Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 19. Juli 2017 - 2 Rev 48/17

bei uns veröffentlicht am19.07.2017

Tenor

Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 3, vom 21. Dezember 2016 wird verworfen.

Die Angeklagte hat die Kosten ihrer Revision zu tragen.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht Hamburg-Altona, Schöffengericht, hat auf von der Staatsanwaltschaft Hamburg gemäß Anklageschriften vom 24., 25. und 26. Februar 2015, 7. April, 29. Juni, 7. August sowie 6. Oktober 2015 gegen die Angeklagte und mehrere Mitangeklagte – insbesondere den in Haft befindlichen Lebensgefährten der Angeklagten, hinsichtlich dessen der Senat durch Beschluss vom 29. Juni 2017 das Verfahren abgetrennt und die Revision gegen das landgerichtliche Berufungsurteil vom 21. Dezember 2016 verworfen hat – erhobene Anklagen in der Hauptverhandlung vom 14. Dezember 2015 die Angeklagte unter Freisprechung im Übrigen wegen Diebstahls in 6 Fällen und versuchten Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 9 Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, verurteilt; daneben hat es den Pkw Renault Espace mit dem amtlichen Kennzeichen HH-...-... nebst dazugehörigem Kraftfahrzeugbrief eingezogen.

2

Der amtsgerichtlichen Verurteilung vom 14. Dezember 2015 war in verfahrensrechtlicher Hinsicht unter anderem Folgendes vorausgegangen: Nur die Anklage gemäß Anklageschrift vom 6. Oktober 2015 war von der Staatsanwaltschaft zum Schöffengericht des Amtsgerichts Hamburg-Altona erhoben worden, die übrigen Anklagen jeweils zum Strafrichter der Amtsgerichte Hamburg-Barmbek, Hamburg-Harburg und Hamburg-Altona. Die Anklage gemäß Anklageschrift vom 25. Februar 2015 war zum Strafrichter des Amtsgerichts Hamburg-Harburg erhoben und dort am 10. Mai 2015 unter Eröffnung des Hauptverfahrens unverändert zur Hauptverhandlung vor dem Strafrichter zugelassen worden. Ein für den 21. Juli 2015 anberaumter Hauptverhandlungstermin war aufgehoben und die Akte dem Amtsgericht Hamburg-Barmbek zur Übernahme vorgelegt worden, nachdem die Verteidigung der Angeklagten ihre und der Angeklagten urlaubsbedingte Abwesenheit am Terminstag mitgeteilt sowie zugleich Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Hamburg-Barmbek zu dortigen Verfahren angeregt hatte. Das Amtsgericht Hamburg-Barmbek hatte am 22. September 2015 unter anderem das vorgenannte beim Amtsgericht Hamburg-Harburg anhängig gewesene Verfahren zu bei ihm anhängigen Verfahren hinzuverbunden. Auf Anregung unter anderem des Verteidigers des mitangeklagt gewesenen rechtskräftig abgeurteilten Lebensgefährten der Angeklagten sind sodann die beim Amtsgericht Hamburg-Barmbek anhängigen und hinzuverbundenen Verfahren dem Amtsgericht Hamburg-Altona zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung übersandt worden. Durch Beschluss vom 22. Oktober 2015 hat das Amtsgericht Hamburg-Altona zu dem dort bezüglich Anklageschrift vom 6. Oktober 2015 anhängigen Verfahren die die übrigen genannten Anklagen betreffenden Verfahren hinzuverbunden und nach Eröffnung des Hauptverfahrens auch hinsichtlich der Anklage gemäß Anklageschrift vom 6. Oktober 2015 mit Beschluss vom 12. November 2015 die Angeklagte am 14. Dezember 2015 wie ausgeführt verurteilt hat.

3

Gegen das amtsgerichtliche Urteil vom 14. Dezember 2015 hat die Angeklagte am 15. Dezember 2015 Berufung eingelegt. Die Staatsanwaltschaft hat am 18. Dezember 2015 bezüglich der Angeklagten ebenfalls Berufung gegen das Urteil vom 14. Dezember 2015 eingelegt. Mit Berufungsrechtfertigung vom 13. April 2016 hat sie ihre Berufung „auf das Strafmaß beschränkt“ und ausgeführt, dass angesichts der vielfachen einschlägigen Vorstrafen zur Einwirkung auf die Angeklagte eine deutlich höhere Freiheitsstrafe verhängt werden müsse sowie zudem eine Bewährungsstrafe nicht ausreiche, die Angeklagte künftig von weiteren Diebstahlstaten abzuhalten, nachdem diese nach polizeilicher vorläufiger Festnahme wegen eines gerade zuvor begangenen Diebstahls am 29. September 2015 gegenüber dem Polizeibeamten erklärt gehabt habe, wegen Diebstahls nicht eingesperrt zu werden.

4

In der landgerichtlichen Berufungshauptverhandlung hat die Angeklagte nach Rücksprache mit ihrem Verteidiger erklärt: „Ich beschränke meine Berufung hiermit auf das Strafmaß“. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hat der Berufungsbeschränkung zugestimmt. Im weiteren Verlauf der Berufungshauptverhandlung hat die Angeklagte zudem erklärt, auf die Herausgabe des sichergestellten Renault Espace mit dem amtlichen Kennzeichen HH-...-... zu verzichten.

5

Das Landgericht Hamburg, Kleine Strafkammer 3, hat nach in der Berufungshauptverhandlung erfolgter Verfahrenseinstellung hinsichtlich eines – weiteren – der angeklagten Fälle mit Urteil vom 21. Dezember 2016 bezüglich der Angeklagten das amtsgerichtliche Urteil vom 14. Dezember 2015 unter Klarstellung, dass die Angeklagte des Diebstahls in 6 Fällen schuldig ist, und Verwerfung ihrer weitergehenden Berufung im Rechtsfolgenausspruch dahin gehend abgeändert, dass die Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt wird und die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung sowie die Entscheidung über die Einziehung des Kraftfahrzeuges Renault Espace mit dem amtlichen Kennzeichen HH-...-... entfallen.

6

Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte noch am 21. Dezember 2016 Revision eingelegt, die sie nach am 13: März 2017 erfolgter Urteilszustellung mit am 10. April 2017 eingegangenem Verteidigerschriftsatz mit einem Antrag auf Aufhebung des landgerichtlichen Urteils mit den Feststellungen sowie der ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet hat.

7

Die Generalstaatsanwaltschaft hat unter dem 30. Mai 2017 beantragt, auf die Revision der Angeklagten das landgerichtliche Urteil bezüglich der Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen hinsichtlich der Taten vom 29. September 2015 (Anklageschrift vom 6. Oktober 2015) und 8. Mai 2014 (Anklageschrift vom 24. Februar 2015) sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufzuheben, die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurückzuverweisen sowie die weiter gehende Revision der Angeklagten zu verwerfen. Dazu hat die Angeklagte nach erfolgter Zustellung der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft mit am 12. Juni 2017 eingegangenem Verteidigerschriftsatz Stellung genommen.

8

In der Hauptverhandlung hat die Verteidigung beantragt,

9

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21. Dezember 2016 mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung hinsichtlich der Anklage vom 25. Februar 2015 (Az.: 2111 Js 103/15) an das Amtsgericht Hamburg-Harburg – Strafrichter – zu verweisen, im Übrigen die Sache an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurück zu verweisen,

10

hilfsweise,

11

betreffend beabsichtigter Abweichung von den Entscheidungen des Oberlandesgerichts Oldenburg, Beschluss vom 23. August 2011, Az.: 1 Ss 133/11, und des Oberlandesgerichts Köln, Beschluss vom 12. Januar 2016, Az.: III – 1 RVs 243/15, die Sache gemäß § 121 Absatz 2 Ziffer 1 GVG dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

12

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in der Hauptverhandlung beantragt,

13

die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der Kleinen Strafkammer 3 des Landgerichts Hamburg vom 21. Dezember 2016 kostenpflichtig zu verwerfen
und von einer Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof abzusehen.

II.

14

Die zulässige Revision der Angeklagten ist unbegründet.

15

Der Senat verwirft die Revision der Angeklagten auf den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Revision keinen tragenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht hat (§ 337 Abs. 1 StPO).

