Oberlandesgericht Köln Urteil, 10. Nov. 2015 - 15 U 97/15
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 3.6.2015 (28 O 466/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin macht gegen die Beklagte Unterlassungs- und Entschädigungsansprüche aufgrund der Veröffentlichung zweier Bilder geltend, die am 24.7.2014 in der Zeitung „C“ bzw. am 23.7.2014 auf www.C-C2.de im Rahmen eines Artikels über eine mögliche Schwangerschaft der Klägerin erschienen sind. Hinsichtlich der erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie der gestellten Anträge wird Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 71 d.A.) genommen.
4Mit Urteil vom 3.6.2015 hat das Landgericht der Klage im Hinblick auf den Unterlassungsantrag in vollem Umfang und im Hinblick auf den Entschädigungsantrag über 15.000 Euro teilweise, nämlich in Höhe von 7.500 Euro stattgegeben. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, es bestehe zwar durchaus ein öffentliches Informationsinteresse hinsichtlich der Schwangerschaft einer bekannten Schauspielerin, wie es die Klägerin sei. Dennoch sei im Rahmen der Abwägung ein überwiegendes Interesse der Klägerin an der Wahrung ihrer Privatsphäre anzuerkennen. Der Inhalt der Berichterstattung beschränke sich auf Spekulationen über eine bestehende Schwangerschaft und lasse keinen Beitrag zu einer allgemein interessierenden Sachdebatte erkennen. Eine Schwangerschaft zähle zum Kernbereich der Privatsphäre, womit die Entscheidung über Mitteilung von Details allein der Klägerin vorbehalten sei. Auch die Umstände, unter denen die streitgegenständlichen Bilder zustande gekommen seien, ändere an dieser Abwägung nichts. Denn der Trailerbereich, in dem die Klägerin fotografiert worden sei, gehöre nicht zum Drehort, sondern stelle einen Rückzugsbereich für die Schauspieler in den Pausen zwischen den Dreharbeiten dar, wo sie – auch ohne die Existenz besonderer Absperr- oder Sicherungsmaßnahmen – nicht mit der Anfertigung von Fotos rechnen müssten. Soweit der Beginn der Dreharbeiten in der Presse angekündigt worden sei und die Klägerin über Facebook Bilder bzw. Mitteilungen von den Dreharbeiten geschickt und ihre Fans über ein Gewinnspiel informiert habe, bei dem ein Besuch „des Sets“ zu gewinnen sei, habe sie damit keine Selbstöffnung vorgenommen, die eine Bildberichterstattung über ihre Schwangerschaft rechtfertige. Eine Geldentschädigung sei in Höhe von 7.500 Euro angemessen, weil mit der Erörterung der von der Klägerin geheim gehaltenen Schwangerschaft in einer breiten Öffentlichkeit eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliege. Da auch der Beklagten unstreitig bekannt gewesen sei, dass die Klägerin darauf achte, sämtliche Details ihres Privatlebens aus der Öffentlichkeit herauszuhalten, sei die Zahlung einer Geldentschädigung aus dem Gesichtspunkt der Genugtuung und der Prävention angezeigt.
5Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Abweisungsantrag weiter. Sie ist der Ansicht, die Klägerin habe sich bei Anfertigung der streitgegenständlichen Bilder nicht im räumlichen Schutz der Privatsphäre befunden, weil der Aufenthalt im Bereich der Trailer zu ihrer beruflichen Tätigkeit und damit zu ihrer Sozialsphäre gehöre. Allenfalls für den Bereich im Innenraum der Trailer könne ein geschützter Raum im Sinne eines Rückzugsortes bejaht werden. Auch dadurch, dass die Klägerin den Fans ein Gewinnspiel mit Einblicken „hinter die Kulissen“ angekündigt habe, werde deutlich, dass der Trailerpark grundsätzlich der Öffentlichkeit geöffnet sei. Die Beklagte macht geltend, da ein Kollege der Klägerin kurz vor Aufnahme des streitgegenständlichen Fotos bei einem Fototermin in der Öffentlichkeit eine „beschützende Hand“ auf den Bauch der Klägerin gelegt habe, wären die bestehenden Gerüchte um eine Schwangerschaft von ihr selbst bestätigt worden. Eine Entschädigung sei nicht gerechtfertigt, weil es sich jedenfalls nicht um einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin handele. Aufgrund des offen zugänglichen Bereichs rund um die Trailer habe jeder vorbeigehende Passant die Klägerin mit Babybauch wahrnehmen können. Auch werde mit Vermutungen über eine Schwangerschaft keine Ehrverletzung begangen, sondern ein durchaus erfreuliches Ereignis beschrieben. Im Hinblick auf den geringen Verbreitungsgrad der Berichterstattung und den fehlenden Vorsatz sei die Summe der Entschädigung zu hoch. Die Beklagte behauptet erstmals in der Berufungsbegründung, die Klägerin habe sich zu einem Zeitpunkt nach der streitgegenständlichen Berichterstattung in sichtbar schwangerem Zustand auf dem roten Teppich gezeigt.
