Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Jan. 2017 - L 2 AS 640/14

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2017:0119.L2AS640.14.0A
bei uns veröffentlicht am19.01.2017

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 14. Oktober 2014 sowie der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 26. Oktober 2010 unter Einbeziehung des Bescheids vom 29. Dezember 2014 für Juli bis Oktober 2010 sowie des Bescheids vom 14. Januar 2015 für Mai 2010 werden abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 23,35 EUR für Mai 2010, 130,45 EUR für Juli 2010 und monatlich jeweils 23,35 EUR für August bis Oktober 2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat 5/6 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Höhe der der Klägerin zu gewährenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in der Zeit von Mai bis Oktober 2010. Der Streit ist beschränkt auf die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung.

2

Die 1949 geborene Klägerin wohnt allein in einem Haus in Z ... Sie ist nach einer Erbschaft seit 1996 Eigentümerin des 271 qm großen Hausgrundstücks. Die Wohnfläche beträgt 102,23 qm, die auf vier Zimmer, Küche und Bad entfallen. Das halbunterkellerte Haus wurde um das Jahr 1890 erbaut. Eine Dämmung zum Keller hin besteht nicht. In den Jahren 1992 und 1993 war die Dämmung der Außenwände und des Daches erfolgt. Die Doppel-Holzfenster waren im verfahrensgegenständlichen Zeitraum etwa 40 Jahre alt. Die Beheizung der Räume erfolgt über eine im Jahr 1995 eingebaute zentrale Gasheizung. Auch die Aufbereitung des Warmwassers wird zentral vorgenommen.

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Über Einnahmen – neben den Leistungen nach dem SGB II – verfügte die Klägerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht. Ihr Vermögen beschränkte sich auf das Hausgrundstück. Aufwendungen für Unterkunft und Heizung fielen wie folgt an (Angaben in EUR; Zahlung von 99 EUR Abschlägen auf Wärmeenergieversorgung für 11 Monate mit Abrechnung im Dezember): Tabelle nicht darstellbar - Seit Januar 2005 bezieht die Klägerin Leistungen nach dem SGB II durch den Beklagten beziehungsweise dessen Rechtsvorgänger. In diesem Rahmen erhielt sie Einmalzahlungen für Erhaltungsaufwendungen in den Jahren 2006 in Höhe von 103 EUR (Fenster), 2007 in Höhe von 893,93 EUR (Anschluss neuer Zählerschrank, Reparatur Elektrik – nicht durchgeführt), 2008 in Höhe von 1.012,40 EUR (Heizung, Spülkasten WC), 2011 in Höhe 2.610 EUR (Austausch Therme), 2012 in Höhe von 29,40 EUR (Austausch Untertischspeicher/Warmwasser-Unterboiler) und 2014 in Höhe von 1.442,39 EUR (Reparatur der Heizung).

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Während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II informierte der Beklagte die Klägerin mehrmals – zum Teil in Bescheidtexten, zum Teil in gesonderten Anschreiben – über die seines Erachtens nach unangemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (Änderungsbescheid vom 18. Januar 2006: Betriebskosten: 840 EUR/Jahr, Heizkosten 672 EUR/Jahr; Ablehnungsbescheid vom 23. Januar 2007: Betriebskosten und Heizkosten 1.464 EUR/Jahr; Informationsschreiben vom 3. April 2007: Betriebskosten: 600 EUR/Jahr, Heizkosten 840 EUR/Jahr mit der Möglichkeit des Ausgleichs beider Positionen; Informationsschreiben vom 16. Juli 2008: Betriebskosten: 600 EUR/Jahr, Heizkosten 882 EUR/Jahr mit dem Hinweis, zu den Heizkosten werde eine gesonderte Prüfung erfolgen; Änderungsbescheid vom 19. August 2008: Heizkosten 73,50 EUR/Monat; Informationsschreiben vom 9. April 2009: Betriebskosten: 576 EUR/Jahr, Heizkosten 600 EUR/Jahr mit der Möglichkeit des Ausgleichs beider Positionen, aber nicht des Ausgleichs von zu hohen Schuldzinsen; Bewilligungsbescheid vom 19. Januar 2010: Betriebskosten: 48 EUR/Monat, Heizkosten 50 EUR/Monat, also insgesamt 1.176 EUR/Jahr). Die Möglichkeit der Senkung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch Verkauf des Hausgrundstücks stellte der Beklagte der Klägerin nicht dar.

5

In einem internen Vermerk des Beklagten vom 22. Januar 2007 ist festgehalten: "In Anbetracht des Alters des Hauses kann man davon ausgehen, dass die Heizkosten durch Frau T. nicht zu beeinflussen sind. Ausschlaggebend für die Gewährung der vollen Kosten ist aber, dass diese im Gesamtaufwand wesentlich unter den anerkannten Kosten für eine Mietwohnung für eine Person liegen.". Seit September 2008 senkte der Beklagte die bei der Anspruchsberechnung berücksichtigten Aufwendungen für Heizung ab.

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Am 27. April 2010 teilte der Beklagte der Klägerin mit, seine Verwaltungsrichtlinie zur Feststellung der Leistungen für Unterkunft und Heizung sei durch den B. überarbeitet worden: Im Zuge dessen seien die der Klägerin zu gewährenden Kosten für Unterkunft und Heizung neu zu überprüfen. Hierfür mache sich jedoch eine Datenerhebung erforderlich. Die Klägerin werde aufgefordert, an dieser Erhebung umgehend mitzuwirken. Mit Schreiben vom selben Tag erklärte der Beklagte gegenüber der Klägerin, als angemessen gälten Betriebskosten in Höhe von 49 EUR/Monat sowie Heizkosten in Höhe von 52 EUR/Monat. Bei der Klägerin würden 50 EUR Heizkosten/Monat berücksichtigt und ihr werde empfohlen, ihre monatlichen Kosten ab sofort durch einen sparsamen Verbrauch zu senken.

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Mit Bescheid vom 27. April 2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Monate Mai bis Oktober 2010 in Höhe von jeweils 456,56 EUR im Mai und August 2010 sowie 443 EUR monatlich für Juni, Juli, September und Oktober 2010. Dabei berücksichtigte er neben der Regelleistung Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 97,56 EUR beziehungsweise 84 EUR/Monat. Nach Einreichung von Nachweisen über die Höhe der Wohngebäudeversicherung erhöhte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 10. Mai 2010 die Bewilligungsbeträge auf jeweils 526,41 EUR im Mai und August 2010 sowie 450,20 EUR monatlich für Juni, Juli, September und Oktober 2010. Dabei berücksichtigte er neben der Regelleistung Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 167,41 EUR beziehungsweise 91,20 EUR. Nach Einreichung von Nachweisen über die Höhe der Kosten für den Schornsteinfeger, die Grundsteuer und die Heizungswartung erhöhte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 13. September 2010 für die Monate Juni und August 2010 die Bewilligungsbeträge auf 598,52 EUR im Juni 2010 und 543,59 EUR im August 2010. Dabei berücksichtigte er neben der Regelleistung Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 239,52 EUR beziehungsweise 184,59 EUR. In allen vorgenannten Beträgen für die Kosten der Unterkunft und Heizung sind 57,20 EUR Heizkosten enthalten.

8

Bereits gegen den Bescheid vom 10. Mai 2010 hatte die Klägerin Widerspruch eingelegt: Nach dem Richtpreis des Beklagten für eine 50 qm große Wohnung sei eine Grundmiete von 217,50 EUR angemessen. An die Stelle dieser Grundmiete träten bei Hauseigentümern die Aufwendungen für Zinsen und dauernde Lasten. Solche Aufwendungen habe sie nicht. Nach der Produkttheorie sei es aber möglich, Betriebskosten zu Lasten einer geringen Grundmiete auszugleichen. Zudem seien Heizkosten lediglich dann nicht erstattungsfähig, wenn sie bei sachgerechter und wirtschaftlicher Beheizung der Höhe nach nicht erforderlich erscheinen würden. Das setze eine konkrete Prüfung im Einzelfall voraus, die der Beklagte nicht vorgenommen habe. Vielmehr habe er ohne konkrete Prüfung eine typisierte Kürzung aufgrund einer verwaltungsrechtlichen Pauschale vorgenommen. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2010 zurück: Zwar seien nach seiner seit dem 1. April 2010 geltenden Verwaltungsrichtlinie 217,50 EUR Schuldzinsen, 0,98 EUR /qm Betriebskosten und 1,04 EUR/qm Heizkosten, mithin insgesamt 318,50 EUR für einen Ein-Personen-Haushalt und 50 qm Wohnfläche angemessen. Den Heizkostenbetrag habe er wegen der nicht isolierten Fenster um monatlich 5,20 EUR erhöht. Eine weitere Erhöhung der Betriebs- und Heizkosten unter Einbeziehung des vorgesehenen Schuldzinsanteils sei aber nicht möglich und in der Verwaltungsrichtlinie auch nicht vorgesehen.

9

Am 26. November 2010 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Halle erhoben und zur Klagebegründung zunächst darauf verwiesen, dass ihre hohen Heizkosten auf der fehlenden Isolierung der Fenster beruhten. Weiter hat sie erklärt, eine ordnungsgemäße Kostensenkungsaufforderung sei nie erfolgt. Der Beklagte hat mitgeteilt, mehrmals deutlich gemacht zu haben, dass er die tatsächlichen Heizkosten der Klägerin für unangemessen halte und eine formelle Kostensenkungsaufforderung daher nicht erforderlich sei.

10

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Halle am 5. Februar 2014 hat die Klägerin erklärt, es gehe ihr nur um die Kosten der Unterkunft und Heizung. Der Beklagte hat erklärt, er werde der Klägerin monatlich weitere 11,97 EUR gewähren. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen. Ein weiteres Teilanerkenntnis über die Gewährung um 15,89 EUR höherer Leistungen im Mai 2010 (Grundsteuer) hat die Klägerin am 15. Mai 2014 angenommen.

11

Mit Urteil vom 14. Oktober 2014 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen: Mit Ausnahme der Heizkosten habe der Beklagte alle Aufwendungen der Klägerin für ihr Eigenheim anerkannt. Zu höheren Leistungen wegen der Heizkosten sei der Beklagte nicht zu verurteilen. Die den monatlichen Betrag von 69,17 EUR übersteigenden Heizkosten seien unangemessen. Zwar sei bei der Klägerin eine Einzelfallbetrachtung geboten. Die Abschläge von monatlich 99 EUR indizierten aber unangemessene Heizkosten, was die Klägerin nicht habe widerlegen können. Ausreichend sei eine Wohnfläche von 50 qm. Bei Heranziehung des 2010 veröffentlichen Heizspiegels des B. aus dem Jahr 2009 ergebe sich ein Höchstwert von 16,60 qm. Multipliziert mit 50 qm errechne sich ein Jahreswert von 830 EUR, was einem Monatsbetrag von 69,17 EUR entspreche. Die darüber hinausgehenden Kosten seien unangemessen. Die Klägerin habe keine personenbezogenen Gründe für höhere Heizkosten angegeben, sondern nur bauliche Gründe benannt. Solche Gründe seien aber bereits dadurch berücksichtigt, dass auf den Wert für "extrem hohe Heizkosten" nach dem Heizspiegel abgestellt werde. Die tatsächlichen Heizkosten seien auch nicht für eine Übergangszeit von sechs Monaten zu übernehmen. Es könne zunächst offen gelassen werden, ob der Klägerin eine Senkung der Heizkosten möglich oder zumutbar gewesen sei. Sie sei bereits mit Schreiben vom 9. April 2009 auf die Unangemessenheit ihrer Heizkosten hingewiesen worden. Damit sei die Sechs-Monats-Frist im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bereits abgelaufen. Im Übrigen habe die Klägerin zu ihren Kostensenkungsmaßnahmen allein ausgeführt, sich um sparsames Heizen bemüht zu haben. Einen Wohnungswechsel habe sie nicht in Betracht gezogen. Dieser sei ihr in Anbetracht der deutlich überhöhten Heizkosten aber zumutbar gewesen. Das gelte auch bei einem Renteneintritt der Klägerin im Jahr 2015. Insgesamt habe sie im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 415,02 EUR Heizkosten und 881,01 EUR Kosten für die Unterkunft erhalten. Das entspreche einem Monatsbetrag von 216,01 EUR. Für vier Jahre belaufe sich der Gesamtbetrag auf 10.368,48 EUR. Demgegenüber hätte der Beklagte bei einem Umzug in eine Mietwohnung nach dem Wohngeldgesetz (zuzüglich Sicherheitszuschlag) monatlich 338,80 EUR Unterkunftskosten und 69,17 EUR Heizkosten übernehmen müssen. Das seien insgesamt 19.582,56 EUR. Hinzuzurechnen seien die Umzugskosten für einen – aufgrund der Kürzung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in der Leistungsberechnung – erforderlichen Umzug. Diesen Kosten stünden zunächst die Vier-Jahres-Kosten bei Beibehaltung der Unterkunft von 10.368,48 EUR gegenüber. Hinzuzuaddieren seien die im Jahr 2011 gewährten 2.610 EUR für den Austausch der Therme. Zwar ergäbe sich dann noch immer eine Differenz von 6.604,08 EUR. Aber die Kammer sei überzeugt, dass die Klägerin prognostisch in dem Vier-Jahres-Zeitraum ab 2010 das Einfamilienhaus jedenfalls zu einem Preis (mehr als 16.500 EUR) habe verwerten können, der derart erheblich über diesem Differenzbetrag liege, dass auch unter Berücksichtigung der Vermögensfreibeträge ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II entfiele. Damit koste der Umzug der Klägerin im Ergebnis den Beklagten und den Steuerzahler weniger als ein Verbleib der Klägerin in der Unterkunft unter Berücksichtigung der vollen Aufwendungen.

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Die Berufung gegen sein Urteil hat das Sozialgericht Halle zugelassen.

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Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 26. November 2014 zugestellte Urteil haben diese für die Klägerin am 18. Dezember 2014 Berufung eingelegt. Mit Bescheiden vom 29. Dezember 2014 und 14. Januar 2015 hat der Beklagte die beiden erstinstanzlich abgegebenen und angenommenen Teilanerkenntnisse umgesetzt. Er hat im Ergebnis Leistungen wie folgt bewilligt: Mai 2010 (Bescheid vom 14. Januar 2015): 554,27 EUR (126,10 EUR Kosten für Unterkunft und 69,17 EUR Kosten für Heizung), Juni 2010 (Bescheid vom 29. Dezember 2014): 610,49 EUR (182,32 EUR Kosten für Unterkunft und 69,17 EUR Kosten für Heizung), Juli 2010 (Bescheid vom 29. Dezember 2014): 462,17 EUR (34 EUR Kosten für Unterkunft und 69,17 EUR Kosten für Heizung), August 2010 (Bescheid vom 29. Dezember 2014): 555,56 EUR (127,39 EUR Kosten für Unterkunft und 69,17 EUR Kosten für Heizung), September und Oktober 2010 (Bescheid vom 29. Dezember 2014): 462,17 EUR (34 EUR Kosten für Unterkunft und 69,17 EUR Kosten für Heizung).

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Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 9. September 2016 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

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Die Klägerin ist der Ansicht, für eine umzugsbezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung sei nicht maßgeblich, ob und in welchem Zeitraum das selbstgenutzte Wohneigentum nach einem fiktiven Umzug verwertet werden könne. Es komme allein auf die Kosten vor und nach einem Umzug an. Außerdem sei das Haus nicht verwertbar.

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Die Klägerin beantragt sinngemäß,

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das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 14. Oktober 2014 aufzuheben sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 26. Oktober 2010 unter Einbeziehung des Bescheids vom 29. Dezember 2014 für Juni bis Oktober 2010 sowie des Bescheids vom 14. Januar 2015 für Mai 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für Mai bis Oktober 2010 Bedarfe für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Der Beklagte ist der Ansicht, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum möglichen Ausgleich unangemessen hoher Heizkosten mit niedrigen Aufwendungen für die Unterkunft gelte nur für Mietwohnungen und lasse sich nicht auf Wohneigentum übertragen. Es komme auf die durch ihn zu berücksichtigenden Unterkunftskosten nach einem Umzug an. Diese seien niedriger, weil das Hausgrundstück nach einem Umzug nicht mehr geschützt sei und das Vermögen der Klägerin dazu führe, dass ihr keine Leistungen nach dem SGB II zu gewähren seien.

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Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten ergänzend verwiesen. Entscheidungsgründe:

Entscheidungsgründe

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Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Berufung ist zulässig. Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

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Die Berufung ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat in den Monaten Mai 2010 und Juli bis Oktober 2010 Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II in Form von Leistungen für Unterkunft und Heizung als bislang durch den Beklagten bewilligt. Denn in die Leistungsberechnung sind die vollen monatlichen Abschläge für die Heizkosten, abzüglich eines Kostenabzugs für die zentrale Aufbereitung des Warmwassers, einzustellen. Insoweit sind angegriffenen Entscheidungen teilweise rechtswidrig, verletzen die Klägerin in ihren Rechten und waren höhere Leistungen nach dem SGB II zuzusprechen.

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Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist noch der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 26. Oktober 2010 unter Einbeziehung des Bescheids vom 29. Dezember 2014 für Juni bis Oktober 2010 sowie des Bescheids vom 14. Januar 2015 für Mai 2010. Mit diesen Bescheiden hat der Beklagte seine Teilanerkenntnisse umgesetzt. Sie sind gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Da die Bescheide vom 29. Dezember 2014 und 14. Januar 2015 in den vorgenannten Monaten im Vergleich zu den vorangegangenen Bescheiden vom 27. April 2010, 10. Mai 2010 sowie 13. September 2010 die höchsten Leistungen bewilligen, haben sich die Bescheide aus dem Jahr 2010 gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) erledigt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. August 2015 - B 14 AS 13/14 R - juris, Rn. 8). Die Klägerin hat zudem den Streitgegenstand bereits im erstinstanzlichen Verfahren zulässig auf die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt (vgl. zur Abtrennbarkeit des auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung bezogenen Verfügungssatzes: BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - juris, Rn. 19 f.; Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 48/08 R - juris, Rn. 11). Hingegen kommt eine weitere Disposition der Beteiligten über den Streitgegenstand – hier als Begrenzung auf die Leistungen für Heizung – nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - juris, Rn. 13).

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Die Beschränkung des Streitgegenstands auf abtrennbare Verfügungssätze der angefochtenen Bescheide des Beklagten führt indes nicht zu einer Beschränkung der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 70/08 R - juris; Rn. 11). Es bleibt also weiter zu prüfen, ob die Klägerin überhaupt leistungsberechtigt, insbesondere hilfebedürftig ist. Das ist hier der Fall.

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Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung erhielten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige).

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Die 1949 geborene Klägerin hatte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum das Lebensalter von 65 Jahren und drei Monaten noch nicht vollendet. Sie war erwerbsfähig und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Mithin erfüllte sie die Voraussetzungen der § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II.

28

Die Klägerin war auch hilfebedürftig. Hilfebedürftig ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

29

Im Fall der Klägerin steht eigenes Vermögen der Hilfebedürftigkeit nicht entgegen. Seine Berücksichtigung ist zwar nicht nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II, aber nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II ausgeschlossen.

30

Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung.

31

Nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit auf die Größe des Hausgrundstücks ("Hausgrundstück von angemessener Größe"; vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 14 AS 90/12 R - juris, Rn. 24, 28). Das Grundstück selbst ist mit 271 qm nicht unangemessen groß. Denn Grundstücksgrößen bis zu 500 qm werden schon im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt. Weil aber neben der Größe des Grundstücks die Größe des Hauses selbst – im Sinne der bewohnbaren Fläche – in die Betrachtung des Vermögensschutzes nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II einzubeziehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R - juris), unterfällt die durch die Klägerin genutzte Immobilie nicht § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II.

32

Zunächst maßgeblich ist im Fall der alleinstehenden Klägerin der Wohnflächengrenzwert von 130 qm, verringert wegen der Anzahl der Bewohner auf 90 qm (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 14 AS 90/12 R - juris, Rn. 32). Dieser Grenzwert kann jedoch nicht als quasi normative Größen herangezogen werden. Es muss Entscheidungsraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen im Einzelfall bestehen bleiben (st. Rspr. des BSG, vgl. zuletzt: Urteil vom 18. September 2014 - B 14 AS 58/13 R - juris, Rn. 19). Die angenommenen Werte orientieren sich am "Durchschnittsfall" und können eine Anpassung nach oben, aber auch nach unten erfordern (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 2/05 R - juris, Rn. 22).

33

Anders als § 90 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - führt § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II keine wertbildenden Faktoren auf. Das Bundessozialgericht hat die nach § 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II für die Angemessenheit maßgeblichen Lebensumstände während des Bezugs von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende als Korrekturmöglichkeit zu einer allein auf die Größe reduzierten Angemessenheitsprüfung anerkannt (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 2/05 R - juris, Rn. 15). Im Rahmen des § 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II ist die Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine Harmonisierung der Vermögensschutzvorschriften im SGB II und im SGB XII zu beachten. Daher scheidet die generelle Annahme eines Gleichlaufs der Angemessenheitsbegriffs von selbst genutzten Immobilien im Rahmen des SGB II auf der einen und nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII auf der anderen Seite aus (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 14 AS 90/12 R - juris, Rn. 44).

34

Im Ergebnis kann es aber erforderlich sein, eine Überschreitung des abstrakt angemessenen Wohnflächengrenzwerts aus § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II über § 12 Abs. 3 Nr. 6 Alt. 2 SGB II zuzulassen. Nach dieser Vorschrift sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII eine Orientierung bieten (so BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 14 AS 90/12 R - juris, Rn. 49). Dies gilt jedenfalls, wenn – wie bei der Klägerin – keine Änderung der Lebensumstände bis zum Eintritt in das Rentenalter zu erwarten sind und das selbst genutzte Wohneigentum dem (aufstockenden) Bezug von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII nicht entgegenstünde.

35

Nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bestimmt sich die Angemessenheit nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes. Jedes Einzelkriterium kann dabei durch ein anderes oder mehrere andere aufgewogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 2015 - B 8 SO 12/14 R - juris, Rn. 16).

36

Für das Hausgrundstück der Klägerin ist dazu festzustellen, dass das Grundstück selbst nur etwa halb so groß ist, wie dies im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt wird. Es verfügt weder über eine Garage noch über einen Stellplatz. Angesichts der Grundstücksfläche ist auch zweifelhaft, ob entweder tatsächlich oder unter Einhaltung von baurechtlichen Abstandsflächen eine Errichtung möglich ist. Das Haus hat keinen Balkon, keine Loggia, keine Terrasse und keinen Wintergarten. Die Heizungsanlage war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 15 Jahre alt. Die Fenster sind nicht isoliert.

37

Die Gesamtbewertung aller dieser Umstände führen zu der Schlussfolgerung, dass das Haus der Klägerin dem Schutz des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII unterfiele. Weil im konkreten Fall die modifizierte Übertragung des Vermögensschutzes nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII auf eine vergleichbare Fallkonstellation im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt 2 SGB II (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 14 AS 90/12 R - juris, Rn. 54) zu keiner abweichenden Bewertung führt, ist das selbst genutzte Wohneigentum der Klägerin gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II nicht als Vermögen zu berücksichtigen.

38

Der wegen bestehender Hilfebedürftigkeit durch den Beklagten zu sichernde Lebensunterhalt der Klägerin im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II wird bestimmt durch den Umfang des Arbeitslosengeldes II. Gemäß § 19 Satz 1 SGB II in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.

39

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung wurden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen waren. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang überstiegen, waren sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten war, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

40

Die Klägerin hatte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Aufwendungen für Unterkunft wie folgt (Angaben in EUR): - Tabelle nicht darstellbar - Sie schuldete dem Wärmeenergieversorger Vorauszahlungen für die Wärmelieferung in Höhe von monatlich 99 EUR. In diesen Vorauszahlungen waren die Kosten für die Erwärmung des Warmwassers enthalten. Sie sind als von der Regelleistung umfasst abzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/0AS 15/07 R - juris, Rn. 21) und betrugen im Jahr 2010 6,48 EUR für einen alleinstehenden Hilfebedürftigen. Damit ergeben sich folgende Aufwendungen für Heizung (Angaben in EUR): - Tabelle nicht darstellbar - Die Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ist grundsätzlich getrennt auf die Unterkunftskosten einerseits und die gesondert zu betrachtenden Heizkosten andererseits vorzunehmen (vgl. Lauterbach, Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung im SGB II, Rn. 58).

41

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind die Heizkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für Heizungen zu erstatten, soweit diese angemessen sind. Auszugehen ist davon, dass Heizkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen lediglich dann nicht erstattungsfähig sind, wenn sie bei sachgerechter und wirtschaftlicher Beheizung als der Höhe nach nicht erforderlich erscheinen. Dies setzt zunächst eine abstrakte Festlegung angemessener Heizkosten und dann eine konkrete Prüfung im Einzelfall voraus.

42

Die Beträge von monatlich 92,52 EUR, die den Aufwendungen für Heizung zuzuordnen sind, sind mit den Grenzwerten des kommunalen Heizspiegels abzugleichen (vgl. zum Vorrang des kommunalen Heizspiegels vor dem bundesweiten Heizspiegel: BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 33/08 R - juris, Rn. 32; Urteil vom 16. April 2013 - B 14 AS 28/12 R - juris, Rn. 43; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, Rn. 34). Vorliegend kann auf einen solchen "kommunalen" Heizspiegel (B. 2009) zurückgegriffen werden.

43

Ausgangsgrundlage für die Ermittlung – abstrakt – unangemessen hoher Heizkosten ist das Produkt aus dem Wert des kommunalen Heizspiegels, der auf "extrem hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet (rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche nach den Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Abs. 1 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) beziehungsweise § 5 Abs. 2 Wohnungsbindungsgesetz a.F. (WoBindG) ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 33/08 R - juris, Rn. 32). Der Wert aus dem Heizspiegel des B. für 2009, eine Wohnfläche von 100 bis 250 qm, die Versorgung mit Fernwärme und "zu hohe" Kosten beläuft sich auf 19,80 EUR. Die angemessene Wohnfläche für alleinstehende Hilfebedürftige in Sachsen-Anhalt beträgt 50 qm (Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsbaus in Sachsen-Anhalt, RdErl. des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen (MRS) vom 23. Februar 1993, MBl. Sachsen-Anhalt Nr. 27/1993, S. 1285 sowie RdErl. des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr (MWV) vom 10. März 1995, MBl. für Sachsen-Anhalt Nr. 31/1995, S. 1133). Das Produkt von 19,80 EUR und 50 qm sind 990 EUR; aufgeteilt auf 12 Monate ergeben sich 82,50 EUR. Diesen Betrag überschreiten die Heizkosten der Klägerin um monatlich 10,02 EUR.

44

Das Überschreiten der oberen Grenzwerte eines kommunalen Heizspiegels kann aber lediglich als Indiz für die fehlende Erforderlichkeit angesehen werden (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 70/08 R - juris, Rn. 19). Dabei ist eine Beschränkung auf personenbezogene Ursachen nicht vorgesehen (vgl. BSG, a.a.O.: Hierzu gehören z.B. die besonderen klimatischen Bedingungen des Wohnortes). Denn zwar trägt der Rückgriff auf Heizspiegelwerte für "extrem hohe" Heizkosten (ungünstigste Verbrauchskategorie) bereits dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die im Einzelfall entstehenden Heizkosten von Faktoren abhängen, die dem Einfluss des Hilfesuchenden weitgehend entzogen sind (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - juris, Rn. 23). Es mag auch sein, dass diese Argumentation dafür spräche, externe (Umgebung und Lage der Unterkunft, Ausstattung der Unterkunft) Besonderheiten bei der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze außer Acht zu lassen. Das bedeutet aber nicht, dass solche Gesichtspunkte gänzlich außer Betracht bleiben müssen. Denn nur der ungünstige energetische Standard einer Unterkunft ist für sich genommen kein Grund im Einzelfall, der der den Träger der Grundsicherung zur dauerhaften Übernahme von hohen Heizkosten als "angemessene" Aufwendungen verpflichtet (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, Rn. 27). Er verschließt dem Hilfebedürftigen aber nicht jede Berufung auf die konkrete Angemessenheit seiner Heizkosten.

45

Vorliegend hat die Klägerin bis auf den ungünstigen energetischen Standard allerdings keine konkreten Umstände vorgetragen, die die Höhe ihrer Heizkosten als konkret angemessen erscheinen lassen. Vielmehr steht die Höhe der Heizkosten zur Überzeugung des Senats im Zusammenhang mit der Größe der bewohnten Unterkunft von 102,23 qm.

46

Dennoch folgt im Fall der Klägerin aus der Unangemessenheit der Heizkosten keine Obliegenheit zur Kostensenkung. Eine Beschränkung der Übernahme der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung kommt nämlich nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

47

Vorliegend hat der Beklagte der Klägerin an Kostensenkungsmaßnahmen lediglich die Möglichkeit aufgezeigt, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch einen "sparsamen Verbrauch" zu senken. Solche Verbrauchssenkungsmaßnahmen waren durch die Klägerin auch durchgeführt worden (Abrechnungszeitraum 24. November 2005 – 21. November 2006: 17.582 kwH; 22. November 2006 – 22. November 2007: 12.243 kwH; 21. November 2007 – 19. November 2008: 15.278 kwH; 20. November 2008 – 16. November 2009: 16.150 kwH). Weitere Kostensenkungen sind nach Ansicht des Senats aufgrund des energetischen Standards der Unterkunft nicht dauerhaft zu erreichen.

48

Als Kostensenkungsmaßnahme kommt angesichts des baulichen Zuschnitts der Unterkunft eine Untervermietung nicht in Betracht. Möglich bliebe allein eine Kostensenkung durch Umzug. Diese obliegt der Klägerin aber nicht.

49

Der im Verwaltungsverfahren und Klageverfahren vor dem Sozialgericht Halle durch den Beklagten vertretenen Ansicht, ein Ausgleich zwischen "zu hohen" Aufwendungen für Heizung komme bei Bewohnern selbstgenutzten Wohneigentums nur durch tatsächlich anfallende Kostenpositionen auf der Seite der Zinsen/Lasten und Betriebskosten in Betracht, schließt sich der Senat nicht an.

50

Anders als der Beklagte kann der Senat bereits nicht erkennen, dass sich die Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 12. Juni 2013 (B 14 AS 60/12 R) nur auf Mietwohnungen beziehen. Diese Schlussfolgerung setzt nämlich voraus, dass Leitbild in § 22 SGB II die bewohnte Mietwohnung ist und den Aufwendungen für Unterkunft als gegenüber den Heizkosten abzugrenzende Kostenposition diejenige der "Bruttokaltmiete" ist. Das ist indes nicht der Fall. Vielmehr ist die Bruttokaltmiete die allgemeine Bezeichnung für den "Bedarf für Unterkunft" bei Mietern, ohne dass dies die Berücksichtigung weiterer unterkunftsbezogener Aufwendungen (z.B.: Gebühr für Kabelfernsehen; Stellplatzmiete für ein Kraftfahrzeug) ausschließt. Wie § 22 Abs. 2 SGB II in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung zeigt, umfassen die Bedarfe für Unterkunft bei selbst bewohntem Wohneigentum auch unabweisbare Aufwendungen für die Instandhaltung und Reparatur. Das sind Kostenpositionen, die bei Mietern von Wohnungen regelmäßig nicht anfallen beziehungsweise durch den Vermieter zu übernehmen sind. Die "Bedarfe für Unterkunft" sind mithin grundsätzlich negativ in Abgrenzung zu den "Bedarfen für Heizung" zu bestimmen: Alles, was nicht die Aufwendungen für Heizung betrifft, kann Aufwendung für Unterkunft sein, sofern die Berücksichtigung grundsicherungsrechtlichen Maßstäben entspricht (vgl. zu Tilgungsleistungen: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 49/14 R - juris; zur Garage: BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, Rn. 35).

51

Daher ist ein Ausgleich von "angemessenen Unterkunftskosten" mit "unangemessenen Heizkosten" möglich. Das gilt auch, wenn – wie hier – ein Teil möglicher Aufwendungen für Unterkunft gar nicht anfällt. Denn dem rechnerischen Ausgleich von "wenig" mit "zu viel" ist immanent, dass bei der Position "wenig" tatsächlich geringere Kosten anfallen. Die Ursache hierfür (z.B. sparsames Verbrauchsverhalten, verzögerte Abforderung durch den Versorger, tatsächlich nicht anfallende Aufwendungen; vgl. zur Instandhaltungsrücklage: BSG, Urteil vom 22. August 2012 - B 14 AS 1/12 R - juris, Rn. 22), ist ohne Belang. Denn bei der fehlenden Obliegenheit zu einem Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme geht es nur darum, ob in einer alternativ zu beziehenden Unterkunft insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, Rn. 30). Solche höheren Kosten sind nicht entweder diejenigen für Unterkunft oder diejenigen für Heizung. Vielmehr geht es bei der Kostensenkungsobliegenheit um eine Gesamtbetrachtung. Diesen Gedanken hat zwischenzeitlich auch der Gesetzgeber für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen aufgegriffen. Nach § 22 Abs. 10 SGB II in der ab dem 1. August 2016 geltenden Fassung ist nämlich zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig.

52

Im Übrigen entspricht eine einheitliche Betrachtung der Kostenlage vor und nach einem Umzug bei Hilfebedürftigen, die Wohneigentum selbst bewohnen und Mietern der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten ist (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 42/13 R - juris, Rn. 16).

53

Für den Nachweis, dass Wohnungen unter den Ist-Gesamtkosten zur Verfügung stehen, trifft den Beklagten die materielle Beweislast (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, Rn. 30). Weil ein solcher Nachweis nicht geführt werden kann, trifft die Klägerin keine Kostensenkungsobliegenheit und die vollen Heizkosten sind bei der Ermittlung des Leistungsanspruchs sind zu berücksichtigen.

54

Im Fall der Klägerin übersteigen die Gesamtaufwendungen für Unterkunft und Heizung vor einem Umzug nicht die nach einem Umzug zu übernehmenden Aufwendungen. Diese Aufwendungen (als Vergleichskosten) bestimmen sich nach den Beträgen, die der Beklagte nach einem Wohnungswechsel als angemessen zu zahlen hätte (vgl. zur Nichtanwendbarkeit der Werte des Heizspiegels bei der Gesamtbetrachtung: BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, Rn. 32). Selbst nach den Richtlinien des Beklagten betragen die im Geschäftsbereich Z. angemessenen Aufwendungen für Unterkunft monatlich 266,50 EUR. Zuzüglich der von dem Beklagten für abstrakt angemessen erachteten Heizkosten von 1,04 EUR/qm ergeben sich bei 50 qm angemessener Wohnfläche 52 EUR Heizkosten, mithin insgesamt 318,50 EUR monatlich. Aufwendungen in dieser Höhe hatte die Klägerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht.

55

Weitere Ermittlungen zu möglicherweise unter den Werten der Richtlinie des Beklagten liegenden Beträgen für angemessene Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind entbehrlich. Es ist gerichtsbekannt, dass der Beklagte für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum weder ein sogenanntes Schlüssiges Konzept entwickelt hat, noch entsprechende Datengrundlagen erhoben worden sind. Davon ist auch für den konkreten Fall der Klägerin auszugehen. Denn wie das Schreiben des Beklagten 27. April 2010 zur beabsichtigten Datenerhebung im Zuge der Überarbeitung seiner Richtlinie zeigt, sollte die Datenerhebung erst erfolgen. Grundlage der Verwaltungsrichtlinie des Beklagten zur "Feststellung der Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II im B. vom 01.06.2012" ist der Bericht der ANALYSE & KONZEPTE Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien und Tourismus mbH mit Mietwerterhebungen aus dem Jahr 2011. Auch diese scheiden als Datengrundlage für die Bestimmung angemessener Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum aus.

56

Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Halle ist in den Mehrkostenvergleich im Fall der Klägerin nicht die Kostensenkung durch Umzug auch nicht deswegen einzustellen, weil nach einem Umzug bislang selbst genutztes Wohneigentum "frei" werden, damit nicht mehr dem Vermögensschutz unterfallen und einen Leistungsanspruch der Klägerin auf unbestimmte Zeit entfallen lassen würde. Diese Ansicht verkennt die – wenn auch begrenzten – Wirkungen des Vermögensschutzes aus § 12 SGB II auf die Angemessenheit der Aufwendungen im Rahmen des § 22 SGB II. Solange eine Unterkunft nach § 12 Abs. 3 SGB II als Vermögen nicht zu berücksichtigen oder nach § 12 Abs. 1 SGB II nicht verwertbar ist, ist das geschützte Vermögen wegen seines Schutzes so zu behandeln, als sei es nicht vorhanden.

57

Wegen der Leistungsansprüche ergibt sich folgende Berechnung (Angaben in EUR): - Tabelle nicht darstellbar - Die Überzahlung im Juni 2010 sowie der erhöhte Anspruch um Juli 2010 ergeben sich aus der Fälligkeit der Wartungskosten für die Heizung im Juli 2010. Weil die Klägerin im Juni 2010 keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung hat, als durch den Beklagten mit Bescheid vom 29. Dezember 2014 bewilligt, kommt eine Nachzahlung für diesen Monat nicht in Betracht.

58

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

59

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Möglichkeit einer Gesamtbetrachtung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ist seit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 12. Juni 2013 (B 14 AS 60/12 R) für die fehlende Obliegenheit zur Kostensenkung und seit dem 1. August 2016 durch § 22 Abs. 10 SGB II für die Gesamtangemessenheitsgrenze geklärt.


Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Jan. 2017 - L 2 AS 640/14

Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Jan. 2017 - L 2 AS 640/14

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Jan. 2017 - L 2 AS 640/14 zitiert 16 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7 Leistungsberechtigte


(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 9 Hilfebedürftigkeit


(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer So

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen


(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind1.angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bür

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 19 Bürgergeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Bürgergeld. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 90 Einzusetzendes Vermögen


(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. (2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung1.eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage od

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 39 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Gesetz über die soziale Wohnraumförderung


Wohnraumförderungsgesetz - WoFG

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(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. September 2013 - L 2 AS 336/10 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe von Leistungen für die Unterkunft und Heizung im Rahmen einer vorläufigen Bewilligung vom 1.2. bis zum 31.7.2007.

2

Der Kläger ist Selbstständiger, lebt seit dem Auszug seiner damaligen Ehefrau aus dem gemeinsamen Haus im November 2005 allein und bezieht seit Januar 2006 Arbeitslosengeld II (Alg II). Nachdem der Rechtsanwalt der Ehefrau zunächst eine Nutzungsentschädigung von 365 Euro pro Monat für das Haus gefordert hatte, kam es nachfolgend zu einer Übereinkunft des Klägers und der Ehefrau über eine monatliche Zahlung von 234 Euro. Auf seinen Fortzahlungsantrag bewilligte ihm das beklagte Jobcenter vom 1.2. bis 31.7.2007 wegen seines unklaren Einkommens vorläufig Alg II; dieses enthielt als Leistungen für Unterkunft und Heizung ua 365 Euro wegen der Nutzungsentschädigung für das Haus (Bescheid vom 5.2.2007). Mit Bescheid vom 27.2.2007 hob der Beklagte diese Bewilligung ab 1.4.2007 in Höhe von 365 Euro gestützt auf § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf, weil die Nutzungsentschädigung nicht als Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu berücksichtigen und der Bewilligungsbescheid insofern rechtswidrig sei. Außerdem bewilligte der Beklagte dem Kläger unter demselben Datum ein entsprechend niedrigeres Alg II und änderte diese Bewilligung durch Bescheide vom 28.2. und 21.3.2007 ab. Mit weiterem Bescheid vom 28.2.2007 lehnte der Beklagte ua die Übernahme einer Rechnung vom 5.2.2007 wegen einer Reparatur der Heizungsanlage des Hauses ab. Gegen alle Bescheide erhob der Kläger Widersprüche, die hinsichtlich des Aufhebungsbescheides durch Widerspruchsbescheid vom 27.4.2007 und hinsichtlich der Bewilligungsbescheide vom 5.2., 28.2. und 21.3.2007 durch Widerspruchsbescheid vom 24.9.2007 zurückgewiesen wurden. Im Laufe des Gerichtsverfahrens ist noch ein Bescheid vom 12.2.2008 hinsichtlich einer Rechnung vom 20.2.2007 wegen der Kosten für eine neue Hausnummer ergangen.

3

Das Sozialgericht (SG) hat die gegen beide Widerspruchsbescheide erhobenen Klagen verbunden, den Aufhebungsbescheid aufgehoben und im Übrigen die auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 2.6.2010). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG geändert, die Klage insgesamt abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 26.9.2013). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Die Nutzungsentschädigung sei nicht als Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen, weil diese auf einem familienrechtlichen Anspruch nach § 1361b Abs 3 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beruhe, der zwischen Ehegatten den allgemeineren Anspruch nach § 745 Abs 2 BGB aus einer Bruchteilsgemeinschaft verdränge, nicht nur die Wohnungsnutzung zum Gegenstand habe und der Billigkeit entsprechen müsse. Aus anderen Gründen habe der Kläger ebenfalls keinen Anspruch auf höhere Leistungen, weil bei vorläufigen Leistungen abweichend vom Monatsprinzip die gesamten Leistungen des Bewilligungsabschnitts seinen gesamten Aufwendungen in dieser Zeit gegenüberzustellen seien.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und rügt eine Verletzung des § 22 SGB II, insbesondere hinsichtlich der Nicht-Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung, die nicht eine Art Schadensersatz sei, sondern einer Miete entspreche. Außerdem meint der Kläger, er habe Anspruch auf Übernahme nicht nur der Zinsen, sondern auch der restlichen Tilgung, weil das Darlehen auf das Haus schon bis auf 6338,02 Euro getilgt gewesen sei (Hinweis auf Bundessozialgericht Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 67/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 13).

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. September 2013 - L 2 AS 336/10 - aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 2. Juni 2010 - S 24 AS 1831/07 - abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Aufhebungsbescheides vom 27. Februar 2007 und Änderung seines Bescheides vom 21. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2007 sowie unter Einbeziehung des Bescheides vom 28. Februar 2007 hinsichtlich der Rechnung vom 5. Februar 2007 und des Bescheides vom 12. Februar 2008 zu verurteilen, ihm höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli 2007 vorläufig zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Auf die Revision des Klägers ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen, weil mangels ausreichender Sachverhaltsfeststellungen eine Entscheidung des Senats in der Sache nicht möglich ist (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz).

8

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind neben dem Urteil des LSG, mit dem das für den Kläger teilweise günstige Urteil des SG vom 2.6.2010 aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen worden ist, sowie diesem Urteil des SG zunächst nur noch der Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 27.2.2007, der den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 5.2.2007 hinsichtlich der Nutzungsentschädigung aufgehoben hat, und der letzte Änderungsbescheid vom 21.3.2007, in dem - abgesehen von dem durch den zuvor genannten Aufhebungsbescheid aufgehobenen ursprünglichen Bewilligungsbescheid - dem Kläger die höchsten Leistungen für die strittige Zeit vom 1.2. bis zum 31.7.2007 bewilligt wurden, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.9.2007. Die weiteren ergangenen Bescheide zur Höhe des Alg II des Klägers in diesem Zeitraum sind durch den Bescheid vom 21.3.2007 erledigt (vgl § 39 Abs 2 SGB X); dasselbe gilt für den Widerspruchsbescheid vom 27.4.2007, weil der zuletzt ergangene Widerspruchsbescheid vom 24.9.2007 eine umfassende Regelung zur Höhe des Alg II des Klägers in der strittigen Zeit treffen wollte. Mitumfasst von diesem Widerspruchsbescheid ist der zuvor ergangene Bescheid vom 28.2.2007 hinsichtlich der Rechnung vom 5.2.2007 wegen einer Reparatur der Heizungsanlage des Hauses, weil dieser insofern ebenfalls eine Regelung zur Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen nach § 22 Abs 1 SGB II in der strittigen Zeit trifft. Im Ergebnis dasselbe gilt für den im Laufe des Gerichtsverfahrens ergangenen Bescheid vom 12.2.2008 hinsichtlich der Rechnung vom 20.2.2007 wegen der Kosten für die neue Hausnummer (vgl § 96 Abs 1 SGG).

9

In der Sache begehrt der Kläger insbesondere für Februar 2007 die Übernahme der Rechnung vom 5.2.2007 (Heizungsreparatur) möglichst ohne Anrechnung auf die ihm gezahlte Nutzungsentschädigung und für April bis Juli 2007 verteidigt er sich gegen die Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung der Nutzungsentschädigung. Insgesamt will er indes durchweg höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung, wie die Geltendmachung nicht nur der Zinsen, sondern auch der restlichen Tilgung für das Darlehen auf das Haus zeigt, weil die Darlehensschuld schon bis auf 6338,02 Euro getilgt gewesen sei (Hinweis auf BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 67/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 13).

10

2. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Die vom Kläger erhobene und mit seinem Antrag weiter verfolgte kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, 4 SGG) ist trotz der von dem Beklagten erlassenen vorläufigen Bewilligung zulässig, weil diese Klageart als Minus eine Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG)einschließt (BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 21 f mwN).

11

Eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ist bei einer vorläufigen Bewilligung grundsätzlich zulässig, weil für eine vorläufige Bewilligung hinsichtlich der Art und Höhe der Leistungen keine anderen Regeln als für eine endgültige gelten und die Vorläufigkeit sich nicht auf alle Verwaltungsakte in dem angefochtenen Bescheid beziehen muss (BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 32 mwN); nicht zulässig ist aber eine weitere Aufspaltung dieser Leistungen, da die einzelnen Berechnungselemente keine selbständigen Regelungen darstellen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18; zuletzt BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78).

12

3. Rechtsgrundlage für die begehrte Erbringung höherer als zuletzt bewilligter, vorläufiger Leistungen für Unterkunft und Heizung ist § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II, § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II jeweils in der in der strittigen Zeit geltenden Fassung; speziell für die Teilaufhebung der ursprünglich erfolgten Bewilligung ist es § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II, § 330 Abs 2 SGB III, § 45 SGB X, auch wenn die Rücknahme nur für die Zukunft erfolgt ist.

13

Inwieweit die Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt sind, kann aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden. Dies gilt zunächst hinsichtlich des vom LSG nach wie vor stillschweigend angenommenen Vorliegens der Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung (dazu 4.), ebenso hinsichtlich der im Mittelpunkt des Streits zwischen den Beteiligten stehenden Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung als Aufwendung für die Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(dazu 5.). Aufgrund dessen kann vom Senat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 SGB X im Hinblick auf den Aufhebungsbescheid vom 27.2.2007 ebenfalls nicht beurteilt werden, wie dem Senat zudem eine abschließende Entscheidung über die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung in der strittigen Zeit insgesamt mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen nicht möglich ist.

14

Bei seiner Entscheidung wird das LSG außerdem zu beachten haben, dass auch für eine vorläufige Bewilligung das Monatsprinzip gilt (dazu 6.) und hinsichtlich der Berücksichtigung des Hauseigentums des Klägers als Vermögen nach § 12 SGB II eine Prognose anzustellen ist(dazu 7.).

15

4. Von der Rechtmäßigkeit der Bewilligung nur vorläufiger Leistungen (§ 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II, § 328 SGB III)an den Kläger im Jahr 2007 aufgrund dessen unklarer Einkommenssituation als Selbstständiger sind das LSG und der Beklagte zutreffenderweise ausgegangen. Das LSG hat jedoch nicht festgestellt, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung am 26.9.2013 diese Voraussetzungen immer noch erfüllt waren. Wenn dies nicht der Fall war, hätte keine Entscheidung über eine vorläufige, sondern über eine endgültige Leistungsbewilligung erfolgen müssen.

16

Sind die spezifischen Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nicht erfüllt, liegt kein Grund für eine gerichtliche Entscheidung über vorläufige Leistungen anstelle einer endgültigen Klärung des Streits vor. Dies folgt schon aus allgemeinen Gründen der Prozessökonomie sowie den Interessen der Beteiligten an einer möglichst baldigen, endgültigen Klärung ihrer Rechtsbeziehung, die auch in § 328 Abs 2 SGB III deutlich wird: Beim Vorliegen der Voraussetzungen kann der Kläger den Erlass eines endgültigen Bescheides beantragen, der dann nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens über den Bescheid wegen der vorläufigen Leistungen wird(BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 38 RdNr 13). Eine vorläufige Bewilligung ist nur eine Zwischenlösung, die auf eine Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach dem Wegfall der Voraussetzungen für die Vorläufigkeit angelegt ist (mit ausführlicher weiterer Begründung BSG Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - vorgesehen für SozR - RdNr 21-26).

17

Dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des LSG am 26.9.2013 und damit gut sechs Jahre nach Ablauf des strittigen Bewilligungsabschnitts vom 1.2. bis zum 31.7.2007 die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung mangels unklarer damaliger Einkommensverhältnisse des Klägers erfüllt sind, mag zwar möglich sein, bedarf indes schon angesichts der Länge des Zeitablaufs der Überprüfung und entsprechender Feststellungen. Solche fehlen jedoch in der Entscheidung des LSG.

18

5. Als Rechtsgrund für die Anerkennung der Nutzungsentschädigung als Aufwendung für die Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II kommt insbesondere die vom Kläger mit seiner früheren Ehefrau abgeschlossene Übereinkunft in Betracht.

19

Nach der damals geltenden, insofern nicht grundlegend geänderten Fassung des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Als eine solche Aufwendung für die Unterkunft ist insbesondere der von einem zur Miete wohnenden Leistungsberechtigten zu zahlende Betrag an den Vermieter anzuerkennen, möglich ist aber ebenfalls die Übernahme von Aufwendungen für die Instandhaltung selbstbewohnten Wohneigentums (heute in § 22 Abs 2 SGB II geregelt). Entscheidend ist, ob die Aufwendung der Sicherung des mit § 22 SGB II verfolgten Zwecks "Schutz der Wohnung" zur Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und als eines räumlichen Lebensmittelpunkts dient(stRspr BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 13; letztens etwa: BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 17). Dies kann bei einer Nutzungsentschädigung gemäß §§ 743 ff BGB, die der in dem Hause wohnende Miteigentümer dem anderen, nicht dort wohnenden Miteigentümer im Hinblick auf die Überlassung des Hauses zu Wohnzwecken zahlt, ggf unproblematisch erfüllt sein(vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24). Etwas anderes kommt hingegen ggf bei einer auf § 1361b Abs 3 Satz 2 BGB gestützten Nutzungsentschädigung in Betracht, weil insbesondere hinsichtlich deren Höhe noch andere Gesichtspunkte unterhaltsrechtlicher Art oder der Billigkeit von Bedeutung sein können(vgl nur Brudermüller in Palandt, BGB, 74. Aufl 2015, § 1361b RdNr 20 f).

20

Die Entscheidung, ob und ggf inwieweit der zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau vereinbarte Betrag aufgrund der Übereinkunft als Aufwendungen für die Unterkunft anzuerkennen ist, setzt demgemäß voraus, dass der Inhalt der Übereinkunft bekannt ist, um vor dem Hintergrund von § 1361b Abs 3 Satz 2 und §§ 743 ff BGB beurteilen zu können, welche Verpflichtungen oder Rechte mit diesem Betrag ausgeglichen werden sollten. Das LSG berichtet zwar, dass der Kläger aufgrund der Übereinkunft seiner Ehefrau monatlich (nur) 234 Euro Nutzungsentschädigung zu zahlen habe, es geht indes in den Gründen seines Urteils nicht auf diese Übereinkunft als Rechtsgrund für einen Anspruch auf Übernahme der 234 Euro durch den Beklagten ein, sondern erörtert nur allgemein, welche Rechtsgrundlage (§ 1361b oder § 745 BGB) für einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Betracht kommt. Ermittlungen hinsichtlich des genauen Inhalts der Übereinkunft, zB Vorlage des Textes, wenn sie schriftlich geschlossen wurde bzw Vernehmung der Ehefrau bei einer mündlichen Vereinbarung, wurden nicht durchgeführt.

21

Angesichts der - auch vom LSG aufgezeigten - unterschiedlichen Rechtsgrundlagen für eine Nutzungsentschädigung in Fällen der vorliegenden Art wäre dies aber notwendig gewesen. Bei einer Übereinkunft, die eine Nutzungsentschädigung nach der familienrechtlichen Vorschrift des § 1361b Abs 3 Satz 2 BGB vorsieht und die ggf mehr als nur die Überlassung von Wohnraum ausgleichen soll, ist der geschuldete Betrag ggf überhaupt nicht oder nur teilweise im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II zu übernehmen. Hingegen können bei einer Übereinkunft, die nur den Vermögensausgleich zwischen Bruchteilseigentümern nach §§ 743 ff BGB angesichts der alleinigen Nutzung des (Wohn-)Eigentums durch einen von ihnen zum Gegenstand hat, die Voraussetzungen für eine Übernahme des vereinbarten Entgelts nach § 22 Abs 1 SGB II gegeben sein(vgl zu Mietvereinbarungen unter Verwandten: BSG Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 37/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 15 RdNr 24 ff; BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 21 RdNr 16 ff).

22

Für Unklarheiten in Verbindung mit der Übereinkunft sprechen zusätzlich die nach den Feststellungen des LSG nur zeitweise erfolgten Zahlungen des Klägers an die Ehefrau sowie das Urteil des Amtsgerichts S vom 13.8.2007 in einem normalen Zivilrechtsstreit (Az: 1 C 570/06) zwischen dem Kläger und seiner früheren Ehefrau, in dem dieser zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung an letztere rückwirkend ab 1.10.2006 verurteilt wurde. Das Urteil selbst scheidet als Rechtsgrund für Aufwendungen des Klägers in der strittigen Zeit aus, weil es erst danach ergangen ist.

23

6. Das Monatsprinzip gilt entgegen der Ansicht des LSG auch für eine gerichtliche Entscheidung beim Streit über die Bewilligung von vorläufigen Leistungen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums (vgl zum Monatsprinzip nur BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 36/13 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 7 mwN).

24

Soweit das LSG aus § 328 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB III eine Möglichkeit zur monatsübergreifenden Saldierung innerhalb des Bewilligungszeitraumes im Rahmen einer vorläufigen Bewilligung ableitet, überzeugt dies nicht. Die in § 328 Abs 3 Satz 1 SGB III vorgesehene Anrechnung stellt ein eigenes Rechtsinstitut dar, welches für die endgültige Leistungsbewilligung seitens der Verwaltung normiert ist und nicht auf die Änderung einer vorläufigen Bewilligung übertragen werden kann. Die Anrechnung stellt zudem eine eigenständige rechtsgestaltende Regelung der Verwaltung dar (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, Stand 05/12, § 328 RdNr 229 ff), welche nicht im Rahmen einer gerichtlichen Entscheidung fingiert werden kann, sondern seitens des Beklagten bei Bedarf im Rahmen der endgültigen Bewilligung umzusetzen ist. Ob dies durch eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung oder durch Verwaltungsakt erfolgen kann bzw zu erfolgen hat, bedarf vorliegend keiner Entscheidung (vgl Hengelhaupt, aaO, RdNr 234; vgl BSG Beschluss vom 31.8.2011 - GS 2/10 - BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4).

25

7. Hinsichtlich des vom Kläger bewohnten und in seinem Miteigentum stehenden Hauses ist zu beachten, dass es nur dann als verwertbares Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB II zu berücksichtigen ist, wenn eine Verwertung binnen sechs Monaten, prognostiziert ab Beginn des Bewilligungszeitraums, möglich war.

26

Ein Aspekt der tatsächlichen Verwertbarkeit von Vermögen ist die für sie benötigte Zeit, hinsichtlich der eine Prognose erforderlich ist. Für diese Prognose ist auf den bevorstehenden sechsmonatigen Bewilligungszeitraum abzustellen. Für diesen muss im Vorhinein eine Prognose getroffen werden, ob und welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Ergibt die Prognose, dass eine Verwertung innerhalb der sechs Monate nicht möglich ist, liegt kein verwertbares Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB II vor und es sind Leistungen als Zuschuss zu gewähren. Mangels verwertbaren Vermögens ist § 23 Abs 5 SGB II in der damaligen Fassung(heute § 24 Abs 5 SGB II)über die Gewährung von Leistungen als Darlehen dann nicht anwendbar (BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 22 f; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 19; BSG Urteil vom 18.9.2014 - B 14 AS 58/13 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 24 RdNr 15).

27

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - hier: Arbeitslosengeld II (Alg II) - nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit ab 12.11.2008. Im Streit ist insbesondere die Berücksichtigung eines in ihrem Alleineigentum stehenden Hausgrundstücks.

2

Die im Jahr 1953 geborene, alleinstehende Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks in N, Gemarkung B, Flur 13, Flurstück 364, Lagebezeichnung H straße Auf dem 471 qm großen Grundstück befindet sich eine 1963 erbaute Doppelhaushälfte mit einem Zweifamilienhaus und einer Gesamtwohnfläche von 129 qm. Im Erdgeschoss und im Dachgeschoss befinden sich jeweils eigene Wohnungen, die baulich nicht voneinander abgeschlossen sind. Die Erdgeschosswohnung hat eine Wohnfläche von 70 qm und die Dachgeschosswohnung von 59 qm. Das Hausgrundstück stand ursprünglich im Eigentum der Eltern der Klägerin, die die Erdgeschosswohnung bewohnten. Die mittlerweile geschiedene Klägerin wohnte seinerzeit zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in der Dachgeschosswohnung. Im Jahr 2001 übertrugen die Eltern der Klägerin dieser unentgeltlich und lastenfrei das Alleineigentum an dem Grundstück. Dabei war zur Bestimmung der Kosten des Grundbuchamts von einem Verkehrswert von 210 000 DM ausgegangen worden. Nunmehr - nach dem Tod ihrer Eltern - wohnt die Klägerin allein in der Dachgeschosswohnung und in der Erdgeschosswohnung wohnen in einem eigenen Haushalt die Tochter der Klägerin, ihr Ehemann und deren mittlerweile drei Kinder. Im Oktober 2008 wies das Grundstück einen Verkehrswert von 143 000 Euro und zuletzt, im Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen, einen Verkehrswert von gut 130 000 Euro auf. Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld über 75 000 Euro, die der Sicherung eines von der Tochter der Klägerin und ihrem Ehemann Ende 2007 aufgenommenen Darlehens in Höhe von 75 000 Euro dient. Das Darlehen wird in monatlichen Raten von 495,63 Euro getilgt. Zum 31.12.2011 bestand die Darlehensforderung noch in Höhe von 65 073,46 Euro.

3

Die Klägerin bezog vom 1.9.2008 bis zum 11.11.2008 Arbeitslosengeld. Sie beantragte am 20.10.2008 bei dem Beklagten Alg II für die Zeit ab 12.11.2008. Die ARGE V als Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters lehnte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 9.1.2009, Widerspruchsbescheid vom 15.6.2009). Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Sie verfüge über zu berücksichtigendes Vermögen, weil das Hausgrundstück für sie allein unangemessen groß sei. Für die Angemessenheitsprüfung sei nur auf die Klägerin und nicht auch auf die Familie ihrer Tochter abzustellen, denn es bestünde keine Bedarfsgemeinschaft und auch keine Haushaltsgemeinschaft iS des SGB II. Die Möglichkeit einer darlehensweisen Hilfegewährung sei von der Klägerin abgelehnt worden.

4

Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Urteil vom 27.1.2012) und die Berufung der Klägerin zum LSG (Urteil vom 22.10.2012) blieben erfolglos. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, das im Alleineigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück sei nicht vor einer Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt, denn für die Klägerin allein sei nur ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche bis zu 90 qm angemessen. Der Umstand, dass die Familie ihrer Tochter in einem eigenen Haushalt auch in dem Haus wohne, sei für die Frage nach dem Schonvermögen der Klägerin iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II unbeachtlich. Aus einem Vergleich mit der abweichenden Regelung in § 90 Abs 2 Nr 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) folge nichts anderes.

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei ihr Hausgrundstück als "Familienheim" und "Mehrgenerationenhaus" vor der Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt. Zudem müsse, da das mit Angehörigen bewohnte Hausgrundstück bei Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, es vorliegend auch im Rahmen des SGB II geschützt sein.

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 12. November 2008 bis zum 22. Oktober 2012 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind in der Sache die Urteile des LSG und des SG und die angefochtenen Bescheide des Beklagten sowie der Anspruch der Klägerin auf Alg II als Zuschuss für die Zeit ab 12.11.2008 (erster Tag nach Bezug von Arbeitslosengeld). Streitbefangen im Revisionsverfahren ist der Zeitraum bis zum 22.10.2012 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG). Mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrt die Klägerin die Aufhebung der Urteile des LSG und des SG und der angefochtenen Bescheide sowie die Verurteilung des Beklagten zur zuschussweisen Zahlung von Alg II; die Leistungsklage ist insoweit auf den Erlass eines Grundurteils gerichtet (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).

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2. Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Alg II ist § 19 iVm §§ 7, 9 und §§ 20, 21 und 22 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

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Nach § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte als Alg II Leistungen, die den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfassen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben(Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).

12

3. Die Klägerin erfüllt nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.

13

4. Allerdings fehlen ausreichende Feststellungen des LSG zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin. Hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist nach § 9 Abs 1 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850), wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 4 SGB II auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen. Darlehensweise Leistungen hat die Klägerin jedoch ausdrücklich nicht begehrt; sie sind nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.

14

Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II der Klägerin ist zunächst festzustellen, ob sie mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet(dazu unter a) und sind sodann ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf (dazu unter b) die zu dessen Deckung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten der Klägerin (dazu unter c) gegenüberzustellen.

15

a) Die Klägerin ist geschieden und lebt in ihrem Haushalt allein. Sie ist in Anwendung der Vorgaben des § 7 Abs 3 SGB II dazu, welche Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören, eine alleinstehende Person. Es besteht auch keine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II zwischen ihr und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter, die in einem eigenen Haushalt lebt. In den beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses wird von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt.

16

b) Nach § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II umfasst das Alg II den Regelbedarf(§ 20 SGB II), Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II).

17

Zum Bedarf der Klägerin fehlen nähere Feststellungen des LSG. Feststellen lassen sich im Revisionsverfahren nur die für die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Höhen der Regelleistung (bis 31.12.2010) und des Regelbedarfs (ab 1.1.2011) zur Sicherung des Lebensunterhalts. Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin daneben auch Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II) in Betracht kommen könnten, sind nicht ersichtlich. Unbekannt ist, in welcher Höhe im streitbefangenen Zeitraum welche Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei ihr bestehen und zu berücksichtigen sind.

18

c) Auch zum zu berücksichtigenden Einkommen iS der §§ 11 bis 11b SGB II sind die Feststellungen des LSG unvollständig. Nach diesen bezog die Klägerin seit September 2009 ein monatliches Erwerbseinkommen von im Schnitt anfänglich gut 300 Euro, mittlerweile knapp 500 Euro. Das LSG nahm hierfür auf eine Aufstellung der Klägerin Bezug, in der diese ihre monatlichen Einkünfte aufgelistet hatte. In welcher Höhe genau im streitbefangenen Zeitraum Einkommen zu berücksichtigen ist, ist damit nicht festgestellt, weil unbekannt ist, in welcher Höhe jeweils zu berücksichtigende Einkommensabsetzbeträge in den einzelnen Monaten des streitbefangenen Zeitraums die Höhe des zur Bedarfsdeckung einzusetzenden Einkommens verringern.

19

Keine Feststellungen enthält das Urteil des LSG schließlich dazu, ob bei der Klägerin Einkommen auch deshalb zu berücksichtigen ist, wenn und weil ihre Tochter und ihr Schwiegersohn für die Klägerin Tilgungsleistungen mit Blick auf das Ende 2007 von ihnen aufgenommene Darlehen übernommen haben.

20

Die Feststellungen des LSG reichen auch nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin über zu berücksichtigendes Vermögen iS des § 12 SGB II verfügte(dazu im Einzelnen unter 5.). Das (auch) von der Klägerin bewohnte Hausgrundstück hat das LSG zwar zu Recht als nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschütztes Vermögen angesehen(dazu unter 5. a). Allerdings kommt ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht(dazu unter 5. b).

21

5. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 und 4 SGB II, deren Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist). Als ein berücksichtigungsfähiger verwertbarer Vermögensgegenstand kommt auch ein Hausgrundstück in Betracht, wie sich bereits aus der Ausnahmeregelung in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ergibt; denn danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs 3 SGB II (dessen Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist) erfüllen, sind von vornherein als sog Schonvermögen nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Werts des Vermögens bleiben sie außen vor (vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 75).

22

Vorliegend scheidet zwar ein Vermögensschutz für das Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4, Satz 2 SGB II aus, weil dieses von unangemessener Größe ist(dazu unter a). Doch kommt sein Schutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht, weil hier eine besondere Härte daraus folgen kann, dass das Grundstück der Klägerin nach dem SGB XII vor Verwertung geschützt wäre(dazu unter b).

23

a) Mit dem Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zielt das Gesetz insbesondere auf das Haus selbst und stellt maßgeblich auf dessen Wohnfläche ab(vgl Bundessozialgericht Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 24; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 55; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90).

24

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die Klägerin Alleineigentümerin eines 471 qm großen Hausgrundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, in der sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen (Zweifamilienhaus) mit einer Gesamtwohnfläche von 129 qm befinden. Nur diese Wohnfläche ist vorliegend näher auf ihre Angemessenheit zu prüfen, während die Grundstücksgröße von 471 qm einer eigenen Angemessenheitsprüfung nicht zu unterziehen ist. Denn Grundstücksgrößen bis zu 500 qm werden schon im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt, im ländlichen Bereich sogar bis zu 800 qm (vgl Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 57; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 93). Da beide als Anhaltspunkte dienende Werte hier unterschritten werden, bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit der Angemessenheit von Grundstücksgrößen im Rahmen des Vermögensschutzes nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II.

25

aa) Das von der Klägerin nur zum Teil selbst genutzte Hausgrundstück ist mit seiner Gesamtwohnfläche auf seine Angemessenheit zu prüfen. Zwar nutzt die Klägerin die Gesamtwohnfläche ihres Hauses nur zum Teil selbst, denn sie wohnt nur in einer der beiden Wohnungen. Doch steht die Nutzung der anderen Wohnung, in der die Tochter der Klägerin, deren Ehemann und ihre Kinder wohnen und einen eigenen Haushalt führen und in der nicht auch die Klägerin wohnt, der Anwendung der Vermögensschutzregelung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht entgegen. Vielmehr genügt es insoweit, dass die Klägerin das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt. Denn mit dem Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ("selbst genutztes Hausgrundstück") geht es nach dem Zweck dieser Regelung nicht um den Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 13; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 35; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 54; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90). In diesem Sinne ist eigene Wohnung auch das selbst genutzte Haus, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird.

26

In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist für die Prüfung des verwertbaren Vermögens die gesamte Wohnfläche eines Hauses, selbst im Falle einer vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 16 ff). Der 4. Senat des BSG hat diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks mit der Überlegung gerechtfertigt, dass der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit stehe, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliege. Ausnahmen hat der 4. Senat für möglich gehalten bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile. Auch der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von der Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur der vom Eigentümer bewohnten Fläche auszugehen sei, wenn dieser in seiner Stellung als Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks zwar durch ein Wohnrecht zugunsten seiner Eltern hinsichtlich der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt sei. Nur wenn das Eigentum der Leistungen beanspruchenden Person auf den von ihr benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, käme eine andere Prüfung in Betracht (Urteil des Senats vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 13).

27

Solange eine Teilung des Eigentums nicht vorliegt, ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten und muss für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses und nicht nur auf die von der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abgehoben werden (vgl so bereits zur Arbeitslosenhilfe BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 35).

28

bb) Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit nur auf die Größe des Hausgrundstücks ("Hausgrundstück von angemessener Größe"). Auf andere die Angemessenheit bestimmende Faktoren und dabei insbesondere auf den Wert des Hausgrundstücks wird nach diesem Wortlaut - im Unterschied zu § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII - nicht abgestellt. Die durch diese isolierte Orientierung des Gesetzgebers des SGB II an der Größe der Immobilie bewirkte Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II gegenüber denen nach dem SGB XII, soweit Letztere Immobilien von angemessener Größe verwerten müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies fordert, hat das BSG bislang unbeanstandet gelassen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16). Auch vorliegend zählt die Klägerin, die Leistungen nach dem SGB II begehrt, zur Gruppe der privilegierten Leistungsberechtigten und ist insoweit eine Prüfung der Regelungsunterschiede zwischen § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII am Maßstab des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) hier nicht erforderlich. Auf eine möglicherweise unterschiedliche Wirkung der unterschiedlichen Regelungen im hier zu entscheidenden Fall kommt es insoweit nicht an.

29

(1) Die Gesamtwohnfläche des auch von der Klägerin bewohnten Hauses überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II, weil im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung nur auf die Klägerin allein abzustellen ist.

30

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG - in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur Alhi, die ihrerseits auf das Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bezug nahm (vgl BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 24 ff) - dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18, RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 19; BSG Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R, juris RdNr 29).

31

Für Familienheime mit nur einer Wohnung und bis zu vier Personen sah das II. WobauG eine Wohnflächengrenze von 130 qm vor (§ 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 2 Nr 1 II. WobauG). Auf diese Grenze ist auch vorliegend abzustellen. Denn zwar sah § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG für Familienheime mit zwei Wohnungen eine Wohnflächengrenze von 200 qm vor, aber nur dann, wenn die zweite Wohnung als abgeschlossene Wohnung anzusehen war (§ 39 Abs 1 Satz 3 II. WobauG). Dies setzte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) voraus, dass beide Wohnungen in der Weise durch objektive bauliche Gestaltungsmerkmale dauerhaft vollkommen voneinander getrennt sind, wie dies für Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern typisch ist (vgl BVerwG Urteil vom 20.8.1986 - 8 C 23/84, juris RdNr 7 ff). Diese Voraussetzungen einer baulichen Abgeschlossenheit sind nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG vorliegend nicht erfüllt. Es kann daher offen bleiben, ob auf § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG, anders als noch in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, für die Angemessenheitsprüfung überhaupt zurückzugreifen wäre. Die danach hier maßgebliche Wohnflächengrenze von 130 qm ist nach der eben wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 qm pro Person zu reduzieren; typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22).

32

Hieraus ergibt sich für den Ein-Personen-Haushalt der Klägerin allein ein Grenzwert von 90 qm (130 qm - 2 x 20 qm = 90 qm). Dieser wird mit der vom LSG für den Senat bindend festgestellten Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm deutlich überschritten. Auf die Berücksichtigung von Besonderheiten der Flächenberechnungen von Häusern einerseits und Eigentums- und Mietwohnungen andererseits, die angesichts der im Regelfall bestehenden baulichen Besonderheiten eines Hauses eine Erhöhung der angemessenen Größe eines Hauses gegenüber einer Eigentumswohnung gerechtfertigt erscheinen lassen können (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 27), kommt es angesichts dieser deutlichen Überschreitung nicht an. Auch die Anwendung einer gewissen Toleranz, wie sie bei Überschreiten der Wohnflächengrenze um nicht mehr als zehn vom Hundert mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erwogen worden ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 23), würde vorliegend an der unangemessenen Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nichts ändern.

33

(2) Von diesen im Regelfall anzuwendenden Wohnflächengrenzwerten kann ausnahmsweise nach den besonderen Umständen des Einzelfalls abgewichen werden. Denn es muss ein Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen bestehen bleiben, die zu einer Anpassung der Grenzwerte je nach den Umständen des Einzelfalls nach oben, ggf aber auch nach unten führen können (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16).

34

Ein besonderer Umstand des Einzelfalls, der ein Abweichen von der Grenze von 90 qm rechtfertigt, ist allerdings nicht, dass das in ihrem Alleineigentum stehende Haus der Klägerin zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen aufweist und die Familie der Tochter der Klägerin in der Erdgeschosswohnung des Hauses, die Klägerin aber allein in der 59 qm großen Dachgeschosswohnung wohnt und in beiden Wohnungen ein jeweils eigener Haushalt geführt wird.

