Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschluss, 01. Juni 2018 - L 6 AS 86/18 B ER

bei uns veröffentlicht am01.06.2018

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 6. April 2018 geändert.

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit vom 1. Mai 2018 bis zum 31. Oktober 2018 (höchstens jedoch bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens) vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderungen Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Bedarfs für die Unterkunft in Höhe von 538,41 EUR (bruttokalt) zu gewähren.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für das gesamte Verfahren.

Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ab Antragstellung gewährt und Rechtsanwalt ... beigeordnet.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren wegen der Kosten der Unterkunft vorläufig höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für einen 2-Personen Haushalt in Kiel ab Februar 2018.

2

Die 1985 geborene Antragstellerin zu 1) ist Mutter des 2004 geborenen Antragstellers zu 2). Die Antragstellerin zu 1) ist alleinerziehend, Unterhalt für den Antragsteller zu 2) wird nicht gewährt.

3

Die Antragsteller bewohnen seit September 2010 eine 68,88 m² große 3-Zimmer-Wohnung in der G... Straße in Kiel im Stadtteil H... nördlich des Kanals und westlich der Förde. Die Nettokaltmiete betrug von September 2010 bis April 2015 372 EUR, von Mai 2015 bis September 2017 382 EUR und seit Oktober 2017 410,41 EUR. Die Betriebskosten erhöhten sich im gleichen Zeitraum von 110 EUR monatlich auf 121 EUR monatlich. Derzeit beträgt die monatliche Gesamtmiete 638,41 EUR (Kaltmiete: 417,41 EUR, Betriebskosten 121 EUR und Heizkosten 100 EUR).

4

Die Antragsteller beziehen laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Antragstellerin zu 1) erhält neben der Regelleistung noch einen Zuschlag wegen kostenaufwändiger Ernährung und als Alleinerziehende. Wegen eines nicht genehmigten Umzugs erkennt der Antragsgegner bereits seit September 2010 nicht die tatsächlichen Kosten der Unterkunft an sondern geht von Leistungen in Höhe der alten Miete von 325 EUR (Kaltmiete) aus. Einschließlich der Betriebskosten berücksichtigt er für die Kosten der Unterkunft bei den Antragstellern einen anrechnungsfähigen Bedarf von zunächst 408 und zuletzt 411 EUR (brutto kalt) monatlich. Widerspruchsverfahren sind von der Antragstellerin zu 1) in der Vergangenheit vor allem im Zusammenhang mit Betriebskostenabrechnungen durchgeführt worden.

5

Der Antragsteller zu 2) besuchte ab der 5. Klasse zunächst das E...-... -Gymnasium im ...-... -Ring in K... . Wegen schlechter schulischer Leistungen wechselte er zum Schuljahr 2017/2018 in die 8. Klasse der Gemeinschaftsschule A..., in der D... Straße in A... . Inzwischen haben sich seine Leistungen stabilisiert.

6

Die Antragstellerin zu 1) leidet unter orthopädischen Erkrankungen und einer chronifizierten Schmerzerkrankung mit psychischen Folgeerscheinungen, aufgrund derer sie sich wohnortnah in hausärztlicher Behandlung und physiotherapeutischen Betreuung befindet.

7

Für den Zeitraum vom 1. Dezember 2016 bis 28. Februar 2018 haben die anwaltlich vertretenen Antragsteller ein Überprüfungsverfahren hinsichtlich der Begrenzung der Kosten der Unterkunft durchgeführt (Überprüfungsbescheid vom 18. Januar 2018). Über den dagegen erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden. In dem Verfahren S 31 AS 1/18 ER hat das Sozialgericht Kiel den Antragsgegner verpflichtet vorläufig für den Monat Januar 2018 Leistungen unter Berücksichtigung eines Bedarfs für die Unterkunft in Höhe von 452,10 EUR brutto kalt zu gewähren. Zur Begründung eines Zuschlages von pauschal 10 % auf die bisherigen Mietobergrenzen hat es auf die Notwendigkeit einer Interimslösung und einer notwendigen Aktualisierung wegen der formal noch nicht beschlossenen Mietobergrenzen bezogen.

8

Mit Bescheid vom 14. Januar 2018 hat der Antragsgegner Leistungen für den Zeitraum vom 1. März 2018 bis 28. Februar 2019 unter Berücksichtigung einer Mietobergrenze von 411 EUR monatlich für die Kosten der Unterkunft bewilligt. Der dagegen am 29. Januar 2018 erhobene Widerspruch ist – soweit ersichtlich – noch nicht beschieden.

9

Am 1. Februar 2018 haben die Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Kiel gestellt und die Übernahme von höheren Unterkunftskosten begehrt. Mit Beschluss vom 6. April 2018 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. In der Begründung hat es sich mit den Einzelheiten des Konzepts zur Berechnung der Mietobergrenze in der Stadt Kiel im Einzelnen auseinandergesetzt und dies nach summarischer Prüfung für den aktuellen streitgegenständlichen Zeitraum für schlüssig gehalten. Dies gelte insbesondere auch für die Ermittlung und Berechnung der kalten Betriebskosten, gegen die sich die Antragsteller wendeten. Hinsichtlich der konkreten Unterkunftsalternative lägen keine Gründe vor, aus denen die Antragsteller ihre Suchbemühungen nur auf das örtliche Umfeld in und um H... beschränken dürften. Soweit die Antragsteller sich erst seit kurzer Zeit intensiv um die Anmietung von kostenangemessenem Wohnraum im gesamten Kieler Stadtgebiet bemühen, seien diese Suchbemühungen (jedenfalls noch) nicht geeignet, die Vermutungswirkung, dass bei einer Mietobergrenze, die auf der Grundlage von einem schlüssigen Konzept ermittelt worden sei, auch Wohnraum konkret verfügbar sei. Schließlich gehe auch der Gesetzgeber von einer 6-monatigen sogenannten „Regelsuchfrist“ aus, innerhalb derer es den Leistungsempfänger in der Regel erst möglich sei, ihrer Unterkunftskosten zu senken.

10

Mit ihrer dagegen erhobenen Beschwerde machen die Antragsteller geltend, insbesondere im Hinblick auf die besondere Schulsituation des gerade 13-jährigen Antragstellers zu 2) sei nicht der gesamte Kieler Stadtraum in die Suchbemühungen einzubeziehen sondern könne sich auf den räumlichen Bereich beschränken, innerhalb derer die Schule noch gut erreichbar sei. Dessen ungeachtet hätten die Antragsteller ihre intensiven Suchbemühungen seit einem entsprechenden Hinweis im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren auf das gesamte Kieler Stadtgebiet erstreckt, wobei einige Wohngebiete für eine alleinerziehende Mutter wegen der dortigen Problembereiche nicht zumutbar seien.

11

Die Antragsteller beantragen,

12

den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 6. April 2018 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten den Antragstellern ab Antragseingang des Eilantrag beim Sozialgericht Kiel am 1. Februar 2018 bis zu einem vom Gericht zu bestimmenden Zeitpunkt, längstens jedoch bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, Leistungen für die Unterkunft in der tatsächlichen Höhe zu gewähren.

13

Der Antragsgegner beantragt,

14

die Beschwerde zurückzuweisen.

15

Zur Begründung bezieht er sich auf die erstinstanzliche Entscheidung und tritt insbesondere den Ausführungen der Antragsteller zu dem „Problemstadtteil Kiel-G...“ und der dortigen angeblichen „No-Go-Area“ im K... entgegen.

16

Die Antragsteller haben im Beschwerdeverfahren wie auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren umfangreiche Unterlagen zu individuellen Anfragen durch die Antragstellerin zu 1) und durch den Bevollmächtigten zu Mietobjekten im Rahmen der vom Antragsgegner festgelegten Mietobergrenze für einen 2-Personen-Haushalt vorgelegt. Der Bevollmächtigte der Antragsteller hat zudem Unterlagen über einen förmlichen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz auf Übersendung der Wohnraumberichte (sogenannte FAW-Listen) bei dem Geschäftsführer des Antragsgegners vorgelegt nachdem eine Übersendung dieser Unterlagen, die lediglich für den internen Gebrauch des Jobcenters erstellt würden, zunächst abgelehnt wurde. Nach Vorlage der Wohnraumberichte der Stadt Kiel an den Bevollmächtigten der Antragstellerin zu 1) ist mit Schreiben vom 28. Mai 2018 nebst Anlagen durch die Antragstellerin zu 1) eine Liste vorgelegt worden, mit der zu jeder einzelnen der gelisteten Wohnungen eine inhaltliche Auseinandersetzung und Recherche erfolgt.

II.

17

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, da sie insbesondere nach §§ 172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft ist.

18

Die Beschwerde ist auch dem tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

19

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ist eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz), ist von diesem Grundsatz eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 – 2 BvR 745/88 – juris m.w.N.).

20

Die Antragsteller haben nach summarischer Prüfung sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund für vorübergehend höhere Unterkunftskosten glaubhaft gemacht.

21

Die Antragsteller sind leistungsberechtigt im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II; Anhaltspunkte für leistungsübersteigendes Einkommen oder Vermögen liegen nicht vor.

22

Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Diese Begrenzungsregelung findet für den streitgegenständlichen Zeitraum keine Anwendung mehr. Soweit der Antragsgegner ursprünglich wegen eines nicht genehmigten Umzugs die Wohnungskosten auf den Betrag der früheren Miete von 325 EUR nettokalt gedeckelt hat, kann offenbleiben, ob dies zunächst rechtmäßig war. Denn jedenfalls ist auch in diesem Falle eine Dynamisierung der Unterkunftskosten vorzunehmen ist (BSG, Urteil vom 29. April 2015 - B 14 AS 6/14 R, juris), weshalb nicht zu vertiefen ist, dass nach einem Zeitraum von acht Jahren auch eine zeitliche Grenze erreicht sein könnte, die eine Beendigung der Deckelung bedingt. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es den Leistungsberechtigten nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II).

23

Die Antragsteller leben, gemessen an den Mietobergrenzen für die Stadt Kiel, in einer unangemessen großen und teuren Wohnung. Was die Ausgestaltung der Mietobergrenzen auf der Grundlage der Datensätze im Rahmen der Erhebung zum qualifizierten Mietspiegel der Stadt Kiel 2017 zum Stichtag 1. Juli 2016 anbelangt, kann der Senat bei vorläufiger Würdigung Sach- und Rechtslage keine offensichtlichen Fehler des Konzepts erkennen. Er nimmt daher vorläufig entsprechend §§ 142 Abs. 2 Satz 3, 153 Abs. 2 SGG auf die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren tragfähigen Ausführungen im Beschluss des Sozialgerichts Bezug und sieht insoweit von der weiteren Darstellung der Gründe ab. Die im Hinblick auf das Konzept noch offenen Fragen – etwa zu der im Vergleich zu anderen Wohnungssegmenten niedrigeren Quadratmetermiete im Segment für 2-Personen-Haushalte, zu der Ermittlung der kalten Betriebskosten und zu den inhaltlichen Veränderungen gegenüber dem früheren Konzept (ausführlich zu diesen Mietobergrenzen der Stadt Kiel: Urteil des erkennenden Senats vom 19. Mai 2015 - L 6 AS 18/13, sowie vom 25. März 2015 – L 6 AS 166/12 –, juris) sind nach Auffassung des Senats nur in einem Hauptsacheverfahren zu klären. Dies gilt umso mehr, als die Fehlerhaftigkeit eines schlüssigen Konzepts im Detail nicht zwingend dazu führen muss, dass zugunsten der leistungsberechtigten Person die vollen Unterkunftskosten berücksichtigt werden müssten. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung obliegt es vielmehr dem Gericht, ein nicht in jeder Hinsicht schlüssiges Konzept unter Hinzuziehung der Beteiligten nachzubessern, sofern dies möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 19/11 R – BSGE 110, 52).

24

Dennoch sind für die Antragsteller hier vorläufig und für einen vorübergehenden Zeitraum die vollen tatsächlichen Kosten für die von ihnen bewohnte Wohnung in der G... Straße im Rahmen von § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II anzuerkennen, denn nach summarischer Prüfung steht Ihnen in dem maßgeblichen räumlichen Umfeld eine bedarfsgerechte Wohnung innerhalb der vom Antragsgegner festgesetzten Mietobergrenze für einen 2-Personen-Haushalt trotz umfangreicher und dokumentierter Suchbemühungen gegenwärtig nicht zur Verfügung. Generell ist im Rahmen der konkreten Angemessenheitsprüfung nach Feststellung der abstrakt angemessenen Mietobergrenzen zu untersuchen, ob für die konkrete Bedarfsgemeinschaft im konkreten Einzelfall eine bedarfsgerechte und kostengünstige Wohnung entsprechend der ermittelten hypothetischen Referenzmiete auch tatsächlich verfügbar und zugänglich ist. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts begründet insbesondere die schulische Situation des 2004 geborenen Antragstellers zu 2) eine Begrenzung des räumlichen Suchumfeldes an den Maßstäben der Entscheidung des BSG vom  22. August 2012 (B 14 AS 13/12 R, juris). Danach können Umstände, die eine besondere Bindung an das nähere soziale Umfeld begründen, die Obliegenheiten der Leistungsempfänger einschränken, die Kosten der Unterkunft zu senken. Bei der Bestimmung des maßgeblichen Vergleichsraumes sind persönliche Umstände wie etwa das nähere soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtige Kinder, Alleinerziehender oder gesundheitlich eingeschränkter Menschen zu beachten und daraus können Gründe resultieren, die zu einer Einschränkung der Obliegenheit zur Senkung unangemessener Kosten der Unterkunft im Sinne subjektiver Unzumutbarkeit führen (ausdrücklich BSG, aaO., Rn. 21 im Zusammenhang mit der Situation einer alleinerziehenden Mutter mit einem 10-jährigen Kind in der Stadt Kiel).

25

Der inzwischen 14-jährige Antragsteller zu 2) hat die Schule erst zum Schuljahr 2017/2018 wegen Lernschwierigkeiten gewechselt und besucht jetzt -offenbar mit Erfolg- die 8. Klasse einer Gemeinschaftsschule im Kreis Rendsburg-Eckernförde am nördlichen Rand außerhalb der Stadt Kiel. Zur Überzeugung des Senats ist es dem Antragsteller zu 2) in dieser Situation persönlich nicht zuzumuten, allein zur Senkung der Kosten der Unterkunft, die er mit seiner Mutter bewohnt, ein weiteres Mal die Schule zu wechseln. Allerdings ist darauf hinzuweisen das mit zunehmendem Alter und etwa auch im Zusammenhang mit dem Übergang in die Oberstufe diese persönlichen Gründe immer weniger Gewicht entfalten. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist es für den inzwischen 14-jährigen Antragsteller zu 2) bezogen auf das gesamte Kieler Stadtgebiet auch nicht zumutbar, einen Schulweg bis in die Gemeinschaftsschule nach A... noch jenseits der nördlichen Stadtgrenze zurückzulegen. Die meisten der ohnehin nicht zahlreich vom Antragsgegner benannten Wohnungen innerhalb der Mietobergrenze für 2-Personen-Haushalte liegen im Stadtteil Kiel-G... . Ein Umzug in eine solche Wohnung würde für den Antragsteller zu 2) nicht nur einen langen Schulweg sondern vor allem auch ein mehrfaches Umsteigen und Wechseln der Verkehrsmittel bedeuten. Außerdem würde er nicht mit den Kindern und Jugendlichen in seinem räumlichen Wohnumfeld gemeinsam die Schule besuchen. Insofern unterscheidet sich ein solche Situation auch von den zahlreichen Fahrschülern, mit zum Teil langen Schulwegen, die gemeinsam in dünner besiedelten Regionen Schleswig-Holsteins eine weiterführende Schule in einem Mittelzentrum besuchen und oft nur ein einziges Verkehrsmittel verwenden müssen. Es kommt hinzu, dass der Antragsgegner auch keine Erklärung dahingehend abgegeben hat, die zusätzlichen Kosten, die mit dem Besuch einer weiter entfernten Schule für den Antragsteller zu 2) verbunden sind, zu übernehmen. Zu Recht weist der Bevollmächtigte der Antragsteller insoweit darauf hin, dass im Rahmen der gesetzlichen Regelungen über Bildung und Teilhabe nur die Kosten für eine Anreise zu der nächstgelegenen Schule erstattungsfähig sind.

26

Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Antragsteller mittel- oder gar langfristig die Aufwendungen für die bisher bewohnte Wohnung, deren Kosten deutlich über der Mietobergrenze der Stadt Kiel liegt, von dem Antragsgegner beanspruchen können. Es besteht vielmehr die Obliegenheit, Suchbemühungen in dem zumutbaren regionalen Umfeld eigenständig und intensiv durchzuführen und nachvollziehbar auch gegenüber dem Antragsgegner und gegebenenfalls im gerichtlichen Verfahren zu dokumentieren. Nach Einschätzung des Senats gibt es auch keine sachlichen oder persönlichen Gründe der Antragsteller, die Suchbemühungen nicht auf Bereiche des Landkreises Rendsburg-Eckernförde im Umkreis der Stadt A... auszuweiten zumal die besuchte Schule in diesem Kreis liegt. Es ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass gesundheitlichen Einschränkungen der Antragstellerin zu 1)oder die bisherige hausärztliche Behandlung dem entgegenstehen. Der Antragsgegner ist somit vorläufig zu verpflichten, die tatsächliche Miete zu zahlen, diese liegt innerhalb der allgemeinen Grenzen nach dem Wohngeldgesetz für diese Mietstufe.

27

Soweit die Antragsteller Leistungen auch vor Eingang der Beschwerde beim Landessozialgericht beanspruchen, ist die Beschwerde erfolglos, da eine Zahlung für die Zeit vor Beschwerdeerhebung grundsätzlich ausscheidet, es sei denn, es werden gewichtige Gründe vorgetragen, die begründen, dass eine solche rückwirkende Korrektur in der Vergangenheit erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden.

28

Prozesskostenhilfe ist auch für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Der grundsätzlich vorrangige Kostenerstattungsanspruch gegen den Antragsgegner umfasst hier nicht die vollständigen notwendigen außergerichtlichen Kosten.

29

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschluss, 01. Juni 2018 - L 6 AS 86/18 B ER

Urteilsbesprechungen zu Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschluss, 01. Juni 2018 - L 6 AS 86/18 B ER

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(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

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(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. (2) Pro

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(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen

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(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 (L 10 AS 285/11) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009. Die Kläger wenden sich gegen die sogenannte "Deckelung" der Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgrund eines nach Ansicht des beklagten Jobcenters nicht erforderlichen Umzugs.

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin zu 1 lebte vor dem streitigen Zeitraum mit ihrem im April 1994 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, in einer Bedarfsgemeinschaft in einer 58 qm großen Wohnung in der P Straße in S, für die ab dem 1.11.2006 monatlich insgesamt 305,31 Euro zu entrichten waren (Nettokaltmiete 219,94 Euro, Betriebskosten 36,07 Euro, Heizkosten/Warmwasser 44,73 Euro, Wasser/Abwasser 4,57 Euro). Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 11.1.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern für März bis August 2007 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Gesamtbedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,60 Euro. Den am selben Tag gestellten Antrag auf Zusicherung für einen Umzug lehnte der Beklagte bestandskräftig ab. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass im Falle des Umzugs die Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in der bisherigen Höhe übernommen würden.

3

Am 22.3.2007 stellte die Klägerin zu 1 erneut einen Antrag auf Zusicherung zum Umzug in eine 58 qm große Wohnung in der G straße in S Als Umzugsgrund gab die Klägerin zu 1 insbesondere die Möglichkeit der Betreuung ihres Kindes durch ihre Mutter an, die im selben Haus wohne. Mit Bescheid vom 27.3.2007 lehnte der Beklagte den Antrag mangels Erforderlichkeit des Umzugs ab, der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.5.2007).

4

Zum 1.6.2007 zogen die Kläger in die Wohnung in der G straße, für die eine Gesamtmiete von 327,59 Euro (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36 Euro, Heizkosten/Warmwasser 50 Euro, Wasser/Abwasser 15 Euro) zu entrichten war. Mit Änderungsbescheid vom 6.6.2007 und sodann, jeweils auf Fortzahlungsanträge hin sowie aufgrund weiterer Änderungsbescheide, bewilligte der Beklagte den Klägern als Leistungen für Unterkunft und Heizung bis April 2009 weiterhin 298,60 Euro und übernahm Nachzahlungen wegen Nebenkostenabrechnungen sowohl für die Wohnung in der P Straße für die Jahre 2006 und 2007 sowie für die G straße für die Jahre 2007, 2008 und 2009. Die Miete in dieser Wohnung erhöhte sich bis auf insgesamt 387,70 Euro ab dem 1.12.2008 (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36,21 Euro, Heizkosten 118,19 Euro, Wasser/Abwasser 6,71 Euro).

5

Am 26.1.2009 stellte die Klägerin zu 1 einen Überprüfungsantrag, mit welchem sie die Übernahme der vollständigen tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung in der G straße ab dem 1.6.2007 begehrte. Der Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag unter Hinweis auf die mangelnde Zusicherung zum Umzug ab (Bescheid vom 3.2.2009, Widerspruchsbescheid vom 12.3.2009).