6Die Beklagte beantragt,
7unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 3.6.2015 (28 O 466/14) die Klage abzuweisen.
8Die Klägerin beantragt,
9die Berufung zurückzuweisen.
10Sie vertieft ihre erstinstanzlichen Ausführungen und verteidigt die angefochtene Entscheidung. Ihre Sozialsphäre sei schon deshalb nicht betroffen, weil die Aufnahmen sie eben nicht bei den Dreharbeiten, sondern in einer Pause zeigten, in der sie sich auf dem Weg von der Maske zu ihrem Trailer befinde. Darüber hinaus habe der Schutz der Privatsphäre nicht nur eine räumliche, sondern auch eine thematische Dimension, welche durch Spekulationen über eine bestehende Schwangerschaft betroffen sei. Während sie sich im Rahmen der Dreharbeiten durch weite Kleidung oder vor den Bauch gehaltene Gegenstände vor entsprechenden Blicken geschützt habe, habe sie bei ihrem Gang durch den Trailerpark nicht mit Fotos gerechnet und auch nicht rechnen müssen. Eine örtliche Abgeschiedenheit sei für den Privatsphärenschutz nicht (mehr) erforderlich. Die Klägerin bestreitet, dass sie sich zeitlich nach der streitgegenständlichen Berichterstattung bei einer anderen Gelegenheit auf einem roten Teppich in sichtbar schwangerem Zustand gezeigt habe und rügt den entsprechenden Vortrag der Beklagten als verspätet.
11II.
12Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, da das Landgericht die Beklagte zu Recht zur Unterlassung der Bildveröffentlichung sowie zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 7.500 Euro verurteilt hat.
131. Die Berufung bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die im angefochtenen Urteil ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung richtet. Denn das Landgericht hat zu Recht einen Unterlassungsanspruch der Klägerin entsprechend § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 823 Abs.1 BGB bzw. i.V.m. §§ 823 Abs. 2 BGB, 22, 23 KUG gegenüber einer erneuten Veröffentlichung/Verbreitung der streitgegenständlichen Bilder bejaht, da keine Einwilligung der Klägerin vorliegt und die Berichterstattung, wenn sie überhaupt ein zeitgeschichtliches Ereignis betrifft, jedenfalls bei Abwägung mit den Interessen der Klägerin nach § 23 Abs. 2 KUG nicht gerechtfertigt ist.
14Im Einzelnen:
15a. Die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen, wonach Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden dürfen (§ 22 S. 1 KUG). Hiervon besteht gemäß § 23 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, sofern berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden. Dabei erfordert schon die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits (vgl. BVerfGE 120, 180; BGH [Urt. v. 1.7.2008 – VI ZR 243/06] NJW 2008, 3138). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen, wobei dieser Begriff zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen ist. Er umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Eine Wertung dergestalt, ob es sich um einen „niveauvollen“ oder „wertvollen“ Beitrag zu einer Frage von allgemeiner Bedeutung handelt, darf das Gericht nicht vornehmen. Zum Kern der Meinungsäußerungsfreiheit der Presse gehört, dass die Medien nach eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses für wert halten und was nicht. Diese grundrechtliche Gewährleistung umfasst auch die Abbildung von Personen, ohne dass dies von der Eigenart oder dem Niveau der Berichterstattung abhängt. Dabei können gerade prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen und so ein Informationsinteresse begründen.
16Allerdings besteht ein solches Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Nicht alles, wofür sich die Menschen aus Langeweile, Neugier oder Sensationslust interessieren, rechtfertigt eine Darstellung in der breiten Medienöffentlichkeit (vgl. BGH, [Urt. v. 1.7.2008 – VI ZR 243/06], NJW 2008, 3138). Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser befriedigen. Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist dabei im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, und unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln. Daneben sind der Anlass der Bildberichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Zu berücksichtigen ist ferner, ob bei der Presseberichterstattung die Abbildung eines anlässlich eines zeitgeschichtlichen Ereignisses gefertigten Fotos nur zum Anlass für Ausführungen über eine Person genommen wird oder die Berichterstattung nur dazu dient, einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt; in solchen Fällen ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen (BGH, Urt. v. 9.3.2004 – VI ZR 217/03, BGHZ 158, 218; BGH, Urt. v. 9.2.2010 – VI ZR 243/08, juris Rn. 34 m.w.N.).
17b. Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze stellt sich die Veröffentlichung der beanstandeten Fotos, in welche die Klägerin unstreitig nicht eingewilligt hat, als unzulässig dar. Die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Beklagten und dem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin in der Ausprägung ihres Rechts am eigenen Bild und auf Achtung ihrer Privatsphäre ergibt, dass es sich vorliegend schon nicht um Bildnisse der Zeitgeschichte handelt und zwar auch nicht im Zusammenhang mit der Wortberichterstattung.