35

Zwar würde die Gesamtwohnfläche des Hauses die sich aus der Anwendung der Vorgaben des II. WobauG ergebenden Grenzwerte nicht überschreiten, wenn für die Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks nicht nur auf die Klägerin allein, sondern auf alle im Haus wohnenden Personen abzustellen wäre. Denn schon im Zeitpunkt der Antragstellung auf Alg II bestand die Familie der Tochter der Klägerin aus vier Personen (Tochter, Ehemann, zwei Kinder). Der Wohnflächengrenzwert von 130 qm für vier Personen, den die Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm ohnehin nicht überschreitet, würde mithin wegen der Belegung mit seinerzeit fünf und nunmehr sechs Personen sogar noch um jeweils 20 qm zu erhöhen sein. Indes sind maßgebliche Personen für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche eines Hauses bei der Prüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II neben den Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern iS des § 7 Abs 3 SGB II grundsätzlich nur die mit der Leistungen beanspruchenden Person für längere Zeit in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebenden weiteren Personen(vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23 f; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 92).

36

Eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II besteht - wie oben dargestellt - zwischen der Klägerin und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter indes nicht. Nach den bindenden Feststellungen des LSG ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit der Familie ihrer Tochter in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebt. Insoweit fehlt es schon am Leben in einem Haushalt. Denn die beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses sind zwar eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennt und baulich nicht voneinander abgeschlossen, aber sie sind jeweils eigene Wohnungen, in denen von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt wird.

37

Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des BSG bislang allein die Situation des Zusammenlebens von Pflegeeltern mit Pflegekindern in einem Haushalt anerkannt, die bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche eines Hauses zu einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Zwecksetzung des Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe -, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern, führt (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 23). Diese oder auch nur eine wertungsmäßig vergleichbare Situation liegt hier ersichtlich nicht vor.

38

Andere normative Anknüpfungspunkte dafür, für die Frage der Angemessenheit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II des im Alleineigentum der Klägerin stehenden Hausgrundstücks darauf abzustellen, dass in dem Haus nicht nur die Klägerin lebt, sondern in einem eigenen Haushalt auch Angehörige leben, bietet das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht.

39

(3) Nichts anderes folgt entgegen dem Revisionsvorbringen insoweit aus einem Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II mit § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII(in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022, am 1.1.2005 unverändert gebliebenen Fassung). Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in § 19 Abs 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit anderen Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich hierbei nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zB behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII).

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Ersichtlich unterscheidet sich der hierdurch geregelte Vermögensschutz von dem des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII kennt § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das Kriterium des Zusammenbewohnens eines Hauses mit Angehörigen (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Der Gesetzgeber des SGB II hat sich insoweit - ebenso wie zB bei der Verwertung von Geldvermögen - nicht für eine Harmonisierung der Regelungen zur Verwertung von selbst genutzten Immobilien im Sozialhilferecht nach dem SGB XII einerseits und dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II andererseits entschieden (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16).

41

Dieser Unterschied zwischen beiden Leistungssystemen lässt sich nicht durch eine Berücksichtigung der so nur im Sozialhilferecht gesetzlich fixierten Angemessenheitskriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auch bei der Angemessenheitsprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einebnen(so aber Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 91; ähnlich auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2008, K § 22 RdNr 210). Dagegen spricht bereits, dass - wie oben dargestellt - § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II seinerseits für Leistungsberechtigte nach dem SGB II insoweit typischerweise privilegierend wirkt, als dort nur auf die Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks und nicht auch auf dessen Wert abgestellt wird, während nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII Hausgrundstücke von angemessener Größe verwertet werden müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies erfordert. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nach Maßgabe der oben dargestellten Rechtsprechung auch im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II eine Differenzierung der angemessenen Gesamtwohnfläche nach der Anzahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen erfolgt. Darüber hinaus bestimmt § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II mit Blick auf die Vermögensschutztatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, dass für die Angemessenheit die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend sind und ermöglicht dadurch im Einzelfall eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte als nur der angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks. Nicht zuletzt ermöglicht für Härtefälle § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II noch eine Korrektur unbilliger Ergebnisse auch im Rahmen des SGB II(siehe dazu unten b).

42

Dass darüber hinaus die Unterschiedlichkeit der Regelungen zur Verwertung von Hausgrundstücken in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zu einer benachteiligenden Andersbehandlung der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Personen führt, obwohl zwischen ihnen und den Leistungen nach dem SGB XII beanspruchenden Personen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können(vgl zu diesem Maßstab des Bundesverfassungsgerichts für eine iS des Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung: BVerfGE 112, 368, 401; 116, 229, 238), ist nicht ersichtlich. Aus Gleichbehandlungsgründen ist eine Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rechtsbereich des SGB II nicht erforderlich. Dagegen spricht schon, dass die vor- und nachteiligen Wirkungen der unterschiedlichen Regelungen in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zur Verwertung von Hausgrundstücken nicht für alle Fallkonstellationen bereits unmittelbar aus den Regelungsunterschieden selbst folgen, sondern einzelfallspezifisch durchaus unterschiedlich ausfallen können. Typischerweise ist sogar die Regelung im SGB II privilegierend im Vergleich zum SGB XII. Wirkt sich diese Privilegierung im Einzelfall nicht aus, zwingt dies nicht aus Gleichbehandlungsgründen zur Anwendung der Regelung im SGB XII. Zudem sind auch die jeweils unterschiedlichen Entstehungshintergründe beider Leistungssysteme, die typisierte Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten für die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sowie die konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze zu beachten (vgl dazu nur Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, Einleitung RdNr 1 f, 14 ff, 19 ff, 33 ff), an denen der Gesetzgeber seither im Wesentlichen festgehalten hat und die einer Harmonisierung beider Leistungssysteme durch die Rechtsprechung unter Vernachlässigung ihrer unterschiedlichen Normtexte Grenzen setzen (vgl zum Argument der Harmonisierung - in jeweils anderen Zusammenhängen - BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 21; BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, RdNr 37 ff; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 24; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R, juris RdNr 21; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris RdNr 18; BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 16/07 R - BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 15; vgl allg zur Harmonisierung von SGB II und SGB XII Stölting/Greiser, SGb 2010, 631).

43

Auch eine vergleichende Betrachtung für jeden Einzelfall, ob die Anwendung des Angemessenheitsbegriffs von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II oder von § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII für die Leistungen beanspruchende Person günstiger wäre, ist nicht angezeigt. Soweit die Regelungen zur Verwertungspflicht von unangemessenen Hausgrundstücken in beiden Leistungssystemen unterschiedlich sind, sind sie in ihrer Unterschiedlichkeit im jeweiligen Leistungssystem anzuwenden, weil ihre Harmonisierung verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Art 3 Abs 1 GG gebietet keine Identität der Rechtsfolgen in vergleichbaren Lebenslagen. Für unbillige Ergebnisse im Einzelfall sehen beide Gesetze Korrekturmöglichkeiten durch eine Härtefallregelung vor (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II, § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII).

44

Allerdings führt vorliegend nicht bereits die Anwendung von § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II zu einem anderen, für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Denn für eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte, die mit Blick auf die Lebensumstände der Klägerin während des (begehrten) Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere im Vergleich zu dem üblichen Lebenszuschnitt anderer Leistungsberechtigter (zu dieser Gegenüberstellung vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 79), für eine Angemessenheit des Hausgrundstücks streiten könnten, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Der von der Klägerin formulierte Wunsch, das seit 2001 in ihrem Alleineigentum stehende Hausgrundstück als Familienheim und Mehrgenerationenhaus zu erhalten, ist bei der Prüfung der Angemessenheit nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 und Satz 2 SGB II kein rechtlich maßgeblicher Gesichtspunkt. Denn eine Lebensstandardsicherung ist mit den existenzsichernden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, anders als mit der früheren Alhi, nicht bezweckt. Für das SGB II enthält danach zwar § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II eine für alle Vermögensschutztatbestände geltende nähere Konturierung des Angemessenheitsbegriffs, die sich aber von der spezifisch die Verwertung von Immobilienvermögen betreffenden Konkretisierung durch § 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII für das SGB XII unterscheidet und vorliegend nicht zugunsten der Klägerin wirkt.

45

Das stimmt auch mit dem oben bereits dargestellten Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II überein. Zwar ist vom Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks das Haus als Ganzes erfasst, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird. Für die Frage der Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks - genauer: der Gesamtwohnfläche des Hauses - aber ist auf den Haushalt abzustellen, in dem die Leistungen beanspruchende Person wohnt und lebt. Denn bezogen auf die durch die Familie der Tochter der Klägerin genutzte Wohnung im Erdgeschoss, in der diese Familie einen eigenen Haushalt führt, geht es für die Klägerin nicht um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung ihres Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt. Sie wohnt und lebt allein in ihrem eigenen Haushalt in der von ihr genutzten Wohnung im Dachgeschoss.

46

Soweit die Revision aus der Entwicklung der Vorschriften und der Rechtsprechung zum Schutz von Immobilienvermögen vor Verwertung von der Alhi zur Grundsicherung für Arbeitsuchende und aus einem Vergleich mit dem Sozialhilferecht vorliegend einen weitergehenden Schutz zugunsten der Klägerin abzuleiten sucht, steht dem der normative Befund entgegen, dass § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II - wie zuvor § 1 Abs 3 Nr 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO), an den der Gesetzgeber des SGB II anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1516 S 53) - allein auf das selbst genutzte Hausgrundstück von angemessener Größe abstellt. Ist das Hausgrundstück - wie hier für die Klägerin als allein in ihrem Haushalt lebende Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft - von unangemessener Größe, scheidet ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II aus.

47

Soweit dagegen mit der Revision der Schutz eines angemessenen "kleinen Familienheimes" geltend gemacht wird, steht dahinter die Überlegung, das Haus der Klägerin als Ganzes für die Klägerin und die Familie ihrer Tochter zu erhalten. Der damit formulierte Schutzgedanke hat daher schon zur Voraussetzung, was im Revisionsverfahren noch im Streit war, nämlich dass die Familie der Tochter in die Angemessenheitsprüfung der Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einzubeziehen ist. Die begehrte Einbeziehung kommt jedoch aus den vorstehenden Gründen nicht in Betracht. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II stellt - anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII mit seiner Kombination mehrerer die Angemessenheit eines Hausgrundstücks bestimmender Faktoren, mit der der Gesetzgeber des SGB XII an die Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1514 S 66) - für die Angemessenheit der Größe eines Hausgrundstücks eben nicht (auch) auf die Zahl der Bewohner "unter einem Dach" ab (zum Begriff "unter einem Dach" vgl nur Geiger in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 90 RdNr 45; vgl auch BVerwG Urteil vom 17.1.1980 - 5 C 48/78 - BVerwGE 59, 294, 298: Berücksichtigung derer, um deren "Dach über dem Kopf" es geht), sondern knüpft allein an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II, in einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II oder zumindest - wie bei Pflegeeltern und Pflegekindern - in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Personen an. Anlass, von dieser Begrenzung abzusehen und eine Ausnahme beim Wohnen von Angehörigen in jeweils eigenen Haushalten in zwei Wohnungen eines Hauses zu formulieren, besteht nicht.

48

b) Obwohl hier, wovon auch das LSG zu Recht ausgegangen ist, ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II wegen unangemessener Größe des Hausgrundstücks ausscheidet, hält der Senat in der vorliegenden Fallkonstellation eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II für möglich. Nach dieser Vorschrift, deren Wortlaut seit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) unverändert geblieben ist, sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II kommt die Funktion eines Auffangtatbestands und einer allgemeinen Härteklausel zu, die die atypischen Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden(vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 76, 118, mwN).

49

aa) Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 31 ff; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 25; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 28; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 27). Als ein solcher Umstand kommt vorliegend in Betracht, dass ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht geschützt ist, das nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, weil dort die "unter einem Dach" wohnenden Angehörigen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einbezogen werden, im SGB II aber (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII eine Orientierung bieten.

50

Denn sowohl bei dem SGB II als auch bei dem SGB XII handelt es sich hinsichtlich ihrer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ungeachtet der unterschiedlichen Entstehungshintergründe, der typisierten Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten sowie der konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze um der Existenzsicherung dienende, auf Bedarfsdeckung angelegte und bedürftigkeitsabhängige Leistungssysteme, die mit ihren voneinander getrennten leistungsberechtigten Personenkreisen zwar an verschiedene Lebenslagen anknüpfen (§ 5 Abs 2 SGB II, § 21 SGB XII), aber jeweils der Verwirklichung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) dienen. Ungeachtet ihrer Unterschiede stehen beide Leistungssysteme hinsichtlich ihrer Existenzsicherungsleistungen nicht in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis, sondern gleichrangig und selbstständig nebeneinander in einem Ausschließlichkeitsverhältnis (vgl Voelzke in Hauck/ Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 234 ff; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 21 RdNr 1 ff). Dieses Nebeneinander rechtfertigt es, in vergleichbaren Fallkonstellationen die für diese einschlägigen Regelungen des SGB II und des SGB XII vergleichend in den Blick zu nehmen. Unterscheiden sich die Regelungen in ihren Wirkungen, kann hieraus im Einzelfall ein Anlass zu Harmonisierung zugunsten der Leistungen beanspruchenden Person folgen, die im jeweils anderen Leistungssystem begünstigt wäre.

51

Hierfür spricht mit Blick auf die Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen auch eine Würdigung der Rechtsentwicklung: Die Existenzsicherungsleistungen der Alhi und der Sozialhilfe standen bis zum 31.12.2004 noch in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis (vgl nur Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 46). Nur wer keinen Anspruch auf Alhi hatte oder wessen Bedarf sie nicht vollständig deckte, konnte Anspruch auf Sozialhilfe haben; dies war verbunden mit der Geltung der unterschiedlichen Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen in § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiVO und § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das SGB II und das SGB XII jeweils tradieren. Wer Sozialhilfe statt oder neben Alhi bezog, für den galt in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation die im Einzelfall günstigere Regelung des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das Wohnen von Angehörigen "unter einem Dach" berücksichtigte. Seit 1.1.2005 stehen mit ihren leistungsberechtigten Personenkreisen und hinsichtlich ihres Umfangs die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und dem SGB XII nebeneinander. Das SGB XII ist mit seinen Leistungen insoweit kein "unterstes Netz" für die Leistungsberechtigten nach dem SGB II, vielmehr bilden beide Leistungssysteme innerhalb des sozialen Sicherungssystems das "unterste Netz" (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand VI/2011, K § 21 RdNr 9; zur Sozialhilfe als Referenzsystem für Leistungen nach dem SGB II vgl BT-Drucks 15/1514 S 52, wo in diesem Zusammenhang von der Sozialhilfe als das "unterste Netz" der sozialen Sicherung die Rede ist). Der Umstand, dass seither für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht vor Verwertung geschützt ist, das zuvor nach § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG geschützt sein konnte und nunmehr durch § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, kann Anlass für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II sein.

52

Vorliegend wäre nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und der Aktenlage das Hausgrundstück der Klägerin im Leistungssystem des SGB XII vor seiner Verwertung geschützt. Denn in dem Haus wohnt neben der Klägerin auch die Familie ihrer Tochter, sind diese mit der Klägerin das Haus zusammen bewohnenden Angehörigen nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII in die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Größe des Hauses einzubeziehen, ist das Haus danach mit seiner Gesamtwohnfläche von 129 qm nicht unangemessen groß und überschreitet es auch im Übrigen und insbesondere hinsichtlich seines Wertes nicht die sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien. Vielmehr handelt es sich um das typische geschützte "Familienheim", das über die Generationen weitergegeben werden soll (vgl zur Novellierung der Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG so bereits BT-Drucks 11/391 S 5), und dessen Schutz auch der Sinn und Zweck des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ist(BT-Drucks 15/1514 S 66), das aber in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützt ist.

53

bb) Für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II genügt indes nicht diese unterschiedliche Regelungswirkung unterschiedlicher Regelungen. Vielmehr sind für diese Härtefallprüfung ergänzend die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen. Die Einbeziehung auch von Angehörigen, die mit der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, aber nicht mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft oder auch nur in einem gemeinsamen Haushalt leben, liegt jedenfalls nahe, wenn diese Angehörigen ihrerseits hilfebedürftig sind. Andererseits kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der "unter einem Dach" mitwohnenden Angehörigen zum Ausschluss einer besonderen Härte führen, weil das Haus durch ihre Einbeziehung größer und wertvoller sein darf, verglichen mit einem Abstellen allein auf die Leistungen beanspruchende Person (hier die tatsächlichen 129 qm statt der für die Klägerin allein angemessenen 90 qm). Sinn und Zweck eines Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück aus Härtefallgründen ist es nicht, wirtschaftlich leistungsfähigen Angehörigen einer Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person ein kostenfreies Mitwohnen in einem Haus, dessen Schutz vor Berücksichtigung bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit begehrt wird, zu ermöglichen. Eine besondere Härte läge danach nicht vor, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Angehörige mit der Leistungen beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, ohne einen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Beitrag für das Wohnen zu leisten.

54

Diese modifizierte Übertragung des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auf eine vergleichbare Fallkonstellation im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II wahrt die Besonderheiten des SGB II und schützt vor missbräuchlichen Leistungsinanspruchnahmen, ohne den Gedanken einer Harmonisierung beider Leistungssysteme aus den Augen zu verlieren. Einzubeziehen in die Härtefallprüfung sind die Wertungen des SGB II, die sich ua aus dem Subsidiaritätsgedanken des § 9 Abs 1 SGB II ergeben(vgl zu Facetten des Nachranggrundsatzes Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 306 ff; Siebel-Huffmann in Berlit/Conradis/Sartorius, Handbuch Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 9, RdNr 28; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 9 RdNr 9, 21), und ein Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII, der zeigt, dass der Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach dem SGB II die typischerweise privilegierende Regelung ist. Die Unbilligkeit, die daraus zu folgen vermag, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Vermögensschutzregelung nach dem SGB XII für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person günstiger wäre, kann die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II rechtfertigen, ohne zu einer Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zwingen, die Modifikationen nicht zulässt. Die Berücksichtigung sozialhilferechtlicher Angemessenheitskriterien nach dem SGB XII im Rahmen der grundsicherungsrechtlichen Härtefallprüfung nach dem SGB II lässt vielmehr Raum für Modifikationen, wie hier eine mit dem ergänzenden Prüfkriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der mitwohnenden Angehörigen formuliert worden ist, um den Sinn und Zweck des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach dem SGB II zu wahren. Dieser besteht im Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt der Leistungen beanspruchenden Person, nicht aber im Schutz eines in getrennten Haushalten zusammen ein Haus bewohnenden Familienverbandes um jeden Preis.

55

6. Ausgehend von diesen Maßgaben wird das LSG zu prüfen haben, ob hier eine besondere Härte vorliegt. Dafür spricht, dass die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin ein Darlehen über 75 000 Euro aufgenommen haben und Beiträge für die Tilgung dieses Darlehens leisten, dessen Mittel zumindest teilweise zur Finanzierung von Arbeiten am und im Haus der Klägerin verwandt worden sein sollen. Die näheren Umstände von Darlehensaufnahme, -verwendung, -tilgung und -sicherung wird das LSG aufzuklären haben.

56

Daneben liegt es nahe, die jeweiligen Beiträge der Klägerin und der Familie ihrer Tochter zu den Kosten des Hausgrundstücks und den Kosten des eigenen Wohnens im Haus zu betrachten sowie diese Kostenbeiträge in ein Verhältnis zur jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu setzen.

57

Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass eine besondere Härte zu bejahen ist, ist das Hausgrundstück der Klägerin vor Verwertung geschützt und im Rahmen der Prüfung ihrer Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen. Das LSG wird in diesem Fall noch Feststellungen zum Bedarf der Klägerin, insbesondere zu ihren Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, und zu ihrem zu berücksichtigenden Einkommen, ggf auch aus Leistungen seitens der Tochter und ihres Ehemanns an die Klägerin, zu treffen haben. Erst auf dieser Grundlage kann für die einzelnen Monate des streitbefangenen Zeitraums abschließend entschieden werden, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

58

Wenn das LSG dagegen zu der Überzeugung gelangt, dass auch nach den Maßgaben des Senats eine besondere Härte nicht vorliegt, ist das wirtschaftlich verwertbare, bislang nicht verwertete Hausgrundstück der Klägerin mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen und schließt dies ihre Hilfebedürftigkeit und damit den geltend gemachten Anspruch auf Alg II im streitbefangenen Zeitraum aus. Dies hat das LSG in seinem angefochtenen Urteil, ausgehend von seiner rechtlichen Wertung des Nichtvorliegens einer besonderen Härte, bereits festgestellt und zutreffend begründet.

59

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - hier: Arbeitslosengeld II (Alg II) - nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit ab 12.11.2008. Im Streit ist insbesondere die Berücksichtigung eines in ihrem Alleineigentum stehenden Hausgrundstücks.

2

Die im Jahr 1953 geborene, alleinstehende Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks in N, Gemarkung B, Flur 13, Flurstück 364, Lagebezeichnung H straße Auf dem 471 qm großen Grundstück befindet sich eine 1963 erbaute Doppelhaushälfte mit einem Zweifamilienhaus und einer Gesamtwohnfläche von 129 qm. Im Erdgeschoss und im Dachgeschoss befinden sich jeweils eigene Wohnungen, die baulich nicht voneinander abgeschlossen sind. Die Erdgeschosswohnung hat eine Wohnfläche von 70 qm und die Dachgeschosswohnung von 59 qm. Das Hausgrundstück stand ursprünglich im Eigentum der Eltern der Klägerin, die die Erdgeschosswohnung bewohnten. Die mittlerweile geschiedene Klägerin wohnte seinerzeit zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in der Dachgeschosswohnung. Im Jahr 2001 übertrugen die Eltern der Klägerin dieser unentgeltlich und lastenfrei das Alleineigentum an dem Grundstück. Dabei war zur Bestimmung der Kosten des Grundbuchamts von einem Verkehrswert von 210 000 DM ausgegangen worden. Nunmehr - nach dem Tod ihrer Eltern - wohnt die Klägerin allein in der Dachgeschosswohnung und in der Erdgeschosswohnung wohnen in einem eigenen Haushalt die Tochter der Klägerin, ihr Ehemann und deren mittlerweile drei Kinder. Im Oktober 2008 wies das Grundstück einen Verkehrswert von 143 000 Euro und zuletzt, im Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen, einen Verkehrswert von gut 130 000 Euro auf. Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld über 75 000 Euro, die der Sicherung eines von der Tochter der Klägerin und ihrem Ehemann Ende 2007 aufgenommenen Darlehens in Höhe von 75 000 Euro dient. Das Darlehen wird in monatlichen Raten von 495,63 Euro getilgt. Zum 31.12.2011 bestand die Darlehensforderung noch in Höhe von 65 073,46 Euro.

3

Die Klägerin bezog vom 1.9.2008 bis zum 11.11.2008 Arbeitslosengeld. Sie beantragte am 20.10.2008 bei dem Beklagten Alg II für die Zeit ab 12.11.2008. Die ARGE V als Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters lehnte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 9.1.2009, Widerspruchsbescheid vom 15.6.2009). Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Sie verfüge über zu berücksichtigendes Vermögen, weil das Hausgrundstück für sie allein unangemessen groß sei. Für die Angemessenheitsprüfung sei nur auf die Klägerin und nicht auch auf die Familie ihrer Tochter abzustellen, denn es bestünde keine Bedarfsgemeinschaft und auch keine Haushaltsgemeinschaft iS des SGB II. Die Möglichkeit einer darlehensweisen Hilfegewährung sei von der Klägerin abgelehnt worden.

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Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Urteil vom 27.1.2012) und die Berufung der Klägerin zum LSG (Urteil vom 22.10.2012) blieben erfolglos. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, das im Alleineigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück sei nicht vor einer Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt, denn für die Klägerin allein sei nur ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche bis zu 90 qm angemessen. Der Umstand, dass die Familie ihrer Tochter in einem eigenen Haushalt auch in dem Haus wohne, sei für die Frage nach dem Schonvermögen der Klägerin iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II unbeachtlich. Aus einem Vergleich mit der abweichenden Regelung in § 90 Abs 2 Nr 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) folge nichts anderes.

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Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei ihr Hausgrundstück als "Familienheim" und "Mehrgenerationenhaus" vor der Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt. Zudem müsse, da das mit Angehörigen bewohnte Hausgrundstück bei Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, es vorliegend auch im Rahmen des SGB II geschützt sein.

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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 12. November 2008 bis zum 22. Oktober 2012 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind in der Sache die Urteile des LSG und des SG und die angefochtenen Bescheide des Beklagten sowie der Anspruch der Klägerin auf Alg II als Zuschuss für die Zeit ab 12.11.2008 (erster Tag nach Bezug von Arbeitslosengeld). Streitbefangen im Revisionsverfahren ist der Zeitraum bis zum 22.10.2012 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG). Mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrt die Klägerin die Aufhebung der Urteile des LSG und des SG und der angefochtenen Bescheide sowie die Verurteilung des Beklagten zur zuschussweisen Zahlung von Alg II; die Leistungsklage ist insoweit auf den Erlass eines Grundurteils gerichtet (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).

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2. Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Alg II ist § 19 iVm §§ 7, 9 und §§ 20, 21 und 22 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

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Nach § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte als Alg II Leistungen, die den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfassen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben(Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).

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3. Die Klägerin erfüllt nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.

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4. Allerdings fehlen ausreichende Feststellungen des LSG zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin. Hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist nach § 9 Abs 1 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850), wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 4 SGB II auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen. Darlehensweise Leistungen hat die Klägerin jedoch ausdrücklich nicht begehrt; sie sind nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.

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Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II der Klägerin ist zunächst festzustellen, ob sie mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet(dazu unter a) und sind sodann ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf (dazu unter b) die zu dessen Deckung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten der Klägerin (dazu unter c) gegenüberzustellen.

15

a) Die Klägerin ist geschieden und lebt in ihrem Haushalt allein. Sie ist in Anwendung der Vorgaben des § 7 Abs 3 SGB II dazu, welche Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören, eine alleinstehende Person. Es besteht auch keine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II zwischen ihr und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter, die in einem eigenen Haushalt lebt. In den beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses wird von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt.

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b) Nach § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II umfasst das Alg II den Regelbedarf(§ 20 SGB II), Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II).

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Zum Bedarf der Klägerin fehlen nähere Feststellungen des LSG. Feststellen lassen sich im Revisionsverfahren nur die für die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Höhen der Regelleistung (bis 31.12.2010) und des Regelbedarfs (ab 1.1.2011) zur Sicherung des Lebensunterhalts. Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin daneben auch Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II) in Betracht kommen könnten, sind nicht ersichtlich. Unbekannt ist, in welcher Höhe im streitbefangenen Zeitraum welche Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei ihr bestehen und zu berücksichtigen sind.

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c) Auch zum zu berücksichtigenden Einkommen iS der §§ 11 bis 11b SGB II sind die Feststellungen des LSG unvollständig. Nach diesen bezog die Klägerin seit September 2009 ein monatliches Erwerbseinkommen von im Schnitt anfänglich gut 300 Euro, mittlerweile knapp 500 Euro. Das LSG nahm hierfür auf eine Aufstellung der Klägerin Bezug, in der diese ihre monatlichen Einkünfte aufgelistet hatte. In welcher Höhe genau im streitbefangenen Zeitraum Einkommen zu berücksichtigen ist, ist damit nicht festgestellt, weil unbekannt ist, in welcher Höhe jeweils zu berücksichtigende Einkommensabsetzbeträge in den einzelnen Monaten des streitbefangenen Zeitraums die Höhe des zur Bedarfsdeckung einzusetzenden Einkommens verringern.

19

Keine Feststellungen enthält das Urteil des LSG schließlich dazu, ob bei der Klägerin Einkommen auch deshalb zu berücksichtigen ist, wenn und weil ihre Tochter und ihr Schwiegersohn für die Klägerin Tilgungsleistungen mit Blick auf das Ende 2007 von ihnen aufgenommene Darlehen übernommen haben.

20

Die Feststellungen des LSG reichen auch nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin über zu berücksichtigendes Vermögen iS des § 12 SGB II verfügte(dazu im Einzelnen unter 5.). Das (auch) von der Klägerin bewohnte Hausgrundstück hat das LSG zwar zu Recht als nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschütztes Vermögen angesehen(dazu unter 5. a). Allerdings kommt ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht(dazu unter 5. b).

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5. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 und 4 SGB II, deren Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist). Als ein berücksichtigungsfähiger verwertbarer Vermögensgegenstand kommt auch ein Hausgrundstück in Betracht, wie sich bereits aus der Ausnahmeregelung in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ergibt; denn danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs 3 SGB II (dessen Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist) erfüllen, sind von vornherein als sog Schonvermögen nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Werts des Vermögens bleiben sie außen vor (vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 75).

22

Vorliegend scheidet zwar ein Vermögensschutz für das Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4, Satz 2 SGB II aus, weil dieses von unangemessener Größe ist(dazu unter a). Doch kommt sein Schutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht, weil hier eine besondere Härte daraus folgen kann, dass das Grundstück der Klägerin nach dem SGB XII vor Verwertung geschützt wäre(dazu unter b).

23

a) Mit dem Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zielt das Gesetz insbesondere auf das Haus selbst und stellt maßgeblich auf dessen Wohnfläche ab(vgl Bundessozialgericht Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 24; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 55; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90).

24

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die Klägerin Alleineigentümerin eines 471 qm großen Hausgrundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, in der sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen (Zweifamilienhaus) mit einer Gesamtwohnfläche von 129 qm befinden. Nur diese Wohnfläche ist vorliegend näher auf ihre Angemessenheit zu prüfen, während die Grundstücksgröße von 471 qm einer eigenen Angemessenheitsprüfung nicht zu unterziehen ist. Denn Grundstücksgrößen bis zu 500 qm werden schon im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt, im ländlichen Bereich sogar bis zu 800 qm (vgl Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 57; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 93). Da beide als Anhaltspunkte dienende Werte hier unterschritten werden, bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit der Angemessenheit von Grundstücksgrößen im Rahmen des Vermögensschutzes nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II.

25

aa) Das von der Klägerin nur zum Teil selbst genutzte Hausgrundstück ist mit seiner Gesamtwohnfläche auf seine Angemessenheit zu prüfen. Zwar nutzt die Klägerin die Gesamtwohnfläche ihres Hauses nur zum Teil selbst, denn sie wohnt nur in einer der beiden Wohnungen. Doch steht die Nutzung der anderen Wohnung, in der die Tochter der Klägerin, deren Ehemann und ihre Kinder wohnen und einen eigenen Haushalt führen und in der nicht auch die Klägerin wohnt, der Anwendung der Vermögensschutzregelung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht entgegen. Vielmehr genügt es insoweit, dass die Klägerin das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt. Denn mit dem Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ("selbst genutztes Hausgrundstück") geht es nach dem Zweck dieser Regelung nicht um den Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 13; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 35; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 54; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90). In diesem Sinne ist eigene Wohnung auch das selbst genutzte Haus, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird.

26

In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist für die Prüfung des verwertbaren Vermögens die gesamte Wohnfläche eines Hauses, selbst im Falle einer vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 16 ff). Der 4. Senat des BSG hat diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks mit der Überlegung gerechtfertigt, dass der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit stehe, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliege. Ausnahmen hat der 4. Senat für möglich gehalten bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile. Auch der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von der Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur der vom Eigentümer bewohnten Fläche auszugehen sei, wenn dieser in seiner Stellung als Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks zwar durch ein Wohnrecht zugunsten seiner Eltern hinsichtlich der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt sei. Nur wenn das Eigentum der Leistungen beanspruchenden Person auf den von ihr benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, käme eine andere Prüfung in Betracht (Urteil des Senats vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 13).

27

Solange eine Teilung des Eigentums nicht vorliegt, ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten und muss für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses und nicht nur auf die von der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abgehoben werden (vgl so bereits zur Arbeitslosenhilfe BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 35).

28

bb) Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit nur auf die Größe des Hausgrundstücks ("Hausgrundstück von angemessener Größe"). Auf andere die Angemessenheit bestimmende Faktoren und dabei insbesondere auf den Wert des Hausgrundstücks wird nach diesem Wortlaut - im Unterschied zu § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII - nicht abgestellt. Die durch diese isolierte Orientierung des Gesetzgebers des SGB II an der Größe der Immobilie bewirkte Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II gegenüber denen nach dem SGB XII, soweit Letztere Immobilien von angemessener Größe verwerten müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies fordert, hat das BSG bislang unbeanstandet gelassen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16). Auch vorliegend zählt die Klägerin, die Leistungen nach dem SGB II begehrt, zur Gruppe der privilegierten Leistungsberechtigten und ist insoweit eine Prüfung der Regelungsunterschiede zwischen § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII am Maßstab des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) hier nicht erforderlich. Auf eine möglicherweise unterschiedliche Wirkung der unterschiedlichen Regelungen im hier zu entscheidenden Fall kommt es insoweit nicht an.

29

(1) Die Gesamtwohnfläche des auch von der Klägerin bewohnten Hauses überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II, weil im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung nur auf die Klägerin allein abzustellen ist.

30

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG - in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur Alhi, die ihrerseits auf das Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bezug nahm (vgl BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 24 ff) - dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18, RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 19; BSG Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R, juris RdNr 29).

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Für Familienheime mit nur einer Wohnung und bis zu vier Personen sah das II. WobauG eine Wohnflächengrenze von 130 qm vor (§ 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 2 Nr 1 II. WobauG). Auf diese Grenze ist auch vorliegend abzustellen. Denn zwar sah § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG für Familienheime mit zwei Wohnungen eine Wohnflächengrenze von 200 qm vor, aber nur dann, wenn die zweite Wohnung als abgeschlossene Wohnung anzusehen war (§ 39 Abs 1 Satz 3 II. WobauG). Dies setzte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) voraus, dass beide Wohnungen in der Weise durch objektive bauliche Gestaltungsmerkmale dauerhaft vollkommen voneinander getrennt sind, wie dies für Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern typisch ist (vgl BVerwG Urteil vom 20.8.1986 - 8 C 23/84, juris RdNr 7 ff). Diese Voraussetzungen einer baulichen Abgeschlossenheit sind nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG vorliegend nicht erfüllt. Es kann daher offen bleiben, ob auf § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG, anders als noch in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, für die Angemessenheitsprüfung überhaupt zurückzugreifen wäre. Die danach hier maßgebliche Wohnflächengrenze von 130 qm ist nach der eben wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 qm pro Person zu reduzieren; typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22).

32

Hieraus ergibt sich für den Ein-Personen-Haushalt der Klägerin allein ein Grenzwert von 90 qm (130 qm - 2 x 20 qm = 90 qm). Dieser wird mit der vom LSG für den Senat bindend festgestellten Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm deutlich überschritten. Auf die Berücksichtigung von Besonderheiten der Flächenberechnungen von Häusern einerseits und Eigentums- und Mietwohnungen andererseits, die angesichts der im Regelfall bestehenden baulichen Besonderheiten eines Hauses eine Erhöhung der angemessenen Größe eines Hauses gegenüber einer Eigentumswohnung gerechtfertigt erscheinen lassen können (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 27), kommt es angesichts dieser deutlichen Überschreitung nicht an. Auch die Anwendung einer gewissen Toleranz, wie sie bei Überschreiten der Wohnflächengrenze um nicht mehr als zehn vom Hundert mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erwogen worden ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 23), würde vorliegend an der unangemessenen Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nichts ändern.

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(2) Von diesen im Regelfall anzuwendenden Wohnflächengrenzwerten kann ausnahmsweise nach den besonderen Umständen des Einzelfalls abgewichen werden. Denn es muss ein Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen bestehen bleiben, die zu einer Anpassung der Grenzwerte je nach den Umständen des Einzelfalls nach oben, ggf aber auch nach unten führen können (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16).

34

Ein besonderer Umstand des Einzelfalls, der ein Abweichen von der Grenze von 90 qm rechtfertigt, ist allerdings nicht, dass das in ihrem Alleineigentum stehende Haus der Klägerin zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen aufweist und die Familie der Tochter der Klägerin in der Erdgeschosswohnung des Hauses, die Klägerin aber allein in der 59 qm großen Dachgeschosswohnung wohnt und in beiden Wohnungen ein jeweils eigener Haushalt geführt wird.

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Zwar würde die Gesamtwohnfläche des Hauses die sich aus der Anwendung der Vorgaben des II. WobauG ergebenden Grenzwerte nicht überschreiten, wenn für die Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks nicht nur auf die Klägerin allein, sondern auf alle im Haus wohnenden Personen abzustellen wäre. Denn schon im Zeitpunkt der Antragstellung auf Alg II bestand die Familie der Tochter der Klägerin aus vier Personen (Tochter, Ehemann, zwei Kinder). Der Wohnflächengrenzwert von 130 qm für vier Personen, den die Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm ohnehin nicht überschreitet, würde mithin wegen der Belegung mit seinerzeit fünf und nunmehr sechs Personen sogar noch um jeweils 20 qm zu erhöhen sein. Indes sind maßgebliche Personen für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche eines Hauses bei der Prüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II neben den Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern iS des § 7 Abs 3 SGB II grundsätzlich nur die mit der Leistungen beanspruchenden Person für längere Zeit in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebenden weiteren Personen(vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23 f; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 92).

36

Eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II besteht - wie oben dargestellt - zwischen der Klägerin und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter indes nicht. Nach den bindenden Feststellungen des LSG ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit der Familie ihrer Tochter in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebt. Insoweit fehlt es schon am Leben in einem Haushalt. Denn die beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses sind zwar eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennt und baulich nicht voneinander abgeschlossen, aber sie sind jeweils eigene Wohnungen, in denen von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt wird.

37

Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des BSG bislang allein die Situation des Zusammenlebens von Pflegeeltern mit Pflegekindern in einem Haushalt anerkannt, die bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche eines Hauses zu einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Zwecksetzung des Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe -, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern, führt (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 23). Diese oder auch nur eine wertungsmäßig vergleichbare Situation liegt hier ersichtlich nicht vor.

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Andere normative Anknüpfungspunkte dafür, für die Frage der Angemessenheit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II des im Alleineigentum der Klägerin stehenden Hausgrundstücks darauf abzustellen, dass in dem Haus nicht nur die Klägerin lebt, sondern in einem eigenen Haushalt auch Angehörige leben, bietet das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht.

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(3) Nichts anderes folgt entgegen dem Revisionsvorbringen insoweit aus einem Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II mit § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII(in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022, am 1.1.2005 unverändert gebliebenen Fassung). Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in § 19 Abs 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit anderen Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich hierbei nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zB behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII).

40

Ersichtlich unterscheidet sich der hierdurch geregelte Vermögensschutz von dem des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII kennt § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das Kriterium des Zusammenbewohnens eines Hauses mit Angehörigen (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Der Gesetzgeber des SGB II hat sich insoweit - ebenso wie zB bei der Verwertung von Geldvermögen - nicht für eine Harmonisierung der Regelungen zur Verwertung von selbst genutzten Immobilien im Sozialhilferecht nach dem SGB XII einerseits und dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II andererseits entschieden (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16).

41

Dieser Unterschied zwischen beiden Leistungssystemen lässt sich nicht durch eine Berücksichtigung der so nur im Sozialhilferecht gesetzlich fixierten Angemessenheitskriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auch bei der Angemessenheitsprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einebnen(so aber Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 91; ähnlich auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2008, K § 22 RdNr 210). Dagegen spricht bereits, dass - wie oben dargestellt - § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II seinerseits für Leistungsberechtigte nach dem SGB II insoweit typischerweise privilegierend wirkt, als dort nur auf die Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks und nicht auch auf dessen Wert abgestellt wird, während nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII Hausgrundstücke von angemessener Größe verwertet werden müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies erfordert. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nach Maßgabe der oben dargestellten Rechtsprechung auch im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II eine Differenzierung der angemessenen Gesamtwohnfläche nach der Anzahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen erfolgt. Darüber hinaus bestimmt § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II mit Blick auf die Vermögensschutztatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, dass für die Angemessenheit die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend sind und ermöglicht dadurch im Einzelfall eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte als nur der angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks. Nicht zuletzt ermöglicht für Härtefälle § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II noch eine Korrektur unbilliger Ergebnisse auch im Rahmen des SGB II(siehe dazu unten b).

42

Dass darüber hinaus die Unterschiedlichkeit der Regelungen zur Verwertung von Hausgrundstücken in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zu einer benachteiligenden Andersbehandlung der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Personen führt, obwohl zwischen ihnen und den Leistungen nach dem SGB XII beanspruchenden Personen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können(vgl zu diesem Maßstab des Bundesverfassungsgerichts für eine iS des Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung: BVerfGE 112, 368, 401; 116, 229, 238), ist nicht ersichtlich. Aus Gleichbehandlungsgründen ist eine Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rechtsbereich des SGB II nicht erforderlich. Dagegen spricht schon, dass die vor- und nachteiligen Wirkungen der unterschiedlichen Regelungen in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zur Verwertung von Hausgrundstücken nicht für alle Fallkonstellationen bereits unmittelbar aus den Regelungsunterschieden selbst folgen, sondern einzelfallspezifisch durchaus unterschiedlich ausfallen können. Typischerweise ist sogar die Regelung im SGB II privilegierend im Vergleich zum SGB XII. Wirkt sich diese Privilegierung im Einzelfall nicht aus, zwingt dies nicht aus Gleichbehandlungsgründen zur Anwendung der Regelung im SGB XII. Zudem sind auch die jeweils unterschiedlichen Entstehungshintergründe beider Leistungssysteme, die typisierte Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten für die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sowie die konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze zu beachten (vgl dazu nur Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, Einleitung RdNr 1 f, 14 ff, 19 ff, 33 ff), an denen der Gesetzgeber seither im Wesentlichen festgehalten hat und die einer Harmonisierung beider Leistungssysteme durch die Rechtsprechung unter Vernachlässigung ihrer unterschiedlichen Normtexte Grenzen setzen (vgl zum Argument der Harmonisierung - in jeweils anderen Zusammenhängen - BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 21; BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, RdNr 37 ff; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 24; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R, juris RdNr 21; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris RdNr 18; BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 16/07 R - BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 15; vgl allg zur Harmonisierung von SGB II und SGB XII Stölting/Greiser, SGb 2010, 631).

43

Auch eine vergleichende Betrachtung für jeden Einzelfall, ob die Anwendung des Angemessenheitsbegriffs von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II oder von § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII für die Leistungen beanspruchende Person günstiger wäre, ist nicht angezeigt. Soweit die Regelungen zur Verwertungspflicht von unangemessenen Hausgrundstücken in beiden Leistungssystemen unterschiedlich sind, sind sie in ihrer Unterschiedlichkeit im jeweiligen Leistungssystem anzuwenden, weil ihre Harmonisierung verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Art 3 Abs 1 GG gebietet keine Identität der Rechtsfolgen in vergleichbaren Lebenslagen. Für unbillige Ergebnisse im Einzelfall sehen beide Gesetze Korrekturmöglichkeiten durch eine Härtefallregelung vor (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II, § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII).

44

Allerdings führt vorliegend nicht bereits die Anwendung von § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II zu einem anderen, für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Denn für eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte, die mit Blick auf die Lebensumstände der Klägerin während des (begehrten) Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere im Vergleich zu dem üblichen Lebenszuschnitt anderer Leistungsberechtigter (zu dieser Gegenüberstellung vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 79), für eine Angemessenheit des Hausgrundstücks streiten könnten, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Der von der Klägerin formulierte Wunsch, das seit 2001 in ihrem Alleineigentum stehende Hausgrundstück als Familienheim und Mehrgenerationenhaus zu erhalten, ist bei der Prüfung der Angemessenheit nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 und Satz 2 SGB II kein rechtlich maßgeblicher Gesichtspunkt. Denn eine Lebensstandardsicherung ist mit den existenzsichernden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, anders als mit der früheren Alhi, nicht bezweckt. Für das SGB II enthält danach zwar § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II eine für alle Vermögensschutztatbestände geltende nähere Konturierung des Angemessenheitsbegriffs, die sich aber von der spezifisch die Verwertung von Immobilienvermögen betreffenden Konkretisierung durch § 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII für das SGB XII unterscheidet und vorliegend nicht zugunsten der Klägerin wirkt.

45

Das stimmt auch mit dem oben bereits dargestellten Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II überein. Zwar ist vom Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks das Haus als Ganzes erfasst, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird. Für die Frage der Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks - genauer: der Gesamtwohnfläche des Hauses - aber ist auf den Haushalt abzustellen, in dem die Leistungen beanspruchende Person wohnt und lebt. Denn bezogen auf die durch die Familie der Tochter der Klägerin genutzte Wohnung im Erdgeschoss, in der diese Familie einen eigenen Haushalt führt, geht es für die Klägerin nicht um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung ihres Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt. Sie wohnt und lebt allein in ihrem eigenen Haushalt in der von ihr genutzten Wohnung im Dachgeschoss.

46

Soweit die Revision aus der Entwicklung der Vorschriften und der Rechtsprechung zum Schutz von Immobilienvermögen vor Verwertung von der Alhi zur Grundsicherung für Arbeitsuchende und aus einem Vergleich mit dem Sozialhilferecht vorliegend einen weitergehenden Schutz zugunsten der Klägerin abzuleiten sucht, steht dem der normative Befund entgegen, dass § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II - wie zuvor § 1 Abs 3 Nr 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO), an den der Gesetzgeber des SGB II anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1516 S 53) - allein auf das selbst genutzte Hausgrundstück von angemessener Größe abstellt. Ist das Hausgrundstück - wie hier für die Klägerin als allein in ihrem Haushalt lebende Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft - von unangemessener Größe, scheidet ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II aus.

47

Soweit dagegen mit der Revision der Schutz eines angemessenen "kleinen Familienheimes" geltend gemacht wird, steht dahinter die Überlegung, das Haus der Klägerin als Ganzes für die Klägerin und die Familie ihrer Tochter zu erhalten. Der damit formulierte Schutzgedanke hat daher schon zur Voraussetzung, was im Revisionsverfahren noch im Streit war, nämlich dass die Familie der Tochter in die Angemessenheitsprüfung der Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einzubeziehen ist. Die begehrte Einbeziehung kommt jedoch aus den vorstehenden Gründen nicht in Betracht. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II stellt - anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII mit seiner Kombination mehrerer die Angemessenheit eines Hausgrundstücks bestimmender Faktoren, mit der der Gesetzgeber des SGB XII an die Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1514 S 66) - für die Angemessenheit der Größe eines Hausgrundstücks eben nicht (auch) auf die Zahl der Bewohner "unter einem Dach" ab (zum Begriff "unter einem Dach" vgl nur Geiger in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 90 RdNr 45; vgl auch BVerwG Urteil vom 17.1.1980 - 5 C 48/78 - BVerwGE 59, 294, 298: Berücksichtigung derer, um deren "Dach über dem Kopf" es geht), sondern knüpft allein an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II, in einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II oder zumindest - wie bei Pflegeeltern und Pflegekindern - in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Personen an. Anlass, von dieser Begrenzung abzusehen und eine Ausnahme beim Wohnen von Angehörigen in jeweils eigenen Haushalten in zwei Wohnungen eines Hauses zu formulieren, besteht nicht.

48

b) Obwohl hier, wovon auch das LSG zu Recht ausgegangen ist, ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II wegen unangemessener Größe des Hausgrundstücks ausscheidet, hält der Senat in der vorliegenden Fallkonstellation eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II für möglich. Nach dieser Vorschrift, deren Wortlaut seit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) unverändert geblieben ist, sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II kommt die Funktion eines Auffangtatbestands und einer allgemeinen Härteklausel zu, die die atypischen Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden(vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 76, 118, mwN).

49

aa) Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 31 ff; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 25; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 28; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 27). Als ein solcher Umstand kommt vorliegend in Betracht, dass ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht geschützt ist, das nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, weil dort die "unter einem Dach" wohnenden Angehörigen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einbezogen werden, im SGB II aber (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII eine Orientierung bieten.

50

Denn sowohl bei dem SGB II als auch bei dem SGB XII handelt es sich hinsichtlich ihrer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ungeachtet der unterschiedlichen Entstehungshintergründe, der typisierten Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten sowie der konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze um der Existenzsicherung dienende, auf Bedarfsdeckung angelegte und bedürftigkeitsabhängige Leistungssysteme, die mit ihren voneinander getrennten leistungsberechtigten Personenkreisen zwar an verschiedene Lebenslagen anknüpfen (§ 5 Abs 2 SGB II, § 21 SGB XII), aber jeweils der Verwirklichung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) dienen. Ungeachtet ihrer Unterschiede stehen beide Leistungssysteme hinsichtlich ihrer Existenzsicherungsleistungen nicht in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis, sondern gleichrangig und selbstständig nebeneinander in einem Ausschließlichkeitsverhältnis (vgl Voelzke in Hauck/ Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 234 ff; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 21 RdNr 1 ff). Dieses Nebeneinander rechtfertigt es, in vergleichbaren Fallkonstellationen die für diese einschlägigen Regelungen des SGB II und des SGB XII vergleichend in den Blick zu nehmen. Unterscheiden sich die Regelungen in ihren Wirkungen, kann hieraus im Einzelfall ein Anlass zu Harmonisierung zugunsten der Leistungen beanspruchenden Person folgen, die im jeweils anderen Leistungssystem begünstigt wäre.

51

Hierfür spricht mit Blick auf die Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen auch eine Würdigung der Rechtsentwicklung: Die Existenzsicherungsleistungen der Alhi und der Sozialhilfe standen bis zum 31.12.2004 noch in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis (vgl nur Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 46). Nur wer keinen Anspruch auf Alhi hatte oder wessen Bedarf sie nicht vollständig deckte, konnte Anspruch auf Sozialhilfe haben; dies war verbunden mit der Geltung der unterschiedlichen Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen in § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiVO und § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das SGB II und das SGB XII jeweils tradieren. Wer Sozialhilfe statt oder neben Alhi bezog, für den galt in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation die im Einzelfall günstigere Regelung des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das Wohnen von Angehörigen "unter einem Dach" berücksichtigte. Seit 1.1.2005 stehen mit ihren leistungsberechtigten Personenkreisen und hinsichtlich ihres Umfangs die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und dem SGB XII nebeneinander. Das SGB XII ist mit seinen Leistungen insoweit kein "unterstes Netz" für die Leistungsberechtigten nach dem SGB II, vielmehr bilden beide Leistungssysteme innerhalb des sozialen Sicherungssystems das "unterste Netz" (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand VI/2011, K § 21 RdNr 9; zur Sozialhilfe als Referenzsystem für Leistungen nach dem SGB II vgl BT-Drucks 15/1514 S 52, wo in diesem Zusammenhang von der Sozialhilfe als das "unterste Netz" der sozialen Sicherung die Rede ist). Der Umstand, dass seither für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht vor Verwertung geschützt ist, das zuvor nach § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG geschützt sein konnte und nunmehr durch § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, kann Anlass für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II sein.

52

Vorliegend wäre nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und der Aktenlage das Hausgrundstück der Klägerin im Leistungssystem des SGB XII vor seiner Verwertung geschützt. Denn in dem Haus wohnt neben der Klägerin auch die Familie ihrer Tochter, sind diese mit der Klägerin das Haus zusammen bewohnenden Angehörigen nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII in die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Größe des Hauses einzubeziehen, ist das Haus danach mit seiner Gesamtwohnfläche von 129 qm nicht unangemessen groß und überschreitet es auch im Übrigen und insbesondere hinsichtlich seines Wertes nicht die sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien. Vielmehr handelt es sich um das typische geschützte "Familienheim", das über die Generationen weitergegeben werden soll (vgl zur Novellierung der Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG so bereits BT-Drucks 11/391 S 5), und dessen Schutz auch der Sinn und Zweck des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ist(BT-Drucks 15/1514 S 66), das aber in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützt ist.

53

bb) Für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II genügt indes nicht diese unterschiedliche Regelungswirkung unterschiedlicher Regelungen. Vielmehr sind für diese Härtefallprüfung ergänzend die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen. Die Einbeziehung auch von Angehörigen, die mit der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, aber nicht mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft oder auch nur in einem gemeinsamen Haushalt leben, liegt jedenfalls nahe, wenn diese Angehörigen ihrerseits hilfebedürftig sind. Andererseits kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der "unter einem Dach" mitwohnenden Angehörigen zum Ausschluss einer besonderen Härte führen, weil das Haus durch ihre Einbeziehung größer und wertvoller sein darf, verglichen mit einem Abstellen allein auf die Leistungen beanspruchende Person (hier die tatsächlichen 129 qm statt der für die Klägerin allein angemessenen 90 qm). Sinn und Zweck eines Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück aus Härtefallgründen ist es nicht, wirtschaftlich leistungsfähigen Angehörigen einer Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person ein kostenfreies Mitwohnen in einem Haus, dessen Schutz vor Berücksichtigung bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit begehrt wird, zu ermöglichen. Eine besondere Härte läge danach nicht vor, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Angehörige mit der Leistungen beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, ohne einen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Beitrag für das Wohnen zu leisten.

54

Diese modifizierte Übertragung des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auf eine vergleichbare Fallkonstellation im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II wahrt die Besonderheiten des SGB II und schützt vor missbräuchlichen Leistungsinanspruchnahmen, ohne den Gedanken einer Harmonisierung beider Leistungssysteme aus den Augen zu verlieren. Einzubeziehen in die Härtefallprüfung sind die Wertungen des SGB II, die sich ua aus dem Subsidiaritätsgedanken des § 9 Abs 1 SGB II ergeben(vgl zu Facetten des Nachranggrundsatzes Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 306 ff; Siebel-Huffmann in Berlit/Conradis/Sartorius, Handbuch Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 9, RdNr 28; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 9 RdNr 9, 21), und ein Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII, der zeigt, dass der Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach dem SGB II die typischerweise privilegierende Regelung ist. Die Unbilligkeit, die daraus zu folgen vermag, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Vermögensschutzregelung nach dem SGB XII für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person günstiger wäre, kann die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II rechtfertigen, ohne zu einer Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zwingen, die Modifikationen nicht zulässt. Die Berücksichtigung sozialhilferechtlicher Angemessenheitskriterien nach dem SGB XII im Rahmen der grundsicherungsrechtlichen Härtefallprüfung nach dem SGB II lässt vielmehr Raum für Modifikationen, wie hier eine mit dem ergänzenden Prüfkriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der mitwohnenden Angehörigen formuliert worden ist, um den Sinn und Zweck des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach dem SGB II zu wahren. Dieser besteht im Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt der Leistungen beanspruchenden Person, nicht aber im Schutz eines in getrennten Haushalten zusammen ein Haus bewohnenden Familienverbandes um jeden Preis.

55

6. Ausgehend von diesen Maßgaben wird das LSG zu prüfen haben, ob hier eine besondere Härte vorliegt. Dafür spricht, dass die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin ein Darlehen über 75 000 Euro aufgenommen haben und Beiträge für die Tilgung dieses Darlehens leisten, dessen Mittel zumindest teilweise zur Finanzierung von Arbeiten am und im Haus der Klägerin verwandt worden sein sollen. Die näheren Umstände von Darlehensaufnahme, -verwendung, -tilgung und -sicherung wird das LSG aufzuklären haben.

56

Daneben liegt es nahe, die jeweiligen Beiträge der Klägerin und der Familie ihrer Tochter zu den Kosten des Hausgrundstücks und den Kosten des eigenen Wohnens im Haus zu betrachten sowie diese Kostenbeiträge in ein Verhältnis zur jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu setzen.

57

Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass eine besondere Härte zu bejahen ist, ist das Hausgrundstück der Klägerin vor Verwertung geschützt und im Rahmen der Prüfung ihrer Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen. Das LSG wird in diesem Fall noch Feststellungen zum Bedarf der Klägerin, insbesondere zu ihren Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, und zu ihrem zu berücksichtigenden Einkommen, ggf auch aus Leistungen seitens der Tochter und ihres Ehemanns an die Klägerin, zu treffen haben. Erst auf dieser Grundlage kann für die einzelnen Monate des streitbefangenen Zeitraums abschließend entschieden werden, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

58

Wenn das LSG dagegen zu der Überzeugung gelangt, dass auch nach den Maßgaben des Senats eine besondere Härte nicht vorliegt, ist das wirtschaftlich verwertbare, bislang nicht verwertete Hausgrundstück der Klägerin mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen und schließt dies ihre Hilfebedürftigkeit und damit den geltend gemachten Anspruch auf Alg II im streitbefangenen Zeitraum aus. Dies hat das LSG in seinem angefochtenen Urteil, ausgehend von seiner rechtlichen Wertung des Nichtvorliegens einer besonderen Härte, bereits festgestellt und zutreffend begründet.

59

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. Januar 2013 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Zahlung von Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 1.12.2007 bis zum 31.3.2008 als Zuschuss nur für die Klägerin.

2

Die im Jahr 1957 geborene Klägerin und ihr im Jahr 1987 geborener Sohn leben in einer Bedarfsgemeinschaft in einer 110 qm großen Eigentumswohnung (ETW) mit fünf Zimmern. Nachdem ihnen zuletzt bis zum 30.11.2007 Alg II als Zuschuss gewährt worden war, stellte die Klägerin einen Fortzahlungsantrag ab 1.12.2007. Die Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters (im Folgenden auch: Beklagter) lehnte den Antrag ab, weil die ETW verwertbares Vermögen sei, und wies auf die Möglichkeit einer darlehensweisen Leistungsgewährung hin; der Wert der ETW betrage 124 800 Euro, abzüglich von Belastungen in Höhe von 100 407,09 Euro sei ein verwertbares Vermögen von 24 392,91 Euro vorhanden; dass von der Klägerin ein Raum als Behandlungsraum und einer als Arbeitszimmer für ihre selbstständige Tätigkeit als Fengshui-Beraterin genutzt werde, könne keine Berücksichtigung finden (Bescheid vom 3.1.2008; Widerspruchsbescheid vom 16.4.2008). Vom 1.4.2008 bis zum 30.6.2009 erhielt die Klägerin darlehensweise Alg II, anschließend stand sie in einem Arbeitsverhältnis.

3

Das Sozialgericht (SG) hat die auf Zahlung von Alg II als Zuschuss gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 14.4.2011). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 30.1.2013) und unter Bezugnahme auf das Urteil des SG ausgeführt: Die ETW weise einen Verkehrswert von 124 800 Euro auf und sei nicht nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 oder Nr 6 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geschützt, weil die angemessene Wohnfläche einer ETW bei zwei Personen nur bis zu 80 qm betrage. Ob ein Teil der ETW beruflich genutzt werde, könne dahingestellt bleiben, weil angesichts der sporadischen Einnahmen der Klägerin in den Monaten Juli, August, Oktober 2007 zweifelhaft sei, ob tatsächlich eine dauerhafte gewerbliche Nutzung vorliege. Auch die Größe von zwei Arbeitszimmern mit insgesamt 19,3 qm für die Tätigkeit als Fengshui-Beraterin könne nicht nachvollzogen werden. Selbst wenn der von der Klägerin allein genutzte Raum von 14,5 qm berücksichtigt werde, liege die Wohnfläche mit 95,5 qm oberhalb der Angemessenheitsgrenze. Abzüglich der Belastungen bleibe ein verwertbares Vermögen von 24 390,91 Euro übrig, das nach Abzug des Freibetrags von 8250 Euro für die Klägerin zu einem zu berücksichtigenden Vermögen von 16 140 Euro führe. An dem zu berücksichtigenden Vermögen ändere sich nichts, selbst wenn die Vorfälligkeitszinsen von 1 %, das wären 1000 Euro, und nicht, wie die Klägerin meine, 10 000 Euro, abgezogen würden. Maklerprovision, Notargebühren sowie Grunderwerbssteuer würden in der Regel vom Käufer getragen und das zu berücksichtigende Vermögen der Klägerin nicht reduzieren. Umstände, die für eine besondere Härte sprächen, seien nicht ersichtlich.

4

Mit der - vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen - Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts, das LSG habe § 12 SGB II fehlerhaft angewandt: Die bei der Verwertung von Häusern und ETW erforderliche Prognose, ob eine Verwertung in näherer Zeit erfolgen könne, sei weder von dem Beklagten noch den Vorinstanzen angestellt worden. Bei einer teilweise gewerblichen Nutzung liege die Angemessenheitsgrenze nicht bei 80 qm, vielmehr sei von diesem Wert entsprechend abzuweichen. Das LSG habe gegen seine Amtsermittlungspflicht verstoßen, weil es keine Ermittlungen zur Größe der Wohnung durchgeführt habe. Das LSG habe die offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung der ETW unzutreffend beurteilt. Eine solche sei gegeben, wenn der auf dem Markt erzielbare Wert in einem deutlichen Missverhältnis zum "wirklichen Wert" stehe. Zur Ermittlung des wirklichen Wertes hätten ihre Aufwendungen zum Erwerb der ETW in die Berechnung eingestellt werden müssen. Das LSG habe den Verkehrswert unter Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht unzutreffend ermittelt, weil es ungeprüft den von dem Beklagten zugrunde gelegten Wert übernommen habe. Von dem erzielbaren Verkaufspreis für die ETW seien nicht nur die Kredite, sondern auch die Vorfälligkeitsentschädigung, die sie - die Klägerin - bei Ablösung der Kredite an die Bank zahlen müsse, abzuziehen. Diese betrage nicht, wie das LSG unter Verstoß gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör und seine Pflicht zur Amtsermittlung behauptet habe, 1000 Euro, sondern wie sich aus den beigefügten Bankauskünften ergebe, ca 8650 Euro. Das LSG habe im Rahmen der besonderen Härte nicht geprüft, ob die ETW als Altersvorsorgevermögen geschützt sei, obwohl dafür auch Hauseigentum in Betracht komme. Bei der Berechnung der Vermögensfreibeträge sei auch ein Freibetrag für den Sohn zu berücksichtigen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. Januar 2013 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. April 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 3. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. April 2008 zu verurteilen, ihr vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. März 2008 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung des Rechtsstreits begründet, weil mangels ausreichender Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden kann, ob die Klägerin einen Anspruch auf das begehrte Alg II als Zuschuss hat.

8

Prozessrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen, insbesondere ist die erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage, mit der ein Grundurteil über das von der Klägerin beantragte Alg II begehrt wird, zulässig (§ 130 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz).

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Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten und von SG und LSG verneinten Anspruch auf Alg II als Zuschuss sind § 19 iVm § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II in der für die strittige Zeit geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954 - ArbMDienstLG 4, im Folgenden: SGB II aF), die trotz der Neufassung des § 19 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453, im Folgenden SGB II nF) in der Sache, soweit sie vorliegend von Bedeutung sind, bis heute nicht geändert wurden.

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Die Grundvoraussetzungen, um Leistungen nach dem SGB II zu erhalten, nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erfüllte die Klägerin hinsichtlich des Alters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland; Anhaltspunkte für einen Ausschlusstatbestand, insbesondere nach § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 5 SGB II sind nicht zu erkennen.

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Ob die Klägerin jedoch auch hilfebedürftig nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, §§ 9, 11, 12 SGB II war, kann aufgrund fehlender Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden. Hilfebedürftig im Sinne der genannten Vorschriften ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere zu berücksichtigendem Einkommen und Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Zwar ist nach § 9 Abs 4 SGB II auch derjenige hilfebedürftig, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde, in diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen. Darlehensweise Leistungen hat die Klägerin jedoch ausdrücklich nicht begehrt; sie sind nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.

12

Zu berücksichtigendes Einkommen erzielte die Klägerin nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG in der maßgeblichen Zeit nicht, ebenso wenig erhielt sie zu berücksichtigende Hilfen anderer. Mögliches Einkommen oder Vermögen ihres Sohnes, mit dem sie nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG eine Bedarfsgemeinschaft bildete (§ 7 Abs 3 SGB II), ist hinsichtlich ihres Bedarfes nicht zu berücksichtigen (vgl § 9 Abs 2 SGB II).

13

Offen und aufgrund fehlender Feststellungen des LSG nicht abschließend zu beurteilen ist aber, ob in Übereinstimmung mit den Entscheidungen des Beklagten und der Vorinstanzen die von der Klägerin und ihrem Sohn bewohnte ETW als Vermögen nach § 12 SGB II zu berücksichtigen ist und einem Anspruch der Klägerin auf Alg II als Zuschuss entgegensteht.

14

Als Vermögen sind nach § 12 Abs 1 SGB II, dessen Wortlaut ebenso wie der der nachfolgenden Vorschriften seit dem Inkrafttreten des SGB II unverändert geblieben ist, alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen(dazu 1.). Nicht als Vermögen zu berücksichtigen ist eine selbstgenutzte ETW von angemessener Größe nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II(dazu 2.). Bei einer unangemessenen Größe der ETW ist des Weiteren zu prüfen, ob ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 1 SGB II(dazu 3.) oder für den Betroffenen eine besondere Härte darstellt nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II(dazu 4.). Sollte die ETW nach diesen Voraussetzungen zu verwerten sein, so ist noch zu berücksichtigen, dass vom gesamten verwertbaren Vermögen die Freibeträge nach § 12 Abs 2 SGB II abzusetzen sind(dazu 5.).

15

1. Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können (sog "Versilbern"; stRspr: BSG Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R - BSGE 99, 248 = SozR 4-4200 § 12 Nr 6 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 15, jeweils mwN auch zum Folgenden). Der Begriff "Verwertbarkeit" enthält eine tatsächliche Komponente, weil solche Vermögensgegenstände nicht verwertbar sind, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder sie, wie Grundstücke infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind (BSG Urteil vom 6.12.2007, aaO, RdNr 12: Belastung eines Erbbaurechts mit einem Nießbrauchsrecht), und auch keine andere Verwertungsmöglichkeit ersichtlich ist. Ein Aspekt dieser tatsächlichen Verwertbarkeit ist die für sie benötigte Zeit, hinsichtlich der ggf eine Prognose erforderlich ist. Für diese Prognose ist auf den bevorstehenden Bewilligungszeitraum abzustellen; eine Festlegung für darüber hinausgehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten (stRspr: BSG Urteil vom 6.12.2007, aaO, RdNr 15; BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 23; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 19).

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Im Urteil des LSG und in dem in Bezug genommenen Urteil des SG mangelt es schon an einer klaren Feststellung, ob die Klägerin Mit- oder Alleineigentümerin der ETW ist. Auch zu der tatsächlichen Verwertbarkeit der ETW durch Verkauf, von der das LSG nach seinen übrigen Ausführungen ausgegangen ist, und zu der dafür benötigten Zeit sind den genannten Urteilen keine Feststellungen zu entnehmen.

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2. Die ETW ist nicht als selbstgenutzte ETW geschützt. Nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ist nicht als Vermögen zu berücksichtigen eine selbstgenutzte ETW von angemessener Größe.

18

a) Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG dahingehend konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks oder einer ETW mit Blick auf die Gesamtgrundfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (stRspr: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 22 RdNr 30, jeweils mwN). Die angemessene Größe einer ETW ist nach den Vorgaben des II. WoBauG ausgehend von dem dort enthaltenen Grenzwert von 120 qm bei einer Bewohnerzahl von weniger als vier Personen grundsätzlich um 20 qm pro Person bis zu einer Mindestgröße von 80 qm zu mindern (BSG Urteil vom 7.11.2006, aaO, RdNr 17 ff; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - RdNr 16).

19

Die genannten Wohnflächengrenzen nach dem II. WoBauG können jedoch nicht als quasi normative Größen herangezogen werden, sondern bedürfen beim Vorliegen besonderer Umstände einer Anpassung, da Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen im Einzelfall bestehen bleiben muss (stRspr: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - RdNr 16; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 22 RdNr 33; vgl auch BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 26 f zur Differenzierung zwischen ETW und Häusern). Insbesondere kann im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach Art 20 Abs 3 Grundgesetz (; vgl Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 20 RdNr 80 mwN) bei einer Überschreitung der angemessenen Wohnfläche um nicht mehr als 10 vH noch von einer angemessenen Wohnfläche auszugehen sein (BSG Urteil vom 7.11.2006, aaO, RdNr 23; vgl BSG Urteil vom 15.4.2008, aaO, RdNr 27). Umstände, die eine Änderung der Wohnfläche nach dem II. WoBauG rechtfertigen, hat das BSG angenommen beim Zusammenleben von Pflegeeltern mit Pflegekindern in einem Haus wegen der Zwecksetzung des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe -, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 23-24). Verneint hat das BSG solche Umstände hinsichtlich eines im Alleineigentum der Antragstellerin stehenden Hausgrundstückes mit einer Wohnfläche von 129 qm, von denen diese nur 59 qm als eigene Wohnung nutzte, während die nicht im Leistungsbezug nach dem SGB II stehende Familie der Tochter der Antragstellerin die übrige Wohnfläche im Rahmen einer baulich nicht abgeschlossenen zweiten Wohnung in einem getrennten Haushalt nutzte (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 22 RdNr 34 ff).

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b) Die Ausübung eines Gewerbes oder Berufs in einem selbstgenutzten Haus oder einer selbstgenutzten ETW kann ein solcher besonderer Umstand sein, weil mittels dieses Gewerbes oder Berufs ein zentrales Ziel des SGB II, dass der Hilfebedürftige seinen Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten kann (§ 1 Abs 1 Satz 1 SGB II aF; § 1 Abs 2 Satz 1 SGB II nF), erreicht werden kann. Eine hierauf beruhende Erhöhung der angemessenen Wohnfläche trägt der gesetzgeberischen Anordnung Rechnung, dass die Grundsicherung den Hilfebedürftigen bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen soll (§ 1 Abs 1 Satz 2 SGB II aF; § 1 Abs 2 Satz 2 SGB II nF). Hintergrund für diese Regelungen sind die aufgrund der Ausübung eines Gewerbes oder Berufs zu erwartenden Einnahmen des Hilfebedürftigen, die ihrerseits dessen Hilfebedürftigkeit verringern und nach § 11 SGB II zu berücksichtigen sind. Für eine Einbeziehung einer Fläche, die der Ausübung eines Gewerbes oder Berufs dient, in die Angemessenheitsgrenze sprechen auch der Vermögensschutz für ein angemessenes Kfz des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II, der ebenfalls dem Ziel dient, dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Arbeitsaufnahme zu erleichtern(BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 14), sowie im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe -(SGB XII) der Schutz von Vermögensgegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind (§ 90 Abs 2 Nr 5 SGB XII). Soweit diese Frage in der Literatur erörtert wird, wird die Berücksichtigung von beruflichen Bedürfnissen des Wohnungsinhabers bejaht (Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 92). Aufgrund des Ziels der Eingliederung in das Erwerbsleben unterscheidet sich die Beurteilung von gewerblich oder beruflich genutzten Flächen dem Grunde nach von der einer vermieteten Einliegerwohnung (vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18). Die Berücksichtigung von solchen gewerblich oder beruflich genutzten Flächen als besonderer Umstand erfordert jedoch, um dem Ausnahmecharakter der Regelung in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II gerecht zu werden, dass die Flächen eindeutig der Gewerbe- oder Berufsausübung zuzuordnen sind, es sich also typischerweise um Zimmer handelt, die nur für diesen Zweck genutzt werden. Von der Erhöhung der angemessenen Wohnfläche im Rahmen des geschützten Vermögens nach § 12 SGB II zu unterscheiden sind die angemessenen Bedarfe für die Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, die im Übrigen gewerblich genutzte Räume nicht umfassen(BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 RdNr 15: Künstleratelier).

21

Die aufgrund einer Gewerbe- oder Berufsausübung zu berücksichtigenden Flächen erhöhen die Angemessenheitsgrenze und bewirken keine Änderung hinsichtlich der zu berücksichtigenden Größe des Hauses oder der ETW, weil durch diese Umstände nicht die im Eigentum des Hilfebedürftigen stehende Wohnfläche verkleinert wird, vielmehr ist nach wie vor die gesamte Wohnfläche in die Prüfung der Angemessenheit einzubeziehen (BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 16 ff: Hausgrundstück mit vermieteter Einliegerwohnung; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 22 RdNr 25 ff: Zweifamilienhaus).

22

c) Zwar wird die umstrittene ETW von der Klägerin selbst genutzt, sie liegt jedoch mit einer Wohnfläche von 110 qm deutlich, dh mehr als 10 vH, über der für die Klägerin angemessenen Wohnfläche von 94,5 qm, auch wenn das von ihr ausgeübte Gewerbe in die Berechnung der angemessenen Größe einbezogen wird.

