Oberlandesgericht Köln Urteil, 19. Mai 2015 - 15 U 38/13
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 13.02.2013 (28 O 773/11) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und - wie folgt - neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,
1. zu behaupten bzw. behaupten zu lassen, zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen:
a) (in Bezug auf N K T)
G K T habe seinen Kindern eine Erbschaft im Wert von mindestens DM 300 Mio. hinterlassen,
wie auf den Seiten 161 f. des Buches des Beklagten mit dem Titel „Macht und Missbrauch – Von T bis T2“ geschehen,
und/oder
b) „Im Juni 1999 hat die Staatsanwaltschaft Augsburg eine Überprüfung durch das Finanzamt erbeten, ob ein bei N T festgestelltes Wertpapiervermögen in Höhe von 108 Mio. DM ordnungsgemäß versteuert worden sei.“,
wie auf Seiten 162 des Buches des Beklagten mit dem Titel „Macht und Missbrauch – Von T bis T2“ geschehen,
und/oder
c) „Er (sc. N2 N3) beklagte (sc. in der Fernsehsendung „Live aus der alten Oper“ am 02. November 1989), immer wenn es im nahen Osten um Waffen und Geld gegangen sei, sei man auf die Familie T gestoßen, immer wieder auf T.“,
wie auf Seite 168 des Buches des Beklagten mit dem Titel „Macht und Missbrauch – Von T bis T2“ geschehen,
und/oder
2. durch die Passagen
„Und schließlich ist der Anschein finanzieller Korrektheit dadurch erschüttert worden, dass N T - dem aufsichtsführenden CSU-Kreisvorsitzenden F S zufolge – als Schatzmeister seines kleinen Ortsverbandes keinen Nachweis liefern konnte, wofür eine Viertelmillion Mark ausgegeben worden war. War N T dann ausgerechnet gegenüber dem Finanzamt korrekt, wenn er schon gegenüber der CSU so handelte?“
und/oder
„Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der Kassenfehlbetrag in diesem zu den kleinsten Ortsverbänden der CSU gehörenden Ortsverband 17b 236.000 Mark betrug. Verantwortlich dafür waren L O und N T, dem als Schatzmeister sowohl die fristgemäße Erstellung der Rechenschaftsberichte als auch die Begründung dieses horrenden Minusbetrages oblag. Bis heute ist der Grund für den Fehlbetrag in den Gremien der Münchner CSU nicht geklärt. L G2 als Schatzmeister des CSU-Bezirks schrieb: „Es fehlt der Widerschein dieses enormen Fehlbetrages.“ Vornehm formuliert! (Für ein einfaches Parteimitglied stellt sich die Frage: Wurde Strafanzeige gestellt?)“.
den Eindruck zu erwecken, N K T habe als zuständiger Schatzmeister eines CSU-Ortsverbandes einen Fehlbetrag von 236.000,00 DM bzw. einer Viertelmillion Mark nicht erklären und belegen können,
wie auf den Seiten 179 und 311 des Buches des Beklagten mit dem Titel „Macht und Missbrauch – Von T bis T2“ geschehen,
und/oder
3. durch die Passage
„Wie intensiv die Aktivitäten des T-Clans waren, wurde durch die Erklärung von G.K. T selbst deutlich. Als publik wurde, dass T-Sohn N in Gegenwart des deutschen Botschafters in Saudi-Arabien an einem Verhandlungsgespräch mit den Saudis über den Verkauf von Leopard-Panzern teilgenommen hatte (und sich dabei skandalös verhalten hatte), begründete der T-Vater dies damit, dass sein Sohn N aufgrund seiner guten Geschäftsbeziehungen tätig geworden sei. Er sei schon circa 20 Mal in Saudi-Arabien gewesen, in der Tat eine erstaunliche Häufigkeit für einen jungen Mann, der gerade erst Rechtsreferendar war. Deshalb nochmals die Frage: Wie viel erhielt T dafür? Wie viel sein Sohn N? Und auf welche Konten wurde überwiesen? Und eine weitere Frage stellt sich: Was meldeten sie dem deutschen Finanzamt?“
die Eindrücke zu erwecken,
a) N K T habe Provisionszahlungen aus Waffengeschäften erhalten,
und/oder
b) N K T habe gegenüber dem deutschen Finanzamt Provisionszahlungen aus Waffengeschäften verschwiegen,
wie auf Seite 170 des Buches des Beklagten mit dem Titel „Macht und Missbrauch – Von T bis T2“ geschehen,
und/oder
4. durch die Passagen
„Die T Kinder dementierten F2 A, jedoch zweideutig: „Es existierten keine Konten mit dreistelligen Millionensummen.“ Erstens aber hatte A nicht behauptet, dass auf einem Konto „dreistellige“ Millionen lagen, und zweitens konnten die Millionen auf verschiedenen Konten verteilt sein (wie ohnehin bei Provisionszahlungen aus verschiedenen Geschäften üblich). So hat T-Freund X T3 angegeben, dass T auch Kunde des Züricher Bankhauses C war. N T gab gegenüber dem Spiegel zu, dass es T Konten bei Q, W sowie bei der Filiale der Deutschen Bank in der Schweiz gegeben habe. Davon, dass sein Vater laut T3 auch Kunde beim Bankhaus C gewesen sei, habe er nichts gewusst. Das bedeutet dann aber auch, dass er dieses Konto bei der Erbschaftssteuererklärung nicht angegeben hatte und dass es auch nicht aus den Steuerklärungen von G.K. T ersichtlich war.“
und/oder
„Dem Spiegel gegenüber weigerten sich die T-Kinder, „über Einzelheiten der Vermögensanlage“ ihrer Eltern Zeugnis abzulegen. Alle Schweizer Konten wie auch deren Erträge und Zuflüsse seien „ordnungsgemäß versteuert“ worden. Das widerspricht jedoch dem, was etwa anderthalb Jahre später geschah (...). Wenn alle in die Schweiz führenden Spuren getilgt werden sollten, war es unglaubwürdig, dass das Geld auf den Schweizer Konten angeblich „ordnungsgemäß versteuert“ worden war. (...) Außerdem hatte N T, wie erwähnt, gegenüber dem Spiegel selbst angegeben, von dem T-Konto beim Bankhaus C nichts gewusst zu haben, also konnte insoweit auch nichts versteuert worden sein. (...). War N T dann ausgerechnet gegenüber dem Finanzamt korrekt, wenn er schon gegenüber der CSU so handelte?“
den Verdacht zu erwecken bzw. den Verdacht erwecken zu lassen, N K T habe ein Guthaben beim Bankhaus C geerbt und nicht ordnungsgemäß versteuert,
wie auf den Seiten 163 f. und 178 f. des Buches des Beklagten mit dem Titel „Macht und Missbrauch – Von T bis T2“ geschehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden dem Kläger zu 1/10 und dem Beklagten zu 9/10 auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Verurteilungen zu Ziffern 1.a)-c) sowie 2.-4. jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Parteien streiten um die äußerungsrechtliche Zulässigkeit einzelner Passagen aus einem Buch sowie von Interviewäußerungen des Beklagten.
4Der Kläger ist ein Sohn des 1988 verstorbenen ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten G K T, der von seinen drei Kindern zu jeweils 1/3 beerbt wurde. Gegen den Kläger wurde von 1995 bis 2007 ein Ermittlungs- und Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durchgeführt, das am 06.08.2007 mit einem rechtskräftigen Freispruch endete. Vorwürfe gegen den Vater des Klägers waren Gegenstand mehrerer Untersuchungsausschüsse. Der Beklagte ist pensionierter Finanzbeamter und Verfasser des im Jahre 2010 in fünfter Auflage erschienenen Buches „Macht und Missbrauch – Von T bis T2“, hinsichtlich dessen auf die Anlage K 1 verwiesen wird. Der Beklagte gab am 21.01.2010 der Münchner „tz“ ein Interview, wegen dessen Inhalts auf Anlage K 2 Bezug genommen wird. Der Kläger ließ den Beklagten wegen mehrerer Äußerungen in diesem Buch und bei dem Interview mit Schreiben vom 29.07.2011 abmahnen. Der Beklagte lehnte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung indes mit Schreiben vom 22.08.2011 ab.
5In erster Instanz hat der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung verschiedener Äußerungen begehrt und die Auffassung vertreten, dass der Beklagte in seinem Buch bzw. in dem Interview die den Klageanträgen entsprechenden Aussagen gemacht habe, die als ausdrückliche bzw. verdeckte unwahre Tatsachenbehauptungen einzuordnen und als solche unzulässig seien.
6Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt,
7den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen,
81. zu behaupten bzw. behaupten zu lassen, zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen:
9a) (in Bezug auf N K T)
10G K T habe seinen Kindern eine Erbschaft im Wert von mindestens DM 300 Mio. hinterlassen;
11und/oder
12b) „Im Juni 1999 hat die Staatsanwaltschaft Augsburg eine Überprüfung durch das Finanzamt erbeten, ob ein bei N T festgestelltes Wertpapiervermögen in Höhe von 108 Mio. DM ordnungsgemäß versteuert worden sei.“
13und/oder
14c) „Er (sc. N2 N3) beklagte (sc. in der Fernsehsendung „Live aus der alten Oper“ am 02. November 1989), immer wenn es im nahen Osten um Waffen und Geld gegangen sei, sei man auf die Familie T gestoßen, immer wieder auf T.“
15und/oder
162. durch die Passagen
17„Und schließlich ist der Anschein finanzieller Korrektheit dadurch erschüttert worden, dass N T - dem aufsichtsführenden CSU-Kreisvorsitzenden F S zufolge – als Schatzmeister seines kleinen Ortsverbandes keinen Nachweis liefern konnte, wofür eine Viertelmillion Mark ausgegeben worden war. War N T dann ausgerechnet gegenüber dem Finanzamt korrekt, wenn er schon gegenüber der CSU so handelte?“
18und/oder
19„Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der Kassenfehlbetrag in diesem zu den kleinsten Ortsverbänden der CSU gehörenden Ortsverband 17b 236.000 Mark betrug. Verantwortlich dafür waren L O und N T, dem als Schatzmeister sowohl die fristgemäße Erstellung der Rechenschaftsberichte als auch die Begründung dieses horrenden Minusbetrages oblag. Bis heute ist der Grund für den Fehlbetrag in den Gremien der Münchner CSU nicht geklärt. L G2 als Schatzmeister des CSU-Bezirks schrieb: „Es fehlt der Widerschein dieses enormen Fehlbetrages.“ Vornehm formuliert! (Für ein einfaches Parteimitglied stellt sich die Frage: Wurde Strafanzeige gestellt?)“.
20den Eindruck zu erwecken, N K T habe als zuständiger Schatzmeister eines CSU-Ortsverbandes einen Fehlbetrag von 236.000,00 bzw. einer Viertelmillion Mark nicht erklären und belegen können.
21und/oder
223. durch die Passage
23„Wie intensiv die Aktivitäten des T-Clans waren, wurde durch die Erklärung von G.K. T selbst deutlich. Als publik wurde, dass T-Sohn N in Gegenwart des deutschen Botschafters in Saudi-Arabien an einem Verhandlungsgespräch mit den Saudis über den Verkauf von Leopard-Panzern teilgenommen hatte (und sich dabei skandalös verhalten hatte), begründete der T-Vater dies damit, dass sein Sohn N aufgrund seiner guten Geschäftsbeziehungen tätig geworden sei. Er sei schon circa 20 Mal in Saudi-Arabien gewesen, in der Tat eine erstaunliche Häufigkeit für einen jungen Mann, der gerade erst Rechtsreferendar war. Deshalb nochmals die Frage: Wie viel erhielt T dafür? Wie viel sein Sohn N? Und auf welche Konten wurde überwiesen? Und eine weitere Frage stellt sich: Was meldeten sie dem deutschen Finanzamt?“
24die Eindrücke zu erwecken,
25a) N K T habe Provisionszahlungen aus Waffengeschäften erhalten;
26und/oder
27b) N K T habe gegenüber dem deutschen Finanzamt Provisionszahlungen aus Waffengeschäften verschwiegen;
28und/oder
294. durch die Passage
30„Ich bezweifele allerdings, dass das Geld (sc. angeblich von L2-I T4 auf ein geheimes Nummernkonto der CSU gezahlte 1,4 Millionen DM) tatsächlich an die CSU geflossen ist. Wenn T4 von einem Nummernkonto spricht, stellt sich die Frage, auf wen das zugelassen ist. Wahrscheinlich auf G K T bzw. seine Erben. Ob das Geld von dort an die CSU weitergeflossen ist, halte ich für fraglich. (...)
31Ich halte es für äußerst unwahrscheinlich, dass das Geld an die CSU ging. In meinem Buch beschreibe ich folgende Szene: Als E 1992 starb, standen zwei CSU Spitzenpolitiker nebeneinander am Grab. Der eine, ein früherer Minister und enger T-Weggefährte, murmelte, als der Sarg in die Grab hinuntergelassen wurde: „Hier wird jetzt viel Geld versenkt. Der kannte als Einziger die Nummernkonten von T in der Schweiz.“ Dass er als Einziger davon wusste, bezweifele ich, die T-Kinder werden das auch gewusst haben.“
32den Eindruck zu erwecken, die Erben von G K T hätten der CSU Spendengelder vorenthalten,
33und/oder
345. durch die Passagen
35„Die T Kinder dementierten F2 A, jedoch zweideutig: „Es existierten keine Konten mit dreistelligen Millionensummen.“ Erstens aber hatte A nicht behauptet, dass auf einem Konto „dreistellige“ Millionen lagen, und zweitens konnten die Millionen auf verschiedenen Konten verteilt sein (wie ohnehin bei Provisionszahlungen aus verschiedenen Geschäften üblich). So hat T-Freund X T3 angegeben, dass T auch Kunde des Züricher Bankhauses C war. N T gab gegenüber dem Spiegel zu, dass es T Konten bei Q, W sowie bei der Filiale der Deutschen Bank in der Schweiz gegeben habe. Davon, dass sein Vater laut T3 auch Kunde beim Bankhaus C gewesen sei, habe er nichts gewusst. Das bedeutet dann aber auch, dass er dieses Konto bei der Erbschaftssteuererklärung nicht angegeben hatte und dass es auch nicht aus den Steuerklärungen von F.J. T ersichtlich war.“
36und/oder
37„Dem Spiegel gegenüber weigerten sich die T-Kinder, „über Einzelheiten der Vermögensanlage“ ihrer Eltern Zeugnis abzulegen. Alle Schweizer Konten wie auch deren Erträge und Zuflüsse seien „ordnungsgemäß versteuert“ worden. Das widerspricht jedoch dem, was etwa anderthalb Jahre später geschah (...). Wenn alle in die Schweiz führenden Spuren getilgt werden sollten, war es unglaubwürdig, dass das Geld auf den Schweizer Konten angeblich „ordnungsgemäß versteuert“ worden war. (...) Außerdem hatte N T, wie erwähnt, gegenüber dem Spiegel selbst angegeben, von dem T-Konto beim Bankhaus C nichts gewusst zu haben, also konnte insoweit auch nichts versteuert worden sein. (...). War N T dann ausgerechnet gegenüber dem Finanzamt korrekt, wenn er schon gegenüber dem Finanzamt so handelte?“
38den Verdacht zu erwecken bzw. den Verdacht erwecken zu lassen, N K T habe ein Guthaben beim Bankhaus C geerbt und nicht ordnungsgemäß versteuert.
39Der Beklagte hat beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Klage teilweise unzulässig sei. Er hat behauptet, dass es sich bei sämtlichen angegriffenen Äußerungen, soweit sie von ihm überhaupt getätigt worden seien bzw. hierdurch die vom Kläger beanstandeten Eindrücke erweckt würden, um wahre Tatsachenbehauptungen handele; er hat gemeint, dass an deren Veröffentlichung angesichts des politischen Wirkens von G K T ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe.
42Das Landgericht hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme zur Höhe der Erbschaft vollumfänglich stattgegeben. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1 a) hat das Landgericht die Auffassung vertreten, dass der Beklagte in seinem Buch auf den Seiten 161 f. durch die Wiedergabe von Drittäußerungen zu einer Erbschaft von mindestens 300 Mio. DM sowie trotz der Bezeichnung als „abenteuerliches Gerücht“ zwingend und unabweislich zum Ausdruck gebracht habe, dass es eine entsprechende Erbschaft gegeben habe. Für die Wahrheit dieser in dem konkreten Zusammenhang - auch in Bezug auf den Kläger - wegen des Vorwurfs einer „Bemakelung“ des ererbten Vermögens und des Vorwurfs mangelnder Steuerehrlichkeit ehrenrührigen (verdeckten) Tatsachenbehauptung, die der Beklagte sich zu eigen gemacht habe, sei er entsprechend § 186 StGB beweispflichtig. Diesen Wahrheitsbeweis habe der Beklagte indes nicht geführt, weil nach der Vernehmung des Zeugen L3 (Mitarbeiter der Citibank im Privatkundengeschäft) nicht mit hinreichender Sicherheit feststehe, dass dieser entsprechend der Behauptung des Beklagten im Jahre 1992 mit dem Kläger wegen eines möglichen Transfers von Bargeld in Höhe von 300 Millionen Mark aus dem Erbe des Vaters nach Luxemburg telefoniert habe. Weitere Beweisangebote des Beklagten seien wegen Verspätung nicht zu berücksichtigen. Die mit dem Klageantrag zu 1 b) zur Unterlassung begehrte Behauptung, bei dem Kläger sei ein Wertpapiervermögen in Höhe von 108 Mio. DM festgestellt worden, sei ebenfalls als unwahr zu behandeln, da die Berichte in der Süddeutschen Zeitung vom 27./28.10.2001 (Anlagen B 1 und B 2), auf die sich der Beklagte insoweit beruft, nicht geeignet seien, die Wahrheit der Behauptung zu belegen. Die Äußerung sei auch als Verdachtsberichterstattung unzulässig, weil nicht mitgeteilt worden sei, dass hieraus keine für den Kläger nachteiligen Folgerungen gezogen worden seien. Die vermeintliche Wiedergabe einer Aussage des Herrn N3 gemäß dem Klageantrag zu 1 c) sei ebenfalls unzulässig, weil der Beklagte eine Interpretation vorgenommen habe, die dem tatsächlichen Inhalt der Äußerung, wie er sich aus einer von dem Beklagten vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Bruders des Klägers (Anlage B 9) ergebe, nicht gerecht werde. Durch die mit dem Klageantrag zu 2) angegriffenen Äußerungen werde der unabweisliche Eindruck erweckt, dass die Buchführung des Klägers als Schatzmeister eines CSU-Ortsverbandes nicht korrekt gewesen sei und ein Fehlbetrag von (fast) 250.000,00 DM nicht habe erklärt werden können. Auch insoweit sei der Beklagte zur Unterlassung verpflichtet, weil er den ihm obliegenden Wahrheitsbeweis nicht geführt, sondern selbst eingeräumt habe, dass die vom Kläger übernommene Buchführung letztlich formal korrekt gewesen sei. Zudem seien die Äußerungen auch insoweit nicht als Verdachtsberichterstattung zulässig, weil über den Ausgang eventueller behördlicher Ermittlungen nichts mitgeteilt werde. Die mit dem Klageantrag zu 3) beanstandeten Äußerungen würden den Eindruck erwecken, dass der Kläger nicht versteuerte Provisionszahlungen aus Waffengeschäften erhalten habe. Die Wahrheit dieser Tatsachenbehauptung habe der auch insofern beweispflichtige Beklagte nicht belegt, insbesondere sei der hierfür angebotene Beweis durch Vernehmung des seinerzeitigen deutschen Botschafters in Arabien nicht geeignet, angeblich tatsächlich geflossene Provisionszahlungen nachzuweisen. Zudem handele es sich hierbei ebenfalls nicht um eine zulässige Verdachtsberichterstattung, weil der Ausgang des Steuerstrafverfahrens nicht wiedergegeben worden sei. Das mit dem Klageantrag zu 4) begehrte Verbot, durch die Äußerungen des Beklagten in dem Interview vom 21.1.2010 den Eindruck zu erwecken, dass die Erben von G K T der CSU Spendengelder vorenthalten hätten, sei ebenfalls auszusprechen, weil die Aussagen zwar als Meinungsäußerung formuliert seien, allerdings vom Leser als Tatsachenbehauptung verstanden würden, zu deren Wahrheit der auch insofern darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht hinreichend vorgetragen habe. Schließlich sei die Klage mit dem Antrag zu 5) begründet, da durch die beanstandeten Äußerungen der Verdacht erweckt werde, der Kläger habe Guthaben beim Schweizer Bankhaus C geerbt und nicht ordnungsgemäß versteuert, indem dagegen vorgebrachte Einwände als unberechtigt dargestellt worden seien. Auch insofern seien die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung nicht eingehalten, weil es angesichts des - nicht erwähnten - rechtskräftigen Freispruchs des Klägers im Steuerstrafverfahren bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen für den Verdacht eines Steuerdelikts fehle.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird auf die Ausführungen in dem Urteil vom 13.02.2013 (Bl. 535 ff. GA) Bezug genommen.
44Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt sowie sein Vorbringen aus erster Instanz zu den einzelnen Klageanträgen vertieft und ergänzt. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1 a) ist der Beklagte der Auffassung, dass er durch die beanstandeten Passagen seines Buches nicht im Sinne einer verdeckten Tatsachenbehauptung den zwingenden und unabweislichen Eindruck erwecke, dass der Kläger und seine Geschwister mindestens 300 Mio. DM geerbt hätten, sondern wahrheitsgemäß ein entsprechendes – für den Kläger nicht ehrenrühriges - Gerücht wiedergegeben habe. Der Kläger habe den tatsächlichen Wert der Erbschaft nicht belegt, während der von dem Beklagten benannte Zeuge L3 seines Erachtens die in sein Wissen gestellten Vorgänge und dadurch eine Erbschaft in der angegebenen Größenordnung hinreichend bestätigt habe. Soweit in den Äußerungen der Vorwurf mangelnder Steuerehrlichkeit des Klägers gesehen werde, gebe es hierfür hinreichende Anhaltspunkte, da nach Meinung des Beklagten eine strafrechtliche Verurteilung des Klägers zu einer Geldstrafe, das mit einem Freispruch beendete Steuerstrafverfahren, in dessen Zusammenhang mittlerweile einige Zeugen wegen Falschaussagen verurteilt worden seien, und weitere – u.a. im Zusammenhang mit den Klageanträgen zu 1 b) und 2) stehende - Umstände dafür sprächen, dass der Kläger „es im Umgang mit der Wahrheit nicht immer so genau nehme“. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1 b) meint der Beklagte, dass eine auf den Kläger bezogene Anfrage der Staatsanwaltschaft Augsburg, für die er sich auf eine dienstliche Äußerung bzw. Vernehmung von Oberstaatsanwalt O2 beruft, unstreitig sei. Der Beklagte ist der Auffassung, dass die mit dem Klageantrag zu 1 c) beanstandeten Äußerungen eine zulässige Wiedergabe der Angaben von Herrn N3 aus der Erinnerung darstellten, die deren Gesamteindruck zutreffend wiedergäben. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2) ist der Beklagte der Meinung, dass eine persönliche Bereicherung des Klägers als Schatzmeister eines CSU-Ortsverbandes nicht behauptet werde und Unregelmäßigkeiten der Buchführung durch die vorgelegte schriftliche Aussage des als solchen benannten Zeugen E2. S (Anlage B 18) bestätigt würden. Zum Klageantrag zu 3 a) meint der Beklagte, dass Provisionszahlungen bei Waffengeschäften selbstverständlich seien und er im Hinblick auf die Auslandsreisen des Klägers berechtigt sei, danach zu fragen, ob der Kläger solche Zahlungen erhalten habe. Auch eine Nichterklärung entsprechender Einnahmen gegenüber dem Finanzamt habe er lediglich in Frageform als Möglichkeit dargestellt, so dass seines Erachtens auch der Klageantrag zu 3 b) unbegründet ist. Auch hinsichtlich der entsprechend den Klageanträgen zu 4) und 5) untersagten Erweckung der Eindrücke, der Kläger habe der CSU Spendengelder vorenthalten und ererbtes Guthaben bei dem Schweizer Bankhaus C nicht steuerlich deklariert, ist der Beklagte der Auffassung, dass er berechtigt sei, insoweit bestehende, auf konkreten Umständen beruhende Zweifel zu äußern. Schließlich seien die mit Schriftsatz vom 31.1.2013 unterbreiteten Beweisangebote zu Unrecht nicht berücksichtigt worden.
45Der Beklagte beantragt,
46das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
47Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt,
48die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
49Hinsichtlich des Klageantrags zu 1 a) ist der Kläger der Auffassung, dass der Beklagte auch für die Verbreitung eines - nach seinem Vorbringen nur vom Beklagten selbst stammenden - „Gerüchts“ verantwortlich sei, hinsichtlich dessen Wahrheit das Landgericht den dem Beklagten obliegenden Beweis zu Recht nicht als geführt angesehen und die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgelehnt habe. Zum Klageantrag zu 1 b) behauptet der Kläger, dass die im Jahre 2001 durchgeführte Überprüfung keine Zuordnung des Wertpapierdepots zu seinem Vermögen ergeben habe, und meint, dass der Beweisantritt des Beklagten mangels Substantiierung und wegen Verspätung unzulässig sei. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1 c) ist der Kläger der Auffassung, dass die angebliche „Zusammenfassung“ des Beklagten die tatsächlich gefallenen Äußerungen des N2 N3 nicht zutreffend wiedergebe. Zum Klageantrag zu 2) meint der Kläger, dass das Landgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass der Beklagte in seinem Buch unzutreffend das Fehlen von Belegen zum Nachweis der Verwendung des Parteivermögens behauptet habe, obwohl der Rechenschaftsbericht des Klägers sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch von der CSU-Landesleitung als zutreffend befunden worden sei, und es auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gebe, dass zum Ausgleich eines angeblichen Fehlbetrages eine Überweisung von dem sog. N4-Konto erfolgt sei. Hinsichtlich des Klageantrags zu 3) hält der Kläger die mit der Berufung erhobenen Einwände des Beklagten für nicht hinreichend substantiiert. Zum Klageantrag zu 4) ist der Kläger der Auffassung, dass kein berechtigtes Informationsinteresse an der Verbreitung der entsprechend der Beurteilung durch das Landgericht in dem Buch des Beklagten enthaltenen und nach dem Vorbringen des Klägers unwahren Behauptung bestehe, die Erben von G K T hätten der CSU Spendengelder vorenthalten. Hinsichtlich des Klageantrags zu 5) meint der Kläger, dass der Beklagte keine hinreichenden Belegtatsachen für den in dessen Buch referierten Verdacht, der Kläger habe Guthaben beim Schweizer Bankhaus C geerbt und nicht ordnungsgemäß versteuert, vorgetragen habe.
50Der Senat hat - teilweise im Wege der Rechtshilfe - Beweis durch Vernehmung von Zeugen erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften des Rechtshilfegerichts, Amtsgerichts München - Az. 161 AR 22384/14 -, vom 20.11.2014 (Bl. 1024 ff. GA) sowie des Senats vom 14.04.2015 (Bl. 1117 ff. GA) Bezug genommen.
51II.
52Die zulässige Berufung des Beklagten ist nur teilweise begründet.
53Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Anträge zu 1. a)-c), 2., 3. a)-b) sowie 5. auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens und nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme zu Recht stattgegeben.
54Der Kläger hat den vorgenannten Klageanträgen entsprechende Unterlassungsansprüche in Bezug auf Äußerungen des Beklagten in seinem Buch „Macht und Missbrauch - Von T bis T2“ aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG. Die insofern im Tenor des vorliegenden Urteils bei diesen Klageanträgen jeweils vorgenommene Modifikation durch Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform sowie die hinsichtlich des Antrags zu 1.b) erfolgte Unterstreichung und hinsichtlich des Antrags zu 5. vorgenommene Korrektur (Ersetzung der Worte „dem Finanzamt“ durch „der CSU“) dienen lediglich der redaktionellen Klarstellung und stellen keine inhaltliche Einschränkung oder teilweise Klageabweisung dar. Hinsichtlich des Klageantrags 4. besteht nach Auffassung des Senats hingegen kein Unterlassungsanspruch aus den genannten Normen oder einem anderen Rechtsgrund.
55Klageantrag zu 1.a) (Höhe der Erbschaft)
56Die Einwände des Beklagten gegen die im Tenor des angefochtenen Urteils zu 1 a) ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung greifen nicht durch.
571.
58Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte durch die in dem angefochtenen Urteil (S. 25 ff. UA) zitierten Passagen aus seinem Buch im Sinne einer verdeckten Tatsachenbehauptung den Eindruck erweckt, dass der Vater des Klägers seinen Kindern ein Vermögen von mindestens 300 Mio. DM hinterlassen habe.
59Eine Tatsache wird verdeckt behauptet, wenn dem Leser eine „zwischen den Zeilen“ zum Ausdruck gebrachte Sachaussage als unabweisliche Schlussfolgerung nahegelegt wird. Bei verdeckten Aussagen ist ein Unterlassungsanspruch allerdings nicht schon dann begründet, wenn sich aus den im Text enthaltenen Aussagen mehrere Schlüsse ergeben und ein solcher Schluss in einer nicht fernliegenden Auslegungsvariante das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen würde. Nach der im Anschluss an die Stolpe-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. Urt. v. 22.11.2005 - VI ZR 204/04 -, NJW 2006, 601), der auch der Senat folgt (vgl. OLG Köln, Urt. v. 27.05.2014 - 15 U 3/14 -, AfP 2014, 463), würde die uneingeschränkte Übertragung der Grundsätze der Stolpe-Rechtsprechung auf verdeckte Aussagen den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit gefährden. Die Bejahung eines Unterlassungsanspruchs gegen mehrdeutige offene Tatsachenbehauptungen beruht maßgeblich auf der Überlegung, dass der sich Äußernde die Möglichkeit hat, sich klar und eindeutig auszudrücken und dadurch Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch nach dem Verständnis des Durchschnittsrezipienten nicht fernliegende Deutungsvarianten zu vermeiden. Dies wäre jedoch bei verdeckten Äußerungen entweder nicht möglich oder jedenfalls mit unverhältnismäßigen Einschränkungen der Meinungsäußerungsfreiheit verbunden, weil es regelmäßig dem Einflussbereich des sich Äußernden entzogen ist, welche einzelnen Schlussfolgerungen der Rezipient aus zutreffend dargestellten Fakten zieht. Daher ist unter Berücksichtigung der betroffenen Grundrechtspositionen eine Annahme verdeckter Tatsachenbehauptungen nur hinsichtlich sich als unabweislich aufdrängender Schlussfolgerungen gerechtfertigt und es sind im Übrigen Unterlassungsansprüche zu verneinen, weil es „mehrdeutige“ verdeckte Tatsachenbehauptungen nach diesem Verständnis schon nicht geben kann (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.10.2013 - 15 U 130/13 -, AfP 2014, 70; LG Hamburg, Urt. v. 01.10.2010 - 324 O 3/10 -, AfP 2011, 394; Soehring, Presserecht, 5. Auflage, § 16 Rn. 44 d).
60Auch wenn die angebliche Erbschaftssumme von 300 Mio. DM von dem Beklagten als „abenteuerliches Gerücht“ bezeichnet wurde und verschiedene „Quellen“ genannt wurden, die u.a. von anderen (teilweise auch geringeren) Beträgen sprechen, entsteht durch die Art und Weise der Darstellung für den unvoreingenommenen Durchschnittsrezipienten im Sinne einer unabweislichen Schlussfolgerung der Eindruck, dass der Beklagte sich durch die Aus- und Bewertung der verschiedenen Quellen die Überzeugung verschafft hat, dass die Erbschaft mindestens 300 Mio. DM betragen habe und dies als feststehende Tatsache präsentiert. Hierfür spricht zunächst der Einleitungssatz der auf Seite 25 des angefochtenen Urteils zitierten Passage des Buches („Nach dem Tod von T kursierte das abenteuerliche Gerücht, dass er ein Vermögen von 300 Millionen Mark hinterlassen habe.“), an das sich die Wiedergabe verschiedener Äußerungen Dritter zur mutmaßlichen Höhe der Erbschaft anschließt. Hierbei werden neben einem (angeblichen) T-Biographen und ‑Vertrauten sowie F2 A ein früherer Bundesminister und der Präsident des Rechnungshofes mit konkreten Zahlenangaben und letzterer mit der Äußerung zitiert, dass er „dieses Vermögen als feststehende und bekannte Tatsache betrachte“, wodurch für einen Leser, der die Ausführungen mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit und Interesse zur Kenntnis nimmt, der einleitenden Aussage trotz der Bezeichnung als „abenteuerliches Gerücht“ der Anschein der Richtigkeit verliehen wird. Insofern beschränkt sich die Darstellung des Beklagten nicht auf die bloße (zutreffende) Wiedergabe der Existenz von Gerüchten, sondern er bezieht eindeutig Stellung und stellt die Höhe einer entsprechenden Erbschaft im Sinne einer verdeckten Tatsachenbehauptung als zutreffend dar. Was die (angebliche) Höhe der Erbschaft angeht, muss der Beklagte sich an dem in dem Einleitungssatz genannten Betrag (300 Mio. DM) als Mindestsumme festhalten lassen und kann sich nicht gegenüber der Annahme einer verdeckten Tatsachenbehauptung darauf berufen, dass im weiteren Text unterschiedliche Zahlen genannt werden. Lediglich die F2 A zugeschriebene Zahlenangabe liegt unter 300 Mio. DM, alle anderen liegen (teilweise deutlich) darüber; dies gilt insbesondere für die (angebliche) Äußerung des Präsidenten des Rechnungshofes, demzufolge allein der Anteil der Schwester des Klägers bei 150 Mio. DM gelegen haben soll. Ob der Beklagte auch zur Unterlassung der Weitergabe eines „bloßen“ Gerüchts verpflichtet ist, bedarf danach keiner abschließenden Beurteilung.
61Dass es sich bei der so verstandenen Äußerung um eine Tatsachenbehauptung und nicht um eine Meinungsäußerung handelt, stellt der Beklagte nicht in Abrede, wie sich nicht zuletzt auch aus seinen (Gegen-) Beweisantritten zur Höhe des Erbes ergibt, und unterliegt auch nach Auffassung des Senats keinem durchgreifenden Zweifel.
622.
63Hierbei handelt es sich um eine eigene (verdeckte) Tatsachenbehauptung des Beklagten.
64Ein Zu-Eigen-Machen liegt regelmäßig dann vor, wenn die fremde Äußerung so in den eigenen Gedankengang eingefügt wird, dass die gesamte Äußerung als eigene erscheint. Auch ohne Distanzierung wiedergegebene Äußerungen Dritter können dem Verbreiter zugerechnet werden. Um die verfassungsrechtlich gewährleistete Meinungs- und Pressefreiheit nicht über Gebühr zu beeinträchtigen, ist bei einer solchen Annahme jedoch Zurückhaltung geboten; abzulehnen ist sie etwa beim Abdruck einer Presseschau oder bei der Veröffentlichung eines klassisch in Frage und Antwort gegliederten Interviews (vgl. OLG Dresden, Urt. v. 03.0.2012 - 4 U 1883/11 -, juris).
65Nach diesen Maßstäben kann bei dem o.g. Verständnis der Äußerung nicht von einer Distanzierung des Beklagten ausgegangen werden, weil er nicht nur fremde Aussagen referiert, sondern diese - teilweise - übernimmt und sie sich mit dem o.g. Inhalt zu eigen macht. Besonders deutlich wird dies, wenn der Beklagte Angaben des Präsidenten des Bundesrechnungshofs mit folgenden Zusatz wiedergibt: „Aber ich ging davon aus, dass er in seiner Position Einblick hatte und nicht auf Gerüchte angewiesen war. Dass er, ein treuer CSU-Mann, T und seine Tochter unbegründet in Verruf gebracht hätte, war auszuschließen.“ (Seite 162).
663.
67Die (verdeckte) Tatsachenbehauptung des Beklagten zum Wert des Nachlasses von G K T tangiert (auch) das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, so dass dieser von der Äußerung betroffen und zur Geltendmachung von diesbezüglichen (Unterlassungs-) Ansprüchen berechtigt ist.
68Dem Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass die bloße Behauptung, dass jemand eine Erbschaft in bestimmter Höhe gemacht hat, nicht per se geeignet ist, dessen Achtungsanspruch in erheblicher Weise zu beeinträchtigen. Die Behauptung des Beklagten, der Vater des Klägers habe ein Vermögen von mindestens 300 Mio. DM hinterlassen, ist allerdings in ihrem Kontext als ehrenrührig anzusehen, weil damit zum einen die Behauptung verknüpft ist, dass das vererbte Vermögen nicht aus legalen Quellen stamme, und zum anderen die Steuerehrlichkeit des Klägers in Frage gestellt wird; die Darstellung als „Gerücht“ impliziert, dass der Kläger und seine Geschwister die angebliche Höhe der Erbschaft dementieren und (deshalb) auch bei deren Versteuerung und ggf. weiteren steuerlichen Vorgängen nicht ordnungsgemäß angegeben haben. Dies ergibt sich insbesondere aus den weiteren in dem angefochtenen Urteil zitierten Passagen des Buches (S. 27 UA). Zudem wirft der Beklagte im Buch die Frage nach rechtlichen Möglichkeiten auf, auch heute noch von T illegal erworbenes Vermögen einzuziehen (Seite 177).
694.
70Das Landgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass den Beklagten die Beweislast für die Richtigkeit der Behauptung einer Erbschaft in Höhe von (mindestens) 300 Mio. DM trifft.