18aa. Der Gegenstand der Bildberichterstattung durch die Beklagte betrifft den Kernbereich der Privatsphäre der Klägerin, da eine bestehende Schwangerschaft bildlich (erkennbar) dargestellt wird. Das Vorliegen einer Schwangerschaft ist eine rein private und höchstpersönliche Angelegenheit, die – jedenfalls in dem frühen Stadium, in dem die Klägerin sich im Zeitpunkt der Aufnahme befand – den Blicken der Öffentlichkeit üblicherweise entzogen ist. Auch wenn die Klägerin als prominente Schauspielerin der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bietet sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllt und sich daraus ein Informationsinteresse begründen kann, ist dies im vorliegenden Fall allenfalls äußerst schwach ausgeprägt. Vielmehr überwiegt der Eindruck, dass die Berichterstattung der Beklagten kaum über die bloße Befriedigung von Neugier der Leserschaft hinausgeht. Weder der Bildberichterstattung (Abbildung der Klägerin mit „Babybäuchlein“) noch der Wortberichterstattung ist zu entnehmen, dass eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert wird, um den Informationsanspruch des Publikums zu erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beizutragen. Die Bilder beschränken sich auf die Darstellung der schwangeren Klägerin und damit einer Darstellung eines Themas, welches die Privatsphäre der Klägerin betrifft, denn die Frage, ob eine Schwangerschaft besteht und wann diese (wenn überhaupt) der Öffentlichkeit mitgeteilt wird, haben allein die Eltern zu treffen und nicht ein Presseorgan.
19Auch die begleitende Wortberichterstattung, in deren Kontext der Informationsgehalt der Bildberichterstattung zu bestimmen ist, weist – wenn überhaupt – nur einen schwachen Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis auf. Neben der reinen Befriedigung der Neugier der Leser mit Angaben über die Klägerin und weiteren Spekulationen über das Vorliegen einer Schwangerschaft streift die Wortberichterstattung lediglich am Rande ein Thema von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, indem die persönliche Ansicht der Klägerin zu einem Aspekt der Kindererziehung zitiert wird. Allerdings wird dieses Zitat und die darin zum Ausdruck kommende Einstellung der Klägerin („... wichtig ist nur, Kind sein zu dürfen und sich geliebt zu fühlen“) in der Wortberichterstattung weder näher erörtert noch wird eine Beziehung zur Bildberichterstattung erkennbar. Vielmehr wird durch die Wiedergabe eines isolierten Zitats deutlich, dass die Beklagte lediglich einen Anlass für eine Abbildung der Klägerin und eine damit verbundene Verbreitung des bildlichen Beweises über die bestehende Schwangerschaft schaffen wollte. Andere mögliche Themen, wie beispielsweise die Vereinbarkeit des Berufs der Klägerin mit einer Schwangerschaft (vgl. insoweit die Entscheidung des OLG München – 18 U 2770/13 – zur ersten Schwangerschaft der Klägerin, Bl. 37 AH) oder die Auswirkungen der Schwangerschaft auf künftige Drehtermine oder Filme der Klägerin, die zumindest in die Nähe einer sachbezogenen Diskussion hätten führen können, werden in der Wortberichterstattung nicht thematisiert.
20bb. Soweit die Beklagte geltend macht, die Klägerin könne sich aufgrund der Umstände, unter denen die streitgegenständlichen Fotos gemacht wurden, nicht auf den Schutz ihrer Privatsphäre berufen, greift dies nicht durch. Dies folgt schon aus der Erwägung, dass die Privatsphäre sowohl eine räumliche als auch eine thematische Komponente hat. Da die Frage einer bestehenden und noch nicht eindeutig optisch wahrnehmbaren Schwangerschaft jedenfalls thematisch dem Kernbereich der Privatsphäre zuzuordnen ist und die Entscheidung über Äußerungen zu diesem Thema und/oder Veröffentlichung entsprechender Fotos allein den Eltern zusteht, kommt es bereits nicht mehr auf die Frage an, ob gleichzeitig auch die räumliche Komponente der Privatsphäre deshalb betroffen ist, weil der Trailerpark nicht als Raum der Berufsausübung, sondern als privater Rückzugsort einzustufen ist. Selbst wenn nämlich der Weg der Klägerin von der Maske zu ihrem Trailer in räumlicher Hinsicht der Sozialsphäre zugeordnet werden würde, weil sie dort genauso wie am eigentlichen Drehort davon ausgehen musste, beobachtet oder fotografiert zu werden, so betreffen die Bilder bzw. die dazugehörende Berichterstattung eben gerade nicht die Berufsausübung der Klägerin im Sinne einer Darstellung der Dreharbeiten oder ihrer (beruflichen) Tätigkeiten zwischen Maske und Textlernen, sondern einen rein privaten Umstand, welcher sich auf dem Weg der Kläger zu ihrer Arbeitsstelle nur zufällig visuell darstellen ließ.