6

Die von den Klägern erhobenen Klagen zum Sozialgericht (SG) wurden mit Urteil vom 17.5.2011 abgewiesen, die eingelegten Berufungen zum Landessozialgericht (LSG) wurden zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2013). Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, die Kläger hätten wegen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme der bestandskräftigen Bewilligungsbescheide nach § 44 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung als die ursprünglich für die Wohnung in der P Straße bewilligten 298,60 Euro. Eine Zusicherung zum Umzug hätten die Kläger nicht gehabt, der Umzug in die G straße sei auch nicht erforderlich gewesen. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Wohnungszustand der Wohnung in der P Straße einen Umzug in eine andere Wohnung erforderlich gemacht habe. Auch im Hinblick auf die Mitbetreuung des Klägers zu 2 durch die Mutter der Klägerin zu 1 sei der Umzug nicht erforderlich gewesen, Hausaufgabenbetreuung und Mittagessen hätten auch im Haushalt der Mutter der Klägerin zu 1 erbracht werden können, dem Kläger zu 2 selbst sei die Wegstrecke angesichts seines Alters von 13 Jahren ohne Weiteres zumutbar. Soweit die Klägerin zu 1 auf ihre Hilfe bei der Pflege ihrer Großeltern verweise, sei diese Pflege zum einen überwiegend durch die Mutter der Klägerin zu 1 realisiert worden, zum anderen habe die Entfernung der Wohnung der Klägerin zu 1 zu der der Großeltern lediglich 1 km betragen, die Verkürzung der einfachen Wegstrecke auf ca 300 m sei nicht so erheblich, dass sie einen Umzug erforderlich erscheinen ließe. Rechtsfolge sei die Deckelung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf die bis dahin zu tragenden Aufwendungen. Dies sei vorliegend die von den Klägern bis zum 31.5.2007 gezahlte Bruttowarmmiete von 305,31 Euro abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung von 10,11 Euro, mithin eine monatliche Leistung für Unterkunft und Heizung von 295,20 Euro. Der Beklagte habe jedoch bereits monatlich 298,60 Euro gewährt und zudem für die Zeit ab Juni 2007 die sich ergebenden Nachzahlungsbeträge auf die Heiz- und Betriebskosten übernommen. Soweit die Kläger geltend machten, bei der gesetzlichen Regelung würden umzugsunabhängige Kostensteigerungen, insbesondere bei den Heizkosten, nicht berücksichtigt, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Eine Dynamisierung des Deckelungsbetrags anhand von Entwicklungsdaten des allgemeinen Wohnungsmarkts sei vom Wortlaut der Norm nicht gedeckt. Man teile auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger, denn es sei zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur eingreife, wenn der Leistungsempfänger gleichsam ohne Not höhere Kosten auslöse und somit seine Situation selbst verschuldet sei. Im Übrigen könne durch einen weiteren Umzug die Deckelung beendet werden.

7

Dagegen wenden sich die Kläger mit den vom LSG zugelassenen Revisionen. Sie rügen eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, soweit darin eine zeitlich unbefristete und starre Vorschrift zur Deckelung der Kosten der Unterkunft und Heizung gesehen werde. Zumindest sei eine Dynamisierung der individuellen Angemessenheitsgrenze aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen notwendig. Abgesehen davon, dass die Zusicherung zum Umzug hier nicht habe verweigert werden dürfen, entspreche die dauerhafte Deckelung auch eher einer Sanktionierung sozialwidrigen Verhaltens. Sie berücksichtige weder die Kostenentwicklung in der bisherigen Unterkunft, noch die fehlende Kausalität zwischen dem Umzug und der Mehrkosten, bezogen auf die Kosten für Heizung und Wasser, da diese auf Witterungseinflüssen und steigenden Energiekosten beruhten.

8

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 - L 10 AS 285/11 - und des Sozialgerichts Schwerin vom 17. Mai 2011 - S 22 AS 672/09 - sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Änderung des Bescheides vom 6. Juni 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. Juni bis 31. August 2007), des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. September 2007 bis 29. Februar 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21. Januar 2008, des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. März 2008 bis 30. April 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, des Bescheides vom 26. März 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, sowie des Bescheides vom 25. September 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. November 2008 bis 30. April 2009) Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen, abzüglich der Warmwasserkostenpauschale, vom 1. Juni 2007 bis zum 30. April 2009 zu zahlen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt insofern an ausreichenden Feststellungen des LSG.

12

1. Gegenstand der Revisionsverfahren sind neben der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 3.2.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.3.2009, mit dem die Überprüfungsanträge der Kläger mit dem Ziel, vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 die vollen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu erlangen, abgelehnt worden sind. Mithin sind streitgegenständlich auch die jeweiligen Leistungsbescheide, mit denen Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem von den Klägern durch ihre Überprüfungsanträge vorgegebenen Zeitraum bewilligt worden sind. Dies sind - neben den von den Klägern selbst aufgeführten Bescheiden - auch die zur Ermittlung des "wirklich Gewollten" (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 95 RdNr 5) einzubeziehenden Bescheide vom 6.6.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.6. bis 31.8.2007), des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.9.2007 bis 29.2.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21.1.2008, des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.3.2008 bis 30.4.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, des Bescheids vom 26.3.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.5.2008 bis 31.10.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, sowie des Bescheids vom 25.9.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.11.2008 bis 30.4.2009).

13

Die vorgenommene Beschränkung auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (stRspr, siehe BSG Urteil vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 12 mwN). Ihr Begehren haben die Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend gemacht (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG).

14

2. Als Rechtsgrundlage für den Antrag der Kläger auf Überprüfung der Leistungsbescheide für die Zeit vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung kommt nur § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

15

Der Antrag der Kläger genügt den Anforderungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28 mwN), dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Dazu muss der Leistungsberechtigte in der Regel in seinem Überprüfungsantrag einen oder ggf mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakt ohne Weiteres zu ermitteln ist (siehe dazu auch BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 39/13 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 31 RdNr 15).

16

Die Klägerin zu 1 hatte vorliegend - wie bereits vom SG und vom LSG ausgeführt - erkennbar auch für den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn, den Kläger zu 2, mit Schreiben vom 26.1.2009 die Überprüfung "von Leistungsbescheiden ab 1.6.2007 im Hinblick auf die Übernahme der Unterkunftskosten" beantragt und dem einen Antrag auf Übernahme der vollständigen Unterkunftskosten der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 387,70 Euro beigefügt. Dies reicht bei objektiver Betrachtung als Anknüpfungspunkt für eine Überprüfung aus, denn es ist bei verständiger Würdigung der Sachlage klar zu erkennen gewesen, dass die Klägerin zu 1 nach dem Umzug in die G straße zum 1.6.2007 die dort zu zahlenden tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung für sich und den Kläger zu 2 begehrt.

17

3. Es kann aber vorliegend nicht abschließend entschieden werden, ob iS des § 44 Abs 1 SGB X das Recht unrichtig angewandt worden ist und deshalb durch die vorgenommene "Deckelung" zu niedrige Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht worden sind. Zwar hat das LSG zutreffend angenommen, dass der Umzug der Kläger nicht erforderlich gewesen ist (dazu unter 3.c). Es fehlen aber Feststellungen dazu, ob und ggf inwieweit für den streitbefangenen Zeitraum zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen als weitere Voraussetzung für die Anwendung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II bestanden haben(dazu unter 4.).

18

a) Die Kläger erfüllen aus dem Gesamtzusammenhang der vom LSG zugrunde gelegten Tatsachen die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Hinblick auf das Alter, die Erwerbsfähigkeit, die Hilfebedürftigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland. Der Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für Unterkunft und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; siehe auch zB BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20 ff).

19

b) Die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der G straße scheitert nicht an der fehlenden Zusicherung des Beklagten für einen Umzug (vgl § 22 Abs 2 SGB II in der in der streitigen Zeit geltenden Fassung, heute: § 22 Abs 4 SGB II). Die vom Beklagten bestandskräftig abgelehnten Anträge auf Zusicherung zur Tragung von Unterkunftskosten nach einem Umzug stellen jeweils nur eine Entscheidung für diesen konkreten Antrag dar und entfalten keine Dauerwirkung für die Zukunft. Der Bescheid erschöpft sich in der Ablehnung der Zusicherung für den Einzelfall. Dass die Kläger somit für ihren Umzug in die G straße keine Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II aF eingeholt haben, ist insofern ohne Belang, als die Zusicherung keine Anspruchsvoraussetzung darstellt(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 27).

20

c) Ungeachtet der Frage der Zusicherung liegen die Voraussetzungen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II für eine mögliche "Deckelung" im hiesigen Fall jedenfalls insoweit vor, als der Umzug der Kläger in die G straße nicht erforderlich war.

21

Der Prüfung zugrunde zu legen ist § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der im streitigen Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.4.2009 anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), der unwesentlich mit Wirkung vom 1.1.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) geändert wurde. Danach werden für den Fall, dass sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen erbracht. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (siehe grundlegend BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 18).

22

Eine Notwendigkeit des Umzugs in dem Sinne, dass zB gesundheitliche Gründe einen solchen unerlässlich machen, sind nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht gegeben. Aber auch eine Erforderlichkeit des Umzugs im weiteren Sinne ist für den vorliegenden konkreten Fall zu verneinen. Zwar kann grundsätzlich gerade die Tatsache, dass der Hilfebedürftige alleinerziehend und damit uU besonderen Belastungen ausgesetzt ist, zu einer Bejahung der Erforderlichkeit führen. Vorliegend würde sich die Lebenssituation der Kläger aber nicht so verändern, dass diese Veränderung in den persönlichen Umständen eine Neubestimmung der für die Kläger angemessenen Wohnkosten gerechtfertigt erscheinen ließe. Es ist nicht erkennbar, dass der bereits 13 Jahre alte Kläger zu 2 einer engmaschigen Betreuung durch seine Großmutter bedurfte. Ebenso wenig ändert sich die Lebenssituation der Klägerin zu 1 wesentlich dadurch, dass sie wenige hundert Meter kürzere Wege zu bewältigen hat.

23

4. Ausgehend von der mangelnden Erforderlichkeit des Umzugs sind nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen zu erbringen. Zeitlich ist als Bezugspunkt der Zeitpunkt des Umzugs maßgeblich, hier also der 1.6.2007. Die Gesamtmieten (Kaltmiete/Betriebskosten/Heizkosten) der alten und der neuen Wohnung zu diesem Zeitpunkt sind dabei zu vergleichen (hM siehe nur Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 111; aA Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, K § 22 RdNr 233). Tatbestandsvoraussetzung dieser Deckelung ist aber, dass für den örtlichen Vergleichsraum überhaupt zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestehen. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, scheidet eine Deckelung aus. Da es hierzu an Feststellungen seitens des LSG fehlt, kann über die Rechtmäßigkeit der hier streitbefangenen Deckelung nicht abschließend entschieden werden.

24

a) Normativer Anknüpfungspunkt für die Voraussetzung des Bestehens einer zutreffend ermittelten abstrakten Angemessenheitsgrenze ist, dass der Wortlaut der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Erhöhung der "angemessenen" Aufwendungen für Unterkunft und Heizung fordert. Damit ist nach dem Regelungszusammenhang auf § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Bezug genommen, wonach Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese "angemessen" sind. Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunft muss der abstrakt als angemessen anzuerkennende Mietpreis unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten ermittelt werden ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 23). Erforderlich dazu sind überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergeben ("schlüssiges Konzept", siehe nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24). Die Ermittlung abstrakt angemessener Aufwendungen für Heizung begegnet zwar praktischen Schwierigkeiten (vgl BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 21), die Möglichkeit ist jedoch vom Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich vorgesehen (§ 22b Abs 1 Satz 2 und 3 SGB II; vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 30 ff).

25

b) Der so näher bestimmte Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgegriffen und dazu in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt(BT-Drucks 16/1410 S 23), dass mit der Regelung die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Dieser Intention nimmt die Änderung durch Einfügung des zweiten "angemessen" durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) nichts und fügt ihr auch nichts hinzu. Hierzu ist in der Begründung dieses Gesetzentwurfs ausgeführt (BT-Drucks 16/10810 S 49), dass die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingeführte Begrenzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einem nicht erforderlichen Umzug auf Anregungen aus der Praxis dahingehend präzisiert werde, dass die Leistungen für die neue Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug auf die bisherigen angemessenen Kosten zu begrenzen seien.

26

c) Vor diesem Hintergrund hat das BSG den Zweck von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II schon in der Vergangenheit darin gesehen, eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen zu verhindern und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II eine Steuerungsfunktion zu belassen(BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21). Insbesondere hat es entschieden, dass die Vorschrift von vornherein keine Anwendung findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG hinaus vorgenommen wird (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff). Im Hinblick auf diesen Schutzzweck kann die Norm auch bei einem Umzug innerhalb desselben Vergleichsraums Anwendung nur dann finden, wenn und soweit zutreffend ermittelte kommunale Angemessenheitsgrenzen bestehen. Vor der Ausschöpfung einer solchen Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge soll auch der örtliche Wohnungsmarkt geschützt werden (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff; BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21).

27

d) Das LSG wird demgemäß zu ermitteln haben, ob eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten besteht. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Leistungsdeckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Dies schließt jedoch eine Prüfung der Unangemessenheit im Einzelfall im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht aus. Es könnte dann für die Begrenzung der Nettokaltmiete und der kalten Nebenkosten auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 % abgestellt werden (siehe BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 23; Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 27).

28

Wenn eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Heizaufwendungen nicht besteht, scheidet auch insoweit eine Deckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Eine Prüfung der Unangemessenheit der Heizkosten im Einzelfall kann, wie auch bei den Unterkunftskosten, im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II stattfinden, wobei hierfür eine Orientierung an den Grenzwerten aus bundesweitem oder kommunalem Heizspiegel zu erfolgen hat(BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 22).

29

5. Sollten die Ermittlungen des LSG zu dem Ergebnis führen, dass im vorliegenden Fall rechtmäßig ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen existieren, wäre die Deckelung durch die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Allerdings wäre dann zu beachten, dass sich zeitlich nachfolgende Anhebungen dieser Angemessenheitsgrenzen auf die Deckelung auswirken. Die durch die Anhebung der abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenzen anerkannten Kostensteigerungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt sind bei fortdauernder Deckelung zu berücksichtigen ("Dynamisierung"). Der Schutz des Leistungsträgers und des örtlichen Wohnungsmarkts vor der Ausschöpfung einer Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge ist insoweit von dem Regelungswillen des Gesetzgebers nicht umfasst, denn er bezieht sich nur auf die Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenzen im Einzelfall und nicht auf Erhöhung der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen durch wirtschaftliche Entwicklungen und dadurch bedingte anerkannte Kostensteigerungen.

30

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und über einstweilige Anordnungen (§ 86b) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 7. November 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin drei Viertel ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über Höhe des Arbeitslosengeldes II, insbesondere über die Höhe der im Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis 31. Mai 2011 zu berücksichtigenden Bedarfe für Unterkunft.

2

Die am … 1954 geborene Klägerin steht seit Anfang 2005 im Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Klägerin bewohnte im streitigen Zeitraum – und bewohnt nach wie vor – eine bereits vor ca. 20 Jahren angemietete Wohnung in der G.straße in Kiel. Die Wohnfläche dieser Wohnung beträgt 51 qm. Das Warmwasser in der Wohnung wird dezentral (über eine Stromtherme) bereitet. Die Klägerin hatte im Jahr 2005 eine Miete zu leisten, die sich wie folgt zusammensetzte: 243,11 EUR Kaltmiete, 75,16 EUR Betriebskostenvorauszahlung, und 30,00 EUR Heizkostenvorauszahlung. Die Vorauszahlungen für die Nebenkosten stiegen im Laufe der Zeit sukzessive an, und zwar auf 85,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung und 52,00 EUR Heizkostenvorauszahlung im streitgegenständlichen Zeitraum.

3

Nachdem der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 24. März 2006 erstmals auf die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten von damals 325,11 EUR hingewiesen hatte, forderte er die Klägerin mit Schreiben vom 27. November 2007 auf, ihre Unterkunftskosten durch Wohnungswechsel, Untervermietung oder durch Wohnungstausch zu senken.

4

Ab dem 1. Juni 2008 berücksichtigte der Beklagte nur noch die für angemessen erachteten Kosten der Unterkunft in Höhe von zunächst 273,00 EUR zuzüglich Heizkosten. Später berücksichtigte der Beklagte monatliche Bedarfe für die Unterkunft in Höhe von 301,50 EUR. Seit Mitte 2010 setzte sich die Klägerin gegen die Kürzung der Leistungen für die Unterkunft zur Wehr.

5

Die Klägerin erzielte im streitgegenständlichen Zeitraum ein monatliches Einkommen in Höhe von 40,00 EUR für die Betreuung von Haustieren. Über nennenswertes Vermögen verfügte sie nicht.

6

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld II für den Zeitraum 1. Dezember 2010 bis 31. Mai 2011 in Höhe von monatlich 748,29 EUR. Dabei berücksichtigte er den Regelbedarf in Höhe von 359,00 EUR, einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 35,79 EUR (wegen Diabetes mellitus Typ 2) und Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 353,50 EUR. Diese setzten sich zusammen aus einem Mietanteil von 301,50 EUR und Heizkosten in Höhe von 52,00 EUR.

7

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 26. Oktober 2010 Widerspruch ein. Die Begrenzung der Kaltmietkosten auf 301,50 EUR sei rechtswidrig, da die tatsächlichen Unterkunftskosten nicht unangemessen hoch und daher in voller Höhe anzuerkennen seien.

8

Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin in einer unangemessen teuren Wohnung lebe. Die Landeshauptstadt Kiel habe bereits im Jahr 2009 beschlossen, ihre bisherigen Mietobergrenzen auszusetzen und die Angemessenheitsgrenzen anzuwenden, die die schleswig-holsteinische Sozialgerichtsbarkeit auf Grundlage des Kieler Mietspiegels entwickelt habe. Zur Begründung berief sich der Beklagte explizit auf Rechtsprechung des Sozialgerichts Schleswig, für die der Begriff „Adams’sche Formel“ steht. Danach wurde die angemessene Nettokaltmiete unter Zugrundelegung der gewichteten Mittelwerte der Tabellenmietspiegelfelder mit den niedrigsten Mittelwerten bestimmt, wobei so viele Felder einbezogen wurden, dass deren Feldbesetzungszahlen wenigstens ein Drittel der Summe der Feldbesetzungszahlen der jeweils maßgebenden Wohnungsgrößenklasse repräsentierten. Die Bestimmung der angemessenen kalten Betriebskosten erfolgte durch Addition des Gesamtbetrags der sich aus dem Mietspiegel ergebenden Durchschnittswerte der in jedem Mietverhältnis anfallenden „Grundbetriebskosten“ (Grundsteuer, Müllabfuhr, Entwässerung, Wasserversorgung, Hausbeleuchtung, Sach- und Haftpflichtversicherung) mit einem Drittel der Differenz zwischen diesem Gesamtbetrag und der Gesamtsumme der Durchschnittswerte aller Betriebskostenarten. Danach errechne sich für den hier streitigen Zeitraum ein Höchstbetrag von 301,50 EUR bruttokalt.

9

Die Klägerin hat dagegen am 20. Dezember 2010 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben. Während des laufenden Klageverfahrens ist der streitgegenständliche Bewilligungsbescheid mehrfach abgeändert worden, und zwar mit Änderungsbescheiden vom 26. März 2011 (wegen Anpassung der Regelbedarfe und des Mehrbedarfs) und 12. Juli 2011 (wegen der Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für dezentrale Warmwasserbereitung) und vom 12. Januar 2012 (wegen Anerkennung kalter Unterkunftskosten in Höhe von nunmehr 308,50 EUR nach Inkrafttreten des Kieler Mietspiegels 2010). Wegen der Einzelheiten wird auf die jeweiligen Änderungsbescheide (Bl. 21 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.

10

Die Klägerin hat geltend gemacht, Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen zu haben und beantragt,

11

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 19. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 12. Januar 2012 zu verurteilen, ihr für den Bewilligungszeitraum 1. Dezember 2010 bis 31. Mai 2011 Leistungen unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 328,11 EUR bruttokalt zu gewähren.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er hat zur Begründung auf seinen Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

15

Mit Urteil vom 7. November 2012 hat das Sozialgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der qualifizierte Mietspiegel der Stadt Kiel für das Jahr 2010 sei Grundlage für ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Die angemessene Bruttokaltmiete für einen Ein-Personen-Haushalt sei nach Bildung eines gewichteten arithmetischen Mittelwertes nach Anwendung der „Adams‘schen Formel“ auf 4,93 EUR pro Quadratmeter zu bemessen. Insoweit sei der Rechtsauffassung des Beklagten zu folgen. Die Höhe der Betriebskosten sei hingegen durch eine Addition der Durchschnittswerte aller Positionen zu ermitteln, die in der Betriebskostenverordnung genannt werden. Diese Werte seien den Übersichten in Mietspiegeln (hier dem Mietspiegel Kiel) und nicht dem vom Mieterbund herausgegebenen Betriebskostenspiegel Schleswig-Holstein zu entnehmen. Hieraus ergebe sich ein Betrag von 1,77 EUR pro Quadratmeter für Betriebskosten, so dass die angemessene Bruttokaltmiete auf insgesamt 6,70 EUR pro Quadratmeter festzulegen sei. Hieraus ergebe sich eine angemessene Bruttokaltmiete für einen Ein-Personen-Haushalt von 335,00 EUR. Die Bruttokaltmiete der Klägerin liege unter dieser Grenze.

16

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner am 22. November 2012 eingelegten Berufung. Er hat zur Begründung zunächst ausgeführt, dass anhand der bisher angewandten Berechnungsmethode die Bruttokaltmiete 308,50 EUR betrage.