71Werden aufgrund einer unwahren Tatsachenbehauptung zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht, liegt die Beweislast für die Unwahrheit nach allgemeinen Regeln grundsätzlich beim Anspruchsteller (vgl. BGHZ 176, 175). Eine Ausnahme gilt bei der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen ehrkränkender Äußerungen nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB. Insofern trifft grundsätzlich den Behauptenden die Beweislast für die Wahrheit einer die Ehre des Betroffenen beeinträchtigenden Behauptung. Im Grundsatz kann der Betroffene daher auch dann Unterlassung einer seinen Ruf beeinträchtigenden Behauptung verlangen, wenn zwar deren Unwahrheit nicht erwiesen ist, ihre Wahrheit indessen ebenfalls nicht feststeht. Anderes gilt jedoch wiederum, wenn der Behauptende sich gemäß § 193 StGB auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen kann (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.1987 - VI ZR 195/86 -, NJW 1987, 2225; BGH, Urt. v. 12.02.1985 - VI ZR 225/83 -, NJW 1985, 1621). Voraussetzung für die zulässige Wahrnehmung berechtigter Interessen ist die Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht. Fehlt es an einer Feststellung der Unwahrheit der aufgestellten Behauptung, so ist für diese vorzunehmende Prüfung zu Gunsten des Mitteilenden davon auszugehen, dass die Aussage wahr ist und von dieser Unterstellung aus dann zu fragen, ob er die Äußerung zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten durfte (BGH, a.a.O.).
72Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht den Beklagten zu Recht als beweisbelastet für die Richtigkeit seiner Behauptung angesehen, dass der Wert des Nachlasses von G K T mindestens 300 Mio. DM betragen habe. Bei dem o.g. Verständnis der Äußerung u.a. als Vorwurf der Begehung eines Steuerdelikts handelt es sich um eine den Ruf (u.a.) des Klägers beeinträchtigende Behauptung i.S.d. § 186 StGB, so dass der Wahrheitsbeweis grundsätzlich dem Beklagten obliegt. Auch wenn man mit dem Landgericht davon ausgeht, dass durch die erstinstanzliche Beweisaufnahme weder die Behauptung des Beklagten, es seien mindestens 300 Mio. DM vererbt worden, noch die Behauptung des Klägers, der Nachlasswert habe unter 10 Mio. DM gelegen, bewiesen worden ist, ändert dies die Beweislast nicht. Denn der Beklagte hat nicht i.S.d. § 193 StGB in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt, insbesondere nicht die journalistische Sorgfaltspflicht eingehalten. Für die Beurteilung dieser Frage sind angesichts des mit der inkriminierten Äußerung verbundenen Vorwurfs der Begehung von (Steuer-) Straftaten die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung - jedenfalls entsprechend - anwendbar.
73Eine solche Berichterstattung ist hiernach nur zulässig, wenn ein Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben ist, der für den Wahrheitsgehalt der Information spricht und ihr damit Öffentlichkeitswert verleiht. Dabei sind die Anforderungen an die journalistische Sorgfaltspflicht umso höher anzusetzen, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird. Sie darf keine Vorverurteilung enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei bereits überführt. Eine auf Sensation abzielende, bewusst einseitige oder verfälschte Darstellung ist unzulässig. Auch die zur Verteidigung des Betroffenen vorgetragenen Tatsachen und Argumente müssen berücksichtigt werden, was regelmäßig die Einholung einer Stellungnahme des Verdächtigen erforderlich macht. Es muss sich zudem um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Urt. v. 07.12.1999 - VI ZR 51/99 -, NJW 2000, 1036; OLG Dresden, Urt. v. 27.11.2003 - 4 U 991/03 -, NJW 2004, 1181). Die bis zur rechtskräftigen Verurteilung zugunsten des Angeklagten sprechende Unschuldsvermutung gebietet eine entsprechende Pflicht, der Stichhaltigkeit der ihr zugeleiteten Informationen unter Berücksichtigung der dem Verdächtigen bei identifizierender Berichterstattung drohenden Nachteile gewissenhaft nachzugehen, und eine entsprechende Zurückhaltung, ggf. einhergehend mit einer Beschränkung auf eine ausgewogenen Berichterstattung (vgl. BVerfG, Beschl. der 1. Kammer des Ersten Senats v. 27.11.2008 - 1 BvQ 46/08 -, NJW 2009, 350; OLG Köln, Urteil vom 02.06.1987 - 15 U 39/87 -, NJW 1987, 2682).
74Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt:
75Zum einen fehlt es bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen. Die Angaben der in dem Buch des Beklagten genannten „Zeugen“, die entsprechende Vermutungen zur Höhe des Nachlasses von G K T geäußert haben, reichen hierfür nicht aus, zumal offenbar weder sie noch sonstige Umstände die zuständigen Behörden zur Bejahung eines (hinreichenden) Tatverdachts veranlasst haben. Die in Rede stehenden Vorgänge nach dem Tod des Vaters des Klägers im Jahre 1988 liegen bereits mehrere Jahrzehnte zurück, ohne dass es zu einer Anklageerhebung oder gar Verurteilung des Klägers wegen der ihm vorgeworfenen (Steuer-) Delikte gekommen ist (vgl. zum Aspekt des Zeitablaufs ohne strafrechtliche Konsequenzen: BGH, Urt. v. 17.12.2013 - VI ZR 211/12 -, MMR 2015, 137). Die nicht ordnungsgemäße Versteuerung des Nachlasses war ausweislich des Urteils des Landgerichts Augsburg vom 06.08.2007 insbesondere auch nicht Gegenstand des mit rechtskräftigem Freispruch des Klägers beendeten Verfahrens, das u.a. den Verdacht von Steuerverkürzungen im Zusammenhang mit Provisionszahlungen für Airbus- und Panzerlieferungen zwischen 1985 und 1993 betraf. Ansonsten gibt es ferner selbst nach dem Vorbringen des Beklagten keine Anhaltspunkte für die Aufnahme polizeilicher, staatsanwaltschaftlicher oder steuerstrafrechtlicher Ermittlungen wegen der behaupteten Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Nachlass. Auch und erst recht sind anderweitige Äußerungen zum Vorhandensein größerer Bargeldbeträge der „Familie T“ nicht geeignet, die vom Beklagten in seinem Buch behauptete Höhe eines Nachlasses vom 300 Mio. DM zu belegen. Die in dem mehr als 20 Jahre nach den in Rede stehenden Vorgängen veröffentlichten Buch des Beklagten angeführten „Beweistatsachen“ stellen mithin nicht mehr als bloße Vermutungen dar, über die der Beklagte nicht in der geschehenen Weise berichten durfte.
76Schließlich ist die Darstellung des Beklagten nicht ausgewogen, da kein Hinweis auf den rechtskräftigen Freispruch des Klägers und/oder die Nichteinleitung von Ermittlungen bezüglich der angeblichen Steuerhinterziehung in Bezug auf den Nachlass erfolgte. Ob zur Wahrung der journalistischen Sorgfaltspflicht ferner eine Stellungnahme des Klägers hätte eingeholt werden müssen, auch wenn er vermutlich keine weitergehenden Informationen als im vorliegenden Verfahren erteilt hätte, bedarf nach dem Vorstehenden keiner Entscheidung.
77Entgegen der Auffassung des Beklagten obliegt ihm daher der Vollbeweis i.S.d. § 286 ZPO und es gelten keine erleichterten Anforderungen für die Darlegung und/oder den Beweis der Wahrheit seiner Behauptung.
785.
79Ausgehend von dieser Beweislastverteilung ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden.
80Das Landgericht hat ausführlich begründet, dass und weshalb es die Aussage des Zeugen L3 (Bl. 427 ff. GA) nicht als zum Beweis einer entsprechenden Erbschaft geeignet angesehen hat (S. 28 ff. UA). Abgesehen davon, dass der Beklagte mit seinem gegen die Landgerichtliche Beweiswürdigung gerichteten Rechtsmittelvorbringen nicht aufzeigt, dass die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden und zweitinstanzlich nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich bindenden Tatsachenfeststellungen des Landgerichts unzutreffend sind und einer Wiederholung bzw. Ergänzung bedürfen, sondern im Wesentlichen lediglich in unzulässiger Weise seine eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts setzt, greifen die - lediglich punktuellen - Angriffe des Beklagten gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung jedenfalls deshalb nicht durch, weil sie das zentrale Problem der Ungewissheit über den Gesprächspartner des Zeugen L3 nicht überwinden können. Der Zeuge hat zwar bestätigt, dass er im Jahre 1992 mit einer Person, die er für N T gehalten hat, wegen des möglichen Transfers eines als das „Erbe unseres Vaters“ deklarierten größeren Bargeldbetrags telefoniert habe. Dass es sich bei dem Gesprächspartner des Zeugen tatsächlich um den Kläger gehandelt hat, steht indes nicht fest und erscheint aus den vom Landgericht dargelegten Gründen auch zweifelhaft; so erscheint fraglich, weshalb der Kläger, der - wie der Zeuge B in seiner Vernehmung vor dem Senat bekundet hat - Angst hatte abgehört zu werden, mit dem ihm völlig unbekannten Zeugen L3 zum Transfer eines derart hohen Geldbetrag hätte telefonieren sollen. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den als Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2013 genommenen Niederschriften von Aussagen (Bl. 436 ff. GA), da diese nicht geeignet sind, die Darstellung des Zeugen L3 zur Identität des Gesprächspartners zu bestätigen, hinsichtlich des Zustandekommen des (angeblichen) Kontakts über Frau T5 der Schilderung des Zeugen L3 widersprechen und auch ansonsten das Vorbringen des Beklagten zur angeblichen Höhe der Erbschaft nicht belegen.
81Die sonstigen vom Beklagten angeführten Umstände, die seines Erachtens bestätigen, dass der Kläger „es im Umgang mit der Wahrheit nicht immer so genau nimmt“, sind ebenfalls nicht geeignet, den ihm obliegenden Beweis mangelnder Steuerehrlichkeit des Klägers zu führen. Dies gilt namentlich für eine in anderem Zusammenhang erfolgte Verurteilung zu einer Geldstrafe und den Ausgang des Strafverfahrens vor dem Landgericht Augsburg. Die vom Bundesgerichtshof aufgehobene Verurteilung kann hierfür jedenfalls nicht herangezogen werden, und auch der Umstand, dass nach Angaben des Beklagten einige der in jenem Verfahren vernommenen Zeugen mittlerweile wegen Falschaussagen verurteilt worden sein sollen, reicht zum Beweis der Nachlasshöhe in dem vom Beklagten behaupteten Umfang nicht aus. Dies gilt auch für nach Auffassung des Beklagten dem Kläger vorzuwerfende anderweitige „Verfehlungen“, um die es u.a. bei den weiteren Klageanträgen geht, sowie die Bestätigung von Bargeldübergaben durch vom Beklagten vorgelegte Unterlagen und diesbezügliche Beweisangebote. Auch wenn dieses Vorbringen des Beklagten zutreffend sein sollte, ergeben sich selbst nach der „Eisberg-Theorie“ des Beklagten daraus keine belastbaren Anhaltspunkte für eine Erbschaft in Höhe von mindestens 300 Mio. DM. Auch und erst recht der STERN-Artikel in der Ausgabe 27/2012 (Anlage K 16 bzw. Anlagen B 26 und 28) ist nicht geeignet, den dem Beklagten obliegenden Wahrheitsbeweis zu führen, da dieser erkennbar maßgeblich auf Informationen des Beklagten und des Zeugen L3 beruht.
82Schließlich ergibt sich aus der im Zusammenhang mit Bemühungen um eine vergleichsweise Verfahrensbeendigung seitens des Klägers vorgelegten vorläufigen Kostenrechnung des Amtsgerichts München vom 22.05.1991 (96 VI 9332/88) kein Erbe in der vom Beklagten behaupteten Größenordnung, da diese Rechnung von einem (vorläufigen) Nachlasswert in Höhe von 10 Mio. DM ausgeht. Anhaltspunkte für eine (spätere) Bestimmung eines höheren Nachlasswerts durch das Amtsgericht München bestehen nicht, so dass auch die ohnehin nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossene Beiziehung der entsprechenden Nachlassakte nicht geboten ist, weil sie einer Ausforschung gleich käme.
836.
84Das Landgericht ist auch zu Recht den mit Schriftsatz vom 31.01.2013 (Bl. 465 ff. GA) unterbreiteten weiteren Beweisangeboten des Beklagten nicht nachgegangen, weil diese i.S.d. § 296 a ZPO verspätet waren, so dass sie auch zweitinstanzlich gemäß § 531 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen sind (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 26.06.2003 - 8 U 29/03 -, OLGR 2004, 60).
85Zu diesem Zeitpunkt war die mündliche Verhandlung geschlossen. Dementsprechend hat der Beklagte in dem o.g. Schriftsatz auch deren Wiedereröffnung gemäß § 156 Abs. 2 ZPO beantragt. Selbst wenn - wie der Beklagte zweitinstanzlich meint - der zu Beginn der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2013 modifizierte Beweisbeschluss nicht vollständig ausgeführt gewesen sein sollte, ergibt sich aus dem Verhandlungsprotokoll, dass die Beweisaufnahme aus Sicht der Kammer beendet war und die mündliche Verhandlung geschlossen wurde. Denn das Gericht hat mitgeteilt, dass davon ausgegangen werde, dass die Gegenzeugen nicht mehr vernommen werden müssen, wozu der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Stellung genommen hat, die Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Frage der Beweislast bzw. der Äußerung im Hinblick auf den Antrag zu 1 a) nochmals erörtert wurde und nach Stellung der Anträge ein Verkündungstermin („zum Spruch“) bestimmt wurde. Es war also erkennbar gerade keine Fortsetzung der Beweisaufnahme und/oder der mündlichen Verhandlung beabsichtigt und es lag – wie sich aus dem Schriftsatz vom 31.01.2013 ergibt – auch kein diesbezügliches Missverständnis auf Beklagtenseite vor. Ein Wiedereröffnungsgrund wurde aus den in dem angefochtenen Urteil zutreffend dargelegten Gründen (S. 32 ff. UA) weder erst- noch zweitinstanzlich dargelegt und ist auch ansonsten nicht ersichtlich. Denn die Vorschrift des § 156 ZPO dient nicht dazu, einer Partei die Einbringung gemäß §§ 296, 296 a ZPO verspäteten Vorbringens in den Prozess doch noch zu ermöglichen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 26.06.2003 - 8 U 29/03 -, OLGR 2004, 60).
86Dem Beklagten war kein Schriftsatznachlass und/oder eine Möglichkeit, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, eingeräumt worden, und das Landgericht hat ausweislich des Verhandlungsprotokolls vom 18.01.2013 die vorläufige Würdigung des Beweisergebnisses mitgeteilt, so dass - im Unterschied etwa zu der Konstellation, die dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25.01.2012 (IV ZR 230/11, juris) zugrunde lag - die Benennung weiterer Zeugen nicht zugelassen wurde oder entschuldigt ist.
87Auch die sachlichen Erwägungen, aufgrund derer das Landgericht das Vorbringen im Schriftsatz des Beklagten vom 31.01.2013 als unerheblich und die dortigen Beweisantritte als ungeeignet angesehen hat, sind aus den bereits dargelegten Gründen nicht zu beanstanden. Insofern bedarf es auch im Berufungsverfahren keiner Wiederholung oder Ergänzung der Beweisaufnahme zu diesem Klageantrag, da der Zeuge L3 bereits vom Landgericht vernommen wurde und die Beweisantritte bezüglich der Zeugen T5 und L4 aus den vorstehenden Gründen verspätet sind. Dies gilt auch und erst recht für weitere erstmals zweitinstanzlich vorgebrachte Beweisantritte des Beklagten (z.B. in den Schriftsätzen vom 16.09.2013, 20.12.2013 und vom 30.04.2014), da weder dargelegt wurde noch sonst ersichtlich ist, dass und ggf. weshalb entsprechendes Verteidigungsvorbringen zu den mehrere Jahrzehnte zurückliegenden Vorgängen nicht bereits erstinstanzlich erfolgen konnte.
88Im Übrigen haben die Zeugen L4 und T5, soweit sie im Verfahren 28 O 442/12 vor dem Landgericht Köln als Zeugen vernommen worden sind, ohnehin keine ergiebigen Angaben machen können; auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dessen Urteil vom 25.06.2014 kann insoweit verwiesen werden.
897. Die Aufstellung dieser danach als unwahr zu behandelnden Tatsachenbehauptung muss der Kläger nicht hinnehmen, insbesondere fehlt es nicht an der für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen äußerungsrechtlichen Relevanz.
90Auch wenn grundsätzlich keine unwahren Tatsachen verbreitet werden dürfen, kommt es für die Frage eines Unterlassungsanspruchs zwar darauf an, ob in einer solchen Berichterstattung inhaltlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen liegt (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2005 - VI ZR 274/04 -, NJW 2009, 609). Dies ist in Bezug auf die inkriminierte Äußerung, der Kläger und seine Geschwister hätten von ihrem Vater mindestens 300 Mio. DM geerbt, jedoch der Fall, weil hiermit - wie dargelegt - zum einen der Vorwurf einer (möglicherweise) illegalen Herkunft und damit - wie es das Landgericht formuliert hat - „Bemakelung“ des vererbten Vermögens und zum anderen der unvollständigen Deklarierung gegenüber dem Finanzamt verbunden ist, was einen relevanten Unterschied zu einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung entsprechend den vom Kläger eingeräumten und wohl auch entsprechend steuerlich behandelten Nachlasswert von „lediglich“ bis zu 10 Mio. DM darstellt.
91Klageantrag zu 1.b) (Wertpapiervermögen)
92Das Landgericht hat den Beklagten auch zu Recht zur Unterlassung der Behauptung, „Im Juni 1999 hat die Staatsanwaltschaft Augsburg eine Überprüfung durch das Finanzamt erbeten, ob ein bei N T festgestelltes Wertpapiervermögen in Höhe von 108 Mio. DM ordnungsgemäß versteuert worden sei.“, verurteilt, wobei die Unterstreichung zur Verdeutlichung des Kerns des Unterlassungspetitums erfolgte.
93Dass eine solche Anfrage der Staatsanwaltschaft erfolgt ist, stellt der Kläger nicht in Abrede, so dass es auf den diesbezüglichen zweitinstanzlichen Beweisantritt des Beklagten und/oder dessen etwaige Verspätung nicht ankommt. Selbst wenn aber – wie der Beklagte behauptet - sich die Anfrage auf den Kläger bezog, ergibt sich daraus jedoch nicht, dass (zuvor) das Vorhandensein eines entsprechenden Wertpapiervermögens in der angegebenen Höhe „festgestellt“ wurde, sondern vielmehr gerade geklärt werden sollte, wem das Vermögen zuzuordnen ist, von dem der Kläger ausweislich der Berichte in der Süddeutschen Zeitung vom 27./28.10.2001 (Anlagen B 1 und B 2) behauptet hatte, dass es sich um Mandantengeld handele.
