Oberlandesgericht Hamm Urteil, 10. Aug. 2016 - 11 EK 5/15
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 600 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09. April 2016 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 80 % und das beklagte Land 20 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger begehrt vom beklagten Land Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 2.900 € für immaterielle Nachteile wegen überlanger Dauer eines Kostenfestsetzungsverfahrens.
3Grundlage des beim Amtsgericht F zum Aktenzeichen ### C ##/11 geführten Kostenfestsetzungsverfahrens war eine zu Gunsten des Klägers im Berufungsverfahren ## S ###/11 LG F am 16. März 2012 ergangene Kostengrundentscheidung. Der Kläger beantragte am 27. April 2012 die Festsetzung von Kosten in Höhe von 32,40 € gegen den unterlegenen Prozessgegner. Unter dem 28. September 2012 brachte er weitere Kosten in Höhe von 51 € in Ansatz und beantragte nunmehr unter Einschluss der am 27. April 2012 geltend gemachten Kosten, die noch nicht festgesetzt waren, die Festsetzung in Höhe von insgesamt 83,40 €. In dem Schreiben führte er aus, dass eine Bescheidung seines Antrages vom 27. April 2012 wohl bislang unterbleiben sei, weil die Akte sich beim Oberlandesgericht Hamm befinde, wofür er Verständnis zeige. Tatsächlich befand die Akte sich zur Bearbeitung einer Streitwertbeschwerde zum Aktenzeichen #-## W ##/## beim Oberlandesgericht Hamm bis zu dem dort am 03. Mai 2013 gefassten Beschluss über die Beschwerde, von dem der Kläger nach seinem Vortrag über seinen Anwalt anschließend in Kenntnis gesetzt worden ist.
4Unter dem 28. September 2014 erhob der Kläger eine Verzögerungsrüge. Der Präsident des Amtsgerichts F teilte dem Kläger darauf mit Schreiben vom 05. November 2014 mit, die Akte habe sich bis zum 24. Mai 2013 beim Landgericht F bzw. OLG Hamm befunden und nach Aktenrückkehr seien am 11. Juni 2013 und 25. Juni 2013 zu Gunsten der Verfahrensbevollmächtigten des Klägers Kostenfestsetzungsbeschlüsse ergangen, wodurch das Kostenfestsetzungsverfahren abgeschlossen sei. Ohne Akte hätten die Kostenfestsetzungsanträge nicht bearbeitet werden können.
5Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 17. November 2014 auf seinen unbeschiedenen Antrag vom 27. April 2012 hingewiesen hatte, teilte der Präsident des Amtsgerichts F am 23. Dezember 2014 mit, dass dieser Antrag nunmehr lose in der Akte gefunden worden sei, ohne dass sich feststellen lasse, wie es dazu gekommen sei. Zugleich bat er um Entschuldigung für die entstandene Verzögerung und teilte mit, dass die Akte nunmehr unverzüglich zur Bearbeitung des Antrages vom 27. April 2012 der Rechtspflegerin zugeleitet werde.
6Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 erhob der Kläger erneut eine Verzögerungsrüge und verlangte u.a. Abschriften seines Kostenfestsetzungsantrages und seines weiteren Schriftsatzes, mit welchem er weitere Positionen zur Festsetzung angemeldet habe.
7Am 14. September 2015 wurde sodann ein Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, mit welchem dem Antrag des Klägers vom 27. April 2012 stattgegeben wurde. Am 22. September 2015 wurde dem Kläger eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt.
8Der Kläger erhob anschließend mit Schreiben vom 26. Oktober 2015 erneut Verzögerungsrüge und wies auf seinen weiteren Antrag vom 28. September 2012 hin. Diesem Antrag, der sich nach Vortrag des Landes lediglich in Abschrift und ohne Eingangsstempel in der Akte befunden habe, wurde sodann mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Dezember 2015 entsprochen.
9Der Senat hat dem Kläger mit Beschluss vom 19. Februar 2016 für eine Klage auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 1.200 € Prozesskostenhilfe bewilligt und den weitergehenden Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass sich aus dem zwischen den Parteien nicht streitigen Sachverhalt eine unangemessene Verfahrensverzögerung im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG von rund 29 Monaten, nämlich zwischen Juli 2013 und November 2015 ergebe. Eine Entschädigung könne der Kläger allerdings nur für die letzten 12 Monate (Dezember 2014 bis November 2015) beanspruchen; für die davor liegenden 17 Monate bis einschließlich November 2014 reiche eine Wiedergutmachung durch bloße Feststellung aus. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Senatsbeschlusses vom 19. Februar 2016 verwiesen.
10Mit seiner – teilweise auf eigene Kosten erhobenen – Klage verlangt der Kläger Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 2.900 €. Er ist der Auffassung, ihm stehe für die vom Senat im Beschluss vom 19. Februar 2016 beanstandete Verzögerungsdauer von 29 Monaten (Juli 2013 bis November 2015) die Regelentschädigung von 100 € pro Monat zu. Für die Zeit von Juli 2013 bis November 2014 sei entgegen der Auffassung des Senats die bloße Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer keine ausreichende Wiedergutmachung im Sinne von § 198 Abs. 4 GVG. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass ihm sein im Antrag vom 28. September 2012 mitgeteiltes Verständnis für das Ausbleiben einer Entscheidung infolge des Aktenversands sowie seine Passivität bis zur Erhebung der ersten Verzögerungsrüge am 28. September 2014 nicht angelastet werden dürften. Indem das Amtsgericht vorliegend trotz positiver Kenntnis über die bislang unterbliebene Einordnung und Bearbeitung der Kostenfestsetzungsanträge weiterhin verfahrensfördernde Maßnahmen unterlassen habe, sei es billig, das Land haften zu lassen; es könne möglicherweise ein Fall des § 198 Abs. 4 S. 3 GVG vorliegen. Jedenfalls falle die Würdigung der Gesamtumstände klar zu Gunsten des Klägers aus und es deute nichts auf ein unzulässiges „dulde und liquidiere“ durch ihn oder auf eine für ihn untergeordnete Bedeutung des Verfahrens hin.
11Der Kläger beantragt,
12das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung in Höhe von 2.900 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
13Das beklagte Land beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Es ist der Ansicht, die vom Kläger geltend gemachte Verzögerung rechtfertige keinen Entschädigungsanspruch. Es liege schon kein immaterieller Nachteil vor. Die widerlegbare Vermutung aus § 198 Abs. 2 S. 1 GVG sei hier widerlegt. Denn eine seelische Unbill des Klägers in entschädigungsrelevantem Ausmaß sei nicht ersichtlich, weil das Kostenfestsetzungsverfahren nur einen geringen Betrag zum Gegenstand gehabt habe und nach der Rechtsprechung des BGH in Verfahren von geringer Bedeutung ein immaterieller Nachteil ausscheiden könne. Jedenfalls sei eine Wiedergutmachung durch Feststellung insgesamt ausreichend, weil das Verfahren eine äußerst geringe Bedeutung gehabt habe und der einzige Nachteil für den Kläger die überlange Bearbeitungsdauer gewesen sei. Zumindest sei eine Entschädigung von 1.200 € mit Blick auf die Forderungshöhe von 83,40 € im Ausgangsverfahren unbillig hoch.
16Entscheidungsgründe
17Die Entschädigungsklage ist zulässig, jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
181.
19Die Klage ist zulässig. Die Klagefrist des § 198 Abs. 5 S. 2 GVG ist eingehalten, ohne dass es auf die Frage der Fristwahrung durch Anbringung des Prozesskostenhilfegesuchs vom 27. Oktober 2015 ankommt. Denn das Kostenfestsetzungsverfahren ist erst durch den Beschluss des Amtsgerichts F vom 09. Dezember 2015 abgeschlossen worden und die Klage ist im Umfang des mit Schriftsatz vom 08. März 2016 formulierten Zahlungsantrages – nach Einzahlung des für den über die Prozesskostenhilfebewilligung hinausgehenden Klageantrag angeforderten Vorschusses – am 08. April 2016 zugestellt worden.
202.
21Die Klage ist nur teilweise begründet. Dem Kläger steht gem. § 198 Abs. 1 und 2 GVG ein Entschädigungsanspruch für immaterielle Nachteile wegen unangemessener Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens im Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015 in Höhe von 600 € zu. Zwar lag auch in dem weiter zum Gegenstand der Klage gemachten Zeitraum von Juli 2013 bis November 2014 eine unangemessene Verfahrensdauer im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG vor; insoweit ist aber die Vermutung aus § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG für das Vorliegen eines immateriellen Nachteils widerlegt und unabhängig davon jedenfalls bereits eine ausreichende Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 GVG erfolgt.
22a.
23Nach § 198 Abs. 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Eine Entschädigung kann nur verlangt werden, wenn eine Verzögerungsrüge erhoben worden ist (§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG) und Wiedergutmachung auf andere Weise nicht ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 Satz 2 GVG).
24Danach gilt hier:
25aa.
26Das Kostenfestsetzungsverfahren ist ein eigenständiges Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BSG aus den im Urteil vom 10.07.2014 – B 10 ÜG 8/13 R – dargelegten Gründen (dort Rn. 16 ff., zitiert nach juris). Diese Erwägungen gelten auch für das hier in Rede stehende Kostenfestsetzungsverfahren auf der Grundlage der §§ 103 ff. ZPO.
27bb.
28Nach dem zwischen den Parteien nicht streitigen Verfahrensablauf ist es im Kostenfestsetzungsverfahren zu einer unangemessenen Verzögerung von 29 Monaten gekommen. Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde:
29Die am 27. April 2012 und 28. September 2012 eingereichten Kostenfestsetzungsanträge waren mit Rückkehr der Akten aus der Rechtsmittelinstanz am 24. Mai 2013 entscheidungsreif. Eine Bearbeitung ohne die Prozessakten war nicht möglich, worauf der Präsident des Amtsgerichts in seinem Schreiben vom 05. November 2014 zutreffend hingewiesen hat. Anlass, die Prozessakten zum Zwecke der Kostenfestsetzung vorher vorübergehend aus der Rechtsmittelinstanz zurückzufordern, bestand nicht. Das wäre allenfalls in Betracht gekommen, wenn der Kläger auf eine Dringlichkeit der begehrten Kostenfestsetzung hingewiesen hätte oder sie sich sonst aus den Umständen ergeben hätte. Beides ist nicht der Fall. Die Höhe der zur Festsetzung beantragten Kosten von insgesamt 83,40 € sprach eindeutig gegen eine Dringlichkeit. Ein Hinweis des Klägers auf eine solche Dringlichkeit ist nicht ersichtlich; vielmehr hat der Kläger in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 28. September 2012 Verständnis dafür zum Ausdruck gebracht, dass eine Kostenfestsetzung im Hinblick auf die beim Oberlandesgericht befindlichen Akten noch nicht erfolgt war. Auch ohne die Prozessakten konnten und mussten allerdings die Kostenfestsetzungsanträge an den Kostenschuldner zur Stellungnahme übermittelt werden, so dass mit Aktenrückkehr Entscheidungsreife eintrat.
30Nach Entscheidungsreife ist eine angemessene Bearbeitungszeit einzuräumen, weil nicht sämtliche entscheidungsreifen Verfahren gleichzeitig entschieden werden können und müssen. Weil sich mit zunehmender Verfahrensdauer allerdings die Verpflichtung des mit dem Verfahren befassten Gerichts zur nachhaltigen Beschleunigung verdichtet (vgl. BVerfG, NJW 2008, 17; BGH, NJW 2011, 1072), musste hier berücksichtigt werden, dass seit der ersten Antragstellung bereits mehr als ein Jahr vergangen war. Daher war spätestens bis Ende Juni 2013 eine Entscheidung geboten. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil über die – seinerzeit ebenfalls noch unbeschiedenen – Kostenfestsetzungsanträge der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers aus dem Jahre 2012 am 11. Juni 2013 und 25. Juni 2013 entschieden worden war. Gründe, die Entscheidung über die Anträge des Klägers zurückzustellen, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Soweit die unterbliebene Entscheidung auf die fehlende oder unzureichende Einordnung der Kostenfestsetzungsanträge des Klägers in die Akte zurückzuführen ist, fällt dies allein in den Verantwortungsbereich des Landes.
31Unter Berücksichtigung der erst im Dezember 2015 erfolgten abschließenden Bescheidung der Kostenfestsetzungsanträge des Klägers erstreckt sich die unangemessene Verfahrensverzögerung im Sinne von § 198 Abs. 1 GVG auf den Zeitraum von Juli 2013 bis November 2015 (= 29 Monate). Dem kann für die Zeit bis zur Erhebung der ersten Verzögerungsrüge des Antragstellers vom 28. September 2014 nicht entgegengehalten werden, dass er nicht früher eine Bearbeitung seiner Anträge angemahnt hat. Denn abgesehen von der Obliegenheit zur Erhebung der Verzögerungsrüge sind die Verfahrensbeteiligten nicht verpflichtet, aktiv darauf hinzuarbeiten, dass das Gericht das Verfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss bringt (vgl. BVerwG, Urteil v. 26.02.2015 – 5 C 5/14 D – Rn. 37, zitiert nach juris).
32Das schließt es allerdings nicht aus, eine diesbezügliche Passivität als Indiz für eine geringe Bedeutung der Sache im Rahmen der – später zu beantwortenden - Frage zu berücksichtigen, ob die Vermutung aus § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG widerlegt ist oder eine Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne von § 198 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 GVG ausreicht (zum Letzteren: vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 16.12.2015 – L 8 SF 128/12 EK -, Rn. 52, zitiert nach juris; Reiter in Ad Legendum 2015, Seite 151, 155).
33cc.
34Der Kläger hat die gem. § 198 Abs. 3 GVG notwendige Verzögerungsrüge mit seinen Schreiben vom 28. September 2014, 28. Juli 2015 und 26. Oktober 2015 erhoben.
35dd.
36Danach liegen für den hier maßgeblichen Zeitraum von 29 Monaten grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Entschädigung vor. Das gilt auch für den vor dem 28. September 2014 liegenden Zeitraum. Denn die Verzögerungsrüge wahrt – anders als im Anwendungsbereich der Übergangsregelung des Art. 23 Satz 2 und 3 ÜGRG - auch Ansprüche für Zeiträume, die vor ihrer Anbringung liegen (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2014 – III ZR 335/13, Rn. 31 und OVG NRW, Urteil vom 28.09.2015 – 13 D 12/15 -, Rn. 72, jeweils zitiert nach juris; Reiter a.a.O.).
37ee.
38Die unangemessene Verzögerung von 29 Monaten rechtfertigt keine höhere Entschädigung als 600 €.
39Der Kläger hat nach der gesetzlichen Vermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG Nachteile nicht vermögenrechtlicher Art im Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015 erlitten. Dafür steht ihm eine Entschädigung zu, die der Senat abweichend von der in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG vorgesehenen Regelentschädigung von 1.200 € pro Jahr hier auf der Grundlage des § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG aus Billigkeitsgründen auf 600 € bemisst. Für die Zeit davor ist die gesetzliche Vermutung aus § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG widerlegt und – wenn man das anders sehen wollte – jedenfalls eine gem. § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ausreichende Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne von § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG bereits erfolgt.
40(1)
41Die gesetzliche Vermutung im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG für einen vom Kläger erlittenen immateriellen Nachteil ist für den Zeitraum von Juli 2013 bis November 2014 widerlegt.
42Die gesetzliche Vermutung wird nicht bereits generell widerlegt, wenn das Ausgangsverfahren eine sehr geringe finanzielle Bedeutung für den Entschädigungskläger hat. Der Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit soll unter anderem gerade eine lange Unsicherheit des Entschädigungsklägers über seine Ansprüche und die damit verbundenen seelischen Folgen vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 59, zitiert nach juris.).
43Gemessen daran ist aufgrund der Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung für die Zeit von Juli 2013 bis November 2014 von einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung für einen immateriellen Nachteil auszugehen. Dafür spricht, dass hier eine nennenswerte Unsicherheit des Entschädigungsklägers über seine Kostenerstattungsansprüche nicht zu verzeichnen war, weil – worauf der Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes im Senatstermin am 10. August 2016 zutreffend hingewiesen hat – eine rechtskräftige Kostengrundentscheidung vorlag und im Kostenfestsetzungsverfahren nur noch über die – hier ersichtlich nicht zweifelhafte - Erstattungsfähigkeit der angemeldeten Kosten zu befinden war. Unter weiterer Berücksichtigung der äußerst geringen Höhe des zur Festsetzung angemeldeten Betrages und der daraus abzuleitenden minimalen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, die auch dadurch belegt wird, dass der Kläger bis zur Erhebung seiner ersten Verzögerungsrüge am 28. September 2014 weder eine Sachstandsanfrage angebracht noch sonst Erkundigungen zur Bearbeitung seiner Anträge vorgenommen hat, lässt sich eine durch die zögerliche Bearbeitung verursachte seelische Beeinträchtigung bis zum Erhalt der (inhaltlich unzutreffenden) Antwort vom 05. November 2014 auf die erste Verzögerungsrüge vom 28. September 2014 nicht annehmen. Die vom Kläger im Prozesskostenhilfeverfahren angeführte psychische Beeinträchtigung mit pathologischem Wert ist weder konkretisiert worden noch in irgendeiner Weise nachvollziehbar, obwohl der Senat darauf im Beschluss vom 19. Februar 2016 hingewiesen hatte.
44(2)
45Unabhängig von vorstehenden Erwägungen scheidet ein Entschädigungsanspruch für den Zeitraum von Juli 2013 bis November 2014 aber auch deshalb aus, weil eine Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne von § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG bereits erfolgt ist, die gem. § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ausreicht.
46Auch wenn die Kostenfestsetzungsanträge des Klägers – wie dargelegt - bereits seit Juli 2013 ohne Grund nicht bearbeitet worden sind, so ist aus den bereits angeführten Gründen zu konstatieren, dass der Kläger dem Verfahren bis zur Erhebung seiner ersten Verzögerungsrüge am 28. September 2014 keine besondere Bedeutung beigemessen hat, weil er bis zu diesem Zeitpunkt weder eine Sachstandsanfrage angebracht noch sonst Erkundigungen zur Bearbeitung seiner Anträge vorgenommen hat. Zwar oblagen dem Kläger keine Hinweispflichten gegenüber dem Gericht; aus der Passivität lässt sich aber ein Rückschluss auf die (bis dahin) fehlende Bedeutung und damit das Ausreichen einer Wiedergutmachung durch bloße Feststellung ziehen (vgl. Reiter, a.a.O.). Wenn – wie der Kläger im Prozesskostenhilfeverfahren angeführt hat – die bis dahin ausgebliebene Festsetzung eines Betrages von 83,40 € seine Lebensführung fühlbar beeinträchtigt hätte, wäre zu erwarten gewesen, dass er nicht länger als 2 Jahre zuwartet, um sich - erstmals mittels einer Verzögerungsrüge - nach dem Verfahrensstand zu erkundigen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger nicht unmittelbar mit Eingang der Verzögerungsrüge eine abschließende Bearbeitung erwarten konnte, diese vielmehr realistisch nach gerichtsinterner Klärung des Vorgangs spätestens im November 2014 anzunehmen war, ist bis zum Erhalt der (inhaltlich fehlerhaften) Mitteilung vom 05. November 2014 eine Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend.
47Eine solche Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne von § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG ist vorliegend in zweierlei Hinsicht erfolgt. Zum einen hat der Präsident des Amtsgerichts F sich im Schreiben vom 23. Dezember 2014 für die bis dahin eingetretene Verzögerung ausdrücklich entschuldigt. Zum anderen hat der Senat im Prozesskostenhilfebeschluss vom 19. Februar 2016 die unangemessene Verfahrensdauer für den Zeitraum von Juli 2013 bis November 2014 festgestellt. Auch wenn es sich insoweit nicht um einen förmlichen Feststellungsauspruch im kontradiktorischen Verfahren handelt, ist für den Senat ein Rechtsschutzinteresse für eine (erneute) Feststellung, mit der der Kläger sich ausweislich der auf eigene Kosten erhobenen weitergehenden Klage nicht begnügt, nicht gegeben, weshalb vorliegend kein Raum für einen solchen – gem. § 198 Abs. 4 Satz 2 GVG auch ohne Antrag möglichen – Ausspruch besteht.
48(3)
49Der Kläger hat nach der gesetzlichen Vermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG Nachteile nichtvermögenrechtlicher Art im Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015 erlitten. Für diesen Zeitraum ist die Vermutung nicht widerlegt. Dafür steht ihm eine Entschädigung zu, die der Senat abweichend von der in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG vorgesehenen Regelentschädigung von 1.200 € pro Jahr hier auf der Grundlage des § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG aus Billigkeitsgründen auf 600 € bemisst.
50(a)
51Nach Anbringung der Verzögerungsrüge vom 28. September 2014 konnte und durfte der Kläger erwarten, dass nunmehr die angemahnte und seit langem überfällige Bearbeitung seiner Kostenfestsetzungsanträge unverzüglich erfolgen und – unter Berücksichtigung einer zuzubilligenden angemessenen Bearbeitungszeit – jedenfalls bis spätestens Ende November 2014 abgeschlossen sein wird.
52Stattdessen erhielt er am 05. November 2014 zunächst die unrichtige Nachricht, das Kostenfestsetzungsverfahren sei seit langem abgeschlossen. Auch nachdem dieser Fehler auf Reklamation des Klägers festgestellt und mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 nebst Entschuldigung eine unverzügliche Bearbeitung angekündigt worden war, hat es nahezu ein weiteres Jahr gedauert und zwei weitere Verzögerungsrügen gebraucht, bevor die Ankündigung umgesetzt war.
53Damit ist für die Zeit ab Dezember 2014 zum einen die Vermutung eines immateriellen Nachteils nicht (mehr) widerlegt und zum anderen auch die bloße Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer für eine Wiedergutmachung nicht (mehr) ausreichend. Denn bei dieser Sachlage musste sich auch für einen unbefangenen Beobachter der Eindruck aufdrängen, dass die Anträge des Klägers nicht ernst genommen werden, die Entschuldigung ein bloßes Lippenbekenntnis war und eine Bearbeitung trotz anderslautender Bekundungen auch weiterhin grundlos verweigert wird. Der damit verbundene und erst mit Erhalt des Schreibens vom 05. November 2014 verursachte erhebliche Ärger, der durchaus als seelische Unbill eingeordnet werden kann, ist ohne weiteres nachvollziehbar.
54(b)
55Abweichend von der in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG vorgesehenen Regelentschädigung von 1.200 € pro Jahr bemisst der Senat die angemessene Entschädigung auf der Grundlage des § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG aus Billigkeitsgründen auf 600 €. Dabei hat der Senat sich von folgenden Erwägungen leiten lassen:
56Der Regelentschädigung steht nicht von vornherein entgegen, dass damit der Wert der Kostenforderung, die Gegenstand des überlangen Kostenfestsetzungsverfahrens war, um ein Vielfaches überschritten würde. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 26.02.2015 – 5 C 5/14 D -, Rn. 55, zitiert nach juris).
57Andererseits können ein außergewöhnlich geringes wirtschaftliches Interesse am Ausgang des überlang dauernden Verfahrens und auch eine geringe Bedeutung durchaus berücksichtigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2015 – B 10 ÜG 11/13, Rn. 39; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.02.2013 – OVG 3 A 11.12 – Rn. 40, juris). Schließlich ist auch in der Rechtsprechung des EGMR, die Anlass für den Erlass des ÜGRG war, anerkannt, dass die Geringfügigkeit des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Betrages dazu führen kann, dass eine nach Art. 34 EMRK wegen überlanger Verfahrensdauer erhobene Individualbeschwerde gem. Art. 35 Abs. 3 lit. b) EMRK für unzulässig erklärt werden kann (vgl. EGMR, Entscheidung vom 03.11.2010 – 12977/09, 15856/09, 15890/09, 15892/09, 16119/09 -, Rn. 59 ff., juris).
58Auch wenn die seit Dezember 2014 zu verzeichnenden Verzögerungen schwer nachvollziehbar sind und auf ein erhebliches Organisationsdefizit im Rahmen der Aktenbearbeitung hindeuten, ändert das nichts daran, dass die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger äußerst gering war und blieb und deshalb eine deutlich unterhalb des vom Gesetzgeber in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG zu Grunde gelegten Regelfalls anzunehmende Konstellation vorliegt. Bei Abwägung aller maßgeblichen Umstände entspricht nach Auffassung des Senats im Ergebnis eine Herabsetzung der Entschädigung um 50 % der Billigkeit.