17

Im Januar 2014 hat er einen Methodenbericht zur Festlegung der Angemessenheitsgrenzen vorgelegt und trägt unter Bezugnahme darauf vor, grundsätzlich an dem Konzept, welches von den Gerichten der schleswig-holsteinischen Sozialgerichtsbarkeit entwickelt worden sei, das er aber als eigenes Konzept übernommen habe, festhalten zu wollen. Die Bestimmung der Mietobergrenze anhand des vom 11. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts in seinem Urteil vom 11. April 2011 – L 11 AS 123/09 – NZS 2011, 958 (LS), zit. n. juris erwogenen so genannten „Idealmodells“ sei dagegen aus unterschiedlichen Gründen nicht zielführend. Nicht mehr festgehalten werde ferner an der bisherigen Berechnung der kalten Betriebskosten. Es würden nunmehr die (gesamten) durchschnittlichen Betriebskosten derjenigen Betriebskostenabrechnungen berücksichtigt, die im Zusammenhang mit dem Mietspiegel 2012 erhoben seien und die zumindest alle wesentlichen Betriebskostenarten enthielten. Nicht berücksichtigt würden dagegen Abrechnungen, wenn die Zahlung einer Betriebskostenart direkt an den Versorger erfolgt sei oder keine Angabe über deren Höhe vorgelegen habe. Im Ergebnis führe dies zu durchschnittlichen Betriebskosten von 1,49 EUR/qm. Angesichts dessen ist er – der Beklagte – zwischenzeitlich davon ausgegangen, dass die anhand des Mietspiegels 2010 bemessene Angemessenheitsgrenze für den streitigen Zeitraum bei 318,00 EUR gelegen habe.

18

Nach dem Senatsurteil vom 19. Mai 2014 im Parallelverfahren zum Az. L 6 AS 171/12 hat der Beklagte ein von der Klägerin angenommenes Teilanerkenntnis abgegeben dahingehend, dass für den streitigen Zeitraum Aufwendungen für die Unterkunft in Höhe von monatlich 321,00 EUR berücksichtigt werden.

19

Er beantragt daraufhin,

20

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 7. November 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

21

Die Klägerin beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie hält das angegriffene Urteil im Ergebnis für nach wie vor zutreffend. Zu Recht habe das Sozialgericht festgestellt, dass das Konzept des Beklagten nicht den höchstrichterlichen Vorgaben an ein schlüssiges Konzept entspreche. Die sogenannte „Adams’sche Formel“ sei insbesondere im Hinblick auf die Nettokaltmiete nach wie vor kritisch zu betrachten. Deshalb müsse im Ergebnis auf die Angemessenheitsobergrenze zurückgegriffen werden, die sich aus dem um einen zehnprozentigen Zuschlag erhöhten Wert der Wohngeldtabelle ergebe. Daran änderten weder Neukonzeption des Beklagten im Methodenbericht zur Festlegung der Angemessenheitsgrenze vom Januar 2014 noch die daran durch den Senat im Urteil vom 19. Mai 2014 in der Parallelsache zum Az. L 6 AS 171/12 vorgenommenen Modifikationen etwas. Die grundsätzlichen Schwächen des Konzepts seien nicht behoben worden. So übersehe der Senat zunächst, dass nicht nur bei der Auswahl der für die Bestimmung der abstrakten Obergrenze auszuwählenden Mietspiegelfelder, sondern eine Gewichtung anhand der tatsächlichen Häufigkeit der durch die Felder repräsentierten Wohnungstypen vorzunehmen sei, sondern auch bei der Bildung der Durchschnittswerte aus den ausgewählten Feldern selbst. Dies sei jedoch bei den Feldern, die zur Baualtersklasse vor 1976 gehörten, nicht möglich, weil bezogen auf den Ausstattungsstandard keine hinreichend ausdifferenzierten statistischen Daten vorlägen. Auch der Grundansatz, auf den Durchschnittswert der aus dem unteren preislichen Drittel der einfachen Wohnungen abzustellen, könne nicht in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung gebracht werden. Es müssten mehr Wohnungen zu der ermittelten Preisgrenze auf dem Wohnungsmarkt vorhanden sein, als von Grundsicherungsempfängern nachgefragt würden. Die Gesamtzahl der Einpersonenhaushalte, die Grundsicherungsleistungen bzw. Wohngeld bezögen, belaufe sich jedoch auf 25.773. Dem stünden lediglich 7.600 Sozialwohnungen und 18.246 Wohnungen gegenüber, die an der Berechnung der abstrakten Mietobergrenze teilnähmen. Erschwerend komme hinzu, dass nicht auf den höchsten Wert des unteren Preisdrittels abgestellt werde, sondern auf den Durchschnittspreis des unteren Preisdrittels. Selbst wenn zwei Drittel der in die Berechnung einbezogenen Wohnungen unterhalb dieses Durchschnittswerts vermietet werden sollten, stünden bei Anwendung der „Adams’schen Formel“ lediglich 12.165 Wohnungen zur Deckung des Wohnungsbedarfs Grundsicherungsberechtigter zur Verfügung.

24

Die Klägerin hat daher in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll des Gerichts folgende Beweisanträge gestellt:

25

1. Für den Vortrag, dass die Anzahl von einem Drittel der auf dem freien Kieler Wohnungsmarkt vorhandenen Wohnungen nur geringfügig größer ist als die Anzahl der von SGB XII-, SGB II- und Wohngeldempfängern nachgefragten Wohnungen wird Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

26

2. Für den Vortrag, das Eigentumswohnungen in einem vernachlässigbarem Umfang für Bezieher von Grundsicherungsleistungen bewohnt werden und in der Anschaffung und dem Unterhalt Kosten erzeugen, die für Grundsicherungsbezieher nicht aufgebracht werden können, wird Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

27

3. Für den Vortrag, dass Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern in einem vernachlässigbarem Umfang für Bezieher von Grundsicherungsleistungen bewohnt werden und in der Anschaffung und Unterhalt Kosten erzeugen, die für Grundsicherungsbezieher nicht aufgebracht werden können, wird Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

28

Dem Senat haben die Leistungsakten des Beklagten und die Gerichtsakte vorgelegen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf diese Akten Bezug genommen. Außerdem haben vorgelegen anonymisierte Sitzungsniederschriften aus dem Verfahren L 6 AS 171/12, ferner die Methodenberichte zu den Mietspiegeln 2010 und 2012 der Landeshauptstadt Kiel, der Methodenbericht zur „Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012“ (auf dem aktualisierten Stand Mai 2014), die ergänzende „Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII 2010 für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels“ und der auf Anforderung des Senats vom 9. Mai 2014 gefertigte Nachtrag zur Vergröberung der Auswertung der Felder b1 bis b3 und f1 bis f3 nebst Datensätzen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung geworden.

Entscheidungsgründe

29

Die Berufung des Beklagten hat – nach teilweiser Erledigung der Sache durch ein angenommenes Teilanerkenntnis – Erfolg.

30

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist – obwohl die Wertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR deutlich unterschritten ist – statthaft, weil das Sozialgericht die Berufung im Tenor seiner Entscheidung zugelassen hat.

31

Die Berufung ist auch begründet. Über das zwischenzeitlich vom Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teilanerkenntnis (Berücksichtigung monatlicher kalter Unterkunftskosten in Höhe von 321,00 EUR) hinaus hat die Klägerin für den streitbefangenen Zeitraum keinen Anspruch auf weitere Leistungen mehr. Soweit der Beklagte vom Sozialgericht unter Abänderung des Bescheids vom 19. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2010 und des Änderungsbescheids vom 12. Januar 2012 dennoch dazu verurteilt worden ist, der Klägerin Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten (ohne Heizung) von monatlich 328,11 EUR zu gewähren, ist die Entscheidung des Sozialgerichts aufzuheben und die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) statthafte, form- (§ 90 SGG) und fristgerecht (§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG) erhobene und auch im Übrigen zulässige Klage als unbegründet abzuweisen.

32

Die Klägerin erfüllt die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen. Sie gehört dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis von Arbeitslosengeld II. Sie ist insbesondere erwerbsfähig i.S. des § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und hilfebedürftig (§ 9 Abs. 1 SGB II), weil sie im streitgegenständlichen Zeitraum über keinerlei berücksichtigungsfähiges Einkommen (§§ 11 Abs. 1, 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II) und Vermögen (§ 12 Abs. 1 SGB II) verfügte.

33

Zugunsten der Klägerin sind allerdings für den streitbefangenen Zeitraum (1. Dezember 2010 bis 31. Mai 2011) monatlich neben einem Regelbedarf von 359,00 EUR (im Dezember 2010) bzw. 364,00 EUR (seit 1. Januar 2011) (§ 20 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 SGB II in der rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 [BGBl I S. 453]) und (seit 1. Januar 2011) einem Mehrbedarf für dezentrale Warmwasserbereitung in Höhe von 8,00 EUR (§§ 21 Abs. 7 Nr. 1, 77 Abs. 5 SGB II) Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich insgesamt nur 373,00 EUR (321,00 EUR kalte Unterkunftskosten zzgl. 52,00 EUR Heizkostenvorauszahlung) anzuerkennen. Ungeachtet der Frage, ob zugunsten der Klägerin ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung wegen Diabetes mellitus Typ 2 tatsächlich noch zugestanden hat – der Beklagte hat diesen in Höhe von 35,79 EUR berücksichtigt – ist der auf Deckung dieser Bedarfe gerichtete Anspruch auf Arbeitslosengeld II zwischenzeitlich erfüllt.

34

Die Klägerin hat zwar monatliche Aufwendungen für die Unterkunft in Höhe von 328,11 EUR. Diese sind jedoch nur in tenorierter Höhe angemessen. Der Beklagte hat die Angemessenheitsgrenze unter Berücksichtigung der Wohnflächengrenzen für Einpersonenhaushalte für den relevanten Vergleichsraum grundsätzlich auf Grundlage eines schlüssigen Konzepts ermittelt und dabei quadratmeterbezogene Angemessenheitsgrenzen für die Nettokaltmiete und die kalten Betriebskosten zugrunde gelegt, die nach Modifikationen durch den Senat den für Empfänger existenzsichernder Leistungen in Betracht zu ziehenden Wohnungsmarkt realitätsgerecht abbilden. Der Senat hält insoweit an den nachfolgenden Ausführungen aus seinem Urteil vom 19. Mai 2014 im Parallelverfahren zwischen den Beteiligten zum Az. L 6 AS 171/12 fest:

35

„[III.] 2. Diese Aufwendungen der Klägerin sind jedoch nur bis zu einer Höhe von 321,00 EUR angemessen i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln (vgl. bereits BSG, Urteile vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R – BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 sowie B 7b AS 10/06 R – BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2).

36

In einem ersten Schritt sind dafür die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen, wobei als angemessen die Aufwendungen für eine solche Wohnung gelten, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist; die Wohnung muss im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 33/08 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 25, Rn. 16). In einem zweiten Schritt wird festgelegt, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Anschließend ist zu ermitteln, wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für die leistungsberechtigte Person maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist grundsätzlich nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen. Allgemein vertreten wird heute die so genannte Produkttheorie, wonach nicht beide Faktoren (Wohnungsgröße und Wohnungsstandard - letzterer ausgedrückt durch Quadratmeterpreis) je für sich betrachtet „angemessen“ sein müssen, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je Quadratmeter) eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete (Referenzmiete) ergibt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19).

37

3. Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist auf die Werte zurückzugreifen, welche die Länder aufgrund § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R – BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, Rn. 19 und Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R – FEVS 60, 145, Rn. 12 [nach juris]). Nach Nr. 8.5 der Verwaltungsvorschrift zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung nach Wohnungsbindungsgesetz und Wohnraumförderungsgesetz (VwV-SozWo 2004) vom 17. Juni 2004 (Amtsbl. Schl.-H. 2004, S. 548) in der im Zeitraum vom 23. Januar 2006 bis zum 31. August 2012 geltenden Fassung und nach Nr. 3.2.2 der Verwaltungsbestimmungen zum Schleswig-Holsteinischen Wohnraumförderungsgesetz (VB-SHWoFG) vom 22. August 2012 (Amtsbl. Sch.-H. 2012, S. 790, berichtigt S. 970) in der seit dem 1. September 2012 geltenden Fassung ist für Alleinstehende eine Wohnungsgröße von bis zu 50 qm angemessen.

38

4. Zutreffend hat der Beklagte seinen Ermittlungen zur Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises als Vergleichsraum das gesamte Gebiet der Landeshauptstadt Kiel zugrunde gelegt. Bei der Festlegung des Vergleichsraums, die der Ermittlung der Referenzmiete am Wohnort bzw. im weiteren Wohnumfeld der Hilfebedürftigen dient, geht es darum zu beschreiben, welche ausreichend großen Räume (nicht bloße Orts- oder Stadtteile) der Wohnbebauung auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Einer sog. „Ghettobildung“ wird dadurch begegnet, dass hinsichtlich der Referenzmieten zwar auf Mieten für Wohnungen mit bescheidenem Zuschnitt abgestellt wird, insoweit aber nicht einzelne, besonders heruntergekommene und daher billige Stadtteile herausgegriffen werden dürfen, sondern auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet bzw. räumlichen Vergleichsraum abzustellen ist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 21).

39

Auch der Senat geht nach diesen Maßgaben davon aus, dass der Vergleichsraum auf das gesamte Stadtgebiet zu erstrecken ist. Es handelt sich bei der Landeshauptstadt Kiel um eine Großstadt mit ca. 240.000 Einwohnern; die einzelnen Stadtteile sind trotz geografisch exponierter Lage zu beiden Seiten der Kieler Förde sowie nördlich und südlich des Nord-Ostsee-Kanals auch verkehrstechnisch (bspw. durch Fährverbindungen über die Förde im Rahmen des öffentlichen Personennahverkehrs) gut miteinander verbunden und bilden einen insgesamt homogenen Lebens- und Wohnbereich, wobei es zu beiden Seiten der Förde nachgefragte und weniger begehrte Quartiere gibt. Dementsprechend ist die Qualifizierung des gesamten Stadtgebiets der Landeshauptstadt Kiel als einheitlicher Vergleichsraum auch in früheren Verfahren revisionsrechtlich nicht beanstandet worden (BSG, Urteil vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 64, Rn. 24).

40

5. Für diesen Vergleichsraum beträgt der abstrakt angemessene Bruttoquadratmeterpreis bezogen auf den hier streitigen Zeitraum 6,42 EUR, der sich aus der Addition von angemessener Nettokaltmiete (4,93 EUR/qm) und angemessenen Betriebskosten (1,49 EUR/qm) ergibt; bei Multiplikation mit der abstrakt angemessenen Wohnfläche von 50 qm errechnet sich daraus in Anwendung der Produkttheorie eine Angemessenheitsgrenze bei 321,00 EUR brutto kalt.

41

a) Um ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln innerhalb des Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines überprüfbaren „schlüssigen Konzepts“ erfolgen (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R – FEVS 60, 145). Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. Dabei muss der Grundsicherungsträger nicht zwingend, darf aber auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel i.S. der §§ 558c, 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abstellen. Entscheidend ist jedoch, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, das im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und womit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein „angemessenes Maß“ hinreichend nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30).

42

Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.

43

Schlüssig ist das Konzept nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. erstmals BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, Rn. 19), wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:

44

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),

45

- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

46

- Angaben über den Beobachtungszeitraum,

47

- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel),

48

- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

49

- Validität der Datenerhebung,

50

- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

51

- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

52

b) Nach Maßgabe dieser Anforderungen verfügt der Beklagte zur Überzeugung des erkennenden Senats grundsätzlich über ein schlüssiges Konzept, das sich sowohl auf die Bestimmung der Nettokaltmiete als auch auf die Bestimmung der kalten Betriebskosten bezieht und damit die Angemessenheitsgrenze für die kalten Unterkunftskosten insgesamt realitätsgerecht abbildet. Soweit das vom Beklagten vorgelegte und im Wesentlichen stimmige Konzept den höchstrichterlichen Vorgaben nicht entspricht, nimmt der Senat im Rahmen seiner eigenen Befugnis zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs nach Mitwirkung des Beklagten Korrekturen vor, die das Konzept insgesamt schlüssig machen.

53

c) Die angemessene Nettokaltmiete bestimmt der Beklagte nach Überzeugung des Senats in nicht grundsätzlich zu beanstandender Weise nach der so genannten „Adams’schen Formel“ auf Grundlage des Mietspiegels der Landeshauptstadt Kiel, der wiederum die Anforderungen an einen qualifizierten Mietspiegel i.S. des § 558d BGB erfüllt.

54

Der Mietspiegel 2010 der Landeshauptstadt Kiel, den der Senat für den hier streitgegenständlichen Zeitraum Juni bis November 2012 als allein maßgebend ansieht, ist ein Tabellenmietspiegel, der unter Leitung des Amtes für Wohnen und Grundsicherung der Stadt Kiel durch einen Arbeitskreis fachlich begleitet worden ist. Diesem Arbeitskreis haben die Arbeitsgemeinschaft Kieler Wohnungsunternehmen, der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverein Kiel und Umgegend e.V., die Industrie- und Handelskammer zu Kiel, der Kieler Mieterverein e.V., der Landesverband freier Wohnungsunternehmen e.V. und der Ring Deutscher Makler im Immobilienverband Deutschland, Landesverband Schleswig-Holstein e.V. angehört. Der Mietspiegel ist von der Landeshauptstadt Kiel und von den Interessenverbänden der Mieter und Vermieter als qualifiziert anerkannt und dient der Bestimmung der örtlichen Vergleichsmiete. Dementsprechend orientiert sich die Mietspiegeltabelle in Aufbau und Struktur an den Mietwertkriterien des BGB und differenziert nach Art, Größe, Beschaffenheit und Lage der Wohnungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Broschüre „Mietspiegel 2010“ der Landeshauptstadt Kiel, Stand: Oktober 2010, S. 7 ff. Bezug genommen.

55

Die sich daraus ergebende Mietspiegeltabelle weist 5 Spalten auf; die ersten drei Spalten betreffen jeweils Wohnungen mit einem Baualter vor 1976, wobei zwischen den Ausstattungsmerkmalen „Küche und Bad normal“ (Spalte 1), „Küche oder Bad gut“ (Spalte 2) und „Küche und Bad gut“ (Spalte 3) differenziert wird. Bei den weiteren Baualtersklassen „Baualter 1976 bis 1988“ (Spalte 4) und „Baualter 1989 bis 2009“ (Spalte 5) findet eine solche Differenzierung nicht mehr statt.

56

Diesen Spalten sind Zeilen zu- bzw. untergeordnet, die jeweils für die „einfache Lage“ (Zeilen a-d) und für die „normale bis gute Lage“ (Zeilen e-h) in aufsteigender Reihenfolge zwischen vier Größenklassen unterscheiden, nämlich „≥ 25 qm - ≤ 45 qm“, „> 45 qm - ≤ 60 qm“, „> 60 qm - ≤ 80 qm“ und „> 80 qm“. Dabei ist die einfache Lage dadurch gekennzeichnet, dass einzelne der folgenden Merkmale vorliegen: Einfache Gestaltung oder Bauweise, vergleichsweise wenig öffentliche Grünflächen, vergleichsweise große Entfernung zu Versorgungseinrichtungen, starke Belastung durch Verkehrslärm, Nähe zu Industrie- und Gewerbegebieten, vergleichsweise wenig Grün im Straßenbild und vergleichsweise schlechte Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Wohnungen, auf deren Lage diese Beschreibung nicht zutrifft, gehören dagegen zur normalen bis guten Wohnlage (Mietspiegel Kiel 2010 – Methodenbericht, S. 7).

57

Die sich daraus ergebenden Felder a1 – h5 führen jeweils die Mittelwerte, die 2/3 Spanne und die Feldbesetzungszahl auf.

58

d) Das Konzept des Beklagten, das – wie bereits dargestellt – auf entsprechende Rechtsprechung der Sozialgerichte Schleswig und Kiel sowie Entscheidungen des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts zurückgeht, und das die Bezeichnung „Adams’sche Formel“ zu einem allgemein anerkannten terminus technicus geworden ist, setzt in der Fassung der „Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012 – Methodenbericht“ von Dezember 2013 auf den Mietspiegel wie folgt auf: Zunächst wird der im Kieler Mietspiegel erfasste Wohnungsbestand ermittelt und die Zahl der Wohnungen berechnet, die ein Drittel dieses Wohnungsbestands ausmachen. Der erfasste mietspiegelrelevante Wohnungsbestand wird sodann den einzelnen Feldern der Wohngeldtabelle zugeordnet. Danach werden – beginnend mit dem niedrigsten Durchschnittswert – so viele Tabellenfelder des Kieler Mietspiegels einbezogen, bis mindestens das berechnete Drittel an Wohnungen erfasst wird (vgl. zu den Grundsätze der Berechnung den Methodenbericht „Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012“, Dezember 2013, S. 14 ff.).

59

Daraus resultiert folgende Berechnungsformel, wobei „MW“ für den Mittelwert, „WB“ für mietspiegelrelevanter Wohnungsbestand, die Variablen „Feld0 – Feldn“ für die Mietspiegelfelder in aufsteigender Reihenfolge der Mittelwerte beginnend mit dem niedrigsten Mittelwert und die Variable „angemNQP“ für den Wert stehen, der die Netto-Angemessenheitsgrenze je Quadratmeter markiert:

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60

Der mietspiegelrelevante Wohnungsbestand wird dabei auf Grundlage der kommunalen Statistik der Landeshauptstadt Kiel ermittelt und mit Hilfe einer Datensammlung, die seit 1968 zusammengeführt wird, den einzelnen Baualtersklassen zugeordnet. Weil eine Zuordnung zu den drei Ausstattungsklassen des Mietspiegels bezogen auf vor 1976 errichtete Wohnungen (Bad und Küche normal, Bad oder Küche gut, Bad und Küche gut), mangels entsprechender Informationen in der amtlichen Statistik nicht erfolgen kann, wird diese Zuordnung bei den Wohnungen der Baualtersklasse vor 1976 dergestalt vorgenommen, dass der diese Baualtersklasse betreffende Gesamtwohnungsbestand den Ausstattungsklassen proportional zu den Feldbesetzungszahlen zugeordnet wird (vgl. Methodenbericht „Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012“, Hamburg: Stand Dezember 2013, S. 13).

