Oberlandesgericht Hamm Urteil, 14. Juli 2014 - 8 U 131/12
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. September 2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert und die Klage abgewiesen.
Dem Kläger werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagte als deren ehemaliger Geschäftsführer auf Erfüllung einer für die Dauer eines vereinbarten Wettbewerbsverbotes versprochenen Karenzentschädigung für die Zeit von Februar 2012 bis einschließlich August 2012 in Höhe von insgesamt 53.546,64 € brutto (= 7 Monate x 7.649,52 €/Monat) nebst Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 661,16 € in Anspruch. Weitergehende Ansprüche auf Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit ab September 2012 bis einschließlich Dezember 2012 in Höhe von insgesamt 30.598,08 € brutto sind Gegenstand eines weiteren Rechtsstreits (5 O 332/12 LG Dortmund), der inzwischen ebenfalls beim Senat anhängig ist (8 U 11/14).
4Der Bruder des Klägers, BZ, war ursprünglich Gesellschafter diverser auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätigen Gesellschaften der C2‑Gruppe, zu der auch die C2 GmbH gehörte. Diese und die weiteren Gesellschaften veräußerte er im Juli 2007 zu einem Kaufpreis von insgesamt 27 Mio. € an eine zum E gehörende Gesellschaft in F, die später die Umfirmierung der Beklagten vornahm.
5Der mit dem Kläger am 08.10/14.10.2008 noch unter der alten Firma der Beklagten, der C2 GmbH G, abgeschlossene Dienstvertrag als Geschäftsführer, auf den Bezug genommen wird (Anlage 1 – Bl. 6 GA), begann rückwirkend zum 01.10.2008 und enthielt u.a. folgende Regelungen:
6„9. Wettbewerbsverbot
79.1 Dem Geschäftsführer ist es während der Dauer dieses Vertrages untersagt, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Gesellschaft in direktem oder indirektem Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist es dem Geschäftsführer untersagt, während der Dauer dieses Vertrages ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen oder vergleichbare Aktivitäten zu entfalten. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zugunsten der mit Gesellschaft verbundenen Unternehmen.
89.2 Ausgenommen von vorstehendem Verbot (…)
910. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
1010.1 Dem Geschäftsführer ist es untersagt, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung dieses Vertrages, gleich aus welchem Grund, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Gesellschaft im direkten oder indirekten Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist es dem Geschäftsführer untersagt, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung dieses Vertrages, gleich aus welchem Grund, ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar zu beteiligen oder vergleichbare Aktivitäten zu entfalten. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zugunsten der mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen (soweit diese im gleichen Geschäftsfeld tätig sind).
1110.2 Ausgenommen von vorstehendem Verbot (…)
1210.3 Dem Geschäftsführer ist es für die Dauer von einem Jahr(..) nach Beendigung dieses Vertrages untersagt, direkt oder indirekt für eigene oder fremde Rechnung, allein oder zusammen mit Dritten Kunden des Unternehmens zu veranlassen, Geschäftsbeziehung mit der Gesellschaft aufzugeben oder einzuschränken.
1310.4 Der Geschäftsführer verpflichtet sich, für die Dauer des Wettbewerbsverbots weder für sich selbst noch für Dritte, Arbeitnehmer der Gesellschaft abzuwerben, und an entsprechenden Versuchen Dritter nicht teilzunehmen.
1410.5 Während der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots erhält der Geschäftsführer eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von dem Geschäftsführer zuletzt bezogenen vertraglichen Vergütung [inkl. variabler Vergütung] beträgt. Die Entschädigung wird in zwölf gleichen Raten zum Ende eines jeden Monats ausgezahlt.
1510.6 Der Geschäftsführer muss sich auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung des anderweitigen tatsächlichen oder hypothetischen Erwerbseinkommens den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen übersteigen würde. Der Geschäftsführer hat jeweils zu Beginn eines jeden Quartals der Gesellschaft unaufgefordert mitzuteilen, ob und in welcher Höhe er anderweitige Einkünfte (…) Solange diese Auskunft nicht vorliegt, hat die Gesellschaft ein Zurückbehaltungsrecht an der Karenzentschädigung. Auf Verlangen muss der Geschäftsführer die Angaben belegen.
1610.7 Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot wird die monatliche Entschädigung nicht ausbezahlt und der Geschäftsführer hat eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Zwölftel des Bruttojahresgrundgehalts zu zahlen. Diese Vertragsstrafe ist für jeden Bruch der zuvor genannten Vorschriften zu zahlen. Im Fall eines Dauerverstoßes wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat neu verwirkt. Die Geltendmachung eines darüber hinaus gehenden Schadens durch die Gesellschafter bleibt vorbehalten.
1710.8 Die Gesellschaft kann vor der Beendigung dieses Vertrages durch schriftliche Erklärung auf dieses Wettbewerbsverbot mit der Wirkung verzichten, dass sie nach Ablauf eines Jahres nach dem Zugang der Verzichtserklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung frei wird, während der Geschäftsführer bereits mit Beendigung dieses Vertrages nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden ist.
18Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 27.06.2011 wurde der Kläger mit sofortiger Wirkung als deren Geschäftsführer abberufen. Mit Schreiben vom 29.06.2011, mit dem dem Kläger seine Abberufung mitgeteilt wurde, wurde ihm zugleich die Kündigung seines Dienstvertrages zum 31.12.2011 erklärt. Gleichzeitig wurde er mit sofortiger Wirkung von seiner Tätigkeit bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses entbunden.
19Die Prozessbevollmächtigten des Klägers, der die Kündigung akzeptierte, wandten sich mit Schreiben vom 05.08.2011 an die Beklagte, in dem es u.a. wie folgt heißt:
20„(…) nachdem sämtliche Einzelmandate und auch das Beratungsmandat zwischen unserer Kanzlei und der Firma HGmbH einvernehmlich beendet worden sind, hat uns Ihr ehemaliger Geschäftsführer, Herr AZ (…), gebeten, das in seinem Dienstvertrag vorgesehene nachvertragliche Wettbewerbsverbot auf seine Wirksamkeit zu überprüfen.
21Nach entsprechender Überprüfung kommen wir zu dem Ergebnis, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot unwirksam ist.
22(…)
23Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen legt Herr Z Wert auf eine kurzfristige Bestätigung, dass seitens der Firma HGmbH sowie aller nach der Wettbewerbsregelung durch die Wettbewerbsvereinbarung begünstigten Unternehmen keinerlei Ansprüche aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot geltend gemacht werden. Für den Eingang der entsprechenden Erklärung [haben] wir eine Frist von 2 Wochen vorgemerkt.“
24Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten erwiderten darauf mit Schreiben vom 12.08.2010 (Bl. 22 – Anlage 4). Dort heißt es u.a.:
25„(…) Sie vertreten (…) die Auffassung´, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in Bezug auf Ihren Mandanten unwirksam sei. Diese Auffassung wird demgegenüber weder durch unsere Mandantin noch durch uns geteilt.
26Entgegen der von Ihnen vertretenen Auffassung ist das mit Ihrem Mandanten begründete nachvertragliche Verkehrsverbot vollumfänglich wirksam. Seitens unserer Mandantin wird daher ausdrücklich Wert auf die Einhaltung der Bestimmungen zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot durch ihren Mandanten gelegt.
27Namens und in Vollmacht unserer Mandantin fordern wir Ihrem Mandanten daher bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf, sich für die Zeit nach Beendigung des zwischen den Parteien begründeten Dienstvertrages jeglicher wettbewerbswidriger Betätigung zu enthalten.
28(…)
29Gleiches gilt selbstverständlich auch für die Einhaltung des vertraglichen Wettbewerbsverbotes für den Zeitraum bis zur Beendigung des Dienstvertrages am 31.12.2011. (…)“
30In einem weiteren Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 28.12.2011, teilten sie den Prozessbevollmächtigten des Klägers u.a. Folgendes mit:
31(…) Ungeachtet der wechselseitig vertretenen Auffassungen über die Wirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots (…) weisen wir ausdrücklich auf die Bestimmung in Ziffer 10.3 des Geschäftsführeranstellungsvertrages hin. (…)
32Wir fordern Ihren Mandanten hiermit namens und in Vollmacht unserer Mandantin auf, uns gegenüber unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 06.01.2012 rechtsverbindlich zu bestätigen, dass dieser sich an die vorgenannte Kundenschutzklausel halten wird. Selbstverständlich erhält Ihr Mandant für die Dauer des Wettbewerbsverbotes gemäß Ziffer 10.5 des Geschäftsführeranstellungsvertrages die dort vereinbarte Karenzentschädigung.