59ff.
60Die Voraussetzungen für die vom Kläger erwogene kumulative Feststellung gem. § 198 Abs. 4 Satz 3 GVG liegen bei dieser Sachlage mangels eines schwerwiegenden Falles ersichtlich nicht vor.
61b.
62Die Zinsentscheidung folgt aus den §§ 288, 291 BGB.
633.
64Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Voraussetzungen des § 201 Abs. 4 GVG liegen nicht vor. Denn die teilweise Klageabweisung ist nicht deshalb erfolgt, weil der Senat eine für ausreichend befundene Feststellung im Klageverfahren ausgesprochen hat. Eine solche Feststellung ist durch den Senat nicht erfolgt. Vielmehr ist der Kläger mit seiner Vorstellung zum Entschädigungsbetrag nicht durchgedrungen, weshalb gem. § 201 Abs. 2 S. 1 GVG die Regelung des § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO einschlägig ist (vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2013 – III ZR 376/12 – Rn. 50, juris).
65Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
664.
67Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe dafür gem. §§ 201 Abs. 2 GVG, 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht ersichtlich sind.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Urteil, 10. Aug. 2016 - 11 EK 5/15
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Oberlandesgericht Hamm Urteil, 10. Aug. 2016 - 11 EK 5/15 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer.
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Im Ausgangsverfahren, dessen Überlänge der Kläger rügt, stand der Anspruch auf Förderung seiner ganztägigen Betreuung in einer Kindestageseinrichtung für August und September 2008 im Streit. Die Mutter des Klägers befand sich nach der Geburt ihres zweiten Kindes am 12. Juli 2008 bis zum 6. September 2008 in Mutterschutz, anschließend in Elternzeit. Mit Rücksicht darauf hatte die Stadt Neubrandenburg die ursprünglich bewilligte Ganztagsförderung mit Wirkung zum 1. August 2008 aufgehoben und dem Kläger für die Monate August und September 2008 nur noch einen Anspruch auf Teilzeitförderung zuerkannt. Mit der nach erfolglosem Widerspruchsverfahren am 21. Dezember 2008 beim Verwaltungsgericht erhobenen Klage verfolgte der Kläger, vertreten durch seine Eltern, den Anspruch auf Ganztagsförderung weiter. Die Differenz zwischen dem Elternbeitrag und der Verpflegungspauschale für die beanspruchte Ganztags- und die bewilligte Teilzeitbetreuung in den streitgegenständlichen Monaten belief sich nach seinen Angaben auf 195,32 €. Das Verwaltungsgericht trug die Eltern des Klägers als Kläger ein.
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Mit Schreiben vom 29. Dezember 2008 fragte der Berichterstatter bei den Beteiligten an, ob sie mit einer Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter sowie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden seien. Mit am 20. Januar 2009 und 4. Februar 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsätzen erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise. Klagebegründung, Klageerwiderung, Replik, Duplik und Triplik lagen dem Verwaltungsgericht am 28. April 2009 vor. Von der ihr aufgrund der Verfügung des Berichterstatters vom 29. April 2009 gegebenen Gelegenheit zur Stellungnahme auf die Triplik des Klägers machte die Stadt Neubrandenburg keinen Gebrauch.
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In dem Zeitraum vom 29. April 2009 bis zum 30. August 2011 verfügte der Berichterstatter im Abstand von drei bzw. vier Monaten wiederholt die Wiedervorlage der Sache.
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Mit Schreiben vom 31. August 2011 wies der Berichterstatter die Eltern des Klägers darauf hin, dass der geltend gemachte Anspruch nicht ihnen, sondern dem Kläger selbst zustehen, der Rechtsstreit in der Hauptsache vor Klageerhebung erledigt gewesen und das Vorliegen der materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen zu verneinen sein dürfte. Er forderte die Eltern des Klägers auf, binnen drei Wochen mitzuteilen, ob eine verfahrensbeendende Erklärung abgegeben werde. Die Stellungnahme der Eltern des Klägers ging am 19. September 2011 beim Verwaltungsgericht ein.
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Mit Schreiben vom 29. September 2011 forderte der Berichterstatter den inzwischen anstelle seiner Eltern als Beteiligten erfassten Kläger auf mitzuteilen, ob an dem im Januar 2009 erklärten Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung festgehalten werde. Für die Beantwortung der Anfrage setzte er dem Kläger keine Frist. Aufgrund seiner Verfügung wurde ihm die Akte am 21. Oktober 2011 wiedervorgelegt. Das Antwortschreiben des Klägers ging nach zweimaliger Erinnerung am 9. November 2011 beim Verwaltungsgericht ein.
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Mit Beschluss vom 10. November 2011 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Die mündliche Verhandlung fand am 8. Dezember 2011 statt. Der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers erhob darin eine Verzögerungsrüge. Sodann beendeten die Beteiligten den Rechtsstreit durch Vergleich.
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Mit der am 4. Juni 2012 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Gewährung einer angemessenen Entschädigung und hilfsweise die Feststellung begehrt, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Er ist von einer sachlich nicht gerechtfertigten Verzögerung von mehr als zwei Jahren ausgegangen. Die Höhe der Entschädigung müsse sich am Regelbetrag orientieren.
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Mit Urteil vom 4. Juni 2013 hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Dauer des Verfahrens sei noch als angemessen zu bewerten. Hauptgrund hierfür sei, dass es lediglich um einen denkbar geringen Betrag gegangen sei. Dass der Kläger bzw. dessen Eltern nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen auf den Betrag von 195,32 € angewiesen gewesen seien, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Mehr als diese finanzielle Bedeutung habe das Verfahren von Anfang an für die Klägerseite nicht gehabt. Hinzu komme, dass sich die Verfahrensbeteiligten in der Zeit von Ende April 2009 bis Ende August 2011, als das Gericht die Sache nicht gefördert habe, ebenfalls vollkommen passiv verhalten hätten. Demgegenüber wiege die zugunsten des Klägers unterstellte grundsätzliche Bedeutung des Verfahrens nicht besonders schwer, weil die Beteiligten ihr selbst offenbar keine besondere Bedeutung beigemessen hätten. Dass das Verfahren, wovon zugunsten des Klägers auszugehen sei, keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgewiesen habe, rechtfertige keine andere Entscheidung.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 198 GVG. Das Oberverwaltungsgericht habe nicht zu seinen Lasten berücksichtigen dürfen, dass er nicht auf eine Beschleunigung des Verfahrens hingewirkt oder auch nur nach dem Sachstand gefragt habe, als das Verwaltungsgericht das Verfahren nicht betrieben bzw. gefördert habe. Soweit das Oberverwaltungsgericht erkennen lasse, dass bei einem Streit um einen - wie hier - geringen Geldbetrag eher eine längere, bei einem Streit um einen höheren Geldbetrag eher eine kürzere Verfahrensdauer als angemessen anzusehen sei, finde sich hierfür weder im Bundesrecht noch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Stütze. Angesichts der von der Stadt Neubrandenburg vertretenen Auffassung, während des Mutterschutzes sei eine tatsächliche Verhinderung der Mutter schwerlich anzunehmen, habe das Verfahren für ihn und seine Eltern auch eine erhebliche emotionale Bedeutung gehabt. Zudem sei es im Sinne eines Musterverfahrens für die Allgemeinheit von Bedeutung gewesen. Unter Berücksichtigung aller Umstände ergebe sich eine sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung von zwei Jahren und vier Monaten. Wegen der dargestellten Bedeutung des Verfahrens für ihn und die Allgemeinheit erscheine eine Wiedergutmachung anders als in Form einer Entschädigung nicht ausreichend. Die Höhe der Entschädigung dürfte sich an dem Regelbetrag des § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG zu orientieren haben und mit 2 800 € angemessen sein.
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Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend angenommen hat, der Kläger müsse sich bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer zu seinem Nachteil anrechnen lassen, dass er nicht auf eine Beschleunigung des Verfahrens hingewirkt oder auch nur nach dem Sachstand gefragt habe. Es erweist sich auch nicht im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die mit dem Hauptantrag verfolgte Entschädigungsklage ist zulässig (1.) und im tenorierten Umfang begründet (2.).
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1. Die Entschädigungsklage ist zulässig, obwohl der Kläger die begehrte Entschädigung für die erlittenen immateriellen Nachteile in seinem Antrag nicht beziffert (a) und die Sechsmonatsfrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10), nicht abgewartet hat (b).
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a) Der auf Gewährung einer angemessenen Entschädigung lautende Klageantrag ist hinreichend bestimmt.
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Das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags ist in § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO als bloße Sollvorschrift ausgestaltet. Ihm muss aber mit der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung (§ 103 Abs. 3 VwGO) genügt werden. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen materiellen Rechts und von den Umständen des Einzelfalles ab (BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 54). Wird im Verwaltungsprozess unmittelbar auf Leistung eines Geldbetrages geklagt, ist die Forderung grundsätzlich der Höhe nach im Klageantrag zu beziffern. Ein unbezifferter Klageantrag ist aber ausnahmsweise zulässig, wenn die Schwierigkeit, den Klageantrag hinreichend genau zu bestimmen, durch außerhalb der Klägersphäre liegende Umstände verursacht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. September 1989 - 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93 S. 60). Das gilt für die Klage auf Zahlung einer Entschädigung für immaterielle Nachteile nach den gemäß § 173 Satz 2 VwGO im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 GVG jedenfalls deshalb, weil sie eine Ermessensausübung des Gerichts nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG erfordert. Das Gericht hat danach stets von Amts wegen zu prüfen, ob der Pauschalbetrag gemäß § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG nach den Umständen des Einzelfalles unbillig und daher ein höherer oder niedrigerer Betrag festzusetzen ist. Um das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags in diesem Fall zu erfüllen, muss der Kläger die für die Bemessung der Höhe des Anspruchs erforderlichen Tatsachen benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Entschädigung (etwa einen Mindestbetrag) angeben (vgl. stRspr zu § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 287 ZPO, z.B. BGH, Urteile vom 24. September 1991 - VI ZR 60/91 - NJW 1992, 311 <312>; vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95 - BGHZ 132, 341 <350> und vom 10. Oktober 2002 - III ZR 205/01 - NJW 2002, 3769). Das hat der Kläger getan.
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Der Klagebegründung war hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der Kläger von einer unangemessenen Verfahrensdauer von mehr als zwei Jahren ausgegangen ist und eine sich am Regelbetrag orientierende Entschädigung begehrt hat. Dieses Vorbringen hat er in der Revisionsbegründung dahingehend konkretisiert, dass eine sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung von zwei Jahren und vier Monaten angenommen und eine Entschädigung von 2 800 € als angemessen angesehen werde. Damit hat der Kläger die geltend gemachte Forderung jedenfalls nach unten durch diesen Betrag begrenzt.
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b) Die Einhaltung der Wartefrist war nicht erforderlich.
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Nach § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG i.V.m. § 173 Satz 2 VwGO kann eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs. 1 GVG frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Dies gilt gemäß Art. 23 Satz 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 - ÜblVfRSchG - (BGBl. I S. 2302) auch für Verfahren, die - wie hier - bei dem Inkrafttreten des Gesetzes am 3. Dezember 2011 (vgl. Art. 24 ÜblVfRSchG) bereits anhängig waren. Die Einhaltung dieser Frist ist eine besondere Sachurteilsvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist. Eine vor Fristablauf erhobene Klage wird nach Ablauf der Frist nicht zulässig (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R - juris Rn. 19; BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - III ZR 228/13 - NJW 2014, 2588 Rn. 17 m.w.N.). Das Fristerfordernis des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG ist allerdings im Wege der teleologischen Reduktion dahin einzuschränken, dass es keine Anwendung findet, wenn das als verspätet gerügte Verfahren schon vor Ablauf der Sechsmonatsfrist abgeschlossen wurde.
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Die Befugnis der Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift steht den Gerichten unter anderem dann zu, wenn diese nach ihrer grammatikalischen Fassung Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll. In einem solchen Fall ist eine zu weit gefasste Regelung im Wege der sogenannten teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (BVerwG, Urteil vom 25. März 2014 - 5 C 13.13 - Buchholz 436.36 § 8 BAföG Nr. 14 Rn. 25 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.
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Die Vorschrift des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG bezieht sich ihrem Wortlaut nach auf alle Verfahren, in denen eine Verzögerungsrüge erhoben wird, ohne Rücksicht darauf, wann das Verfahren im Anschluss daran abgeschlossen wird. Dieser zu weit gefasste Wortlaut erfasst auch Fälle, die er nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht erfassen sollte. Nach der gesetzgeberischen Vorstellung, die insbesondere in der Gesetzesbegründung ihren Niederschlag gefunden hat (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 22), soll die Wartefrist der präventiven Funktion der Verzögerungsrüge Rechnung tragen und dem Gericht die Möglichkeit einräumen, auf eine Beschleunigung des Verfahrens hinzuwirken und dadurch (weiteren) Schaden zu vermeiden. Wird ein Verfahren vor Ablauf der Sechsmonatsfrist beendet, würde ein Abwarten insofern keinen Sinn mehr machen. Deshalb ist es geboten, die Bestimmung im Wege teleologischer Reduktion dahin einzuschränken, dass ihr Anwendungsbereich nicht eröffnet ist, wenn das Verfahren innerhalb von sechs Monaten nach Erhebung der Verzögerungsrüge beendet wird. In diesem Fall ist die Entschädigungsklage ausnahmsweise vom Moment des Verfahrensabschlusses an zulässig (vgl. BGH, Urteile vom 21. Mai 2014 - III ZR 355/13 - NJW 2014, 2443 Rn. 17 und vom 17. Juli 2014 - III ZR 228/13 - NJW 2014, 2588 Rn. 18 m.w.N.; Schenke, NVwZ 2012, 257 <261>). So verhält es sich hier. Das Verfahren ist in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 8. Dezember 2011, in der auch die Verzögerungsrüge erhoben wurde, durch Vergleich beendet worden.
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2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils in Höhe von 1 800 €.
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Der Anspruch folgt aus § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 GVG. Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Der durch eine unangemessene Verfahrensdauer eingetretene immaterielle Nachteil ist nach Maßgabe des § 198 Abs. 2 GVG zu entschädigen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Dauer des vom Kläger in Bezug genommenen Gerichtsverfahrens (a) war unangemessen (b). Hierdurch hat er einen immateriellen Nachteil erlitten, der nicht auf andere Weise wiedergutgemacht werden kann (c) und in Höhe von 1 800 € zu entschädigen ist (d).
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a) Gegenstand des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs ist das verwaltungsgerichtliche Verfahren im Ausgangsrechtsstreit vom Zeitpunkt der Erhebung der Klage am 21. Dezember 2008 bis zu dessen Beendigung durch den in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2011 geschlossenen Vergleich.
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Nach der Legaldefinition des § 198 Abs. 6 Nr. 1 Halbs. 1 GVG ist Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe. Der Begriff "Einleitung" erfasst alle Formen, mit denen ein Verfahren in Gang gesetzt werden kann, unabhängig davon, ob dies durch Antrag oder Klageerhebung geschieht oder ein Verfahren von Amts wegen eingeleitet wird (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 22). Mit rechtskräftigem Abschluss ist zum einen die formelle Rechtskraft einer Entscheidung gemeint (BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 19 und - 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 11). Zum anderen wird hiervon auch die anderweitige Erledigung des Verfahrens insbesondere durch Antrags- oder Klagerücknahme, Einstellung, Vergleich oder Erledigungserklärung erfasst (vgl. Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, A. § 198 GVG Rn. 54). Für Letzteres spricht insbesondere der systematische Rückschluss aus § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG. Diese Vorschrift stellt für den Beginn der Ausschlussfrist die Beendigung des Verfahrens durch rechtskräftige Entscheidung und die Beendigung des Verfahrens durch eine andere Erledigung gleichberechtigt nebeneinander.
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In Anwendung dieses Maßstabes erfasst der materielle Bezugsrahmen des von dem Kläger geltend gemachten Entschädigungsanspruchs die Gesamtdauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht.
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b) Die Dauer des Gerichtsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht war bei der gebotenen Gesamtabwägung im Umfang von einem Jahr und sechs Monaten unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG.
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Die Verfahrensdauer ist unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die aus konventions- und verfassungsrechtlichen Normen (Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - in der Fassung vom 22. Oktober 2010
, Art. 19 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist. Dabei ist vor allem auch zu prüfen, ob Verzögerungen, die durch die Verfahrensführung des Gerichts eingetreten sind, bei Berücksichtigung des den Ausgangsgerichten insoweit zukommenden Gestaltungsspielraums sachlich gerechtfertigt sind (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 18 m.w.N.).
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In Übereinstimmung mit dem darlegten rechtlichen Maßstab hat sich das Oberverwaltungsgericht bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer zwar zu Recht nicht von festen Zeitvorgaben oder abstrakten Orientierungs- bzw. Anhaltswerten leiten lassen, sondern eine Einzelfallprüfung vorgenommen (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 28 ff. und - 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 20 ff.; s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. August 2013 - 1 BvR 1067/12 - NJW 2013, 3630 <3631 f.>). Auch hat es zutreffend angenommen, das Verfahren habe keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgewiesen (aa) und nur eine geringe finanzielle Bedeutung für den Kläger gehabt (bb). Eine grundsätzliche Bedeutung kann dem Verfahren aufgrund der festgestellten Tatsachen daneben nicht zugesprochen werden (cc). Das angefochtene Urteil beruht aber insoweit auf einer Verletzung von Bundesrecht, als das Oberverwaltungsgericht dem Kläger angelastet hat, seinerseits nicht auf eine Beschleunigung hingearbeitet zu haben, als das Verwaltungsgericht das Verfahren nicht betrieben bzw. gefördert habe (dd). In die einzelfallbezogene Angemessenheitsprüfung ist hingegen einzustellen, dass der Kläger durch sein prozessuales Verhalten eine Verzögerung bewirkte (ee) und es durch die Verfahrensführung des Verwaltungsgerichts unter Berücksichtigung des ihm insoweit eingeräumten Gestaltungsspielraums zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Verzögerung von einem Jahr und sieben Monaten kam (ff). Bei der gebotenen Gesamtabwägung aller Umstände ergibt sich eine unangemessene Verfahrensdauer von einem Jahr und sechs Monaten (gg).
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aa) Die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, das Verfahren sei nicht tatsächlich oder rechtlich besonders schwierig gewesen, ist unter Berücksichtigung seiner hierzu getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden. Sie wird auch vom Kläger nicht angegriffen.
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Aus den festgestellten Tatsachen ist wertend zu folgern, dass der Sachverhalt überschaubar, einfach gelagert und zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig war. Die entscheidungserhebliche Frage, ob dem Kläger gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kindertagesförderungsgesetz - KiföG M-V) vom 1. April 2004 (GVOBl. M-V S. 146) nach der Geburt seiner Schwester für die Zeit des gesetzlichen Mutterschutzes nur noch ein Anspruch auf Förderung einer Teilzeitbetreuung oder weiterhin ein Anspruch auf Förderung einer ganztätigen Betreuung in einer Kindertagesstätte zustand, war für sich genommen nicht besonders komplex. Entsprechendes galt für die damit verbundene Frage, wer Inhaber des Anspruchs ist. Auch die Frage, ob der Rechtsstreit bereits vor Klageerhebung erledigt gewesen ist, war als Standardproblem eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens anzusehen. Dafür, dass es sich bei dem Ausgangsverfahren vor dem Verwaltungsgericht um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht allenfalls durchschnittlich schwierigen Fall gehandelt hat, spricht zudem, dass die Kammer des Verwaltungsgerichts den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO).
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bb) Das Oberverwaltungsgericht ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, das Verfahren habe für den Kläger nur eine finanzielle Bedeutung gehabt, die mit 195,32 € als äußerst gering zu bewerten sei.
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Für die Bewertung der finanziellen Bedeutung als gering hat sich das Oberverwaltungsgericht nicht allein auf die Höhe des streitgegenständlichen Betrages gestützt. Vielmehr hat es seine Einschätzung vor allem auch damit begründet, der Kläger habe weder vorgetragen noch sei ersichtlich, dass er bzw. dessen Eltern nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen auf den streitgegenständlichen Betrag angewiesen gewesen seien. Die geringe finanzielle Bedeutung hat es somit in Übereinstimmung mit dem aufgezeigten bundesrechtlichen Maßstab an die Umstände des konkreten Falles geknüpft. Mit Rücksicht darauf geht der Einwand des Klägers ins Leere, das Oberverwaltungsgericht habe sich bei der Beurteilung der Bedeutung des Verfahrens von einem festen abstrakten Rechtssatz des Inhalts leiten lassen, bei einem Streit um einen geringen Geldbetrag sei eher eine längere, bei einem Streit um einen höheren Geldbetrag eher eine kürzere Verfahrensdauer als angemessen anzusehen, wofür sich weder im Bundesrecht noch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Stütze finde.
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Soweit der Kläger im entschädigungsrechtlichen Revisionsverfahren geltend macht, das Verfahren habe für ihn und seine Eltern angesichts der von der Stadt Neubrandenburg vertretenen Auffassung, während des Mutterschutzes sei eine tatsächliche Verhinderung der Mutter schwerlich anzunehmen, (auch) eine erhebliche emotionale Bedeutung gehabt, findet dies in den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, gegen die Verfahrensrügen nicht erhoben wurden, keine Stütze.
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cc) Die vom Oberverwaltungsgericht lediglich unterstellte grundsätzliche Bedeutung ist zu verneinen. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen fehlt eine hinreichende tatsächliche Grundlage für die Annahme, dass das Verfahren als Musterprozess grundsätzlich bedeutsam war.
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Entgegen der Revisionsbegründung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt, dass die Stadt Neubrandenburg - wie vom Kläger behauptet - in einer größeren Zahl von Fällen eine zuvor bewilligte Ganztagsbetreuung für die Zeit des Mutterschutzes in eine Teilzeitbetreuung geändert hätte, sodass sich die Entscheidung auf eine größere Zahl von Verfahren oder die Verwaltungspraxis auswirken könnte. Eine Verfahrensrüge hat der Kläger insoweit nicht erhoben. Als Indiz für die fehlende grundsätzliche Bedeutung ist vielmehr der Umstand zu werten, dass das Verwaltungsgericht diese Behauptung nicht zum Anlass genommen hat, um von der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter nach § 6 Abs. 1 VwGO abzusehen. Denn diese soll - im Unterschied zu der auf dem Einverständnis der Beteiligten gründenden Übertragung auf den sogenannten konsentierten Einzelrichter nach § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2008 - 5 C 30.07 - BVerwGE 132, 10 Rn. 10 m.w.N.) - bei grundsätzlicher Bedeutung der Sache gerade nicht erfolgen.
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dd) Das Oberverwaltungsgericht hat das in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausdrücklich genannte Kriterium des "Verhaltens der Verfahrensbeteiligten" nicht richtig erfasst, soweit es angenommen hat, es gereiche dem Kläger zum Nachteil, nicht auf eine Beschleunigung hingewirkt oder zumindest nach dem Sachstand gefragt zu haben, als das Verwaltungsgericht das Verfahren nicht betrieben bzw. gefördert habe.
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In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die Verfahrensbeteiligten - abgesehen von der Obliegenheit zur Erhebung der Verzögerungsrüge - grundsätzlich nicht verpflichtet sind, aktiv (durch Aufforderungen) darauf hinzuarbeiten, dass das Gericht das Verfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss bringt. Mangels einer derartigen Pflicht kann ihnen eine diesbezügliche Passivität bei der im Rahmen der Ermittlung der angemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens erforderlichen Prüfung, ob die Verfahrensbeteiligten durch ihr Verhalten eine Verzögerung des Rechtsstreits bewirkt haben, nicht angelastet werden. Die Verpflichtung des Gerichts, das Verfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, ergibt sich unmittelbar aus der dem Staat obliegenden Justizgewährleistungspflicht, aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes und aus Art. 6 Abs. 1 EMRK (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 41). Von diesen Rechtssätzen weicht das angefochtene Urteil ab, soweit das Oberverwaltungsgericht seine Bewertung der Verfahrensdauer als noch angemessen entscheidungstragend darauf stützt, der Kläger habe sich in der Zeit, als das Gericht die Sache nicht gefördert habe, ebenfalls vollkommen passiv verhalten.
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ee) Im Hinblick auf das prozessuale Verhalten des Klägers ist allerdings ergänzend zu berücksichtigten, dass dieser durch sein Verhalten das Verfahren um etwa neunzehn Tage verzögert hat.