61

Für den Geltungszeitraum des Kieler Mietspiegels 2010 berücksichtigt der Beklagte für die Größenklasse „> 45 qm - ≤ 60 qm“ ausgehend von einer Grundgesamtheit von 29.750 Wohnungen, einem Drittel der Grundgesamtheit von 9.917 Wohnungen in aufsteigender Reihenfolge die Felder b2, f1 und b1 des Mietspiegels 2010; er geht von einer Überschreitung des Drittelwerts mit insgesamt 15.300 hinter diesen Feldern stehenden Wohnungen („Wo“) aus und gelangt in Anwendung der „Adams`schen Formel“ wie folgt zu einem gewichteten Mittelwert von 4,87 EUR/qm als Angemessenheitsgrenze für die Nettokaltmiete:

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62

e) Die angemessenen kalten Betriebskosten als zweites Element des angemessenen Quadratmeterpreises bestimmt der Beklagte infolge seiner Neukonzeption nach dem Methodenbericht zur Festsetzung der Angemessenheitsgrenzen vom Dezember 2013 auf Grundlage der Daten zu den Betriebskosten, die bei Gelegenheit der Befragungen zum Mietspiegel 2012 mit erhoben worden sind und aus den Jahren 2010 und 2011 stammen. Aus den Rohdaten sind 613 Betriebskostenabrechnungen extrahiert worden, die folgende Kriterien erfüllen: Die Betriebskostenangabe enthält die wesentlichen Betriebskostenarten, d.h. Grundsteuer, Müllabfuhr, Entwässerung/Wasserkosten, Hausbeleuchtung und Sach-/Haftpflichtversicherung. Die Betriebskostenangabe wird nicht berücksichtigt, wenn die Zahlung einer Betriebskostenart direkt an den Versorger erfolgt und keine Angabe zu ihrer Höhe vorliegt, oder wenn eine Eigenleistung durch den Mieter vorliegt.

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Den Durchschnittswert für diese 613 Betriebskostenangaben hat der Beklagte mit 1,49 EUR/qm errechnet und der Bildung der Angemessenheitsgrenze zugrunde gelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 16 ff. des Methodenberichts Bezug genommen.

64

f) Insgesamt erkennt er so auf Grundlage seines Konzepts für den hier streitgegenständlichen Zeitraum inzwischen eine Angemessenheitsgrenze von [(4,87 EUR/qm + 1,49 EUR/qm) x 50 qm =] 318,00 EUR an.

65

6. Zunächst bezogen auf die Ermittlung der Nettokaltmiete als Teilelement des angemessenen Quadratmeterpreises ist das Konzept im Wesentlichen nicht zu beanstanden; es genügt nach Überzeugung des erkennenden Senats den im Urteil des BSG vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, Rn. 19 im Einzelnen beschriebenen Anforderungen an ein schlüssiges Konzept und repräsentiert den tatsächlich für Empfänger von Grundsicherungsleistungen verfügbaren Wohnungsbestand:

66

a) Der Beklagte hat bereits insofern ausreichende Festlegungen zu Art und Weise der Datenerhebung getroffen, als er den qualifizierten Mietspiegel der Landeshauptstadt Kiel zur Grundlage seiner Konzeptbildung gemacht und ergänzend zur Frage der Grundgesamtheit der Wohnungen in hinreichend transparenter Weise auf die kommunale Statistik des Amtes für Wirtschaft – Abteilung Statistik der Landeshauptstadt Kiel zurückgegriffen hat. Das Bundessozialgericht verlangt insoweit lediglich, dass die Erkenntnisquellen nachvollziehbar offengelegt werden (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, Rn. 19). Dies ist in der genannten Form geschehen.

67

b) Die der Konzeptbildung zugrunde liegenden Daten sind in einem genau eingegrenzten Vergleichsraum erhoben worden und erstrecken sich über den gesamten Vergleichsraum; eine „Ghettobildung“, wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung zu vermeiden sucht, kann so nicht stattfinden. Der Mietspiegel Kiel 2010 gilt als qualifizierter Mietspiegel i.S. des § 558d Abs. 1 BGB für das gesamte Stadtgebiet und damit für den gesamten hier relevanten Vergleichsraum. Die Grundgesamtheit der bei seiner Erstellung berücksichtigten Wohnungen verteilt sich über das gesamte Stadtgebiet und spart keine Teilwohnungsmärkte aus. Die Ziehung der Zufallsstichprobe (§ 558b Abs. 2 Satz 2 BGB) zur Mieter- und Vermieterbefragung erfolgte auf Grundlage der von Amt für Statistik der Landeshauptstadt Kiel bereit gestellten Datei der mietpreislich ungebundenen Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen im gesamten Stadtgebiet (vgl. Mietspiegel Kiel – Methodenbericht, Oktober 2010, S. 8 f.). Der Senat hat sich in mündlicher Verhandlung durch Anhörung des Herrn N. vom Amt für Statistik der Landeshauptstadt Kiel das Prinzip erläutern lassen, auf dem die kommunale Statistik beruht. Er hat nach allem keinen Zweifel daran, dass die Stichprobe valide, den höchstrichterlichen Vorgaben entsprechende Daten für den gesamten Vergleichsraum liefert.

68

c) Der Beklagte hat weiterhin in seinem Methodenbericht den Gegenstand der Beobachtung nachvollziehbar und schlüssig definiert. Dies gilt schon deshalb, weil der Beklagte bei seiner Konzeptbildung im Wesentlichen auf den qualifizierten Mietspiegel der Landeshauptstadt Kiel zurückgreift, dem wiederum selbst dezidierte Vorgaben zum Gegenstand der Beobachtung zugrunde liegen (müssen). So lässt sich exakt nachvollziehen, welche Art von Wohnungen in den Fokus der Betrachtung genommen worden sind. Es findet – den höchstrichterlichen Vorgaben entsprechend – bei der Bestimmung des angemessenen (Netto-)Quadratmeterpreises eine Differenzierung nach der Wohnungsgröße statt, wobei die Werte der Mietspiegeltabelle mit den für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche maßgeblichen Werten des Wohnraumförderungsrechts bestmöglich in Kongruenz gebracht werden: Für die hier maßgebliche Vergleichsgruppe der Einpersonenhaushalte wird der angemessene Nettoquadratmeterpreis etwa in rechtlich nicht zu beanstandender Weise aus den Feldern der Spalten b und f (Wohnungen >45 bis ≤ 60 qm) und nicht auch aus den Spalten a und e (Wohnungen ≥ 25 bis ≤ 45 qm) ermittelt, obwohl auch diese Wohnungen zur Gesamtheit der Wohnungen gehören, die weniger als die maximal angemessene Wohnfläche von 50 qm aufweisen. Bei den Wohnungen der kleinsten Größenklasse handelt es sich um Kleinwohnungen und Apartments, die typischerweise besonderen Marktbedingungen unterliegen und wegen der Umlegung fixer Investitionskosten für elementare Ausstattungsgegenstände (z.B. Küche und Bad) auf eine geringere Fläche regelhaft einen deutlich höheren Quadratmeterpreis aufweisen. Es würde zu einer Verzerrung des Bildes führen und wäre im Rahmen der Produkttheorie nicht sachgerecht, würden diese sich ausschließlich aus den Besonderheiten des Marktsegments ergebenden Quadratmeterpreise Eingang in den Faktor „angemessener Quadratmeterpreis“ finden, um zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze dann mit der angemessenen Wohnfläche von 50 qm multipliziert werden zu werden, obwohl die Preise für diese Größenklasse überhaupt keine Aussagekraft haben.

69

Nachvollziehbar ist anhand des Methodenberichts sowie der Methodenberichte zu den Kieler Mietspiegeln 2010 und 2012 ferner, welche Wohnungen von vornherein aus der Betrachtung ausgeschlossen worden sind: Dies betrifft nach den gesetzlichen Vorgaben für die Erstellung qualifizierter Mietspiegel zunächst preisgebundenen Wohnraum, Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist, ganz oder überwiegend möblierten Wohnraum, der Teil einer vom Vermieter genutzten Wohnung ist, Wohnraum, den eine juristische Person des öffentlichen Rechts angemietet hat, um ihn Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zu überlassen und Wohnungen in Studenten- oder Jugendwohnheimen (Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012 – Methodenbericht, S. 4 f.). Ferner sind durch die Arbeitsgruppe Mietspiegel weitere Teilmärkte ausgeschlossen und daher nicht im Kieler Mietspiegel berücksichtigt worden, so dass sie auch der Konzeptbildung nicht zugrunde liegen. Dazu zählen u.a. Kleinstwohnungen, Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern, Penthouse-Wohnungen, möblierter Wohnraum und Wohnungen, deren Toilette, Küche und/oder Bad von zwei oder mehr Mietparteien genutzt werden (Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012 – Methodenbericht, S. 5). Dabei sind die statistischen Grundannahmen zum Ausschluss dieser Wohnungen nicht zu beanstanden, weil sie nicht den üblichen Mietwohnungsmarkt repräsentieren, sondern überwiegend auf spezielle Bedürfnisse zugeschnitten sind.

70

Bei der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze erweisen sich die Ausschlüsse im Übrigen überwiegend als vorteilhaft für den leistungsberechtigten Personenkreis: Der Ausschluss insbesondere von möblierten Wohnungen und Wohnungen z.B. mit gemeinschaftlicher Toilettenbenutzung führt dazu, dass Preise für tendenziell prekäre Mietwohnungen bzw. Substandardwohnungen zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze von vornherein nicht zugrunde gelegt werden. Damit wird der höchstrichterlichen Forderung Rechnung getragen, der Angemessenheitsbetrachtung das untere, nicht jedoch das unterste Marktsegment zugrunde zu legen (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 21).

71

Weitere Einschränkungen, die einen Ausschluss des untersten Marktsegments zuverlässig sicherstellen, ergeben sich daraus, dass die Mietspiegelfelder – nach Vornahme einer Extremwertbereinigung (vgl. Methodenbericht Mietspiegel, S. 16) – jeweils mit dem oberen und unteren Wert einer 2/3-Spanne und dem arithmetischen Mittelwert besetzt sind. Damit gehen von den grundsätzlich mietspiegelrelevanten Wohnungen je Tabellenfeld das billigste und das teuerste Sechstel der Wohnungen nicht in den Mietspiegel ein und werden auch dem Konzept nicht zugrunde gelegt. Insgesamt ist nach Überzeugung des erkennenden Senats zuverlässig sichergestellt, dass auch bei isolierter Berücksichtigung der einfachen Lagen betreffenden Mietspiegelfelder ein Marktsegment abgebildet wird, dass nach höchstrichterlichen Maßstäben nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 – B 4 AS 44/12 R – NZS 2013, 289, Rn. 13; dazu bereits BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R – BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2).

72

Das Konzept des Beklagten geht schließlich – ausgehend von der eigentlichen und primären Funktion des Mietspiegels – von Nettokaltmieten aus, erlaubt aber über die bei Gelegenheit der Datenerhebung zum Mietspiegel vorgenommene Erhebung der kalten Betriebskosten auch eine schlüssige Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete. Dass in den Mietspiegel 2010 nach Maßgabe der mietrechtlichen Vorschriften nur solche Mieten einbezogen sind, die in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Betriebskostenerhöhungen abgesehen, geändert worden sind (Mietspiegel Kiel 2010 – Methodenbericht, Oktober 2010, S. 1), stellt nach Auffassung des Senats einen notwendigen aber auch schlüssigen Kompromiss zwischen einem reinen Bestands- und einem reinen Angebots- bzw. Neuvertragsmietenkonzept dar; höchstrichterlich wird dies jedenfalls nicht beanstandet, sondern zu Recht als zwingende Konsequenz der Anerkennung der Eignung qualifizierter Mietspiegel als Datengrundlage für ein schlüssiges Konzept anerkannt (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 42, Rn. 27 und vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70).

73

d) Das Konzept des Beklagten enthält ferner hinreichende Angaben über den Beobachtungszeitraum. Stichtag, auf den sich die erhobenen Daten beziehen, ist der 1. Mai 2010 (Mietspiegel 2010 – Methodenbericht, Oktober 2010, S. 1). Die Datengrundlage ist damit auch für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum, der das zweite Halbjahr 2012 umfasst, noch aktuell genug, um die Angemessenheitsgrenze i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verlässlich zu bestimmen. Eine Alterung des Datenmaterials muss auch bei der Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz [GG]; vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u.a. – BVerfGE 125, 175), dem die angemessen Unterkunftskosten zuzurechnen sind, in vertretbarem Umfang hingenommen werden.

74

Auch das BSG erkennt an, dass der Aktualität des einem schlüssigen Konzept zu Grunde gelegten Datenmaterials Grenzen gesetzt sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 33). Dies zeigt sich schon daran, dass das BSG qualifizierte Mietspiegel zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze grundsätzlich für geeignet erachtet, § 558d Abs. 2 BGB die Aktualitätsanforderungen an qualifizierte Mietspiegel aber gerade dergestalt definiert, dass diese in einem Abstand von zwei Jahren z.B. durch Stichprobenziehung den aktuellen Marktverhältnissen anzupassen und in einem Abstand von vier Jahren neu zu erstellen sind. Diesen gesetzlichen Anforderungen entspricht der Mietspiegel 2010 der Landeshauptstadt Kiel, der als so genannter Fortschreibungsmietspiegel auf den Mietspiegel 2008, dem eine Neuerhebung zugrunde lag, folgte und dem wiederum der auf einer Neuerhebung basierende Mietspiegel 2012 vom Dezember 2012 nachgefolgt ist. Der Beklagte ist auch nicht wegen der Besonderheiten des Kieler Wohnungsmarktes gehalten gewesen, sein Konzept zwischen den Mietspiegelerhebungen jeweils eigenständig fortzuschreiben. Ob eine solche Fortschreibungspflicht überhaupt bestehen kann, wenn ein qualifizierter Mietspiegel Grundlage eines schlüssigen Konzepts ist, lässt der Senat dahinstehen. Jedenfalls weist der Kieler Wohnungsmarkt im Gegensatz zu den Wohnungsmärkten anderer Großstädte nicht die Dynamik auf, die solche Zwischenerhebungen erfordern würde. Dies zeigt sich für den hier streitigen Zeitraum daran, dass die Mietpreise in Kiel zwischen 2008 und 2010 durchschnittlich um 0,7 Prozent (Mietspiegel Kiel 2010 – Methodenbericht, Oktober 2010, S. 19) und zwischen 2010 und 2012 durchschnittlich um 2,2 Prozent angestiegen sind (Mietspiegel 2012 – Methodenbericht, November 2012, S. 19); der Anstieg lag damit jeweils deutlich unter dem Anstieg des Lebenshaltungskostenindex für die Bundesrepublik Deutschland. Nicht vorhersehbare Preissprünge, die den Beklagten ggf. dazu hätten veranlassen müssen, die Ausgangsdaten zu korrigieren oder entsprechend anzupassen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R – zit. nach juris, Rn. 21), hat es vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht gegeben.

75

Weder das Konzept als solches noch seine Anwendung auf den hier zu entscheidenden Fall leiden daran, dass sich die Mietobergrenze des Beklagten im streitigen Zeitraum noch an der Datengrundlage des Mietspiegels 2010 (Stichtag: 1. Mai 2010) orientiert hat, obwohl die Grundlagendaten für den Mietspiegel 2012 bereits im Frühjahr 2012 vorgelegen haben (Stichtag: 1. April 2012; vgl. Mietspiegel 2012 – Methodenbericht, November 2012, S. 1) und dem Arbeitskreis Mietspiegel am 10. September 2012 präsentiert worden sind. Das Argument, es könne nicht ins Belieben des Trägers gestellt werden, die Fortschreibung seines Unterkunftskonzepts durch eine verspätete Inkraftsetzung des Mietspiegels zu verzögern, vermag nicht durchzugreifen. Voraussetzung dafür, dass ein Mietspiegel den Status eines qualifizierten Mietspiegels erhält und insoweit als Grundlage für ein schlüssiges Konzept in Frage kommt, ist die Anerkennung durch die Gemeinde und die Interessenvertreter der Vermieter und der Mieter (§ 558d Abs. 1 BGB). Bis zum Abschluss des Willensbildungsprozesses zur Anerkennung des Mietspiegels lag ein qualifizierter Mietspiegel und damit ein tragfähiges schlüssiges Konzept nicht vor, so dass in Ermangelung eines neuen Konzepts das bisherige noch fortgelten musste und konnte. Es ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass das Anerkennungsverfahren verschleppt worden wäre. Der Methodenbericht für den Mietspiegel Kiel 2012 zeichnet die Sitzungen des Arbeitskreises Mietspiegel nach (S. 30 f.); nach der dortigen Darstellung ist nicht erkennbar, dass das Verfahren insbesondere von Vertretern der Stadt Kiel, die zuständiger kommunaler Träger i.S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II ist, bewusst und gezielt verschleppt worden wäre, um die spätere Geltung höherer Mietobergrenzen zu erreichen.

76

e) Der Umfang der eingezogenen Daten ist ausreichend und hinreichend valide. Das BSG hat in der Vergangenheit selbst einfache Mietspiegel (§ 558c BGB) als Grundlage für ein schlüssiges Konzept anerkannt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, Rn. 27); erst Recht gilt dies für qualifizierte Mietspiegel nach § 558d BGB (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 42). Da bei der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels die Repräsentativität der Stichprobe durch die Annahme der Chance gleicher Wahrscheinlichkeit der Abbildung der im Detail unbekannten Realität der Grundgesamtheit des Gesamtwohnungsbestandes fingiert wird (Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S. 137, 139) und eine umfassende verfahrensrechtliche Absicherung durch die beteiligten Interessengruppen stattfindet, ist die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung auch im Rahmen des schlüssigen Konzepts regelmäßig als ausreichend anzusehen (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 19/11 R – BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, Rn. 24).

77

Allerdings muss bei einem Herausgreifen nur bestimmter Mietspiegelwerte – wie hier wegen der Berücksichtigung nur einzelner Felder des Tabellenmietspiegels – durch weitere Ermittlungen abgesichert werden, dass der hinter diesen berücksichtigten Werten stehende tatsächliche Wohnungsbestand im Vergleichsraum die Anmietung einer angemessenen Wohnung im gesamten Vergleichsraum ermöglicht. Die Leistungsberechtigten dürfen nicht durch die Berücksichtigung nur bestimmter Mietspiegelfelder – de facto – auf bestimmte Bezirke oder Ortsteile mit besonders verdichteter Bebauung beschränkt werden, weil dies neben der tatsächlichen Ausklammerung eines Teils des Vergleichsraums gleichzeitig das Risiko einer Ghettoisierung birgt (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 19/11 R – BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, Rn. 24). Diesen Anforderungen wird das Konzept des Beklagten gerecht, weil zur Überzeugung des Senats sichergestellt ist, dass die Wohnungen der einfachen Lage in der Baualtersklasse vor 1976, die im Ergebnis für die Bemessung der Angemessenheitsgrenze herangezogen werden, in allen Stadtteilen im gesamten Stadtgebiet vorhanden sind.

78

Allein aus einem Mietspiegel – und für den vorliegenden Mietspiegel gilt nichts anderes – lässt sich zwar nicht ohne Weiteres ersehen, inwieweit Wohnungen einer bestimmten Baualtersklasse in einem Umfang zur Verfügung stehen, der den Rückschluss zulässt, im Vergleichsraum sei eine angemessene Wohnung tatsächlich anmietbar. Erforderlich sind in diesem Falle vielmehr weitere statistisch valide Unterlagen, die eine Aussage darüber zulassen, dass die in Bezug genommenen Wohnungen einer Baualtersklasse in gewissem Umfang tatsächlich im Vergleichsraum vorhanden sind (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R –, zit. n. juris, Rn. 24).

79

Eine solchermaßen valide und aktuelle Grundlage neben dem Mietspiegel ist mit dem Datensatz des Amtes für Wirtschaft – Abteilung Statistik zum Gesamtwohnungsbestand der Landeshauptstadt Kiel vorhanden und hat Eingang in den Methodenbericht zur „Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012“ gefunden, der im Rahmen dieses Verfahrens vorgelegt worden ist. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 9 ff. des Methodenberichts und auf die dortigen Tabellen 3.2 bis 3.6 Bezug genommen. Durch die Ermittlung des tatsächlichen Wohnungsbestandes ist eine Aussage aufgrund statistisch valider Unterlagen darüber möglich, dass die in Bezug genommenen Baualtersklassen in dem benennbaren Umfang tatsächlich im Vergleichsraum vorhanden sind.