33Um die Höhe der Karenzentschädigung berechnen zu können, fordern wir ihren Mandanten zugleich auf, unserer Mandantin die erforderlichen Angaben gem. Ziffer 10.6 des Geschäftsführeranstellungsvertrages fristgerecht zu übermitteln.“
34Für den Monat Januar 2012 zahlte die Beklagte dem Kläger eine Karenzentschädigung in Höhe von 7.649,52 € brutto (= 5.086,93 € netto), wobei zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass es sich dabei der Höhe nach um die Hälfte der vertraglichen Vergütung im Sinne von Ziffer 10.5 des Dienstvertrages handelt.
35Nachdem die Zahlung der Karenzentschädigung für Februar 2012 ausblieb, ließ der Kläger die Beklagte durch seine Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 13.03.2012 zur Zahlung des von der Beklagten ermittelten Betrages in Höhe von 7.649,52 € unter Hinzusetzung einer Kostennote seiner Bevollmächtigten in Höhe von 661,16 € auffordern.
36Unmittelbar nach seiner Freistellung Ende Juni 2011 veranlasste der Kläger, dass der auf die Beklagte lautende Mobilfunkvertrag mit dem Telekommunikationsanbieter bezüglich des ihm zur Nutzung überlassenen Mobiltelefons (0172-2370091) auf ihn umgeschrieben wurde. Gleichermaßen veranlasste er die Umschreibung des Mobilfunkvertrages bezüglich des Mobiltelefons (0172-2370092) auf sich, das zuvor dem ebenfalls aus den Diensten der Beklagten ausgeschiedenen Mitarbeiter Izur Nutzung überlassen worden war. Ende August 2011 erwirkte die Beklagte gegen den Kläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Dortmund (7 O 277/11), in der dem Kläger zur Sicherung des Anspruchs der Beklagten auf Rückgabe aufgegeben wurde, die beiden SIM‑Karten zu den genannten Mobilfunknummern an einen Sequester herauszugeben, und es ihm untersagt wurde, die SIM‑Karten oder Mobilfunknummern bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu nutzen. In der nach Widerspruch des Klägers vor dem Landgericht Dortmund am 07.11.2011 durchgeführten mündlichen Verhandlung erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt, nachdem der Kläger zuvor die Erklärung abgegeben hatte, die SIM‑Karten über seinen Rechtsanwalt an die Klägerin herauszugeben, sobald bei diesem die ihm für diese Mobilfunknummern bis November 2011 angefallenen Grundgebühren eingegangen seien. Die Rückgabe der beiden SIM‑Karten erfolgte jedenfalls nicht in einem nahen zeitlichen Zusammenhang zum Gerichtstermin.
37Der Bruder des Klägers, BZ, ist Mehrheitsgesellschafter einer Gesellschaft, die ursprünglich einen 38 %‑igen Anteil an der ebenfalls auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätigen Z X GmbH L hielt. Weitere Anteile werden u.a. von Frau M (geb. Z) gehalten, bei der es sich um die Tochter des Bruders des Klägers handelt, die auch zur Geschäftsführerin der Z X GmbH bestellt worden war.
38Am 13.10.2011 verpfändete der Kläger sein Sparguthaben als Sicherheit für ein durch die O zugunsten der Z X GmbH ausgereichtes Darlehen über 286.400 € sowie für ein Mietaval über 13.518,70 €. Bereits zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte der Kläger nach eigenem Bekunden, nach Ablauf der vereinbarten Karenzzeit am 31.12.2012 einen Geschäftsanteil in Höhe von 37 % an der Z X GmbH zu erwerben.
39Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Z X GmbH vom 08.01.2013 ist der Kläger zum einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer bestellt worden. Darüber hinaus ist der Kläger seit Anfang 2013 – wie schon seit Ende 2011 beabsichtigt – an der Z X GmbH L als Gesellschafter mit Anteilen zu einem Nennwert von insgesamt 37.000 € (37 %) beteiligt.
40Der Kläger hat vorgetragen: Er habe weder während der Laufzeit des Vertrages noch nach Beendigung des Dienstvertrages irgendwelche Wettbewerbshandlungen vorgenommen. Vielmehr habe er sich jeglichen Wettbewerbs enthalten. Abwerbeversuche bei der P GmbH in Q habe es durch ihn am 16.11.2011 nicht gegeben. Nach Erlass der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Dortmund (Ende August 2011) habe er die beiden auf ihn umgeschriebenen Mobilfunknummern nicht mehr benutzt. Am 05.11.2011 sei er auch nicht unter der Mobilfunknummer ### Gesprächsteilnehmer der Detektivin R gewesen; es handele sich vielmehr um das Mobiltelefon seines Bruders, das er – der Kläger – nie genutzt habe. Die von der Beklagten vorgelegte SMS‑Korrespondenz mit S sei ihm nicht mehr erinnerlich; da er sich aber mit Herrn S duze, dürften sich die an ihn gerichteten Kurznachrichten nicht auf ihn, sondern seinen Bruder bezogen haben. Die von der Beklagten behaupteten Wettbewerbshandlungen bezögen sich jedenfalls nicht auf ein nachvertragliches Verhalten. Er sei nach seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten nicht für die Z X GmbH tätig gewesen; sein Bruder sei auch nicht Gesellschafter dieses Unternehmens. Sollte sich die Regelung über die Karenzentschädigung als unwirksam erweisen, ergebe sich der von ihm geltend gemachte Anspruch jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung.
41Der Kläger hat beantragt,
42die Beklagte zu verurteilen, an ihn
43- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.02.2012,
44- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2012,
45- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012,
46- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2012,
47- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2012,
48- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2012,
49- 7.649,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2012
50sowie
51weitere 661,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.04.2012
52zu zahlen.
53Die Beklagte hat beantragt,
54die Klage abzuweisen.
55Sie hat vorgetragen, dass der Kläger während der Zeit seiner Freistellung – also zwischen dem 29.06.2011 und dem 31.12.2011 – mehrfach gegen das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen habe. Am 16.11.2011 habe er Mitarbeiter der P GmbH in Q davon zu überzeugen versucht, die Vertragsverhältnisse mit der Beklagten aufzulösen und zur Z X GmbH zu wechseln. Zugleich habe er eine Visitenkarte zurückgelassen, die auf die Z X GmbH gelautet habe. Der SMS-Korrespondenz des Klägers lasse sich entnehmen, dass er bereits während der Zeit seiner Freistellung begonnen habe, das Wettbewerbsunternehmen Z X GmbH aufzubauen. Die Umschreibung der beiden Firmenmobilfunknummern auf den Kläger sei allein deswegen erfolgt, um mit diesen (bekannten) Telefonnummern im geschäftlichen Verkehr für Mitarbeiter und Kunden zu Gunsten der Z X GmbH agieren zu können. Bezeichnend sei auch, dass ein durch die Detektivin R am 05.11.2011 vorgenommener Anruf bei einer der Z X GmbH zuzuordnenden Mobilfunknummer (###) durch den Kläger entgegengenommen worden sei. Darüber hinaus spreche auch die Verpfändung des Sparguthabens durch den Kläger zur Besicherung eines Darlehens und eines Mietavals in Höhe von insgesamt rund 300.000 € zugunsten der Z X GmbH für sich. Der Kläger verhalte sich mit der vorliegenden Klage auch treuwidrig, da er sich außergerichtlich auf die Unwirksamkeit dieser Regelung berufen habe. Die Karenzentschädigung sei zumindest verwirkt, da der Kläger die Z X GmbH gemeinsam mit weiteren Personen aufgebaut habe. Die Zahlung der Karenzentschädigung für Januar 2012 sei irrtümlich durch die Finanzbuchhaltung in T angewiesen worden.
56Das Landgericht hat die Beklagte mit der angefochtenen Entscheidung, auf die Bezug genommen wird, antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch aus Ziffer 10.5 seines Anstellungsvertrages ergebe. Das vereinbarte Wettbewerbsverbot sei wirksam und verstoße weder gegen § 74 Abs. 2 HGB noch gegen § 138 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 12 GG oder § 307 Abs. 1 BGB. Die von der Beklagten vorgebrachten Einwendungen seien nicht durchgreifend. Der Kläger habe nicht auf die Geltendmachung des Karenzanspruchs verzichtet und seine Geltendmachung sei auch nicht treuwidrig. Schließlich sei die Karenzentschädigung auch nicht wegen Zuwiderhandlungen gegen die in Ziffer 10.7 des Anstellungsvertrages enthaltene Vertragsstrafenregelung ausgeschlossen. Diese Regelung sei dahin auszulegen, dass sie Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot nur insoweit sanktioniere, als diese nach Beendigung des Anstellungsvertrages lägen. Die von der Beklagten allein geltend gemachten Verstöße des Beklagten während des Zeitraums seiner Freistellung würden davon nicht erfasst, sondern unterfielen der Regelung in Ziffer 9 des Anstellungsvertrages.