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Aus dem festgestellten Verfahrensablauf ist wertend zu folgern, dass dem Kläger in diesem Umfang die verspätete Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 29. September 2011 zuzurechnen ist. Zwar ist ihm für die erbetene Mitteilung, ob der im Januar 2009 erklärte Verzicht auf mündliche Verhandlung weiterhin Bestand habe, keine ausdrückliche Frist gesetzt worden. Entsprechend der von dem Berichterstatter verfügten Wiedervorlage durfte das Verwaltungsgericht davon ausgehen, dass der Kläger die Anfrage spätestens bis zum 21. Oktober 2011 beantwortet. Seine Antwort ist jedoch erst nach zweimaliger Erinnerung am 9. November 2011 und damit 19 Tage später als erwartet beim Verwaltungsgericht eingegangen.
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ff) Aus den zur Verfahrensführung getroffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist zu schließen, dass das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung des ihm insoweit zukommenden Gestaltungsspielraums das Verfahren vom Beginn des Monats Februar 2010 bis zum Ende des Monats August 2011, also für ein Jahr und sieben Monate, ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund nicht gefördert hat.
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Im Hinblick auf den Verfahrensgang hat das Oberverwaltungsgericht neben der Chronologie des Verfahrens festgestellt, dass das Verwaltungsgericht in der Zeit von Ende April 2009 bis Ende August 2011, also für zwei Jahre und vier Monate, keine Handlungen vorgenommen hat, um die Erledigung des Verfahrens zu fördern. Der festgestellten Chronologie ist bei wertender Betrachtung zu entnehmen, dass der Rechtsstreit mit der am 28. April 2009 eingegangenen Triplik des Klägers entscheidungsreif war. Der Sachverhalt war zu diesem Zeitpunkt in tatsächlicher Hinsicht ausreichend aufgearbeitet. Den Beteiligten war zu allen bis dahin vom Verwaltungsgericht für relevant gehaltenen Fragen in hinreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden. Dafür, dass auch das Verwaltungsgericht die Sache Ende April 2009 für "ausgeschrieben" hielt, spricht, dass es die Triplik des Klägers dem Beklagten lediglich mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zuleitete.
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Im vorliegenden Einzelfall erscheint es angemessen, dem Verwaltungsgericht für das konkrete erstinstanzliche Verfahren ab Entscheidungsreife einen (Gestaltungs-)Zeitraum von neun Monaten für seine Entscheidung zuzugestehen, wann und wie es das Verfahren im Sinne eines Hinwirkens auf eine Erledigung des Prozesses fördert.
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Der zugestandene Zeitraum trägt dem Umstand Rechnung, dass - auch vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gewährten richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) - die Verfahrensgestaltung in erster Linie dem mit der Sache befassten Gericht obliegt und ihm hinsichtlich der Entscheidung, wann und wie es eine bestimmte Sache in Abstimmung mit anderen bei ihm anhängigen Sachen terminiert oder sonst fördert, ein Spielraum zusteht. Er berücksichtigt weiter, dass das Gericht vor einer verfahrensfördernden Handlung oder Entscheidung zur Sache Zeit zur rechtlichen Durchdringung benötigt, um dem rechtsstaatlichen Anliegen zu genügen, eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes vorzunehmen. Der ab Eintritt der Entscheidungsreife zugestandene Zeitraum ist im Einzelfall in Relation zu den in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Kriterien zu bestimmen. Maßgeblich ist insoweit - genauso wie hinsichtlich der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG aufgeführten Umstände -, wie die Gerichte im Ausgangsverfahren die Lage aus ihrer Ex-ante-Sicht einschätzen durften. Hingegen ist eine Überlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder des konkreten Ausgangsgerichts bzw. Spruchkörpers für die Bemessung des richterlichen Gestaltungsspielraums ohne Belang. Sie gehört zu den strukturellen Mängeln, die sich der Staat zurechnen lassen muss und die er zu beseitigen hat (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 28 m.w.N.).
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Das Ende des gerichtlichen Gestaltungszeitraums wird durch den Zeitpunkt markiert, ab dem ein (weiteres) Zuwarten auf eine verfahrensfördernde Entscheidung bzw. Handlung des Gerichts im Hinblick auf die subjektive Rechtsposition des Betroffenen auf eine angemessene Verfahrensdauer nicht mehr vertretbar ist, weil sich die (weitere) Verzögerung bei Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles als sachlich nicht mehr gerechtfertigt und damit als unverhältnismäßig darstellt. Es ist nicht mit dem Zeitpunkt gleichzusetzen, bis zu dem in jedem Fall von einer "optimalen Verfahrensführung" des Gerichts auszugehen ist. Entschädigungsrechtlich relevant sind nur die nach Ablauf des Gestaltungszeitraums auf die Verfahrensführung des Gerichts zurückzuführenden Verzögerungen. Denn zur Begründung des Entschädigungsanspruchs reicht nicht jede Abweichung von der optimalen Verfahrensführung aus. Vielmehr setzt der Entschädigungsanspruch aus § 198 Abs. 1 GVG voraus, dass der Beteiligte durch die Länge des Gerichtsverfahrens in seinem Grund- und Menschenrecht auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit beeinträchtigt worden ist, was eine gewisse Schwere der Belastung erfordert (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 39 und - 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 31 m.w.N.).
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In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe ist bei der Bemessung des gerichtlichen Gestaltungsspielraums zu berücksichtigen, dass das Ausgangsverfahren allenfalls einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad aufwies, seine Bedeutung für den Kläger rein finanzieller Natur und diese als äußerst gering zu bewerten war sowie ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse an dem Rechtsstreit nicht festgestellt werden konnte. Angesichts dessen war die fehlende Bearbeitung bzw. Förderung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht für den Kläger ab Anfang Februar 2010 nicht mehr hinnehmbar. Das ergibt einen gerichtlichen Gestaltungszeitraum ab Entscheidungsreife von neun Monaten.
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gg) Die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht war bei der gebotenen Gesamtabwägung im Umfang von einem Jahr und sechs Monaten unangemessen.
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In die Gesamtabwägung sind alle festgestellten Umstände des Einzelfalles einzustellen und zu gewichten. Dabei ist insbesondere zu untersuchen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Verzögerung in einem Stadium des Verfahrens oder bei einzelnen Verfahrensabschnitten innerhalb einer anderen Phase des Verfahrens ausgeglichen wurde (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 17 und 44 m.w.N. und vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 30). Des Weiteren hat in die Prüfung einzufließen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Verletzung des Rechts auf angemessene Verfahrensdauer weder in den gerichtlichen noch in den Verantwortungsbereich des in Anspruch genommenen Rechtsträgers fällt, sondern den Verfahrensbeteiligten zuzurechnen ist.
- 48
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die auf die Verfahrensführung des Verwaltungsgerichts zurückzuführende sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung von einem Jahr und sieben Monaten mit Blick auf das säumige Verhalten des Klägers bei der Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 29. September 2011 um aufgerundet einen Monat zu reduzieren. Im Ergebnis ist somit auf eine unangemessene Verfahrensdauer von einem Jahr und sechs Monaten zu erkennen.
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c) Der Kläger hat durch die überlange Verfahrensdauer einen immateriellen Nachteil im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG erlitten, der nicht auf andere Weise wiedergutgemacht werden kann.
- 50
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Dass der Kläger Nachteile nichtvermögensrechtlicher Art erlitten hat, ergibt sich aus der Vermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG. Danach wird ein immaterieller Nachteil vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren - wie hier - unangemessen lange gedauert hat. Diese Vermutung ist hier nicht widerlegt.
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Entschädigung kann gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist. Eine Wiedergutmachung auf andere Weise ist gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Ob eine solche Feststellung ausreichend im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ist, beurteilt sich auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 34 m.w.N.).
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Eine schlichte Feststellungsentscheidung ist hier mit Blick auf den Umfang der Verzögerung des vom Schwierigkeitsgrad allenfalls durchschnittlich gelagerten Falles nicht ausreichend. Der Umstand, dass das Verfahren für den Kläger keine besondere Bedeutung im entschädigungsrechtlichen Sinne besaß, vermag das Gewicht des durch die Verzögerung von einem Jahr und sechs Monaten bedingten immateriellen Nachteils nicht entscheidend zu mindern.
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Der Beklagte kann sich zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht nicht mit Erfolg darauf berufen, die Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer sei zur Wiedergutmachung ausreichend, weil die Höhe der gesetzlichen Entschädigung den Streitwert des Ausgangsverfahrens um ein Vielfaches übersteige. Damit werden die anspruchsbegründenden Voraussetzungen, zu denen auch die Feststellung gehört, dass nach den Einzelfallumständen eine Wiedergutmachung auf andere Weise nicht ausreichend ist, in unzulässiger Weise mit der Höhe des Entschädigungsanspruchs vermischt.
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d) Der Entschädigungsbetrag beträgt 1 800 €.
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Die Bemessung der immateriellen Nachteile richtet sich nach § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG. Danach ist der immaterielle Nachteil in der Regel in Höhe von 1 200 € für jedes Jahr der Verzögerung zu entschädigen. Für Zeiträume unter einem Jahr lässt diese Regelung eine zeitanteilige Berechnung zu (BSG, Urteil vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75 Rn. 50 m.w.N.; vgl. auch BT-Drs. 17/3802 S. 20). Nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen, wenn der Betrag von 1 200 € nach den Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Eine derartige Billigkeitsentscheidung ist - entgegen der Ansicht des Beklagten - hier nicht deshalb veranlasst, weil der Gesamtbetrag der Entschädigung um ein Vielfaches höher liegt als der Streitwert des Ausgangsverfahrens.
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Damit werden Dinge miteinander verglichen, die nicht vergleichbar sind. Die Entschädigung betrifft den Ausgleich für die durch die Verfahrensverzögerung erlittenen immateriellen Nachteile wie beispielsweise psychische Belastungen, körperliche Beeinträchtigungen oder Rufschädigungen (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 19), während der Streitwert des Ausgangsverfahrens nach Maßgabe des § 52 Abs. 1 GKG angibt, welche (wirtschaftliche) Bedeutung dieses Verfahren für den Kläger hatte.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Bei einer wesentlichen Abweichung von der angegebenen Größenordnung (hier: 35,71 v.H.) ist eine teilweise Abweisung der Klage und eine dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechende Kostenteilung erforderlich (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 1966 - VI ZR 193/64 - BGHZ 45, 91 <93> und vom 18. Februar 1977 - I ZR 112/75 - GRUR 1977, 539 <542>). Hiernach waren die Kosten im Verhältnis des zuerkannten Betrages zu der vom Kläger angegebenen Größenordnung der geltend gemachten Entschädigung zwischen den Beteiligten zu verteilen.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
Tenor
I.
Der Beklagte hat 157,71 € als materiellen Schaden an den Kläger zu zahlen. Der Anspruch ist ab 1. Juni 2012 mit 5% Punkte über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
II.
Es wird festgestellt, dass die Dauer des Kostenfestsetzungsverfahren vor dem Sozialgericht München mit dem Aktenzeichen S 18 KR 593/93 unangemessen war.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV.
Der Kläger trägt 13/20 der Kosten des Verfahrens, der Beklagte 7/20.
V.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt erstinstanzlich beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) vom beklagten Freistaat (vertreten durch das Landesamt der Finanzen) Schadensersatz wegen eines überlangen Verfahrens der Kostenfestsetzung.
Dem Verfahren auf Kostenfestsetzung ist ein Hauptsacheverfahren mit einer Klage (S 18 Kr 593/93) aus dem Jahre 1989 vorausgegangen, mit welchem Beiträge zur privaten Krankenversicherung beantragt worden sind. Der Rechtsweg war gegeben, weil der Anspruch seinen Rechtsgrund in Vorschriften des SGB hatte (§ 257 Abs. 2 SGB V, § 405 RVO). Die anschließende Berufung endete mit Urteil vom 20. Oktober 2005. Eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG blieb erfolglos (
Der Prozessbevollmächtigte des Arbeitgebers, Rechtsanwalt A. von H, beantragte am 16.01.2006 in dem später gerügten Kostenfestsetzungsverfahren die Festsetzung von zunächst 510,40 € und später dann in Erweiterung wegen der Kosten bei dem BSG weitere 100,62 €. Auch dieses Verfahren wurde (als Beiakte) unter dem Aktenzeichen S 18 Kr 593/93 geführt. Der Kläger hatte das Fehlen einer wirksamen Prozessvollmacht vorgebracht. Die Partei sei dem amerikanischen Recht unterworfen und dort trage die obsiegende Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Auch die Forderung der Mehrwertsteuer ist in Zweifel gezogen worden, weil es sich um einen amerikanischen Auftraggeber gehandelt habe. Dieses Vorbringen ist später nochmals wiederholt worden (Schriftsatz vom 12.8.2010 des Rechtsanwalts F.).
Am 18.07.2007 wies der Kläger das SG darauf hin, dass das Kostenfestsetzungsverfahren bereits mehr als ein Jahr und sechs Monaten andauere. Gegen diese lange Verfahrensdauer bestünden erhebliche Bedenken, weil das Menschenrecht auf angemessene Verfahrensdauer aus Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nach der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR) auch im Kostenfestsetzungsverfahren zu verwirklichen sei. Vom SG wurde dem Kläger mitgeteilt, dass unter dem Aktenzeichen S 18 Kr 593/93 kein Vorgang feststellbar sei.
Am 2.8.2010 erinnerte Rechtsanwalt von H. an die Kostenfestsetzung. In diesem Zusammenhang ist entdeckt worden, dass nach Versetzung des den Antrag bearbeitenden Urkundsbeamten die Akte versehentlich weggelegt worden war. Aus dem Verfahren L 4 KR 2/03 wurde ein Schriftsatz an den EGMR
Mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 erfolgte dann die Kostenfestsetzung auf 540,62 € für den gesamten Rechtsweg, auch für die Verfahren beim Bayer. Landessozialgericht und wegen des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht. Zusätzlich war Verzinsung angeordnet (5% über dem Basiszinssatz ab 16.1.2006 bzw. ab 22.8.2007).
Die hiergegen gerichtete Erinnerung (Aktenzeichen: S 18 SF 908/10 E) wurde mit Beschluss vom 11. Januar 2011 zurückgewiesen. Beschwerde wurde zwar am 26.1.2011 beim SG eingelegt, jedoch am 27.1.2011 zurückgenommen.
Wegen des Verfahrens um den Krankenversicherungszuschuss (Aktenzeichen S 18 Kr 593/93) betrieb der Kläger ein Verfahren beim EGMR. Die Beschwerdeschrift hierzu ist beim EGMR unter der Nummer 23056/09 am 22.4.2009 eingetragen. Gegenstand dieses Verfahrens, Nr. 23056/09, das am 10. Juli 2012 mit Beschluss als unzulässig zurückgewiesen wurde, war die Überlänge des Verfahrens S 18 Kr 593/93 nebst Berufungsverfahren mit Urteil vom 20. Oktober 2005, Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des BSG
Der Kläger hat am 01.06.2012 (Eingang) beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) Klage gegen den Freistaat Bayern auf Entschädigung wegen unangemessen langer Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens vor dem Sozialgericht München (SG; Az. S 18 Kr 593/93) erhoben.
Der Beklagte hat in Schriftsätze vom 03.8.2012 und 21.3.2013 darauf hingewiesen, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe und unstatthaft sei. Am 5.12.2013 lehnte der Senat daraufhin den Prozesskostenhilfeantrag (PKH) ab, nachdem zuvor auf Anschreiben vom 20.08.2013 und 21.10.2013 zur Stellungnahme keine Reaktion erfolgt war. Darin ist um Ergänzungen zur Zulässigkeit im Sinne von Artikel 23 ÜGG gebeten worden; insbesondere ob ein Verfahren vor dem EGMR betreffend das Verfahren der Kostenfestsetzung stattgefunden habe oder noch anhängig sei.
Am 21.5.2014 hat der Kläger - neben einem Vertagungsantrag für die mündliche Verhandlung vom 23.5.2014 - vorgebracht, dass ihm wichtige schriftliche Unterlagen nicht zugänglich gewesen seien. Deswegen habe er auf die Frage, ob beim EMGR ein Verfahren anhängig gewesen sei, unverschuldet keine Antwort geben können.
Am 21.7.2014 hat der Kläger schließlich einen weiteren Antrag auf PKH und Beiordnung des Rechtsanwalts L. gestellt, den der Senat am 19.9.2014 ablehnte. Zur Begründung des Antrags ist die Beschwerdeschrift in polnischer Sprache vorgelegt worden, mit der die Klage beim EGMR
Am 22.1.2015 hat der Kläger einen weiteren Antrag auf PKH und Beiordnung des Rechtsanwalts L. gestellt. Am 10.2.2014 wurde auch dieser dritte Antrag abgelehnt.
Der Kläger stellt den Antrag,
den Beklagten zu verurteilen als materiellen Schaden € 583,14 nebst Zinsen zu zahlen und € 6.000,00 für immaterielle Schäden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der genannten Schriftsätze Bezug genommen sowie auf die beigezogenen Verfahrensakten S 18 KR 593/92 und S 18 SF 908/10 E.
Gründe
Die Entschädigungsklage ist zum Teil erfolgreich.
A.
Die Klage ist zulässig.
1. Die Vorschriften des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) und damit auch die §§ 198 ff GVG finden aufgrund der Übergangsregelung des Art. 23 S 1 ÜGG auch auf bei Inkrafttreten des ÜGG am 03.12.2011 (vgl. Art 24 ÜGG) abgeschlossene Verfahren Anwendung, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim EGMR ist (Art. 23 S. 1, 2. Alt., Variante 1 ÜGG). Zu diesen Voraussetzungen erfolgen unter 9 weitere Ausführungen.
2. Das LSG ist für die Entscheidung funktional und örtlich zuständig. In den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Angelegenheiten (vgl. § 51 SGG) ist gemäß § 201 Abs. 1 S. 1 GVG i. V. m. § 202 S. 2 SGG für Klagen auf Entschädigung nach § 198 GVG gegen ein Land das für dieses Land örtlich zuständige Landessozialgericht (hier gem. Art. 4 Abs. 1 AGSGG Bay das Bayer. Landessozialgericht) zuständig.
3. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird der Freistaat Bayern unbeschadet der §§ 7a bis 12 der Vertretungsverordnung durch das Landesamt für Finanzen - Dienststelle A-Stadt - als allgemeine Vertretungsbehörde vertreten (§ 7 S. 1 VertV).
4. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Ladung zur und der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2015 nicht mehr durch Rechtsanwalt L. vertreten. Eine Prozessvollmacht erlischt durch Widerruf des Vollmachtgebers, der auch durch schlüssige Handlungen erfolgen kann (§§ 168 S 3, 167 Abs. 1 BGB; Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 86 ZPO, Rn. 2). Dies ergibt eine Auslegung der Schriftsätze und des Verhaltens des Klägers. Nach Verlegung zweier Verhandlungen und einer dritten Ladung an den Bevollmächtigten zur mündlichen Verhandlung ist am 27.8.2015 ein Schriftsatz eingegangen, in dem der Kläger unmittelbar mitteilte, dass Rechtsanwalt L. seine berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt vor einigen Wochen eingestellt habe und um Verlegung des Termins gebeten werde. In einem späteren Schreiben vom 27.11.2015 erläuterte der Kläger dann, dass Rechtsanwalt L. ihm dies so erklärt habe. Mit weiterem Schreiben des Klägers vom 3.11.2015 wurde (im Anlageschreiben) von einem anderen Rechtsanwalt mitgeteilt, dass Rechtsanwalt L. dauerhaft in Spanien lebe und gebeten habe, etwa eingehende Post als Zustellungsbevollmächtigter entgegenzunehmen. Mit einem Schreiben vom 27.10.2015 erklärte der Kläger, er könne sich keinen anderen Rechtsanwalt nehmen, weil er kein Geld dazu habe. Vorausgegangen waren die konkrete Frage des Gerichts, ob Rechtsanwalt L. den Kläger noch vertrete, und ein schriftlicher Hinweis des Senats vom 30.1.2015 an den Kläger, dass er seine Vertretung selbst sicherzustellen habe.
5. Die beziffert erhobene Klage ist gemäß § 54 Abs. 5 als allgemeine Leistungsklage zulässig. Insoweit kann die Verurteilung zur Zahlung eines bestimmten Betrages oder zur Leistung dem Grunde nach verlangt werden (vergleiche Böttiger in: Breitkreuz/Fichte, SGG Kommentar § 54).
6. Nach Art. 23 S. 6 ÜGG konnte die Klage nach § 198 Abs. 1 GVG zur Durchsetzung eines Anspruchs bei abgeschlossenen Verfahren in „Altfällen“, bei Inkrafttreten des ÜGG nicht mehr anhängigen Gerichtsverfahren, sofort erhoben werden, sie musste jedoch spätestens am 3.6.2012 erhoben werden. Diese Frist hat der Kläger mit seiner am 1.6.2012 erhobenen Klage gewahrt.
7. Die Klage ist zulässigerweise auch auf Entschädigung wegen eines Verfahrens der Kostenfestsetzung gerichtet. Gerichtsverfahren i. S. d. Regelungen in §§ 198 ff. GVG ist jedes gerichtliche Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss, § 198 Abs. 6 GVG. Umfasst sind dabei u. a. namentlich die Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Unter dem Regime der Neuregelungen stehen aber auch Verfahren über Kostengrund- oder Kostenfestsetzungsanträge (Schafhausen/Plagemann, Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, 4. Auflage 2013, § 43 Klage und Berufung; so auch Steinbeiß-Winkelmann/Ott: Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren § 198 Rn. 54, Schreiber in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 202, Rn. 12). Ein Kostenfestsetzungs- und anschließendes Erinnerungsverfahren ist nur noch nach einer Mindermeinung (LSG Niedersachsen-Bremen,
8. Nach § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG hat der Kläger die Aktivlegitimation, eine Entschädigungsklage zu betreiben (hierzu BT-Drucks 17/3802, S 23). Danach ist Verfahrensbeteiligter iS von § 198 GVG jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens. Insofern weist das Kostenfestsetzungsverfahren im Sinne von § 197 SGG zwar die Besonderheit auf, dass die Parteien des vorangegangenen Hauptsacheverfahrens, sowie auch deren Bevollmächtigte antragsberechtigt sind (vgl. dazu Münker in Hauck/Behrend, SGG, § 197 RdNr. 4, Stand Einzelkommentierung Dezember 2011). Der Kläger war Partei in der Hauptsache und jetzt Kostenschuldner des Bevollmächtigten des ehemaligen Prozessgegners und damit Beteiligter eines Gerichtsverfahrens. Denn die Zivilprozessordnung (§ 104 ZPO) wie auch § 197 SGG eröffnet dem Kostengläubiger einen Weg, seinen prozessualen Kostenerstattungsanspruch aus der Kostengrundentscheidung betragsmäßig in einem vollstreckbaren Titel festsetzen zu lassen. Vor der Entscheidung hat aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz eines fairen Verfahrens der Rechtspfleger/Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dem Antragsgegner rechtliches Gehör zu gewähren. Deshalb ist diesem eine Mehrfertigung des Kostenfestsetzungsantrags samt Kostenrechnung zu übersenden und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Kläger ist demzufolge nicht unmittelbar Beteiligter des Kostenfestsetzungsverfahrens. Er ist aber zu hören und der Beschluss ist ihm im Erfolgsfalle zuzustellen.
9. Bei Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 war das Verfahren der Kostenfestsetzung nicht mehr bei deutschen Gerichten anhängig. Die Kostenfestsetzung war mit Beschluss vom 12. Oktober 2010, die Erinnerung, S 18 SF 908/10 E, mit Beschluss vom 11. Januar 2011 erledigt. Eine Beschwerde an das LSG gegen die Entscheidung des SG über die Erinnerung ist nämlich nicht statthaft (§ 197 Abs. 2 SGG), die Entscheidung des SG im Erinnerungsverfahren ist unanfechtbar (vgl. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg
So bestehen die beiden Möglichkeiten nach dem Übergangsrecht nicht, die sich auf bei deutschen Gerichten bereits anhängige Verfahren beziehen (Art. 23 S. 1, 1. Alt. ÜGG) bzw. die noch Gegenstand einer Beschwerde beim EGMR werden können (Art. 23 S. 1, 1. Alt., Variante 2, ÜGG). Gemäß Artikel 35 EMRK besteht binnen 6 Monaten Gelegenheit, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen. Diese Möglichkeit war schon nach dem 13.7.2011 (Zustellung des Beschlusses vom 11.1.2011 über die Erinnerung am 12.1.2011) nicht mehr gegeben.