21Aus diesem Grunde kann auch dahinstehen, ob der Bereich zwischen Maske und Trailer der Klägerin, mag ihm auch ein enger Bezug zur beruflichen Tätigkeit der Klägerin zuzubilligen sein, tatsächlich auch räumlich der Sozialsphäre zuzuordnen ist. Dies dürfte gerade im vorliegenden Fall zweifelhaft sein: Es ist zwar nicht in Abrede zu stellen, dass die Klägerin während der Dreharbeiten durchaus damit rechnen muss, dass Fans oder Pressevertreter den Drehort aufsuchen, um sie dort zu beobachten oder auch Fotos von ihr zu machen. Es dürfte in der heutigen Zeit auch eher als wahrscheinlich gelten, dass Fans und Presse darüber hinaus auch versuchen, sich zu solchen Bereichen des Filmgeschehens Zugang zu verschaffen, die wie der Trailerpark nicht zum unmittelbaren Drehort gehören, womit die dort sich aufhaltenden Schauspieler auch in diesem Bereich mit öffentlicher Beobachtung zu rechnen haben. Allein durch diesen Umstand verlieren diese Bereiche, in denen sich beispielsweise Aufenthaltsräume für die Schauspieler, Catering oder Maske befinden, aber auch dann nicht ihren Charakter als Rückzugsbereich, wenn sie nicht gesondert abgesperrt oder bewacht werden. Denn ansonsten hätte es die Öffentlichkeit bzw. die Presse in der Hand, ihre Zugriffsmöglichkeiten durch ungerechtfertigte Maßnahmen des Beobachtens und Nachstellens in immer weiterem Maße auszudehnen.
22cc. Die Klägerin hat im Rahmen der Pressemeldungen zum Drehbeginn oder dem auf Facebook angekündigten Gewinnspiel für die Fans auch keine Selbstöffnung vorgenommen, die die streitgegenständliche Bildberichterstattung durch die Beklagte erlauben würde. Denn in diesen Meldungen wurde weder eine Schwangerschaft der Klägerin überhaupt thematisiert noch enthält die Mitteilung, wann und wo Dreharbeiten zum neuen Film der Klägerin stattfinden, eine Einladung dahingehend, die Klägerin bei dieser Gelegenheit zu fotografieren, um Details aus ihrer Privatsphäre in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Fan-Besuch am Set im Rahmen eines Gewinnspiels offeriert wurde und damit hinsichtlich Zeit und Dauer konkret festgestanden hätte, was der Klägerin wiederum die Möglichkeit eröffnet hätte, durch weite Kleidung o.ä. auf die „Augen der Öffentlichkeit“ vorbereitet zu sein. Soweit die Beklagte schließlich behauptet, die Klägerin habe sich durch Auftritte auf dem roten Teppich zu ihrer Schwangerschaft selbst bestätigt, kann auch insoweit eine Selbstöffnung nicht festgestellt werden: Hinsichtlich der Begebenheit, dass ein Kollege der Klägerin dieser bei einem Auftritt die Hand auf den Bauch legte, hat die Klägerin von der Beklagten unbestritten vorgetragen, dass diese Geste gegen ihren Willen erfolgte und sie sich der Situation unmittelbar zu entziehen versucht hat. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen hat, die Klägerin habe sich nach der streitgegenständlichen Veröffentlichung in erkennbar schwangerem Zustand in der Öffentlichkeit gezeigt, ist diese von der Klägerin bestrittene Behauptung wegen Verspätung unbeachtlich.
23Gemessen an der Intensität des mit der Veröffentlichung des Fotos verbundenen Eingriffs in die Privatsphäre der Klägerin hat insofern das damit wahrgenommene (allenfalls marginale) öffentliche Berichterstattungsinteresse der Beklagten eine geringere Gewichtung und muss zurückzutreten.
24c. In Ansehung der vorstehenden Erwägungen ist die Veröffentlichung der Fotos wegen der entgegenstehenden berechtigten Interessen der Klägerin zudem unverhältnismäßig, so dass deren Veröffentlichung jedenfalls nach § 23 Abs. 2 KUG rechtswidrig ist.
252. Soweit das Landgericht der Klägerin des Weiteren eine Entschädigung in Höhe von 7.500 Euro zugesprochen hat, bleibt die Berufung ebenfalls ohne Erfolg. Denn es handelt sich vorliegend um eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung, die auf einem Verschulden der Beklagten beruht und durch das Unterlassungsbegehren nicht vollständig ausgeglichen wird, so dass bei der gebotenen Gesamtabwägung ein unabwendbares Bedürfnis für eine Entschädigung besteht.