57Die Beklagte rügt mit der Berufung, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Parteien durch ein wirksames Wettbewerbsverbot miteinander verbunden seien, und dass der Kläger dieses zudem nicht verletzt habe. Sie habe ausdrücklich vorgetragen, dass aufgrund der vom Kläger noch während der Vertragslaufzeit vorgenommenen Wettbewerbshandlungen das Wettbewerbsverbot aufgekündigt worden sei. Die Anweisung der Karenzentschädigung für den Monat Januar 2012 sei – worauf auch hingewiesen worden sei – durch die zentrale Finanzbuchhaltung irrtümlich erfolgt und lasse nicht den vom Landgericht gezogenen Schluss zu, sie habe an dem Wettbewerbsverbot festhalten wollen. Zudem lege die Gründung eines eigenen Unternehmens durch den Kläger und seinen Bruder (BZ) nahe, dass er nicht nur während der Laufzeit des Anstellungsvertrages im Wettbewerb zu ihr gestanden habe, sondern insbesondere auch danach. Die vom Landgericht vorgenommene Differenzierung zwischen Verstößen gegen das vertragsimmanente und gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei nicht nachvollziehbar. Wenn der Kläger bereits während der Dauer seines Anstellungsvertrages Wettbewerbshandlungen durch das von ihm gegründete Unternehmen vorgenommen habe, so begründe dies zumindest den Anschein dafür, dass er entsprechende Handlungen auch nach dessen Beendigung vorgenommen habe.
58Sie beantragt,
59die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
60Der Kläger beantragt,
61die Berufung zurückzuweisen.
62Er ist dem Berufungsvorbringen entgegengetreten und verteidigt die angefochtene Entscheidung unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend. Er bestreitet, mit seinem Bruder ein eigenes Unternehmen gegründet zu haben, um der Beklagten dauerhaft Wettbewerb zu machen. Unzutreffend sei auch der Vortrag der Beklagten, sie habe ihm nach seiner vor Ablauf des Anstellungsvertrages erfolgten Mitteilung, er halte das nachvertragliche Wettbewerbsverbot für unwirksam, ihrerseits mitgeteilt, dass sie eine Karenzentschädigung nicht zahlen werde, worin eine Aufkündigung des Wettbewerbsverbotes zu sehen sei. Die Behauptung der Beklagten, die Auszahlung der Karenzentschädigung sei irrtümlich erfolgt, stelle sich vor dem Hintergrund des (dargelegten) Schriftwechsels als bloße Schutzbehauptung dar und werde zudem erstmals mit der Berufung erhoben. Er bestreitet erneut, sich nach Erhalt der Kündigung durch die Beklagte für eine gemeinsam mit seinem Bruder betriebene Wettbewerbsfirma finanziell verpflichtet zu haben.
63II.
641.
65Der Antrag der Beklagten, das Verfahren gem. § 149 ZPO auszusetzen, war zurückzuweisen, da die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen. Dabei reicht jedoch die bloße Erwartung eines weiteren Erkenntnisgewinns durch ein Strafverfahren nicht aus, wenn schon nicht ersichtlich ist, ob und inwieweit die Ermittlungen auf die Entscheidung von Einfluss sein sollen.
662.
67Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg und führt in Abänderung der angefochtenen Entscheidung zur Abweisung der Klage. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung zu.
68a)
69Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung gem. Ziffer 10.5 S. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Anstellungsvertrages vom 08.10/14.10.2008 nicht in Betracht. Dort ist zwar bestimmt, dass der Geschäftsführer während der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eine Entschädigung erhält, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von dem Geschäftsführer zuletzt bezogenen vertraglichen Vergütung beträgt, jedoch ist diese Regelung wegen der Nichtigkeit des Wettbewerbsverbotes ebenfalls unwirksam.
70Das vereinbarte Wettbewerbsverbot, für dessen Einhaltung die Karenzentschädigung gewährt werden sollte, verstößt gegen § 138 BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 04.03.2002 – II ZR 77/00, NJW 2002, 1875 (1876)), der der Senat folgt, hält die vorzunehmende Kontrolle der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbot diesem Maßstab nur stand, wenn das mit einem Geschäftsführer vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot in zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht auf das notwendige Maß beschränkt bleibt. Wettbewerbsverbote sind nur gerechtfertigt, soweit und solange sie erforderlich sind, um die Partner des aus einer Gesellschaft Ausgeschiedenen vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit oder vor einem Missbrauch der Ausübung der Berufsfreiheit zu schützen (BGH, Urteil vom 29.09.2003 – II ZR 59/02, WM 2003, 2334 - juris Rz. 7). Soweit dieses Interesse nicht betroffen ist, beschränken derartige Abreden die Freiheit der Berufsausübung unangemessen und sind sittenwidrig (BGH, Urteil vom 14.07.1997 – II ZR 238/96, NJW 1997, 3089 –juris Rz. 5 m.w.N.).
71aa)
72Das vorliegend in Ziffer 10.1 des Anstellungsvertrages vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot wird dem nicht gerecht. Jedenfalls in gegenständlicher Hinsicht geht die Umgrenzung dessen, was dem Kläger während der Karenzzeit verboten ist, deutlich über die berechtigten Interessen der Beklagten hinaus, sich davor zu bewahren, dass der Geschäftsführer die in dem Unternehmen erlangten Kenntnisse und Verbindungen zu ihrem Schaden ausnutzt (vgl. BGH, Urteil vom 04.03.2002 – II ZR 77/00, NJW 2002, 1875 (1876)).
73(1)
74Nach Ziffer 10.1 S. 1 des Anstellungsvertrages darf der Kläger in keiner Weise für ein Wettbewerbsunternehmen tätig werden, da ihm ein Tätigwerden „gleich aus welchem Grund, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise“ untersagt ist. Das ist zu weitgehend, da kein schutzwürdiges Interesse der Beklagten daran besteht, dass der Kläger nicht für ein Wettbewerbsunternehmen in einer Weise tätig wird, das keinen Bezug zu dem Tätigkeitsbereich des Klägers bei der Beklagten, seiner dort relevanten Fachkompetenz oder zu ihren Kunden aufweist.
75(2)
76Ebenso ist es dem Kläger nach der vertraglichen Regelung untersagt, für ein Unternehmen tätig zu werden, das „mit einem Wettbewerbsunternehmen“ verbunden ist. Auch diese Beschränkung ist unangemessen. Denn die Beklagte ist nicht von einer illegitimen Ausnutzung der Kenntnisse, die der Kläger bei ihr erworben hat, bedroht, wenn er bei einem nicht im Wettbewerb zur Beklagten stehenden Unternehmen tätig werden möchte, das einem Konzern angehört, zu dem auch ein im Wettbewerb mit der Beklagten stehendes Zeitarbeits-Unternehmen gehört.
77(3)
78Schließlich ist es auch zu weitgehend, wenn dem Kläger nach Ziffer 10 S. 2 des Anstellungsvertrages untersagt wird, ein im Wettbewerb zur Beklagten stehendes Unternehmen „zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen“. Denn damit wird selbst eine rein kapitalistische Beteiligung an einem Wettbewerbsunternehmen erfasst, die ohne die Möglichkeit und Absicht einer unternehmerischen Einflussnahme eingegangen werden soll.
79bb)
80Eine geltungserhaltende Reduktion eines in gegenständlicher Hinsicht über das notwendige Maß hinausgehenden Wettbewerbsverbotes kommt wegen der Notwendigkeit der Sanktionierung der übermäßigen Beschränkung anders als bei einem lediglich in zeitlicher Hinsicht überschießenden Verbot nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2000 – II ZR 308/98, NZG 2000, 831 – juris Rz. 13 m.w.N.). Der Nichtigkeit steht auch nicht entgegen, dass als Gegenleistung für die Beachtung des Wettbewerbsverbotes eine Karenzentschädigung versprochen worden ist, da sich damit das Fehlen eines berechtigten Gesellschaftsinteresses nicht kompensieren lässt (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Auflage 2012, § 6 Rdn. 87 m.w.N.).