Nach Ansicht des Senats handelt es sich hier aber um einen Übergangsfall eines abgeschlossenen Verfahrens, dessen Dauer bei Inkrafttreten des ÜGG Gegenstand einer anhängigen Beschwerde beim EGMR war (Art. 23 S. 1, 2. Alt., Variante 1, ÜGG).
Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Die Überlänge des Verfahrens der Kostenfestsetzung war - aus der Sicht Entschädigungsklagen nach deutschem Recht gem. § 198 Abs. 6 Nr.1 GVG - nicht unmittelbar Gegenstand des Verfahrens mit der Nr. 23056/09, das wegen der Überlänge eines Erkenntnisverfahrens eingeleitet war. In der Beschwerdeschrift in polnischer Sprache vom 20.4.2009 wird zwar im 22. Absatz (Gesamtumfang 34 Absätze) bemängelt, dass das Verfahren der Kostenfestsetzung bereits drei Jahre und drei Monate beim SG liege. In der Teilentscheidung des EGMR
Wie schon angeführt, sieht die Regelung des deutschen Gesetzgebers gemäß § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG eine getrennte Geltendmachung von Verfahrensarten (der Hauptsache und damit zusammenhängender Verfahren der Kostenfestsetzung) vor. Nach der Verfahrensordnung für den EMRG ist ein präziser Begriff des Streitgegenstandes und von Klageänderungen nicht vorhanden. Es fehlen Regeln wie in § 198 Abs. 6 GVG zur Definition von Gerichtsverfahren, deren Dauer zur Entschädigung führen können. Allerdings hat die Spruchtätigkeit des EGMR hinsichtlich des Rechts auf zügiges Verfahren einen sehr weit gezogen Begriff der Verfahrensdauer entwickelt, soweit es die Rechtsfolge der Entschädigung selbst betrifft (vgl. EGMR
In europarechtsfreundlicher Auslegung und unter Annahme einer Möglichkeit der Klageänderung ist der Senat jetzt der Ansicht, dass das Kostenfestsetzungsverfahren ein zu berücksichtigender Teil des Klageverfahrens beim EGMR Nr. 23056/09 gewesen war. Das nationale Recht beinhaltet für das Kostenfestsetzungsverfahren zwar eine eigenständige, von der EMRK unabhängige Regelung. Es geht von einer eigenständigen verfahrensrechtlichen Bedeutung des Verfahrens der Kostenfestsetzung aus (§ 198 Nr. 1 GVG). Zur Wahrung der Übergangsvorschrift hätte der Kläger damit aber ein unzulässiges Klageverfahren beim EGMR wegen eines Teiles des Verfahrens (Kostenfestsetzung) ab Januar 2011 anhängig machen müssen. Nur die vom Senat eingenommene (europafreundliche) Auslegung löst die Widersprüche zwischen dem nationalen Recht und der Verfahrensordnung des EGMR auf und schließt den Kläger auch nicht vom nationalen Rechtsschutz aus (Art 19 Abs. 4 GG).
Es kann ihm - angesichts der für Zivilverfahren bzw. auch sozialgerichtliche Verfahren geltenden Dispositionsmaxime - auch nicht entgegengehalten werden, dass er seine Entschädigungsklage nicht auf den gesamten Rechtstreit S 18 Kr 593/93, sondern nur auf einen Teil desselben gerichtet hat.
B.
Die damit zulässige Klage ist nur zT begründet.
1. Einer Verzögerungsrüge bedurfte es nicht. Die Verzögerungsrüge ist als materielle Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs konzipiert und nicht als Zulässigkeitskriterium für dessen prozessuale Geltendmachung (BSG B v 27.6.2013, Aktenzeichen: B 10 ÜG 9/13 B, 27 m. w. N., vgl. dazu Begründung zum Gesetzentwurf BT-Drucks 17/3802 S 20, 27).
Auf abgeschlossene Verfahren gemäß Art. 23 Satz 1 ist § 198 Abs. 3 und 5 des GVG nicht anzuwenden (Art. 23 S. 5 ÜGG). Dies war hier aber der Fall, nachdem bereits im Januar 2011 kein Verfahren der Kostenfestsetzung mehr anhängig war. Auch als Teil des gesamten Verfahrens S 18 Kr 593/93 gesehen gilt dies, da das genannte Verfahren im Oktober 2008 noch früher beendet war.
2. Der Klägerin steht damit ein auf § 198 GVG gestützter Anspruch dem Grunde nach zu, weil die materiell-rechtlichen Vorschriften des ÜGG als Anspruchsgrundlage für das Verfahren S 18 Kr 593/93 gelten.
Der Kläger hat infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erlitten. Für seinen materiellen Schaden ist er gemäß § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG angemessen zu entschädigen.
3. Ein Kostenfestsetzungsverfahren kann innerhalb weniger Monate beendet werden. Hier waren lediglich Rahmengebühren festzustellen und zu prüfen, ob die behauptete Vergütung angemessen war. Die Bearbeitung selbst hat tatsächlich auch nur kurze Zeit gedauert. Mit einer Dauer von Januar 2006 bis Oktober 2010, mithin über 4 Jahre, war das Verfahren der Kostenfestsetzung beim SG München offensichtlich überlang. Selbst wenn dieser Einzelfall nicht besonders bedeutend war und keine Schwierigkeit aufwies, bestand keine Veranlassung, ihn so lange zurückzustellen.
Dies gilt aber nicht für das Verfahren der Erinnerung. Die am 15.11.2010 eingelegte Erinnerung wurde bereits mit Beschluss vom 11. Januar 2011 zurückgewiesen.
4. a) Der materielle Schaden des Klägers besteht nicht in der Verpflichtung, dem gegnerischen Anwalt Gebühren entrichten zu müssen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der Kostengrundentscheidung des Urteils im zugrundeliegenden Verfahren. Die Richtigkeit der Entscheidung in dem durch die Entschädigungsklage in Bezug genommen Verfahren wird nicht zur erneuten Entscheidung gestellt. Ebenso wenig sind Anwaltskosten für das Erinnerungsverfahren ein Schaden. Denn diese dienten nicht der Geltendmachung der Verzögerung, sondern der Abwehr gegen die Kostenfestsetzung als solcher. Als materielle Nachteile kommen nur Wertminderungen und Rechtsverluste wegen des Zeitablaufs, Kostenerhöhungen im Ausgangsverfahren aufgrund der Verzögerung und notwendige RA-Kosten für die vorprozessuale Verfolgung des Entschädigungsanspruchs in Betracht (Steinbeiß-Winkelmann/Ott Rn. 146; Schenke NVwZ 2012, 257; Heine MDR 2012, 327, Lückemann in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 198 GVG, Rn. 7).
Durch die Verzögerung des Verfahrens ist aber die Zinslast höher ausgefallen, als sonst (wobei eine „normale“ Bearbeitungszeit noch in Abschlag gebracht werden muss). Der geltend gemachte Betrag von 157,71 € entspricht der Zinslast aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss. Dort wurden ab 16.1.2006 für das Berufungsverfahren 420 € und für das Beschwerdeverfahren beim BSG
4 b) Auf die Verzinsung der zugesprochenen Summe von 157,71 € besteht ein Anspruch (Urteil des BSG
Die Berechnung erfolgt in entsprechender Anwendung der § 288 Abs. 1, § 291 S 1 BGB über die beantragten Prozesszinsen (5%-Punkte über dem Basiszinssatz) ab Rechtshängigkeit (Klageerhebung, vgl. § 94 SGG).
5. Hinsichtlich des immateriellen Schadens muss sich der Kläger mit einer Feststellung begnügen.
§ 198 Abs.2 GVG normiert entsprechend der Rechtsprechung des EGMR (NJW 2007, 1259) eine widerlegbare Vermutung, dass eine überlange Verfahrensdauer bei Verfahrensbeteiligten immaterielle Nachteile bewirkt, z. B. eine über die bei einem anhängigen Prozess übliche Ungewissheit hinausgehende psychische Belastung oder eine Rufschädigung. Der Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit soll u. a. gerade eine lange Unsicherheit des Entschädigungsklägers über seine Ansprüche und die damit verbundenen seelischen Folgen (vgl. Gesetzentwurf BT-Drucks 17/3802, S 19, Urteil des BSG
Dennoch kann nach § 198 Abs.2 S 2 GVG keine Entschädigung beansprucht werden, wenn eine Wiedergutmachung auf andere Weise nach § 198 Abs. 4 GVG ausreicht.
Das hier involvierte Verfahren war ungebührlich lang und die Verfahrensdauer durch nichts zu entschuldigen.
Die Kostenfestsetzung hat hier keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgewiesen. Diese hatte sich im Wesentlichen mit Routinefragen zu beschäftigen. Das Verhalten der Beteiligten ist aber auch unter dem Blickwinkel ihrer Mitwirkungsobliegenheiten und letztlich unter dem Aspekt des verbotenen Selbstwiderspruchs (venire contra factum proprium) zu würdigen (Michael Fock, Dr. Tilman Breitkreuz, Dr. Frank Schreiber in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 202, Rn. 21). Der Kläger hat tatsächlich auch Mahnversuche unternommen (Schriftwechsel 2007 und 2010). Allerdings hat er aber auch nur in einem Schriftsatz an den EMRG vom 5.5.2010 und nicht an das SG das Verfahren der Kostenfestsetzung thematisiert. Denn er wiederholt die Begründung des BSG, dass Kosten die der Kläger zu tragen habe im Kostenfestsetzungsverfahren festgestellt werden würden und insoweit auch die Bevollmächtigung des Rechtsanwalts des Prozessgegners zu prüfen sei. Dieser Umstand, dass er sonst nie eine Entscheidung gefordert habe, kann dem Kläger aber in nicht entgegengehalten werden. Denn das Erfordernis der Verzögerungsrüge war damals noch nicht Gesetz. Es lässt allerdings Schlussfolgerungen auf die geringe Bedeutung der Sache zu, die der Kläger selbst der Kostenfestsetzung beigemessen hat. Wichtig war für den Kläger vielmehr ein Aspekt aus der Hauptsache, nämlich die Zulässigkeit der Bevollmächtigung des Rechtsanwalts A. von H., Wobei materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch im Verfahren der Kostenfestsetzung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind.
Abzustellen hat das Gericht bei der Bedeutung der Sache aber nicht nur auf die Sichtweise der Beteiligten, sondern auf die tatsächliche konkrete Bedeutung des Verfahrens in Relation zu den anderen zu bearbeitenden Rechtsschutzbegehren (Michael Fock, Dr. Tilman Breitkreuz, Dr. Frank Schreiber in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 202, Rn. 24).
Die Verfahrensart der Kostenfestsetzung unterscheidet sich erheblich von einem Erkenntnisverfahren. Die maßgeblichen Umstände des Rechtsverhältnisses der Beteiligten sind bereits im Verfahren der Hauptsache festgesetzt, insbesondere die Kostengrundentscheidung, die im gerichtskostenfreien Verfahren ohnehin nur Bedeutung für die außergerichtlichen Kosten hat. Es geht damit letztlich um die ohnehin dem Grunde nach zu entrichtenden Gebühren des gegnerischen Anwalts. Darüber entscheidet in einem Verfahren, ähnlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit, der Rechtspfleger bzw. im sozialgerichtlichen Verfahren der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. Dies erfolgt auch nicht mehr im gesamten Parteiverhältnis der Hauptsache, sondern für jeden Beteiligten durch gesonderten Beschluss (vgl. § 11 RVG in der Fassung vom 30.7.2009). Während der grobe Rahmen der Gebühren in wirtschaftlicher Sicht schon mit deren Fälligkeit feststeht, geht es im Verfahren der Kostenfestsetzung lediglich noch um deren präzise Höhe. Dabei ist jede Verzögerung von Nutzen für den Kostenschuldner. Der Kläger war während der Dauer des Verfahrens vor einer Vollstreckung durch den Prozessgegner geschützt. Bei objektiver Betrachtung dürfte sich dem Urkundsbeamten die Erforderlichkeit einer baldigen Kostenfestsetzung hinsichtlich der Interessenslage des Klägers nicht aufdrängen. Es ist nicht ersichtlich, dass durch eine zeitliche Verzögerung der Entscheidung dem Kläger ein immaterieller Nachteil mit der erforderlichen Schwere der Belastung zugefügt wird. Ganz anders stellte sich für den damaligen Antragsteller die Bedeutung der Kostenfestsetzung dar. Eine Bedrohung durch ein unwägbares Prozessgeschehen und eine persönliche Mitwirkung bei Verhandlungen ist in dem nahezu ausschließlich schriftlichen Verfahren der Kostenfestsetzung nicht zu befürchten. Er ist dort lediglich zu hören und der Beschluss ist ihm im Erfolgsfalle zuzustellen. Auch das BSG misst einem Verfahren der Kostenfestsetzung keine besondere Bedeutung zu. In seinem
Der Vortrag des Klägers, dass er eine Macht- und Hilflosigkeit, sowie eine Ungleichbehandlung der Parteien empfunden habe, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere trifft es auch nicht zu, dass er sich 5 Jahre lang vergebens darum bemüht habe, dass das Sozialgericht das geltende Recht anwende und von einem Eingriff in sein Vermögensrecht Abstand nehme. Insoweit wird auf die oben angestellte Darlegung der Mahnversuche des Klägers Bezug genommen.
Der Senat hält es daher im Ergebnis für angemessen, den vom Kläger erlittenen immateriellen Schaden mit einer Feststellung gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG zu entschädigen (vgl. dazu auch Urteile des entscheidenden Senats
6. Die weitergehende Klage war daher abzuweisen.
7. Der Kläger hat nur einen Teil der Verfahrenskosten zu tragen (§ 197a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 VwGO). Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Abweichend von dem wenig präzisen § 193 SGG knüpft die VwGO in den §§ 154 Abs. 1 und 2, 155 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2 VwGO stärker an den Ausgang des Rechtsstreits an (Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 197a, Rn. 8). Daher ist zu gewichten, welche Bedeutung der materielle Schaden hat und welche der immaterielle Schaden. Die Bezifferung der Leistungsklage stellt beides zunächst gleich. Aus dieser Sicht ist das Obsiegen des Klägers äußerst gering (beantragt waren 6.000 € + 583,14 €, zugesprochen 157,71; € 2,5% = 1/40). Weiter ist aber das Obsiegen hinsichtlich der bloßen Feststellung der Überlänge einzuschätzen. Die Feststellung bringt schon zum Ausdruck, dass die Sache von geringer Bedeutung ist. Dafür wäre die Hälfte der Kosten auch schon zu viel. Es wird lediglich dem Interesse des Klägers an einer gewissen Genugtuung Rechnung getragen. Das kann mit einem Drittel der Kosten „belohnt“ werden (13/40). Damit ergibt sich insgesamt eine Kostenentscheidung von 7/20 für Beklagte und 13/20 für den Kläger.
8. Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Juli 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
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Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
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Der Kläger macht gegen das beklagte Land einen Anspruch auf Entschädigung für immaterielle Nachteile wegen überlanger Dauer eines Arzthaftungsprozesses geltend.
- 2
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In dem noch nicht abgeschlossenen Ausgangsverfahren nimmt der Kläger mit seiner am 20. Dezember 2006 beim Landgericht eingereichten Klage einen Arzt auf Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 15.000 € sowie Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden im Zusammenhang mit einer am 29. April 2004 durchgeführten Knieoperation in Anspruch.
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Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschloss das Landgericht am 20. November 2007 die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Der beauftragte Sachverständige Dr. B. erstellte sein Gutachten unter dem 16. Dezember 2008 und ergänzte es mit Stellungnahme vom 18. Juni 2010 im Hinblick auf Fragen und Einwände des beklagten Arztes. Widersprüche zwischen dem gerichtlichen Gutachten und einem außergerichtlich erstellten Gutachten führten dazu, dass das Landgericht mit Beweisbeschluss vom 23. Dezember 2010 ein Obergutachten in Auftrag gab, dessen Fertigstellung der neue Sachverständige Prof. Dr. G. bis Ende März 2011 in Aussicht stellte.
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Auf Sachstandsanfrage des Landgerichts vom 23. Mai 2011 beanstandete der Sachverständige das Fehlen der dem Erstgutachter überlassenen Röntgenbilder, obwohl sich diese - wie sich später herausstellte - in der bereits am 26. Januar 2011 übersandten Gerichtsakte befanden. Für die folgenden sechs Monate sind keine prozessleitenden Anordnungen des Gerichts dokumentiert. Die Nachforschungen der Geschäftsstelle nach dem Verbleib der Röntgenbilder blieben erfolglos. Zudem ging das umfangreiche Post enthaltende Aktenretent verloren. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 teilte das Landgericht dem Sachverständigen Prof. Dr. G. mit, dass eine Nachfrage bei den Parteien und bei Dr. B. ergeben habe, dass Röntgenbilder dort nicht vorhanden seien, und bat ihn zugleich um erneute Prüfung, ob die Röntgenbilder seinerzeit mit der Gerichtsakte übersandt worden seien. Der Sachverständige reagierte nicht. Sachstandsanfragen des Klägers an das Landgericht vom 28. Februar, 25. Mai und 12. Juli 2012 blieben unbeantwortet. Mit Anwaltsschriftsatz vom 7. August 2012 erhob der Kläger "Verzögerungsrüge gemäß § 198 GVG". Nachdem das Landgericht den Sachverständigen daraufhin unter dem 22. Oktober 2012 um Rückgabe der Akten gebeten und diese Mitte November 2012 erhalten hatte, teilte es dem Kläger mit Schreiben vom 24. Januar 2013 mit, dass die vermissten Röntgenbilder in den Akten aufgefunden worden seien. Gleichzeitig übersandte es die Akten an den Sachverständigen Prof. Dr. G. mit der Bitte um bevorzugte Bearbeitung.
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Noch bevor der Sachverständige sein Gutachten unter dem 27. Mai 2013 erstellt hatte, reichte der Kläger am 14. März 2013 die vorliegende Entschädigungsklage beim Oberlandesgericht ein.
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Der Kläger hat geltend gemacht, das Verfahren sei bislang um sechs Jahre verzögert, weil der Rechtsstreit bereits seit dem Erstgutachten des Sachverständigen Dr. B. entscheidungsreif gewesen sei. Die ihm zustehende Entschädigung für immaterielle Nachteile betrage auf der Basis des gesetzlichen Regelsatzes 7.200 €.
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Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung für immaterielle Nachteile von 900 € verurteilt. Außerdem hat es festgestellt, dass die Verfahrensdauer über den bei der zugesprochenen Entschädigung bereits berücksichtigen Zeitraum hinaus bisher um weitere vier Monate unangemessen war. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
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Mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist, und zur Abweisung der Entschädigungsklage in vollem Umfang.
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I.
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Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
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Nach Art. 23 Satz 1 Halbsatz 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (im Folgenden: ÜGRG) vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) sei die Entschädigungsregelung der §§ 198 ff GVG auf den noch beim Landgericht anhängigen Rechtsstreit anwendbar. Die Entschädigungsklage sei als Teilklage zulässig und teilweise begründet. Das Ausgangsverfahren weise bislang eine unangemessene und irreparable Dauer von insgesamt 13 Monaten auf.
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In dem Zeitraum von Ende Mai 2011 bis Anfang Dezember 2011 liege eine Verzögerung von vier Monaten vor. Für die (erfolglosen) Nachforschungen bei den Parteien und dem Sachverständigen Dr. B. nach dem Verbleib der vermeintlich fehlenden Röntgenbilder habe das Landgericht rund sechs Monate benötigt, während der hierfür noch als vertretbar anzusehende Zeitrahmen mit zwei Monaten anzusetzen sei.
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Der nächste sachgerechte Verfahrensschritt sei mit der gerichtlichen Anfrage bei Prof. Dr. G. vom 7. Dezember 2011 erfolgt. Das Landgericht habe jedoch nicht für eine umgehende Erledigung der Bitte um nochmalige Durchsicht der Akten gesorgt. Vielmehr habe der Kammervorsitzende erst mehr als zehn Monate später und zweieinhalb Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge die Akten am 22. Oktober 2012 von Prof. Dr. G. zurückgefordert. Bei sachgerechtem Vorgehen hätte das Landgericht den Verbleib der Röntgenbilder bis Ende Januar 2012 klären können. Das Verfahren sei daher in diesem Abschnitt um weitere neun Monate verzögert worden.
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Für die Folgezeit sei keine weitere Verzögerung festzustellen. Das Landgericht habe sich um eine bevorzugte Erledigung des Gutachtenauftrags bemüht. Dementsprechend habe der Sachverständige das Gutachten bereits im Mai 2013 fertig gestellt.
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Die bisher eingetretene Verzögerung von insgesamt 13 Monaten könne bis zum Abschluss des landgerichtlichen Verfahrens nicht mehr kompensiert werden. Die voraussichtliche Gesamtdauer der ersten Instanz von fast sieben Jahren stelle sich bereits jetzt als unangemessen lang dar.
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Hinsichtlich der Verzögerung von vier Monaten, die bis zum Inkrafttreten der neuen Entschädigungsregelung am 3. Dezember 2011 erfolgt sei, sei ein Entschädigungsanspruch des Klägers jedoch ausgeschlossen, weil die Verzögerungsrüge nicht unverzüglich im Sinne von Art. 23 Satz 2 ÜGRG erhoben worden sei. Insoweit sei jedoch nach § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG die unangemessene Verzögerung des Verfahrens festzustellen.
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Für die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erfolgte Verzögerung von neun Monaten sei die regelmäßige Entschädigung von 100 € je Monat gemäß § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG zuzubilligen. Art. 23 Satz 3 ÜGRG stehe dem nicht entgegen. Denn diese Vorschrift sei dahin auszulegen, dass das Unterlassen einer unverzüglichen Erhebung der Verzögerungsrüge einen Entschädigungsanspruch nur wegen des Zeitraums ausschließe, der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liege. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs wahre die unverzüglich nachgeholte Verzögerungsrüge den Anspruch aus § 198 GVG so, als ob bereits zu dem in § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG festgelegten Zeitpunkt gerügt worden wäre (BT-Drucks. 17/3802 S. 31). Dann aber dürften dem Betroffenen auch umgekehrt aus der Unterlassung der unverzüglichen Rügeerhebung keine weitergehenden Nachteile entstehen, als sie ihm entstanden wären, wenn das Institut der Verzögerungsrüge des § 198 Abs. 3 GVG bereits früher - als sich das Ausgangsverfahren vor Inkrafttreten des Gesetzes verzögert oder zu verzögern gedroht habe - bestanden hätte. Im Hinblick auf den in § 198 Abs. 3 Satz 2 genannten Zeitpunkt ("Anlass zur Besorgnis, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird") sei jedoch die Verspätung der Rüge grundsätzlich unschädlich, da die Geduld eines Verfahrensbeteiligten nicht "bestraft" werden solle (BT-Drucks. 17/3802 S. 21).
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II.
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Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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1. Für den Zeitraum bis zur Erhebung der Verzögerungsrüge am 7. August 2012 steht dem Kläger kein Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 GVG zu, weil es an einer unverzüglichen Rüge nach Art. 23 Satz 2 ÜGRG fehlt und in diesem Fall vor dem Rügezeitpunkt liegende Entschädigungsansprüche nach Art. 23 Satz 3 ÜGRG präkludiert sind.
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a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die Entschädigungsregelung bei überlanger Verfahrensdauer (§§ 198 ff GVG) nach der Übergangsvorschrift des Art. 23 Satz 1 Halbsatz 1 ÜGRG auf den Streitfall Anwendung findet. Danach gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten am 3. Dezember 2011 (gemäß Art. 24 ÜGRG) bereits anhängig waren. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Das am 20. Dezember 2006 eingeleitete Ausgangsverfahren war zum maßgeblichen Stichtag weder rechtskräftig abgeschlossen noch anderweitig erledigt.