26a. Soweit die Beklagte geltend macht, eine Entschädigung scheitere schon daran, dass keine nicht erweislichen Vorwürfe oder gezielte Diffamierungen über die Klägerin verbreitet worden seien und sie auch nicht in anderer Art und Weise ehrverletzend dargestellt worden sei, greift dies nicht durch. Zwar ist zutreffend, dass die Klägerin auf den Fotos optisch vorteilhaft abgebildet ist und auch der Gegenstand der Berichterstattung keine Diffamierung oder Ehrverletzung beinhaltet, sondern ein „freudiges Ereignis“. Da die Entschädigung für Persönlichkeitsrechtsverletzungen aber kein billiger Ausgleich für erlittene Unbill im Sinne eines Schmerzensgeldes nach § 847 BGB ist, sondern ein Anspruch, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1, 2 Abs. 1 GG zurückgeht, weil ohne einen solchen Anspruch Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts häufig ohne Sanktion bliebe und der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde, steht der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers sowie die Präventionswirkung im Vordergrund (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.1995 – VI ZR 223/94, juris Rn. 14).
27b. Abweichend von der Ansicht der Beklagten ist vorliegend auch eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung als notwendige Voraussetzung einer Geldentschädigung zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes besteht die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild darin, dass dem Verletzten gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen. Daraus folgt, dass in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind (vgl. BGH, Urt. v. 5.10.2004 – VI ZR 255/03, juris Rn. 24 m.w.N.; BGH, Urt. v. 12.12.1995 – VI ZR 223/94, juris Rn. 13). Der Bundesgerichtshof hat diese Grundsätze an einem Fall entwickelt, in welchem die einzelne Bildveröffentlichung jeweils für sich betrachtet nicht als schwerwiegend einzustufen war, jedoch eine wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild vorlag, die um des wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgte.
28Der Senat sieht eine solche schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung auch im vorliegenden Fall als gegeben an, auch wenn es keine wiederholte, sondern nur eine einmalige Verletzung des Rechts am eigenen Bild gab. Denn unabhängig davon und von der Art der bildlichen Darstellung, liegt der Kern des gegen die Beklagte gerichteten Vorwurfs in dem von ihr bewusst vorgenommenen Geheimnisverrat und dem Eingriff in den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Indem die Beklagte die zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht ohne weiteres wahrnehmbare Schwangerschaft publik gemacht hat, hat sie ein Geheimnis offenbart, bei dem die Entscheidung über das Ob und Wann der öffentlichen Mitteilung allein der Klägerin zusteht. Vorliegend ist daher nicht die (durchaus positive) Art der Darstellung der Klägerin auf dem Foto entscheidend, sondern der Umstand, dass die Beklagte mittels dieses Fotos ein Geheimnis der Klägerin aus dem Kernbereich ihrer Privatsphäre offenbar gemacht hat, welches ohne die in einem unbeobachteten Moment gefertigte Aufnahme noch weitere Zeit von der Klägerin durch Wahl entsprechender Kleidung hätte geheim gehalten werden können. Der Eingriff in den Kernbereich des Privatsphäre der Klägerin erfolgte damit nicht lediglich im Rahmen einer Wortberichterstattung dadurch, dass Spekulationen über eine bestehende Schwangerschaft angestellt wurden, sondern wurde zusätzlich mit einem Foto bildlich verstärkt, womit für die Leserschaft deutlich gemacht werden sollte, dass die Spekulationen der Beklagten mit einiger Wahrscheinlichkeit zutreffend waren. Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass die Schwangerschaft der Klägerin ohnehin einige Zeit später offenkundig geworden wäre. Denn zu bewerten ist die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin im Zeitpunkt der Veröffentlichung des betreffenden Fotos und nicht in einem mehrere Wochen oder Monate später liegenden Zeitpunkt. Indem die Beklagte ein Foto der Klägerin im frühen Stadium der Schwangerschaft veröffentlicht hat, hat sie im Übrigen nicht nur das entsprechende Geheimnis der Klägerin rechtswidrig veröffentlicht, sondern die Klägerin zudem der Gefahr ausgesetzt, dass bei einem möglichen Scheitern der Schwangerschaft, die gerade im Frühstadium durchaus zu befürchten ist, dieses Ereignis ebenfalls in der Öffentlichkeit diskutiert und auch die Klägerin darauf angesprochen wird. Auch dieses Risiko unterstreicht die Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung, da sich die Klägerin dadurch, dass sie ihr Privatleben – wie auch der Beklagten bekannt war – konsequent unter Verschluss hielt, solchen Fragen eben nicht aussetzen wollte.