94Bei der Behauptung des Beklagten, dass es sich um Vermögen des Klägers gehandelt habe, deren Richtigkeit nicht bewiesen ist und für die der Beklagte auch keinen (geeigneten) Beweis angeboten hat, handelt es sich allenfalls um einen Verdacht, über den der Beklagte aus den zum Klageantrag zu 1 a) unter 4. dargelegten Gründen nicht in der geschehenen Weise hätte berichten dürfen. Zum einen fehlt es an hinreichenden Beweistatsachen, weil die o.g. Berichte in der Süddeutschen Zeitung, auf die sich der Beklagte beruft, nicht ausreichen, um das Vorhandensein von Wertpapiervermögen des Klägers in Höhe von 108 Mio. DM zu belegen, zumal darin lediglich die Rede davon ist, dass das Vermögen dem Kläger zugerechnet bzw. zugeordnet werde. Zum anderen ist die Darstellung des Beklagten auch insofern unvollständig, als über das Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Anfrage und ggf. eingeleiteter Ermittlungen nicht berichtet wurde und dadurch ein unausgewogenes, den Kläger einseitig belastendes Bild entsteht.
95Klageantrag zu 1.c) (Äußerungen von N2 N3)
96Der Beklagte wurde auch zu Recht zur Unterlassung der Behauptung, „Er (sc. N2 N3) beklagte (sc. in der Fernsehsendung „Live aus der alten Oper“ am 02. November 1989), immer wenn es im nahen Osten um Waffen und Geld gegangen sei, sei man auf die Familie T gestoßen, immer wieder auf T.“, verurteilt.
97Der exakte Wortlaut der Äußerungen von S2 B2 alias N2 N3 liegt nicht vor. Der Beklagte räumt auch selbst ein, dass es sich bei der Darstellung in seinem Buch nicht um eine wörtliche oder zumindest sinngemäße Wiedergabe handele, sondern behauptet, „die Abweichung im Wortlaut gibt den Gesamteindruck des seinerzeitigen Interviews wieder“, und meint, sie sei als „inhaltlich nicht verfälschende, aber in der Sprache des Literaten leicht veränderte Aussage noch durch das in Artikel 5 GG geschützte Grundrecht gedeckt“.
98Dass Herr B2 bzw. N3 sich entsprechend geäußert haben soll, ergibt sich zwar aus den eigenen handschriftlichen Notizen des Beklagten (Anlage B 8), bei denen indes schon aufgrund der Art der Aufzeichnungen zweifelhaft erscheint, ob diese unmittelbar während der Sendung oder - was näher liegt - im Nachhinein angefertigt wurden. Zudem ergibt sich aus dem zitierten Berufungsvorbringen des Beklagten, dass die Darstellung der Äußerungen in dem Buch nicht wortlautgetreu ist, was angesichts der wörtlichen Übereinstimmung auch für die handschriftlichen Aufzeichnungen gelten muss.
99Aus der - ebenfalls vom Beklagten vorgelegten - eidesstattlichen Versicherung von E2. G H T, dem Bruder des Klägers, vom 08.11.2010 (Anlage B 9), die nach der Art der Darstellung in Form von Fragen und Antworten schon eher den Eindruck vermittelt, dass die Äußerungen von Herrn N3 bzw. B2 einigermaßen wortgetreu wiedergegeben wurden, findet sich eine ausdrückliche oder sinngemäße Äußerung mit dem vom Beklagten als angebliches Zitat wiedergegebenen Inhalt nicht, sondern danach soll der Interviewpartner gesagt haben: „Als Monzer al Kassar festgenommen wurde, hat er eine Aussage gemacht – ich möchte ihre Frage auf diese Weise beantworten – und in dieser Aussage steht ein Name drin: „T“.“ Von einer wiederholten Erwähnung („immer wieder“) des Namens T und/oder des Klägers („Familie T“) in Form eines „Beklagens“ des Interviewten ist dort keine Rede.
100Dass eine entsprechende Äußerung in der Fernsehsendung gefallen ist oder der Kläger in entsprechender Weise in Waffengeschäfte im Nahen Osten verwickelt war, ergibt sich auch nicht aus dem SPIEGEL-Artikel in der Ausgabe 49/1986 (Anlage B 19) oder dem Beitrag in der Abendzeitung vom 14./15.03.1992 (Anlage B 11), auf die sich der Beklagte beruft. Darin wird allenfalls ein entsprechender Verdacht geäußert, über den der Beklagte entsprechend den Ausführungen zu den Klageanträgen zu 1 a) und b) rund 20 Jahre später nicht in der geschehenen Weise hätte berichten dürfen, insbesondere ohne das Unterbleiben strafrechtlicher oder sonstiger Sanktionierung zu erwähnen.
101Klageantrag zu 2. (Schatzmeister)
102Auch insoweit hat das Landgericht den Beklagten im Ergebnis zu Recht verurteilt, es zu unterlassen, durch die Passagen „Und schließlich ist der Anschein finanzieller Korrektheit dadurch erschüttert worden, dass N T - dem aufsichtsführenden CSU-Kreisvorsitzenden F S zufolge – als Schatzmeister seines kleinen Ortsverbandes keinen Nachweis liefern konnte, wofür eine Viertelmillion Mark ausgegeben worden war. War N T dann ausgerechnet gegenüber dem Finanzamt korrekt, wenn er schon gegenüber der CSU so handelte?“ und/oder „Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der Kassenfehlbetrag in diesem zu den kleinsten Ortsverbänden der CSU gehörenden Ortsverband 17b 236.000 Mark betrug. Verantwortlich dafür waren L O und N T, dem als Schatzmeister sowohl die fristgemäße Erstellung der Rechenschaftsberichte als auch die Begründung dieses horrenden Minusbetrages oblag. Bis heute ist der Grund für den Fehlbetrag in den Gremien der Münchner CSU nicht geklärt. L G2 als Schatzmeister des CSU-Bezirks schrieb: „Es fehlt der Widerschein dieses enormen Fehlbetrages.“ Vornehm formuliert! (Für ein einfaches Parteimitglied stellt sich die Frage: Wurde Strafanzeige gestellt?)“, den Eindruck zu erwecken, N K T habe als zuständiger Schatzmeister eines CSU-Ortsverbandes einen Fehlbetrag von 236.000,00 bzw. einer Viertelmillion Mark nicht erklären und belegen können.
1031.
104Entgegen der Berufungsbegründung ist das Landgericht nicht davon ausgegangen, dass der Beklagte gegenüber dem Kläger den Vorwurf einer persönlichen Bereicherung zu Lasten des CSU-Ortsverbandes erhoben habe, sondern hat die Äußerungen im Sinne einer verdeckten Tatsachenbehauptung als Erweckung des Eindrucks einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung in Bezug auf einen Fehlbetrag von fast 250.000,00 DM aufgefasst, was der Beklagte zweitinstanzlich noch bekräftigt. Hierbei handelt es sich nach der Art und Weise der vom Beklagten gewählten Formulierung u.a. in Frageform um eine verdeckte Tatsachenbehauptung, mit der Beklagte den Vorgang im Gesamtkontext so darstellt, dass L O den Geldbetrag entnommen und der Kläger ihn bei der Verschleierung dieser Entnahme dadurch unterstützt habe, dass der Fehlbetrag mit Mitteln des sog. N4-Kontos wieder in die Vereinskasse eingezahlt worden sei.
105Nach allgemeiner Ansicht sind Tatsachenbehauptungen Äußerungen über Tatbestände oder Vorgänge, die Anspruch auf Wirklichkeitstreue erheben und auf ihre Richtigkeit objektiv, mit den Mitteln der Beweiserhebung überprüfbar sind. Entscheidend ist nicht, wie die Äußerung von dem Verfasser gemeint war oder in welcher Form er sich geäußert hat, sondern ob der unbefangene durchschnittliche Leser einer Äußerung ihr einen auf dem Weg der Beweiserhebung auf seinen Wahrheitsgehalt überprüfbaren Sachverhalt entnimmt. Maßgeblich ist dabei das Verständnis des unbefangenen Durchschnittsrezipienten, bei dessen Ermittlung auch zu berücksichtigen ist, an welchen Kreis sich die Publikation wendet. Demgegenüber ist eine Meinungsäußerung – wiederum aus der Sicht des durchschnittlichen Rezipienten – nicht mit dem Anspruch auf Wahrheit ausgestattet, sondern geprägt durch Elemente einer subjektiven Ansicht oder Überzeugung. Weist eine Äußerung untrennbar sowohl tatsächliche wie auch wertende Elemente auf, wird die Äußerung danach zu beurteilen sein, ob der tatsächliche oder der wertende Charakter überwiegt. Dabei ist die beanstandete Äußerung in dem Gesamtkontext zu beurteilen, in dem sie gefallen ist (BGH, Urt. v. 22.09.2009 - VI ZR 19/08 -, NJW 2009, 3580; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und BildBerichterstattung, 5. Auflage 2003, Kapitel 4 Rn. 43, 48, 50 - jeweils m.w.N.).
106Nach diesen Maßstäben ist den inkriminierten Äußerungen nicht bloß die Wiedergabe einer persönlichen Einschätzung des Beklagten, sondern die Tatsachenbehauptung zu entnehmen, dass der Kläger die Finanzen des Ortsverbandes nicht ordnungsgemäß verwaltet habe. Auch wenn die Ausführungen dazu teilweise in Frageform formuliert sind, ergibt sich für einen unbefangenen Leser, der den Text mit durchschnittlicher Sorgfalt und Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt, der Eindruck, dass der Beklagte nach Überprüfung der ihm zur Verfügung stehenden Informationen zu der Auffassung gelangt ist, dass die Buchhaltung des Klägers formelle Mängel aufweist, und dieses Ergebnis als Tatsache präsentiert. Dies ergibt sich insbesondere aus den Passagen betreffend die Erschütterung des Anscheins finanzieller Korrektheit durch den fehlenden Nachweis der Mittelverwendung, der anschließenden – erkennbar rhetorischen – Fragestellung „War N T dann ausgerechnet gegenüber dem Finanzamt korrekt, wenn er schon gegenüber der CSU so handelte?“ sowie der Darstellung eines erheblichen Fehlbetrags und der Verantwortlichkeit u.a. des Klägers als feststehend („Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der Kassenfehlbetrag in diesem zu den kleinsten Ortsverbänden der CSU gehörenden Ortsverband 17b 236.000 Mark betrug. Verantwortlich dafür waren L O und N T, dem als Schatzmeister sowohl die fristgemäße Erstellung der Rechenschaftsberichte als auch die Begründung dieses horrenden Minusbetrages oblag. Bis heute ist der Grund für den Fehlbetrag in den Gremien der Münchner CSU nicht geklärt“) und der späteren Frage „Für ein einfaches Parteimitglied stellt sich die Frage: Wurde Strafanzeige gestellt?“.
1072.
108Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme hat der entsprechend den Ausführungen zum Klageantrag zu 1. a) für die Wahrheit dieser ehrenrührigen Behauptung darlegungs- und beweispflichtige Beklagte diese gerade nicht bewiesen. Weder ist bewiesen, dass es eine (unrechtmäßige) Entnahme seitens des Zeugen O gegeben hat, noch kann gar festgestellt werden, dass der Kläger eine solche Entnahme (mit Mitteln des sogenannten N4-Kontos) ausgeglichen hat.
109Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zwar fest, dass es in der Kasse des Ortsverbandes 17b über längere Zeit einen „Fehlbetrag“ in Höhe von ca. 236.000,00 DM gab, was die vernommenen Zeugen übereinstimmend bestätigt haben und vom Kläger letztlich auch nicht in Abrede gestellt wird. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass der Zeuge O Beträge bis zu dieser Größenordnung aus der Kasse des Ortsverbands unrechtmäßig entnommen (und damit unterschlagen) hat. Vielmehr resultierte der „Fehlbetrag“ schlicht daraus, dass die Ausgaben des Ortsverbandes höher als dessen Einnahmen waren und die kameralistische Buchführung des Ortsverbandes - so der Zeuge E2. S - deswegen einen negativen Saldo auswies.
110Dass (dem Fehlbetrag zugrunde liegende) Auszahlungen an den Zeugen O oder einen Dritten erfolgten, ohne dass hierfür jeweils (werthaltige) Leistungen erbracht worden sind, der Zeuge O sich mithin aus der Kasse in unrechtmäßiger Weise bedient oder ohne hinreichenden Grund Zahlungen geleistet hätte, kann nicht festgestellt werden. Zwar hat der Zeuge E2. S bekundet, dass der Fehlbetrag - nach seiner Meinung - nicht „gedeckt“ gewesen sei, vor allem weil der Ortsverband - nach seiner Beurteilung - keine Aktivitäten gehabt habe, die derart hohe Ausgaben hätten rechtfertigen können, und dass der Landesschatzmeister E2. G2 ihm gegenüber angegeben habe, dass „jeder finanzielle Widerschein“ fehle. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, sondern liegt vielmehr nahe, dass die Beurteilungen der vorgenannten Personen offenbar auch und vor allem darauf beruhten, dass der Ortsverband - in Person des Zeugen O - zunächst keine ordnungsgemäßen Buchführungsunterlagen vorlegen konnte. Dementsprechend hat der Zeuge E2. E3 bestätigt, dass die Buchführung des Ortsverbandes - ebenso wie diejenige des Werbeunternehmens des Zeugen O - „katastrophal“ gewesen sei. Der Zeuge E2. E3 hat jedoch zugleich bestätigt, dass der Kläger später ordnungsgemäße Kassenunterlagen übergeben habe, die sodann von der Staatsanwaltschaft München I, in der der Zeuge als Gruppenleiter der Abteilung 11 beschäftigt war, mit Hilfe eines Wirtschaftssachverständigen überprüft worden seien, der keine Unregelmäßigkeiten habe feststellen können, so dass das Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei. Dies entspricht dem vom Zeugen O in Ablichtung vorgelegten „Prüfungsbericht CSU Ortsverband 17 b“ des Kassenprüfers S3 G3 vom 24.06.1995, mit dem eine ordnungsgemäße Buchführung festgestellt wird und nach dem insbesondere sämtliche Ausgaben belegt und deren parteipolitische Verwendung nachgewiesen sind. In Ansehung dessen vermögen die Angaben des Zeugen E2. S eine unrechtmäßige Entnahme nicht zu beweisen, zumal dieser die ihm vorgelegten (ungeordneten) Unterlagen an den Landesschatzmeister E2. G2 übergeben hatte und mit den vom Kläger erstellten Unterlagen nicht mehr befasst war.
111Erst Recht kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte eine Entnahme aus der Kasse des Ortsverbandes 17b (bloße Ausgaben) mit Mitteln eines sogenannten „N4-Kontos“ ausgeglichen hat. Die vom Amtsgericht München vernommenen Zeugen haben hierzu keine Angaben machen können, sondern vielmehr ausschließlich einen Ausgleich des Fehlbetrages durch u.a. vom Kläger akquirierte Spenden bestätigt. Der vom Senat vernommene Zeuge B hat zwar bestätigt, dass dem Zeugen O ein - mit Hilfe des Klägers verschleiertes - Darlehen der Firma E4 J gewährt worden sei, auf welche der Kläger nach dem Eindruck des Zeugen maßgeblichen Einfluss gehabt habe. Zu einer Zahlung an den Ortsverband hat der Zeuge hingegen keine Angaben machen können, auch nicht zu einer denkbaren (Rück-)Zahlung seitens des Zeugen O, der die Darlehensgewährung wiederum selbst bestätigt, aber - wie der Zeuge B - mit eigenen finanziellen Problemen begründet hat.
112Auf den von ihm zunächst benannten Zeugen Q2 hat der Beklagte verzichtet. Verzichtet hat der Beklagte auch auf die Vernehmung der D und T4, nachdem diese sich in der gebotenen Form des § 386 Abs. 1 ZPO auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen haben. Denn der Beklagte hat die Befugnis zur Aussageverweigerung nicht bestritten und rügelos zur Sache verhandelt; hierin liegt ein Verzicht auf die Zeugen (vgl. Huber in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Auflage 2015, § 387 ZPO Rn. 1; Greger in: Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, § 387 ZPO Rn. 2). Soweit der Zeuge T4 schriftliche Angaben gemacht, insbesondere auf Presseveröffentlichungen Bezug genommen hat, lassen diese - unabhängig von ihrer grundsätzlichen Verwertbarkeit - ebenfalls nicht darauf schließen, dass Geld von einem „N4-Konto“ über den Zeugen O an den Ortsverband geflossen ist; der pauschale Verweis auf nicht näher konkretisierte Bekundungen im Strafverfahren sowie vor einem Untersuchungsausschuss hat keinen hinreichenden Beweiswert, so dass auch keine Beiziehung der diesbezüglichen Akten erforderlich war.
1133.
114Dass auch insoweit die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung nicht eingehalten wurden, soweit sich der Beklagte hinsichtlich dieser Äußerung auf einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 18.05.2000 (Anlage B 25) beruft, ist nach dem Vorstehenden unerheblich.
115Klageantrag zu 3. (Provisionen für Waffengeschäfte)
116Unbegründet ist die Berufung des Beklagten auch insoweit, als er sich gegen das Verbot wendet, durch die Passage „Wie intensiv die Aktivitäten des T-Clans waren, wurde durch die Erklärung von G.K. T selbst deutlich. Als publik wurde, dass T-Sohn N in Gegenwart des deutschen Botschafters in Saudi-Arabien an einem Verhandlungsgespräch mit den Saudis über den Verkauf von Leopard-Panzern teilgenommen hatte (und sich dabei skandalös verhalten hatte), begründete der T-Vater dies damit, dass sein Sohn N aufgrund seiner guten Geschäftsbeziehungen tätig geworden sei. Er sei schon circa 20 Mal in Saudi-Arabien gewesen, in der Tat eine erstaunliche Häufigkeit für einen jungen Mann, der gerade erst Rechtsreferendar war. Deshalb nochmals die Frage: Wie viel erhielt T dafür? Wie viel sein Sohn N? Und auf welche Konten wurde überwiesen? Und eine weitere Frage stellt sich: Was meldeten sie dem deutschen Finanzamt?“ die Eindrücke zu erwecken, N K T habe Provisionszahlungen aus Waffengeschäften erhalten und/oder N K T habe gegenüber dem deutschen Finanzamt Provisionszahlungen aus Waffengeschäften verschwiegen.
117Der Beklagte wendet sich nicht dagegen, dass durch die im Tenor des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Passagen seines Buches der unter 3.a) beschriebene Eindruck erweckt wird, dass der Kläger Provisionszahlungen aus Waffengeschäften erhalten habe. Dies ist aus den zum Klageantrag zu 2. angeführten Erwägungen insbesondere auch insofern zutreffend, als der Beklagte seine Äußerungen in Form von Fragen formuliert hat. Ebenso obliegt dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für die Wahrheit dieser Behauptung. Dem Beweisangebot auf Vernehmung des seinerzeitigen deutschen Botschafters in Arabien ist das Landgericht zu Recht nicht nachgegangen, weil dieser allenfalls allgemeine Aussagen zu diesbezüglichen Gepflogenheiten machen könnte, aber selbst nach dem Vorbringen des Beklagten nicht (Augen-)Zeuge bei Provisionszahlungen war oder hierzu aus eigener unmittelbarer Kenntnis konkrete Angaben machen könnte. Dementsprechend beruft sich der Beklagte in der Berufungsbegründung auch nur darauf, dass der Deutsche Botschafter „zu diesem Thema viel auszusagen hätte“, was weder als hinreichender Parteivortrag noch als erheblicher Beweisantritt anzusehen ist.
118Entgegen dem Berufungsvorbringen des Beklagten wird durch die o.g. Textpassage, insbesondere die Äußerung „Und eine weitere Frage stellt sich: Was meldeten sie dem deutschen Finanzamt?“ auch entsprechend dem Tenor des angefochtenen Urteils zu 3.b) der Eindruck erweckt, dass der Kläger gegenüber dem deutschen Finanzamt Provisionszahlungen aus Waffengeschäften verschwiegen habe. Selbst wenn diese Äußerung ebenfalls als Frage formuliert wurde, entsteht für den Durchschnittsrezipienten angesichts des Gesamtzusammenhangs im Sinne einer unabweislichen Schlussfolgerung der Eindruck, dass der Kläger angebliche Provisionen aus Waffengeschäften „selbstverständlich“ (auch) nicht versteuert habe, und werden entgegen der Einschätzung des Beklagten nicht nur diesbezügliche Zweifel zum Ausdruck gebracht. Denn (illegale) Einnahmen aus Waffengeschäften werden üblicherweise nicht dem Finanzamt gemeldet. Wenn - wie der Beklagte einräumt - die o.g. Passagen die verdeckte Tatsachenbehauptung enthalten, dass der Kläger aus Waffengeschäften Provisionszahlungen erhalten habe, ist die weitere Schlussfolgerung, dass diese nicht versteuert worden seien, deshalb geradezu zwingend. Es fehlt jedoch an jeglichem Beweisantritt des Beklagten für die Wahrheit der Behauptung, die entsprechend den obigen Ausführungen auch nicht als Verdachtsberichterstattung zulässig ist.
119Klageantrag zu 4. (Vorenthaltung von Spendengeldern)
120Insoweit ist die Berufung des Beklagten hingegen begründet, weil der Kläger keinen Anspruch darauf hat, dass der Beklagte es unterlässt, durch die Passage in dem Interview vom 21.01.2010 „Ich bezweifele allerdings, dass das Geld (sc. angeblich von L2-I T4 auf ein geheimes Nummernkonto der CSU gezahlte 1,4 Millionen DM) tatsächlich an die CSU geflossen ist. Wenn T4 von einem Nummernkonto spricht, stellt sich die Frage, auf wen das zugelassen ist. Wahrscheinlich auf G K T bzw. seine Erben. Ob das Geld von dort an die CSU weitergeflossen ist, halte ich für fraglich. (...) Ich halte es für äußerst unwahrscheinlich, dass das Geld an die CSU ging. In meinem Buch beschreibe ich folgende Szene: Als E 1992 starb, standen zwei CSU Spitzenpolitiker nebeneinander am Grab. Der eine, ein früherer Minister und enger T-Weggefährte, murmelte, als der Sarg in die Grab hinuntergelassen wurde: „Hier wird jetzt viel Geld versenkt. Der kannte als Einziger die Nummernkonten von T in der Schweiz.“ Dass er als Einziger davon wusste, bezweifele ich, die T-Kinder werden das auch gewusst haben.“ den Eindruck zu erwecken, die Erben von G K T hätten der CSU Spendengelder vorenthalten.
121Durch die angegriffenen Äußerungen des Beklagten in dem Zeitungsinterview vom 21.10.2010 wird nach den zum Klageantrag zu 1 a) dargestellten Grundsätzen nicht im Sinne einer unabweislichen Schlussfolgerung der Eindruck erweckt, der Kläger und/oder seine Geschwister hätten Kenntnis von möglichen „Schwarzgeldkonten“ ihres Vaters gehabt, sondern dies wurde von dem Beklagten lediglich als bloße Möglichkeit dargestellt.
122Der Beklagte hat zwar in der o.g. Textpassage mehrfach Zweifel daran geäußert, ob für die CSU bestimmte, auf Nummernkonten von G K T in der Schweiz befindliche Gelder von dessen Erben bestimmungsgemäß weitergeleitet wurden, indem er dies für „fraglich“ bzw. „äußerst unwahrscheinlich“ gehalten und die Vermutung geäußert hat, dass die T-Kinder die Nummernkonten gekannt hätten. Ungeachtet dieser Wiederholung, der Steigerung der Intensität der Zweifel und der Einbettung in historischen Begebenheiten mag der Durchschnittsrezipient es nach dem Verständnis des Senats zwar für möglich halten, dass der Kläger und seine Geschwister für die CSU bestimmte Spendengelder nicht weitergeleitet haben. Andere nicht fernliegende Deutungsvarianten sind jedoch nach dem Verständnis des Senats im Gesamtkontext der inkriminierten Äußerungen nicht ausgeschlossen, weil die - vage - Formulierung des Beklagten, dass das Konto (nur) „wahrscheinlich“ auf den Vater des Klägers bzw. dessen Erben „zugelassen“ gewesen sei, und die Wiedergabe der Äußerungen von CSU-Spitzenpolitikern bei der Beisetzung von G K E, dass Geld versenkt werde, also der Kläger und seine Geschwister keine Kenntnis von den Nummernkonten gehabt hätten, als neben der Annahme des Gegenteils seitens des Beklagten gleichermaßen in Betracht kommende Möglichkeit dargestellt wurde.
123Klageantrag zu 5. (Schweizer Bankhaus C)
124Hingegen hat das Landgericht dem Beklagten zu Recht untersagt, durch die Passagen in seinem Buch „Die T Kinder dementierten F2 A, jedoch zweideutig: „Es existierten keine Konten mit dreistelligen Millionensummen.“ Erstens aber hatte A nicht behauptet, dass auf einem Konto „dreistellige“ Millionen lagen, und zweitens konnten die Millionen auf verschiedenen Konten verteilt sein (wie ohnehin bei Provisionszahlungen aus verschiedenen Geschäften üblich). So hat T-Freund X T3 angegeben, dass T auch Kunde des Züricher Bankhauses C war. N T gab gegenüber dem Spiegel zu, dass es T Konten bei Q, W sowie bei der Filiale der Deutschen Bank in der Schweiz gegeben habe. Davon, dass sein Vater laut T3 auch Kunde beim Bankhaus C gewesen sei, habe er nichts gewusst. Das bedeutet dann aber auch, dass er dieses Konto bei der Erbschaftssteuererklärung nicht angegeben hatte und dass es auch nicht aus den Steuerklärungen von G.K. T ersichtlich war.“ und/oder „Dem Spiegel gegenüber weigerten sich die T-Kinder, „über Einzelheiten der Vermögensanlage“ ihrer Eltern Zeugnis abzulegen. Alle Schweizer Konten wie auch deren Erträge und Zuflüsse seien „ordnungsgemäß versteuert“ worden. Das widerspricht jedoch dem, was etwa anderthalb Jahre später geschah (...). Wenn alle in die Schweiz führenden Spuren getilgt werden sollten, war es unglaubwürdig, dass das Geld auf den Schweizer Konten angeblich „ordnungsgemäß versteuert“ worden war. (...) Außerdem hatte N T, wie erwähnt, gegenüber dem Spiegel selbst angegeben, von dem T-Konto beim Bankhaus C nichts gewusst zu haben, also konnte insoweit auch nichts versteuert worden sein. (...). War N T dann ausgerechnet gegenüber dem Finanzamt korrekt, wenn er schon gegenüber der CSU so handelte?“ den Verdacht zu erwecken bzw. den Verdacht erwecken zu lassen, N K T habe ein Guthaben beim Bankhaus C geerbt und nicht ordnungsgemäß versteuert.
125Dass durch die inkriminierten Textpassagen der Verdacht geäußert wird, der Kläger habe von seinem Vater u.a. Guthaben beim Schweizer Bankhaus C geerbt und nicht ordnungsgemäß versteuert, unterliegt nach Auffassung des Senats in Übereinstimmung mit der Beurteilung des Landgerichts keinem durchgreifenden Zweifel. Der Beklagte stellt selbst nicht in Abrede, dass der Vorwurf geäußert wird, es habe ein Guthaben auf einem Konto beim Bankhaus C gegeben, welches vom Kläger nicht versteuert worden sei, was sich bereits aus den Schilderungen des Beklagten ergibt, der Kläger habe das Konto bei seiner Erbschaftsteuererklärung nicht angegeben können, wenn ihm dies - wie der Kläger angebe - nicht bekannt gewesen sei. Anders als der Beklagte meint, richtet sich der Vorwurf aber nicht nur an die Eltern des Klägers, sondern betrifft den Kläger - als Verdacht - selbst. Insbesondere die Frage danach, ob der Kläger „ausgerechnet gegenüber dem Finanzamt korrekt“ gewesen sei, kann nur so verstanden werden, dass der Beklagte den Kläger verdächtigt, vom Konto beim Bankhaus C und einem dortigen Guthaben gewusst zu haben. Hätte der Kläger vom Guthaben nämlich tatsächlich nichts gewusst, hätte er weder nicht korrekt handeln - also eine Steuerstraftat begehen - noch letztlich überhaupt ein Guthaben auf dem Konto beim Bankhaus C erben können.
126In der konkreten (einseitigen) Art und Weise der Darstellung durfte der Beklagte hierüber mehr als 20 Jahre nach den in Rede stehenden Vorgängen und Abschluss umfangreicher Ermittlungen gegen den Kläger aus den in dem angefochtenen Urteil und den zu den vorangegangenen Klageanträgen dargelegten Gründen nicht berichten, da es sich insbesondere nicht um unter entsprechender Anwendung der Grundsätze einer Verdachtsberichterstattung zulässige Äußerungen handelt.
127Zwar wurde in den Ausgaben 14/1994 und 26/1994 des SPIEGEL (Anlagen B 4 und B 5) über die Vermutung, dass es ein Konto von G K T beim Bankhaus C gegeben habe, berichtet bzw. eine diesbezügliche Gegendarstellung des Klägers und seiner Geschwister veröffentlicht. Hiermit kann der Beklagte die Zulässigkeit seiner Äußerungen indes nicht mit Erfolg begründen. Denn unbewiesene Tatsachenbehauptungen werden nicht deshalb zulässig, weil sie auch in anderen Veröffentlichungen aufgestellt wurden (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2013 - VI ZR 211/12 -, MMR 2015, 137). Abgesehen davon stellen die in dem mehr als 20 Jahre nach den in Rede stehenden Vorgängen veröffentlichten Buch des Beklagten angeführten „Beweistatsachen“ nicht mehr als bloße Vermutungen dar, die offenbar die zuständigen Behörden nicht zur Bejahung eines (hinreichenden) Tatverdachts hinsichtlich einer eventuellen Steuerhinterziehung oder anderer Delikte veranlasst haben.
128Die Darstellung des Beklagten ist zudem nicht ausgewogen, da kein Hinweis auf den rechtskräftigen Freispruch des Klägers und/oder die Nichteinleitung von Ermittlungen bezüglich der angeblichen Steuerhinterziehung in Bezug auf den Nachlass erfolgte, was aus den bereits zu den übrigen Klageanträgen dargestellten Gründen ebenfalls zur Unzulässigkeit dieser Äußerung führt. Die seitens des Beklagten geäußerte Vermutung, die Familie T werde von den zuständigen Behörden „protegiert“, reicht jedenfalls nicht aus, um ohne hinreichende Belegtatsachen einseitig über bloße Mutmaßungen zu mehrere Jahrzehnte zurückliegenden Ereignissen berichten zu dürfen.
129III.
130Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
131Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
132Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Vielmehr handelt es sich um eine auf den besonderen Umständen des konkreten Falles beruhende Einzelfallentscheidung.
133Berufungsstreitwert: 100.000,00 €
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 19. Mai 2015 - 15 U 38/13
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 19. Mai 2015 - 15 U 38/13
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Oberlandesgericht Köln Urteil, 19. Mai 2015 - 15 U 38/13 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger, ein katholisches Erzbistum, dessen Kardinal und ein Prälat, nehmen den Beklagten, einen Journalisten, auf Unterlassung wörtlicher oder sinngemäßer Tatsachenbehauptungen dahingehend in Anspruch, den Klägern sei es aufgrund eines an sie gerichteten Briefes einer Frau D. vom 18. September 1996 möglich gewesen, den Schwangerschaftsabbruch einer angeblich von einem Pfarrer geschwängerten Minderjährigen zu verhindern, außerdem hätten sie den Pfarrer, der die angebliche Sexualbeziehung zu der Minderjährigen erpresst habe, aus seinem Amt entfernen können. Sie behaupten, der Beklagte habe diese Tatsachenbehauptungen versteckt in zwei Zeitungsartikeln und einem Rundfunkbeitrag, die alle Ende 1996 erschienen sind, aufgestellt.
- 2
- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das in NJW-RR 1998, 1175 veröffentlichte Berufungsurteil, mit dem die Berufung des Beklagten nur hinsichtlich des Klägers zu 3 wegen fehlender Aktivlegitimation erfolgreich gewesen , im übrigen jedoch zurückgewiesen worden war, ist vom Bundesverfassungsgericht (NJW 2004, 1942) wegen Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen worden. Die Kläger haben den Beklagten nunmehr auf Unterlassung verschiedener Äußerungen in Anspruch genommen, aus denen sie die versteckten Aussagen im Sinne des ursprünglichen Antrages herleiten. Die Berufung ist weitgehend ohne Erfolg geblieben; das Berufungsgericht hat der Unterlassungsklage stattgegeben mit der Einschränkung, dass dem Beklagten die Verbreitung der beanstandeten verdeckten Tatsachenbehauptungen, wie in den zwei 1996 erschienenen Artikeln und dem am 24. November 1996 gesendeten Rundfunkbeitrag geschehen, verboten werde ohne den klarstellenden Zusatz, dass den Klägern weder der Name des betroffenen Mädchens noch der des Pfarrers bekannt gewesen, weil von Frau D. nicht mitgeteilt worden sei. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Klageabweisung auch gegenüber den Klägern zu 1, 2 und 4.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht bejaht einen Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 BGB, § 186 StGB, da der Beklagte in den zwei 1996 veröffentlichten Artikeln und dem am 24. November 1996 ausgestrahlten Rundfunkbeitrag in verdeckter Form unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe, welche geeignet seien, das Ansehen der Kläger in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen.
- 4
- So habe der Kläger im Radiobeitrag die verdeckten und unrichtigen Tatsachenbehauptungen aufgestellt, die Kläger hätten aufgrund eines Schreibens von Frau D. vom 18. September 1996, in dem diese das Bistum darüber informierte , dass eine Jugendliche aufgrund einer erpressten Sexualbeziehung zu einem katholischen Pfarrer schwanger geworden sei und nach Beratung diese Schwangerschaft in den nächsten Tagen abbrechen werde, die Möglichkeit gehabt , unmittelbar Kontakt mit der Betroffenen aufzunehmen und den Schwangerschaftsabbruch zu verhindern, sowie, den Klägern sei der Name des beschuldigten Pfarrers bekannt gewesen, so dass sie ihn aus dem Amt hätten entfernen können.
- 5
- In dem Artikel für die Zeitschrift "Die Woche" seien die beiden verdeckten Behauptungen ebenfalls aufgestellt worden, während im Artikel in der Zeitschrift "Kirche intern" nur die erste (bezüglich der Kontaktaufnahmemöglichkeit) aufgestellt worden sei.
- 6
- Der Beklagte habe dabei verschwiegen, dass der Kläger zu 4 unstreitig in einem dem Schreiben vorangegangenen Telefonat mit Frau D. nach dem Namen des Pfarrers und der betroffenen Minderjährigen gefragt und keine Antwort erhalten hatte und dass der Brief diese Informationen unstreitig ebenfalls nicht enthielt. Das Verschweigen wesentlicher Umstände und damit die unvollständige Darstellung des Sachverhalts begründe eine verdeckte Tatsachenbehauptung , die dadurch unrichtig sei.
II.
- 7
- Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Den Klägern steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 BGB, § 186 StGB mit der im Tenor des Berufungsgerichts erfolgten Einschränkung zu.
- 8
- 1. Die Revision rügt erfolglos die Aktivlegitimation des Klägers zu 2 (Erzbistum K.).
- 9
- a) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts wie das klagende Bistum zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen können, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt wird. Zwar haben sie weder eine "persönliche" Ehre noch können sie wie eine natürliche Person Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein; sie genießen jedoch, wie § 194 Abs. 3 StGB zeigt, im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben - hier im Bereich der Seelsorge und der Verbreitung und Vertretung von Glaubensinhalten - strafrechtlichen Ehrenschutz , der über §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 185 ff. StGB zivilrechtliche Unterlassungsansprüche begründen kann (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - NJW 1982, 2246 und vom 16. November 1982 - VI ZR 122/80 - NJW 1983, 1183, jeweils m.w.N.; BVerfGE 93, 266, 291).
- 10
- b) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist weiterhin die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Kläger zu 2 durch die Berichterstattung selbst betroffen ist.
- 11
- Wenn die Revision meint, dass nur Mitarbeiter einer juristischen Person von einer Äußerung betroffen sein könnten, trifft dies für den vorliegenden Sachverhalt nicht zu. Auch wenn die juristische Person durch ihre Mitarbeiter bzw. gesetzlichen Vertreter handelt, kann sie doch - wie soeben ausgeführt - selbst Rechtsträger sein und deshalb Unterlassungsansprüche geltend machen , wenn sie in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt wird. Dies gilt im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil das Erzbistum als Institution mehrfach direkt benannt bzw. angesprochen ist.
- 12
- Soweit die Revision mit der Unterscheidung zwischen Erzbistum und Erzdiözese in Zweifel zieht, ob das Erzbistum eine juristische Person sei, kann zur Beseitigung dieser Zweifel auf BGHZ 124, 173, 174 f. verwiesen werden, wonach im Bereich der katholischen Kirche dem Bistum als der maßgeblichen Territorialgliederung die grundgesetzlich geschützte Rechtsstellung (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 WRV) als Körperschaft öffentlichen Rechts zukommt (vgl. auch Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz , 10. Auflage, Art. 140, Rn. 12).
- 13
- 2. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass das Berufungsgericht bei Ermittlung des Aussagegehalts der drei Presseberichte deren Gesamtzusammenhang außer Acht gelassen und deshalb ihren Sinn nicht zutreffend erfasst habe.
- 14
- a) Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Sie unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 9, 16; 132, 13, 21; vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 330; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163; vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344). Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenomme- nen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind. Hingegen wird die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; Senatsurteile vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842, 843 m.w.N.; vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344).
- 15
- b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist diese revisionsrechtliche Überprüfung auch im Streitfall vorzunehmen und nicht etwa durch das Bundesverfassungsgericht (NJW 2004, 1942) abschließend erfolgt. Vielmehr erstreckt sich die Bindungswirkung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nur auf den Umfang der Feststellung nach § 95 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG. Feststellung im Sinne dieser Vorschriften ist jedenfalls die Entscheidungsformel, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergänzt um die tragenden Gründe der Entscheidung (BVerfGE 1, 14, 37; 19, 377, 392; 20, 56, 87; 40, 88, 93; 96, 375, 404; 104, 151, 197; Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. A., § 31 Rn. 58). Jedoch erfasst die Bindungswirkung nur die Auslegung der Verfassung, nicht die einfachrechtlicher Normen (Umbach/Clemens/Dollinger aaO, Rn. 60). Hierzu ist dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts lediglich zu entnehmen, dass die Rechtsprechung der Fachgerichte, wonach bei der Annahme von verdeckten Aussagen eine besondere Zurückhaltung geboten sei und deshalb die dem Leser nahe gelegte Schlussfolgerung unabweislich sein müsse, von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden sei.
- 16
- c) Mit Recht hat sich das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Aussagegehalts nicht auf "offene" Behauptungen beschränkt, sondern die Prüfung auf ehrenkränkende Beschuldigungen erstreckt, die im Gesamtzusammenhang der offenen Einzelaussagen "versteckt" bzw. "zwischen den Zeilen" stehen könnten (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 9, 14; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 273/93 - VersR 1994, 1123, 1124; vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344). Das Berufungsgericht gibt auch die Grundsätze zur Nachprüfung solcher verdeckter Aussagen zutreffend wieder.
- 17
- Danach ist bei der Ermittlung so genannter verdeckter Aussagen zu unterscheiden zwischen der Mitteilung einzelner Fakten, aus denen der Leser eigene Schlüsse ziehen kann und soll, und der erst eigentlich "verdeckten" Aussage , mit der der Autor durch das Zusammenspiel offener Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage macht bzw. sie dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung nahe legt. Unter dem Blickpunkt des Art. 5 Abs. 1 GG kann nur im zweiten Fall die "verdeckte" Aussage einer "offenen" Behauptung des Äußernden gleichgestellt werden. Denn der Betroffene kann sich in aller Regel nicht dagegen wehren, dass der Leser aus den ihm "offen" mitgeteilten Fakten eigene Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den die offenen Aussagen Anhaltspunkte bieten, der von dem sich Äußernden so aber weder offen noch verdeckt behauptet worden ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 273/93 - aaO und vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 aaO).
- 18
- d) Ob das Berufungsgericht im Streitfall mit Recht die dem Leser nahegelegten Schlussfolgerungen für so unabweislich gehalten hat, dass sie eine verdeckte Äußerung beinhalten, kann letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls liegt eine bewusst unvollständige Berichterstattung vor, die ebenfalls unzulässig ist. Wenn nämlich - wie die Revision geltend macht - dem Leser Tatsachen mitgeteilt worden sind, aus denen er erkennbar eigene Schlussfolgerungen ziehen soll, so durften hierbei keine wesentlichen Tatsachen verschwiegen werden, die dem Vorgang ein anderes Gewicht geben könnten (vgl. BVerfGE 12, 113, 130; Senatsurteile BGHZ 31, 308, 318; vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193) und deren Kenntnis für den Leser unerlässlich ist, der sich im Kernpunkt ein zutreffendes Urteil bilden will (vgl. Senatsurteile vom 20. Juni 1961 - VI ZR 222/60 - VersR 1961, 980, 982; vom 9. November 1965 - VI ZR 276/64 - VersR 1966, 85, 87; vom 30. Januar 1979 - VI ZR 163/77 - VersR 1979, 520, 521; vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193; ebenso Soehring, Presserecht, 3. A., Rn. 16.44b; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. A., Kap. 5 Rn. 81). Liegt es - wie im Streitfall auch von der Revision nicht in Abrede gestellt - nahe, aus mehreren unstreitigen Tatsachen eine bestimmte (ehrverletzende) Schlussfolgerung zu ziehen, so ist jedenfalls eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger nahe liegend erscheint und deshalb durch das Verschweigen dieser Tatsache beim unbefangenen Durchschnittsleser ein falscher Eindruck entstehen kann (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193). Eine Tatsachenbehauptung , die nur Teilwahrheiten vermittelt und dadurch beim Adressaten der Äußerung zu einer Fehleinschätzung des Angegriffenen führt, ist schon aus diesem Grund rechtswidrig (vgl. Senatsurteile BGHZ 31, 308, 316; vom 18. Juni 1974 - VI ZR 16/73 - NJW 1974, 1762, 1763 und vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193, 195 m.w.N.). Es dürfen also nicht solche Fakten verschwiegen werden, deren Mitteilung beim Adressaten zu einer dem Betroffenen günstigeren Beurteilung des Gesamtvorgangs hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - aaO).
- 19
- Insoweit gelten für die Vollständigkeit einer solchen Berichterstattung die gleichen Grundsätze wie für die Verdachtsberichterstattung. Auch hier ist näm- lich eine vollständige Berichterstattung erforderlich, so dass dem Leser auch die entlastenden Umstände mitgeteilt werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 26. November 1996 - VI ZR 323/95 - VersR 1997, 325, 327). So darf bei einem Bericht, der sich mit einer namentlich genannten Person besonders beschäftigt, die Kürzung des mitgeteilten Sachverhalts nicht so weit gehen, dass der Zuschauer oder Leser ein nach der negativen Seite entstelltes Bild dieser Person erhält, weil ihm nur einseitige Ausschnitte mitgeteilt werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 31, 308, 316 und vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193, 195).
- 20
- e) Um solche Umstände handelt es sich hier. Es liegt auf der Hand, dass die Tatsache, dass den Klägern weder der Name des Mädchens noch der Name des Pfarrers mitgeteilt worden waren, geeignet ist, die mitgeteilten Vorgänge und insbesondere den Vorwurf verspäteten Handelns bzw. der Untätigkeit in den Augen des unbefangenen Durchschnittslesers in einem anderen, den Klägern günstigeren Licht erscheinen zu lassen. Denn während es bei Bekanntheit der Personalien aller an dem Vorfall beteiligten Personen beim Durchschnittsleser auf Unverständnis stoßen dürfte, dass weder der Minderjährigen umgehend Hilfe angeboten noch gegen den Pfarrer vorgegangen wurde, erscheint eine entsprechende Schlussfolgerung bei Wissen darum, dass die Namen und Personalien der Beteiligten den Klägern nicht bekannt waren, wesentlich ferner liegend. Deshalb durften hier diese Umstände, die eine Entlastung bewirken konnten , im Rahmen der konkreten Berichterstattung nicht verschwiegen werden.
- 21
- Unstreitig sind den Klägern weder durch den Brief noch durch das vorausgegangene Telefonat die Namen des betroffenen Mädchens und des Pfarrers mitgeteilt worden. Das reicht unter den gegebenen Umständen für die Annahme einer bewusst unvollständigen Berichterstattung aus, weil der Beklagte nach den tatrichterlichen Feststellungen keinen Anhaltspunkt für eine Kenntnis der Kläger hatte, die unstreitig auch nicht vorhanden war.
- 22
- f) Ist mithin diese bewusst unvollständige Berichterstattung der Verbreitung einer unwahren Tatsachenbehauptung gleichzustellen, greift der Grundsatz ein, dass an solchen Äußerungen kein berechtigtes Interesse besteht (vgl. BVerfGE 61, 1, 8 f.; 85, 1, 15); der Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB steht dem Beklagten nicht zur Seite. Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob der Beklagte bei seinen Recherchen hinsichtlich der Frage der nachfolgenden Informationsmöglichkeiten der Kläger über Frau D. die publizistische Sorgfalt gewahrt hat oder nicht. Dem durch Art. 5 GG geschützten Anliegen des Beklagten , durch seine Berichterstattung aufzuzeigen, dass die Kläger von sich aus keinen Versuch unternommen hätten, mit dem betroffenen Mädchen in Kontakt zu treten oder die Identität des Pfarrers in Erfahrung zu bringen, wird durch die jetzige Tenorierung des Berufungsurteils ausreichend Rechnung getragen , die auch im übrigen nicht zu beanstanden ist.
Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.06.1997 - 28 O 44/97 -
OLG Köln, Entscheidung vom 01.07.2004 - 15 U 126/97 -
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 03.07.2013 abgeändert:
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 23.04.2013 wird aufgehoben, und der Antrag auf ihren Erlass wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Verfügungskläger zu tragen.
1
Gründe:
2I.
3Mit Urteil vom 3. Juli 2013 hat das Landgericht seine einstweilige Verfügung vom 22. April 2013 mit der Maßgabe bestätigt, dass der Verfügungsbeklagten untersagt wird,
4über den Verfügungsbeklagten wie folgt zu berichten:
5a) „Bei der Frühstücksflockenfirma war unmittelbar vor dem Schutzschirmantrag Mitte Juni 2012 der Sanierungsberater E. als Geschäftsführer installiert worden ... E. wiederum präsentierte dem Amtsgericht in Stendal F. als vorläufiger Sachwalter";
6b) Den Anleihegläubigem lässt F. wenigstens eine kleine Hoffnung: Die Quote nach dem Insolvenzplan sei nur die Grundquote von 0,34 Prozent. Sie könne sich bis auf 16 Prozent erhöhen, falls G. künftig weitere Ansprüche durchsetze."
7c) durch die Berichterstattung:
8„Der Richter pochte auf Unabhängigkeit und holte einen neuen Sachwalter an Bord."
9den Eindruck zu erwecken, der Antragsteller sei als Sachwalter bestellt, dann abberufen und durch einen anderen Sachwalter ersetzt worden;
10jeweils wenn dies geschieht wie in dem Beitrag: „In die Röhre geschaut" in der WirtschaftsWoche Nr. 00 vom 00.00.0000 und/oder in dem Beitrag „Wenn Anleger in die lnsolvenzfalle tappen" in der „WirtschaftsWoche Online" seit dem 00.00.0000."
11Zur Verdeutlichung des Zusammenhangs werden im Folgenden die Passagen des Zeitungs- bzw. redaktionellen Internetartikels, in denen die beanstandeten Äußerungen enthalten sind, wiedergegeben (die angegriffenen Äußerungen sind jeweils unterstrichen):
12Der Anwalt und die H
13Ob die H F. ins Verfahren geholt habe, wollte die Bank nicht sagen. Das seien „Angelegenheiten des Aufsichtsrates", die der „Geheimhaltungspflicht' unterlägen. Fest steht: Die H und F. sind alte Bekannte. 2009 begleitete F. die Insolvenz der I., eines Metallverarbeiters aus dem Portfolio der H.-Tochter J..
142012 arbeiteten F. und die H. im Verfahren um K. Hand in Hand. Bei der Frühstücksflockenfirma war unmittelbar vor dem Schutzschirmantrag Mitte Juni 2012 der Sanierungsberater E. als Geschäftsführer installiert worden. Er wurde „eingesetzt von der H.-Bank", heißt es in einem Gerichtsbeschluss. E. wiederum präsentierte dem Amtsgericht in Stendal F. als vorläufigen Sachwalter. Das Gericht stimmte zu. Einige Wochen später regten sich beim zuständigen Richter in Stendal jedoch „erhebliche und begründete Zweifel" an der Unabhängigkeit des Sachwalters. Ihm war aufgefallen, dass das Duo schon mehrfach zusammengearbeitet hatte. E. und F. betonten, dass frühere Beziehungen offengelegt worden seien. Der Richter pochte auf Unabhängigkeit und holte einen neuen Sachwalter an Bord.
15Die Bank gewinnt
16Fest steht: Über den Aufsichtsrat kam bei G. der H.-nahe Anwalt F. als Sanierungsvorstand in die Schlüsselposition. Er durfte den Insolvenzplan schreiben, in dem festgelegt wird, wie das Unternehmen saniert werden soll. Laut Plan verzichtet die Bank zwar auf zwei Drittel ihrer Forderungen. 8,6 Millionen Euro aber soll die neue G. Industrie GmbH der Bank noch zurückzahlen — und das, obwohl knapp sieben Millionen davon bei der G. L. AG genauso wenig besichert waren wie die Anleihen.
17Die H. wehrt sich gegen den Vorwurf, die Bank sei bessergestellt worden als Anleihegläubiger. Sie verfüge „über Sicherheiten bei den Tochtergesellschaften". Und F. rechtfertigt, die H. sei wirtschaftlich ins Risiko gegangen und habe den laufenden Betrieb trotz Insolvenz finanziert. „Besserstellung der sanierungsbereiten Gläubiger gibt es in fast sämtlichen Insolvenzplanverfahren", sagt F..
18Er dürfte für die Bank trotzdem einen guten Deal herausgeschlagen haben. Sie bekommt über ihre Tochter J. ein um 100 Millionen Euro entschuldetes Unternehmen, das operativ profitabel arbeitet. Und ihre verbliebenen Kredite sind nach Abschütteln der anderen Gläubiger nun sicherer geworden. Den Anleihegläubigern lässt F. wenigstens eine kleine Hoffnung: Die Quote nach dem Insolvenzplan sei nur die Grundquote von 0,34 Prozent. Sie könne sich auf bis zu 16 Prozent erhöhen, falls G. künftig weitere Ansprüche durchsetze.
19Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
20II.
21Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Verfügungsbeklagten hat auch in der Sache Erfolg; dem Verfügungskläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu.
221.
23Über die Unterlassungsanträge ist aufgrund einer Abwägung des Rechts des Verfügungsklägers auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden.
24Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 11. 12. 2012 - VI ZR 314/10 –, juris m.w.Nachw.)
25Im Streitfall sind die beanstandeten Äußerungen der Sozialsphäre des Klägers, nämlich seiner beruflichen Betätigung, und nicht seiner Privatsphäre zuzuordnen.
26Der Eingriff in die Sozialsphäre des Verfügungsklägers durch die beanstandete Berichterstattung ist nicht rechtswidrig, weil sein Schutzinteresse die schutzwürdigen Belange der Beklagten nicht überwiegt. Dies ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers und dem gemäߠArt. 5 Abs. 1 GG ebenfalls Verfassungsrang genießenden Recht der Verfügungsbeklagten auf Äußerungs- undPressefreiheit. Danach muss der Einzelne grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. 12. 2011 – VI ZR 261/10 –, juris, m.w.Nachw.).
272.
28Im Einzelnen:
29a)
30Es besteht kein Anspruch auf Unterlassung der Aussage „E. wiederum präsentierte dem Amtsgericht in Stendal F. als vorläufigen Sachwalter“.
31Der Verfügungskläger sieht in dieser Äußerung eine unwahre Tatsachenbehauptung, weil – unstreitig - alle drei vertretungsberechtigten Geschäftsführer der K. Deutschland Produktions GmbH den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, in dem der Verfügungskläger als vorläufiger Sachwalter vorgeschlagen worden ist, unterschreiben haben. E. habe dem Insolvenzrichter den Verfügungskläger auch nicht persönlich vorgestellt.
32Die angegriffene Äußerung ist jedoch keine reine Tatsachenbehauptung, sondern enthält wertende Elemente. Der Tatsachenkern der Äußerung ist nicht in dem von dem Verfügungskläger dargestellten Sinn zu verstehen und deshalb nicht unwahr.
33Wegen ihrer Bedeutung für den Schutzumfangs der betroffenen Grundrechte ist zunächst die Einstufung einer Äußerung als Werturteil oder Tatsachenbehauptung von Belang. Die Behauptung einer Tatsache fällt in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, soweit sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen ist (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 25. Oktober 2012 – 1 BvR 901/11 –, juris, m.w.Nachw.). Daher endet der Schutz der Meinungsfreiheit für Tatsachenbehauptungen erst dort, wo sie zu der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Meinungsbildung nichts beitragen können. Das Bundesverfassungsgericht geht deswegen davon aus, dass erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen nicht vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst wird. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Das gilt auch für Äußerungen, in denen tatsächliche und wertende Elemente einander durchdringen. Bei der Abwägung fällt dann die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, ins Gewicht (vgl. BVerfG a.a.O.).
34Jede beanstandete Äußerung ist in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst und einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 22. 9. 2009 - VI ZR 19/08 m.w.Nachw.). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem – zu würdigenden – Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gem. Art. 5 I GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird. Dabei ist zu beachten, dass sich der Schutzbereich des Art. 5 I GG auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, sowie auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (BGH, a.a.O.)
35In der hier beanstandeten Textpassage wird die Zusammenarbeit der H., die Kreditgeberin des insolventen Unternehmens K. war und dort wohl auch – so impliziert der Artikel - unternehmerischen Einfluss ausübte, und dem Verfügungskläger geschildert, indem darauf hingewiesen wird, dass der unmittelbar vor dem Insolvenzantrag von der H. bei K. „installierte“ Geschäftsführer E. dem Amtsgericht den Verfügungskläger als vorläufigen Sachwalter „präsentierte“. Das Verfahren, in dem die Beteiligten in die maßgeblichen Funktionen als Geschäftsführer (E.) und vorläufiger Sachwalter (Verfügungskläger) gelangt sind, wird nicht in der juristischen Terminologie unter Wiedergabe der jeweils erforderlichen Voraussetzungen und Rechtshandlungen für die Bestellung eines neuen Geschäftsführers und des vorläufigen Sachwalters in einem Insolvenzantragsverfahren unter Anordnung der Eigenverwaltung geschildert, sondern stark verkürzt unter Verwendung metaphorisch gebrauchter, plakativer Begriffe („installiert“, „präsentiert“) dargestellt, um die vorangestellte – eine Wertung enthaltende - Aussage, dass der Verfügungskläger und die H. bei K. „Hand in Hand“ arbeiteten, zu illustrieren.
36Die angegriffene Äußerung enthält daher mit dem Wort „Präsentieren“, das hier nicht, wie der Verfügungskläger anführt, im Sinn von „Vorstellen“ zu verstehen ist, sondern im übertragenen Sinn, d.h. metaphorisch verwendet wird, und dem Gesamtkontext, in den sie eingebettet ist, wertende, plakative Elemente.
37Der Durchschnittsleser versteht den Tatsachenkern der beanstandeten Aussage nicht, wie der Verfügungskläger geltend macht, dahin, dass die Verfügungsbeklagte hiermit auf die förmliche Antragstellung bei dem Insolvenzgericht Bezug nimmt oder dass E. den Verfügungskläger dort gar persönlich vorgestellt habe. In der in Frage stehende Textpassage werden die die der Geschäftsführer- und (vorläufigen) Sachwalterbestellung zugrundeliegenden Vorgänge nicht juristisch exakt beschrieben, insbesondere wird nicht behauptet, E. allein habe ohne die Mitwirkung eventuell vorhandener anderer Geschäftsführer den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren unterzeichnet, in dem der Vorschlag, den Verfügungskläger als vorläufigen Sachwalter zu bestellen, enthalten war. Mit dem konkreten Verfahrensablauf und der Art und Weise der „Installierung“ und der „Präsentation“, befasst sich die Textpassage überhaupt nicht.
38Als mit Wertungen vermischter nachprüfbarer Tatsachenkern lässt sich der beanstandeten Äußerung im Gesamtzusammenhang allenfalls entnehmen, dass E. die Bestellung des Verfügungsklägers als vorläufigen Sachwalter maßgeblich beeinflusst hat.
39Dieser Tatsachenkern ist jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wahr.
40Die Verfügungsbeklagte hat als Anlage AG 2 (GA Bl. 376) den Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 31.08.2012 vorgelegt, mit dem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. Deutschland Produktions GmbH eröffnet wurde. Dort heißt es u.a.
41„…weil der Geschäftsführer E. erst unmittelbar vor der hier streitgegenständlichen Insolvenzantragstellung — eingesetzt von der H.-Bank — zum Sanierungsberater und Geschäftsführer der Schuldnerin bestellt wurde. Dessen Bestellung steht demnach im Zusammenhang mit der beabsichtigten Sanierung. Nachfolgend hat nunmehr genau der neue Geschäftsführer E. den Vorschlag für die Person des Sachwalters unterbreitet. Dies ergibt sich sämtlichst aus den mündlichen Angaben des weiteren Geschäftsführers M. bei der Antragstellung am 14.06.2012, welche protokolliert wurde“
42In dem Protokoll des Amtsgerichts Stendal über die Insolvenzantragsstellung vom 14.06.2012 (von der Verfügungsbeklagte vorgelegt als Anlage AG 3, GA 378) wird die Aussage des weiteren Geschäftsführers M. wiedergegeben, der „vorgeschlagene vorläufige Sachwalter" sei „vom neuen Geschäftsführer Dr. E. vorgeschlagen" worden.
43Der Verfügungskläger hat nicht in Abrede gestellt, dass diese in dem Protokoll wiedergegebene Aussage des Geschäftsführers M. inhaltlich zutrifft. Damit steht aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass E. im Verhältnis zu seinen Mitgeschäftsführern bei der internen Entscheidungsfindung unmittelbar vor Stellung des Insolvenzantrags die „treibende Kraft“ für den in dem von allen drei Geschäftsführern unterschriebenen Insolvenzantrag enthaltenen Vorschlag war, den Verfügungskläger zum vorläufigen Sachwalter zu bestimmen. Dass der Verfügungskläger nach seinem Vorbringen bereits zwei Monate vor dem Insolvenzantrag durch zwei Vertreter der Hauptgesellschafterin der späteren Insolvenzschuldnerin K. zu einem Gespräch eingeladen worden war, in dem über die Möglichkeit eines Insolvenzverfahrens und seine eventuelle Tätigkeit als Sachwalter gesprochen wurde und bei dem der spätere Geschäftsführer E. nicht zugegen war, steht dem nicht entgegen. E. kann gleichwohl im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Insolvenzantrags und der internen Entscheidungsfindung der Antragsteller – der drei Geschäftsführer -, wer im Antrag als Sachwalter vorgeschlagen werden solle, die maßgebliche Rolle gespielt haben. Dies hat die Verfügungsklägerin nicht konkret bestritten.
44b)
45Es besteht auch kein Anspruch auf Unterlassung der Äußerung: „Den Anleihegläubigem lässt F. wenigstens eine kleine Hoffnung: Die Quote nach dem Insolvenzplan sei nur die Grundquote von 0,34 Prozent. Sie könne sich bis auf 16 Prozent erhöhen, falls G. künftig weitere Ansprüche durchsetze".
46Insoweit ist bereits nicht ersichtlich, dass der soziale Geltungsanspruch des Antragstellers hier in erheblicher Weise berührt ist. Zwar kann der soziale Geltungsanspruch als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch dann betroffen sein, wenn dem Betroffenen Falschzitate unterschoben werden. Bei der angegriffenen Äußerung handelt es sich aber ersichtlich nicht um ein wörtliches Zitat, sondern um eine – juristisch nicht ganz präzise – kurze Erläuterung, dass nach Auskunft des Verfügungsklägers eine Erhöhung der Quote in Betracht kommt, wenn mögliche weitere der Insolvenzmasse zustehende Ansprüche im (Eigen-)Insolvenzverfahren durchgesetzt würden. Dass der Durchschnittsleser diese Äußerung dahin versteht, der Verfügungskläger wisse nicht, dass während des (Eigen-)Insolvenzverfahrens Ansprüche nicht mehr von der Insolvenzschuldnerin selbst, sondern nur von dem Sachwalter gerichtlich geltend gemacht werden können, oder es werde gar angedeutet, dass der Verfügungskläger sich als Sanierungsvorstand selbst für die Verwirklichung der Forderungen für zuständig halte, ist fernliegend. Die (ebenfalls verkürzte) Wiedergabe der Bezeichnung der Insolvenzschuldnerin zielt nicht darauf ab, dem Leser mitzuteilen, welches Organ oder welche Partei kraft Amtes während des (Eigen-)Insolvenzverfahrens Ansprüche der Insolvenzschuldnerin gerichtlich durchsetzen kann, sondern verweist in einer pressetypisch verknappten Darstellungsweise darauf, dass der Insolvenzmasse nach Meinung des Verfügungsklägers noch quotenerhöhende Ansprüche zustehen können. Mit der Frage, von welcher natürlichen Person diese geltend zu machen sind, befasst sich die beanstandete Aussage nicht.
47c)
48Der Verfügungsklägerin wendet sich mit dem vorstehend unter I c) wiedergegebenen Unterlassungsantrag nicht gegen eine offene, im dem Artikel von der Verfügungsbeklagten aufgestellte Äußerung, sondern gegen einen aus der Berichterstattung folgenden Eindruck. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu mehrdeutigen Tatsachenbehauptungen ist zwar einer auf die künftige Unterlassung einer Behauptung gerichteten Klage bereits dann stattzugeben, wenn die fragliche Tatsachenbehauptung einen mehrdeutigen Gehalt aufweist und in einer der nicht fern liegenden Deutungsvarianten das allgemeine Persönlichkeitsrecht des von ihr Betroffenen verletzt, weil dieses die Meinungsfreiheit des Äußernden im konkreten Fall überwiegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 – 1 BvR 1696/98 –, BVerfGE 114, 339-356 - Stolpe).
49Bei für sich genommen nicht eindeutigen Formulierungen ist hieraus aber nicht die Konsequenz zu ziehen, dass diejenige Deutungsvariante zugrunde zu legen ist, die die intensivste Beeinträchtigung der Rechte des von der Berichterstattung Betroffenen darstellen würde. Dieses Vorgehen ist nur bei solchen Äußerungen verfassungsrechtlich geboten, die von dem maßgeblichen Durchschnittspublikum überhaupt als eine geschlossene, aus sich heraus aussagekräftige Tatsachenbehauptung wahrgenommen werden und insoweit dann aber mehrdeutig sind. Dies ändert aber nichts daran, dass es den Fachgerichten obliegt, zunächst zu ermitteln, ob ein derartiger Fall der Mehrdeutigkeit im zu entscheidenden Fall gegeben ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 08. September 2010 – 1 BvR 1890/08 –, juris).
50Mit der Beurteilung von nur verdeckt „zwischen den Zeilen“ zum Ausdruck gebrachten Aussagen befasst sich die „Stolpe“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hingegen nicht, sondern bezieht sich auf eine offene Tatsachenbehauptung, die ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum als mehrdeutig wahrnimmt.
51Nach der herkömmlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an der er auch nach der „Stolpe“ – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Oktober 2005 festgehalten hat, ist bei „verdeckten“ Aussagen zu unterscheiden zwischen der Mitteilung einzelner Fakten, aus denen der Leser eigene Schlüsse ziehen kann und soll, und der erst eigentlich “verdeckten” Aussage, mit der der Autor durch das Zusammenspiel offener Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage macht beziehungsweise sie dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung nahe legt. Unter dem Blickpunkt des Art. 5 Abs. 1 GG kann nur im zweiten Fall die “verdeckte” Aussage einer “offenen” Behauptung des Äußernden gleichgestellt werden. Denn der Betroffene kann sich in aller Regel nicht dagegen wehren, dass der Leser aus den ihm “offen” mitgeteilten Fakten eigene Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den die offenen Aussagen Anhaltspunkte bieten, der von dem sich Äußernden so aber weder offen noch verdeckt behauptet worden ist. (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2005, VI ZR 204/04, - juris, abgedruckt in NJW 2006, 601, 603; BGH, Urteil vom 28.06.1994, VI ZR 273/93 - juris).
52Die hier streitgegenständliche Aussage „Der Richter pochte auf Unabhägigkeit und holte einen neuen Sachwalter an Bord" ist nicht mehrdeutig im Sinne der „Stolpe“-Rechtsprechung. Der Verfügungskläger will dem Kontext der fraglichen Passage, insbesondere dem Umstand, dass er „abwechselnd“ als vorläufiger Sachwalter und als Sachwalter bezeichnet werde, und der dargestellten zeitlichen Abfolge die – verdeckte – Behauptung entnehmen, dass er (nach seiner Bestellung als vorläufiger Sachwalter) als (endgültiger) Sachwalter bestellt worden sei und anschließend als (endgültiger) Sachwalter entlassen oder ersetzt worden sei.
53Der Senat folgt auch unter Zugrundelegung der „Stolpe“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die sich nur mit offenen, aber mehrdeutigen Tatsachenbehauptungen befasst, weiterhin der vorstehend dargestellten, vom Bundesverfassungsgericht gebilligten (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 19. Februar 2004 – 1 BvR 417/98 –, juris) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine „zwischen den Zeilen“ verdeckt aufgestellte Aussage im Interesse des durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Meinungs- und Pressefreiheit nur unter engen Voraussetzungen anzunehmen ist, nämlich nur dann, wenn sie sich dem Leser als unabweisbare Schlussfolgerung aus dem Zusammenspiel der offen getätigten Aussagen aufdrängt (ebenso LG Hamburg, Urteil vom 1.10.2010, 324 – juris, abgedruckt in AfP 2011, 394 – 396; KG Berlin, Urteil vom 12.04.2012,10 U 127/11 - juris, Rdnr. 9; letzteres ohne unmittelbare Auseinandersetzung mit der „Stolpe“-Entscheidung).
54Dies ist hier nicht in dem von dem Verfügungskläger beanspruchten Sinn der Fall.
55Ein „unabweisbarer“ Eindruck, dass der Verfügungskläger mit dem Insolvenzeröffnungbeschluss zum endgültigen Sachwalter bestellt worden ist, nachträglich abberufen und durch einen neuen Sachwalter ersetzt worden ist, ergibt sich aus der angegriffenen Berichterstattung bereits deshalb nicht, weil eingangs der strittigen Passage von ihm als vorläufigen Sachwalter die Rede war. Die nachfolgende Bezeichnung als „Sachwalter“ wird der Durchschnittsleser als abkürzend, der Leser mit insolvenzrechtlichen Kenntnissen als ungenau verstehen. Der Satz, dass das Insolvenzgericht einige Wochen später statt des Verfügungklägers einen „neuen“ Sachwalter an Bord geholt hat, kann vor diesem Hintergrund durchaus richtig dahin verstanden werden, dass das Insolvenzgericht sich letztlich nicht für den ihm als vorläufigen Sachwalter „präsentierten“ Verfügungskläger, sondern eine andere Person als Sachwalter entschieden hat.
563.
57Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
58Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt entsprechend der erstinstanzlichen, unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung 30.000 €.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.
Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Rechtsanwalt und vertritt hauptsächlich Anleger, insbesondere Aktionäre, die sich durch Fehlinformationen vor wie nach dem Börsengang der jeweiligen Aktiengesellschaft geschädigt fühlen. Zur Zeit von Bemühungen des Gesetzgebers um einen verstärkten Anlegerschutz gab er "dpa" ein Interview, das in einen Artikel der Illustrierten "stern" eingeflossen ist.
- 2
- Nach der Veröffentlichung des genannten Artikels im "stern" erschien im "Effecten-Spiegel" (künftig: ES) Nr. 20/03 vom 8. Mai 2003 ein Artikel mit der Überschrift "R.: Bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen". Der Artikel lautete weiter: "ES warnte bereits x-fach vor sinnlosen Klagen. Bekanntlich hatte der ES schon x-fach Anleger davor gewarnt, sich von geldgierigen Anwälten in sinnlose Schadenersatzklagen hineinhetzen zu lassen. Man sollte nicht zusätzlich zu den erlittenen Kursverlusten gutes Geld schlechtem hinterherwerfen , wurde betont. Diese Einschätzung hat sich als treffend erwiesen. Nach einer Reihe von Skandalen am neuen Markt waren etliche Aktionäre vor Gericht gezogen. Doch sei es im Falle von EM.TV, sei es im Falle von ComROAD oder sei es Infomatec: Erfolg hatte kein einziger Kläger. Einer der Haupt-Initiatoren derartiger Schadenersatzklagen, Rechtsanwalt R., der rd. 500 EM.TV-Aktionäre vertritt, bestätigte jüngst sogar selbst gegenüber dem 'stern': Bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen. Warum dann die ständigen Aufrufe an die geprellten Aktionäre , sich irgendwelchen Schadenersatzklagen anzuschließen? Anwaltliche Abzockerei? Oder was sonst?"
- 3
- Die Beklagte ist Verlegerin des "ES".
- 4
- Der Kläger hat von der Beklagten Unterlassung der beanstandeten Berichterstattung begehrt. Die Klage hatte vor dem Landgericht Erfolg, weil der Kläger sich dem "stern" gegenüber unstreitig nicht geäußert habe. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision will der Kläger eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch nicht schon aufgrund der unrichtigen Quellenangabe zu. Die Abweichung der mitgeteilten Tatsache, dass der Kläger sich gegenüber dem "stern" geäußert habe, von der Wahrheit, wonach die Äußerung gegenüber "dpa" erfolgt sei, sei unwesentlich. Auch unter Berücksichtigung des vom Kläger selbst zu definierenden sozialen Geltungsanspruchs liege eine wertneutrale Falschdarstellung durch die Beklagte vor. Der Kläger habe durch das Interview gegenüber der Presseagentur "dpa" bewusst in Kauf genommen, dass dieses nicht nur in von ihm geschätzten Presseerzeugnissen zitiert werde. Mit einer Übernahme durch den "stern" habe er rechnen müssen. Der Kläger habe durch die Wahl eines anderen Interview-Partners das Erscheinen in bestimmten Presseerzeugnissen sicherstellen können. Dass seitens der Beklagten vor Veröffentlichung keine Nachfrage beim "stern" hinsichtlich des Interview-Partners erfolgt sei, sei nicht als Nachlässigkeit zu werten. Der "stern" sei nicht für unzuverlässige Quellenrecherchen bekannt. Der Bericht im "stern" habe weitestgehend der "dpa"Vorlage entsprochen. Der Kläger habe das abgedruckte Zitat auch tatsächlich gegenüber "dpa" geäußert. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei die Angabe der unrichtigen Zitatquelle im Bericht des "ES" nur eine völlig unbedeutende und wertneutrale Unrichtigkeit, die der Beklagten nicht zuzurechnen sei.
- 6
- Der von der Beklagten veröffentlichte Text sei inhaltlich zwar nicht identisch , enthalte aber keine den Sinn verändernde Abweichung gegenüber dem von "dpa" bzw. "stern" übernommenen Text. Im Übrigen enthalte der Text Meinungsäußerungen , die als solche durch die Meinungsfreiheit bzw. die Pressefreiheit inhaltlich gedeckt seien.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
- 8
- 1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt der Revision, dass die beanstandete Äußerung insoweit unrichtig ist, als der Kläger sich nicht gegenüber dem "stern" geäußert hat. Das hat das Berufungsgericht jedoch nicht verkannt. Es bejaht diese Abweichung ausdrücklich.
- 9
- a) Das Berufungsgericht hält die Abweichung zwischen der mitgeteilten Tatsache, dass der Kläger sich gegenüber dem "stern" geäußert habe, und der Wahrheit, wonach die Äußerung gegenüber "dpa" erfolgt ist, für unwesentlich. Demgegenüber meint die Revision, hierauf komme es nicht an, weil eine unwahre Tatsache jedenfalls nicht behauptet werden dürfe, wenn der Betroffene sich an der Falschmeldung störe, weil sie dem von ihm selbst zu definierenden sozialen Geltungsanspruch widerspreche. Dabei räumt die Revision ein, dass die Beklagte seinerzeit nicht etwa wider besseres Wissen verbreitet hat, der Kläger habe die Äußerung gegenüber dem "stern" abgegeben, sondern dass sie insoweit gutgläubig war. Deshalb ist zweifelhaft, ob dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht bereits der Gesichtspunkt fehlender Wiederholungsgefahr entgegensteht.
- 10
- Abschließender Beurteilung bedarf dies jedoch nicht, weil es an anderen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch fehlt. Insoweit berührt sich die Frage, ob die Abweichung ("stern") von der Wahrheit ("dpa") wesentlich ist, eng mit der Frage, ob der Kläger hierdurch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt ist. Das hat das Berufungsgericht unter den Umständen des Streitfalls mit Recht verneint. Maßgeblich ist nämlich in einem solchen Fall, ob gerade die Abweichung von der Wahrheit den Betroffenen in seinem sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigt. Vorliegend hätte es in dem beanstandeten Artikel korrekt heißen müssen, dass der Kläger das Zitat laut einer Mitteilung des "stern" selbst gegenüber "dpa" bestätigt habe. Wenn es demgegenüber heißt, dass er das Zitat selbst gegenüber dem "stern" bestätigt habe, berührt dies nicht den Inhalt der Äußerung des Klägers, sondern lediglich die Frage, wem gegenüber er sie abgegeben hat.
- 11
- Die Auffassung des Berufungsgerichts, die nicht korrekte Berichterstattung in diesem Punkt sei nicht geeignet, den Kläger verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen (vgl. BVerfGE 54, 148, 157 - Eppler), ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Kläger hat nicht nachvollziehbar dargetan, weshalb die wahrheitswidrige Behauptung, er habe gegenüber "stern" eine Äußerung abgegeben, eine rechtswidrige Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle. Das aber wäre Voraussetzung für die Annahme eines Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht, ohne die ein Anspruch auf Unterlassung der Äußerung nicht besteht. Auch wenn grundsätzlich keine unwahren Tatsachen verbreitet werden dürfen, kommt es für die Frage eines Unterlassungsanspruchs darauf an, ob in einer solchen Berichterstattung inhaltlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen liegt.
- 12
- Zwar ist hierbei zu beachten, dass der von einer Äußerung Betroffene seinen sozialen Geltungsanspruch und damit auch dessen Verletzung selbst definiert (vgl. BVerfGE aaO - Eppler; 99, 185, 194 - Helnwein; Wenzel/Burkhardt , Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rdn. 77). Die Behauptung, der Kläger habe eine Äußerung gegenüber dem "stern" abgegeben , betrifft jedoch weder die Privat-, Geheim- oder Intimsphäre des Klägers noch enthält sie ohne nähere Darlegung des Betroffenen erkennbar eine Ehrkränkung oder sonst eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
- 13
- Dem beanstandeten Artikel ist - entgegen der Ansicht der Revision - nicht zu entnehmen, dass der Kläger dem "stern" ein Interview gegeben habe. Die behauptete Bestätigung gegenüber dem "stern" kann auch in anderer Weise - etwa auf telefonische Anfrage - erfolgt sein. Die Befürchtung der Revision, der eine oder andere Leser des "ES" werde aus der unwahren Tatsache einer Äußerung des Klägers gegenüber dem "stern" Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Klägers ziehen und hierdurch werde dessen sozialer Geltungsanspruch beeinträchtigt, ist unter diesen Umständen eher fern liegend. Auch fehlt es an Vortrag des Klägers dazu, inwiefern sein Bild in der Öffentlichkeit durch die objektiv unwahre Behauptung überhaupt beeinträchtigt werde. Allein der Hinweis der Revision darauf, dass der Kläger den "stern" für ein "Boulevardblatt" halte, reicht hierfür nicht aus. Weiteren Vortrag des Klägers, wonach etwa seine Klientel gegen den "stern" eingestellt sei oder der Kläger in der Öffentlichkeit entschieden gegen den "stern" aufgetreten und damit eine Äußerung gegenüber diesem Blatt nicht in Einklang zu bringen wäre, zeigt die Revision nicht auf.