- 21
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b) Die Entschädigungsklage konnte auch schon während des noch andauernden Ausgangsverfahrens erhoben werden. Aus § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG folgt, dass lediglich die hier unproblematische Wartefrist von sechs Monaten nach Erhebung der Verzögerungsrüge gewahrt sein muss. Der Abschluss des Ausgangsverfahrens ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung. Dadurch hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen wollen, dass der Anspruch auf ein zügiges Verfahren schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verletzt werden kann und insoweit auch ein Entschädigungsanspruch in Betracht kommt (BT-Drucks. 17/3802 S. 22). Verfahrensrechtlich handelt es sich bei der Klage während des noch andauernden Ausgangsverfahrens regelmäßig um eine Teilklage, weil Entschädigung nur für einen bestimmten Abschnitt des Gesamtverfahrens verlangt wird (Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 198 GVG Rn. 52, 252). Diese setzt voraus, dass unabhängig vom weiteren Verlauf des Ausgangsverfahrens bereits eine Entscheidung über den Entschädigungsanspruch getroffen werden kann. Dementsprechend müssen die Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG vollständig erfüllt sein. Eine unangemessene und unumkehrbare Verzögerung des Ausgangsverfahrens sowie endgültig eingetretene Nachteile müssen feststehen. Daneben ist der Betroffene gehalten (haftungsbegründende Obliegenheit), eine Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 Satz 1 und 2 GVG wirksam zu erheben (Senatsurteil vom 23. Januar 2014 - III ZR 37/13, NJW 2014, 939 Rn. 27 ff). Für den frühestmöglichen Rügetermin verlangt das Gesetz einen (konkreten) Anlass zu der Besorgnis, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen werden kann.
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c) Wird die Entschädigungsregelung - wie hier - nach Art. 23 Satz 1 Halbsatz 1 ÜGRG auf Altfälle angewandt, die am 3. Dezember 2011 bereits anhängig, aber noch nicht abgeschlossen waren, wird das Recht der Verzögerungsrüge durch Art. 23 Satz 2 und 3 ÜGRG an die Besonderheiten dieser Verfahrenskonstellation angepasst (BT-Drucks. 17/3802 S. 31). Bei Verfahren, die beim Inkrafttreten der Regelung schon verzögert sind, muss die Verzögerungsrüge unverzüglich erhoben werden. Geschieht dies, so wahrt die Rüge den Anspruch aus § 198 GVG rückwirkend in vollem Umfang, das heißt so, als ob bereits zu dem in § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG festgelegten Zeitpunkt gerügt worden wäre (Ott aaO Art. 23 ÜGRG Rn. 4, 6).
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Die Verzögerungsrüge des Klägers vom 7. August 2012 ist nicht unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erhoben worden, obwohl das Verfahren zu diesem Zeitpunkt, was das Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, bereits um vier Monate verzögert war. Es wäre erforderlich gewesen, die Rüge binnen eines Zeitraums von längstens drei Monaten zu erheben.
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"Unverzüglich" bedeutet nach der Gesetzesbegründung "ohne schuldhaftes Zögern" (BT-Drucks. 17/3802 S. 31). Damit wird die Legaldefinition in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB in Bezug genommen, die nach allgemeiner Auffassung auch über die Fälle des § 121 BGB hinaus gilt (Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 121 Rn. 3).
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Soweit Art. 23 Satz 2 ÜGRG die unverzügliche Erhebung der Verzögerungsrüge nach Inkrafttreten der Entschädigungsregelung verlangt, ist kein sofortiges Handeln geboten. Vielmehr muss dem Betroffenen eine angemessene Prüfungs- und Überlegungsfrist eingeräumt werden, um entscheiden zu können, ob er seine Rechte durch eine Verzögerungsrüge wahren muss. Die von der Rechtsprechung zu § 121 BGB herausgebildete Obergrenze von zwei Wochen (dazu Palandt/Ellenberger aaO) beziehungsweise die zweiwöchige gesetzliche Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB stellen insoweit einen zu engen Maßstab dar (vgl. BSG, NJW 2014, 253 Rn. 29; BFH, BeckRS 2013, 96642 Rn. 33, 35, 39, 42; OLG Bremen, NJW 2013, 2209, 2210; NJW 2013, 3109, 3110; OLG Karlsruhe, BeckRS 2013, 07833). Bei der Bemessung der gemäß Art. 23 Satz 2 ÜGRG angemessenen Überlegungsfrist ist vor allem der Zweck des Gesetzes in den Blick zu nehmen, durch die Einräumung eines Entschädigungsanspruchs gegen den Staat bei überlanger Verfahrensdauer eine Rechtsschutzlücke zu schließen und eine Regelung zu schaffen, die sowohl den Anforderungen des Grundgesetzes (Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG) als auch denen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Art. 6 Abs. 1, Art. 13 EMRK) gerecht wird (BT-Drucks. 17/3802 S. 15). Es kommt hinzu, dass das Gesetz nur einen Tag vor seinem Inkrafttreten verkündet worden ist (Art. 24 ÜGRG). Diese Gesichtspunkte sprechen dafür, den Begriff der "Unverzüglichkeit" in Art. 23 Satz 2 ÜGRG weit zu verstehen. Eine zu kurze, wirksamen Rechtsschutz in Frage stellende Frist wäre mit den Erfordernissen eines effektiven Menschenrechtsschutzes nur schwer vereinbar. Der erkennende Senat hält deshalb in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (aaO Rn. 46) eine Drei-Monats-Frist für erforderlich, um den Anforderungen des Art. 13 EMRK zu entsprechen, aber auch für ausreichend, damit Betroffene in allen Fällen prüfen können, ob eine entschädigungspflichtige Verzögerung bereits eingetreten und eine Rügeerhebung deshalb geboten ist.
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Diese großzügig bemessene Frist hat der Kläger mit seiner am 7. August 2012 eingegangenen Verzögerungsrüge deutlich verfehlt.
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d) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts führt die gemäß Art. 23 Satz 2 ÜGRG verspätete Verzögerungsrüge dazu, dass Entschädigungsansprüche wegen überlanger Verfahrensdauer nicht nur bis zum Inkrafttreten des Gesetzes, sondern bis zum tatsächlichen Rügezeitpunkt präkludiert sind. Der Kläger kann deshalb für die vom Oberlandesgericht bis zum 7. August 2012 angenommene Verzögerung von elf Monaten (vier Monate bis zum Inkrafttreten des Gesetzes am 3. Dezember 2011 und weitere sieben Monate bis zur Erhebung der Verzögerungsrüge) keine Entschädigung verlangen.
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Für dieses Ergebnis sprechen sowohl der Wortlaut und die Systematik des Art. 23 Satz 2 und 3 ÜGRG als auch die Gesetzgebungsgeschichte sowie der Zweck der Regelung.
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aa) Gemäß Art. 23 Satz 2 ÜGRG muss die Verzögerungsrüge unter den dort genannten Voraussetzungen "unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben" werden. Daran anknüpfend bestimmt Art. 23 Satz 3 ÜGRG, dass in diesem Fall die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den "vorausgehenden Zeitraum" wahrt. Damit ist ersichtlich der Zeitraum gemeint, der bis zur Erhebung der Verzögerungsrüge verstrichen ist. Die Revision macht zu Recht geltend, dass sich der Satzbestandteil des "vorausgehenden Zeitraums" nach Wortlaut und Stellung unmittelbar auf die "Erhebung der Verzögerungsrüge" bezieht. Im Umkehrschluss folgt aus Art. 23 Satz 3 ÜGRG, dass bei verspäteter Rüge Entschädigungsansprüche nach § 198 GVG erst vom Rügezeitpunkt an entstehen können und für die Zeit davor Präklusion eintritt. Dieses Verständnis der Regelung entspricht auch der wohl einhelligen Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur (vgl. nur OLG Bremen, NJW 2013, 2209, 2210 und NJW 2013, 3109, 3110 mit eindeutigen Ausführungen in den Entscheidungsgründen und lediglich missverständlich gefassten Leitsätzen; OLG Karlsruhe, BeckRS 2013, 07833; LSG Berlin-Brandenburg, BeckRS 2013, 72538 und BeckRS 2013, 72539; Heine, MDR 2013, 1147; Ott aaO § 198 GVG Rn. 196 und Art. 23 ÜGRG Rn. 6).
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bb) Soweit das Oberlandesgericht darauf abstellen will, dass im Falle des § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG eine Verspätung der Rüge grundsätzlich nicht relevant sei (dazu Ott aaO § 198 GVG Rn. 194 unter Hinweis auf BT-Drucks. 17/3802 S. 21, 35 u. 41) und im Anwendungsbereich des Art. 23 Satz 3 ÜGRG nichts anderes gelten könne, wird außer Acht gelassen, dass beide Vorschriften unterschiedliche Anknüpfungspunkte haben und sich nach Sinn und Zweck grundlegend unterscheiden.
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§ 198 Abs. 3 Satz 2 GVG regelt den Zeitpunkt, zu dem die Verzögerungsrüge frühestens wirksam erhoben werden kann. Maßgeblich ist danach der Anlass zur Besorgnis, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird (Ott aaO § 198 GVG Rn. 186, 188). Die Verzögerungsrüge muss lediglich im laufenden Ausgangsverfahren erhoben werden, ohne dass ein Endtermin bestimmt und damit eine Frist für die Rüge festgelegt wird. Da nach dem Willen des Gesetzgebers die Geduld eines Verfahrensbeteiligten nicht bestraft werden soll (BT-Drucks. 17/3802 S. 21, 41), ist es nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG grundsätzlich unerheblich, wann die Rüge nach dem in § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG bestimmten Zeitpunkt eingelegt wird. Dadurch soll das gesetzgeberische Ziel, keinen Anreiz für verfrühte Rügen zu schaffen, verwirklicht werden (Marx in Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, § 198 GVG Rn. 135; Ott aaO § 198 GVG Rn.194).
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Davon abweichend ist Anknüpfungspunkt für die Übergangsregelung des Art. 23 Satz 2 und 3 ÜGRG der spätestmögliche Zeitpunkt, zu dem eine Verzögerungsrüge erhoben werden muss (Ott aaO Art. 23 ÜGRG Rn. 4). Der für § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG maßgebliche Gesichtspunkt, dass die Geduld eines Verfahrensbeteiligten nicht bestraft werden soll, spielt hier keine Rolle. Vielmehr muss der Betroffene innerhalb einer angemessenen Prüfungsfrist entscheiden, ob er die Verzögerungsrüge zur Rechtswahrung wegen bereits eingetretener Verzögerungen erhebt. Dies rechtfertigt es, dass bei nicht rechtzeitiger Rüge Ansprüche erst vom Rügezeitpunkt an begründet werden (vgl. Ott aaO § 198 GVG Rn. 196).
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cc) Dieses Verständnis der Übergangsvorschrift wird durch die Entstehungsgeschichte der Entschädigungsregelung zusätzlich gestützt. In dem Referentenentwurf vom 15. März 2010 (abgedruckt bei Steinbeiß-Winkelmann/Ott aaO Anhang 5 S. 410 ff) wurde noch davon ausgegangen, dass ein Entschädigungsanspruch nur in Betracht komme, "soweit" die Verzögerungsrüge rechtzeitig zu dem in § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG genannten Zeitpunkt erhoben werde, und dass die Entschädigung für den davor liegenden Zeitraum ausgeschlossen sei. Eine verspätete Rüge sollte dementsprechend zu einem Anspruchsverlust führen (Ott aaO § 198 GVG Rn. 194; Steinbeiß-Winkelmann aaO Einführung Rn. 224, 316).
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Die mit Art. 23 Satz 2 und 3 ÜGRG übereinstimmende Übergangsregelung in Art. 16 Satz 3 und 4 ÜGRG-RefE knüpfte daran an und sah bei einer verspäteten Rüge eine Kürzung des Entschädigungsanspruchs für den vor der Rüge liegenden Zeitraum vor (siehe auch Ott aaO § 198 GVG Rn. 196). Diese Bestimmung ist - anders als § 198 Abs. 3 Satz 1 und 2 GVG - im weiteren Gesetzgebungsverfahren inhaltlich nicht mehr verändert worden.
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2. Für den Zeitraum bis zur Erhebung der Verzögerungsrüge vom 7. August 2012 scheidet auch eine Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer nach § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG aus. Nach dieser Vorschrift ist ein Feststellungsausspruch zur Verfahrensverzögerung trotz fehlenden Entschädigungsanspruchs nach dem Ermessen des Gerichts möglich, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des § 198 Abs. 3 GVG nicht erfüllt sind. Da die Präklusionswirkung des Art. 23 Satz 3 ÜGRG jedoch nicht nur den Anspruch auf Geldentschädigung, sondern ohne Einschränkung alle Formen der Wiedergutmachung nach § 198 GVG erfasst, soweit sie sich auf Verzögerungen vor Rügeerhebung beziehen, findet § 198 Abs. 4 GVG im Streitfall keine Anwendung. Die Versäumung der Rügefrist hat zur Folge, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer vom Entschädigungsgericht nicht mehr überprüft wird.
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3. Es kann dahin stehen, ob der Zeitraum von rund zwei Monaten zwischen der Erhebung der Verzögerungsrüge und der Rückforderung der Akten von dem Sachverständigen Prof. Dr. G. am 22. Oktober 2012 - wie das Oberlandesgericht meint - sachlich nicht mehr gerechtfertigt war. Denn eine solche Verfahrenslücke wäre entschädigungsrechtlich ohne Relevanz.
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Durch die Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs nach § 198 GVG an die Verletzung konventions- und verfassungsrechtlicher Normen (Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG) wird deutlich gemacht, dass die durch die lange Verfahrensdauer verursachte Belastung einen gewissen Schweregrad erreichen muss. Es reicht nicht jede Abweichung von einer optimalen Verfahrensführung aus (Senatsurteil vom 5. Dezember 2013 - III ZR 73/13, NJW 2014, 789 Rn. 42, 55). Allzu "kleinteilige" Überlegungen sind bei der Bemessung der (noch) akzeptablen Verfahrensdauer verfehlt. Für die Anwendung eines eher größeren Zeitrahmens spricht auch, dass § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG die Entschädigungspauschale von 1.200 € für immaterielle Nachteile lediglich als Jahresbetrag ausweist und die Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 GVG frühestens nach einem halben Jahr wiederholt werden kann (Schlick, Festschrift für Klaus Tolksdorf, S. 549, 555). Bei geringfügigen Verzögerungen in einzelnen Verfahrensabschnitten, die gegenüber der Gesamtverfahrensdauer nicht entscheidend ins Gewicht fallen, werden eine Geldentschädigung oder sonstige Wiedergutmachung daher regelmäßig nicht in Betracht kommen (Senatsurteil vom 13. Februar 2014 - III ZR 311/13, BeckRS 2014, 04692 Rn. 28; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 BvR 404/10, juris Rn. 16; Steinbeiß-Winkelmann/Sporrer, NJW 2014, 177, 182 zur Frage einer "Geringfügigkeitsschwelle"). So liegt der Fall hier. Bei einem mehrjährigen Arzthaftungsprozess, der durch eine umfangreiche und kontroverse Beweisaufnahme mit Einholung mehrerer Gutachten und Gutachtenergänzungen gekennzeichnet ist, wahrt eine Verfahrensverzögerung von zwei Monaten noch den entschädigungslos hinzunehmenden Toleranzrahmen.
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4. Dem Oberlandesgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, dass eine erstinstanzliche Verfahrensdauer von nahezu sieben Jahren schon für sich genommen als unangemessen einzustufen sei. Diese Betrachtungsweise lässt außer Acht, dass selbst bei einem mehrjährigen Verfahrenszeitraum dessen Angemessenheit nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG). Es ist unabdingbar, die einzelfallbezogenen Gründe zu untersuchen, auf denen die Dauer des Verfahrens beruht, und diese im Rahmen einer abschließenden Gesamtabwägung umfassend zu würdigen und zu gewichten (Senatsurteil vom 5. Dezember 2013 - III ZR 73/13, NJW 2014, 789 Rn. 40 f). Angesichts einer rechtlich relevanten Verzögerung von allenfalls zwei Monaten war deshalb die prognostizierte erstinstanzliche Gesamtverfahrensdauer von knapp sieben Jahren nicht geeignet, Entschädigungsansprüche zu begründen.
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5. Den Ausführungen des Oberlandesgerichts, die eingetretenen Verzögerungen seien irreparabel, weil sie nicht mehr bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens kompensiert werden könnten, liegt ersichtlich die Vorstellung zugrunde, die Kompensationsmöglichkeit einer etwaigen Verzögerung sei nur für die jeweilige Instanz zu untersuchen. Indes ist bei der abschließenden Gesamtwürdigung das gesamte Verfahren in den Blick zu nehmen und zu fragen, ob Verzögerungen innerhalb einer späteren Phase des Prozesses kompensiert wurden (Senatsurteile vom 14. November 2013 - III ZR 376/12, NJW 2014, 220 Rn. 30; vom 5. Dezember 2013 - III ZR 73/13, NJW 2014, 789 Rn. 41; vom 23. Januar 2014 - III ZR 37/13, NJW 2014, 939 Rn. 37 und vom 13. Februar 2014 - III ZR 311/13, BeckRS 2014, 04692 Rn. 28). Dies kann auch dadurch geschehen, dass das zunächst verzögerte Verfahren in einer höheren Instanz besonders zügig geführt wird (Heine, MDR 2013, 1081, 1085; Ott aaO § 198 GVG Rn. 101).
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III.
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Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO).
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Die Sache ist zur Endentscheidung reif, so dass der Senat die Klage insgesamt abweisen kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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Schlick Wöstmann Tombrink
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Remmert Reiter
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine Entschädigung wegen unangemessener Dauer des Verfahrens OVG NRW 3 A 973/11 in Höhe von 1.500,00 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 24. Februar 2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 60 %, der Beklagte zu 40 %.
Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens.
3Gegenstand des Ausgangsverfahrens, das beim Verwaltungsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 26 K 1874/11 geführt wurde, war ihre gegen den Beklagten, vertreten durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW (LBV), gerichtete Klage, mit der sie eine Besoldungsnachzahlung in Höhe von brutto xx Euro begehrte. Diese stützte die Klägerin auf das Urteil des erkennenden Gerichts vom 23. November 2010 – 6 A 2270/07 –, durch welches geklärt wurde, dass die durch Bescheid festgestellte Teildienstfähigkeit der Klägerin 88 % (statt 78,57 %) beträgt und von der auf 22 Unterrichtsstunden herabgesetzten wöchentlichen Pflichtstundenzahl keine Ermäßigungsstunden wegen Alters und Schwerbehinderung in Abzug gebracht werden dürfen. Mit der Ausgangsklage verlangte die Klägerin die aus diesem Urteil folgende Nachzahlung der Besoldung für den Zeitraum von November 2006 bis März 2011. Zugleich hatten die Klägerin und der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht – 2 B 12.11 – erhoben.
4In Bezug auf das auf die Besoldungsnachzahlung gerichtete Klageverfahren rügt die Klägerin die überlange Dauer des Zulassungsverfahrens vor dem OVG NRW (3 A 973/11).
5Die Ausgangsklage VG Düsseldorf 26 K 1874/11 erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beim Verwaltungsgericht am 15. März 2011. Aufgrund der – mit Eingang anberaumten – mündlichen Verhandlung vor der 26. Kammer vom 15. April 2011 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Abweisung ergab sich nach der Auffassung der Kammer ohne Ermittlungen oder Beweisaufnahme daraus, dass das Urteil des erkennenden Gerichts vom 23. November 2010 in der Statussache wegen der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin weder insgesamt noch teilweise rechtskräftig sei. Damit bestehe ein Nachzahlungsanspruch unter entsprechender Anwendung von § 34 Abs. 3 Satz 2 Landesbeamtengesetz NRW n. F. (LBG) derzeit nicht.
6Gegen das ihr am 20. April 2011 zugestellte Urteil beantragte die Klägerin am 21. April 2011 beim erkennenden Gericht die Zulassung der Berufung (3 A 973/11). Ihr Prozessbevollmächtigter begründete den Zulassungsantrag unter dem 15. Juni 2011 und stützte diesen auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, besondere Schwierigkeiten der Rechtssache sowie grundsätzliche Bedeutung. Der Berichterstatter verfügte die Übermittlung der Antragsbegründung an das LBV zur Kenntnisnahme sowie eine Wiedervorlage nach vier Monaten. Nach Wiedervorlagen im August 2011 und Januar 2012 verfügte er Wiedervorlagefristen von vier bzw. drei Monaten, wobei er unter dem 10. Januar 2012 gegenüber dem Bevollmächtigten des Klägers die bereits mit der Eingangsverfügung gestellte Anfrage nach einem Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter wiederholte; das LBV hatte insofern bereits zugestimmt. Der Bevollmächtigte der Klägerin, der hierauf nicht reagiert hatte, teilte am 10. Juli 2012 mit, dass das Urteil des erkennenden Gerichts in der Statussache jetzt insgesamt rechtskräftig sei, weil das Bundesverwaltungsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin mit Beschluss vom 29. Juli 2012 ‑ 2 B 12.11 ‑ zurückgewiesen hatte; nunmehr sei zu zahlen. Das Gericht übermittelte dies dem LBV mit der Bitte um Stellungnahme. Dieses teilte mit einer im September 2012 eingegangenen Zwischennachricht mit, dass eine Stellungnahme wegen der Notwendigkeit von Absprachen mit der Bezirksregierung Düsseldorf sowie des umfangreichen Aktenmaterials erst ab Mitte Oktober 2012 erfolgen könne.
7Mit am 18. Dezember 2012 eingegangenem Schreiben rügte der Bevollmächtigte der Klägerin, dass trotz der Rechtskraft des Urteils in der Statussache die Besoldungsrückstände der Klägerin noch nicht nachgezahlt seien. Die Überbrückung dieses bis in das Jahr 2006 zurückreichenden Zahlungsrückstandes sei der Klägerin nur durch Aufnahme von Krediten möglich; das sei für so lange Zeiträume nicht zumutbar. Er bat, dem Verfahren durch Zulassung der Berufung und Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung Fortgang zu geben. Daraufhin teilte der Berichterstatter mit, dass neben vorrangig zu bearbeitenden Eilverfahren in seinem Dezernat noch eine außerordentlich große Zahl älterer Zulassungs- und Berufungsverfahren anhängig sei, deren Bearbeitung nicht weniger dringlich erscheine; deshalb könne ein konkreter Entscheidungstermin nicht mitgeteilt werden. Sodann lag die Sache dem Berichterstatter zur Entscheidung vor.
8Nach einem Berichterstatterwechsel durch Austritt bzw. Eintritt eines Senatsmitglieds im Sommer 2013 zog der neue Berichterstatter im August 2013 vom Verwaltungsgericht dessen Akte 2 K 4590/06 bei und legte den Rechtsstreit dann auf Frist. Ende Oktober 2013 teilte das LBV dem Gericht mit, dass für den Zeitraum von August 2010 bis November 2013 eine Auszahlung von xx Euro mit der nächsten Bezügemitteilung erfolgen werde; für den verbleibenden Zeitraum werde die Höhe der Nachzahlung noch geprüft, wozu eine Rückmeldung der Bezirksregierung ausstehe. Daraufhin teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter dem 7. November 2013 mit: Die angekündigte Zahlung des Beklagten beziehe sich auf einen bisher nicht streitgegenständlichen Zeitraum, für den der Klägerin ein Besoldungsrückstand von xx Euro zustehe; insofern sei beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eine weitere Zahlungsklage erhoben worden. In Bezug auf den vom Zulassungsantrag umfassten Streitgegenstand sei der geltend gemachte Zahlungsanspruch weiter offen. Da die Klägerin seit sieben Jahren gezwungen sei, Besoldungsrückstände durch Kredite zu finanzieren, und seit längerer Zeit Urteile vorlägen, die den Grad der Dienstfähigkeit rechtskräftig geklärt hätten, werde die Verzögerungsrüge nach § 198 GVG erhoben.
9Mit am 21. November 2013 eingegangenem Schreiben teilte das LBV dem Gericht mit, dass für den Zeitraum von Juli 2006 bis Juli 2007 eine weitere Nachzahlung, jetzt von xx Euro, erfolgen werde. Zu einer Nachzahlung für den verbleibenden Zeitraum sei eine Mitteilung seitens der Bezirksregierung Ende Januar 2014 zu erwarten. Zu den hierzu auf Anforderung des Berichterstatters vom LBV übermittelten Berechnungen nahm der Bevollmächtigte der Klägerin am 10. Dezember 2013 Stellung und rügte diese als unrichtig und nicht nachvollziehbar. Anschließend lag die Akte auf Frist oder dem Berichterstatter vor. Mitte Juni 2014 gingen weitere Berechnungen des LBV ein. Mitte Juli 2014 übermittelte das LBV sein an die Klägerin gerichtetes Schreiben vom 1. Juli 2014, welches für den Zeitraum von August 2007 bis Juli 2010 unter Beifügung von Berechnungen eine Nachzahlung im Umfang von weiteren xx Euro brutto mitteilte und einen Nettonachzahlungsbetrag von xx Euro als sofortige Zahlung ankündigte. Dies stehe unter dem Vorbehalt des Ausgangs des noch anhängigen Verfahrens VG Düsseldorf 2 K 1304/14.