81b)
82Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zahlung der Klageforderung gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB zu. Auch wenn eine vertraglich auferlegte Unterlassung – bei der es sich ebenfalls um eine Leistung i.S.v. § 241 Abs. 1 S. 2 BGB handelt (vgl. Köhler, AcP 190 (1990), 496 (532) – im Falle der Unwirksamkeit der zugrunde liegenden Vertragsklausel als Kondiktionsgegenstand anzusehen ist, wozu insbesondere ein vertraglich vereinbartes, aber nichtiges Wettbewerbsverbot gehört (vgl. Staudinger/Lorenz, BGB, Neubearbeitung 2007, § 812 Rdn. 65), hat sich der Senat nicht die Überzeugung bilden können, dass sich der Kläger in dem Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2012 im Verhältnis zur Beklagten jedes wettbewerbswidrigen Handelns enthalten hat, da insoweit Zweifel verbleiben, die zu seinen Lasten gehen.
83Grundsätzlich trägt für die Voraussetzungen des § 812 BGB – und damit auch für das Unterlassen von Wettbewerb als das erlangte Etwas – der Kläger als Bereicherungsgläubiger die Darlegungs- und Beweislast (Palandt/Sprau, BGB, 73. Auflage 2014, § 812 Rdn. 103). Allerdings trifft nach der ständigen Rechtsprechung des BGH den Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei eine sogenannte sekundäre Darlegungslast, wodurch eine unbillige Belastung der beweispflichtigen Partei vermieden werden soll (BGH, Urteil vom 24.03.2010 – XII ZR 175/08, NJW 2010, 1813 (1814) – Rz. 20 m.w.N.). Der Behauptung des Klägers, sich im Jahr 2012 gegenüber der Beklagten jeglicher Wettbewerbstätigkeit enthalten zu haben, ist die Beklagte mit entsprechendem Vortrag entgegengetreten, der selbst bei Wahrunterstellung der Behauptung des Klägers, dass die von der Beklagten im Übrigen dargelegten Wettbewerbshandlungen (Versuch der Abwerbung der P GmbH durch den Kläger am 16.11.2011 in Q, Korrespondenz des Klägers per SMS über betriebliche Belange der Z X GmbH in der zweiten Hälfte des Jahres 2011, Meldung des Klägers am 05.11.2011 unter einer der Z X GmbH zuzuordnenden Mobilfunknummer) unrichtig seien, Zweifel daran begründet, dass er – wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12.05.2014 erklärt hat – im Jahr 2012 „die Füße still gehalten“ habe.
84aa)
85Zwischen den Parteien ist jedenfalls in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12.05.2014 unstreitig geworden, dass der Kläger unter dem 13.10.2011 ein näher bezeichnetes Sparguthaben zugunsten der Deutschen Bank als Sicherheit für ein der Z X GmbH ausgereichtes Darlehen über 286.400 € sowie für ein Mietaval über 13.518,70 € verpfändet hat. Soweit der Kläger zuletzt mit nicht mehr nachgelassenem Schriftsatz vom 09.07.2014 mit Nichtwissen bestritten hat, dass das verpfändete Sparguthaben der Sicherung eines Darlehens und eines Mietavals dient, ist dies allein schon deswegen unzulässig und unbeachtlich, weil der Sicherungszweck Gegenstand der von ihm am 13.10.2011 unterzeichneten Verpfändungsurkunde und damit Gegenstand seiner Wahrnehmung gewesen ist (Anlage B29 zum SS Beklagte vom 19.08.2013).
86Die Bestellung einer solchen dauerhaft auch bis in das Jahr 2012 fortbestehenden Sicherheit zugunsten der im Wettbewerb zur Beklagten stehenden Z X GmbH zur Erlangung von Kreditmitteln begünstigt diese objektiv in ihren Möglichkeiten unternehmerischen Handelns und stellt damit ein wettbewerbswidriges Verhalten des Klägers dar, das für sich genommen schon geeignet ist, die Beachtung des Wettbewerbsverbotes im Jahr 2012 in Zweifel zu ziehen.
87Der ergänzende Vortrag des Klägers in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 27.05.2014 gibt keinen Anlass, von dieser Beurteilung abzuweichen. Dass eine finanzielle Unterstützung der Z X GmbH gar nicht beabsichtigt gewesen sei, sondern er gegenüber seinem Bruder noch im Jahr 2011 die Ernsthaftigkeit des von ihm nach Ablauf der Karenzzeit beabsichtigten Anteilserwerbs an dieser Gesellschaft habe dokumentieren sollen und wollen, betrifft allein das Motiv der Bereitschaft zur Sicherheitsleistung. Auch wenn der Kläger dies nicht primär gewollt haben will, ändert dies nichts daran, dass es sich faktisch um eine wettbewerbswidrige Unterstützungshandlung durch den Kläger gehandelt hat.
88bb)
89Hinzu kommt, dass zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig ist, dass der Kläger die ihm und dem ebenfalls freigestellten Mitarbeiter Ivon der Beklagten in erster Linie zur dienstlichen Nutzung überlassenen Mobiltelefone, über die sie in der Vergangenheit für die Kunden der Beklagten erreichbar waren, in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Abberufung und Freistellung als Geschäftsführer am 29.06.2011 auf sich hat umschreiben lassen und er nach eigenem Bekunden diese Nummern jedenfalls bis zum Erlass der ihm dies untersagenden einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Dortmund Ende August 2011 genutzt hat.
90Dem nachvollziehbaren – vom Kläger bestrittenen – Argwohn der Beklagten, der Kläger habe diese Rufnummern allein deswegen „mitgenommen“, da sie den Kunden der Beklagten als „direkter Draht“ zu ihrer Geschäftsleitung bekannt gewesen seien und ihm deshalb die Möglichkeit zur Abwerbung ihrer Kunden eröffne, ist der Kläger nur unzureichend entgegengetreten. Seine Darstellung, die Umschreibung sei allein deswegen erfolgt, da er das ihm überlassene Mobiltelefon auch für private Zwecke habe nutzen dürfen und alle seine privaten Kontakte über diese Nummer mit ihm in Kontakt gestanden hätten, gibt schon für sich genommen zu Zweifeln Anlass, zumal dies keine Rechtfertigung dafür ist, auch die Mobilfunknummer des ebenfalls ausgeschiedenen Mitarbeiters Iauf sich umzuschreiben. Entscheidend ist allerdings, dass der Kläger für diese innere Tatsache auch in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 27.05.2014 keinen Beweis angetreten hat, durch den auf die private Erreichbarkeit als alleinigem Beweggrund für die Mitnahme der Mobilfunknummer geschlossen und damit die Unrichtigkeit der daher zugrunde zu legenden Darstellung der Beklagten festgestellt werden kann.
91Auch wenn die erfolgte Umschreibung der Mobilfunknummern außerhalb des vom Kläger zu beachtenden Karenzzeitraumes lag und der Kläger eine Nutzung der Mobilfunknummern jenseits des Erlasses der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Dortmund Ende August 2011 in Abrede stellt, stellt die Mitnahme der Mobilfunknummern – unabhängig davon, dass der Kläger die entsprechenden SIM‑Karten nach eigenem Bekunden in dem nicht mehr nachgelassenen Schriftsatz vom 09.07.2014 ohnehin erst im Mai 2012 herausgegeben haben will – bereits für sich genommen einen Umstand dar, der Anlass gibt, an der Einhaltung des Wettbewerbsverbots durch den Kläger im Jahr 2012 zu zweifeln. Denn wenn nach dem nicht widerlegten Vortag der Beklagten davon auszugehen ist, dass die Mitnahme der Mobilfunknummern zur Kontaktpflege mit den Kunden der Beklagten erfolgt ist und weiter der – ebenfalls unstreitige – Umstand berücksichtigt wird, dass der Kläger am 08.01.2013, also unmittelbar nach Ablauf der am 31.12.2012 endenden Karenzeit zum Geschäftsführer der Z X GmbH L bestellt worden ist und er sich zudem noch in einem namhaften Umfang (37 %) – wie es von ihm bereits vor Beginn der Karenzzeit beabsichtigt war – an der Wettbewerberin beteiligt hat, vermag sich der Senat nicht die Überzeugung zu bilden, dass sich der Kläger lediglich vor und unmittelbar nach der Karenzzeit – abgesehen von der ohnehin dauerhaft gewährten Sicherheit durch Verpfändung eines Sparguthabens – im Verhältnis zur Beklagten Wettbewerbshandlungen vorgenommen hat, nicht jedoch während der Karenzzeit selbst.