- 14
- 2. Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie einen Unterlassungsanspruch damit begründet, dass der streitgegenständliche Artikel das angebli- che Zitat in einen anderen Zusammenhang stelle als den, in dem es gefallen sei, und hierdurch dessen Sinn verzerre.
- 15
- a) Der Zitierte hat allerdings einen Anspruch darauf, dass seine Aussage an seinem Selbstverständnis, also daran gemessen wird, wie und in welchem Kontext er die Äußerung gemacht hat, und nicht daran, wie ein Teil der Leser die Äußerung (miss-)verstehen könnte, solange das Zitat als eindeutige, einer Interpretation nicht bedürftige Erklärung des Zitierten ausgegeben wird (BVerfGE 54, 155 - Eppler; 54, 208, 217 - Böll; BVerfG, NJW 1993, 2925, 2926 - BKA-Präsident; Löffler/Steffen, Presserecht, 4. Aufl., § 6 LPG Rdn. 200). Dagegen verstößt das Falschzitat jedoch nicht.
- 16
- b) Die Revision macht hierzu geltend, dass der Kläger den zitierten Satz "bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen" anlässlich geplanter Gesetzesänderungen geäußert und einen vorläufigen Zwischenstand hinsichtlich bereits laufender Verfahren wiedergegeben habe. Er habe zum Ausdruck gebracht, dass einerseits klagende Anleger noch keinen endgültigen Erfolg gehabt hätten, andererseits die Verfahren noch nicht beendet seien. Demgegenüber werde die Äußerung in dem Artikel als Beleg dafür angeführt, dass "geldgierige Anwälte" Anleger "in sinnlose Schadenersatzklagen hineinhetzen" und "anwaltliche Abzockerei" betrieben. Damit erwecke sie den Eindruck , der Kläger habe gewissermaßen zugegeben, dass die Warnungen der Beklagten vor geldgierigen Anwälten und sinnlosen Schadensersatzprozessen berechtigt seien. Auch damit hat die Revision keinen Erfolg.
- 17
- Das Verständnis des Berufungsgerichts von dem beanstandeten Artikel unterliegt zwar der Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 f. und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278), lässt aber keinen durchgreifenden Fehler erkennen. Die Feststellung des Berufungsgerichts, das Zitat sei zutreffend und unverändert wiedergegeben, entspricht dem Ergebnis der Beweisaufnahme und wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Das Berufungsgericht hat auch den Zusammenhang, in dem die Äußerung des Klägers zitiert wird, nicht sinnwidrig entstellt. Es hat die Textpassagen, die sich mit dem Kläger befassen, als zulässige, wenn auch zugespitzte Meinungsäußerung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage bewertet. Dem kann gefolgt werden, weil diese Meinungsäußerungen ("Abzockerei", "sinnlose Klagen", "geldgierige Anwälte" ) auch im Hinblick auf den Kläger keine bloße Diffamierung darstellen. Sie entbehren nicht des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Berichterstattung der Beklagten über die bislang erfolglosen Massenklagen. Sie beinhalten - anders als in dem entsprechenden Artikel im "ES" Nr. 22/03 (vgl. dazu im Rechtsstreit zwischen den selben Parteien den Beschluss des erkennenden Senats vom 15. November 2005 - VI ZR 197/04 - zu OLG München, Urteil vom 18. Mai 2004 - 18 U 5717/03 -) - eine noch hinzunehmende Kritik und sind nicht als bloße Schmähkritik (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; BVerfG, NJW 2004, 590, 591) zu unterlassen.
- 18
- 3. Nach allem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 17.12.2003 - 9 O 14936/03 -
OLG München, Entscheidung vom 13.07.2004 - 18 U 2505/04 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin zu 1 ist ein Großunternehmen. Der Kläger zu 2 war bis Ende 2005 Vorsitzender ihres Vorstands. Der Beklagte ist Aktionär der Klägerin zu 1 und Sprecher eines Aktionärsverbandes. Er hat sich wiederholt als Buchautor kritisch zu den Klägern geäußert.
- 2
- Am 28. Juli 2005 meldete die Klägerin zu 1, ihr Aufsichtsrat habe beschlossen , dass der Kläger zu 2 zum 31. Dezember 2005 aus dem Unternehmen ausscheide. Am gleichen Tag wurde in der - auch in Hamburg zu empfan- genden - Fernsehsendung "SWR-Landesschau" ein mit dem Beklagten geführtes Interview ausgestrahlt, in dem dieser unter anderem folgende Äußerungen machte: "Frage: Was für viele ja den Rücktritt hier fast schon sympathisch macht, ist die Tatsache, dass er überhaupt keine Abfindungen annimmt, da er kein Geld möchte, obwohl er ja eigentlich vertraglich den Anspruch hätte. Gibt es da eine Erklärung? Antwort des Beklagten: Jetzt muss man mutmaßen, aber wenn Sie Herrn S. [den Kläger zu 2] kennen, da gibt es nun Fälle, wo ich denke, jemand will Millionen, man schätzt er hat zwischen 5 und 7 Millionen Euro pro Jahr verdient, er nun durchaus darauf Wert gelegt hat, dass man ja auch die Kleinigkeiten im Leben gezahlt hat, dann kann man nicht sagen, dass der S. unbedingt so orientiert ist, dass er gerne auf das Geld verzichtet. Es gibt meines Erachtens andere Dinge, die im Raume stehen und die jetzt geklärt werden müssen in den nächsten Monaten. Ich glaube nicht, dass der Rücktritt freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde. Aufsichtsratsbörse, Aktionäre, alle wichtigen Partner hat er nun verloren, die Rückendeckung verloren, und das muss damit zusammenhängen , dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat."
- 3
- Das Landgericht hat dem Antrag der Kläger stattgegeben, folgende Äußerungen zu untersagen: "a) Ich glaube nicht, dass der Rücktritt (des Klägers zu 2 als Vorsitzender des Vorstands der Klägerin zu 1) freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde.
b) … und das muss damit zusammenhängen, dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat."
- 4
- Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ist zurückgewiesen worden. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen den Klägern die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog zu, weil die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen den Kläger zu 2 in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und die Klägerin zu 1 in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletze.
- 6
- Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Äußerungsteile "Ich glaube nicht, dass der Rücktritt … freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde." als Tatsachenbehauptungen einzuordnen. Die einleitenden Worte "Ich glaube nicht, …" und "Ich glaube, …" verliehen der Äußerung nicht den Charakter einer Bewertung. In Betracht käme deshalb allenfalls eine Einordnung der Äußerungen als - zulässige - Verdachtsäußerungen. Jedoch seien die insoweit zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt. Es sei davon auszugehen, dass die beanstandeten Behauptungen unwahr seien, weil der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte weder dargetan noch Beweis dafür angetreten habe, dass der Kläger zu 2 nicht freiwillig den Rücktritt erklärt habe und dass er dazu gedrängt oder genötigt worden sei.
- 7
- Die Äußerung "… und das muss damit zusammenhängen, dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat." habe das Landgericht zu Recht als Meinungsäußerung eingestuft, aber als unzulässige Schmähkritik untersagt. Der Beklagte habe für seine Kritik keine Anknüpfungspunkte dargelegt. In einem solchen Fall müsse, da die Aussage - weil jeder tatsächlichen Grundlage entbehrend - nur der Kränkung und Demütigung der Kläger zu dienen bestimmt gewesen sei, die Meinungsfreiheit hinter dem Schutz der Persönlichkeit der Kläger zurücktreten.
- 8
- Der Beklagte könne sich zur Rechtfertigung seiner Äußerungen auch nicht darauf berufen, dass er Presseberichte guten Glaubens aufgegriffen habe. Hinsichtlich seiner Behauptung, er glaube, dass der Kläger zu 2 nicht freiwillig zurückgetreten sei, fehle es an Presseberichten zum Zeitpunkt seiner Äußerungen , weil solche erst an den Tagen nach dem Interview veröffentlicht worden seien. Zudem habe der Beklagte eine Biografie über den Kläger zu 2 verfasst und sei deshalb keine unkundige Person gewesen. Hinsichtlich seiner Kritik, die Geschäfte des Klägers zu 2 seien "nicht immer so sauber" gewesen, enthielten die vorgelegten Presseberichte keine Fakten.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
- 10
- Diese rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht die Ausführungen des Beklagten zu Unrecht teilweise als Tatsachenbehauptungen eingestuft sowie die Anforderungen an das Vorliegen einer Schmähkritik verkannt hat. Deshalb hat es die gebotene Abwägung zwischen dem Recht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und dem Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen der Kläger, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senatsurteile vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279 m.w.N.; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 10), nicht vorgenommen.
- 11
- 1. a) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach ständiger Rechtsprechung der Ermittlung des vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 11). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (vgl. Senatsurteile vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842, 843; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06 - VersR 2009, 365 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO). Dabei ist zu beachten, dass sich der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt , soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, sowie auf Äußerungen , in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 12; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07 - VersR 2008, 971 Rn. 16; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO).
- 12
- b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Aussagegehalts nicht beachtet, was revisionsrechtlich in vollem Umfang zur Überprüfung steht (vgl. Senatsurteile vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 m.w.N.; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - aaO, Rn. 11; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 12). Entgegen seiner Auffassung sind auch die von ihm als Tatsachenbehauptungen eingestuften Äußerungsteile dem Schutz des Art. 5 GG zu unterstellen, weil es sich bei Berücksichtigung des Gesamtkontextes um Äußerungen handelt, die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden.
- 13
- aa) Es ist zwar richtig, dass sich alleine aus den einleitenden Worten "Ich glaube nicht, …" bzw. "Ich glaube, …" nicht der Charakter einer Bewertung ergibt , die dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG unterliegt. Solche Formulierungen stehen ebenso wie die Formulierungen "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" , "sollen angeblich", "ich meine, dass" oder "offenbar" der Qualifizierung als Tatsachenbehauptungen nicht prinzipiell entgegen. Der Ansehensschutz würde leerlaufen, wenn es der Äußernde in der Hand hätte, allein durch solche Einschübe aus seinen Tatsachenbehauptungen zivilrechtlich weniger angreifbare Meinungsäußerungen zu machen (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07 - VersR 2008, 971 Rn. 18 m.w.N.).
- 14
- bb) Aus dem Gesamtzusammenhang des Interviews, in dem die streitigen Äußerungen gefallen sind, ergibt sich aber, dass es sich insgesamt um Äußerungen handelt, die dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG zu unterstellen sind. In dem Interview hat der Beklagte nicht nur durch die Worte "ich glaube" deutlich gemacht, dass er auf die Frage des Reporters nur seine Meinung zu dem Vorfall kundgeben wolle. Vielmehr hat er bereits am Anfang seiner Antwort klargestellt, dass er "mutmaßen" müsse. Zudem hat er darauf hingewiesen, dass Dinge im Raum stünden, die "in den nächsten Monaten" geklärt werden müssten. Er hat die Entwicklung des Unternehmens während der Vorstandstätigkeit des Klägers zu 2 als Grundlage genommen, diesen zu charakterisieren.
- 15
- 2. Dies gilt - wie von den Instanzgerichten zutreffend angenommen - auch hinsichtlich des im Tenor unter b) untersagten Äußerungsteils, "… dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren". Die Beurteilung eines Vorgangs anhand rechtlicher oder sittlicher Maßstäbe wird nicht anders als die Äußerung von Rechtsmeinungen grundsätzlich als eine ganz überwiegend auf Wertung beruhende subjektive Beurteilung des Äußernden angesehen. Dies gilt in der Regel selbst für Fallgestaltungen, in denen ein Vorgang als strafrechtlich relevanter Tatbestand eingestuft wird (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 und - VI ZR 255/80 - VersR 1982, 906, 907; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 15). Der hier verwendete wertende Begriff "sauber" ist derart substanzarm, dass sich ihm eine konkret greifbare Tatsache nicht entnehmen lässt (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008 Rn. 14).
- 16
- 3. Um die Zulässigkeit der angegriffenen Äußerungen zu beurteilen, sind mithin hinsichtlich der beiden untersagten Äußerungsteile grundsätzlich die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichti- gen sind (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 17, jeweils m.w.N.). Diese Abwägung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, weil es den unter a) untersagten Äußerungsteil als Tatsachenbehauptung eingestuft und deshalb dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Wahrheit seiner Aussage auferlegt und in dem unter b) untersagten Äußerungsteil eine unzulässige Schmähkritik gesehen hat. Entgegen dieser Auffassung ist jedoch eine Abwägung erforderlich, weil beide Äußerungsteile vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst werden und keine unzulässige Schmähkritik vorliegt.
- 17
- a) An die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässiger Weise verkürzt würde (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - aaO, Rn. 15; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 18 m.w.N.). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, nimmt die Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähung an (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07 - VersR 2008, 357 Rn. 22; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/96 - aaO; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO).
- 18
- b) Im Streitfall ist hinsichtlich beider Äußerungsteile ein sachlicher Bezug anzunehmen.
- 19
- Der Rücktritt des Klägers zu 2 und die Frage, ob dieser freiwillig zurückgetreten ist, waren von großem öffentlichem Interesse. Dies zeigt nicht nur der Umstand, dass sich die SWR-Landesschau am Tag des Rücktritts mit dieser Frage beschäftigte, sondern ergibt sich auch aus den vom Beklagten vorgelegten Presseberichten, die an den Tagen nach dem Interview veröffentlicht wurden. Der Beklagte hat sich mithin zu einem Sachthema von erheblichem öffentlichem Interesse geäußert, wobei nicht die Herabsetzung der Person des Klägers zu 2 im Vordergrund stand.
- 20
- Eine Herabsetzung des Klägers zu 2, in einer Weise, dass dieser gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, ergibt sich auch nicht aus dem zweiten angegriffenen Äußerungsteil. Die Formulierung "das muss damit zusammenhängen , dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat" stellt keine Formalbeleidigung dar. Die Formulierung ist nicht mit dem Vorwurf illegaler Geschäfte gleichzusetzen, sondern als weiter gefasster Vorwurf missbilligenswerter Geschäftspraktiken zu verstehen, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend angenommen hat. Diese Bewertung hat der Beklagte nicht isoliert vorgenommen, sondern im Zusammenhang mit dem Umstand , dass der Kläger zu 2 vorzeitig ohne eine Abfindung zurückgetreten ist. Da dies aus Sicht des Beklagten mit der Persönlichkeitsstruktur des Klägers zu 2 nicht in Einklang zu bringen ist, zog er die angegriffenen Schlussfolgerungen. Vor diesem Hintergrund kann der Äußerung des Beklagten ein Sachbezug nicht abgesprochen werden.
- 21
- 4. Bei der hiernach gebotenen Abwägung fällt zugunsten der Kläger ins Gewicht, dass die beanstandeten Äußerungen geeignet sind, sie in ihrem öffentlichen Ansehen zu beeinträchtigen und möglicherweise auch ihre geschäftliche Tätigkeit zu erschweren. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der verwendete Begriff "sauber" ein bloß pauschales Urteil enthält, bei dem der tat- sächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurücktritt und die Abwägung nicht beeinflusst (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - aaO; BVerfGE 61, 1, 9 f.; BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1711). Zudem ist zugunsten der Meinungsfreiheit des Beklagten zu beachten, dass an der Bewertung der Geschäftstätigkeit des Vorstandsvorsitzenden eines deutschen Großunternehmens und dessen vorzeitigem Rücktritt ein großes öffentliches Interesse besteht und es sich um eine Berichterstattung über die berufliche Sphäre bzw. einen Vorgang im Wirtschaftsleben handelt. Dabei muss ein solches Unternehmen eine genaue Beobachtung seiner Handlungsweise in der Öffentlichkeit hinnehmen. Deshalb sind die Grenzen zulässiger Kritik ihm gegenüber ebenso wie gegenüber ihren Führungskräften weiter gezogen (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05 - VersR 2007, 511, 512; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/ Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 - Fayed/ Vereinigtes Königreich).
- 22
- Es ist allgemein bekannt und lässt sich den vorgelegten Presseberichten entnehmen, dass der Kläger zu 2 aufgrund seiner Geschäftstätigkeit in der Öffentlichkeit sehr kritisiert worden ist. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass während der Leitung des Unternehmens durch den Kläger zu 2 ein Börsenwertverlust in Höhe von 35 Mrd. € sowie eine Drittelung des Aktienkurses eingetreten und zahlreiche Mitarbeiter entlassen worden seien. Da die Kläger keine Begründung für das Ausscheiden gegeben haben und der Kläger zu 2 auch keine Abfindung erhalten hat, war der Weg für Spekulationen über die Gründe des Rücktritts eröffnet. Bei der gebotenen Gesamtabwägung aller Umstände stellen sich die Äußerungen des Beklagten in einem Interview am Tage des Rücktritts - auch unter Berücksichtigung seiner Vorkenntnisse über das Unternehmen und einen möglicherweise bevorstehenden Rücktritt des Klägers zu 2 - mithin als noch zulässig und damit nicht als rechtswidrig dar. Wollte man in einem solchen Fall eine Äußerung der vorliegenden Art unterbinden , wäre eine spontane öffentliche Diskussion aktueller Ereignisse von besonderem Öffentlichkeitsinteresse - auch unter Würdigung des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen - in einer mit Art. 5 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Weise erschwert.
- 23
- 5. Da die zu beurteilenden Tatsachen feststehen und somit eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich ist, kann der Senat aufgrund seiner eigenen Abwägung abschließend entscheiden. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge der §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO abzuweisen. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
LG Hamburg, Entscheidung vom 19.01.2007 - 324 O 283/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 18.12.2007 - 7 U 18/07 -
(1) Der Zeuge, der das Zeugnis verweigert, hat vor dem zu seiner Vernehmung bestimmten Termin schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle oder in diesem Termin die Tatsachen, auf die er die Weigerung gründet, anzugeben und glaubhaft zu machen.
(2) Zur Glaubhaftmachung genügt in den Fällen des § 383 Nr. 4, 6 die mit Berufung auf einen geleisteten Diensteid abgegebene Versicherung.
(3) Hat der Zeuge seine Weigerung schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle erklärt, so ist er nicht verpflichtet, in dem zu seiner Vernehmung bestimmten Termin zu erscheinen.
(4) Von dem Eingang einer Erklärung des Zeugen oder von der Aufnahme einer solchen zum Protokoll hat die Geschäftsstelle die Parteien zu benachrichtigen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.