10Nach Beiziehung dieser Akte teilte der Senatsvorsitzende dem Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass angesichts der die mit der Klage geltend gemachten Nachzahlungsbeträge übersteigenden Zahlbeträge des LBV für die Klage und damit auch für den Zulassungsantrag das Rechtsschutzinteresse entfallen sei. Vor Ablehnung des Zulassungsantrags räumte der Vorsitzende Gelegenheit zur Abgabe einer das Verfahren beendenden Erklärung ein. Mit Schriftsatz vom 12. August 2014 erklärte die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragte, dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Der Beklagte schloss sich dem mit am 26. August 2014 bei Gericht eingegangener Erklärung an.
11Mit Beschluss vom 16. September 2014 stellte der Berichterstatter das Verfahren aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen ein, erklärte das Urteil des Verwaltungsgerichts für wirkungslos und entschied, dass die Beteiligten jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen.
12Die Klägerin hat am 24. Februar 2015 diese Entschädigungsklage gemäß § 198 GVG erhoben. Sie macht in Bezug auf das Ausgangsverfahren VG Düsseldorf 26 K 1874/11 bzw. OVG NRW 3 A 973/11 Entschädigung wegen unangemessener Verfahrensdauer geltend. Sie rügt insofern insbesondere die aus ihrer Sicht zu lange Verfahrensdauer im Zulassungsverfahren 3 A 973/11, in der das OVG NRW das Verfahren mehr als drei Jahre nicht bearbeitet habe. Da die Mindestentschädigung für jedes Jahr Verzögerung gemäß § 198 Abs. 2 GVG 1200 Euro betrage, errechne sich für drei Jahre Verzögerung eine Klageforderung von 3.600 Euro. Der Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens sei extrem einfach gelagert gewesen mit sehr wenig Sachverhalt. Sie habe den Beklagten auf Zahlung eines rechtskräftig ausgeurteilten Geldbetrages verklagt, nachdem dieser nicht freiwillig habe zahlen wollen.
13Die Klägerin beantragt,
14den Beklagten zu verurteilen, ihr 3.600 Euro zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 24. Februar 2015 zu zahlen.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Jedenfalls der Höhe nach stehe der Klägerin die Entschädigung nicht zu. Die Klägerin gehe bei ihrer Einschätzung der angemessenen Verfahrensdauer fehl. Dies beruhe darauf, dass es sich entgegen ihrer Auffassung nicht um einen extrem einfach gelagerten Fall gehandelt habe. Nach den Ausführungen im Beschluss des erkennenden Gerichts vom 16. September 2014 – 3 A 973/11 – habe der Ausgang des Rechtsstreits nicht von Anfang an festgestanden, weil die entsprechenden Rechtsfragen in der Rechtsprechung des zuständigen Senats bislang noch nicht entschieden gewesen seien. Zudem verkenne die Klägerin den erheblichen Spielraum des Ausgangsgerichts bei der Gestaltung seines Verfahrens. Zugleich führe die sehr zügige Erledigung der Sache beim Verwaltungsgericht zu einer teilweisen Kompensation der Verfahrensdauer beim Oberverwaltungsgericht.
18Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Ausgangsverfahrens VG Düsseldorf 26 K 1874/11 Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Klage, die sowohl in prozessualer als auch in materieller Hinsicht an §§ 198 ff. GVG zu messen ist (dazu A.), hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Insofern ist sie zulässig (B.) und im entsprechenden Umfang begründet (C.).
21A. Die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198 ff.), die im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbar sind (§ 173 Satz 2 VwGO), sind sowohl in prozessualer als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht auf das Begehren der Klägerin anzuwenden. Zwar sind die für die Entschädigungsverfahren wegen überlanger Verfahrensdauer in der Verwaltungsgerichtsbarkeit einschlägigen Vorschriften (§ 173 Satz 2 VwGO, §§ 198 ff. GVG) erst durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (ÜGRG; BGBl. I S. 2302 vom 2. Dezember 2011) am 3. Dezember 2011 Kraft getreten (Art. 24 ÜGRG). Nach Satz 1 der Übergangsvorschrift in Art. 23 ÜGRG gilt das Gesetz u. a. auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten bereits anhängig waren. Die Klägerin bezieht ihre Entschädigungsklage hier auf das Ausgangsverfahren VG Düsseldorf 26 K 1874/11, welches am 3. Dezember 2011 im Zulassungsverfahren OVG NRW 3 A 973/11 beim erkennenden Gericht anhängig war.
22B. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
23I. Der Senat ist gemäß § 173 Satz 2 VwGO i.V.m. § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG zur Entscheidung berufen, da es um ein aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit stammendes Ausgangsverfahren geht, dessen unangemessene Verfahrensdauer die Klägerin rügt.
24Die auf Verurteilung zur Zahlung eines bestimmten Betrages nebst Zinsen gerichtete allgemeine Leistungsklage ist statthaft.
25II. Es steht der Zulässigkeit der Leistungsklage nicht entgegen, dass die Klägerin eine angemessene Entschädigung beim Beklagten nicht vorgerichtlich geltend gemacht hat. Ein solcher Antrag ist zwar nicht ausgeschlossen, aber nicht erforderlich; dies lässt sich schon der Begründung zum Gesetzentwurf entnehmen.
26Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 17. November 2010 zu einem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, BT-Drs. 17/3802, Zu Abs. 5, Zu Satz 1, S. 22; BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 5 B 3.14 D –, juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 5. Mai 2015 ‑ B 10 ÜG 8/14 R ‑, Rn. 16; Nds. OVG, Urteil vom 4. September 2014 – 21 F 1/13 –, DVBl. 2014, 1477 ff. = juris Rn. 27.
27III. Die Klägerin hat die Klage innerhalb der Klagefrist gemäß § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG erhoben. Nach dieser Vorschrift muss die Klage spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Das Verfahren war mit dem Beschluss des erkennenden Gerichts vom 16. September 2014 – 3 A 973/11 –, welcher dem Bevollmächtigten der Klägerin am 18. September 2014 übermittelt worden ist, beendet. Die Entschädigungsklage hat die Klägerin am 24. Februar 2015 – und damit fristgerecht – erhoben. Derzeit sind Entschädigungsklagen gemäß § 90 Abs. 1 VwGO mit Eingang beim Verwaltungsgericht erhoben und rechtshängig.
28Vgl. OVG NRW, Gerichtsbescheide vom 19. August 2015 – 13 D 42/15 und 13 D 45/15 –, zur Veröffentlichung vorgesehen.
29Die Frist wäre auch gewahrt, wenn man auf die Beendigung des streitigen Verfahrens durch Vorliegen übereinstimmender Erledigungserklärungen abstellen wollte, welche beim erkennenden Gericht am 26. August 2014 vorlagen.
30IV. Der Zulässigkeit steht ferner nicht das Erfordernis einer Wartefrist von sechs Monaten nach Erhebung der Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG entgegen. Nach der Erhebung der Verzögerungsrüge am 7. November 2013 ist bis zur Erhebung der Entschädigungsklage am 24. Februar 2015 mehr als ein Jahr verstrichen.
31C. Die Klage ist nur im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ausgleich ihres immateriellen Nachteils durch die unangemessene Dauer des Zulassungsverfahrens 3 A 973/11 in Höhe von 1.500,00 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
32Der Anspruch auf Entschädigung folgt aus § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 GVG. Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Der durch eine unangemessene Verfahrensdauer eingetretene immaterielle Nachteil ist nach Maßgabe des § 198 Abs. 2 GVG zu entschädigen.
33Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Dauer des von der Klägerin in Bezug genommenen Gerichtsverfahrens (I.) war unangemessen (II.). Der Anspruch der Klägerin auf Wiedergutmachung – insbesondere Entschädigung – ist nicht für den vor der Erhebung der Verzögerungsrüge liegenden Zeitraum ausgeschlossen (III.). Die Klägerin hat im Umfang der Verzögerung einen immateriellen Nachteil erlitten, der nicht auf andere Weise wiedergutgemacht werden kann (IV.), jedoch nur mit einem Betrag von 1.500,00 Euro für 15 Monate Verzögerung zu entschädigen ist (V.).
34I. Die Dauer des Gerichtsverfahrens, welches die Klägerin hier zur Überprüfung des Gerichts stellt, erstreckte sich von der Klageerhebung am 15. März 2011 beim Verwaltungsgericht bis zur Übermittlung des Einstellungsbeschlusses des erkennenden Gerichts vom 16. September 2014 – 3 A 973/11 – am 18. September 2014. Es dauerte damit drei Jahre und sechs Monate, also 42 Monate.
35Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG ist jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss (§ 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG). Bezugsrahmen des von der Klägerin geltend gemachten Entschädigungsanspruchs ist danach das gesamte verwaltungsgerichtliche Verfahren, auch in mehreren Instanzen, vom Zeitpunkt der Klageerhebung bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft oder einer sonstigen Erledigung des Verfahrens, nicht aber das dem Verwaltungsprozess vorangegangene behördliche Vorverfahren.
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 16 ff.
37Das wegen der hierauf vorrangig abstellenden Begründung der Klägerin für ihr Begehren primär zu betrachtende Verfahren II. Instanz dauerte von der Stellung des Zulassungsantrags mit Eingang beim Oberverwaltungsgericht am 23. April 2011 bis zur Übermittlung des Einstellungsbeschlusses des erkennenden Gerichts im Zulassungsverfahren 3 A 973/11 am 18. September 2014, also drei Jahre und fünf Monate (41 Monate). Die Gesamtverfahrensdauer bleibt insoweit von Bedeutung, als eventuelle Verzögerungen beim Oberverwaltungsgericht durch eine besonders schnelle Sachbehandlung beim Verwaltungsgericht ausgeglichen werden können.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 44.
39Dabei war für den Endpunkt des Verfahrens nicht auf den Zeitpunkt des Vorliegens der übereinstimmenden Erledigungserklärungen (26. August 2014), sondern auf die Übermittlung des Einstellungsbeschlusses vom 16. September 2014 abzustellen.
40Zwar ist das streitige Verfahren aufgrund der den Beteiligten zustehenden Dispositionsbefugnis dogmatisch betrachtet durch übereinstimmende Erledigungserklärungen mit unmittelbarer Wirkung ohne das Erfordernis einer gerichtlichen Einstellungsentscheidung beendet. Jedoch ist das Prozessrechtsverhältnis – das verwaltungsgerichtliche Verfahren – in der Lebenswirklichkeit erst abgeschlossen, wenn auch die zum Verfahrensabschluss erforderlichen Nebenentscheidungen, insbesondere die Kostengrundentscheidung, getroffen sind. Deshalb ergeht nach übereinstimmender Erklärung der Hauptsache für erledigt der von § 161 Abs. 1 VwGO vorgeschriebene Beschluss über die Kosten (die Kostengrundentscheidung) nach dem Maßstab von § 161 Abs. 2 VwGO. In der Praxis des erkennenden Gerichts enthält dieser Beschluss regelmäßig den (deklaratorischen) Ausspruch, dass das Verfahren eingestellt werde. Da es hier nicht um prozessual-dogmatische Fragen geht, sondern um den Rechtsschutz gegen überlange Gerichtsverfahren im Interesse der Grund- und Konventionsrechte der Beteiligten (regelmäßig natürliche Personen), ist im Zweifel auf deren Sichtweise abzustellen. Aus dieser maßgeblichen Sicht ist ein über Jahre anhängiges Klageverfahren nicht schon durch prozessbeendende Erklärungen, wie eine Klagerücknahme oder übereinstimmende Erledigungserklärungen, beendet; der Bürger erwartet einen förmlichen Verfahrensabschluss oder eine andere ausdrückliche Verlautbarung des Gerichts. Dem entspricht die Praxis des Beklagten, bei der statistischen Erfassung der verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Falle übereinstimmender Erledigungserklärungen für den Verfahrensabschluss auf den Zeitpunkt des Beschlusses im Sinne von § 161 Abs. 1 VwGO abzustellen. Aus Sicht der Klägerin wäre auch durch einen eventuell länger dauernden Zeitraum bis zum Einstellungsbeschluss mit der – für sie ganz bedeutsamen – Kostenentscheidung die Dauer ihres Abwartens auf eine gerichtliche Entscheidung über den Zeitpunkt der Erledigungserklärungen hinaus spürbar ‑ und damit entschädigungsrelevant ‑ verlängert. Die Kostengrundentscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO war hier ‑ wie regelmäßig ‑ auch die einzige Äußerung des Gerichts über die Erfolgsaussichten der Klage und markierte aus ihrer Sicht das Ende des Verfahrens. Dies entspricht auch der Bemessung der Verfahrensdauer bei durch Urteil entschiedenen Verfahren, bei denen es nicht auf den Zeitpunkt der Verkündung des Urteils ankommt, zu dem diese dogmatisch-prozessual erledigt sind, sondern auf den danach liegenden Zeitpunkt der Zustellung und sogar des Ablaufs der Rechtsmittelfrist im Hinblick auf den Bezugspunkt des Eintritts formeller Rechtskraft.
41II. Die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens VG Düsseldorf 26 K 1874/11 bzw. OVG NRW 3 A 973/11 von insgesamt 42 Monaten war im Umfang von 15 Monaten unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG.
421. Ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG). Wie die Verwendung des Wortes „insbesondere“ zeigt, werden damit die Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit bedeutsam sind, beispielhaft und ohne abschließenden Charakter benannt.
43Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 17/3802, S. 18.
44Damit ist weder die Zugrundelegung fester Zeitvorgaben vereinbar, noch lässt es § 198 Abs. 1 GVG grundsätzlich zu, für die Beurteilung der Angemessenheit von bestimmten Orientierungswerten oder Regelfristen für die Laufzeit verwaltungsgerichtlicher Verfahren auszugehen. Der Gesetzgeber hat bewusst von der Einführung bestimmter Grenzwerte für die Dauer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen. Damit sind schematische zeitliche Vorgaben für die Angemessenheit ausgeschlossen. Denn angesichts der Vielgestaltigkeit verwaltungsgerichtlicher Verfahren stießen solche Festlegungen an eine Komplexitätsgrenze. Die Bandbreite der Verwaltungsprozesse reicht von sehr einfach gelagerten Verfahren bis zu äußerst aufwändigen Verfahren (etwa im Infrastrukturbereich), die allein einen Spruchkörper über eine lange Zeitspanne binden können. Auch statistisch ermittelte Durchschnittslaufzeiten für Verwaltungsgerichtsverfahren in einem bestimmten Land oder im Bund können nicht zu einer Objektivierung des Angemessenheitsmaßstabs herangezogen werden, weil ansonsten der – nach den Maßstäben des Grundgesetzes oder der EMRK möglicherweise unzureichende – gegenwärtige Zustand als Maßstab des Zulässigen herangezogen würde. Gegenwärtige Zustände sind jedoch stets auch Ausdruck der den Gerichten zur Verfügung stehenden Ressourcen. Der verfassungsrechtliche Anspruch auf eine angemessene Verfahrensdauer darf hingegen grundsätzlich nicht von der faktischen Ausstattung der Justiz abhängig gemacht werden.
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 27 ff.
46Bei der notwendigen Einzelfallbetrachtung ist die Verfahrensdauer unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die aus konventions- und verfassungsrechtlichen Normen folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist. Dabei ist vor allem auch zu prüfen, ob Verzögerungen, die durch die Verfahrensführung des Gerichts eintreten, bei Berücksichtigung des dem Gericht zukommenden Gestaltungsspielraums sachlich gerechtfertigt sind. Haftungsgrund für den gesetzlich normierten Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Verfahrensdauer in § 198 Abs. 1 GVG ist die Verletzung des in Art. 19 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK verankerten Rechts eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit. Wegen dieser Rückbindung des Entschädigungsanspruchs an die Verletzung von Grund- und Menschenrechten ist eine gewisse Schwere der Belastung erforderlich; es reicht deshalb nicht jede Abweichung von einer optimalen Verfahrensführung des Gerichts aus. Diese muss vielmehr eine Grenze überschreiten, die sich auch unter Berücksichtigung gegenläufiger rechtlicher Interessen für den Betroffenen als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt. Dabei haben die Gerichte auch die Gesamtdauer des Verfahrens zu berücksichtigen, weshalb sich mit zunehmender Verfahrensdauer die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung oder Beendigung des Verfahrens zu bemühen, verdichtet.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 37 ff.
48Die Angemessenheit der Dauer eines Gerichtsverfahrens bemisst sich auch danach, wie das Gericht das Verfahren geführt hat und ob und in welchem Umfang ihm Verfahrensverzögerungen zuzurechnen sind. Maßgeblich ist insoweit ‑ ebenso wie in Bezug auf die in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG aufgeführten Umstände des Einzelfalls –, wie das Gericht die Lage aus seiner ex-ante-Sicht einschätzen durfte. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Verfahrensdauer in einem Spannungsverhältnis zur richterlichen Unabhängigkeit gemäß Art. 97 Abs. 1 GG und zum rechtsstaatlichen Gebot steht, eine inhaltlich richtige, an Recht und Gesetz orientierte Entscheidung zu treffen. Neben der zügigen Erledigung eines Rechtsstreits verlangt das Rechtsstaatsprinzip auch die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands durch das dazu berufene Gericht. Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, benötigt das Gericht eine Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen ist. Dabei ist die Verfahrensgestaltung in erster Linie in die Hände des mit der Sache befassten Gerichts gelegt. Dieses hat, sofern der Arbeitsanfall die alsbaldige Bearbeitung und Terminierung sämtlicher zur Entscheidung anstehenden Fälle nicht zulässt, zwangsläufig eine zeitliche Reihenfolge festzulegen. Es hat dabei die Verfahren untereinander zu gewichten, den Interessen der Beteiligten Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu geboten sind. Zur Ausübung dieser verfahrensgestaltenden Befugnisse ist dem Gericht ‑ auch im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit ‑ ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Verfahrenslaufzeiten, die durch die Verfahrensführung des Gerichts bedingt sind, führen nur zu einer unangemessenen Verfahrensdauer, wenn sie ‑ auch bei Berücksichtigung des gerichtlichen Gestaltungsspielraums ‑ sachlich nicht zu rechtfertigen sind.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 40 ff.
50Hervorzuheben ist der Grundsatz, dass sich der Staat zur Rechtfertigung einer überlangen Verfahrensdauer nicht auf Umstände innerhalb seines Verantwortungsbereichs berufen kann. Eine entschädigungspflichtige Verfahrensverzögerung kommt insbesondere für Zeiträume in Betracht, in denen das Gericht ohne rechtfertigenden Grund untätig geblieben ist, also das Verfahren nicht gefördert oder betrieben hat. Soweit dies auf eine Überlastung der Gerichte zurückzuführen ist, gehört dies zu den strukturellen Mängeln, die der Staat zu beheben hat. Strukturelle Probleme, die zu einem ständigen Rückstand infolge chronischer Überlastung führen, muss sich der Staat zurechnen lassen.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 43.
522. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die Verfahrensdauer hier unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, weil eine an den Merkmalen des § 198 Absatz 1 Satz 2 GVG ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles – insbesondere der Schwierigkeit des Verfahrens (a.), seiner Bedeutung für die Klägerin (b.) sowie des Verhaltens der Verfahrensbeteiligten (c.) und der Verfahrensführung des Gerichts (d.) – ergibt, dass die Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt worden ist.
53a. In Bezug auf die Schwierigkeit des Verfahrens ist festzustellen, dass es sich insgesamt um ein durchschnittliches Verwaltungsstreitverfahren handelte.
54Nach dem Ansatz des Verwaltungsgerichts in der ersten Instanz war es zwar eher einfach gelagert. Nach dem Urteil der Kammer handelte es sich bei der Entscheidung des Beklagten über die Teildienstfähigkeit der Klägerin um eine unteilbare Entscheidung, die wegen der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin gegen das Urteil des erkennenden Gerichts in der Sache 6 A 2270/07 insgesamt nicht rechtskräftig war. Dann war der von der Klägerin geltend gemachte Nachzahlungsanspruch schon deshalb nicht gegeben. Beurteilt man diese Rechtsfrage abweichend bzw. war durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde Rechtskraft eingetreten, kam es auf die Anspruchsgrundlage eines Nachzahlungsanspruchs sowie tatsächliche Fragen der Berechnung an. Insbesondere die centgenaue Berechnung einer Besoldungsdifferenz für einen vergangenen, mehr als vier Jahre umfassenden Zeitraum führt zu der Bewertung des Rechtsstreits als jedenfalls durchschnittlich schwierig. Ein Gericht ist insofern auf die Unterstützung der zuständigen Behörden mit deren Datenverarbeitungs-Systemen angewiesen. Selbst mit dieser Unterstützung können derartige Nachberechnungen oder Rückrechnungen – wie der Ablauf hier zeigt – gelegentlich länger dauern.
55Variiert die Schwierigkeit der Sache – wie hier – innerhalb des Verfahrens durch die von verschiedenen beteiligten Gerichten gewählten Ansätze oder treten anderweitig Veränderungen ein, so ist es nach dem gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG gebotenen Grundsatz der Berücksichtigung der Einzelfallumstände geboten und zulässig, für verschiedene Verfahrensstadien verschiedene Schwierigkeitsgrade anzunehmen. Daraus folgen gegebenenfalls verschiedene Grade der gebotenen Beschleunigung bzw. Maßstäbe für die angemessene Verfahrensdauer. Im hier vorrangig zu betrachtenden Zulassungsverfahren war der Schwierigkeitsgrad jedenfalls durchschnittlich.
56b. Der Senat schätzt die Bedeutung des Rechtsstreits für die Klägerin als hoch ein.
57Es ging um das Beamtenverhältnis der Klägerin. Streitigkeiten über Dienstverhältnisse und die daraus folgenden Bezüge oder Versorgung haben grundsätzlich höhere Bedeutung für die Betroffenen.
58Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013, a. a. O., juris Rn. 47 m. w. N.
59Dabei war sowohl die für jeden Monat streitige Besoldungsdifferenz von knapp 10 % spürbar als auch der Gesamtbetrag von über xx Euro für eine Lehrerin in der Besoldungsgruppe A 12 Bundesbesoldungsordnung bereits von erheblicher Bedeutung. Ob die Klägerin tatsächlich, wie ihr Bevollmächtigter stets betont hat, diese Beträge durch Kreditaufnahmen zu finanzieren hatte, kann dahinstehen. Die Bedeutung dieser Beträge erhöht sich durch den langen Zeitraum, für den die Klägerin der rechtswidrigen Kürzung unterlag. Zeitweilige geringere Bezüge mögen durch Anpassung der eigenen Ausgaben oder Rückgriff auf Spareinlagen ausgeglichen werden. Ein Betrag wie der hier in Rede stehende übersteigt jedoch den Betrag zeitweilig verfügbarer Spielräume.
60c. Das Verhalten der Klägerin war nicht (mit-)ursächlich für die lange Verfahrensdauer; dasjenige des Beklagten hingegen schon.
61Die Klägerin oder ihr Bevollmächtigter haben im gesamten Gerichtsverfahren ‑ insbesondere im Zulassungsverfahren vor dem erkennenden Gericht ‑ die Verfahrensdauer nicht nachteilig beeinflusst. Nach der fristgebundenen Begründung des Zulassungsantrags hat ihr Bevollmächtigter stets zeitgerecht und zügig alle erforderlichen Verfahrenshandlungen vorgenommen und auf Verfügungen des Gerichts bzw. Schriftsätze des LBV prompt Stellung genommen. Neue Entwicklungen hat er unaufgefordert mitgeteilt, wie insbesondere im Juli 2012 die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin. Im Dezember 2012 hat er unter Verweis auf den langjährigen Zahlungsrückstand und die Notwendigkeit der Aufnahme von Krediten durch die Klägerin gebeten, dem Verfahren Fortgang zu geben. Weiter hat er im November 2013 eine Verzögerungsrüge erhoben und dabei konkret zum Verfahrensablauf sowie den Mitteilungen und Zahlungen des LBV Stellung genommen. Er hat damit in nicht überzogener Weise das Interesse der Klägerin an einer Entscheidung in angemessener Zeit geltend gemacht und auch begründet, warum dies für sie dringlich sei. Das auch auf zweimalige Anfrage des Senats von der Klägerin nicht erklärte Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter dürfte keinen relevanten Einfluss auf die Verfahrensdauer gehabt haben.