23

Hinsichtlich der Wohnfläche der ETW ist von 110 qm auszugehen, weil das LSG diesen Wert festgestellt hat und die von der Klägerin insofern erhobene Aufklärungsrüge nicht durchgreift. Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Rüge im Revisionsverfahren ist die Behauptung von Tatsachen, aus denen sich ein Aufklärungsbedarf hinsichtlich der entsprechenden Feststellung des LSG ergibt (vgl § 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Das bloße Inzweifelziehen einer Feststellung des LSG und die Benennung eines bestimmten Berechnungsumstandes, den das LSG ggf berücksichtigt hat, genügt nicht, zumal die Klägerin selbst in ihrer Klagebegründung eine Wohnfläche von 110 qm angegeben hat.

24

Hinsichtlich der angemessenen Wohnfläche ist anstelle von 80 qm als Mindestgröße von 94,5 qm auszugehen, wenn der von der Klägerin für ihr Gewerbe als Fengshui-Beraterin genutzte Raum von 14,5 qm in die Berechnung der angemessenen Wohnfläche einbezogen wird, obwohl das LSG hinsichtlich der Ausübung des Gewerbes mangels entsprechender Einkünfte Zweifel hatte. Ob es sich wirklich um ein auf die Erzielung von Einkommen gerichtetes Gewerbe oder eine Liebhaberei handelte, wird das LSG festzustellen haben. Nicht in die Berechnung einzubeziehen ist der weitere Raum, der nach den von der Klägerin nicht gerügten Feststellungen des LSG sowohl von ihr ua für ihre berufliche Tätigkeit als auch von ihrem Sohn privat genutzt wurde.

25

3. Ob eine Verwertung der ETW offensichtlich unwirtschaftlich ist, kann nicht abschließend beurteilt werden. Nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 1 SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist.

26

a) Von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ist auszugehen, wenn der auf dem Markt erzielbare Wert in einem deutlichen Missverhältnis zum "wirklichen Wert" oder Substanzwert steht. Bei einem Hausgrundstück oder einer ETW kommt eine solche Unwirtschaftlichkeit in Betracht, wenn bei einer Veräußerung nach Abzug der verkaufsbedingten Aufwendungen vom erzielten Verkaufspreis wesentlich weniger als der zum Erwerb und zur Herstellung der Immobilie aufgewendete Gesamtbetrag erzielt werden könnte; gewisse Verluste - insbesondere unter dem Aspekt veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwertes - können jedoch als zumutbar angesehen werden, eine absolute Grenze lässt sich nicht ziehen (stRspr BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 234 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 40; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 23 ff). Die Verneinung einer absoluten Grenze folgt aus dem Charakter der gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriffe "offensichtlich" und "unwirtschaftlich", die trotz ihrer Auslegung und Konkretisierung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, zB durch Fallgruppen, letztlich unbestimmt bleiben und ihrer Anwendung im jeweiligen Einzelfall bedürfen (BSG Urteil vom 20.2.2014 - B 14 AS 10/13 R - vorgesehen für SozR 4-4200 § 12 Nr 23, RdNr 36, 42).

27

b) Aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob eine Verwertung der ETW nach diesen Voraussetzungen offensichtlich unwirtschaftlich ist. Feststellungen des LSG zum Substanzwert der Wohnung, also den Kosten, die ggf von der Klägerin für ihren Erwerb aufgewendet werden mussten (zB Kaufpreis, Grunderwerbssteuer, ggf Makler- und Notarkosten), sowie zu ihrem Nutzungsvorteil fehlen völlig. Die Feststellungen zum erzielbaren Gegenwert sind unzureichend: Dies beginnt bei dem zu erwartenden Verkaufserlös, den das LSG anknüpfend an die Angabe des Beklagten mit 124 800 Euro bezifferte, ohne hierfür ein Beweismittel zu benennen und zu belegen, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs 4 Satz 2 SGB II erfüllt sind, nach dem für die Bewertung der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem der Leistungsantrag gestellt wurde. Unzureichend sind auch die Feststellungen hinsichtlich der verkaufsbedingten Aufwendungen, die von einem Verkaufserlös abzuziehen sind, weil sie mit dem Verkauf verbunden sind, wie insbesondere die Vorfälligkeitsentschädigung zur Ablösung der auf der ETW ruhenden Belastungen.

28

Das LSG hat zur Bestimmung der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung 1 % des Betrages der auf der ETW ruhenden Belastungen von 100 407,09 Euro angenommen, insgesamt 1000 Euro, ohne diese Schätzung durch ein Beweismittel zu belegen. Die hiergegen erhobene Verfahrensrüge der Klägerin greift durch (vgl § 164 Abs 2 Satz 3 SGG), weil diese unter Vorlage von Bescheinigungen ihrer Bank, die in der Summe einen Betrag von 8650 Euro als Vorfälligkeitsentschädigungen aufführen, unter Angabe von Tatsachen überzeugend ausgeführt hat, dass der vom LSG angenommene Betrag nicht der Realität entspricht, zumal die Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung ohne Angaben zu Zinshöhe und Restlaufzeit der betreffenden Kredite nicht valide zu bestimmen ist.

29

4. Die Verwertung der ETW würde keine besondere Härte darstellen. Nach § 12 Abs 2 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.

30

a) Der Regelung kommt die Funktion eines Auffangtatbestandes und einer allgemeinen Härteklausel zu, die die atypischen Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II und die Absetzbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden. Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein eindeutig größeres Opfer abverlangen, als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist gerichtlich voll überprüfbar, weil es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (stRspr: BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 31 ff; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 22 RdNr 48 f).

31

b) Das LSG hat zu Recht das Vorliegen einer besonderen Härte verneint, weil seinen Feststellungen keine Umstände zu entnehmen sind, die für eine solche Härte sprechen, und von Seiten der Klägerin keine Verfahrensrügen hinsichtlich solcher Umstände erhoben wurden.

32

Soweit die Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 25.3.1999 (B 7 AL 28/98 R - BSGE 84, 48 = SozR 3-4220 § 6 Nr 7)zum Arbeitslosenhilferecht meint, es liege eine besondere Härte vor, weil die Wohnung als Altersvorsorgevermögen anzusehen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Nach diesem Urteil (RdNr 20) konnte auch ein Haus- und Grundbesitz, der zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung - sei es in Form des Verbrauchs des Verkaufserlöses, des Erzielens von Mieteinnahmen oder als Alterswohnsitz - bestimmt war, unter den Schutz des § 6 Abs 3 Satz 2 Nr 3 Alt 3 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) fallen, nach dem die Verwertung von Vermögen nicht zumutbar war, soweit es zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt war. Wie in der Revisionsbegründung schon angedeutet wird, kann die damalige Begründung zu § 6 Abs 3 Satz 2 Nr 3 Alt 3 AlhiV nicht auf die heutige andere Rechtslage nach § 12 SGB II übertragen werden. Dagegen spricht vor allem, dass im Unterschied zum früheren § 6 AlhiV der heutige § 12 SGB II in Abs 2 Nr 2 und 3 ausdrückliche Regelungen zum geschützten Altersvorsorgevermögen enthält.

33

5. Einer Verwertung der ETW könnten die Freibeträge nach § 12 Abs 2 SGB II entgegenstehen.

34

a) Ein isoliert betrachtet unangemessener Vermögensgegenstand iS des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II ist nicht in jedem Fall zu verwerten, vielmehr ist im Rahmen des § 12 SGB II eine Gesamtbetrachtung aller Vermögensgegenstände und Vermögenswerte anzustellen. Denn andernfalls wäre ein Hilfebedürftiger gezwungen, einen - isoliert betrachtet - unangemessenen Gegenstand zu "versilbern", obwohl der aus der Verwertung zufließende Geldbetrag in diesem Moment als Geldvermögen geschützt ist, soweit er die Freibeträge des § 12 Abs 2 SGB II nicht erreicht und kein entgegenstehendes, weiteres Geldvermögen vorhanden ist. Die Verwertung des Gegenstandes wäre dann sinnlos, weil die Vermögensverwertung nicht zu dem gesetzgeberischen Ziel der Vermeidung von Hilfebedürftigkeit führt. Ob dieses Ziel erreicht werden kann, ist nur zu beurteilen, wenn das verwertbare, zu berücksichtigende Vermögen des Hilfebedürftigen insgesamt den Absetzbeträgen gemäß § 12 Abs 2 SGB II gegenübergestellt wird(BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 12, 18 f).

35

b) Diese Prüfung ist vorliegend mangels näherer Feststellungen des LSG nicht möglich, selbst wenn vorbehaltlich der zuvor aufgezeigten weiteren Feststellungen die ETW zu verwerten ist. Zur Ermittlung der Freibeträge der Klägerin ist aufgrund des Revisionsvorbringens jedoch darauf hinzuweisen, dass § 12 Abs 2 Nr 1a SGB II kein "Kinderfreibetrag" ist, der den Eltern zusteht und ihren Freibetrag erhöht, sondern ein Freibetrag für das Kind hinsichtlich seines Vermögens(vgl mit ausführlicher Begründung BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 19 ff).

36

6. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren vorbehalten.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - hier: Arbeitslosengeld II (Alg II) - nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit ab 12.11.2008. Im Streit ist insbesondere die Berücksichtigung eines in ihrem Alleineigentum stehenden Hausgrundstücks.

2

Die im Jahr 1953 geborene, alleinstehende Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks in N, Gemarkung B, Flur 13, Flurstück 364, Lagebezeichnung H straße Auf dem 471 qm großen Grundstück befindet sich eine 1963 erbaute Doppelhaushälfte mit einem Zweifamilienhaus und einer Gesamtwohnfläche von 129 qm. Im Erdgeschoss und im Dachgeschoss befinden sich jeweils eigene Wohnungen, die baulich nicht voneinander abgeschlossen sind. Die Erdgeschosswohnung hat eine Wohnfläche von 70 qm und die Dachgeschosswohnung von 59 qm. Das Hausgrundstück stand ursprünglich im Eigentum der Eltern der Klägerin, die die Erdgeschosswohnung bewohnten. Die mittlerweile geschiedene Klägerin wohnte seinerzeit zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in der Dachgeschosswohnung. Im Jahr 2001 übertrugen die Eltern der Klägerin dieser unentgeltlich und lastenfrei das Alleineigentum an dem Grundstück. Dabei war zur Bestimmung der Kosten des Grundbuchamts von einem Verkehrswert von 210 000 DM ausgegangen worden. Nunmehr - nach dem Tod ihrer Eltern - wohnt die Klägerin allein in der Dachgeschosswohnung und in der Erdgeschosswohnung wohnen in einem eigenen Haushalt die Tochter der Klägerin, ihr Ehemann und deren mittlerweile drei Kinder. Im Oktober 2008 wies das Grundstück einen Verkehrswert von 143 000 Euro und zuletzt, im Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen, einen Verkehrswert von gut 130 000 Euro auf. Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld über 75 000 Euro, die der Sicherung eines von der Tochter der Klägerin und ihrem Ehemann Ende 2007 aufgenommenen Darlehens in Höhe von 75 000 Euro dient. Das Darlehen wird in monatlichen Raten von 495,63 Euro getilgt. Zum 31.12.2011 bestand die Darlehensforderung noch in Höhe von 65 073,46 Euro.

3

Die Klägerin bezog vom 1.9.2008 bis zum 11.11.2008 Arbeitslosengeld. Sie beantragte am 20.10.2008 bei dem Beklagten Alg II für die Zeit ab 12.11.2008. Die ARGE V als Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters lehnte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 9.1.2009, Widerspruchsbescheid vom 15.6.2009). Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Sie verfüge über zu berücksichtigendes Vermögen, weil das Hausgrundstück für sie allein unangemessen groß sei. Für die Angemessenheitsprüfung sei nur auf die Klägerin und nicht auch auf die Familie ihrer Tochter abzustellen, denn es bestünde keine Bedarfsgemeinschaft und auch keine Haushaltsgemeinschaft iS des SGB II. Die Möglichkeit einer darlehensweisen Hilfegewährung sei von der Klägerin abgelehnt worden.

4

Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Urteil vom 27.1.2012) und die Berufung der Klägerin zum LSG (Urteil vom 22.10.2012) blieben erfolglos. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, das im Alleineigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück sei nicht vor einer Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt, denn für die Klägerin allein sei nur ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche bis zu 90 qm angemessen. Der Umstand, dass die Familie ihrer Tochter in einem eigenen Haushalt auch in dem Haus wohne, sei für die Frage nach dem Schonvermögen der Klägerin iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II unbeachtlich. Aus einem Vergleich mit der abweichenden Regelung in § 90 Abs 2 Nr 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) folge nichts anderes.

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei ihr Hausgrundstück als "Familienheim" und "Mehrgenerationenhaus" vor der Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt. Zudem müsse, da das mit Angehörigen bewohnte Hausgrundstück bei Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, es vorliegend auch im Rahmen des SGB II geschützt sein.

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 12. November 2008 bis zum 22. Oktober 2012 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind in der Sache die Urteile des LSG und des SG und die angefochtenen Bescheide des Beklagten sowie der Anspruch der Klägerin auf Alg II als Zuschuss für die Zeit ab 12.11.2008 (erster Tag nach Bezug von Arbeitslosengeld). Streitbefangen im Revisionsverfahren ist der Zeitraum bis zum 22.10.2012 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG). Mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrt die Klägerin die Aufhebung der Urteile des LSG und des SG und der angefochtenen Bescheide sowie die Verurteilung des Beklagten zur zuschussweisen Zahlung von Alg II; die Leistungsklage ist insoweit auf den Erlass eines Grundurteils gerichtet (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).

10

2. Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Alg II ist § 19 iVm §§ 7, 9 und §§ 20, 21 und 22 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

11

Nach § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte als Alg II Leistungen, die den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfassen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben(Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).

12

3. Die Klägerin erfüllt nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.

13

4. Allerdings fehlen ausreichende Feststellungen des LSG zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin. Hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist nach § 9 Abs 1 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850), wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 4 SGB II auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen. Darlehensweise Leistungen hat die Klägerin jedoch ausdrücklich nicht begehrt; sie sind nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.

14

Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II der Klägerin ist zunächst festzustellen, ob sie mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet(dazu unter a) und sind sodann ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf (dazu unter b) die zu dessen Deckung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten der Klägerin (dazu unter c) gegenüberzustellen.

15

a) Die Klägerin ist geschieden und lebt in ihrem Haushalt allein. Sie ist in Anwendung der Vorgaben des § 7 Abs 3 SGB II dazu, welche Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören, eine alleinstehende Person. Es besteht auch keine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II zwischen ihr und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter, die in einem eigenen Haushalt lebt. In den beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses wird von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt.

16

b) Nach § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II umfasst das Alg II den Regelbedarf(§ 20 SGB II), Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II).

17

Zum Bedarf der Klägerin fehlen nähere Feststellungen des LSG. Feststellen lassen sich im Revisionsverfahren nur die für die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Höhen der Regelleistung (bis 31.12.2010) und des Regelbedarfs (ab 1.1.2011) zur Sicherung des Lebensunterhalts. Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin daneben auch Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II) in Betracht kommen könnten, sind nicht ersichtlich. Unbekannt ist, in welcher Höhe im streitbefangenen Zeitraum welche Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei ihr bestehen und zu berücksichtigen sind.

18

c) Auch zum zu berücksichtigenden Einkommen iS der §§ 11 bis 11b SGB II sind die Feststellungen des LSG unvollständig. Nach diesen bezog die Klägerin seit September 2009 ein monatliches Erwerbseinkommen von im Schnitt anfänglich gut 300 Euro, mittlerweile knapp 500 Euro. Das LSG nahm hierfür auf eine Aufstellung der Klägerin Bezug, in der diese ihre monatlichen Einkünfte aufgelistet hatte. In welcher Höhe genau im streitbefangenen Zeitraum Einkommen zu berücksichtigen ist, ist damit nicht festgestellt, weil unbekannt ist, in welcher Höhe jeweils zu berücksichtigende Einkommensabsetzbeträge in den einzelnen Monaten des streitbefangenen Zeitraums die Höhe des zur Bedarfsdeckung einzusetzenden Einkommens verringern.

19

Keine Feststellungen enthält das Urteil des LSG schließlich dazu, ob bei der Klägerin Einkommen auch deshalb zu berücksichtigen ist, wenn und weil ihre Tochter und ihr Schwiegersohn für die Klägerin Tilgungsleistungen mit Blick auf das Ende 2007 von ihnen aufgenommene Darlehen übernommen haben.

20

Die Feststellungen des LSG reichen auch nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin über zu berücksichtigendes Vermögen iS des § 12 SGB II verfügte(dazu im Einzelnen unter 5.). Das (auch) von der Klägerin bewohnte Hausgrundstück hat das LSG zwar zu Recht als nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschütztes Vermögen angesehen(dazu unter 5. a). Allerdings kommt ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht(dazu unter 5. b).

21

5. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 und 4 SGB II, deren Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist). Als ein berücksichtigungsfähiger verwertbarer Vermögensgegenstand kommt auch ein Hausgrundstück in Betracht, wie sich bereits aus der Ausnahmeregelung in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ergibt; denn danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs 3 SGB II (dessen Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist) erfüllen, sind von vornherein als sog Schonvermögen nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Werts des Vermögens bleiben sie außen vor (vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 75).

22

Vorliegend scheidet zwar ein Vermögensschutz für das Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4, Satz 2 SGB II aus, weil dieses von unangemessener Größe ist(dazu unter a). Doch kommt sein Schutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht, weil hier eine besondere Härte daraus folgen kann, dass das Grundstück der Klägerin nach dem SGB XII vor Verwertung geschützt wäre(dazu unter b).

23

a) Mit dem Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zielt das Gesetz insbesondere auf das Haus selbst und stellt maßgeblich auf dessen Wohnfläche ab(vgl Bundessozialgericht Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 24; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 55; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90).

24

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die Klägerin Alleineigentümerin eines 471 qm großen Hausgrundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, in der sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen (Zweifamilienhaus) mit einer Gesamtwohnfläche von 129 qm befinden. Nur diese Wohnfläche ist vorliegend näher auf ihre Angemessenheit zu prüfen, während die Grundstücksgröße von 471 qm einer eigenen Angemessenheitsprüfung nicht zu unterziehen ist. Denn Grundstücksgrößen bis zu 500 qm werden schon im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt, im ländlichen Bereich sogar bis zu 800 qm (vgl Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 57; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 93). Da beide als Anhaltspunkte dienende Werte hier unterschritten werden, bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit der Angemessenheit von Grundstücksgrößen im Rahmen des Vermögensschutzes nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II.

25

aa) Das von der Klägerin nur zum Teil selbst genutzte Hausgrundstück ist mit seiner Gesamtwohnfläche auf seine Angemessenheit zu prüfen. Zwar nutzt die Klägerin die Gesamtwohnfläche ihres Hauses nur zum Teil selbst, denn sie wohnt nur in einer der beiden Wohnungen. Doch steht die Nutzung der anderen Wohnung, in der die Tochter der Klägerin, deren Ehemann und ihre Kinder wohnen und einen eigenen Haushalt führen und in der nicht auch die Klägerin wohnt, der Anwendung der Vermögensschutzregelung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht entgegen. Vielmehr genügt es insoweit, dass die Klägerin das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt. Denn mit dem Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ("selbst genutztes Hausgrundstück") geht es nach dem Zweck dieser Regelung nicht um den Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 13; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 35; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 54; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90). In diesem Sinne ist eigene Wohnung auch das selbst genutzte Haus, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird.

26

In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist für die Prüfung des verwertbaren Vermögens die gesamte Wohnfläche eines Hauses, selbst im Falle einer vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 16 ff). Der 4. Senat des BSG hat diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks mit der Überlegung gerechtfertigt, dass der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit stehe, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliege. Ausnahmen hat der 4. Senat für möglich gehalten bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile. Auch der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von der Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur der vom Eigentümer bewohnten Fläche auszugehen sei, wenn dieser in seiner Stellung als Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks zwar durch ein Wohnrecht zugunsten seiner Eltern hinsichtlich der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt sei. Nur wenn das Eigentum der Leistungen beanspruchenden Person auf den von ihr benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, käme eine andere Prüfung in Betracht (Urteil des Senats vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 13).

27

Solange eine Teilung des Eigentums nicht vorliegt, ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten und muss für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses und nicht nur auf die von der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abgehoben werden (vgl so bereits zur Arbeitslosenhilfe BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 35).

28

bb) Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit nur auf die Größe des Hausgrundstücks ("Hausgrundstück von angemessener Größe"). Auf andere die Angemessenheit bestimmende Faktoren und dabei insbesondere auf den Wert des Hausgrundstücks wird nach diesem Wortlaut - im Unterschied zu § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII - nicht abgestellt. Die durch diese isolierte Orientierung des Gesetzgebers des SGB II an der Größe der Immobilie bewirkte Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II gegenüber denen nach dem SGB XII, soweit Letztere Immobilien von angemessener Größe verwerten müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies fordert, hat das BSG bislang unbeanstandet gelassen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16). Auch vorliegend zählt die Klägerin, die Leistungen nach dem SGB II begehrt, zur Gruppe der privilegierten Leistungsberechtigten und ist insoweit eine Prüfung der Regelungsunterschiede zwischen § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII am Maßstab des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) hier nicht erforderlich. Auf eine möglicherweise unterschiedliche Wirkung der unterschiedlichen Regelungen im hier zu entscheidenden Fall kommt es insoweit nicht an.

29

(1) Die Gesamtwohnfläche des auch von der Klägerin bewohnten Hauses überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II, weil im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung nur auf die Klägerin allein abzustellen ist.

30

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG - in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur Alhi, die ihrerseits auf das Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bezug nahm (vgl BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 24 ff) - dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18, RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 19; BSG Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R, juris RdNr 29).

31

Für Familienheime mit nur einer Wohnung und bis zu vier Personen sah das II. WobauG eine Wohnflächengrenze von 130 qm vor (§ 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 2 Nr 1 II. WobauG). Auf diese Grenze ist auch vorliegend abzustellen. Denn zwar sah § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG für Familienheime mit zwei Wohnungen eine Wohnflächengrenze von 200 qm vor, aber nur dann, wenn die zweite Wohnung als abgeschlossene Wohnung anzusehen war (§ 39 Abs 1 Satz 3 II. WobauG). Dies setzte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) voraus, dass beide Wohnungen in der Weise durch objektive bauliche Gestaltungsmerkmale dauerhaft vollkommen voneinander getrennt sind, wie dies für Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern typisch ist (vgl BVerwG Urteil vom 20.8.1986 - 8 C 23/84, juris RdNr 7 ff). Diese Voraussetzungen einer baulichen Abgeschlossenheit sind nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG vorliegend nicht erfüllt. Es kann daher offen bleiben, ob auf § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG, anders als noch in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, für die Angemessenheitsprüfung überhaupt zurückzugreifen wäre. Die danach hier maßgebliche Wohnflächengrenze von 130 qm ist nach der eben wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 qm pro Person zu reduzieren; typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22).

32

Hieraus ergibt sich für den Ein-Personen-Haushalt der Klägerin allein ein Grenzwert von 90 qm (130 qm - 2 x 20 qm = 90 qm). Dieser wird mit der vom LSG für den Senat bindend festgestellten Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm deutlich überschritten. Auf die Berücksichtigung von Besonderheiten der Flächenberechnungen von Häusern einerseits und Eigentums- und Mietwohnungen andererseits, die angesichts der im Regelfall bestehenden baulichen Besonderheiten eines Hauses eine Erhöhung der angemessenen Größe eines Hauses gegenüber einer Eigentumswohnung gerechtfertigt erscheinen lassen können (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 27), kommt es angesichts dieser deutlichen Überschreitung nicht an. Auch die Anwendung einer gewissen Toleranz, wie sie bei Überschreiten der Wohnflächengrenze um nicht mehr als zehn vom Hundert mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erwogen worden ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 23), würde vorliegend an der unangemessenen Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nichts ändern.

33

(2) Von diesen im Regelfall anzuwendenden Wohnflächengrenzwerten kann ausnahmsweise nach den besonderen Umständen des Einzelfalls abgewichen werden. Denn es muss ein Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen bestehen bleiben, die zu einer Anpassung der Grenzwerte je nach den Umständen des Einzelfalls nach oben, ggf aber auch nach unten führen können (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16).

34

Ein besonderer Umstand des Einzelfalls, der ein Abweichen von der Grenze von 90 qm rechtfertigt, ist allerdings nicht, dass das in ihrem Alleineigentum stehende Haus der Klägerin zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen aufweist und die Familie der Tochter der Klägerin in der Erdgeschosswohnung des Hauses, die Klägerin aber allein in der 59 qm großen Dachgeschosswohnung wohnt und in beiden Wohnungen ein jeweils eigener Haushalt geführt wird.

35

Zwar würde die Gesamtwohnfläche des Hauses die sich aus der Anwendung der Vorgaben des II. WobauG ergebenden Grenzwerte nicht überschreiten, wenn für die Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks nicht nur auf die Klägerin allein, sondern auf alle im Haus wohnenden Personen abzustellen wäre. Denn schon im Zeitpunkt der Antragstellung auf Alg II bestand die Familie der Tochter der Klägerin aus vier Personen (Tochter, Ehemann, zwei Kinder). Der Wohnflächengrenzwert von 130 qm für vier Personen, den die Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm ohnehin nicht überschreitet, würde mithin wegen der Belegung mit seinerzeit fünf und nunmehr sechs Personen sogar noch um jeweils 20 qm zu erhöhen sein. Indes sind maßgebliche Personen für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche eines Hauses bei der Prüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II neben den Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern iS des § 7 Abs 3 SGB II grundsätzlich nur die mit der Leistungen beanspruchenden Person für längere Zeit in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebenden weiteren Personen(vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23 f; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 92).

36

Eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II besteht - wie oben dargestellt - zwischen der Klägerin und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter indes nicht. Nach den bindenden Feststellungen des LSG ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit der Familie ihrer Tochter in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebt. Insoweit fehlt es schon am Leben in einem Haushalt. Denn die beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses sind zwar eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennt und baulich nicht voneinander abgeschlossen, aber sie sind jeweils eigene Wohnungen, in denen von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt wird.

37

Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des BSG bislang allein die Situation des Zusammenlebens von Pflegeeltern mit Pflegekindern in einem Haushalt anerkannt, die bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche eines Hauses zu einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Zwecksetzung des Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe -, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern, führt (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 23). Diese oder auch nur eine wertungsmäßig vergleichbare Situation liegt hier ersichtlich nicht vor.

38

Andere normative Anknüpfungspunkte dafür, für die Frage der Angemessenheit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II des im Alleineigentum der Klägerin stehenden Hausgrundstücks darauf abzustellen, dass in dem Haus nicht nur die Klägerin lebt, sondern in einem eigenen Haushalt auch Angehörige leben, bietet das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht.

39

(3) Nichts anderes folgt entgegen dem Revisionsvorbringen insoweit aus einem Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II mit § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII(in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022, am 1.1.2005 unverändert gebliebenen Fassung). Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in § 19 Abs 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit anderen Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich hierbei nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zB behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII).

40

Ersichtlich unterscheidet sich der hierdurch geregelte Vermögensschutz von dem des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII kennt § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das Kriterium des Zusammenbewohnens eines Hauses mit Angehörigen (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Der Gesetzgeber des SGB II hat sich insoweit - ebenso wie zB bei der Verwertung von Geldvermögen - nicht für eine Harmonisierung der Regelungen zur Verwertung von selbst genutzten Immobilien im Sozialhilferecht nach dem SGB XII einerseits und dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II andererseits entschieden (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16).

41

Dieser Unterschied zwischen beiden Leistungssystemen lässt sich nicht durch eine Berücksichtigung der so nur im Sozialhilferecht gesetzlich fixierten Angemessenheitskriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auch bei der Angemessenheitsprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einebnen(so aber Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 91; ähnlich auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2008, K § 22 RdNr 210). Dagegen spricht bereits, dass - wie oben dargestellt - § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II seinerseits für Leistungsberechtigte nach dem SGB II insoweit typischerweise privilegierend wirkt, als dort nur auf die Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks und nicht auch auf dessen Wert abgestellt wird, während nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII Hausgrundstücke von angemessener Größe verwertet werden müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies erfordert. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nach Maßgabe der oben dargestellten Rechtsprechung auch im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II eine Differenzierung der angemessenen Gesamtwohnfläche nach der Anzahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen erfolgt. Darüber hinaus bestimmt § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II mit Blick auf die Vermögensschutztatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, dass für die Angemessenheit die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend sind und ermöglicht dadurch im Einzelfall eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte als nur der angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks. Nicht zuletzt ermöglicht für Härtefälle § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II noch eine Korrektur unbilliger Ergebnisse auch im Rahmen des SGB II(siehe dazu unten b).

42

Dass darüber hinaus die Unterschiedlichkeit der Regelungen zur Verwertung von Hausgrundstücken in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zu einer benachteiligenden Andersbehandlung der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Personen führt, obwohl zwischen ihnen und den Leistungen nach dem SGB XII beanspruchenden Personen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können(vgl zu diesem Maßstab des Bundesverfassungsgerichts für eine iS des Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung: BVerfGE 112, 368, 401; 116, 229, 238), ist nicht ersichtlich. Aus Gleichbehandlungsgründen ist eine Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rechtsbereich des SGB II nicht erforderlich. Dagegen spricht schon, dass die vor- und nachteiligen Wirkungen der unterschiedlichen Regelungen in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zur Verwertung von Hausgrundstücken nicht für alle Fallkonstellationen bereits unmittelbar aus den Regelungsunterschieden selbst folgen, sondern einzelfallspezifisch durchaus unterschiedlich ausfallen können. Typischerweise ist sogar die Regelung im SGB II privilegierend im Vergleich zum SGB XII. Wirkt sich diese Privilegierung im Einzelfall nicht aus, zwingt dies nicht aus Gleichbehandlungsgründen zur Anwendung der Regelung im SGB XII. Zudem sind auch die jeweils unterschiedlichen Entstehungshintergründe beider Leistungssysteme, die typisierte Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten für die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sowie die konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze zu beachten (vgl dazu nur Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, Einleitung RdNr 1 f, 14 ff, 19 ff, 33 ff), an denen der Gesetzgeber seither im Wesentlichen festgehalten hat und die einer Harmonisierung beider Leistungssysteme durch die Rechtsprechung unter Vernachlässigung ihrer unterschiedlichen Normtexte Grenzen setzen (vgl zum Argument der Harmonisierung - in jeweils anderen Zusammenhängen - BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 21; BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, RdNr 37 ff; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 24; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R, juris RdNr 21; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris RdNr 18; BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 16/07 R - BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 15; vgl allg zur Harmonisierung von SGB II und SGB XII Stölting/Greiser, SGb 2010, 631).

43

Auch eine vergleichende Betrachtung für jeden Einzelfall, ob die Anwendung des Angemessenheitsbegriffs von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II oder von § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII für die Leistungen beanspruchende Person günstiger wäre, ist nicht angezeigt. Soweit die Regelungen zur Verwertungspflicht von unangemessenen Hausgrundstücken in beiden Leistungssystemen unterschiedlich sind, sind sie in ihrer Unterschiedlichkeit im jeweiligen Leistungssystem anzuwenden, weil ihre Harmonisierung verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Art 3 Abs 1 GG gebietet keine Identität der Rechtsfolgen in vergleichbaren Lebenslagen. Für unbillige Ergebnisse im Einzelfall sehen beide Gesetze Korrekturmöglichkeiten durch eine Härtefallregelung vor (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II, § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII).

44

Allerdings führt vorliegend nicht bereits die Anwendung von § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II zu einem anderen, für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Denn für eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte, die mit Blick auf die Lebensumstände der Klägerin während des (begehrten) Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere im Vergleich zu dem üblichen Lebenszuschnitt anderer Leistungsberechtigter (zu dieser Gegenüberstellung vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 79), für eine Angemessenheit des Hausgrundstücks streiten könnten, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Der von der Klägerin formulierte Wunsch, das seit 2001 in ihrem Alleineigentum stehende Hausgrundstück als Familienheim und Mehrgenerationenhaus zu erhalten, ist bei der Prüfung der Angemessenheit nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 und Satz 2 SGB II kein rechtlich maßgeblicher Gesichtspunkt. Denn eine Lebensstandardsicherung ist mit den existenzsichernden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, anders als mit der früheren Alhi, nicht bezweckt. Für das SGB II enthält danach zwar § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II eine für alle Vermögensschutztatbestände geltende nähere Konturierung des Angemessenheitsbegriffs, die sich aber von der spezifisch die Verwertung von Immobilienvermögen betreffenden Konkretisierung durch § 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII für das SGB XII unterscheidet und vorliegend nicht zugunsten der Klägerin wirkt.

45

Das stimmt auch mit dem oben bereits dargestellten Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II überein. Zwar ist vom Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks das Haus als Ganzes erfasst, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird. Für die Frage der Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks - genauer: der Gesamtwohnfläche des Hauses - aber ist auf den Haushalt abzustellen, in dem die Leistungen beanspruchende Person wohnt und lebt. Denn bezogen auf die durch die Familie der Tochter der Klägerin genutzte Wohnung im Erdgeschoss, in der diese Familie einen eigenen Haushalt führt, geht es für die Klägerin nicht um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung ihres Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt. Sie wohnt und lebt allein in ihrem eigenen Haushalt in der von ihr genutzten Wohnung im Dachgeschoss.

46

Soweit die Revision aus der Entwicklung der Vorschriften und der Rechtsprechung zum Schutz von Immobilienvermögen vor Verwertung von der Alhi zur Grundsicherung für Arbeitsuchende und aus einem Vergleich mit dem Sozialhilferecht vorliegend einen weitergehenden Schutz zugunsten der Klägerin abzuleiten sucht, steht dem der normative Befund entgegen, dass § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II - wie zuvor § 1 Abs 3 Nr 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO), an den der Gesetzgeber des SGB II anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1516 S 53) - allein auf das selbst genutzte Hausgrundstück von angemessener Größe abstellt. Ist das Hausgrundstück - wie hier für die Klägerin als allein in ihrem Haushalt lebende Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft - von unangemessener Größe, scheidet ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II aus.

47

Soweit dagegen mit der Revision der Schutz eines angemessenen "kleinen Familienheimes" geltend gemacht wird, steht dahinter die Überlegung, das Haus der Klägerin als Ganzes für die Klägerin und die Familie ihrer Tochter zu erhalten. Der damit formulierte Schutzgedanke hat daher schon zur Voraussetzung, was im Revisionsverfahren noch im Streit war, nämlich dass die Familie der Tochter in die Angemessenheitsprüfung der Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einzubeziehen ist. Die begehrte Einbeziehung kommt jedoch aus den vorstehenden Gründen nicht in Betracht. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II stellt - anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII mit seiner Kombination mehrerer die Angemessenheit eines Hausgrundstücks bestimmender Faktoren, mit der der Gesetzgeber des SGB XII an die Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1514 S 66) - für die Angemessenheit der Größe eines Hausgrundstücks eben nicht (auch) auf die Zahl der Bewohner "unter einem Dach" ab (zum Begriff "unter einem Dach" vgl nur Geiger in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 90 RdNr 45; vgl auch BVerwG Urteil vom 17.1.1980 - 5 C 48/78 - BVerwGE 59, 294, 298: Berücksichtigung derer, um deren "Dach über dem Kopf" es geht), sondern knüpft allein an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II, in einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II oder zumindest - wie bei Pflegeeltern und Pflegekindern - in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Personen an. Anlass, von dieser Begrenzung abzusehen und eine Ausnahme beim Wohnen von Angehörigen in jeweils eigenen Haushalten in zwei Wohnungen eines Hauses zu formulieren, besteht nicht.

48

b) Obwohl hier, wovon auch das LSG zu Recht ausgegangen ist, ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II wegen unangemessener Größe des Hausgrundstücks ausscheidet, hält der Senat in der vorliegenden Fallkonstellation eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II für möglich. Nach dieser Vorschrift, deren Wortlaut seit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) unverändert geblieben ist, sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II kommt die Funktion eines Auffangtatbestands und einer allgemeinen Härteklausel zu, die die atypischen Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden(vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 76, 118, mwN).

49

aa) Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 31 ff; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 25; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 28; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 27). Als ein solcher Umstand kommt vorliegend in Betracht, dass ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht geschützt ist, das nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, weil dort die "unter einem Dach" wohnenden Angehörigen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einbezogen werden, im SGB II aber (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII eine Orientierung bieten.

50

Denn sowohl bei dem SGB II als auch bei dem SGB XII handelt es sich hinsichtlich ihrer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ungeachtet der unterschiedlichen Entstehungshintergründe, der typisierten Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten sowie der konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze um der Existenzsicherung dienende, auf Bedarfsdeckung angelegte und bedürftigkeitsabhängige Leistungssysteme, die mit ihren voneinander getrennten leistungsberechtigten Personenkreisen zwar an verschiedene Lebenslagen anknüpfen (§ 5 Abs 2 SGB II, § 21 SGB XII), aber jeweils der Verwirklichung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) dienen. Ungeachtet ihrer Unterschiede stehen beide Leistungssysteme hinsichtlich ihrer Existenzsicherungsleistungen nicht in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis, sondern gleichrangig und selbstständig nebeneinander in einem Ausschließlichkeitsverhältnis (vgl Voelzke in Hauck/ Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 234 ff; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 21 RdNr 1 ff). Dieses Nebeneinander rechtfertigt es, in vergleichbaren Fallkonstellationen die für diese einschlägigen Regelungen des SGB II und des SGB XII vergleichend in den Blick zu nehmen. Unterscheiden sich die Regelungen in ihren Wirkungen, kann hieraus im Einzelfall ein Anlass zu Harmonisierung zugunsten der Leistungen beanspruchenden Person folgen, die im jeweils anderen Leistungssystem begünstigt wäre.

51

Hierfür spricht mit Blick auf die Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen auch eine Würdigung der Rechtsentwicklung: Die Existenzsicherungsleistungen der Alhi und der Sozialhilfe standen bis zum 31.12.2004 noch in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis (vgl nur Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 46). Nur wer keinen Anspruch auf Alhi hatte oder wessen Bedarf sie nicht vollständig deckte, konnte Anspruch auf Sozialhilfe haben; dies war verbunden mit der Geltung der unterschiedlichen Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen in § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiVO und § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das SGB II und das SGB XII jeweils tradieren. Wer Sozialhilfe statt oder neben Alhi bezog, für den galt in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation die im Einzelfall günstigere Regelung des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das Wohnen von Angehörigen "unter einem Dach" berücksichtigte. Seit 1.1.2005 stehen mit ihren leistungsberechtigten Personenkreisen und hinsichtlich ihres Umfangs die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und dem SGB XII nebeneinander. Das SGB XII ist mit seinen Leistungen insoweit kein "unterstes Netz" für die Leistungsberechtigten nach dem SGB II, vielmehr bilden beide Leistungssysteme innerhalb des sozialen Sicherungssystems das "unterste Netz" (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand VI/2011, K § 21 RdNr 9; zur Sozialhilfe als Referenzsystem für Leistungen nach dem SGB II vgl BT-Drucks 15/1514 S 52, wo in diesem Zusammenhang von der Sozialhilfe als das "unterste Netz" der sozialen Sicherung die Rede ist). Der Umstand, dass seither für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht vor Verwertung geschützt ist, das zuvor nach § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG geschützt sein konnte und nunmehr durch § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, kann Anlass für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II sein.

52

Vorliegend wäre nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und der Aktenlage das Hausgrundstück der Klägerin im Leistungssystem des SGB XII vor seiner Verwertung geschützt. Denn in dem Haus wohnt neben der Klägerin auch die Familie ihrer Tochter, sind diese mit der Klägerin das Haus zusammen bewohnenden Angehörigen nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII in die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Größe des Hauses einzubeziehen, ist das Haus danach mit seiner Gesamtwohnfläche von 129 qm nicht unangemessen groß und überschreitet es auch im Übrigen und insbesondere hinsichtlich seines Wertes nicht die sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien. Vielmehr handelt es sich um das typische geschützte "Familienheim", das über die Generationen weitergegeben werden soll (vgl zur Novellierung der Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG so bereits BT-Drucks 11/391 S 5), und dessen Schutz auch der Sinn und Zweck des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ist(BT-Drucks 15/1514 S 66), das aber in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützt ist.

53

bb) Für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II genügt indes nicht diese unterschiedliche Regelungswirkung unterschiedlicher Regelungen. Vielmehr sind für diese Härtefallprüfung ergänzend die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen. Die Einbeziehung auch von Angehörigen, die mit der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, aber nicht mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft oder auch nur in einem gemeinsamen Haushalt leben, liegt jedenfalls nahe, wenn diese Angehörigen ihrerseits hilfebedürftig sind. Andererseits kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der "unter einem Dach" mitwohnenden Angehörigen zum Ausschluss einer besonderen Härte führen, weil das Haus durch ihre Einbeziehung größer und wertvoller sein darf, verglichen mit einem Abstellen allein auf die Leistungen beanspruchende Person (hier die tatsächlichen 129 qm statt der für die Klägerin allein angemessenen 90 qm). Sinn und Zweck eines Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück aus Härtefallgründen ist es nicht, wirtschaftlich leistungsfähigen Angehörigen einer Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person ein kostenfreies Mitwohnen in einem Haus, dessen Schutz vor Berücksichtigung bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit begehrt wird, zu ermöglichen. Eine besondere Härte läge danach nicht vor, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Angehörige mit der Leistungen beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, ohne einen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Beitrag für das Wohnen zu leisten.

54

Diese modifizierte Übertragung des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auf eine vergleichbare Fallkonstellation im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II wahrt die Besonderheiten des SGB II und schützt vor missbräuchlichen Leistungsinanspruchnahmen, ohne den Gedanken einer Harmonisierung beider Leistungssysteme aus den Augen zu verlieren. Einzubeziehen in die Härtefallprüfung sind die Wertungen des SGB II, die sich ua aus dem Subsidiaritätsgedanken des § 9 Abs 1 SGB II ergeben(vgl zu Facetten des Nachranggrundsatzes Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 306 ff; Siebel-Huffmann in Berlit/Conradis/Sartorius, Handbuch Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 9, RdNr 28; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 9 RdNr 9, 21), und ein Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII, der zeigt, dass der Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach dem SGB II die typischerweise privilegierende Regelung ist. Die Unbilligkeit, die daraus zu folgen vermag, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Vermögensschutzregelung nach dem SGB XII für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person günstiger wäre, kann die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II rechtfertigen, ohne zu einer Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zwingen, die Modifikationen nicht zulässt. Die Berücksichtigung sozialhilferechtlicher Angemessenheitskriterien nach dem SGB XII im Rahmen der grundsicherungsrechtlichen Härtefallprüfung nach dem SGB II lässt vielmehr Raum für Modifikationen, wie hier eine mit dem ergänzenden Prüfkriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der mitwohnenden Angehörigen formuliert worden ist, um den Sinn und Zweck des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach dem SGB II zu wahren. Dieser besteht im Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt der Leistungen beanspruchenden Person, nicht aber im Schutz eines in getrennten Haushalten zusammen ein Haus bewohnenden Familienverbandes um jeden Preis.

55

6. Ausgehend von diesen Maßgaben wird das LSG zu prüfen haben, ob hier eine besondere Härte vorliegt. Dafür spricht, dass die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin ein Darlehen über 75 000 Euro aufgenommen haben und Beiträge für die Tilgung dieses Darlehens leisten, dessen Mittel zumindest teilweise zur Finanzierung von Arbeiten am und im Haus der Klägerin verwandt worden sein sollen. Die näheren Umstände von Darlehensaufnahme, -verwendung, -tilgung und -sicherung wird das LSG aufzuklären haben.

56

Daneben liegt es nahe, die jeweiligen Beiträge der Klägerin und der Familie ihrer Tochter zu den Kosten des Hausgrundstücks und den Kosten des eigenen Wohnens im Haus zu betrachten sowie diese Kostenbeiträge in ein Verhältnis zur jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu setzen.

57

Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass eine besondere Härte zu bejahen ist, ist das Hausgrundstück der Klägerin vor Verwertung geschützt und im Rahmen der Prüfung ihrer Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen. Das LSG wird in diesem Fall noch Feststellungen zum Bedarf der Klägerin, insbesondere zu ihren Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, und zu ihrem zu berücksichtigenden Einkommen, ggf auch aus Leistungen seitens der Tochter und ihres Ehemanns an die Klägerin, zu treffen haben. Erst auf dieser Grundlage kann für die einzelnen Monate des streitbefangenen Zeitraums abschließend entschieden werden, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

58

Wenn das LSG dagegen zu der Überzeugung gelangt, dass auch nach den Maßgaben des Senats eine besondere Härte nicht vorliegt, ist das wirtschaftlich verwertbare, bislang nicht verwertete Hausgrundstück der Klägerin mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen und schließt dies ihre Hilfebedürftigkeit und damit den geltend gemachten Anspruch auf Alg II im streitbefangenen Zeitraum aus. Dies hat das LSG in seinem angefochtenen Urteil, ausgehend von seiner rechtlichen Wertung des Nichtvorliegens einer besonderen Härte, bereits festgestellt und zutreffend begründet.

59

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - hier: Arbeitslosengeld II (Alg II) - nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit ab 12.11.2008. Im Streit ist insbesondere die Berücksichtigung eines in ihrem Alleineigentum stehenden Hausgrundstücks.

2

Die im Jahr 1953 geborene, alleinstehende Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks in N, Gemarkung B, Flur 13, Flurstück 364, Lagebezeichnung H straße Auf dem 471 qm großen Grundstück befindet sich eine 1963 erbaute Doppelhaushälfte mit einem Zweifamilienhaus und einer Gesamtwohnfläche von 129 qm. Im Erdgeschoss und im Dachgeschoss befinden sich jeweils eigene Wohnungen, die baulich nicht voneinander abgeschlossen sind. Die Erdgeschosswohnung hat eine Wohnfläche von 70 qm und die Dachgeschosswohnung von 59 qm. Das Hausgrundstück stand ursprünglich im Eigentum der Eltern der Klägerin, die die Erdgeschosswohnung bewohnten. Die mittlerweile geschiedene Klägerin wohnte seinerzeit zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in der Dachgeschosswohnung. Im Jahr 2001 übertrugen die Eltern der Klägerin dieser unentgeltlich und lastenfrei das Alleineigentum an dem Grundstück. Dabei war zur Bestimmung der Kosten des Grundbuchamts von einem Verkehrswert von 210 000 DM ausgegangen worden. Nunmehr - nach dem Tod ihrer Eltern - wohnt die Klägerin allein in der Dachgeschosswohnung und in der Erdgeschosswohnung wohnen in einem eigenen Haushalt die Tochter der Klägerin, ihr Ehemann und deren mittlerweile drei Kinder. Im Oktober 2008 wies das Grundstück einen Verkehrswert von 143 000 Euro und zuletzt, im Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen, einen Verkehrswert von gut 130 000 Euro auf. Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld über 75 000 Euro, die der Sicherung eines von der Tochter der Klägerin und ihrem Ehemann Ende 2007 aufgenommenen Darlehens in Höhe von 75 000 Euro dient. Das Darlehen wird in monatlichen Raten von 495,63 Euro getilgt. Zum 31.12.2011 bestand die Darlehensforderung noch in Höhe von 65 073,46 Euro.

3

Die Klägerin bezog vom 1.9.2008 bis zum 11.11.2008 Arbeitslosengeld. Sie beantragte am 20.10.2008 bei dem Beklagten Alg II für die Zeit ab 12.11.2008. Die ARGE V als Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters lehnte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 9.1.2009, Widerspruchsbescheid vom 15.6.2009). Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Sie verfüge über zu berücksichtigendes Vermögen, weil das Hausgrundstück für sie allein unangemessen groß sei. Für die Angemessenheitsprüfung sei nur auf die Klägerin und nicht auch auf die Familie ihrer Tochter abzustellen, denn es bestünde keine Bedarfsgemeinschaft und auch keine Haushaltsgemeinschaft iS des SGB II. Die Möglichkeit einer darlehensweisen Hilfegewährung sei von der Klägerin abgelehnt worden.

4

Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Urteil vom 27.1.2012) und die Berufung der Klägerin zum LSG (Urteil vom 22.10.2012) blieben erfolglos. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, das im Alleineigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück sei nicht vor einer Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt, denn für die Klägerin allein sei nur ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche bis zu 90 qm angemessen. Der Umstand, dass die Familie ihrer Tochter in einem eigenen Haushalt auch in dem Haus wohne, sei für die Frage nach dem Schonvermögen der Klägerin iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II unbeachtlich. Aus einem Vergleich mit der abweichenden Regelung in § 90 Abs 2 Nr 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) folge nichts anderes.

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei ihr Hausgrundstück als "Familienheim" und "Mehrgenerationenhaus" vor der Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt. Zudem müsse, da das mit Angehörigen bewohnte Hausgrundstück bei Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, es vorliegend auch im Rahmen des SGB II geschützt sein.

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 12. November 2008 bis zum 22. Oktober 2012 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind in der Sache die Urteile des LSG und des SG und die angefochtenen Bescheide des Beklagten sowie der Anspruch der Klägerin auf Alg II als Zuschuss für die Zeit ab 12.11.2008 (erster Tag nach Bezug von Arbeitslosengeld). Streitbefangen im Revisionsverfahren ist der Zeitraum bis zum 22.10.2012 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG). Mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrt die Klägerin die Aufhebung der Urteile des LSG und des SG und der angefochtenen Bescheide sowie die Verurteilung des Beklagten zur zuschussweisen Zahlung von Alg II; die Leistungsklage ist insoweit auf den Erlass eines Grundurteils gerichtet (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).

10

2. Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Alg II ist § 19 iVm §§ 7, 9 und §§ 20, 21 und 22 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

11

Nach § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte als Alg II Leistungen, die den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfassen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben(Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).

12

3. Die Klägerin erfüllt nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.

13

4. Allerdings fehlen ausreichende Feststellungen des LSG zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin. Hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist nach § 9 Abs 1 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850), wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 4 SGB II auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen. Darlehensweise Leistungen hat die Klägerin jedoch ausdrücklich nicht begehrt; sie sind nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.

14

Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II der Klägerin ist zunächst festzustellen, ob sie mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet(dazu unter a) und sind sodann ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf (dazu unter b) die zu dessen Deckung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten der Klägerin (dazu unter c) gegenüberzustellen.

15

a) Die Klägerin ist geschieden und lebt in ihrem Haushalt allein. Sie ist in Anwendung der Vorgaben des § 7 Abs 3 SGB II dazu, welche Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören, eine alleinstehende Person. Es besteht auch keine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II zwischen ihr und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter, die in einem eigenen Haushalt lebt. In den beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses wird von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt.

16

b) Nach § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II umfasst das Alg II den Regelbedarf(§ 20 SGB II), Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II).

17

Zum Bedarf der Klägerin fehlen nähere Feststellungen des LSG. Feststellen lassen sich im Revisionsverfahren nur die für die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Höhen der Regelleistung (bis 31.12.2010) und des Regelbedarfs (ab 1.1.2011) zur Sicherung des Lebensunterhalts. Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin daneben auch Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II) in Betracht kommen könnten, sind nicht ersichtlich. Unbekannt ist, in welcher Höhe im streitbefangenen Zeitraum welche Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei ihr bestehen und zu berücksichtigen sind.

18

c) Auch zum zu berücksichtigenden Einkommen iS der §§ 11 bis 11b SGB II sind die Feststellungen des LSG unvollständig. Nach diesen bezog die Klägerin seit September 2009 ein monatliches Erwerbseinkommen von im Schnitt anfänglich gut 300 Euro, mittlerweile knapp 500 Euro. Das LSG nahm hierfür auf eine Aufstellung der Klägerin Bezug, in der diese ihre monatlichen Einkünfte aufgelistet hatte. In welcher Höhe genau im streitbefangenen Zeitraum Einkommen zu berücksichtigen ist, ist damit nicht festgestellt, weil unbekannt ist, in welcher Höhe jeweils zu berücksichtigende Einkommensabsetzbeträge in den einzelnen Monaten des streitbefangenen Zeitraums die Höhe des zur Bedarfsdeckung einzusetzenden Einkommens verringern.

19

Keine Feststellungen enthält das Urteil des LSG schließlich dazu, ob bei der Klägerin Einkommen auch deshalb zu berücksichtigen ist, wenn und weil ihre Tochter und ihr Schwiegersohn für die Klägerin Tilgungsleistungen mit Blick auf das Ende 2007 von ihnen aufgenommene Darlehen übernommen haben.

20

Die Feststellungen des LSG reichen auch nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin über zu berücksichtigendes Vermögen iS des § 12 SGB II verfügte(dazu im Einzelnen unter 5.). Das (auch) von der Klägerin bewohnte Hausgrundstück hat das LSG zwar zu Recht als nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschütztes Vermögen angesehen(dazu unter 5. a). Allerdings kommt ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht(dazu unter 5. b).

21

5. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 und 4 SGB II, deren Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist). Als ein berücksichtigungsfähiger verwertbarer Vermögensgegenstand kommt auch ein Hausgrundstück in Betracht, wie sich bereits aus der Ausnahmeregelung in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ergibt; denn danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs 3 SGB II (dessen Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist) erfüllen, sind von vornherein als sog Schonvermögen nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Werts des Vermögens bleiben sie außen vor (vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 75).

22

Vorliegend scheidet zwar ein Vermögensschutz für das Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4, Satz 2 SGB II aus, weil dieses von unangemessener Größe ist(dazu unter a). Doch kommt sein Schutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht, weil hier eine besondere Härte daraus folgen kann, dass das Grundstück der Klägerin nach dem SGB XII vor Verwertung geschützt wäre(dazu unter b).

23

a) Mit dem Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zielt das Gesetz insbesondere auf das Haus selbst und stellt maßgeblich auf dessen Wohnfläche ab(vgl Bundessozialgericht Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 24; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 55; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90).

24

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die Klägerin Alleineigentümerin eines 471 qm großen Hausgrundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, in der sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen (Zweifamilienhaus) mit einer Gesamtwohnfläche von 129 qm befinden. Nur diese Wohnfläche ist vorliegend näher auf ihre Angemessenheit zu prüfen, während die Grundstücksgröße von 471 qm einer eigenen Angemessenheitsprüfung nicht zu unterziehen ist. Denn Grundstücksgrößen bis zu 500 qm werden schon im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt, im ländlichen Bereich sogar bis zu 800 qm (vgl Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 57; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 93). Da beide als Anhaltspunkte dienende Werte hier unterschritten werden, bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit der Angemessenheit von Grundstücksgrößen im Rahmen des Vermögensschutzes nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II.

25

aa) Das von der Klägerin nur zum Teil selbst genutzte Hausgrundstück ist mit seiner Gesamtwohnfläche auf seine Angemessenheit zu prüfen. Zwar nutzt die Klägerin die Gesamtwohnfläche ihres Hauses nur zum Teil selbst, denn sie wohnt nur in einer der beiden Wohnungen. Doch steht die Nutzung der anderen Wohnung, in der die Tochter der Klägerin, deren Ehemann und ihre Kinder wohnen und einen eigenen Haushalt führen und in der nicht auch die Klägerin wohnt, der Anwendung der Vermögensschutzregelung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht entgegen. Vielmehr genügt es insoweit, dass die Klägerin das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt. Denn mit dem Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ("selbst genutztes Hausgrundstück") geht es nach dem Zweck dieser Regelung nicht um den Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 13; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 35; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 54; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90). In diesem Sinne ist eigene Wohnung auch das selbst genutzte Haus, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird.

26

In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist für die Prüfung des verwertbaren Vermögens die gesamte Wohnfläche eines Hauses, selbst im Falle einer vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 16 ff). Der 4. Senat des BSG hat diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks mit der Überlegung gerechtfertigt, dass der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit stehe, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliege. Ausnahmen hat der 4. Senat für möglich gehalten bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile. Auch der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von der Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur der vom Eigentümer bewohnten Fläche auszugehen sei, wenn dieser in seiner Stellung als Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks zwar durch ein Wohnrecht zugunsten seiner Eltern hinsichtlich der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt sei. Nur wenn das Eigentum der Leistungen beanspruchenden Person auf den von ihr benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, käme eine andere Prüfung in Betracht (Urteil des Senats vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 13).

27

Solange eine Teilung des Eigentums nicht vorliegt, ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten und muss für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses und nicht nur auf die von der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abgehoben werden (vgl so bereits zur Arbeitslosenhilfe BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 35).

28

bb) Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit nur auf die Größe des Hausgrundstücks ("Hausgrundstück von angemessener Größe"). Auf andere die Angemessenheit bestimmende Faktoren und dabei insbesondere auf den Wert des Hausgrundstücks wird nach diesem Wortlaut - im Unterschied zu § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII - nicht abgestellt. Die durch diese isolierte Orientierung des Gesetzgebers des SGB II an der Größe der Immobilie bewirkte Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II gegenüber denen nach dem SGB XII, soweit Letztere Immobilien von angemessener Größe verwerten müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies fordert, hat das BSG bislang unbeanstandet gelassen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16). Auch vorliegend zählt die Klägerin, die Leistungen nach dem SGB II begehrt, zur Gruppe der privilegierten Leistungsberechtigten und ist insoweit eine Prüfung der Regelungsunterschiede zwischen § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII am Maßstab des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) hier nicht erforderlich. Auf eine möglicherweise unterschiedliche Wirkung der unterschiedlichen Regelungen im hier zu entscheidenden Fall kommt es insoweit nicht an.

29

(1) Die Gesamtwohnfläche des auch von der Klägerin bewohnten Hauses überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II, weil im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung nur auf die Klägerin allein abzustellen ist.

30

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG - in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur Alhi, die ihrerseits auf das Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bezug nahm (vgl BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 24 ff) - dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18, RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 19; BSG Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R, juris RdNr 29).

31

Für Familienheime mit nur einer Wohnung und bis zu vier Personen sah das II. WobauG eine Wohnflächengrenze von 130 qm vor (§ 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 2 Nr 1 II. WobauG). Auf diese Grenze ist auch vorliegend abzustellen. Denn zwar sah § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG für Familienheime mit zwei Wohnungen eine Wohnflächengrenze von 200 qm vor, aber nur dann, wenn die zweite Wohnung als abgeschlossene Wohnung anzusehen war (§ 39 Abs 1 Satz 3 II. WobauG). Dies setzte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) voraus, dass beide Wohnungen in der Weise durch objektive bauliche Gestaltungsmerkmale dauerhaft vollkommen voneinander getrennt sind, wie dies für Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern typisch ist (vgl BVerwG Urteil vom 20.8.1986 - 8 C 23/84, juris RdNr 7 ff). Diese Voraussetzungen einer baulichen Abgeschlossenheit sind nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG vorliegend nicht erfüllt. Es kann daher offen bleiben, ob auf § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG, anders als noch in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, für die Angemessenheitsprüfung überhaupt zurückzugreifen wäre. Die danach hier maßgebliche Wohnflächengrenze von 130 qm ist nach der eben wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 qm pro Person zu reduzieren; typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22).

32

Hieraus ergibt sich für den Ein-Personen-Haushalt der Klägerin allein ein Grenzwert von 90 qm (130 qm - 2 x 20 qm = 90 qm). Dieser wird mit der vom LSG für den Senat bindend festgestellten Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm deutlich überschritten. Auf die Berücksichtigung von Besonderheiten der Flächenberechnungen von Häusern einerseits und Eigentums- und Mietwohnungen andererseits, die angesichts der im Regelfall bestehenden baulichen Besonderheiten eines Hauses eine Erhöhung der angemessenen Größe eines Hauses gegenüber einer Eigentumswohnung gerechtfertigt erscheinen lassen können (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 27), kommt es angesichts dieser deutlichen Überschreitung nicht an. Auch die Anwendung einer gewissen Toleranz, wie sie bei Überschreiten der Wohnflächengrenze um nicht mehr als zehn vom Hundert mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erwogen worden ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 23), würde vorliegend an der unangemessenen Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nichts ändern.

33

(2) Von diesen im Regelfall anzuwendenden Wohnflächengrenzwerten kann ausnahmsweise nach den besonderen Umständen des Einzelfalls abgewichen werden. Denn es muss ein Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen bestehen bleiben, die zu einer Anpassung der Grenzwerte je nach den Umständen des Einzelfalls nach oben, ggf aber auch nach unten führen können (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16).

34

Ein besonderer Umstand des Einzelfalls, der ein Abweichen von der Grenze von 90 qm rechtfertigt, ist allerdings nicht, dass das in ihrem Alleineigentum stehende Haus der Klägerin zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen aufweist und die Familie der Tochter der Klägerin in der Erdgeschosswohnung des Hauses, die Klägerin aber allein in der 59 qm großen Dachgeschosswohnung wohnt und in beiden Wohnungen ein jeweils eigener Haushalt geführt wird.

35

Zwar würde die Gesamtwohnfläche des Hauses die sich aus der Anwendung der Vorgaben des II. WobauG ergebenden Grenzwerte nicht überschreiten, wenn für die Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks nicht nur auf die Klägerin allein, sondern auf alle im Haus wohnenden Personen abzustellen wäre. Denn schon im Zeitpunkt der Antragstellung auf Alg II bestand die Familie der Tochter der Klägerin aus vier Personen (Tochter, Ehemann, zwei Kinder). Der Wohnflächengrenzwert von 130 qm für vier Personen, den die Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm ohnehin nicht überschreitet, würde mithin wegen der Belegung mit seinerzeit fünf und nunmehr sechs Personen sogar noch um jeweils 20 qm zu erhöhen sein. Indes sind maßgebliche Personen für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche eines Hauses bei der Prüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II neben den Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern iS des § 7 Abs 3 SGB II grundsätzlich nur die mit der Leistungen beanspruchenden Person für längere Zeit in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebenden weiteren Personen(vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23 f; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 92).

36

Eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II besteht - wie oben dargestellt - zwischen der Klägerin und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter indes nicht. Nach den bindenden Feststellungen des LSG ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit der Familie ihrer Tochter in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebt. Insoweit fehlt es schon am Leben in einem Haushalt. Denn die beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses sind zwar eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennt und baulich nicht voneinander abgeschlossen, aber sie sind jeweils eigene Wohnungen, in denen von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt wird.

37

Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des BSG bislang allein die Situation des Zusammenlebens von Pflegeeltern mit Pflegekindern in einem Haushalt anerkannt, die bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche eines Hauses zu einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Zwecksetzung des Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe -, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern, führt (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 23). Diese oder auch nur eine wertungsmäßig vergleichbare Situation liegt hier ersichtlich nicht vor.

38

Andere normative Anknüpfungspunkte dafür, für die Frage der Angemessenheit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II des im Alleineigentum der Klägerin stehenden Hausgrundstücks darauf abzustellen, dass in dem Haus nicht nur die Klägerin lebt, sondern in einem eigenen Haushalt auch Angehörige leben, bietet das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht.

39

(3) Nichts anderes folgt entgegen dem Revisionsvorbringen insoweit aus einem Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II mit § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII(in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022, am 1.1.2005 unverändert gebliebenen Fassung). Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in § 19 Abs 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit anderen Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich hierbei nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zB behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII).

40

Ersichtlich unterscheidet sich der hierdurch geregelte Vermögensschutz von dem des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII kennt § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das Kriterium des Zusammenbewohnens eines Hauses mit Angehörigen (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Der Gesetzgeber des SGB II hat sich insoweit - ebenso wie zB bei der Verwertung von Geldvermögen - nicht für eine Harmonisierung der Regelungen zur Verwertung von selbst genutzten Immobilien im Sozialhilferecht nach dem SGB XII einerseits und dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II andererseits entschieden (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16).

41

Dieser Unterschied zwischen beiden Leistungssystemen lässt sich nicht durch eine Berücksichtigung der so nur im Sozialhilferecht gesetzlich fixierten Angemessenheitskriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auch bei der Angemessenheitsprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einebnen(so aber Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 91; ähnlich auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2008, K § 22 RdNr 210). Dagegen spricht bereits, dass - wie oben dargestellt - § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II seinerseits für Leistungsberechtigte nach dem SGB II insoweit typischerweise privilegierend wirkt, als dort nur auf die Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks und nicht auch auf dessen Wert abgestellt wird, während nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII Hausgrundstücke von angemessener Größe verwertet werden müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies erfordert. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nach Maßgabe der oben dargestellten Rechtsprechung auch im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II eine Differenzierung der angemessenen Gesamtwohnfläche nach der Anzahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen erfolgt. Darüber hinaus bestimmt § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II mit Blick auf die Vermögensschutztatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, dass für die Angemessenheit die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend sind und ermöglicht dadurch im Einzelfall eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte als nur der angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks. Nicht zuletzt ermöglicht für Härtefälle § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II noch eine Korrektur unbilliger Ergebnisse auch im Rahmen des SGB II(siehe dazu unten b).

42

Dass darüber hinaus die Unterschiedlichkeit der Regelungen zur Verwertung von Hausgrundstücken in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zu einer benachteiligenden Andersbehandlung der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Personen führt, obwohl zwischen ihnen und den Leistungen nach dem SGB XII beanspruchenden Personen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können(vgl zu diesem Maßstab des Bundesverfassungsgerichts für eine iS des Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung: BVerfGE 112, 368, 401; 116, 229, 238), ist nicht ersichtlich. Aus Gleichbehandlungsgründen ist eine Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rechtsbereich des SGB II nicht erforderlich. Dagegen spricht schon, dass die vor- und nachteiligen Wirkungen der unterschiedlichen Regelungen in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zur Verwertung von Hausgrundstücken nicht für alle Fallkonstellationen bereits unmittelbar aus den Regelungsunterschieden selbst folgen, sondern einzelfallspezifisch durchaus unterschiedlich ausfallen können. Typischerweise ist sogar die Regelung im SGB II privilegierend im Vergleich zum SGB XII. Wirkt sich diese Privilegierung im Einzelfall nicht aus, zwingt dies nicht aus Gleichbehandlungsgründen zur Anwendung der Regelung im SGB XII. Zudem sind auch die jeweils unterschiedlichen Entstehungshintergründe beider Leistungssysteme, die typisierte Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten für die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sowie die konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze zu beachten (vgl dazu nur Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, Einleitung RdNr 1 f, 14 ff, 19 ff, 33 ff), an denen der Gesetzgeber seither im Wesentlichen festgehalten hat und die einer Harmonisierung beider Leistungssysteme durch die Rechtsprechung unter Vernachlässigung ihrer unterschiedlichen Normtexte Grenzen setzen (vgl zum Argument der Harmonisierung - in jeweils anderen Zusammenhängen - BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 21; BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, RdNr 37 ff; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 24; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R, juris RdNr 21; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris RdNr 18; BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 16/07 R - BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 15; vgl allg zur Harmonisierung von SGB II und SGB XII Stölting/Greiser, SGb 2010, 631).

43

Auch eine vergleichende Betrachtung für jeden Einzelfall, ob die Anwendung des Angemessenheitsbegriffs von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II oder von § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII für die Leistungen beanspruchende Person günstiger wäre, ist nicht angezeigt. Soweit die Regelungen zur Verwertungspflicht von unangemessenen Hausgrundstücken in beiden Leistungssystemen unterschiedlich sind, sind sie in ihrer Unterschiedlichkeit im jeweiligen Leistungssystem anzuwenden, weil ihre Harmonisierung verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Art 3 Abs 1 GG gebietet keine Identität der Rechtsfolgen in vergleichbaren Lebenslagen. Für unbillige Ergebnisse im Einzelfall sehen beide Gesetze Korrekturmöglichkeiten durch eine Härtefallregelung vor (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II, § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII).

44

Allerdings führt vorliegend nicht bereits die Anwendung von § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II zu einem anderen, für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Denn für eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte, die mit Blick auf die Lebensumstände der Klägerin während des (begehrten) Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere im Vergleich zu dem üblichen Lebenszuschnitt anderer Leistungsberechtigter (zu dieser Gegenüberstellung vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 79), für eine Angemessenheit des Hausgrundstücks streiten könnten, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Der von der Klägerin formulierte Wunsch, das seit 2001 in ihrem Alleineigentum stehende Hausgrundstück als Familienheim und Mehrgenerationenhaus zu erhalten, ist bei der Prüfung der Angemessenheit nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 und Satz 2 SGB II kein rechtlich maßgeblicher Gesichtspunkt. Denn eine Lebensstandardsicherung ist mit den existenzsichernden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, anders als mit der früheren Alhi, nicht bezweckt. Für das SGB II enthält danach zwar § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II eine für alle Vermögensschutztatbestände geltende nähere Konturierung des Angemessenheitsbegriffs, die sich aber von der spezifisch die Verwertung von Immobilienvermögen betreffenden Konkretisierung durch § 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII für das SGB XII unterscheidet und vorliegend nicht zugunsten der Klägerin wirkt.

45

Das stimmt auch mit dem oben bereits dargestellten Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II überein. Zwar ist vom Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks das Haus als Ganzes erfasst, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird. Für die Frage der Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks - genauer: der Gesamtwohnfläche des Hauses - aber ist auf den Haushalt abzustellen, in dem die Leistungen beanspruchende Person wohnt und lebt. Denn bezogen auf die durch die Familie der Tochter der Klägerin genutzte Wohnung im Erdgeschoss, in der diese Familie einen eigenen Haushalt führt, geht es für die Klägerin nicht um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung ihres Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt. Sie wohnt und lebt allein in ihrem eigenen Haushalt in der von ihr genutzten Wohnung im Dachgeschoss.

46

Soweit die Revision aus der Entwicklung der Vorschriften und der Rechtsprechung zum Schutz von Immobilienvermögen vor Verwertung von der Alhi zur Grundsicherung für Arbeitsuchende und aus einem Vergleich mit dem Sozialhilferecht vorliegend einen weitergehenden Schutz zugunsten der Klägerin abzuleiten sucht, steht dem der normative Befund entgegen, dass § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II - wie zuvor § 1 Abs 3 Nr 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO), an den der Gesetzgeber des SGB II anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1516 S 53) - allein auf das selbst genutzte Hausgrundstück von angemessener Größe abstellt. Ist das Hausgrundstück - wie hier für die Klägerin als allein in ihrem Haushalt lebende Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft - von unangemessener Größe, scheidet ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II aus.

47

Soweit dagegen mit der Revision der Schutz eines angemessenen "kleinen Familienheimes" geltend gemacht wird, steht dahinter die Überlegung, das Haus der Klägerin als Ganzes für die Klägerin und die Familie ihrer Tochter zu erhalten. Der damit formulierte Schutzgedanke hat daher schon zur Voraussetzung, was im Revisionsverfahren noch im Streit war, nämlich dass die Familie der Tochter in die Angemessenheitsprüfung der Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einzubeziehen ist. Die begehrte Einbeziehung kommt jedoch aus den vorstehenden Gründen nicht in Betracht. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II stellt - anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII mit seiner Kombination mehrerer die Angemessenheit eines Hausgrundstücks bestimmender Faktoren, mit der der Gesetzgeber des SGB XII an die Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1514 S 66) - für die Angemessenheit der Größe eines Hausgrundstücks eben nicht (auch) auf die Zahl der Bewohner "unter einem Dach" ab (zum Begriff "unter einem Dach" vgl nur Geiger in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 90 RdNr 45; vgl auch BVerwG Urteil vom 17.1.1980 - 5 C 48/78 - BVerwGE 59, 294, 298: Berücksichtigung derer, um deren "Dach über dem Kopf" es geht), sondern knüpft allein an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II, in einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II oder zumindest - wie bei Pflegeeltern und Pflegekindern - in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Personen an. Anlass, von dieser Begrenzung abzusehen und eine Ausnahme beim Wohnen von Angehörigen in jeweils eigenen Haushalten in zwei Wohnungen eines Hauses zu formulieren, besteht nicht.

48

b) Obwohl hier, wovon auch das LSG zu Recht ausgegangen ist, ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II wegen unangemessener Größe des Hausgrundstücks ausscheidet, hält der Senat in der vorliegenden Fallkonstellation eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II für möglich. Nach dieser Vorschrift, deren Wortlaut seit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) unverändert geblieben ist, sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II kommt die Funktion eines Auffangtatbestands und einer allgemeinen Härteklausel zu, die die atypischen Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden(vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 76, 118, mwN).

49

aa) Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 31 ff; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 25; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 28; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 27). Als ein solcher Umstand kommt vorliegend in Betracht, dass ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht geschützt ist, das nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, weil dort die "unter einem Dach" wohnenden Angehörigen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einbezogen werden, im SGB II aber (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII eine Orientierung bieten.

50

Denn sowohl bei dem SGB II als auch bei dem SGB XII handelt es sich hinsichtlich ihrer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ungeachtet der unterschiedlichen Entstehungshintergründe, der typisierten Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten sowie der konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze um der Existenzsicherung dienende, auf Bedarfsdeckung angelegte und bedürftigkeitsabhängige Leistungssysteme, die mit ihren voneinander getrennten leistungsberechtigten Personenkreisen zwar an verschiedene Lebenslagen anknüpfen (§ 5 Abs 2 SGB II, § 21 SGB XII), aber jeweils der Verwirklichung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) dienen. Ungeachtet ihrer Unterschiede stehen beide Leistungssysteme hinsichtlich ihrer Existenzsicherungsleistungen nicht in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis, sondern gleichrangig und selbstständig nebeneinander in einem Ausschließlichkeitsverhältnis (vgl Voelzke in Hauck/ Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 234 ff; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 21 RdNr 1 ff). Dieses Nebeneinander rechtfertigt es, in vergleichbaren Fallkonstellationen die für diese einschlägigen Regelungen des SGB II und des SGB XII vergleichend in den Blick zu nehmen. Unterscheiden sich die Regelungen in ihren Wirkungen, kann hieraus im Einzelfall ein Anlass zu Harmonisierung zugunsten der Leistungen beanspruchenden Person folgen, die im jeweils anderen Leistungssystem begünstigt wäre.

51

Hierfür spricht mit Blick auf die Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen auch eine Würdigung der Rechtsentwicklung: Die Existenzsicherungsleistungen der Alhi und der Sozialhilfe standen bis zum 31.12.2004 noch in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis (vgl nur Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 46). Nur wer keinen Anspruch auf Alhi hatte oder wessen Bedarf sie nicht vollständig deckte, konnte Anspruch auf Sozialhilfe haben; dies war verbunden mit der Geltung der unterschiedlichen Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen in § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiVO und § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das SGB II und das SGB XII jeweils tradieren. Wer Sozialhilfe statt oder neben Alhi bezog, für den galt in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation die im Einzelfall günstigere Regelung des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das Wohnen von Angehörigen "unter einem Dach" berücksichtigte. Seit 1.1.2005 stehen mit ihren leistungsberechtigten Personenkreisen und hinsichtlich ihres Umfangs die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und dem SGB XII nebeneinander. Das SGB XII ist mit seinen Leistungen insoweit kein "unterstes Netz" für die Leistungsberechtigten nach dem SGB II, vielmehr bilden beide Leistungssysteme innerhalb des sozialen Sicherungssystems das "unterste Netz" (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand VI/2011, K § 21 RdNr 9; zur Sozialhilfe als Referenzsystem für Leistungen nach dem SGB II vgl BT-Drucks 15/1514 S 52, wo in diesem Zusammenhang von der Sozialhilfe als das "unterste Netz" der sozialen Sicherung die Rede ist). Der Umstand, dass seither für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht vor Verwertung geschützt ist, das zuvor nach § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG geschützt sein konnte und nunmehr durch § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, kann Anlass für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II sein.

52

Vorliegend wäre nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und der Aktenlage das Hausgrundstück der Klägerin im Leistungssystem des SGB XII vor seiner Verwertung geschützt. Denn in dem Haus wohnt neben der Klägerin auch die Familie ihrer Tochter, sind diese mit der Klägerin das Haus zusammen bewohnenden Angehörigen nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII in die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Größe des Hauses einzubeziehen, ist das Haus danach mit seiner Gesamtwohnfläche von 129 qm nicht unangemessen groß und überschreitet es auch im Übrigen und insbesondere hinsichtlich seines Wertes nicht die sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien. Vielmehr handelt es sich um das typische geschützte "Familienheim", das über die Generationen weitergegeben werden soll (vgl zur Novellierung der Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG so bereits BT-Drucks 11/391 S 5), und dessen Schutz auch der Sinn und Zweck des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ist(BT-Drucks 15/1514 S 66), das aber in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützt ist.

53

bb) Für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II genügt indes nicht diese unterschiedliche Regelungswirkung unterschiedlicher Regelungen. Vielmehr sind für diese Härtefallprüfung ergänzend die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen. Die Einbeziehung auch von Angehörigen, die mit der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, aber nicht mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft oder auch nur in einem gemeinsamen Haushalt leben, liegt jedenfalls nahe, wenn diese Angehörigen ihrerseits hilfebedürftig sind. Andererseits kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der "unter einem Dach" mitwohnenden Angehörigen zum Ausschluss einer besonderen Härte führen, weil das Haus durch ihre Einbeziehung größer und wertvoller sein darf, verglichen mit einem Abstellen allein auf die Leistungen beanspruchende Person (hier die tatsächlichen 129 qm statt der für die Klägerin allein angemessenen 90 qm). Sinn und Zweck eines Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück aus Härtefallgründen ist es nicht, wirtschaftlich leistungsfähigen Angehörigen einer Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person ein kostenfreies Mitwohnen in einem Haus, dessen Schutz vor Berücksichtigung bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit begehrt wird, zu ermöglichen. Eine besondere Härte läge danach nicht vor, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Angehörige mit der Leistungen beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, ohne einen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Beitrag für das Wohnen zu leisten.

54

Diese modifizierte Übertragung des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auf eine vergleichbare Fallkonstellation im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II wahrt die Besonderheiten des SGB II und schützt vor missbräuchlichen Leistungsinanspruchnahmen, ohne den Gedanken einer Harmonisierung beider Leistungssysteme aus den Augen zu verlieren. Einzubeziehen in die Härtefallprüfung sind die Wertungen des SGB II, die sich ua aus dem Subsidiaritätsgedanken des § 9 Abs 1 SGB II ergeben(vgl zu Facetten des Nachranggrundsatzes Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 306 ff; Siebel-Huffmann in Berlit/Conradis/Sartorius, Handbuch Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 9, RdNr 28; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 9 RdNr 9, 21), und ein Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII, der zeigt, dass der Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach dem SGB II die typischerweise privilegierende Regelung ist. Die Unbilligkeit, die daraus zu folgen vermag, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Vermögensschutzregelung nach dem SGB XII für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person günstiger wäre, kann die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II rechtfertigen, ohne zu einer Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zwingen, die Modifikationen nicht zulässt. Die Berücksichtigung sozialhilferechtlicher Angemessenheitskriterien nach dem SGB XII im Rahmen der grundsicherungsrechtlichen Härtefallprüfung nach dem SGB II lässt vielmehr Raum für Modifikationen, wie hier eine mit dem ergänzenden Prüfkriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der mitwohnenden Angehörigen formuliert worden ist, um den Sinn und Zweck des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach dem SGB II zu wahren. Dieser besteht im Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt der Leistungen beanspruchenden Person, nicht aber im Schutz eines in getrennten Haushalten zusammen ein Haus bewohnenden Familienverbandes um jeden Preis.

55

6. Ausgehend von diesen Maßgaben wird das LSG zu prüfen haben, ob hier eine besondere Härte vorliegt. Dafür spricht, dass die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin ein Darlehen über 75 000 Euro aufgenommen haben und Beiträge für die Tilgung dieses Darlehens leisten, dessen Mittel zumindest teilweise zur Finanzierung von Arbeiten am und im Haus der Klägerin verwandt worden sein sollen. Die näheren Umstände von Darlehensaufnahme, -verwendung, -tilgung und -sicherung wird das LSG aufzuklären haben.

56

Daneben liegt es nahe, die jeweiligen Beiträge der Klägerin und der Familie ihrer Tochter zu den Kosten des Hausgrundstücks und den Kosten des eigenen Wohnens im Haus zu betrachten sowie diese Kostenbeiträge in ein Verhältnis zur jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu setzen.

57

Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass eine besondere Härte zu bejahen ist, ist das Hausgrundstück der Klägerin vor Verwertung geschützt und im Rahmen der Prüfung ihrer Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen. Das LSG wird in diesem Fall noch Feststellungen zum Bedarf der Klägerin, insbesondere zu ihren Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, und zu ihrem zu berücksichtigenden Einkommen, ggf auch aus Leistungen seitens der Tochter und ihres Ehemanns an die Klägerin, zu treffen haben. Erst auf dieser Grundlage kann für die einzelnen Monate des streitbefangenen Zeitraums abschließend entschieden werden, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

58

Wenn das LSG dagegen zu der Überzeugung gelangt, dass auch nach den Maßgaben des Senats eine besondere Härte nicht vorliegt, ist das wirtschaftlich verwertbare, bislang nicht verwertete Hausgrundstück der Klägerin mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen und schließt dies ihre Hilfebedürftigkeit und damit den geltend gemachten Anspruch auf Alg II im streitbefangenen Zeitraum aus. Dies hat das LSG in seinem angefochtenen Urteil, ausgehend von seiner rechtlichen Wertung des Nichtvorliegens einer besonderen Härte, bereits festgestellt und zutreffend begründet.

59

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Gewährung zuschussweiser Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) anstelle darlehensweise gewährter Leistungen (aufgrund erstinstanzlicher Klagebeschränkung nur noch) für die Zeit vom 17.12.2008 bis 30.4.2009.

2

Die 1943 geborene Klägerin bewohnt seit 1977 - mit einer Unterbrechung von fünf Jahren - ein 1975 erbautes Einfamilienhaus in M auf einem 485 qm großen Grundstück mit einer Gesamtwohnfläche von 119 qm (drei Schlaf- bzw Kinderzimmer, Wohnzimmer mit zusätzlichem Essbereich, Küche, zwei Bäder und ein Gäste-WC). An ihren 1971 geborenen Sohn sind zwei Zimmer mit Bad bei Mitbenutzung der Küche gegen einen monatlichen Zins in Höhe von 320 Euro vermietet. Auf dem Hausgrundstück sowie zusätzlich einem mit einer vermieteten Garage bebauten 21 qm großen Grundstück ist für die Klägerin ein einheitliches Erbbaurecht eingetragen (Erbbauzins in Höhe von 109,18 Euro). Auf dem Hausgrundstück steht eine weitere Garage. Ab 1.1.2009 erhielt die Klägerin eine monatliche Altersrente in Höhe von 98,92 Euro.

3

Die Beklagte bewilligte der Klägerin (auf einen Antrag von November 2008) für die Zeit vom 17.12.2008 bis 30.4.2009 Grundsicherungsleistungen "dem Grunde nach" (nur) als Darlehen, weil das Haus unangemessen groß und das Erbbaurecht - wenn auch nicht sofort - verwertbar sei; zur Leistungshöhe wurde eine gesonderte Bescheiderteilung angekündigt (Bescheid vom 4.2.2009; Widerspruchsbescheid unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 19.7.2010).

4

Das Sozialgericht (SG) Münster hat die Beklagte "unter Abänderung des Bescheids vom 4.2.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.7.2010 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 17.12.2008 bis 30.4.2009 als Zuschuss zu gewähren" (Urteil vom 7.11.2012). Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 5.5.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG unter Verwertung eines erstinstanzlichen Gutachtens über den Wert der Immobilie und eines zweitinstanzlich erstellten Gutachtens über die Marktgängigkeit des Erbbaurechts ausgeführt, die Klägerin habe anstelle des gewährten Darlehens einen Anspruch auf zuschussweise Leistungen. In Anwendung der sog Kombinationstheorie für die Prüfung der Angemessenheit eines privilegierten Wohngrundstücks sei unter Abwägung aller wertbildenden Faktoren davon auszugehen, dass das bestehende Erbbaurecht, soweit es das Hausgrundstück betreffe, angemessen sei. Die Garagenparzelle werde andererseits durch Vermietung bereits ausreichend verwertet und der Mietzins für den Lebensunterhalt eingesetzt.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII. Sie ist der Ansicht, das LSG habe den Rahmen der im Gesetz vorgesehenen Abwägung dadurch überspannt, dass es eine unangemessene Größe der Wohnfläche durch das Abstellen auf den Gebäudewert aufgewogen habe.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG sowie des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Ob bzw inwieweit Gegenstand des Verfahrens - wie vom LSG angenommen - der Bescheid vom 4.2.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.7.2010 (§ 95 SGG)ist, mit dem die Beklagte Grundsicherungsleistungen zwar "dem Grunde nach" als Darlehen bewilligt, damit aber zugleich die Gewährung eines Zuschusses abgelehnt hat, kann nicht beurteilt werden. Insoweit ist nämlich vom LSG nicht ermittelt und nach Aktenlage nicht erkennbar, ob sich der Bescheid - unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit (vgl zum Grundlagenbescheid nur BSGE 114, 302 ff = SozR 4-3520 § 1a Nr 1) - nachträglich durch denselben Zeitraum betreffende (eventuell infolge Zahlung konkludente) Bewilligungen erledigt hat (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -; vgl dazu allgemein BSG aaO). Ermittlungen durch den Senat hierzu bedarf es nicht, weil die Sache ohnedies aus anderen Gründen an das LSG zurückzuverweisen ist. Damit ist auch keine endgültige Festlegung der richtigen Klageart erforderlich, weil zudem nicht feststeht, ob und in welcher Höhe Leistungen/Zahlungen an die Klägerin erfolgt sind; hiervon wäre jedoch die Klageart abhängig (vgl nur: BSGE 102, 68 ff = SozR 4-4200 § 23 Nr 1; Becker in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 37 SGB XII RdNr 37 ff mwN). Von der Klageart abhängig ist außerdem, ob das Verfahren an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensfehler leidet; denn das LSG ist, sollte es sich vorliegend richtigerweise nur um eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage handeln, zu Unrecht von der Zulässigkeit eines Grundurteils ausgegangen. Dem stünde § 130 Abs 1 Satz 1 SGG entgegen, der ein Grundurteil nur bei Verurteilung zu einer Leistung in Geld vorsieht.

11

Unabhängig von diesen prozessualen Fragen ermöglicht die Entscheidung des LSG ohnedies aus tatsächlichen Gründen kein abschließendes Urteil. Nach § 19 Abs 2 SGB XII(in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) in Verbindung mit § 41 SGB XII(in der Normfassung desselben Gesetzes) erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 beschaffen können, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn sie - wie die Klägerin - das 65. Lebensjahr vollendet haben.

12

Dieser Anspruch richtet sich gegen die Beklagte, die als örtlich und sachlich zuständiger Träger der Sozialhilfe gehandelt hat (§§ 97 Abs 1, 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 SGB XII und §§ 1, 2 Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt NRW 816 - und der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes NRW vom 16.12.2004 - GVBl NRW 817). Dabei bemisst sich der Umfang der Leistungen bedarfsbezogen nach § 42 SGB XII. Ob allerdings wegen der Berücksichtigung von Einkommen bzw Vermögen überhaupt Leistungsansprüche bestehen, kann vom Senat nicht endgültig beurteilt werden. Dies ist zuvörderst abhängig davon, ob das Gesamterbbaurecht der Klägerin an den beiden Parzellen (vgl zur Zulässigkeit eines Gesamterbbaurechts nur BGHZ 65, 345 ff) privilegiertes Vermögen iS des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ist. Danach darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in § 19 Abs 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf, der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.

13

Ob das (Gesamt-)Erbbaurecht der Klägerin insgesamt allerdings faktisch und rechtlich überhaupt verwertbar war, hat das LSG - ausgehend von seiner Rechtsansicht - nicht festgestellt. Dafür mag vieles sprechen; abschließend ist dies für den Senat jedoch nicht beurteilbar. Insbesondere könnte einer Verwertung des Erbbaurechts durch Verkauf oder Beleihung eine erbbaurechtliche Vereinbarung entgegenstehen (§§ 5, 6 Erbbaurechtsgesetz); außerdem hat das LSG ausdrücklich offen gelassen, ob der Eigentümer der beiden Parzellen einer Teilung zugestimmt hätte (§ 26 ErbbauRG; vgl dazu BGH, Urteil vom 21.12.1973 - V ZR 202/71 -, NJW 1974, 498), das Erbbaurecht mithin so teilbar ist, dass es sich getrennt auf das Garagengrundstück und das Hausgrundstück erstrecken würde. Wäre dies nicht der Fall, würde sich die Privilegierung einheitlich an § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII messen.

14

Wäre andererseits eine Teilung möglich, dürfte das an dem Garagengrundstück bestehende Erbbaurecht nach dem Zweck der Regelung und dem Subsidiaritätsgrundsatz (§ 2 Abs 1 SGB XII) jedenfalls nicht von dieser Norm erfasst werden, weil das Grundstück - damit auch das Erbbaurecht - insoweit wohl nicht Wohnzwecken dienen würde; immerhin ist auf dem Hausgrundstück selbst eine weitere Garage vorhanden, und die Garage auf der Garagenparzelle ist (wohl an einen Dritten) vermietet. Bei Teilbarkeit des einheitlichen Erbbaurechts wäre dieses dann in Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII wie Eigentum an den zwei Parzellen zu behandeln. Ggf wäre der Wert des Garagengrundstücks, den das LSG mit 4000 Euro nur geschätzt hat, genau zu ermitteln; denn der Hilfeempfänger hat - wiederum aus Gründen der Subsidiarität (§ 2 Abs 1 SGB XII) - grundsätzlich die Verwertungsart zu wählen, die den höchsten Deckungsgrad besitzt (BSGE 98, 243 ff RdNr 31 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 43; Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 90 RdNr 28, Stand November 2014), also die aktuelle Bedürftigkeit möglichst umfänglich beseitigt und damit nicht nur durch Vermietung die Bedürftigkeit nur zu vermindern. Die Überlegungen des LSG zu der angemessenen Verwertung des Erbbaurechts betreffend das Garagengrundstück (Vermietung gegen einen entsprechenden Mietzins) wären dann erst im Rahmen der Härtefallregelung des § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII beachtlich(BSG SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 30; SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 21 f; Mecke aaO), die jedenfalls auch die Prüfung auf offensichtliche Unwirtschaftlichkeit umfasst (hierzu nur: BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 22; Mecke in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 90 SGB XII RdNr 38 und 96 ff). Ein derartiger Härtefall ließe sich allerdings nicht allein damit begründen, dass sich die Vermietung im Hinblick auf eine Kapitalisierung innerhalb von etwa acht Jahren als wirtschaftlich sinnvoll erweist - so das LSG im Ergebnis.

15

Sollte eine getrennte Verwertung des am Garagengrundstück bestehenden Erbbaurechts rechtlich und/oder faktisch nicht möglich sein bzw die zweite Garage noch als Wohnzwecken dienend anzusehen sein, würde eine endgültige Entscheidung des Senats daran scheitern, dass die Beurteilung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII grundsätzlich dem Tatrichter unterliegt und das Revisionsgericht bei der Subsumtion unter Berücksichtigung des festgestellten Sachverhalts einen tatrichterlichen Beurteilungsspielraum zu respektieren hat. Diesen Freiraum hätte das LSG dann aber fehlerhaft gebraucht, weil es die Angemessenheit des Erbbaurechts nur bezogen auf das Hausgrundstück bejaht hat, obwohl es sie für das Gesamterbbaurecht hätte prüfen müssen. Das Revisionsgericht ist jedenfalls in seiner Prüfung darauf beschränkt, ob der rechtliche Rahmen verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind (zu vergleichbaren Fragen bei der Überprüfung der Angemessenheit der Dauer überlanger Verfahren BSG SozR 4-1720 § 198 Nr 6 RdNr 28 mwN; zu vergleichbaren Problemen bei der Frage zur Überprüfung der groben Fahrlässigkeit: BSGE 47, 180 ff = SozR 2200 § 1301 Nr 8; BSG, Beschluss vom 13.11.2001 - B 11 AL 47/01 R -, juris RdNr 16 mwN; BGHZ 10, 14 ff).

16

Ohne Rechtsfehler hat das LSG zutreffend ausgeführt, dass § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) formulierten Auslegungskriterien zu § 88 Abs 2 Nr 7 Bundessozialhilfegesetz, der ein "kleines Hausgrundstück" der Verwertungspflicht enthob, aufgreift. Dieser Rechtsprechung und der vom BVerwG entwickelten Kombinationstheorie hat sich das Bundessozialgericht (BSG) angeschlossen, wonach unter Abwägung aller Gesichtspunkte, die für einen Anspruch von Sozialhilfe von Bedeutung sind, zu entscheiden ist, ob das Heim nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu den Bedürfnissen des Hilfesuchenden und der weiteren berücksichtigungsfähigen Personen (Angehörigen) steht (vgl: BVerwGE 47, 103 ff; 87, 278 ff). Anstelle einer starren Wertgrenze ist also die Angemessenheit des Hausgrundstücks insgesamt maßgeblich; der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit ist deshalb in jedem Einzelfall - also von Fall zu Fall - im Wege einer Gesamtbetrachtung und unter Abwägung aller in § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII aufgeführten personen-, sach- und wertbezogenen Kriterien zu beurteilen(BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 16 ff). Die enge Verknüpfung von Einzeltatsachen als die Angemessenheit mitbestimmenden Einzelfaktoren und ihre Relation zueinander sind dabei revisionsrechtlich nicht trennbar in (nur auf Verfahrensrüge überprüfbare) tatsächliche und (von Amts wegen zu prüfende) rechtliche Wertungen. Sie bietet dadurch in der Regel keinen Anlass zu grundsätzlichen, über den Einzelfall hinausgehenden und für eine einheitliche Rechtsanwendung bedeutsamen Überlegungen (zu diesem Gedanken BSG SozR 2200 § 539 Nr 32 S 93), weil jedes Einzelkriterium durch ein anderes oder mehrere andere aufgewogen werden kann.

17

Ohne Rechtsfehler hat das LSG ebenso dargelegt, dass ein Erbbaurecht unter den Begriff des Hausgrundstücks nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII fällt, wenn es sich auf ein mit einem vorhandenen Wohngebäude bebautes Grundstück erstreckt. Mit dem Merkmal des Hausgrundstücks verwendet die Norm mithin nur einen Typenbegriff; bezweckt wird der Schutz einer dinglich dem Vermögen des Hilfesuchenden zugeordneten Wohnberechtigung, wozu auch ein Erbbaurecht als dingliches Dauerwohnrecht zählt. An dieser Wertung ändert sich nichts dadurch, dass vorliegend eine Erbbauzinszahlung vereinbart ist.

18

Ausgehend von dieser zutreffenden Überlegung hat das LSG indes in unzutreffender Weise das einheitliche Erbbaurecht am Wohnhausgrundstück und am Garagenhof rechtlich wie zwei Vermögensgegenstände behandelt, obwohl es die Teilbarkeit des Erbbaurechts offen gelassen hat. Die Angemessenheitsprüfung des LSG, die - bezogen auf ein Erbbaurecht alleine an dem Hausgrundstück - rechtlich nicht zu beanstanden wäre, leidet damit bei fehlender Teilbarkeit des Erbbaurechts an einem revisionsrechtlich überprüfbaren Mangel, der ebenfalls dazu zwingt, die Sache an das LSG als Tatsachengericht zurückzuverweisen.

19

Ggf sind vom LSG die einzelnen Bedarfe der Klägerin zu ermitteln (§ 42 SGB XII), denen das anzurechnende Einkommen/Vermögen gegenüberzustellen ist (§§ 80 ff, 90 SGB XII). Soweit das LSG hierzu ausführt, dass das Einkommen der Klägerin bereits ihren "Mindestgesamtbedarf" im streitbefangenen Zeitraum nicht gedeckt habe, würde dies nur für eine Entscheidung im Sinne eines Grundurteils genügen, das allerdings in Fällen der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage - wie vom LSG angenommen - nicht ergehen darf (siehe dazu oben).

20

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - hier: Arbeitslosengeld II (Alg II) - nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit ab 12.11.2008. Im Streit ist insbesondere die Berücksichtigung eines in ihrem Alleineigentum stehenden Hausgrundstücks.

2

Die im Jahr 1953 geborene, alleinstehende Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks in N, Gemarkung B, Flur 13, Flurstück 364, Lagebezeichnung H straße Auf dem 471 qm großen Grundstück befindet sich eine 1963 erbaute Doppelhaushälfte mit einem Zweifamilienhaus und einer Gesamtwohnfläche von 129 qm. Im Erdgeschoss und im Dachgeschoss befinden sich jeweils eigene Wohnungen, die baulich nicht voneinander abgeschlossen sind. Die Erdgeschosswohnung hat eine Wohnfläche von 70 qm und die Dachgeschosswohnung von 59 qm. Das Hausgrundstück stand ursprünglich im Eigentum der Eltern der Klägerin, die die Erdgeschosswohnung bewohnten. Die mittlerweile geschiedene Klägerin wohnte seinerzeit zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in der Dachgeschosswohnung. Im Jahr 2001 übertrugen die Eltern der Klägerin dieser unentgeltlich und lastenfrei das Alleineigentum an dem Grundstück. Dabei war zur Bestimmung der Kosten des Grundbuchamts von einem Verkehrswert von 210 000 DM ausgegangen worden. Nunmehr - nach dem Tod ihrer Eltern - wohnt die Klägerin allein in der Dachgeschosswohnung und in der Erdgeschosswohnung wohnen in einem eigenen Haushalt die Tochter der Klägerin, ihr Ehemann und deren mittlerweile drei Kinder. Im Oktober 2008 wies das Grundstück einen Verkehrswert von 143 000 Euro und zuletzt, im Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen, einen Verkehrswert von gut 130 000 Euro auf. Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld über 75 000 Euro, die der Sicherung eines von der Tochter der Klägerin und ihrem Ehemann Ende 2007 aufgenommenen Darlehens in Höhe von 75 000 Euro dient. Das Darlehen wird in monatlichen Raten von 495,63 Euro getilgt. Zum 31.12.2011 bestand die Darlehensforderung noch in Höhe von 65 073,46 Euro.

3

Die Klägerin bezog vom 1.9.2008 bis zum 11.11.2008 Arbeitslosengeld. Sie beantragte am 20.10.2008 bei dem Beklagten Alg II für die Zeit ab 12.11.2008. Die ARGE V als Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters lehnte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 9.1.2009, Widerspruchsbescheid vom 15.6.2009). Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Sie verfüge über zu berücksichtigendes Vermögen, weil das Hausgrundstück für sie allein unangemessen groß sei. Für die Angemessenheitsprüfung sei nur auf die Klägerin und nicht auch auf die Familie ihrer Tochter abzustellen, denn es bestünde keine Bedarfsgemeinschaft und auch keine Haushaltsgemeinschaft iS des SGB II. Die Möglichkeit einer darlehensweisen Hilfegewährung sei von der Klägerin abgelehnt worden.

4

Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Urteil vom 27.1.2012) und die Berufung der Klägerin zum LSG (Urteil vom 22.10.2012) blieben erfolglos. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, das im Alleineigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück sei nicht vor einer Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt, denn für die Klägerin allein sei nur ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche bis zu 90 qm angemessen. Der Umstand, dass die Familie ihrer Tochter in einem eigenen Haushalt auch in dem Haus wohne, sei für die Frage nach dem Schonvermögen der Klägerin iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II unbeachtlich. Aus einem Vergleich mit der abweichenden Regelung in § 90 Abs 2 Nr 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) folge nichts anderes.

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei ihr Hausgrundstück als "Familienheim" und "Mehrgenerationenhaus" vor der Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt. Zudem müsse, da das mit Angehörigen bewohnte Hausgrundstück bei Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, es vorliegend auch im Rahmen des SGB II geschützt sein.

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 12. November 2008 bis zum 22. Oktober 2012 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind in der Sache die Urteile des LSG und des SG und die angefochtenen Bescheide des Beklagten sowie der Anspruch der Klägerin auf Alg II als Zuschuss für die Zeit ab 12.11.2008 (erster Tag nach Bezug von Arbeitslosengeld). Streitbefangen im Revisionsverfahren ist der Zeitraum bis zum 22.10.2012 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG). Mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrt die Klägerin die Aufhebung der Urteile des LSG und des SG und der angefochtenen Bescheide sowie die Verurteilung des Beklagten zur zuschussweisen Zahlung von Alg II; die Leistungsklage ist insoweit auf den Erlass eines Grundurteils gerichtet (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).

10

2. Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Alg II ist § 19 iVm §§ 7, 9 und §§ 20, 21 und 22 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

11

Nach § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte als Alg II Leistungen, die den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfassen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben(Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).

12

3. Die Klägerin erfüllt nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.

13

4. Allerdings fehlen ausreichende Feststellungen des LSG zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin. Hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist nach § 9 Abs 1 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850), wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 4 SGB II auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen. Darlehensweise Leistungen hat die Klägerin jedoch ausdrücklich nicht begehrt; sie sind nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.

14

Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II der Klägerin ist zunächst festzustellen, ob sie mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet(dazu unter a) und sind sodann ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf (dazu unter b) die zu dessen Deckung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten der Klägerin (dazu unter c) gegenüberzustellen.

15

a) Die Klägerin ist geschieden und lebt in ihrem Haushalt allein. Sie ist in Anwendung der Vorgaben des § 7 Abs 3 SGB II dazu, welche Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören, eine alleinstehende Person. Es besteht auch keine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II zwischen ihr und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter, die in einem eigenen Haushalt lebt. In den beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses wird von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt.

16

b) Nach § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II umfasst das Alg II den Regelbedarf(§ 20 SGB II), Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II).

17

Zum Bedarf der Klägerin fehlen nähere Feststellungen des LSG. Feststellen lassen sich im Revisionsverfahren nur die für die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Höhen der Regelleistung (bis 31.12.2010) und des Regelbedarfs (ab 1.1.2011) zur Sicherung des Lebensunterhalts. Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin daneben auch Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II) in Betracht kommen könnten, sind nicht ersichtlich. Unbekannt ist, in welcher Höhe im streitbefangenen Zeitraum welche Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei ihr bestehen und zu berücksichtigen sind.

18

c) Auch zum zu berücksichtigenden Einkommen iS der §§ 11 bis 11b SGB II sind die Feststellungen des LSG unvollständig. Nach diesen bezog die Klägerin seit September 2009 ein monatliches Erwerbseinkommen von im Schnitt anfänglich gut 300 Euro, mittlerweile knapp 500 Euro. Das LSG nahm hierfür auf eine Aufstellung der Klägerin Bezug, in der diese ihre monatlichen Einkünfte aufgelistet hatte. In welcher Höhe genau im streitbefangenen Zeitraum Einkommen zu berücksichtigen ist, ist damit nicht festgestellt, weil unbekannt ist, in welcher Höhe jeweils zu berücksichtigende Einkommensabsetzbeträge in den einzelnen Monaten des streitbefangenen Zeitraums die Höhe des zur Bedarfsdeckung einzusetzenden Einkommens verringern.

19

Keine Feststellungen enthält das Urteil des LSG schließlich dazu, ob bei der Klägerin Einkommen auch deshalb zu berücksichtigen ist, wenn und weil ihre Tochter und ihr Schwiegersohn für die Klägerin Tilgungsleistungen mit Blick auf das Ende 2007 von ihnen aufgenommene Darlehen übernommen haben.

20

Die Feststellungen des LSG reichen auch nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin über zu berücksichtigendes Vermögen iS des § 12 SGB II verfügte(dazu im Einzelnen unter 5.). Das (auch) von der Klägerin bewohnte Hausgrundstück hat das LSG zwar zu Recht als nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschütztes Vermögen angesehen(dazu unter 5. a). Allerdings kommt ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht(dazu unter 5. b).

21

5. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 und 4 SGB II, deren Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist). Als ein berücksichtigungsfähiger verwertbarer Vermögensgegenstand kommt auch ein Hausgrundstück in Betracht, wie sich bereits aus der Ausnahmeregelung in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ergibt; denn danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs 3 SGB II (dessen Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist) erfüllen, sind von vornherein als sog Schonvermögen nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Werts des Vermögens bleiben sie außen vor (vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 75).

22

Vorliegend scheidet zwar ein Vermögensschutz für das Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4, Satz 2 SGB II aus, weil dieses von unangemessener Größe ist(dazu unter a). Doch kommt sein Schutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht, weil hier eine besondere Härte daraus folgen kann, dass das Grundstück der Klägerin nach dem SGB XII vor Verwertung geschützt wäre(dazu unter b).

23

a) Mit dem Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zielt das Gesetz insbesondere auf das Haus selbst und stellt maßgeblich auf dessen Wohnfläche ab(vgl Bundessozialgericht Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 24; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 55; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90).

24

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die Klägerin Alleineigentümerin eines 471 qm großen Hausgrundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, in der sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen (Zweifamilienhaus) mit einer Gesamtwohnfläche von 129 qm befinden. Nur diese Wohnfläche ist vorliegend näher auf ihre Angemessenheit zu prüfen, während die Grundstücksgröße von 471 qm einer eigenen Angemessenheitsprüfung nicht zu unterziehen ist. Denn Grundstücksgrößen bis zu 500 qm werden schon im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt, im ländlichen Bereich sogar bis zu 800 qm (vgl Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 57; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 93). Da beide als Anhaltspunkte dienende Werte hier unterschritten werden, bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit der Angemessenheit von Grundstücksgrößen im Rahmen des Vermögensschutzes nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II.

25

aa) Das von der Klägerin nur zum Teil selbst genutzte Hausgrundstück ist mit seiner Gesamtwohnfläche auf seine Angemessenheit zu prüfen. Zwar nutzt die Klägerin die Gesamtwohnfläche ihres Hauses nur zum Teil selbst, denn sie wohnt nur in einer der beiden Wohnungen. Doch steht die Nutzung der anderen Wohnung, in der die Tochter der Klägerin, deren Ehemann und ihre Kinder wohnen und einen eigenen Haushalt führen und in der nicht auch die Klägerin wohnt, der Anwendung der Vermögensschutzregelung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht entgegen. Vielmehr genügt es insoweit, dass die Klägerin das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt. Denn mit dem Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ("selbst genutztes Hausgrundstück") geht es nach dem Zweck dieser Regelung nicht um den Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 13; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 35; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 54; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90). In diesem Sinne ist eigene Wohnung auch das selbst genutzte Haus, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird.

26

In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist für die Prüfung des verwertbaren Vermögens die gesamte Wohnfläche eines Hauses, selbst im Falle einer vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 16 ff). Der 4. Senat des BSG hat diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks mit der Überlegung gerechtfertigt, dass der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit stehe, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliege. Ausnahmen hat der 4. Senat für möglich gehalten bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile. Auch der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von der Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur der vom Eigentümer bewohnten Fläche auszugehen sei, wenn dieser in seiner Stellung als Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks zwar durch ein Wohnrecht zugunsten seiner Eltern hinsichtlich der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt sei. Nur wenn das Eigentum der Leistungen beanspruchenden Person auf den von ihr benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, käme eine andere Prüfung in Betracht (Urteil des Senats vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 13).

27

Solange eine Teilung des Eigentums nicht vorliegt, ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten und muss für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses und nicht nur auf die von der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abgehoben werden (vgl so bereits zur Arbeitslosenhilfe BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 35).

28

bb) Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit nur auf die Größe des Hausgrundstücks ("Hausgrundstück von angemessener Größe"). Auf andere die Angemessenheit bestimmende Faktoren und dabei insbesondere auf den Wert des Hausgrundstücks wird nach diesem Wortlaut - im Unterschied zu § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII - nicht abgestellt. Die durch diese isolierte Orientierung des Gesetzgebers des SGB II an der Größe der Immobilie bewirkte Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II gegenüber denen nach dem SGB XII, soweit Letztere Immobilien von angemessener Größe verwerten müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies fordert, hat das BSG bislang unbeanstandet gelassen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16). Auch vorliegend zählt die Klägerin, die Leistungen nach dem SGB II begehrt, zur Gruppe der privilegierten Leistungsberechtigten und ist insoweit eine Prüfung der Regelungsunterschiede zwischen § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII am Maßstab des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) hier nicht erforderlich. Auf eine möglicherweise unterschiedliche Wirkung der unterschiedlichen Regelungen im hier zu entscheidenden Fall kommt es insoweit nicht an.

29

(1) Die Gesamtwohnfläche des auch von der Klägerin bewohnten Hauses überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II, weil im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung nur auf die Klägerin allein abzustellen ist.

30

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG - in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur Alhi, die ihrerseits auf das Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bezug nahm (vgl BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 24 ff) - dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18, RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 19; BSG Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R, juris RdNr 29).

31

Für Familienheime mit nur einer Wohnung und bis zu vier Personen sah das II. WobauG eine Wohnflächengrenze von 130 qm vor (§ 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 2 Nr 1 II. WobauG). Auf diese Grenze ist auch vorliegend abzustellen. Denn zwar sah § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG für Familienheime mit zwei Wohnungen eine Wohnflächengrenze von 200 qm vor, aber nur dann, wenn die zweite Wohnung als abgeschlossene Wohnung anzusehen war (§ 39 Abs 1 Satz 3 II. WobauG). Dies setzte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) voraus, dass beide Wohnungen in der Weise durch objektive bauliche Gestaltungsmerkmale dauerhaft vollkommen voneinander getrennt sind, wie dies für Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern typisch ist (vgl BVerwG Urteil vom 20.8.1986 - 8 C 23/84, juris RdNr 7 ff). Diese Voraussetzungen einer baulichen Abgeschlossenheit sind nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG vorliegend nicht erfüllt. Es kann daher offen bleiben, ob auf § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG, anders als noch in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, für die Angemessenheitsprüfung überhaupt zurückzugreifen wäre. Die danach hier maßgebliche Wohnflächengrenze von 130 qm ist nach der eben wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 qm pro Person zu reduzieren; typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22).

32

Hieraus ergibt sich für den Ein-Personen-Haushalt der Klägerin allein ein Grenzwert von 90 qm (130 qm - 2 x 20 qm = 90 qm). Dieser wird mit der vom LSG für den Senat bindend festgestellten Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm deutlich überschritten. Auf die Berücksichtigung von Besonderheiten der Flächenberechnungen von Häusern einerseits und Eigentums- und Mietwohnungen andererseits, die angesichts der im Regelfall bestehenden baulichen Besonderheiten eines Hauses eine Erhöhung der angemessenen Größe eines Hauses gegenüber einer Eigentumswohnung gerechtfertigt erscheinen lassen können (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 27), kommt es angesichts dieser deutlichen Überschreitung nicht an. Auch die Anwendung einer gewissen Toleranz, wie sie bei Überschreiten der Wohnflächengrenze um nicht mehr als zehn vom Hundert mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erwogen worden ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 23), würde vorliegend an der unangemessenen Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nichts ändern.

33

(2) Von diesen im Regelfall anzuwendenden Wohnflächengrenzwerten kann ausnahmsweise nach den besonderen Umständen des Einzelfalls abgewichen werden. Denn es muss ein Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen bestehen bleiben, die zu einer Anpassung der Grenzwerte je nach den Umständen des Einzelfalls nach oben, ggf aber auch nach unten führen können (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16).

34

Ein besonderer Umstand des Einzelfalls, der ein Abweichen von der Grenze von 90 qm rechtfertigt, ist allerdings nicht, dass das in ihrem Alleineigentum stehende Haus der Klägerin zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen aufweist und die Familie der Tochter der Klägerin in der Erdgeschosswohnung des Hauses, die Klägerin aber allein in der 59 qm großen Dachgeschosswohnung wohnt und in beiden Wohnungen ein jeweils eigener Haushalt geführt wird.

35

Zwar würde die Gesamtwohnfläche des Hauses die sich aus der Anwendung der Vorgaben des II. WobauG ergebenden Grenzwerte nicht überschreiten, wenn für die Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks nicht nur auf die Klägerin allein, sondern auf alle im Haus wohnenden Personen abzustellen wäre. Denn schon im Zeitpunkt der Antragstellung auf Alg II bestand die Familie der Tochter der Klägerin aus vier Personen (Tochter, Ehemann, zwei Kinder). Der Wohnflächengrenzwert von 130 qm für vier Personen, den die Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm ohnehin nicht überschreitet, würde mithin wegen der Belegung mit seinerzeit fünf und nunmehr sechs Personen sogar noch um jeweils 20 qm zu erhöhen sein. Indes sind maßgebliche Personen für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche eines Hauses bei der Prüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II neben den Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern iS des § 7 Abs 3 SGB II grundsätzlich nur die mit der Leistungen beanspruchenden Person für längere Zeit in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebenden weiteren Personen(vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23 f; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 92).

36

Eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II besteht - wie oben dargestellt - zwischen der Klägerin und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter indes nicht. Nach den bindenden Feststellungen des LSG ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit der Familie ihrer Tochter in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebt. Insoweit fehlt es schon am Leben in einem Haushalt. Denn die beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses sind zwar eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennt und baulich nicht voneinander abgeschlossen, aber sie sind jeweils eigene Wohnungen, in denen von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt wird.

37

Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des BSG bislang allein die Situation des Zusammenlebens von Pflegeeltern mit Pflegekindern in einem Haushalt anerkannt, die bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche eines Hauses zu einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Zwecksetzung des Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe -, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern, führt (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 23). Diese oder auch nur eine wertungsmäßig vergleichbare Situation liegt hier ersichtlich nicht vor.

38

Andere normative Anknüpfungspunkte dafür, für die Frage der Angemessenheit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II des im Alleineigentum der Klägerin stehenden Hausgrundstücks darauf abzustellen, dass in dem Haus nicht nur die Klägerin lebt, sondern in einem eigenen Haushalt auch Angehörige leben, bietet das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht.

39

(3) Nichts anderes folgt entgegen dem Revisionsvorbringen insoweit aus einem Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II mit § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII(in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022, am 1.1.2005 unverändert gebliebenen Fassung). Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in § 19 Abs 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit anderen Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich hierbei nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zB behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII).

40

Ersichtlich unterscheidet sich der hierdurch geregelte Vermögensschutz von dem des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII kennt § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das Kriterium des Zusammenbewohnens eines Hauses mit Angehörigen (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Der Gesetzgeber des SGB II hat sich insoweit - ebenso wie zB bei der Verwertung von Geldvermögen - nicht für eine Harmonisierung der Regelungen zur Verwertung von selbst genutzten Immobilien im Sozialhilferecht nach dem SGB XII einerseits und dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II andererseits entschieden (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16).

41

Dieser Unterschied zwischen beiden Leistungssystemen lässt sich nicht durch eine Berücksichtigung der so nur im Sozialhilferecht gesetzlich fixierten Angemessenheitskriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auch bei der Angemessenheitsprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einebnen(so aber Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 91; ähnlich auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2008, K § 22 RdNr 210). Dagegen spricht bereits, dass - wie oben dargestellt - § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II seinerseits für Leistungsberechtigte nach dem SGB II insoweit typischerweise privilegierend wirkt, als dort nur auf die Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks und nicht auch auf dessen Wert abgestellt wird, während nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII Hausgrundstücke von angemessener Größe verwertet werden müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies erfordert. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nach Maßgabe der oben dargestellten Rechtsprechung auch im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II eine Differenzierung der angemessenen Gesamtwohnfläche nach der Anzahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen erfolgt. Darüber hinaus bestimmt § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II mit Blick auf die Vermögensschutztatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, dass für die Angemessenheit die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend sind und ermöglicht dadurch im Einzelfall eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte als nur der angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks. Nicht zuletzt ermöglicht für Härtefälle § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II noch eine Korrektur unbilliger Ergebnisse auch im Rahmen des SGB II(siehe dazu unten b).

42

Dass darüber hinaus die Unterschiedlichkeit der Regelungen zur Verwertung von Hausgrundstücken in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zu einer benachteiligenden Andersbehandlung der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Personen führt, obwohl zwischen ihnen und den Leistungen nach dem SGB XII beanspruchenden Personen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können(vgl zu diesem Maßstab des Bundesverfassungsgerichts für eine iS des Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung: BVerfGE 112, 368, 401; 116, 229, 238), ist nicht ersichtlich. Aus Gleichbehandlungsgründen ist eine Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rechtsbereich des SGB II nicht erforderlich. Dagegen spricht schon, dass die vor- und nachteiligen Wirkungen der unterschiedlichen Regelungen in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zur Verwertung von Hausgrundstücken nicht für alle Fallkonstellationen bereits unmittelbar aus den Regelungsunterschieden selbst folgen, sondern einzelfallspezifisch durchaus unterschiedlich ausfallen können. Typischerweise ist sogar die Regelung im SGB II privilegierend im Vergleich zum SGB XII. Wirkt sich diese Privilegierung im Einzelfall nicht aus, zwingt dies nicht aus Gleichbehandlungsgründen zur Anwendung der Regelung im SGB XII. Zudem sind auch die jeweils unterschiedlichen Entstehungshintergründe beider Leistungssysteme, die typisierte Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten für die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sowie die konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze zu beachten (vgl dazu nur Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, Einleitung RdNr 1 f, 14 ff, 19 ff, 33 ff), an denen der Gesetzgeber seither im Wesentlichen festgehalten hat und die einer Harmonisierung beider Leistungssysteme durch die Rechtsprechung unter Vernachlässigung ihrer unterschiedlichen Normtexte Grenzen setzen (vgl zum Argument der Harmonisierung - in jeweils anderen Zusammenhängen - BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 21; BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, RdNr 37 ff; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 24; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R, juris RdNr 21; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris RdNr 18; BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 16/07 R - BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 15; vgl allg zur Harmonisierung von SGB II und SGB XII Stölting/Greiser, SGb 2010, 631).

43

Auch eine vergleichende Betrachtung für jeden Einzelfall, ob die Anwendung des Angemessenheitsbegriffs von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II oder von § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII für die Leistungen beanspruchende Person günstiger wäre, ist nicht angezeigt. Soweit die Regelungen zur Verwertungspflicht von unangemessenen Hausgrundstücken in beiden Leistungssystemen unterschiedlich sind, sind sie in ihrer Unterschiedlichkeit im jeweiligen Leistungssystem anzuwenden, weil ihre Harmonisierung verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Art 3 Abs 1 GG gebietet keine Identität der Rechtsfolgen in vergleichbaren Lebenslagen. Für unbillige Ergebnisse im Einzelfall sehen beide Gesetze Korrekturmöglichkeiten durch eine Härtefallregelung vor (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II, § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII).

44

Allerdings führt vorliegend nicht bereits die Anwendung von § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II zu einem anderen, für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Denn für eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte, die mit Blick auf die Lebensumstände der Klägerin während des (begehrten) Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere im Vergleich zu dem üblichen Lebenszuschnitt anderer Leistungsberechtigter (zu dieser Gegenüberstellung vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 79), für eine Angemessenheit des Hausgrundstücks streiten könnten, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Der von der Klägerin formulierte Wunsch, das seit 2001 in ihrem Alleineigentum stehende Hausgrundstück als Familienheim und Mehrgenerationenhaus zu erhalten, ist bei der Prüfung der Angemessenheit nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 und Satz 2 SGB II kein rechtlich maßgeblicher Gesichtspunkt. Denn eine Lebensstandardsicherung ist mit den existenzsichernden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, anders als mit der früheren Alhi, nicht bezweckt. Für das SGB II enthält danach zwar § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II eine für alle Vermögensschutztatbestände geltende nähere Konturierung des Angemessenheitsbegriffs, die sich aber von der spezifisch die Verwertung von Immobilienvermögen betreffenden Konkretisierung durch § 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII für das SGB XII unterscheidet und vorliegend nicht zugunsten der Klägerin wirkt.

45

Das stimmt auch mit dem oben bereits dargestellten Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II überein. Zwar ist vom Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks das Haus als Ganzes erfasst, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird. Für die Frage der Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks - genauer: der Gesamtwohnfläche des Hauses - aber ist auf den Haushalt abzustellen, in dem die Leistungen beanspruchende Person wohnt und lebt. Denn bezogen auf die durch die Familie der Tochter der Klägerin genutzte Wohnung im Erdgeschoss, in der diese Familie einen eigenen Haushalt führt, geht es für die Klägerin nicht um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung ihres Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt. Sie wohnt und lebt allein in ihrem eigenen Haushalt in der von ihr genutzten Wohnung im Dachgeschoss.

46

Soweit die Revision aus der Entwicklung der Vorschriften und der Rechtsprechung zum Schutz von Immobilienvermögen vor Verwertung von der Alhi zur Grundsicherung für Arbeitsuchende und aus einem Vergleich mit dem Sozialhilferecht vorliegend einen weitergehenden Schutz zugunsten der Klägerin abzuleiten sucht, steht dem der normative Befund entgegen, dass § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II - wie zuvor § 1 Abs 3 Nr 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO), an den der Gesetzgeber des SGB II anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1516 S 53) - allein auf das selbst genutzte Hausgrundstück von angemessener Größe abstellt. Ist das Hausgrundstück - wie hier für die Klägerin als allein in ihrem Haushalt lebende Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft - von unangemessener Größe, scheidet ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II aus.

47

Soweit dagegen mit der Revision der Schutz eines angemessenen "kleinen Familienheimes" geltend gemacht wird, steht dahinter die Überlegung, das Haus der Klägerin als Ganzes für die Klägerin und die Familie ihrer Tochter zu erhalten. Der damit formulierte Schutzgedanke hat daher schon zur Voraussetzung, was im Revisionsverfahren noch im Streit war, nämlich dass die Familie der Tochter in die Angemessenheitsprüfung der Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einzubeziehen ist. Die begehrte Einbeziehung kommt jedoch aus den vorstehenden Gründen nicht in Betracht. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II stellt - anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII mit seiner Kombination mehrerer die Angemessenheit eines Hausgrundstücks bestimmender Faktoren, mit der der Gesetzgeber des SGB XII an die Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1514 S 66) - für die Angemessenheit der Größe eines Hausgrundstücks eben nicht (auch) auf die Zahl der Bewohner "unter einem Dach" ab (zum Begriff "unter einem Dach" vgl nur Geiger in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 90 RdNr 45; vgl auch BVerwG Urteil vom 17.1.1980 - 5 C 48/78 - BVerwGE 59, 294, 298: Berücksichtigung derer, um deren "Dach über dem Kopf" es geht), sondern knüpft allein an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II, in einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II oder zumindest - wie bei Pflegeeltern und Pflegekindern - in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Personen an. Anlass, von dieser Begrenzung abzusehen und eine Ausnahme beim Wohnen von Angehörigen in jeweils eigenen Haushalten in zwei Wohnungen eines Hauses zu formulieren, besteht nicht.

48

b) Obwohl hier, wovon auch das LSG zu Recht ausgegangen ist, ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II wegen unangemessener Größe des Hausgrundstücks ausscheidet, hält der Senat in der vorliegenden Fallkonstellation eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II für möglich. Nach dieser Vorschrift, deren Wortlaut seit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) unverändert geblieben ist, sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II kommt die Funktion eines Auffangtatbestands und einer allgemeinen Härteklausel zu, die die atypischen Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden(vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 76, 118, mwN).

49

aa) Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 31 ff; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 25; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 28; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 27). Als ein solcher Umstand kommt vorliegend in Betracht, dass ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht geschützt ist, das nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, weil dort die "unter einem Dach" wohnenden Angehörigen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einbezogen werden, im SGB II aber (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII eine Orientierung bieten.

50

Denn sowohl bei dem SGB II als auch bei dem SGB XII handelt es sich hinsichtlich ihrer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ungeachtet der unterschiedlichen Entstehungshintergründe, der typisierten Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten sowie der konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze um der Existenzsicherung dienende, auf Bedarfsdeckung angelegte und bedürftigkeitsabhängige Leistungssysteme, die mit ihren voneinander getrennten leistungsberechtigten Personenkreisen zwar an verschiedene Lebenslagen anknüpfen (§ 5 Abs 2 SGB II, § 21 SGB XII), aber jeweils der Verwirklichung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) dienen. Ungeachtet ihrer Unterschiede stehen beide Leistungssysteme hinsichtlich ihrer Existenzsicherungsleistungen nicht in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis, sondern gleichrangig und selbstständig nebeneinander in einem Ausschließlichkeitsverhältnis (vgl Voelzke in Hauck/ Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 234 ff; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 21 RdNr 1 ff). Dieses Nebeneinander rechtfertigt es, in vergleichbaren Fallkonstellationen die für diese einschlägigen Regelungen des SGB II und des SGB XII vergleichend in den Blick zu nehmen. Unterscheiden sich die Regelungen in ihren Wirkungen, kann hieraus im Einzelfall ein Anlass zu Harmonisierung zugunsten der Leistungen beanspruchenden Person folgen, die im jeweils anderen Leistungssystem begünstigt wäre.

51

Hierfür spricht mit Blick auf die Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen auch eine Würdigung der Rechtsentwicklung: Die Existenzsicherungsleistungen der Alhi und der Sozialhilfe standen bis zum 31.12.2004 noch in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis (vgl nur Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 46). Nur wer keinen Anspruch auf Alhi hatte oder wessen Bedarf sie nicht vollständig deckte, konnte Anspruch auf Sozialhilfe haben; dies war verbunden mit der Geltung der unterschiedlichen Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen in § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiVO und § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das SGB II und das SGB XII jeweils tradieren. Wer Sozialhilfe statt oder neben Alhi bezog, für den galt in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation die im Einzelfall günstigere Regelung des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das Wohnen von Angehörigen "unter einem Dach" berücksichtigte. Seit 1.1.2005 stehen mit ihren leistungsberechtigten Personenkreisen und hinsichtlich ihres Umfangs die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und dem SGB XII nebeneinander. Das SGB XII ist mit seinen Leistungen insoweit kein "unterstes Netz" für die Leistungsberechtigten nach dem SGB II, vielmehr bilden beide Leistungssysteme innerhalb des sozialen Sicherungssystems das "unterste Netz" (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand VI/2011, K § 21 RdNr 9; zur Sozialhilfe als Referenzsystem für Leistungen nach dem SGB II vgl BT-Drucks 15/1514 S 52, wo in diesem Zusammenhang von der Sozialhilfe als das "unterste Netz" der sozialen Sicherung die Rede ist). Der Umstand, dass seither für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht vor Verwertung geschützt ist, das zuvor nach § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG geschützt sein konnte und nunmehr durch § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, kann Anlass für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II sein.

52

Vorliegend wäre nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und der Aktenlage das Hausgrundstück der Klägerin im Leistungssystem des SGB XII vor seiner Verwertung geschützt. Denn in dem Haus wohnt neben der Klägerin auch die Familie ihrer Tochter, sind diese mit der Klägerin das Haus zusammen bewohnenden Angehörigen nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII in die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Größe des Hauses einzubeziehen, ist das Haus danach mit seiner Gesamtwohnfläche von 129 qm nicht unangemessen groß und überschreitet es auch im Übrigen und insbesondere hinsichtlich seines Wertes nicht die sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien. Vielmehr handelt es sich um das typische geschützte "Familienheim", das über die Generationen weitergegeben werden soll (vgl zur Novellierung der Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG so bereits BT-Drucks 11/391 S 5), und dessen Schutz auch der Sinn und Zweck des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ist(BT-Drucks 15/1514 S 66), das aber in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützt ist.

53

bb) Für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II genügt indes nicht diese unterschiedliche Regelungswirkung unterschiedlicher Regelungen. Vielmehr sind für diese Härtefallprüfung ergänzend die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen. Die Einbeziehung auch von Angehörigen, die mit der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, aber nicht mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft oder auch nur in einem gemeinsamen Haushalt leben, liegt jedenfalls nahe, wenn diese Angehörigen ihrerseits hilfebedürftig sind. Andererseits kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der "unter einem Dach" mitwohnenden Angehörigen zum Ausschluss einer besonderen Härte führen, weil das Haus durch ihre Einbeziehung größer und wertvoller sein darf, verglichen mit einem Abstellen allein auf die Leistungen beanspruchende Person (hier die tatsächlichen 129 qm statt der für die Klägerin allein angemessenen 90 qm). Sinn und Zweck eines Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück aus Härtefallgründen ist es nicht, wirtschaftlich leistungsfähigen Angehörigen einer Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person ein kostenfreies Mitwohnen in einem Haus, dessen Schutz vor Berücksichtigung bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit begehrt wird, zu ermöglichen. Eine besondere Härte läge danach nicht vor, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Angehörige mit der Leistungen beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, ohne einen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Beitrag für das Wohnen zu leisten.

54

Diese modifizierte Übertragung des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auf eine vergleichbare Fallkonstellation im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II wahrt die Besonderheiten des SGB II und schützt vor missbräuchlichen Leistungsinanspruchnahmen, ohne den Gedanken einer Harmonisierung beider Leistungssysteme aus den Augen zu verlieren. Einzubeziehen in die Härtefallprüfung sind die Wertungen des SGB II, die sich ua aus dem Subsidiaritätsgedanken des § 9 Abs 1 SGB II ergeben(vgl zu Facetten des Nachranggrundsatzes Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 306 ff; Siebel-Huffmann in Berlit/Conradis/Sartorius, Handbuch Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 9, RdNr 28; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 9 RdNr 9, 21), und ein Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII, der zeigt, dass der Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach dem SGB II die typischerweise privilegierende Regelung ist. Die Unbilligkeit, die daraus zu folgen vermag, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Vermögensschutzregelung nach dem SGB XII für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person günstiger wäre, kann die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II rechtfertigen, ohne zu einer Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zwingen, die Modifikationen nicht zulässt. Die Berücksichtigung sozialhilferechtlicher Angemessenheitskriterien nach dem SGB XII im Rahmen der grundsicherungsrechtlichen Härtefallprüfung nach dem SGB II lässt vielmehr Raum für Modifikationen, wie hier eine mit dem ergänzenden Prüfkriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der mitwohnenden Angehörigen formuliert worden ist, um den Sinn und Zweck des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach dem SGB II zu wahren. Dieser besteht im Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt der Leistungen beanspruchenden Person, nicht aber im Schutz eines in getrennten Haushalten zusammen ein Haus bewohnenden Familienverbandes um jeden Preis.

55

6. Ausgehend von diesen Maßgaben wird das LSG zu prüfen haben, ob hier eine besondere Härte vorliegt. Dafür spricht, dass die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin ein Darlehen über 75 000 Euro aufgenommen haben und Beiträge für die Tilgung dieses Darlehens leisten, dessen Mittel zumindest teilweise zur Finanzierung von Arbeiten am und im Haus der Klägerin verwandt worden sein sollen. Die näheren Umstände von Darlehensaufnahme, -verwendung, -tilgung und -sicherung wird das LSG aufzuklären haben.

56

Daneben liegt es nahe, die jeweiligen Beiträge der Klägerin und der Familie ihrer Tochter zu den Kosten des Hausgrundstücks und den Kosten des eigenen Wohnens im Haus zu betrachten sowie diese Kostenbeiträge in ein Verhältnis zur jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu setzen.

57

Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass eine besondere Härte zu bejahen ist, ist das Hausgrundstück der Klägerin vor Verwertung geschützt und im Rahmen der Prüfung ihrer Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen. Das LSG wird in diesem Fall noch Feststellungen zum Bedarf der Klägerin, insbesondere zu ihren Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, und zu ihrem zu berücksichtigenden Einkommen, ggf auch aus Leistungen seitens der Tochter und ihres Ehemanns an die Klägerin, zu treffen haben. Erst auf dieser Grundlage kann für die einzelnen Monate des streitbefangenen Zeitraums abschließend entschieden werden, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

58

Wenn das LSG dagegen zu der Überzeugung gelangt, dass auch nach den Maßgaben des Senats eine besondere Härte nicht vorliegt, ist das wirtschaftlich verwertbare, bislang nicht verwertete Hausgrundstück der Klägerin mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen und schließt dies ihre Hilfebedürftigkeit und damit den geltend gemachten Anspruch auf Alg II im streitbefangenen Zeitraum aus. Dies hat das LSG in seinem angefochtenen Urteil, ausgehend von seiner rechtlichen Wertung des Nichtvorliegens einer besonderen Härte, bereits festgestellt und zutreffend begründet.

59

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 14. Dezember 2011 geändert.

Die Bescheide des Beklagten vom 29. Juli 2008, 17. September 2008, 6. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2009 werden geändert und der Beklagte wird verurteilt, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 17,50 Euro für Oktober 2008 zu zahlen.

Die Bescheide des Beklagten vom 24. März 2009, 31. März 2009, 6. Juni 2009, 14. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2009 werden geändert und der Beklagte wird verurteilt, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 7 Euro monatlich für August und September 2009 zu zahlen.

Hinsichtlich weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung für November 2008 wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Altenburg zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere für Unterkunft und Heizung im Oktober und November 2008 sowie August und September 2009.

2

Die im Jahr 1982 geborene Klägerin zu 1 und ihr am 2002 geborener Sohn, der Kläger zu 2, bei dem ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, H, RF, Gl festgestellt sind, bewohnten in der strittigen Zeit eine 2,5-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 60,99 m² in K Pro Monat betrug die Grundmiete 322 Euro, hinzu kamen Vorauszahlungen für sonstige Nebenkosten von 22 Euro, Kaltwasser von 53 Euro, Heiz- und Warmwasserkosten von 80 Euro, die zum 1.11.2008 für Kaltwasser auf 61 Euro, Heiz- und Warmwasserkosten auf 92 Euro erhöht wurden (monatliche Aufwendungen insgesamt 477 bzw 497 Euro). Seinem Bescheid vom 20.2.2006 hatte das beklagte Jobcenter als Anlage eine Belehrung über "Rechtsfolgen im Falle unangemessener Aufwendungen für Unterkunft und/oder Heizung" beigefügt und mitgeteilt, den Klägern stehe eine Kaltmiete, einschließlich kalter Betriebskosten von 345 Euro plus Heizkosten ohne Warmwasserbereitung von 60 Euro, insgesamt also 405 Euro pro Monat zu. Von Juli bis September 2006 erbrachte der Beklagte die Leistungen nur noch unter Berücksichtigung dieses Betrags. Von Juli 2007 bis Ende April 2008 lebte eine weitere Person - im Folgenden G - ebenfalls in der Wohnung, ohne mit den Klägern eine Bedarfsgemeinschaft zu bilden, und der Leistungsberechnung wurden dadurch die vollen, auf die Anteile der Kläger entfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zugrunde gelegt.

3

Für Oktober 2008 bis März 2009 bewilligte der Beklagte monatliche Leistungen von 405 Euro für Unterkunft und Heizung an die Kläger (Bescheid vom 29.7.2008, Änderungsbescheid vom 17.9.2008). Nachdem die Klägerin zu 1 den Anstieg der Vorauszahlung zum 1.11.2008 angezeigt hatte, lehnte der Beklagte mit weiterem Bescheid vom 29.9.2008 eine Übernahme der erhöhten Vorauszahlung ab. Nachdem G zum 1.12.2008 wieder in die Wohnung eingezogen war, berücksichtigte der Beklagte ab diesem Zeitpunkt wieder anteilig die vollen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung der Kläger, für Oktober und November verblieb es bei den bewilligten Beträgen (Änderungsbescheid vom 6.2.2009). Der schon zuvor eingelegte Widerspruch der Kläger wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 25.2.2009).

4

Der Beklagte bewilligte aufgrund wechselnden Einkommens der Klägerin zu 1 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von April bis September 2009 den Klägern zunächst nur vorläufig, dann vorübergehend endgültig und schließlich für Juli bis September 2009 wieder vorläufig, wobei er für August und September monatlich von "Kosten der Unterkunft und Heizung" in Höhe von 405 Euro ausging (Bescheide vom 24.3.2009, 31.3.2009, 6.6.2009, 14.7.2009; Widerspruchsbescheid vom 15.7.2009).

5

Das Sozialgericht (SG) hat die erhobenen Klagen verbunden und die Bescheide vom 29.7.2008, 17.9.2008, 6.2.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.2.2009 geändert und den Beklagten verurteilt, an die Kläger "weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft" für Oktober 2008 in Höhe von 44,37 Euro und für November 2008 in Höhe von 50,50 Euro zu zahlen, die Bescheide vom 24.3.2009, 31.3.2009, 6.6.2009, 14.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.7.2009 geändert und den Beklagten verurteilt, an die Kläger "weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft" für August und September 2009 in Höhe von 74 Euro monatlich zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Sprungrevision zugelassen (Urteil vom 14.12.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin zu 1 erfülle die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, der Kläger zu 2 bilde mit ihr eine Bedarfsgemeinschaft, da er seinen Lebensunterhalt nicht vollständig aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten könne. Nach den einschlägigen landesrechtlichen Vorschiften sei für einen Haushalt von zwei Personen von einer Wohnfläche von 60 m² auszugehen. Entgegen der Auffassung der Kläger könne zB für Behinderte oder Alleinerziehende keine generelle Erhöhung der angemessenen Wohnfläche auf 75 m² vorgenommen werden. Der Beklagte habe keinerlei Überlegungen zum Vergleichsraum angestellt und weder die Unterkunftsrichtlinie des Saale-Holzland-Kreises noch dessen späteren Bearbeitungsrichtlinien oder die weiter vorgenommenen Modifizierungen genügten den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Aufgrund des Ausfalls lokaler Erkenntnismöglichkeiten seien die tatsächlichen Aufwendungen der Hilfebedürftigen für Unterkunft und Heizung zu übernehmen, begrenzt durch eine aus den Tabellenwerten des Wohngeldgesetzes (WoGG) abgeleitete Angemessenheitsgrenze nach oben. K sei wie der gesamte Saale-Holzland-Kreis nach der ab 1.1.2009 geltenden Wohngeldverordnung der Mietstufe 2 zuzuordnen, nur die Stadt E sei in der Zeit vorher der Stufe 3 zuzuordnen gewesen. Nach der Tabelle zu § 8 WoGG ergebe sich für zwei Haushaltsmitglieder ein Höchstbetrag von 345 Euro einschließlich kalter Betriebskosten. Nach der Tabelle zu § 12 WoGG in der Fassung vom 24.9.2008 (BGBl I 1856), die ab 1.1.2009 gelte, ergebe sich ein Betrag von 380 Euro. Zusammen mit einem angemessenen Zuschlag von 10 % sei in 2008 von 379,50 Euro und im Jahr 2009 von 418 Euro auszugehen.

6

Im Oktober 2008 habe die Bruttokaltmiete 397 Euro betragen, davon habe der Beklagte 345,13 Euro übernommen, die Differenz zum angemessenen Wert von 379,50 Euro seien 34,37 Euro, die der Beklagte noch zu zahlen habe. Im November 2008 habe die Bruttokaltmiete 405 Euro betragen, davon habe der Beklagte 345,13 Euro übernommen, die Differenz zu dem auch in diesem Monat angemessenen Wert von 379,50 Euro seien ebenfalls 34,37 Euro. Im August und September 2009 habe die Bruttokaltmiete ebenfalls jeweils 405 Euro betragen, davon habe der Beklagte wiederum jeweils 345,13 Euro übernommen. Der angemessene Höchstwert von 418 Euro nach dem WoGG plus Zuschlag liege über den tatsächlichen Aufwendungen, sodass pro Monat nur die Differenz zwischen 405 Euro und 345,13 Euro, also 59,87 Euro vom Beklagten noch zu zahlen seien.

7

Hinsichtlich der getrennt zu berechnenden Heizkosten sei, da ein kommunaler Heizspiegel nicht vorliege, vom bundesweiten Heizspiegel auszugehen. Für das Abrechnungsjahr 2008 ergebe sich bei einer Gasheizung und einer Wohnanlage mit insgesamt ca 710 m² zu beheizender Fläche, wie bei den Klägern, als Grenze der angemessenen Kosten 15,20 Euro je Quadratmeter Wohnfläche und Jahr, umgerechnet auf 60 m² pro Monat seien dies 76 Euro (15,20 : 12 x 60). Ausgehend von den festgestellten Heizkostenvorauszahlungen der Kläger für Oktober 2008 von 80 Euro und für November 2008 von 92 Euro verblieben nach der Kürzung um die Kosten der Warmwasserbereitung von 10,13 Euro (6,33 Euro für die Klägerin zu 1 und 3,80 Euro für den Kläger zu 2) für Oktober 2008 Heizkosten von 69,67 Euro und für November 2008 von 81,87 Euro. Nach Abzug der vom Beklagten tatsächlich gezahlten 59,87 Euro ergebe sich für Oktober ein Restanspruch von 10 Euro und für November von 16,13 Euro, weil für diesen Monat nicht auf die Vorauszahlung, sondern die Grenze der angemessenen Heizkosten von 76 Euro abzustellen sei. Für August und September 2009 ergebe sich nach dem bundesweiten Heizspiegel für das Abrechnungsjahr 2009 ein angemessener Betrag von maximal 74 Euro. Die monatliche Heizkostenvorauszahlung der Kläger von 92 Euro liege auch nach Abzug der Kosten der Warmwasserbereitung von 11 Euro über diesem Grenzbetrag, sodass der Beklagte nur die Differenz zwischen seiner tatsächlichen Zahlung von 59,87 Euro und der Angemessenheitsgrenze von 74 Euro zu übernehmen habe, also 14,13 Euro pro Monat. Die Addition der monatlichen Nachzahlbeträge für die Unterkunft und die Heizung ergebe die tenorierten Beträge, im Übrigen sei die Klage abzuweisen.

8

Mit der vom SG zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 22 SGB II und machen insbesondere geltend: Es sei keine ordnungsgemäße Kostensenkungsaufforderung erfolgt, der Beklagte sei von einer unzutreffenden Wohnfläche ausgegangen, da nicht von 60 m², sondern aufgrund von Sonderregelungen für Behinderte und Alleinerziehende in der Thüringer Verwaltungsvorschrift von 75 m² für die Bedarfsgemeinschaft der Kläger auszugehen sei. Hätte das SG diese erhöhte Wohnfläche seiner Entscheidung zugrunde gelegt, hätte es die Aufwendungen der Kläger für Unterkunft und Heizung dem Beklagten in voller Höhe auferlegen müssen. Die Berechnung der Heizkosten sei unzutreffend, weil der Heizkostenspiegel nach Aussage seiner Verfasser kein geeignetes Instrument für die Einzelfallentscheidung nach dem SGB II sei.

9

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 14. Dezember 2011 zu ändern,

1. die Bescheide des Beklagten vom 29. Juli 2008, 17. September 2008, 6. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 17,50 Euro für Oktober 2008 und in Höhe von 31,37 Euro für November 2008 zu zahlen sowie

2. die Bescheide des Beklagten vom 24. März 2009, 31. März 2009, 6. Juni 2009, 14. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 7 Euro monatlich für August und September 2009 zu zahlen.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Sprungrevision der Kläger ist zum Teil begründet und das Urteil des SG vom 14.12.2011 ist zu ändern. Unter Änderung der entsprechenden Bescheide ist der Beklagte zu verurteilen, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 17,50 Euro für Oktober 2008 (dazu 3.) und von jeweils 7 Euro monatlich für August und September 2009 (dazu 4.) zu zahlen. Hinsichtlich der begehrten weiteren Leistungen für Unterkunft und Heizung für November 2008 ist der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen (dazu 5.).

12

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist neben der Änderung der angefochtenen Vorentscheidungen das Begehren der allein die Revision führenden Kläger auf vollständige Übernahme ihrer tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in den strittigen Monaten.

13

Prozessrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Die Beschränkung des Streitgegenstandes in materiell-rechtlicher Hinsicht allein auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (vgl nur BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18). Hieran hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453; im Folgenden: SGB II nF) zumindest für laufende Verfahren nichts geändert (BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 mwN).

14

2. Rechtsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung sind § 19 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 Satz 1, Abs 3, § 22 Abs 1, § 28 SGB II. Die Grundvoraussetzungen nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, um Leistungen nach dem SGB II zu erhalten, erfüllte die Klägerin zu 1 in den streitigen Zeiträumen von Oktober bis November 2008 und August bis September 2009 nach den Feststellungen des SG. Anhaltspunkte für einen Ausschlusstatbestand sind nicht zu erkennen (vgl § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 5 SGB II). Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2, ihr in ihrem Haushalt lebender 2002 geborener Sohn, der seine Bedarfe nicht aus eigenem Einkommen decken kann, bilden eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 1, 4 SGB II).

15

Zu den im Rahmen des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für die Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf solange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 Satz 3 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706).

16

3. Für den Oktober 2008 ist der Beklagte unter Änderung seiner Bescheide vom 29.7.2008, 17.9.2008, 6.2.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.2.2009 zu verurteilen, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 17,50 Euro für Oktober 2008 zu zahlen. Dieser Betrag folgt aus ihren tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung von 477 Euro (Grundmiete 322 Euro, Vorauszahlungen für sonstige Nebenkosten von 22 Euro, Kaltwasser von 53 Euro und Heizkosten 80 Euro), abzüglich den vom Beklagten bewilligten 405 Euro und den vom SG zugesprochenen weiteren 44,37 Euro sowie den Kosten der Warmwasserbereitung von 10,13 Euro (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5) (477 - 405 - 44,37 - 10,13 = 17,50).

17

Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft und Heizung im Oktober 2008 sind der Berechnung ihrer Leistungen zugrunde zu legen, weil G erst Ende April 2008 - also keine sechs Monate vorher - aus der gemeinsamen und von den Klägern weiterhin bewohnten Wohnung ausgezogen ist; die Höhe der abstrakt oder konkret angemessenen Aufwendungen ist insofern nicht entscheidungserheblich.

18

Die Regelung des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, nach der unangemessene Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung als Bedarf solange - in der Regel jedoch längstens für sechs Monate - zu berücksichtigen sind, wie es nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, die Aufwendungen zu senken, greift auch bei Änderungen in der Bewohnerzahl, wie zB dem Auszug eines Mitbewohners.

19

§ 22 SGB II über die Leistungen für Unterkunft und Heizung knüpft an die einschlägigen sozialhilferechtlichen Vorschriften im Bundesozialhilfegesetz (BSHG) an (BT-Drucks 15/1516 S 57). Diese enthielten ebenfalls eine derartige "Zumutbarkeitsregelung" (so zB BVerwG vom 30.5.1996 - 5 C 14/95 - BVerwGE 101, 194, Juris RdNr 16 ff) zur Übernahme von unangemessenen Kosten der Unterkunft, nicht aber eine Sechs-Monatsgrenze (vgl § 3 Abs 1 DVO zu § 12 BSHG). Die in Rechtsprechung und Literatur vertretene Länge der Frist für die Übernahme unangemessener Kosten schwankte je nach Einzelfall und reichte bis zu neun Monaten (vgl OVG Hamburg vom 13.7.1993 - Bs IV 142/93: 4 Monate nach Auszug des Ehepartners; OVG Lüneburg vom 28.9.1994 - 4 L 5583/93 - info also 1995, 166, Juris RdNr 43: 6 Monate; Hofmann in LPK-BSHG, 5. Aufl 1998, § 12 RdNr 31: 6 Monate; Wenzel in Fichtner, BSHG, 2. Aufl 2003, § 12 RdNr 13 mwN: 6 bis 9 Monate). Die Regelung soll bezwecken, dass eine leistungsberechtigte Person nicht sofort zB bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit gezwungen ist, ihre bisherige Wohnung aufzugeben (so zum BSHG: BVerwG vom 30.5.1996 - 5 C 14/95, aaO; zum SGB II: BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 23). Dieser Zweck greift ebenso, wenn aus einer Haushaltsgemeinschaft eine Person auszieht und der Unterkunftsbedarf für die verbliebene(n) Person(en) unangemessen hoch ist.

20

Wie auch unter dem BSHG ist der Erhalt einer größeren Wohnung mit Hilfe von Leistungen nach dem SGB II zeitlich nicht unbegrenzt schutzwürdig, vielmehr ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut mit der Wendung "in der Regel jedoch längstens für sechs Monate" eine im Regelfall bestehende Grenze. Dementsprechend hat der Senat, wenn der auswärtige Aufenthalt eines Partners im Vorhinein auf unter sechs Monate beschränkt ist, eine Umzugs-Obliegenheit für den verbliebenen Partner der Bedarfsgemeinschaft verneint (BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 23). Auch nach der Literatur zu § 22 SGB II können Änderungen in der Bewohnerzahl die Übernahme von abstrakt unangemessenen Kosten für eine Übergangszeit rechtfertigen, als angemessener Zeitraum zB nach Auszug eines Mitbewohners zur entsprechenden Neuorientierung werden bis zu sechs Monate angesehen(Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 138). Die Sechs-Monatsfrist ist jedoch kein starrer Zeitraum, vielmehr sind Abweichungen nach oben und nach unten zulässig (Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 12/2012, § 22 RdNr 78), wie schon dem Wortlaut der Norm zu entnehmen ist.

21

Gründe für ein Abweichen von dieser Sechs-Monatsfrist sind vorliegend jedoch weder von Amts wegen zu erkennen, noch von einem Beteiligten geltend gemacht worden. Angesichts des Auszugs des G Ende April 2008 lief die Frist erst Ende Oktober 2008 ab und die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für Unterkunft und Heizung für diesen Monat sind zu erbringen.

22

4. Für August und September 2009 ist der Beklagte unter Änderung seiner Bescheide vom 24.3.2009, 31.3.2009, 6.6.2009, 14.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.7.2009 zu verurteilen, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 7 Euro monatlich zu zahlen. Dieser Betrag folgt aus ihren tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung pro Monat von 497 Euro (Grundmiete 322 Euro, Vorauszahlungen für sonstige Nebenkosten von 22 Euro, Kaltwasser von 61 Euro und Heizkosten 92 Euro), abzüglich den vom Beklagten bewilligten 405 Euro und den vom SG zugesprochenen weiteren 74 Euro sowie den Kosten der Warmwasserbereitung von 11 Euro (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5) (497 - 405 - 74 - 11 = 7).

23

Der Berechnung der Leistungen sind - aus den zuvor aufgezeigten Gründen - die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft und Heizung im August und September 2009 zugrunde zu legen, weil G nach seinem zwischenzeitlichen Wiedereinzug ab 1.12.2008 zum 1.5.2009 wieder aus der gemeinsamen und von den Klägern weiterhin bewohnten Wohnung ausgezogen ist und die Sechs-Monatsfrist ab diesem Auszug noch lief.

24

5. Für November 2008 mangelt es an ausreichenden Feststellungen des SG zur Beurteilung, ob den Klägern die beantragten weiteren 31,37 Euro Leistungen für Unterkunft (dafür 25,50 Euro) und Heizung (dafür 5,87 Euro) zustehen. Insoweit ist der Rechtsstreit zurückzuverweisen.

25

Zur Bestimmung der Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, die getrennt zu prüfen sind, auch wenn sie keine eigenständigen Streitgegenstände sind, ist zunächst der jeweils abstrakt angemessene Bedarf unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln. Liegen die tatsächlichen Aufwendungen der leistungsberechtigten Person über diesem Betrag, ist der konkret angemessene Bedarf zu prüfen, einschließlich der Zumutbarkeit einer Kostensenkung und der Durchführung eines Kostensenkungsverfahrens seitens des beklagten Jobcenters (vgl ua BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19 ff; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 12 ff; BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20 ff).

26

Ob als Leistung für die Unterkunft weitere 25,50 Euro zuzusprechen sind, weil das SG nur 379,50 Euro berücksichtigt hat und die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die Bruttokaltmiete 405 Euro betrugen (Grundmiete von 322 Euro, sonstige Nebenkosten von 22 Euro, Kaltwasserkosten von 61 Euro), kann nicht abschließend beurteilt werden. Zwar hat das SG den abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarf der Kläger zu Recht mit 379,50 Euro bestimmt, jedoch hat es keine Feststellungen dazu getroffen, dass dieser Betrag auch konkret angemessen ist.

27

a) Bei der Ermittlung des abstrakt angemessenen Bedarfs für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. Alsdann ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen und unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro m² Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen ist. Zu der so ermittelten Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen (vgl BSG aaO). Kann kein abstrakt angemessener Bedarf für die Unterkunft ermittelt werden, sind die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, gedeckelt im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben für die Zeit vor dem 1.1.2009 durch die Tabellenwerte der rechten Spalte zu § 8 WoGG aF plus einem Sicherheitszuschlag von 10 % (vgl nur BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 20 ff mwN).

28

Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für die Kläger beträgt 60 m². Dass die abstrakte angemessene Wohnungsgröße für Zweipersonenhaushalte in der strittigen Zeit in Thüringen 60 m² waren, hat das SG unter Hinweis auf die "Richtlinie für die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus in besonderen Gebietskulissen zur Innenstadtstabilisierung im Freistaat Thüringen für das Programmjahr 2008" vom 1.4.2008 als auch der als landesrechtliche Ausführungsbestimmung des Freistaates Thüringen nach § 10 Wohnungsförderungsgesetz ergangenen "Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Bindungen geförderter Wohnungen"(Thüringer Staatsanzeiger 2004, 1669) in der Fassung der Änderung vom 7.11.2008 (Thüringer Staatsanzeiger 2008, 1901) zutreffend festgestellt.

29

Entgegen dem Vorbringen der Revision ist die abstrakt angemessene Wohnungsgröße weder wegen der Alleinerziehung der Klägerin zu 1 noch wegen der Behinderung des Klägers zu 2 zu erhöhen, wie der Senat in seinem Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 19 ff ausführlich begründet hat. Gründe, von dieser Auffassung abzuweichen, sind im vorliegenden Verfahren nicht vorgebracht worden oder zu erkennen.

30

Aufgrund eines örtlichen Vergleichsraums - ausgehend vom Wohnort der Kläger und dem Saale-Holzland-Kreis als Zuständigkeitsbezirk des Beklagten - hat das SG zu Recht ein schlüssiges Konzept des Beklagten und die Möglichkeit entsprechender Nachermittlungen verneint.

31

Überlegungen zur Bestimmung eines maßgeblichen örtlichen Vergleichsraums hat der Beklagte nach den Feststellungen des SG keine angestellt, obwohl dies die logische Voraussetzung zur Entwicklung eines schlüssigen Konzepts ist. Das SG hat zwar seinerseits ebenfalls keinen Vergleichsraum ausdrücklich festgelegt, es hat die Antwort auf diese Frage aber im Unterschied zu den Vorinstanzen in den Urteilen des 4. Senats des BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 17 und des erkennenden Senats vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - nicht dahinstehen lassen, sondern hat seinen weiteren Überlegungen insbesondere bei der Anwendung des WoGG ausgehend vom Wohnort der Kläger den Zuständigkeitsbereich des Beklagten und damit den Saale-Holzland-Kreis zugrunde gelegt. Es hat damit der Anforderung, dass nur ausgehend von einem bestimmten örtlichen Vergleichsraum ein schlüssiges Konzept aufgestellt und überprüft werden sowie bei dessen Nichtvorliegen nur bezogen auf einen bestimmten örtlichen Vergleichsraum eine Entscheidung aufgrund des WoGG erfolgen kann, noch ausreichend Rechnung getragen.

32

Zutreffenderweise hat das SG des Weiteren ein schlüssiges Konzept (vgl dazu insbesondere BSG vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30)des Beklagten zur Bestimmung der Netto-Kaltmiete und die Möglichkeit, ein solches aufgrund von Beweiserhebungen seitens des Gerichts zu ermitteln, verneint. Die Entwicklung eines schlüssigen Konzepts ist im Wesentlichen eine Aufgabe des beklagten Grundsicherungsträgers, und insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume müssen seitens der Gerichte keine unverhältnismäßig aufwändigen Ermittlungen durchgeführt werden, was sie aber andererseits nicht von nachvollziehbaren Darlegungen dazu entbindet, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten für den maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nicht entwickelt werden kann (vgl nur BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 mwN).

33

Das SG hat ausführlich begründet, wieso die vom Beklagten seiner Entscheidung zugrunde gelegten Unterkunftsrichtlinie und Überarbeitungshinweise nicht die Voraussetzungen für ein schlüssiges Konzept erfüllen, dass es den Beklagten erfolglos um ergänzende Angaben gebeten habe und auch eigene Ermittlungen keinen Erfolg gezeigte hätten. Dem sind die Beteiligten im Laufe des Revisionsverfahrens nicht entgegengetreten.

34

Daran anschließend hat das SG den abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarf der Kläger nach § 8 WoGG und einem Sicherheitszuschlag von 10 % entgegen der Auffassung der Revision mit 379,50 Euro zutreffend ermittelt, weil der Wohnort der Kläger K und der gesamte Saale-Holzland-Kreis mit Ausnahme der sehr weit von K wegliegenden Kreisstadt E der Mietstufe 2 zugeordnet sind.

35

Soweit die Revision meint, schon für November 2008 sei auf das WoGG nF, das erst am 1.1.2009 in Kraft getreten ist, abzustellen, ist dafür keine Begründung zu erkennen.

36

b) Hinsichtlich der konkreten Angemessenheit enthält das Urteil des SG keine weitergehenden Ausführungen und keine speziellen Feststellungen, aufgrund deren die konkrete Angemessenheit des abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarfs von 379,50 Euro bejaht werden kann.

37

Angesichts des Alters des Klägers zu 2 von sechs Jahren im strittigen November 2008 und seiner schweren Behinderung sowie der Alleinerziehung der Klägerin zu 1 sind hierzu jedoch Feststellungen notwendig. Gegen die konkrete Angemessenheit des niedrigeren, abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarfs und die Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen können Gründe sprechen, die auch einem Umzug entgegenstehen wie Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit, Rücksichtnahme auf schulpflichtige Kinder, Alleinerziehung (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 33 ff; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 33; BSG vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 30 f). Solche Gründe sind vorliegend gegeben und müssen im Hinblick auf die konkrete Angemessenheit näher geprüft werden.

38

6. Für das wiedereröffnete Verfahren vor dem SG ist auf Folgendes hinzuweisen:

39

a) Soweit die Revision das Vorliegen einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung in Frage stellt, kann dem nicht gefolgt werden, weil die Revision sich allein auf die zugrunde gelegte Wohnfläche von 60 m² bezieht, die nach dem oben Gesagten nicht zu beanstanden ist.

40

Ob die dem Bescheid vom 20.2.2006 seitens des Beklagten als Anlage beigefügte Belehrung über "Rechtsfolgen im Falle unangemessener Aufwendungen für Unterkunft und/oder Heizung" und die Mitteilung, den Klägern stände eine Kaltmiete einschließlich kalter Betriebskosten von 345 Euro plus Heizkosten und Warmwasserbereitung von 60 Euro, insgesamt also 405 Euro zu, den Anforderungen an eine wirksame Kostensenkungsaufforderung allgemein und für den November 2008 insbesondere genügt, kann mangels weiterer Feststellungen des SG nicht beurteilt werden.

41

Aus dem bloßen Zeitablauf kann wohl nichts hergeleitet werden, weil der Beklagte die Leistungsberechnung für die Kläger ab September 2006 nach dem als angemessen angesehenen Betrag von 405 Euro für Unterkunft und Heizung vorgenommen hat. Der Beklagte hat erkennbar gemacht, dass er an der Kostensenkungsaufforderung festhält. Hinsichtlich der Höhe der mitgeteilten Beträge bestehen keine Bedenken, weil die 345 Euro Bruttokaltmiete dem maßgeblichen Betrag aus der WoGG-Tabelle entsprechen und damit nicht offensichtlich unzureichend sind, um in K und Umgebung eine Wohnung zu finden

42

b) Ob die Kläger Anspruch auf den geltend gemachten weiteren Heizkostenbedarf von 5,87 Euro über den nach Auffassung des SG zu berücksichtigenden Bedarf von 76 Euro hinaus haben, kann ebenfalls nicht abschließend entschieden werden.

43

Zu Recht hat das SG zur Bestimmung des abstrakt angemessenen Heizkostenbedarfs, weil es vorliegend keinen kommunalen Heizspiegel gibt, den bundesweiten von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund und gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erstellten Heizkostenspiegel und dessen rechte Spalte mit "zu hohen Kosten" zugrunde gelegt (vgl nur BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 23 mwN). Das SG hat den bundesweiten Heizkostenspiegel für den November 2008 auch zutreffend angewandt und für eine abstrakt angemessene Wohlfläche von 60 m², die in einem Gebäude mit einer gasbeheizten Wohnfläche von ca 710 m² liegt, einen Betrag von 76 Euro zutreffend errechnet (äußerst rechte Spalte mit 15,20 Euro je m² und Jahr, dividiert durch 12 multipliziert mit 60).

44

Ähnlich wie bei dem Unterkunftsbedarf sind seinem Urteil jedoch keine Feststellungen zur konkreten Angemessenheit dieses Wertes zu entnehmen, obwohl sie angesichts der festgestellten Besonderheiten angezeigt gewesen wären.

45

Das SG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

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Streitig sind höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009.

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Die 1978 geborene Klägerin zu 1 ist die Ehefrau des 1982 geborenen M. A., der als Student vom SGB II-Bezug ausgeschlossen ist. Gemeinsam mit dem im Jahre 2007 geborenen Sohn I. A. (Kläger zu 2) und der am 3.7.2009 geborenen Tochter M. (Klägerin zu 3) lebten die Eheleute bis Mitte April 2009 in F. Die Kläger erhielten zunächst von der Arbeitsgemeinschaft Stadt F. (ARGE) SGB II-Leistungen. Wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bestätigte die ARGE die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels. Die Familie bezog Mitte 2009 eine 85,75 qm große Vier-Zimmer-Wohnung in dem ca 10 km entfernt liegenden Ma./Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Die Miete hierfür betrug 910 Euro einschließlich nicht aufgeschlüsselter Neben-, Betriebs-, Heizungs- und Warmwasserkosten in Höhe von 210 Euro. Der vorab beteiligte Beklagte (bis zum 31.12.2010 noch die vormalige ARGE Breisgau-Hochschwarzwald, im Folgenden Beklagter) lehnte die Erteilung einer Zusicherung zum Umzug ab, weil die Wohnung nicht angemessen sei.

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Der Beklagte berücksichtigte - wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 - eine Wohnfläche von 90 qm für einen Vier-Personen-Haushalt und legte für die Bedarfsgemeinschaft und den Ehemann als angemessene Unterkunfts- und Heizkosten 713,38 Euro, also jeweils 178,35 Euro für die Kläger zu 1 bis 3, zugrunde (Bescheide vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010, Widerspruchsbescheid vom 4.2.2010, Teilanerkenntnis vor dem SG vom 23.5.2011). Dem lagen eine Mietobergrenze für die Kaltmiete in Höhe von 519,30 Euro, Heizkosten in Höhe von 86 Euro (1 Euro je qm) abzüglich einer Warmwasserpauschale in Höhe von insgesamt 15,92 Euro und Nebenkosten in Höhe von 124 Euro zugrunde. Zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten in dem vom Beklagten bestimmten Vergleichsraum "Umland F.", der die Gemeinden Gl., Go., Gu., H., Ma., Me. und U. umfasst, hat der Beklagte die tatsächlichen Quadratmeterpreise auf der Datengrundlage Bestandswohnungen der Leistungsbezieher nach dem SGB II, SGB XII und AsylbLG ermittelt.

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Das SG hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 8.8.2011). Im Berufungsverfahren hat das LSG dem Beklagten aufgegeben, ergänzend die Unterkunftskosten der Wohngeldempfänger einzubeziehen, Ausreißermieten ausgehend vom arithmetischen Mittelwert zu eliminieren und den dann ermittelten Spannenoberwert zu benennen. Dem ist der Beklagte nachgekommen; er hat nach Bildung von Korridoren von plus und minus 20 % aus den verbleibenden Datensätzen wiederum Durchschnittswerte gebildet und für einen Vier-Personen-Haushalt in Ma. eine Kaltmietobergrenze von 512,40 Euro festgestellt. Eine weitere Nachberechnung unter Zugrundelegung des Spannenoberwerts hat er ebenso wie die Vorlage seiner Daten abgelehnt.

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Das LSG hat die Berufungen der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 26.3.2014 - L 2 AS 378/11). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Kläger hätten im streitigen Zeitraum vom 15.4.2009 bis 30.9.2009 keinen Anspruch auf (weitere) höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Bei der Bestimmung der angemessenen KdU sei wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 als angemessene Wohnungsgröße eine solche für einen Vier-Personen-Haushalt von 90 qm zu berücksichtigen. Auch sei es sachgerecht, als maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum die Raumschaft "Umland F." zu wählen. Grundsätzlich nicht zu beanstanden sei es, dass der Beklagte mit seinem seit 1.5.2009 in Kraft getretenen Konzept auf Bestandsmieten von Leistungsempfängern nach dem SGB II, SGB XII, AsylbLG in seinem Bezirk zurückgreife. Allerdings sei die Bildung eines Durchschnittswertes bei Wohnungen des unteren Preissegments rechtlich nicht zulässig, wenn - wie hier - nur die Wohnungen der Leistungsempfänger nach dem SGB II und dem SGB XII als Datengrundlage herangezogen würden. Der Senat habe erfolglos versucht, das Konzept vom Beklagten schlüssig machen zu lassen. Den Vorgaben entsprechend habe er zwar die bereits erhobenen Daten um diejenigen von Wohngeldbeziehern ergänzt, jedoch erneut einen Durchschnittswert gebildet, der dem unteren Preissegment zugeordnet werden müsse. Zur Vermeidung eines Zirkelschlusses hätte vom Spannenoberwert ausgegangen werden müssen. Ferner fehle es an einem einheitlichen Mietbegriff, weil der Beklagte hinsichtlich der Wohnungen von Wohngeldempfängern - anders als bei den übrigen Wohnungen - nicht nach Brutto- und Nettokaltmieten unterschieden habe. Da er eine weitere Mitwirkung ablehne, könne ein schlüssiges Konzept nicht mehr erstellt werden und sei von einem Erkenntnisausfall bei der Ermittlung der Höhe der angemessenen Unterkunftskosten auszugehen. Zur Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze erfolge daher ein Rückgriff auf die Höchstbeträge der Wohngeldtabelle nach § 12 WoGG zuzüglich eines "Sicherheitszuschlags" von 10 %. Für die Wohnung der Kläger (vier Personen) ergebe sich für die Wohngemeinde Ma., die nach der Anlage zu § 1 Abs 3 der Wohngeldverordnung (WoGV) im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald der Mietenstufe III zugeordnet sei, ein Betrag in Höhe von 556 Euro zuzüglich 10 %. Die tatsächlichen Heizkosten seien nicht bestimmbar. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese höher gewesen seien, als vom Beklagten pauschal mit 86 Euro (86 qm x 1 Euro) zugrunde gelegt. Da die Kläger keine Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen vorgelegt hätten, könne nicht ersatzweise auf den niedrigsten Grenzbetrag des bundesweiten Heizkostenspiegels von 2010 (Abrechnungsjahr 2009) zurückgegriffen werden, wonach sich maximal abstrakte angemessene Heizkosten für eine 90 qm Wohnung in Höhe von 108,90 Euro monatlich errechneten und zudem ein weiterer Abzug für die Warmwasserbereitung nicht gerechtfertigt sei. Unabhängig davon, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz zu übernehmen seien, seien die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten in Höhe von 910 Euro nicht angemessen. Auch eine temporäre Übernahme der tatsächlichen Kosten komme nicht in Betracht, weil die Kläger keine Zusicherung für den Umzug erhalten hätten und über die Unangemessenheit der Kosten informiert gewesen seien.

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Mit ihrer Revision machen die Kläger geltend, der für die Anwendbarkeit der Angemessenheitsobergrenze nach § 12 WoGG konstitutive Erkenntnisausfall liege nicht vor, weil aus den vorhandenen Daten ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung entwickelt werden könne. Unabhängig hiervon sei bei der Heranziehung des Wertes nach § 12 WoGG nicht die Mietenstufe der Wohngemeinde (Stufe III), sondern die höchste im Vergleichsgebiet vorkommende Mietenstufe (Stufe VI) zu berücksichtigen. Die Bestimmung der Höhe des Sicherheitszuschlags bedürfe einer kritischen Überprüfung. Die Schätzung der Heizkosten sei in rechtswidriger Weise zu ihren Lasten erfolgt.

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Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - und des Sozialgerichts Freiburg vom 8. August 2011 - S 7 AS 1218/10 - aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Abänderung des Bescheides vom 8. April 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. August 2009 und 12. Januar 2010, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23. Mai 2011, für den Zeitraum vom 15. April bis zum 30. September 2009 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen monatlichen Aufwendungen zu erbringen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er trägt vor, entgegen der Ansicht der Kläger bestehe keinerlei Möglichkeit, das im Streit stehende Konzept schlüssig zu machen. Die vom LSG vorgeschlagenen Neuauswertungen und Berechnungsvarianten seien insofern nicht zielführend. Im Übrigen seien die einschlägigen Datengrundlagen für die Raumschaft "Umland F." bereits in der ersten Instanz vollumfänglich vorgelegt worden. Die Angemessenheitsobergrenze müsse sich an der Wohngemeinde und deren Mietenstufe nach dem WoGG orientieren. Mangels Kenntnis der tatsächlich anfallenden Heizkosten und angesichts vergeblicher Versuche, diese in Erfahrung zu bringen, habe er eine Pauschalierung der Heizkosten entsprechend der einschlägigen Richtlinien des Städte- und Landkreistages Baden-Württemberg zu den KdU vornehmen dürfen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe den Klägern in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. Zwar ist auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht zu beanstanden, dass es von einem Erkenntnisausfall hinsichtlich der Ermittlung der angemessenen Referenzmiete ausgegangen ist (siehe hierzu 5), der nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich macht. Aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." (vgl hierzu 4) ist die Angemessenheitsobergrenze jedoch unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI zu bestimmen (vgl hierzu 6). Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen KdU kann der Senat dennoch nicht treffen, weil weitere Ermittlungen des LSG insbesondere zur Festlegung der neben der Bruttokaltmiete zu übernehmenden Heizkosten sowie einer eventuellen (vorübergehenden) Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit einer Kostensenkung erforderlich sind (vgl hierzu 7 bis 9).

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1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 15.4. bis 30.9.2009, als sie der Beklagte mit den Bescheiden vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4.2.2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23.5.2011 anerkannt hat. Die Kläger haben den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Bei diesen handelt es sich um abtrennbare Verfügungen der hier erfassten Bescheide (stRspr seit BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 16).

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2. Die Klägerin zu 1 sowie ihre 2007 und im Juli 2009 geborenen Kinder (Kläger zu 2 und 3), die ihre Bedarfe nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können, bilden eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 1, 4 SGB II) und sind Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II, weil sie im streitigen Zeitraum nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II erfüllten.

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Zu den nach dem SGB II zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 15; vgl zuletzt Urteile des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 19 ff und vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 13 ff).

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3. Als angemessene Wohnfläche im hier streitigen Zeitraum hat das LSG in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht in Baden-Württemberg eine solche von 90 qm Wohnfläche für einen Vier-Personen-Haushalt zugrunde gelegt. Allerdings ist die angemessene Wohnungsgröße nach der Rechtsprechung des BSG auch bei Bewohnern einer Familie nicht nach der Größe des Haushalts (hier: vier Personen), sondern an der Größe der Bedarfsgemeinschaft zu orientieren. Die absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung erlangt Bedeutung bei der Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nach Kopfzahl. Die auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft danach entfallenden tatsächlichen Kosten sind an den abstrakt angemessenen Kosten zu messen (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34 RdNr 23 f). Dies wird das LSG bei seiner erneuten Entscheidung zu berücksichtigen haben, ohne dass dies Einfluss auf die Zurückverweisungsentscheidung des Senats hat (vgl hierzu unter 7). In zeitlicher Hinsicht ist - entsprechend den Ausführungen des LSG - bereits ab 15.4.2009 die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für eine aus drei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit des Auszugs aus der alten Wohnung ist durch die ARGE F. bestätigt worden und der Umzug wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits ab 15.4.2009 erforderlich gewesen.

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Es ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße auf die Werte der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung (VwV-SozWo) vom 12.2.2002 (Gemeinsames ABl 2002, 240) idF vom 22.1.2004 (Gemeinsames ABl 2004, 248) zurückgegriffen hat. Hiernach ist für einen Vier-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße von bis zu 90 qm, für einen Drei-Personen-Haushalt eine solche von bis zu 75 qm angemessen. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr des BSG; vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, welche die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) festgelegt haben (vgl nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70, RdNr 20). Das Landesgesetz zur Förderung von Wohnraum und Stabilisierung von Quartierstrukturen in Baden-Württemberg (Landeswohnraumförderungsgesetz ) vom 11.12.2007 (GBl 581) enthält im Zusammenhang mit den Belegungs- und Mietbindungen bei gefördertem Mietwohnraum keine gesetzlich festgelegten und nach Personenzahl differenzierten qm-Größen angemessener Wohnungen (vgl § 15 LWoFG). Die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße in Anlehnung an die VwV-SozWo ist daher mangels anderweitiger gesetzlicher Ausführungsbestimmungen (vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 28.11.2014 - L 12 AS 1547/14 - Juris RdNr 36) nicht zu beanstanden ist, wenngleich diese Verwaltungsvorschrift bereits im Jahre 2009 außer Kraft getreten ist (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der VwV-SozWo vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 14; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 20).

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4. Bei der Festlegung der Raumschaft "Umland F." als örtlich maßgebenden Vergleichsraum zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete hat das LSG die Vorgaben des BSG beachtet. Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG sind bei der Bestimmung des Vergleichsraumes ausreichend große Räume der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit festzulegen. Der Vergleichsraum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen.

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Ausgehend von dem rechtlich zutreffenden Prüfungsmaßstab zur Bildung von Vergleichsräumen hat das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt und gewürdigt (vgl zum eingeschränkten Prüfungsumfang BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81), dass sich die Gemeinde Ma. mit 8614 Einwohnern (Stand 31.12.2008) im ländlichen Raum ca 10 km von F. entfernt befindet und zu klein ist, um einen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden zu können. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn der Beklagte in seinem Flächenlandkreis mit 1378,33 qkm und vielen Klein- und Kleinstgemeinden, in denen Mietspiegel nicht vorliegen, Gemeinden im Umkreis von 10 bis 20 km im ländlichen Raum in sog "Raumschaften" zusammengefasst hat. Die Raumschaft "Umland F." umfasst nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) jeweils gut durch ein öffentliches Verkehrsnetz angebundene Gemeinden um die Stadt F. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Beklagte den Vergleichsraum "Umland F." hinsichtlich der dahinter stehenden Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 36 709) mit den einbezogenen Gemeinden Gl. (3052), Gu. (11 554), Go. (2501), H. (1020), Ma. (8614), Me. (4751) und U. (5217) zu eng bestimmt hat (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 22).

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5. Das LSG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass das für diesen Vergleichsraum erstellte Konzept des Beklagten nicht den Mindestanforderungen an die Schlüssigkeit von Konzepten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach dem SGB II entspricht und im Ergebnis eine Nachbesserung wegen Zeitablaufs nicht mehr erfolgen kann.

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Nach den Grundsätzen, welche die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG im Zusammenhang mit der Feststellung eines Ausfalls der lokalen Erkenntnismöglichkeiten entwickelt haben, ist die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein Konzept auf Anforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet er ohne ein solches schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1 2. Halbs SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 24; vgl BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 21; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29 RdNr 25). Liegen dennoch keine ausreichenden Daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht (mehr) entwickelt werden kann.

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Bei seiner revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Wertung hat das LSG die Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt, nach der ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum erfordert (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 28 mwN):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
- Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße);
- Angaben über den Beobachtungszeitraum;
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel);
- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten;
- Validität der Datenerhebung;
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

        
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Das LSG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind. Ausgehend vom ursprünglichen Ansatz des Beklagten zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts auf der Grundlage von Bestandsdatensätzen der Bedarfs- bzw Einstandsgemeinschaften mit Leistungsbezug nach dem SGB II bzw SGB XII im Vergleichsraum ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich hierbei um einen Rückgriff auf Daten aus dem sogenannten einfachen Segment handelt und bei diesem Auswertungsdatensatz der Spannenoberwert, dh der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne, zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch nach der - auf Veranlassung des LSG erfolgten - Einbeziehung von Wohngeldempfängern. Werden nur diese Wohnungen von Leistungsempfängern als Datengrundlage herangezogen und wird von den so erhaltenen Werten nochmals der Durchschnitt gebildet, so errechnet sich ein Angemessenheitswert, der unter dem Wert liegt, der für einen Teil der Leistungsempfänger als angemessen akzeptiert wird. Um diesen Zirkelschluss zu vermeiden, ist bei einer Dateneinbeziehung von Wohnungen nur einfachen Standards als Angemessenheitsgrenze dann aber die obere Preisgrenze dieses Segments zu wählen (BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R - Juris RdNr 24; vgl zu Mietspiegeldatensätzen BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 33).

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Unabhängig hiervon führt jedoch bereits die alleinige Anknüpfung an den Bezug von SGB II- bzw SGB XII-Leistungen bzw Wohngeld hier bereits deshalb zu einer unzureichenden Datenbasis, weil von vornherein kein realitätsgerechtes Abbild der aktuellen Situation bei Neuanmietungen ermöglicht wird. Es ist nicht erkennbar, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein konnten. Bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze müssen auch Angebotsmieten einbezogen werden. Anders ist dies nur bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten, weil hier von vornherein nur solche Mieten berücksichtigt werden, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl zur Aktualität von Mietspiegeldaten: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 mwN; vgl zur Vermeidung eines Zirkelschlusses durch Einbeziehung sowohl der Daten der Bestandsmieten der Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII als auch der Daten eines qualifizierten Mietspiegels sowie dem Erfordernis regelmäßiger Nacherhebungen BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 22, 30). Insofern ist auch für die Festlegung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch Satzungsregelung in § 22c Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches in der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.5.2011 (BGBl I 850) nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass in die Auswertung sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen sollen. Weitere Selektionsschritte, die hier zudem eine weitere Verringerung des ohnehin geringen Datenbestands zur Folge hätten, hat der Beklagte nicht durchgeführt. Die von ihm vorgenommene Ergebniskontrolle durch Auswertung der Wohnungsangebote in den unentgeltlichen Anzeigeblättern "Schnapp" und "Zypresse" in den Monaten Oktober bis Dezember 2008 kann eine systematische Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten von vornherein, dh bereits bei den Grundlagen der Datenerhebung, nicht ersetzen.

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Ferner fehlt es - auch dies hat das Berufungsgericht zu Recht hervorgehoben - im Konzept des Beklagten an einer Vergleichbarkeit der einbezogenen Daten, weil er keinen einheitlichen Begriff der Miete verwendet hat. Auch wenn davon auszugehen ist, dass es in dem hier streitigen Zeitraum noch zulässig war, den von ihm gewählten Vergleichsmaßstab einer Nettokaltmiete zugrunde zu legen (vgl Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 43 mwN), entstehen vorliegend Verzerrungen durch die unterschiedlichen Maßstäbe bei der Absetzung der kalten Nebenkosten zur Ermittlung der tatsächlich aufgewandten Nettokaltmieten. Während der Beklagte die Nettokaltmieten von Wohngeldempfängern fiktiv unter Heranziehung des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes bestimmt hat, sind bei den SGB II/SGB XII-Leistungsberechtigten jeweils neben den von ihm als angemessen angesehenen Nettokaltmiete die kalten und warmen Nebenkosten in tatsächlicher Höhe übernommen und entsprechend abgesetzt worden. Nachträglich, also im Jahre 2015 für das Jahr 2009, diesen Maßstab auch bei den Mieten von Wohngeldempfängern zugrunde zu legen, also die tatsächlich aufgewandten kalten Nebenkosten abzusetzen erscheint - unbesehen des erheblichen Aufwandes - schon deshalb nicht möglich, weil im Rahmen der Wohngeldstatistik nur Bruttokaltmieten erhoben werden.

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Insoweit kann dahingestellt bleiben, welche Konsequenzen eine fehlende Mitwirkung des Grundsicherungsträgers bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts hat und ob die Datenbasis hier insgesamt zu gering war (vgl allgemein zum Umfang der Datenerhebung unter Berücksichtigung des Datenmaterials und der örtlichen Gegebenheiten BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - Juris RdNr 15, 17; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 zur grundsätzlichen Eignung der hinter einem Mietspiegel liegenden Daten, die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen).

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6. Der Erkenntnisausfall hinsichtlich der angemessenen Referenzmiete macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zzgl eines "Sicherheitszuschlags" nach generell-abstrakten Kriterien im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich. Insofern gehen die Kläger zu Recht davon aus, dass aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." die Mietenstufe VI und nicht die von dem Beklagten berücksichtigte Mietenstufe III heranzuziehen ist. Die Mietenstufe III spiegelt das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald wider, nicht jedoch für den um ein Vielfaches kleineren Vergleichsraum Raumschaft "Umland F.", in dem die Wohngemeinde des Klägers Ma. liegt.

26

Die hier erforderliche Berücksichtigung der Mietenstufe VI beruht im Ergebnis auf dem Verfahren der Festlegung der Mietenstufen nach dem WoGG und den vorliegend besonderen regionalen Gegebenheiten. § 12 Abs 1 WoGG sieht monatliche Höchstbeträge für Miete und Belastung nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und der jeweils gültigen Mietenstufe vor. Das Mietenniveau wird vom Statistischen Bundesamt allerdings nur für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von 10 000 und mehr gesondert festgestellt und einer Einwohnerzahl von weniger als 10 000 und gemeindefreien Gebieten nach Kreisen zusammengefasst ausgewiesen (vgl § 12 Abs 3 S 1 Nr 1 und 2 WoGG). Dem folgend hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats in der WoGV idF der Bekanntmachung vom 19.10.2001 (BGBl I 2722) für alle Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland Mietenstufen festgelegt (vgl § 38 Nr 2 WoGG). Das Mietenniveau ist die durchschnittliche prozentuale Abweichung der Quadratmetermieten von Wohnraum in Gemeinden (bzw Landkreisen) vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (§ 12 Abs 4 S 1 WoGG). Die insgesamt sechs Mietenstufen für Gemeinden unterscheiden sich damit nach bestimmten, unterschiedlichen Abweichungsstufen der Quadratmetermieten von Wohnraum in den Gemeinden (bzw Kreisen) nach Abs 3 S 1 vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, Wohngeldgesetz, § 12 RdNr 21, Stand August 2014).

27

Bezogen auf den hier maßgebenden örtlichen Vergleichsraum ist ausschließlich für die Gemeinde Gu. als Mietenniveau aufgrund der Auswertung der Wohngeldstatistik durch das Statistische Bundesamt (vgl § 12 Abs 4 WoGG) die Mietenstufe VI gesondert festgestellt worden. Entsprechend § 12 Abs 3 S 1 Nr 2 WoGG ist (wegen einer Einwohnerzahl von unter 10 000) weder für die Wohngemeinde der Kläger in Ma. noch für eine der anderen Gemeinden des Vergleichsraums (Gl., Go., H., Me., U.) ein eigenständiges Mietenniveau bestimmt worden. Vielmehr wird jeweils das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, also die Mietenstufe III, zugrunde gelegt.

28

Unter Berücksichtigung der hier gegebenen regionalen Verhältnisse kann allein die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. und deren Mietenstufe VI als für die Verhältnisse im Vergleichsraum repräsentativ angesehen werden. Der erkennende Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass die regionalen Verhältnisse auch bei einem Rückgriff auf die Tabelle zu § 12 WoGG durch die Bildung von Mietenstufen einfließen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 28-29; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 22). Es ist allerdings wertend einzubeziehen, dass die Bemessung der zuschussfähigen Höchstbeträge für die Miete im Rahmen des Wohngeldrechts - anders als bei den angemessenen KdU nach dem SGB II - nicht allein nach dem Mietenniveau im Vergleichsraum bzw den regionalen Wohnungsmärkten erfolgt, sondern maßgeblich (auch) von der Zuordnung zu Gemeindegrößenklassen abhängig ist (vgl zu Reformüberlegungen beim Wohngeldrecht bereits BT-Drucks 10/1144 S 3; zur Ablehnung einer Begrenzung der angemessenen KdU auf die monatlichen Höchstbeträge nach § 12 Abs 1 WoGG im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - BT-Drucks 17/3982 S 7 f).

29

Die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. kann sowohl hinsichtlich ihrer Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 11 554) als auch für die tatsächlichen, durch die Nähe zur Stadt F. geprägten Verhältnisse im Vergleichsraum mit insgesamt 36 709 Einwohnern (Stand Dezember 2008) als repräsentativ angesehen werden. Demgegenüber ist die Mietenstufe III des gesamten Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald mit insgesamt 250 132 Einwohnern (Stand Dezember 2008) in deutlich geringerem Umfang repräsentativ für die Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum. Die Mietenstufe VI ist daher auch für die weiteren Gemeinden in dem gebildeten Vergleichsraum, also auch die Gemeinde Ma., heranzuziehen. Insofern konkretisiert der Senat die bisherige Rechtsprechung des BSG zur hilfsweisen Heranziehung der Tabellenwerte des § 12 WoGG bezogen auf Vergleichsräume, in denen für die Wohngemeinde nicht zugleich eine eigene Mietenstufe festgelegt worden ist.

30

Der Senat hat bereits entschieden, dass wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung der angemessenen Bruttokaltmiete im Wohngeldrecht (§ 9 Abs 1 WoGG) auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien in Höhe von 10 % festzulegen ist (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 25 f; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 20 ff). Unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI ergibt sich eine Angemessenheitsobergrenze für die Bruttokaltmiete für den Drei-Personen-Haushalt der Kläger (vgl oben unter 3) von 653,40 Euro (594 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %) bzw 217,80 Euro je Bedarfsgemeinschaftsmitglied (für den vom LSG zu Unrecht bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße zugrunde gelegten Vier-Personen-Haushalt von 762,30 Euro <693 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %> ergäbe sich ein kopfteiliger angemessener Leistungsbetrag von 190,58 Euro).

31

7. Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen Leistungen nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II konnte der Senat jedoch nicht treffen, weil insbesondere weitere Ermittlungen - die Beträge nach § 12 WoGG ergänzend - zur Festlegung der tatsächlich zu tragenden Heizkosten erforderlich sind.

32

Die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten muss getrennt von derjenigen der Bruttokaltmiete erfolgen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 18). Auch bei nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkosten gilt der Grundsatz, dass ein Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten tatsächlichen Aufwendungen besteht, soweit diese angemessen sind. Bedarfsrelevant sind allein die zu leistenden Vorauszahlungen für Miete und Heizung (vgl hierzu grundlegend BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34 f). Da nachträgliche Betriebs- oder Heizkostenabrechnungen keine Auswirkungen auf die allein bedarfsrelevanten Vorauszahlungen haben (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 35; BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 52/09 R - Juris RdNr 23), kommt der fehlenden Vorlage der späteren Heiz- und Betriebskostenabrechnungen durch die Kläger - unbesehen einer konkreten Anrechnung von Betriebs- und Heizkostennachzahlungen im jeweils aktuellen Bewilligungsabschnitt (vgl hierzu § 22 Abs 3 SGB II) - keine Bedeutung für den hier streitigen Zeitraum zu. Dabei ist die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung so lange zu bejahen, wie die Kosten unter dem Grenzbetrag eines kommunalen oder bundesweiten Heizspiegels liegen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 41 ff mwN).

33

Da die Höhe der konkret-individuellen Aufwendungen für die Heizung aufgrund der einheitlichen Vorauszahlung der monatlichen Betriebs- und Heizkosten im streitigen Zeitraum vorliegend nicht beziffert waren, sind in einem ersten Schritt als aufgewandt anzusehende Heizkosten in der Weise zu ermitteln, dass von den Vorabzahlungen - hier in Höhe von 210 Euro - die abstrakt angemessenen Betriebskosten (je qm) abzusetzen sind (BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34). Ausgehend von seinem rechtlichen Standpunkt hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten für eine 90-qm-Wohnung im streitigen Zeitraum getroffen. Den Feststellungen des LSG ist lediglich zu entnehmen, dass der Beklagte den Betrag in Höhe von 210 Euro für die Neben- und Betriebskosten sowie die Heizungs- und Warmwasserkosten in der Weise "aufgeteilt" hat, dass er einen Betrag in Höhe von 124 Euro den kalten Nebenkosten zugeordnet und den Restbetrag in Höhe von 86 Euro als Heizkosten berücksichtigt hat. Auf welcher Grundlage der Beklagte die Höhe der kalten Nebenkosten festgelegt hat und ob es sich hierbei um die abstrakt angemessenen Betriebskosten handelt, ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen. Bei den noch erforderlichen Feststellungen kann auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten zurückgegriffen werden, wegen der regionalen Unterschiede insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen allerdings im Ausgangspunkt auf örtliche Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte (vgl hier näher BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34). Ist vorliegend ein geringerer Betrag für die abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten anzusetzen, könnten sich bei einer Absetzung derselben von den Vorauszahlungen höhere Heizkosten ergeben, die zugunsten der Kläger kopfteilig ergänzend neben dem Wert der Referenzmiete nach § 12 WoGG in Höhe von 653,40 Euro für den Drei-Personen-Haushalt zu berücksichtigen wären.

34

Der demnach verbleibende Betrag, der den Heizungskosten zuzurechnen ist, ist mit den Grenzwerten aus den bundesweiten Heizspiegeln für 2009 für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen abzugleichen, soweit keine "kommunalen Heizspiegel" existieren. Der Grenzwert errechnet sich als Produkt aus dem Wert, der auf extrem hohe Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet, und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt (vgl BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 42). Bei einer Warmwasserzubereitung über die Heizung ist derjenige Anteil, der für die Warmwasserbereitung im Rahmen der Haushaltsenergie in der Regelleistung enthalten ist, abzusetzen. Der von dem Beklagten bei den Klägern bisher - gleichfalls ohne weitere Begründung und Angabe der Heizungsart und der beheizten Gesamtwohnfläche des Hauses - zugrunde gelegte Wert für Heizkosten von 1 Euro je qm liegt jedenfalls unterhalb der Grenzwerte für sämtliche Heizarten aus dem bundesweiten Heizspiegel für 2009.

35

8. Bei seiner erneuten Prüfung der Angemessenheit der KdU für den hier streitigen Zeitraum wird das LSG auch über die bisher offen gelassene Frage entscheiden müssen, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz von dem Beklagten zu übernehmen sind. Ausgangspunkt ist dabei die mietvertragliche Vereinbarung der Klägerin zu 1 und ihres Ehemannes. Abzustellen ist auf dasjenige, was zu Wohnzwecken angemietet wurde oder untrennbarer Gegenstand der Mietvereinbarung ist (BSG Urteil vom 6.8.2014 - B 4 AS 37/13 R - FEVS 66, 348 ff). Dabei ist zu prüfen, ob es sich bei den geltend gemachten Kosten um solche Betriebskosten handelt, die von § 2 der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten - Betriebskostenverordnung -(BGBl I 2003, 2346) erfasst sind. Für die vergleichbare Fallgestaltung einer Garage hat das BSG eine Ausnahme nur für Fallgestaltungen angenommen, in denen die Wohnung ohne eine solche nicht anmietbar ist und der Mietpreis sich bei fehlender "Abtrennbarkeit" der Garage noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit für den maßgeblichen Wohnort bewegt (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 28).

36

9. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG weiter zu prüfen haben, ob die ggf zu hohen tatsächlichen Unterkunftskosten für eine Übergangszeit zu übernehmen sind, weil den Klägern eine Kostensenkung nicht möglich oder nicht zumutbar war. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) sind auch unangemessene Unterkunftskosten vom Grundsicherungsträger zu übernehmen, wenn es dem Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Von einer Kostensenkung kann für eine Übergangszeit unter der Voraussetzung abgesehen werden, dass eine solche nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar ist (vgl zum Ausnahmecharakter der Regelung und den Anforderungen an die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und der Unzumutbarkeit: BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 32 ff). Eine vorübergehende subjektive Unzumutbarkeit eines erneuten Umzugs könnte sich aus der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 und der Geburt der Klägerin zu 3 nur drei Monate nach dem von der ARGE F. für erforderlich gehaltenen Umzugs aus der alten Wohnung ergeben. Insofern fehlt es an Feststellungen des LSG zu den näheren Umständen des Zusammenwirkens der ARGE F. und des Beklagten bei der Anmietung der neuen Wohnung.

37

10. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision des Beklagten wird als unzulässig verworfen.

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 sowie der Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 31. August 2010 monatlich weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro zu zahlen.

Wegen der Ansprüche auf weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. September 2010 bis zum 30. November 2010 wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum von Juni 2010 bis November 2010 streitig.

2

Die 1970 geborene, erwerbsfähige und alleinstehende Klägerin bezog im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie bewohnte seit 2004 in H eine Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 48 qm in einem 1900 errichteten Haus mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 300 qm, die mit einem Gasetagenheizofen beheizt wurde. Die Zubereitung des Warmwassers erfolgte nicht über diese Heizung. Sie zahlte an die Vermieterin eine Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro monatlich und an das Energieversorgungsunternehmen eine Vorauszahlung für die Belieferung mit Gas in Höhe von 127 Euro monatlich (insgesamt 330,64 Euro monatlich), die das beklagte Jobcenter als Leistungen für Unterkunft und Heizung zunächst vollständig bewilligte.

3

Mit Schreiben vom 29.1.2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Prüfung der Heizkosten habe ergeben, dass diese mit einem Jahresverbrauch in Höhe von 399,7 kWh pro qm unangemessen hoch seien, und wies sie darauf hin, dass - sollte sie sich nicht bemühen, die Heizkosten zu senken - ab dem 1.6.2009 nur noch die als angemessenen angesehenen Kosten für einen jährlichen Verbrauch von 148 kWh pro qm übernommen werden würden. Tatsächlich senkte er die Leistungen nach Juni 2009 zunächst nicht ab.

4

Im Anschluss an die Vorlage der Jahresabrechnung 2009, aus der sich ein nur wenig niedrigerer Verbrauch (etwa 395 kWh pro qm und Jahr) ergab, teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 17.2.2010 mit, die Kosten seien nach wie vor unangemessen hoch, worauf sie - die Klägerin - bereits mit Schreiben vom 29.1.2009 hingewiesen worden sei. Zur Prüfung, ob die Heizkosten - wie von ihr vorgetragen - baubedingt so hoch seien, werde der Bedarfsermittlungsdienst die Wohnung in Augenschein nehmen. Bei dieser Besichtigung im März 2010 stellte der Bedarfsermittlungsdienst des Beklagten fest, es handele sich um eine unterkellerte Wohnung im Erdgeschoss, die Außenwände seien nicht gedämmt und die Fenster nur teilweise isolierverglast.

5

Für die Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 bewilligte der Beklagte neben der Regelleistung Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 252,18 Euro monatlich, nämlich neben der Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro lediglich noch 48,54 Euro für Heizkosten (Bescheid vom 21.4.2010; Widerspruchsbescheid vom 10.5.2010).

6

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens erhoben, wonach in der innegehabten Wohnung nach dem "Bundesweiten Heizspiegel" ein jährlicher Wärmeverbrauch von 10 032 kWh und nach der Richtlinie 2067 des Vereins Deutscher Ingenieure ein jährlicher Wärmeverbrauch von 12 921 kWh zu erwarten sei. Das SG hat daraufhin den Beklagten verurteilt, "der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.5.2010 Leistungen für Heizkosten in der Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 in Höhe von monatlich 67,93 Euro unter Beachtung der bereits hierfür bewilligten Leistungen zu gewähren" (Urteil vom 13.10.2011). Es sei von einem angemessenen jährlichen Verbrauch von 10 032 kWh im Jahr (= 209 kWh im Jahr je qm) auszugehen, sodass sich unter Orientierung an den Preisen des bisherigen Energieversorgungsunternehmens der tenorierte Betrag (<209 kWh/12 Monate x 6,62 Cent/kWh> / 100 x 48 qm zuzüglich 12,59 Euro Grundkosten pro Monat) ergebe.

7

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, "dass der Beklagte verurteilt wird, (…) Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.6.2010 bis 30.11.2010 in Höhe von monatlich 271,57 Euro zu bewilligen" (Urteil vom 14.5.2012). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Soweit das SG lediglich über die Höhe der Heizkosten entschieden habe, sei dies unzulässig und der Tenor entsprechend zu ändern gewesen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu als das SG zugesprochen habe. Ihr Anspruch belaufe sich auf monatlich 203,64 Euro Kosten der Unterkunft und 67,50 Euro Heizkosten. Aufgrund des Verbots der reformatio in peius verbleibe es aber - ausgehend von dem vom SG errechneten Heizkostenbetrag in Höhe von monatlich 67,93 Euro - bei zu gewährenden Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt 271,57 Euro. Wegen der Bestimmung der angemessenen Heizkosten sei mangels kommunalem Heizspiegel der "Bundesweite Heizspiegel" heranzuziehen und zwar aus Gründen der Rechtssicherheit der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichte Heizspiegel 2010. Etwaige Nachforderungen bei zu niedrig bemessenen Werten des bisherigen Heizspiegels könne der Leistungsberechtigte bei dem Leistungsträger gesondert geltend machen. Weil die Wohnung der Klägerin mit einer Etagenheizung beheizt werde, sei es gerechtfertigt, den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen. Daher ergäben sich monatlich angemessene Heizkosten in Höhe von 67,50 Euro (= 50 qm vervielfältigt mit 16,20 Euro/qm geteilt durch 12 Monate). Die von der Klägerin begehrte Übernahme der tatsächlichen - unangemessen hohen - Heizkostenvorauszahlungen scheide demgegenüber aus. Eine Übernahme komme insbesondere nicht aufgrund des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II in Betracht, weil der Beklagte die Klägerin wirksam zur Senkung der Heizkosten aufgefordert habe.

8

Hiergegen haben die Klägerin und der Beklagte die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.

9

Die Klägerin rügt die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, unter Zugrundelegung des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens sei ein Wärmeverbrauch von 13 000 kWh je Jahr angemessen und der Berechnung zugrunde zu legen. Im Übrigen habe das LSG zu Unrecht den Heizspiegel 2010 herangezogen. Es hätte vielmehr den Heizspiegel 2011, der die Werte des Abrechnungsjahres 2010 enthalte, zugrunde legen müssen, der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits bekannt gewesen sei.

10

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung von monatlich 59,07 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu zahlen sowie die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 abzuändern, soweit er verurteilt wurde, der Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung monatlich von 271,57 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu bewilligen, und die Klage auch insofern abzuweisen
sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

12

Er rügt ebenfalls die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, das LSG habe bei der Berechnung zu Unrecht eine Wohnfläche von 50 qm und nicht die tatsächliche Wohnfläche zugrunde gelegt. Richtigerweise ergäben sich Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich in Höhe von 268,44 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 64,80 Euro Heizkosten). Er - der Beklagte - sei durch das Urteil des LSG auch beschwert, weil die Leistungsverpflichtung durch das zweitinstanzliche Urteil zu seinen Lasten erweitert worden sei.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Beklagten ist unzulässig und daher zu verwerfen (§ 169 Sozialgerichtsgesetz). Für die Zeit ab dem 1.9.2010 ist die zulässige Revision der Klägerin im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Es fehlen ausreichende Feststellungen um beurteilen zu können, ob der Klägerin angesichts der offensichtlich überhöhten Energiekosten die Kostensenkung insbesondere durch einen Umzug in eine insgesamt kostengünstigere Wohnung möglich und zuzumuten war. Für den vorangehenden Zeitraum vom 1.6.2010 bis 31.8.2010 besteht ein Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro monatlich schon deshalb, weil der Beklagte nach Aufforderung zur Kostensenkung mit Schreiben vom 17.2.2010 jedenfalls vor dem 1.9.2010 zur entsprechenden Absenkung der Leistungen nicht berechtigt war. Insoweit kann der Senat in der Sache entscheiden (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).

14

1. Die Revision des Beklagten ist unzulässig. Die aufgrund der Zulassung durch das LSG statthafte Revision kann wie jedes Rechtsmittel zulässig nur in dem Umfang eingelegt werden, in dem der jeweilige Rechtsmittelführer durch die angegriffene Entscheidung beschwert ist. Maßgebend für die Beschwer ist der Inhalt der Entscheidung, soweit er der Rechtskraft fähig ist, also der Tenor, zu dessen Auslegung die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind (vgl BSGE 43, 1, 3 = SozR 1500 § 131 Nr 4).

15

An einer solchen Beschwer durch das Urteil des LSG fehlt es hier für den Beklagten. Das LSG hat den Tenor des SG zwar geändert und den Beklagten zu einer einheitlichen Leistung für Kosten der Unterkunft und Heizung verurteilt, weil es sich nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts ( vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f) bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung um einen einheitlichen Streitgegenstand handele. Eine Erweiterung der Leistungsverpflichtung gegenüber der Entscheidung des SG durch das Urteil des LSG liegt in der Korrektur des Tenors aber nicht. Da bereits das SG zu Leistungen verurteilt hat, die insgesamt 19,39 Euro monatlich höher sind als die von dem Beklagten ursprünglich bewilligten, hat das LSG den der Rechtskraft fähigen Inhalt der Entscheidung nicht zu dessen Lasten erweitert. Soweit der Beklagte schließlich mit seiner Revision einwendet, dass der Klägerin lediglich ein geringerer Gesamtbetrag zustünde, ist das Urteil des SG insoweit bereits in Rechtskraft erwachsen und bindet die Beteiligten (vgl § 141 Abs 1 Nr 1 SGG). Der Beklagte hat trotz des teilweisen Unterliegens vor dem SG nicht selbst Berufung eingelegt, sondern lediglich beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

16

2. Die zulässige Revision der Klägerin hat den Bescheid des Beklagten vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.5.2010 zum Gegenstand, mit dem der Beklagte der Klägerin im streitigen Zeitraum ua Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von lediglich monatlich 252,18 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 48,54 Euro Heizkosten) bewilligt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) und macht höhere Leistungen geltend. Sie hat den Streitgegenstand dabei zulässigerweise auf die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f). Nachdem der Beklagte das Urteil des SG nicht mit der Berufung angegriffen hat, sind nur noch die über 271,57 Euro (monatlich) hinausgehenden Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro im Streit.

17

3. Die Klägerin, die nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) im streitigen Zeitraum zum leistungsberechtigten Personenkreis iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007, BGBl I 554) gehört, hat nach § 19 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706) iVm § 22 Abs 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I 2917) Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II).Die auch für Heizkosten vorgesehene Prüfung ihrer Angemessenheit hat nach Wortlaut und Systematik der Norm, wie der Senat bereits im Einzelnen dargelegt hat(stRspr seit BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23), grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen.

18

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken (konkrete Angemessenheit). Wegen der Aufwendungen der Unterkunft sind vorliegend alle berücksichtigungsfähigen Kosten der Klägerin, nämlich die Miete einschließlich der kalten Betriebskosten als "tatsächliche Aufwendungen" vom Beklagten in voller Höhe von 203,64 Euro erbracht worden. Anhaltspunkte dafür, dass diese unangemessen hoch wären, ergeben sich nicht.

19

b) Auch der Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung besteht grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23).

20

aa) Als berücksichtigungsfähige Kosten insoweit macht die Klägerin die monatlichen Abschlagszahlungen gegenüber ihrem Energieversorgungsunternehmen in Höhe von 127 Euro geltend. Weitere berücksichtigungsfähige Bedarfe sind nicht ersichtlich. Im streitigen Zeitraum gehörten entsprechend den normativen Vorgaben in § 20 Abs 1, § 22 Abs 1 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) die Kosten für die Erzeugung von Warmwasser nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung.

21

bb) Eine getrennte Prüfung der Angemessenheit von Aufwendungen für Heizung von denen der Unterkunft folgt neben den dargelegten rechtlichen Überlegungen zumindest derzeit aus praktischen Gründen, die einer einheitlichen Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung und also der Bildung einer abstrakten Gesamtangemessenheitsgrenze entgegenstehen. Ein abstrakt angemessener Heizkostenpreis pro Quadratmeter für eine "einfache" Wohnung (gestaffelt nach abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen) im unteren Segment des Wohnungsmarktes müsste ausgehend von einem als angemessen anzusehenden Heizverhalten des Einzelnen noch klimatische Bedingungen, wechselnde Energiepreise, die "typischen" Energieträger, vor allem aber den im entsprechenden Mietsegment "typischen" Gebäudestandard und den technischen Stand einer als "typisch" anzusehenden Heizungsanlage erfassen. Entsprechend differenzierte Daten, die einen solchen Rückschluss auf einen abstrakt angemessenen, dh für alle Wohnungen im Vergleichsraum geltenden Heizkostenwert zuließen, liegen für den maßgeblichen Wohnungsmarkt am Wohnort der Klägerin nicht vor, wie sich aus den Feststellungen des LSG und dem Vorbringen des Beklagten ergibt.Der Rückgriff auf einen weniger ausdifferenzierten Wert als Quadratmeterhöchstgrenze, wie ihn der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden mit den Kosten für einen Energieverbrauch von 148 kWh pro Jahr und Quadratmeter Wohnfläche beschrieben hat, würde eine unzulässige Pauschalierung von Heizkosten bedeuten (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 19; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Solche Schätzungen eines pauschalen Wertes "ins Blaue hinein" ohne gesicherte empirische Grundlage sind bei Bestimmung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums nicht zulässig (vgl BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 RdNr 171); dies gilt für Regelbedarfe und Bedarfe für Unterkunft und Heizung gleichermaßen.

22

cc) Da gleichwohl auch hinsichtlich der Aufwendungen für Heizung unangemessen hohe Kosten vom Träger der Grundsicherung nicht gezahlt werden müssen, eine abstrakte Festlegung dieser "angemessenen Aufwendungen" aber nicht möglich erscheint, hat eine Prüfung der Heizkosten auf ihre Angemessenheit hin allein orientiert an den Verhältnissen des Einzelfalles zu erfolgen. Der Senat hat dabei ausgeführt, dass regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen ist, wenn bestimmte, von den Vorinstanzen in Bezug genommenen Grenzwerte überschritten werden, die der Senat den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegeln" bzw dem "Bundesweiten Heizspiegel" entnimmt ( BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 21). Dem hat sich der 4. Senat angeschlossen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Trotz der Kritik insbesondere der Herausgeber des Heizspiegels an der von der Rechtsprechung aus diesen Werten abgeleiteten Funktion für das SGB II (vgl die Stellungnahme der co2online gGmbH vom 12.10.2012 unter http://www.heizspiegel.de/heizspiegelkampagne/hartz-iv/index.html), hält der Senat an dieser Rechtsprechung fest. Solange der jeweils örtlich zuständige Träger der Grundsicherung keine im dargestellten Sinne differenzierte Datenermittlung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat, die zuverlässige Schlüsse auf einen Wert für grundsicherungsrechtlich angemessene Heizkosten in seinem Zuständigkeitsbereich zulassen, ist die Heranziehung eines Grenzwertes aus Gründen der Praktikabilität geboten; dementsprechend ist die Rechtsprechung des BSG in der Folge vom Gesetzgeber nicht korrigiert worden. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass der hohe Grenzwert der energiepolitischen Zielsetzung eines Heizspiegels zuwiderläuft. Solche Zielsetzungen sind im Anwendungsbereich des SGB II aber nach den gesetzgeberischen Vorgaben unbeachtlich.

23

Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel kommt aber - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt nämlich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich insoweit um angemessene Kosten. Soweit der Senat (Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22) formuliert hat, der Grundsicherungsempfänger könne "im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen", folgt hieraus nichts anderes. Wie sich bereits aus dieser Entscheidung des Senats ergibt, markiert der Grenzwert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden ("im Regelfall"). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger obliegt vorzutragen, warum seine Aufwendungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind (aaO RdNr 23). Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast.

24

Gegen die Heranziehung des Heizspiegels zur Bestimmung des Grenzwertes kann vorliegend nicht eingewandt werden, dass Wohnungen, die nicht durch eine zentrale Heizungsanlage, sondern durch Heizöfen beheizt werden, vom Heizspiegel nicht erfasst werden (so aber Cottmann/Hillebrand, info also 2011, 28). Mit dem Grenzwert soll nur ermittelt werden, ob von einem Heizkostenverbrauch ausgegangen werden muss, der vom Verbraucher üblicherweise als überhöht angesehen wird (vgl bereits BSG aaO RdNr 23). Dabei können als "Standardverhältnisse" durchaus die Werte für die drei am weitesten verbreiteten Energieträger bei einer zentralen Beheizung herangezogen werden.

25

dd) Im vorliegenden Fall ist der maßgebliche Grenzwert überschritten. Dieser Grenzwert errechnet sich - wie der Senat bereits entschieden hat - aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (dagegen nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung, vgl im Einzelnen BSG aaO RdNr 20) und - weil vorliegend ein kommunaler Heizspiegel nicht existiert - den entsprechenden Werten der Spalte "zu hoch" für Erdgas des "Bundesweiten Heizspiegels", der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war (hier der Heizspiegel 2010). Da eine Absenkung auch bei Überschreiten des Grenzwertes nur aufgrund einer Angemessenheitsprüfung im Einzelfall erfolgen kann und sich die in Folge dieser Einzelfallprüfung zu zahlenden Heizkosten ohnehin nicht aus dem Heizspiegel (im Sinne eines abstrakt angemessenen Quadratmeterhöchstwerts) ergeben, kommt den Werten des Heizkostenspiegels aus späteren Jahren keine Bedeutung zu. Ohne dass dies vorliegend abschließend entschieden werden muss, neigt der Senat wie das LSG dazu, bei Wohnungen, die mit einer Etagenheizung beheizt werden, zugunsten der Hilfebedürftigen den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen, weil diese den Verbrauchswerten einer Einzelheizanlage am nächsten kommen. Schließlich liegt nahe, für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie oä), den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen. Auch dies ist abschließend aber nicht zu entscheiden. Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Gas (215 kWh pro qm x 50 = 10750 kWh) ist vorliegend - bei einem Gesamtverbrauch der Klägerin von nahezu 19 000 kWh pro Jahr und Kosten von etwa 1500 Euro im Jahr - in jedem Fall überschritten.

26

ee) Das Überschreiten des Grenzwertes hat zunächst zur Folge, dass die Klägerin die Gründe dafür vorbringen muss, dass ihre Aufwendungen im Einzelfall gleichwohl als angemessen anzusehen sind. Personenbedingte Gründe (zB Bettlägerigkeit eines Angehörigen der Haushaltsgemeinschaft, Zugehörigkeit kleiner Kinder zur Bedarfsgemeinschaft oä), die die Rechtsprechung bislang in erster Linie als erheblich angesehen hat (BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23 RdNr 25; vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 28), sind vorliegend nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar.

27

Der ungünstige energetische Standard einer Wohnung, den die Klägerin geltend macht und den die innegehabte Wohnung hier nach den Feststellungen des Gutachters (auch) ausweist, ist für sich genommen kein Grund im Einzelfall, der den Träger der Grundsicherung zur dauerhaften Übernahme von hohen Heizkosten als "angemessene" Aufwendungen verpflichtet. Soweit der Senat ein "unwirtschaftliches Heizverhalten" als Anknüpfungspunkt für eine Pflicht zur Kostensenkung angesehen hat, ist dies nicht dahin zu verstehen, dass nur "unvernünftiges", objektiv nicht begründbares Verhalten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers eine Pflicht zur Kostensenkung nach sich zieht. Auch unangemessen hohe (und damit unwirtschaftliche) Kosten, die der hilfebedürftige Leistungsempfänger nicht beeinflussen kann, berechtigten den Träger der Grundsicherung im Grundsatz nicht anders als bei überhöhten Unterkunftskosten Kostensenkungsmaßnahmen einzufordern.

28

c) Stellen sich die tatsächlich wegen der Heizung anfallenden Aufwendungen damit auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände der Klägerin im Einzelfall als unangemessen hoch dar, ist in einem abschließenden Schritt zu prüfen, ob daraus eine Pflicht zur Senkung der Kosten folgt (vgl zur Kostensenkungsobliegenheit grundlegend BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 29 und im Anschluss etwa Urteil des Senats vom 7.5.2009 - B 14 AS 14/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 20 RdNr 28; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 14; BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36, RdNr 14). Dies ergibt sich - auch wegen der bis zum 31.12.2010 nicht ausdrücklich genannten Aufwendungen für die Heizung (vgl Urteil des Senats vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 = Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18) - aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, wonach die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen sind, wie es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

29

aa) Wenn in einem Abrechnungszeitraum trotz eines vorangegangenen Hinweises (hier vom 29.1.2009) eine maßgebliche Kostensenkung durch Energieeinsparung nicht erzielt wird, kommt bei unangemessen hohen Aufwendungen für Heizung - wie bei überhöhten Kosten der Unterkunft auch - vor allem der in § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II ausdrücklich genannte Wohnungswechsel als Maßnahme zur Kostensenkung in Betracht. Denn eine Kostensenkung durch Energieeinsparung ist dann entweder vom hilfebedürftigen Leistungsberechtigten nicht ernsthaft gewollt (und kann aber vom Träger der Grundsicherung nicht im Einzelfall "kontrolliert" und durchgesetzt werden) oder ist in der Wohnung aufgrund gebäude- und/oder wohnungsspezifischer Faktoren objektiv nicht zu erreichen oder macht Investitionen vor allem des Vermieters notwendig, die der hilfebedürftige Leistungsberechtigte als Mieter nicht erzwingen kann (und die überdies zu einer Erhöhung der Miete führen können).

30

Der Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme wegen überhöhter Heizkosten ist aber nur zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen. Nur ein Wohnungswechsel, mit dem dieses Ziel erreicht werden kann, ist das von dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger geforderte "wirtschaftliche Verhalten". Ein Wohnungswechsel, der zwar zu niedrigeren Heizkosten, nicht aber zu niedrigeren Gesamtkosten führt, wäre seinerseits unwirtschaftlich und deshalb nicht zumutbar. Gegenüber dem grundsätzlich schützenswerten individuellen Interesse des hilfebedürftigen Leistungsempfängers am Verbleib in seiner Wohnung überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an deren Aufgabe nur für den Fall eines wirtschaftlich sinnvollen Umzuges. Stehen auf dem in Bezug zu nehmenden Wohnungsmarkt keine Wohnungen zur Verfügung, in denen von dem Träger der Grundsicherung insgesamt niedrigere Kosten aufzubringen sind, bleibt es der Entscheidung des Einzelnen überlassen, ob er weiterhin in einer Wohnung, die entsprechende Nachteile eines ungünstigen energetischen Standards mit sich bringt, aus anderen Gründen (etwa wegen ihrer Lage oder ihres Zuschnitts) verbleiben will. Ein ungünstiger energetischer Standard der Wohnung bleibt insofern bei Prüfung der Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht unbeachtlich.

31

In diesem Ergebnis sieht sich der Senat durch die Neuregelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II zum 1.1.2011 (mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 ) bestätigt. Danach muss eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Auch wenn im Gesetzgebungsverfahren andere Beispielsfälle zur Diskussion standen (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98), bestätigt Satz 4 in der neuen Fassung die Möglichkeit eines zusammenfassenden Wirtschaftlichkeitsvergleichs hinsichtlich der gesamten Bruttowarmkosten (so auch Berlit in Münder, SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 92; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, § 22 RdNr 166), ohne dass über die Einzelheiten der Regelung, die vorliegend unmittelbar noch nicht zur Anwendung kommt, zu entscheiden wäre.

32

Im vorliegenden Fall wird das LSG nach Zurückverweisung also zu prüfen haben, welche Vergleichskosten für Unterkunft und Heizung sich auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt ergeben, die der Beklagte nach einem Wohnungswechsel als angemessen zu zahlen hätte. Neben dem (gerichtlich voll zu überprüfenden) Wert, der sich für die Kosten der Unterkunft einer alleinstehenden Person als abstrakt angemessen ergibt, kann wegen der Kosten der Heizung im Ausgangspunkt auf die vom Beklagten in seiner Verwaltungspraxis als angemessen angesehenen (durchschnittlichen) Heizkosten zurückgegriffen werden. Jedenfalls vorliegend erscheinen diese mit rund 1 Euro pro qm und Monat insbesondere im Vergleich mit Durchschnittskosten aus den Betriebskostenübersichten des Deutschen Mieterbundes (0,84 Euro Kosten für Heizung im Bundesdurchschnitt für das der streitigen Kostensenkung vorangegangene Abrechnungsjahr 2009) nicht unrealistisch niedrig. Die Werte des Heizspiegels, die nicht das tatsächliche Preisniveau auf dem Wohnungsmarkt widerspiegeln, sind bei dieser Prüfung nicht heranzuziehen.

33

Ergibt sich - was vorliegend angesichts der recht geringen Bruttokaltmiete möglich ist -, dass die tatsächlichen Gesamtaufwendungen der Klägerin diese Vergleichskosten nicht übersteigen, sind der Klägerin Kostensenkungsmaßnahmen iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht zumutbar. Die tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind dann weiterhin zu übernehmen. Übersteigen die tatsächlichen Gesamtkosten die genannten Vergleichswerte für Unterkunft und Heizung, ist eine Kostensenkung durch Wohnungswechsel im Grundsatz abzuverlangen, wenn im maßgeblichen Vergleichsraum Wohnungen zu diesem Gesamtpreis zur Verfügung stehen, wofür der Beklagte die materielle Beweislast trägt. Bei zutreffender Ermittlung eines abstrakt angemessenen Wertes für die Unterkunftskosten kann zwar davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu dieser abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete im örtlichen Vergleichsraum gibt (vgl BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46). Solange aber ein Umzug wegen der Höhe der Kosten der Heizung notwendig wird und die vom Beklagten als angemessen angesehenen Heizkosten (mangels entsprechend differenzierter Datenerhebung) einen abstrakt angemessenen Wert nicht wiedergeben, kann diese Vermutung nicht gelten. Es bleibt (ähnlich wie dies § 22a SGB II in der seit dem 1.4.2011 geltenden Fassung vorgibt) dem kommunalen Träger überlassen, eine Datenermittlung zur Bestimmung eines differenzierten abstrakt angemessenen Wertes der Heizkosten im in Bezug zu nehmenden Wohnsegment durchzuführen oder entsprechende Wohnungen nachzuweisen.

34

bb) Für die Zeit bis zum 31.8.2010 besteht ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (mithin in Höhe von weiteren 59,07 Euro monatlich), sodass die Revision der Klägerin insoweit in der Sache erfolgreich war. Erst mit dem 1.9.2010 war das einer Kostensenkung durch den Träger der Grundsicherung vorausgehende Kostensenkungsverfahren abgeschlossen; während der sechs vorangegangenen Monate war der Klägerin die Möglichkeit einzuräumen, die Kosten entsprechend den Vorgaben im Schreiben vom 29.1.2009 und vom 17.2.2010 zu senken. In dieser Zeit waren die tatsächlichen Kosten zu zahlen; erst danach kann der Beklagte - das Vorliegen der übrigen, oben dargelegten Voraussetzungen unterstellt - die Kosten rechtmäßig auf die angemessene Höhe senken.

35

Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, aus dem nach der Rechtsprechung beider Senate (über den Wortlaut hinaus) neben der Obliegenheit zur Kostensenkung auch folgt, dass die Absenkung auf die nach Ansicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Kosten ein Kostensenkungsverfahren voraussetzt, das den Hilfebedürftigen in die Lage versetzt, diesen Kostensenkungsobliegenheiten - regelmäßig innerhalb von sechs Monaten - nachzukommen(vgl insbesondere zur Kostensenkungsaufforderung wegen der Aufwendungen für Heizung BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 - Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18 mwN ).

36

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen genügte die am 29.1.2009 ausgesprochene Aufforderung zur Senkung der Kosten für die vorliegend streitige Absenkung ab dem 1.6.2010 nicht. Dies liegt schon deshalb nahe, weil eine Kostensenkung vorrangig durch Energieeinsparungen bei jährlicher Abrechnung der entsprechenden Kosten durch ein Energieversorgungsunternehmen nicht innerhalb von sechs Monaten realisierbar ist und es angezeigt erscheinen könnte, wegen der Kostensenkung durch Einsparung von Energie (die wegen der Regelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II aF§ 22 abs 3 sgb ii> jedenfalls dem Träger der Grundsicherung zugutekommt) regelmäßig einen längeren Zeitraum zur Änderung des Verbrauchsverhaltens zuzubilligen. Eine abschließende Entscheidung braucht hierüber aber nicht zu erfolgen, denn jedenfalls hat der Beklagte die zum 1.6.2009 angekündigte Absenkung von Kosten der Heizung nicht durchgeführt. Da auf die erste Kostensenkungsaufforderung hin über längere Zeit hinweg gleichwohl die Kosten der Unterkunft und Heizung vollständig übernommen worden sind, durfte allein auf Grundlage dieser Kostensenkungsaufforderung eine Absenkung nicht mehr erfolgen (vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 57 RdNr 21).

37

Erst mit der Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 ist damit das für den vorliegend streitigen Zeitraum maßgebliche Kostensenkungsverfahren eingeleitet worden. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte inhaltlich auf die Anforderungen zur Kostensenkung im Schreiben vom 29.1.2009 Bezug genommen hat und das Schreiben vom 17.2.2010 weitergehende Hinweise nicht enthält. Es brauchten die weiteren Möglichkeiten zur Kostensenkung - insbesondere auch eine ggf bestehende Verpflichtung zum Wohnungswechsel - nicht im Einzelnen aufgezeigt werden. Der Klägerin war zuzumuten, die notwendigen Entscheidungen auf der Grundlage der bis dahin erteilten Hinweise zu treffen und verbliebende Zweifel durch entsprechende Rückfragen zu klären (vgl bereits BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8 RdNr 15).

38

Die Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 setzte damit eine Frist zur Senkung von Kosten innerhalb der folgenden sechs Monate in Gang. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, weshalb die mit der erneuten Kostensenkungsaufforderung ausgelöste Frist vorliegend nur verkürzt gelten sollte. Da eine Kostensenkung durch Energieeinsparung sich entgegen den Erwartungen des Beklagten nicht hatte realisieren lassen, musste der Klägerin - wollte sie einer Absenkung von Leistungen entgehen - andere Möglichkeiten der Kosteneinsparung prüfen. Insbesondere ein von ihr ggf zu erwartender Wohnungswechsel bedarf aber eines erneuten zeitlichen Vorlaufs, für den sechs Monate ohne Weiteres notwendig erscheinen.

39

4. Das LSG wird abschließend ggf über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision des Beklagten wird als unzulässig verworfen.

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 sowie der Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 31. August 2010 monatlich weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro zu zahlen.

Wegen der Ansprüche auf weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. September 2010 bis zum 30. November 2010 wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum von Juni 2010 bis November 2010 streitig.

2

Die 1970 geborene, erwerbsfähige und alleinstehende Klägerin bezog im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie bewohnte seit 2004 in H eine Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 48 qm in einem 1900 errichteten Haus mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 300 qm, die mit einem Gasetagenheizofen beheizt wurde. Die Zubereitung des Warmwassers erfolgte nicht über diese Heizung. Sie zahlte an die Vermieterin eine Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro monatlich und an das Energieversorgungsunternehmen eine Vorauszahlung für die Belieferung mit Gas in Höhe von 127 Euro monatlich (insgesamt 330,64 Euro monatlich), die das beklagte Jobcenter als Leistungen für Unterkunft und Heizung zunächst vollständig bewilligte.

3

Mit Schreiben vom 29.1.2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Prüfung der Heizkosten habe ergeben, dass diese mit einem Jahresverbrauch in Höhe von 399,7 kWh pro qm unangemessen hoch seien, und wies sie darauf hin, dass - sollte sie sich nicht bemühen, die Heizkosten zu senken - ab dem 1.6.2009 nur noch die als angemessenen angesehenen Kosten für einen jährlichen Verbrauch von 148 kWh pro qm übernommen werden würden. Tatsächlich senkte er die Leistungen nach Juni 2009 zunächst nicht ab.

4

Im Anschluss an die Vorlage der Jahresabrechnung 2009, aus der sich ein nur wenig niedrigerer Verbrauch (etwa 395 kWh pro qm und Jahr) ergab, teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 17.2.2010 mit, die Kosten seien nach wie vor unangemessen hoch, worauf sie - die Klägerin - bereits mit Schreiben vom 29.1.2009 hingewiesen worden sei. Zur Prüfung, ob die Heizkosten - wie von ihr vorgetragen - baubedingt so hoch seien, werde der Bedarfsermittlungsdienst die Wohnung in Augenschein nehmen. Bei dieser Besichtigung im März 2010 stellte der Bedarfsermittlungsdienst des Beklagten fest, es handele sich um eine unterkellerte Wohnung im Erdgeschoss, die Außenwände seien nicht gedämmt und die Fenster nur teilweise isolierverglast.

5

Für die Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 bewilligte der Beklagte neben der Regelleistung Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 252,18 Euro monatlich, nämlich neben der Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro lediglich noch 48,54 Euro für Heizkosten (Bescheid vom 21.4.2010; Widerspruchsbescheid vom 10.5.2010).

6

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens erhoben, wonach in der innegehabten Wohnung nach dem "Bundesweiten Heizspiegel" ein jährlicher Wärmeverbrauch von 10 032 kWh und nach der Richtlinie 2067 des Vereins Deutscher Ingenieure ein jährlicher Wärmeverbrauch von 12 921 kWh zu erwarten sei. Das SG hat daraufhin den Beklagten verurteilt, "der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.5.2010 Leistungen für Heizkosten in der Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 in Höhe von monatlich 67,93 Euro unter Beachtung der bereits hierfür bewilligten Leistungen zu gewähren" (Urteil vom 13.10.2011). Es sei von einem angemessenen jährlichen Verbrauch von 10 032 kWh im Jahr (= 209 kWh im Jahr je qm) auszugehen, sodass sich unter Orientierung an den Preisen des bisherigen Energieversorgungsunternehmens der tenorierte Betrag (<209 kWh/12 Monate x 6,62 Cent/kWh> / 100 x 48 qm zuzüglich 12,59 Euro Grundkosten pro Monat) ergebe.

7

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, "dass der Beklagte verurteilt wird, (…) Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.6.2010 bis 30.11.2010 in Höhe von monatlich 271,57 Euro zu bewilligen" (Urteil vom 14.5.2012). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Soweit das SG lediglich über die Höhe der Heizkosten entschieden habe, sei dies unzulässig und der Tenor entsprechend zu ändern gewesen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu als das SG zugesprochen habe. Ihr Anspruch belaufe sich auf monatlich 203,64 Euro Kosten der Unterkunft und 67,50 Euro Heizkosten. Aufgrund des Verbots der reformatio in peius verbleibe es aber - ausgehend von dem vom SG errechneten Heizkostenbetrag in Höhe von monatlich 67,93 Euro - bei zu gewährenden Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt 271,57 Euro. Wegen der Bestimmung der angemessenen Heizkosten sei mangels kommunalem Heizspiegel der "Bundesweite Heizspiegel" heranzuziehen und zwar aus Gründen der Rechtssicherheit der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichte Heizspiegel 2010. Etwaige Nachforderungen bei zu niedrig bemessenen Werten des bisherigen Heizspiegels könne der Leistungsberechtigte bei dem Leistungsträger gesondert geltend machen. Weil die Wohnung der Klägerin mit einer Etagenheizung beheizt werde, sei es gerechtfertigt, den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen. Daher ergäben sich monatlich angemessene Heizkosten in Höhe von 67,50 Euro (= 50 qm vervielfältigt mit 16,20 Euro/qm geteilt durch 12 Monate). Die von der Klägerin begehrte Übernahme der tatsächlichen - unangemessen hohen - Heizkostenvorauszahlungen scheide demgegenüber aus. Eine Übernahme komme insbesondere nicht aufgrund des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II in Betracht, weil der Beklagte die Klägerin wirksam zur Senkung der Heizkosten aufgefordert habe.

8

Hiergegen haben die Klägerin und der Beklagte die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.

9

Die Klägerin rügt die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, unter Zugrundelegung des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens sei ein Wärmeverbrauch von 13 000 kWh je Jahr angemessen und der Berechnung zugrunde zu legen. Im Übrigen habe das LSG zu Unrecht den Heizspiegel 2010 herangezogen. Es hätte vielmehr den Heizspiegel 2011, der die Werte des Abrechnungsjahres 2010 enthalte, zugrunde legen müssen, der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits bekannt gewesen sei.

10

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung von monatlich 59,07 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu zahlen sowie die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 abzuändern, soweit er verurteilt wurde, der Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung monatlich von 271,57 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu bewilligen, und die Klage auch insofern abzuweisen
sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

12

Er rügt ebenfalls die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, das LSG habe bei der Berechnung zu Unrecht eine Wohnfläche von 50 qm und nicht die tatsächliche Wohnfläche zugrunde gelegt. Richtigerweise ergäben sich Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich in Höhe von 268,44 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 64,80 Euro Heizkosten). Er - der Beklagte - sei durch das Urteil des LSG auch beschwert, weil die Leistungsverpflichtung durch das zweitinstanzliche Urteil zu seinen Lasten erweitert worden sei.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Beklagten ist unzulässig und daher zu verwerfen (§ 169 Sozialgerichtsgesetz). Für die Zeit ab dem 1.9.2010 ist die zulässige Revision der Klägerin im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Es fehlen ausreichende Feststellungen um beurteilen zu können, ob der Klägerin angesichts der offensichtlich überhöhten Energiekosten die Kostensenkung insbesondere durch einen Umzug in eine insgesamt kostengünstigere Wohnung möglich und zuzumuten war. Für den vorangehenden Zeitraum vom 1.6.2010 bis 31.8.2010 besteht ein Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro monatlich schon deshalb, weil der Beklagte nach Aufforderung zur Kostensenkung mit Schreiben vom 17.2.2010 jedenfalls vor dem 1.9.2010 zur entsprechenden Absenkung der Leistungen nicht berechtigt war. Insoweit kann der Senat in der Sache entscheiden (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).

14

1. Die Revision des Beklagten ist unzulässig. Die aufgrund der Zulassung durch das LSG statthafte Revision kann wie jedes Rechtsmittel zulässig nur in dem Umfang eingelegt werden, in dem der jeweilige Rechtsmittelführer durch die angegriffene Entscheidung beschwert ist. Maßgebend für die Beschwer ist der Inhalt der Entscheidung, soweit er der Rechtskraft fähig ist, also der Tenor, zu dessen Auslegung die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind (vgl BSGE 43, 1, 3 = SozR 1500 § 131 Nr 4).

15

An einer solchen Beschwer durch das Urteil des LSG fehlt es hier für den Beklagten. Das LSG hat den Tenor des SG zwar geändert und den Beklagten zu einer einheitlichen Leistung für Kosten der Unterkunft und Heizung verurteilt, weil es sich nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts ( vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f) bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung um einen einheitlichen Streitgegenstand handele. Eine Erweiterung der Leistungsverpflichtung gegenüber der Entscheidung des SG durch das Urteil des LSG liegt in der Korrektur des Tenors aber nicht. Da bereits das SG zu Leistungen verurteilt hat, die insgesamt 19,39 Euro monatlich höher sind als die von dem Beklagten ursprünglich bewilligten, hat das LSG den der Rechtskraft fähigen Inhalt der Entscheidung nicht zu dessen Lasten erweitert. Soweit der Beklagte schließlich mit seiner Revision einwendet, dass der Klägerin lediglich ein geringerer Gesamtbetrag zustünde, ist das Urteil des SG insoweit bereits in Rechtskraft erwachsen und bindet die Beteiligten (vgl § 141 Abs 1 Nr 1 SGG). Der Beklagte hat trotz des teilweisen Unterliegens vor dem SG nicht selbst Berufung eingelegt, sondern lediglich beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

16

2. Die zulässige Revision der Klägerin hat den Bescheid des Beklagten vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.5.2010 zum Gegenstand, mit dem der Beklagte der Klägerin im streitigen Zeitraum ua Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von lediglich monatlich 252,18 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 48,54 Euro Heizkosten) bewilligt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) und macht höhere Leistungen geltend. Sie hat den Streitgegenstand dabei zulässigerweise auf die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f). Nachdem der Beklagte das Urteil des SG nicht mit der Berufung angegriffen hat, sind nur noch die über 271,57 Euro (monatlich) hinausgehenden Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro im Streit.

17

3. Die Klägerin, die nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) im streitigen Zeitraum zum leistungsberechtigten Personenkreis iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007, BGBl I 554) gehört, hat nach § 19 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706) iVm § 22 Abs 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I 2917) Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II).Die auch für Heizkosten vorgesehene Prüfung ihrer Angemessenheit hat nach Wortlaut und Systematik der Norm, wie der Senat bereits im Einzelnen dargelegt hat(stRspr seit BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23), grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen.

18

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken (konkrete Angemessenheit). Wegen der Aufwendungen der Unterkunft sind vorliegend alle berücksichtigungsfähigen Kosten der Klägerin, nämlich die Miete einschließlich der kalten Betriebskosten als "tatsächliche Aufwendungen" vom Beklagten in voller Höhe von 203,64 Euro erbracht worden. Anhaltspunkte dafür, dass diese unangemessen hoch wären, ergeben sich nicht.

19

b) Auch der Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung besteht grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23).

20

aa) Als berücksichtigungsfähige Kosten insoweit macht die Klägerin die monatlichen Abschlagszahlungen gegenüber ihrem Energieversorgungsunternehmen in Höhe von 127 Euro geltend. Weitere berücksichtigungsfähige Bedarfe sind nicht ersichtlich. Im streitigen Zeitraum gehörten entsprechend den normativen Vorgaben in § 20 Abs 1, § 22 Abs 1 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) die Kosten für die Erzeugung von Warmwasser nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung.

21

bb) Eine getrennte Prüfung der Angemessenheit von Aufwendungen für Heizung von denen der Unterkunft folgt neben den dargelegten rechtlichen Überlegungen zumindest derzeit aus praktischen Gründen, die einer einheitlichen Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung und also der Bildung einer abstrakten Gesamtangemessenheitsgrenze entgegenstehen. Ein abstrakt angemessener Heizkostenpreis pro Quadratmeter für eine "einfache" Wohnung (gestaffelt nach abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen) im unteren Segment des Wohnungsmarktes müsste ausgehend von einem als angemessen anzusehenden Heizverhalten des Einzelnen noch klimatische Bedingungen, wechselnde Energiepreise, die "typischen" Energieträger, vor allem aber den im entsprechenden Mietsegment "typischen" Gebäudestandard und den technischen Stand einer als "typisch" anzusehenden Heizungsanlage erfassen. Entsprechend differenzierte Daten, die einen solchen Rückschluss auf einen abstrakt angemessenen, dh für alle Wohnungen im Vergleichsraum geltenden Heizkostenwert zuließen, liegen für den maßgeblichen Wohnungsmarkt am Wohnort der Klägerin nicht vor, wie sich aus den Feststellungen des LSG und dem Vorbringen des Beklagten ergibt.Der Rückgriff auf einen weniger ausdifferenzierten Wert als Quadratmeterhöchstgrenze, wie ihn der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden mit den Kosten für einen Energieverbrauch von 148 kWh pro Jahr und Quadratmeter Wohnfläche beschrieben hat, würde eine unzulässige Pauschalierung von Heizkosten bedeuten (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 19; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Solche Schätzungen eines pauschalen Wertes "ins Blaue hinein" ohne gesicherte empirische Grundlage sind bei Bestimmung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums nicht zulässig (vgl BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 RdNr 171); dies gilt für Regelbedarfe und Bedarfe für Unterkunft und Heizung gleichermaßen.

22

cc) Da gleichwohl auch hinsichtlich der Aufwendungen für Heizung unangemessen hohe Kosten vom Träger der Grundsicherung nicht gezahlt werden müssen, eine abstrakte Festlegung dieser "angemessenen Aufwendungen" aber nicht möglich erscheint, hat eine Prüfung der Heizkosten auf ihre Angemessenheit hin allein orientiert an den Verhältnissen des Einzelfalles zu erfolgen. Der Senat hat dabei ausgeführt, dass regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen ist, wenn bestimmte, von den Vorinstanzen in Bezug genommenen Grenzwerte überschritten werden, die der Senat den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegeln" bzw dem "Bundesweiten Heizspiegel" entnimmt ( BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 21). Dem hat sich der 4. Senat angeschlossen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Trotz der Kritik insbesondere der Herausgeber des Heizspiegels an der von der Rechtsprechung aus diesen Werten abgeleiteten Funktion für das SGB II (vgl die Stellungnahme der co2online gGmbH vom 12.10.2012 unter http://www.heizspiegel.de/heizspiegelkampagne/hartz-iv/index.html), hält der Senat an dieser Rechtsprechung fest. Solange der jeweils örtlich zuständige Träger der Grundsicherung keine im dargestellten Sinne differenzierte Datenermittlung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat, die zuverlässige Schlüsse auf einen Wert für grundsicherungsrechtlich angemessene Heizkosten in seinem Zuständigkeitsbereich zulassen, ist die Heranziehung eines Grenzwertes aus Gründen der Praktikabilität geboten; dementsprechend ist die Rechtsprechung des BSG in der Folge vom Gesetzgeber nicht korrigiert worden. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass der hohe Grenzwert der energiepolitischen Zielsetzung eines Heizspiegels zuwiderläuft. Solche Zielsetzungen sind im Anwendungsbereich des SGB II aber nach den gesetzgeberischen Vorgaben unbeachtlich.

23

Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel kommt aber - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt nämlich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich insoweit um angemessene Kosten. Soweit der Senat (Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22) formuliert hat, der Grundsicherungsempfänger könne "im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen", folgt hieraus nichts anderes. Wie sich bereits aus dieser Entscheidung des Senats ergibt, markiert der Grenzwert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden ("im Regelfall"). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger obliegt vorzutragen, warum seine Aufwendungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind (aaO RdNr 23). Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast.

24

Gegen die Heranziehung des Heizspiegels zur Bestimmung des Grenzwertes kann vorliegend nicht eingewandt werden, dass Wohnungen, die nicht durch eine zentrale Heizungsanlage, sondern durch Heizöfen beheizt werden, vom Heizspiegel nicht erfasst werden (so aber Cottmann/Hillebrand, info also 2011, 28). Mit dem Grenzwert soll nur ermittelt werden, ob von einem Heizkostenverbrauch ausgegangen werden muss, der vom Verbraucher üblicherweise als überhöht angesehen wird (vgl bereits BSG aaO RdNr 23). Dabei können als "Standardverhältnisse" durchaus die Werte für die drei am weitesten verbreiteten Energieträger bei einer zentralen Beheizung herangezogen werden.

25

dd) Im vorliegenden Fall ist der maßgebliche Grenzwert überschritten. Dieser Grenzwert errechnet sich - wie der Senat bereits entschieden hat - aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (dagegen nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung, vgl im Einzelnen BSG aaO RdNr 20) und - weil vorliegend ein kommunaler Heizspiegel nicht existiert - den entsprechenden Werten der Spalte "zu hoch" für Erdgas des "Bundesweiten Heizspiegels", der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war (hier der Heizspiegel 2010). Da eine Absenkung auch bei Überschreiten des Grenzwertes nur aufgrund einer Angemessenheitsprüfung im Einzelfall erfolgen kann und sich die in Folge dieser Einzelfallprüfung zu zahlenden Heizkosten ohnehin nicht aus dem Heizspiegel (im Sinne eines abstrakt angemessenen Quadratmeterhöchstwerts) ergeben, kommt den Werten des Heizkostenspiegels aus späteren Jahren keine Bedeutung zu. Ohne dass dies vorliegend abschließend entschieden werden muss, neigt der Senat wie das LSG dazu, bei Wohnungen, die mit einer Etagenheizung beheizt werden, zugunsten der Hilfebedürftigen den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen, weil diese den Verbrauchswerten einer Einzelheizanlage am nächsten kommen. Schließlich liegt nahe, für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie oä), den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen. Auch dies ist abschließend aber nicht zu entscheiden. Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Gas (215 kWh pro qm x 50 = 10750 kWh) ist vorliegend - bei einem Gesamtverbrauch der Klägerin von nahezu 19 000 kWh pro Jahr und Kosten von etwa 1500 Euro im Jahr - in jedem Fall überschritten.

26

ee) Das Überschreiten des Grenzwertes hat zunächst zur Folge, dass die Klägerin die Gründe dafür vorbringen muss, dass ihre Aufwendungen im Einzelfall gleichwohl als angemessen anzusehen sind. Personenbedingte Gründe (zB Bettlägerigkeit eines Angehörigen der Haushaltsgemeinschaft, Zugehörigkeit kleiner Kinder zur Bedarfsgemeinschaft oä), die die Rechtsprechung bislang in erster Linie als erheblich angesehen hat (BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23 RdNr 25; vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 28), sind vorliegend nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar.

27

Der ungünstige energetische Standard einer Wohnung, den die Klägerin geltend macht und den die innegehabte Wohnung hier nach den Feststellungen des Gutachters (auch) ausweist, ist für sich genommen kein Grund im Einzelfall, der den Träger der Grundsicherung zur dauerhaften Übernahme von hohen Heizkosten als "angemessene" Aufwendungen verpflichtet. Soweit der Senat ein "unwirtschaftliches Heizverhalten" als Anknüpfungspunkt für eine Pflicht zur Kostensenkung angesehen hat, ist dies nicht dahin zu verstehen, dass nur "unvernünftiges", objektiv nicht begründbares Verhalten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers eine Pflicht zur Kostensenkung nach sich zieht. Auch unangemessen hohe (und damit unwirtschaftliche) Kosten, die der hilfebedürftige Leistungsempfänger nicht beeinflussen kann, berechtigten den Träger der Grundsicherung im Grundsatz nicht anders als bei überhöhten Unterkunftskosten Kostensenkungsmaßnahmen einzufordern.

28

c) Stellen sich die tatsächlich wegen der Heizung anfallenden Aufwendungen damit auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände der Klägerin im Einzelfall als unangemessen hoch dar, ist in einem abschließenden Schritt zu prüfen, ob daraus eine Pflicht zur Senkung der Kosten folgt (vgl zur Kostensenkungsobliegenheit grundlegend BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 29 und im Anschluss etwa Urteil des Senats vom 7.5.2009 - B 14 AS 14/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 20 RdNr 28; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 14; BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36, RdNr 14). Dies ergibt sich - auch wegen der bis zum 31.12.2010 nicht ausdrücklich genannten Aufwendungen für die Heizung (vgl Urteil des Senats vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 = Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18) - aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, wonach die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen sind, wie es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

29

aa) Wenn in einem Abrechnungszeitraum trotz eines vorangegangenen Hinweises (hier vom 29.1.2009) eine maßgebliche Kostensenkung durch Energieeinsparung nicht erzielt wird, kommt bei unangemessen hohen Aufwendungen für Heizung - wie bei überhöhten Kosten der Unterkunft auch - vor allem der in § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II ausdrücklich genannte Wohnungswechsel als Maßnahme zur Kostensenkung in Betracht. Denn eine Kostensenkung durch Energieeinsparung ist dann entweder vom hilfebedürftigen Leistungsberechtigten nicht ernsthaft gewollt (und kann aber vom Träger der Grundsicherung nicht im Einzelfall "kontrolliert" und durchgesetzt werden) oder ist in der Wohnung aufgrund gebäude- und/oder wohnungsspezifischer Faktoren objektiv nicht zu erreichen oder macht Investitionen vor allem des Vermieters notwendig, die der hilfebedürftige Leistungsberechtigte als Mieter nicht erzwingen kann (und die überdies zu einer Erhöhung der Miete führen können).

30

Der Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme wegen überhöhter Heizkosten ist aber nur zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen. Nur ein Wohnungswechsel, mit dem dieses Ziel erreicht werden kann, ist das von dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger geforderte "wirtschaftliche Verhalten". Ein Wohnungswechsel, der zwar zu niedrigeren Heizkosten, nicht aber zu niedrigeren Gesamtkosten führt, wäre seinerseits unwirtschaftlich und deshalb nicht zumutbar. Gegenüber dem grundsätzlich schützenswerten individuellen Interesse des hilfebedürftigen Leistungsempfängers am Verbleib in seiner Wohnung überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an deren Aufgabe nur für den Fall eines wirtschaftlich sinnvollen Umzuges. Stehen auf dem in Bezug zu nehmenden Wohnungsmarkt keine Wohnungen zur Verfügung, in denen von dem Träger der Grundsicherung insgesamt niedrigere Kosten aufzubringen sind, bleibt es der Entscheidung des Einzelnen überlassen, ob er weiterhin in einer Wohnung, die entsprechende Nachteile eines ungünstigen energetischen Standards mit sich bringt, aus anderen Gründen (etwa wegen ihrer Lage oder ihres Zuschnitts) verbleiben will. Ein ungünstiger energetischer Standard der Wohnung bleibt insofern bei Prüfung der Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht unbeachtlich.

31

In diesem Ergebnis sieht sich der Senat durch die Neuregelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II zum 1.1.2011 (mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 ) bestätigt. Danach muss eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Auch wenn im Gesetzgebungsverfahren andere Beispielsfälle zur Diskussion standen (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98), bestätigt Satz 4 in der neuen Fassung die Möglichkeit eines zusammenfassenden Wirtschaftlichkeitsvergleichs hinsichtlich der gesamten Bruttowarmkosten (so auch Berlit in Münder, SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 92; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, § 22 RdNr 166), ohne dass über die Einzelheiten der Regelung, die vorliegend unmittelbar noch nicht zur Anwendung kommt, zu entscheiden wäre.

32

Im vorliegenden Fall wird das LSG nach Zurückverweisung also zu prüfen haben, welche Vergleichskosten für Unterkunft und Heizung sich auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt ergeben, die der Beklagte nach einem Wohnungswechsel als angemessen zu zahlen hätte. Neben dem (gerichtlich voll zu überprüfenden) Wert, der sich für die Kosten der Unterkunft einer alleinstehenden Person als abstrakt angemessen ergibt, kann wegen der Kosten der Heizung im Ausgangspunkt auf die vom Beklagten in seiner Verwaltungspraxis als angemessen angesehenen (durchschnittlichen) Heizkosten zurückgegriffen werden. Jedenfalls vorliegend erscheinen diese mit rund 1 Euro pro qm und Monat insbesondere im Vergleich mit Durchschnittskosten aus den Betriebskostenübersichten des Deutschen Mieterbundes (0,84 Euro Kosten für Heizung im Bundesdurchschnitt für das der streitigen Kostensenkung vorangegangene Abrechnungsjahr 2009) nicht unrealistisch niedrig. Die Werte des Heizspiegels, die nicht das tatsächliche Preisniveau auf dem Wohnungsmarkt widerspiegeln, sind bei dieser Prüfung nicht heranzuziehen.

33

Ergibt sich - was vorliegend angesichts der recht geringen Bruttokaltmiete möglich ist -, dass die tatsächlichen Gesamtaufwendungen der Klägerin diese Vergleichskosten nicht übersteigen, sind der Klägerin Kostensenkungsmaßnahmen iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht zumutbar. Die tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind dann weiterhin zu übernehmen. Übersteigen die tatsächlichen Gesamtkosten die genannten Vergleichswerte für Unterkunft und Heizung, ist eine Kostensenkung durch Wohnungswechsel im Grundsatz abzuverlangen, wenn im maßgeblichen Vergleichsraum Wohnungen zu diesem Gesamtpreis zur Verfügung stehen, wofür der Beklagte die materielle Beweislast trägt. Bei zutreffender Ermittlung eines abstrakt angemessenen Wertes für die Unterkunftskosten kann zwar davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu dieser abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete im örtlichen Vergleichsraum gibt (vgl BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46). Solange aber ein Umzug wegen der Höhe der Kosten der Heizung notwendig wird und die vom Beklagten als angemessen angesehenen Heizkosten (mangels entsprechend differenzierter Datenerhebung) einen abstrakt angemessenen Wert nicht wiedergeben, kann diese Vermutung nicht gelten. Es bleibt (ähnlich wie dies § 22a SGB II in der seit dem 1.4.2011 geltenden Fassung vorgibt) dem kommunalen Träger überlassen, eine Datenermittlung zur Bestimmung eines differenzierten abstrakt angemessenen Wertes der Heizkosten im in Bezug zu nehmenden Wohnsegment durchzuführen oder entsprechende Wohnungen nachzuweisen.

34

bb) Für die Zeit bis zum 31.8.2010 besteht ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (mithin in Höhe von weiteren 59,07 Euro monatlich), sodass die Revision der Klägerin insoweit in der Sache erfolgreich war. Erst mit dem 1.9.2010 war das einer Kostensenkung durch den Träger der Grundsicherung vorausgehende Kostensenkungsverfahren abgeschlossen; während der sechs vorangegangenen Monate war der Klägerin die Möglichkeit einzuräumen, die Kosten entsprechend den Vorgaben im Schreiben vom 29.1.2009 und vom 17.2.2010 zu senken. In dieser Zeit waren die tatsächlichen Kosten zu zahlen; erst danach kann der Beklagte - das Vorliegen der übrigen, oben dargelegten Voraussetzungen unterstellt - die Kosten rechtmäßig auf die angemessene Höhe senken.

35

Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, aus dem nach der Rechtsprechung beider Senate (über den Wortlaut hinaus) neben der Obliegenheit zur Kostensenkung auch folgt, dass die Absenkung auf die nach Ansicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Kosten ein Kostensenkungsverfahren voraussetzt, das den Hilfebedürftigen in die Lage versetzt, diesen Kostensenkungsobliegenheiten - regelmäßig innerhalb von sechs Monaten - nachzukommen(vgl insbesondere zur Kostensenkungsaufforderung wegen der Aufwendungen für Heizung BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 - Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18 mwN ).

36

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen genügte die am 29.1.2009 ausgesprochene Aufforderung zur Senkung der Kosten für die vorliegend streitige Absenkung ab dem 1.6.2010 nicht. Dies liegt schon deshalb nahe, weil eine Kostensenkung vorrangig durch Energieeinsparungen bei jährlicher Abrechnung der entsprechenden Kosten durch ein Energieversorgungsunternehmen nicht innerhalb von sechs Monaten realisierbar ist und es angezeigt erscheinen könnte, wegen der Kostensenkung durch Einsparung von Energie (die wegen der Regelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II aF§ 22 abs 3 sgb ii> jedenfalls dem Träger der Grundsicherung zugutekommt) regelmäßig einen längeren Zeitraum zur Änderung des Verbrauchsverhaltens zuzubilligen. Eine abschließende Entscheidung braucht hierüber aber nicht zu erfolgen, denn jedenfalls hat der Beklagte die zum 1.6.2009 angekündigte Absenkung von Kosten der Heizung nicht durchgeführt. Da auf die erste Kostensenkungsaufforderung hin über längere Zeit hinweg gleichwohl die Kosten der Unterkunft und Heizung vollständig übernommen worden sind, durfte allein auf Grundlage dieser Kostensenkungsaufforderung eine Absenkung nicht mehr erfolgen (vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 57 RdNr 21).

37

Erst mit der Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 ist damit das für den vorliegend streitigen Zeitraum maßgebliche Kostensenkungsverfahren eingeleitet worden. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte inhaltlich auf die Anforderungen zur Kostensenkung im Schreiben vom 29.1.2009 Bezug genommen hat und das Schreiben vom 17.2.2010 weitergehende Hinweise nicht enthält. Es brauchten die weiteren Möglichkeiten zur Kostensenkung - insbesondere auch eine ggf bestehende Verpflichtung zum Wohnungswechsel - nicht im Einzelnen aufgezeigt werden. Der Klägerin war zuzumuten, die notwendigen Entscheidungen auf der Grundlage der bis dahin erteilten Hinweise zu treffen und verbliebende Zweifel durch entsprechende Rückfragen zu klären (vgl bereits BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8 RdNr 15).

38

Die Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 setzte damit eine Frist zur Senkung von Kosten innerhalb der folgenden sechs Monate in Gang. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, weshalb die mit der erneuten Kostensenkungsaufforderung ausgelöste Frist vorliegend nur verkürzt gelten sollte. Da eine Kostensenkung durch Energieeinsparung sich entgegen den Erwartungen des Beklagten nicht hatte realisieren lassen, musste der Klägerin - wollte sie einer Absenkung von Leistungen entgehen - andere Möglichkeiten der Kosteneinsparung prüfen. Insbesondere ein von ihr ggf zu erwartender Wohnungswechsel bedarf aber eines erneuten zeitlichen Vorlaufs, für den sechs Monate ohne Weiteres notwendig erscheinen.

39

4. Das LSG wird abschließend ggf über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt nach einem Teilvergleich mit dem Beklagten nur noch die zuschussweise Übernahme von Tilgungsleistungen auf Kredite für ein selbstgenutztes Eigenheim für die Zeit vom 3.1.2011 bis 31.1.2012 als Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II anstelle eines Darlehens.

2

Der 1950 geborene Kläger bezog von der beklagten Optionskommune seit 2005 - unterbrochen nur durch kurze Zeiten der Beschäftigung und Alg-Bezug - Leistungen nach dem SGB II. Seit dem 1.11.2013 bezieht er Altersrente in Höhe von 1043,92 Euro. Der Kläger ist seit 1984 Eigentümer eines 492 qm großen Grundstückes, das mit einem von ihm allein bewohnten Einfamilienhaus (Wohnfläche ca 78 qm) bebaut ist. Der Wohnbereich umfasst vier Zimmer, die zwischen 9 und 13 qm groß sind, eine Abstellkammer, Küche, Flur, Bad und Toilette. Die Finanzierung des Kaufpreises für das Grundstück in Höhe von 290 000 DM erfolgte über ein Bauspar- und ein Hypothekendarlehen. Im Jahr 2011 beliefen sich die von dem Kläger jährlich zu zahlenden Beträge für Zinsen und Tilgung auf 1581,84 Euro für das Hypothekendarlehen (Tilgung: 516,14 Euro; Zinsen: 1065,70 Euro) und 2392,80 Euro für das Bauspardarlehen (Tilgung 2115,20 Euro; Zinsen: 277,60 Euro). Nach einem Tilgungsplan für das Hypothekendarlehen vom 31.1.2011 waren zum Stichtag am 30.1.2011 noch 43 368,02 Euro bis zum Jahr 2037 zu zahlen (Tilgung: 25 309,83 Euro; Zinsen: 17 798,19 Euro; Kosten: 260 Euro). Die Restschuld des Bauspardarlehens betrug am 30.1.2012 noch 389,79 Euro und wurde im Laufe des Jahres vollständig getilgt.

3

Der Beklagte bewilligte dem Kläger im Anschluss an den Bezug von Alg für die Zeit vom 3.1.2011 bis 31.7.2011 Alg II (Bescheid vom 14.2.2011; Änderungsbescheide vom 15.4.2011 und 12.5.2011 <Übernahme von zusätzlichen Kosten für Heizöl im Monat Mai>). Als Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigte er (für den Monat Januar anteilig) die von dem Kläger zu zahlenden Darlehenszinsen (88,81 Euro monatlich), Kommunalabgaben (35,17 Euro monatlich), Beiträge für eine Feuerversicherung (4,15 Euro monatlich) und die zu zahlende Grundsteuer (6,18 Euro monatlich), nicht jedoch die Tilgungsraten für die Darlehen. Der Gesamtbetrag der für Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigten Aufwendungen betrug damit 134,31 Euro und lag unterhalb der nach der Verwaltungspraxis des Beklagten als angemessen anzusehenden Kosten in Höhe von 360 Euro Netto-Kaltmiete bei einem Ein-Personen-Haushalt sowie einen Betriebskostenreferenzwert von 2,10 Euro/qm. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens gewährte der Beklagte dem Kläger auch für den Zeitraum vom 1.8.2011 bis 31.1.2012 SGB Il-Leistungen in der bis zum 31.7.2011 gezahlten Höhe (Bescheid vom 27.7.2011), wogegen der Kläger ebenfalls Widerspruch einlegte.

4

In einem gerichtlichen Eilverfahren verpflichtete sich der Beklagte darlehensweise, auch die Tilgungsraten für beide Darlehen ab Januar 2011 unter Eintragung einer Sicherungshypothek zu zahlen (gerichtlicher Vergleich im Verfahren SG Wiesbaden - S 16 AS 599/11 ER - vom 19.10.2011). Der Beklagte gewährte in der Folge zunächst unter Änderung des Bescheides vom 14.2.2011 für Februar 2011 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft wegen höherer Wasser-/Abwassergebühren und unter Änderung der Bescheide vom 14.2.2011 und 27.7.2011 wegen bisher nicht berücksichtigter Zinsen für das Bauspardarlehen (Bescheide vom 27.10.2011).

5

In Umsetzung des Vergleiches vom 19.10.2011 bewilligte er daneben in Form eines Darlehens wegen der im Jahre 2011 gezahlten Tilgungsraten für die Zeit vom 3.1.2001 bis 31.12.2011 weitere Leistungen in Höhe von 2631,34 Euro (Bescheid ebenfalls vom 27.10.2011) und wegen im Januar 2012 gezahlter Tilgungsraten für Januar 2012 in Höhe von 216,63 Euro (Bescheid vom 3.1.2012). Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens teilten die kreditgebenden Banken dem Kläger mit, dass sie nicht bereit seien, die Tilgung auszusetzen (Schreiben vom 23.9.2011 und 26.9.2011). Die wegen der nur darlehensweisen Gewährung von Leistungen für die erbrachten Tilgungsraten aufrechterhaltenen Widersprüche des Klägers blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1.12.2011).

6

Das SG Wiesbaden hat nach schriftlicher Befragung von zwei Mitarbeitern der kreditgebenden Banken als Zeugen den Beklagten antragsgemäß "unter Änderung der Bescheide vom 14.02.2011, 15.04.2011, 27.07.2011 und 27.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2011" verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 3.1.2011 bis 1.2.2012 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren und dabei die von ihm zu zahlenden Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von monatlich 131,82 Euro und 199,40 Euro als Unterkunftskosten nach § 22 SGB II im Wege eines Zuschusses zu gewähren(Urteil vom 26.4.2012). Die Übernahme auch der Tilgungsleistungen sei geboten, da ansonsten der Verlust des Hauses drohe. Eine darlehensweise Erbringung von Unterkunftskosten sehe das Gesetz nicht vor.

7

Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten den folgenden gerichtlichen Teilvergleich (vom 29.10.2014) geschlossen:

 "1.
Die Beteiligten sind sich einig, dass mit den Bescheiden vom 14. Februar 2011, 15. April 2011, 12. Mai 2011, 27. Juli 2011 und durch die Bescheide vom 27. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2011 sowie dem Bescheid vom 3. Januar 2012 alle dem Kläger zustehenden Ansprüche auf Regelleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 3. Januar 2011 bis 31. Januar 2012 in voller Höhe bewilligt worden sind. Der Rechtsstreit wird insoweit für erledigt erklärt.
2.
Die Beteiligten sind sich mit Ausnahme der streitigen, auf der Grundlage des Vergleichs vor dem Sozialgericht Wiesbaden S 16 AS 599/11 ER vom 19. Oktober 2011 und der Bescheide vom 27. Oktober 2011 und vom 3. Januar 2012 darlehensweise gewährten Leistungen darüber einig, dass mit den unter 1. genannten Bescheiden die dem Kläger zustehenden Ansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 3. Januar 2011 bis 31. Januar 2012 im Übrigen in zutreffender Höhe bewilligt worden sind. Der Rechtsstreit wird insoweit für erledigt erklärt.
3.
Die Beteiligten sind sich einig, dass die vom Kläger zu leistende Tilgung bei der Umsetzung des Vergleichs im Verfahren vor dem Sozialgericht Wiesbaden S 16 AS 599/11 ER vom 19. Oktober 2011 und der Bescheide vom 27. Oktober 2011 sowie dem Bescheid vom 3. Januar 2012 von dem Beklagten zutreffend berechnet wurde. Der Rechtsstreit wird insoweit hinsichtlich der Berechnung der Tilgungsleistungen für erledigt erklärt.
4.
Ferner sind sich die Beteiligten darüber einig, dass der erstinstanzlich tenorierte Zeitraum bis zum 1. Februar 2012 über den im angefochtenen Bescheid geregelten Bewilligungsabschnitt (31. Januar 2012) hinausgeht und deshalb nur dieser Streitgegenstand sein kann.
5.
Die Beteiligten sind sich daher einig, dass allein die Rechtmäßigkeit der nur darlehensweisen Bewilligung der weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung bezüglich der unter 1. genannten Bescheide im Streit steht.
6.
Die Beteiligten sind sich einig, dass sie sich dem rechtkräftigen Urteil im hiesigen Rechtsstreit auch für den nachfolgenden Zeitraum bis zum 31. Oktober 2013 unterwerfen."

8

Das LSG hat die auf die Klagabweisung im Übrigen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 29.10.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, es bestehe ein Anspruch des Klägers auf Gewährung der nur als Darlehen zuerkannten Kosten der Unterkunft als Zuschuss. Als selbstgenutztes Wohneigentum sei sein Grundstück nicht als Vermögen zu berücksichtigen; Grundstücksgröße und Wohnfläche seien noch angemessen. Es lägen auch die Voraussetzungen vor, die es nach der Rechtsprechung des BSG erlaubten, ausnahmsweise Tilgungsraten für Darlehen als Kosten der Unterkunft zuschussweise zu übernehmen. Der Kläger habe das Grundstück bereits 1984 außerhalb eines Zeitraums des Bezugs steuerfinanzierter, existenzsichernder Leistungen erworben. Es drohe ihm bei der vorzunehmenden hypothetischen Betrachtungsweise der Wohnungsverlust, weil die Kreditgeber im Falle der Nichtzahlung der Raten den Kredit gekündigt und die Verwertung angestrebt hätten. Schließlich sei die Finanzierung des Wohneigentums unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis bzw Gesamtkreditsumme und Restschuld im streitgegenständlichen Zeitraum des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen gewesen. Die Resttilgungsschuld betrage nur noch 18,7 Prozent des Kaufpreises. Auf den Gesamtleistungsbezug entfiele wegen der Rentennähe nur ein Tilgungsbetrag von ca 2,7 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises.

9

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung der §§ 1 Abs 1, 2 Abs 2 S 1 und 22 Abs 1 S 1 SGB II. Er macht geltend, die Leistungen nach dem SGB II seien auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt. Durch die Verpflichtung, Tilgungsleistungen zuschussweise zu gewähren, erfolge aber eine Vermögensbildung bei dem Kläger, die über die Existenzsicherung hinausgehe. Die zuschussweise Übernahme von Tilgungsbeträgen gehöre auch nicht zu den Leistungen nach § 22 SGB II. Ein besonderer Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung des BSG, der eine Übernahme zulasse, liege hier wegen der hohen noch offenen Darlehenssumme nicht vor. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Darlehen "weitgehend" abbezahlt gewesen sei. Außerdem hätte der Kläger durch eine ihm zumutbare Untervermietung eines Zimmers mit eigener Toilette die Tilgungsraten ohne Weiteres selbst aufbringen können.

10

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. Oktober 2014 und des Sozialgerichts Wiesbaden vom 26. April 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

11

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Soweit der Beklagte sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts wende, seien Verfahrensmängel schon nicht hinreichend bezeichnet.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht haben SG und LSG entschieden, dass die von dem Kläger im streitbefangenen Zeitraum vom 3.1.2011 bis 31.1.2012 gezahlten Tilgungsleistungen für ein Hypotheken- und ein Bauspardarlehen zuschussweise als Kosten der Unterkunft anstelle des bewilligten Darlehens zu übernehmen sind.

14

Gegenstand des Verfahrens ist nach Abschluss des Teilvergleichs vor dem LSG nur noch, ob ein Anspruch des Klägers auf Umwandlung derjenigen Leistungen für Kosten der Unterkunft in einen Zuschuss besteht, die dem Kläger durch den Bescheid vom 27.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.12.2011 (2631,34 Euro) und durch den gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens gewordenen Bescheid vom 3.1.2012 (216,63 Euro) als Darlehen bewilligt wurden. Die hierauf gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§ 54 Abs 1, 56 SGG) zulässig. Einer Leistungsklage bedarf es nicht. Zur Leistung kann der Beklagte nicht mehr verurteilt werden, da er bereits geleistet hat und der Kläger (nur noch) durch die Verfügungssätze der angefochtenen Bescheide beschwert ist, welche die Bewilligung der Leistungen lediglich als Darlehen regeln. Nur der Rechtsgrund der Zahlung - Zuschuss statt Darlehen - bedarf also einer Änderung (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, RdNr 13; BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 16; BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 10; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 5/09 R - juris RdNr 10).

15

Die Beschränkung des Streitgegenstandes auf die nur darlehensweise gewährten Leistungen ist zulässig. Soweit darin zunächst eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf Kosten der Unterkunft und Heizung liegt, ist diese nach der Rechtsprechung beider für das Recht der Grundsicherung zuständigen Senate ohnehin grundsätzlich zulässig (vgl nur BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 10 ff; BSG Urteil vom 6.8.2014 - B 4 AS 55/13 R - BSGE 116, 254 = SozR 4-4200 § 7 Nr 38, RdNr 12). Eine weitergehende Beschränkung des Streitgegenstandes hat das BSG zudem für zulässig erachtet, wenn der Grundsicherungsträger über eine Leistung durch abtrennbaren Verfügungssatz befunden hat und der Bescheid nur hinsichtlich des abtrennbaren Teils angefochten wird (so BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 11; allgemein zur Teilanfechtungsklage zuletzt BSG Urteil vom 15.7.2015 - B 6 KA 32/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 20 ff mwN). So liegt der Fall hier, denn wie oben dargelegt ist nicht die Leistungsgewährung an sich streitig, sondern (nur) die besondere Beschwer, die in der Verfügung zum Rechtsgrund der Leistung liegt mit der Regelung, dass diese - als Darlehen - grundsätzlich rückzahlbar ist. Dieser eigenständige Verfügungssatz ist auch abtrennbar. Seine Änderung ließe die Regelungen zur Leistungsgewährung im Übrigen unberührt, denn es besteht kein untrennbarer rechtlicher Zusammenhang der Regelungsteile (vgl zu diesem Gesichtspunkt nur BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 R 6/07 R - BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15; BSG Urteil vom 15.7.2015 - B 6 KA 32/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 23).

16

Ob durch die Vereinbarungen im Teilvergleich vom 29.10.2014 zur Höhe der Kosten und Grundlage der Leistungen, deren Umwandlung der Kläger begehrt, bereits der Streitgegenstand noch weiter beschränkt wurde, kann offen bleiben. Grundsätzlich gilt auch bei einem Anspruch auf Umwandlung eines Darlehens in eine zuschussweise Bewilligung von SGB II-Leistungen, dass alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen sind (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 5/09 R - juris RdNr 10). Hier haben die Beteiligten einzelne Berechnungselemente zum Gegenstand eines Teilvergleichs gemacht, um den Prüfungsumfang weiter zu beschränken. Es bedarf indes keiner Entscheidung, ob eine derartige Beschränkung des Prüfungsumfangs den Senat bindet. Auch unabhängig von der Bedeutung des Teilvergleichs für den Streitgegenstand musste die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung keiner weiteren Überprüfung unterzogen werden. Denn Erklärungen über die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits entbinden Verwaltung und Gerichte von weiteren Ermittlungen, wenn Anhaltspunkte für weitere oder abweichende Tatsachen, die für die Entscheidung von Bedeutung wären, nicht ersichtlich sind (so BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12 f; BSG Urteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 4/11 R - BSGE 112, 54 = SozR 4-3500 § 28 Nr 8, RdNr 14). In dem Teilvergleich vom 29.10.2014 sind solche übereinstimmende Erklärungen über die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits zu sehen, und zwar im Hinblick auf die Höhe der Tilgungsleistungen selbst und bezogen auf die neben den Tilgungsleistungen angefallenen weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung, für die vom Beklagten Leistungen ohnehin bereits als Zuschuss erbracht wurden. Es liegen auch keine Umstände vor, die insoweit Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hätten.

17

In der Sache hat das LSG zutreffend entschieden, dass die von dem Kläger im streitbefangenen Zeitraum vom 3.1.2011 bis 31.1.2012 auf beide Darlehen gezahlten Tilgungsleistungen als Kosten der Unterkunft zuschussweise und nicht nur als Darlehen zu übernehmen sind.

18

Gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II sind Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind, dh die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten (grundlegend dazu BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10; zuletzt BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 16). Nach den Feststellungen des LSG lagen die Anspruchsvoraussetzungen (§§ 7, 9, 19 SGB II) für Alg II dem Grunde nach vor. Der Kläger hatte im streitbefangenen Zeitraum als 60-Jähriger die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, war erwerbsfähig und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Auch Hilfebedürftigkeit lag vor. Insbesondere war sein Grundeigentum nicht als Vermögen zu berücksichtigen, weil es gemäß § 12 Abs 3 Nr 4 SGB II als selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe(zur insoweit nur beschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Beurteilung vgl BSG Urteil vom 24.3.2015 - B 8 SO 12/14 R - SozR 4-3500 § 90 Nr 7 RdNr 15)nicht verwertet werden musste. Der Gesamtbedarf für Kosten der Unterkunft übersteigt auch einschließlich der Tilgungsleistungen nicht die Angemessenheitsgrenze, die das LSG für den Senat bindend entsprechend der Verwaltungspraxis des Beklagten bei einem Ein-Personen-Haushalt mit einer Netto-Kaltmiete von 360 Euro sowie einen Betriebskostenreferenzwert von 2,10 Euro/qm festgestellt hat.

19

Zu den anzuerkennenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB II rechnen Tilgungsleistungen grundsätzlich zwar nicht(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 24; BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18; BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23; zuletzt BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 17). Denn die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 35; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 169 ff, Stand Oktober 2012; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 61).

20

Ausnahmen von diesem Grundsatz sind aber nach der Rechtsprechung beider für das Recht der Grundsicherung zuständigen Senate im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen (vgl nur BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18; BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23; BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 17) und der Erwerb der Immobilie außerhalb des Leistungsbezugs erfolgt ist (BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 20; BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 25). Der Grund für diese Ausnahme liegt darin, dass bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von Schuldzinsen Leistungsbezieher, die Wohneigentum gerade erst erworben haben und bei denen die Zinszahlungen die Tilgungsraten weit übersteigen, ungerechtfertigt bevorzugt werden gegenüber denjenigen Hilfebedürftigen, die aufgrund der Besonderheiten etwa eines Annuitätendarlehens durch weitgehende Zahlung der Zinsen in Vorleistung treten mussten und bei denen schließlich die Abzahlungen fast nur noch aus Tilgungsleistungen bestehen. Geht es nur um die Tilgung einer Restschuld ist die Vermögensbildung bereits weitgehend abgeschlossen und der Aspekt des Vermögensaufbaus aus Mitteln der Existenzsicherung tritt gegenüber dem vom SGB II ebenfalls verfolgten Ziel, die Beibehaltung der Wohnung zu ermöglichen, zurück (so BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 19).

21

Die Feststellung eines solchen Ausnahmefalles unterliegt jedoch weitgehend der Beurteilung des Tatrichters, dessen bestehender Entscheidungsspielraum von der Revisionsinstanz zu respektieren ist. Die Annahme, dass eine Finanzierung weitgehend abgeschlossen ist, bedarf einer Abwägung der Umstände des Einzelfalls unter Einbeziehung einer Prognose über eine mögliche Gefährdung des Wohneigentums. Solche Abwägungs- und Prognoseentscheidungen der Tatsacheninstanzen sind einer rechtlichen Überprüfung im Revisionsverfahren wegen der enthaltenen Tatsachenelemente unter Berücksichtigung von § 162 SGG nur begrenzt zugänglich(vgl zur Abgrenzung von Rechtsfragen und Tatsachenfragen Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 162 RdNr 3 ff). Das Revisionsgericht ist in diesen Fällen darauf beschränkt zu prüfen, ob der rechtliche Rahmen verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind (so zur Prüfung der Angemessenheit des selbstgenutzten Wohngrundstückes BSG Urteil vom 24.3.2015 - B 8 SO 12/14 R - SozR 4-3500 § 90 Nr 7 RdNr 15; zur Überprüfung eines schlüssigen Konzepts BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 21 und BSG Beschluss vom 5.6.2014 - B 4 AS 349/13 B - juris RdNr 14; zur Prüfung der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit einer Vermögensverwertung BSG Urteil vom 20.2.2014 - B 14 AS 10/13 R - BSGE 115, 148 = SozR 4-4200 § 12 Nr 23, RdNr 41 ff; zu vergleichbaren Fragen bei der Überprüfung der Angemessenheit der Dauer überlanger Verfahren BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 9/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 6 RdNr 28 mwN).

22

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist nicht zu beanstanden, dass das LSG die Voraussetzungen bejaht hat, unter denen auch die Aufwendungen zur Tilgung von Baudarlehen - ausnahmsweise - als Leistungen für Kosten der Unterkunft zuschussweise zu übernehmen sind. Seine Prognose, dass bei einer ausbleibenden Tilgung die Gefahr der Kündigung der Kredite sowie der Verwertung der Immobile und damit eine Gefährdung des Wohneigentums besteht, beruht auf den schriftlichen Auskünften der kreditgebenden Banken und den Angaben der als Zeugen gehörten Mitarbeiter. Verfahrensrügen zu diesen der Prognose zugrunde liegenden, für den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) sind von dem Beklagten nicht erhoben worden. Weitere Umstände, die das LSG noch hätte berücksichtigen müssen, sind nicht ersichtlich.

23

Auch die Annahme des LSG, die Finanzierung der Immobilie sei weitgehend abgeschlossen und der Aspekt des Vermögensaufbaus durch Mittel der Existenzsicherung müsse zurücktreten, begegnet entgegen der Auffassung des Beklagten keinen Bedenken. Nach den auch insoweit von dem Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG hatte der Kläger sein Grundeigentum bereits im Jahre 1984 erworben und mittels eines Hypothekendarlehens und eines Bauspardarlehens finanziert. Während das Bauspardarlehen aufgrund der nur noch geringen Restschuld (bei entsprechend geringen Zinsraten) im streitgegenständlichen Zeitraum vollständig abgelöst werden konnte, bestand für das Hypothekendarlehen noch eine Restschuld von ca 25 000 Euro, deren Tilgung nach der von dem Kläger während des Leistungsbezugs vorgenommenen Anschlussfinanzierung über einen Zeitraum von weiteren ca 25 Jahren (bis 2037) vorgesehen war. Es widerspricht weder Denkgesetzen noch allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das LSG unter Berücksichtigung eines gegenüber dem Kaufpreis eher gestiegenen Wertes der Immobilie die Vereinbarung niedrigerer Tilgungsraten im Rahmen der Anschlussfinanzierung gerade während des SGB II-Leistungsbezugs zur Minimierung der aktuellen Kosten als nachvollziehbar und sogar geboten bewertet. Zwingende Folge einer solchen Vereinbarung ist notwendigerweise wegen der verzögerten Tilgung eine längere Restlaufzeit verbunden mit einer höheren Restschuld.

24

Auch die besondere Würdigung des nach den Feststellungen des LSG bereits absehbaren Endes der Inanspruchnahme von SGB II-Leistungen wegen der Nähe zum Altersrentenbezug (mit höheren Einkünften) hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Dieser Umstand unterstreicht in besonderer Weise das klägerische Interesse an der Beibehaltung der Wohnung gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit, Vermögensaufbau durch öffentliche Mittel zu vermeiden. Der Vermögensaufbau findet nur in einer überschaubaren Übergangszeit statt und dient der Vermeidung möglicherweise noch höherer Kosten für die Allgemeinheit, etwa in Form der Übernahme von Umzugskosten oder höherer Mietkosten.

25

Soweit der Beklagte geltend macht, dem Kläger sei entgegen der Auffassung des LSG eine Untervermietung eines Zimmers zumutbar gewesen, wodurch dieser die Tilgungsraten selbst hätte aufbringen können, kann dahinstehen, ob und ggf aus welchen rechtlichen Gründen dies dem Anspruch des Klägers auf Umwandlung überhaupt entgegenstehen kann. Das LSG hat eine Untervermietung schon wegen des Zuschnitts der Wohnung nicht für zumutbar gehalten und sich dabei auf die von ihm getroffene Feststellung gestützt, wonach es nur eine Toilette, ein Bad und eine Küche in der Wohnung gibt. Der Beklagte ist auch diesen - den Schluss des LSG tragenden - Feststellungen nicht mit Verfahrensrügen entgegengetreten.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig sind höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009.

2

Die 1978 geborene Klägerin zu 1 ist die Ehefrau des 1982 geborenen M. A., der als Student vom SGB II-Bezug ausgeschlossen ist. Gemeinsam mit dem im Jahre 2007 geborenen Sohn I. A. (Kläger zu 2) und der am 3.7.2009 geborenen Tochter M. (Klägerin zu 3) lebten die Eheleute bis Mitte April 2009 in F. Die Kläger erhielten zunächst von der Arbeitsgemeinschaft Stadt F. (ARGE) SGB II-Leistungen. Wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bestätigte die ARGE die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels. Die Familie bezog Mitte 2009 eine 85,75 qm große Vier-Zimmer-Wohnung in dem ca 10 km entfernt liegenden Ma./Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Die Miete hierfür betrug 910 Euro einschließlich nicht aufgeschlüsselter Neben-, Betriebs-, Heizungs- und Warmwasserkosten in Höhe von 210 Euro. Der vorab beteiligte Beklagte (bis zum 31.12.2010 noch die vormalige ARGE Breisgau-Hochschwarzwald, im Folgenden Beklagter) lehnte die Erteilung einer Zusicherung zum Umzug ab, weil die Wohnung nicht angemessen sei.

3

Der Beklagte berücksichtigte - wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 - eine Wohnfläche von 90 qm für einen Vier-Personen-Haushalt und legte für die Bedarfsgemeinschaft und den Ehemann als angemessene Unterkunfts- und Heizkosten 713,38 Euro, also jeweils 178,35 Euro für die Kläger zu 1 bis 3, zugrunde (Bescheide vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010, Widerspruchsbescheid vom 4.2.2010, Teilanerkenntnis vor dem SG vom 23.5.2011). Dem lagen eine Mietobergrenze für die Kaltmiete in Höhe von 519,30 Euro, Heizkosten in Höhe von 86 Euro (1 Euro je qm) abzüglich einer Warmwasserpauschale in Höhe von insgesamt 15,92 Euro und Nebenkosten in Höhe von 124 Euro zugrunde. Zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten in dem vom Beklagten bestimmten Vergleichsraum "Umland F.", der die Gemeinden Gl., Go., Gu., H., Ma., Me. und U. umfasst, hat der Beklagte die tatsächlichen Quadratmeterpreise auf der Datengrundlage Bestandswohnungen der Leistungsbezieher nach dem SGB II, SGB XII und AsylbLG ermittelt.

4

Das SG hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 8.8.2011). Im Berufungsverfahren hat das LSG dem Beklagten aufgegeben, ergänzend die Unterkunftskosten der Wohngeldempfänger einzubeziehen, Ausreißermieten ausgehend vom arithmetischen Mittelwert zu eliminieren und den dann ermittelten Spannenoberwert zu benennen. Dem ist der Beklagte nachgekommen; er hat nach Bildung von Korridoren von plus und minus 20 % aus den verbleibenden Datensätzen wiederum Durchschnittswerte gebildet und für einen Vier-Personen-Haushalt in Ma. eine Kaltmietobergrenze von 512,40 Euro festgestellt. Eine weitere Nachberechnung unter Zugrundelegung des Spannenoberwerts hat er ebenso wie die Vorlage seiner Daten abgelehnt.

5

Das LSG hat die Berufungen der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 26.3.2014 - L 2 AS 378/11). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Kläger hätten im streitigen Zeitraum vom 15.4.2009 bis 30.9.2009 keinen Anspruch auf (weitere) höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Bei der Bestimmung der angemessenen KdU sei wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 als angemessene Wohnungsgröße eine solche für einen Vier-Personen-Haushalt von 90 qm zu berücksichtigen. Auch sei es sachgerecht, als maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum die Raumschaft "Umland F." zu wählen. Grundsätzlich nicht zu beanstanden sei es, dass der Beklagte mit seinem seit 1.5.2009 in Kraft getretenen Konzept auf Bestandsmieten von Leistungsempfängern nach dem SGB II, SGB XII, AsylbLG in seinem Bezirk zurückgreife. Allerdings sei die Bildung eines Durchschnittswertes bei Wohnungen des unteren Preissegments rechtlich nicht zulässig, wenn - wie hier - nur die Wohnungen der Leistungsempfänger nach dem SGB II und dem SGB XII als Datengrundlage herangezogen würden. Der Senat habe erfolglos versucht, das Konzept vom Beklagten schlüssig machen zu lassen. Den Vorgaben entsprechend habe er zwar die bereits erhobenen Daten um diejenigen von Wohngeldbeziehern ergänzt, jedoch erneut einen Durchschnittswert gebildet, der dem unteren Preissegment zugeordnet werden müsse. Zur Vermeidung eines Zirkelschlusses hätte vom Spannenoberwert ausgegangen werden müssen. Ferner fehle es an einem einheitlichen Mietbegriff, weil der Beklagte hinsichtlich der Wohnungen von Wohngeldempfängern - anders als bei den übrigen Wohnungen - nicht nach Brutto- und Nettokaltmieten unterschieden habe. Da er eine weitere Mitwirkung ablehne, könne ein schlüssiges Konzept nicht mehr erstellt werden und sei von einem Erkenntnisausfall bei der Ermittlung der Höhe der angemessenen Unterkunftskosten auszugehen. Zur Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze erfolge daher ein Rückgriff auf die Höchstbeträge der Wohngeldtabelle nach § 12 WoGG zuzüglich eines "Sicherheitszuschlags" von 10 %. Für die Wohnung der Kläger (vier Personen) ergebe sich für die Wohngemeinde Ma., die nach der Anlage zu § 1 Abs 3 der Wohngeldverordnung (WoGV) im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald der Mietenstufe III zugeordnet sei, ein Betrag in Höhe von 556 Euro zuzüglich 10 %. Die tatsächlichen Heizkosten seien nicht bestimmbar. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese höher gewesen seien, als vom Beklagten pauschal mit 86 Euro (86 qm x 1 Euro) zugrunde gelegt. Da die Kläger keine Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen vorgelegt hätten, könne nicht ersatzweise auf den niedrigsten Grenzbetrag des bundesweiten Heizkostenspiegels von 2010 (Abrechnungsjahr 2009) zurückgegriffen werden, wonach sich maximal abstrakte angemessene Heizkosten für eine 90 qm Wohnung in Höhe von 108,90 Euro monatlich errechneten und zudem ein weiterer Abzug für die Warmwasserbereitung nicht gerechtfertigt sei. Unabhängig davon, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz zu übernehmen seien, seien die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten in Höhe von 910 Euro nicht angemessen. Auch eine temporäre Übernahme der tatsächlichen Kosten komme nicht in Betracht, weil die Kläger keine Zusicherung für den Umzug erhalten hätten und über die Unangemessenheit der Kosten informiert gewesen seien.

6

Mit ihrer Revision machen die Kläger geltend, der für die Anwendbarkeit der Angemessenheitsobergrenze nach § 12 WoGG konstitutive Erkenntnisausfall liege nicht vor, weil aus den vorhandenen Daten ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung entwickelt werden könne. Unabhängig hiervon sei bei der Heranziehung des Wertes nach § 12 WoGG nicht die Mietenstufe der Wohngemeinde (Stufe III), sondern die höchste im Vergleichsgebiet vorkommende Mietenstufe (Stufe VI) zu berücksichtigen. Die Bestimmung der Höhe des Sicherheitszuschlags bedürfe einer kritischen Überprüfung. Die Schätzung der Heizkosten sei in rechtswidriger Weise zu ihren Lasten erfolgt.

7

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - und des Sozialgerichts Freiburg vom 8. August 2011 - S 7 AS 1218/10 - aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Abänderung des Bescheides vom 8. April 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. August 2009 und 12. Januar 2010, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23. Mai 2011, für den Zeitraum vom 15. April bis zum 30. September 2009 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen monatlichen Aufwendungen zu erbringen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er trägt vor, entgegen der Ansicht der Kläger bestehe keinerlei Möglichkeit, das im Streit stehende Konzept schlüssig zu machen. Die vom LSG vorgeschlagenen Neuauswertungen und Berechnungsvarianten seien insofern nicht zielführend. Im Übrigen seien die einschlägigen Datengrundlagen für die Raumschaft "Umland F." bereits in der ersten Instanz vollumfänglich vorgelegt worden. Die Angemessenheitsobergrenze müsse sich an der Wohngemeinde und deren Mietenstufe nach dem WoGG orientieren. Mangels Kenntnis der tatsächlich anfallenden Heizkosten und angesichts vergeblicher Versuche, diese in Erfahrung zu bringen, habe er eine Pauschalierung der Heizkosten entsprechend der einschlägigen Richtlinien des Städte- und Landkreistages Baden-Württemberg zu den KdU vornehmen dürfen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe den Klägern in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. Zwar ist auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht zu beanstanden, dass es von einem Erkenntnisausfall hinsichtlich der Ermittlung der angemessenen Referenzmiete ausgegangen ist (siehe hierzu 5), der nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich macht. Aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." (vgl hierzu 4) ist die Angemessenheitsobergrenze jedoch unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI zu bestimmen (vgl hierzu 6). Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen KdU kann der Senat dennoch nicht treffen, weil weitere Ermittlungen des LSG insbesondere zur Festlegung der neben der Bruttokaltmiete zu übernehmenden Heizkosten sowie einer eventuellen (vorübergehenden) Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit einer Kostensenkung erforderlich sind (vgl hierzu 7 bis 9).

11

1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 15.4. bis 30.9.2009, als sie der Beklagte mit den Bescheiden vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4.2.2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23.5.2011 anerkannt hat. Die Kläger haben den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Bei diesen handelt es sich um abtrennbare Verfügungen der hier erfassten Bescheide (stRspr seit BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 16).

12

2. Die Klägerin zu 1 sowie ihre 2007 und im Juli 2009 geborenen Kinder (Kläger zu 2 und 3), die ihre Bedarfe nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können, bilden eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 1, 4 SGB II) und sind Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II, weil sie im streitigen Zeitraum nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II erfüllten.

13

Zu den nach dem SGB II zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 15; vgl zuletzt Urteile des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 19 ff und vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 13 ff).

14

3. Als angemessene Wohnfläche im hier streitigen Zeitraum hat das LSG in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht in Baden-Württemberg eine solche von 90 qm Wohnfläche für einen Vier-Personen-Haushalt zugrunde gelegt. Allerdings ist die angemessene Wohnungsgröße nach der Rechtsprechung des BSG auch bei Bewohnern einer Familie nicht nach der Größe des Haushalts (hier: vier Personen), sondern an der Größe der Bedarfsgemeinschaft zu orientieren. Die absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung erlangt Bedeutung bei der Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nach Kopfzahl. Die auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft danach entfallenden tatsächlichen Kosten sind an den abstrakt angemessenen Kosten zu messen (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34 RdNr 23 f). Dies wird das LSG bei seiner erneuten Entscheidung zu berücksichtigen haben, ohne dass dies Einfluss auf die Zurückverweisungsentscheidung des Senats hat (vgl hierzu unter 7). In zeitlicher Hinsicht ist - entsprechend den Ausführungen des LSG - bereits ab 15.4.2009 die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für eine aus drei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit des Auszugs aus der alten Wohnung ist durch die ARGE F. bestätigt worden und der Umzug wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits ab 15.4.2009 erforderlich gewesen.

15

Es ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße auf die Werte der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung (VwV-SozWo) vom 12.2.2002 (Gemeinsames ABl 2002, 240) idF vom 22.1.2004 (Gemeinsames ABl 2004, 248) zurückgegriffen hat. Hiernach ist für einen Vier-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße von bis zu 90 qm, für einen Drei-Personen-Haushalt eine solche von bis zu 75 qm angemessen. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr des BSG; vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, welche die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) festgelegt haben (vgl nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70, RdNr 20). Das Landesgesetz zur Förderung von Wohnraum und Stabilisierung von Quartierstrukturen in Baden-Württemberg (Landeswohnraumförderungsgesetz ) vom 11.12.2007 (GBl 581) enthält im Zusammenhang mit den Belegungs- und Mietbindungen bei gefördertem Mietwohnraum keine gesetzlich festgelegten und nach Personenzahl differenzierten qm-Größen angemessener Wohnungen (vgl § 15 LWoFG). Die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße in Anlehnung an die VwV-SozWo ist daher mangels anderweitiger gesetzlicher Ausführungsbestimmungen (vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 28.11.2014 - L 12 AS 1547/14 - Juris RdNr 36) nicht zu beanstanden ist, wenngleich diese Verwaltungsvorschrift bereits im Jahre 2009 außer Kraft getreten ist (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der VwV-SozWo vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 14; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 20).

16

4. Bei der Festlegung der Raumschaft "Umland F." als örtlich maßgebenden Vergleichsraum zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete hat das LSG die Vorgaben des BSG beachtet. Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG sind bei der Bestimmung des Vergleichsraumes ausreichend große Räume der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit festzulegen. Der Vergleichsraum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen.

17

Ausgehend von dem rechtlich zutreffenden Prüfungsmaßstab zur Bildung von Vergleichsräumen hat das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt und gewürdigt (vgl zum eingeschränkten Prüfungsumfang BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81), dass sich die Gemeinde Ma. mit 8614 Einwohnern (Stand 31.12.2008) im ländlichen Raum ca 10 km von F. entfernt befindet und zu klein ist, um einen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden zu können. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn der Beklagte in seinem Flächenlandkreis mit 1378,33 qkm und vielen Klein- und Kleinstgemeinden, in denen Mietspiegel nicht vorliegen, Gemeinden im Umkreis von 10 bis 20 km im ländlichen Raum in sog "Raumschaften" zusammengefasst hat. Die Raumschaft "Umland F." umfasst nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) jeweils gut durch ein öffentliches Verkehrsnetz angebundene Gemeinden um die Stadt F. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Beklagte den Vergleichsraum "Umland F." hinsichtlich der dahinter stehenden Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 36 709) mit den einbezogenen Gemeinden Gl. (3052), Gu. (11 554), Go. (2501), H. (1020), Ma. (8614), Me. (4751) und U. (5217) zu eng bestimmt hat (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 22).

18

5. Das LSG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass das für diesen Vergleichsraum erstellte Konzept des Beklagten nicht den Mindestanforderungen an die Schlüssigkeit von Konzepten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach dem SGB II entspricht und im Ergebnis eine Nachbesserung wegen Zeitablaufs nicht mehr erfolgen kann.

19

Nach den Grundsätzen, welche die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG im Zusammenhang mit der Feststellung eines Ausfalls der lokalen Erkenntnismöglichkeiten entwickelt haben, ist die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein Konzept auf Anforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet er ohne ein solches schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1 2. Halbs SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 24; vgl BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 21; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29 RdNr 25). Liegen dennoch keine ausreichenden Daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht (mehr) entwickelt werden kann.

20

Bei seiner revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Wertung hat das LSG die Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt, nach der ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum erfordert (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 28 mwN):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
- Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße);
- Angaben über den Beobachtungszeitraum;
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel);
- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten;
- Validität der Datenerhebung;
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

        
21

Das LSG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind. Ausgehend vom ursprünglichen Ansatz des Beklagten zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts auf der Grundlage von Bestandsdatensätzen der Bedarfs- bzw Einstandsgemeinschaften mit Leistungsbezug nach dem SGB II bzw SGB XII im Vergleichsraum ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich hierbei um einen Rückgriff auf Daten aus dem sogenannten einfachen Segment handelt und bei diesem Auswertungsdatensatz der Spannenoberwert, dh der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne, zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch nach der - auf Veranlassung des LSG erfolgten - Einbeziehung von Wohngeldempfängern. Werden nur diese Wohnungen von Leistungsempfängern als Datengrundlage herangezogen und wird von den so erhaltenen Werten nochmals der Durchschnitt gebildet, so errechnet sich ein Angemessenheitswert, der unter dem Wert liegt, der für einen Teil der Leistungsempfänger als angemessen akzeptiert wird. Um diesen Zirkelschluss zu vermeiden, ist bei einer Dateneinbeziehung von Wohnungen nur einfachen Standards als Angemessenheitsgrenze dann aber die obere Preisgrenze dieses Segments zu wählen (BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R - Juris RdNr 24; vgl zu Mietspiegeldatensätzen BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 33).

22

Unabhängig hiervon führt jedoch bereits die alleinige Anknüpfung an den Bezug von SGB II- bzw SGB XII-Leistungen bzw Wohngeld hier bereits deshalb zu einer unzureichenden Datenbasis, weil von vornherein kein realitätsgerechtes Abbild der aktuellen Situation bei Neuanmietungen ermöglicht wird. Es ist nicht erkennbar, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein konnten. Bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze müssen auch Angebotsmieten einbezogen werden. Anders ist dies nur bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten, weil hier von vornherein nur solche Mieten berücksichtigt werden, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl zur Aktualität von Mietspiegeldaten: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 mwN; vgl zur Vermeidung eines Zirkelschlusses durch Einbeziehung sowohl der Daten der Bestandsmieten der Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII als auch der Daten eines qualifizierten Mietspiegels sowie dem Erfordernis regelmäßiger Nacherhebungen BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 22, 30). Insofern ist auch für die Festlegung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch Satzungsregelung in § 22c Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches in der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.5.2011 (BGBl I 850) nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass in die Auswertung sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen sollen. Weitere Selektionsschritte, die hier zudem eine weitere Verringerung des ohnehin geringen Datenbestands zur Folge hätten, hat der Beklagte nicht durchgeführt. Die von ihm vorgenommene Ergebniskontrolle durch Auswertung der Wohnungsangebote in den unentgeltlichen Anzeigeblättern "Schnapp" und "Zypresse" in den Monaten Oktober bis Dezember 2008 kann eine systematische Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten von vornherein, dh bereits bei den Grundlagen der Datenerhebung, nicht ersetzen.

23

Ferner fehlt es - auch dies hat das Berufungsgericht zu Recht hervorgehoben - im Konzept des Beklagten an einer Vergleichbarkeit der einbezogenen Daten, weil er keinen einheitlichen Begriff der Miete verwendet hat. Auch wenn davon auszugehen ist, dass es in dem hier streitigen Zeitraum noch zulässig war, den von ihm gewählten Vergleichsmaßstab einer Nettokaltmiete zugrunde zu legen (vgl Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 43 mwN), entstehen vorliegend Verzerrungen durch die unterschiedlichen Maßstäbe bei der Absetzung der kalten Nebenkosten zur Ermittlung der tatsächlich aufgewandten Nettokaltmieten. Während der Beklagte die Nettokaltmieten von Wohngeldempfängern fiktiv unter Heranziehung des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes bestimmt hat, sind bei den SGB II/SGB XII-Leistungsberechtigten jeweils neben den von ihm als angemessen angesehenen Nettokaltmiete die kalten und warmen Nebenkosten in tatsächlicher Höhe übernommen und entsprechend abgesetzt worden. Nachträglich, also im Jahre 2015 für das Jahr 2009, diesen Maßstab auch bei den Mieten von Wohngeldempfängern zugrunde zu legen, also die tatsächlich aufgewandten kalten Nebenkosten abzusetzen erscheint - unbesehen des erheblichen Aufwandes - schon deshalb nicht möglich, weil im Rahmen der Wohngeldstatistik nur Bruttokaltmieten erhoben werden.

24

Insoweit kann dahingestellt bleiben, welche Konsequenzen eine fehlende Mitwirkung des Grundsicherungsträgers bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts hat und ob die Datenbasis hier insgesamt zu gering war (vgl allgemein zum Umfang der Datenerhebung unter Berücksichtigung des Datenmaterials und der örtlichen Gegebenheiten BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - Juris RdNr 15, 17; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 zur grundsätzlichen Eignung der hinter einem Mietspiegel liegenden Daten, die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen).

25

6. Der Erkenntnisausfall hinsichtlich der angemessenen Referenzmiete macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zzgl eines "Sicherheitszuschlags" nach generell-abstrakten Kriterien im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich. Insofern gehen die Kläger zu Recht davon aus, dass aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." die Mietenstufe VI und nicht die von dem Beklagten berücksichtigte Mietenstufe III heranzuziehen ist. Die Mietenstufe III spiegelt das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald wider, nicht jedoch für den um ein Vielfaches kleineren Vergleichsraum Raumschaft "Umland F.", in dem die Wohngemeinde des Klägers Ma. liegt.

26

Die hier erforderliche Berücksichtigung der Mietenstufe VI beruht im Ergebnis auf dem Verfahren der Festlegung der Mietenstufen nach dem WoGG und den vorliegend besonderen regionalen Gegebenheiten. § 12 Abs 1 WoGG sieht monatliche Höchstbeträge für Miete und Belastung nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und der jeweils gültigen Mietenstufe vor. Das Mietenniveau wird vom Statistischen Bundesamt allerdings nur für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von 10 000 und mehr gesondert festgestellt und einer Einwohnerzahl von weniger als 10 000 und gemeindefreien Gebieten nach Kreisen zusammengefasst ausgewiesen (vgl § 12 Abs 3 S 1 Nr 1 und 2 WoGG). Dem folgend hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats in der WoGV idF der Bekanntmachung vom 19.10.2001 (BGBl I 2722) für alle Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland Mietenstufen festgelegt (vgl § 38 Nr 2 WoGG). Das Mietenniveau ist die durchschnittliche prozentuale Abweichung der Quadratmetermieten von Wohnraum in Gemeinden (bzw Landkreisen) vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (§ 12 Abs 4 S 1 WoGG). Die insgesamt sechs Mietenstufen für Gemeinden unterscheiden sich damit nach bestimmten, unterschiedlichen Abweichungsstufen der Quadratmetermieten von Wohnraum in den Gemeinden (bzw Kreisen) nach Abs 3 S 1 vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, Wohngeldgesetz, § 12 RdNr 21, Stand August 2014).

27

Bezogen auf den hier maßgebenden örtlichen Vergleichsraum ist ausschließlich für die Gemeinde Gu. als Mietenniveau aufgrund der Auswertung der Wohngeldstatistik durch das Statistische Bundesamt (vgl § 12 Abs 4 WoGG) die Mietenstufe VI gesondert festgestellt worden. Entsprechend § 12 Abs 3 S 1 Nr 2 WoGG ist (wegen einer Einwohnerzahl von unter 10 000) weder für die Wohngemeinde der Kläger in Ma. noch für eine der anderen Gemeinden des Vergleichsraums (Gl., Go., H., Me., U.) ein eigenständiges Mietenniveau bestimmt worden. Vielmehr wird jeweils das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, also die Mietenstufe III, zugrunde gelegt.

28

Unter Berücksichtigung der hier gegebenen regionalen Verhältnisse kann allein die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. und deren Mietenstufe VI als für die Verhältnisse im Vergleichsraum repräsentativ angesehen werden. Der erkennende Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass die regionalen Verhältnisse auch bei einem Rückgriff auf die Tabelle zu § 12 WoGG durch die Bildung von Mietenstufen einfließen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 28-29; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 22). Es ist allerdings wertend einzubeziehen, dass die Bemessung der zuschussfähigen Höchstbeträge für die Miete im Rahmen des Wohngeldrechts - anders als bei den angemessenen KdU nach dem SGB II - nicht allein nach dem Mietenniveau im Vergleichsraum bzw den regionalen Wohnungsmärkten erfolgt, sondern maßgeblich (auch) von der Zuordnung zu Gemeindegrößenklassen abhängig ist (vgl zu Reformüberlegungen beim Wohngeldrecht bereits BT-Drucks 10/1144 S 3; zur Ablehnung einer Begrenzung der angemessenen KdU auf die monatlichen Höchstbeträge nach § 12 Abs 1 WoGG im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - BT-Drucks 17/3982 S 7 f).

29

Die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. kann sowohl hinsichtlich ihrer Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 11 554) als auch für die tatsächlichen, durch die Nähe zur Stadt F. geprägten Verhältnisse im Vergleichsraum mit insgesamt 36 709 Einwohnern (Stand Dezember 2008) als repräsentativ angesehen werden. Demgegenüber ist die Mietenstufe III des gesamten Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald mit insgesamt 250 132 Einwohnern (Stand Dezember 2008) in deutlich geringerem Umfang repräsentativ für die Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum. Die Mietenstufe VI ist daher auch für die weiteren Gemeinden in dem gebildeten Vergleichsraum, also auch die Gemeinde Ma., heranzuziehen. Insofern konkretisiert der Senat die bisherige Rechtsprechung des BSG zur hilfsweisen Heranziehung der Tabellenwerte des § 12 WoGG bezogen auf Vergleichsräume, in denen für die Wohngemeinde nicht zugleich eine eigene Mietenstufe festgelegt worden ist.

30

Der Senat hat bereits entschieden, dass wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung der angemessenen Bruttokaltmiete im Wohngeldrecht (§ 9 Abs 1 WoGG) auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien in Höhe von 10 % festzulegen ist (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 25 f; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 20 ff). Unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI ergibt sich eine Angemessenheitsobergrenze für die Bruttokaltmiete für den Drei-Personen-Haushalt der Kläger (vgl oben unter 3) von 653,40 Euro (594 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %) bzw 217,80 Euro je Bedarfsgemeinschaftsmitglied (für den vom LSG zu Unrecht bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße zugrunde gelegten Vier-Personen-Haushalt von 762,30 Euro <693 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %> ergäbe sich ein kopfteiliger angemessener Leistungsbetrag von 190,58 Euro).

31

7. Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen Leistungen nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II konnte der Senat jedoch nicht treffen, weil insbesondere weitere Ermittlungen - die Beträge nach § 12 WoGG ergänzend - zur Festlegung der tatsächlich zu tragenden Heizkosten erforderlich sind.

32

Die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten muss getrennt von derjenigen der Bruttokaltmiete erfolgen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 18). Auch bei nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkosten gilt der Grundsatz, dass ein Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten tatsächlichen Aufwendungen besteht, soweit diese angemessen sind. Bedarfsrelevant sind allein die zu leistenden Vorauszahlungen für Miete und Heizung (vgl hierzu grundlegend BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34 f). Da nachträgliche Betriebs- oder Heizkostenabrechnungen keine Auswirkungen auf die allein bedarfsrelevanten Vorauszahlungen haben (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 35; BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 52/09 R - Juris RdNr 23), kommt der fehlenden Vorlage der späteren Heiz- und Betriebskostenabrechnungen durch die Kläger - unbesehen einer konkreten Anrechnung von Betriebs- und Heizkostennachzahlungen im jeweils aktuellen Bewilligungsabschnitt (vgl hierzu § 22 Abs 3 SGB II) - keine Bedeutung für den hier streitigen Zeitraum zu. Dabei ist die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung so lange zu bejahen, wie die Kosten unter dem Grenzbetrag eines kommunalen oder bundesweiten Heizspiegels liegen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 41 ff mwN).

33

Da die Höhe der konkret-individuellen Aufwendungen für die Heizung aufgrund der einheitlichen Vorauszahlung der monatlichen Betriebs- und Heizkosten im streitigen Zeitraum vorliegend nicht beziffert waren, sind in einem ersten Schritt als aufgewandt anzusehende Heizkosten in der Weise zu ermitteln, dass von den Vorabzahlungen - hier in Höhe von 210 Euro - die abstrakt angemessenen Betriebskosten (je qm) abzusetzen sind (BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34). Ausgehend von seinem rechtlichen Standpunkt hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten für eine 90-qm-Wohnung im streitigen Zeitraum getroffen. Den Feststellungen des LSG ist lediglich zu entnehmen, dass der Beklagte den Betrag in Höhe von 210 Euro für die Neben- und Betriebskosten sowie die Heizungs- und Warmwasserkosten in der Weise "aufgeteilt" hat, dass er einen Betrag in Höhe von 124 Euro den kalten Nebenkosten zugeordnet und den Restbetrag in Höhe von 86 Euro als Heizkosten berücksichtigt hat. Auf welcher Grundlage der Beklagte die Höhe der kalten Nebenkosten festgelegt hat und ob es sich hierbei um die abstrakt angemessenen Betriebskosten handelt, ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen. Bei den noch erforderlichen Feststellungen kann auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten zurückgegriffen werden, wegen der regionalen Unterschiede insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen allerdings im Ausgangspunkt auf örtliche Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte (vgl hier näher BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34). Ist vorliegend ein geringerer Betrag für die abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten anzusetzen, könnten sich bei einer Absetzung derselben von den Vorauszahlungen höhere Heizkosten ergeben, die zugunsten der Kläger kopfteilig ergänzend neben dem Wert der Referenzmiete nach § 12 WoGG in Höhe von 653,40 Euro für den Drei-Personen-Haushalt zu berücksichtigen wären.

34

Der demnach verbleibende Betrag, der den Heizungskosten zuzurechnen ist, ist mit den Grenzwerten aus den bundesweiten Heizspiegeln für 2009 für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen abzugleichen, soweit keine "kommunalen Heizspiegel" existieren. Der Grenzwert errechnet sich als Produkt aus dem Wert, der auf extrem hohe Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet, und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt (vgl BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 42). Bei einer Warmwasserzubereitung über die Heizung ist derjenige Anteil, der für die Warmwasserbereitung im Rahmen der Haushaltsenergie in der Regelleistung enthalten ist, abzusetzen. Der von dem Beklagten bei den Klägern bisher - gleichfalls ohne weitere Begründung und Angabe der Heizungsart und der beheizten Gesamtwohnfläche des Hauses - zugrunde gelegte Wert für Heizkosten von 1 Euro je qm liegt jedenfalls unterhalb der Grenzwerte für sämtliche Heizarten aus dem bundesweiten Heizspiegel für 2009.

35

8. Bei seiner erneuten Prüfung der Angemessenheit der KdU für den hier streitigen Zeitraum wird das LSG auch über die bisher offen gelassene Frage entscheiden müssen, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz von dem Beklagten zu übernehmen sind. Ausgangspunkt ist dabei die mietvertragliche Vereinbarung der Klägerin zu 1 und ihres Ehemannes. Abzustellen ist auf dasjenige, was zu Wohnzwecken angemietet wurde oder untrennbarer Gegenstand der Mietvereinbarung ist (BSG Urteil vom 6.8.2014 - B 4 AS 37/13 R - FEVS 66, 348 ff). Dabei ist zu prüfen, ob es sich bei den geltend gemachten Kosten um solche Betriebskosten handelt, die von § 2 der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten - Betriebskostenverordnung -(BGBl I 2003, 2346) erfasst sind. Für die vergleichbare Fallgestaltung einer Garage hat das BSG eine Ausnahme nur für Fallgestaltungen angenommen, in denen die Wohnung ohne eine solche nicht anmietbar ist und der Mietpreis sich bei fehlender "Abtrennbarkeit" der Garage noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit für den maßgeblichen Wohnort bewegt (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 28).

36

9. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG weiter zu prüfen haben, ob die ggf zu hohen tatsächlichen Unterkunftskosten für eine Übergangszeit zu übernehmen sind, weil den Klägern eine Kostensenkung nicht möglich oder nicht zumutbar war. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) sind auch unangemessene Unterkunftskosten vom Grundsicherungsträger zu übernehmen, wenn es dem Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Von einer Kostensenkung kann für eine Übergangszeit unter der Voraussetzung abgesehen werden, dass eine solche nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar ist (vgl zum Ausnahmecharakter der Regelung und den Anforderungen an die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und der Unzumutbarkeit: BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 32 ff). Eine vorübergehende subjektive Unzumutbarkeit eines erneuten Umzugs könnte sich aus der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 und der Geburt der Klägerin zu 3 nur drei Monate nach dem von der ARGE F. für erforderlich gehaltenen Umzugs aus der alten Wohnung ergeben. Insofern fehlt es an Feststellungen des LSG zu den näheren Umständen des Zusammenwirkens der ARGE F. und des Beklagten bei der Anmietung der neuen Wohnung.

37

10. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 8. September 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der an die Kläger in den Zeiträumen vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 und vom 1.6.2007 bis 30.11.2007 zu erbringenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Hinblick auf weitere Kosten der Unterkunft und Heizung.

2

Der 1961 geborene Kläger zu 1 und seine beiden Kinder, der 1994 geborene Kläger zu 2 und die 1996 geborene Klägerin zu 3, bewohnen ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 109 qm, das im Eigentum des Klägers zu 1 und seiner geschiedenen Ehefrau - der Mutter der Kläger zu 2 und 3 - steht. Für die Finanzierung des Hausbaues sowie für den Erwerb des Grundstücks hatten der Kläger zu 1 und seine geschiedene Ehefrau 1998 Kredite bei der H Sparkasse sowie der H Wohnbaukreditanstalt aufgenommen. Diese bedient der Kläger zu 1 nach der Scheidung der Ehe im Jahr 2004 allein. Er ist als Grafiker selbstständig tätig, im Zeitraum vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 erzielte er keine Einnahmen aus dieser Tätigkeit. Die Kläger zu 2 und 3 erhalten Unterhaltsleistungen von ihrer Mutter; der Kläger zu 1 erhält das für sie gezahlte Kindergeld.

3

Mit Bescheid vom 20.6.2006 bewilligte das beklagte Jobcenter den Klägern für die Zeit vom 1.6.2006 bis 30.11.2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 920,92 Euro monatlich und legte dabei als berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft Schuldzinsen in Höhe von 563,82 Euro, Heizkosten in Höhe von 62,50 Euro, Betriebskosten in Höhe von 121,49 Euro und Wassergeld in Höhe von 47 Euro monatlich (insgesamt 794,81 Euro) zugrunde, nicht aber die Aufwendungen zur Tilgung der Kredite. Nach Berücksichtigung von Einkommen in Höhe von 408 Euro monatlich (Unterhalt der Kinder und Kindergeld) bewilligte er Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 386,81 Euro. Mit Änderungsbescheid vom 27.11.2006 berechnete er die Leistungen für Oktober und November 2006 neu und legte dabei Kosten der Unterkunft in Höhe von 811,01 Euro monatlich zugrunde (563,82 Euro zuzüglich 173,85 Euro Nebenkosten und 73,34 Euro Heizung). Widerspruch und Klage zum Sozialgericht (SG) Hamburg (Az: S 25 AS 159/07), mit der die Kläger weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 798,66 Euro (für den gesamten Bewilligungsabschnitt) geltend gemacht hatten, blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 19.12.2006 und Urteil des SG vom 16.10.2008).

4

Mit Bescheid vom 21.5.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 (886,78 Euro für Juni 2007 und 886,42 Euro monatlich für die Zeit vom 1.7.2007 bis 30.11.2007). Für die Kosten der Unterkunft legte er Schuldzinsen in Höhe von 563,82 Euro monatlich zugrunde. Widerspruch und Klage zum SG, mit der die Kläger weitere Leistungen in Höhe von 1097,82 Euro (für den gesamten Bewilligungsbescheid) geltend gemacht hatten, blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 10.7.2007 und Urteil des SG vom 16.10.2008).

5

Die Berufungen der Kläger hat das hiergegen angerufene Landessozialgericht (LSG) Hamburg in der mündlichen Verhandlung vom 8.9.2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Berufungen sodann mit Urteil vom selben Tag zurückgewiesen. Für die Kläger, die Leistungsberechtigte im Sinne des SGB II seien, bestehe Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft weder in Höhe des hälftigen Tilgungsanteils der Finanzierungskosten noch unter Berücksichtigung einer Instandhaltungspauschale in Höhe von 40 Euro monatlich. Die Tilgungsleistungen seien nicht als angemessene Kosten der Unterkunft anzuerkennen, da diese der Vermögensbildung dienten und ein Ausnahmefall nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht vorliege. Eine besondere Verknüpfung der Tilgungsleistungen mit den Kosten der Unterkunft ergebe sich durch eine ausschließlich das Innenverhältnis zwischen dem Kläger zu 1 und seiner geschiedenen Ehefrau betreffende Vereinbarung nicht. Sie stelle lediglich eine Verrechnung wechselseitiger Ansprüche aus § 426 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bzw aus § 745 Abs 2 BGB dar, die das Grundbedürfnis des Wohnens nicht unmittelbar berühre.

6

Die Kläger rügen mit ihren Revisionen die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und machen geltend, der Kläger zu 1 und seine geschiedene Ehefrau hätten bei Scheidung eine Vereinbarung getroffen, dass er das Haus zusammen mit den Kindern weiter bewohnen könne, er aber verpflichtet sei, die gesamten Kreditraten allein zu zahlen und insoweit seine geschiedene Ehefrau von der Inanspruchnahme durch die Kreditgeber freizustellen. In dieser Form habe er den Anspruch seiner geschiedenen Ehefrau auf eine Nutzungsentschädigung befriedigt. Das LSG habe diese vertraglichen Beziehungen nicht ausreichend gewürdigt, insoweit sei Beweis angeboten worden. Im Übrigen handele es sich um Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und er sei nach § 21 Abs 5 Nr 4 WEG zur Bildung einer Instandhaltungsrücklage von 40 Euro monatlich gehalten.

7

Die Kläger beantragen,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 8. September 2011 sowie

        

a) das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Oktober 2008 (Az: S 25 AS 159/07) aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 20. Juni 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27. November 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2006 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern für den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 30. November 2006 über die mit Bescheid vom 20. Juni 2006 gewährten Leistungen hinaus weitere Leistungen zu bewilligen, und zwar für jeden Kläger eine Nutzungsentschädigung von 31,04 Euro monatlich sowie für den Kläger zu 1 eine Instandhaltungsrücklage von 40 Euro

        

sowie des Weiteren

        

b) das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Oktober 2008 (Az: S 25 AS 1793/07) aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 21. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2007 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 über die mit Bescheid vom 21. Mai 2007 gewährten Leistungen hinaus weitere Leistungen zu bewilligen, und zwar für jeden Kläger eine Nutzungsentschädigung von 47,66 Euro monatlich und für den Kläger zu 1 eine Instandhaltungsrücklage von 40 Euro monatlich.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Für eine abschließende Entscheidung des Senats fehlt es an hinreichenden Feststellungen zu den berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II und zur Höhe des Einkommens und ggf des Vermögens der Kläger. Allerdings können die Kläger mit ihrer Auffassung nicht durchdringen, als Kosten für Unterkunft und Heizung seien die Tilgungsleistungen und eine Instandhaltungsrücklage zu berücksichtigen.

11

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind einerseits die Bescheide des Beklagten vom 20.6.2006 und vom 27.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2006, mit denen über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 entschieden worden sind, und andererseits der Bescheid des Beklagten vom 21.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.7.2007, der die Zeit vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 betrifft. In der Sache wenden sich die Kläger nur dagegen, dass ihnen für die streitigen Zeiträume weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht bewilligt worden sind. Diese Beschränkung des Streitgegenstandes ist nach der ständigen Rechtsprechung der für das SGB II zuständigen Senate zulässig (vgl nur BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 RdNr 18).

12

2. Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Nach § 7 Abs 2 SGB II erhalten Leistungen auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben.

13

Auf Grundlage der Feststellungen des LSG lässt sich nicht abschließend klären, ob die Kläger, die gemäß § 7 Abs 3 Nr 1 und 4 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft bilden, hilfebedürftig gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II sind. Nach § 9 Abs 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, ua nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält.

14

Nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II ist zur Prüfung des individuellen Leistungsanspruchs der Kläger einerseits der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft und andererseits deren Gesamteinkommen zu ermitteln. Bei Bestimmung des maßgeblichen Gesamtbedarfs sind neben den Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 Abs 2, § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zugrunde zu legen, soweit sie angemessen sind(vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Welche Kosten für Unterkunft und Heizung vorliegend überhaupt anfallen und welche Kosten davon für die Kläger als angemessen anzusehen sind, kann auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden (dazu unter 3). Ferner ist unklar geblieben, in welcher Höhe die Kläger über zu berücksichtigendes Einkommen und ggf über Vermögen verfügen. Feststellungen hierzu fehlen für den Bewilligungszeitraum vom 1.7.2007 bis 30.11.2007 vollständig.

15

3. Gemäß § 22 Abs 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend hat das LSG als angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II für die selbst genutzte Immobilie der Kläger lediglich die Kosten zugrunde gelegt, die im maßgeblichen örtlichen Bereich für vergleichbare Mietwohnungen als angemessen anzusehen sind(vgl nur BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10 RdNr 35 mwN), wobei die im Kalenderjahr anfallenden, berücksichtigungsfähigen Gesamtkosten mit der im örtlichen Vergleichsraum abstrakt angemessenen Jahresnettokaltmiete zu vergleichen sind (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 44).

16

Ob nach diesen Grundsätzen ein weitergehender Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung besteht, kann nicht entschieden werden, denn das LSG hat es versäumt, Feststellungen zu den (insgesamt) tatsächlich angefallenen Kosten der Unterkunft (insbesondere auch der Nebenkosten) und zu den Kosten für Heizung zu treffen. Die Bezugnahme auf die Bescheide des Beklagten im Urteil des LSG reicht als Feststellung insoweit nicht aus, weil die Bescheide keine Aussage dazu treffen, welche Kosten tatsächlich angefallen sind, sondern nur wiedergeben, welche Bedarfe der Beklagte als berücksichtigungsfähig und angemessen angesehen hat. Erst wenn feststeht, welche Kosten angefallen sind, kann in einem weiteren Schritt entschieden werden, welche dieser Kosten bei selbst genutzten Wohnimmobilien zu den grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen gehören (vgl etwa die Aufzählung in BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 44 RdNr 14). Soweit solche Kosten in einer Summe fällig werden, sind sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen (vgl BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36). Abschließend ist dann zu entscheiden, inwieweit diese Kosten als angemessen anzusehen und als Bedarf zu übernehmen sind. Die für diese Prüfung notwendigen Feststellungen, auch zur abstrakten Angemessenheit des Mietpreises im räumlichen Vergleichsmaßstab, wird das LSG nach Zurückverweisung des Rechtsstreits nachzuholen haben.

17

a) Zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass die monatlichen Tilgungsleistungen für die Immobilie nicht zu den berücksichtigungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung gehören, für die Leistungen zu erbringen sind (vgl bereits BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3 RdNr 24). Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18 mwN). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Fällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 13). Ein solcher Fall liegt nach dem Vorbringen der Kläger nicht vor.

18

Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass Tilgungsaufwendungen nicht schon dann zu berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft werden, wenn sie vom Nutzer der Wohnimmobilie dem Kreditgeber gegenüber als Gesamtschuldner nach § 421 BGB geschuldet werden und der andere Schuldner, der die Wohnimmobilie selbst nicht nutzt, keine Zahlungen leistet. Die Kläger übersehen, dass vorliegend die gesamten Schuldzinsen und nicht nur die im Innenverhältnis auf den Kläger zu 1 entfallenden Anteile unabhängig von der Frage, wer zivilrechtlich zur Tragung dieser Kosten verpflichtet ist, als berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft nicht nur des Klägers zu 1, sondern auch der Kläger zu 2 und 3 anerkannt worden sind. Hinsichtlich des auf die Tilgung entfallenden Teils verbleibt es aber dabei, dass der Beklagte diese - nicht anders als im Fall des (hilfebedürftigen) Alleineigentümers - grundsätzlich nicht zu übernehmen hat, weil sie in erster Linie dem Vermögensaufbau dienen.

19

Soweit die Kläger auf die Regelungen des § 426 Abs 1 BGB Bezug nehmen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Gerade weil die Zahlung der Tilgungsraten auch der Vermögensbildung des Miteigentümers dient, besteht nach dieser Vorschrift ein Anspruch auf Ausgleich im Innenverhältnis. Insbesondere nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht für einen Ehegatten im Zweifel kein Anlass mehr, dem anderen Ehegatten weitere Vermögensmehrungen zukommen zu lassen, sodass spätestens ab diesem Zeitpunkt der aus § 426 Abs 1 BGB resultierende Ausgleichsanspruch wieder auflebt(vgl etwa Bundesgerichtshof Urteil vom 13.1.1993 - XII ZR 212/90 - NJW-RR 1993, 386 = FamRZ 1993, 676 mwN). Gerade das Bestehen solcher Ausgleichsansprüche schließt es aus, Tilgungsleistungen, die im Innenverhältnis auf den Miteigentümer entfallen, der die Immobilie nicht nutzt, als Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 SGB II zu berücksichtigen. Kann der Schuldner, der das Haus bewohnt, die (gesamten) Tilgungsleistungen nicht dauerhaft allein aufbringen, kann er Ausgleichsansprüche gegenüber dem anderen Schuldner geltend machen, nicht aber - weitergehend als der Alleineigentümer einer Immobilie - Kosten der Unterkunft gegenüber dem Träger der Grundsicherung.

20

Einem Ausgleichsanspruch des Klägers zu 1 nach § 426 Abs 1 BGB kann zwar von seiner geschiedenen Ehefrau der Einwand der entgeltfreien Nutzung entgegengehalten werden. Der geschiedenen Ehefrau steht ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 745 Abs 2 BGB zu, wenn - wie vorliegend vom Kläger zu 1 vorgetragen - zwischen den geschiedenen Eheleuten nach ihrem Auszug Einigkeit über die alleinige Nutzung der im Miteigentum stehenden früheren Ehewohnung durch den Kläger zu 1 besteht(zuletzt BGH Urteil vom 4.8.2010 - XII ZR 14/09 - BGHZ 186, 372, RdNr 15 mwN). Bei einer Abrede zwischen den geschiedenen Ehegatten wegen der Finanzierung der Immobilie, wie sie hier vorgetragen ist (nämlich der einverständlichen Übernahme sämtlicher Finanzierungskosten durch den alleinigen Nutzer ohne tatsächliche Zahlung einer Nutzungsentschädigung), handelt es sich aber - entgegen der Auffassung der Kläger - um eine anderweitige Bestimmung iS des § 426 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 BGB(erneut BGH Urteil vom 13.1.1993 - XII ZR 212/90 - NJW-RR 1993, 386 = FamRZ 1993, 676). Solche abweichenden - auch konkludenten - Bestimmungen berühren lediglich das Innenverhältnis der Gesamtschuldner und führen hinsichtlich der Tilgungsleistungen nicht zu berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft nach dem SGB II.

21

Es braucht vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden, wie die tatsächliche Zahlung einer Nutzungsentschädigung nach § 745 BGB an den Miteigentümer (insbesondere wenn keine nennenswerten Finanzierungskosten mehr aufzubringen sind oder der Wohnwert diese übersteigt) im Anwendungsbereich des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu werten wäre. Wenn eine solche Nutzungsentschädigung dem Wohnwert (orientiert an der ortsüblichen Miete) entspricht und nicht an der Höhe der Schuld- und Tilgungszinsen bemessen wird, könnte anderes gelten. Die Kläger machen aber nicht geltend, von der Miteigentümerin tatsächlich zur Zahlung einer (weitergehenden) Nutzungsentschädigung herangezogen zu werden.

22

b) Auch ein Anspruch auf Berücksichtigung einer Instandhaltungsrücklage als Kosten der Unterkunft besteht nicht. Dabei kann offen bleiben, ob solche Zahlungen, die an eine Eigentümergemeinschaft nach dem WEG zu leisten sind, grundsätzlich zu den berücksichtigungsfähigen Kosten bei Wohnungseigentum gehören, weil der Wohnungseigentümer (ähnlich wie der Mieter) rechtlich zu ihrer Zahlung auch dann verpflichtet ist, wenn tatsächlich Aufwendungen für Instandhaltung nicht anfallen (so etwa LSG Baden-Württemberg Urteil vom 26.1.2007 - L 12 AS 3932/06 - ZFSH/SGB 2007, 347 = FEVS 58, 461 zum Hausgeld; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 23.7.2009 - L 5 AS 111/09 = ZFSH/SGB 2009, 744 zu einer Instandhaltungsrücklage und den Kosten des Kabelanschlusses). Offen kann auch bleiben, ob die Wohnimmobilie des Klägers zu 1 und seiner geschiedenen Ehefrau Wohnungseigentum iS der §§ 2, 3 WEG darstellt.

23

Die Pflicht zur Bildung einer Instandhaltungsrückstellung kann sich jedenfalls nur aus der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung und entsprechenden Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft ergeben (vgl nur Reichel-Scherer in: jurisPK-BGB, 5. Aufl 2010, § 21 WEG RdNr 338 mwN). Zwar besteht ein Anspruch eines jeden Wohnungseigentümers nach § 21 Abs 4 und 5 Nr 4 WEG, die Bildung einer Instandhaltungsrückstellung zu beschließen. Vorliegend ist aber nicht erkennbar und von den Klägern auch nicht behauptet, dass eine entsprechende rechtlich bindende Verpflichtung besteht. Solange ein solcher Beschluss, auf den hin tatsächlich Zahlungen erfolgen, nicht vorliegt, kommt die Berücksichtigung einer Instandhaltungsrücklage auch für Wohnungseigentümer von vornherein nicht in Betracht (vgl BSG Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 17 RdNr 16).

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision des Beklagten wird als unzulässig verworfen.

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 sowie der Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 31. August 2010 monatlich weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro zu zahlen.

Wegen der Ansprüche auf weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. September 2010 bis zum 30. November 2010 wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum von Juni 2010 bis November 2010 streitig.

2

Die 1970 geborene, erwerbsfähige und alleinstehende Klägerin bezog im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie bewohnte seit 2004 in H eine Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 48 qm in einem 1900 errichteten Haus mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 300 qm, die mit einem Gasetagenheizofen beheizt wurde. Die Zubereitung des Warmwassers erfolgte nicht über diese Heizung. Sie zahlte an die Vermieterin eine Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro monatlich und an das Energieversorgungsunternehmen eine Vorauszahlung für die Belieferung mit Gas in Höhe von 127 Euro monatlich (insgesamt 330,64 Euro monatlich), die das beklagte Jobcenter als Leistungen für Unterkunft und Heizung zunächst vollständig bewilligte.

3

Mit Schreiben vom 29.1.2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Prüfung der Heizkosten habe ergeben, dass diese mit einem Jahresverbrauch in Höhe von 399,7 kWh pro qm unangemessen hoch seien, und wies sie darauf hin, dass - sollte sie sich nicht bemühen, die Heizkosten zu senken - ab dem 1.6.2009 nur noch die als angemessenen angesehenen Kosten für einen jährlichen Verbrauch von 148 kWh pro qm übernommen werden würden. Tatsächlich senkte er die Leistungen nach Juni 2009 zunächst nicht ab.

4

Im Anschluss an die Vorlage der Jahresabrechnung 2009, aus der sich ein nur wenig niedrigerer Verbrauch (etwa 395 kWh pro qm und Jahr) ergab, teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 17.2.2010 mit, die Kosten seien nach wie vor unangemessen hoch, worauf sie - die Klägerin - bereits mit Schreiben vom 29.1.2009 hingewiesen worden sei. Zur Prüfung, ob die Heizkosten - wie von ihr vorgetragen - baubedingt so hoch seien, werde der Bedarfsermittlungsdienst die Wohnung in Augenschein nehmen. Bei dieser Besichtigung im März 2010 stellte der Bedarfsermittlungsdienst des Beklagten fest, es handele sich um eine unterkellerte Wohnung im Erdgeschoss, die Außenwände seien nicht gedämmt und die Fenster nur teilweise isolierverglast.

5

Für die Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 bewilligte der Beklagte neben der Regelleistung Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 252,18 Euro monatlich, nämlich neben der Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro lediglich noch 48,54 Euro für Heizkosten (Bescheid vom 21.4.2010; Widerspruchsbescheid vom 10.5.2010).

6

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens erhoben, wonach in der innegehabten Wohnung nach dem "Bundesweiten Heizspiegel" ein jährlicher Wärmeverbrauch von 10 032 kWh und nach der Richtlinie 2067 des Vereins Deutscher Ingenieure ein jährlicher Wärmeverbrauch von 12 921 kWh zu erwarten sei. Das SG hat daraufhin den Beklagten verurteilt, "der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.5.2010 Leistungen für Heizkosten in der Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 in Höhe von monatlich 67,93 Euro unter Beachtung der bereits hierfür bewilligten Leistungen zu gewähren" (Urteil vom 13.10.2011). Es sei von einem angemessenen jährlichen Verbrauch von 10 032 kWh im Jahr (= 209 kWh im Jahr je qm) auszugehen, sodass sich unter Orientierung an den Preisen des bisherigen Energieversorgungsunternehmens der tenorierte Betrag (<209 kWh/12 Monate x 6,62 Cent/kWh> / 100 x 48 qm zuzüglich 12,59 Euro Grundkosten pro Monat) ergebe.

7

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, "dass der Beklagte verurteilt wird, (…) Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.6.2010 bis 30.11.2010 in Höhe von monatlich 271,57 Euro zu bewilligen" (Urteil vom 14.5.2012). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Soweit das SG lediglich über die Höhe der Heizkosten entschieden habe, sei dies unzulässig und der Tenor entsprechend zu ändern gewesen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu als das SG zugesprochen habe. Ihr Anspruch belaufe sich auf monatlich 203,64 Euro Kosten der Unterkunft und 67,50 Euro Heizkosten. Aufgrund des Verbots der reformatio in peius verbleibe es aber - ausgehend von dem vom SG errechneten Heizkostenbetrag in Höhe von monatlich 67,93 Euro - bei zu gewährenden Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt 271,57 Euro. Wegen der Bestimmung der angemessenen Heizkosten sei mangels kommunalem Heizspiegel der "Bundesweite Heizspiegel" heranzuziehen und zwar aus Gründen der Rechtssicherheit der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichte Heizspiegel 2010. Etwaige Nachforderungen bei zu niedrig bemessenen Werten des bisherigen Heizspiegels könne der Leistungsberechtigte bei dem Leistungsträger gesondert geltend machen. Weil die Wohnung der Klägerin mit einer Etagenheizung beheizt werde, sei es gerechtfertigt, den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen. Daher ergäben sich monatlich angemessene Heizkosten in Höhe von 67,50 Euro (= 50 qm vervielfältigt mit 16,20 Euro/qm geteilt durch 12 Monate). Die von der Klägerin begehrte Übernahme der tatsächlichen - unangemessen hohen - Heizkostenvorauszahlungen scheide demgegenüber aus. Eine Übernahme komme insbesondere nicht aufgrund des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II in Betracht, weil der Beklagte die Klägerin wirksam zur Senkung der Heizkosten aufgefordert habe.

8

Hiergegen haben die Klägerin und der Beklagte die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.

9

Die Klägerin rügt die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, unter Zugrundelegung des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens sei ein Wärmeverbrauch von 13 000 kWh je Jahr angemessen und der Berechnung zugrunde zu legen. Im Übrigen habe das LSG zu Unrecht den Heizspiegel 2010 herangezogen. Es hätte vielmehr den Heizspiegel 2011, der die Werte des Abrechnungsjahres 2010 enthalte, zugrunde legen müssen, der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits bekannt gewesen sei.

10

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung von monatlich 59,07 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu zahlen sowie die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 abzuändern, soweit er verurteilt wurde, der Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung monatlich von 271,57 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu bewilligen, und die Klage auch insofern abzuweisen
sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

12

Er rügt ebenfalls die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, das LSG habe bei der Berechnung zu Unrecht eine Wohnfläche von 50 qm und nicht die tatsächliche Wohnfläche zugrunde gelegt. Richtigerweise ergäben sich Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich in Höhe von 268,44 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 64,80 Euro Heizkosten). Er - der Beklagte - sei durch das Urteil des LSG auch beschwert, weil die Leistungsverpflichtung durch das zweitinstanzliche Urteil zu seinen Lasten erweitert worden sei.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten ist unzulässig und daher zu verwerfen (§ 169 Sozialgerichtsgesetz). Für die Zeit ab dem 1.9.2010 ist die zulässige Revision der Klägerin im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Es fehlen ausreichende Feststellungen um beurteilen zu können, ob der Klägerin angesichts der offensichtlich überhöhten Energiekosten die Kostensenkung insbesondere durch einen Umzug in eine insgesamt kostengünstigere Wohnung möglich und zuzumuten war. Für den vorangehenden Zeitraum vom 1.6.2010 bis 31.8.2010 besteht ein Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro monatlich schon deshalb, weil der Beklagte nach Aufforderung zur Kostensenkung mit Schreiben vom 17.2.2010 jedenfalls vor dem 1.9.2010 zur entsprechenden Absenkung der Leistungen nicht berechtigt war. Insoweit kann der Senat in der Sache entscheiden (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).

14

1. Die Revision des Beklagten ist unzulässig. Die aufgrund der Zulassung durch das LSG statthafte Revision kann wie jedes Rechtsmittel zulässig nur in dem Umfang eingelegt werden, in dem der jeweilige Rechtsmittelführer durch die angegriffene Entscheidung beschwert ist. Maßgebend für die Beschwer ist der Inhalt der Entscheidung, soweit er der Rechtskraft fähig ist, also der Tenor, zu dessen Auslegung die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind (vgl BSGE 43, 1, 3 = SozR 1500 § 131 Nr 4).

15

An einer solchen Beschwer durch das Urteil des LSG fehlt es hier für den Beklagten. Das LSG hat den Tenor des SG zwar geändert und den Beklagten zu einer einheitlichen Leistung für Kosten der Unterkunft und Heizung verurteilt, weil es sich nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts ( vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f) bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung um einen einheitlichen Streitgegenstand handele. Eine Erweiterung der Leistungsverpflichtung gegenüber der Entscheidung des SG durch das Urteil des LSG liegt in der Korrektur des Tenors aber nicht. Da bereits das SG zu Leistungen verurteilt hat, die insgesamt 19,39 Euro monatlich höher sind als die von dem Beklagten ursprünglich bewilligten, hat das LSG den der Rechtskraft fähigen Inhalt der Entscheidung nicht zu dessen Lasten erweitert. Soweit der Beklagte schließlich mit seiner Revision einwendet, dass der Klägerin lediglich ein geringerer Gesamtbetrag zustünde, ist das Urteil des SG insoweit bereits in Rechtskraft erwachsen und bindet die Beteiligten (vgl § 141 Abs 1 Nr 1 SGG). Der Beklagte hat trotz des teilweisen Unterliegens vor dem SG nicht selbst Berufung eingelegt, sondern lediglich beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

16

2. Die zulässige Revision der Klägerin hat den Bescheid des Beklagten vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.5.2010 zum Gegenstand, mit dem der Beklagte der Klägerin im streitigen Zeitraum ua Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von lediglich monatlich 252,18 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 48,54 Euro Heizkosten) bewilligt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) und macht höhere Leistungen geltend. Sie hat den Streitgegenstand dabei zulässigerweise auf die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f). Nachdem der Beklagte das Urteil des SG nicht mit der Berufung angegriffen hat, sind nur noch die über 271,57 Euro (monatlich) hinausgehenden Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro im Streit.

17

3. Die Klägerin, die nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) im streitigen Zeitraum zum leistungsberechtigten Personenkreis iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007, BGBl I 554) gehört, hat nach § 19 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706) iVm § 22 Abs 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I 2917) Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II).Die auch für Heizkosten vorgesehene Prüfung ihrer Angemessenheit hat nach Wortlaut und Systematik der Norm, wie der Senat bereits im Einzelnen dargelegt hat(stRspr seit BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23), grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen.

18

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken (konkrete Angemessenheit). Wegen der Aufwendungen der Unterkunft sind vorliegend alle berücksichtigungsfähigen Kosten der Klägerin, nämlich die Miete einschließlich der kalten Betriebskosten als "tatsächliche Aufwendungen" vom Beklagten in voller Höhe von 203,64 Euro erbracht worden. Anhaltspunkte dafür, dass diese unangemessen hoch wären, ergeben sich nicht.

19

b) Auch der Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung besteht grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23).

20

aa) Als berücksichtigungsfähige Kosten insoweit macht die Klägerin die monatlichen Abschlagszahlungen gegenüber ihrem Energieversorgungsunternehmen in Höhe von 127 Euro geltend. Weitere berücksichtigungsfähige Bedarfe sind nicht ersichtlich. Im streitigen Zeitraum gehörten entsprechend den normativen Vorgaben in § 20 Abs 1, § 22 Abs 1 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) die Kosten für die Erzeugung von Warmwasser nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung.

21

bb) Eine getrennte Prüfung der Angemessenheit von Aufwendungen für Heizung von denen der Unterkunft folgt neben den dargelegten rechtlichen Überlegungen zumindest derzeit aus praktischen Gründen, die einer einheitlichen Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung und also der Bildung einer abstrakten Gesamtangemessenheitsgrenze entgegenstehen. Ein abstrakt angemessener Heizkostenpreis pro Quadratmeter für eine "einfache" Wohnung (gestaffelt nach abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen) im unteren Segment des Wohnungsmarktes müsste ausgehend von einem als angemessen anzusehenden Heizverhalten des Einzelnen noch klimatische Bedingungen, wechselnde Energiepreise, die "typischen" Energieträger, vor allem aber den im entsprechenden Mietsegment "typischen" Gebäudestandard und den technischen Stand einer als "typisch" anzusehenden Heizungsanlage erfassen. Entsprechend differenzierte Daten, die einen solchen Rückschluss auf einen abstrakt angemessenen, dh für alle Wohnungen im Vergleichsraum geltenden Heizkostenwert zuließen, liegen für den maßgeblichen Wohnungsmarkt am Wohnort der Klägerin nicht vor, wie sich aus den Feststellungen des LSG und dem Vorbringen des Beklagten ergibt.Der Rückgriff auf einen weniger ausdifferenzierten Wert als Quadratmeterhöchstgrenze, wie ihn der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden mit den Kosten für einen Energieverbrauch von 148 kWh pro Jahr und Quadratmeter Wohnfläche beschrieben hat, würde eine unzulässige Pauschalierung von Heizkosten bedeuten (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 19; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Solche Schätzungen eines pauschalen Wertes "ins Blaue hinein" ohne gesicherte empirische Grundlage sind bei Bestimmung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums nicht zulässig (vgl BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 RdNr 171); dies gilt für Regelbedarfe und Bedarfe für Unterkunft und Heizung gleichermaßen.

22

cc) Da gleichwohl auch hinsichtlich der Aufwendungen für Heizung unangemessen hohe Kosten vom Träger der Grundsicherung nicht gezahlt werden müssen, eine abstrakte Festlegung dieser "angemessenen Aufwendungen" aber nicht möglich erscheint, hat eine Prüfung der Heizkosten auf ihre Angemessenheit hin allein orientiert an den Verhältnissen des Einzelfalles zu erfolgen. Der Senat hat dabei ausgeführt, dass regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen ist, wenn bestimmte, von den Vorinstanzen in Bezug genommenen Grenzwerte überschritten werden, die der Senat den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegeln" bzw dem "Bundesweiten Heizspiegel" entnimmt ( BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 21). Dem hat sich der 4. Senat angeschlossen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Trotz der Kritik insbesondere der Herausgeber des Heizspiegels an der von der Rechtsprechung aus diesen Werten abgeleiteten Funktion für das SGB II (vgl die Stellungnahme der co2online gGmbH vom 12.10.2012 unter http://www.heizspiegel.de/heizspiegelkampagne/hartz-iv/index.html), hält der Senat an dieser Rechtsprechung fest. Solange der jeweils örtlich zuständige Träger der Grundsicherung keine im dargestellten Sinne differenzierte Datenermittlung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat, die zuverlässige Schlüsse auf einen Wert für grundsicherungsrechtlich angemessene Heizkosten in seinem Zuständigkeitsbereich zulassen, ist die Heranziehung eines Grenzwertes aus Gründen der Praktikabilität geboten; dementsprechend ist die Rechtsprechung des BSG in der Folge vom Gesetzgeber nicht korrigiert worden. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass der hohe Grenzwert der energiepolitischen Zielsetzung eines Heizspiegels zuwiderläuft. Solche Zielsetzungen sind im Anwendungsbereich des SGB II aber nach den gesetzgeberischen Vorgaben unbeachtlich.

23

Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel kommt aber - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt nämlich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich insoweit um angemessene Kosten. Soweit der Senat (Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22) formuliert hat, der Grundsicherungsempfänger könne "im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen", folgt hieraus nichts anderes. Wie sich bereits aus dieser Entscheidung des Senats ergibt, markiert der Grenzwert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden ("im Regelfall"). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger obliegt vorzutragen, warum seine Aufwendungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind (aaO RdNr 23). Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast.

24

Gegen die Heranziehung des Heizspiegels zur Bestimmung des Grenzwertes kann vorliegend nicht eingewandt werden, dass Wohnungen, die nicht durch eine zentrale Heizungsanlage, sondern durch Heizöfen beheizt werden, vom Heizspiegel nicht erfasst werden (so aber Cottmann/Hillebrand, info also 2011, 28). Mit dem Grenzwert soll nur ermittelt werden, ob von einem Heizkostenverbrauch ausgegangen werden muss, der vom Verbraucher üblicherweise als überhöht angesehen wird (vgl bereits BSG aaO RdNr 23). Dabei können als "Standardverhältnisse" durchaus die Werte für die drei am weitesten verbreiteten Energieträger bei einer zentralen Beheizung herangezogen werden.

25

dd) Im vorliegenden Fall ist der maßgebliche Grenzwert überschritten. Dieser Grenzwert errechnet sich - wie der Senat bereits entschieden hat - aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (dagegen nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung, vgl im Einzelnen BSG aaO RdNr 20) und - weil vorliegend ein kommunaler Heizspiegel nicht existiert - den entsprechenden Werten der Spalte "zu hoch" für Erdgas des "Bundesweiten Heizspiegels", der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war (hier der Heizspiegel 2010). Da eine Absenkung auch bei Überschreiten des Grenzwertes nur aufgrund einer Angemessenheitsprüfung im Einzelfall erfolgen kann und sich die in Folge dieser Einzelfallprüfung zu zahlenden Heizkosten ohnehin nicht aus dem Heizspiegel (im Sinne eines abstrakt angemessenen Quadratmeterhöchstwerts) ergeben, kommt den Werten des Heizkostenspiegels aus späteren Jahren keine Bedeutung zu. Ohne dass dies vorliegend abschließend entschieden werden muss, neigt der Senat wie das LSG dazu, bei Wohnungen, die mit einer Etagenheizung beheizt werden, zugunsten der Hilfebedürftigen den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen, weil diese den Verbrauchswerten einer Einzelheizanlage am nächsten kommen. Schließlich liegt nahe, für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie oä), den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen. Auch dies ist abschließend aber nicht zu entscheiden. Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Gas (215 kWh pro qm x 50 = 10750 kWh) ist vorliegend - bei einem Gesamtverbrauch der Klägerin von nahezu 19 000 kWh pro Jahr und Kosten von etwa 1500 Euro im Jahr - in jedem Fall überschritten.

26

ee) Das Überschreiten des Grenzwertes hat zunächst zur Folge, dass die Klägerin die Gründe dafür vorbringen muss, dass ihre Aufwendungen im Einzelfall gleichwohl als angemessen anzusehen sind. Personenbedingte Gründe (zB Bettlägerigkeit eines Angehörigen der Haushaltsgemeinschaft, Zugehörigkeit kleiner Kinder zur Bedarfsgemeinschaft oä), die die Rechtsprechung bislang in erster Linie als erheblich angesehen hat (BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23 RdNr 25; vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 28), sind vorliegend nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar.

27

Der ungünstige energetische Standard einer Wohnung, den die Klägerin geltend macht und den die innegehabte Wohnung hier nach den Feststellungen des Gutachters (auch) ausweist, ist für sich genommen kein Grund im Einzelfall, der den Träger der Grundsicherung zur dauerhaften Übernahme von hohen Heizkosten als "angemessene" Aufwendungen verpflichtet. Soweit der Senat ein "unwirtschaftliches Heizverhalten" als Anknüpfungspunkt für eine Pflicht zur Kostensenkung angesehen hat, ist dies nicht dahin zu verstehen, dass nur "unvernünftiges", objektiv nicht begründbares Verhalten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers eine Pflicht zur Kostensenkung nach sich zieht. Auch unangemessen hohe (und damit unwirtschaftliche) Kosten, die der hilfebedürftige Leistungsempfänger nicht beeinflussen kann, berechtigten den Träger der Grundsicherung im Grundsatz nicht anders als bei überhöhten Unterkunftskosten Kostensenkungsmaßnahmen einzufordern.

28

c) Stellen sich die tatsächlich wegen der Heizung anfallenden Aufwendungen damit auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände der Klägerin im Einzelfall als unangemessen hoch dar, ist in einem abschließenden Schritt zu prüfen, ob daraus eine Pflicht zur Senkung der Kosten folgt (vgl zur Kostensenkungsobliegenheit grundlegend BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 29 und im Anschluss etwa Urteil des Senats vom 7.5.2009 - B 14 AS 14/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 20 RdNr 28; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 14; BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36, RdNr 14). Dies ergibt sich - auch wegen der bis zum 31.12.2010 nicht ausdrücklich genannten Aufwendungen für die Heizung (vgl Urteil des Senats vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 = Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18) - aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, wonach die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen sind, wie es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

29

aa) Wenn in einem Abrechnungszeitraum trotz eines vorangegangenen Hinweises (hier vom 29.1.2009) eine maßgebliche Kostensenkung durch Energieeinsparung nicht erzielt wird, kommt bei unangemessen hohen Aufwendungen für Heizung - wie bei überhöhten Kosten der Unterkunft auch - vor allem der in § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II ausdrücklich genannte Wohnungswechsel als Maßnahme zur Kostensenkung in Betracht. Denn eine Kostensenkung durch Energieeinsparung ist dann entweder vom hilfebedürftigen Leistungsberechtigten nicht ernsthaft gewollt (und kann aber vom Träger der Grundsicherung nicht im Einzelfall "kontrolliert" und durchgesetzt werden) oder ist in der Wohnung aufgrund gebäude- und/oder wohnungsspezifischer Faktoren objektiv nicht zu erreichen oder macht Investitionen vor allem des Vermieters notwendig, die der hilfebedürftige Leistungsberechtigte als Mieter nicht erzwingen kann (und die überdies zu einer Erhöhung der Miete führen können).

30

Der Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme wegen überhöhter Heizkosten ist aber nur zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen. Nur ein Wohnungswechsel, mit dem dieses Ziel erreicht werden kann, ist das von dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger geforderte "wirtschaftliche Verhalten". Ein Wohnungswechsel, der zwar zu niedrigeren Heizkosten, nicht aber zu niedrigeren Gesamtkosten führt, wäre seinerseits unwirtschaftlich und deshalb nicht zumutbar. Gegenüber dem grundsätzlich schützenswerten individuellen Interesse des hilfebedürftigen Leistungsempfängers am Verbleib in seiner Wohnung überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an deren Aufgabe nur für den Fall eines wirtschaftlich sinnvollen Umzuges. Stehen auf dem in Bezug zu nehmenden Wohnungsmarkt keine Wohnungen zur Verfügung, in denen von dem Träger der Grundsicherung insgesamt niedrigere Kosten aufzubringen sind, bleibt es der Entscheidung des Einzelnen überlassen, ob er weiterhin in einer Wohnung, die entsprechende Nachteile eines ungünstigen energetischen Standards mit sich bringt, aus anderen Gründen (etwa wegen ihrer Lage oder ihres Zuschnitts) verbleiben will. Ein ungünstiger energetischer Standard der Wohnung bleibt insofern bei Prüfung der Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht unbeachtlich.

31

In diesem Ergebnis sieht sich der Senat durch die Neuregelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II zum 1.1.2011 (mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 ) bestätigt. Danach muss eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Auch wenn im Gesetzgebungsverfahren andere Beispielsfälle zur Diskussion standen (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98), bestätigt Satz 4 in der neuen Fassung die Möglichkeit eines zusammenfassenden Wirtschaftlichkeitsvergleichs hinsichtlich der gesamten Bruttowarmkosten (so auch Berlit in Münder, SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 92; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, § 22 RdNr 166), ohne dass über die Einzelheiten der Regelung, die vorliegend unmittelbar noch nicht zur Anwendung kommt, zu entscheiden wäre.

32

Im vorliegenden Fall wird das LSG nach Zurückverweisung also zu prüfen haben, welche Vergleichskosten für Unterkunft und Heizung sich auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt ergeben, die der Beklagte nach einem Wohnungswechsel als angemessen zu zahlen hätte. Neben dem (gerichtlich voll zu überprüfenden) Wert, der sich für die Kosten der Unterkunft einer alleinstehenden Person als abstrakt angemessen ergibt, kann wegen der Kosten der Heizung im Ausgangspunkt auf die vom Beklagten in seiner Verwaltungspraxis als angemessen angesehenen (durchschnittlichen) Heizkosten zurückgegriffen werden. Jedenfalls vorliegend erscheinen diese mit rund 1 Euro pro qm und Monat insbesondere im Vergleich mit Durchschnittskosten aus den Betriebskostenübersichten des Deutschen Mieterbundes (0,84 Euro Kosten für Heizung im Bundesdurchschnitt für das der streitigen Kostensenkung vorangegangene Abrechnungsjahr 2009) nicht unrealistisch niedrig. Die Werte des Heizspiegels, die nicht das tatsächliche Preisniveau auf dem Wohnungsmarkt widerspiegeln, sind bei dieser Prüfung nicht heranzuziehen.

33

Ergibt sich - was vorliegend angesichts der recht geringen Bruttokaltmiete möglich ist -, dass die tatsächlichen Gesamtaufwendungen der Klägerin diese Vergleichskosten nicht übersteigen, sind der Klägerin Kostensenkungsmaßnahmen iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht zumutbar. Die tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind dann weiterhin zu übernehmen. Übersteigen die tatsächlichen Gesamtkosten die genannten Vergleichswerte für Unterkunft und Heizung, ist eine Kostensenkung durch Wohnungswechsel im Grundsatz abzuverlangen, wenn im maßgeblichen Vergleichsraum Wohnungen zu diesem Gesamtpreis zur Verfügung stehen, wofür der Beklagte die materielle Beweislast trägt. Bei zutreffender Ermittlung eines abstrakt angemessenen Wertes für die Unterkunftskosten kann zwar davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu dieser abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete im örtlichen Vergleichsraum gibt (vgl BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46). Solange aber ein Umzug wegen der Höhe der Kosten der Heizung notwendig wird und die vom Beklagten als angemessen angesehenen Heizkosten (mangels entsprechend differenzierter Datenerhebung) einen abstrakt angemessenen Wert nicht wiedergeben, kann diese Vermutung nicht gelten. Es bleibt (ähnlich wie dies § 22a SGB II in der seit dem 1.4.2011 geltenden Fassung vorgibt) dem kommunalen Träger überlassen, eine Datenermittlung zur Bestimmung eines differenzierten abstrakt angemessenen Wertes der Heizkosten im in Bezug zu nehmenden Wohnsegment durchzuführen oder entsprechende Wohnungen nachzuweisen.

34

bb) Für die Zeit bis zum 31.8.2010 besteht ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (mithin in Höhe von weiteren 59,07 Euro monatlich), sodass die Revision der Klägerin insoweit in der Sache erfolgreich war. Erst mit dem 1.9.2010 war das einer Kostensenkung durch den Träger der Grundsicherung vorausgehende Kostensenkungsverfahren abgeschlossen; während der sechs vorangegangenen Monate war der Klägerin die Möglichkeit einzuräumen, die Kosten entsprechend den Vorgaben im Schreiben vom 29.1.2009 und vom 17.2.2010 zu senken. In dieser Zeit waren die tatsächlichen Kosten zu zahlen; erst danach kann der Beklagte - das Vorliegen der übrigen, oben dargelegten Voraussetzungen unterstellt - die Kosten rechtmäßig auf die angemessene Höhe senken.

35

Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, aus dem nach der Rechtsprechung beider Senate (über den Wortlaut hinaus) neben der Obliegenheit zur Kostensenkung auch folgt, dass die Absenkung auf die nach Ansicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Kosten ein Kostensenkungsverfahren voraussetzt, das den Hilfebedürftigen in die Lage versetzt, diesen Kostensenkungsobliegenheiten - regelmäßig innerhalb von sechs Monaten - nachzukommen(vgl insbesondere zur Kostensenkungsaufforderung wegen der Aufwendungen für Heizung BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 - Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18 mwN ).

36

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen genügte die am 29.1.2009 ausgesprochene Aufforderung zur Senkung der Kosten für die vorliegend streitige Absenkung ab dem 1.6.2010 nicht. Dies liegt schon deshalb nahe, weil eine Kostensenkung vorrangig durch Energieeinsparungen bei jährlicher Abrechnung der entsprechenden Kosten durch ein Energieversorgungsunternehmen nicht innerhalb von sechs Monaten realisierbar ist und es angezeigt erscheinen könnte, wegen der Kostensenkung durch Einsparung von Energie (die wegen der Regelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II aF§ 22 abs 3 sgb ii> jedenfalls dem Träger der Grundsicherung zugutekommt) regelmäßig einen längeren Zeitraum zur Änderung des Verbrauchsverhaltens zuzubilligen. Eine abschließende Entscheidung braucht hierüber aber nicht zu erfolgen, denn jedenfalls hat der Beklagte die zum 1.6.2009 angekündigte Absenkung von Kosten der Heizung nicht durchgeführt. Da auf die erste Kostensenkungsaufforderung hin über längere Zeit hinweg gleichwohl die Kosten der Unterkunft und Heizung vollständig übernommen worden sind, durfte allein auf Grundlage dieser Kostensenkungsaufforderung eine Absenkung nicht mehr erfolgen (vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 57 RdNr 21).

37

Erst mit der Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 ist damit das für den vorliegend streitigen Zeitraum maßgebliche Kostensenkungsverfahren eingeleitet worden. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte inhaltlich auf die Anforderungen zur Kostensenkung im Schreiben vom 29.1.2009 Bezug genommen hat und das Schreiben vom 17.2.2010 weitergehende Hinweise nicht enthält. Es brauchten die weiteren Möglichkeiten zur Kostensenkung - insbesondere auch eine ggf bestehende Verpflichtung zum Wohnungswechsel - nicht im Einzelnen aufgezeigt werden. Der Klägerin war zuzumuten, die notwendigen Entscheidungen auf der Grundlage der bis dahin erteilten Hinweise zu treffen und verbliebende Zweifel durch entsprechende Rückfragen zu klären (vgl bereits BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8 RdNr 15).

38

Die Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 setzte damit eine Frist zur Senkung von Kosten innerhalb der folgenden sechs Monate in Gang. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, weshalb die mit der erneuten Kostensenkungsaufforderung ausgelöste Frist vorliegend nur verkürzt gelten sollte. Da eine Kostensenkung durch Energieeinsparung sich entgegen den Erwartungen des Beklagten nicht hatte realisieren lassen, musste der Klägerin - wollte sie einer Absenkung von Leistungen entgehen - andere Möglichkeiten der Kosteneinsparung prüfen. Insbesondere ein von ihr ggf zu erwartender Wohnungswechsel bedarf aber eines erneuten zeitlichen Vorlaufs, für den sechs Monate ohne Weiteres notwendig erscheinen.

39

4. Das LSG wird abschließend ggf über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 10. Mai 2013 - S 17 AS 119/13 - aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für alle Instanzen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2013.

2

Die miteinander verheirateten Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer eines 2003 erworbenen Grundstücks mit selbst bewohntem Wohnhaus von 85 m² Wohnfläche, für dessen Erwerb sie der 1946 geborenen vormaligen Eigentümerin (im Folgenden: Voreigentümerin) und deren 1939 geborenem Ehemann eine Rente auf Lebenszeit in Höhe von monatlich 440 Euro zu entrichten haben. Bei Zahlungsverzug von mehr als drei Monatsraten ist die Voreigentümerin zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, ohne dass ein Ausgleich für die bis dahin empfangenen Zahlungen zu leisten wäre (Ziffern III. 1. und 2. des notariellen Übergabevertrages vom 16.6.2003 mit Nachtrag vom 20.2.2004).

3

Das beklagte Jobcenter bewilligte den Klägern für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.7.2013 Arbeitslosengeld II (Alg II) zunächst in Höhe der Regelbedarfe sowie eines Mehrbedarfs für dezentrale Warmwasseraufbereitung (Bescheid vom 16.1.2013). Auf den Widerspruch wegen der Nichtberücksichtigung der Rentenzahlungen an die Voreigentümerin setzte der Beklagte das Alg II wie zuvor in Höhe der Regelbedarfe sowie des Mehrbedarfs fest und anerkannte als Bedarfe für Unterkunft und Heizung je Kläger 107,46 Euro für die Zeit vom 1.2. bis 28.2.2013 und 58,51 Euro bzw 58,50 Euro für die Zeit vom 1.5. bis 31.5.2013 für Betriebskosten (Änderungsbescheide vom 30.1.2013). Den Widerspruch im Übrigen wies er zurück, da die Rente der Tilgung für ein Darlehen zur Finanzierung eines Eigenheims gleich stehe und daher nicht nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II berücksichtigungsfähig sei(Widerspruchsbescheid vom 31.1.2013).

4

Auf Klage - beschränkt auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung - hat das Sozialgericht (SG) den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 16.1.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.1.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013 zur Gewährung weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich je 220 Euro für die Zeit vom 1.2.2013 bis 31.7.2013 verurteilt (Urteil vom 10.5.2013): Aufwendung für Unterkunft sei jede Zahlungsverpflichtung, die eine Wohnraumüberlassung zum Gegenstand habe und deren Nichterfüllung einen Räumungsanspruch des Gläubigers begründen könne. In diesem Sinne sei die monatliche Zahlungspflicht hier ein Leibrentenversprechen, das ähnlich einer Mietzahlung oder eines in Raten zu zahlenden Kaufpreises die Gegenleistung für die Überlassung von Wohnraum sei und bei dem im Falle des Zahlungsverzugs mit mehr als drei Monatsraten ein Rücktrittsrecht und Rückübereignungsanspruch zugunsten der Übergeberin bestehe. Diese Zahlungen seien nicht mit Tilgungsraten zu vergleichen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Immobilieneigentum zu entrichten seien; sie sicherten allein den bereits erlangten Vermögensvorteil und dienten nicht unmittelbar der Vermögensmehrung.

5

Mit der mit Zustimmung der Kläger eingelegten und vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der Beklagte die Verletzung von § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die Leibrentenzahlungen seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu Tilgungsleistungen keine berücksichtigungsfähigen Aufwendungen iS dieser Vorschrift, denn sie seien Gegenleistung für die Eigentumsübertragung am Hausgrundstück und damit als Ratenzahlungen eines seiner Höhe nach unbestimmten, weil bis zum Tod der Berechtigten zu zahlenden Kaufpreises zu verstehen. Bei vollständiger Erfüllung werde Lastenfreiheit des Grundstücks erreicht. Damit führe die Zahlung zu einer Vermögensbildung.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 10. Mai 2013 - S 17 AS 119/13 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das SG entschieden, dass die von den Klägern zu zahlende Rente von 440 Euro monatlich als weiterer Unterkunftsbedarf anzuerkennen ist. Die Rente steht der Tilgung einer ratenweisen Kaufpreisschuld für das Hausgrundstück gleich und ist - da die Tilgung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der Lebenserwartung der Voreigentümerin noch nicht bereits weitgehend abgeschlossen war - auch nicht ausnahmsweise als Bedarf für Unterkunft anzuerkennen.

9

1. Gegenstand des Verfahrens sind die den Zeitraum von Februar bis Juli 2013 betreffenden Alg II-Bewilligungsbescheide vom 30.1.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013, wogegen sich die Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 Sozialgerichtsgesetz) wenden. Nicht (mehr) Verfahrensgegenstand ist dagegen der Ausgangsbescheid vom 16.1.2013, nachdem er durch die im laufenden Widerspruchsverfahren ergangenen Änderungsbescheide vom 30.1.2013 vollständig ersetzt worden ist (§ 86 SGG) und sich mangels weitergehender rechtlicher Wirkungen damit erledigt hat (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -).

10

2. In der Sache ist der Streitgegenstand durch den ausschließlich darauf bezogenen Klagantrag wirksam auf die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung - und zwar, da nur der Beklagte die Entscheidung des SG mit der Sprungrevision angefochten hat, begrenzt auf die Höhe der ihnen vom SG insoweit zugesprochenen 220 Euro je Kläger - beschränkt; an der prozessual zulässigen Abtrennbarkeit dieser Leistungen (vgl nur BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (im Folgenden: RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) vom 24.3.2011 (BGBl I 453; insofern in Kraft getreten zum 1.1.2011, im Folgenden: § 19 Abs 1 SGB II nF) auch für Verfahren über Bewilligungsabschnitte nach dem 1.1.2011 nichts geändert (zu Verfahren über zuvor abgeschlossene Bewilligungsabschnitte vgl nur BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 mwN).

11

a) Der Rechtslage bis zum 31.12.2010 haben die Grundsicherungssenate des BSG in ständiger Rechtsprechung entnommen, dass die Gewährung höherer oder überhaupt von Leistungen für Unterkunft und Heizung einen abtrennbaren prozessualen Anspruch bildet, soweit sie - wie vorliegend auch - Gegenstand einer abtrennbaren Verfügung (Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X) des betreffenden Bescheids sind. Zwar sind beim Streit um höhere Leistungen auch im SGB II grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (stRspr; vgl nur BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54Nr 21, RdNr 32). Hiervon hat das BSG indes eine Ausnahme für Unterkunft und Heizung gemacht, weil die Zuständigkeiten für die Regelleistung (heute: Regelbedarf) einerseits und für die Leistungen für Unterkunft und Heizung andererseits nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 unveränderten Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014) iVm § 19 S 2 bzw 3 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954; seit 1.8.2006: § 19 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 , BGBl I 1706; im Folgenden § 19 S 2 bzw 3 SGB II aF)unterschiedlich und die Leistungen inhaltlich voneinander abgrenzbar waren, es sich rechtlich also um zwei eigenständige Leistungen und Verfügungen handelte (stRspr, grundlegend BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 ff).

12

b) Eigenständige Leistungen in diesem Sinne bilden die Leistungen für den Regelbedarf einerseits und für Unterkunft und Heizung andererseits auch unter Geltung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG. Unverändert sind danach die Zuständigkeiten zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Trägern ungeachtet des im Hinblick auf die Weiterentwicklung von § 19 SGB II (dazu unten c) geringfügig unterschiedlichen Wortlauts von § 6 Abs 1 S 1 SGB II alter und neuer Fassung weiter vom Prinzip geteilter Trägerschaft geprägt, wie es seit Einführung des SGB II gilt(vgl BT-Drucks 15/2816, S 10): Sofern nicht eine einheitliche Zuständigkeit eines kommunalen Trägers nach §§ 6a f SGB II besteht, sind für Unterkunft und Heizung ausschließlich zuständig die kommunalen Träger und für das Alg II sowie das Sozialgeld mit Ausnahme der Kosten von Unterkunft und Heizung die Bundesagentur für Arbeit; daran hat sich im Gefolge des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG nichts geändert (ebenso Rixen/Weißenberg in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 6 RdNr 3; Luik, ebenda § 22 RdNr 31). Eher ist die Trennung der Zuständigkeiten nochmals verdeutlicht durch die Neufassung des § 44b Abs 3 S 1 SGB II(idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 mWv 1.1.2011 , BGBl I 1112), wonach die Verantwortung für die recht- und zweckmäßige Erbringung jeweils "ihrer Leistungen" in der gemeinsamen Einrichtung nach § 44b SGB II(idF des GSiOrgWG) ausdrücklich jedem Träger gesondert obliegt (zum Zweck dieser Verantwortlichkeitszuweisung vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.12.2007 - 2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04 - BVerfGE 119, 331 = SozR 4-4200 § 44b Nr 1 zu § 44 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vgl BR-Drucks 226/10 S 37 sowie Luthe in: Hauck/Noftz, SGB II, K § 44b RdNr 26 ff, Stand 10/2013).

13

c) Nichts anderes folgt aus der partiellen Neufassung von § 19 und § 22 Abs 1 SGB II durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG. Leistungsrechtlich waren die Kosten für Unterkunft und Heizung schon bis zu dessen Inkrafttreten als Teil des Anspruchs auf Alg II gefasst (vgl § 19 S 1 SGB II idF des GSiFoG: Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung). Sachlich bedeutet es deshalb keinen Unterschied, wenn nunmehr die Leistungen, also Alg II und Sozialgeld, den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung "umfassen" (§ 19 Abs 1 S 3 SGB II nF) und nach Maßgabe von § 22 SGB II bei Unterkunft und Heizung "Bedarfe" in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen "anerkannt" werden(§ 22 Abs 1 S 1 Halbs 1 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG), während zuvor "Leistungen" zu erbringen waren (§ 22 Abs 1 S 1 Halbs 1 SGB II in der insoweit bis zum 31.12.2010 unveränderten Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt). Das verdeutlicht zwar weiter, dass die Leistungsbereiche in dem Sinne aufeinander bezogen sind, als jeweils nach denselben Maßstäben umfassend zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II, insbesondere die der Hilfebedürftigkeit iS des § 9 SGB II, vorliegen(so bereits BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 21; ebenso BT-Drucks 17/3404 S 97 zu § 19). Jedoch trägt dies nicht die Einschätzung, dass hiermit Änderungen substantieller Art verbunden wären (so aber BT-Drucks 17/3404 S 98 zu § 22: Leistungen für Unterkunft und Heizung sind nunmehr integraler Bestandteil des Arbeitslosengeldes II, das den Bedarf für Unterkunft und Heizung als nicht mehr abtrennbaren Teil enthält). Das wäre angesichts der fortbestehenden organisationsrechtlichen Aufspaltung der Verantwortlichkeiten auch schwerlich möglich: Solange die Trägerschaft für die Kosten von Unterkunft und Heizung einerseits und den Regelbedarf andererseits getrennt ist, können Alg II und Sozialgeld keine einheitliche "Gesamtleistung" bilden (so schon BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 21; ebenso auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 31).

14

d) Ein prozessuales Verbot der abgetrennten Geltendmachung von Leistungen für Unterkunft und Heizung oder den Regelbedarf begründen die Änderungen in § 19 und § 22 Abs 1 SGB II ebenfalls nicht. Zwar stehen dem Gesetzgeber partielle Begrenzungen der grundsätzlich umfassend gewährleisteten Dispositionsmaxime (§ 123 SGG) zu. Dass dies hier geschehen wäre, ist aber nicht hinreichend deutlich. Einerseits ist das in den Materialien zwar angedeutet (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98 zu § 22). Andererseits findet eine solche Begrenzung schon im Gesetzestext keinen hinreichend deutlichen Niederschlag, nachdem - wie dargelegt - die Neufassung von § 19 Abs 1 SGB II nF erhebliche Unterschiede zur vorherigen Rechtslage nicht erkennen lässt. Zudem kommt in den Materialien gegenläufig ebenso das Bestreben zum Ausdruck, in Verfahren nach dem SGB II auch künftig Teilelemente abschichten zu können, auch wenn der dazu in Betracht gezogene Ansatz im geltenden Prozessrecht kaum Grundlagen findet (vgl BT-Drucks 17/3404, S 97 zu § 19: "dass … einzelne, dem angefochtenen Leistungsanspruch zugrunde liegende Tatsachen unstreitig gestellt werden"; vgl aus der stRspr hierzu nur BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12; BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 109/11 R - Juris RdNr 26; BSG Urteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 4/11 R - BSGE 112, 54 = SozR 4-3500 § 28 Nr 8, RdNr 14; vgl ebenso Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 19 RdNr 82, Stand 1/2012, und Straßfeld, SGb 2011, 436, 442); auch das spricht dagegen, § 19 Abs 1 SGB II als Sperre der isolierten Geltendmachung der Bedarfe von Unterkunft und Heizung zu verstehen(so im Ergebnis auch: Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 31 ff; Söhngen in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, Stand 6/2013, § 19 RdNr 30; Lauterbach in Gagel, Online-Ausgabe Stand 2014, § 22 SGB II RdNr 8; Nolte, NZS 2013, 10, 12 ff; Straßfeld, SGb 2011, 436, 442; aA : Berlit in Münder, SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 9; S. Knickrehm in Kreikebohm, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 1; offen gelassen Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 1/2012, K § 19 RdNr 81).

15

3. Anspruch auf weitere jeweils 220 Euro monatlich als Leistung auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II iVm §§ 7, 9, 19 SGB II nF haben die Kläger ungeachtet ihrer Hilfebedürftigkeit im Übrigen nicht.

16

a) Bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen im Weiteren sind gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II nF Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der Rechtsprechung des BSG an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind, dh die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten (vgl dazu grundlegend BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10).

17

b) Zu den anzuerkennenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in diesem Sinne rechnen nach gefestigter Rechtsprechung des BSG, von der abzurücken kein Anlass besteht, Tilgungsraten grundsätzlich nicht (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 24; BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18; BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23). Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 35; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 169 ff, Stand 10/2012; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 61). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist (vgl aus der Rechtsprechung des erkennenden Senats BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18; ebenso 4. Senat, BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23). Im Übrigen ist der Eigentümer grundsätzlich ebenso wenig wie der Mieter davor geschützt, dass sich die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann (vgl Entscheidungen des erkennenden Senats, BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8 zur Kostensenkungsaufforderung und BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10 zum Wohnungswechsel wegen unangemessen hoher Unterkunftskosten).

18

c) Nicht ohne Bedeutung ist hiernach entgegen der Auffassung des SG die "vertragliche Ausgestaltung" der im Streit stehenden Aufwendungen. Maßgebend ist vielmehr, ob die von den Klägern entrichteten Zahlungen an die Voreigentümerin wie die Tilgung eines Darlehens zur Wohnraumfinanzierung oder einer Kaufpreisschuld zu werten sind oder ob sie einer (Miet-)Zahlung für die Wohnraumgebrauchsüberlassung gleichen. Das beurteilt sich nach der Rechtsprechung allein danach, wie der zugrunde liegende Vertrag konkret ausgestaltet ist und nicht, wie er auch hätte ausgestaltet sein können (vgl BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 1/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 65 RdNr 21). Entscheidend für die rechtliche Qualifizierung ist bei Grundstückskäufen auf Leibrentenbasis nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wie eng das Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen Rentenzahlung und Grundstücksgeschäft beschaffen ist. Als Leibrente im eigentlichen Sinne des § 759 BGB erachtet der BGH ein "einheitlich nutzbares Recht …, das dem Berechtigten für die Lebenszeit eines Menschen eingeräumt ist und dessen Erträge aus wiederkehrenden, gleichmäßigen und in gleichen Zeitabständen zu gewährenden Leistungen in Geld oder anderen vertretbaren Sachen bestehen"(BGH Urteil vom 16.12.1965 - II ZR 274/63 - BB 1966, 305 - juris RdNr 22). Der Leibrente zugeordnet wird ein Grundstücksüberlassungsvertrag deshalb nur, wenn die Gegenleistung für dessen Überlassung mit der Einräumung des Stammrechts, aus dem die Einzelansprüche erwachsen, formal bereits als vollständig erbracht anzusehen ist und die Rentenzahlungen deshalb im strengen Sinne nicht Gegenleistung für die Grundstücksüberlassung sind, sondern Erfüllung des bereits vorher gewährten Rentenstammrechts. Steht dagegen nach der konkreten vertraglichen Ausgestaltung die Erfüllung (auch) der einzelnen Zahlungsansprüche in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Grundstücksüberlassung - und hat sich der Überlasser deshalb den Rücktritt vom Vertrag vorbehalten für den Fall, dass der Übernehmer mit Zahlungen in Rückstand gerät - dann bilden die "Rentenzahlungen in ihrer Gesamtheit den Kaufpreis für den Erwerb des Grundstücks" (BGH Beschluss vom 25.4.1991 - III ZR 159/90 - WM 1991, 1644, juris RdNr 2 ff, RdNr 5).

19

d) Hiernach könnten Leibrenten der Miete allenfalls gleich zu stellen sein, wenn es sich um Renten im engeren Sinne des § 759 BGB handelt. Muss dagegen eine "Leibrentenzahlung" bei vorbehaltenem Rücktritt - wie hier vertraglich ausbedungen - als Kaufpreisteil gesehen werden, so ist nicht anzunehmen, dass die Zahlungen nicht der Finanzierung des Grunderwerbs dienen. Maßgeblich ist dann nach der Rechtsprechung des BSG, ob es nach den konkreten Umständen "um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist" (vgl erkennender Senat: BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18; 4. Senat: BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23). Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden, nachdem die 2005 - dem Jahr des erstmaligen Bezugs von SGB II-Leistungen der Kläger - 59 Jahre alte Voreigentümerin statistisch eine Lebenserwartung von deutlich über 20 Jahren hatte (Statistisches Bundesamt, Periodensterbetafeln für Deutschland, Allgemeine Sterbetafeln, abgekürzte Sterbetafeln und Sterbetafeln, 1871/1881 bis 2008/2010, S 342).

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Beklagten wird als unzulässig verworfen.

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 sowie der Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 31. August 2010 monatlich weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro zu zahlen.

Wegen der Ansprüche auf weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. September 2010 bis zum 30. November 2010 wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum von Juni 2010 bis November 2010 streitig.

2

Die 1970 geborene, erwerbsfähige und alleinstehende Klägerin bezog im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie bewohnte seit 2004 in H eine Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 48 qm in einem 1900 errichteten Haus mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 300 qm, die mit einem Gasetagenheizofen beheizt wurde. Die Zubereitung des Warmwassers erfolgte nicht über diese Heizung. Sie zahlte an die Vermieterin eine Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro monatlich und an das Energieversorgungsunternehmen eine Vorauszahlung für die Belieferung mit Gas in Höhe von 127 Euro monatlich (insgesamt 330,64 Euro monatlich), die das beklagte Jobcenter als Leistungen für Unterkunft und Heizung zunächst vollständig bewilligte.

3

Mit Schreiben vom 29.1.2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Prüfung der Heizkosten habe ergeben, dass diese mit einem Jahresverbrauch in Höhe von 399,7 kWh pro qm unangemessen hoch seien, und wies sie darauf hin, dass - sollte sie sich nicht bemühen, die Heizkosten zu senken - ab dem 1.6.2009 nur noch die als angemessenen angesehenen Kosten für einen jährlichen Verbrauch von 148 kWh pro qm übernommen werden würden. Tatsächlich senkte er die Leistungen nach Juni 2009 zunächst nicht ab.

4

Im Anschluss an die Vorlage der Jahresabrechnung 2009, aus der sich ein nur wenig niedrigerer Verbrauch (etwa 395 kWh pro qm und Jahr) ergab, teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 17.2.2010 mit, die Kosten seien nach wie vor unangemessen hoch, worauf sie - die Klägerin - bereits mit Schreiben vom 29.1.2009 hingewiesen worden sei. Zur Prüfung, ob die Heizkosten - wie von ihr vorgetragen - baubedingt so hoch seien, werde der Bedarfsermittlungsdienst die Wohnung in Augenschein nehmen. Bei dieser Besichtigung im März 2010 stellte der Bedarfsermittlungsdienst des Beklagten fest, es handele sich um eine unterkellerte Wohnung im Erdgeschoss, die Außenwände seien nicht gedämmt und die Fenster nur teilweise isolierverglast.

5

Für die Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 bewilligte der Beklagte neben der Regelleistung Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 252,18 Euro monatlich, nämlich neben der Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro lediglich noch 48,54 Euro für Heizkosten (Bescheid vom 21.4.2010; Widerspruchsbescheid vom 10.5.2010).

6

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens erhoben, wonach in der innegehabten Wohnung nach dem "Bundesweiten Heizspiegel" ein jährlicher Wärmeverbrauch von 10 032 kWh und nach der Richtlinie 2067 des Vereins Deutscher Ingenieure ein jährlicher Wärmeverbrauch von 12 921 kWh zu erwarten sei. Das SG hat daraufhin den Beklagten verurteilt, "der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.5.2010 Leistungen für Heizkosten in der Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 in Höhe von monatlich 67,93 Euro unter Beachtung der bereits hierfür bewilligten Leistungen zu gewähren" (Urteil vom 13.10.2011). Es sei von einem angemessenen jährlichen Verbrauch von 10 032 kWh im Jahr (= 209 kWh im Jahr je qm) auszugehen, sodass sich unter Orientierung an den Preisen des bisherigen Energieversorgungsunternehmens der tenorierte Betrag (<209 kWh/12 Monate x 6,62 Cent/kWh> / 100 x 48 qm zuzüglich 12,59 Euro Grundkosten pro Monat) ergebe.

7

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, "dass der Beklagte verurteilt wird, (…) Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.6.2010 bis 30.11.2010 in Höhe von monatlich 271,57 Euro zu bewilligen" (Urteil vom 14.5.2012). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Soweit das SG lediglich über die Höhe der Heizkosten entschieden habe, sei dies unzulässig und der Tenor entsprechend zu ändern gewesen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu als das SG zugesprochen habe. Ihr Anspruch belaufe sich auf monatlich 203,64 Euro Kosten der Unterkunft und 67,50 Euro Heizkosten. Aufgrund des Verbots der reformatio in peius verbleibe es aber - ausgehend von dem vom SG errechneten Heizkostenbetrag in Höhe von monatlich 67,93 Euro - bei zu gewährenden Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt 271,57 Euro. Wegen der Bestimmung der angemessenen Heizkosten sei mangels kommunalem Heizspiegel der "Bundesweite Heizspiegel" heranzuziehen und zwar aus Gründen der Rechtssicherheit der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichte Heizspiegel 2010. Etwaige Nachforderungen bei zu niedrig bemessenen Werten des bisherigen Heizspiegels könne der Leistungsberechtigte bei dem Leistungsträger gesondert geltend machen. Weil die Wohnung der Klägerin mit einer Etagenheizung beheizt werde, sei es gerechtfertigt, den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen. Daher ergäben sich monatlich angemessene Heizkosten in Höhe von 67,50 Euro (= 50 qm vervielfältigt mit 16,20 Euro/qm geteilt durch 12 Monate). Die von der Klägerin begehrte Übernahme der tatsächlichen - unangemessen hohen - Heizkostenvorauszahlungen scheide demgegenüber aus. Eine Übernahme komme insbesondere nicht aufgrund des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II in Betracht, weil der Beklagte die Klägerin wirksam zur Senkung der Heizkosten aufgefordert habe.

8

Hiergegen haben die Klägerin und der Beklagte die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.

9

Die Klägerin rügt die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, unter Zugrundelegung des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens sei ein Wärmeverbrauch von 13 000 kWh je Jahr angemessen und der Berechnung zugrunde zu legen. Im Übrigen habe das LSG zu Unrecht den Heizspiegel 2010 herangezogen. Es hätte vielmehr den Heizspiegel 2011, der die Werte des Abrechnungsjahres 2010 enthalte, zugrunde legen müssen, der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits bekannt gewesen sei.

10

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung von monatlich 59,07 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu zahlen sowie die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 abzuändern, soweit er verurteilt wurde, der Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung monatlich von 271,57 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu bewilligen, und die Klage auch insofern abzuweisen
sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

12

Er rügt ebenfalls die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, das LSG habe bei der Berechnung zu Unrecht eine Wohnfläche von 50 qm und nicht die tatsächliche Wohnfläche zugrunde gelegt. Richtigerweise ergäben sich Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich in Höhe von 268,44 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 64,80 Euro Heizkosten). Er - der Beklagte - sei durch das Urteil des LSG auch beschwert, weil die Leistungsverpflichtung durch das zweitinstanzliche Urteil zu seinen Lasten erweitert worden sei.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Beklagten ist unzulässig und daher zu verwerfen (§ 169 Sozialgerichtsgesetz). Für die Zeit ab dem 1.9.2010 ist die zulässige Revision der Klägerin im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Es fehlen ausreichende Feststellungen um beurteilen zu können, ob der Klägerin angesichts der offensichtlich überhöhten Energiekosten die Kostensenkung insbesondere durch einen Umzug in eine insgesamt kostengünstigere Wohnung möglich und zuzumuten war. Für den vorangehenden Zeitraum vom 1.6.2010 bis 31.8.2010 besteht ein Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro monatlich schon deshalb, weil der Beklagte nach Aufforderung zur Kostensenkung mit Schreiben vom 17.2.2010 jedenfalls vor dem 1.9.2010 zur entsprechenden Absenkung der Leistungen nicht berechtigt war. Insoweit kann der Senat in der Sache entscheiden (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).

14

1. Die Revision des Beklagten ist unzulässig. Die aufgrund der Zulassung durch das LSG statthafte Revision kann wie jedes Rechtsmittel zulässig nur in dem Umfang eingelegt werden, in dem der jeweilige Rechtsmittelführer durch die angegriffene Entscheidung beschwert ist. Maßgebend für die Beschwer ist der Inhalt der Entscheidung, soweit er der Rechtskraft fähig ist, also der Tenor, zu dessen Auslegung die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind (vgl BSGE 43, 1, 3 = SozR 1500 § 131 Nr 4).

15

An einer solchen Beschwer durch das Urteil des LSG fehlt es hier für den Beklagten. Das LSG hat den Tenor des SG zwar geändert und den Beklagten zu einer einheitlichen Leistung für Kosten der Unterkunft und Heizung verurteilt, weil es sich nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts ( vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f) bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung um einen einheitlichen Streitgegenstand handele. Eine Erweiterung der Leistungsverpflichtung gegenüber der Entscheidung des SG durch das Urteil des LSG liegt in der Korrektur des Tenors aber nicht. Da bereits das SG zu Leistungen verurteilt hat, die insgesamt 19,39 Euro monatlich höher sind als die von dem Beklagten ursprünglich bewilligten, hat das LSG den der Rechtskraft fähigen Inhalt der Entscheidung nicht zu dessen Lasten erweitert. Soweit der Beklagte schließlich mit seiner Revision einwendet, dass der Klägerin lediglich ein geringerer Gesamtbetrag zustünde, ist das Urteil des SG insoweit bereits in Rechtskraft erwachsen und bindet die Beteiligten (vgl § 141 Abs 1 Nr 1 SGG). Der Beklagte hat trotz des teilweisen Unterliegens vor dem SG nicht selbst Berufung eingelegt, sondern lediglich beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

16

2. Die zulässige Revision der Klägerin hat den Bescheid des Beklagten vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.5.2010 zum Gegenstand, mit dem der Beklagte der Klägerin im streitigen Zeitraum ua Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von lediglich monatlich 252,18 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 48,54 Euro Heizkosten) bewilligt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) und macht höhere Leistungen geltend. Sie hat den Streitgegenstand dabei zulässigerweise auf die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f). Nachdem der Beklagte das Urteil des SG nicht mit der Berufung angegriffen hat, sind nur noch die über 271,57 Euro (monatlich) hinausgehenden Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro im Streit.

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3. Die Klägerin, die nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) im streitigen Zeitraum zum leistungsberechtigten Personenkreis iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007, BGBl I 554) gehört, hat nach § 19 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706) iVm § 22 Abs 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I 2917) Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II).Die auch für Heizkosten vorgesehene Prüfung ihrer Angemessenheit hat nach Wortlaut und Systematik der Norm, wie der Senat bereits im Einzelnen dargelegt hat(stRspr seit BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23), grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen.

18

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken (konkrete Angemessenheit). Wegen der Aufwendungen der Unterkunft sind vorliegend alle berücksichtigungsfähigen Kosten der Klägerin, nämlich die Miete einschließlich der kalten Betriebskosten als "tatsächliche Aufwendungen" vom Beklagten in voller Höhe von 203,64 Euro erbracht worden. Anhaltspunkte dafür, dass diese unangemessen hoch wären, ergeben sich nicht.

19

b) Auch der Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung besteht grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23).

20

aa) Als berücksichtigungsfähige Kosten insoweit macht die Klägerin die monatlichen Abschlagszahlungen gegenüber ihrem Energieversorgungsunternehmen in Höhe von 127 Euro geltend. Weitere berücksichtigungsfähige Bedarfe sind nicht ersichtlich. Im streitigen Zeitraum gehörten entsprechend den normativen Vorgaben in § 20 Abs 1, § 22 Abs 1 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) die Kosten für die Erzeugung von Warmwasser nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung.

21

bb) Eine getrennte Prüfung der Angemessenheit von Aufwendungen für Heizung von denen der Unterkunft folgt neben den dargelegten rechtlichen Überlegungen zumindest derzeit aus praktischen Gründen, die einer einheitlichen Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung und also der Bildung einer abstrakten Gesamtangemessenheitsgrenze entgegenstehen. Ein abstrakt angemessener Heizkostenpreis pro Quadratmeter für eine "einfache" Wohnung (gestaffelt nach abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen) im unteren Segment des Wohnungsmarktes müsste ausgehend von einem als angemessen anzusehenden Heizverhalten des Einzelnen noch klimatische Bedingungen, wechselnde Energiepreise, die "typischen" Energieträger, vor allem aber den im entsprechenden Mietsegment "typischen" Gebäudestandard und den technischen Stand einer als "typisch" anzusehenden Heizungsanlage erfassen. Entsprechend differenzierte Daten, die einen solchen Rückschluss auf einen abstrakt angemessenen, dh für alle Wohnungen im Vergleichsraum geltenden Heizkostenwert zuließen, liegen für den maßgeblichen Wohnungsmarkt am Wohnort der Klägerin nicht vor, wie sich aus den Feststellungen des LSG und dem Vorbringen des Beklagten ergibt.Der Rückgriff auf einen weniger ausdifferenzierten Wert als Quadratmeterhöchstgrenze, wie ihn der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden mit den Kosten für einen Energieverbrauch von 148 kWh pro Jahr und Quadratmeter Wohnfläche beschrieben hat, würde eine unzulässige Pauschalierung von Heizkosten bedeuten (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 19; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Solche Schätzungen eines pauschalen Wertes "ins Blaue hinein" ohne gesicherte empirische Grundlage sind bei Bestimmung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums nicht zulässig (vgl BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 RdNr 171); dies gilt für Regelbedarfe und Bedarfe für Unterkunft und Heizung gleichermaßen.

22

cc) Da gleichwohl auch hinsichtlich der Aufwendungen für Heizung unangemessen hohe Kosten vom Träger der Grundsicherung nicht gezahlt werden müssen, eine abstrakte Festlegung dieser "angemessenen Aufwendungen" aber nicht möglich erscheint, hat eine Prüfung der Heizkosten auf ihre Angemessenheit hin allein orientiert an den Verhältnissen des Einzelfalles zu erfolgen. Der Senat hat dabei ausgeführt, dass regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen ist, wenn bestimmte, von den Vorinstanzen in Bezug genommenen Grenzwerte überschritten werden, die der Senat den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegeln" bzw dem "Bundesweiten Heizspiegel" entnimmt ( BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 21). Dem hat sich der 4. Senat angeschlossen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Trotz der Kritik insbesondere der Herausgeber des Heizspiegels an der von der Rechtsprechung aus diesen Werten abgeleiteten Funktion für das SGB II (vgl die Stellungnahme der co2online gGmbH vom 12.10.2012 unter http://www.heizspiegel.de/heizspiegelkampagne/hartz-iv/index.html), hält der Senat an dieser Rechtsprechung fest. Solange der jeweils örtlich zuständige Träger der Grundsicherung keine im dargestellten Sinne differenzierte Datenermittlung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat, die zuverlässige Schlüsse auf einen Wert für grundsicherungsrechtlich angemessene Heizkosten in seinem Zuständigkeitsbereich zulassen, ist die Heranziehung eines Grenzwertes aus Gründen der Praktikabilität geboten; dementsprechend ist die Rechtsprechung des BSG in der Folge vom Gesetzgeber nicht korrigiert worden. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass der hohe Grenzwert der energiepolitischen Zielsetzung eines Heizspiegels zuwiderläuft. Solche Zielsetzungen sind im Anwendungsbereich des SGB II aber nach den gesetzgeberischen Vorgaben unbeachtlich.

23

Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel kommt aber - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt nämlich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich insoweit um angemessene Kosten. Soweit der Senat (Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22) formuliert hat, der Grundsicherungsempfänger könne "im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen", folgt hieraus nichts anderes. Wie sich bereits aus dieser Entscheidung des Senats ergibt, markiert der Grenzwert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden ("im Regelfall"). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger obliegt vorzutragen, warum seine Aufwendungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind (aaO RdNr 23). Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast.

24

Gegen die Heranziehung des Heizspiegels zur Bestimmung des Grenzwertes kann vorliegend nicht eingewandt werden, dass Wohnungen, die nicht durch eine zentrale Heizungsanlage, sondern durch Heizöfen beheizt werden, vom Heizspiegel nicht erfasst werden (so aber Cottmann/Hillebrand, info also 2011, 28). Mit dem Grenzwert soll nur ermittelt werden, ob von einem Heizkostenverbrauch ausgegangen werden muss, der vom Verbraucher üblicherweise als überhöht angesehen wird (vgl bereits BSG aaO RdNr 23). Dabei können als "Standardverhältnisse" durchaus die Werte für die drei am weitesten verbreiteten Energieträger bei einer zentralen Beheizung herangezogen werden.

25

dd) Im vorliegenden Fall ist der maßgebliche Grenzwert überschritten. Dieser Grenzwert errechnet sich - wie der Senat bereits entschieden hat - aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (dagegen nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung, vgl im Einzelnen BSG aaO RdNr 20) und - weil vorliegend ein kommunaler Heizspiegel nicht existiert - den entsprechenden Werten der Spalte "zu hoch" für Erdgas des "Bundesweiten Heizspiegels", der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war (hier der Heizspiegel 2010). Da eine Absenkung auch bei Überschreiten des Grenzwertes nur aufgrund einer Angemessenheitsprüfung im Einzelfall erfolgen kann und sich die in Folge dieser Einzelfallprüfung zu zahlenden Heizkosten ohnehin nicht aus dem Heizspiegel (im Sinne eines abstrakt angemessenen Quadratmeterhöchstwerts) ergeben, kommt den Werten des Heizkostenspiegels aus späteren Jahren keine Bedeutung zu. Ohne dass dies vorliegend abschließend entschieden werden muss, neigt der Senat wie das LSG dazu, bei Wohnungen, die mit einer Etagenheizung beheizt werden, zugunsten der Hilfebedürftigen den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen, weil diese den Verbrauchswerten einer Einzelheizanlage am nächsten kommen. Schließlich liegt nahe, für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie oä), den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen. Auch dies ist abschließend aber nicht zu entscheiden. Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Gas (215 kWh pro qm x 50 = 10750 kWh) ist vorliegend - bei einem Gesamtverbrauch der Klägerin von nahezu 19 000 kWh pro Jahr und Kosten von etwa 1500 Euro im Jahr - in jedem Fall überschritten.

26

ee) Das Überschreiten des Grenzwertes hat zunächst zur Folge, dass die Klägerin die Gründe dafür vorbringen muss, dass ihre Aufwendungen im Einzelfall gleichwohl als angemessen anzusehen sind. Personenbedingte Gründe (zB Bettlägerigkeit eines Angehörigen der Haushaltsgemeinschaft, Zugehörigkeit kleiner Kinder zur Bedarfsgemeinschaft oä), die die Rechtsprechung bislang in erster Linie als erheblich angesehen hat (BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23 RdNr 25; vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 28), sind vorliegend nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar.

27

Der ungünstige energetische Standard einer Wohnung, den die Klägerin geltend macht und den die innegehabte Wohnung hier nach den Feststellungen des Gutachters (auch) ausweist, ist für sich genommen kein Grund im Einzelfall, der den Träger der Grundsicherung zur dauerhaften Übernahme von hohen Heizkosten als "angemessene" Aufwendungen verpflichtet. Soweit der Senat ein "unwirtschaftliches Heizverhalten" als Anknüpfungspunkt für eine Pflicht zur Kostensenkung angesehen hat, ist dies nicht dahin zu verstehen, dass nur "unvernünftiges", objektiv nicht begründbares Verhalten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers eine Pflicht zur Kostensenkung nach sich zieht. Auch unangemessen hohe (und damit unwirtschaftliche) Kosten, die der hilfebedürftige Leistungsempfänger nicht beeinflussen kann, berechtigten den Träger der Grundsicherung im Grundsatz nicht anders als bei überhöhten Unterkunftskosten Kostensenkungsmaßnahmen einzufordern.

28

c) Stellen sich die tatsächlich wegen der Heizung anfallenden Aufwendungen damit auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände der Klägerin im Einzelfall als unangemessen hoch dar, ist in einem abschließenden Schritt zu prüfen, ob daraus eine Pflicht zur Senkung der Kosten folgt (vgl zur Kostensenkungsobliegenheit grundlegend BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 29 und im Anschluss etwa Urteil des Senats vom 7.5.2009 - B 14 AS 14/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 20 RdNr 28; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 14; BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36, RdNr 14). Dies ergibt sich - auch wegen der bis zum 31.12.2010 nicht ausdrücklich genannten Aufwendungen für die Heizung (vgl Urteil des Senats vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 = Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18) - aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, wonach die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen sind, wie es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

29

aa) Wenn in einem Abrechnungszeitraum trotz eines vorangegangenen Hinweises (hier vom 29.1.2009) eine maßgebliche Kostensenkung durch Energieeinsparung nicht erzielt wird, kommt bei unangemessen hohen Aufwendungen für Heizung - wie bei überhöhten Kosten der Unterkunft auch - vor allem der in § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II ausdrücklich genannte Wohnungswechsel als Maßnahme zur Kostensenkung in Betracht. Denn eine Kostensenkung durch Energieeinsparung ist dann entweder vom hilfebedürftigen Leistungsberechtigten nicht ernsthaft gewollt (und kann aber vom Träger der Grundsicherung nicht im Einzelfall "kontrolliert" und durchgesetzt werden) oder ist in der Wohnung aufgrund gebäude- und/oder wohnungsspezifischer Faktoren objektiv nicht zu erreichen oder macht Investitionen vor allem des Vermieters notwendig, die der hilfebedürftige Leistungsberechtigte als Mieter nicht erzwingen kann (und die überdies zu einer Erhöhung der Miete führen können).

30

Der Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme wegen überhöhter Heizkosten ist aber nur zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen. Nur ein Wohnungswechsel, mit dem dieses Ziel erreicht werden kann, ist das von dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger geforderte "wirtschaftliche Verhalten". Ein Wohnungswechsel, der zwar zu niedrigeren Heizkosten, nicht aber zu niedrigeren Gesamtkosten führt, wäre seinerseits unwirtschaftlich und deshalb nicht zumutbar. Gegenüber dem grundsätzlich schützenswerten individuellen Interesse des hilfebedürftigen Leistungsempfängers am Verbleib in seiner Wohnung überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an deren Aufgabe nur für den Fall eines wirtschaftlich sinnvollen Umzuges. Stehen auf dem in Bezug zu nehmenden Wohnungsmarkt keine Wohnungen zur Verfügung, in denen von dem Träger der Grundsicherung insgesamt niedrigere Kosten aufzubringen sind, bleibt es der Entscheidung des Einzelnen überlassen, ob er weiterhin in einer Wohnung, die entsprechende Nachteile eines ungünstigen energetischen Standards mit sich bringt, aus anderen Gründen (etwa wegen ihrer Lage oder ihres Zuschnitts) verbleiben will. Ein ungünstiger energetischer Standard der Wohnung bleibt insofern bei Prüfung der Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht unbeachtlich.

31

In diesem Ergebnis sieht sich der Senat durch die Neuregelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II zum 1.1.2011 (mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 ) bestätigt. Danach muss eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Auch wenn im Gesetzgebungsverfahren andere Beispielsfälle zur Diskussion standen (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98), bestätigt Satz 4 in der neuen Fassung die Möglichkeit eines zusammenfassenden Wirtschaftlichkeitsvergleichs hinsichtlich der gesamten Bruttowarmkosten (so auch Berlit in Münder, SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 92; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, § 22 RdNr 166), ohne dass über die Einzelheiten der Regelung, die vorliegend unmittelbar noch nicht zur Anwendung kommt, zu entscheiden wäre.

32

Im vorliegenden Fall wird das LSG nach Zurückverweisung also zu prüfen haben, welche Vergleichskosten für Unterkunft und Heizung sich auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt ergeben, die der Beklagte nach einem Wohnungswechsel als angemessen zu zahlen hätte. Neben dem (gerichtlich voll zu überprüfenden) Wert, der sich für die Kosten der Unterkunft einer alleinstehenden Person als abstrakt angemessen ergibt, kann wegen der Kosten der Heizung im Ausgangspunkt auf die vom Beklagten in seiner Verwaltungspraxis als angemessen angesehenen (durchschnittlichen) Heizkosten zurückgegriffen werden. Jedenfalls vorliegend erscheinen diese mit rund 1 Euro pro qm und Monat insbesondere im Vergleich mit Durchschnittskosten aus den Betriebskostenübersichten des Deutschen Mieterbundes (0,84 Euro Kosten für Heizung im Bundesdurchschnitt für das der streitigen Kostensenkung vorangegangene Abrechnungsjahr 2009) nicht unrealistisch niedrig. Die Werte des Heizspiegels, die nicht das tatsächliche Preisniveau auf dem Wohnungsmarkt widerspiegeln, sind bei dieser Prüfung nicht heranzuziehen.

33

Ergibt sich - was vorliegend angesichts der recht geringen Bruttokaltmiete möglich ist -, dass die tatsächlichen Gesamtaufwendungen der Klägerin diese Vergleichskosten nicht übersteigen, sind der Klägerin Kostensenkungsmaßnahmen iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht zumutbar. Die tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind dann weiterhin zu übernehmen. Übersteigen die tatsächlichen Gesamtkosten die genannten Vergleichswerte für Unterkunft und Heizung, ist eine Kostensenkung durch Wohnungswechsel im Grundsatz abzuverlangen, wenn im maßgeblichen Vergleichsraum Wohnungen zu diesem Gesamtpreis zur Verfügung stehen, wofür der Beklagte die materielle Beweislast trägt. Bei zutreffender Ermittlung eines abstrakt angemessenen Wertes für die Unterkunftskosten kann zwar davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu dieser abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete im örtlichen Vergleichsraum gibt (vgl BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46). Solange aber ein Umzug wegen der Höhe der Kosten der Heizung notwendig wird und die vom Beklagten als angemessen angesehenen Heizkosten (mangels entsprechend differenzierter Datenerhebung) einen abstrakt angemessenen Wert nicht wiedergeben, kann diese Vermutung nicht gelten. Es bleibt (ähnlich wie dies § 22a SGB II in der seit dem 1.4.2011 geltenden Fassung vorgibt) dem kommunalen Träger überlassen, eine Datenermittlung zur Bestimmung eines differenzierten abstrakt angemessenen Wertes der Heizkosten im in Bezug zu nehmenden Wohnsegment durchzuführen oder entsprechende Wohnungen nachzuweisen.

34

bb) Für die Zeit bis zum 31.8.2010 besteht ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (mithin in Höhe von weiteren 59,07 Euro monatlich), sodass die Revision der Klägerin insoweit in der Sache erfolgreich war. Erst mit dem 1.9.2010 war das einer Kostensenkung durch den Träger der Grundsicherung vorausgehende Kostensenkungsverfahren abgeschlossen; während der sechs vorangegangenen Monate war der Klägerin die Möglichkeit einzuräumen, die Kosten entsprechend den Vorgaben im Schreiben vom 29.1.2009 und vom 17.2.2010 zu senken. In dieser Zeit waren die tatsächlichen Kosten zu zahlen; erst danach kann der Beklagte - das Vorliegen der übrigen, oben dargelegten Voraussetzungen unterstellt - die Kosten rechtmäßig auf die angemessene Höhe senken.

35

Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, aus dem nach der Rechtsprechung beider Senate (über den Wortlaut hinaus) neben der Obliegenheit zur Kostensenkung auch folgt, dass die Absenkung auf die nach Ansicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Kosten ein Kostensenkungsverfahren voraussetzt, das den Hilfebedürftigen in die Lage versetzt, diesen Kostensenkungsobliegenheiten - regelmäßig innerhalb von sechs Monaten - nachzukommen(vgl insbesondere zur Kostensenkungsaufforderung wegen der Aufwendungen für Heizung BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 - Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18 mwN ).

36

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen genügte die am 29.1.2009 ausgesprochene Aufforderung zur Senkung der Kosten für die vorliegend streitige Absenkung ab dem 1.6.2010 nicht. Dies liegt schon deshalb nahe, weil eine Kostensenkung vorrangig durch Energieeinsparungen bei jährlicher Abrechnung der entsprechenden Kosten durch ein Energieversorgungsunternehmen nicht innerhalb von sechs Monaten realisierbar ist und es angezeigt erscheinen könnte, wegen der Kostensenkung durch Einsparung von Energie (die wegen der Regelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II aF§ 22 abs 3 sgb ii> jedenfalls dem Träger der Grundsicherung zugutekommt) regelmäßig einen längeren Zeitraum zur Änderung des Verbrauchsverhaltens zuzubilligen. Eine abschließende Entscheidung braucht hierüber aber nicht zu erfolgen, denn jedenfalls hat der Beklagte die zum 1.6.2009 angekündigte Absenkung von Kosten der Heizung nicht durchgeführt. Da auf die erste Kostensenkungsaufforderung hin über längere Zeit hinweg gleichwohl die Kosten der Unterkunft und Heizung vollständig übernommen worden sind, durfte allein auf Grundlage dieser Kostensenkungsaufforderung eine Absenkung nicht mehr erfolgen (vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 57 RdNr 21).

37

Erst mit der Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 ist damit das für den vorliegend streitigen Zeitraum maßgebliche Kostensenkungsverfahren eingeleitet worden. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte inhaltlich auf die Anforderungen zur Kostensenkung im Schreiben vom 29.1.2009 Bezug genommen hat und das Schreiben vom 17.2.2010 weitergehende Hinweise nicht enthält. Es brauchten die weiteren Möglichkeiten zur Kostensenkung - insbesondere auch eine ggf bestehende Verpflichtung zum Wohnungswechsel - nicht im Einzelnen aufgezeigt werden. Der Klägerin war zuzumuten, die notwendigen Entscheidungen auf der Grundlage der bis dahin erteilten Hinweise zu treffen und verbliebende Zweifel durch entsprechende Rückfragen zu klären (vgl bereits BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8 RdNr 15).

38

Die Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 setzte damit eine Frist zur Senkung von Kosten innerhalb der folgenden sechs Monate in Gang. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, weshalb die mit der erneuten Kostensenkungsaufforderung ausgelöste Frist vorliegend nur verkürzt gelten sollte. Da eine Kostensenkung durch Energieeinsparung sich entgegen den Erwartungen des Beklagten nicht hatte realisieren lassen, musste der Klägerin - wollte sie einer Absenkung von Leistungen entgehen - andere Möglichkeiten der Kosteneinsparung prüfen. Insbesondere ein von ihr ggf zu erwartender Wohnungswechsel bedarf aber eines erneuten zeitlichen Vorlaufs, für den sechs Monate ohne Weiteres notwendig erscheinen.

39

4. Das LSG wird abschließend ggf über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Tenor

Die Revision des Beklagten wird als unzulässig verworfen.

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 sowie der Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 31. August 2010 monatlich weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro zu zahlen.

Wegen der Ansprüche auf weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. September 2010 bis zum 30. November 2010 wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum von Juni 2010 bis November 2010 streitig.

2

Die 1970 geborene, erwerbsfähige und alleinstehende Klägerin bezog im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie bewohnte seit 2004 in H eine Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 48 qm in einem 1900 errichteten Haus mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 300 qm, die mit einem Gasetagenheizofen beheizt wurde. Die Zubereitung des Warmwassers erfolgte nicht über diese Heizung. Sie zahlte an die Vermieterin eine Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro monatlich und an das Energieversorgungsunternehmen eine Vorauszahlung für die Belieferung mit Gas in Höhe von 127 Euro monatlich (insgesamt 330,64 Euro monatlich), die das beklagte Jobcenter als Leistungen für Unterkunft und Heizung zunächst vollständig bewilligte.

3

Mit Schreiben vom 29.1.2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Prüfung der Heizkosten habe ergeben, dass diese mit einem Jahresverbrauch in Höhe von 399,7 kWh pro qm unangemessen hoch seien, und wies sie darauf hin, dass - sollte sie sich nicht bemühen, die Heizkosten zu senken - ab dem 1.6.2009 nur noch die als angemessenen angesehenen Kosten für einen jährlichen Verbrauch von 148 kWh pro qm übernommen werden würden. Tatsächlich senkte er die Leistungen nach Juni 2009 zunächst nicht ab.

4

Im Anschluss an die Vorlage der Jahresabrechnung 2009, aus der sich ein nur wenig niedrigerer Verbrauch (etwa 395 kWh pro qm und Jahr) ergab, teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 17.2.2010 mit, die Kosten seien nach wie vor unangemessen hoch, worauf sie - die Klägerin - bereits mit Schreiben vom 29.1.2009 hingewiesen worden sei. Zur Prüfung, ob die Heizkosten - wie von ihr vorgetragen - baubedingt so hoch seien, werde der Bedarfsermittlungsdienst die Wohnung in Augenschein nehmen. Bei dieser Besichtigung im März 2010 stellte der Bedarfsermittlungsdienst des Beklagten fest, es handele sich um eine unterkellerte Wohnung im Erdgeschoss, die Außenwände seien nicht gedämmt und die Fenster nur teilweise isolierverglast.

5

Für die Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 bewilligte der Beklagte neben der Regelleistung Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 252,18 Euro monatlich, nämlich neben der Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro lediglich noch 48,54 Euro für Heizkosten (Bescheid vom 21.4.2010; Widerspruchsbescheid vom 10.5.2010).

6

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens erhoben, wonach in der innegehabten Wohnung nach dem "Bundesweiten Heizspiegel" ein jährlicher Wärmeverbrauch von 10 032 kWh und nach der Richtlinie 2067 des Vereins Deutscher Ingenieure ein jährlicher Wärmeverbrauch von 12 921 kWh zu erwarten sei. Das SG hat daraufhin den Beklagten verurteilt, "der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.5.2010 Leistungen für Heizkosten in der Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 in Höhe von monatlich 67,93 Euro unter Beachtung der bereits hierfür bewilligten Leistungen zu gewähren" (Urteil vom 13.10.2011). Es sei von einem angemessenen jährlichen Verbrauch von 10 032 kWh im Jahr (= 209 kWh im Jahr je qm) auszugehen, sodass sich unter Orientierung an den Preisen des bisherigen Energieversorgungsunternehmens der tenorierte Betrag (<209 kWh/12 Monate x 6,62 Cent/kWh> / 100 x 48 qm zuzüglich 12,59 Euro Grundkosten pro Monat) ergebe.

7

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, "dass der Beklagte verurteilt wird, (…) Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.6.2010 bis 30.11.2010 in Höhe von monatlich 271,57 Euro zu bewilligen" (Urteil vom 14.5.2012). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Soweit das SG lediglich über die Höhe der Heizkosten entschieden habe, sei dies unzulässig und der Tenor entsprechend zu ändern gewesen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu als das SG zugesprochen habe. Ihr Anspruch belaufe sich auf monatlich 203,64 Euro Kosten der Unterkunft und 67,50 Euro Heizkosten. Aufgrund des Verbots der reformatio in peius verbleibe es aber - ausgehend von dem vom SG errechneten Heizkostenbetrag in Höhe von monatlich 67,93 Euro - bei zu gewährenden Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt 271,57 Euro. Wegen der Bestimmung der angemessenen Heizkosten sei mangels kommunalem Heizspiegel der "Bundesweite Heizspiegel" heranzuziehen und zwar aus Gründen der Rechtssicherheit der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichte Heizspiegel 2010. Etwaige Nachforderungen bei zu niedrig bemessenen Werten des bisherigen Heizspiegels könne der Leistungsberechtigte bei dem Leistungsträger gesondert geltend machen. Weil die Wohnung der Klägerin mit einer Etagenheizung beheizt werde, sei es gerechtfertigt, den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen. Daher ergäben sich monatlich angemessene Heizkosten in Höhe von 67,50 Euro (= 50 qm vervielfältigt mit 16,20 Euro/qm geteilt durch 12 Monate). Die von der Klägerin begehrte Übernahme der tatsächlichen - unangemessen hohen - Heizkostenvorauszahlungen scheide demgegenüber aus. Eine Übernahme komme insbesondere nicht aufgrund des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II in Betracht, weil der Beklagte die Klägerin wirksam zur Senkung der Heizkosten aufgefordert habe.

8

Hiergegen haben die Klägerin und der Beklagte die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.

9

Die Klägerin rügt die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, unter Zugrundelegung des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens sei ein Wärmeverbrauch von 13 000 kWh je Jahr angemessen und der Berechnung zugrunde zu legen. Im Übrigen habe das LSG zu Unrecht den Heizspiegel 2010 herangezogen. Es hätte vielmehr den Heizspiegel 2011, der die Werte des Abrechnungsjahres 2010 enthalte, zugrunde legen müssen, der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits bekannt gewesen sei.

10

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung von monatlich 59,07 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu zahlen sowie die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 abzuändern, soweit er verurteilt wurde, der Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung monatlich von 271,57 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu bewilligen, und die Klage auch insofern abzuweisen
sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

12

Er rügt ebenfalls die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, das LSG habe bei der Berechnung zu Unrecht eine Wohnfläche von 50 qm und nicht die tatsächliche Wohnfläche zugrunde gelegt. Richtigerweise ergäben sich Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich in Höhe von 268,44 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 64,80 Euro Heizkosten). Er - der Beklagte - sei durch das Urteil des LSG auch beschwert, weil die Leistungsverpflichtung durch das zweitinstanzliche Urteil zu seinen Lasten erweitert worden sei.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Beklagten ist unzulässig und daher zu verwerfen (§ 169 Sozialgerichtsgesetz). Für die Zeit ab dem 1.9.2010 ist die zulässige Revision der Klägerin im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Es fehlen ausreichende Feststellungen um beurteilen zu können, ob der Klägerin angesichts der offensichtlich überhöhten Energiekosten die Kostensenkung insbesondere durch einen Umzug in eine insgesamt kostengünstigere Wohnung möglich und zuzumuten war. Für den vorangehenden Zeitraum vom 1.6.2010 bis 31.8.2010 besteht ein Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro monatlich schon deshalb, weil der Beklagte nach Aufforderung zur Kostensenkung mit Schreiben vom 17.2.2010 jedenfalls vor dem 1.9.2010 zur entsprechenden Absenkung der Leistungen nicht berechtigt war. Insoweit kann der Senat in der Sache entscheiden (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).

14

1. Die Revision des Beklagten ist unzulässig. Die aufgrund der Zulassung durch das LSG statthafte Revision kann wie jedes Rechtsmittel zulässig nur in dem Umfang eingelegt werden, in dem der jeweilige Rechtsmittelführer durch die angegriffene Entscheidung beschwert ist. Maßgebend für die Beschwer ist der Inhalt der Entscheidung, soweit er der Rechtskraft fähig ist, also der Tenor, zu dessen Auslegung die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind (vgl BSGE 43, 1, 3 = SozR 1500 § 131 Nr 4).

15

An einer solchen Beschwer durch das Urteil des LSG fehlt es hier für den Beklagten. Das LSG hat den Tenor des SG zwar geändert und den Beklagten zu einer einheitlichen Leistung für Kosten der Unterkunft und Heizung verurteilt, weil es sich nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts ( vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f) bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung um einen einheitlichen Streitgegenstand handele. Eine Erweiterung der Leistungsverpflichtung gegenüber der Entscheidung des SG durch das Urteil des LSG liegt in der Korrektur des Tenors aber nicht. Da bereits das SG zu Leistungen verurteilt hat, die insgesamt 19,39 Euro monatlich höher sind als die von dem Beklagten ursprünglich bewilligten, hat das LSG den der Rechtskraft fähigen Inhalt der Entscheidung nicht zu dessen Lasten erweitert. Soweit der Beklagte schließlich mit seiner Revision einwendet, dass der Klägerin lediglich ein geringerer Gesamtbetrag zustünde, ist das Urteil des SG insoweit bereits in Rechtskraft erwachsen und bindet die Beteiligten (vgl § 141 Abs 1 Nr 1 SGG). Der Beklagte hat trotz des teilweisen Unterliegens vor dem SG nicht selbst Berufung eingelegt, sondern lediglich beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

16

2. Die zulässige Revision der Klägerin hat den Bescheid des Beklagten vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.5.2010 zum Gegenstand, mit dem der Beklagte der Klägerin im streitigen Zeitraum ua Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von lediglich monatlich 252,18 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 48,54 Euro Heizkosten) bewilligt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) und macht höhere Leistungen geltend. Sie hat den Streitgegenstand dabei zulässigerweise auf die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f). Nachdem der Beklagte das Urteil des SG nicht mit der Berufung angegriffen hat, sind nur noch die über 271,57 Euro (monatlich) hinausgehenden Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro im Streit.

17

3. Die Klägerin, die nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) im streitigen Zeitraum zum leistungsberechtigten Personenkreis iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007, BGBl I 554) gehört, hat nach § 19 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706) iVm § 22 Abs 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I 2917) Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II).Die auch für Heizkosten vorgesehene Prüfung ihrer Angemessenheit hat nach Wortlaut und Systematik der Norm, wie der Senat bereits im Einzelnen dargelegt hat(stRspr seit BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23), grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen.

18

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken (konkrete Angemessenheit). Wegen der Aufwendungen der Unterkunft sind vorliegend alle berücksichtigungsfähigen Kosten der Klägerin, nämlich die Miete einschließlich der kalten Betriebskosten als "tatsächliche Aufwendungen" vom Beklagten in voller Höhe von 203,64 Euro erbracht worden. Anhaltspunkte dafür, dass diese unangemessen hoch wären, ergeben sich nicht.

19

b) Auch der Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung besteht grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23).

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aa) Als berücksichtigungsfähige Kosten insoweit macht die Klägerin die monatlichen Abschlagszahlungen gegenüber ihrem Energieversorgungsunternehmen in Höhe von 127 Euro geltend. Weitere berücksichtigungsfähige Bedarfe sind nicht ersichtlich. Im streitigen Zeitraum gehörten entsprechend den normativen Vorgaben in § 20 Abs 1, § 22 Abs 1 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) die Kosten für die Erzeugung von Warmwasser nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung.

21

bb) Eine getrennte Prüfung der Angemessenheit von Aufwendungen für Heizung von denen der Unterkunft folgt neben den dargelegten rechtlichen Überlegungen zumindest derzeit aus praktischen Gründen, die einer einheitlichen Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung und also der Bildung einer abstrakten Gesamtangemessenheitsgrenze entgegenstehen. Ein abstrakt angemessener Heizkostenpreis pro Quadratmeter für eine "einfache" Wohnung (gestaffelt nach abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen) im unteren Segment des Wohnungsmarktes müsste ausgehend von einem als angemessen anzusehenden Heizverhalten des Einzelnen noch klimatische Bedingungen, wechselnde Energiepreise, die "typischen" Energieträger, vor allem aber den im entsprechenden Mietsegment "typischen" Gebäudestandard und den technischen Stand einer als "typisch" anzusehenden Heizungsanlage erfassen. Entsprechend differenzierte Daten, die einen solchen Rückschluss auf einen abstrakt angemessenen, dh für alle Wohnungen im Vergleichsraum geltenden Heizkostenwert zuließen, liegen für den maßgeblichen Wohnungsmarkt am Wohnort der Klägerin nicht vor, wie sich aus den Feststellungen des LSG und dem Vorbringen des Beklagten ergibt.Der Rückgriff auf einen weniger ausdifferenzierten Wert als Quadratmeterhöchstgrenze, wie ihn der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden mit den Kosten für einen Energieverbrauch von 148 kWh pro Jahr und Quadratmeter Wohnfläche beschrieben hat, würde eine unzulässige Pauschalierung von Heizkosten bedeuten (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 19; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Solche Schätzungen eines pauschalen Wertes "ins Blaue hinein" ohne gesicherte empirische Grundlage sind bei Bestimmung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums nicht zulässig (vgl BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 RdNr 171); dies gilt für Regelbedarfe und Bedarfe für Unterkunft und Heizung gleichermaßen.

22

cc) Da gleichwohl auch hinsichtlich der Aufwendungen für Heizung unangemessen hohe Kosten vom Träger der Grundsicherung nicht gezahlt werden müssen, eine abstrakte Festlegung dieser "angemessenen Aufwendungen" aber nicht möglich erscheint, hat eine Prüfung der Heizkosten auf ihre Angemessenheit hin allein orientiert an den Verhältnissen des Einzelfalles zu erfolgen. Der Senat hat dabei ausgeführt, dass regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen ist, wenn bestimmte, von den Vorinstanzen in Bezug genommenen Grenzwerte überschritten werden, die der Senat den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegeln" bzw dem "Bundesweiten Heizspiegel" entnimmt ( BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 21). Dem hat sich der 4. Senat angeschlossen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Trotz der Kritik insbesondere der Herausgeber des Heizspiegels an der von der Rechtsprechung aus diesen Werten abgeleiteten Funktion für das SGB II (vgl die Stellungnahme der co2online gGmbH vom 12.10.2012 unter http://www.heizspiegel.de/heizspiegelkampagne/hartz-iv/index.html), hält der Senat an dieser Rechtsprechung fest. Solange der jeweils örtlich zuständige Träger der Grundsicherung keine im dargestellten Sinne differenzierte Datenermittlung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat, die zuverlässige Schlüsse auf einen Wert für grundsicherungsrechtlich angemessene Heizkosten in seinem Zuständigkeitsbereich zulassen, ist die Heranziehung eines Grenzwertes aus Gründen der Praktikabilität geboten; dementsprechend ist die Rechtsprechung des BSG in der Folge vom Gesetzgeber nicht korrigiert worden. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass der hohe Grenzwert der energiepolitischen Zielsetzung eines Heizspiegels zuwiderläuft. Solche Zielsetzungen sind im Anwendungsbereich des SGB II aber nach den gesetzgeberischen Vorgaben unbeachtlich.

23

Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel kommt aber - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt nämlich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich insoweit um angemessene Kosten. Soweit der Senat (Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22) formuliert hat, der Grundsicherungsempfänger könne "im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen", folgt hieraus nichts anderes. Wie sich bereits aus dieser Entscheidung des Senats ergibt, markiert der Grenzwert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden ("im Regelfall"). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger obliegt vorzutragen, warum seine Aufwendungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind (aaO RdNr 23). Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast.

24

Gegen die Heranziehung des Heizspiegels zur Bestimmung des Grenzwertes kann vorliegend nicht eingewandt werden, dass Wohnungen, die nicht durch eine zentrale Heizungsanlage, sondern durch Heizöfen beheizt werden, vom Heizspiegel nicht erfasst werden (so aber Cottmann/Hillebrand, info also 2011, 28). Mit dem Grenzwert soll nur ermittelt werden, ob von einem Heizkostenverbrauch ausgegangen werden muss, der vom Verbraucher üblicherweise als überhöht angesehen wird (vgl bereits BSG aaO RdNr 23). Dabei können als "Standardverhältnisse" durchaus die Werte für die drei am weitesten verbreiteten Energieträger bei einer zentralen Beheizung herangezogen werden.

25

dd) Im vorliegenden Fall ist der maßgebliche Grenzwert überschritten. Dieser Grenzwert errechnet sich - wie der Senat bereits entschieden hat - aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (dagegen nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung, vgl im Einzelnen BSG aaO RdNr 20) und - weil vorliegend ein kommunaler Heizspiegel nicht existiert - den entsprechenden Werten der Spalte "zu hoch" für Erdgas des "Bundesweiten Heizspiegels", der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war (hier der Heizspiegel 2010). Da eine Absenkung auch bei Überschreiten des Grenzwertes nur aufgrund einer Angemessenheitsprüfung im Einzelfall erfolgen kann und sich die in Folge dieser Einzelfallprüfung zu zahlenden Heizkosten ohnehin nicht aus dem Heizspiegel (im Sinne eines abstrakt angemessenen Quadratmeterhöchstwerts) ergeben, kommt den Werten des Heizkostenspiegels aus späteren Jahren keine Bedeutung zu. Ohne dass dies vorliegend abschließend entschieden werden muss, neigt der Senat wie das LSG dazu, bei Wohnungen, die mit einer Etagenheizung beheizt werden, zugunsten der Hilfebedürftigen den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen, weil diese den Verbrauchswerten einer Einzelheizanlage am nächsten kommen. Schließlich liegt nahe, für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie oä), den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen. Auch dies ist abschließend aber nicht zu entscheiden. Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Gas (215 kWh pro qm x 50 = 10750 kWh) ist vorliegend - bei einem Gesamtverbrauch der Klägerin von nahezu 19 000 kWh pro Jahr und Kosten von etwa 1500 Euro im Jahr - in jedem Fall überschritten.

26

ee) Das Überschreiten des Grenzwertes hat zunächst zur Folge, dass die Klägerin die Gründe dafür vorbringen muss, dass ihre Aufwendungen im Einzelfall gleichwohl als angemessen anzusehen sind. Personenbedingte Gründe (zB Bettlägerigkeit eines Angehörigen der Haushaltsgemeinschaft, Zugehörigkeit kleiner Kinder zur Bedarfsgemeinschaft oä), die die Rechtsprechung bislang in erster Linie als erheblich angesehen hat (BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23 RdNr 25; vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 28), sind vorliegend nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar.

27

Der ungünstige energetische Standard einer Wohnung, den die Klägerin geltend macht und den die innegehabte Wohnung hier nach den Feststellungen des Gutachters (auch) ausweist, ist für sich genommen kein Grund im Einzelfall, der den Träger der Grundsicherung zur dauerhaften Übernahme von hohen Heizkosten als "angemessene" Aufwendungen verpflichtet. Soweit der Senat ein "unwirtschaftliches Heizverhalten" als Anknüpfungspunkt für eine Pflicht zur Kostensenkung angesehen hat, ist dies nicht dahin zu verstehen, dass nur "unvernünftiges", objektiv nicht begründbares Verhalten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers eine Pflicht zur Kostensenkung nach sich zieht. Auch unangemessen hohe (und damit unwirtschaftliche) Kosten, die der hilfebedürftige Leistungsempfänger nicht beeinflussen kann, berechtigten den Träger der Grundsicherung im Grundsatz nicht anders als bei überhöhten Unterkunftskosten Kostensenkungsmaßnahmen einzufordern.

28

c) Stellen sich die tatsächlich wegen der Heizung anfallenden Aufwendungen damit auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände der Klägerin im Einzelfall als unangemessen hoch dar, ist in einem abschließenden Schritt zu prüfen, ob daraus eine Pflicht zur Senkung der Kosten folgt (vgl zur Kostensenkungsobliegenheit grundlegend BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 29 und im Anschluss etwa Urteil des Senats vom 7.5.2009 - B 14 AS 14/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 20 RdNr 28; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 14; BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36, RdNr 14). Dies ergibt sich - auch wegen der bis zum 31.12.2010 nicht ausdrücklich genannten Aufwendungen für die Heizung (vgl Urteil des Senats vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 = Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18) - aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, wonach die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen sind, wie es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

29

aa) Wenn in einem Abrechnungszeitraum trotz eines vorangegangenen Hinweises (hier vom 29.1.2009) eine maßgebliche Kostensenkung durch Energieeinsparung nicht erzielt wird, kommt bei unangemessen hohen Aufwendungen für Heizung - wie bei überhöhten Kosten der Unterkunft auch - vor allem der in § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II ausdrücklich genannte Wohnungswechsel als Maßnahme zur Kostensenkung in Betracht. Denn eine Kostensenkung durch Energieeinsparung ist dann entweder vom hilfebedürftigen Leistungsberechtigten nicht ernsthaft gewollt (und kann aber vom Träger der Grundsicherung nicht im Einzelfall "kontrolliert" und durchgesetzt werden) oder ist in der Wohnung aufgrund gebäude- und/oder wohnungsspezifischer Faktoren objektiv nicht zu erreichen oder macht Investitionen vor allem des Vermieters notwendig, die der hilfebedürftige Leistungsberechtigte als Mieter nicht erzwingen kann (und die überdies zu einer Erhöhung der Miete führen können).

30

Der Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme wegen überhöhter Heizkosten ist aber nur zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen. Nur ein Wohnungswechsel, mit dem dieses Ziel erreicht werden kann, ist das von dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger geforderte "wirtschaftliche Verhalten". Ein Wohnungswechsel, der zwar zu niedrigeren Heizkosten, nicht aber zu niedrigeren Gesamtkosten führt, wäre seinerseits unwirtschaftlich und deshalb nicht zumutbar. Gegenüber dem grundsätzlich schützenswerten individuellen Interesse des hilfebedürftigen Leistungsempfängers am Verbleib in seiner Wohnung überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an deren Aufgabe nur für den Fall eines wirtschaftlich sinnvollen Umzuges. Stehen auf dem in Bezug zu nehmenden Wohnungsmarkt keine Wohnungen zur Verfügung, in denen von dem Träger der Grundsicherung insgesamt niedrigere Kosten aufzubringen sind, bleibt es der Entscheidung des Einzelnen überlassen, ob er weiterhin in einer Wohnung, die entsprechende Nachteile eines ungünstigen energetischen Standards mit sich bringt, aus anderen Gründen (etwa wegen ihrer Lage oder ihres Zuschnitts) verbleiben will. Ein ungünstiger energetischer Standard der Wohnung bleibt insofern bei Prüfung der Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht unbeachtlich.

31

In diesem Ergebnis sieht sich der Senat durch die Neuregelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II zum 1.1.2011 (mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 ) bestätigt. Danach muss eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Auch wenn im Gesetzgebungsverfahren andere Beispielsfälle zur Diskussion standen (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98), bestätigt Satz 4 in der neuen Fassung die Möglichkeit eines zusammenfassenden Wirtschaftlichkeitsvergleichs hinsichtlich der gesamten Bruttowarmkosten (so auch Berlit in Münder, SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 92; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, § 22 RdNr 166), ohne dass über die Einzelheiten der Regelung, die vorliegend unmittelbar noch nicht zur Anwendung kommt, zu entscheiden wäre.

32

Im vorliegenden Fall wird das LSG nach Zurückverweisung also zu prüfen haben, welche Vergleichskosten für Unterkunft und Heizung sich auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt ergeben, die der Beklagte nach einem Wohnungswechsel als angemessen zu zahlen hätte. Neben dem (gerichtlich voll zu überprüfenden) Wert, der sich für die Kosten der Unterkunft einer alleinstehenden Person als abstrakt angemessen ergibt, kann wegen der Kosten der Heizung im Ausgangspunkt auf die vom Beklagten in seiner Verwaltungspraxis als angemessen angesehenen (durchschnittlichen) Heizkosten zurückgegriffen werden. Jedenfalls vorliegend erscheinen diese mit rund 1 Euro pro qm und Monat insbesondere im Vergleich mit Durchschnittskosten aus den Betriebskostenübersichten des Deutschen Mieterbundes (0,84 Euro Kosten für Heizung im Bundesdurchschnitt für das der streitigen Kostensenkung vorangegangene Abrechnungsjahr 2009) nicht unrealistisch niedrig. Die Werte des Heizspiegels, die nicht das tatsächliche Preisniveau auf dem Wohnungsmarkt widerspiegeln, sind bei dieser Prüfung nicht heranzuziehen.

33

Ergibt sich - was vorliegend angesichts der recht geringen Bruttokaltmiete möglich ist -, dass die tatsächlichen Gesamtaufwendungen der Klägerin diese Vergleichskosten nicht übersteigen, sind der Klägerin Kostensenkungsmaßnahmen iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht zumutbar. Die tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind dann weiterhin zu übernehmen. Übersteigen die tatsächlichen Gesamtkosten die genannten Vergleichswerte für Unterkunft und Heizung, ist eine Kostensenkung durch Wohnungswechsel im Grundsatz abzuverlangen, wenn im maßgeblichen Vergleichsraum Wohnungen zu diesem Gesamtpreis zur Verfügung stehen, wofür der Beklagte die materielle Beweislast trägt. Bei zutreffender Ermittlung eines abstrakt angemessenen Wertes für die Unterkunftskosten kann zwar davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu dieser abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete im örtlichen Vergleichsraum gibt (vgl BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46). Solange aber ein Umzug wegen der Höhe der Kosten der Heizung notwendig wird und die vom Beklagten als angemessen angesehenen Heizkosten (mangels entsprechend differenzierter Datenerhebung) einen abstrakt angemessenen Wert nicht wiedergeben, kann diese Vermutung nicht gelten. Es bleibt (ähnlich wie dies § 22a SGB II in der seit dem 1.4.2011 geltenden Fassung vorgibt) dem kommunalen Träger überlassen, eine Datenermittlung zur Bestimmung eines differenzierten abstrakt angemessenen Wertes der Heizkosten im in Bezug zu nehmenden Wohnsegment durchzuführen oder entsprechende Wohnungen nachzuweisen.

34

bb) Für die Zeit bis zum 31.8.2010 besteht ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (mithin in Höhe von weiteren 59,07 Euro monatlich), sodass die Revision der Klägerin insoweit in der Sache erfolgreich war. Erst mit dem 1.9.2010 war das einer Kostensenkung durch den Träger der Grundsicherung vorausgehende Kostensenkungsverfahren abgeschlossen; während der sechs vorangegangenen Monate war der Klägerin die Möglichkeit einzuräumen, die Kosten entsprechend den Vorgaben im Schreiben vom 29.1.2009 und vom 17.2.2010 zu senken. In dieser Zeit waren die tatsächlichen Kosten zu zahlen; erst danach kann der Beklagte - das Vorliegen der übrigen, oben dargelegten Voraussetzungen unterstellt - die Kosten rechtmäßig auf die angemessene Höhe senken.

35

Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, aus dem nach der Rechtsprechung beider Senate (über den Wortlaut hinaus) neben der Obliegenheit zur Kostensenkung auch folgt, dass die Absenkung auf die nach Ansicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Kosten ein Kostensenkungsverfahren voraussetzt, das den Hilfebedürftigen in die Lage versetzt, diesen Kostensenkungsobliegenheiten - regelmäßig innerhalb von sechs Monaten - nachzukommen(vgl insbesondere zur Kostensenkungsaufforderung wegen der Aufwendungen für Heizung BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 - Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18 mwN ).

36

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen genügte die am 29.1.2009 ausgesprochene Aufforderung zur Senkung der Kosten für die vorliegend streitige Absenkung ab dem 1.6.2010 nicht. Dies liegt schon deshalb nahe, weil eine Kostensenkung vorrangig durch Energieeinsparungen bei jährlicher Abrechnung der entsprechenden Kosten durch ein Energieversorgungsunternehmen nicht innerhalb von sechs Monaten realisierbar ist und es angezeigt erscheinen könnte, wegen der Kostensenkung durch Einsparung von Energie (die wegen der Regelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II aF§ 22 abs 3 sgb ii> jedenfalls dem Träger der Grundsicherung zugutekommt) regelmäßig einen längeren Zeitraum zur Änderung des Verbrauchsverhaltens zuzubilligen. Eine abschließende Entscheidung braucht hierüber aber nicht zu erfolgen, denn jedenfalls hat der Beklagte die zum 1.6.2009 angekündigte Absenkung von Kosten der Heizung nicht durchgeführt. Da auf die erste Kostensenkungsaufforderung hin über längere Zeit hinweg gleichwohl die Kosten der Unterkunft und Heizung vollständig übernommen worden sind, durfte allein auf Grundlage dieser Kostensenkungsaufforderung eine Absenkung nicht mehr erfolgen (vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 57 RdNr 21).

37

Erst mit der Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 ist damit das für den vorliegend streitigen Zeitraum maßgebliche Kostensenkungsverfahren eingeleitet worden. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte inhaltlich auf die Anforderungen zur Kostensenkung im Schreiben vom 29.1.2009 Bezug genommen hat und das Schreiben vom 17.2.2010 weitergehende Hinweise nicht enthält. Es brauchten die weiteren Möglichkeiten zur Kostensenkung - insbesondere auch eine ggf bestehende Verpflichtung zum Wohnungswechsel - nicht im Einzelnen aufgezeigt werden. Der Klägerin war zuzumuten, die notwendigen Entscheidungen auf der Grundlage der bis dahin erteilten Hinweise zu treffen und verbliebende Zweifel durch entsprechende Rückfragen zu klären (vgl bereits BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8 RdNr 15).

38

Die Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 setzte damit eine Frist zur Senkung von Kosten innerhalb der folgenden sechs Monate in Gang. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, weshalb die mit der erneuten Kostensenkungsaufforderung ausgelöste Frist vorliegend nur verkürzt gelten sollte. Da eine Kostensenkung durch Energieeinsparung sich entgegen den Erwartungen des Beklagten nicht hatte realisieren lassen, musste der Klägerin - wollte sie einer Absenkung von Leistungen entgehen - andere Möglichkeiten der Kosteneinsparung prüfen. Insbesondere ein von ihr ggf zu erwartender Wohnungswechsel bedarf aber eines erneuten zeitlichen Vorlaufs, für den sechs Monate ohne Weiteres notwendig erscheinen.

39

4. Das LSG wird abschließend ggf über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.