92c)
93Schließlich ergibt sich ein für den Kläger auch kein Zahlungsanspruch aus dem Inhalt des Schreibens der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 28.12.2011, dessen Inhalt und Authentizität zwischen den Parteien unstreitig ist. Dort heißt es nach der an den Kläger gerichteten Aufforderung, sich an das Wettbewerbsverbot zu halten, dass der Kläger selbstverständlich die in Ziffer 10.5 des Anstellungsvertrages vereinbarte Karenzentschädigung erhalte. Damit gibt die Beklagte nur die aus ihrer Sicht bestehende – aber unzutreffende – Rechtslage wieder. Wollte man darin eine erneute Abrede der Zahlung einer Karenzentschädigung bei Beachtung des Wettbewerbsverbotes mit dem ursprünglich vereinbarten Inhalt sehen, wäre diese jedoch ebenfalls aus den genannten Gründen gem. § 138 BGB nichtig.
943.
95Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
96Veranlassung, die Revision zuzulassen bestand nicht, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Urteil, 14. Juli 2014 - 8 U 131/12
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Oberlandesgericht Hamm Urteil, 14. Juli 2014 - 8 U 131/12 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.
(2) Das Gericht hat die Verhandlung auf Antrag einer Partei fortzusetzen, wenn seit der Aussetzung ein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung der Aussetzung sprechen.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Koblenz unter Abweisung des Hilfsantrags im übrigen dahin geändert, daß die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger über die ausgeurteilten 2.456,10 DM nebst Zinsen hinaus weitere 79.761,53 156.000,00 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 1. März 2000 zu zahlen; die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 40 % dem Kläger und zu 60 % der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien sind Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Sie waren alleinige Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "Dr. H. und Partner, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater", aus der die Beklagte zum 28. Februar 1998 ausschied. Der Auseinandersetzungsvertrag der Parteien vom 3. April 1998 enthält u.a. die Verpflichtung der Beklagten, "für die Dauer von fünf Jahren nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft weder im Rahmen einer eigenen Praxis noch im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses unmittelbar oder mittelbar für solche Auftraggeber tätig zu werden, die in den letzten zwei Jahren vor ihrem Ausscheiden Auftraggeber der Gesellschaft waren". Die Beklagte erhielt im Hinblick auf das langjährige Wettbewerbsverbot eine Karenzentschädigung von 260.000,00 DM.
Mandantin der Gesellschaft war die Modeboutique C., mit deren Inhaberin die Beklagte befreundet ist und die sie selbst seinerzeit als Mandantin der Gesellschaft gewonnen hatte. Nach ihrem Ausscheiden hat die Beklagte dieses Mandat selbst wahrgenommen. Hierin sieht der Kläger einen Verstoß gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot. Er hat die Beklagte, gestützt auf eine für den Fall der Mandatsübernahme im Auseinandersetzungsvertrag getroffene Regelung, auf Zahlung von 2.456,10 DM in Anspruch genommen und außerdem beantragt, sie zu verurteilen, die steuerliche Beratung der Inhaberin der Modeboutique, insbesondere die Erstellung von Steuererklärungen und Jahresabschlüssen für sie oder ein in ihrem Vermögen befindliches Einzelunternehmen zu unterlassen; hilfsweise hat er beantragt, die Beklagte zur Rückzahlung der Entschädigung von 260.000,00 DM nebst Zinsen zu verurteilen, und sich dabei auf § 5 Nr. 7 der Auseinandersetzungsvereinbarung berufen, die be-
stimmt, daß bei gerichtlich festgestellter gänzlicher oder teilweiser Unwirksamkeit der Wettbewerbsklausel die Entschädigung zurückzuzahlen ist.
Das Landgericht hat dem Antrag auf Zahlung der Vertragsstrafe stattgegeben. Das Unterlassungsbegehren hat es mit der Begründung abgewiesen, das Wettbewerbsverbot sei unwirksam, soweit es den - bei Urteilserlaß bereits verstrichenen - Zeitraum von zwei Jahren übersteige. Über den Hilfsantrag hat das Landgericht nicht entschieden. Es hat nämlich angenommen, der Kläger habe diesen Antrag unter die - nach seinem Urteil nicht eingetretene - Bedingung gestellt, daß das Wettbewerbsverbot insgesamt als unwirksam behandelt werde.
Das Oberlandesgericht hat die gegen die Abweisung von Unterlassungsund Hilfsantrag eingelegte Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens übereinstimmend für erledigt erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist hinsichtlich des Hilfsantrags teilweise begründet und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Verurteilung der Beklagten in Höhe von 79.761,53 156.000,00 DM); im übrigen war sie bis zur Erledigungserklärung unbegründet.
I. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß das von den Parteien vereinbarte Wettbewerbsverbot nur für eine Dauer von zwei Jahren Wirksamkeit beanspruchen konnte.
Nach der Rechtsprechung des Senats zu nachvertraglichen Wettbe- werbsverboten verstoßen derartige Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit nur dann nicht gegen § 138 BGB, wenn sie räumlich, zeitlich und gegenständlich das notwendige Maß nicht überschreiten (Sen.Urt. v. 8. Mai 2000 - II ZR 308/98, WM 2000, 1496, 1498; v. 14. Juli 1997 - II ZR 238/96, WM 1997, 1707; v. 29. Januar 1996 - II ZR 286/94, NJW-RR 1996, 741, 742). Wettbewerbsverbote sind nur gerechtfertigt, soweit und solange sie erforderlich sind, um die Partner des aus einer Gesellschaft Ausgeschiedenen vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit oder vor einem Mißbrauch der Ausübung der Berufsfreiheit zu schützen. Da sich die während der Zugehörigkeit zur Gesellschaft geknüpften Verbindungen typischerweise nach einem Zeitraum von zwei Jahren so gelöst haben, daß der ausgeschiedene Partner wie jeder andere Wettbewerber behandelt werden kann, überschreitet ein über zwei Jahre hinausgehendes Wettbewerbsverbot das in zeitlicher Hinsicht notwendige Maß (vgl. Sen.Urt. v. 8. Mai 2000 aaO).
Für den vorliegenden Fall gilt entgegen der Ansicht der Revision nichts anderes. Er unterscheidet sich von den der zitierten Senatsrechtsprechung zugrundeliegenden Fällen zwar dadurch, daß das Wettbewerbsverbot nicht bei Gründung oder während des Bestehens der Sozietät, sondern erst in dem Vertrag vereinbart wurde, mit dem die Parteien ihre Gesellschaft auseinander setzten. Diesen Unterschied hat das Berufungsgericht jedoch mit Recht für unerheblich gehalten, weil er für die Frage der mit Rücksicht auf Art. 12 GG notwendigen zeitlichen Beschränkung eines - wie hier weiteren rechtlichen Bedenken nicht begegnenden - Wettbewerbsverbots ersichtlich keine Rolle spielen kann. Insoweit ist allein der Zeitraum maßgeblich, in dem sich Bindungen aus der Zeit der Gesellschaftszugehörigkeit nach deren Beendigung so zu lockern
pflegen, daß ein über diesen Zeitraum hinausgehendes Wettbewerbsverbot mit den guten Sitten nicht mehr zu vereinbaren ist.
Auch die von dem verbleibenden Gesellschafter übernommene wettbewerbsbeschränkende Verpflichtung, fünf Jahre lang nicht für Auftraggeber tätig zu werden, die ihren Firmensitz am Wohn- und Tätigkeitsort der Beklagten in B. M. haben (§ 5 Nr. 3 aaO), rechtfertigt es nicht, ein über zwei Jahre hinausgehendes Wettbewerbsverbot für die Beklagte hier ausnahmsweise als wirksam zu erachten. Diese Verpflichtung der Gesellschaft ändert nichts daran, daß das Wettbewerbsverbot nicht über den zur Durchsetzung seines anzuerkennenden Zwecks erforderlichen Zeitrahmen hinaus ausgedehnt werden darf und dieser Zeitrahmen sich allein nach der Dauer der aus der Tätigkeit der Beklagten für die Gesellschaft nachwirkenden Verbindungen bestimmt. Für diese kommt es auf etwaige von der Gesellschaft im Gegenzug für das von der Beklagten übernommene Wettbewerbsverbot eingegangene Verpflichtungen, für die im übrigen ebenfalls die Zwei-Jahres-Grenze gilt, nicht an.