62Der Beklagte hingegen hatte erheblichen Anteil an der Verfahrensdauer. Schon die allgemeine Behördenorganisation mit verschiedenen Zuständigkeiten für Statusfragen der Lehrer bei der Bezirksregierung und für Besoldung beim LBV sowie das Ineinandergreifen der verschiedenen Zuständigkeitsbereiche bewirkte hier erhebliche Verzögerungen. Dass die Verwaltung des Beklagten ab der vollständigen Rechtskraft des Urteils in der Statussache durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juni 2012 bis Juli 2014 – rund zwei Jahre – benötigte, um die Rückrechnung hinsichtlich der Besoldungsdifferenz durchzuführen, verwundert. Die vielfältigen Mitteilungen des LBV über ausstehende Berechnungen, Kontaktaufnahmen oder Besprechungen zwischen LBV und Bezirksregierung verdeutlichen die Problematik.
63d. Aus der Verfahrensführung des Gerichts ergibt sich unter Berücksichtigung der vorstehenden Gesichtspunkte eine unangemessene Verfahrensdauer des verwaltungsgerichtlichen Ausgangsverfahrens, insbesondere des Zulassungsverfahrens OVG NRW 3 A 973/11. Insgesamt lässt sich für das Gerichtsverfahren – auch unter Berücksichtigung der Gesamt-Verfahrensdauer – eine unangemessene Dauer im Umfang von 15 Monaten feststellen.
64Die absolute Dauer des Zulassungsverfahrens von 41 Monaten weckt schon für sich genommen Zweifel an der Angemessenheit. Dabei ist in Bezug auf die Verfahrensführung im zuständigen Senat festzustellen, dass auf das Verfahren nur in sehr geringem Maße steuernd eingewirkt wurde und dass keine oder wenige Ermittlungsschritte oder Maßnahmen der Verfahrensförderung durchgeführt wurden. Gezielte Aufforderungen zur Stellungnahme zu Schriftsätzen der Beteiligten, zu bestimmten Fragestellungen oder zur Beibringung erforderlicher Informationen und Vorlage von Berechnungen fanden überwiegend nicht statt. In der Endphase des Verfahrens forderte ein neuer Berichterstatter eine andere Klageakte vom Verwaltungsgericht Düsseldorf an, die für das Verständnis der Nachzahlungen erheblich erschien. Auch wurden einmalig Berechnungen nachgefordert.
65Im Einzelnen lässt sich das Zulassungsverfahren in die Zeit von der Stellung des Zulassungsantrags am 23. April 2011 bis zur Mitteilung der Klägerin im Juli 2012 über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde in der Statussache einerseits und die nachfolgende Zeit bis zur vollständigen Nachzahlung der ausstehenden Bezüge und dem Einstellungsbeschluss des Senats vom 16. September 2014 andererseits aufteilen.
66Der Zeitraum richterlicher Untätigkeit bis Juli 2012 war von dem Gestaltungsspielraum des Gerichts über die Frage, welche Verfahren mit welchem Aufwand wann bearbeitet werden, abgedeckt. Denn aus der maßgeblichen damaligen Sicht des Berichterstatters war eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin in der Statussache zu erwarten. Insofern war klar, dass sich diese Rechtsfrage ohne den Einsatz eigener Richterarbeitskraft erledigen würde, und konnte erwartet werden, dass sich die Frage der Nachzahlung nach Eintritt der Rechtskraft schnell und einfach werde regeln lassen. Damit war die Untätigkeit des Gerichts bis Juli 2012 nicht unangemessen.
67In der Folgezeit seit Juli 2012 wäre bei konsequenter Förderung und stringentem Vorgehen gegenüber den Behörden eine Erledigung des Verfahrens binnen drei Monaten angesichts der bereits verstrichenen Verfahrensdauer und der sich verdichtenden Pflicht zur Förderung anzustreben gewesen. Die äußerste Grenze des Angemessenen für die möglichst unstreitige Abwicklung des Nachzahlungsbegehrens im Zulassungsverfahren sieht der Senat bei rund sechs Monaten bis zum Ende des Jahres 2012. Dann hätte der dort zuständige Senat die Sache ‑ bei einer Verfahrensdauer von dann 20 Monaten im Zulassungsverfahren ‑ spätestens zu einem Abschluss bringen müssen.
68Die nach diesem Zeitpunkt liegende Verfahrensdauer ab dem Jahreswechsel 2012/2013 stellt sich als eine unangemessene Verzögerung im Umfang von etwa 20 Monaten bis zum Einstellungsbeschluss Mitte September 2014 dar. Sämtliche in diesem Zeitraum erfolgenden, „häppchenweisen“ Schritte des LBV in Richtung zu einer Klaglosstellung der Klägerin hätten unter stringenter Führung des Gerichts im zweiten Halbjahr 2012 erfolgen sollen. Deshalb kann auch der 2013 erfolgte Berichterstatterwechsel nicht berücksichtigt werden. Von diesem Zeitraum ist ferner kein weiterer Zeitraum mehr als Bearbeitungs- und Bedenkzeit abzuziehen.
69Jedoch ist ein Zeitraum von etwa fünf Monaten für das sehr schnelle Verfahren vor dem Verwaltungsgericht als Kompensation von der Verzögerung abzuziehen, weil die Gesamtverfahrensdauer Maßstab der Entschädigung nach § 198 GVG ist. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht dauerte letztlich nur etwa einen Monat. Auch bei dem nach dem Ansatz des Verwaltungsgerichts einfach gelagerten Verfahren mit hoher Dringlichkeit für die Klägerin wäre eine Dauer von bis zu sechs Monaten angemessen gewesen. Dies führt zu einer Kompensation der Verzögerung im Zulassungsverfahren um fünf Monate.
70Es ist nichts dafür erkennbar, dass die Vorgehensweise und die ihr zu Grunde liegende Geschäftslage des Senats auf außergewöhnliche und unvorhersehbare Umstände zurückzuführen ist. Soweit strukturelle Umstände innerhalb der Gerichtsbarkeit der Grund für die lange Verfahrenslaufzeit und die Verzögerung um 15 Monate sind, ist der Beklagte hierfür im Bereich der §§ 198 ff. GVG verantwortlich. Die Verfahrenslaufzeiten sind vor allem durch die Ausstattung des erkennenden Gerichts mit Richtern und deren Verteilung auf die Spruchkörper sowie durch die Entscheidungen über die Geschäftsverteilung bedingt. Die Feststellung unangemessener Verfahrensdauer gemäß § 198 GVG bedingt deshalb im Grundsatz keinen Vorwurf an die zuständigen Richter, sondern entscheidet allein über die Haftung des Trägers der Gerichte für die Verfahrensdauer.
71III. Der Anspruch der Klägerin auf Entschädigung für eine unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens von 15 Monaten, die etwa Anfang Juni 2013 begann, ist nicht für die Zeit bis zur Erhebung der ersten ausdrücklichen Verzögerungsrüge der Klägerin am 1. November 2013 ausgeschlossen. Dies ergibt sich weder aus § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG (1.) noch aus Art. 23 Satz 2 und Satz 3 ÜGRG (2.).
721. Der Anspruch der Klägerin auf Entschädigung in Bezug auf eine Verzögerung etwa ab Anfang Juni 2013 ist nicht teilweise wegen einer verspäteten Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG ausgeschlossen. Insbesondere ist die Entschädigung nicht beschränkt auf die Verfahrensdauer ab Erhebung der Verzögerungsrüge vom 7. November 2013.
73Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Gemäß Satz 2 der Vorschrift kann die Verzögerungsrüge erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist.
74Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat am 7. November 2013 Verzögerungsrüge in dem Gesetz entsprechender Weise erhoben. Dies wahrt den Entschädigungsanspruch grundsätzlich vollständig und nicht erst für Zeiträume ab dem Zeitpunkt der Rüge.
75§ 198 Abs. 3 GVG normiert zwar das Erfordernis einer Verzögerungsrüge für einen Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Verfahrensdauer. Entschädigung kann unter Berücksichtigung von § 198 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GVG aber auch für Zeiträume verlangt werden, die vor der Erhebung der Verzögerungsrüge liegen. Entscheidend für dieses Verständnis des insoweit nicht ganz eindeutigen Wortlauts ist der Sinn und Zweck der Norm, wie ihn der Gesetzgeber beabsichtigt und wie es den Materialien aus dem Gesetzgebungsverfahren zu entnehmen ist. Aus einer verspäteten Verzögerungsrüge wollte der Gesetzgeber nicht einen Entschädigungsausschluss für die Zeit vor der Verzögerungsrüge ableiten. Ein später Zeitpunkt der Verzögerungsrüge kann sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers in der Entscheidung des Entschädigungsgerichts bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer oder bei der Frage, ob Wiedergutmachung auf andere Weise durch Feststellung der Überlänge gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreicht, niederschlagen. Entscheidend für den Gesetzgeber war, dass „die Geduld eines Verfahrensbeteiligten nicht ‚bestraft‘ werden“ solle.
76Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 17/3802, Zu § 198 Absatz 3 Satz 2, S. 21; BGH, Urteil vom 10. April 2014 – III ZR 335/13 –, NJW 2014, 1967 ff. = juris Rn. 31; Steinbeiß-Winkelmann/Ott, a. a. O., § 198 Rn. 194 ff. m. w. N.; Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 198 Rn. 135 ff.; Stahnecker, Entschädigung bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Rn. 123.
772. Ein Anspruch auf Entschädigung für den Zeitraum unangemessener Verzögerung ist nicht für die Zeit bis zum 7. November 2013 gemäß Art. 23 Satz 2 und Satz 3 ÜGRG ausgeschlossen.
78Die Übergangsregelung in Art. 23 ÜGRG – soweit hier relevant – ordnet an: Dieses Gesetz gilt auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten bereits anhängig waren, sowie für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist oder noch werden kann (Satz 1). § 198 Abs. 3 GVG gilt für anhängige Verfahren, die bei Inkrafttreten des ÜGRG schon verzögert sind, mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss (Satz 2). In diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes auch für den vorausgehenden Zeitraum (Satz 3).
79Auf die damit im Zusammenhang stehenden Fragen,
80vgl. hierzu Urteil des Senats vom heutigen Tage – 13 D 27/14 – (zur Veröffentlichung vorgesehen),
81kommt es nicht an, da Art. 23 Satz 2 ÜGRG nur für diejenigen bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes am 3. Dezember 2011 anhängigen Verfahren gilt, die schon zu diesem Zeitpunkt verzögert waren. Das verwaltungsgerichtliche Ausgangsverfahren, auf das die Klägerin sich bezieht, insbesondere das Zulassungsverfahren 3 A 973/11, war nach den obigen Feststellungen jedoch erst ab Anfang Juni 2013 unangemessen verzögert.
82IV. Die Klägerin hat einen immateriellen Nachteil erlitten, der nicht auf andere Weise wiedergutgemacht werden kann.
83Dass die Klägerin, die keine materiellen, sondern nur Nachteile nicht vermögensrechtlicher Art geltend macht, solche erlitten hat, ergibt sich aus der gesetzlichen Vermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG. Danach wird ein immaterieller Nachteil vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren – wie hier – unangemessen lange gedauert hat. Diese Vermutung ist hier nicht widerlegt.
84Weiter kann Entschädigung gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist. Eine Wiedergutmachung auf andere Weise ist gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Ob eine solche Feststellung ausreichend im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ist, beurteilt sich auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles. In diese Abwägung wird regelmäßig einzustellen sein, ob das Ausgangsverfahren für den Verfahrensbeteiligten eine besondere Bedeutung hatte, ob dieser durch sein Verhalten erheblich zur Verzögerung beigetragen hat, ob er weitergehende immaterielle Schäden erlitten hat oder ob die Überlänge den einzigen Nachteil darstellt. Darüber hinaus kann zu berücksichtigen sein, von welchem Ausmaß die Unangemessenheit der Dauer des Verfahrens ist und ob das Ausgangsverfahren für den Verfahrensbeteiligten eine besondere Dringlichkeit aufwies oder ob diese zwischenzeitlich entfallen war.
85Vgl. BT-Drs. 17/3802, S. 20; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 57.
86Da die Klägerin im Zulassungsverfahren ihr hohes Interesse an einer zügigen Bearbeitung des Rechtsstreits hinlänglich geltend gemacht hat und die festgestellte unangemessene Verfahrensdauer mit 15 Monaten erheblich ist, reicht eine reine Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer zur Wiedergutmachung nicht aus. Diese spürbare Verzögerung hat für die Klägerin auch insofern besonderes Gewicht, weil nicht das Gericht durch seine Bearbeitung oder eine Entscheidung ihr Rechtsschutz gewährt hat, sondern die Behörden des Beklagten die begehrte Nachzahlung annähernd frei von Einflussnahmen des Gerichts nach ihren eigenen zeitlichen Vorstellungen und organisatorischen Gegebenheiten ermittelten und erbrachten.
87V. Die unangemessene Verfahrensdauer im Umfang von 15 Monaten ist in Höhe von 1.500 Euro zu entschädigen.
88Die Bemessung der immateriellen Nachteile richtet sich nach § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG. Danach sind diese in der Regel i. H. v. 1.200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung zu entschädigen. Nur wenn dieser Betrag nach den Umständen des Einzelfalls unbillig ist, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG). Hier sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, von dem Betrag der Regelentschädigung nach oben oder unten abzuweichen.
89VI. In Bezug auf die in der Hauptsache zugesprochene Entschädigung in Höhe von 1.500 Euro hat die Klägerin ab Rechtshängigkeit auch einen Anspruch auf Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Dies ergibt sich entsprechend aus §§ 288 Abs. 1, 291 Satz 1 BGB, weil das einschlägige Fachrecht keine abweichende Regelung trifft und die Geldforderung eindeutig bestimmt ist.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 – 5 C 1.13 D –, NVwZ 2014, 1523 ff. = juris Rn. 46; BSG, Urteile vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/14 R -, juris Rn. 54, und 5. Mai 2015 – B 10 ÜG 8/14 R –, Rn. 21; BFH, Urteil vom 20. August 2014 – X K 9/13 –, BFHE 247, 1 ff. = juris Rn. 43.
91D. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO.
92Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
93Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer.
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Im Ausgangsverfahren, dessen Überlänge der Kläger rügt, stand der Anspruch auf Förderung seiner ganztägigen Betreuung in einer Kindestageseinrichtung für August und September 2008 im Streit. Die Mutter des Klägers befand sich nach der Geburt ihres zweiten Kindes am 12. Juli 2008 bis zum 6. September 2008 in Mutterschutz, anschließend in Elternzeit. Mit Rücksicht darauf hatte die Stadt Neubrandenburg die ursprünglich bewilligte Ganztagsförderung mit Wirkung zum 1. August 2008 aufgehoben und dem Kläger für die Monate August und September 2008 nur noch einen Anspruch auf Teilzeitförderung zuerkannt. Mit der nach erfolglosem Widerspruchsverfahren am 21. Dezember 2008 beim Verwaltungsgericht erhobenen Klage verfolgte der Kläger, vertreten durch seine Eltern, den Anspruch auf Ganztagsförderung weiter. Die Differenz zwischen dem Elternbeitrag und der Verpflegungspauschale für die beanspruchte Ganztags- und die bewilligte Teilzeitbetreuung in den streitgegenständlichen Monaten belief sich nach seinen Angaben auf 195,32 €. Das Verwaltungsgericht trug die Eltern des Klägers als Kläger ein.
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Mit Schreiben vom 29. Dezember 2008 fragte der Berichterstatter bei den Beteiligten an, ob sie mit einer Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter sowie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden seien. Mit am 20. Januar 2009 und 4. Februar 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsätzen erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise. Klagebegründung, Klageerwiderung, Replik, Duplik und Triplik lagen dem Verwaltungsgericht am 28. April 2009 vor. Von der ihr aufgrund der Verfügung des Berichterstatters vom 29. April 2009 gegebenen Gelegenheit zur Stellungnahme auf die Triplik des Klägers machte die Stadt Neubrandenburg keinen Gebrauch.
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In dem Zeitraum vom 29. April 2009 bis zum 30. August 2011 verfügte der Berichterstatter im Abstand von drei bzw. vier Monaten wiederholt die Wiedervorlage der Sache.
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Mit Schreiben vom 31. August 2011 wies der Berichterstatter die Eltern des Klägers darauf hin, dass der geltend gemachte Anspruch nicht ihnen, sondern dem Kläger selbst zustehen, der Rechtsstreit in der Hauptsache vor Klageerhebung erledigt gewesen und das Vorliegen der materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen zu verneinen sein dürfte. Er forderte die Eltern des Klägers auf, binnen drei Wochen mitzuteilen, ob eine verfahrensbeendende Erklärung abgegeben werde. Die Stellungnahme der Eltern des Klägers ging am 19. September 2011 beim Verwaltungsgericht ein.
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Mit Schreiben vom 29. September 2011 forderte der Berichterstatter den inzwischen anstelle seiner Eltern als Beteiligten erfassten Kläger auf mitzuteilen, ob an dem im Januar 2009 erklärten Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung festgehalten werde. Für die Beantwortung der Anfrage setzte er dem Kläger keine Frist. Aufgrund seiner Verfügung wurde ihm die Akte am 21. Oktober 2011 wiedervorgelegt. Das Antwortschreiben des Klägers ging nach zweimaliger Erinnerung am 9. November 2011 beim Verwaltungsgericht ein.
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Mit Beschluss vom 10. November 2011 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Die mündliche Verhandlung fand am 8. Dezember 2011 statt. Der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers erhob darin eine Verzögerungsrüge. Sodann beendeten die Beteiligten den Rechtsstreit durch Vergleich.
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Mit der am 4. Juni 2012 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Gewährung einer angemessenen Entschädigung und hilfsweise die Feststellung begehrt, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Er ist von einer sachlich nicht gerechtfertigten Verzögerung von mehr als zwei Jahren ausgegangen. Die Höhe der Entschädigung müsse sich am Regelbetrag orientieren.
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Mit Urteil vom 4. Juni 2013 hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Dauer des Verfahrens sei noch als angemessen zu bewerten. Hauptgrund hierfür sei, dass es lediglich um einen denkbar geringen Betrag gegangen sei. Dass der Kläger bzw. dessen Eltern nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen auf den Betrag von 195,32 € angewiesen gewesen seien, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Mehr als diese finanzielle Bedeutung habe das Verfahren von Anfang an für die Klägerseite nicht gehabt. Hinzu komme, dass sich die Verfahrensbeteiligten in der Zeit von Ende April 2009 bis Ende August 2011, als das Gericht die Sache nicht gefördert habe, ebenfalls vollkommen passiv verhalten hätten. Demgegenüber wiege die zugunsten des Klägers unterstellte grundsätzliche Bedeutung des Verfahrens nicht besonders schwer, weil die Beteiligten ihr selbst offenbar keine besondere Bedeutung beigemessen hätten. Dass das Verfahren, wovon zugunsten des Klägers auszugehen sei, keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgewiesen habe, rechtfertige keine andere Entscheidung.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 198 GVG. Das Oberverwaltungsgericht habe nicht zu seinen Lasten berücksichtigen dürfen, dass er nicht auf eine Beschleunigung des Verfahrens hingewirkt oder auch nur nach dem Sachstand gefragt habe, als das Verwaltungsgericht das Verfahren nicht betrieben bzw. gefördert habe. Soweit das Oberverwaltungsgericht erkennen lasse, dass bei einem Streit um einen - wie hier - geringen Geldbetrag eher eine längere, bei einem Streit um einen höheren Geldbetrag eher eine kürzere Verfahrensdauer als angemessen anzusehen sei, finde sich hierfür weder im Bundesrecht noch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Stütze. Angesichts der von der Stadt Neubrandenburg vertretenen Auffassung, während des Mutterschutzes sei eine tatsächliche Verhinderung der Mutter schwerlich anzunehmen, habe das Verfahren für ihn und seine Eltern auch eine erhebliche emotionale Bedeutung gehabt. Zudem sei es im Sinne eines Musterverfahrens für die Allgemeinheit von Bedeutung gewesen. Unter Berücksichtigung aller Umstände ergebe sich eine sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung von zwei Jahren und vier Monaten. Wegen der dargestellten Bedeutung des Verfahrens für ihn und die Allgemeinheit erscheine eine Wiedergutmachung anders als in Form einer Entschädigung nicht ausreichend. Die Höhe der Entschädigung dürfte sich an dem Regelbetrag des § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG zu orientieren haben und mit 2 800 € angemessen sein.
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Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend angenommen hat, der Kläger müsse sich bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer zu seinem Nachteil anrechnen lassen, dass er nicht auf eine Beschleunigung des Verfahrens hingewirkt oder auch nur nach dem Sachstand gefragt habe. Es erweist sich auch nicht im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die mit dem Hauptantrag verfolgte Entschädigungsklage ist zulässig (1.) und im tenorierten Umfang begründet (2.).
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1. Die Entschädigungsklage ist zulässig, obwohl der Kläger die begehrte Entschädigung für die erlittenen immateriellen Nachteile in seinem Antrag nicht beziffert (a) und die Sechsmonatsfrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10), nicht abgewartet hat (b).
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a) Der auf Gewährung einer angemessenen Entschädigung lautende Klageantrag ist hinreichend bestimmt.
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Das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags ist in § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO als bloße Sollvorschrift ausgestaltet. Ihm muss aber mit der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung (§ 103 Abs. 3 VwGO) genügt werden. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen materiellen Rechts und von den Umständen des Einzelfalles ab (BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 54). Wird im Verwaltungsprozess unmittelbar auf Leistung eines Geldbetrages geklagt, ist die Forderung grundsätzlich der Höhe nach im Klageantrag zu beziffern. Ein unbezifferter Klageantrag ist aber ausnahmsweise zulässig, wenn die Schwierigkeit, den Klageantrag hinreichend genau zu bestimmen, durch außerhalb der Klägersphäre liegende Umstände verursacht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. September 1989 - 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93 S. 60). Das gilt für die Klage auf Zahlung einer Entschädigung für immaterielle Nachteile nach den gemäß § 173 Satz 2 VwGO im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 GVG jedenfalls deshalb, weil sie eine Ermessensausübung des Gerichts nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG erfordert. Das Gericht hat danach stets von Amts wegen zu prüfen, ob der Pauschalbetrag gemäß § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG nach den Umständen des Einzelfalles unbillig und daher ein höherer oder niedrigerer Betrag festzusetzen ist. Um das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags in diesem Fall zu erfüllen, muss der Kläger die für die Bemessung der Höhe des Anspruchs erforderlichen Tatsachen benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Entschädigung (etwa einen Mindestbetrag) angeben (vgl. stRspr zu § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 287 ZPO, z.B. BGH, Urteile vom 24. September 1991 - VI ZR 60/91 - NJW 1992, 311 <312>; vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95 - BGHZ 132, 341 <350> und vom 10. Oktober 2002 - III ZR 205/01 - NJW 2002, 3769). Das hat der Kläger getan.
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Der Klagebegründung war hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der Kläger von einer unangemessenen Verfahrensdauer von mehr als zwei Jahren ausgegangen ist und eine sich am Regelbetrag orientierende Entschädigung begehrt hat. Dieses Vorbringen hat er in der Revisionsbegründung dahingehend konkretisiert, dass eine sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung von zwei Jahren und vier Monaten angenommen und eine Entschädigung von 2 800 € als angemessen angesehen werde. Damit hat der Kläger die geltend gemachte Forderung jedenfalls nach unten durch diesen Betrag begrenzt.
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b) Die Einhaltung der Wartefrist war nicht erforderlich.
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Nach § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG i.V.m. § 173 Satz 2 VwGO kann eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs. 1 GVG frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Dies gilt gemäß Art. 23 Satz 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 - ÜblVfRSchG - (BGBl. I S. 2302) auch für Verfahren, die - wie hier - bei dem Inkrafttreten des Gesetzes am 3. Dezember 2011 (vgl. Art. 24 ÜblVfRSchG) bereits anhängig waren. Die Einhaltung dieser Frist ist eine besondere Sachurteilsvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist. Eine vor Fristablauf erhobene Klage wird nach Ablauf der Frist nicht zulässig (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R - juris Rn. 19; BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - III ZR 228/13 - NJW 2014, 2588 Rn. 17 m.w.N.). Das Fristerfordernis des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG ist allerdings im Wege der teleologischen Reduktion dahin einzuschränken, dass es keine Anwendung findet, wenn das als verspätet gerügte Verfahren schon vor Ablauf der Sechsmonatsfrist abgeschlossen wurde.
