m² sei nicht angemessen; denn es gehe nicht um einen ländlichen Bereich, sondern um einen Stadtteil von N. Auch die Wohnfläche sei unangemessen; die vorliegende Überschreitung von 32% sei keineswegs mehr geringfügig. Sonstige Kriterien könnten die Unangemessenheit der Grundstücksgröße und der Wohnfläche nicht kompensieren. Es liege auch kein atypischer Sachverhalt im Sinne einer Härte gem. § 90 Abs. 3 SGB XII vor.
26Die Beklagte beantragt,
27das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.11.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
28Die Klägerin beantragt,
29die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
30Das Sozialgericht habe die geringfügige Überschreitung der angemessenen Wohnfläche zutreffend als unbeachtlich angesehen. Die Grundstücksgröße sei angemessen, da der Ortsteil N eher dem ländlichen Bereich zuzuordnen sei. Der Verkehrswert von 140.000,00 EUR sei ebenfalls angemessen, denn er liege unter dem Wert von 160.000,00 EUR, welchen die Beklagte für vergleichbare Immobilien ermittelt habe. Eine Verwertung würde auch eine Härte bedeuten.
31Der Senat hat ein Gutachten des Immobilienmaklers I (N) vom 19.12.2013 zur Frage der Marktgängigkeit des Erbbaurechts der Klägerin eingeholt. Der Sachverständige führt aus, gegen das Gutachten des Sachverständigen T bestünden keine Einwände. Dieser habe zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Verkauf des Hauses - welches am Markt ausschließlich Eigennutzer anspreche - durch die Errichtung auf einem Erbbaugrundstück erschwert werde. Die mittelmäßige Lage des Grundstücks und die Mängel am Haus ließen einen höheren Quadratmeterpreis nicht zu. Das Vergleichswertverfahren sei aufgrund der Individualität des Erbbaurechts nicht anzuwenden, zumal auch nach der Datenbank des Gutachters kein vergleichbares Objekt verkauft worden sei. Auf der Grundlage der ihm vorliegenden Erfahrungswerte bei Verkäufen von Immobilien auf Erbpachtgrundstücken zur Eigennutzung sowie des ermittelten Verkehrswerts wäre eine Vermarktung innerhalb von zwölf Monaten möglich gewesen. Diese Aussage beziehe sich auf einen Verkauf mit der Möglichkeit der anschließenden Eigennutzung seitens des Käufers sowie einer öffentlichen Vermarktung, da es sich hier um einen eingeschränkten Kundenkreis handele. Ein Verkauf der Immobilie innerhalb von zwölf Monaten sei weiterhin realistisch. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten; er ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
33Entscheidungsgründe:
34I. Die nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII als Zuschuss zu gewähren.
351. Gegenstand des Klageverfahrens ist nach der Beschränkung des streitigen Zeitraumes im erstinstanzlichen Erörterungstermin vom 08.02.2012 allein noch der Bescheid vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 (§ 95 SGG), mit dem Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum vom 17.12.2008 bis zum 30.04.2009 als Darlehen bewilligt worden sind.
36Die hiergegen gerichtete Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1, § 56 SGG) zulässig. Denn der angefochtene Bescheid verfügt unter anderem, dass die Leistungen lediglich als Darlehen bewilligt werden. Nach dem Klageantrag (und einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 05.05.2014) ist nicht über etwa höhere Leistungen nach dem SGB XII zu befinden, sondern nur darüber, ob die gewährten Leistungen statt als Darlehen als (nicht zurückzuzahlender) Zuschuss hätten erbracht werden müssen. Da die Beklagte bereits Leistungen erbracht hat und deshalb nicht erneut zur Leistung verurteilt werden kann, musste - wie auch im Tenor des Sozialgerichts geschehen - lediglich die Form der Zahlung (Zuschuss statt Darlehen) geändert werden.
372. Der Bescheid vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2010 ist, soweit zustehende Leistungen in Form eines Darlehens bewilligt werden, rechtwidrig; die Klägerin ist dadurch im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert.
38Denn sie hatte im streitigen Zeitraum 17.12.2008 bis 30.04.2009 einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII als Zuschuss aus § 41 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten (Abs. 1 S. 1). Leistungsberechtigt wegen Alters nach Absatz 1 ist, wer die Altersgrenze erreicht hat (Abs. 2 S. 1).
39Die Klägerin hat am 17.12.2008 das 65. Lebensjahr vollendet und damit die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht. Sie hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, denn sie lebt - ohne dass es sich dabei nur um einen nur vorübergehenden Aufenthalt handeln würde - in N. Den Antrag auf Grundsicherung nach dem SGB XII hat sie am 10.11.2008 gestellt. Die Klägerin konnte zudem ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen (a) und Vermögen (b) beschaffen.
40a) Das Einkommen der Klägerin deckte ihren Bedarf im streitigen Zeitraum nicht. Ihr monatlicher Bedarf setzte sich mindestens aus dem Regelsatz von 351,00 EUR, dem (monatlich fälligen) Erbbauzins von 109,18 EUR und dem monatlichen Abschlag für Wasser von 20,75 EUR zusammen (Summe: 480,93 EUR). Dazu kommen weitere Aufwendungen für das Eigenheim, wie z.B. Grundbesitzabgaben und Beiträge zur Gebäudeversicherung, die jeweils im Monat ihrer Fälligkeit dem Bedarf hinzuzurechnen sind (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 78/12 R m.w.N.). Die Klägerin konnte jedoch bereits den Mindest-Gesamtbedarf i.H.v. 480,93 EUR im streitigen Zeitraum nicht durch die Altersrente i.H.v. 98,92 EUR und die Mieteinkünfte i.H.v. 365,00 EUR (Summe: 463,92 EUR) vollständig decken; vielmehr verblieb ein Restbedarf.
41b) Vermögen der Klägerin steht einem Leistungsanspruch im streitigen Zeitraum ebenfalls nicht entgegen:
42aa) Der PKW der Klägerin hatte - wovon die Beteiligten ausweislich einer übereinstimmend gegenüber dem Senat in einem Verhandlungstermin vom 14.04.2014 und ebenso der Senat ausgehen - einen Marktwert von 200,00 EUR; er war damit gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII nicht als Vermögen einsatzpflichtig. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte. Der Vorschrift unterfallen nicht nur unmittelbar Geldbeträge und Geldwerte im engeren Sinn, sondern mittelbar auch Vermögensgegenstände, wenn der Erlös aus ihrer Verwertung den maßgeblichen Freibetrag nicht übersteigt bzw. übersteigen würde (vgl. BSG, Urteil vom 20.09.2012 - B 8 SO 13/11 R). Dieser Freibetrag beläuft sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 1a der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des SGB XII bei nachfragenden Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, auf 2.600,00 EUR. Er liegt damit weit oberhalb des Wertes des (ehemaligen) PKW der Klägerin.
43bb) Als weiterer Vermögensgegenstand kommt allein das Erbbaurecht der Klägerin in Betracht. Der Senat hält dieses Erbbaurecht jedoch für nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII vor einer Einsatzpflicht geschützt. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.
44Mit dieser Formulierung hat der Gesetzgeber die sog. Kombinationstheorie aufgegriffen, die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zur Auslegung des § 88 Abs. 2 Nr. 7 Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in der bis zum 31.12.1990 geltenden Fassung entwickelt worden war. Nach dieser Vorschrift durfte die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines kleinen Hausgrundstücks, besonders eines Familienheims. Die Eigenschaft eines Hausgrundstücks als "klein" sollte sich nach der Rechtsprechung des BVerwG nach personenbezogenen Kriterien (Zahl der Bewohner und deren besondere Bedürfnisse) sowie nach sachbezogenen und wertbezogenen Kriterien (Größe, Zuschnitt und Ausstattung der Baulichkeit; Größe des Grundstücks; Wert des Grundstücks einschließlich der Baulichkeit) richten (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1974 - V C 50.73 sowie vom 17.01.1980 - 5 C 48/78).