16

1. Soweit die Generalstaatsanwaltschaft bereits in ihrer Antragsschrift vom 30. Mai 2017 Revisionsverwerfung gemäß § 349 Abs. 2 StPO beantragt hat, kann auf die Begründung in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Bezug genommen werden.

17

2. Die Revision der Angeklagten ist auch im Übrigen, soweit die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 30. Mai 2017 – allerdings nicht mehr in der Hauptverhandlung – Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Hamburg beantragt hat, unbegründet und demgemäß zu verwerfen, da die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revision auch insoweit keinen tragenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO ergeben hat und auch insoweit Anlass zu einer Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1.b) GVG nicht besteht.

18

a) Das angefochtene Urteil hält auch insoweit der durch die allein erhobene ausgeführte Sachrüge veranlassten revisionsrechtlichen Überprüfung des Senates stand, als das Landgericht Hamburg die Berufungsbeschränkungen von Angeklagter und Staatsanwaltschaft auf das Strafmaß als wirksam erachtet und behandelt sowie bei seiner Rechtsfolgenentscheidung bezüglich der Taten vom 8. Mai 2014 und 29. September 2015, auf die allein sich der Aufhebungsantrag der Generalstaatsanwaltschaft in der Antragsschrift vom 30. Mai 2017 bezogen hat, im Ergebnis zutreffend jeweils von Gewerbsmäßigkeit ausgegangen ist sowie insoweit den Strafrahmen jeweils der Vorschrift des § 243 Abs. 1 StGB entnommen hat. Das Landgericht hat sich auch nicht in widerspruchsbegründender Weise über sich aus der wirksamen Berufungsbeschränkung ergebende Bindungswirkungen hinweggesetzt.

19

aa) Die Berufungsbeschränkungen waren formell und materiell wirksam.

20

(1) Die Beschränkungserklärungen waren jeweils eindeutig und haben klar und widerspruchsfrei den Willen zur Beschränkung der Rechtsmittel auf das Strafmaß bzw. den Rechtsfolgenausspruch zum Ausdruck gebracht.

21

Weder aus den Beschränkungserklärungen selbst noch aus den übrigen Umständen ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Staatsanwaltschaft zu Gunsten der Angeklagten oder die Angeklagte selbst sich entgegen dem Wortlaut der Erklärungen einer Berufungsbeschränkung auf das Strafmaß gleichwohl im Berufungsverfahren auch noch gegen den Schuldspruch und insbesondere gegen die bei wirksamer Berufungsbeschränkung auf Strafmaß bzw. Rechtsfolgenausspruch bestandskräftigen zugehörigen Feststellungen hätten wenden wollen.

22

Eine von dem klaren Wortlaut der Berufungsbeschränkungserklärung der Angeklagten auf das Strafmaß abweichende Absicht, gleichwohl auch noch den Schuldspruch bzw. die diesem zugehörigen Feststellungen angreifen zu wollen, ergibt sich insbesondere auch nicht etwa daraus, dass nach den Gründen des landgerichtlichen Urteils zu Ziffer V. die Angeklagte hinsichtlich der Taten vom 29. September 2015 „die Gewerbsmäßigkeit der Diebstähle“ „in ihrer Einlassung zur Sache in der Berufungshauptverhandlung in Abrede genommen hat“. „Gewerbsmäßigkeit“ ist ein Rechtsbegriff, hinsichtlich dessen die Prüfung seiner Erfüllung bzw. seines Vorliegens im konkreten Fall, da es sich bei § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB um ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall im Sinne des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB und nicht um einen Qualifikationstatbestand handelt, auch bei wirksamen Berufungsbeschränkungen Sache des Berufungsgerichts im Rahmen der neuen Verhandlung und Entscheidung zum Rechtsfolgenausspruch war. Aus dem Bestreiten der „Gewerbsmäßigkeit“ durch die Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung folgt deshalb nicht, sie habe entgegen ihrer eindeutigen Berufungsbeschränkungserklärung tatsächlich auch noch den Schuldspruch angreifen wollen.

23

Abweichendes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der langjährigen Rechtsprechung des Senats zur Bestandskraft von vom Amtsgericht erstinstanzlich etwa zum Diebstahlsmotiv bzw. insbesondere zu für die Annahme einer Gewerbsmäßigkeit erforderlichen Tatsachen getroffenen Feststellungen bei wirksamer Berufungsbeschränkung auf Strafmaß bzw. Rechtsfolgenentscheidung, denn dadurch ist dem Landgericht weder verwehrt, widerspruchsfrei ergänzende Tatsachen festzustellen, die die Frage einer Gewerbsmäßigkeit in anderem Licht erscheinen lassen könnten, noch auf der Grundlage der betreffenden amtsgerichtlichen Feststellungen eine Gewerbsmäßigkeit zu verneinen oder trotz Bejahung gewerbsmäßiger Diebstahlsbegehung die Annahme eines minder schwerer Falles zu verneinen. Das Bestreiten einer Gewerbsmäßigkeit durch die Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung stellt sich deshalb nicht als zu ihrer Beschränkungserklärung in Widerspruch stehend dar.

24

(2) In formeller Hinsicht bestehen keine Bedenken bezüglich der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung.

25

Hinsichtlich der Berufung der Angeklagten bedurfte es einer ausdrücklichen Ermächtigung im Sinne des § 302 Abs. 2 StPO nicht, da ausweislich des landgerichtlichen Hauptverhandlungsprotokolls die Beschränkungserklärung durch die Angeklagte selbst und nicht von einem Verteidiger für sie abgegeben worden ist. Die nach § 303 S. 1 StPO erforderliche Zustimmung der Staatsanwaltschaft ist in der Hauptverhandlung ausweislich des Protokolls erteilt worden.

26

(3) Die Berufungsbeschränkungen sind auch materiell wirksam.

27

Die erforderliche Trennbarkeit des bei Berufungsbeschränkung auf das Strafmaß bzw. den Rechtsfolgenausspruch zu überprüfenden Teils von dem übrigen Teil des Urteils ist regelmäßig gegeben (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 318 Rn. 16 m.w.N.) und auch bei gewerbsmäßiger Tatbegehung nicht ausgeschlossen, sondern grundsätzlich anzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 18. Mai 2017, Az.: 2 Rev 44/17; Urteil des Senats vom 4. Januar 2012, Az.: 2 - 19/11 (REV); Senatsbeschlüsse vom 11. November 2010, Az.: 2 - 36/10 (REV); 30. Januar 2009, Az.: 2-1/09 (REV); 15. Juni 2007, Az.: 2-25/07 (REV); 21. November 2006, Az.: II-140/06; 9. Februar 2006, Az.: II-10/06; 25. Februar 2004, Az.: II-27/05 zur Bestandskraft nach Revisionsverwerfung bezüglich des Schuldspruches).

28

Außerdem müssen – was hier gegeben ist – die vom Amtsgericht zur Sache getroffenen Feststellungen vollständig und widerspruchsfrei sein, (irgend-)eine Strafbarkeit erbringen sowie eine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (vgl. allgemein Meyer-Goßner, a.a.O., m.w.N.).

29

Diesen Anforderungen wird durch die vom Amtsgericht zur Sache getroffenen Feststellungen hier genügt.

30

bb) Das landgerichtliche Berufungsurteil ist auch weder lückenhaft hinsichtlich eigener Feststellungen zur Frage gewerbsmäßiger Tatbegehung noch hat das Landgericht sich in widerspruchsbegründender Weise über aus der wirksamen Berufungsbeschränkung folgende Bindungswirkungen hinweggesetzt.

31

(1) § 243 Abs. 1 StGB enthält keine Qualifikationstatbestände, sondern Strafzumessungsbestimmungen. Folglich ist grundsätzlich das Treffen von Feststellungen zu die Regelbeispiele ausfüllenden oder sonstigen einen besonders schweren Fall begründenden Tatsachen, deren Subsumtion unter die gesetzlichen Merkmale des § 243 Abs. 1 S. 2 StGB und die Wertung, ob auf der Grundlage der – bestandskräftigen amtsgerichtlichen und eigenen – Feststellungen ein besonders schwerer Fall im Sinne des § 243 Abs. 1 StGB vorliegt, grundsätzlich auch bei wirksamer Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch Aufgabe des Berufungsgerichts (Senat, a.a.O.).

32

(2) Ob es sich in Fällen der Berufungsbeschränkung auf Strafmaß bzw. Rechtsfolgenausspruch bei Fraglichkeit des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit anders verhält, kann hier dahin stehen, da das Landgericht nicht in Widerspruch zu den diesbezüglichen amtsgerichtlichen Feststellungen stehende eigene Feststellungen getroffen hat, die Urteilsgründe dazu tragende rechtsfehlerfreie Beweiswürdigungserwägungen enthalten und auch die Bewertung der Tatsachen durch das Landgericht als die Annahme eines besonders schweren Falles begründende Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB keine tragenden Rechtsfehler enthält.

33

(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erwachsen dahin gehende erstinstanzliche Tatsachenfeststellungen, ein Täter habe sich durch auf Wiederholung angelegte Tatbegehung eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen wollen, wegen Doppelrelevanz für den Schuldspruch (Tatmotiv, Reichweite des Vorsatzes, Schuldumfang) und den Rechtsfolgenausspruch (Merkmal der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB) bei wirksamer Berufungsbeschränkung auf Strafmaß bzw. Rechtsfolgenausspruch in Bestandskraft. Aufgabe des Berufungsgerichts bei wirksamer Berufungsbeschränkung ist es in solchen Fällen, rechtlich zu würdigen, ob auf Grundlage der erstinstanzlichen Feststellungen und etwaiger eigener ergänzender Feststellungen das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit im Sinne der Strafzumessungsvorschrift des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB erfüllt ist, und zu bewerten, ob mit Erfüllung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit oder aus sonstigen Gründen ein besonders schwerer Fall im Sinne des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB vorliegt (Senat, a.a.O.).

34

Demgegenüber wird in obergerichtlicher Rechtsprechung und Literatur teilweise angenommen, der Straferschwerungsgrund des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB habe keinen doppelrelevanten Charakter und betreffe ausschließlich die Straffrage, weil durch dieses Merkmal außerhalb des vom objektiven und subjektiven Tatbestand umrissenen Bereichs der Schuldfrage liegende Verhältnisse beschrieben würden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 12. Januar 2016, Az.: III-1 RVs 243/15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. April 1993, OLGSt § 318 Nr. 8; Meyer-Goßner/Schmitt § 318 Rn. 14). Höchstrichterlich ist eine diesbezügliche Entscheidung zu § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB bisher nicht ergangen (vgl. BGHSt 29, 359 ff. mit Bejahung einer Doppelrelevanz allein zu den Regelbeispielen der Nrn. 1, 2 und 4 des § 243 Abs. 1 S. 2 StGB).

35

Das Gebot, dem prozessualen Gestaltungsrecht der Rechtsmittelbeschränkung weitestmöglich Geltung zu verschaffen, sofern und so lange die sich aus zwei Erkenntnissen zusammensetzende Entscheidung als widerspruchsfreies einheitliches Ganzes gelten kann (vgl. BGH Beschluss vom 27. April 2017, Az.: 4 StR 547/16, zur Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch bei Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG), spricht für die vom Senat vertretene Position.

36

Einer Entscheidung bedarf es im vorliegenden Fall nicht, weil das Landgericht hier hinsichtlich der betreffenden Taten neben der Annahme einer Bestandskraft der betreffenden amtsgerichtlichen Feststellungen auch eigene Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit getroffen hat, die nicht in Widerspruch zu den betreffenden amtsgerichtlichen Feststellungen stehen.

37

(b) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass wegen der Berufungsbeschränkungen auf den Rechtsfolgenausspruch auch die zur Gewerbsmäßigkeit getroffenen amtsgerichtlichen Feststellungen feststehen, wie die Ausführungen zu Ziffer V. der Urteilsgründe ergeben, hat indes andererseits auch entsprechende eigene Feststellungen getroffen, die zu den amts-gerichtlichen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen. Da-durch ist hier den Anforderungen beider dargelegter Positionen genügt und ein tragender Rechtsfehler auszuschließen.

38

Die eigenen Feststellungen des Landgerichts hinsichtlich der eine gewerbsmäßige Begehung der Taten vom 8. Mai 2014 und 29. September 2015 begründenden Tatsachen nebst zugehöriger Beweiswürdigung ergeben sich in der Gesamtschau hier aus verschiedenen Teilen der Urteilsgründe (zur Einheit der schriftlichen Entscheidungsgründe vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 267 Rn. 3 m.w.N.).

39

So hat das Landgericht ausweislich der Urteilsgründe zu Ziffer VI. im Rahmen der Begründung seiner Rechtsfolgenentscheidung ergänzend festgestellt, dass die Angeklagte gegenüber dem sie am 29. September 2015 festnehmenden Polizeibeamten erklärt hat, „sie wolle durch ihre Diebstähle ihrer Familie etwas bieten“, was nach Auffassung der Kammer „ihre innere Haltung zu den von ihr begangenen Diebstählen“ „belegt“ hat. Damit hat das Landgericht in Zusammenschau mit der sich aus den amtsgerichtlichen Urteilsfeststellungen ergebenden seriellen Begehung der vorliegend abgeurteilten Taten und den eigenen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten mit der sich daraus ergebenden erheblichen einschlägigen Vorbestraftheit der Angeklagten sowie Rückfallgeschwindigkeit selbst hinreichende Feststellungen getroffen, die die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung tragen.

40

Indem zu Ziffer V. der Urteilsgründe ausgeführt worden ist, das Bestreiten gewerbsmäßiger Begehung der betreffenden Taten vom 8. Mai 2014 und 29. September 2015 durch die Angeklagte stelle sich „aus den oben dargelegten Gründen“ zur Überzeugung der Kammer als „Schutzbehauptung der Angeklagten“ dar, wird auf die vorangegangenen Urteilsteile verwiesen und damit insbesondere auch auf den Unterabschnitt der „Beweiswürdigung zur Gewerbsmäßigkeit der Diebstahlstaten“ im Rahmen der Beweiswürdigung der Kammer zu Ziffer IV. der Urteilsgründe, in welchem die Kammer rechtsfehlerfrei nicht nur hinsichtlich des vormals mitangeklagten Lebensgefährten, sondern auch mit deutlich erkennbarem Bezug auf die Angeklagte dargelegt hat, dass und warum sie den Aussagen der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten zu Äußerungen der Angeklagten und ihres Lebensgefährten nach den wegen der Taten vom 29. September 2015 erfolgten Festnahmen Glauben schenkt und daraus eine gewerbsmäßige Tatbegehung ableitet. Diese Schlussfolgerung trägt nicht nur hinsichtlich der der betreffenden Festnahme vom 29. September 2015 unmittelbar vorausgegangenen Taten, sondern auch hinsichtlich der Tat vom 8. Mai 2014, da die von der Kammer als „unbedacht ehrliche Angaben“ gewerteten Erklärungen insbesondere der Angeklagten selbst, „sie wolle leben und ihren Kindern etwas bieten“ und, wie in den Urteilsgründen zur Strafzumessung ergänzend wiedergegeben, „sie wolle durch ihre Diebstähle ihrer Familie etwas bieten“, auf die gesamte umfängliche Diebstahlstätigkeit der Angeklagten zu beziehen sind.

41

Zugleich hat das Landgericht sich mit seinen erneuten Feststellungen zu eine gewerbsmäßige Tatbegehung tragenden Tatsachen nicht in Widerspruch zu den diesbezüglichen amtsgerichtlichen Feststellungen gesetzt, so dass die Urteile von Amts- und Landgericht ein widerspruchsfreies Ganzes bilden können und bilden.

42

cc) Ein Erfordernis der Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1.b) GVG ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil, wie dargetan, die ausgeführte Rechtsfrage zur Behandlung der Tatsachenfeststellungen zur Gewerbsmäßigkeit nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB hier nicht entscheidungserheblich ist (vgl. allgemein BGH, Beschluss vom 27. April 2017, Az.: 4 StR 547/16).

43

dd) Die Entscheidungen des Landgerichts, bezüglich der Taten vom 8. Mai 2014 und 29. September 2015 in rechtlicher Hinsicht von gewerbsmäßiger Begehung auszugehen und den Strafrahmen des § 243 Abs. 1 StGB anzuwenden, weisen einen die Revision der Angeklagten begründenden Rechtsfehler nicht auf.

44

b) Gleiches gilt für die landgerichtliche Rechtsfolgenentscheidung der Versagung einer Vollstreckungsaussetzung der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung trotz zwischenzeitlich begonnener Erwerbstätigkeit der Angeklagten, die das Landgericht rechtsfehlerfrei in den Blick genommen und in Zusammenschau mit den übrigen Bewertungsfaktoren als zur Begründung einer positiven Legalprognose nicht hinreichend gewertet hat.

III.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

Urteilsbesprechung zu Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 19. Juli 2017 - 2 Rev 48/17

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Tenor

Unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels wird das angefochtene Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) in den Fällen 1 (Tat vom 20. September 2013) und 3 – 5 (Taten vom 20. und 26. August sowie vom 20. September 2014) der Urteilsgründe

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

In diesem Umfang wird die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen.


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(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

Wenn die Entscheidung über das Rechtsmittel auf Grund mündlicher Verhandlung stattzufinden hat, so kann die Zurücknahme nach Beginn der Hauptverhandlung nur mit Zustimmung des Gegners erfolgen. Die Zurücknahme eines Rechtsmittels des Angeklagten bedarf jedoch nicht der Zustimmung des Nebenklägers.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

Tenor

Unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels wird das angefochtene Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) in den Fällen 1 (Tat vom 20. September 2013) und 3 – 5 (Taten vom 20. und 26. August sowie vom 20. September 2014) der Urteilsgründe

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

In diesem Umfang wird die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen.


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(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 547/16
vom
27. April 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Im Fall einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG ist die Beschränkung einer Berufung auf den
Rechtsfolgenausspruch nicht deshalb unwirksam, weil sich die Feststellungen
in dem angegriffenen Urteil darin erschöpfen, dass der Angeklagte an einem
bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit auf einer öffentlichen Straße ein näher
bezeichnetes Kraftfahrzeug geführt hat, ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu
besitzen und er insoweit wissentlich gehandelt hat.
BGH, Beschluss vom 27. April 2017 – 4 StR 547/16 – OLG Nürnberg
in der Strafsache
gegen
wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
ECLI:DE:BGH:2017:270417B4STR547.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. April 2017 gemäß § 121 Abs. 2 GVG beschlossen:
Im Fall einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG ist die Beschränkung einer Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch nicht deshalb unwirksam , weil sich die Feststellungen in dem angegriffenen Urteil darin erschöpfen, dass der Angeklagte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit auf einer öffentlichen Straße ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug geführt hat, ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen und er insoweit wissentlich gehandelt hat.

Gründe:


I.


1
Das Amtsgericht Schwabach hat den umfassend geständigen Angeklagten am 21. Januar 2016 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt. Die Feststellungen zur Sache lauten wie folgt:
2
Der Angeklagte fuhr am 19. August 2015 gegen 14.21 Uhr mit dem Pkw Opel mit dem amtlichen Kennzeichen auf der W. Straße in S. , obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte. Dies wusste der Angeklagte.
3
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft eine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung eingelegt. Der Angeklagte hat seine zunächst unbeschränkt eingelegte Berufung in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
4
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat beide Berufungen als unbegründet verworfen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass die Beschränkungen auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam und deshalb der Schuldspruch und die ihn tragenden Feststellungen einer Nachprüfung entzogen seien. Der Strafausspruch weise keinen Rechtsfehler auf.
5
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
6
Das Oberlandesgericht Nürnberg möchte die Revision des Angeklagten wie beantragt verwerfen, sieht sich daran aber durch Entscheidungen der Oberlandesgerichte Bamberg (Urteil vom 25. Juni 2013 – Az. 3 Ss 36/13) und München (Beschluss vom 8. Juni 2012 – 4 StRR 97/12 und Urteil vom 18. Februar 2008 – 4 StRR 202/07) gehindert. Beide Oberlandesgerichte meinen, dass nach einer amtsgerichtlichen Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG eine Berufung nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden könne, wenn das Amtsgericht zu der fraglichen Fahrt keine Feststellungen getroffen habe, die über Ort und Zeit der Fahrt, die Identität des Fahrzeugs, das Nichtvorhandensein der benötigten Fahrerlaubnis und ein hierauf bezogenes Wissen des Angeklagten hinausgingen. Der Tatrichter habe wegen der Bedeutung für die Rechtsfolgen grundsätzlich auch Feststellungen zu den Beweggründen der Fahrt und deren Gegebenheiten (Dauer und Länge, beabsichtigte Fahrstrecke, Verkehrsbedeutung der Straße, herbeigeführte Gefahren u.a.) zu treffen, wenn ihm dies – etwa bei einem geständigen Angeklagten – (ohne weiteres) möglich sei. Denn den Schuldspruch beträfen nicht nur die zur Erfüllung der Tatbestandsmerkmale erforderlichen Feststellungen, sondern auch die Tatsachen, die nur den Schuldumfang beschreiben, ohne für die rechtliche Bewertung der Tat selbst unmittelbar von Bedeutung zu sein. Erkenne das Berufungsgericht darin zugleich erhebliche Strafzumessungsgesichtspunkte (sog. doppelrelevante Tatsachen ), müsse es nach einer Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch die dazu getroffenen erstinstanzlichen Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde legen. Fehlten dahingehende Feststellungen, dürfe der Berufungsrichter die Lücke nicht durch ergänzende Aufklärung schließen. Ihm bleibe nur die Möglichkeit, die Schuldfeststellungen umfassend neu zu treffen.
7
Das Oberlandesgericht Nürnberg hält die Rechtsansicht der Oberlandesgerichte Bamberg und München für unzutreffend. Für die Frage, ob eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam sei, komme es nicht darauf an, ob das Erstgericht in Bezug auf die Strafzumessung seiner Aufklärungspflicht nachgekommen sei. Bei einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis beträfen Feststellungen, die über Ort und Zeit der Fahrt, Marke und Kennzeichen des Fahrzeugs, das Fehlen der erforderlichen Fahrerlaubnis und den zugehörigen Vorsatz hinausgehen, nur den Schuldumfang und damit die Strafzumessung. Sie könnten von dem Berufungsgericht auch dann noch nachgeholt werden, wenn die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden sei. Bei Widersprüchen zwischen in erster Instanz getroffenen Feststellungen zur Schuldfrage und denjenigen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Schuldumfang, sei es möglich, den Feststellungen der ersten Instanz den Vorrang zu geben und die widersprechenden Feststellungen für unzulässig zu halten. Auch wäre es möglich, eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch solange für zulässig zu halten, wie keine widersprechenden neuen Feststellungen getroffen worden seien.
8
Bei der Frage, ob eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam ist, wenn keine näheren Umstände zu einer Fahrt ohne Fahrerlaubnis festgestellt sind, handele es sich um eine Rechtsfrage im Sinne des § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG.
9
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat daher dem Bundesgerichtshof folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt: Kann ein Angeklagter seine Berufung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränken, wenn er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist (§ 21 Absatz 1 Nummer 1 StVG) und sich die Feststellungen darin erschöpfen, dass er wissentlich an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit ein Fahrzeug bestimmter Marke und mit einem bestimmten Kennzeichen geführt habe, ohne die dazu erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen?
10
Der Generalbundesanwalt hat beantragt, im Sinne des vorlegenden Oberlandesgerichts Nürnberg zu entscheiden.

II.


11
Die Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG sind gegeben.
12
1. Die beabsichtigte Abweichung betrifft eine Rechts- und keine Tatfrage.
13
Eine Vorlage zum Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG ist nur zulässig, wenn das vorlegende Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung in einer Rechtsfrage (vgl. § 337 StPO) von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will (st. Rspr. seit BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1951 – 2 StR 284/51, BGHSt 1, 358; Nachweise bei Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 121 GVG Rn. 5). Eine Rechtsfrage ist eine Frage, die sich auf die Auslegung einer Rechtsnorm (vgl. BGH, Beschluss vom 25. März 2015 – 4 StR 525/13, BGHSt 60, 218, 221; Beschluss vom 14. Juli 2011 – 4 StR 548/10, BGHSt 56, 289, 292) oder auf die Formulierung von allgemeinen rechtlichen Grundsätzen und Anforderungen bezieht, deren Geltung sich aus einer Rechtsnorm oder einem Normgefüge ableitet und über die im Revisionsrechtszug bei der Nachprüfung des für die Entscheidung maßgebenden Rechts mit zu entscheiden wäre. Ihre Beantwortung ist – anders als bei bloßen Tatfragen – vom Einzelfall unabhängig und fällt nicht in den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2007 – 4 StR 400/07, BGHSt 52, 84, 86 ff.; Beschluss vom 30. Oktober 1997 – 4 StR 24/97, BGHSt 43, 277, 280 f.).
14
Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die Vorlegungsfrage erfüllt. Das vorlegende Oberlandesgericht will bei gleicher Sachlage nicht den Grundsätzen folgen, die die Oberlandesgerichte Bamberg und München für die Beurteilung der Wirksamkeit von Berufungsbeschränkungen auf den Rechtsfolgenausspruch in Fällen der Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis entwickelt haben. Dabei geht es um die Frage, welchen sachlichrechtlichen Anforderungen die Feststellungen zum Tatgeschehen in einem amtsrichterlichen Urteil wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unabhängig vom Einzelfall genügen müssen, damit eine nach § 318 Satz 1 StPO erklärte Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam ist und gemäß § 316 Abs. 1, § 327 StPO zu der angestrebten Beschränkung der Kognitionspflicht des Berufungsgerichts führt, deren Beachtung das Revisionsgericht auf die – hier erhobene – Sachrüge hin zu überprüfen hat.
15
2. Die vorgelegte Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich. Das Oberlandesgericht Nürnberg kann die Revision des Angeklagten nicht wie beabsichtigt als unbegründet verwerfen, ohne von der Rechtsansicht der Oberlandesgerichte Bamberg und München abzuweichen.

III.


16
Der Senat entscheidet im Sinne des vorlegenden Oberlandesgerichts Nürnberg und hat die Vorlegungsfrage, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, beantwortet. Dabei hat der Senat bedacht, dass sich die zu beantwortende Rechtsfrage nicht nur bei Berufungen des Angeklagten stellt. Auch kommt es hinsichtlich der Bezeichnung des verwendeten Kraftfahrzeuges nicht darauf an, dass dies anhand von Marke und Kennzeichen näher beschrieben wird.
17
1. Wie die Revision (§ 344 Abs. 2 StPO) kann auch die Berufung auf „bestimmte Beschwerdepunkte“ beschränkt werden (§ 318 Satz 1 StPO). Damit hat der Gesetzgeber den Rechtsmittelberechtigten eine prozessuale Gestaltungsmacht eingeräumt, deren Ausübung im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 38; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 364; Urteil vom 27. November 1959 – 4 StR 394/59, BGHSt 14, 30, 36).
18
a) Die Berufungsbeschränkung bewirkt, dass der vom Berufungsangriff ausgenommene Teil des Ersturteils nach § 316 Abs. 1 StPO unabänderlich (teilrechtskräftig) und nur noch der angefochtene Teil dem Berufungsgericht zu erneuter tatrichterlicher Kognition und Entscheidung unterbreitet wird (§ 327 StPO). Über den durch den Eröffnungsbeschluss definierten Prozessgegenstand wird danach nicht mehr in einem, sondern in zwei tatrichterlichen Urteilen entschieden, die stufenweise nacheinander ergehen und sich zu einer einheitlichen , das Verfahren abschließenden Sachentscheidung zusammenfügen (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 1995 – 1 StR 595/94, BGHSt 41, 57, 59; Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185, 187 f.). Da diese aus zwei Erkenntnissen zusammengefügte Entscheidung nur dann als ein einheitliches Ganzes gelten kann, wenn sie keine Widersprüche aufweist, hat das Berufungsgericht bei seiner Neufeststellung und Beurteilung des angefochtenen Teils der Vorentscheidung die für deren nicht angegriffenen Teil bedeutsamen Tatsachen – so wie in der Vorinstanz festgestellt – zugrunde zu legen. Neue Feststellungen darf es nur insoweit treffen, als diese hierzu nicht in Widerspruch treten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2012 – AnwSt (R) 4/12, NStZ-RR 2013, 91; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 365 f.; Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185, 188; Beschluss vom 19. Dezember 1956 – 4 StR 524/56, BGHSt 10, 71, 72 f.; Urteil vom 31. März 1955 – 4 StR 68/55, BGHSt 7, 283, 286 f.; RG, Urteil vom 12. März 1909 – V 79/09, RGSt 42, 241, 242 ff.; vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 StR 139/14, NStZ 2015, 182, 183 mwN [zur Bindungswirkung bei einer Teilaufhebung gemäß § 353 Abs. 2 StPO]; Frisch in: SK-StPO, 5. Aufl., vor §§ 296 ff. Rn. 288 f. mwN).
19
Dies zugrunde gelegt, sind Berufungsbeschränkungen nicht uneingeschränkt zulässig. Sie setzen nicht nur voraus, dass der nach dem Willen des Rechtsmittelführers neu zu verhandelnde Entscheidungsteil losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185, 187 f.; Beschluss vom 24. Juli 1963 – 4 StR 168/63, BGHSt 19, 46, 48; vgl. auch Urteil vom 21. Juni 2016 – 5 StR 183/16, Rn. 6; Beschluss vom 9. September 2015 – 4 StR 334/15, NStZ 2016, 105; und Urteil vom 8. Januar 1954 – 2 StR 572/53, BGHSt 5, 252 f. [jeweils zu § 344 Abs. 1 StPO]), sondern erfordern auch, dass der nicht angegriffene Teil der Vorentscheidung so festgestellt und bewertet ist, dass er – unabänderlich und damit bindend geworden – eine hinreichend tragfähige Grundlage für eine eigenständige Entscheidung des Berufungsgerichts zu bieten vermag (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 1988 – 2 StR 166/88, BGHR StPO § 318 Strafausspruch 1; Urteil vom 5. November 1984 – AnwSt (R) 11/84, BGHSt 33, 59; BayObLG, Urteil vom 27. Mai 2003 – 4 St RR 47/2003, NStZ-RR 2003, 310; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. November 1997 – 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 300; Beschluss vom 14. Juli 1993 – 3 StR 334/93, NStZ 1994, 130 [jeweils zu § 344 Abs. 1 StPO]). Verbindungen mit dem sachlichen Recht bestehen dabei nur insoweit, als die sich stellenden Fragen (isolierte Überprüfbarkeit des angefochtenen Entscheidungsteils; belastbare Feststellung und Bewertung des nicht angegriffenen Teils der Vorentscheidung) auch in Anse- hung der sachlich-rechtlichen Ausgangslage beantwortet werden müssen (vgl. RG, Urteil vom 29. Januar 1935 – 4 D 981/34, RGSt 69, 110, 111 f. mwN).
20
b) Die Rechtsprechung hält in Anwendung dieser Grundsätze eine Beschränkung von Berufung und Revision auf den Rechtsfolgenausspruch grundsätzlich für zulässig (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – 2 StR 258/15, StV 2017, 314, 315; Beschluss vom 24. Juli 1963 – 4 StR 168/63, BGHSt 19, 46, 48; RG, Urteil vom 11. Mai 1931 – III 151/31, RGSt 65, 296, 297; weitere Nachweise bei Paul in: KK-StPO, 7. Aufl., § 318 Rn. 7 und Hettinger, JZ 1987, 386, 388 ff.). Sie versagt ihr eine Anerkennung nur dann, wenn die dem Schuldspruch im angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Feststellungen tatsächlicher und rechtlicher Art unklar, lückenhaft, widersprüchlich oder so dürftig sind, dass sich Art und Umfang der Schuld nicht in dem zur Überprüfung des Strafausspruchs notwendigen Maße bestimmen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – 2 StR 258/15, StV 2017, 314, 315; Urteil vom 4. November 1997 – 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 300; Beschluss vom 14. Juli 1993 – 3 StR 334/93, NStZ 1994, 130 [jeweils zu § 344 Abs. 1 StPO]; Urteil vom 18. Mai 1988 – 2 StR 166/88, BGHR StPO § 318 Strafausspruch 1; Urteil vom 5. November 1984 – AnwSt (R) 11/84, BGHSt 33, 59) oder unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. August 2014 – 2 StR 60/14, NStZ 2014, 635; Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 318/12, wistra 2013, 463, 469 mwN).
21
2. Daran gemessen kann bei einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung die Wirksamkeit nicht deshalb abgesprochen werden, weil das angegriffene Urteil lediglich Feststellungen zu Tatzeit und Tatort, zu dem verwendeten Kraftfahrzeug sowie zum Fehlen der er- forderlichen Fahrerlaubnis und zu einem wissentlichen Handeln des Angeklagten enthält.
22
a) Das Berufungsgericht ist bei dieser Sachlage unter keinem verfahrensrechtlichen Gesichtspunkt daran gehindert, – soweit erforderlich – eigene Feststellungen zu den Beweggründen der Fahrt und deren Gegebenheiten (Dauer und Länge, beabsichtigte Fahrstrecke, Verkehrsbedeutung der Straße, herbeigeführte Gefahren u.a.) zu treffen und dadurch den für die Rechtsfolgenentscheidung maßgebenden Schuldumfang näher zu bestimmen. Es hat dabei lediglich zu beachten, dass die von ihm getroffenen weiteren Feststellungen nicht in Widerspruch zu den Feststellungen stehen dürfen, die das Erstgericht zum Schuldspruch schon getroffen hat. Dass diese weiteren Feststellungen , wären sie bereits vom Amtsgericht getroffen worden, als sog. umgebende Feststellungen noch zum Unterbau des Schuldspruchs und damit zu dem vom Rechtsmittelangriff ausgenommenen, nach § 316 Abs. 1 StPO unabänderlich (teilrechtskräftig) gewordenen Teil des Ersturteils gezählt hätten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2012 – AnwSt (R) 4/12, NStZ-RR 2013, 91; BayObLG, Beschluss vom 29. Juli 1993 – 4 St RR 118/93, BayObLGSt 1993, 135 f.; Frisch in: SK-StPO, 5. Aufl., vor §§ 296 ff. Rn. 290 mwN; siehe dazu auch BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 StR 139/14, NStZ 2015, 182, 183; Beschluss vom 16. Mai 2002 – 3 StR 124/02, bei Becker, NStZ-RR 2003, 97, 101; Beschluss vom 17. November 1998 – 4 StR 528/98, NStZ 1999, 259, 260; Beschluss vom 21. Oktober 1987 – 2 StR 245/87, NStZ 1988, 88; Urteil vom 14. Januar 1982 – 4 StR 642/81, BGHSt 30, 340, 344 f.; Ernemann in: Festschrift für Meyer-Goßner, 2001, S. 619, 620 f., jeweils zum Umfang der Bindungswirkung bei einer Urteilsaufhebung im Strafausspruch gemäß § 353 Abs. 2 StPO), steht ihrer Nachholung nicht entgegen (im Ergebnis ebenso OLG Koblenz, Beschluss vom 18. März 2013 – 2 Ss 150/12, NZV 2013, 411, 412 mit Anm. Sandherr; König in: Festschrift für von Heintschel-Heinegg, 2015, S. 257, 260 ff.). Maßgeblich ist allein, dass sich der Schuldspruch aus dem insoweit nicht angegriffenen Ersturteil mit den für ihn bedeutsamen Feststellungen und der Rechtsfolgenausspruch des Berufungsgerichts mit den hierzu getroffenen weiteren Feststellungen zu einem einheitlichen (widerspruchsfreien), das Verfahren abschließenden Erkenntnis zusammenfügen. Dafür ist es aber ohne Belang , ob es schon dem Erstrichter möglich gewesen wäre, weitere Feststellungen zum tatsächlichen Unterbau des Schuldspruchs zu treffen und dadurch den das Berufungsgericht bindenden Verfahrensstoff zu vergrößern. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob ihn seine tatrichterliche Kognitionspflicht dazu gedrängt hat.
23
b) Die in der Entscheidungsformel bezeichneten Feststellungen zum Schuldspruch nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG bieten eine hinreichend tragfähige Grundlage für eine eigenständige Rechtsfolgenentscheidung des Berufungsgerichts. Da alle Merkmale des gesetzlichen Tatbestands mit Tatsachen unterlegt sind, besteht auch keine relevante Lücke. Es besteht auch kein Zweifel daran, welcher geschichtliche Vorgang dem Schuldspruch zugrunde liegt. Soweit das Berufungsgericht für die nähere Bestimmung des Schuldumfangs ergänzende Feststellungen zu einzelnen Tatumständen für erforderlich hält, kann es die Bindungswirkung der bereits getroffenen Feststellungen eindeutig beurteilen und bei seinen ergänzenden Erhebungen das Widerspruchsverbot zuverlässig wahren.
24
Im Ergebnis besteht daher kein aus der Verfahrenslage ableitbarer Grund, einer Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch die An- erkennung zu verweigern, wenn in dem Ersturteil Feststellungen zum Schuldspruch getroffen sind, die der Beschlussformel entsprechen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 547/16
vom
27. April 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Im Fall einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG ist die Beschränkung einer Berufung auf den
Rechtsfolgenausspruch nicht deshalb unwirksam, weil sich die Feststellungen
in dem angegriffenen Urteil darin erschöpfen, dass der Angeklagte an einem
bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit auf einer öffentlichen Straße ein näher
bezeichnetes Kraftfahrzeug geführt hat, ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu
besitzen und er insoweit wissentlich gehandelt hat.
BGH, Beschluss vom 27. April 2017 – 4 StR 547/16 – OLG Nürnberg
in der Strafsache
gegen
wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
ECLI:DE:BGH:2017:270417B4STR547.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. April 2017 gemäß § 121 Abs. 2 GVG beschlossen:
Im Fall einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG ist die Beschränkung einer Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch nicht deshalb unwirksam , weil sich die Feststellungen in dem angegriffenen Urteil darin erschöpfen, dass der Angeklagte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit auf einer öffentlichen Straße ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug geführt hat, ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen und er insoweit wissentlich gehandelt hat.

Gründe:


I.


1
Das Amtsgericht Schwabach hat den umfassend geständigen Angeklagten am 21. Januar 2016 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt. Die Feststellungen zur Sache lauten wie folgt:
2
Der Angeklagte fuhr am 19. August 2015 gegen 14.21 Uhr mit dem Pkw Opel mit dem amtlichen Kennzeichen auf der W. Straße in S. , obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte. Dies wusste der Angeklagte.
3
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft eine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung eingelegt. Der Angeklagte hat seine zunächst unbeschränkt eingelegte Berufung in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
4
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat beide Berufungen als unbegründet verworfen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass die Beschränkungen auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam und deshalb der Schuldspruch und die ihn tragenden Feststellungen einer Nachprüfung entzogen seien. Der Strafausspruch weise keinen Rechtsfehler auf.
5
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
6
Das Oberlandesgericht Nürnberg möchte die Revision des Angeklagten wie beantragt verwerfen, sieht sich daran aber durch Entscheidungen der Oberlandesgerichte Bamberg (Urteil vom 25. Juni 2013 – Az. 3 Ss 36/13) und München (Beschluss vom 8. Juni 2012 – 4 StRR 97/12 und Urteil vom 18. Februar 2008 – 4 StRR 202/07) gehindert. Beide Oberlandesgerichte meinen, dass nach einer amtsgerichtlichen Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG eine Berufung nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden könne, wenn das Amtsgericht zu der fraglichen Fahrt keine Feststellungen getroffen habe, die über Ort und Zeit der Fahrt, die Identität des Fahrzeugs, das Nichtvorhandensein der benötigten Fahrerlaubnis und ein hierauf bezogenes Wissen des Angeklagten hinausgingen. Der Tatrichter habe wegen der Bedeutung für die Rechtsfolgen grundsätzlich auch Feststellungen zu den Beweggründen der Fahrt und deren Gegebenheiten (Dauer und Länge, beabsichtigte Fahrstrecke, Verkehrsbedeutung der Straße, herbeigeführte Gefahren u.a.) zu treffen, wenn ihm dies – etwa bei einem geständigen Angeklagten – (ohne weiteres) möglich sei. Denn den Schuldspruch beträfen nicht nur die zur Erfüllung der Tatbestandsmerkmale erforderlichen Feststellungen, sondern auch die Tatsachen, die nur den Schuldumfang beschreiben, ohne für die rechtliche Bewertung der Tat selbst unmittelbar von Bedeutung zu sein. Erkenne das Berufungsgericht darin zugleich erhebliche Strafzumessungsgesichtspunkte (sog. doppelrelevante Tatsachen ), müsse es nach einer Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch die dazu getroffenen erstinstanzlichen Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde legen. Fehlten dahingehende Feststellungen, dürfe der Berufungsrichter die Lücke nicht durch ergänzende Aufklärung schließen. Ihm bleibe nur die Möglichkeit, die Schuldfeststellungen umfassend neu zu treffen.
7
Das Oberlandesgericht Nürnberg hält die Rechtsansicht der Oberlandesgerichte Bamberg und München für unzutreffend. Für die Frage, ob eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam sei, komme es nicht darauf an, ob das Erstgericht in Bezug auf die Strafzumessung seiner Aufklärungspflicht nachgekommen sei. Bei einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis beträfen Feststellungen, die über Ort und Zeit der Fahrt, Marke und Kennzeichen des Fahrzeugs, das Fehlen der erforderlichen Fahrerlaubnis und den zugehörigen Vorsatz hinausgehen, nur den Schuldumfang und damit die Strafzumessung. Sie könnten von dem Berufungsgericht auch dann noch nachgeholt werden, wenn die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden sei. Bei Widersprüchen zwischen in erster Instanz getroffenen Feststellungen zur Schuldfrage und denjenigen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Schuldumfang, sei es möglich, den Feststellungen der ersten Instanz den Vorrang zu geben und die widersprechenden Feststellungen für unzulässig zu halten. Auch wäre es möglich, eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch solange für zulässig zu halten, wie keine widersprechenden neuen Feststellungen getroffen worden seien.
8
Bei der Frage, ob eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam ist, wenn keine näheren Umstände zu einer Fahrt ohne Fahrerlaubnis festgestellt sind, handele es sich um eine Rechtsfrage im Sinne des § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG.
9
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat daher dem Bundesgerichtshof folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt: Kann ein Angeklagter seine Berufung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränken, wenn er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist (§ 21 Absatz 1 Nummer 1 StVG) und sich die Feststellungen darin erschöpfen, dass er wissentlich an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit ein Fahrzeug bestimmter Marke und mit einem bestimmten Kennzeichen geführt habe, ohne die dazu erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen?
10
Der Generalbundesanwalt hat beantragt, im Sinne des vorlegenden Oberlandesgerichts Nürnberg zu entscheiden.

II.


11
Die Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG sind gegeben.
12
1. Die beabsichtigte Abweichung betrifft eine Rechts- und keine Tatfrage.
13
Eine Vorlage zum Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG ist nur zulässig, wenn das vorlegende Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung in einer Rechtsfrage (vgl. § 337 StPO) von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will (st. Rspr. seit BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1951 – 2 StR 284/51, BGHSt 1, 358; Nachweise bei Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 121 GVG Rn. 5). Eine Rechtsfrage ist eine Frage, die sich auf die Auslegung einer Rechtsnorm (vgl. BGH, Beschluss vom 25. März 2015 – 4 StR 525/13, BGHSt 60, 218, 221; Beschluss vom 14. Juli 2011 – 4 StR 548/10, BGHSt 56, 289, 292) oder auf die Formulierung von allgemeinen rechtlichen Grundsätzen und Anforderungen bezieht, deren Geltung sich aus einer Rechtsnorm oder einem Normgefüge ableitet und über die im Revisionsrechtszug bei der Nachprüfung des für die Entscheidung maßgebenden Rechts mit zu entscheiden wäre. Ihre Beantwortung ist – anders als bei bloßen Tatfragen – vom Einzelfall unabhängig und fällt nicht in den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2007 – 4 StR 400/07, BGHSt 52, 84, 86 ff.; Beschluss vom 30. Oktober 1997 – 4 StR 24/97, BGHSt 43, 277, 280 f.).
14
Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die Vorlegungsfrage erfüllt. Das vorlegende Oberlandesgericht will bei gleicher Sachlage nicht den Grundsätzen folgen, die die Oberlandesgerichte Bamberg und München für die Beurteilung der Wirksamkeit von Berufungsbeschränkungen auf den Rechtsfolgenausspruch in Fällen der Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis entwickelt haben. Dabei geht es um die Frage, welchen sachlichrechtlichen Anforderungen die Feststellungen zum Tatgeschehen in einem amtsrichterlichen Urteil wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unabhängig vom Einzelfall genügen müssen, damit eine nach § 318 Satz 1 StPO erklärte Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam ist und gemäß § 316 Abs. 1, § 327 StPO zu der angestrebten Beschränkung der Kognitionspflicht des Berufungsgerichts führt, deren Beachtung das Revisionsgericht auf die – hier erhobene – Sachrüge hin zu überprüfen hat.
15
2. Die vorgelegte Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich. Das Oberlandesgericht Nürnberg kann die Revision des Angeklagten nicht wie beabsichtigt als unbegründet verwerfen, ohne von der Rechtsansicht der Oberlandesgerichte Bamberg und München abzuweichen.

III.


16
Der Senat entscheidet im Sinne des vorlegenden Oberlandesgerichts Nürnberg und hat die Vorlegungsfrage, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, beantwortet. Dabei hat der Senat bedacht, dass sich die zu beantwortende Rechtsfrage nicht nur bei Berufungen des Angeklagten stellt. Auch kommt es hinsichtlich der Bezeichnung des verwendeten Kraftfahrzeuges nicht darauf an, dass dies anhand von Marke und Kennzeichen näher beschrieben wird.
17
1. Wie die Revision (§ 344 Abs. 2 StPO) kann auch die Berufung auf „bestimmte Beschwerdepunkte“ beschränkt werden (§ 318 Satz 1 StPO). Damit hat der Gesetzgeber den Rechtsmittelberechtigten eine prozessuale Gestaltungsmacht eingeräumt, deren Ausübung im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 38; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 364; Urteil vom 27. November 1959 – 4 StR 394/59, BGHSt 14, 30, 36).
18
a) Die Berufungsbeschränkung bewirkt, dass der vom Berufungsangriff ausgenommene Teil des Ersturteils nach § 316 Abs. 1 StPO unabänderlich (teilrechtskräftig) und nur noch der angefochtene Teil dem Berufungsgericht zu erneuter tatrichterlicher Kognition und Entscheidung unterbreitet wird (§ 327 StPO). Über den durch den Eröffnungsbeschluss definierten Prozessgegenstand wird danach nicht mehr in einem, sondern in zwei tatrichterlichen Urteilen entschieden, die stufenweise nacheinander ergehen und sich zu einer einheitlichen , das Verfahren abschließenden Sachentscheidung zusammenfügen (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 1995 – 1 StR 595/94, BGHSt 41, 57, 59; Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185, 187 f.). Da diese aus zwei Erkenntnissen zusammengefügte Entscheidung nur dann als ein einheitliches Ganzes gelten kann, wenn sie keine Widersprüche aufweist, hat das Berufungsgericht bei seiner Neufeststellung und Beurteilung des angefochtenen Teils der Vorentscheidung die für deren nicht angegriffenen Teil bedeutsamen Tatsachen – so wie in der Vorinstanz festgestellt – zugrunde zu legen. Neue Feststellungen darf es nur insoweit treffen, als diese hierzu nicht in Widerspruch treten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2012 – AnwSt (R) 4/12, NStZ-RR 2013, 91; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 365 f.; Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185, 188; Beschluss vom 19. Dezember 1956 – 4 StR 524/56, BGHSt 10, 71, 72 f.; Urteil vom 31. März 1955 – 4 StR 68/55, BGHSt 7, 283, 286 f.; RG, Urteil vom 12. März 1909 – V 79/09, RGSt 42, 241, 242 ff.; vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 StR 139/14, NStZ 2015, 182, 183 mwN [zur Bindungswirkung bei einer Teilaufhebung gemäß § 353 Abs. 2 StPO]; Frisch in: SK-StPO, 5. Aufl., vor §§ 296 ff. Rn. 288 f. mwN).
19
Dies zugrunde gelegt, sind Berufungsbeschränkungen nicht uneingeschränkt zulässig. Sie setzen nicht nur voraus, dass der nach dem Willen des Rechtsmittelführers neu zu verhandelnde Entscheidungsteil losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185, 187 f.; Beschluss vom 24. Juli 1963 – 4 StR 168/63, BGHSt 19, 46, 48; vgl. auch Urteil vom 21. Juni 2016 – 5 StR 183/16, Rn. 6; Beschluss vom 9. September 2015 – 4 StR 334/15, NStZ 2016, 105; und Urteil vom 8. Januar 1954 – 2 StR 572/53, BGHSt 5, 252 f. [jeweils zu § 344 Abs. 1 StPO]), sondern erfordern auch, dass der nicht angegriffene Teil der Vorentscheidung so festgestellt und bewertet ist, dass er – unabänderlich und damit bindend geworden – eine hinreichend tragfähige Grundlage für eine eigenständige Entscheidung des Berufungsgerichts zu bieten vermag (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 1988 – 2 StR 166/88, BGHR StPO § 318 Strafausspruch 1; Urteil vom 5. November 1984 – AnwSt (R) 11/84, BGHSt 33, 59; BayObLG, Urteil vom 27. Mai 2003 – 4 St RR 47/2003, NStZ-RR 2003, 310; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. November 1997 – 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 300; Beschluss vom 14. Juli 1993 – 3 StR 334/93, NStZ 1994, 130 [jeweils zu § 344 Abs. 1 StPO]). Verbindungen mit dem sachlichen Recht bestehen dabei nur insoweit, als die sich stellenden Fragen (isolierte Überprüfbarkeit des angefochtenen Entscheidungsteils; belastbare Feststellung und Bewertung des nicht angegriffenen Teils der Vorentscheidung) auch in Anse- hung der sachlich-rechtlichen Ausgangslage beantwortet werden müssen (vgl. RG, Urteil vom 29. Januar 1935 – 4 D 981/34, RGSt 69, 110, 111 f. mwN).
20
b) Die Rechtsprechung hält in Anwendung dieser Grundsätze eine Beschränkung von Berufung und Revision auf den Rechtsfolgenausspruch grundsätzlich für zulässig (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – 2 StR 258/15, StV 2017, 314, 315; Beschluss vom 24. Juli 1963 – 4 StR 168/63, BGHSt 19, 46, 48; RG, Urteil vom 11. Mai 1931 – III 151/31, RGSt 65, 296, 297; weitere Nachweise bei Paul in: KK-StPO, 7. Aufl., § 318 Rn. 7 und Hettinger, JZ 1987, 386, 388 ff.). Sie versagt ihr eine Anerkennung nur dann, wenn die dem Schuldspruch im angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Feststellungen tatsächlicher und rechtlicher Art unklar, lückenhaft, widersprüchlich oder so dürftig sind, dass sich Art und Umfang der Schuld nicht in dem zur Überprüfung des Strafausspruchs notwendigen Maße bestimmen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – 2 StR 258/15, StV 2017, 314, 315; Urteil vom 4. November 1997 – 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 300; Beschluss vom 14. Juli 1993 – 3 StR 334/93, NStZ 1994, 130 [jeweils zu § 344 Abs. 1 StPO]; Urteil vom 18. Mai 1988 – 2 StR 166/88, BGHR StPO § 318 Strafausspruch 1; Urteil vom 5. November 1984 – AnwSt (R) 11/84, BGHSt 33, 59) oder unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. August 2014 – 2 StR 60/14, NStZ 2014, 635; Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 318/12, wistra 2013, 463, 469 mwN).
21
2. Daran gemessen kann bei einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung die Wirksamkeit nicht deshalb abgesprochen werden, weil das angegriffene Urteil lediglich Feststellungen zu Tatzeit und Tatort, zu dem verwendeten Kraftfahrzeug sowie zum Fehlen der er- forderlichen Fahrerlaubnis und zu einem wissentlichen Handeln des Angeklagten enthält.
22
a) Das Berufungsgericht ist bei dieser Sachlage unter keinem verfahrensrechtlichen Gesichtspunkt daran gehindert, – soweit erforderlich – eigene Feststellungen zu den Beweggründen der Fahrt und deren Gegebenheiten (Dauer und Länge, beabsichtigte Fahrstrecke, Verkehrsbedeutung der Straße, herbeigeführte Gefahren u.a.) zu treffen und dadurch den für die Rechtsfolgenentscheidung maßgebenden Schuldumfang näher zu bestimmen. Es hat dabei lediglich zu beachten, dass die von ihm getroffenen weiteren Feststellungen nicht in Widerspruch zu den Feststellungen stehen dürfen, die das Erstgericht zum Schuldspruch schon getroffen hat. Dass diese weiteren Feststellungen , wären sie bereits vom Amtsgericht getroffen worden, als sog. umgebende Feststellungen noch zum Unterbau des Schuldspruchs und damit zu dem vom Rechtsmittelangriff ausgenommenen, nach § 316 Abs. 1 StPO unabänderlich (teilrechtskräftig) gewordenen Teil des Ersturteils gezählt hätten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2012 – AnwSt (R) 4/12, NStZ-RR 2013, 91; BayObLG, Beschluss vom 29. Juli 1993 – 4 St RR 118/93, BayObLGSt 1993, 135 f.; Frisch in: SK-StPO, 5. Aufl., vor §§ 296 ff. Rn. 290 mwN; siehe dazu auch BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 StR 139/14, NStZ 2015, 182, 183; Beschluss vom 16. Mai 2002 – 3 StR 124/02, bei Becker, NStZ-RR 2003, 97, 101; Beschluss vom 17. November 1998 – 4 StR 528/98, NStZ 1999, 259, 260; Beschluss vom 21. Oktober 1987 – 2 StR 245/87, NStZ 1988, 88; Urteil vom 14. Januar 1982 – 4 StR 642/81, BGHSt 30, 340, 344 f.; Ernemann in: Festschrift für Meyer-Goßner, 2001, S. 619, 620 f., jeweils zum Umfang der Bindungswirkung bei einer Urteilsaufhebung im Strafausspruch gemäß § 353 Abs. 2 StPO), steht ihrer Nachholung nicht entgegen (im Ergebnis ebenso OLG Koblenz, Beschluss vom 18. März 2013 – 2 Ss 150/12, NZV 2013, 411, 412 mit Anm. Sandherr; König in: Festschrift für von Heintschel-Heinegg, 2015, S. 257, 260 ff.). Maßgeblich ist allein, dass sich der Schuldspruch aus dem insoweit nicht angegriffenen Ersturteil mit den für ihn bedeutsamen Feststellungen und der Rechtsfolgenausspruch des Berufungsgerichts mit den hierzu getroffenen weiteren Feststellungen zu einem einheitlichen (widerspruchsfreien), das Verfahren abschließenden Erkenntnis zusammenfügen. Dafür ist es aber ohne Belang , ob es schon dem Erstrichter möglich gewesen wäre, weitere Feststellungen zum tatsächlichen Unterbau des Schuldspruchs zu treffen und dadurch den das Berufungsgericht bindenden Verfahrensstoff zu vergrößern. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob ihn seine tatrichterliche Kognitionspflicht dazu gedrängt hat.
23
b) Die in der Entscheidungsformel bezeichneten Feststellungen zum Schuldspruch nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG bieten eine hinreichend tragfähige Grundlage für eine eigenständige Rechtsfolgenentscheidung des Berufungsgerichts. Da alle Merkmale des gesetzlichen Tatbestands mit Tatsachen unterlegt sind, besteht auch keine relevante Lücke. Es besteht auch kein Zweifel daran, welcher geschichtliche Vorgang dem Schuldspruch zugrunde liegt. Soweit das Berufungsgericht für die nähere Bestimmung des Schuldumfangs ergänzende Feststellungen zu einzelnen Tatumständen für erforderlich hält, kann es die Bindungswirkung der bereits getroffenen Feststellungen eindeutig beurteilen und bei seinen ergänzenden Erhebungen das Widerspruchsverbot zuverlässig wahren.
24
Im Ergebnis besteht daher kein aus der Verfahrenslage ableitbarer Grund, einer Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch die An- erkennung zu verweigern, wenn in dem Ersturteil Feststellungen zum Schuldspruch getroffen sind, die der Beschlussformel entsprechen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.