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Die Befugnis der Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift steht den Gerichten unter anderem dann zu, wenn diese nach ihrer grammatikalischen Fassung Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll. In einem solchen Fall ist eine zu weit gefasste Regelung im Wege der sogenannten teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (BVerwG, Urteil vom 25. März 2014 - 5 C 13.13 - Buchholz 436.36 § 8 BAföG Nr. 14 Rn. 25 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.
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Die Vorschrift des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG bezieht sich ihrem Wortlaut nach auf alle Verfahren, in denen eine Verzögerungsrüge erhoben wird, ohne Rücksicht darauf, wann das Verfahren im Anschluss daran abgeschlossen wird. Dieser zu weit gefasste Wortlaut erfasst auch Fälle, die er nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht erfassen sollte. Nach der gesetzgeberischen Vorstellung, die insbesondere in der Gesetzesbegründung ihren Niederschlag gefunden hat (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 22), soll die Wartefrist der präventiven Funktion der Verzögerungsrüge Rechnung tragen und dem Gericht die Möglichkeit einräumen, auf eine Beschleunigung des Verfahrens hinzuwirken und dadurch (weiteren) Schaden zu vermeiden. Wird ein Verfahren vor Ablauf der Sechsmonatsfrist beendet, würde ein Abwarten insofern keinen Sinn mehr machen. Deshalb ist es geboten, die Bestimmung im Wege teleologischer Reduktion dahin einzuschränken, dass ihr Anwendungsbereich nicht eröffnet ist, wenn das Verfahren innerhalb von sechs Monaten nach Erhebung der Verzögerungsrüge beendet wird. In diesem Fall ist die Entschädigungsklage ausnahmsweise vom Moment des Verfahrensabschlusses an zulässig (vgl. BGH, Urteile vom 21. Mai 2014 - III ZR 355/13 - NJW 2014, 2443 Rn. 17 und vom 17. Juli 2014 - III ZR 228/13 - NJW 2014, 2588 Rn. 18 m.w.N.; Schenke, NVwZ 2012, 257 <261>). So verhält es sich hier. Das Verfahren ist in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 8. Dezember 2011, in der auch die Verzögerungsrüge erhoben wurde, durch Vergleich beendet worden.
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2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils in Höhe von 1 800 €.
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Der Anspruch folgt aus § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 GVG. Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Der durch eine unangemessene Verfahrensdauer eingetretene immaterielle Nachteil ist nach Maßgabe des § 198 Abs. 2 GVG zu entschädigen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Dauer des vom Kläger in Bezug genommenen Gerichtsverfahrens (a) war unangemessen (b). Hierdurch hat er einen immateriellen Nachteil erlitten, der nicht auf andere Weise wiedergutgemacht werden kann (c) und in Höhe von 1 800 € zu entschädigen ist (d).
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a) Gegenstand des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs ist das verwaltungsgerichtliche Verfahren im Ausgangsrechtsstreit vom Zeitpunkt der Erhebung der Klage am 21. Dezember 2008 bis zu dessen Beendigung durch den in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2011 geschlossenen Vergleich.
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Nach der Legaldefinition des § 198 Abs. 6 Nr. 1 Halbs. 1 GVG ist Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe. Der Begriff "Einleitung" erfasst alle Formen, mit denen ein Verfahren in Gang gesetzt werden kann, unabhängig davon, ob dies durch Antrag oder Klageerhebung geschieht oder ein Verfahren von Amts wegen eingeleitet wird (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 22). Mit rechtskräftigem Abschluss ist zum einen die formelle Rechtskraft einer Entscheidung gemeint (BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 19 und - 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 11). Zum anderen wird hiervon auch die anderweitige Erledigung des Verfahrens insbesondere durch Antrags- oder Klagerücknahme, Einstellung, Vergleich oder Erledigungserklärung erfasst (vgl. Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, A. § 198 GVG Rn. 54). Für Letzteres spricht insbesondere der systematische Rückschluss aus § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG. Diese Vorschrift stellt für den Beginn der Ausschlussfrist die Beendigung des Verfahrens durch rechtskräftige Entscheidung und die Beendigung des Verfahrens durch eine andere Erledigung gleichberechtigt nebeneinander.
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In Anwendung dieses Maßstabes erfasst der materielle Bezugsrahmen des von dem Kläger geltend gemachten Entschädigungsanspruchs die Gesamtdauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht.
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b) Die Dauer des Gerichtsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht war bei der gebotenen Gesamtabwägung im Umfang von einem Jahr und sechs Monaten unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG.
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Die Verfahrensdauer ist unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die aus konventions- und verfassungsrechtlichen Normen (Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - in der Fassung vom 22. Oktober 2010
, Art. 19 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist. Dabei ist vor allem auch zu prüfen, ob Verzögerungen, die durch die Verfahrensführung des Gerichts eingetreten sind, bei Berücksichtigung des den Ausgangsgerichten insoweit zukommenden Gestaltungsspielraums sachlich gerechtfertigt sind (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 18 m.w.N.).
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In Übereinstimmung mit dem darlegten rechtlichen Maßstab hat sich das Oberverwaltungsgericht bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer zwar zu Recht nicht von festen Zeitvorgaben oder abstrakten Orientierungs- bzw. Anhaltswerten leiten lassen, sondern eine Einzelfallprüfung vorgenommen (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 28 ff. und - 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 20 ff.; s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. August 2013 - 1 BvR 1067/12 - NJW 2013, 3630 <3631 f.>). Auch hat es zutreffend angenommen, das Verfahren habe keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgewiesen (aa) und nur eine geringe finanzielle Bedeutung für den Kläger gehabt (bb). Eine grundsätzliche Bedeutung kann dem Verfahren aufgrund der festgestellten Tatsachen daneben nicht zugesprochen werden (cc). Das angefochtene Urteil beruht aber insoweit auf einer Verletzung von Bundesrecht, als das Oberverwaltungsgericht dem Kläger angelastet hat, seinerseits nicht auf eine Beschleunigung hingearbeitet zu haben, als das Verwaltungsgericht das Verfahren nicht betrieben bzw. gefördert habe (dd). In die einzelfallbezogene Angemessenheitsprüfung ist hingegen einzustellen, dass der Kläger durch sein prozessuales Verhalten eine Verzögerung bewirkte (ee) und es durch die Verfahrensführung des Verwaltungsgerichts unter Berücksichtigung des ihm insoweit eingeräumten Gestaltungsspielraums zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Verzögerung von einem Jahr und sieben Monaten kam (ff). Bei der gebotenen Gesamtabwägung aller Umstände ergibt sich eine unangemessene Verfahrensdauer von einem Jahr und sechs Monaten (gg).
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aa) Die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, das Verfahren sei nicht tatsächlich oder rechtlich besonders schwierig gewesen, ist unter Berücksichtigung seiner hierzu getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden. Sie wird auch vom Kläger nicht angegriffen.
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Aus den festgestellten Tatsachen ist wertend zu folgern, dass der Sachverhalt überschaubar, einfach gelagert und zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig war. Die entscheidungserhebliche Frage, ob dem Kläger gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kindertagesförderungsgesetz - KiföG M-V) vom 1. April 2004 (GVOBl. M-V S. 146) nach der Geburt seiner Schwester für die Zeit des gesetzlichen Mutterschutzes nur noch ein Anspruch auf Förderung einer Teilzeitbetreuung oder weiterhin ein Anspruch auf Förderung einer ganztätigen Betreuung in einer Kindertagesstätte zustand, war für sich genommen nicht besonders komplex. Entsprechendes galt für die damit verbundene Frage, wer Inhaber des Anspruchs ist. Auch die Frage, ob der Rechtsstreit bereits vor Klageerhebung erledigt gewesen ist, war als Standardproblem eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens anzusehen. Dafür, dass es sich bei dem Ausgangsverfahren vor dem Verwaltungsgericht um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht allenfalls durchschnittlich schwierigen Fall gehandelt hat, spricht zudem, dass die Kammer des Verwaltungsgerichts den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO).
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bb) Das Oberverwaltungsgericht ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, das Verfahren habe für den Kläger nur eine finanzielle Bedeutung gehabt, die mit 195,32 € als äußerst gering zu bewerten sei.
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Für die Bewertung der finanziellen Bedeutung als gering hat sich das Oberverwaltungsgericht nicht allein auf die Höhe des streitgegenständlichen Betrages gestützt. Vielmehr hat es seine Einschätzung vor allem auch damit begründet, der Kläger habe weder vorgetragen noch sei ersichtlich, dass er bzw. dessen Eltern nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen auf den streitgegenständlichen Betrag angewiesen gewesen seien. Die geringe finanzielle Bedeutung hat es somit in Übereinstimmung mit dem aufgezeigten bundesrechtlichen Maßstab an die Umstände des konkreten Falles geknüpft. Mit Rücksicht darauf geht der Einwand des Klägers ins Leere, das Oberverwaltungsgericht habe sich bei der Beurteilung der Bedeutung des Verfahrens von einem festen abstrakten Rechtssatz des Inhalts leiten lassen, bei einem Streit um einen geringen Geldbetrag sei eher eine längere, bei einem Streit um einen höheren Geldbetrag eher eine kürzere Verfahrensdauer als angemessen anzusehen, wofür sich weder im Bundesrecht noch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Stütze finde.
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Soweit der Kläger im entschädigungsrechtlichen Revisionsverfahren geltend macht, das Verfahren habe für ihn und seine Eltern angesichts der von der Stadt Neubrandenburg vertretenen Auffassung, während des Mutterschutzes sei eine tatsächliche Verhinderung der Mutter schwerlich anzunehmen, (auch) eine erhebliche emotionale Bedeutung gehabt, findet dies in den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, gegen die Verfahrensrügen nicht erhoben wurden, keine Stütze.
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cc) Die vom Oberverwaltungsgericht lediglich unterstellte grundsätzliche Bedeutung ist zu verneinen. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen fehlt eine hinreichende tatsächliche Grundlage für die Annahme, dass das Verfahren als Musterprozess grundsätzlich bedeutsam war.
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Entgegen der Revisionsbegründung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt, dass die Stadt Neubrandenburg - wie vom Kläger behauptet - in einer größeren Zahl von Fällen eine zuvor bewilligte Ganztagsbetreuung für die Zeit des Mutterschutzes in eine Teilzeitbetreuung geändert hätte, sodass sich die Entscheidung auf eine größere Zahl von Verfahren oder die Verwaltungspraxis auswirken könnte. Eine Verfahrensrüge hat der Kläger insoweit nicht erhoben. Als Indiz für die fehlende grundsätzliche Bedeutung ist vielmehr der Umstand zu werten, dass das Verwaltungsgericht diese Behauptung nicht zum Anlass genommen hat, um von der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter nach § 6 Abs. 1 VwGO abzusehen. Denn diese soll - im Unterschied zu der auf dem Einverständnis der Beteiligten gründenden Übertragung auf den sogenannten konsentierten Einzelrichter nach § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2008 - 5 C 30.07 - BVerwGE 132, 10 Rn. 10 m.w.N.) - bei grundsätzlicher Bedeutung der Sache gerade nicht erfolgen.
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dd) Das Oberverwaltungsgericht hat das in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausdrücklich genannte Kriterium des "Verhaltens der Verfahrensbeteiligten" nicht richtig erfasst, soweit es angenommen hat, es gereiche dem Kläger zum Nachteil, nicht auf eine Beschleunigung hingewirkt oder zumindest nach dem Sachstand gefragt zu haben, als das Verwaltungsgericht das Verfahren nicht betrieben bzw. gefördert habe.
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In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die Verfahrensbeteiligten - abgesehen von der Obliegenheit zur Erhebung der Verzögerungsrüge - grundsätzlich nicht verpflichtet sind, aktiv (durch Aufforderungen) darauf hinzuarbeiten, dass das Gericht das Verfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss bringt. Mangels einer derartigen Pflicht kann ihnen eine diesbezügliche Passivität bei der im Rahmen der Ermittlung der angemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens erforderlichen Prüfung, ob die Verfahrensbeteiligten durch ihr Verhalten eine Verzögerung des Rechtsstreits bewirkt haben, nicht angelastet werden. Die Verpflichtung des Gerichts, das Verfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, ergibt sich unmittelbar aus der dem Staat obliegenden Justizgewährleistungspflicht, aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes und aus Art. 6 Abs. 1 EMRK (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 41). Von diesen Rechtssätzen weicht das angefochtene Urteil ab, soweit das Oberverwaltungsgericht seine Bewertung der Verfahrensdauer als noch angemessen entscheidungstragend darauf stützt, der Kläger habe sich in der Zeit, als das Gericht die Sache nicht gefördert habe, ebenfalls vollkommen passiv verhalten.
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ee) Im Hinblick auf das prozessuale Verhalten des Klägers ist allerdings ergänzend zu berücksichtigten, dass dieser durch sein Verhalten das Verfahren um etwa neunzehn Tage verzögert hat.
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Aus dem festgestellten Verfahrensablauf ist wertend zu folgern, dass dem Kläger in diesem Umfang die verspätete Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 29. September 2011 zuzurechnen ist. Zwar ist ihm für die erbetene Mitteilung, ob der im Januar 2009 erklärte Verzicht auf mündliche Verhandlung weiterhin Bestand habe, keine ausdrückliche Frist gesetzt worden. Entsprechend der von dem Berichterstatter verfügten Wiedervorlage durfte das Verwaltungsgericht davon ausgehen, dass der Kläger die Anfrage spätestens bis zum 21. Oktober 2011 beantwortet. Seine Antwort ist jedoch erst nach zweimaliger Erinnerung am 9. November 2011 und damit 19 Tage später als erwartet beim Verwaltungsgericht eingegangen.
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ff) Aus den zur Verfahrensführung getroffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist zu schließen, dass das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung des ihm insoweit zukommenden Gestaltungsspielraums das Verfahren vom Beginn des Monats Februar 2010 bis zum Ende des Monats August 2011, also für ein Jahr und sieben Monate, ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund nicht gefördert hat.
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Im Hinblick auf den Verfahrensgang hat das Oberverwaltungsgericht neben der Chronologie des Verfahrens festgestellt, dass das Verwaltungsgericht in der Zeit von Ende April 2009 bis Ende August 2011, also für zwei Jahre und vier Monate, keine Handlungen vorgenommen hat, um die Erledigung des Verfahrens zu fördern. Der festgestellten Chronologie ist bei wertender Betrachtung zu entnehmen, dass der Rechtsstreit mit der am 28. April 2009 eingegangenen Triplik des Klägers entscheidungsreif war. Der Sachverhalt war zu diesem Zeitpunkt in tatsächlicher Hinsicht ausreichend aufgearbeitet. Den Beteiligten war zu allen bis dahin vom Verwaltungsgericht für relevant gehaltenen Fragen in hinreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden. Dafür, dass auch das Verwaltungsgericht die Sache Ende April 2009 für "ausgeschrieben" hielt, spricht, dass es die Triplik des Klägers dem Beklagten lediglich mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zuleitete.
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Im vorliegenden Einzelfall erscheint es angemessen, dem Verwaltungsgericht für das konkrete erstinstanzliche Verfahren ab Entscheidungsreife einen (Gestaltungs-)Zeitraum von neun Monaten für seine Entscheidung zuzugestehen, wann und wie es das Verfahren im Sinne eines Hinwirkens auf eine Erledigung des Prozesses fördert.
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Der zugestandene Zeitraum trägt dem Umstand Rechnung, dass - auch vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gewährten richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) - die Verfahrensgestaltung in erster Linie dem mit der Sache befassten Gericht obliegt und ihm hinsichtlich der Entscheidung, wann und wie es eine bestimmte Sache in Abstimmung mit anderen bei ihm anhängigen Sachen terminiert oder sonst fördert, ein Spielraum zusteht. Er berücksichtigt weiter, dass das Gericht vor einer verfahrensfördernden Handlung oder Entscheidung zur Sache Zeit zur rechtlichen Durchdringung benötigt, um dem rechtsstaatlichen Anliegen zu genügen, eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes vorzunehmen. Der ab Eintritt der Entscheidungsreife zugestandene Zeitraum ist im Einzelfall in Relation zu den in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Kriterien zu bestimmen. Maßgeblich ist insoweit - genauso wie hinsichtlich der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG aufgeführten Umstände -, wie die Gerichte im Ausgangsverfahren die Lage aus ihrer Ex-ante-Sicht einschätzen durften. Hingegen ist eine Überlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder des konkreten Ausgangsgerichts bzw. Spruchkörpers für die Bemessung des richterlichen Gestaltungsspielraums ohne Belang. Sie gehört zu den strukturellen Mängeln, die sich der Staat zurechnen lassen muss und die er zu beseitigen hat (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 28 m.w.N.).
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Das Ende des gerichtlichen Gestaltungszeitraums wird durch den Zeitpunkt markiert, ab dem ein (weiteres) Zuwarten auf eine verfahrensfördernde Entscheidung bzw. Handlung des Gerichts im Hinblick auf die subjektive Rechtsposition des Betroffenen auf eine angemessene Verfahrensdauer nicht mehr vertretbar ist, weil sich die (weitere) Verzögerung bei Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles als sachlich nicht mehr gerechtfertigt und damit als unverhältnismäßig darstellt. Es ist nicht mit dem Zeitpunkt gleichzusetzen, bis zu dem in jedem Fall von einer "optimalen Verfahrensführung" des Gerichts auszugehen ist. Entschädigungsrechtlich relevant sind nur die nach Ablauf des Gestaltungszeitraums auf die Verfahrensführung des Gerichts zurückzuführenden Verzögerungen. Denn zur Begründung des Entschädigungsanspruchs reicht nicht jede Abweichung von der optimalen Verfahrensführung aus. Vielmehr setzt der Entschädigungsanspruch aus § 198 Abs. 1 GVG voraus, dass der Beteiligte durch die Länge des Gerichtsverfahrens in seinem Grund- und Menschenrecht auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit beeinträchtigt worden ist, was eine gewisse Schwere der Belastung erfordert (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 39 und - 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 31 m.w.N.).
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In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe ist bei der Bemessung des gerichtlichen Gestaltungsspielraums zu berücksichtigen, dass das Ausgangsverfahren allenfalls einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad aufwies, seine Bedeutung für den Kläger rein finanzieller Natur und diese als äußerst gering zu bewerten war sowie ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse an dem Rechtsstreit nicht festgestellt werden konnte. Angesichts dessen war die fehlende Bearbeitung bzw. Förderung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht für den Kläger ab Anfang Februar 2010 nicht mehr hinnehmbar. Das ergibt einen gerichtlichen Gestaltungszeitraum ab Entscheidungsreife von neun Monaten.
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gg) Die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht war bei der gebotenen Gesamtabwägung im Umfang von einem Jahr und sechs Monaten unangemessen.
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In die Gesamtabwägung sind alle festgestellten Umstände des Einzelfalles einzustellen und zu gewichten. Dabei ist insbesondere zu untersuchen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Verzögerung in einem Stadium des Verfahrens oder bei einzelnen Verfahrensabschnitten innerhalb einer anderen Phase des Verfahrens ausgeglichen wurde (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 17 und 44 m.w.N. und vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 30). Des Weiteren hat in die Prüfung einzufließen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Verletzung des Rechts auf angemessene Verfahrensdauer weder in den gerichtlichen noch in den Verantwortungsbereich des in Anspruch genommenen Rechtsträgers fällt, sondern den Verfahrensbeteiligten zuzurechnen ist.
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die auf die Verfahrensführung des Verwaltungsgerichts zurückzuführende sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung von einem Jahr und sieben Monaten mit Blick auf das säumige Verhalten des Klägers bei der Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 29. September 2011 um aufgerundet einen Monat zu reduzieren. Im Ergebnis ist somit auf eine unangemessene Verfahrensdauer von einem Jahr und sechs Monaten zu erkennen.
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c) Der Kläger hat durch die überlange Verfahrensdauer einen immateriellen Nachteil im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG erlitten, der nicht auf andere Weise wiedergutgemacht werden kann.
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Dass der Kläger Nachteile nichtvermögensrechtlicher Art erlitten hat, ergibt sich aus der Vermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG. Danach wird ein immaterieller Nachteil vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren - wie hier - unangemessen lange gedauert hat. Diese Vermutung ist hier nicht widerlegt.
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Entschädigung kann gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist. Eine Wiedergutmachung auf andere Weise ist gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Ob eine solche Feststellung ausreichend im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ist, beurteilt sich auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 34 m.w.N.).
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Eine schlichte Feststellungsentscheidung ist hier mit Blick auf den Umfang der Verzögerung des vom Schwierigkeitsgrad allenfalls durchschnittlich gelagerten Falles nicht ausreichend. Der Umstand, dass das Verfahren für den Kläger keine besondere Bedeutung im entschädigungsrechtlichen Sinne besaß, vermag das Gewicht des durch die Verzögerung von einem Jahr und sechs Monaten bedingten immateriellen Nachteils nicht entscheidend zu mindern.
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Der Beklagte kann sich zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht nicht mit Erfolg darauf berufen, die Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer sei zur Wiedergutmachung ausreichend, weil die Höhe der gesetzlichen Entschädigung den Streitwert des Ausgangsverfahrens um ein Vielfaches übersteige. Damit werden die anspruchsbegründenden Voraussetzungen, zu denen auch die Feststellung gehört, dass nach den Einzelfallumständen eine Wiedergutmachung auf andere Weise nicht ausreichend ist, in unzulässiger Weise mit der Höhe des Entschädigungsanspruchs vermischt.
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d) Der Entschädigungsbetrag beträgt 1 800 €.
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Die Bemessung der immateriellen Nachteile richtet sich nach § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG. Danach ist der immaterielle Nachteil in der Regel in Höhe von 1 200 € für jedes Jahr der Verzögerung zu entschädigen. Für Zeiträume unter einem Jahr lässt diese Regelung eine zeitanteilige Berechnung zu (BSG, Urteil vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75 Rn. 50 m.w.N.; vgl. auch BT-Drs. 17/3802 S. 20). Nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen, wenn der Betrag von 1 200 € nach den Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Eine derartige Billigkeitsentscheidung ist - entgegen der Ansicht des Beklagten - hier nicht deshalb veranlasst, weil der Gesamtbetrag der Entschädigung um ein Vielfaches höher liegt als der Streitwert des Ausgangsverfahrens.
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Damit werden Dinge miteinander verglichen, die nicht vergleichbar sind. Die Entschädigung betrifft den Ausgleich für die durch die Verfahrensverzögerung erlittenen immateriellen Nachteile wie beispielsweise psychische Belastungen, körperliche Beeinträchtigungen oder Rufschädigungen (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 19), während der Streitwert des Ausgangsverfahrens nach Maßgabe des § 52 Abs. 1 GKG angibt, welche (wirtschaftliche) Bedeutung dieses Verfahren für den Kläger hatte.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Bei einer wesentlichen Abweichung von der angegebenen Größenordnung (hier: 35,71 v.H.) ist eine teilweise Abweisung der Klage und eine dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechende Kostenteilung erforderlich (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 1966 - VI ZR 193/64 - BGHZ 45, 91 <93> und vom 18. Februar 1977 - I ZR 112/75 - GRUR 1977, 539 <542>). Hiernach waren die Kosten im Verhältnis des zuerkannten Betrages zu der vom Kläger angegebenen Größenordnung der geltend gemachten Entschädigung zwischen den Beteiligten zu verteilen.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese Zuständigkeiten sind ausschließliche.
(2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Revision nach Maßgabe des § 543 der Zivilprozessordnung statt; § 544 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.
(3) Das Entschädigungsgericht kann das Verfahren aussetzen, wenn das Gerichtsverfahren, von dessen Dauer ein Anspruch nach § 198 abhängt, noch andauert. In Strafverfahren, einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage, hat das Entschädigungsgericht das Verfahren auszusetzen, solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
(4) Besteht ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe, wird aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt, entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese Zuständigkeiten sind ausschließliche.
(2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Revision nach Maßgabe des § 543 der Zivilprozessordnung statt; § 544 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.
(3) Das Entschädigungsgericht kann das Verfahren aussetzen, wenn das Gerichtsverfahren, von dessen Dauer ein Anspruch nach § 198 abhängt, noch andauert. In Strafverfahren, einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage, hat das Entschädigungsgericht das Verfahren auszusetzen, solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
(4) Besteht ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe, wird aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt, entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen.