Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Juni 2016 - L 4 AS 196/15

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2016:0622.L4AS196.15.0A
bei uns veröffentlicht am22.06.2016

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 26. Mai 2015 wird abgeändert, soweit er dem Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 29. Januar 2015 entgegensteht.

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Beklagte und Berufungskläger (im Weiteren: Beklagter) wendet sich im Berufungsverfahren gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 29. Januar 2015, soweit er zur Gewährung eines Mehrbedarfs gemäß § 21 Abs. 6 SGB II an die Klägerin und Berufungsbeklagte (im Weiteren: Klägerin) für den Bewilligungszeitraum von März bis August 2013 verurteilt worden ist.

2

Die 1954 geborene Klägerin und ihr 1952 geborener Ehemann bewohnten eine 65 m² große Wohnung in R., für die eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 504 EUR zu zahlen war (Kaltmiete: 240 EUR, Betriebskosten: 132 EUR, Heizkosten: 132 EUR). Die drei gemeinsamen Kinder leben nicht im elterlichen Haushalt. Mit dem am ... 2000 geboren Sohn J. finden nach der Bescheinigung des Familienzentrums D. vom 27. März 2012 seit Oktober 2006 einmal wöchentlich Umgangstermine statt. Dafür erhält die Klägerin seit März 2012 monatliche Mehrbedarfsleistungen in Höhe von 12,00 EUR (Fahrtkosten von je 3,00 EUR für vier Kontakte monatlich).

3

Die Klägerin erzielte aus einer Nebentätigkeit ein monatliches Einkommen von zumeist 30 EUR bis maximal 40 EUR. Ihr Ehemann hatte kein Einkommen. Als Bedarfsgemeinschaft bezogen sie und ihr Ehemann vom Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

4

Mit Veränderungsanzeige vom 19. März 2012 informierte die Klägerin den Beklagten, ihr Ehemann sei am 14. März 2012 in Haft genommen worden. Unter dem 22. März 2012 bestätigte die S. gGmbH, Landeskrankenhaus U., der Ehemann befinde sich seit 14. März 2012 gemäß § 63 Strafgesetzbuch (StGB) zur stationären Behandlung im Landeskrankenhaus für Forensische Psychiatrie U. Über die Dauer der Behandlung könnten keine Angaben gemacht werden. Im Zeitraum vom 3. Mai 2012 bis zum 13. Juni 2013 war der Ehemann in der Außenstelle der Einrichtung in L. untergebracht, im Übrigen in der Zentrale in U.

5

Die Klägerin beantragte beim Beklagten die Erstattung von Fahrtkosten nach U. Bei der Festnahme habe der Ehemann weder Wechselkleidung noch Waschzeug mitnehmen können. Das habe sie ihm gebracht und für ein "Sachsen-Anhalt-Ticket" der Bahn 23,00 EUR sowie für zwei Bus-Einzelfahrscheine je 1,50 EUR aufwenden müssen. Am 2. April 2012 beantragte sie Fahrtkosten nach U. zur Wahrnehmung eines Gesprächstermins mit der Therapeutin des Ehemanns. Am 10. April 2012 beantragte sie die Übernahme von Fahrtkosten zur Wahrnehmung von Besuchstagen am Wochenende. Zur Begründung führte sie aus, sie wolle ihren Ehemann einmal pro Woche sehen und könne die Kosten für die Fahrten nicht aus der Regelleistung aufbringen. Sie seien schon lange verheiratet und brauchten einander.

6

Mit gesonderten Bescheiden aus Mai und August 2012 lehnte der Beklagte die Anträge auf Fahrtkostenerstattung ab und führte aus, die Besuche des Ehemanns in der stationären Einrichtung seien kein unabweisbarer Bedarf. Sie seien nicht mit der Wahrnehmung des Umgangsrechts mit minderjährigen Kindern gleichzustellen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 27. Juli und 13. November 2012 zurück. Dagegen erhob die Klägerin fristgerecht Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG, Az.: S 2 AS 2044/12) für den Zeitraum von März bis August 2012.

7

Im Bewilligungsbescheid für den Folgezeitraum von September 2012 bis Februar 2013 gewährte der Beklagte der Klägerin Leistungen für den Regelbedarf und für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU), aber keine Mehrbedarfsleistungen. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens (Widerspruchsbescheid vom 22. November 2012) erhob die Klägerin fristgerecht Klage beim SG, mit der sie höhere Leistungen im Bewilligungszeitraum, insbesondere für die KdU und den Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II für die Fahrten zum Ehemann geltend machte (Az.: S 2 AS 3043/12).

8

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin gewährte der Beklagte mit Bewilligungsbescheid vom 22. Februar 2013 für den Zeitraum von März bis August 2013 monatliche SGB II-Leistungen in einer Gesamthöhe von 807,00 EUR. Die Leistungen setzten sich zusammen aus dem Regelbedarf für Alleinstehende in Höhe von 382,00 EUR, dem Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II für die Wahrnehmung des Umgangsrechts mit dem Sohn in Höhe von 12,00 EUR und Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von 413,00 EUR. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2013 zurückwies.

9

Am 25. April 2013 hat die Klägerin Klage beim SG (Az.: S 2 AS 995/13) erhoben, mit der sie weitere Leistungen für die KdU in Höhe von 33,00 EUR monatlich sowie die Erstattung der Fahrkosten für zwei Besuche monatlich beim dauerhaft im Maßregelvollzug untergebrachten Ehemann in Höhe von 41,06 EUR geltend gemacht hat. Zur Begründung der Klage hat sie ausgeführt, sie habe gemäß § 21 Abs. 6 SGB II einen Rechtsanspruch auf Mehrbedarfsleistungen zur Ausübung des in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) geschützten Umgangs mit ihrem Ehemann.

10

Nach den in den Klageverfahren vorgelegten Bescheinigungen der S. gGmbH erfolgten durch die Klägerin den Jahren 2012 und 2013 monatlich durchschnittlich fünf Besuche.

11

Mit Urteil vom 29. Februar 2015 hat das SG den Beklagten unter Abänderung der angegriffenen Bescheide verurteilt, der Klägerin im Zeitraum von März bis August 2013 die beantragten weiteren KdU sowie weitere Fahrtkosten von monatlich 41,06 EUR gemäß § 21 Abs. 6 SGB II zu bewilligen. Es hat die Berufung zugelassen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe Anspruch auf höhere Leistungen für die KdU sowie auf Mehrbedarfsleistungen. Die für die Besuche des in der forensischen Psychiatrie untergebrachten Ehemanns aufgewendeten Fahrtkosten begründeten einen besonderen Bedarf im Sinne von § 21 Abs. 6 SGB II. Dieser sei dauerhaft, regelmäßig und längerfristig. Zudem sei er unabweisbar, weil er nicht durch die Zuwendungen Dritter oder unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Leistungsberechtigten gedeckt sei und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Ihr Umgangs- und Besuchsrecht sei verfassungsrechtlich geschützt. Zwar folge aus Art. 6 GG zunächst ein Abwehrrecht gegen Eingriffe des Staates in Ehe und Familie. Die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Institutsgarantie und die verbindliche Wertentscheidung für Ehe und Familie, die das eheliche Zusammenleben schütze, sei bei Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts zu beachten. Die rechtmäßige Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts des Ehemanns bedeute einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG für die Klägerin. Die beantragten Mehrbedarfsleistungen für zwei Besuchsfahrten pro Monat erachte die Kammer als angemessen und ausreichend. Der Bedarf sei erheblich und könne nicht anderweitig gedeckt werden. Die entstehenden Kosten überstiegen den Regelsatzanteil für Mobilität deutlich. Einsparmöglichkeiten seien nicht ersichtlich. Die Klägerin nutze den öffentlichen Personennahverkehr unter Inanspruchnahme von Fahrpreisvergünstigungen.

12

Auch in den beiden anderen Klageverfahren hat das SG den Beklagten mit Urteil vom selben Tag verurteilt, Mehrbedarfsleistungen für zwei Fahrten monatlich zu gewähren.

13

Gegen das ihm am 5. März 2015 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 1. April 2015 – zunächst unbeschränkt – Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 3. Juni 2015 hat er das Rechtsmittel auf den zuerkannten Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II beschränkt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Voraussetzungen von § 21 Abs. 6 SGB II lägen bei den Besuchen des Ehemanns in der Einrichtung nicht vor. Der Bedarf sei nicht unabweisbar. Die eheliche Lebensgemeinschaft könne wegen der Unterbringung des Ehemanns im Maßregelvollzug nicht aufrechterhalten werden. Damit entspreche die Ehe der Klägerin nicht dem Bild des Grundgesetzes und sei nicht in gleicher Weise förderungs- bzw. schutzwürdig. Aus Art. 6 Abs. 1 GG könnten keine Sozialleistungsansprüche abgeleitet werden. Der Staat sei nicht verpflichtet, finanzielle Belastungen zur Aufrechterhaltung des Ehelebens auszugleichen. Die Rechtsprechung des BSG zum Umgangsrechts zwischen Eltern und minderjährigen Kindern sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Gehe man von einem besonderen Bedarf aus, könne die Klägerin ihn aus der Regelleistung bestreiten, indem sie den Mobilitätsanteil der Regelleistung für die Teilnahme am öffentlichen Personennahverkehr für die Fahrtkosten verwende. Ein Besuch monatlich reiche aus; weiteren Kontakt könne die Klägerin zumutbar telefonisch pflegen. Zudem erhalte sie bereits zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit ihrem Sohn zusätzliche Leistungen von 12,00 EUR monatlich. Auch sei es dem Ehemann zuzumuten, das ihm in der Einrichtung zur Verfügung gestellte Taschengeld von 102 EUR monatlich sowie eine etwaige Arbeitstherapieentlohnung zur Finanzierung der Fahrten einzusetzen. Weil die Klägerin den Ehemann seit März 2012 fortlaufend, zum Teil mehrmals wöchentlich besucht habe, sei davon auszugehen, dass sie die Fahrten selbst finanzieren könne und Mehrbedarfsleistungen nicht erforderlich seien.

14

Der Beklagte beantragt,

15

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 29. Januar 2015 aufzuheben, soweit der Beklagte zur Zahlung eines Mehrbedarfs von 41,06 EUR monatlich für die Zeit von März bis August 2013 verurteilt worden ist, und die Klage insoweit abzuweisen.

16

Die Klägerin beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Sie hält das Urteil für zutreffend. Es liege eine besondere Bedarfslage gemäß § 21 Abs. 6 SGB II vor. Bereits in einer Entscheidung zu Fahrtkosten in Ausübung des Umgangsrechts bei Kindern habe das BSG festgestellt (Urteil vom 4. Juni 2014, Az.: B 14 AS 30/13 R), dass dieser besondere Bedarf nicht aus dem Regelsatzanteil für Mobilität bestritten werden könne. Sie sei bereits mehr als 30 Jahren mit ihrem Ehemann verheiratet und wolle die eheliche Gemeinschaft fortführen. Die Aufrechterhaltung der Beziehung durch regelmäßige Besuchskontakte führe zu einem unabweisbaren zusätzlichen Bedarf.

19

Der Beklagte hat während des Berufungsverfahrens mit Änderungsbescheid vom 26. Mai 2015 das sozialgerichtliche Urteil insoweit umgesetzt, als er für den Zeitraum von März bis August 2013 weitere KdU in Höhe 33,00 EUR monatlich (KdU nunmehr insgesamt: 446,00 EUR) gewährt hat.

20

Am 1. April 2015 hat der Beklagte auch gegen die Urteile in den Parallelverfahren Berufung eingelegt, die auf die Mehrbedarfsleistungen nach § 21 Abs. 6 SGB II beschränkt ist. In den unter den Aktenzeichen L 4 AS 194/15 und L 4 AS 195/15 geführten Verfahren haben sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung der Entscheidung des fortgeführten hier streitigen Verfahrens (Az.: L 4 AS 196/15) unterworfen.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe

22

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Der Senat ist an die Zulassung der Berufung durch das SG gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

23

Gegenstand der Entscheidung im Berufungsverfahren ist das Urteil des SG, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, der Klägerin in den Monaten März bis August 2013 weitere SGB II-Leistungen gemäß § 21 Abs. 6 SGB II in Höhe von 41,06 EUR monatlich für die Besuchsfahrten zum Ehemann zu gewähren. Nicht streitgegenständlich ist die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung weiterer KdU-Leistungen. Insoweit ist das Urteil des SG rechtskräftig. Ebenso ist ein weitergehender, d.h. über die erstinstanzliche Verurteilung hinausgehender SGB II-Leistungsanspruch nicht Gegenstand des Verfahrens, denn die Klägerin hat kein Rechtsmittel eingelegt. In das Berufungsverfahren einbezogen ist der weitere Änderungsbescheid des Beklagten vom 26. Mai 2015, mit dem er das erstinstanzliche Urteil teilweise – in Bezug auf die KdU – umgesetzt hat.

24

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Denn die Klägerin hat im streitbefangenen Zeitraum einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II.

25

Die Klägerin ist dem Grunde nach anspruchsberechtigt. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen KdU. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten, sind nach § 7 Abs. 1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. In diesem Sinne ist sie auch hilfebedürftig gewesen. Sie hat im streitgegenständlichen Zeitraum kein anrechenbares Einkommen oder Vermögen.

26

Die Klägerin hat im streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf Leistungen für die KdU, die Regelleistung in Höhe von 382,00 EUR sowie Mehrbedarfsleistungen zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit ihrem Sohn und darüber hinaus für Fahrten zum Besuch des Ehemanns in der beantragten und vom SG zuerkannten Höhe.

27

Nach § 21 Abs. 6 SGB II erhalten Leistungsberechtigte einen Mehrbedarf, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter oder unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

28

Bei den Aufwendungen für die Besuchsfahrten handelt es sich zunächst um einen laufenden Mehrbedarf im Einzelfall, weil die Bedarfslage der Klägerin eine andere ist, als sie typischerweise bei verheirateten SGB II-Leistungsberechtigten besteht. Aufgrund der unterschiedlichen Wohnorte der Ehegatten, die durch die stationäre Unterbringung des Ehemanns verursacht ist, ergibt sich ein Mehrbedarf im Verhältnis zum "normalen" Regelbedarf, der gemäß § 24 Abs. 1 SGB II für alle SGB II-Empfänger gleichermaßen gilt, die einen zum Regelbedarf gehörenden Bedarf ausnahmsweise nicht decken können. Ungeachtet der Tatsache, dass im Regelbedarf ein Anteil für Fahrtkosten (Mobilität) enthalten ist, handelt es sich um einen besonderen Bedarf, weil er nicht die üblichen Fahrten im Alltag betrifft, sondern eine spezielle Situation abbildet. Aufgrund der richterlich angeordneten dauerhaften Unterbringung des Ehemanns der Klägerin im Maßregelvollzug ist ein übliches eheliches Zusammenleben nicht möglich. Persönliche Kontakte der Eheleute und ein Fortführen des ehelichen Zusammenlebens können nur durch Besuche der Klägerin in der Einrichtung aufrechterhalten werden. Insoweit begegnet der eheliche Umgang überdurchschnittlichen Schwierigkeiten und ist mit einem zusätzlichen Aufwand verbunden, weil der Wohnort der Klägerin (R.) und der Unterbringungsort des Ehemanns (in U. bzw. L.) räumlich voneinander entfernt liegen.

29

Aus dem Umstand, dass die Klägerin mit ihrem Ehemann nicht zusammen (in einer Wohnung) lebt, obwohl die Eheleute nicht getrennt leben wollen, ergibt sich eine atypische Sachlage iSv § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II. Insoweit hat das BSG im Urteil vom 11. Februar 2015 (Az.: B 4 AS 27/14 R, juris), in dem es um getrennte Wohnsitze von Eheleuten mit minderjährigen Kindern aus beruflichen Gründen bzw. aufgrund von autonomen Entscheidungen der Ehegatten ging, ausgeführt, dass ein unabweisbarer Bedarf auch in Betracht komme, wenn miteinander verheiratete Eltern, ohne sich im familienrechtlichen Sinne getrennt zu haben, wegen verschiedener Haushalte nicht zusammen (mit ihren Kindern) leben (a.a.O., RN 21). In der Eltern-Kind-Konstellation entstünden Mehrkosten durch die Wahrnehmung des Umgangs, die unabhängig seien von der familienrechtlichen Beurteilung des Getrenntlebens. In diesem Fall sei die Unabweisbarkeit der Kosten der Höhe nach zu überprüfen. SGB II-Leistungsberechtigte müssen im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Umgangsrechts verhältnismäßige und zumutbare Varianten zur Bedarfsdeckung wählen und gegebenenfalls die kostengünstigste Möglichkeit in Anspruch nehmen. Nur insoweit bestehe ein Leistungsanspruch (vgl. a.a.O., RN 24; BSG, Urteil vom 18. November 2014, Az.: B 4 AS 4/14 R, juris RN 23). Bei familienrechtlich nicht getrenntlebenden Eheleuten sei zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen fortbestehende familienrechtliche Pflichten der Begründung oder Aufrechterhaltung getrennter Wohnsitze entgegenstünden. Sei ein Zusammenleben zumutbar, liege hierin ebenfalls eine Einsparmöglichkeit, durch die besondere Bedarfe als Folge des Getrenntlebens vollständig vermieden werden könnten. Ausgangspunkt außerhalb der Trennungssituation im familienrechtlichen Sinne sei insoweit die fortbestehende Rechtfertigung für die Begründung von zwei Wohnsitzen durch Eheleute (BSG a.a.O. RN 26). Denn grundsätzlich bestehe bei nicht dauerhaft getrenntlebenden Eheleuten nach § 1353 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft, die im Grunde auch die Verpflichtung zum Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft beinhalte.

30

Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies: Zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann besteht eine eheliche Lebensgemeinschaft, denn sie leben nicht getrennt im familienrechtlichen Sinne, sondern lediglich nicht in häuslicher Gemeinschaft zusammen. Diese fehlende häusliche Gemeinschaft beruht nicht auf autonomen Willensentscheidungen der Ehegatten, sondern resultiert aus der richterlichen Entscheidung, die das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Ehemanns der Klägerin beschränkt. Die Eheleute können aus eigenem Entschluss die häusliche Gemeinschaft nicht wiederherstellen. Diese atypische Form der ehelichen Lebensgemeinschaft können die Beteiligten nicht ändern.

31

Diese besondere Lebenssituation erfordert zur Aufrechterhaltung der Ehe nach der Überzeugung des Senats auch regelmäßige (persönliche) Besuchskontakte. Deren gerichtlich geltend gemachter Umfang in zeitlicher Hinsicht, zweimal monatlich, ist nach Überzeugung des Senats verhältnismäßig und angemessen. Es ist der Klägerin nicht zuzumuten, ihren Ehemann nur einmal monatlich zu besuchen. Insoweit besteht keine Einsparmöglichkeit. Es handelt sich um einen laufenden Bedarf in dem Sinne, dass es sich um einen regelmäßig wiederkehrenden, dauerhaften, längerfristigen Bedarf handelt. Der durch die Fahrtaufwendungen ausgelöste Sonderbedarf besteht auf unabsehbare Zeit, weil die Unterbringung des Ehemanns nicht befristet ist.

32

Der Mehrbedarf für die Ausübung des ehelichen Umgangs ist auch unabweisbar. Nach § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II darf er nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Leistungsberechtigten gedeckt sein und muss seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweichen. Insoweit enthält § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II keine abschließende Aufzählung, sondern nennt Regelbeispiele (vgl. S. Knickrehm/ Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 21 RN 69). Der Begriff der Unabweisbarkeit enthält zudem eine zeitliche Komponente dergestalt, dass der Bedarf nicht aufschiebbar sein darf, d.h. dem Leistungsberechtigten darf es nicht zuzumuten sein, die Bedarfsdeckung hinauszuschieben. Es muss eine Geringfügigkeitsgrenze überschritten sein und der Bedarf darf nicht auf anderer Seite gedeckt werden.

33

Die Möglichkeit der Bedarfsdeckung durch Zuwendungen Dritter ist nicht ersichtlich. Soweit der Beklagte im Berufungsverfahren die Auffassung vertreten hat, es sei dem Ehemann zuzumuten, der Klägerin Teile des Taschengelds, das er als Betrag zur persönlichen Verfügung in der Einrichtung erhält, zur Finanzierung der Besuchsfahrten zuzuwenden, begegnet dieser Auffassung rechtlichen Bedenken, weil sie ein freiwilliges Verhalten eines Dritten einbezieht, das rechtlich nicht durchsetzbar ist und faktisch im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfolgte. Die Klägerin hatte selbst im streitgegenständlichen Zeitraum keine weiteren Einkommenszuflüsse (vgl. auch S. Knickrehm/Hahn, a.a.O., RN 71). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin Einsparmöglichkeiten hatte. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass sie Fahrten hätte kostengünstiger absolvieren können. Sie ist bereits im öffentlichen Personennahverkehr mit dem im Vergleich zum Normalpreis vergünstigten "Sachsen-Anhalt-Ticket" gereist. Weitere Einsparpotentiale hat auch der Beklagte nicht dargelegt.

34

Die vom Beklagten für zumutbar erachtete Einsparmöglichkeit durch "Umschichtung", also einer Präferenzentscheidung (im Rahmen der Regelleistung) dahingehend, einen höheren Bedarf in einen Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen, scheidet aus Rechtsgründen aus, weil eine Umschichtung nur möglich ist bei Bedarfen, die dem Grunde nach von der Regelleistung umfasst sind. Dies trifft auf den hier streitigen Mehrbedarf nicht zu (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2014, a.a.O., RN 25). Auch der im Regelbedarf enthaltene Ansparbetrag für notwendige Anschaffungen ist nicht heranzuziehen, weil dieser dazu dient, einmalige Bedarfe abzufangen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2014, a.a.O., RN 26).

35

Das Merkmal der Erheblichkeit gemäß § 21 Abs. 6 SGB II ist ebenfalls erfüllt. Der Bedarf der Klägerin an Aufwendungen für Besuchsfahrten weicht seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf ab. Es handelt sich nicht um Bagatellbeträge. Das BSG hat insoweit bei einer Regelleistung von 359 EUR monatliche Fahrtkosten in Höhe von 20 EUR bereits für erheblich gehalten (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2014, a.a.O., RN 28). Die monatlichen Aufwendungen der Klägerin sind mehr als doppelt so hoch.

36

Der Sonderbedarf ist nach der gebotenen Einzelfallbetrachtung (vgl. S. Knickrehm/ Hahn, a.a.O., § 21 RN 73) unabweisbar. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II eine verfassungsrechtlich gebotene Härtefallklausel darstellt, sodass in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob angesichts des (ansonsten) zugemuteten Verzichts das soziokulturelle Existenzminimum und damit die Menschenwürde des Leistungsberechtigten nach Art. 1 Abs. 1 GG noch gewahrt ist (vgl. von Boetticher/Münder in: LPK-SGB II, 5. Auflage 2014, § 21 RN 39). Dabei ist einzubeziehen, dass die Besuche und die daraus entstehenden Fahrtkosten für die Klägerin aufgrund der dauerhaften Unterbringung des Ehemanns im Maßregelvollzug die einzige Möglichkeit sind, das in Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Recht auf ein eheliches und familiäres Zusammenleben – zumindest annähernd – zu erhalten bzw. die bereits langjährig bestehende Ehe fortzuführen. Grundsätzlich garantiert Art. 6 Abs. 1 GG als Abwehrrecht die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Vorliegend liegt aufgrund der richterlich angeordneten Unterbringung des Ehemanns im Maßregelvollzug bereits ein gerechtfertigter Eingriff in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG vor. Da derzeit ein eheliches Zusammenleben nur eingeschränkt durch Besuche der Klägerin am Aufenthaltsort des Ehemanns möglich sind, berührt die Entscheidung über eine Gewährung von Sonderbedarfen zur Realisierung dieser Besuchskontakte den Schutzbereich ihres Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG.

37

Grundsätzlich hat der Gesetzgeber bei der Entscheidung darüber, auf welche Weise er den aus Art. 6 Abs. 1 GG zu gewährleisteten Schutz der Ehe nachkommt, einen weiten Gestaltungsspielraum. Aus Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip lassen sich grundsätzlich konkrete Ansprüche auf staatliche Leistungen nicht herleiten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2010, Az.: 1 BvL 14/09, BVerfGE 127, Seite 263-292 RN 39). Dieser Gestaltungsspielraum ist jedoch im Fall der Klägerin aufgrund des staatlichen Eingriffs in den Schutzbereich ihres Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 GG eingeschränkt. Da das Nichtbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne einer Haushaltsgemeinschaft nicht auf einer autonomen Entscheidung der Ehepartner zurückzuführen ist, ist es nach Auffassung des Senats verfassungsrechtlich geboten, im vorliegenden Fall von § 21 Abs. 6 SGB II Gebrauch zu machen und Mehrbedarfsleistungen zu gewähren. Denn die Härtefallklausel wurde gerade für Fälle wie den vorliegenden aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG in das SGB II aufgenommen. Dieses hatte entschieden, dass die menschenwürdige Existenz gefährdet ist, wenn ein SGB II-Leistungsberechtigter in bestimmten Situationen allein auf die Regelleistung verwiesen wird, und er damit nicht in der Lage ist, einen weiteren anerkannten zwingenden Bedarf zu decken (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014, Az.: B 4 AS 4/14 R, juris RN 22 unter Verweis auf BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010, Az.: 1 BvL 1/09 u.a., juris RN 207 f.).