Grundsätzliche Bedenken gegen eine auf höchstens zwei Jahre begrenzte Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit macht die Revision mit Recht nicht geltend, ergibt sich doch gerade aus der in Rede stehenden Wettbewerbsvereinbarung der Parteien, daß auch sie von einer weitgehenden Lockerung der während der Gesellschaftszugehörigkeit geknüpften Verbindungen der Beklagten nach zwei Jahren ausgingen. Die Mandantenschutzklausel betrifft nur die Auftraggeber, die sich in den letzten zwei Jahren vor dem Ausscheiden der Beklagten durch die Gesellschaft in steuerlichen Dingen haben beraten lassen.
II. Das Berufungsgericht hat dem Hilfsantrag des Klägers den Erfolg ver- sagt, weil es insofern an jeglichem Berufungsangriff fehle und die in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz nachgeschobene kurze Begründung hierfür nicht ausreiche. Das hält den Angriffen der Revision nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen, die im vorliegenden Fall an die Berufungsbegründung zu stellen sind, überspannt und sich damit den Weg zu der gebotenen Sachentscheidung verstellt.
1. Die pauschale Bezugnahme auf den Sachvortrag oder die Rechtsausführungen erster Instanz stellt zwar grundsätzlich keine ausreichende Berufungsbegründung dar (allgemeine Ansicht, vgl. Zöller/Gummer, ZPO 23. Aufl. § 520 Rdn. 40 m.w.N.). Sie ist jedoch ausnahmsweise hinsichtlich solchen Vorbringens zulässig, das in erster Instanz aus Rechtsgründen nicht behandelt wurde, als rechtlich unerheblich oder unsubstantiiert behandelt oder gänzlich übergangen wurde (Zöller/Gummer aaO). Ein solcher Fall liegt hier vor, so daß es ausnahmsweise unschädlich ist, daß der Kläger den Punkt nicht ausdrücklich , sondern nur durch Verweisung auf seinen erstinstanzlichen Vortrag angesprochen hat. Nach dem von dem Landgericht in seiner Entscheidung selbst dargestellten Vorbringen des Klägers konnte für das Berufungsgericht nicht zweifelhaft sein, daß er - wenn er mit seinem näher ausgeführten Berufungsangriff betreffend die angebliche Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots nicht durchdringen sollte - zumindest die für ein fünfjähriges Wettbewerbsverbot gezahlte Karenzentschädigung ganz oder teilweise zurückfordern wollte. Über den Antrag und die Bezugnahme auf den Vortrag aus erster Instanz hinaus mußte der Kläger hier nichts vortragen.
2. Der Hilfsantrag ist teilweise, nämlich in Höhe von 156.000,00 DM = 79.761,53 % Zinsen seit Rechtshängigkeit begründet.
Das Rückzahlungsverlangen des Klägers steht nicht unter der Bedingung , daß das von den Parteien vereinbarte Wettbewerbsverbot insgesamt unwirksam ist. Die gegenteilige Annahme des Landgerichts beruht auf einer schon vom Wortlaut des Vertrages nicht nahegelegten, im übrigen die Regelung des § 5 Nr. 7 der Auseinandersetzungsvereinbarung übergehenden und die Interessen des Klägers gänzlich außer acht lassenden Auslegung seines Vorbringens. Nach ihr könnte der Kläger mit dem ausdrücklich im Vertrag bedungenen Recht zur Rückforderung der Karenzentschädigung gerade dann nicht, auch nicht teilweise, durchdringen, wenn das Wettbewerbsverbot - nur - teilunwirksam sein sollte, die Beklagte also nur für kürzere Zeit als vorgesehen wettbewerbsrechtlich gebunden war.
Der Kläger kann Rückzahlung von drei Fünfteln der an die Beklagte für das vereinbarte Wettbewerbsverbot gezahlten Entschädigung verlangen. Die vorstehend erwähnte Bestimmung der Auseinandersetzungsvereinbarung rechtfertigt die Rückforderung der gesamten Entschädigung trotz nur teilweiser Unwirksamkeit des Verbots nicht. Die der Beklagten gezahlte Entschädigung war zur Abgeltung des für die Dauer von fünf Jahren vereinbarten Wettbewerbsverbots bestimmt. Da das Verbot für eine Dauer von zwei Jahren Wirksamkeit beanspruchen konnte, kann der Beklagten für diesen Zeitraum eine Entschädigung nicht abgesprochen werden. Der Kläger hat daher nur Anspruch auf Rückzahlung desjenigen Teils der Entschädigung, der auf die drei Jahre entfällt, in denen das Verbot nach zutreffender Auffassung der Vorinstanzen nicht mehr wirksam war, also auf drei Fünftel des Gesamtbetrages der Entschädigung , mithin 156.000,00 DM.
Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe das Wettbewerbsverbot während der gesamten Zeitspanne von fünf Jahren beachtet. Dies ist nicht nur in der Revisionsinstanz unzulässiger neuer Vortrag, sondern steht auch in Widerspruch dazu, daß die Beklagte, wie u.a. aus ihrem Klagabweisungsantrag ersichtlich ist, die Gültigkeit des Wettbewerbsverbots in erster Linie in Abrede genommen, allenfalls dessen Gültigkeit für zwei Jahre als denkbar hingestellt hat.
Goette Kraemer Münke
Gehrlein Strohn
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien sind geschiedene Eheleute und streiten über nachehelichen Unterhalt sowie dessen Befristung.
- 2
- Die Parteien heirateten im August 1990. Sie waren seinerzeit beide 22 Jahre alt. Aus der Ehe sind zwei Söhne (die Kläger zu 2 und 3) hervorgegangen , die 1992 und 1995 geboren wurden. Die Ehe wurde nach Trennung der Parteien im September 2004 auf den seit Dezember 2005 rechtshängigen Scheidungsantrag im August 2006 geschieden. Der Unterhalt für die beiden Söhne ist durch Jugendamtsurkunde aus dem Jahr 2006 mit je 135 % der damaligen Regelbeträge tituliert, für die Zeit ab Februar 2008 aufgrund des erstinstanzlichen Urteils im vorliegenden Verfahren mit 112,1 % des Mindestunterhalts nach § 1612 a Abs. 1 BGB.
- 3
- Der Beklagte ist technischer Angestellter. Die Klägerin hatte bei Eheschließung keine Berufsausbildung. Eine nach der Eheschließung begonnene Ausbildung zur Köchin musste sie wegen einer Nickelallergie abbrechen, auch eine anschließend aufgenommene Berufsausbildung zur Bürokauffrau beendete sie unter anderem aus gesundheitlichen Gründen. Nach der Geburt des ersten Sohnes arbeitete sie zunächst nicht mehr. Von April 2004 bis April 2006 war sie geringfügig beschäftigt, von Mai 2006 bis Juni 2006 arbeitete sie in Teilzeit als Vertriebsmitarbeiterin. Sie erkrankte in dieser Zeit an einem Nasenkarzinom und wurde zweimal operiert. Später litt sie an einer Belastungsstörung und wurde teilstationär in einer Tagesklinik behandelt. Von Mai 2008 bis August 2008 war sie mit 30 Wochenstunden im Schichtdienst beschäftigt, arbeitete krankheitsbedingt aber wiederum nur einen Monat. Die Klägerin ist zu 60 % schwerbehindert.
- 4
- Die Klägerin hat sich für ihren Unterhaltsanspruch unter anderem auf die Betreuungsbedürftigkeit der unter gesundheitlichen Beschwerden leidenden Söhne berufen. Der Beklagte hat eingewandt, dass der Unterhalt bis Februar 2009 zu befristen sei.
- 5
- Das Amtsgericht hat - neben dem Kindesunterhalt - den Ehegattenunterhalt unbefristet ab Februar 2008 in Höhe von monatlich 342 € zugesprochen. Das Oberlandesgericht hat die vom Beklagten hinsichtlich des Ehegattenunterhalts eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision ver- folgt der Beklagte weiterhin eine Befristung des Unterhalts und die entsprechende Abweisung der weitergehenden Klage ab März 2009.
Entscheidungsgründe:
I.
- 6
- Das Berufungsgericht ist in seinem in FamRZ 2009, 519 veröffentlichten Urteil davon ausgegangen, dass sich der Unterhalt ab März 2009 allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergebe und ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB nicht mehr bestehe.
- 7
- Eine Befristung sei nicht vorzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme es für die Frage der Befristung vorwiegend darauf an, ob die Klägerin ehebedingte Nachteile erlitten habe.