45Das BSG hat sich dieser Kombinationstheorie des BVerwG angeschlossen. Danach sei die Angemessenheit nach Maßgabe und Würdigung aller in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG (jetzt § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) bezeichneten personen-, sach- und wertbezogenen Kriterien zu beurteilen; soweit ein einzelnes Kriterium unangemessen sei, führe dies also nicht automatisch zur Unangemessenheit des Hausgrundstücks (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.
46Bei einer danach erforderlichen Gesamtbetrachtung sieht der Senat das bebaute Erbbaurecht der Klägerin als ein insgesamt angemessenes Hausgrundstück i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII an. Zwar ist die Wohnfläche des Hauses im Hinblick auf die Anzahl der Bewohner für sich genommen unangemessen groß [dazu (1.)]. Die Überschreitung der insoweit zu ziehenden Angemessenheitsgrenze ist jedoch zu tolerieren, da sie weniger als ein Drittel oberhalb der Grenze für ein von ein bis zwei Personen bewohntes Einfamilienhaus liegt und zugleich sämtliche übrigen sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien eingehalten werden [dazu (2.)]. Schließlich steht der Angemessenheit des Erbbrauchrechts auch nicht entgegen, dass es aus zwei Grundstücken besteht; denn die Klägerin verwertet das separate Grundstück auf dem Garagenhof in geeigneter Weise bereits durch Vermietung [dazu (3.)].
47(1.) Die Wohnfläche des von der Klägerin bewohnten Hauses ist für sich genommen im Hinblick auf die Anzahl der zwei Bewohner unangemessen groß. Nach der Rechtsprechung des BSG zum SGB II ist die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks nach den Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG) mit einem Grenzwert von 130 m² für einen Vier-Personen-Haushalt zu bestimmen; für jede weitere Person erhöht er sich um 20 m², für jede Person weniger verringert er sich um 20 m² (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R; Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R; Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R; Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Bei einer Belegung des Hauses mit nur einer Person sei die Grenze allerdings typisierend auf 90 m² festzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Darüber hinaus sei bei einer Überschreitung der Wohnflächenobergrenze um nicht mehr als 10% mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch von einer angemessenen Wohnfläche auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R). Der für die Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung - auch aus Gründen der Harmonisierung (zu deren Notwendigkeit vgl. Coseriu, in: Bender/Eicher, Sozialrecht - eine Terra incognita, 2009, 225, 255 f.; Stölting/Greiser, SGb 2010, 631 ff.) - angeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Grundsätzlich schließt sich auch der erkennende Senat dieser Rechtsprechung an.
48Zur Beurteilung der Angemessenheit ist von der Gesamtwohnfläche des Hauses von 119 m² auszugehen; maßgebend ist - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht etwa nur die von der Klägerin selbst bewohnte Fläche von 84 m². Insoweit genügt, dass der Vermögensinhaber das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche ist deshalb gerechtfertigt, weil der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit steht, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliegt; Ausnahmen sind allenfalls denkbar bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile (vgl. BSG, a.a.O.). Ohne eine Teilung des Eigentums ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten, und es ist für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche und nicht nur auf die von der Leistungen beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abzustellen (vgl. BSG, a.a.O.). Für Inhaber eines Erbbaurechts kann nach Ansicht des Senats nichts anders gelten. Denn die Klägerin kann als dessen Eigentümerin das gesamte bebaute Erbbaurecht als Vermögensgegenstand verwerten; die Vermietung eines Teils des Hauses an ihren Sohn ändert daran nichts und stellt insbesondere kein rechtliches Hindernis für eine Verwertung dar (wie es etwa bei einem Miteigentumsanteil bestünde).
49Gehört der Sohn aber zu den Angehörigen der Klägerin i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII, so ist bei der Beurteilung der Angemessenheit der Wohnfläche von zwei Personen auszugehen. Anders als im SGB II ist also nicht nur auf Mitglieder der Bedarfs- bzw. Einstandsgemeinschaft abzustellen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Bei der Auslegung des Begriffs "Angehöriger" kann man sich an § 16 Abs. 5 Nr. 3 SGB X orientieren (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Danach gehören Verwandte und Verschwägerte gerader Linie zu den Angehörigen, und somit auch der Sohn der Klägerin.