38

Demgegenüber verfangen die Argumente des Beklagten zur Begründung seiner Berufung nicht. Der Senat teilt nicht die Auffassung, die Ehe der Klägerin sei aufgrund des staatlichen Eingriffs in das nach Art. 6 Abs. 1 GG geschützte eheliche Zusammenleben, nicht mehr in gleicher Weise förderungs- und schutzwürdig wie Ehen, in denen die Ehepartner zusammenleben. Insbesondere rechtfertigt auch der Umstand, dass die Klägerin bislang auch ohne zusätzliche SGB II-Leistungen in der Lage war, regelmäßige Fahrten zum Ehemann zu finanzieren, keine Versagung des bestehenden Leistungsanspruchs. Der Senat hält es – entgegen der Auffassung des Beklagten – für unzumutbar, die Klägerin zur Senkung der Kosten auf einen Besuchskontakt im Monat und im Übrigen auf telefonische Kontakte zu verweisen.

39

Das SG hat daher den Beklagten zu Recht gemäß § 21 Abs. 6 SGB II zur Gewährung von weiteren Mehrbedarfsleistungen in der beantragten Höhe (41,06 EUR monatlich) im streitbefangenen Zeitraum von März bis August 2013 verurteilt und den dem entgegenstehenden Bescheid vom 22. Februar 2013 und den Widerspruchsbescheid vom 5. April 2013 geändert. Zusätzlich war der erst im Berufungsverfahren von dem Beklagten erlassene Änderungsbescheid vom 26. Mai 2015, mit dem dieser das sozialgerichtliche Urteil teilweise – im Hinblick auf die KdU-Leistungen – umgesetzt hat, abzuändern. Denn er steht wegen der Beschränkung der zuerkannten Regelleistung auf insgesamt 394,00 EUR (382,00 EUR und 12,00 EUR) der Gewährung von weiteren Mehrbedarfsleistungen entgegen.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

41

Die Revision war nicht zuzulassen. Die grundsätzlichen Rechtsfragen des § 21 Abs. 6 SGB II sind durch das BSG bereits geklärt. Zudem handelt es sich bei diesem Mehrbedarf bereits nach der gesetzlichen Formulierung um Einzelfallentscheidungen.


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Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 21 Mehrbedarfe


(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. (2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrb

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 24 Abweichende Erbringung von Leistungen


(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1353 Eheliche Lebensgemeinschaft


(1) Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung. (2) Ein Ehegatte ist nicht ver

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Bundesverfassungsgericht Beschluss, 12. Okt. 2010 - 1 BvL 14/09

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Tenor 1. § 116 Absatz 6 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vom 18. Januar 2001 (Bundesgesetzblatt I Seite 130) is

Referenzen

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. März 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Ausübung des Umgangsrechts mit seiner am 2006 geborenen Tochter für den hier streitigen Zeitraum vom 1.7. bis zum 30.11.2010.

2

Das beklagte Jobcenter bewilligte dem alleinstehenden Kläger mit Bescheid vom 27.4.2010 für die Zeit vom 1.7.2010 bis zum 30.11.2010 Leistungen in Höhe von monatlich 696 Euro (359 Euro Regelleistung - jetzt Regelbedarf - plus tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 337 Euro). In der Zeit vom 20.7. bis Ende September 2010 übte der Kläger eine geringfügige Beschäftigung aus, der Aushilfslohn betrug nach den Abrechnungen von August und September 2010 jeweils 31,50 Euro, nach der Abrechnung von Oktober 2010 112,10 Euro.

3

Nachdem das Sozialamt der Stadt Bielefeld zum 30.6.2010 die bisher dem Kläger erbrachten Zahlungen zur Ausübung des Umgangsrechts mit seiner Tochter eingestellt hatte, beantragte der Kläger am 8.7.2010 bei dem Beklagten einen "laufenden, nicht vermeidbaren, besonderen Bedarf zur Ausübung des Umgangsrechts". Das Umgangsrecht stand ihm ua auch in der streitgegenständlichen Zeit regelmäßig alle zwei Wochen samstags von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr zu. Er holte seine Tochter um 12.00 Uhr bei der Mutter ab und brachte sie um 17.00 Uhr wieder dorthin zurück. Für die Wegstrecke nutzte er seinen eigenen Pkw, die einfache Fahrtstrecke betrug ca 17 km.

4

Mit Bescheid ebenfalls vom 8.7.2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab, weil die begehrte monatliche Zahlung unter 10 % der Regelleistung liege. Die Entfernung zum Wohnort der Tochter betrage 17 km und bei zweimaliger Hin- und Rückfahrt pro Umgangstag ergäben sich, ausgehend von einer Pauschale von 0,20 Euro je Entfernungskilometer, nur 13,60 Euro im Monat. Der Kläger sei vorrangig darauf zu verweisen, seinen höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen Lebensbereich auszugleichen. Im Übrigen sei ihm die Bestreitung der nicht übernommenen Kosten aus dem zur Verfügung stehenden Einkommen zumutbar. Der dagegen gerichtete Widerspruch ist ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 25.11.2010).

5

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten unter Änderung der genannten Bescheide verurteilt, dem Kläger zur Ausübung des Umgangsrechts weitere 27,20 Euro monatlich zu gewähren und eine Wegstreckenentschädigung von 0,20 Euro je Kilometer nach dem Bundesreisekostengesetz (BRKG) zugrunde gelegt (Urteil vom 23.2.2012). Das Landessozialgericht (LSG) hat nach deren Zulassung die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 21.3.2013). Aus der Regelung über die Rückzahlung von Darlehen sei keine allgemeine Bagatellgrenze in Höhe von 10 % der Regelleistung ableitbar. Der Kläger könne auch weder auf seinen im streitigen Zeitraum erzielten Nebenverdienst verwiesen werden, noch sei ihm wegen der Zeitdauer seines Umgangsrechts die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

6

Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom LSG zugelassenen Revision. Er rügt die fehlerhafte Auslegung von § 21 Abs 6 SGB II durch das LSG. Der Bedarf des Klägers für die Ausübung des Umgangsrechts mit seiner Tochter sei nicht unabweisbar, denn bei diesem Tatbestandsmerkmal sei eine Bagatellgrenze in Höhe von 10 % der maßgeblichen Regelleistung zu berücksichtigen. Diese Grenze von 10 % ergebe sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010, in der davon ausgegangen werde, dass von Hilfebedürftigen erwartet werden könne, dass sie diese Teile des Regelbedarfs ansparen. Auch der Gesetzgeber gehe davon aus, dass eine 10 %ige Reduzierung der Regelleistung möglich sei, was das BVerfG nicht beanstandet habe. Dem stehe auch nicht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entgegen, denn dieses habe speziell zu der Regelung von § 21 Abs 6 SGB II noch nicht Stellung genommen, sondern habe im Rahmen einer Entscheidung über einen Hygienemehrbedarf noch auf § 73 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) abgestellt.

7

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. März 2013 und des Sozialgerichts Detmold vom 23. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Ausführungen des SG und des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Beklagten (§ 160 Abs 1, § 164 Sozialgerichtsgesetz) ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat zu Recht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, denn die Ablehnung der Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs 6 SGB II im Rahmen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II war rechtswidrig.

11

1. Gegenstand des Verfahrens sind neben den Urteilen des LSG und des SG der Bescheid vom 8.7.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010, mit dem der Beklagte es abgelehnt hat, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheids vom 27.4.2010 den zusätzlich zur Regelleistung (jetzt Regelbedarf) geltend gemachten Mehrbedarf für die Ausübung des Umgangsrechts zu gewähren. Der Bescheid vom 8.7.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 lässt zwar keine ausdrückliche Bezugnahme auf einen bestimmten Bewilligungsabschnitt erkennen, die Auslegung des Bescheids aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Beteiligten lässt aber allein den Schluss zu, dass der Beklagte die rechtlich einzig zulässige Regelung treffen wollte, über höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung des geltend gemachten Mehrbedarfs nur für solche Bewilligungsabschnitte zu entscheiden, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung in der Vergangenheit bzw der Gegenwart lagen und keine abschließende Entscheidung für die Zukunft treffen wollte (so bereits BSG Urteile vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 10 RdNr 14; vom 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13 RdNr 15).

12

2. Die Vorinstanzen sind insofern zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger mit seiner zulässigen Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Ausübung des Umgangsrechts begehrt, denn die Gewährung eines Mehrbedarfs kann nicht in zulässiger Weise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht werden (stRspr, siehe nur BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 10 RdNr 13; Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13, RdNr 14). Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Berufung gegen das Urteil des SG ist zulässig, ohne dass es auf die Beschwerdesumme ankommt (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 SGG), denn das LSG hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hin die Berufung mit Beschluss vom 26.9.2012 wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

13

3. Ebenfalls zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 27.4.2010 unter dem Blickwinkel des § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu ändern ist(vgl dazu BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15 RdNr 10). § 44 Abs 1 SGB X, wonach ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden kann, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist vorliegend einschlägig. Es liegt kein Fall des § 48 SGB X wegen des Wegfalls der Zahlungen des Sozialamts und der Antragstellung des Klägers beim Beklagten am 8.7.2010 vor, denn insofern handelt es sich nicht um eine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen während des Bewilligungsabschnitts, vielmehr ist der Bescheid vom 27.4.2010 in der Sache von Anfang an rechtswidrig gewesen. Da es sich bei dem Mehrbedarf um eine laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts handelt, musste dieser grundsätzlich nicht besonders beantragt werden (vgl nur Urteil des Senats vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14 mwN).

14

a) Der Kläger hatte bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten am 27.4.2010 für den hier streitbefangenen Leistungszeitraum einen Anspruch gegen das beklagte Jobcenter auf den geltend gemachten Mehrbedarf dem Grunde nach, nachdem das BVerfG es mit Urteil vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) als mit dem Grundgesetz unvereinbar angesehen hat, dass für einen atypischen Bedarf außerhalb der Regelleistung des § 20 SGB II und bestimmter zusätzlicher Hilfen das SGB II keinen Anspruch des Hilfebedürftigen auf einen besonderen, laufenden, nicht nur einmaligen und unabweisbaren Bedarf vorsieht, der zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums jedoch zwingend zu decken ist. Da Urteile des BVerfG gemäß § 31 Abs 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) iVm § 13 Nr 8a BVerfGG bindend sind und in Gesetzeskraft erwachsen(s dazu Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 93 RdNr 65), hatte der Kläger bereits am 27.4.2010 dem Grunde nach einen Anspruch auf Mehrbedarf gegen den Beklagten. Dem stand nicht entgegen, dass der Bedarf bis dahin von einem zu diesem Zeitpunkt unzuständigen Träger, nämlich der Stadt Bielefeld als Sozialhilfeträger, gedeckt worden ist. Ebenso ohne Bedeutung ist, dass der Beklagte von dem Bedarf keine Kenntnis hatte, weil es für den Beurteilungszeitpunkt bezüglich der Frage, ob ein Verwaltungsakt wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit zurückzunehmen ist, nicht auf den Stand der Erkenntnis bei Erlass des Verwaltungsakts, sondern im Zeitpunkt seiner Überprüfung ankommt und somit eine rückschauende Betrachtungsweise im Lichte einer eventuell geläuterten Rechtsauffassung zu der bei Erlass des zu überprüfenden Verwaltungsakts geltenden Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen ist (vgl nur Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 44 RdNr 10 mwN).

15

b) Die weitere Voraussetzung, dass Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist ebenfalls gegeben. Der Kläger erfüllte nach den Feststellungen des LSG in dem streitigen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II hinsichtlich des Alters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts. Im Übrigen ist er hilfebedürftig gewesen und hatte in der Zeit vom 1.7. bis zum 30.11.2010 einen Anspruch auf die Regelleistung in Höhe von damals 359 Euro gemäß § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II in der seinerzeit gültigen Fassung sowie auf Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 337 Euro gemäß § 22 Abs 1 SGB II.

16

Daneben stand ihm ein Anspruch auf Leistungen für Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts zu. Dass Eltern im Rahmen des Arbeitslosengelds II (Alg II) grundsätzlich Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen der Kosten des Umgangsrechts mit von ihnen getrennt lebenden Kindern haben, ergibt sich aus dem Urteil des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) und dem daraufhin durch Gesetz vom 27.5.2010 (BGBl I 671) geschaffenen § 21 Abs 6 SGB II, bei dem der Gesetzgeber ua auch speziell die Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts bei getrennt lebenden Eltern als Anwendungsfall der Härtefallklausel des § 21 Abs 6 SGB II vor Augen hatte(BT-Drucks 17/1465, S 9).

17

4. Nach § 21 Abs 6 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung vom 27.5.2010 erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige (jetzt: Leistungsberechtigte) einen Mehrbedarf, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht (dazu a.). Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen (Leistungsberechtigten) gedeckt ist (dazu b.) und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (dazu c.).

18

Die genannten Tatbestandsmerkmale sind hinsichtlich der Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts erfüllt. Dem Kläger stehen zumindest Fahrtkosten in Höhe von 27,20 Euro pro Monat als Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II zu.

19

a) Es handelt sich zunächst um einen laufenden Mehrbedarf im Einzelfall, weil die Bedarfslage eine andere ist, als sie bei typischen Empfängern von Grundsicherungsleistungen vorliegt. Es ist insofern ein Mehrbedarf im Verhältnis zum "normalen" Regelbedarf gegeben, anders als der Einzelfall in § 23 Abs 1 SGB II alte Fassung (aF) bzw in § 24 Abs 1 SGB II in der seit 1.1.2011 gültigen Fassung, der für alle SGB II-Empfänger gleichermaßen gilt, die einen zum Regelbedarf gehörenden Bedarf ausnahmsweise nicht decken können.

20

Bei den Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts handelt es sich ungeachtet der Tatsache, dass im Regelbedarf ein Anteil für Fahrtkosten enthalten ist, um einen besonderen Bedarf, weil er nicht nur die üblichen Fahrten im Alltag betrifft, sondern eine spezielle Situation darstellt, weil die Aufrechterhaltung des Umgangs mit einem Kind mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden ist, wenn die Wohnorte aufgrund der Trennung der Eltern weiter entfernt voneinander liegen (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 22).

21

Es handelt sich vorliegend auch um einen regelmäßig wiederkehrenden, dauerhaften, längerfristigen Bedarf (dazu eingehend S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 67 und 68; zur Frage, ob der Mehrbedarf regelmäßig und in kürzeren Abständen auftreten muss, siehe auch von Boetticher/Münder in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 21 RdNr 42). Durch die regelmäßige Ausübung des Umgangsrechts - hier alle zwei Wochen an einem Samstag - entsteht der besondere Bedarf laufend, wobei die Einzelfallbetrachtung mit dem Ziel abzuwägen, ob die Fahrtkosten zur Abholung des Kindes erforderlich sind oder ob sie im Hinblick auf das Alter und den Entwicklungsstand des Kindes nicht (mehr) in Frage kommen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 73) ergibt, dass der besondere Bedarf zunächst auf unabsehbare Zeit entstehen wird, weil bei einem im streitigen Zeitraum vierjährigen Kind nicht vorhergesagt werden kann, wann es in der Lage sein wird, die Wegstrecke eigenständig zu bewältigen.

22

b) Der Mehrbedarf für die Ausübung des Umgangsrechts ist vorliegend auch unabweisbar. Das Merkmal der Unabweisbarkeit wird auch in anderen Zusammenhängen verwendet (§ 23 Abs 1 Satz 1 SGB II aF, jetzt § 24 Abs 1 Satz 1 SGB II; und § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII aF, jetzt § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII), ohne dass in den genannten Vorschriften das Merkmal näher definiert wäre. In § 21 Abs 6 SGB II findet sich jedoch eine nicht abschließende Aufzählung ("insbesondere") von Voraussetzungen (Deckung des Mehrbedarfs durch Zuwendungen Dritter oder Einsparmöglichkeiten), bei deren Vorliegen die Unabweisbarkeit zu verneinen bzw zu bejahen ist.

23

aa) Die Möglichkeit der Bedarfsdeckung durch Zuwendungen Dritter scheidet nach den Feststellungen des LSG vorliegend aus.

24

bb) Ebenso wenig liegen nach den Feststellungen des LSG Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger Einsparmöglichkeiten hatte. Dies gilt zunächst für Einsparmöglichkeiten im engeren Sinne des Wortes, also für den Fall, dass der Kläger an den Bedarfen selbst sparen konnte. Solche Einsparmöglichkeiten müssten ausdrücklich festgestellt werden, ein Leistungsberechtigter muss die Möglichkeiten tatsächlich haben, also zB im Besitz einer Monatskarte sein. Hypothetische Einsparmöglichkeiten reichen insoweit nicht aus. Zu Recht hat das LSG in diesem Zusammenhang auch dem Ansinnen, der Kläger könne öffentliche Verkehrsmittel nutzen, eine Absage erteilt, denn allein durch die zusätzliche Fahrzeit würde sein ohnehin nur fünf Stunden dauerndes Umgangsrecht um eine weitere Stunde verkürzt, was angesichts der verfassungsrechtlichen Absicherung dieses Rechts unzumutbar ist.

25

cc) Die im Grundsatz gegebene Einsparmöglichkeit durch "Umschichtung", also einer Präferenzentscheidung dahingehend, einen höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen (BT-Drucks 17/1465, S 6 und 8) scheidet vorliegend aus, denn dieser Gedanke kommt nur zum Tragen bei Bedarfen, die dem Grunde nach vom Regelbedarf umfasst sind, was aber gerade hinsichtlich des hier im Streit stehenden Mehrbedarfs nicht der Fall ist.

26

dd) Ein Verweis auf den Ansparbetrag für notwendige Anschaffungen (§ 12 Abs 2 Nr 4 SGB II) kann nicht herangezogen werden, denn dieser dient nur dazu, einmalige Bedarfe abzufangen. Müsste dieser Ansparbetrag für laufende Aufwendungen abgezweigt werden, stünde er gerade als Ansparbetrag für notwendige Anschaffungen nicht mehr zur Verfügung. Ebenso ist auch das Bestreiten des Bedarfs durch ein Darlehen (§ 24 Abs 1 SGB II) ausgeschlossen, denn insofern ist aufgrund der Entscheidung des BVerfG (Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 - BVerfGE 125, 175, 255 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 208) davon auszugehen, dass nur einmalig auftretende "Bedarfsspitzen" über die Darlehensregelung erfasst werden können, sodass dies kein denkbarer Weg ist, um die laufend auftretenden Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts abzufangen.

27

ee) Der Kläger kann auch nicht zur Deckung seiner Kosten auf sein (geringfügiges) Einkommen verwiesen werden. Ohnehin führen die einen Freibetrag übersteigenden Einkommensanteile durch Berücksichtigung bei der Leistungsberechnung zu verminderten Leistungen. Die Freibeträge selbst müssen nicht für die Wahrnehmung des Umgangsrechts eingesetzt werden, weil die vollständige Anrechnung von Erwerbseinkommen auf das Alg II zur Folge hätte, dass Arbeitslosen kein finanzieller Anreiz zur Arbeitsaufnahme verbliebe, was der gesetzlichen Funktion der Freibeträge bei Einkommen aus Erwerbstätigkeit zuwiderlaufen würde (vgl nur Behrend, in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 21 RdNr 89; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 72). Dies findet seinen Niederschlag auch in den Durchführungshinweisen der Bundesagentur für Arbeit (BA) für die Anwendung des SGB II, in denen zu § 21 unter Ziff 6.2 Abs 5 vermerkt ist, dass für den Fall, dass Erwerbseinkommen erzielt wird, dieses auch bei der Berechnung von Leistungen für besondere laufende Bedarfe in Höhe des Erwerbstätigenfreibetrags nach § 11b Abs 3 SGB II außer Betracht zu bleiben hat.

28

c) Das Merkmal der Erheblichkeit gemäß § 21 Abs 6 SGB II ist vorliegend ebenfalls erfüllt. Der Bedarf des Klägers zur Aufwendung der Fahrtkosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit seiner Tochter weicht seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf ab und unterfällt insofern nicht der speziellen Bagatellgrenze, die in § 21 Abs 6 SGB II selbst durch das Tatbestandsmerkmal "erheblich" festgelegt worden ist. Es handelt sich hier um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in vollem Umfang überprüfbar ist. Erheblich ist nach der Systematik der Norm ein atypischer Bedarf dann, wenn er von einem durchschnittlichen Bedarf in nicht nur unbedeutendem wirtschaftlichen Umfang abweicht (vgl BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 21/06 R - BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3, RdNr 28). Anknüpfungspunkt ist letztlich die genannte Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) und damit die Frage, ob das menschenwürdige Existenzminimum durch die Mehraufwendungen nicht mehr gewährleistet ist (vgl BT-Drucks 17/1465, S 8). Eine erhebliche Abweichung vom durchschnittlichen Bedarf ist vorliegend sowohl hinsichtlich der Regelleistung von damals 359 Euro insgesamt und des in der damaligen Regelleistung enthaltenen Betrags für Fahrtkosten von hochgerechnet gut 20 Euro zu bejahen, zumal in der letztgenannten Position die Ausgaben für Pkw nicht berücksichtigt wurden. Der Kläger musste zur Ausübung seines Umgangsrechts alle zwei Wochen je 17 km für zweimal eine Hin- und Rückfahrt zurücklegen, sodass sich eine Gesamtkilometerzahl von 136 km ergibt. Selbst wenn nur eine Kilometerpauschale von 20 Cent zugrunde gelegt wird, wie sie in § 5 Abs 1 BRKG ausgewiesen ist, ergibt sich ein Betrag von zumindest 27,20 Euro pro Monat. Da auch die 20 Cent nach dem BRKG eine gegriffene Größe sind, die nicht die tatsächlichen Kosten in vollem Umfang widerspiegeln, sind die zugesprochenen 27,20 Euro pro Monat unter dem Blickwinkel der Sicherung des Existenzminimums jedenfalls nicht zu hoch gegriffen.

29

Eine Anknüpfung an § 6 Abs 1 Nr 3 Buchst b Arbeitslosengeld II-Verordnung (Alg II-V), wonach nur die Entfernungskilometer, also die einfache Strecke, maßgeblich sind, verbietet sich in Fällen wie dem vorliegenden. Die Alg II-V hat schon vom Ansatz her eine andere Zielrichtung, sie ist nicht maßgebend für den Bedarf, sondern regelt als Anreiz für die Aufnahme einer Beschäftigung lediglich, welche Beträge bei dem Leistungsberechtigten belassen und nicht bei der Leistungsberechnung berücksichtigt werden. Dass bei einem tatsächlich zu deckenden Bedarf neben der Alg II-V auch das BRKG herangezogen werden kann, hat das BSG bereits in anderem Zusammenhang entschieden (BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 27/12 R - SozR 4-4225 § 6 Nr 2 - "Spesen").

30

5. Der Anspruch des Klägers scheitert auch nicht an einer - unabhängig von der Regelung des § 21 Abs 6 SGB II bestehenden - allgemein gültigen Bagatellgrenze. Eine Rechtsgrundlage für die vom Beklagten vertretene allgemeine Bagatellgrenze in Höhe von 10 % der Regelleistung ist nicht zu erkennen.

31

a) Zwar hat der erkennende Senat im Anschluss an eine Entscheidung des 7b-Senats (Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 25)mit Urteil vom 19.8.2010 (B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 20) bekräftigt, dass unter dem Prüfungsgesichtspunkt der Rechtfertigung des Einsatzes öffentlicher Mittel im Rahmen der Ermessenserwägungen sowohl Kosten (für das Umgangsrecht) beschränkt werden können, als auch daraus gefolgert, dass zu geringe Kosten ggf einen Einsatz öffentlicher Mittel nicht mehr rechtfertigen. In dem damals zu entscheidenden Fall, in dem der Kläger zusätzliche Hygienekosten auf 20,45 Euro monatlich beziffert hatte, hat der Senat jedenfalls ein Scheitern des Klagebegehrens bereits unter dem Gesichtspunkt einer in der Rechtfertigung des Mitteleinsatzes enthaltenen "Bagatellgrenze" nicht gesehen.

32

Anerkannt worden ist auch in der Rechtsprechung des BSG das gesetzgeberische Ziel, die Auszahlung von Bagatellbeträgen zu vermeiden (BSG Urteil vom 12.7.2012 - B 14 AS 35/12 R - BSGE 111, 234 = SozR 4-1500 § 54 Nr 28; Urteil vom 17.3.2009 - B 14 AS 63/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 21 RdNr 35). Dabei ist Ausgangspunkt allerdings, dass auch geringfügige Eingriffe in die Rechtsposition eines Leistungsberechtigten nicht grundsätzlich allein mit dem gesetzgeberischen Ziel der Verwaltungsvereinfachung abgewiesen werden können. Es verbleibt danach aber selbst im Bereich existenzsichernder Leistungen ein "Bagatellbereich" dort, wo der Gesetzgeber nicht aus Gründen der Existenzsicherung des Einzelnen, sondern zur Vereinfachung verwaltungsinterner Abläufe (und damit letztlich zur Beschleunigung der Auszahlung existenzsichernder Leistungen) bei der Berechnung der Leistung (in dem entsprechenden Fall ging es um die Regelungen zur "Rundung") entsprechende Regelungen erlässt. Dieser Entscheidung kann als Grenze aber lediglich entnommen werden, dass jedenfalls Leistungen im Centbereich unter eine Bagatellgrenze fallen würden.