80

Der beim Amt für Wirtschaft – Abteilung Statistik der Landeshauptstadt Kiel geführten Wohnungsdatei, die Eingang sowohl in die Erstellung des Mietspiegels als auch in die Erstellung des darauf basierenden Konzepts gefunden hat, liegt eine Vollauswertung des gesamten Wohnungsbestandes zugrunde, die es ermöglicht, die Grundgesamtheit der hinter den einzelnen Feldern stehenden Wohnungen wie auch ihre Verteilung über das Stadtgebiet zu ermitteln. Dass die zur Konzeptbildung herangezogene kommunale Statistik eben gerade die Möglichkeit bietet, Wohnungen auch stadtteilbezogen bestimmten Baualtersklassen zuordnen zu können, hat Herr N. vom Amt für Statistik der Landeshauptstadt Kiel in der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2014 nochmals überzeugend dargestellt. Daran gemessen hat der Senat keine Zweifel daran, dass die im Konzept letztlich berücksichtigten Wohnungen in einfacher Lage der Baualtersklasse vor 1976 (ohne Unterscheidung nach Ausstattungsmerkmalen, dazu sogleich unter f), die mit einer Zahl von insgesamt rund 12.650 einen Großteil der Grundgesamtheit in der Größenklasse „> 45 qm - ≤ 60 qm“ ausmachen, in allen Stadteilen und damit im gesamten Vergleichsraum zur Anmietung zur Verfügung stehen.

81

Die Validität der Grundlagendaten ist entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin auch nicht wegen einer vermeintlich erheblichen Abweichung der maßgeblichen Grundgesamtheit für den Mietspiegel 2012 (77.600 Wohnungen, vgl. Mietspiegel 2012 – Methodenbericht, November 2012, S. 9, Tabelle 3.1) und das Unterkunftskonzept (82.100 Wohnungen, vgl. Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012 – Methodenbericht, Dezember 2013, S. 13, Tabelle 3.6) in Zweifel zu ziehen. Der sachverständige Zeuge Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung insoweit überzeugend auch anhand plastischer Beispiele die Unterschiede zwischen den gemeldeten und für die Mietspiegelerstellung berücksichtigten Haushalten in mietspiegelrelevanten Wohnungen und dem tatsächlich der Gesamtheit der mietspiegelrelevanten Wohnungen zuzurechnenden Wohnungsbestand dargestellt. Er hat aber auch glaubhaft darauf hingewiesen, dass in der Gesamtzahl der an sich mietspiegelrelevanten Wohnungen der Leerstand enthalten ist, der für die im Rahmen der Mietspiegelerstellung zugrunde zu legende Grundgesamtheit keine Bedeutung hat.

82

f) Bei der Konzeptbildung sind anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung im Wesentlichen eingehalten worden. Die Methode anhand dieser Daten das untere Drittel des zur Verfügung stehenden Wohnungsmarktes zu erfassen und entsprechend des tatsächlichen Wohnungsbestandes zu gewichteten indem die Mittelwerte der Tabellenfelder entsprechend des jeweils repräsentierten Wohnungsbestandes in die Berechnung der Mietobergrenze eingehen, ist ein schlüssiges Konzept auf einer ausreichend statistisch validen Grundlage.

83

Der Senat beanstandet jedoch in Teilbereichen die Zuordnung der Grundgesamtheit der mietspiegelrelevanten Wohnungen zu den einzelnen Feldern des Tabellenmietspiegels.

84

Dies betrifft die Felder der Spalten 1 bis 3, in denen in der Baualtersklasse vor 1976 nach Ausstattungsklassen differenziert wird zwischen den Ausstattungsmerkmalen „Bad und Küche normal“, „Bad oder Küche gut“ und „Bad und Küche gut“. Der Beklagte räumt in der Begründung seines Konzepts selbst ein, dass weder die amtliche noch die kommunale Statistik, die aufgrund der vorliegenden Vollerhebung eine nahezu exakte Zuordnung des Wohnungsbestands zu einzelnen Stadtteilen und Baualtersklassen ermöglicht, Informationen zu den Ausstattungsmerkmalen enthält (vgl. Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012 – Methodenbericht S. 13: „Aus der amtlichen Statistik und den bei der Landeshauptstadt Kiel verfügbaren Informationsquellen ist es nicht möglich den Wohnungsbestand der Baualtersklasse vor 1976 nach den drei Ausstattungsklassen des Kieler Mietspiegels zu differenzieren… .“).

85

Um dennoch jedes einzelne Mietspiegelfeld mit einer Grundgesamtheit hinterlegen zu können, hat der Beklagte den – anhand der kommunalen Statistik valide nachweisbaren – Gesamtbestand an Wohnungen in der Baualtersklasse vor 1976 entsprechend den Rückläuferzahlen der Vermieter- bzw. Mieterbefragung zum Mietspiegel 2012 den Mietspiegelfeldern der Spalten 1 bis 3 zugeordnet. Exemplarisch steht dafür die Zeile b (Einfache Lage > 45 bis ≤ 60 qm): Die Feldbesetzungszahlen (die der Zahl der Rückläuferfragebögen entsprechen) der Felder b1, b2 und b3 betragen im Verhältnis 87 – 187 – 55 (vgl. Tabelle 5.3 Mietspiegel Kiel 2012 – Methodenbericht, S. 18 bzw. Mietspiegeldaten). Von den insgesamt 329 Rückläufern in diesen drei Feldern entfallen also rund 26 Prozent auf das Feld b1, 57 Prozent auf das Feld b2 und 17 Prozent auf der Feld b3. Im Rahmen von statistischen Rundungen hat der Beklagte in diesem Verhältnis der Rückläufer den Gesamtwohnungsbestand für diese Größe, Lage und Baualtersklasse (rund 12.650 Wohnungen) den Ausstattungsklassen zugeordnet und dem Feld b1 3.350, dem Feld b2 7.200 und dem Feld b3 2.100 Wohnungen zugerechnet.

86

Der Senat tritt der Rechtsmeinung der Klägerin bei, dass diese Vorgehensweise dem eigenen Repräsentativitätsanspruch des Beklagten an eine „nach mathematisch-statistischen Verfahren erfolgte Datenerhebung“ (Methodenbericht, S. 13), nicht gerecht wird. Der sachverständige Zeuge Dr. M. C., als Soziologe und Wohnungsmarktforscher Geschäftsführer des Unternehmens, das die Mietspiegel 2010 und 2012 der Landeshauptstadt Kiel erstellt hat, hat bereits am 4. Juli 2013 im Rahmen der Beweiserhebung in einem anderen Verfahren – die wesentlichen Ergebnisse der Beweisaufnahme sind den Beteiligten dieses Verfahrens bekannt – die Repräsentativität der Feldbesetzungszahlen für den dahinter stehenden Wohnungsbestand in Frage gestellt. Er hat glaubhaft eingeräumt, dass sich bei der Einzelbetrachtung der Felder zueinander zwischen zwei Mietspiegelerstellungen Verschiebungen in den Feldbesetzungszahlen ergeben könnten, die nicht auf Veränderungen im Wohnungsbestand zurückzuführen seien. Dies hat er u.a. auf methodische Veränderungen bei der Mietspiegelerstellung zurückgeführt, die es auch im Vergleich der konkret in Betrachtung genommenen Mietspiegel 2010 und 2012 gegeben habe: Während für die neuere Erhebung je zur Hälfte Mieter und Vermieter befragt worden seien, seien es bei der älteren Erhebung jedoch nur 1/3 Mieter und 2/3 Vermieter gewesen. Durch das unterschiedliche Antwortverhalten bei den Befragungen (nahezu 100 Prozent Rücklauf bei den face to face-Interviews der Mieter und nur ca. 50 Prozent bei der schriftlichen Befragung der Vermieter) könnten die – für den eigentlichen Zweck des Mietspiegels ohnehin irrelevanten – Fallzahlen für die Feldbesetzung beeinflusst werden.

87

In Reaktion darauf hat sich der Beklagte deshalb in seinem Methodenbericht „Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012“ grundsätzlich und folgerichtig von der Gewichtung der Mittelwerte auf Grundlage der Feldbesetzungszahlen gelöst und diese durch eine Gewichtung anhand der Gesamtheit der tatsächlich hinter den Feldern stehenden mietspiegelrelevanten Wohnungen ersetzt, die – wie bereits ausgeführt – grundsätzlich zu validen Ergebnissen im Sinne eines schlüssigen Konzepts führt, soweit die Mietspiegelfelder allein durch Lage und Baualter klassifiziert sind. Der Zeuge Dr. C. hat den Vorteil der neuen Methode in der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2014 insbesondere in der Bereinigung um Disproportionalitäten gesehen, die dadurch entstünden, dass bei neuer Baualtersklassen und bei bestimmten Wohnlagen mehr Wohnungen in die Stichprobe einbezogen würden, als proportional am Wohnungsmarkt vorhanden seien, um eine bessere Stichprobe zu gewährleisten.

88

Speziell zur für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze auf Grundlage der „Adams’schen Formel“ wichtigen Baualtersklasse vor 1976 und der dortigen – für die Gewichtung der Mittelwerte bedeutsamen – Zuordnung der Wohnungen zu Ausstattungsklassen hat er jedoch eingeräumt, dass sich insoweit gegenüber dem bisherigen, allein auf Feldbesetzungszahlen rekurrierenden Konzept nichts geändert habe. Dieser Einschätzung folgt auch der erkennende Senat und gelangt auf dieser Grundlage zu der Überzeugung, dass – (nur) soweit die Grundgesamtheit der Wohnungen innerhalb der Baualtersklasse vor 1976 auch den dortigen Ausstattungsklassen (Bad und Küche normal, Bad oder Küche gut bzw. Bad und Küche gut) zugeordnet wird (vgl. dazu Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012 – Methodenbericht, Dezember 2013, S. 13, Tabelle 3.6) – statistische Grundsätze nicht folgerichtig in der für ein schlüssiges Konzept erforderlichen Weise eingehalten worden sind, weil eine empirisch verlässliche Grundlage für Aussagen zur tatsächlichen Häufigkeitsverteilung innerhalb der Baualtersklasse gerade nicht möglich ist.

89

g) Diese Mängel führen jedoch entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht dazu, dass automatisch die Bedarfe für Unterkunft (und Heizung) in tatsächlich entstehender Höhe bis zur Angemessenheitsobergrenze zu berücksichtigen wären. Vielmehr korrigiert der Senat das Konzept des Beklagten nach eigener Überzeugungsbildung und übernimmt die „Adams’sche Formel“ unter Beibehaltung der bereits beklagtenseitig vorgenommenen Modifikationen (was die Gewichtung nach Grundgesamtheiten anbelangt) mit der Maßgabe, dass anstelle der Spalten 1 bis 3 (mit den für Einpersonenhaushalte relevanten Feldern b1 bis b3 und f1 bis f3) des Mietspiegels der Landeshauptstadt Kiel lediglich eine Spalte gebildet wird, die die Baualtersklasse vor 1976 betrifft und lediglich nach einfachen und normalen bis guten Lagen differenziert (fiktive Felder b1-3 und f1-3).

90

Zu solchen Korrekturen ist der Senat befugt. Zwar ist es nach Maßgabe des § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zuvörderst die Angelegenheit des Grundsicherungsträgers, für seinen Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind (BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 25); immerhin sind die auf dem Konzept fußenden Erkenntnisse für den Grundsicherungsträger schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren unabdingbar. Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Gericht auf die bloße Kontrolle der Konzeptbildung durch die Verwaltung beschränkt wäre; es hat den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vielmehr eigenständig auszufüllen und unterliegt in diesem Zusammenhang einer eigenen Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG).

91

Liegt der Entscheidung des Grundsicherungsträgers kein (in jeder Hinsicht) schlüssiges Konzept zu Grunde, ist dieser im gerichtlichen Verfahren gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und gegebenenfalls eine unterbliebene Datenerhebung nachzuholen (BSG, Urteile vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 33/08 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 25, Rn. 22 und vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 50/09 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 29; vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 87/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 73, Rn. 24). Wenn Datenmaterial für den Vergleichsraum vorhanden ist, etwa noch auswertbare Daten, die die Grundlage für die Erstellung zumindest eines qualifizierten Mietspiegels geboten haben, ist dieses im Rahmen der Amtsermittlungspflicht zur Überprüfung der von dem Beklagten gewählten Angemessenheitsgrenze heranzuziehen (BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 25 unter Verweis auf die Urteile vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 65/09 R – zit. n. juris, Rn. 28 und – B 14 AS 2/10 R – zit. n. juris, Rn. 14 sowie – B 14 AS 50/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 42 Rn. 27, die Urteile vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 46 Rn. 24, – B 14 AS 85/09 R – zit. n. juris, Rn. 28 und – B 14 AS 32/09 R – zit. n. juris Rn. 23, das Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 19/11 R – BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, Rn. 23, das Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 16/11 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 59 Rn. 16 f. und das Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 61/12 R - zit. n. juris, Rn. 22).

92

Nach der Logik der Verantwortungsverteilung für die Erstellung des schlüssigen Konzepts sind dabei zunächst Ermittlungen und Überlegungen des Beklagten aufzugreifen und ggf. unzulängliche Feststellungen der Verwaltung mit deren Unterstützung nachzubessern, um das Konzept um ggf. erkennbar werdende konzeptionelle Schwächen bereinigen zu können (BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 41/08 R – zit. n. juris, Rn. 22); Korrekturen haben sich also möglichst nahe am bestehenden Konzept zu halten.

93

Das Vorgehen des Senats, dem Beklagten die Gelegenheit zu geben, sein Konzept zur Bestimmung der Mietobergrenze auf Grundlage der durch Beweisaufnahmen in anderen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse zu überarbeiten, wie dies mit dem Anfang 2014 vorgelegten Methodenbericht geschehen ist, entspricht dieser Verantwortungsverteilung. Deshalb mangelt es an einem schlüssigen Konzept auch nicht schon deshalb, weil das Konzept des Beklagten wesentlich auf einer Ermittlungsmethode beruht, die zunächst beim Sozialgericht Schleswig entwickelt und dann von Spruchkörpern des Sozialgerichts Kiel und des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts übernommen worden ist. Entscheidend für eine Konzeptbildung durch den Beklagten ist nicht, dass das Konzept aus seiner Feder stammt oder die Idee von ihm selbst herrührt; entscheidend ist vielmehr, dass der zuständige Träger ein Konzept – das auch vollständig von Dritten entwickelt sein kann – als eigenes anerkennt. Dies hat der Beklagte bzw. der hinter ihm stehende kommunale Träger bereits durch Änderung der „Richtlinien für die Angemessenheit von Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II und § 35 SGB XII“ mit Ratsbeschluss vom 13./14. Dezember 2012, für die aktuelle Modifikation spätestens mit der Annahme und Verabschiedung des Methodenberichts „Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Mietspiegels 2012“ aus Dezember 2013 getan.

94

Soweit das Konzept in einem nicht systemrelevanten, eng umgrenzten Teilbereich anerkannten statistischen Grundsätzen noch immer nicht entspricht (vgl. oben unter f.), nimmt der Senat die erforderlichen Modifikationen – nach Unterstützung durch den Beklagten bei der Datenauswertung – selbst vor und verzichtet auch zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes und zur Vermeidung überlanger Verfahrensdauern darauf, das Konzept durch den Beklagten bzw. die Landeshauptstadt Kiel als den hinter ihm stehenden kommunalen Träger erneut überarbeiten zu lassen.

95

Demzufolge hat der Senat dem Beklagten mit Schreiben vom 9. Mai 2014 aufgegeben, eine Vergröberung der Rasterfelder im Mietspiegel bezüglich der Ausstattungsmerkmale dergestalt vorzunehmen, dass anstelle der Felder b1-b3 und f1-f3 wie bei den anderen Baualtersklassen jeweils nur ein Feld (Baualtersklasse vor 1976) berücksichtigt wird und auf Basis der Grundlagendaten des Mietspiegels Kiel 2010 die Mittelwerte der beiden Felder b1-3 und f1-3 zu errechnen.

96

Der Beklagte hat daraufhin durch das mit der Erstellung des Mietspiegels beauftragte Unternehmen auf Grundlage der Rohdaten des Mietspiegels 2010 das arithmetische Mittel in Anwendung der „Adams’schen Formel“ mit 4,93 EUR/qm errechnet und dies dem Senat mit Schriftsatz vom 16. Mai 2014 mitgeteilt. Weil allein das kumulierte Feld b1-3, das mit 12.662 Wohnungen bereits mehr als ein Drittel (9.917 Wohnungen) der Grundgesamtheit (29.750 Wohnungen) repräsentiert, als das Feld mit dem niedrigsten Mittelwert in die gewichtete Mittelwertbildung eingeht, entspricht sein Mittelwert (4,93 EUR/qm) gleichzeitig dem gewichteten Mittelwert; die „Adams’sche Formel“ wird wie folgt ausgefüllt:

Abbildung
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97

Der Senat ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere nach Anhörung des Zeugen Dr. C. von der richtigen Durchführung der erforderlichen Rechenschritte überzeugt; einer sachverständigen Begutachtung dieser Rechenschritte auf Grundlage des Rohdatenmaterials hat es nach Auffassung des Senats nicht bedurft. Sie ist im Übrigen auch nicht beantragt worden.

98

Mit seiner Modifikation des Konzepts des Beklagten bewegt sich der Senat materiell im Rahmen der höchstrichterlichen Vorgaben zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze aus Mietspiegeln. Namentlich begegnet es keinen Bedenken, dass die Angemessenheitsgrenze im Ergebnis nunmehr nur aus dem Mittelwert der Baualtersklasse der vor 1976 errichteten Wohnungen der einfachen Lage ermittelt wird. Zwar steht die höchstrichterliche Rechtsprechung der Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen aus bestimmten Baualtersklassen grundsätzlich kritisch gegenüber (vgl. BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R –, zit. n. juris, Rn. 24). Auch nach Ansicht des erkennenden Senats verbietet es sich, das Konzept grundlegend darauf aufzubauen, dass lediglich Wohnungen einer bestimmten Baualtersklasse beobachtet und die übrigen Wohnungen von vornherein als nicht zielgruppenrelevant aus der Betrachtung ausgenommen werden. Auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann ein Abstellen auf Baualtersklassen jedoch gerechtfertigt sein, wenn hieraus und aus anderen Erkenntnisquellen auf den Standard von Wohnungen im Vergleichsraum geschlossen werden kann (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 25).

99

Daran gemessen ist das Vorgehen des Senats sachgerecht, weil auch dem durch den Senat modifizierten Konzept die Beobachtung des gesamten mietspiegelrelevanten Wohnungsmarktes zugrundeliegt. So wäre es auf Grundlage dieses Konzepts abstrakt möglich, dass Wohnungen mehrerer oder gar aller Baualtersklassen in die Berechnung der Angemessenheitsgrenze eingehen könnten. Lediglich die konkreten Verhältnisse, namentlich die stark disproportionale Verteilung des Gesamtwohnungsbestands auf die einzelnen Baualtersklassen mit einem deutlichen Schwerpunkt auf den vor 1976 errichteten Wohnungen führt (zufällig) dazu, dass allein das (kumulierte) Feld b1-3 bereits mehr als ein Drittel der Grundgesamtheit der im gesamten Stadtgebiet vorhandenen Wohnungen in der Größenklasse > 45 bis ≤ 60 qm repräsentiert und damit im Sinne der „Adams‘schen Formel“ allein zur Bestimmung des gewichteten Mittelwert herangezogen wird. Dies ist – wie bereits ausgeführt – durch die kommunale Statistik hinreichend abgesichert.

100

Gleiches gilt insoweit, als die Modifikation durch den Senat dazu führt, dass – im Gegensatz zum bisherigen Konzept des Beklagten – nur noch die einfache Wohnlage Berücksichtigung findet und nicht auch Felder der Zeile f, die die normale bis gute Wohnlage repräsentieren. Ein sicherer Ausschluss unterster Marktelemente, die nicht mehr den einfachen Standard ausmachen, wird bereits durch die Bereinigung des mietspiegelrelevanten Wohnungsmarktes und die 2/3-Spanne zuverlässig erreicht. Im Übrigen ist der Senat davon überzeugt, dass Wohnungen der normalen bis guten Wohnlage sich vorliegend nicht signifikant von Wohnungen der einfachen Wohnlage abheben. Diese Überzeugung bildet sich der Senat in Ansehung der spezifischen Verhältnisse des Kieler Wohnungsmarktes. Dabei geht selbst der Methodenbericht zum Mietspiegel davon aus, dass eine Abgrenzung schwierig und stark von subjektiven Faktoren abhängig sein kann (Mietspiegel Kiel 2010 - Methodenbericht, S. 6 f.) und dass die straßenbezogene Klassifizierung insoweit an Grenzen stößt, als einzelne Gebäude wiederum davon abweichen können. Diese Schwierigkeiten zeigen sich exemplarisch daran, dass der Mittelwert des die einfache Lage in der Baualtersklasse vor 1976 mit den Ausstattungsmerkmalen „Küche und Bad normal“ repräsentierenden Feldes b1 mit 4,92 EUR/qm sogar höher ist als der Wert des Feldes f1 (4,88 EUR/qm), der die gleichen Wohnungen in der normalen bis guten Lage repräsentiert. Gegen signifikante Unterschiede spricht ferner, dass sich die Wohnungen der einfachen und der normalen bis guten Wohnlage zwar nicht gleichmäßig aber doch aussagekräftig über das gesamte Stadtgebiet verteilen.

101

h) Entgegen der Auffassung der Klägerin sind auch die aus der Datenermittlung gezogenen Schlüsse nicht zu beanstanden. Konzeptionell begegnet es keinen Bedenken, den angemessenen Quadratmeterpreis auf Grundlage des unteren Preisdrittels der für Einpersonenhaushalte relevanten Wohnungen zu bestimmen. Vielmehr ist der Senat der Auffassung, dass der vom BSG vorgegebene einfache Standard durch das untere Drittel der in den Mietspiegel eingegangenen Wohnungen sachgerecht abgebildet wird.