50Berechnet sich die angemessene Wohnfläche damit im vorliegenden Verfahren nach zwei Personen, so beträgt sie (130 m² abzgl. 2 x 20 m²; s.o.) 90 m². Die tatsächliche Wohnfläche ist mit 119 m² deshalb unangemessen. Das gilt selbst dann, wenn man eine Überschreitung von 10% auch im Bereich des Sozialhilferechts (ebenso wie im Bereich des SGB II) aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für tolerabel hält.
51An der Unangemessenheit der Wohnfläche ändert es auch nichts, dass das Haus ursprünglich beim Erwerb des bebauten Erbbaurechts durch die Klägerin für eine Nutzung durch drei Personen - nämlich als Familienheim für die Klägerin und ihre beiden Kinder - gedacht war. Die Klägerin lebte denn auch nach Trennung von ihrem ersten Ehemann zunächst mit beiden Kindern in dem Haus; die Tochter ist erst im Alter von etwa 16 Jahren zu ihrem Vater gezogen.
52In der Literatur wird insoweit die Auffassung vertreten, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 82 Abs. 3 S. 2 II des II. WobauG a.F. solle von einer Herabsetzung der angemessenen Wohnfläche abgesehen werden, wenn sich die ursprüngliche Bewohnerzahl erst durch den Auszug erwachsener Kinder verringert habe (vgl. Mecke in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 90, Rn. 78; Link, Sozialrecht aktuell 2007, 8, 12). Nach dieser (am 31.12.2001 außer Kraft getretenen) Vorschrift ist eine Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug der Wohnung unschädlich. Wollte man so verfahren, betrüge die angemessene Wohnfläche beim Haus der Klägerin (für drei Personen) 110 m²; wollte man zudem auch hier aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Überschreitung von 10% tolerieren (dann 121 m²), wäre die tatsächliche Wohnfläche von 119 m² noch angemessen. Der Senat schließt sich dieser Auffassung jedoch nicht an. Denn Sozialhilfe dient grundsätzlich nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage und knüpft daher an einen aktuellen Hilfebedarf an (BSG, Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R; sog. Gegenwärtigkeitsprinzip). § 90 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 SGB XII normiert zudem ausdrücklich, dass (auch) auf die Zahl der Bewohner abzustellen ist; ist Sozialhilfe von vornherein nur eine Hilfe in gegenwärtigen Notlagen, so kann maßgeblich allein die Zahl der Bewohner im Zeitpunkt der geltend gemachten Hilfebedürftigkeit sein (so der erkennende Senat bereits im Urteil vom 19.11.2012 - L 20 SO 273/11; unveröffentlicht).
53(2.) Der Senat hält gleichwohl die Überschreitung der angemessenen Wohnfläche im Falle der Klägerin im Rahmen einer Gesamtbetrachtung für nicht anspruchsschädlich. Denn die Überschreitung betrifft ein Einfamilienhaus für ein bis zwei Bewohner und beträgt dort weniger als ein Drittel; zugleich ist das selbstgenutzte Haus nach den sonstigen Kriterien jeweils sozialhilferechtlich angemessen:
54Einfamilienhäuser in einer eher ländlichen Vorortgegend wie N wurden in den 1970er Jahren üblicherweise mit einer Wohnfläche von mehr als 90 m² errichtet. Auch für Eigentümer mit durchschnittlichen oder gar unterdurchschnittlichen finanziellen Mitteln gibt es kleine Häuser von bis zu 90 m² Wohnfläche allenfalls ausnahmsweise. Dementsprechend weist auch das Haus der Klägerin bei 119 m² Wohnfläche lediglich die für eine Kleinfamilie mit zwei Kindern notwendigen Räume auf (je ein Schlafzimmer für Mutter/Eltern, Sohn und Tochter, Wohn-/Essraum, Küche, sanitäre Räume). Die einzelnen Zimmer sind dabei auch der Größe nach angemessen; die Kinderzimmer haben jeweils eine Wohnfläche von 8,55 m², das Schlafzimmer für Eltern (bzw. die Klägerin als Mutter) weist 22,90 m² auf, das Wohnzimmer 28,26 m², der Essbereich 13,14 m² und die Küche 8,87 m² (übrige Flächen insgesamt 29,00 m²). Gleichwohl summiert sich diese - jeweils für sich genommen bescheidene - Wohnfläche auf 119 m²; dies macht ersichtlich, dass auch bescheidene Einfamilienhäuser mit lediglich bis zu 90 m² nur als Ausnahmefall bei besonders kleinem Bedarf des Bauherrn errichtet werden. Gibt es kleine Einfamilienhäuser mit einer Wohnfläche von 90 m² deshalb nur sehr selten, so liefe der Schutz von selbstgenutzten Hausgrundstücken nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII faktisch leer, wenn ein Einfamilienhaus - wie in typischen Alterslebenslagen, die vom Vierten Kapitel des SGB XII berücksichtigt werden - nur von einer oder zwei Personen bewohnt wird.
55Der Senat hält es aus diesem Grund zur Wahrung eines faktischen Anwendungsbereichs für die in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII berücksichtigte typische Lebenssituation für erforderlich, bei Einfamilienhausgrundstücken, die von einer oder zwei Personen selbst genutzt werden, eine Überschreitung der mit 90 m² zu bemessenden angemessenen Wohnfläche bis zu einem Drittel zuzulassen, wenn das Haus nach sonstigen Kriterien angemessen ist und keine besondere Wertsteigerung erfährt. In einem solchen Fall hält er die Interessen der die Sozialhilfe über Steuern aufbringenden Allgemeinheit durch die Regelung über einen Kostenersatz durch Erben in § 102 SGB XII für hinreichend gewahrt.
56Die genannten Voraussetzungen treffen auf das Haus der Klägerin zu.
57Die Überschreitung der angemessenen Wohnfläche liegt mit 32% unter einem Drittel. Im Übrigen ist das Haus sozialhilferechtlich angemessen:
58Nach den Ausführungen des Sachverständigen T, denen sich der Senat anschließt, verfügt das Gebäude über eine einfache bis mittlere Standardausstattung. Größere Ausbauten oder Renovierungen wurden seit seiner Errichtung im Jahre 1975 nicht vorgenommen; so ist etwa noch immer die ursprüngliche Einfachverglasung vorhanden. Auch der Zuschnitt des Gebäudes weist keine Besonderheiten auf; neben einem größeren Wohn-/Essbereich mit angeschlossener Küche gibt es drei Schlafzimmer. Das Vorhandensein zweier Bäder (ohne besondere Ausstattung) sieht der Senat nicht als wertsteigernde Luxusausstattung an, welche zu einer sozialhilferechtlichen Unangemessenheit führen würde.
59Auch die - nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilende - Größe des Grundstücks ist sozialhilferechtlich angemessen. In der Praxis angewandte Grenzwerte von 500 m² für ein freistehendes Haus (vgl. Geiger in: LPK-SGB XII, § 90 SGB XII, 9. Aufl. 2012, Rn. 53) bzw. für den ländlichen Raum (vgl. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 90 SGB XII, Rn. 59) sind nach der Rechtsprechung des BSG allenfalls Anhaltspunkte; sie können überschritten werden, wenn sich die Größe eines Hausgrundstücks im Rahmen der örtlichen Gegebenheiten hält (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Letzteres ist hier der Fall. Denn die Immobilie der Klägerin gehört zu einer L-förmig angelegten Siedlung von gleichartigen Häusern, die auf vergleichbar großen Grundstücken errichtet worden sind. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Ortsteil N nicht zum innerstädtischen Bereich von N gehört, sondern eher ländlich strukturiert ist. In einem ländlichen Bereich hat das BSG sogar im von ihm entschiedenen Einzelfall ein Grundstück von 800 m² noch als angemessen angesehen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R).
60Auch der Verkehrswert des Erbbaurechtes ist angemessen. Der Sachständigen T hat den Verkehrswert aus dem Sachwert abgeleitet, da die Eigennutzung vordergründig sei. Bei dieser Methode wird zunächst der Bodenwertanteil ermittelt und dann der Gebäudewert; zusammengenommen ergibt sich der Sachwert des Erbbaurechts. Dieser beläuft sich im vorliegenden Verfahren nach den Feststellungen des Sachverständigen T auf 178.000,00 EUR. Bei der Festlegung des Verkehrswertes sei jedoch aufgrund des mängelbehafteten Gebäudezustandes und des Erbbaugrundstücks ein Abschlag von 20% zu machen, so dass sich gerundet ein Wert von 140.000,00 EUR ergebe. Auch der vom Senat gutachterlich gehörte N Immobilienmakler I hat gegen diese Einschätzung keine Einwände erhoben. Der Senat schließt sich diesen Einschätzungen der beiden Sachverständigen an, da sie schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend sind. Der Verkehrswert des Erbbrauchrechtes setzt sich zusammen aus dem reinen Bodenwertanteil i.H.v. ca. 50.000,00 EUR (62.000,00 EUR abzgl. des Abschlages von 20%) und dem Gebäudewert einschließlich eines Zuschlages für die Außenanlagen von insgesamt ca. 90.000,00 EUR (115.500,00 EUR abzgl. des Abschlages von 20%). Der Bodenwertanteil des Erbbraurechtes ist deshalb so hoch, weil der Bodenrichtwert im Bereich des Erbbaugrundstücks 230,00 EUR/m² beträgt. Die Angemessenheit dieses Anteils folgt bereits daraus, dass es sich um ein angemessenes Grundstück handelt (s.o.) und die Klägerin den Bodenrichtwert nicht beeinflussen kann. Das Gebäude selbst ist somit nur ca. 90.000,00 EUR wert, was nach Auffassung des Senates die sozialhilferechtliche Angemessenheitsgrenze nicht überschreitet.
61(3.) Schließlich steht der Angemessenheit des Erbbauchrechts im Rahmen von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII auch nicht entgegen, dass es aus zwei Grundstücken besteht. Insoweit reicht es - unbeschadet der Frage, wie bei einer Eigennutzung des separaten Garagengrundstücks durch die Klägerin zu entscheiden wäre - aus, dass die Klägerin das separate Grundstück auf dem Garagenhof (S) durch Vermietung verwertet.
62Zwar ist das Vorhandensein eines zweiten Grundstücks mit einer zweiten Garage sozialhilferechtlich nicht angemessen. Denn eine vom selbstgenutzten Hausgrundstück separate Garage dient nicht dem Wohnen; es unterfällt deshalb von vornherein nicht dem auf das Grundbedürfnis Wohnung (Art. 13 Grundgesetz) gerichteten Schutzzweck des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Ohnehin verfügt das Hausgrundstück der Klägerin noch über eine weitere Garage; schon aus diesem Grund erscheint ein schützenswerter Bedarf der Klägerin (die im Übrigen auch nicht mehr über ein Kraftfahrzeug verfügt) für die Nutzung der separaten Garage ausgeschlossen. Ist das separate Garagengrundstück deshalb ein Vermögensgegenstand, der sozialhilferechtlich nicht geschützt ist, so muss die Klägerin ihn zur (ggf. teilweisen) Vermeidung von Sozialhilfebedarf verwerten.
63Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Ist der Inhaber dagegen in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt und kann er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen, ist von der Unverwertbarkeit des Vermögens auszugehen; in diesem Falle wäre es sozialhilferechtlich nicht anspruchsschädlich. Darüber hinaus enthält der Begriff der Verwertbarkeit aber auch eine tatsächliche Komponente. Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie, etwa bei Grundstücken infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R).
64Die Verwertung des separaten Garagengrundstücks ist grundsätzlich möglich. Denn das einheitliche Erbbaurecht der Klägerin am Haus- sowie am Garagengrundstück ist grundsätzlich teilbar; ein Erbbaurechtsteil am Garagengrundstück wäre nach Teilung des einheitlichen Erbbaurechts auch separat veräußerbar. Voraussetzung für ein solches Vorgehen wäre allerdings die Zustimmung des Grundstückeigentümers. Erforderlich für die Teilung eines Erbbaurechts ist jedoch - neben der (hier schon vorliegenden) Teilung des Erbbaugrundstücks in mehrere Grundstücke im Rechtssinn (§ 7 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO)) - zusätzlich, dass sich auf den geteilten Grundstücken jeweils ein Gebäude befindet bzw. es dort errichtet werden kann (vgl. von Oefele/Heinemann in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 1 ErbbauRG Rn. 43 ff.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn beide bereits grundbuchlich getrennte Grundstücke sind jeweils mit einem Gebäude bebaut. Eine Teilung des Erbbaurechts setzt jedoch nach § 26 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) voraus, dass der Eigentümer des Grundstücks der Teilung zustimmt; denn in einer Teilung eines Erbbaurechts liegt zugleich immer auch dessen (Teil-) Aufhebung und damit die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 26 ErbbauRG (vgl. von Oefele/Heinemann, a.a.O., Rn. 46). Eine solche Zustimmung des Grundstückseigentümers liegt hinsichtlich des Erbbaurechts der Klägerin nicht vor; ob sie erteilt werden würde, ist zumindest fraglich.
65Es kann offen bleiben, ob der Grundstückeigentümer einer Teilung des Erbbaurechts der Klägerin zustimmen würde bzw. zugestimmt hätte, wäre er daraufhin befragt worden. Denn die Klägerin verwertet die separate Garage zulässigerweise anders als durch Verkauf des Erbbaurechts, nämlich durch Vermietung:
66Eine Verwertung kann auf unterschiedliche Art erfolgen, etwa durch Verkauf oder Beleihung; auch Vermietung oder Verpachtung kommen in Betracht. Grundsätzlich steht es dem Hilfesuchenden frei, zwischen mehreren möglichen Verwertungsarten zu wählen. Jedoch folgt aus der Selbsthilfeverpflichtung des § 2 Abs. 1 SGB XII, dass er grundsätzlich die Verwertungsart zu wählen hat, die den höchsten Deckungsbeitrag erbringt (vgl. Mecke in jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2011, § 90, Rn. 37). Dieser Grundsatz ist nach Auffassung des Senats in der Weise zu modifizieren bzw. zu präzisieren, dass im Falle eines prognostisch langjährigen Leistungsbedarfs von einer Veräußerung abgesehen werden kann, wenn sich der Sozialhilfebedarf durch Vermietung in einer Weise reduzieren lässt, dass die Leistungseinsparungen bereits innerhalb weniger Jahre den Wert des Vermögensgegenstandes erreichen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn der Wert der Garage beläuft sich nach der Mitteilung der städtischen Bewertungsstelle der Beklagten auf 4.000,00 EUR. Auch wenn es sich dabei dem Sachverständigen T zufolge nur um eine Schätzung handelt, wird doch deutlich, dass es sich bei der Vermietung (im streitigen Zeitraum gegen einen monatlichen Mietzins von 45,00 EUR, inzwischen von 50,00 EUR) um eine wirtschaftlich auf nicht allzu lange Frist lukrative Form der Verwertung handelt. Denn bereits nach etwa acht Jahren liegen die Einnahmen durch die Vermietung über dem genannten Schätzwert der Garage (für den im Übrigen die nur laienhafte Ausbesserung des Daches durch den Sohn der Klägerin ersichtlich noch nicht einmal berücksichtigt worden ist). Es schien daher - jedenfalls im streitigen Zeitraum - auch mit Blick auf eine Reduzierung des Sozialhilfebedarfs wirtschaftlich von vornherein sogar sinnvoller, das Erbbaurecht an dem separaten Grundstück durch die erfolgte Vermietung der Garage zu verwerten, statt es zu veräußern. Die Klägerin ist deshalb ihrer Verwertungspflicht bereits nachgekommen.
67III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
68IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung
- 1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird, - 2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden, - 3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, - 4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, - 6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde, - 7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist, - 8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes, - 9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
Soweit nach § 90 für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, soll die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden. Die Leistungserbringung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.