33

b) Mit einer Rundungsregelung, die maximal 49 Cent abrundet, ist aber eine Bagatellgrenze, die nach den Vorstellungen des Beklagten bei 10 % des Regelbedarfs liegen soll (vgl Durchführungshinweise der BA zu § 21 SGB II unter 6.2 Abs 3), also derzeit bei 39 Euro pro Monat, nicht vergleichbar. Eine solche Bagatellgrenze kann insbesondere nicht über die Regelung des im streitigen Zeitraum maßgeblichen § 23 Abs 1 SGB II in der bis zum 31.12.2010 gültigen Fassung bzw nach § 42a SGB II neue Fassung (nF) begründet werden, wonach Rückzahlungsansprüche aus Darlehen durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des maßgeblichen Regelbedarfs getilgt werden können. Die genannten Regelungen passen schon im Ansatz nicht auf die Fälle, in denen es um nicht erfüllten Mehrbedarf geht, denn bei einer Darlehensgewährung haben die Betroffenen zur Deckung von Bedarfen das Geld tatsächlich erhalten, das sie dann an das Jobcenter zurückzahlen müssen, und nur im Rahmen der Tilgung wird davon ausgegangen, dass in Anbetracht der Ansparkonzeption des Gesetzgebers eine vorübergehende monatliche Kürzung der Regelleistung (des Regelbedarfs) in Höhe von 10 % im Grundsatz nicht zu beanstanden ist (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 150). Bei Annahme einer allgemeinen Bagatellgrenze würden dagegen Betroffenen Leistungen vorenthalten, obwohl sie einen Anspruch darauf haben. Im Übrigen sind die Grundsätze zur Rückzahlung von Darlehen auch deshalb nicht auf Fälle übertragbar, bei denen es um laufende, nicht nur einmalige Bedarfe geht, weil wiederkehrende Bedarfe einer darlehensweisen Gewährung grundsätzlich nicht zugänglich sind (BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13 RdNr 20; vgl § 24 SGB II nF; Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 24 RdNr 16). § 21 Abs 6 SGB II geht - wie aufgezeigt - bei seinen Tatbestandsmerkmalen (Einzelfall) davon aus, dass der Mehrbedarf abseits vom Regelbedarf des typischen SGB II-Empfängers entsteht, während die Darlehensregelungen Einzelfälle von Bedarfen umfassen, die im Regelbedarf enthalten sind und nur vorübergehend nicht gedeckt werden können.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.

(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für

1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. Leistungen nach Satz 2 werden auch erbracht, wenn Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Fall kann das Einkommen berücksichtigt werden, das Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden wird. Die Leistungen für Bedarfe nach Satz 1 Nummer 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.

(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 19. März 2014 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Reisekosten, die ihm im Dezember 2011 im Rahmen des Besuches seiner minderjährigen Tochter entstanden sind.

2

Der 1949 geborene Kläger, seine 1967 geborene Ehefrau und die gemeinsame, 2001 geborene Tochter bezogen seit 2005 laufend Leistungen nach dem SGB II. Im Sommer 2008 verzog die Ehefrau des Klägers mit der Tochter nach Rumänien und nahm dort eine Erwerbstätigkeit auf. In der Folgezeit erklärte der Kläger mehrfach, dass seine Ehefrau und er sich nicht getrennt hätten, sondern die beiden Wohnorte einzig der Erwerbstätigkeit seiner Ehefrau geschuldet seien. Mehrmals im Jahr verbrachte er im Einvernehmen mit dem Beklagten mehrere Wochen mit seiner Familie zumeist in Rumänien; ua fanden im Frühjahr und Sommer 2011 sieben- bzw fünfwöchige Besuche statt.

3

Der Beklagte bewilligte dem Kläger für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2011 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 364 Euro und für Unterkunft und Heizung in Höhe von 221,22 Euro (Bescheid vom 29.6.2011, Widerspruchsbescheid vom 26.7.2011). Im Verlauf des sich anschließenden Klageverfahrens beantragte der Kläger am 6.12.2011 bei dem Beklagten, die Kosten für die vom 23.12.2011 bis 28.1.2012 vorgesehene Reise zu seiner Tochter zu übernehmen, die er mit 300 Euro für Benzin, Mautgebühren und eine Übernachtung bezifferte. Der Beklagte lehnte dies ab und wies den hiergegen gerichteten Widerspruch unter Hinweis auf die anhängige Klage als unzulässig zurück (Bescheid vom 13.2.2012; Widerspruchsbescheid vom 25.6.2012). In der mündlichen Verhandlung vor dem SG haben sich die Beteiligten über die streitigen Leistungen wegen Unterkunft und Heizung für den gesamten Bewilligungsabschnitt vergleichsweise geeinigt und den Rechtsstreit insgesamt für erledigt erklärt, mit Ausnahme der "Kosten des Umgangsrechts" für Dezember 2011 (Vergleich vom 2.7.2012). Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 2.7.2012).

4

Das LSG hat die auf weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Dezember 2011 gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zweck der Grundsicherung sei nicht, die Folgekosten getrennter Wohnsitze im Rahmen einer intakten Ehe durch staatliche Leistungen zu decken. Art 6 GG enthalte lediglich ein staatliches Förderungsgebot, begründe aber keinen konkreten Leistungsanspruch. Ungeachtet dessen fehle es an einem unabweisbaren Bedarf, weil der Kläger die Reisekosten aus einer Nachzahlung des Beklagten gedeckt habe. Schließlich sei die Notwendigkeit eines weiteren Besuches im Dezember 2011 zu bezweifeln, nachdem die Entfernung zum Wohnort der Tochter groß sei, es andere Kommunikationsmittel gebe und sich der Kläger bereits im Frühjahr und Sommer 2011 mehrere Wochen in Rumänien aufgehalten habe (Urteil vom 19.3.2014).

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 21 Abs 6 SGB II und begehrt weiterhin die Übernahme der Kosten seiner Reise nach Rumänien als Härtemehrbedarf.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Thüringer LSG vom 19.3.2014 und des SG Gotha vom 2.7.2012 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 29.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.7.2011 sowie des Bescheides vom 13.2.2012, diese wiederum in der Fassung des Vergleichs vom 2.7.2012 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm für den Monat Dezember 2011 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 300 Euro zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 SGG). Zwar ist nach den Feststellungen des LSG davon auszugehen, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erfüllt, er insbesondere auch hilfebedürftig ist (2.). Der Beklagte hat die Höhe des Regelbedarfs zutreffend nach der für einen Alleinstehenden gemäß § 20 Abs 2 SGB II bemessen. Auch liegen die Voraussetzungen für einen Härtemehrbedarf iS des § 21 Abs 6 SGB II dem Grunde nach vor. Es mangelt jedoch an Feststellungen des LSG, um beurteilen zu können, ob der Anspruch in der geltend gemachten Höhe von 300 Euro unabweisbar war (3.).

10

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind die dem Kläger im Dezember 2011 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen eines Besuchs seiner Tochter in Rumänien im Zeitraum vom 23. bis 31.12.2011 zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Beklagte hatte dem Kläger durch Bescheid vom 29.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.7.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum Juli bis Dezember 2011 bewilligt. In dem Vergleich vom 2.7.2012 haben die Beteiligten den Rechtsstreit zulässig im Hinblick auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung für erledigt erklärt (vgl zur Abtrennbarkeit dieses Streitgegenstandes insoweit BSG vom 6.8.2014 - B 4 AS 55/13 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 38 RdNr 12 im Anschluss an BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 10 ff). Ebenso unterlag es ihrer Disposition, den Streitgegenstand auf den Monat Dezember 2011 zu begrenzen. Insoweit steht allerdings im Revisionsverfahren die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts insgesamt zur Überprüfung. Denn der Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II ist Bestandteil dieser Leistungen und kein eigenständiger und von deren Höhe abtrennbarer Streitgegenstand(stRspr, ua BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 50/07 R - BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 12; zuletzt BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

11

Zutreffend ist das LSG auch davon ausgegangen, dass der auf das Schreiben des Klägers vom 6.12.2011 ergangene Bescheid vom 13.2.2012, mit dem der Beklagte die Gewährung einer Härtemehrbedarfsleistung nach § 21 Abs 6 SGB II wegen der Fahrt nach Rumänien abgelehnt hat, gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG geworden ist. Nach dieser Vorschrift wird ein neuer Verwaltungsakt, der nach Klageerhebung erlassen wird, dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid immer dann, wenn der neue Bescheid denselben Streitgegenstand wie der Ursprungsbescheid betrifft (so bereits BSG vom 23.6.1959 - 7 RAr 117/57 - BSGE 10, 103; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 96 RdNr 4 mwN) und in dessen Regelung so eingreift, dass die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (BSG vom 20.11.2003 - B 13 RJ 43/02 R - BSGE 91, 277, 279 = SozR 4-2600 § 96a Nr 3, RdNr 7 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 96 RdNr 4b). Dem steht es gleich, wenn die Verwaltung - etwa aufgrund neuer Umstände - die von ihr vorgenommene Regelung zum Streitgegenstand überprüft, daraufhin neu entscheidet, in der Sache aber an ihrer Regelung festhält. Formal ist in einem solchem Fall zwar keine Änderung der Beschwer eingetreten. Doch rechtfertigt es die vorgenommene neue Sachprüfung, auch eine solche Entscheidung wie eine Änderung oder Ersetzung iS von § 96 Abs 1 SGG zu behandeln mit der Folge der unmittelbaren Anwendung dieser Vorschrift(so im Ergebnis schon BSG vom 20.7.2005 - B 13 RJ 23/04 R - SozR 4-1500 § 96 Nr 3; s auch zur unmittelbaren Anwendbarkeit des § 96 Abs 1 SGG bei einer unterbliebenen Anhörung oder der Nachholung fehlender Ermessenserwägungen, wenn der neu erlassene Bescheid die bisherige Entscheidung in der Sache bestätigt, Großer Senat des BSG vom 6.10.1994 - GS 1/91 - BSGE 75, 159 = SozR 3-1300 § 41 Nr 7). So liegt der Fall auch hier.

12

Der Beklagte hat durch den Bescheid vom 13.2.2012 nicht nur die Ablehnung einer Mehrbedarfshärteleistung verfügt, sondern unter Berücksichtigung des geltend gemachten Mehrbedarfs nach erneuter Sachprüfung zugleich die in dem Bescheid vom 29.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.7.2011 festgestellte Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bestätigt. In beiden Bescheiden bringt er durch seine Verfügungssätze zum Ausdruck, dass er dem Begehren des Klägers auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur in Höhe des Regelbedarfs stattgeben will. Er hat insoweit mit dem Bescheid vom 13.2.2012 auch nicht allein über Begründungselemente der begehrten Leistung entschieden. Die Mehrbedarfsleistung ist zwar Bestandteil der Regelleistung, ihr muss jedoch gleichwohl ein eigener, gerade über den Regelbedarf hinausgehender Bedarf zugrunde liegen. Auch wenn der geltend gemachte Mehrbedarf ohne einen weiteren Antrag des Klägers bei dem Beklagten im bereits laufenden Klageverfahren in die Beurteilung der rechtmäßigen Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einzubeziehen gewesen wäre, war der Beklagte nicht gehindert, den vom Kläger bei ihm gestellten Antrag zu bescheiden.

13

2. Der Kläger erfüllte nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nach § 19 iVm § 7 Abs 1 S 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II(idF der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850). Danach erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Der Kläger war auch hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Nr 3 SGB II. Insbesondere ist nach den Gesamtumständen nicht ersichtlich, dass sein Bedarf zur Sicherung seines Lebensunterhalts durch Einkommen der in Rumänien lebenden Ehefrau ganz oder teilweise hätte gedeckt werden können.

14

3. Ob der Kläger einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat, vermochte der Senat nicht abschließend zu beurteilen. Zwar hat der Beklagte zutreffend den Regelbedarf nach dem für einen Alleinstehenden bemessen (a). Für die Entscheidung über die Berücksichtigung eines Härtemehrbedarfs nach § 21 Abs 6 SGB II wegen der Reisekosten anlässlich der Fahrt zu seiner in Rumänien lebenden Tochter im Dezember 2011 mangelt es aber an Tatsachenfeststellungen des LSG. Nach § 21 Abs 6 S 1 SGB II(idF der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Zwar ist im vorliegenden Fall von einem besonderen Bedarf im Sinne dieser Vorschrift auszugehen (b). Es handelt sich auch um einen laufenden Bedarf (c). Ob er jedoch in der geltend gemachten Höhe auch unabweisbar war, bedarf weiterer Feststellungen des LSG (d).

15

a) Der Beklagte hat der Leistungsbemessung zu Recht den Regelbedarf eines Alleinlebenden iS des § 20 Abs 2 S 1 SGB II in Höhe von 364 Euro zugrunde gelegt. Zwar ist grundsätzlich bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten der Bedarf auch dann nach § 20 Abs 4 SGB II(idF der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) zu bemessen, wenn die Ehegatten nicht in einer gemeinsamen Wohnung leben (Senatsurteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 49/09 R - BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16, RdNr 12). Ungeachtet dessen findet § 20 Abs 4 S 1 SGB II aber dann keine Anwendung, auch nicht analog, wenn wie hier ein Partner mangels eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossenen ist. Der Reduzierung des Regelbedarfs auf 90 vH liegt die Annahme zugrunde, dass durch eine gemeinsame Haushaltsführung Kosten erspart werden. Diese Annahme trifft auf die wirtschaftliche Lage des Klägers nicht zu.

16

Nach den Grundsätzen, die der 14. Senat im Urteil vom 6.10.2011 (B 14 AS 171/10 R - BSGE 109, 176 = SozR 4-4200 § 20 Nr 16, RdNr 26) aufgestellt hat und denen der erkennende Senat folgt, ist eine Regelleistung von 90 vH nur dann gerechtfertigt, wenn beide Partner in einer Haushaltsgemeinschaft umfassend "aus einem Topf" wirtschaften mit der Folge, dass zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt (vgl auch Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 20 RdNr 67, Stand: 4/2010 mwN). Wenn dagegen nicht mehr "aus einem Topf" gewirtschaftet werden kann, kann zwar weiterhin eine Bedarfsgemeinschaft - auch grenzüberschreitend - bestehen, die genannten Einsparmöglichkeiten durch das gemeinsame Wirtschaften entfallen jedoch. Die Bedarfslage entspricht dann der eines Alleinstehenden (BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 71/12 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 12 RdNr 22).

17

b) Der geltend gemachte Bedarf ist ein besonderer Bedarf iS des § 21 Abs 6 SGB II durch Reisekosten zum Besuch des leiblichen Kindes, also Kosten im Zusammenhang mit dem Umgang zwischen Eltern und Kindern. Prägend für einen besonderen Bedarf ist, dass eine andere, weitergehende Bedarfslage vorliegt als bei typischen Empfängern von Grundsicherungsleistungen (vgl BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 18, RdNr 20, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, in Fortführung der Ausgangsentscheidung des 7b. Senats vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 22; BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R, RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Es muss daher ein Mehrbedarf im Verhältnis zum "normalen" Regelbedarf gegeben sein (BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R, RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, mwN). Dies ist bei den Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts bei getrennt lebenden Eltern ungeachtet der Tatsache der Fall, dass im Regelbedarf ein Anteil für Fahrtkosten enthalten ist (Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R, RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Auch wenn der Gesetzgeber nach der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) und bei der Einfügung des § 21 Abs 6 SGB II im Mai 2010 die Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts bei "getrennt lebenden" Eltern als Anwendungsfall der Härtefallklausel im Blick hatte(BT-Drucks 17/1465, S 9), ist die Regelung nicht auf diese Sachverhalte beschränkt (vgl BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 24: Hygienemehrbedarf).

18

Daher kann auch bei Ehegatten mit zeitweise getrennten Wohnsitzen, ebenso wie bei dauernd getrennt lebenden Ehegatten und unverheirateten getrennt lebenden Elternteilen, zur Aufrechterhaltung des Kontaktes und Umgangs mit einem Kind ein besonderer Aufwand erforderlich sein (hierzu BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 22; BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R, RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; Behrend in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 21 RdNr 98 ff, 104 ff; s auch Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 21 RdNr 83, Stand V/2011). Dies ist hier der Fall. Die Ehefrau des Klägers lebt nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG mit der gemeinsamen Tochter etwa 1500 km entfernt von dem Wohnort des Klägers in Rumänien. Dass dadurch der Besuch der Tochter für den Kläger mit besonderen Reisekosten verbunden ist, bedarf keiner weiteren Ausführungen.

19

c) Die Reisekosten waren im streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitt auch laufende, nicht nur einmalige Aufwendungen. Der erkennende Senat lässt auch hier, wie schon in seiner Entscheidung vom 18.11.2014 (B 4 AS 4/14 R, RdNr 17 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) offen, ob ein Bedarf iS des § 21 Abs 6 SGB II nur dann ein laufender ist, wenn er prognostisch dauerhaft, regelmäßig und längerfristig entstehen wird. Umschreibungen wie dauerhaft, regelmäßig oder längerfristig sowie eine prognostische Betrachtung können nur Anhaltspunkte dafür sein, ob es sich um einen "laufenden" Bedarf handelt. Abzustellen ist immer auf die Umstände des Einzelfalls. Hier war nur über Leistungen für den Monat Dezember 2011 zu befinden, sodass ungeprüft bleiben konnte, ob der Bedarf auch in Zukunft entstehen oder ggf entfallen wird, etwa weil es im Hinblick auf das Alter und den Entwicklungsstand des Kindes nicht mehr erforderlich sein wird, das Kind zu besuchen, sondern dieses umgekehrt selbstständig zum Vater reisen kann (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 73). Zu berücksichtigen war im vorliegenden Einzelfall insbesondere die besondere Entfernung zwischen den Wohnorten von Vater und Kind, sodass der "laufende" Bedarf zwangsläufig von einer geringeren Häufigkeit der Besuche geprägt sein musste. Wenn - wie hier - über das Jahr betrachtet drei Mal Besuche bei einem zum streitigen Zeitpunkt zehnjährigen Kind durchgeführt werden, ist das Tatbestandsmerkmal der laufenden Aufwendungen erfüllt.

20

d) Nicht abschließend bewerten konnte der Senat hingegen, ob der geltend gemachte Bedarf unabweisbar war. Nach § 21 Abs 6 S 2 SGB II ist der Mehrbedarf unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Wenn der Kläger das verfassungsrechtlich geschützte Umgangsrecht mit seinem Kind ausüben möchte, ist das Entstehen des Bedarfs durch Fahrtkosten dem Grunde nach unabweisbar (aa). An der Erheblichkeit des Bedarfs bestehen hier keine Zweifel (bb). Offen bleibt nach den bisherigen Feststellungen des LSG jedoch, ob der Bedarf auch der Höhe nach unabweisbar war, also nicht durch Zuwendungen Dritter gedeckt werden konnte (cc) und ob er in der vom Kläger geltend gemachten Höhe gerechtfertigt war oder Einsparmöglichkeiten, auch im Hinblick auf die wegen der bestehenden Ehe anzunehmenden familienrechtlichen Pflichten, bestanden (dd).

21

aa) An der Unabweisbarkeit des zu bejahenden Mehrbedarfs des Klägers dem Grunde nach bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Ein unabweisbarer Bedarf dem Grunde nach kann grundsätzlich auch dann entstehen, wenn miteinander verheiratete Eltern ohne sich im familienrechtlichen Sinne getrennt zu haben, wegen verschiedener Haushalte nicht zusammen mit ihren Kindern leben. Denn das verfassungsrechtlich durch Art 6 Abs 2 S 1 GG verbürgte Recht der Eltern auf Umgang mit ihren Kindern (vgl dazu nur BVerfG Urteil vom 1.4.2008 - 1 BvR 1620/04 - BVerfGE 121, 69), das einfachgesetzlich in § 1684 Abs 1 BGB seinen Niederschlag gefunden hat, besteht unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind, sich getrennt haben, geschieden sind oder auch zu keiner Zeit verheiratet waren. Deshalb ist auch ein Anspruch auf Härtemehrbedarf wegen der durch die Wahrnehmung des Umgangsrechts anfallenden Kosten unabhängig von der familienrechtlichen Beurteilung eines Getrenntlebens. Ob und in welcher Weise fortbestehende familienrechtliche Pflichten in Fällen des nicht dauernden Getrenntlebens Ansprüche auszuschließen vermögen, ist entgegen der Auffassung des Beklagten weder eine Frage der Besonderheit des Bedarfes noch der Unabweisbarkeit dem Grunde nach, sondern eine solche seiner Unabweisbarkeit der Höhe nach.

22

bb) Auch war der Bedarf durch die Fahrtkosten hier erheblich. Die Grundsicherungssenate des BSG haben übereinstimmend einen erheblichen Bedarf bejaht, wenn dieser von einem durchschnittlichen Bedarf in nicht nur unbedeutendem wirtschaftlichen Umfang abweicht (BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R, RdNr 19, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 18, RdNr 28, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, unter Verweis auf BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 21/06 R - BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3, RdNr 28). Anknüpfungspunkt für die Beurteilung insoweit ist die Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) und damit die Frage, ob das menschenwürdige Existenzminimum trotz der Mehraufwendungen noch gewährleistet werden kann oder über die Regelleistung hinausgehende Leistungen dazu erforderlich sind (vgl BT-Drucks 17/1465, S 8). Im vorliegenden Fall ist eine erhebliche Abweichung vom durchschnittlichen Bedarf sowohl im Hinblick auf den Regelbedarf von damals 364 Euro insgesamt, aber auch den in dem damaligen Regelbedarf enthaltenen Betrag für Fahrtkosten von etwas über 20 Euro anzunehmen.

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cc) Das LSG hat jedoch - nach seinem rechtlichen Standpunkt zu Recht - keine Feststellungen getroffen, ob der Bedarf des Klägers ganz oder teilweise durch Zuwendungen Dritter gedeckt werden konnte. Es wird insoweit zu prüfen haben, ob die Ehefrau des Klägers einen Finanzierungsbeitrag zu den Reisekosten erbracht hat.

24

dd) Auch bei einem dem Grunde nach unabweisbaren Bedarf ist die Höhe der zu gewährenden Leistungen grundsätzlich unter Berücksichtigung der nach den konkreten Umständen des Einzelfalls realistischen Einsparmöglichkeiten zu bemessen. Ua sind die Entfernung der jeweiligen Wohnorte beider Elternteile und die Art der Verkehrsverbindungen in den Blick zu nehmen (BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R, RdNr 21 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass der Leistungsberechtigte die kostengünstigste und gleichwohl im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Umgangsrechts verhältnismäßige sowie zumutbare Variante zur Bedarfsdeckung wählen muss bzw nur Anspruch auf Leistungen in deren Höhe hat (im Einzelnen BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R, RdNr 23, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Unter Berücksichtigung dessen ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob der Bedarf des Klägers, der für die Fahrten sein Auto benutzt hat, über einen solchen hinaus geht, der durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstanden wäre. Hierzu sind die Reisedauer und die Kosten bei einer Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel festzustellen und den Kosten bei der Benutzung des Autos gegenüberzustellen. Sodann ist zu entscheiden, ob - was vorliegend angesichts der Länge des Aufenthalts eher zweifelhaft erscheint - bei einer Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel das Umgangsrecht in nicht hinzunehmendem Maße beschränkt werden würde (näher hierzu BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R, RdNr 25, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

25

Bei familienrechtlich nicht getrennt lebenden Eheleuten ist darüber hinaus zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen fortbestehende familienrechtliche Pflichten der Begründung oder Aufrechterhaltung getrennter Wohnsitze entgegenstehen. Ist das (erneute) Zusammenleben zumutbar, liegt hierin ebenfalls eine Einsparmöglichkeit, durch die besondere Bedarfe als Folge des Getrenntlebens vollständig vermieden werden können. Der Maßstab für derartige Einsparmöglichkeiten ergibt sich zuvörderst aus dem SGB II, unter Berücksichtigung einschlägiger familienrechtlicher Regelungen und der Umstände des Einzelfalls.

26

Ausgangspunkt außerhalb der Trennungssituation im familienrechtlichen Sinne ist insoweit die fortbestehende Rechtfertigung für die Begründung von zwei Wohnsitzen durch Eheleute. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Bildung getrennter Wohnsitze ihren Grund in der Arbeitsaufnahme eines Ehegatten - auch im Ausland - hat und - was dem Grundsatz des Forderns nach § 2 SGB II entspricht - zum vollständigen Ausscheiden von Hilfebedürftigen aus dem Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II führt. So liegt der Fall hier, denn die Ehefrau des Klägers hat nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG in Rumänien eine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Sie und die gemeinsame Tochter sind durch den Umzug nach Rumänien aus dem Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschieden.