102

Die Vorgehensweise des Beklagten erweist sich namentlich nicht etwa deshalb als fehlerhaft, weil ausweislich des Sozialberichts des Amtes für Familie und Senioren 2012 der Landeshauptstadt Kiel bereits 16 Prozent der Einwohner Kiels Leistungen nach dem SGB II und Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) erhalten und diese Personen sich das Marktsegment noch mit anderen einkommensschwachen Haushalten zu teilen haben. Die seitens der Klägerin eingeführten Daten untermauern vielmehr die Rechtsüberzeugung des Senats, dass das bei der Bildung der Mietobergrenze berücksichtigte Marktsegment groß genug gewählt worden ist, um sicherzustellen, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte eine kostenangemessene Wohnung im gesamten Stadtgebiet anmieten können. Der Senat sieht sich insoweit auch mit höchstrichterlicher Rechtsprechung in Einklang.

103

Das BSG hat es nicht beanstandet, dass die Stadt München bei einer Grundsicherungs- und Sozialhilfeempfängerquote von 5,3 Prozent die unteren 20 Prozent der in den Mietspiegel eingegangenen Wohnungen bei der Bestimmung der Mietobergrenze berücksichtigt hat. Es hat insbesondere ausgeführt, dass diese Grenzziehung im vorliegenden Fall der Stadt München deshalb nicht zu beanstanden sei, weil die Stichprobe eine klare Definition des Untersuchungsgegenstandes nach „unten“ und nach der Größe beinhalte - anders als wenn ausschließlich ausgehend vom Mietpreis die Höhe der angemessenen Mietaufwendungen bestimmt werde (BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 37). So verhält es sich – wie bereits verschiedentlich dargelegt – auch im vorliegenden Falle. Durch Ausschluss von Substandardwohnungen und typischerweise prekären Mietverhältnissen, Extremwertbereinigung und die Berücksichtigung nur der von der 2/3-Spanne erfassten Wohnungen wird das unterste Marksegment konsequent ausgeschlossen. Die Berücksichtigung von mindestens 33 Prozent der übrigen Wohnungen (mit Ausnahme des obersten Marktsegments) bedeutet gegenüber dem Anteil der Bezieher existenzsichernder Leistungen von 16 Prozent einen ausreichenden Puffer.

104

7. Auch bezogen auf die Ermittlung der kalten Betriebskosten als dem zweiten Teilelement des angemessenen Quadratmeterpreises verfügt der Beklagte inzwischen über ein Berechnungsmodell, das nach Überzeugung des erkennenden Senats den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept gerecht wird. Er hat mit dem im Methodenbericht zur „Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012“ im Dezember 2013 eine Neukonzeption vorgelegt, die mit der bisherigen, höchstrichterlich beanstandeten (BSG, Urteil vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 64) Berechnungsmethode nichts mehr gemein hat.

105

a) Auch hinsichtlich der kalten Betriebskosten ist die Datenerhebung für den gesamten Vergleichsraum erfolgt. Dies ergibt sich schon daraus, dass die berücksichtigten 613 Betriebskostenabrechnungen nach den oben genannten Kriterien zufällig aus der Gesamtstichprobe von 1.230 Betriebskostenabrechnungen entnommen worden sind, die im Zuge der Erstellung des Mietspiegels 2012 erhoben worden ist (vgl. Mietspiegel Kiel 2012 – Methodenbericht, November 2012, S. 22).

106

b) Der Gegenstand der Beobachtung ist nachvollziehbar definiert worden. Er ergibt sich aus der Gesamtheit der bei Gelegenheit der Erstellung des Mietspiegels 2012 mit erhobenen Betriebskostenangaben, die die wesentlichen Betriebskostenarten, d.h. Grundsteuer, Müllabfuhr, Entwässerung/Wasserkosten, Hausbeleuchtung und Sach-/Haftpflichtversicherung enthalten, es sei denn, die Zahlung einer Betriebskostenart ist direkt an den Versorger erfolgt und es liegt keine Angabe zu ihrer Höhe vor, oder es liegt eine Eigenleistung durch den Mieter vor. Der Beklagte hat hinreichend und überzeugend begründet, warum er aus der Gesamtheit der vorhandenen Betriebskostenangaben nur auf die diesen Kriterien entsprechenden 613 Wohnungen zurückgegriffen hat (vgl. Methodenbericht, S. 16 ff.). Auch der sachverständige Zeuge Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2014 nochmals überzeugend dargestellt, dass diese Vorgehensweise gewählt worden ist, um im Rahmen des statistischen „Vollständigkeitserfordernisses“ sicherzustellen, dass nicht fälschlicherweise zu niedrige Durchschnittswerte festgelegt werden.

107

c) Das Konzept enthält auch hinreichende Angaben über den Beobachtungszeitraum. Der Beklagte hat die Daten bei Gelegenheit der Mieter- und Vermieterbefragungen für den Mietspiegel 2012 erhoben, die im Frühjahr 2012 durchgeführt wurden. Die den Betriebskostenangaben zugrunde liegenden Betriebskostenabrechnungen stammen daher aus den Abrechnungsjahren 2010 und 2011. Dies ist nach Überzeugung des Senats unter Aktualitätsgesichtspunkten nicht zu beanstanden.

108

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Beklagte die angemessenen Betriebskosten nunmehr auf der Grundlage von Daten bestimmt hat, die bei Gelegenheit der Erhebungen zum Mietspiegel 2012 ermittelt worden sind, während der Angemessenheit der Nettokaltmiete noch die Erhebungen für den Mietspiegel 2010 zugrunde liegen. Der Beklagte ist aufgrund der BSG-Entscheidung vom 22. August 2012 dazu aufgerufen gewesen, insbesondere die Berechnung der angemessenen kalten Betriebskosten völlig neu zu konzipieren. Er hat dies im Laufe des Jahres 2013 – also in einem Zeitraum, in dem der Mietspiegel 2012 bereits galt – getan und dabei sogleich die ohnehin aktuelleren Werte auch für den hier relevanten Zeitraum herangezogen, die anlässlich der Erstellung des Mietspiegels 2012 ermittelt worden sind. Der Senat kann darin keinen Mangel erkennen, zumal die kalten Betriebskosten im Zeitraum zwischen den beiden Mietspiegelerhebungen 2010 und 2012 leicht angestiegen sind (vgl. Mietspiegel Kiel 2012 - Methodenbericht, November 2012, S. 22) und der leistungsberechtigte Personenkreis durch die Verfahrensweise insoweit nicht beschwert wird.

109

d) Die einbezogenen Daten sind auch hinreichend repräsentativ und valide. Von den bei Gelegenheit der Erhebungen zum Mietspiegel 2012 insgesamt zusammengetragenen 1.230 Betriebskostenabrechnungen sind nach Maßgabe der genannten Ausschlusskriterien 613 Abrechnungen und damit etwa die Hälfte in die Betrachtung einbezogen worden. Sowohl dieser Anteil als auch die Gesamtzahl wird nach Überzeugung des Senats allgemeinen Repräsentativitätsanforderungen gerecht, wobei zu berücksichtigen ist, dass in statistischer Hinsicht der Standardfehler bei der Übertragung von Stichprobenergebnissen auf die Grundgesamtheit nicht nur vom Umfang der Stichprobe, sondern auch und insbesondere von der Streuung des jeweiligen Merkmals in der Grundgesamtheit abhängt (vgl. Cischinsky/von Malottki/Rodenfels/Vaché, MuM 2014, 239, 244). Vorliegend weisen aber die durchschnittlichen Betriebskosten der vorliegenden Betriebskostenangaben eine vergleichsweise geringe Streuung auf, so dass der Anzahl von 613 eine hinreichende Aussagekraft beigemessen werden kann. Dem ist die Klägerin im Rahmen der Befragung des Zeugen Dr. C. in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr mit erheblichen Einwänden entgegen getreten.

110

Soweit die Klägerin zunächst beanstandet hat, dass die Datengrundlage nicht ausreichend transparent gemacht worden ist, hat der Beklagte darauf mit Übersendung der entsprechenden Datensätze mit Schriftsatz vom 15. Mai 2014 hinreichend reagiert. Eine weitere Offenlegung von Rohdaten ist weder angezeigt noch möglich, da die personenbezogenen Fragebögen vernichtet worden sind, um einen Rückschluss auf den Einzelfall gerade auszuschließen (vgl. Mietspiegel Kiel 2012 – Methodenbericht, November 2012, S. 11).

111

e) Der Senat hat schließlich keine Zweifel daran, dass der Beklagte bei seiner Neukonzeption anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung eingehalten hat. Soweit die Klägerin diese Vorgehensweise – insbesondere im Hinblick auf die Repräsentativität der 613 Datensätze für die Betriebskosten von Wohnungen für Einpersonenhaushalte im unteren Marktsegment – grundsätzlich in Zweifel gezogen hat, greifen die erhobenen Einwände im Ergebnis nicht durch. Der Zeuge Dr. C. hat zwar in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass – möglicherweise – auch andere Wege zur Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises methodisch gangbar gewesen wären. Erörtert worden ist insbesondere die von der Klägerin in Betracht gezogene Möglichkeit, die durchschnittlichen kalten Betriebskosten feldbezogen aus dem beklagtenseitig vorgelegten Datensatz zu berechnen. Ungeachtet der Tatsache, dass diese Vorgehensweise aber zu jeweils sehr kleinen Stichproben führte und damit ersichtlich zu Lasten der Repräsentativität gehen würde, spricht das Vorhandensein eines schlüssigen Alternativansatzes aber nicht gegen die Schlüssigkeit des gewählten Konzepts.

112

 Der Senat berücksichtigt schließlich auch, dass die so mit 1,49 EUR/qm ermittelte Angemessenheitsgrenze bezüglich der kalten Betriebskosten annähernd dem arithmetischen Mittelwert für die Betriebskosten nach dem Mietspiegel 2012 entspricht (1,48 EUR/qm; vgl. Mietspiegel Kiel 2012 - Methodenbericht, November 2012, S. 23) und diesen Wert sogar (geringfügig) übersteigt. Dies gilt erst recht für die älteren Werte aus dem Mietspiegel 2010 (1,28 EUR/qm; vgl. Mietspiegel Kiel 2010 - Methodenbericht, Oktober 2010, S. 23). Dies spricht nach Überzeugung des Senats einerseits für die hinreichende Plausibilität der erhobenen Daten. Andererseits hat das BSG bereits mehrfach entschieden, dass es zulässig ist, dort, wo statistische Daten zur Bestimmung der Betriebskosten gerade im unteren Wohnsegment nicht vorliegen, auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten (und dabei vorrangig auf örtliche Übersichten) zurückzugreifen und dabei auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte aus allen Mietverhältnissen zurückzugreifen (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 42, Rn. 34 und vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 64, Rn. 27). Selbst wenn man – entgegen der Annahme des erkennenden Senats – in der hier angewandten Methode zur Bestimmung der kalten Betriebskosten kein schlüssiges Konzept sehen wollte, würde daraus keine Benachteiligung des leistungsberechtigten Personenkreises folgen, weil das höchstrichterlich tolerierte Alternativmodell zu niedrigeren Werten führen würde.

113

f) Vor diesem Hintergrund vermag der Senat auch dem Sozialgericht nicht zu folgen, das durch Summierung der in der Mietspiegelbroschüre aufgeführten Durchschnittswerte für die einzelnen Betriebskostenarten zu angemessenen kalten Betriebskosten in Höhe von 1,77 EUR/qm gelangt ist. Der Beklagte hat im Rahmen seines Konzepts unter Hinweis auf die Mietspiegelbroschüre überzeugend dargelegt, dass die angegebenen Durchschnittswerte zur Abschätzung der in der Miete enthaltenen Betriebskosten dienten und für die Bestimmung angemessener Betriebskosten schon wegen einer andersgearteten Zielsetzung keine geeignete Vergleichsgrundlage seien (Festsetzung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Kiel auf Basis des qualifizierten Kieler Mietspiegels 2012, Dezember 2013, S. 16 f.). Während die Betriebskostenaufstellung im Mietspiegel nachvollziehbar das Ziel verfolgt, dem Mieter für die bei ihm tatsächlich anfallenden Betriebskostenarten einen Abgleich mit den jeweiligen Durchschnittswerten zu ermöglichen, muss es bei der Bestimmung der angemessen Betriebskosten darum gehen, zu ermitteln, welches Betriebskostenniveau insgesamt bei einer Wohnung zu tolerieren ist, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Dies kann die Betriebskostenübersicht im Mietspiegel schon deshalb nicht leisten, weil eine Extremwertbereinigung nur für jede Betriebskostenart separat, nicht aber für den Gesamtwert erfolgt. Der Senat stimmt dem Beklagten in der Einschätzung zu, dass die Ableitung der angemessenen kalten Betriebskosten aus den Durchschnittswerten der Betriebskostenaufstellung im Mietspiegel methodisch schon deshalb nicht schlüssig ist, weil nicht nur Betriebskostenabrechnungen ausgewertet worden sind, die alle angegebenen Betriebskostenarten enthalten haben, sondern die Durchschnittswerte allein die durchschnittlichen Ausgaben der Haushalte repräsentieren, bei denen die jeweilige Betriebskostenart überhaupt anfällt.“

114

Auch das neue Vorbringen der Klägerin in den Schriftsätzen vom 19. Januar und 20. März 2015 veranlasst den Senat nicht zur Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung.

115

Wenn die Klägerin zunächst mit Schriftsatz vom 19. Januar 2015 beanstandet, dass die Bildung des Durchschnittswerts aus den Feldern, die die Baualtersklasse vor 1976 repräsentierten, mangels vorliegender Daten zum Ausstattungsgrad dieser Wohnungen nicht möglich sei, missversteht sie das System. Der Senat hat in seiner Hinweisverfügung vom 9. Mai 2014 u.a. in dem zwischen den Beteiligten dieses Verfahrens betriebenen Verfahren zu den Az. L 6 AS 171/12 das Prüfprogramm dergestalt vorgegeben, dass er zum einen „[…] darum gebeten [hat], Probeberechnungen nach dem jetzt gewählten schlüssigen Modell, (jeweils Mietspiegel 2010 und 2012) vorzulegen, bei denen anstelle der Felder b1 bis b3 und f1 bis f3 des Mietspiegels jeweils nur noch ein Feld (Wohnungen der Baualtersklasse vor 1976) berücksichtigt wird“ und zum anderen „[…] um Berechnung des sich dann auf Grundlage dieser Vergröberung ergebenden jeweiligen Mittelwertes der Nettokaltmiete gebeten“ hat. Damit ist eine zahlenmäßige Zuordnung der bekanntermaßen in der Baualtersklasse vor 1976 vorhandenen Wohnungen zu einem bestimmten Ausstattungsstandard (Küche/Bad normal, Küche oder Bad gut/ Küche und Bad gut), die mangels statistischer Erfassung nicht möglich ist, gerade nicht mehr erforderlich. Dieses Prüfprogramm ist zur Überzeugung des Senats richtig umgesetzt worden.

116

Das vorliegende Zahlenwerk widerlegt die implizit geäußerte Vermutung der Klägerin, dass anstelle eines „echten“ Mittelwerts des kumulierten Feldes b1 bis b3 lediglich ein nach den Fallzahlen der zugrundeliegenden Tabellenfelder gewichteter Mittelwert gebildet worden sei. Zwar ergibt sich auf Grundlage der Daten des (für dieses Verfahren nicht maßgeblichen) Kieler Mietspiegels 2012 nach beiden Rechenwegen ein Mittelwert in Höhe von jeweils 5,09 EUR/qm. Legt man jedoch die Daten des (hier relevanten) Kieler Mietspiegels 2010 zugrunde, errechnete sich für den „gewichteten Mittelwert“ ein Betrag von

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der von dem vom Senat als „echten“ Mittelwert für den Quadratmeterpreis der Wohnungen in der Baualtersklasse vor 1976 in der Größenklasse „> 45 qm - ≤ 60 qm“ ermittelten Wert von 4,93 EUR/qm signifikant abweicht.

118

Soweit die Klägerin im Übrigen wesentlich die Überlegungen des Senats zur Gewährleistung eines ausreichenden Puffers bezüglich des für Grundsicherungsbezieher verfügbaren Wohnraums in Zweifel zieht, teilt der Senat auch diese Bedenken nicht. So vermag bereits die von der Klägerin vorgelegte Berechnung des Gesamtwohnungsbedarfs von alleinlebenden Arbeitslosengeld-II-Empfängern und den mit ihnen um günstigen Wohnraum konkurrierenden Sozialhilfe- und Wohngeldempfängern insoweit nicht zu überzeugen, als in die Summe von vermeintlich 18.153 Einpersonenhaushalten die volle Zahl von 5.075 Wohngeldempfängern mit einbezogen wird, obwohl diese Zahl gerade keine Aussage darüber zulässt, wie viele Personen zum Haushalt gehören (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 Wohngeldgesetz [WoGG]). Tatsächlich ist davon auszugehen, dass eine substanzielle Anzahl von Wohngeldempfängern derartige Leistungen für einen Mehrpersonenhaushalt bezieht; der Gesamtwohnungsbedarf für Einpersonenhaushalte im unteren Einkommenssegment ist damit tendenziell überzeichnet.

119

Andererseits engt die Klägerin den Gesamtbestand der für die Gesamtheit der Bezieher existenzsichernder Leistungen in Betracht kommenden Wohnungen unverhältnismäßig ein, indem sie allein das unterste Preisdrittel der innerhalb der Spanne(n) liegenden Wohnungen (18.248 Wohnungen) und – wegen der Berücksichtigung von Durchschnittswerten – davon lediglich zwei Drittel (12.165 Wohnungen) berücksichtigt wissen will. Dieser Argumentation vermag sich der Senat aus unterschiedlichen Gründen nicht anzuschließen.

120

Zunächst geht die Klägerin zu Unrecht davon aus, dass das Konzept des Beklagten „auf den Durchschnittspreis aus der Menge des unteren Preisdrittels“ abstelle, so dass nicht das untere Drittel, sondern bestenfalls zwei Drittel davon zur Deckung des Wohnungsbedarfs von Grundsicherungsempfängern zur Verfügung stünden. Denn die durch den Senat modifizierte „Adams‘sche Formel“ betrachtet nicht exakt das untere Preisdrittel, sondern bezieht – ausgehend vom niedrigsten Durchschnittswert – so viele Mietspiegelfelder in die Berechnung ein, bis ein Drittel der Wohnungen der jeweiligen Größenklasse erreicht ist. Das bedeutet zwar einerseits, dass nicht alle Wohnungen der berücksichtigten Mietspiegelfelder einen angemessenen Quadratmeterpreis aufweisen. Umgekehrt gibt es aber auch zahlreiche Wohnungen, die anderen, bei der Konzeptbildung nicht berücksichtigten Mietspiegelfeldern (insbesondere dem kumulierten Feld f1-f3) zugeordnet sind, und die – sofern der Quadratmeterpreis hier zwischen dem jeweiligen Spannenunter- und dem ermittelten Durchschnittswert liegt – auch bei Ausschöpfung der Flächengrenzen preislich im Rahmen der auf Grundlage der „Adams’schen Formel“ ermittelten Angemessenheitsgrenze liegen. Insgesamt wird auf diese Weise ein Ergebnis erzielt, das bei typisierender Betrachtung in etwa das untere Preisdrittel nach oben hin abgrenzt. Würde man dagegen mit der Klägerin die Spannenoberwerte der nach der „Adams’schen Formel“ berücksichtigten Mietspiegelfelder berücksichtigen, wäre in die Betrachtung weit mehr als das untere Preisdrittel einbezogen, nämlich jedenfalls alle Wohnungen der berücksichtigten Mietspiegelfelder, die konzeptbedingt jedenfalls ein Drittel der Wohnungen der jeweiligen Baualtersklasse ausmachen, zzgl. der Wohnungen der nicht berücksichtigten Mietspiegelfelder, deren Quadratmeterpreis unterhalb des (ggf. gewichteten) Spannenoberwerts der berücksichtigten Felder liegt. Nach überschlägiger Betrachtung dürften dies wenigstens 75 Prozent aller Wohnungen der hier maßgeblichen Größenklasse sein. Das untere Marktsegment wäre damit sicher nicht mehr abgebildet.

121

Es kommt daher auch nicht entscheidend auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage an, ob dem fraglichen Personenkreis generell auch noch das untere Sechstel der mietspiegelrelevanten Wohnungen offen steht, obwohl diese Wohnungen im Mietspiegel bei der Bildung der Durchschnittswerte als außerhalb der Spanne liegend außer Betracht geblieben sind. Insbesondere kann dahinstehen, ob die Wohnungen des jeweils unteren Preissechstels der nach Baualtersklassen gestaffelten mietspiegelrelevanten Grundgesamtheit bereits zu den Wohnungen des untersten Standards gehören, die bei der Konzeptbildung generell unberücksichtigt zu bleiben haben. Immerhin jedoch sind Substandardwohnungen bereits vorab als nicht mietspiegelrelevant ausgeklammert worden und finden sich in der Grundgesamtheit schon gar nicht wieder. Soweit die Klägerin einwendet, Grundsicherungsempfänger dürften auf diese Wohnungen nicht verwiesen werden, hat dieser Einwand allenfalls im Hinblick auf die abstrakte Berechnung des angemessenen Quadratmeterpreises seine Berechtigung. Entscheidend in dem hier maßgeblichen Zusammenhang ist jedoch allein, dass diese Wohnungen (es handelt sich immerhin um ca. 13.500 Wohnungen in allen Baualtersklassen und Lagen in der Größenklasse „> 45 qm - ≤ 60 qm“) tatsächlich bewohnt sind und insbesondere in den weit überproportional vertretenen älteren Baualtersklassen vor allem von Sozialleistungsbeziehern und Beziehern unterer Einkommen genutzt werden dürften, was wiederum den Nachfragedruck dieser Gruppen auf den speziell für die Konzeptbildung herangezogenen Wohnungsbestand verringert.

122

Prinzipiell zwingen die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept ohnehin nicht zu der von der Klägerin angestellten Grundannahme, die für die Konzeptbildung bzgl. der Einpersonenhaushalte herangezogenen Wohnungen müssten zahlenmäßig mindestens der Anzahl der der alleinstehenden Bezieher existenzsichernder Leistungen entsprechen. Es handelt sich bei diesen beiden Summen um Größen, die zueinander in Beziehung gesetzt für die Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten und in diesem Zusammenhang insbesondere für die Beantwortung der Frage, ob die Nachfrage von Grundsicherungsempfängern für Wohnungen unterhalb der Angemessenheit gedeckt werden kann, keine relevante Aussagekraft haben. Deshalb ist es zu vernachlässigen, dass die auf dieser Annahme fußende Berechnung notwendigerweise ebenfalls zu wesentlichen Teilen auf unbelegten Hypothesen (etwa zur vermeintlich zu vernachlässigenden Anzahl der in Wohnungseigentum lebenden Grundsicherungsempfänger und zur Zahl der Grundsicherungsempfänger in Sozialwohnungen) beruht, die auch durch die Beweisanträge der Klägerin nicht substantiiert werden können (dazu noch unten). Für die Frage, wie viele Mietwohnungen in der Größenklasse „> 45 qm - ≤ 60 qm“ tatsächlich benötigt werden, um die Nachfrage von Grundsicherungsempfängern in Einpersonenhaushalten in diesem Marktsegment zu stillen, sind neben der allgemeinen Marktdynamik (Mieter- oder Vermietermarkt) und dem Nachfragedruck innerhalb der Gruppe der Leistungsberechtigten zahlreiche weitere Faktoren wesentlich, wobei bereits die Größe der nachfragenden Personen wegen der Vielzahl denkbarer Lebenssachverhalte kaum annäherungsweise bestimmt werden kann. Neben den von der Klägerin bereits berücksichtigten Personengruppen (Bewohner von Eigentums- und Sozialwohnungen) fragen auch weitere Personengruppen eine Wohnung im hier maßgeblichen Marktsegment nicht nach (z.B. alleinstehenden Grundsicherungsempfänger, die in Wohngemeinschaften, Wohnheimen oder bei Verwandten leben, über 25-jährige Kinder im Haushalt ihrer Eltern). Dass es auf das von der Klägerin aufgestellte Proportionalitätsverhältnis in dieser Form nicht ankommen kann, zeigt schließlich zugespitzt folgender (rein hypothetischer, in Deutschland sicherlich so nicht vorkommender) Lehrbuchfall: In einem Referenzgebiet leben 80 Prozent aller Einpersonenhaushalte in Eigentumswohnungen. 30 Prozent aller Einpersonenhaushalte beziehen existenzsichernde Leistungen. In diesem Fall wäre es objektiv unmöglich, jedem Bezieher existenzsichernder Leistungen überhaupt eine Mietwohnung gegenüberzustellen, so dass – wollte man der Argumentation der Klägerin folgen – selbst die Mietwohnung mit dem teuersten Quadratmeterpreis noch angemessen sein müsste. Dabei ist gleichzeitig wegen der spezifischen Verhältnisse am Mietwohnungsmarkt denkbar, dass mangels Nachfrage nach Mietwohnraum Mietwohnungen auch zu deutlich günstigeren Konditionen jederzeit anmietbar wären. Auch dieses plakative Beispiel veranschaulicht nochmals, dass die Beantwortung der entscheidenden Frage, ob Bezieher existenzsichernder Leistungen eine flächenmäßig angemessene Wohnung des einfachen Standards am Markt tatsächlich anmieten können, nicht vom zahlenmäßigen Verhältnis von vorhandenen Mietwohnungen dieser Größe und Qualität zur Anzahl der vorhandenen Grundsicherungsempfänger abhängig ist. Denkbare negative Auswirkungen eines Missverhältnisses, das dazu führt, dass tatsächlich kein Wohnraum verfügbar ist, wären im Rahmen der konkreten Angemessenheitsbetrachtung mittelbar zu berücksichtigen. Eine solche Situation liegt nach Überzeugung des Senats im Bereich der Landeshauptstadt Kiel jedoch nicht vor.

123

Folglich hat es auch das Bundessozialgericht nicht beanstandet, dass das Bayerische Landessozialgericht in seiner München-Entscheidung (Urteil vom 11. Juli 2012 – L 16 AS 127/10 – NZS 2013, 73) abstrakt die unteren 20 Prozent des preislichen Segments zur Grundlage seiner Entscheidung über die Angemessenheit gemacht hatte, und dies – ebenfalls abstrakt – mit einer Orientierung an den unteren 20 Prozent der Einkommensbezieher begründet hat (BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R, Rn. 37).

124

Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch den Beweisanträgen der Klägerin nicht nachzugehen brauchen. Sie sind für die Entscheidung des Senats nach den gemachten Ausführungen unerheblich, weil das durch den Senat modifizierte Konzept des Beklagten auch dann seine Schlüssigkeit nicht verlieren würde, wenn die Anzahl der der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zugrunde gelegten Mietwohnungen kleiner wäre als die Anzahl der Bezieher existenzsichernder Leistungen. Alle Beweisanträge sind überdies zu unbestimmt und kommen letztlich Beweisermittlungsanträgen bzw. Ausforschungsbeweisanträgen gleich. Der Beweisantrag verlangt nach einer spezifizierten Bezeichnung der zu beweisenden Tatsachen (BGB, Urteil vom 15. Januar 2004 – I ZR 196/01 – NJW-RR 2004, 1362) und darf grundsätzlich keine Wertungen enthalten. Die Frage aber, wann eine Anzahl von Wohnungen „nur geringfügig größer“ ist als die Anzahl der Leistungsempfänger (Beweisfrage 1), oder wann von einem „vernachlässigbaren Umfang“ von Grundsicherungsempfängern in bestimmten anderen Wohnformen auszugehen ist (Beweisfragen 2 und 3), verlangt nach eigenen (rechtlichen) Wertungen, die dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich sind.

125

Die Klägerin kann die Gewährung höherer Leistungen unter Berücksichtigung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe auch nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II verlangen. Soweit die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie danach als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es dem alleinstehenden Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor.

126

Die sechsmonatige Übergangsfrist war, nachdem die Klägerin von dem Beklagten bereits im November 2007 (mit Schreiben vom 27. November 2007) zur Kostensenkung aufgefordert worden war, im hier streitigen Zeitraum (Dezember 2010 bis Mai 2011) bereits seit längerer Zeit abgelaufen; bereits seit Juni 2008 hatte der Beklagte zugunsten der Klägerin nur noch die vermeintlich angemessenen Unterkunftskosten berücksichtigt.

127

Für die Klägerin ist die Kostensenkung auch nicht unmöglich i.S. dieser Vorschrift gewesen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung geht davon aus, dass die objektive Unmöglichkeit einer Unterkunftsalternative, wenn man auf hinreichend große Vergleichsräume wie vorliegend das gesamte Stadtgebiet einer mittleren Großstadt abstellt, nur in seltenen Ausnahmefällen zu begründen sein wird, zumal es in Deutschland derzeit keine allgemeine Wohnungsnot gibt und allenfalls in einzelnen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum herrscht (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263-274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 36). Derartige besondere Umstände liegen hier nicht vor. Dem Senat ist es vielmehr aus zahlreichen anderen Verfahren bekannt, dass im Gebiet der Landeshauptstadt Kiel Wohnungen unterhalb der Angemessenheitsgrenze tatsächlich zur Verfügung stehen. Die Klägerin hat im Übrigen auch weder geltend gemacht noch qualifiziert dargelegt, dass sie sich erfolglos um die Anmietung kostengünstigeren Wohnraums oder in anderer Weise (z.B. durch Geltendmachung der Unwirksamkeit der Mietstaffel) um die Senkung der Unterkunftskosten bemüht hätte.

128

Auch Hinweise auf eine Unzumutbarkeit der Kostensenkung bestehen nicht. Das BSG hat insoweit insbesondere grundrechtsrelevante Sachverhalte und Härtefälle unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten in Betracht gezogen. Dazu gehört etwa die Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder oder auf Alleinerziehende, die zur Betreuung ihrer Kinder auf eine besondere Infrastruktur angewiesen sind, die bei einem Wohnungswechsel in entferntere Ortsteile möglicherweise verloren ginge und im neuen Wohnumfeld nicht ersetzt werden könnte. Ähnliches kann für behinderte oder pflegebedürftige Menschen bzw. für die sie betreuenden Familienangehörigen gelten, die zur Sicherstellung der Teilhabe behinderter Menschen ebenfalls auf eine besondere wohnungsnahe Infrastruktur angewiesen sind. Derjenige, der insbesondere als alleinstehender erwerbsfähiger Leistungsberechtigter solche oder ähnliche Gründe nicht anführen kann, wird bereits den Tatbestand der subjektiven Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen kaum erfüllen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263-274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 35). Vorliegend sind keine Umstände vorgetragen oder für den Senat sonst ersichtlich geworden, die zugunsten der Klägerin nach diesen Maßgaben die Unzumutbarkeit der Kostensenkung begründen würden.

129

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens und berücksichtigt dabei auch das beklagtenseitig abgegebene Teilanerkenntnis.

130

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sieht der Senat nicht. Namentlich sind die sich im Zusammenhang mit der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze auf Grundlage qualifizierter Mietspiegel stellenden Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt. Ihnen kommt keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu.


Tenor

Auf die Revisionen der Kläger und des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. April 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von dem Beklagten zu übernehmenden Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit von November 2006 bis April 2007.

2

Die Klägerin zu 1 ist die Mutter des 1988 geborenen Klägers zu 2. Beide bezogen seit Anfang 2005 Leistungen nach dem SGB II. Im Juli 2005 schloss die Klägerin zu 1 einen Mietvertrag mit der R GmbH über eine Wohnung in der K-Straße in Duisburg (Mietbeginn und Umzug zum 1.11.2005) mit einer Größe von 77,53 qm, bestehend aus drei Zimmern zuzüglich Küche, Bad und Flur. Die Grundmiete betrug im streitgegenständlichen Zeitraum 364,68 Euro, die Betriebskostenvorauszahlung bis einschließlich November 2006 128,46 Euro und ab Dezember 2006 dann 150 Euro im Monat; die Heizkostenvorauszahlung belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum auf 35,69 Euro monatlich. Nach Information durch die Klägerin zu 1 über den geplanten Umzug im Oktober 2005 erteilte der Beklagte eine Zustimmung zum Umzug ausdrücklich nicht (Schreiben vom 28.10.2005).

3

Bei der Bewilligung der Leistungen für die Zeit vom 1.11.2006 bis zum 30.4.2007 erkannte der Beklagte als angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung für den Monat November 2006 und für Januar bis April 2007 von 189,74 Euro (Klägerin zu 1) bzw 189,75 Euro (Kläger zu 2) sowie für den Monat Dezember 2006 von 193,26 Euro (Klägerin zu 1) bzw 193,27 Euro (Kläger zu 2) an (Bescheide vom 24.10.2006 und 31.1.2007; Widerspruchsbescheid vom 22.2.2007). Dabei ging er unter Berücksichtigung einer qm-Zahl von 60 qm von einer angemessenen Bruttokaltmiete iHv 343,80 Euro aus (Nettokaltmiete iHv 3,94 Euro/qm; Pauschale für Betriebskosten iHv 1,79 Euro/qm).

4

Das SG Duisburg hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, über die bereits gewährten Unterkunftsaufwendungen hinaus weitere Kosten für den Monat November 2006 in Höhe von 10,80 Euro und für die Monate Dezember 2006 bis April 2007 in Höhe von jeweils 19,48 Euro monatlich zu leisten (Urteil des SG vom 28.8.2008). Es hat den von ihm als angemessen angesehenen Wert für die Nettokaltmiete von 4,12 Euro je qm errechnet, indem es den Durchschnittswert aus den unteren Spannenwerten der normalen Wohnlage der Baualtersstufen I bis IV (bis 1984) aus dem Mietspiegel 2005 der Stadt Duisburg gebildet hat. Dabei hat das SG Wohnungen mit einer Bezugsfertigkeit nach 1984 ausgeklammert. Hinsichtlich der Betriebskosten sei die Pauschalierung in Höhe von 1,79 Euro pro qm unter Berücksichtigung des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes nicht zu beanstanden. Für November 2006 sei daher - bezogen auf eine angemessene Wohnungsgröße von 60 qm - eine Gesamtmiete iHv 390,29 Euro (Grundmiete in Höhe von 247,20 Euro, Betriebskostenvorauszahlung iHv 107,40 Euro, Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 35,69 Euro) und ein Mehrbetrag in Höhe von je 10,80 Euro zu übernehmen. Für die Monate Dezember 2006 bis April 2007 ergebe sich unter Berücksichtigung der tatsächlichen, auf 60 qm heruntergerechneten Betriebskostenvorauszahlungen eine Gesamtmiete in Höhe von 398,97 Euro mtl (Grundmiete iHv 247,20 Euro, Heizkostenvorauszahlung iHv 35,69 Euro, Betriebskostenvorauszahlung iHv 116,08 Euro) und ein Mehrbetrag iHv 19,48 Euro.

5

Das LSG Nordrhein-Westfalen hat die Berufungen der Kläger und des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 29.4.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, das SG sei zu Recht von einer angemessenen Wohnungsgröße von 60 qm und dem gesamten Gebiet der Stadt Duisburg als maßgeblichem räumlichen Vergleichsraum ausgegangen. Auch der vom SG für angemessen gehaltene Wert von 4,12 Euro je qm für eine Nettokaltmiete für Wohnungen einfachen Standards im Stadtgebiet Duisburg halte der rechtlichen Überprüfung stand. Als Erkenntnisquelle für den angemessenen Mietpreis pro Quadratmeter kämen insbesondere Mietspiegel bzw Mietdatenbanken (§§ 558c ff BGB) in Betracht. Ein solcher qualifizierter Mietspiegel liege für die Stadt Duisburg vor. Es ergäben sich unter Berücksichtigung der von dem Beklagten vorgelegten Dokumentation des Mietspiegels keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser auf einer unzutreffenden oder unvollständigen Datenerhebung beruhe oder die Datenauswertung nicht den statistischen Anforderungen entspreche. Der Beklagte habe kein eigenständiges schlüssiges Konzept vorgelegt. Das SG habe mit zutreffender Begründung zunächst innerhalb des Mietspiegels nur die Wohnungen berücksichtigt, die bis 1984 bezugsfertig geworden seien. Der Wert des SG stelle sicher, dass keine Beschränkung auf das unterste Segment erfolge und rechtfertige die Annahme, dass ein ausreichend großer Teil von Wohnungen in diesem Segment auch tatsächlich angemietet werden könne. Das gelte insbesondere unter Berücksichtigung der Situation des Wohnungsmarkts in Duisburg, bei dem deutlich mehr als 50 % aller Wohnungen den Baualtersklassen I und II angehörten. Der Wert von 4,12 Euro entspreche in etwa dem Durchschnittswert, wie er sich aus der Mietpreisspanne von Wohnungen in einfacher Wohnlage - mit einem Abschlag von je 5 % - der Baualtersstufe I und Wohnungen der Baualtersstufe II der oberen Preisspanne ergebe (4,10 Euro). Es sei nicht zu beanstanden, dass das SG nicht auf die Durchschnittswerte aller Baualtersklassen, sondern auf die Mindestwerte abgestellt habe. Aus dem Durchschnittswert für die Baualtersklassen I bis IV ergebe sich vorliegend ein Betrag von 4,62 Euro, der sich am obersten Rand der Preisspanne der Wohnungen der Baualtersklasse I und am oberen Rand der Wohnungen der Baualtersklasse II bewegen würde, die zusammen aber deutlich mehr als 50 % aller Wohnungen in Duisburg ausmachten. Die von dem Beklagten vorgelegten Listen über preisgünstigen Wohnraum aus dem Jahr 2005 zeigten, dass zu einem Betrag von 4,12 Euro eine konkrete Wohnung für die Kläger ohne weiteres anzumieten gewesen wäre. Auch die Entscheidung des SG, den Beklagten zur Zahlung weiterer Nebenkosten in ausgeurteilter Höhe zu verpflichten, sei nicht zu beanstanden.

6

Zur Begründung ihrer Revision machen die Kläger geltend, die Annahme des LSG, der vom SG errechnete Mietpreis für einen Zweipersonenhaushalt garantiere, dass in nennenswertem Umfang Wohnungen mit einem im unteren, aber nicht im untersten Marktsegment liegenden Standard aus einem Wohnungssegment angemietet werden könne, das deutlich mehr als 50 % des gesamten Wohnungsbestandes der Stadt Duisburg umfasse, habe keine Grundlage in dem qualifizierten Mietspiegel der Stadt Duisburg. Die Verwendung der untersten Werte der Mietpreisspannen könne auch bei Einbeziehung der neueren Baualtersgruppen der Gebäude bis 1984 nicht für die Ermittlung angemessener Unterkunftskosten geeignet sein. Der Hinweis auf die Abschläge von den Tabellenwerten des Mietspiegels für einfache Wohnlagen überzeuge nicht. Der Duisburger Mietspiegel weise diese nicht gesondert aus, weil es nur sehr wenige in dem kleinen Stadtteil B und Teilbereichen des Stadtteils M sowie rund um den K gebe, die direkt an die Hochöfen der T AG angrenzten. Alle anderen Wohngebiete, geschätzt etwa 80 % der Stadtfläche, befänden sich in normaler Wohnlage, die durch mehr oder weniger modernisierte Altbauten, Zechensiedlungen und den typischen sozialen Wohnungsbau der 60iger und 70iger Jahre geprägt sei. Bei Anwendung des Mietspiegels müssten die Mittelwerte der Mietpreisspanne zur Anwendung kommen, wobei die Berücksichtigung von Gebäuden der Baualtersgruppen I und II bis 1960 in normaler Wohnlage ausreichend sei. Es gebe in Duisburg einen großen Altbaubestand, der in den Baualtersklassen bis 1960 mehr als die Hälfte aller Gebäude beinhalte. Auf der Basis des Mittelwertes des im Klagezeitraum geltenden Mietspiegels 2005 ergäben sich die geltend gemachten Beträge.

7

Die Kläger beantragen,
1. das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.8.2008 sowie das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29.4.2010 abzuändern und den Beklagten unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 24.10.2006 und des Änderungsbescheides vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.2007 zu verurteilen, ihnen über die bereits gewährten Unterkunftskosten hinaus weitere Unterkunftskosten für den Monat November 2006 in Höhe von 46,26 Euro, für Dezember 2006 in Höhe von 60,76 Euro und für Januar bis April 2007 in Höhe von je 67,80 Euro zu gewähren,
2. die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.8.2008 sowie das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29.4.2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen,
2. die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.

9

Der Beklagte rügt eine Verletzung des § 22 Abs 1 SGB II. Diese sei darin zu sehen, dass das LSG unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 17.12.2009 (B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27)die Wohnverhältnisse der Stadt Essen und ihrem Essener Mietspiegel auf die Stadt Duisburg übertrage, ohne darzulegen, ob die Baualtersstruktur der Wohnungen in Essen denjenigen der Stadt Duisburg entspreche. Da der Mietspiegel nur zwischen Wohnungen in "normaler Wohnlage" und "guter Wohnlage" unterscheide, sei von den ermittelten Nettokaltmieten ein Abschlag von 5 % vorzunehmen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revisionen der Beteiligten sind im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG kann der Senat unter Berücksichtigung der generellen rechtlichen Anforderungen bei der Heranziehung von Mietspiegeln im Rahmen eines schlüssigen Konzepts zur Festlegung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten nicht abschließend beurteilen, ob die Kläger in dem streitigen Zeitraum von November 2006 bis April 2007 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II in der geltend gemachten Höhe beanspruchen können.

11

1. a) Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 24.10.2006 und 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.2.2007, wobei nur höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für November 2006 bis April 2007 im Streit sind. Bei diesen Leistungen handelt es sich um eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich ist (vgl mit weiterer Begründung: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; vgl zur Nichtberücksichtigung der Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 ), zumindest für laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte (BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R, RdNr 11 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

12

b) Die Kläger haben hier nicht die Übernahme der Unterkunfts- und Heizkosten in tatsächlicher Höhe beansprucht, sondern begehren höhere Leistungen mit einer zahlenmäßigen Begrenzung ihres Klagebegehrens. Ob ein höherer Anspruch besteht, ist unter Berücksichtigung sämtlicher den Grund und die Höhe beeinflussender Anspruchsvoraussetzungen und Berechnungsfaktoren zu ermitteln, ohne dass eine Prüfung nur beschränkt auf die von den Klägern geltend gemachte Begründung erfolgt, es sei bei der Festlegung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten der (arithmetische) Mittelwert der Baualtersklasse II für Wohnungen bis zu 70 qm in einfacher Wohnlage (4,36 Euro) zugrunde zu legen. Der geltend gemachte Erhöhungsbetrag kann sich daher auch wegen anderer, bei der Ermittlung der Höhe der Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung zu prüfender Faktoren ergeben. Bei der abschließenden Feststellung der Höhe des Anspruchs des Klägers zu 2 ist auch sein bereinigtes Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen, das - nach Aktenlage - zwar seine Regelleistung überstieg, seinen Anspruch auf KdU jedoch nicht gänzlich entfallen ließ.