- 8
- Im vorliegenden Fall habe der Beklagte nicht dargelegt, dass der Klägerin durch die Ehe und die dort gewählte Rollenverteilung keine Erwerbsnachteile entstanden seien. Die Ehe habe bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags 15 Jahre und vier Monate bestanden. Die Klägerin habe sich nach der Geburt des ersten Sohnes abgesehen von geringfügigen Beschäftigungszeiten ausschließlich der Betreuung und Erziehung der beiden Kinder gewidmet. Entgegen der Auffassung des Beklagten ließen sich ehebedingte Nachteile nicht mit der Begründung verneinen, dass die Klägerin weder vor noch während der Ehe einen qualifizierten Berufsabschluss erworben habe, so dass ihr nach dem Scheitern der Ehe keine Erwerbsmöglichkeiten verschlossen seien, die sich ihr ohne die in der Ehezeit eingelegte Berufspause eröffnet hätten. Insoweit bliebe nämlich unberücksichtigt, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Eheschließung erst 22 Jahre alt gewesen sei und kurz zuvor erst den Realschulabschluss nachgeholt habe, sie also zu diesem Zeitpunkt noch am Anfang ihres beruflichen Werdegangs gestanden habe. Wie sich ihre weitere berufliche Entwicklung ohne die Ehe gestaltet hätte, sei völlig offen.
- 9
- Bei einer Gesamtwürdigung könne auch nicht außer Acht gelassen werden , dass die Klägerin bereits "im zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung" im Jahr 1990 eine Totgeburt erlitten habe und der nachfolgende Abbruch zweier Berufsausbildungen etwa in dem Zeitraum zwischen Eheschließung und Geburt des ersten Kindes im Jahr 1992 gelegen habe. Die Annahme des Beklagten , dass es der Klägerin auch ohne Eheschließung und Schwangerschaften nicht gelungen wäre, im Erwerbsleben Fuß zu fassen und insbesondere eine Berufsausbildung abzuschließen, erscheine vor diesem Hintergrund als zu weitgehend. Jedenfalls wirkten sich diesbezügliche Unwägbarkeiten nach der Verteilung der Darlegungslast zu Lasten des Beklagten aus. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Klägerin aufgrund ihrer Prüfungsangst letztlich keine Berufsausbildung abgeschlossen hätte, dürfte manches dafür sprechen, dass sie ohne die praktizierte Rollenverteilung einer Berufstätigkeit nachgegangen wäre und zumindest umfassende Berufserfahrung habe sammeln können, die ihr bessere Einkommensquellen eröffnet hätte. Ins Gewicht falle in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin bei Eheschließung und während der Schwangerschaften noch jung gewesen sei und sich nicht die Aussage treffen lasse, dass sie seinerzeit schon ihre endgültige Stellung im Erwerbsleben gefunden hätte. Das möge anders liegen, wenn aufgrund des Alters und sonstiger Umstände zur Zeit der Eheschließung nicht ernsthaft habe erwartet werden können, dass der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe eine weitergehende Qualifikation habe erwerben können, was hier aber nicht der Fall sei.
II.
- 10
- Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
- 11
- 1. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen bereits eine Unterhaltsbedürftigkeit der Klägerin jedenfalls im Umfang des zugesprochenen Unterhalts nicht, was von der Revision im Ergebnis mit Recht gerügt wird. Einer insoweit bestehenden Bedürftigkeit der Klägerin widersprechen die vom Berufungsgericht zum Unterhaltstatbestand getroffenen Feststellungen.
- 12
- Das Berufungsgericht ist - im Rahmen der Befristung - davon ausgegangen , dass sich der Unterhaltsanspruch ab März 2009 allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergebe. Einen Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB hat es ab diesem Zeitpunkt mit der Begründung verneint, dass die Betreuung der beiden Söhne trotz deren gesundheitlicher Einschränkungen die Klägerin nicht mehr an einer vollschichtigen Tätigkeit hindere. Das steht im Gegensatz zu den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Amtsgerichts. Das Amtsgericht ist bei seiner Unterhaltsberechnung davon ausgegangen, dass die Klägerin lediglich zu einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit im Umfang von 20 Wochenstunden verpflichtet sei. Hinderungsgründe an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit hat das Amtsgericht in der Betreuungsbedürftigkeit der Söhne gesehen und weil die Klägerin aufgrund ihrer Vorerkrankung eine umfangreichere ärztliche Kontrolle benötige als eine nicht vorerkrankte Mutter. In seinen Ausführungen zur von ihm noch offen gelassenen Frage der Befristung hat das Amtsgericht darauf verwiesen, dass es sich um Betreuungsunterhalt handele, der grundsätzlich nicht zu befristen sei.
- 13
- Bei dem vom Berufungsgericht im Gegensatz zum Amtsgericht angenommenen alleinigen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB hätte das Berufungsgericht Feststellungen zu der Frage treffen müssen, welches Einkommen die Klägerin aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielen kann. Eine Bedürftigkeit der Klägerin besteht demnach jedenfalls nicht in dem vom Amtsgericht angenommenen Umfang und durfte daher vom Berufungsgericht nicht im Anschluss an das Amtsgericht unverändert zugrunde gelegt werden. Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass ein Unterhalt in der Größenordnung des vom Amtsgericht titulierten Monatsbetrags auch bei einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit der Klägerin gerechtfertigt sei, entbehrt jeder Grundlage.
- 14
- 2. Das Berufungsgericht hat eine Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB mit der Begründung abgelehnt, der Beklagte habe nicht (ausreichend) dargelegt , dass der Klägerin durch die Ehe und die dort gewählte Rollenverteilung keine Erwerbsnachteile entstanden seien. Wie sich die weitere berufliche Entwicklung der Klägerin ohne die Ehe gestaltet hätte, sei völlig offen. Unwägbarkeiten wirkten sich nach der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten des Beklagten aus. Selbst ohne Abschluss einer Berufsausbildung hätten sich der Klägerin aufgrund erworbener Berufserfahrung höhere Einkommensquellen erschlossen.
- 15
- Diese Beurteilung begegnet durchgreifenden Bedenken.
- 16
- a) Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB hängt insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes , aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB).
- 17
- Die Berücksichtigung von Nachteilen, die auf einer ehebedingt nicht aufgenommenen oder abgebrochenen Berufsausbildung beruhen, scheitert entgegen der Auffassung der Revision nicht schon daran, dass ein Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsunterhalt gemäß § 1575 BGB nicht besteht oder von ihr nicht geltend gemacht worden ist. Auch wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 1575 BGB nicht gegeben sind, kann durch die Rollenverteilung in der Ehe und die deswegen nicht abgeschlossene Berufsausbildung ein ehebedingter Nachteil entstehen, der im Rahmen von § 1578 b Abs. 1, 2 BGB zu berücksichtigen ist. Eine Obliegenheit der Klägerin, ihre Verdienstmöglichkeiten durch eine nach der Scheidung aufgenommene Ausbildung zu verbessern , kommt unter den Umständen des vorliegenden Falls schließlich nicht in Betracht.
- 18
- b) Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Beklagte als Unterhaltsschuldner, der sich mit der Befristung auf eine prozessuale Einwendung beruft, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der für eine Befristung sprechenden Tatsachen trägt (Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22 und vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41). In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt grundsätzlich auch der Umstand, dass der Klägerin keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB entstanden sind.
- 19
- Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen.
- 20
- aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei ei- ne sogenannte sekundäre Darlegungslast (Senatsurteil BGHZ 171, 232 = FamRZ 2007, 896 - Tz. 20 f.; BGHZ 128, 167, 171 = NJW 1995, 662, 663; BGHZ 154, 5, 9 = NJW 2003, 1449, 1450; BGH Urteile vom 27. September 2002 - V ZR 98/01 - NJW 2003, 1039; vom 18. Mai 2005 - VIII ZR 268/03 - NJW 2005, 2395, 2397; vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08 - ZIP 2009, 1654 Tz. 38; vom 19. Mai 1958 - II ZR 53/57 - NJW 1958, 1188 f. und vom 4. Februar 2010 - IX ZR 18/09 - juris Tz. 81; zum Unterhaltsrecht vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 6 Rdn. 721 ff.; vgl. auch Empfehlungen des Arbeitskreises 15 des 18. Deutschen Familiengerichtstages ). Dadurch soll eine unbillige Belastung der beweispflichtigen Partei vermieden werden. Der Umfang der sekundären Darlegungslast richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Darlegungen müssen so konkret sein, dass der beweisbelasteten Partei eine Widerlegung möglich ist.
- 21
- bb) Diese Grundsätze sind auf die Darlegung ehebedingter Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB ebenfalls anzuwenden. Würde den Unterhaltspflichtigen die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast treffen, so müsste er sämtliche auch nur theoretisch denkbaren und nicht näher bestimmten Nachteile widerlegen, die aufgrund der Rollenverteilung innerhalb der Ehe möglicherweise entstanden sind. Das würde in Anbetracht dessen, dass die Tatsachen zur hypothetischen beruflichen Entwicklung den persönlichen Bereich des Unterhaltsberechtigten betreffen, zu einer unbilligen Belastung des Unterhaltspflichtigen führen.
- 22
- Soweit der Senat in der Vergangenheit für den Fall, dass der Unterhaltsberechtigte eine ehebedingt unterbrochene Erwerbstätigkeit nach der Scheidung wieder aufnehmen konnte, erwähnt hat, dass den Unterhaltsberechtigten dafür, dass ihm dennoch ehebedingte Nachteile entstanden seien, neben der Darlegungslast auch die Beweislast treffe (Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22; vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41 und vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 18), hält er daran nicht fest. In den beiden erstgenannten Fällen fehlte es bereits an hinreichenden Darlegungen des Unterhaltsberechtigten zu fortbestehenden ehebedingten Nachteilen und ist der Senat in der Sache bereits nach den oben genannten Grundsätzen verfahren (ähnlich auch Senatsurteil vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 859 f.). Für eine mit weiterreichenden Folgen verbundene Beweislastumkehr fehlt es nach der geltenden Gesetzeslage und dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von Unterhaltspflicht und Unterhaltsbegrenzung, das auch durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 nicht verändert worden ist, an einer hinreichenden Rechtfertigung, zumal den Beweisschwierigkeiten des Unterhaltspflichtigen bereits durch die sekundäre Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten wirksam zu begegnen ist.
- 23
- Die sekundäre Darlegungslast hat im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.
- 24
- c) Das im Berufungsurteil zugrunde gelegte Vorbringen der Klägerin genügt den Anforderungen an ihre sekundäre Darlegungslast nicht.
- 25
- aa) Aufgrund der vom Berufungsgericht angenommenen vollschichtigen Erwerbsobliegenheit ist davon auszugehen, dass die Klägerin zu einer entsprechenden Tätigkeit in der Lage ist. Das Amtsgericht hat der Klägerin aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit (1.470 € brutto bei 30 Wochenstunden) einen erzielbaren Verdienst von ca. 1.000 € brutto (= 2/3, bei 20 Wochenstunden) und 800 € netto zugerechnet. Diese Feststellungen sind vom Berufungsgericht nicht beanstandet worden. Für die Frage, ob ehebedingte Nachteile entstanden sind, ist demnach als Vergleichsgröße ein auf dieser Grundlage erzielbarer Verdienst aus einer vollschichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen. Hinsichtlich des vom Unterhaltsberechtigten aufgrund der aktuellen Gegebenheiten erzielbaren Einkommens stellt sich die Frage der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen von § 1578 b BGB nicht. Denn dieser Umstand ist bereits vorgreiflich im Rahmen der Bedürftigkeit zu überprüfen, welche vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und zu beweisen ist (Senatsurteile vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Tz. 62 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - zur Veröffentlichung bestimmt Tz. 42).
- 26
- bb) Hinsichtlich der weiteren Vergleichsgröße des ohne die Ehe und die praktizierte Rollenverteilung (hypothetisch) erzielbaren Einkommens hat es das Berufungsgericht im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin damit bewenden lassen , Umstände aufzuführen, die eine berufliche Qualifizierung der Klägerin und ein höheres erzielbares Einkommen lediglich möglich erscheinen lassen. Das genügt den genannten Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast der Klägerin nicht.
- 27
- Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Unterhaltsberechtigte, der zur Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem von ihm erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf in der Lage ist, Umstände dafür darzulegen, dass ihm dennoch ein Nachteil verblieben ist (vgl. Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22; vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41; vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 18 und vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 859 f.). Ähnliches gilt, wenn der Unterhaltsberechtigte - wie die Klägerin - vor der Ehe keine Berufsausbildung abgeschlossen hat, im Hinblick auf eine von ihr zu verlangende - auch unqualifizierte - Erwerbstätigkeit.
- 28
- Die Klägerin hätte demnach Umstände dafür vortragen müssen, dass sie ohne Eheschließung und Kindererziehung eine konkrete Berufsausbildung aufgenommen und abgeschlossen hätte, die ihr ein höheres Einkommen ermöglicht hätte, als sie es unter den heute gegebenen Verhältnissen erzielen kann.
- 29
- Der Hinweis auf das Alter der Klägerin bei Eheschließung, die Totgeburt und die Geburt des ersten Kindes zwei Jahre nach Eheschließung genügt hier nicht. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Eheschließung 22 Jahre alt und somit in einem Alter, in dem unter regelmäßigen Umständen eine Berufsausbildung nach einem Haupt- oder Realschulabschluss bereits abgeschlossen gewesen wäre. Daraus, dass sie erst kurz vor der Eheschließung den Realschulabschluss nachgeholt hatte, folgt nichts anderes. Die Klägerin nahm vielmehr noch nach der Eheschließung zwei Berufsausbildungen auf, zunächst als Köchin , dann als Bürokauffrau. Dass sie beide Ausbildungen abbrach, beruhte nach ihrem Vorbringen auf gesundheitlichen Gründen und bei der Ausbildung zur Bürokauffrau zudem auf ihrer Prüfungsangst. Hierbei handelte es sich aber nicht um Nachteile, die "durch die Ehe" im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB entstanden sind. Ein Zusammenhang des Abbruchs ihrer zweiten Ausbildung mit der Geburt und der anschließenden Betreuung des ersten Kindes ist nicht vorgetragen. Einen Anspruch auf Krankheitsunterhalt hat schließlich weder das Berufungsgericht noch das Amtsgericht angenommen.
- 30
- Somit fehlt es bereits an einem hinreichend konkreten Vorbringen der Klägerin, dass ihr aufgrund ihrer fehlenden beruflichen Qualifikation ein ehebe- dingter Nachteil entstanden sei. Die von ihr vorgebrachten Gründe sprechen vielmehr gegen das Vorliegen eines ehebedingten Nachteils.
- 31
- Hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten ohne einen Berufsabschluss trägt die Begründung des Berufungsgerichts die Ablehnung einer Unterhaltsbefristung ebenfalls nicht. Auch hier fehlt es an einem konkreten Vorbringen, dass die Klägerin durch eine kontinuierliche Erwerbstätigkeit auch ohne Berufsausbildung ein höheres Einkommen hätte erzielen können, als sie es heute erzielen kann. Das gilt insbesondere in Anbetracht des von beiden Vorinstanzen als erzielbar unterstellten Einkommens von - hochgerechnet auf 40 Wochenstunden - brutto rund 2.000 €. Ohne Rücksicht darauf kann aber bei einer fehlenden Berufsausbildung ohne konkrete Anhaltspunkte jedenfalls schon nicht davon ausgegangen werden, dass der Unterhaltsberechtigte über längere Zeit eine kontinuierliche Beschäftigung auf einer bestimmten Arbeitsstelle überhaupt hätte ausüben können. Auch die Darlegung einer Einkommenssteigerung wegen einer ohne die Ehe kontinuierlichen Erwerbstätigkeit erfordert daher die Angabe konkreter und überprüfbarer Anhaltspunkte, die diese Annahme rechtfertigen.
III.
- 32
- Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht möglich. Zur Bedürftigkeit bedarf es ergänzender Feststellungen zum von der Klägerin erzielbaren Einkommen. Wenn noch eine Unterhaltsbedürftigkeit der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer Erwerbsminderung bestehen sollte und ehebedingte Nachteile zu verneinen sind, ist die im Rahmen von § 1578 b Abs. 1, 2 BGB für eine Befristung sowie die Bemessung der sogenannten Schonfrist anzustellende Billigkeitsabwägung Aufgabe des Tatrichters (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 19 und vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 23).
IV.
- 33
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Unterhaltsanspruch sich ab März 2009 nicht aus § 1570 BGB, sondern allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergebe, steht mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang. Vor einer erneuten Entscheidung ist beiden Parteien zur Frage der Bedürftigkeit der Klägerin und zu der anzustellenden Billigkeitsabwägung nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag zu geben. Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
AG Essen, Entscheidung vom 31.01.2008 - 107 F 253/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 01.09.2008 - 8 UF 42/08 -
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.