27

Auch die Aufrechterhaltung getrennter Wohnsitze bedarf einer Rechtfertigung im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Einsparmöglichkeiten. In familienrechtlicher Hinsicht besteht bei nicht dauerhaft getrennt lebenden Eheleuten nach § 1353 Abs 1 S 2 BGB die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft, die im Grundsatz auch die Pflicht zum Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft beinhaltet(vgl Roth in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2013, § 1353 RdNr 34 mwN; Grandel in jurisPK-BGB, 7. Aufl 2014, § 1353 RdNr 52; Brudermüller in Palandt, BGB, 74. Aufl 2015, § 1353 RdNr 6). Eine einverständliche räumliche Trennung gerade aus beruflichen Gründen wird dadurch zwar nicht ausgeschlossen (vgl Roth in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2013, § 1353 RdNr 34). Dennoch sind die hierdurch entstehenden Kosten nicht zwingend durch existenzsichernde Leistungen zu decken. Zu verneinen ist dies, wenn unter Berücksichtigung des Gebots der Selbsthilfe, das es dem Leistungsberechtigten auferlegt, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen (§ 2 Abs 1 SGB II), ein Nachzug zum Partner zumutbar ist. Ein zumutbarer Nachzug stellt ebenfalls eine Einsparmöglichkeit dar, die einem Leistungsanspruch nach § 21 Abs 6 SGB II, also die Finanzierung der Besuchsfahrten durch Leistungen für einen Mehrbedarf, auszuschließen vermag. Doch auch insoweit gilt, dass einem Nachzug im Einzelfall keine gewichtigen, rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen dürfen, wie etwa eine nicht aufrecht zu erhaltene Sicherung des Lebensunterhalts am Zielort (auch nicht durch staatliche Leistungen), die begründete Erwartung auf eine Rückkehr des Ehegatten in absehbarer Zeit oder wesentliche Sprachbarrieren. Dass hier derartige Hindernisse einem Nachzug des Klägers entgegenstanden, liegt nach den Gesamtumständen des Falles zwar nahe, ausdrückliche Feststellungen des LSG hierzu fehlen jedoch. Es wird diese im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben.

28

Im Zuge der abschließenden Beurteilung der Einsparmöglichkeiten wird das LSG schließlich zu beachten haben, dass eine im Grundsatz auch gegebene Einsparmöglichkeit durch "Umschichtung", also einer Präferenzentscheidung dahingehend, einen höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen (BT-Drucks 17/1465, S 6 und 8), bei Bedarfen durch Fahrtkosten für die Ausübung des Umgangsrechts ausscheidet (BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 18, RdNr 20, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R, RdNr 25, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Entsprechend kann der Kläger entgegen der Auffassung des LSG nicht darauf verwiesen werden, den Bedarf für die Besuchskosten aus den erhaltenen Nachzahlungen für zurückliegende Zeiträume zu decken.

29

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Juli 2013 wird zurückgewiesen. Der Tenor des Urteils des Landessozialgerichts wird klarstellend wie folgt gefasst: Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 17. Januar 2012 sowie der Bescheid des Beklagten vom 10. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2011 werden geändert und der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger unter Änderung des Bescheides vom 31. Mai 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25. Januar 2011 für den Zeitraum vom 4. Juni bis 8. Oktober 2010 340 Euro als Mehrbedarfsleistung für Fahrtkosten zu gewähren.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II - ohne Leistungen für Unterkunft und Heizung - im Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2010 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs durch Fahrtkosten, die im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts mit seiner 1999 geborenen Tochter entstanden sind.

2

Der Beklagte bewilligte dem alleinstehenden in D. wohnenden Kläger auf dessen Fortzahlungsantrag für den zuvor benannten Zeitraum eine Regelleistung in Höhe von monatlich 359 Euro (Bescheid vom 31.5.2010, geändert durch Bescheid vom 25.1.2011 wegen der Bewilligung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehung ab dem 15.10.2010). Über berücksichtigungsfähiges Einkommen verfügte er nicht. Er bewohnte ein in seinem Miteigentum stehendes Zweifamilienhaus und erhielt als Unterkunftsleistungen einen Betrag von 341,78 Euro monatlich. Die Tochter des Klägers lebte zunächst in K. bei ihrer Mutter. Die Eltern hatten ein gemeinsames Sorgerecht. Alle 14 Tage von Freitag bis Sonntag übte der Kläger sein Umgangsrecht aus. In den Sommerferien verbrachte die Tochter drei Wochen bei ihm. Er holte das zehn- bzw elfjährige Kind an den Besuchswochenenden und zu Ferienbeginn mit dem eigenen Pkw in K. ab und brachte sie sonntags bzw am Ferienende wieder dorthin zurück. Die Mutter lehnte es ab, dass die Tochter die Bahnfahrt von K. nach D. und zurück allein unternehme. Am 9.11.2010 teilte der Kläger dem Beklagten ua mit, an welchen Tagen sich die Tochter seit dem 1.6.2010 bei ihm aufgehalten hatte und dass sie seit dem 8.10.2010 bei ihm lebe. Ferner machte er die Erstattung der ihm durch die Fahrten zur Ausübung des Umgangsrechts entstandenen Aufwendungen geltend. Durch Bescheid vom 10.3.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger Fahrtkostenerstattung in Höhe von 135,60 Euro. Dabei ging er von insgesamt zurückgelegten 3151 km aus, dividierte diese Summe durch zwei und multiplizierte sie mit 0,20. Von dem sich hieraus ergebenden Betrag von 315,20 Euro brachte er 10 % von der Regelleistung, die er dem Kläger für fünf Monate (Juni bis Oktober 2010) gewährt hatte (5 x 359 = 1795 Euro - hiervon 10 % = 179,50 Euro), in Abzug. Insoweit bestünden Einsparmöglichkeiten durch Umschichtung innerhalb der Regelleistung. Den Widerspruch wies er - nach Erhebung einer Untätigkeitsklage durch den Kläger beim SG Augsburg - mit derselben Begründung zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.8.2011).

3

Der Kläger hat nunmehr einen Anfechtungs- und Leistungsantrag gestellt und eine Fahrtkostenerstattung in Höhe von 0,30 Euro für insgesamt zurückgelegte 3151 km begehrt. Das SG hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Kläger weitere 179,50 Euro mit der Begründung zugesprochen, dass die von dem Beklagten in dieser Höhe vorgenommene Berücksichtigung einer Einsparung rechtswidrig sei (Gesamtleistung: 179,50 Euro + 135,60 Euro = 315,10 Euro). Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.1.2012).

4

Im Berufungsverfahren hat der Kläger geltend gemacht, 17 mal eine Wegstrecke von 272 km zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit dem Pkw zwischen D. und K. zurückgelegt zu haben. Eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei ihm nicht zumutbar gewesen, denn die Gesamtfahrtzeit betrage dann 5 Stunden, während er mit dem Pkw lediglich drei Stunden benötigt habe. Das LSG hat der Berufung insoweit stattgegeben, als es dem Kläger Leistungen von 80 Euro für den Monat Juni 2010, 100 Euro für den Monat Juli 2010, 40 Euro für den Monat August 2010 sowie jeweils 60 Euro für die Monate September 2010 und Oktober 2010 (insgesamt 340 Euro) abzüglich bereits erbrachter und vom SG ausgeurteilter Leistungen zugesprochen hat. Im Übrigen hat es die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Kläger zwar einen Anspruch auf Leistungen nach § 21 Abs 6 SGB II habe. Insoweit sei jedoch nur der unabweisbare Bedarf zu decken und seien Einsparmöglichkeiten zu nutzen. Unabweisbar sei der Bedarf lediglich in Höhe der Aufwendungen für die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu dem günstigsten Preis, hier mit dem "Bayern-Ticket" 2. Klasse zu einem Preis pro Fahrkarte von 20 Euro. Das LSG hat festgestellt, dass im streitigen Zeitraum die Fahrt zwischen D. und K. mit öffentlichen Verkehrsmitteln 2 bis 2 1/2 Stunden gedauert habe, mit einem Zwischenaufenthalt in U. von 45 bis zu 60 Minuten. Für die sonntägliche Fahrt von D. nach K. hätten zwei Anschlüsse (Abfahrt 13:25 Uhr bzw 17:25 Uhr) mit kurzem Zwischenaufenthalt und jeweils einer Gesamtfahrdauer von 1 Stunde und 47 Minuten bestanden. Die Mutter habe 17 "Fahrtage" zwischen dem 4.6. und dem 8.10.2010 bestätigt. Die Nutzung der Bahn sei dem Kläger auch trotz der im Vergleich längeren Fahrtzeit als mit einem Pkw zumutbar. Eine Einschränkung des Umgangsrechts folge hieraus nicht, denn bei den gemeinsamen Fahrten mit der Tochter habe er dieses bereits ausüben können. Weitere Einsparmöglichkeiten seien nicht ersichtlich, insbesondere keine solchen aus dem in der Regelleistung vorgesehenen Ansatz für Mobilitätsbedarf.

5

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 21 Abs 6 SGB II sowie eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wenn er auf öffentliche Verkehrsmittel verwiesen werde. Die Entscheidung des LSG stelle zugleich eine Verletzung des Grundrechts auf Gleichbehandlung dar. Er begehrt einen Betrag von 1072,10 Euro, der sich aus 0,30 Euro x 4624 gefahrenen Kilometern errechnet (1387,20 Euro), abzüglich der bereits vom Beklagten erbrachten 315,10 Euro.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 10.7.2013 und des SG Augsburg vom 17.1.2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.8.2011 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm unter Änderung des Bescheides vom 31.5.2010 in der Fassung des Bescheides vom 25.1.2011 für den Zeitraum vom 4.6. bis 8.10.2010 weitere 1072,10 Euro zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend. Ergänzend führt er aus, dass keine unbeschränkte Sozialisierung der Scheidungsfolgekosten durch Leistungen der Grundsicherung zu erfolgen brauche. Es sei dem Kläger zuzumuten, Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchzuführen, auch wenn diese länger dauerten als solche mit einem Pkw. Es gehe insoweit nicht um zeitsparendes und möglichst komfortables Reisen. Eine Einschränkung des Umgangsrechts sei damit nicht verbunden.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das LSG hat die Entscheidungen von SG und Beklagtem insoweit zutreffend geändert, als es die Höhe des Mehrbedarfs des Klägers, der ihm durch die Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts mit seiner Tochter zwischen dem 4.6. und dem 8.10.2010 entstanden ist, mit 340 Euro beziffert hat. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf die von ihm begehrten, über den zugesprochenen Betrag von 340 Euro hinausgehenden Leistungen (weitere 1047,20 Euro).

10

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2010 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs des Klägers wegen der Ausübung des Umgangsrechts mit der Tochter im Zeitraum vom 4.6. bis 8.10.2010. Der Beklagte hatte ihm eine Regelleistung und ab Mitte Oktober 2010 einen Mehrbedarf für Alleinerziehung durch bestandskräftigen Bescheid vom 31.5.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.1.2011 für den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2010 bewilligt und den die Regelleistung erhöhenden Härtemehrbedarf durch den hier streitbefangenen Bescheid vom 10.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.8.2011 mit 135,60 Euro beziffert. Der erkennende Senat folgt dem LSG insoweit, als nach der ausdrücklichen Erklärung des Klägers Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht im Streit stehen (zur Eigenständig- und Abtrennbarkeit der Kosten der Unterkunft als Streitgegenstand vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; s auch Urteil vom 6.8.2014 - B 4 AS 55/13 R - RdNr 12, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die weiteren Regelungen in diesen Bescheiden betreffend die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können jedoch nicht rechtlich zulässig in unterschiedliche Streitgegenstände aufgespalten werden (vgl BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, RdNr 11). Dies gilt auch für eine Leistung für Mehrbedarf, die nach der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist (vgl nur BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 54/08 R - BSGE 104, 48 = SozR 4-1500 § 71 Nr 2, RdNr 11; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, RdNr 11; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15 RdNr 9 ff; s auch Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - RdNr 12). Daher stellt der Anspruch auf eine Leistung nach § 21 Abs 6 SGB II keinen eigenständigen und von der Höhe der Regelleistung abtrennbaren Streitgegenstand dar(BSG Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 50/07 R - BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 12).

11

2. Zutreffende Klageart ist hier die Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage. Der Kläger begehrt mit der Anfechtungsklage die Teilaufhebung des die Fahrtkosten bewilligenden Bescheides vom 10.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.8.2011. Die Verpflichtungsklage ist auf die Änderung des im Zeitpunkt der Mitteilung des Klägers vom 9.10.2010 bereits bestandskräftigen Ausgangsbescheides vom 31.5.2010 in der Fassung des Bescheides vom 25.1.2011 gerichtet. Diese Bescheide sind auf der Grundlage des § 44 SGB X zu überprüfen(vgl dazu BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15 RdNr 10; s auch Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - juris RdNr 13). Der die laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligende Bescheid vom 31.5.2010 ist nach dem klägerischen Begehren insoweit rechtswidrig iS des § 44 SGB X, als die Leistung von Beginn des Bewilligungsabschnitts an um den Härtemehrbedarf für Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts hätte höher sein müssen. Mit der Leistungsklage beantragt der Kläger die Erbringung einer Leistung für höheren Regelbedarf über den von dem Beklagten bewilligten Betrag hinaus.

12

3. Vorliegend sind durch den Bescheid vom 31.5.2010 iS von § 44 Abs 1 SGB X Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden. Nach § 44 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. So liegt der Fall hier.

13

Der Kläger erfüllte nach den Feststellungen des LSG in dem streitigen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II. Er hatte wegen seiner Hilfebedürftigkeit im Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2010 Anspruch auf eine Regelleistung in Höhe von damals 359 Euro gemäß § 20 Abs 2 S 1 SGB II(idF des Gesetzes über die Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) sowie ab dem 15.10.2010 auf Leistungen für einen Mehrbedarf durch Alleinerziehung nach § 21 Abs 3 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954), wie durch Änderungsbescheid vom 25.1.2011 bewilligt. Daneben stand ihm - ohne dass es eines gesonderten Antrags insoweit bedurft hätte (vgl nur BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14 mwN) -ein Anspruch auf Leistungen für Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts mit seiner Tochter nach § 21 Abs 6 SGB II zu.

14

Die Voraussetzungen des § 21 Abs 6 SGB II liegen hier dem Grunde nach vor. Zum Zeitpunkt des ersten geltend gemachten Bedarfs für eine Fahrt am 4.6.2010 kann der Kläger sein Begehren bereits auf diese Vorschrift stützen. Sie ist mit dem Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung der fortzuführenden Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 27.5.2010 durch dessen Art 3a Nr 2 Buchst b mit Wirkung vom 3.6.2010 in § 21 SGB II eingefügt worden(BGBl I 671). Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige einen Mehrbedarf, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht (Satz 1). Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (Satz 2).

15

a) Bei den Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts handelt es sich um einen besonderen Bedarf. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 4.6.2014 (B 14 AS 30/13 R - RdNr 20 - zur Veröffentlichung vorgesehen) in Fortführung der Ausgangsentscheidung des 7b. Senats vom 7.11.2006 (B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 22)an.

16

Ein besonderer Bedarf im Einzelfall ist dann gegeben, wenn die Bedarfslage eine andere ist, als die, die bei typischen Empfängern von Grundsicherungsleistungen vorliegt. Es muss daher ein Mehrbedarf im Verhältnis zum "normalen" Regelbedarf gegeben sein (vgl auch Behrend in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 21 RdNr 78; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 21, RdNr 75, Stand V/2011). Dies ist bei den Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts ungeachtet der Tatsache, dass im Regelbedarf ein Anteil für Fahrtkosten enthalten ist, der Fall. Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber nach der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12)und bei der Einfügung des § 21 Abs 6 SGB II im Mai 2010 ua speziell die Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts bei getrennt lebenden Eltern als Anwendungsfall der Härtefallklausel im Blick hatte(BT-Drucks 17/1465, S 9), betrifft der Bedarf hier nicht nur die üblichen Fahrten im Alltag, sondern eine spezielle Situation bei der Aufrechterhaltung des Umgangs mit einem Kind. Diese Situation ist mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden, wenn die Wohnorte aufgrund der Trennung der Eltern weiter entfernt voneinander liegen (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 22; Behrend in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 21 RdNr 97, 102; s auch Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 21, RdNr 83, Stand V/2011). So liegt der Fall auch hier, denn der Kläger hatte seinen Wohnort rund 140 km entfernt von dem der Mutter, bei der das Kind lebte.

17

b) Der Bedarf war im vorliegenden Bewilligungsabschnitt auch ein laufender, nicht nur einmaliger. Dabei kann offen bleiben, ob ein Bedarf iS des § 21 Abs 6 SGB II nur dann ein laufender ist, wenn er prognostisch dauerhaft, regelmäßig und längerfristig entstehen wird(zu diesen Anforderungen s BSG im Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl hierzu kritisch Behrend in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 21 RdNr 80; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 21, RdNr 74, Stand V/2011; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 67 f). Der Senat neigt dazu, die Reduzierung des Begriffs "laufender Bedarf" auf diesen Inhalt als nicht durch den Wortlaut des § 21 Abs 6 S 1 SGB II geboten zu bewerten. Es ist vielmehr im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal des laufenden Bedarfs in Abgrenzung zum einmaligen Bedarf eine Entscheidung unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls zu treffen. Dabei können Umschreibungen wie dauerhaft, regelmäßig oder längerfristig sowie eine prognostische Betrachtung nur Anhaltspunkte dafür sein, ob es sich um einen "laufenden Bedarf" handelt. Im vorliegenden Fall war jedoch nur über Leistungen bis zum Zuzug des Kindes zum Kläger zu befinden, sodass ungeprüft bleiben konnte, ob der Bedarf auch in Zukunft entstehen oder ggf entfallen wird, etwa weil im Hinblick auf das Alter und den Entwicklungsstand des Kindes es nicht mehr erforderlich sein wird, das Kind abzuholen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 73). Im streitigen Bewilligungsabschnitt ist der besondere Bedarf durch die regelmäßige Ausübung des Umgangsrechts - hier alle zwei Wochen an einem Wochenende von Freitag bis Sonntag im Zeitraum von Juni bis Oktober - laufend entstanden. Die Mutter des Kindes hatte in dieser Zeit ihre Zustimmung dazu verweigert, das zehn- bzw elfjährige Kind die Zugfahrt alleine unternehmen zu lassen (vgl zur Maßgeblichkeit von Entscheidungen der Familiengerichte bzw von Vereinbarungen zum Umfang des Umgangsrechts Behrend, jM 2014, 22, 27 f).

18

c) Ebenso ist der Bedarf unabweisbar. Nach § 21 Abs 6 S 2 SGB II ist der Mehrbedarf unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Wenn der Kläger das verfassungsrechtlich geschützte Umgangsrecht mit seinem Kind ausüben möchte, ist das Entstehen des Bedarfs durch Fahrtkosten dem Grunde nach unabweisbar. Der Bedarf ist auch erheblich (aa) und kann nicht durch Zuwendungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Klägers gedeckt werden (bb). Allerdings ist der anzuerkennende Bedarf der Höhe nach niedriger als vom Kläger geltend gemacht. Insoweit sind Einsparmöglichkeiten zu berücksichtigen (cc).

19

aa) Die Erheblichkeit des hier geltend gemachten Bedarfs steht außer Zweifel. Der erkennende Senat folgt dem 14. Senat des BSG, wenn er als erheblich einen atypischen Bedarf erkennt, der von einem durchschnittlichen Bedarf in nicht nur unbedeutendem wirtschaftlichen Umfang abweicht (vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - RdNr 28 - zur Veröffentlichung vorgesehen, unter Verweis auf BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 21/06 R - BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3, RdNr 28). Zutreffend weist er darauf hin, dass Anknüpfungspunkt insoweit letztlich die Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) und damit die Frage ist, ob das menschenwürdige Existenzminimum trotz Mehraufwendungen noch gewährleistet werden kann oder über die Regelleistung hinausgehende Leistungen dazu erforderlich sind (vgl BT-Drucks 17/1465, S 8). Im vorliegenden Fall ist eine erhebliche Abweichung vom durchschnittlichen Bedarf sowohl im Hinblick auf die Regelleistung von damals 359 Euro insgesamt, aber auch den in der damaligen Regelleistung enthaltenen Betrag für Fahrtkosten von rund 20 Euro zu bejahen.

20

bb) Eine Bedarfsdeckung durch Zuwendungen Dritter ist nach den bindenden Feststellungen des LSG nicht erfolgt. Auch sind nach dessen Feststellungen keine Anhaltspunkte für die Möglichkeit der Realisierung unterhaltsrechtlicher Ansprüche gegen die Mutter des Kindes vorhanden (vgl zur "ersten objektiv rechtlich möglichen Umsetzung einer Änderung": BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 7/10 R - BSGE 107, 97 = SozR 4-4200 § 11 Nr 34, RdNr 29 ff; vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2, juris RdNr 23; Behrend jM 2014, 22, 27 f). Der Senat folgt auch insoweit dem 14. Senat, wenn dieser darauf verweist, dass die im Grundsatz gegebene Einsparmöglichkeit durch "Umschichtung", also einer Präferenzentscheidung dahingehend, einen höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen (BT-Drucks 17/1465, S 6 und 8), bei Bedarfen durch Fahrtkosten für die Ausübung des Umgangsrechts ausscheidet. Dieser Gedanke kommt nur bei Bedarfen, die dem Grunde nach vom Regelbedarf umfasst sind, zum Tragen. Dies ist aber gerade hinsichtlich des hier im Streit stehenden Mehrbedarfs nicht der Fall (BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - juris RdNr 25 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Ebenso wenig ist der Kläger auf den Ansparbetrag für notwendige Anschaffungen (§ 12 Abs 2 Nr 4 SGB II) als Einsparmöglichkeit zu verweisen. Dieser dient nur dazu, einmalige Bedarfe abzufangen. Müsste dieser Ansparbetrag für laufende Aufwendungen abgezweigt werden, stünde er gerade als Ansparbetrag für notwendige Anschaffungen nicht mehr zur Verfügung. Auch das Bestreiten des Bedarfs durch ein Darlehen (§ 24 Abs 1 SGB II) ist ausgeschlossen, denn insofern ist aufgrund der Entscheidung des BVerfG (Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 - BVerfGE 125, 175, 255 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 208; s auch BVerfG Beschluss vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua - RdNr 121) davon auszugehen, dass nur einmalig auftretende "Bedarfsspitzen" über die Darlehensregelung erfasst werden können, sodass dies kein denkbarer Weg ist, um die laufend auftretenden Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts abzufangen.

21

cc) Allerdings versteht der erkennende Senat das Merkmal der "Einsparmöglichkeit" des § 21 Abs 6 SGB II so, dass auch bei einem dem Grunde nach unabweisbaren Bedarf die Höhe der hierfür gewährten Leistungen unter Berücksichtigung realistischer Einsparmöglichkeiten zu bemessen ist. Bei der Bestimmung der grundsicherungsrechtlich gebotenen Einsparmöglichkeit hinsichtlich der Aufwendungen für die Ausübung des Umgangsrechts ist Ausgangspunkt die verfassungsrechtliche Absicherung dieses Rechts durch Art 6 Abs 2 GG. Eine Einschränkung der Kosten des Umgangsrechts allein aus fiskalischen Gründen scheidet daher aus. Erforderlich ist vielmehr eine Betrachtung der konkreten Umstände des Einzelfalls (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 21, RdNr 86, Stand V/2011). Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist - auch sozialhilferechtlich - eine Leistung für die Wahrnehmung des Umgangsrechts geboten, die dem Elternrecht beider Elternteile Rechnung trägt und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles dem Wohl des Kindes entspricht (BVerfG Beschluss vom 25.10.1994 - 1 BvR 1197/93 - juris RdNr 25). Mit dem BVerwG ist daher eine individualisierende Betrachtung, die alle das Eltern-Kind-Verhältnis bestimmenden Umstände würdigt, verfassungsrechtlich geboten. Es sind demnach das Alter, die Entwicklung und die Zahl der Kinder, die Intensität ihrer Bindung zum Umgangsberechtigten, die Einstellung des anderen Elternteils zum Umgangsrecht, insbesondere das Vorliegen und der Inhalt einverständlicher Regelungen, die Entfernung der jeweiligen Wohnorte beider Elternteile und die Art der Verkehrsverbindungen in den Blick zu nehmen (BVerwG Urteil vom 22.8.1995 - 5 C 15/94 - juris RdNr 12; vgl Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 21, RdNr 86, Stand V/2011).

22

Daneben ist zu berücksichtigen, dass Leistungen nach § 21 Abs 6 SGB II der Rechtsprechung des BVerfG Rechnung tragen, wonach die menschenwürdige Existenz gefährdet ist, wenn in bestimmten Situationen der Leistungsberechtigte allein auf die Regelleistung verwiesen wird und damit nicht in der Lage sein könnte, einen weiteren anerkannten, zwingenden Bedarf zu decken(vgl auch BT-Drucks 17/1465, S 8; BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 207 f).