13

2. Unter Berücksichtigung der nachfolgenden Grundsätze zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf KdU und Heizung sind weitere Feststellungen des LSG erforderlich.

14

Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 21; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20). Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung weiter nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 20; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 15, 17).

15

Soweit die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft die angemessene Referenzmiete überschreiten, sind diese - falls vom Leistungsberechtigten entsprechende sachliche Gründe vorgebracht werden - solange zu berücksichtigen, wie es ihm konkret nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch Anmietung einer als angemessen eingestuften Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 S 2 SGB II aF, der durch die Einführung des neuen Satzes 2 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706 - ohne inhaltliche Änderung zu Satz 3 wurde; vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 29; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 30). Da die angemessene Referenzmiete bereits bei der Ermittlung der abstrakt angemessenen Kosten so festzulegen ist, dass es dem Leistungsberechtigten grundsätzlich möglich ist, im gesamten räumlichen Vergleichsraum eine angemessene Wohnung anzumieten und allenfalls in einzelnen Regionen Deutschlands ein Mangel an ausreichendem Wohnraum besteht, dürfte für den Regelfall davon auszugehen sein, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt (vgl bereits Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 36 sowie RdNr 29 zu möglichen persönlichen Umständen für den begründungspflichtigen Ausnahmefall; siehe auch BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen - für die Ermittlung der abstrakt angemessenen KdU unter Einbeziehung von qualifizierten Mietspiegeln RdNr 30).

16

Der Senat folgt dem LSG bei der Festlegung der angemessenen Wohnungsgröße (3) und des Vergleichsraums (4). Weitere Feststellungen sind jedoch zur abstrakt angemessenen Nettokaltmiete (5), den abstrakt angemessenen Betriebskosten (6) und den Heizkosten (7) erforderlich.

17

3. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass als angemessene Wohnungsgröße eine Wohnfläche von 60 qm zu berücksichtigen ist. Die Bemessung der angemessenen Größe einer Wohnung erfolgt mit Bezug auf die anerkannten Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 19), hier unter Berücksichtigung des im streitigen Zeitraum gültigen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R, juris RdNr 15) Runderlasses des Ministeriums für Städtebau und Wohnen "Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zum Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG)" vom 8.3.2002 in der geänderten Fassung vom 21.9.2006. Dieser Erlass ist auch nach Inkrafttreten des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) weiterhin auf Wohnungen, die seit dem 1.1.2003 nach dem WoFG gefördert worden sind, entsprechend anwendbar, soweit ausdrückliche Regelungen des WoFG nicht entgegenstehen (Ziff 1.11 VV-WoBindG). Ziff 5.7.1 VV-WoBindG bestimmt, dass in der Regel für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen zwei Wohnräume oder 60 qm Wohnfläche iS von § 27 Abs 4 WoFG angemessen sind. Der Senat hat bereits entschieden, dass der Runderlass des Ministers für Bauen und Verkehr "Wohnraumförderbestimmungen (WFB)" vom 3.2.2004 in der geänderten Fassung vom 26.1.2006 nicht berücksichtigt werden kann, weil hierin die Größe der Wohnung lediglich mit der Anzahl der Zimmer verknüpft wird und nur die Anzahl der die Wohnung bewohnenden Personen Maßstab für die Wohnungsgröße ist (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 16).

18

4. Das LSG hat auch zutreffend bei der Bestimmung der angemessenen KdU als maßgeblichen Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Duisburg herangezogen. Entscheidend für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ist es, ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26, RdNr 15). In gleicher Weise wie bei der Stadt Essen, für die der Senat bereits einen homogenen Lebens- und Wohnbereich angenommen hat (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27), liegen die einen Vergleichsraum prägenden Merkmale nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch bezogen auf das Stadtgebiet von Duisburg vor.

19

5. a) Ausgehend von dem gesamten Stadtgebiet Duisburg als räumlichem Vergleichsmaßstab lässt sich der den Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsobergrenze) im streitigen Zeitraum mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend bestimmen.

20

Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard; die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen (BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 20). Nach diesen inhaltlichen Vorgaben soll die Festlegung der Mietobergrenze auf der Grundlage eines deren Einhaltung ermöglichenden schlüssigen Konzepts erfolgen. Dies erfordert nach der Rechtsprechung des Senats, dass die Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum erfolgt (keine "Ghettobildung"), der Beobachtungszeitraum und der Gegenstand der Beobachtung nachvollziehbar dargelegt sind, die Art und Weise der Datenerhebung festgelegt ist, die einbezogenen Daten repräsentativ sind und eine Validität der Datenerhebung angenommen werden kann. Bei der Datenauswertung müssen anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze eingehalten werden und Angaben über die gezogenen Schlüsse erfolgen (vgl zum schlüssigen Konzept im Einzelnen Urteil des Senats vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 18; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 26; vgl auch BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, juris RdNr 7 und BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 25; vgl allgemein zur Verfahrens- und Vertretbarkeitskontrolle auch Berlitt in: info also 2010, 196).

21

b) Dabei hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, wonach es Angelegenheit und Verantwortung des Grundsicherungsträgers ist, bereits im Verwaltungsverfahren ein solches schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten zu entwickeln. Die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung ist dessen Aufgabe und bereits für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Das Gericht hat anhand der von dem Grundsicherungsträger gelieferten Daten bzw der zusätzlich im Rahmen der Amtsermittlungspflicht von ihm angeforderten und zur Verfügung zu stellenden Daten und Unterlagen zu verifizieren, ob die angenommene Mietobergrenze angemessen iS des § 22 Abs 1 SGB II ist(vgl zu diesem Weg Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27). Entscheidet der Grundsicherungsträger - wie hier von dem LSG zu Recht angenommen (siehe hierzu nachfolgend) - ohne schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1 Halbs 2 SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und hat eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 27; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 26; BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25, RdNr 22). Wenn sich nach weiteren Ermittlungen des Grundsicherungsträgers und ggf des SG erweist, dass sich keine hinreichenden Feststellungen zu den angemessenen Unterkunftskosten für den streitigen Zeitraum und den Vergleichsraum mehr treffen lassen, sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden dann wiederum durch die Tabellenwerte zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) bzw nunmehr § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben begrenzt. Wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung ist zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten (vgl § 5 Abs 1 WoGG bzw nunmehr § 9 Abs 1 WoGG) ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bei § 8 WoGG auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" einzubeziehen(BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 27 im Anschluss an BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 23; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26, RdNr 21).

22

c) Das LSG ist hier zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte kein eigenständiges schlüssiges Konzept entwickelt hat, weil die sogenannte "Schürkesliste", bei der es sich um eine Datenbank über freie Wohnungen in allen Größen, verteilt über das Duisburger Stadtgebiet handelt, und die weiteren Erhebungen des Beklagten den Gegenstand der Beobachtung nicht ausreichend eingrenzen und wesentliche Faktoren, wie zB den Wohnungsstandard, nicht ausreichend erfassen. Im Ansatz geht auch der Beklagte von einer Berechnung der angemessenen Nettokaltmiete unter Heranziehung der Daten des Mietspiegels aus, weil der von ihm zugrunde gelegte Wert von 3,94 Euro/qm seinen Ursprung im Mietspiegel für die Stadt Duisburg für das Jahr 1999 hat (Baualtersklasse I , einfache Wohnlage, Wohnungen bis 50 qm mit Heizung, Bad und Isolierverglasung).

23

d) Bei dem nachfolgend von den Vorinstanzen eingeschlagenen Weg, den vom Beklagten festgelegten Wert für die Nettokaltmiete anhand eines qualifizierten Mietspiegels zu verifizieren und abweichend festzulegen, sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass für die Bestimmung der angemessenen Referenzmiete im Rahmen eines schlüssigen Konzepts als eine Möglichkeit auf den Mietspiegel 2005 für die Stadt Duisburg zurückgegriffen werden kann (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, Juris RdNr 16; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27,, RdNr 27; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 15/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; vgl nunmehr auch § 22c Abs 1 SGB II, der ausdrücklich vorsieht, dass zur Ermittlung der angemessenen KdU im Rahmen der neuen Satzungsregelungen ua Mietspiegel und qualifizierte Mietspiegel herangezogen werden können).

24

Bei dem Duisburger Mietspiegel 2005 handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel, der nach § 558d Abs 1 BGB nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeitet und von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist. Da bei der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels die Repräsentativität der Stichprobe durch die Annahme der Chance gleicher Wahrscheinlichkeit der Abbildung der im Detail unbekannten Realität der Grundgesamtheit des Gesamtwohnungsbestandes fingiert wird (Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S 137, 139) und eine umfassende verfahrensrechtliche Absicherung durch die beteiligten Interessengruppen stattfindet, ist die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung auch im Rahmen des schlüssigen Konzepts regelmäßig als ausreichend anzusehen (vgl hierzu bereits Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 28).

25

Zwar sind dem Mietspiegel 2005 der Stadt Duisburg keine gesonderten Werte für einfache Wohnlagen und Wohnungen nur einfachen Standards zu entnehmen, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen. Als Tabellenmietspiegel, bei dem die Struktur des Wohnungsmarktes in typischen Kategorien von Wohnungen beschrieben wird, die durch Kombination von Wohnwertmerkmalen bestimmt und denen die dazu passenden tatsächlich erhobenen Mietdaten zugeordnet werden (Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S 137, 139), berücksichtigt der Duisburger Mietspiegel sechs Baualtersklassen, die jeweils nochmals nur in die beiden Kategorien der normalen und guten Wohnlage aufgeteilt werden. Zusätzlich ist der Wohnbestand in vier Wohnflächengrößenklassen erfasst. Im Mietspiegel selbst werden ausschließlich Wohnungsausstattungen mit Heizung, Bad und Isolierverglasung einbezogen. Diese eingeschränkte Berücksichtigung von Wohnwertmerkmalen macht diesen Mietspiegel aber nicht grundsätzlich ungeeignet zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten. Wenn - wie hier - weiteres Datenmaterial vom Grundsicherungsträger nicht bereit gestellt wird bzw - zB wegen nur geringer Zahl von Wohnungen in einfacher Wohnlage - werden kann, ist vor einem ggf erforderlichem Rückgriff auf die Wohngeldtabelle unter Hinnahme von gewissen möglicherweise begünstigenden Spannbreiten zur Sicherstellung des Existenzminimums des Leistungsberechtigen im Bereich der KdU die Heranziehung der Daten eines qualifizierten Mietspiegels vorrangig zu prüfen.

26

e) Bei einem Herausgreifen nur bestimmter Mietspiegelwerte - wie hier erfolgt - muss allerdings - ggf durch weitere Ermittlungen - abgesichert werden, dass der hinter diesen berücksichtigten Werten stehende tatsächliche Wohnungsbestand im Vergleichraum die Anmietung einer angemessenen Wohnung im gesamten Vergleichsraum ermöglicht. Die Leistungsberechtigten dürfen auch nicht durch die Berücksichtigung nur bestimmter Mietspiegelfelder - de facto - auf bestimmte Bezirke oder Ortsteile mit besonders verdichteter Bebauung beschränkt werden, weil dies neben der tatsächlichen Ausklammerung eines Teils des Vergleichsraums gleichzeitig das Risiko einer Ghettoisierung birgt. Die zusätzliche Prüfung ist gefordert, weil es zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für einen qualifizierten Mietspiegel ausreicht, wenn (nur) ein repräsentativer Rücklauf von Datensätzen (idR 30 Angaben) für die durch die jeweiligen Tabellenfelder beschriebenen Wohnungstypen vorhanden ist (Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 1997, S 223 ff; Börstinghaus, Miethöhe-Handbuch, 2009, Kapitel 6 RdNr 80). Die Besetzung einzelner Tabellenfelder eines Mietspiegels lässt daher zunächst nur die Vermutung zu, dass zum Zeitpunkt der Datenerhebung ein bestimmter Wohnungsmietwert auf dem Gesamtwohnungsmarkt überhaupt vorhanden ist (Gautzsch aaO, S 139) und erlaubt keinen Rückschluss auf seine Häufigkeit. Die einzelnen Mietspiegelfelder mit ihren Mietpreisen pro Quadratmeter haben insofern je nach der Anzahl von Wohnungen, die in diesem Tabellenfeld tatsächlich im Vergleichsraum vertreten sind, eine unterschiedliche Aussagekraft für den Gesamtwohnungsmarkt der mietspiegelrelevanten Wohnungen im Vergleichsraum (vgl hierzu grundlegend: BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 30).

27

f) Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen kann der Senat aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen, ob der von den Vorinstanzen zugrunde gelegte Wert von 4,12 Euro einer angemessenen Nettokaltmiete entspricht.

28

Der Betrag von 4,12 Euro/qm liegt unterhalb des Median (= Wert, der in der Mitte der nach der Höhe geordneten Mietwerte steht) der Wohnungen bis 70 qm ausschließlich der Baualtersklasse I (Wohnungen vor 1948) in normaler Wohnlage von 4,19 Euro/qm. Es kann nicht ohne weitere Ermittlungen davon ausgegangen werden, dass unter Heranziehung gerade nur des rechnerischen Durchschnittswerts aus den untersten Spannenwerten der Wohnungen in normaler Wohnlage der Baualtersklassen I bis IV im gesamten Vergleichsraum angemessener Wohnraum einfachen Standards in ausreichendem Maße vorhanden ist. Zu beachten ist auch, dass in den jeweiligen Mietspiegelfeldern ohne weitere Differenzierungen hinsichtlich der Ausstattungsmerkmale nur Wohnungen mit Heizung, Bad und Isolierverglasung erfasst werden, sodass Rückschlüsse auf einen (durchgängig höheren) Ausstattungsstandard von Wohnungen mit Mietpreisen an den oberen Spannenwerten der jeweiligen Mietspiegelfelder nicht möglich sein dürften. Insofern ist auch zu werten, dass für einzelne höherwertige Ausstattungsmerkmale (überdurchschnittliche Sanitär- und Elektroausstattung) nach den Erläuterungen zum Mietspiegel Zuschläge vorgenommen werden können. Die insofern vorgesehenen Abschläge von den Mietspiegelwerten (ua Wohnungen ohne Heizung, ohne Bad, ohne Warmwasser im Bad) sind bei der Festlegung einer angemessenen Miete außer Betracht zu lassen, weil diese Wohnungen nicht den einfachen, sondern den darunter liegenden untersten Standard widerspiegeln (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 29). Zwar hat das LSG dargelegt, dass der Wert von 4,12 Euro/qm in etwa dem Durchschnittswert entspreche, wie er sich aus der Mietpreisspanne von Wohnungen in einfacher Wohnlage (mit je einem Abschlag von 5%) der Baualtersstufe I und der Baualtersstufe II der oberen Preisspanne der normalen Wohnlagen ergebe. Insofern bezieht das LSG in seine Berechnungen aber Wohnungen in einfacher Wohnlage ein, die in Duisburg nach seinen Feststellungen nur in zahlenmäßig eingeschränktem Umfang zur Verfügung stehen und mangels Häufigkeit auch bei der Mietspiegelerstellung als nicht repräsentativ unberücksichtigt gelassen wurden.

29

Weitere tatsächliche Feststellungen sind auch wegen der vorgenommenen Ausklammerung bestimmter Baualtersklassen erforderlich. Zwar hat das LSG festgestellt, dass mehr als 50 % aller Wohnungen in Duisburg den Baualtersklassen I und II angehören. Unter qualitativen Gesichtspunkten können bestimmte Baualtersklassen aber nur ausgeklammert werden, wenn weitergehende Auswertungen durch den Träger der Grundsicherung erkennen lassen, dass bestimmte Baualtersklassen den einfachen Standard nach Lage, Ausstattung und Bausubstanz nicht mehr nachvollziehbar abbilden, es sich also zB ausschließlich oder schwerpunktmäßig um das höhere oder obere Marktsegment handelt (vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26, RdNr 19; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 28). Insofern sind noch ergänzende Feststellungen des LSG zu den - mit bestimmten Baualtersklassen ggf regelmäßig verbundenen - Standards erforderlich.

30

Zudem birgt die Ausklammerung bestimmter Baualtersklassen grundsätzlich das Risiko, dass die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten doch nicht - wie gefordert - über den gesamten Vergleichsraum, sondern - de facto - nur beschränkt auf bestimmte Stadtteile erfolgt. Bei Heranziehung nur bestimmter Baualterklassen muss daher auch festgestellt werden können, dass diese Baualtersklassen grundsätzlich über alle Stadteile hinweg vorhanden sind (vgl Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 29 mit Einbeziehung nur von Wohnungen bis zur Baualtersklasse 1984 vor dem Hintergrund der Feststellungen des SG, dass Neubauwohnungen bis zu einem Alter von ca 20 Jahren nicht einen einfachen und im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad widerspiegeln, und des LSG, dass qualitativ unterschiedliche Wohnlagen in allen Stadteilen vorhanden sind; vgl auch Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19 RdNr 25, wonach ein Abstellen auf Baualtersklassen nur möglich ist, soweit hieraus oder anderen Erkenntnisquellen auf den Standard von Wohnungen im Vergleichsraum geschlossen werden kann; sa BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 28).

31

g) Zu den hiernach noch geforderten tatsächlichen Feststellungen weist der Senat zunächst darauf hin, dass der Umfang der vorrangig vom Grundsicherungsträger nachzuholenden Ermittlungen bzw Auswertungen zu dem hinter den Tabellenfeldern liegenden Wohnungsbestand von dem - je nach Art des Mietspiegels - unterschiedlichen Datenmaterial, dem ggf "ausgeklammerten" Anteil von Wohnungen des Vergleichsraums (etwa bestimmter Baualtersklassen, Wohnlagen oder Standards) sowie dem gesamten Wohnungsbestand im Vergleichsraum abhängt.

32

Dabei kann zunächst das Datenmaterial herangezogen werden, das der Erstellung des Mietspiegels zugrunde liegt. Wegen der an den qualifizierten Mietspiegel anknüpfenden Rechtsfolgen muss die Erarbeitung des Mietspiegels grundsätzlich dokumentiert werden (BT-Drucks 14/4553, S 57; vgl Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, S 70; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R- SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 31). Mit der vom LSG in Bezug genommenen Dokumentation zum Duisburger Mietspiegel 2007 hat der Beklagte einen auch in diesem Verfahren auswertbaren Erläuterungsbogen übersandt, aus dem sich die Anzahl der knapp 230 000 frei finanzierten Wohnungen in Duisburg nach Miettabellenfeldern ergibt.

33

Bei der Auswertung der Mietspiegeldaten und ggf weiterem Zahlenmaterial kann sich ergeben, dass die Berücksichtigung von gewichteten Mittelwerten der (ggf nach Ausklammerung bestimmter Baualtersklassen, Wohnungsstandards oder Wohnlagen) herangezogenen Tabellenfelder - wegen der damit berücksichtigten tatsächlichen Häufigkeit - sicherstellt, dass ein ausreichender Bestand an den einbezogenen Wohnungen vorhanden und damit angemessener Wohnraum für den Leistungsberechtigten tatsächlich erreichbar ist; wegen der Besonderheiten von Mietspiegeln erfüllt die Bildung eines arithmetischen Mittelwertes die Anforderungen an ein mathematisch-statistisch nachvollziehbares Konzept regelmäßig nicht (vgl BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 32). Insofern lässt sich hier bereits dem vom Beklagten übersandten Erläuterungsbogen entnehmen, dass zB eine nicht nach tatsächlicher Häufigkeit gewichtete Einbeziehung des Mietwertes für Wohnungen der Baualtersklasse IV - in unproblematisch zu berücksichtigender normaler Wohnlage - eine nach dem tatsächlichen Wohnungsbestand im Vergleichsraum nicht gerechtfertigte Erhöhung der Angemessenheitsgrenze bewirken würde. Der Senat hat bereits entschieden, dass als Angemessenheitsgrenze der obere Spannenwert zu berücksichtigen ist, wenn - bei entsprechend vorhandenem Datenmaterial - nur die Wohnungen einfachen Standards zugrunde gelegt werden (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30 RdNr 21; so auch BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R , RdNr 24), die vom Duisburger Mietspiegel aber nicht gesondert erfasst sind.

34

6. Weitere Ermittlungen sind auch zu den angemessenen abstrakten Betriebskosten iS des § 556 BGB erforderlich, die der Beklagte und ihm nachfolgend das SG in die Prüfung der angemessenen Bruttokaltmiete einbezogen haben(vgl zu den Ermittlungsschritten auf der Grundlage der Bruttokaltmiete als Vergleichsbasis: BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33f; vgl aber auch Urteil des Senats vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R, BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30 RdNr 23 zur Nettokaltmiete als Vergleichsbasis; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff).

35

7. Schließlich wird das LSG noch die Höhe der getrennt von den Unterkunftskosten auf ihre Angemessenheit zu prüfenden Heizkosten zu bestimmen haben (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; zuletzt BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 18; keine Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 24). Hier sind die Vorinstanzen offenbar von den tatsächlichen Heizkostenvorauszahlungen ausgegangen, für deren Unangemessenheit keine Anhaltspunkte vorliegen. Dieser Betrag ist aber ggf um die Kosten der Warmwasserbereitung zu bereinigen, wenn die Erwärmung des Wassers wie die Heizung über eine Gasetagenheizung erfolgt (vgl hierzu näher BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5). Hierzu fehlen Feststellungen des LSG.

36

Das LSG wird ggf noch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.