23

Im Rahmen dieser Vorgaben sind andererseits bei der Beurteilung der "Einsparmöglichkeiten" sowohl die dem System des SGB II immanente Subsidiarität der Leistungserbringung nach § 5 Abs 1 S 1 SGB II(BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, SozR 4-4200 § 21 Nr 16, RdNr 21),als auch die aus § 3 Abs 3 1. Halbs SGB II folgende Beschränkung auf eine Leistungserbringung nur für den Fall, dass die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann, zu berücksichtigen. So hat der erkennende Senat bereits befunden, dass die getätigten Ausgaben iS eines durch Grundsicherungsleistungen zu deckenden Bedarfs aus Sicht eines verständigen Leistungsberechtigten nicht offenkundig außer Verhältnis zu dem stehen dürfen, was einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht (vgl hierzu BSG Urteil vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 5, RdNr 22). Der darüber hinausgehende Bedarf ist nicht mehr der Höhe nach unabweisbar. Hieraus folgt: Die Aufwendungen für die Kosten des Umgangsrechts müssen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen im Sinne des Grundsicherungsrechts sein; der Leistungsberechtigte muss also die kostengünstigste und gleichwohl im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Umgangsrechts verhältnismäßige sowie zumutbare Variante zur Bedarfsdeckung wählen bzw hat nur Anspruch auf Leistungen in deren Höhe. Unter Berücksichtigung dessen hat der Kläger hier keinen grundsicherungsrechtlich zu deckenden Bedarf, der über einen solchen hinaus geht, der durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstehen würde und den das LSG zutreffend nur insoweit als unabweisbar zugrunde gelegt hat.

24

Der Kläger macht einen Bedarf geltend, der bedingt durch die Nutzung eines Pkw - folgt man seinen Berechnungen - über 1000 Euro höher ist, als der, der durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstanden wäre. Folgt man den Ausführungen des 14. Senats des BSG in seiner aktuellen Entscheidung zum Bedarf für die Ausübung des Umgangsrecht (BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - RdNr 28 - zur Veröffentlichung vorgesehen) und legt der Berechnung eine Kilometerpauschale von 0,20 Euro iS von § 5 Abs 1 BRKG zugrunde, so wäre der Bedarf des Klägers durch die Fahrt mit dem Pkw immer noch 584,80 Euro höher als der aufgrund der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel(4624 km x 0,20 = 924,80 - 340 = 584,80 Euro). Zwar weist der 14. Senat insoweit darauf hin, dass es sich nicht um hypothetische Einsparungsmöglichkeiten handeln dürfe (BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - RdNr 24 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Jedoch hat das LSG nach eingehenden Ermittlungen festgestellt, dass es dem Kläger möglich gewesen wäre, unter Nutzung des Bayern-Tickets die Fahrtkosten pro Abholfahrt auf 20 Euro zu senken. Für den gesamten hier streitigen Zeitraum ergäbe sich dann ein Gesamtbedarf von 340 Euro.

25

Der Verweis auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist hier auch weder unverhältnismäßig, noch wird der Kläger dadurch unzumutbar in seinem verfassungsrechtlich abgesicherten Umgangsrecht beeinträchtigt. Der Kläger hatte alle 14 Tage ein Umgangsrecht mit seiner im hier streitigen Zeitraum zehn bzw elf Jahre alten Tochter, das sich über 2 1/2 Tage erstreckte. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)betrug die maximale Fahrtzeit für eine Fahrtstrecke mit der Bahn jeweils rund 2 bis 2 1/2 Stunden, während mit dem Pkw ca 1 1/2 Stunden von Nöten waren.

26

Der Kläger gelangt mit der Bahn ebenso wie mit dem Auto an sein Ziel. Beide Reisemöglichkeiten sind daher grundsätzlich "gleich gut" im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geeignet, das Umgangsrecht auszuüben. Die Aufwendungen für die Bahnfahrt sind jedoch um den 2,8-fachen oder, legt man das BRKG zugrunde, um den 1,5-fachen monatlichen Regelbedarf niedriger als die für die Fahrt mit dem Pkw. Im Hinblick auf die Orientierung der Leistungshöhe an der Deckung nur einfacher und grundlegender Bedürfnisse kann daher eine Kostensenkung bei gleichen Ausgangsbedingungen vom Leistungsberechtigten gefordert werden. Die mit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel verbundene Verlängerung der Fahrtzeit um eine Stunde pro Fahrtstrecke ist im Hinblick auf die Preisdifferenz zwischen den vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Nutzung des Pkw und dem Preis für ein Bahnticket nicht unangemessen.

27

Anders als in dem vom 14. Senat zu entscheidenden Fall wäre das Umgangsrecht des Klägers auch nicht unzumutbar durch die Verlängerung der Fahrtzeit beeinträchtigt worden. Im Fall des 14. Senats wäre durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwar auch eine zusätzliche Fahrtzeit entstanden. Die Verlängerung der Fahrtzeit hätte jedoch das ohnehin nur fünf Stunden dauernde Umgangsrecht des dortigen Klägers mit dem damals vierjährigen Kind um eine weitere Stunde verkürzt (BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - RdNr 24 - zur Veröffentlichung vorgesehen) und damit in nicht hinzunehmendem Maße beschränkt. Vorliegend wäre das mindestens 48 Stunden dauernde Umgangsrecht durch die Fahrtzeitverlängerung nur unerheblich eingeschränkt worden. Soweit es die Fahrtzeiten mit der Tochter des Klägers betrifft, konnte während der Bahnfahrt, anders als je nach den Umständen des Falles bei einem vierjährigen Kind, das Umgangsrecht durch Unterhaltung und Beschäftigung mit dem Kind bereits ausgeübt werden. Soweit es die Fahrten betrifft, die der Kläger auf dem Hin- und Rückweg jeweils alleine zurückgelegt hat, ist die Verlängerung der Fahrtzeit um je eine Stunde ebenfalls nicht unzumutbar. Es sind nach den Feststellungen des LSG keine Gründe ersichtlich, die für den Kläger eine zwingende Verkürzung erforderlich gemacht hätten, etwa, weil er aufgrund einer Erwerbstätigkeit erst zu einem bestimmten Zeitpunkt hätte starten oder früher wieder zurück sein müssen.

28

4. Durch die Beschränkung der Mehrbedarfsleistung in dem zuvor dargelegten Umfang wird der Kläger auch nicht in seinem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf Gleichbehandlung oder in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Im Hinblick auf die klägerische Rüge der Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art 3 Abs 1 GG ist bereits nicht erkennbar, gegenüber welcher Gruppe von Normadressaten er durch die Bewilligung von Leistungen zur Wahrnehmung des Umgangsrechts in Höhe der Kosten für ein Bahnticket ungleich behandelt werden könnte. Hierdurch wird auch weder das Persönlichkeitsrecht des Klägers, noch dessen Handlungsfreiheit iS des Art 2 Abs 1 GG beeinträchtigt. Die Bewilligung staatlicher Leistungen tangiert nicht dessen abwehrrechtliche Dimension (BVerfG Beschluss vom 29.5.2013 - 1 BvR 1083/09 - RdNr 10). Maßstab ist hier vielmehr das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, für dessen Ausgestaltung aus grundrechtlicher Sicht allein Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG maßgeblich ist (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Die Leistung nach § 21 Abs 6 SGB II ist jedoch gerade Ausfluss dessen auf Grundlage der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 207).

29

5. Der Tenor war klarstellend neu zu fassen, da das LSG den Verpflichtungsantrag des Klägers nicht tenoriert hat, obwohl es ebenfalls davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem Bescheid vom 10.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.8.2011 um einen den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 31.5.2010 ändernden Bescheid handelt.

30

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.

(2) Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechts darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

1. § 116 Absatz 6 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vom 18. Januar 2001 (Bundesgesetzblatt I Seite 130) ist mit dem Grundgesetz auch insoweit vereinbar, als nach dieser Vorschrift nicht ausgeschlossen ist, dass bei nicht vorsätzlicher Schädigung durch einen zum Unterhalt verpflichteten Elternteil, der im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit seinem geschädigten Kind nicht in häuslicher Gemeinschaft lebt, Ansprüche nach Absatz 1 auf den Sozialhilfeträger übergehen.

2. § 116 Absatz 6 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch ist im Lichte von Artikel 6 Absatz 1 und Absatz 2 des Grundgesetzes dahingehend auszulegen, dass auch derjenige Elternteil die Tatbestandsvoraussetzung eines Lebens in häuslicher Gemeinschaft erfüllt, der zwar getrennt von seinem Kind lebt, jedoch seiner Verantwortung für das Kind in dem ihm rechtlich möglichen Maße nachkommt und regelmäßigen wie längeren Umgang mit dem Kind pflegt, sodass dieses zeitweise auch in seinen Haushalt integriert ist.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 116 Abs. 6 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als er bei Schädigungen durch einen Familienangehörigen, der mit dem Geschädigten in häuslicher Gemeinschaft lebt, einen Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger ausschließt, nicht dagegen bei Schädigungen eines Kindes durch seinen nicht mit ihm zusammenlebenden, aber Unterhalt zahlenden und regelmäßigen Umgang auch in seinem Haushalt pflegenden Elternteil.

I.

2

§ 116 SGB X wurde mit dem am 1. Juli 1983 in Kraft getretenen Sozialgesetzbuch (SGB) - Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten - vom 4. November 1982 (BGBl I S. 1450) eingeführt.

3

Die Vorschrift bestimmt, dass ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Sozialversicherungsträger oder den Träger der Sozialhilfe übergeht, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Der vorliegend maßgebliche Satz 1 des Absatzes 6 der Norm nimmt von diesem Übergang Ansprüche wegen nicht vorsätzlicher Schädigung gegen Familienangehörige aus, die mit dem Geschädigten in einer häuslichen Gemeinschaft leben. Die Regelung des seit seinem Inkrafttreten unveränderten § 116 Abs. 6 SGB X lautet:

4

Ein Übergang nach Absatz 1 ist bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch Familienangehörige, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft leben, ausgeschlossen. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt.

5

1. a) Das in § 116 Abs. 6 SGB X enthaltene sogenannte "Familien- oder Angehörigenprivileg" geht auf die bereits im Jahre 1910 in Kraft getretene Vorschrift des § 67 Abs. 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG) a.F. zurück, die eine vergleichbare Regelung für den Bereich der Privatversicherung vorsah. Zur Begründung verwies der Gesetzgeber damals auf den in der Regel bestehenden engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Versicherungsnehmer und dem mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen, der dazu führe, dass durch den Rückgriff des Versicherers gegen den Angehörigen meist der Versicherungsnehmer selbst in Mitleidenschaft gezogen werde (BRDrucks 1904/130, S. 120; im Entwurf noch § 65 Abs. 2 VVG). Mit der Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes im Jahre 2007 wurde diese Regelung in § 86 Abs. 3 VVG überführt. Dabei hat der Gesetzgeber die Beschränkung des Regressausschlusses auf Familienangehörige gestrichen, weil sie nicht mehr den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen entspreche (BTDrucks 16/3945, S. 82). Alleinige Voraussetzung für den Ausschluss der Rückgriffsmöglichkeit ist - im Unterschied zu dem unverändert gebliebenen § 116 Abs. 6 SGB X - nurmehr das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft zwischen Versicherungsnehmer und Schädiger.

6

b) Der durch die Einführung des SGB X im Jahre 1983 aufgehobene § 1542 Reichsversicherungsordnung (RVO), der den gesetzlichen Forderungsübergang in der Sozialversicherung regelte, wies keine dem § 116 Abs. 6 SGB X vergleichbare Regelung auf. Jedoch ging der Bundesgerichtshof seit seinem Urteil vom 11. Februar 1964 (BGHZ 41, 79) in ständiger Rechtsprechung (vgl. nur BGHZ 54, 256 <257 f.>; BGH, Urteil vom 9. Januar 1968 - VI ZR 44/66 -, NJW 1968, S. 649 f.; Urteil vom 21. September 1976 - VI ZR 210/75 -, NJW 1977, S. 108; Urteil vom 15. Januar 1980 - VI ZR 270/78 -, VersR 1980, S. 644; Urteil vom 8. Oktober 1985 - VI ZR 138/84 -, VersR 1986, S. 233) davon aus, dass der Forderungsübergang bei Schädigungen durch Familienangehörige, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem geschädigten Sozialversicherten leben, aufgrund des Schutzzwecks der Versicherungsleistung entsprechend § 67 Abs. 2 VVG a.F. ausgeschlossen sei. Anderenfalls führe die Anwendung des § 1542 RVO in diesen Fällen zu einer Schmälerung des Familienunterhalts, sodass die Leistung ihren Versicherungszweck nicht erfülle. § 67 Abs. 2 VVG a.F. wolle einerseits im Interesse der Erhaltung des häuslichen Familienfriedens verhindern, dass gegen Familienangehörige Streitigkeiten über die Verantwortung von Schadenszufügungen ausgetragen werden. Andererseits solle vermieden werden, dass der geschädigte Versicherte durch den Rückgriff auf den Schädiger selbst in Mitleidenschaft gezogen werde. Denn in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebende Familienangehörige bildeten zumeist eine gewisse wirtschaftliche Einheit. Die Durchführung eines Rückgriffs führe hier im Praktischen dazu, dass der Versicherte das, was er mit der einen Hand erhalten habe, mit der anderen wieder herausgeben müsse. Daher müssten, um in solchen Fällen ein Leerlaufen der Sozialversicherung zu vermeiden und ihrem Schutzzweck gerecht zu werden, auch für den Rückgriffsanspruch des Sozialversicherungsträgers aus § 1542 RVO die Schranken gelten, die der spätere Gesetzgeber des Versicherungsvertragsgesetzes für den privaten Schadensversicherer ausdrücklich ausgesprochen habe (vgl. BGHZ 41, 79 <82 ff.>).

7

c) Eine analoge Anwendung des § 67 Abs. 2 VVG a.F. verneinte der Bundesgerichtshof allerdings für den Bereich der Sozialhilfe. Eine Forderungsüberleitung war hier nach § 90 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) möglich (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1983 - VI ZR 184/81 -, NJW 1984, S. 2580 <2581 f.>).

8

d) Zur Begründung des nunmehr in § 116 Abs. 6 SGB X sowohl im Sozialversicherungs- als auch im Sozialhilfebereich ausdrücklich eingeschränkten Anspruchsübergangs verwies die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf auf die zu § 1542 RVO ergangene Rechtsprechung. Sowohl im Interesse der Erhaltung des häuslichen Familienfriedens und damit zum Schutze der Familiengemeinschaft als auch angesichts des Zwecks von Sozialleistungen sei nach § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X der Anspruchsübergang ausgeschlossen, wenn ein Familienmitglied, das mit dem Geschädigten oder seinem Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, die Schädigung fahrlässig herbeigeführt habe (vgl. BTDrucks 9/95, S. 28).

9

2. Von diesen zwei Zwecksetzungen der Vermeidung mittelbarer wirtschaftlicher Beeinträchtigung des Geschädigten einerseits und des Schutzes des häuslichen Familienfriedens andererseits lässt sich auch die Rechtsprechung bei Auslegung des Familienprivilegs leiten (vgl. zu § 67 Abs. 2 VVG a.F.: BGHZ 41, 79 <83>; 180, 272 <275>; BGH, Urteil vom 9. Mai 1972 - VI ZR 40/71 -, NJW 1972, S. 1372; Urteil vom 29. Januar 1985 - VI ZR 88/83 -, NJW 1985, S. 1958 f.; Urteil vom 12. November 1985 - VI ZR 223/84 -, VersR 1986, S. 333 <334>; und zu § 116 Abs. 6 SGB X: BGHZ 102, 257<259 f.>; 106, 284 <288>). Dabei wird das Tatbestandsmerkmal der "häuslichen Gemeinschaft" insbesondere bei Eltern-Kind-Verhältnissen nicht eng ausgelegt. So wird das Vorliegen einer häuslichen Gemeinschaft auch dann angenommen, wenn sich das schädigende oder geschädigte Familienmitglied zwar nicht überwiegend in der Familienwohnung aufhält, aber die Abwesenheit äußere Gründe hat, die nicht für eine willkürliche Lockerung des Familienverbandes sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 1971 - VI ZR 150/69 -, VersR 1971, S. 478 <479>).

10

So hat der Bundesgerichtshof eine häusliche Gemeinschaft zwischen Vater und Sohn bejaht, obwohl der geschädigte Vater in der Regel in einem angemieteten möblierten Zimmer nächtigte, weil er in die der Familie nach der Flucht zugeteilte Wohnung infolge der räumlichen Beengtheit nicht mit der übrigen Familie einziehen konnte (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 1961 - II ZR 237/59 -, NJW 1962, S. 41 f.). Ebenso hat er in einem Fall entschieden, in dem das geschädigte Familienmitglied werktags auswärts arbeitete und an seinem Arbeitsort eine Schlafstelle hatte (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1971 - IV ZR 189/69 -, VersR 1971, S. 901 f.). Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof auch eine häusliche Gemeinschaft zwischen dem geschädigten Vater und seinem 22-jährigen ledigen Sohn angenommen, der auswärts eine seemännische Ausbildung absolvierte, während der Ferien regelmäßig in den Haushalt seiner Eltern zurückkehrte und dort noch ein Zimmer hatte (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 1971 - VI ZR 150/69 -, VersR 1971, S. 478 <479 f.>). Schließlich hat er eine häusliche Gemeinschaft zwischen Eltern und ihrem im ausgebauten Dachgeschoss desselben Hauses mit seiner Ehefrau wohnenden, erwachsenen Sohn für gegeben erachtet, da zwischen beiden Ehepaaren eine gewisse, auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit bestanden habe, die als typisches Merkmal eines Familienverbandes anzusehen sei. Eine Einheit in sämtlichen Wirtschaftsangelegenheiten sei nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1985 - VI ZR 223/84 -, VersR 1986, S. 333 ff.).

II.

11

1. Der Beklagte zu 3) des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagter) ist Vater eines im Januar 2000 nichtehelich geborenen Sohnes, für den beide Elternteile die Personensorge gemeinsam ausübten. Der Junge lebte bei der Kindesmutter. Der Beklagte war kindesunterhaltspflichtig und kam dieser Verpflichtung uneingeschränkt nach. Zwischen ihm und dem Kind fand regelmäßig Umgang statt. Jedes zweite Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonntagabend besuchte das Kind seinen Vater, der gemeinsam mit seinen Eltern, den Beklagten zu 1) und 2) des Ausgangsverfahrens und Großeltern des Kindes, in deren Hausanwesen wohnte.

12

Während eines solchen Besuchswochenendes Anfang August 2001 fiel das einige Minuten unbeaufsichtigte Kind in eine auf dem Grundstück der Großeltern stehende, ungesicherte Regentonne. Der Junge befand sich etwa zehn Minuten unter Wasser. Er konnte zwar reanimiert werden, erlitt jedoch schwerste Schäden, die voraussichtlich auf Lebensdauer zu einem Betreuungs- und Beaufsichtigungsbedarf führen werden. Seit dem 2. August 2002 erbringt der Bezirk S. als zuständiger Träger der überörtlichen Sozialhilfe für das Kind Leistungen der Sozialhilfe in Form der Eingliederungshilfe. Er ist Kläger des Ausgangsverfahrens.

13

2. Mit seiner Klage hat dieser aus gemäß § 116 Abs. 1 SGB X übergegangenem Recht einen Zahlungsanspruch in Höhe von 108.638,41 € zuzüglich Zinsen gegen die Beklagten geltend gemacht und die Feststellung ihrer Verpflichtung zum Ersatz der ab dem 1. Dezember 2005 erbrachten sowie der künftigen durch das Unfallereignis verursachten Nettosozialhilfeaufwendungen für das geschädigte Kind begehrt. Mit Teil-Endurteil vom 29. Mai 2007 hat das Landgericht die gegen die Großeltern gerichtete Klage abgewiesen; die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers blieb erfolglos.

14

3. Mit Beschluss vom 27. April 2009 hat das Landgericht das Verfahren gegen den Vater des Kindes als nunmehr einzigen Beklagten ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als er eine Haftungsprivilegierung des nicht in häuslicher Gemeinschaft lebenden, zum Unterhalt verpflichteten Kindesvaters im Gegensatz zu in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen nicht vorsieht.

15

Das Landgericht geht unter Würdigung des Sachverhalts davon aus, dass der Beklagte seine Aufsichtspflicht zum Unfallzeitpunkt grob fahrlässig verletzt hat. Er habe erkennen können, dass die ungesicherte Regentonne eine Gefahrenquelle für sein Kind sein könne. Insofern hätte er das Kind ständig im Auge behalten müssen. Dem sei der Beklagte nicht nachgekommen, denn das Kind sei in die Tonne gefallen, ohne dass dies jemand zunächst bemerkt hätte. Ihm sei grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil ein aufgrund seines Alters von etwa 18 Monaten in seinem Verhalten nur schwer zu berechnendes Kind ständig unter Aufsicht gehalten werden müsse. Wegen des grob fahrlässigen Verhaltens sei gemäß § 277 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Haftung des Beklagten nicht nach § 1664 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Daher habe das Kind gegen den Beklagten aufgrund seiner Schädigung einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB. Der Übergang dieses Anspruchs auf den Kläger sei auch nicht nach § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X ausgeschlossen.

16

Zum Unfallzeitpunkt habe keine häusliche Gemeinschaft zwischen dem Kind und dem Beklagten bestanden, da das Kind nur alle zwei Wochen von Freitag bis Sonntag zusammen mit dem Beklagten im Haushalt von dessen Eltern gelebt habe. Eine Auslegung von § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X dahingehend, das Haftungsprivileg auf den Beklagten zu erstrecken, sei angesichts der klaren Auslegung des Begriffs "in häuslicher Gemeinschaft lebend" durch die einschlägige Literatur nicht möglich. Demnach sei der Klage stattzugeben.

17

Das Landgericht hält jedoch § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X insoweit wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG für verfassungswidrig, als die Norm einen Forderungsübergang gegen einen mit dem geschädigten Kind nicht in häuslicher Gemeinschaft lebenden, das Personensorgerecht oder auch nur ein Umgangsrecht besitzenden und zu Unterhalt verpflichteten Elternteil nicht ausschließt. Das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft mit dem geschädigten Kind sei in solchen Fällen kein sachgerechter Differenzierungsmaßstab. Die im Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltenen grundlegenden Bestimmungen des Familienrechts unterschieden bei den Pflichten eines Elternteils, wie etwa der Unterhaltspflicht, nicht danach, ob zwischen Eltern und Kind eine häusliche Gemeinschaft bestehe oder nicht. Bereits diese Gesetzessystematik zeige, dass die in § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X vorgenommene Anknüpfung des Rückgriffsausschlusses an das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft nicht sachgerecht sein könne.

18

Weiter spreche der Gesetzeszweck, den Familienfrieden zu erhalten, gegen die im Gesetz vorgenommene Beschränkung. Für den Familienfrieden mache es keinen wesentlichen Unterschied, wenn die Belastungen (nur) den nicht mit dem Kind zusammenlebenden Vater träfen. Denn auch dessen Beziehung zu seinem Kind, die gerade im Interesse des Kindes von Konflikten frei gehalten werden solle, sei sowohl durch seine im Regresswege erfolgende Inanspruchnahme als auch durch deren finanzielle Folgen belastet. Ein so betroffener Kindesvater komme leicht dazu, eine vergleichende Betrachtung zur Kindesmutter anzustellen, der bei demselben Versagen im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht ein Regress erspart bliebe, und werde seine Behandlung als ungerecht empfinden. Es liege nahe, dass eine solche Einschätzung für seine Beziehung zum Kind nicht förderlich sei.

19

Auch die Betrachtung der wirtschaftlichen Situation ergebe die Verfassungswidrigkeit von § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X. Nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB würden bei der Erfüllung der Unterhaltspflichten gegenüber einem Kind finanzielle Leistungen einerseits und Erziehungsleistungen andererseits als gleichwertig erachtet. Gerade bei nicht miteinander verheirateten Eltern komme es häufig vor, dass die Eltern nicht zusammenlebten und damit ein Elternteil die für das Kind notwendigen finanziellen Mittel erwirtschafte, während der andere das Kind erziehe. Dann aber würde durch § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X das Aufsichtspflichtversagen des unterhaltzahlenden Elternteils mit einem "Regress bestraft". Dagegen bliebe es beim anderen Elternteil, bei dem das Kind lebt, ohne Folgen. Zwar sei richtig, dass der dem Kind und gegebenenfalls auch der Kindesmutter zu erbringende Mindestunterhalt durch Pfändungsfreigrenzen auch im Falle eines Regresses geschützt sei. Dies gelte aber ebenso für die in häuslicher Gemeinschaft lebende Familie.

20

Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass der Schutz von Ehe und Familie und insbesondere das Interesse der jeweils betroffenen Kinder keine unterschiedliche Behandlung von verheirateten und unverheirateten Eltern zulasse. Dieser Gedanke sei hier zu übertragen. Ein Abstellen auf die häusliche Gemeinschaft für den Regressverzicht führe zu einer Bevorzugung der "traditionellen" Familie ob mit oder ohne Trauschein. Ein solcher Maßstab sei angesichts der sonstigen rechtlichen Gleichbehandlung nicht zusammenlebender Elternteile und im Hinblick auf den Schutz der Interessen der in erster Linie betroffenen nichtehelichen Kinder alleinerziehender Elternteile nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

III.

21

Zu der Vorlage haben das Bundesministerium für Arbeit und Soziales namens der Bundesregierung, die Bayerische Staatsregierung, der Bundesgerichtshof, das Bundessozialgericht, der Deutsche Landkreistag, der Sozialverband VdK Deutschland, der Deutsche Sozialgerichtstag, der Deutsche Juristinnenbund und das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht Stellung genommen.

22

1. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Die Ungleichbehandlung von Eltern, die nicht mit ihren Kindern in einer häuslichen Gemeinschaft leben, gegenüber Eltern, bei denen das der Fall ist, sei durch gewichtige Gründe gerechtfertigt. Es sei von einer weit weniger schweren Belastung des Familienfriedens auszugehen, wenn der vom Rest der Familie getrennt lebende Angehörige den Geschädigten selten oder nur an einigen Tagen im Monat sehe. Störungen seien unter solchen Umständen weit weniger wahrscheinlich als im Falle einer täglichen Begegnung. Zudem werde der mit dem Geschädigten zusammenlebende Angehörige die Folgen der Schädigung, die er selbst verursacht habe, nicht nur täglich, gegebenenfalls lebenslang vor Augen haben, sondern etwa durch Pflege des Kindes und Änderung der eigenen beruflichen oder familiären Lebensplanung auch tragen müssen. Es sei dem Zusammenleben abträglich, müsste er zusätzlich noch Regressansprüche des Sozialhilfeträgers befriedigen.

23

Auch der Schutz der Familienkasse rechtfertige es, das Familienprivileg auf die häusliche Gemeinschaft zu beschränken. Sei aus der Familienkasse Schadensersatz durch das schädigende Familienmitglied zu leisten, so mindere dies unmittelbar den Lebensstandard der Gesamtfamilie und damit auch den des Geschädigten. Ein Zuwachs an Geld in Form von Schadensersatz finde bei ihm faktisch nicht statt. Das sei bei Familienangehörigen, die nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebten, grundsätzlich anders, da ein Rückgriff auf eine gemeinsame Familienkasse zu Lasten des Geschädigten nicht gegeben sei. Die von § 116 Abs. 6 SGB X vermiedene Situation, dass der Geschädigte den Schadensersatz mitfinanziere, könne hier nicht entstehen. Insbesondere sei im Falle einer Eltern-Kind-Beziehung der gesetzliche Unterhalt des Geschädigten gesichert, weil diese Ansprüche vorrangig vor Schadensersatzansprüchen zu befriedigen seien.

24

Zwar stehe der nicht mit dem geschädigten Kind lebende Elternteil schlechter als der mit ihm in einem Haushalt lebende. Der Regress durch den Sozialleistungsträger sei jedoch keine Strafe, sondern solle eine Schadensverschiebung auf einen an der schuldhaften Schädigung nicht beteiligten Dritten vermeiden, der kraft Gesetzes zur Leistung verpflichtet sei. Zudem gelte im Eltern-Kind-Verhältnis der eingeschränkte Haftungsmaßstab des § 1664 Abs. 1 BGB, weshalb den Schädiger ein erheblicher Verschuldensvorwurf treffen müsse. Dann bedürfe es erst recht besonderer Gründe, die Schadensregulierung dennoch einem Dritten aufzuerlegen.

25

2. Die Bayerische Staatsregierung teilt die im Vorlagebeschluss genannten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X.

26

Vor dem Hintergrund, dass auch eine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft die elterlichen Pflichten nach Art. 6 Abs. 2 GG unberührt lasse, könnten die zu § 116 Abs. 6 SGB X genannten Differenzierungsmotive nicht überzeugen. Sei gerade der Kontakt mit dem Kind auch nach einer Trennung wesentlicher Teil der elterlichen Pflichten, liege für eine differenzierte Haftungsregelung bei Schadensereignissen im Rahmen des Umgangs kein sachlicher Grund vor.

27

3. Der Bundesgerichtshof verweist auf seine Rechtsprechung und teilt mit, er habe sich mit der Frage der Erstreckung des familiären Haftungsprivilegs auf den unterhaltspflichtigen, mit dem geschädigten Kind nicht in häuslicher Gemeinschaft lebenden Elternteil bislang nicht befasst.

28

4. Das Bundessozialgericht bezweifelt die Grundrechtskonformität von § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X. Die Gleichstellungspflicht von Kindern unverheirateter mit denen verheirateter Eltern impliziere, dass die typischen unterschiedlichen Lebensformen zu berücksichtigen seien. Typisch für unverheiratete Eltern sei, dass sie nicht zusammenlebten, sich aber beide an der Betreuung des Kindes beteiligten und dafür die finanzielle und erzieherische Fürsorge untereinander aufgeteilt hätten. Dazu sei auch die Konstellation zu rechnen, in der die Mutter vorwiegend die erzieherische und der Vater die finanzielle Fürsorge leiste, sich aber trotz seines getrennten Wohnsitzes mit um das Kind kümmere. In einer solchen Situation könne ein Regress gegen den Vater zu Beeinträchtigungen nicht nur der finanziellen, sondern auch der emotionalen Beziehung zwischen Vater und Kind führen.

29

Zu berücksichtigen sei weiter, dass die Gleichstellung nicht nur auf das Kind ausgerichtet sei, sondern ebenso die Gleichbehandlung von Eltern gebiete. Diesem Gebot entspreche der Haftungsausschluss des § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X nicht. Von ihm würden zwar unverheiratete Eltern mit erfasst, aber nur diejenigen Elternteile, die mit dem Geschädigten zusammenlebten. Diejenigen, die nicht mit ihm zusammenlebten, seien nicht einbezogen, und zwar auch dann nicht, wenn sie sich sowohl für das finanzielle als auch das persönliche Wohlergehen des Kindes verantwortlich fühlten. Dies sei mit Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 und 5 GG unvereinbar.

30

5. Der Deutsche Landkreistag erachtet die Differenzierung nach dem Vorliegen einer häuslichen Gemeinschaft für sachgerecht.

31

6. Der Sozialverband VdK Deutschland meint, der Begriff der häuslichen Gemeinschaft müsse den Realitäten der Gegenwart im Sinne unterschiedlicher Formen menschlichen Zusammenlebens angepasst werden. Der unterhaltspflichtige Vater eines nichtehelichen Kindes, der zum Regress herangezogen werde, werde durch diese Zahlungen in seiner wirtschaftlichen Potenz so geschädigt, dass der Unterhalt nicht mehr leistbar sei. Dadurch werde das zu schützende Kind selbst in Mitleidenschaft gezogen. Auch dürfe die Beziehung zwischen dem unterhaltsverpflichteten Elternteil und dem unterhaltsberechtigten Kind nicht gestört werden. Ein schuldenbeladener Vater werde eine andere Beziehung zu seinem die Schulden verursachenden Kind entwickeln als ohne eine derartige finanzielle Belastung.

32

7. Der Deutsche Sozialgerichtstag ist der Auffassung, §116 Abs. 6 Satz 1 SGB X verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Situation des umgangsberechtigten Vaters und die der Mutter, die mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebe, unterschieden sich gerade im Lichte der wirtschaftlichen Interessen derart voneinander, dass die Anwendung des Privilegs auf beide Fälle gleichermaßen nicht geboten sei. Auch könne nicht unterstellt werden, dass ein Vater sein Kind schlechter behandle, weil er sich im Falle grob fahrlässiger Aufsichtspflichtverletzung einem Regressanspruch des Sozialhilfeträgers ausgesetzt sehe. Allerdings sei zu erwägen, eine häusliche Gemeinschaft dann zu bejahen, wenn ein Elternteil in Ausübung der elterlichen Sorge sein Kind regelmäßig in seinen Haushalt aufnehme.

33

8. Der Deutsche Juristinnenbund teilt die grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken der Vorlage nicht, sieht aber Anlass für eine verfassungskonforme Auslegung der Norm. Das Kriterium des Zusammenlebens in häuslicher Gemeinschaft in § 116 Abs. 6 SGB X sei einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich, nach der Bindungen zwischen Elternteil und Kind von einer Intensität, die über sporadische Besuchskontakte bei gemeinsamem Sorgerecht hinausgingen, der häuslichen Gemeinschaft im Einzelfall gleichgestellt werden könnten.

34

Der Schutzbedarf des geschädigten Kindes begründe keine Notwendigkeit, den Regress des Sozialleistungsträgers gegenüber getrennt lebenden Elternteilen generell auszuschließen. Da es an der gemeinsamen Mittelaufbringung und Mittelverwendung fehle, könne der nicht im gleichen Haushalt lebende Angehörige über den Regress nicht wirtschaftlich in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den getrennt lebenden Unterhaltsverpflichteten bleibe von der Regressnahme unberührt.

35

9. Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht ist der Auffassung, dass die Haftungsprivilegierung gemäß § 116 Abs. 6 SGB X zumindest für den Fall verfassungswidrig sei, dass der Schädiger ein Elternteil sei, der für sein Kind durch regelmäßigen Umgang und Unterhaltszahlungen Verantwortung über-nehme. Die hinter der Regelung stehenden, grundsätzlich berechtigten Gründe rechtfertigten in der vorliegenden Konstellation eine Ungleichbehandlung nicht. Ein "Wirtschaften aus einem Topf" könne auch vorliegen, wenn der Geschädigte mit dem Schädiger nicht in häuslicher Gemeinschaft lebe. Sei der Schädiger dem Geschädigten gegenüber zum Unterhalt verpflichtet, beziehe der Geschädigte zumindest teilweise seine Mittel zum Leben von ihm.

36

Auch im Hinblick auf den Schutzzweck der Wahrung des Familienfriedens be-stünden keine so gewichtigen Unterschiede, dass eine ungleiche Behandlung gerechtfertigt sei. Bei regelmäßigem Umgang sei das Kind auch in die Lebenswelt dieses Elternteils einbezogen. Auch dieses Verhältnis könne nachhaltig gestört werden, wenn der Elternteil von dem Sozialleistungsträger in Anspruch genommen werde. Nicht die Quantität der in einem Haushalt gemeinsam verbrachten Zeit sichere eine funktionierende Familie, sondern die Qualität des Miteinanders.

B.

37

§ 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Es verstößt weder gegen Art. 6 Abs. 1 und Abs. 5 GG noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Vorschrift den Übergang eines Schadensersatzanspruchs gegenüber einem Familienangehörigen auf den Sozialversicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nur für den Fall ausschließt, dass der Familienangehörige, der die Schädigung nicht vorsätzlich verursacht hat, im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten in häuslicher Gemeinschaft lebt. Die durch den Ausschluss des Anspruchsübergangs erfolgende Privilegierung von Familienangehörigen, die in häuslicher Gemeinschaft leben, gegenüber Familienangehörigen, die getrennt leben, ist sachlich gerechtfertigt. Dies gilt grundsätzlich auch für Elternteile und ihre Kinder. Allerdings ist bei ihnen die für den Ausschluss des Anspruchsübergangs maßgebliche Voraussetzung eines Lebens in häuslicher Gemeinschaft unter hinreichender Berücksichtigung des Schutzes der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG auszulegen. Von einem Leben in häuslicher Gemeinschaft ist insofern auch dann auszugehen, wenn bei Getrenntleben von Eltern ein Elternteil mit seinem Kind zwar nicht ständig zusammenlebt, aber seiner Elternverantwortung in dem ihm rechtlich möglichen Maße tatsächlich nachkommt und regelmäßig längeren Umgang mit seinem Kind pflegt, sodass das Kind zeitweise auch in seinen Haushalt integriert ist und damit bei ihm ein Zuhause hat.

I.

38

1. § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X verstößt nicht gegen den nach Art. 6 Abs. 1 GG zu gewährleistenden Schutz der Familie. Dem Gesetzgeber steht bei der Entscheidung darüber, auf welche Weise er diesem Schutzauftrag nachkommt, ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 82, 60 <81>). So ergibt sich zwar aus Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich (vgl. BVerfGE 107, 205 <213>). Konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen lassen sich aus dem Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG aber nicht herleiten (vgl. BVerfGE 110, 412 <436>). Der Staat ist nicht gehalten, jegliche die Familie betreffende Belastung auszugleichen (vgl. BVerfGE 82, 60 <81>).

39

Bei der Inanspruchnahme eines gegenüber einem Familienangehörigen schadensersatzpflichtigen anderen Familienangehörigen infolge eines Anspruchsübergangs handelt es sich schon nicht um eine familienbedingte finanzielle Belastung, sondern um eine, die die Familie zwar trifft, aber aus einer Schadensersatz begründenden Handlung eines Familienmitglieds herrührt. Zur Kompensation einer solchen, dem einzelnen Familienangehörigen aus einer von ihm zu verantwortenden Verletzungshandlung, wie zum Beispiel der Verletzung seiner elterlichen Pflichten, entstehenden finanziellen Belastung ist der Staat durch Art. 6 Abs. 1 GG nicht verpflichtet.

40

Bewahrt der Gesetzgeber Familienangehörige dennoch unter bestimmten Voraussetzungen vor einem Rückgriff aus übergeleiteten Schadensersatzansprüchen, muss er für die hierdurch erfolgende Differenzierung bei der Entlastung von Familien Gründe haben, die vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben (siehe B. I. 3.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG familiären Konstellationen, die vergleichbar sind, in gleicher Weise gebührt (siehe B. I. 4.).

41

2. Art. 6 Abs. 5 GG, der die Schlechterstellung nichtehelicher Kinder gegenüber ehelichen Kindern verbietet, wird durch § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X nicht verletzt. Die Norm differenziert nicht danach, ob es sich bei dem schädigenden oder geschädigten Familienangehörigen um ein eheliches oder nichteheliches Kind handelt, vielmehr danach, ob der schädigende mit dem geschädigten Familienangehörigen in häuslicher Gemeinschaft lebt. Mit dieser Unterscheidung werden nichteheliche Kinder auch nicht mittelbar ungleich behandelt und gegenüber ehelichen Kindern benachteiligt. Denn heutzutage kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass es in aller Regel nichteheliche Kinder sind, die nur mit einem Elternteil leben, und eheliche Kinder fast immer in häuslicher Gemeinschaft mit beiden Elternteilen aufwachsen.

42

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lebten im Jahre 2008 maximal 76,8 % und damit der größte Teil aller Kinder mit ihren verheirateten Eltern zusammen, während mindestens 7,1 % der Kinder mit ihren Eltern zusammenlebten, die eine nichteheliche Lebensgemeinschaft führen. Demgegenüber betrug der Anteil der Kinder, die bei einem alleinerziehenden Elternteil aufwuchsen, mindestens 16,1 % (vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, Tab. 2.17). Die Zahlen belegen, dass die meisten Kinder mit zwei Elternteilen zusammenleben, die ganz überwiegend ehelich verbunden sind. Dies lässt zwar den Schluss zu, dass es zumeist eheliche Kinder sind, die mit beiden Eltern zusammenleben. Andererseits kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass es vornehmlich nichteheliche Kinder sind, die mit einem alleinerziehenden Elternteil und damit von dem anderen Elternteil getrennt leben. Zwar liegen keine Zahlen vor, die über den tatsächlichen Anteil nichtehelicher Kinder in Haushalten mit nur einem Elternteil Auskunft geben könnten. Doch hat eine Erhebung im Rahmen des Mikrozensus 2009 ergeben, dass nur 35 % der Alleinerziehenden ledig sind, während 65 %, also fast zwei Drittel, schon einmal verheiratet waren oder es noch sind, jedoch vom Ehepartner getrennt leben (vgl. Statistisches Bundesamt, Alleinerziehende in Deutschland - Ergebnisse des Mikrozensus 2009, S. 12). Auch wenn nicht alle Kinder dieser geschiedenen, verwitweten oder getrennt lebenden Alleinerziehenden ehelich geboren sein müssen, spricht angesichts des hohen Anteils dieser Gruppe von Alleinerziehenden jedenfalls nichts dafür, dass typischerweise nichteheliche Kinder nur mit einem Elternteil zusammenleben und deshalb im Hinblick auf den getrennt lebenden Elternteil von dem Ausschluss des Anspruchsübergangs nach § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X vornehmlich betroffen sind, der das Leben mit einem Familienangehörigen in häuslicher Gemeinschaft voraussetzt. Vielmehr sind eheliche Kinder, deren Eltern sich getrennt haben, davon ebenso ausgenommen.

43

3. Es verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG, dass § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X den Übergang eines Schadensersatzanspruchs auf den Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeträger dann ausschließt, wenn ein Schadensverursacher mit seinem Familienangehörigen, dem er Schaden zugefügt hat, in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht dagegen, wenn die beiden getrennt leben. Hierin liegt eine Ungleichbehandlung, die durch hinreichende Gründe gerechtfertigt ist.

44

a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 1, 14 <52>; 98, 365 <385>; stRspr). Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt wird, die einem anderen Personenkreis vorenthalten bleibt (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 116, 164 <180>).

45

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; stRspr). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft. Bei verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung wiederum insbesondere auch davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 -, juris Rn. 82 f.).

46

b) Danach ist hier ein über die bloße Willkürkontrolle hinausgehender Maßstab anzulegen. Indem der Gesetzgeber den Ausschluss des Forderungsübergangs vom Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft mit dem geschädigten Familienmitglied abhängig macht, knüpft er zwar an einem Verhalten an und nimmt diejenigen, die als Familienangehörige nicht mit dem Geschädigten in häuslicher Gemeinschaft leben, vom Anwendungsbereich dieses Privilegs aus. Im Falle getrennt lebender Eltern kann aber der einzelne Elternteil nicht allein darauf Einfluss nehmen, ob er mit seinem Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt und insoweit das Kriterium erfüllt, nach dem § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X differenziert. Über den Aufenthalt des Kindes entscheidet im Streitfall der Eltern letztlich das Familiengericht. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Ungleichbehandlung familiäre Beziehungen trifft, die gleichermaßen den Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG genießen. Darüber hinaus kann sie die Ausübung des von Art. 6 Abs. 2 GG geschützten Elternrechts tangieren. Insofern muss die in § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X vorgenommene Ungleichbehandlung von Familienangehörigen, die in häuslicher Gemeinschaft leben, und solchen, die dies nicht tun, von Gründen solcher Art und solchen Gewichts getragen sein, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können.

47

c) Der Gesetzgeber hat mit dem Schutzbedürfnis des Geschädigten vor wirtschaftlichen Nachteilen, die diesem drohen, wenn ein mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebender Familienangehöriger zur Schadenshaftung herangezogen wird, und mit der Wahrung des häuslichen Friedens im Interesse des Geschädigten hinreichend gewichtige Gründe angeführt, die die durch den Ausschluss des Forderungsübergangs in § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X erfolgende Privilegierung von Familienangehörigen, die in häuslicher Gemeinschaft leben, und damit die Benachteiligung von Familienangehörigen, die voneinander getrennt leben, rechtfertigen. Denn die Gefahr einer Beeinträchtigung des geschädigten Familienangehörigen durch einen Rückgriff des Sozialleistungsträgers auf den Schädiger ist größer und wird im Faktischen in aller Regel vor allem dann eintreten, wenn dieser mit dem Geschädigten in häuslicher Gemeinschaft lebt.

48

aa) (1) Es ist mit dem Gesetzgeber davon auszugehen, dass Familienmitglieder, die in häuslicher Gemeinschaft leben, regelmäßig auch einen gemeinsamen Haushalt führen und deshalb zumeist eine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. BTDrucks 9/95, S. 28), bei der die Einkünfte aller Haushaltsmitglieder zusammenfließen und für die Ausgaben aller zur Verfügung stehen, bei der also aus "einem Topf" gewirtschaftet wird. Werden einem in einer solchen familiären Gemeinschaft Lebenden Sozialleistungen wegen einer Schädigung erbracht, die ihm ein mit ihm zusammenlebender Angehöriger zugefügt hat, und könnte der Leistungsträger den auf ihn übergeleiteten Schadensersatzanspruch des Geschädigten beim Schädiger zugleich wieder einfordern, minderte dies die gemeinsame Familienkasse und träfe damit auch den Geschädigten. Denn für alle Familienmitglieder stünden aufgrund dessen weniger Mittel zur gemeinsamen Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung. Durch einen Rückgriff auf den Schädiger würde dem Geschädigten insofern letztlich wieder genommen, was ihm eigentlich an Schadensersatz zusteht. Um dies zu verhindern, hat der Gesetzgeber davon abgesehen, den Schädiger in Regress zu nehmen.

49

Bei getrennt lebenden Familienangehörigen findet hingegen ein gemeinsames Wirtschaften in der Regel nicht statt. Sie haushalten jeweils für sich selbst und verfügen über ihre Einkünfte allein. Fordert hier ein Leistungsträger beim schädigenden Familienangehörigen Schadensersatz ein, verschlechtert sich zwar dessen finanzielle Situation. Dies hat jedoch typischerweise keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Haushaltslage des von ihm getrennt lebenden geschädigten Familienangehörigen. Dieser kann ungeschmälert über die ihm gewährten Sozialleistungen verfügen und bedarf insofern keines besonderen Schutzes durch eine Haftungsprivilegierung des Schädigers. Dies rechtfertigt, dass der Gesetzgeber bei getrennt lebenden Familienangehörigen anders als bei solchen, die in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben, nicht auf einen Forderungsübergang verzichtet hat. Denn nur, wenn einem Geschädigten durch Rückgriff auf den Schädiger Nachteile entstehen können, besteht Anlass, einen Schädiger zu Lasten der Allgemeinheit zu verschonen und Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegen ihn nicht auf den staatlichen Leistungsträger übergehen zu lassen, der wegen des eingetretenen Schadens Leistungen erbracht hat.

50

(2) Die Ungleichbehandlung von getrennt lebenden und in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen durch § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X ist grundsätzlich auch dann gerechtfertigt, wenn der Geschädigte ein Kind und der Schädiger dessen unterhaltspflichtiger Elternteil ist. Denn dem Kind drohen bei einem Übergang seines Schadensersatzanspruchs gegen den Elternteil auf den Sozialleistungsträger im Falle, dass es mit diesem Elternteil zusammenlebt, ebenfalls erhebliche Nachteile, die seinen Lebensunterhalt betreffen, während solche Nachteile für das Kind bei einem Rückgriff auf einen getrennt von ihm lebenden Elternteil nicht oder nur in geringerem Umfang zu gewärtigen sind.

51

(aa) Werden gegen einen vom geschädigten Kind getrennt lebenden, zu Bar-unterhaltsleistungen verpflichteten Elternteil übergeleitete Schadensersatzansprüche vom Sozialleistungsträger geltend gemacht, verringern sich zwar die finanziellen Mittel des Elternteils zur Bestreitung seines eigenen Lebensunterhalts. Der Regress hat jedoch in der Regel keine Auswirkungen auf die Höhe des dem Kind geschuldeten Unterhalts. Bei der Ermittlung des unterhaltserheblichen Einkommens eines Unterhaltsverpflichteten können nämlich nur solche Verbindlichkeiten abgezogen werden, die nach ihrem Zweck, dem Zeitpunkt und der Art ihrer Entstehung oder anderen Umständen berücksichtigungsfähig sind (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1995 - XII ZR 247/94 -, FamRZ 1996, S. 160 <161>). Diese Voraussetzung liegt bei einer Rückgriffsforderung des Sozialleistungsträgers nach § 116 SGB X, die einen Schadensersatzanspruch des unterhaltsberechtigten Kindes gegen seinen Elternteil aufgrund gesetzlicher Überleitung realisiert, nicht vor. Der Unterhaltsschuldner kann hiergegen keine eigenen berechtigten Interessen in Abwägung mit dem Interesse des Kindes bringen, das darin liegt, neben dem erlittenen Schaden nicht auch noch eine Unterhaltsminderung in Kauf nehmen zu müssen, die dem Grunde nach aus dem ihm zugefügten Schaden herrührt. Zudem steht dem Vorrang der Unterhaltsansprüche von Kindern wegen der mit den §§ 304 ff. Insolvenzordnung (InsO) geschaffenen Möglichkeit einer Verbraucherinsolvenz mit Restschuldbefreiung die Gefahr einer Überschuldung des Unterhaltsschuldners regelmäßig nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 112/05 -, NJW 2008, S. 227 <228>). Da die Verbindlichkeit demnach unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigungsfähig ist, bleibt dem geschädigten Kind sein Unterhaltsanspruch ungeschmälert erhalten, der vorrangig vor der Regressforderung des Sozialleistungsträgers zu bedienen (vgl. BGHZ 162, 234 <241>; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl. 2008, Rn. 1047) und auch vollstreckungsrechtlich durch § 850d Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) privilegiert ist.

52

Sofern der unterhaltspflichtige Elternteil allerdings über seine Zahlungsverpflichtungen hinaus dem Kind Zuwendungen hat zukommen lassen, wird ihm dies, wenn er in Regress genommen wird, schwerer oder gar nicht mehr möglich sein. Insoweit kann sich der Anspruchsübergang beim Kind doch in gewissem Umfang nachteilig auswirken. Andererseits scheidet eine Beeinträchtigung des geschädigten Kindes durch die Inanspruchnahme des schädigenden Elternteils ohnehin aus, wenn dieser schon bisher keinen Kindesunterhalt gezahlt hat, weil er aufgrund seines Leistungsvermögens hierzu nicht verpflichtet oder der Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Nach einer in den Jahren 2001 und 2002 im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchgeführten Repräsentativumfrage zahlten nach Angaben der mit dem Kind zusammenlebenden Alleinerziehenden immerhin 31 % der vom Kind getrennt lebenden Elternteile den festgelegten Kindesunterhalt nicht in voller Höhe, unregelmäßig oder gar nicht. Dabei gaben 19 % der befragten Barunterhaltspflichtigen selbst an, es sei schon einmal oder häufiger vorgekommen, dass sie den Kindesunterhalt nicht gezahlt hätten (BMFSFJ , Unterhaltszahlungen für minderjährige Kinder in Deutschland, 2002, S. 102 ff.). Es ist insofern davon auszugehen, dass sich die Überleitung und Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen einen barunterhaltspflichtigen, vom Kind getrennt lebenden Elternteil durch den Sozialleistungsträger nur in begrenzten Fällen und in geringfügigem Maße nachteilig auf die finanzielle Situation des geschädigten Kindes auswirkt.

53

(bb) Würde hingegen der Elternteil, bei dem das geschädigte Kind lebt, als Schädiger in Regress genommen, minderte sich das Einkommen, das dem gemeinsamen Eltern-Kind-Haushalt zur Verfügung steht, wovon auch das Kind betroffen wäre. Denn die Höhe der Ausgaben für Kinder hängt wesentlich von der Höhe des Haushaltseinkommens der sie betreuenden Elternteile ab (vgl. BVerfGE 103, 89 <109>). Über je mehr Einkommen Eltern verfügen, desto mehr Geld geben sie für ihre Kinder aus. Je weniger Geld ein alleinerziehender Elternteil dagegen hat, desto weniger bleibt auch für das Kind übrig und desto mehr muss es auf Dinge verzichten, die seinem gedeihlichen Aufwachsen förderlich sind (vgl. Münnich/Krebs, Wirtschaft und Statistik 2002, S. 1080 <1092 f.>). Auch wenn Eltern bei den Ausgaben für den privaten Konsum in der Regel zuerst an ihrer eigenen Lebenshaltung Abstriche vornehmen, ehe sie Einschränkungen bei den Ausgaben für ihre Kinder ins Auge fassen (vgl. Münnich/Krebs, a.a.O., S. 1096), lässt sich diese Folge im Falle der Geltendmachung eines übergeleiteten Anspruchs schwerlich vermeiden. Hierdurch minderte sich nicht nur das Einkommen des mit dem Kind zusammenlebenden Elternteils. Vielmehr würden auch dem geschädigten Kind Mittel für seinen Unterhalt entzogen, wodurch seine Lebensqualität beeinträchtigt würde. Das Kind davor zu schützen, rechtfertigt die Privilegierung eines mit dem geschädigten Kind in häuslicher Gemeinschaft lebenden Elternteils, der den Schaden verursacht hat, gegenüber einem getrennt von dem Kind lebenden Elternteil.

54

bb) Auch die mit einem Übergang der Schadensersatzforderung des Geschädigten auf den Sozialleistungsträger verbundene Gefahr einer Störung des häuslichen Friedens zwischen dem schädigenden und geschädigten Familienangehörigen mit negativen Auswirkungen auf den Geschädigten ist deutlich größer, wenn beide in häuslicher Gemeinschaft leben, als wenn sie getrennt voneinander leben. Dies trägt ebenfalls zur Rechtfertigung bei, den Übergang des Anspruchs im Interesse des Geschädigten nur bei Familienangehörigen auszuschließen, die in häuslicher Gemeinschaft leben.

55

(1) Schon allein das Schadensereignis lässt ein Konfliktpotential zwischen Schädiger und Geschädigtem entstehen, das ihr Verhältnis zueinander schwer belasten kann. Leben die beiden zudem in häuslicher Gemeinschaft und entstehen Streitigkeiten über die Verantwortlichkeit der Schadenszufügung, wird hiervon insbesondere der Geschädigte in weit stärkerem Maße in Mitleidenschaft gezogen als bei räumlicher Distanz zwischen ihm und dem Schädiger, bei der die Möglichkeit besteht, sich aus dem Wege zu gehen. Diese Möglichkeit ist bei einem Zusammenleben nicht gegeben, bei dem man sich zwangsläufig begegnet. Hier bekommt derjenige, der den Schaden verursacht hat, die Auswirkungen der Schädigung beim anderen täglich vor Augen geführt. Der Geschädigte wiederum wird dauernd mit seinem Schädiger konfrontiert, wobei beide die Folgen, die aus der Verletzung des Familienangehörigen herrühren, gemeinsam zu tragen haben und damit umgehen müssen. Würde die finanzielle Belastung durch einen Regress des Sozialleistungsträgers noch hinzukommen, könnte dies die häuslichen Spannungen erheblich steigern, denen beide, anders als bei einem Getrenntleben von Schädiger und Geschädigtem, permanent und zwangsläufig ausgesetzt wären.

56

(2) Dies träfe ein von einem Elternteil geschädigtes Kind in besonderer Weise. Es muss schon damit fertig werden, dass ihm eine für ihn sehr wichtige Bezugsperson, ein mit ihm lebender Elternteil, Schaden zugefügt hat. Eine womöglich ständige Atmosphäre der Spannung und des Streits in seinem Zuhause, das ihm doch Rückzugs- und Entfaltungsraum bieten soll, dazu noch geschürt durch einen Regress des Sozialleistungsträgers, der die finanzielle Situation der Familie verschlechtert, könnte nicht nur den häuslichen Frieden zerstören, sondern sich auch negativ auf die Entwicklung des ohnehin schon geschädigten Kindes auswirken.

57

Lebt das geschädigte Kind dagegen vom Elternteil, das ihm Schaden zugefügt hat, getrennt und besteht kein oder nur wenig persönlicher Kontakt zwischen beiden, können sich die Schädigung und die Inanspruchnahme des Elternteils durch den Sozialleistungsträger zwar auch auf das Eltern-Kind-Verhältnis belastend auswirken. Das Kind ist aber daraus erwachsenden Spannungen nicht unmittelbar und dauernd ausgesetzt, sondern wird damit gar nicht oder nur während zeitlich begrenzter Zusammentreffen mit dem Elternteil konfrontiert.

58

4. Die für den Ausschluss des Anspruchsübergangs nach § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X maßgebliche Tatbestandsvoraussetzung, dass der schädigende mit dem geschädigten Familienangehörigen in häuslicher Gemeinschaft lebt, ist allerdings bei Kindern und ihren von ihnen getrennt lebenden Elternteilen im Lichte des Schutzes der auch zwischen ihnen bestehenden Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG sowie des Elternrechts des getrennt lebenden Elternteils aus Art. 6 Abs. 2 GG auszulegen. Von einer häuslichen Gemeinschaft zwischen einem Kind und seinem von ihm getrennt lebenden Elternteil ist aufgrund dessen auch dann auszugehen, wenn der Elternteil seiner Verantwortung für das Kind in dem ihm rechtlich möglichen Maße tatsächlich nachkommt und regelmäßig längeren Umgang mit seinem Kind pflegt, sodass das Kind zeitweise auch in seinen Haushalt integriert ist und damit bei ihm ein Zuhause hat.

59

a) Art. 6 Abs. 1 GG schützt die Familie als tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft von Kindern und Eltern. Lebt ein Kind nicht mit beiden Eltern zusammen, weil diese sich getrennt haben, hat das Kind zwei Familien, wenn beide Elternteile trotz ihres Getrenntlebens tatsächlich für das Kind Verantwortung tragen: die mit der Mutter und die mit dem Vater (vgl. BVerfGE 45, 104 <123>; 108, 82 <112>). Das Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, jede dieser familiären Gemeinschaften aus Kind und einem Elternteil sowohl im Hinblick auf deren persönliche Beziehung als auch im wirtschaftlichen Bereich zu respektieren und ihren Zusammenhalt zu fördern (vgl. BVerfGE 112, 50 <65>; 112, 332 <352>). Dabei kann der Gesetzgeber den zu gewährenden Schutz zwar je nach den besonderen Bedürfnissen von Familien unterschiedlich ausgestalten. Dass er durch den Ausschluss des Anspruchsübergangs nach § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X nur Familien schützt, die in häuslicher Gemeinschaft leben, weil diese von einer Geltendmachung des Schadensanspruchs anders als Familien, bei denen Elternteil und Kind getrennt leben und keinen oder nur geringen Kontakt haben, in besonderer Weise betroffen sind, verletzt deshalb nicht Art. 6 Abs. 1 GG.

60

Übernimmt ein Elternteil aber, auch wenn das Kind nicht ständig bei ihm lebt, im Rahmen des ihm rechtlich möglichen Maßes tatsächlich Verantwortung für sein Kind und hat häufigen Umgang mit diesem, der ein regelmäßiges Verweilen und Übernachten im Haushalt des Elternteils umfasst, entsteht bei dieser Art familiären Zusammenlebens von Elternteil und Kind, die allein durch die Trennung der Eltern bedingt ist, auch eine häusliche Gemeinschaft im Sinne des § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X, die nicht minder schützenswert als diejenige ist, bei der Elternteil und Kind täglich zusammenleben. Ihr gebührt in gleicher Weise der Schutz aus Art. 6 Abs. 1 GG.

61

b) Das durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht ist ein Recht, das jedem Elternteil zusteht, aber mit dem gleichwertigen Recht des anderen Elternteils korrespondiert und sich auf das Kind bezieht, zu dessen Wohl es auszuüben ist (vgl. BVerfGE 108, 82 <101>). Deshalb bedarf es der gesetzlichen Ausgestaltung (vgl. BVerfGE 92, 158 <178 f.>). Eine die besondere familiäre Situation, die Interessen der Eltern sowie das Kindeswohl berücksichtigende Ausgestaltung des Elternrechts ist vor allem auch dann erforderlich, wenn Eltern getrennt leben. So können die Eltern bei Getrenntleben ihre Elternverantwortung für das Kind nicht in gleicher Art und Weise wahrnehmen. Vielmehr ist zu klären und notfalls gerichtlich festzulegen, bei welchem Elternteil sich das Kind vorrangig aufhält. Dieser ist dann in erster Linie für die tatsächliche Betreuung des Kindes verantwortlich, während der vom Kind getrennt lebende Elternteil nach seiner Leistungsfähigkeit zu Unterhaltszahlungen für das Kind herangezogen wird. Selbst wenn beiden Elternteilen die gemeinsame Sorge für das Kind zusteht, ist es wegen des Getrenntlebens im Interesse des Kindeswohls zudem angezeigt, dem Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, das alleinige elterliche Entscheidungsrecht über Angelegenheiten des alltäglichen Lebens zu überlassen, wie es § 1687 Abs. 1 BGB vorsieht. Schließlich ist bei Trennung von Eltern demjenigen Elternteil, bei dem sich das Kind nicht oder nicht vornehmlich aufhält, ein Umgangsrecht mit seinem Kind einzuräumen. Denn der Umgang mit dem Kind ist wesentlicher Bestandteil des von Art. 6 Abs. 2 GG geschützten Elternrechts und maßgebliche Voraussetzung dafür, dass ein vom Kind getrennter Elternteil eine nähere persönliche Beziehung zu seinem Kind aufbauen oder aufrechterhalten kann (vgl. BVerfGE 121, 69 <94>). Auch kommt es grundsätzlich dem Wohl des Kindes zugute, wenn es durch Umgang mit seinem von ihm getrennt lebenden Elternteil die Möglichkeit erhält, zu diesem eine persönliche Beziehung aufzubauen, zu erhalten und zu vertiefen (vgl. BVerfGE 121, 69 <95>).

62

c) Trägt ein Elternteil mit dem anderen Elternteil, bei dem sich sein Kind vorrangig aufhält, gemeinsam die Sorge für das Kind oder ist allein aus Kindeswohlgründen nicht ihm, sondern dem anderen Elternteil die Alleinsorge eingeräumt, zahlt er regelmäßig den vereinbarten oder gerichtlich festgesetzten Kindesunterhalt und praktiziert den verabredeten oder ihm eingeräumten regelmäßigen Umgang mit dem Kind, der auch ein Verweilen des Kindes in seinem Haushalt umfasst, kommt dieser Elternteil in vollem, ihm rechtlich möglichen Umfang seiner elterlichen Verantwortung seinem Kind gegenüber nach. Einer solchermaßen gelebten familiären Beziehung zwischen dem Kind und seinem Elternteil kann nicht allein aufgrund dessen, dass beide nicht ständig zusammenleben, ein Leben in häuslicher Gemeinschaft abgesprochen werden. Das gilt nicht nur für den Fall, dass sich das Kind im Wechsel gleichlange Zeit bei jedem Elternteil aufhält, sondern auch dann, wenn das Kind in regelmäßigen Abständen einige Tage bei dem Elternteil verbringt und währenddessen bei ihm übernachtet, dort zumindest einen festen Schlafplatz hat, von ihm verköstigt wird und insofern bei ihm ein zweites Zuhause hat. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist von einer häuslichen Gemeinschaft zwischen dem Elternteil und dem Kind auszugehen, die von ausgeübter Verantwortung für das Kind und einem zumindest zeitweisen Zusammenleben und Haushalten mit dem Kind getragen ist.

63

Ein solches Leben in häuslicher Gemeinschaft unter dem Vorzeichen getrennt lebender Eltern ist im Hinblick auf den mit § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X verfolgten Schutzzweck mit einer häuslichen Gemeinschaft gleichzusetzen, in der ein Elternteil mit seinem Kind tagtäglich zusammenlebt. Auch diese Art des Zusammenlebens bedarf des Schutzes vor einem Rückgriff des Sozialleistungsträgers durch den Ausschluss des Anspruchsübergangs nach § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X, wenn es zu einer Schädigung des Kindes durch den Elternteil gekommen ist. Denn aufgrund eines regelmäßig und nicht nur stundenweise stattfindenden, mit Übernachtungen verbundenen Umgangs mit häuslicher Betreuung des Kindes entsteht eine feste Beziehung zwischen dem Kind und seinem Elternteil, die nicht minder vor Beeinträchtigungen zu bewahren ist. In einem solchen Eltern-Kind-Verhältnis wird regelmäßig auch der barunterhaltspflichtige Elternteil aus seiner Haushaltskasse Leistungen für das Kind erbringen, die dessen Verpflegung und Unterhaltung betreffen sowie Fahrtkosten umfassen und damit über seine Verpflichtung zur Unterhaltszahlung hinausgehen. Die Tätigung solcher Ausgaben für das Kind wäre ihm aber nicht mehr wie bisher möglich, wenn der Sozialleistungsträger wegen eines übergegangenen Schadensersatzanspruchs des Kindes auf ihn Rückgriff nehmen würde. Hierdurch wäre der auch für das Kind wichtige Umgang mit seinem Elternteil gefährdet oder müsste zumindest eingeschränkt werden, womit das bestehende persönliche Verhältnis zwischen dem Kind und seinem Elternteil durch den Regress einer starken Belastung ausgesetzt würde. Eine gute und intensive Beziehung des Kindes auch zu seinem nicht vornehmlich mit ihm zusammenlebenden Elternteil wirkt sich aber positiv auf die Entwicklung für das Kind aus (vgl. Offe, in: Fabian/Nowara, Neue Wege und Konzepte in der Rechtspsychologie, 2006, S. 105 <111 ff.>). Die Vermeidung von Spannungen und Streitigkeiten aufgrund einer Geltendmachung übergeleiteter Schadensansprüche ist insofern bei einer häuslichen Gemeinschaft mit teilweisem Zusammenleben von Kind und Elternteil ebenso vonnöten wie bei einer häuslichen Gemeinschaft, in der Elternteil und Kind stetig zusammenleben.

64

d) Eine solche verfassungskonforme Auslegung des Lebens in häuslicher Gemeinschaft als Voraussetzung für den Ausschluss des Anspruchsübergangs in § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X, die auch eine Eltern-Kind-Familie einbezieht, bei der Kind und Elternteil zwar nicht dauerhaft, aber zeitweise im Rahmen von regelmäßig stattfindendem und längerem Umgang zusammenleben und der Elternteil seiner Verantwortung für das Kind in vollem, ihm rechtlich möglichen Umfang nachkommt, fügt sich im Übrigen auch in den Gehalt ein, den Rechtsprechung und Literatur der Tatbestandsvoraussetzung "Leben in häuslicher Gemeinschaft" im Kontext von gesetzlichen Regressausschlüssen gegeben haben. So hat der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden, dass eine häusliche Gemeinschaft nicht an einen überwiegenden Aufenthalt der Familienangehörigen in der Familienwohnung geknüpft sei, sofern die Abwesenheit eines Angehörigen Gründe habe, die nicht für eine Lockerung des Familienbandes sprächen (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 1961 - II ZR 237/59 -, NJW 1962, S. 41 f.; Urteil vom 16. Februar 1971 - VI ZR 150/69 -, VersR 1971, S. 478 <479>; Urteil vom 30. Juni 1971 - IV ZR 189/69 -, VersR 1971, S. 901). Auch die Literatur geht davon aus, dass eine häusliche Gemeinschaft dann vorliegt, wenn ein gemeinsamer Haushalt besteht beziehungsweise ein Familienangehöriger vom Haushalt eines anderen finanziell abhängig ist (vgl. Grüner/Dalichau, SGB X - Verwaltungsverfahren, § 116, S. 93 f. <1. März 2009>; Kater, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB X, Rn. 247 <1. Januar 2010>; Quast, Der Ausschluss der Regressnahme von Privatversicherern und Sozialversicherungsträgern bei Schadenszufügungen unter Familienangehörigen, 1975, S. 110). Dabei wird angenommen, dass eine solche häusliche Gemeinschaft auch bei länger andauerndem Getrenntleben nur beendet wird, wenn zur Trennung die Willensbekundung hinzutrete, die Gemeinschaft nicht mehr fortsetzen zu wollen (vgl. Krauskopf/Marburger, Die Ersatzansprüche nach § 116 SGB X, Bd. I, 6. Aufl. 2006, S. 46; Marschner, in: Pickel/Marschner, SGB X, § 116, Rn. 73 ). Da ein Elternteil, der zwar nicht dauernd mit seinem Kind zusammenlebt, aber regelmäßig mit seinem Kind auch in seinem eigenen Haushalt zusammenfindet und für sein Kind im Rahmen des ihm Möglichen tatsächlich Verantwortung trägt, damit zum Ausdruck bringt, eine familiäre Gemeinschaft mit dem Kind pflegen und aufrechterhalten zu wollen, erfüllt er die von Rechtsprechung und Literatur für die Annahme eines Lebens in häuslicher Gemeinschaft genannten Voraussetzungen.

II.

65

Unter Berücksichtigung dessen hat das vorlegende Gericht zu prüfen, ob bei dem Beklagten des Ausgangsverfahrens und seinem von ihm zu Schaden gekommenen Kind die angeführten Voraussetzungen für eine Annahme vorgelegen haben, dass beide trotz eines nicht ständigen Aufenthalts des Kindes bei dem Beklagten zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses ein Leben in häuslicher Gemeinschaft geführt haben. Sofern dies der Fall gewesen ist, wäre der Übergang des Schadensersatzanspruchs des Kindes auf den Sozialhilfeträger nach § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X ausgeschlossen, sodass der Beklagte nicht in Regress genommen werden könnte.

66

Darauf kommt es allerdings nur dann an, wenn das vorlegende Gericht weiterhin an seiner Auffassung festhalten sollte, dass der Beklagte seiner Aufsichtspflicht gegenüber seinem Kind nicht in einer Weise nachgekommen sei, die ihm das Haftungsprivileg des § 1664 Abs. 1 BGB eröffnet. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass auch bei Kleinkindern nicht in jedem Fall eine permanente Beobachtung "auf Schritt und Tritt" zu verlangen ist. Der Umfang der Aufsichtspflicht kann je nach Sachlage, insbesondere erkennbarer Gefährlichkeit der örtlichen Verhältnisse variieren (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 1997 - VI ZR 91/96 -, NJW 1997, S. 2047 <2048>; Wagner, in: Münchener Kommentar, BGB, Bd. 5, 5. Aufl. 2009, § 832, Rn. 27; Rakete-Dombek, in: Kaiser/Schnitzler/ Friederici, BGB Familienrecht, Bd. 4, 2. Aufl. 2010, § 1664, Rn. 7). Dem vom vorlegenden Gericht geschilderten Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, inwiefern sich dem Beklagten die Gefahr hätte aufdrängen müssen, dass das unbeaufsichtigte Kleinkind innerhalb weniger Minuten die Regentonne erklimmen und hineinfallen könnte.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Juli 2013 wird zurückgewiesen. Der Tenor des Urteils des Landessozialgerichts wird klarstellend wie folgt gefasst: Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 17. Januar 2012 sowie der Bescheid des Beklagten vom 10. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2011 werden geändert und der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger unter Änderung des Bescheides vom 31. Mai 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25. Januar 2011 für den Zeitraum vom 4. Juni bis 8. Oktober 2010 340 Euro als Mehrbedarfsleistung für Fahrtkosten zu gewähren.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II - ohne Leistungen für Unterkunft und Heizung - im Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2010 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs durch Fahrtkosten, die im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts mit seiner 1999 geborenen Tochter entstanden sind.

2

Der Beklagte bewilligte dem alleinstehenden in D. wohnenden Kläger auf dessen Fortzahlungsantrag für den zuvor benannten Zeitraum eine Regelleistung in Höhe von monatlich 359 Euro (Bescheid vom 31.5.2010, geändert durch Bescheid vom 25.1.2011 wegen der Bewilligung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehung ab dem 15.10.2010). Über berücksichtigungsfähiges Einkommen verfügte er nicht. Er bewohnte ein in seinem Miteigentum stehendes Zweifamilienhaus und erhielt als Unterkunftsleistungen einen Betrag von 341,78 Euro monatlich. Die Tochter des Klägers lebte zunächst in K. bei ihrer Mutter. Die Eltern hatten ein gemeinsames Sorgerecht. Alle 14 Tage von Freitag bis Sonntag übte der Kläger sein Umgangsrecht aus. In den Sommerferien verbrachte die Tochter drei Wochen bei ihm. Er holte das zehn- bzw elfjährige Kind an den Besuchswochenenden und zu Ferienbeginn mit dem eigenen Pkw in K. ab und brachte sie sonntags bzw am Ferienende wieder dorthin zurück. Die Mutter lehnte es ab, dass die Tochter die Bahnfahrt von K. nach D. und zurück allein unternehme. Am 9.11.2010 teilte der Kläger dem Beklagten ua mit, an welchen Tagen sich die Tochter seit dem 1.6.2010 bei ihm aufgehalten hatte und dass sie seit dem 8.10.2010 bei ihm lebe. Ferner machte er die Erstattung der ihm durch die Fahrten zur Ausübung des Umgangsrechts entstandenen Aufwendungen geltend. Durch Bescheid vom 10.3.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger Fahrtkostenerstattung in Höhe von 135,60 Euro. Dabei ging er von insgesamt zurückgelegten 3151 km aus, dividierte diese Summe durch zwei und multiplizierte sie mit 0,20. Von dem sich hieraus ergebenden Betrag von 315,20 Euro brachte er 10 % von der Regelleistung, die er dem Kläger für fünf Monate (Juni bis Oktober 2010) gewährt hatte (5 x 359 = 1795 Euro - hiervon 10 % = 179,50 Euro), in Abzug. Insoweit bestünden Einsparmöglichkeiten durch Umschichtung innerhalb der Regelleistung. Den Widerspruch wies er - nach Erhebung einer Untätigkeitsklage durch den Kläger beim SG Augsburg - mit derselben Begründung zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.8.2011).

3

Der Kläger hat nunmehr einen Anfechtungs- und Leistungsantrag gestellt und eine Fahrtkostenerstattung in Höhe von 0,30 Euro für insgesamt zurückgelegte 3151 km begehrt. Das SG hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Kläger weitere 179,50 Euro mit der Begründung zugesprochen, dass die von dem Beklagten in dieser Höhe vorgenommene Berücksichtigung einer Einsparung rechtswidrig sei (Gesamtleistung: 179,50 Euro + 135,60 Euro = 315,10 Euro). Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.1.2012).

4

Im Berufungsverfahren hat der Kläger geltend gemacht, 17 mal eine Wegstrecke von 272 km zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit dem Pkw zwischen D. und K. zurückgelegt zu haben. Eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei ihm nicht zumutbar gewesen, denn die Gesamtfahrtzeit betrage dann 5 Stunden, während er mit dem Pkw lediglich drei Stunden benötigt habe. Das LSG hat der Berufung insoweit stattgegeben, als es dem Kläger Leistungen von 80 Euro für den Monat Juni 2010, 100 Euro für den Monat Juli 2010, 40 Euro für den Monat August 2010 sowie jeweils 60 Euro für die Monate September 2010 und Oktober 2010 (insgesamt 340 Euro) abzüglich bereits erbrachter und vom SG ausgeurteilter Leistungen zugesprochen hat. Im Übrigen hat es die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Kläger zwar einen Anspruch auf Leistungen nach § 21 Abs 6 SGB II habe. Insoweit sei jedoch nur der unabweisbare Bedarf zu decken und seien Einsparmöglichkeiten zu nutzen. Unabweisbar sei der Bedarf lediglich in Höhe der Aufwendungen für die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu dem günstigsten Preis, hier mit dem "Bayern-Ticket" 2. Klasse zu einem Preis pro Fahrkarte von 20 Euro. Das LSG hat festgestellt, dass im streitigen Zeitraum die Fahrt zwischen D. und K. mit öffentlichen Verkehrsmitteln 2 bis 2 1/2 Stunden gedauert habe, mit einem Zwischenaufenthalt in U. von 45 bis zu 60 Minuten. Für die sonntägliche Fahrt von D. nach K. hätten zwei Anschlüsse (Abfahrt 13:25 Uhr bzw 17:25 Uhr) mit kurzem Zwischenaufenthalt und jeweils einer Gesamtfahrdauer von 1 Stunde und 47 Minuten bestanden. Die Mutter habe 17 "Fahrtage" zwischen dem 4.6. und dem 8.10.2010 bestätigt. Die Nutzung der Bahn sei dem Kläger auch trotz der im Vergleich längeren Fahrtzeit als mit einem Pkw zumutbar. Eine Einschränkung des Umgangsrechts folge hieraus nicht, denn bei den gemeinsamen Fahrten mit der Tochter habe er dieses bereits ausüben können. Weitere Einsparmöglichkeiten seien nicht ersichtlich, insbesondere keine solchen aus dem in der Regelleistung vorgesehenen Ansatz für Mobilitätsbedarf.

5

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 21 Abs 6 SGB II sowie eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wenn er auf öffentliche Verkehrsmittel verwiesen werde. Die Entscheidung des LSG stelle zugleich eine Verletzung des Grundrechts auf Gleichbehandlung dar. Er begehrt einen Betrag von 1072,10 Euro, der sich aus 0,30 Euro x 4624 gefahrenen Kilometern errechnet (1387,20 Euro), abzüglich der bereits vom Beklagten erbrachten 315,10 Euro.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 10.7.2013 und des SG Augsburg vom 17.1.2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.8.2011 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm unter Änderung des Bescheides vom 31.5.2010 in der Fassung des Bescheides vom 25.1.2011 für den Zeitraum vom 4.6. bis 8.10.2010 weitere 1072,10 Euro zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend. Ergänzend führt er aus, dass keine unbeschränkte Sozialisierung der Scheidungsfolgekosten durch Leistungen der Grundsicherung zu erfolgen brauche. Es sei dem Kläger zuzumuten, Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchzuführen, auch wenn diese länger dauerten als solche mit einem Pkw. Es gehe insoweit nicht um zeitsparendes und möglichst komfortables Reisen. Eine Einschränkung des Umgangsrechts sei damit nicht verbunden.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist unbegründet. Das LSG hat die Entscheidungen von SG und Beklagtem insoweit zutreffend geändert, als es die Höhe des Mehrbedarfs des Klägers, der ihm durch die Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts mit seiner Tochter zwischen dem 4.6. und dem 8.10.2010 entstanden ist, mit 340 Euro beziffert hat. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf die von ihm begehrten, über den zugesprochenen Betrag von 340 Euro hinausgehenden Leistungen (weitere 1047,20 Euro).

10

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2010 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs des Klägers wegen der Ausübung des Umgangsrechts mit der Tochter im Zeitraum vom 4.6. bis 8.10.2010. Der Beklagte hatte ihm eine Regelleistung und ab Mitte Oktober 2010 einen Mehrbedarf für Alleinerziehung durch bestandskräftigen Bescheid vom 31.5.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.1.2011 für den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2010 bewilligt und den die Regelleistung erhöhenden Härtemehrbedarf durch den hier streitbefangenen Bescheid vom 10.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.8.2011 mit 135,60 Euro beziffert. Der erkennende Senat folgt dem LSG insoweit, als nach der ausdrücklichen Erklärung des Klägers Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht im Streit stehen (zur Eigenständig- und Abtrennbarkeit der Kosten der Unterkunft als Streitgegenstand vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; s auch Urteil vom 6.8.2014 - B 4 AS 55/13 R - RdNr 12, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die weiteren Regelungen in diesen Bescheiden betreffend die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können jedoch nicht rechtlich zulässig in unterschiedliche Streitgegenstände aufgespalten werden (vgl BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, RdNr 11). Dies gilt auch für eine Leistung für Mehrbedarf, die nach der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist (vgl nur BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 54/08 R - BSGE 104, 48 = SozR 4-1500 § 71 Nr 2, RdNr 11; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, RdNr 11; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15 RdNr 9 ff; s auch Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - RdNr 12). Daher stellt der Anspruch auf eine Leistung nach § 21 Abs 6 SGB II keinen eigenständigen und von der Höhe der Regelleistung abtrennbaren Streitgegenstand dar(BSG Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 50/07 R - BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 12).

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2. Zutreffende Klageart ist hier die Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage. Der Kläger begehrt mit der Anfechtungsklage die Teilaufhebung des die Fahrtkosten bewilligenden Bescheides vom 10.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.8.2011. Die Verpflichtungsklage ist auf die Änderung des im Zeitpunkt der Mitteilung des Klägers vom 9.10.2010 bereits bestandskräftigen Ausgangsbescheides vom 31.5.2010 in der Fassung des Bescheides vom 25.1.2011 gerichtet. Diese Bescheide sind auf der Grundlage des § 44 SGB X zu überprüfen(vgl dazu BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15 RdNr 10; s auch Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - juris RdNr 13). Der die laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligende Bescheid vom 31.5.2010 ist nach dem klägerischen Begehren insoweit rechtswidrig iS des § 44 SGB X, als die Leistung von Beginn des Bewilligungsabschnitts an um den Härtemehrbedarf für Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts hätte höher sein müssen. Mit der Leistungsklage beantragt der Kläger die Erbringung einer Leistung für höheren Regelbedarf über den von dem Beklagten bewilligten Betrag hinaus.

12

3. Vorliegend sind durch den Bescheid vom 31.5.2010 iS von § 44 Abs 1 SGB X Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden. Nach § 44 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. So liegt der Fall hier.

13

Der Kläger erfüllte nach den Feststellungen des LSG in dem streitigen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II. Er hatte wegen seiner Hilfebedürftigkeit im Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2010 Anspruch auf eine Regelleistung in Höhe von damals 359 Euro gemäß § 20 Abs 2 S 1 SGB II(idF des Gesetzes über die Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) sowie ab dem 15.10.2010 auf Leistungen für einen Mehrbedarf durch Alleinerziehung nach § 21 Abs 3 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954), wie durch Änderungsbescheid vom 25.1.2011 bewilligt. Daneben stand ihm - ohne dass es eines gesonderten Antrags insoweit bedurft hätte (vgl nur BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14 mwN) -ein Anspruch auf Leistungen für Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts mit seiner Tochter nach § 21 Abs 6 SGB II zu.

14

Die Voraussetzungen des § 21 Abs 6 SGB II liegen hier dem Grunde nach vor. Zum Zeitpunkt des ersten geltend gemachten Bedarfs für eine Fahrt am 4.6.2010 kann der Kläger sein Begehren bereits auf diese Vorschrift stützen. Sie ist mit dem Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung der fortzuführenden Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 27.5.2010 durch dessen Art 3a Nr 2 Buchst b mit Wirkung vom 3.6.2010 in § 21 SGB II eingefügt worden(BGBl I 671). Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige einen Mehrbedarf, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht (Satz 1). Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (Satz 2).

15

a) Bei den Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts handelt es sich um einen besonderen Bedarf. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 4.6.2014 (B 14 AS 30/13 R - RdNr 20 - zur Veröffentlichung vorgesehen) in Fortführung der Ausgangsentscheidung des 7b. Senats vom 7.11.2006 (B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 22)an.

16

Ein besonderer Bedarf im Einzelfall ist dann gegeben, wenn die Bedarfslage eine andere ist, als die, die bei typischen Empfängern von Grundsicherungsleistungen vorliegt. Es muss daher ein Mehrbedarf im Verhältnis zum "normalen" Regelbedarf gegeben sein (vgl auch Behrend in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 21 RdNr 78; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 21, RdNr 75, Stand V/2011). Dies ist bei den Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts ungeachtet der Tatsache, dass im Regelbedarf ein Anteil für Fahrtkosten enthalten ist, der Fall. Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber nach der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12)und bei der Einfügung des § 21 Abs 6 SGB II im Mai 2010 ua speziell die Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts bei getrennt lebenden Eltern als Anwendungsfall der Härtefallklausel im Blick hatte(BT-Drucks 17/1465, S 9), betrifft der Bedarf hier nicht nur die üblichen Fahrten im Alltag, sondern eine spezielle Situation bei der Aufrechterhaltung des Umgangs mit einem Kind. Diese Situation ist mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden, wenn die Wohnorte aufgrund der Trennung der Eltern weiter entfernt voneinander liegen (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 22; Behrend in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 21 RdNr 97, 102; s auch Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 21, RdNr 83, Stand V/2011). So liegt der Fall auch hier, denn der Kläger hatte seinen Wohnort rund 140 km entfernt von dem der Mutter, bei der das Kind lebte.

17

b) Der Bedarf war im vorliegenden Bewilligungsabschnitt auch ein laufender, nicht nur einmaliger. Dabei kann offen bleiben, ob ein Bedarf iS des § 21 Abs 6 SGB II nur dann ein laufender ist, wenn er prognostisch dauerhaft, regelmäßig und längerfristig entstehen wird(zu diesen Anforderungen s BSG im Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl hierzu kritisch Behrend in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 21 RdNr 80; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 21, RdNr 74, Stand V/2011; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 67 f). Der Senat neigt dazu, die Reduzierung des Begriffs "laufender Bedarf" auf diesen Inhalt als nicht durch den Wortlaut des § 21 Abs 6 S 1 SGB II geboten zu bewerten. Es ist vielmehr im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal des laufenden Bedarfs in Abgrenzung zum einmaligen Bedarf eine Entscheidung unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls zu treffen. Dabei können Umschreibungen wie dauerhaft, regelmäßig oder längerfristig sowie eine prognostische Betrachtung nur Anhaltspunkte dafür sein, ob es sich um einen "laufenden Bedarf" handelt. Im vorliegenden Fall war jedoch nur über Leistungen bis zum Zuzug des Kindes zum Kläger zu befinden, sodass ungeprüft bleiben konnte, ob der Bedarf auch in Zukunft entstehen oder ggf entfallen wird, etwa weil im Hinblick auf das Alter und den Entwicklungsstand des Kindes es nicht mehr erforderlich sein wird, das Kind abzuholen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 21 RdNr 73). Im streitigen Bewilligungsabschnitt ist der besondere Bedarf durch die regelmäßige Ausübung des Umgangsrechts - hier alle zwei Wochen an einem Wochenende von Freitag bis Sonntag im Zeitraum von Juni bis Oktober - laufend entstanden. Die Mutter des Kindes hatte in dieser Zeit ihre Zustimmung dazu verweigert, das zehn- bzw elfjährige Kind die Zugfahrt alleine unternehmen zu lassen (vgl zur Maßgeblichkeit von Entscheidungen der Familiengerichte bzw von Vereinbarungen zum Umfang des Umgangsrechts Behrend, jM 2014, 22, 27 f).

18

c) Ebenso ist der Bedarf unabweisbar. Nach § 21 Abs 6 S 2 SGB II ist der Mehrbedarf unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Wenn der Kläger das verfassungsrechtlich geschützte Umgangsrecht mit seinem Kind ausüben möchte, ist das Entstehen des Bedarfs durch Fahrtkosten dem Grunde nach unabweisbar. Der Bedarf ist auch erheblich (aa) und kann nicht durch Zuwendungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Klägers gedeckt werden (bb). Allerdings ist der anzuerkennende Bedarf der Höhe nach niedriger als vom Kläger geltend gemacht. Insoweit sind Einsparmöglichkeiten zu berücksichtigen (cc).

19

aa) Die Erheblichkeit des hier geltend gemachten Bedarfs steht außer Zweifel. Der erkennende Senat folgt dem 14. Senat des BSG, wenn er als erheblich einen atypischen Bedarf erkennt, der von einem durchschnittlichen Bedarf in nicht nur unbedeutendem wirtschaftlichen Umfang abweicht (vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - RdNr 28 - zur Veröffentlichung vorgesehen, unter Verweis auf BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 21/06 R - BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3, RdNr 28). Zutreffend weist er darauf hin, dass Anknüpfungspunkt insoweit letztlich die Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) und damit die Frage ist, ob das menschenwürdige Existenzminimum trotz Mehraufwendungen noch gewährleistet werden kann oder über die Regelleistung hinausgehende Leistungen dazu erforderlich sind (vgl BT-Drucks 17/1465, S 8). Im vorliegenden Fall ist eine erhebliche Abweichung vom durchschnittlichen Bedarf sowohl im Hinblick auf die Regelleistung von damals 359 Euro insgesamt, aber auch den in der damaligen Regelleistung enthaltenen Betrag für Fahrtkosten von rund 20 Euro zu bejahen.

20

bb) Eine Bedarfsdeckung durch Zuwendungen Dritter ist nach den bindenden Feststellungen des LSG nicht erfolgt. Auch sind nach dessen Feststellungen keine Anhaltspunkte für die Möglichkeit der Realisierung unterhaltsrechtlicher Ansprüche gegen die Mutter des Kindes vorhanden (vgl zur "ersten objektiv rechtlich möglichen Umsetzung einer Änderung": BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 7/10 R - BSGE 107, 97 = SozR 4-4200 § 11 Nr 34, RdNr 29 ff; vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2, juris RdNr 23; Behrend jM 2014, 22, 27 f). Der Senat folgt auch insoweit dem 14. Senat, wenn dieser darauf verweist, dass die im Grundsatz gegebene Einsparmöglichkeit durch "Umschichtung", also einer Präferenzentscheidung dahingehend, einen höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen (BT-Drucks 17/1465, S 6 und 8), bei Bedarfen durch Fahrtkosten für die Ausübung des Umgangsrechts ausscheidet. Dieser Gedanke kommt nur bei Bedarfen, die dem Grunde nach vom Regelbedarf umfasst sind, zum Tragen. Dies ist aber gerade hinsichtlich des hier im Streit stehenden Mehrbedarfs nicht der Fall (BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - juris RdNr 25 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Ebenso wenig ist der Kläger auf den Ansparbetrag für notwendige Anschaffungen (§ 12 Abs 2 Nr 4 SGB II) als Einsparmöglichkeit zu verweisen. Dieser dient nur dazu, einmalige Bedarfe abzufangen. Müsste dieser Ansparbetrag für laufende Aufwendungen abgezweigt werden, stünde er gerade als Ansparbetrag für notwendige Anschaffungen nicht mehr zur Verfügung. Auch das Bestreiten des Bedarfs durch ein Darlehen (§ 24 Abs 1 SGB II) ist ausgeschlossen, denn insofern ist aufgrund der Entscheidung des BVerfG (Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 - BVerfGE 125, 175, 255 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 208; s auch BVerfG Beschluss vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua - RdNr 121) davon auszugehen, dass nur einmalig auftretende "Bedarfsspitzen" über die Darlehensregelung erfasst werden können, sodass dies kein denkbarer Weg ist, um die laufend auftretenden Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts abzufangen.

21

cc) Allerdings versteht der erkennende Senat das Merkmal der "Einsparmöglichkeit" des § 21 Abs 6 SGB II so, dass auch bei einem dem Grunde nach unabweisbaren Bedarf die Höhe der hierfür gewährten Leistungen unter Berücksichtigung realistischer Einsparmöglichkeiten zu bemessen ist. Bei der Bestimmung der grundsicherungsrechtlich gebotenen Einsparmöglichkeit hinsichtlich der Aufwendungen für die Ausübung des Umgangsrechts ist Ausgangspunkt die verfassungsrechtliche Absicherung dieses Rechts durch Art 6 Abs 2 GG. Eine Einschränkung der Kosten des Umgangsrechts allein aus fiskalischen Gründen scheidet daher aus. Erforderlich ist vielmehr eine Betrachtung der konkreten Umstände des Einzelfalls (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 21, RdNr 86, Stand V/2011). Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist - auch sozialhilferechtlich - eine Leistung für die Wahrnehmung des Umgangsrechts geboten, die dem Elternrecht beider Elternteile Rechnung trägt und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles dem Wohl des Kindes entspricht (BVerfG Beschluss vom 25.10.1994 - 1 BvR 1197/93 - juris RdNr 25). Mit dem BVerwG ist daher eine individualisierende Betrachtung, die alle das Eltern-Kind-Verhältnis bestimmenden Umstände würdigt, verfassungsrechtlich geboten. Es sind demnach das Alter, die Entwicklung und die Zahl der Kinder, die Intensität ihrer Bindung zum Umgangsberechtigten, die Einstellung des anderen Elternteils zum Umgangsrecht, insbesondere das Vorliegen und der Inhalt einverständlicher Regelungen, die Entfernung der jeweiligen Wohnorte beider Elternteile und die Art der Verkehrsverbindungen in den Blick zu nehmen (BVerwG Urteil vom 22.8.1995 - 5 C 15/94 - juris RdNr 12; vgl Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 21, RdNr 86, Stand V/2011).

22

Daneben ist zu berücksichtigen, dass Leistungen nach § 21 Abs 6 SGB II der Rechtsprechung des BVerfG Rechnung tragen, wonach die menschenwürdige Existenz gefährdet ist, wenn in bestimmten Situationen der Leistungsberechtigte allein auf die Regelleistung verwiesen wird und damit nicht in der Lage sein könnte, einen weiteren anerkannten, zwingenden Bedarf zu decken(vgl auch BT-Drucks 17/1465, S 8; BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 207 f).

23

Im Rahmen dieser Vorgaben sind andererseits bei der Beurteilung der "Einsparmöglichkeiten" sowohl die dem System des SGB II immanente Subsidiarität der Leistungserbringung nach § 5 Abs 1 S 1 SGB II(BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, SozR 4-4200 § 21 Nr 16, RdNr 21),als auch die aus § 3 Abs 3 1. Halbs SGB II folgende Beschränkung auf eine Leistungserbringung nur für den Fall, dass die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann, zu berücksichtigen. So hat der erkennende Senat bereits befunden, dass die getätigten Ausgaben iS eines durch Grundsicherungsleistungen zu deckenden Bedarfs aus Sicht eines verständigen Leistungsberechtigten nicht offenkundig außer Verhältnis zu dem stehen dürfen, was einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht (vgl hierzu BSG Urteil vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 5, RdNr 22). Der darüber hinausgehende Bedarf ist nicht mehr der Höhe nach unabweisbar. Hieraus folgt: Die Aufwendungen für die Kosten des Umgangsrechts müssen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen im Sinne des Grundsicherungsrechts sein; der Leistungsberechtigte muss also die kostengünstigste und gleichwohl im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Umgangsrechts verhältnismäßige sowie zumutbare Variante zur Bedarfsdeckung wählen bzw hat nur Anspruch auf Leistungen in deren Höhe. Unter Berücksichtigung dessen hat der Kläger hier keinen grundsicherungsrechtlich zu deckenden Bedarf, der über einen solchen hinaus geht, der durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstehen würde und den das LSG zutreffend nur insoweit als unabweisbar zugrunde gelegt hat.

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Der Kläger macht einen Bedarf geltend, der bedingt durch die Nutzung eines Pkw - folgt man seinen Berechnungen - über 1000 Euro höher ist, als der, der durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstanden wäre. Folgt man den Ausführungen des 14. Senats des BSG in seiner aktuellen Entscheidung zum Bedarf für die Ausübung des Umgangsrecht (BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - RdNr 28 - zur Veröffentlichung vorgesehen) und legt der Berechnung eine Kilometerpauschale von 0,20 Euro iS von § 5 Abs 1 BRKG zugrunde, so wäre der Bedarf des Klägers durch die Fahrt mit dem Pkw immer noch 584,80 Euro höher als der aufgrund der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel(4624 km x 0,20 = 924,80 - 340 = 584,80 Euro). Zwar weist der 14. Senat insoweit darauf hin, dass es sich nicht um hypothetische Einsparungsmöglichkeiten handeln dürfe (BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - RdNr 24 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Jedoch hat das LSG nach eingehenden Ermittlungen festgestellt, dass es dem Kläger möglich gewesen wäre, unter Nutzung des Bayern-Tickets die Fahrtkosten pro Abholfahrt auf 20 Euro zu senken. Für den gesamten hier streitigen Zeitraum ergäbe sich dann ein Gesamtbedarf von 340 Euro.

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Der Verweis auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist hier auch weder unverhältnismäßig, noch wird der Kläger dadurch unzumutbar in seinem verfassungsrechtlich abgesicherten Umgangsrecht beeinträchtigt. Der Kläger hatte alle 14 Tage ein Umgangsrecht mit seiner im hier streitigen Zeitraum zehn bzw elf Jahre alten Tochter, das sich über 2 1/2 Tage erstreckte. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)betrug die maximale Fahrtzeit für eine Fahrtstrecke mit der Bahn jeweils rund 2 bis 2 1/2 Stunden, während mit dem Pkw ca 1 1/2 Stunden von Nöten waren.

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Der Kläger gelangt mit der Bahn ebenso wie mit dem Auto an sein Ziel. Beide Reisemöglichkeiten sind daher grundsätzlich "gleich gut" im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geeignet, das Umgangsrecht auszuüben. Die Aufwendungen für die Bahnfahrt sind jedoch um den 2,8-fachen oder, legt man das BRKG zugrunde, um den 1,5-fachen monatlichen Regelbedarf niedriger als die für die Fahrt mit dem Pkw. Im Hinblick auf die Orientierung der Leistungshöhe an der Deckung nur einfacher und grundlegender Bedürfnisse kann daher eine Kostensenkung bei gleichen Ausgangsbedingungen vom Leistungsberechtigten gefordert werden. Die mit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel verbundene Verlängerung der Fahrtzeit um eine Stunde pro Fahrtstrecke ist im Hinblick auf die Preisdifferenz zwischen den vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Nutzung des Pkw und dem Preis für ein Bahnticket nicht unangemessen.

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Anders als in dem vom 14. Senat zu entscheidenden Fall wäre das Umgangsrecht des Klägers auch nicht unzumutbar durch die Verlängerung der Fahrtzeit beeinträchtigt worden. Im Fall des 14. Senats wäre durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwar auch eine zusätzliche Fahrtzeit entstanden. Die Verlängerung der Fahrtzeit hätte jedoch das ohnehin nur fünf Stunden dauernde Umgangsrecht des dortigen Klägers mit dem damals vierjährigen Kind um eine weitere Stunde verkürzt (BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - RdNr 24 - zur Veröffentlichung vorgesehen) und damit in nicht hinzunehmendem Maße beschränkt. Vorliegend wäre das mindestens 48 Stunden dauernde Umgangsrecht durch die Fahrtzeitverlängerung nur unerheblich eingeschränkt worden. Soweit es die Fahrtzeiten mit der Tochter des Klägers betrifft, konnte während der Bahnfahrt, anders als je nach den Umständen des Falles bei einem vierjährigen Kind, das Umgangsrecht durch Unterhaltung und Beschäftigung mit dem Kind bereits ausgeübt werden. Soweit es die Fahrten betrifft, die der Kläger auf dem Hin- und Rückweg jeweils alleine zurückgelegt hat, ist die Verlängerung der Fahrtzeit um je eine Stunde ebenfalls nicht unzumutbar. Es sind nach den Feststellungen des LSG keine Gründe ersichtlich, die für den Kläger eine zwingende Verkürzung erforderlich gemacht hätten, etwa, weil er aufgrund einer Erwerbstätigkeit erst zu einem bestimmten Zeitpunkt hätte starten oder früher wieder zurück sein müssen.

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4. Durch die Beschränkung der Mehrbedarfsleistung in dem zuvor dargelegten Umfang wird der Kläger auch nicht in seinem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf Gleichbehandlung oder in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Im Hinblick auf die klägerische Rüge der Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art 3 Abs 1 GG ist bereits nicht erkennbar, gegenüber welcher Gruppe von Normadressaten er durch die Bewilligung von Leistungen zur Wahrnehmung des Umgangsrechts in Höhe der Kosten für ein Bahnticket ungleich behandelt werden könnte. Hierdurch wird auch weder das Persönlichkeitsrecht des Klägers, noch dessen Handlungsfreiheit iS des Art 2 Abs 1 GG beeinträchtigt. Die Bewilligung staatlicher Leistungen tangiert nicht dessen abwehrrechtliche Dimension (BVerfG Beschluss vom 29.5.2013 - 1 BvR 1083/09 - RdNr 10). Maßstab ist hier vielmehr das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, für dessen Ausgestaltung aus grundrechtlicher Sicht allein Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG maßgeblich ist (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Die Leistung nach § 21 Abs 6 SGB II ist jedoch gerade Ausfluss dessen auf Grundlage der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 207).

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5. Der Tenor war klarstellend neu zu fassen, da das LSG den Verpflichtungsantrag des Klägers nicht tenoriert hat, obwohl es ebenfalls davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem Bescheid vom 10.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.8.2011 um einen den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 31.5.2010 ändernden Bescheid handelt.

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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.