29c. Mit der Veröffentlichung des Fotos und dem darauf wahrnehmbaren Babybauch der Klägerin, wurde die Privatsphäre in ihrem Kernbereich auch allein zur Verfolgung von wirtschaftlichen Interessen verletzt. Es ist nicht ersichtlich, welche anderen Zwecke als eine Auflagensteigerung die Beklagte bei dieser Veröffentlichung verfolgt haben sollte. Hinzu kommt, dass die Beklagte den ihr positiv bekannten Willen der Klägerin missachtet hat, private Dinge stets aus der Presse heraus zu halten. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend macht, die Klägerin habe sich kurze Zeit nach der streitgegenständlichen Bildveröffentlichung selbst in erkennbar schwangerem Zustand auf einem roten Teppich gezeigt, ist dies von der Klägerin bestritten und damit schon wegen Verspätung unbeachtlich. Auf ein solches Ereignis könnte sich die Beklagte aber schon deshalb nicht berufen, weil es der Klägerin frei steht, in einem späteren Zeitpunkt mit ihrer Schwangerschaft an die Öffentlichkeit zu gehen. Auch die weitere Begebenheit, bei der ein Kollege der Klägerin in der Öffentlichkeit seine Hand auf ihren Bauch gelegt hat und damit möglicherweise einen Hinweis auf eine bestehende Schwangerschaft geben wollte, lässt aus den oben aufgeführten Gründen keinen Rückschluss darauf zu, dass die Klägerin eine Öffnung ihrer Privatsphäre beabsichtigt hatte.
30d. Die vom Landgericht zugesprochene Höhe der Entschädigung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Beklagte macht in der Berufungsbegründung lediglich geltend, dass sie nicht vorsätzlich gehandelt habe und durch eine Entschädigungszahlung die Pressefreiheit nicht eingeschränkt werden dürfe. Dies führt jedoch zu keiner von der angefochtenen Entscheidung abweichenden Beurteilung. Es ist schon nicht ersichtlich, wie angesichts einer von der Beklagten selbst vorgetragenen Auflage von 120.000 Exemplaren eine Zahlung von 7.500 Euro die Pressefreiheit einschränken können soll, zumal auf der anderen Seite der Präventionsgedanke zugunsten der Klägerin auch nicht völlig zurücktreten darf. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte das Persönlichkeitsrecht der Klägerin vorsätzlich verletzt hat. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagten frühere Rechtsverletzungen im Rahmen der Veröffentlichung von Bildern über die erste Schwangerschaft der Klägerin deshalb zugerechnet werden können, weil sie mit der damaligen Beklagten gesellschaftsrechtlich eng verbunden ist und in beiden Fällen dieselbe Rechtsabteilung zuständig war. Letztlich kommt es darauf deshalb nicht an, weil die Beklagte selbst – eine entsprechendes Statement findet sich auch in der den streitgegenständlichen Bildern zugehörigen Wortberichterstattung – einräumt, dass ihr bekannt ist, dass die Klägerin darauf achtet, ihr Privatleben „möglichst unter Verschluss“ zu halten. Über diesen ihr bekannten Willen der Klägerin hat sich die Beklagte aber vorsätzlich hinweggesetzt und die zum Kernbereich der Privatsphäre und zur Geheimsphäre der Klägerin gehörende Frage einer sich im Frühstadium befindenden Schwangerschaft zum Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung gemacht.
313. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht. Höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.
32Streitwert: 57.500 Euro (2 x 25.000 Euro Unterlassung sowie 7.500 Euro Entschädigung)
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 10. Nov. 2015 - 15 U 97/15
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 10. Nov. 2015 - 15 U 97/15
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Oberlandesgericht Köln Urteil, 10. Nov. 2015 - 15 U 97/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an der Geschäftsführung zu vollstrecken ist und insgesamt 2 Jahre nicht übersteigen darf,
zu unterlassen,
das nachfolgend wiedergegebene Bildnis der Klägerin erneut zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:
(Es folgt eine Bilddarstellung)
wenn dies geschieht wie in der „C.“ vom 24.07.2014 auf Seite 10 und/oder wie in dem Beitrag „Schwanger oder nicht? K kugelt sich vor die Kamera“ unter http://www.anonym-kugelt-sich-vor-die-kamera vom 23.07.2014.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Geldentschädigung in Höhe von 7.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 14.4.2015 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 88 % und die Klägerin zu 12 %.
4. Dieses Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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Tatbestand
2Die Klägerin ist eine deutsche Schauspielerin. Die Beklagte ist die Verlegerin der regionalen Tageszeitung „C.“ und betreibt unter der Internetadresse www.anonym.de zudem die Onlineversion dieser Zeitung. Sie ist eine Tochtergesellschaft der T SE. Die Printausgabe der „C.“ hat wochentags eine Auflage von ca. 120.000 Exemplaren, die Onlineversion verzeichnet monatlich ca. 4,8 Million Besuche.
3In der Vergangenheit wehrte sich die Klägerin gerichtlich vor dem LG München I (Az. 9 O 659/13) und dem OLG München (Az. 18 U 2770/13, NJOZ 2015, 651) gegen die Verantwortlichen der D-Zeitung und bild.de wegen einer Veröffentlichung aus dem Jahre 2012, welche im Zusammenhang mit ihrer ersten Schwangerschaft mit einer Fotoserie der schwangeren Klägerin bei einem Spaziergang mit ihrem Lebensgefährten über die Schwangerschaft berichteten, und erstritt dort eine immaterielle Geldentschädigung in Höhe von insgesamt 20.000 EUR.
4Die hiesige Beklagte veröffentlichte am 24.7.2014 in der „C.“ einen Artikel mit der Überschrift „Hier kugelt sich K vor die Kamera – Wölbt sich bei der Berliner Schauspielerin am Set von „Traumfrauen“ ein Babybäuchlein“, sowie am 23.7. auf www.anonym.de einen entsprechenden Artikel. In diesen wird unter großformatiger Abbildung des streitgegenständlichen Fotos, welches die Klägerin in gemütlicher Kleidung gehend zeigt, darüber berichtet, dass sich „kaum zu übersehen“ beim Set des Films „Traumfrauen“ „ein kleines Bäuchlein“ zeige. Neben weiteren Ausführungen zu einer möglichen Schwangerschaft der Klägerin heißt es in der Wortberichterstattung dann auch: „Doch auf die Frage, wann sie die Schwangerschaft bekannt geben will, antwortete die Schauspielerin nur lächelnd: ‚Ich weiß nicht, was Sie meinen…K gehört zu den Jung-Stars im deutschen Kino, die ihr Privatleben möglichst unter Verschluss halten.“
5Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die streitgegenständlichen Artikel in den Anlagen K3 und K4 Bezug genommen.
6Das in den Artikeln verwendete Foto entstand im Trailerbereich des Filmsets des Kinofilms „Traumfrauen“ in Berlin-Mitte, welcher einige hundert Meter von dem tatsächlichen Drehort entfernt lag und die Aufenthalts- und Vorbereitungsräume für die Schauspieler vorhielt, welche von dort mit Shuttlebussen zum Drehort gefahren wurden.
7Mit vorprozessualem Schreiben vom 24.7.2014 forderte die Klägerin erfolglos von der Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung. Auf Antrag der Klägerin hat die Kammer sodann mit Beschluss vom 21.8.2014 der Beklagten im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt, das streitgegenständliche Foto erneut zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen. Mit Schriftsatz vom 21.10.2014 hat die Klägerin Unterlassungsklage erhoben und diese mit am 2.4.2015 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 13.4.2015 zugestellten Schriftsatz um einen Entschädigungsantrag erweitert.
8Sie ist der Auffassung, die Veröffentlichung des Fotos verletzte sie in ihren Persönlichkeitsrechten. Das Foto, in dessen Nutzung sie nicht eingewilligt habe, sei in einem privaten Moment innerhalb der „Base“, dem Trailerpark des Filmsets, in welchem sich die Schauspieler während des Drehs zurückziehen könnten, entstanden. Dort sei sie auf dem Weg von der Maske zu ihrem Trailer „abgeschossen“ worden, ohne dass sie damit habe rechnen müssen. Die Beklagte habe die Fotografie sodann verwendet, um in unzulässiger Weise über eine mögliche Schwangerschaft der Klägerin zu spekulieren. Denn hierbei handle es sich um eine Angelegenheit, welche die Intimsphäre, zumindest jedoch den Kern der Privatsphäre berühre. Die Klägerin habe stets darauf geachtet, Details über ihr Privatleben nicht öffentlich zu machen. Insofern liege auch eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, welche nur durch die Gewährung einer Geldentschädigung kompensiert werden könne. Dies folge aus der die Intimsphäre und Art. 6 GG berührenden Thematik, der heimlichen Entstehung der Fotografie und der bewussten und vorsätzlichen Rechtsverletzung durch die Beklagte. Letzteres ergebe sich nach Ansicht der Klägerin bereits aus der Zugehörigkeit der Beklagten zum Konzernverbund T und der Nutzung der identischen Rechtsabteilung mit der Redaktion der D-Zeitung und anonymd.de. Aufgrund der Verurteilung im Hinblick auf die Berichterstattung über die erste Schwangerschaft im Jahre 2013 sei diesen daher der Rechtsverstoß als vorsätzliche Überschreitung vorwerfbar.
9Die Klägerin beantragt,
101.es der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an der Geschäftsführung zu vollstrecken ist und insgesamt nicht 2 Jahre übersteigen darf, zu untersagen
11das nachfolgend wiedergegebene Bildnis der Klägerin - wie auf den wiedergegebenen Fotos - erneut zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:
12(Es folgt eine Bilddarstellung)
13wenn dies geschieht wie in der „C.“ vom 24.07.2014 auf Seite 10 und/oder wie in dem Beitrag „Schwanger oder nicht? K kugelt sich vor die Kamera“ unter http://www.anonym-kugelt-sich-vor-die-kamera vom 23.07.2014.
142.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine Geldentschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 15.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit betragen sollte.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie ist der Ansicht, dass weder ein Anspruch auf Unterlassung noch auf Entschädigung bestehe, da bereits keine Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliege. Bei der streitgegenständlichen Fotografie handle es sich um ein Bildnis der Zeitgeschichte, an dem ein berechtigtes und überwiegendes Interesse der Beklagten zur Veröffentlichung bestehe. Das streitgegenständliche Foto sei in der Öffentlichkeit aufgenommen worden. Da die Klägerin sich innerhalb der Infrastruktur des Drehs – mithin im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit - aufgehalten habe, sei lediglich ihre Sozialsphäre tangiert. In dem Trailerpark habe sie auch mit öffentlicher Aufmerksamkeit, Beobachtern und Fotografen rechnen müssen, da dieser nur wenige hundert Meter vom Drehort entfernt – innerhalb eines Touristenviertels Berlins - lag und sowohl die Produktionsfirma auf den Dreh aufmerksam gemacht hat, als auch die Klägerin selbst das Interesse an den Dreharbeiten durch Einträge auf ihre Facebookseite und eine Einladung an ihre Fans gemehrt habe. Hierdurch habe sie auch selbst gezeigt, dass sie sich in ihrer Sozialsphäre befunden habe. Der Trailerpark sei - was unstreitig ist - weder abgesperrt worden, noch seien Sicherheitsleute vor Ort gewesen und dessen Lage sei für jeden Passanten leicht erkennbar gewesen. Auch inhaltlich bestehe ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit über private Angelegenheiten, also über eine Schwangerschaft, prominenter Persönlichkeiten. Bei der Klägerin handle es sich insofern um eine der erfolgreichsten deutschen Schauspielerinnen der letzten Jahre. Zudem habe die Klägerin ihr Privatleben auch selbst der Öffentlichkeit geöffnet. So habe sie sich – auch in zeitlicher Nähe zu dem streitgegenständlichen Vorfall –freimütig in Interviews über die Themen Familie, ihre eigene Kindheit und Kindeserziehung geäußert. In einem Interview mit der D-Zeitung im Jahre 2008 habe sie zudem explizit ihren Kindeswunsch geäußert. Zudem habe sie bereits kurz zuvor auf der Premiere „Rico, Oskar und die Tiefschatten“ auf der Premierenfeier ihre Schwangerschaft offenbart. Dabei habe sie zugelassen, dass ihr Schauspielkollege Milan Peschel eine beschützende Hand über ihren Bauch legte. Gegen die Berichterstattung hierzu sei sie auch nicht vorgegangen. Aufgrund der Zulässigkeit der Verwendung der Fotografie sei eine Geldentschädigung auch nicht geschuldet. Zudem liege jedenfalls keine besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, die lediglich durch eine Geldzahlung befriedigt werden könne. Das Thema der Berichterstattung über eine mögliche Schwangerschaft sei nicht ehrverletzend, sondern höchsterfreulich für die Klägerin. Eine rechtliche oder tatsächliche Zurechnung des Wissens anderer Redaktionen oder einer gemeinsamen Rechtsabteilung komme nicht in Betracht, sodass die Urteile der Münchener Gerichte aus dem Jahr 2013, welche auch inhaltlich nicht vergleichbar seien, keine solche Relevanz zukomme, dass nunmehr von einer vorsätzlichen Verletzung ausgegangen werden könne. Die vorgestellte Entschädigungssumme sei schließlich im Hinblick auf die im Vergleich zur D-Zeitung und bild.de überschaubaren Auflagen (5,5% hiervon) bzw. Abrufzahlen (1,6% hiervon) der „C.“-Medien auch jedenfalls überhöht.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Klage ist mit dem Unterlassungsantrag vollständig und mit dem Antrag auf Zahlung einer Geldentschädigung teilweise begründet.
211.
22Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gem. den §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG und Art. 2 Abs. 1, 1 GG zu, da durch die inkriminierte Nutzung der Fotografie die Persönlichkeitsrechte der Klägerin – insbesondere das Recht am eigenen Bild – verletzt wurden.
23a)
24Die Verbreitung und Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotografie greift in rechtswidriger Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin und deren Recht am eigenen Bild ein. Es liegt keine Einwilligung der Klägerin vor. Inwiefern ein Bezug zu einem Ereignis der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG besteht, kann dahinstehen; jedenfalls überwiegen die berechtigten Interessen der Klägerin, § 23 Abs. 2 KUG.
25aa) Nach § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, an der es im vorliegenden Fall fehlt. Von dem Einwilligungserfordernis besteht nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG aber eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt indes nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden, § 23 Abs. 2 KUG. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden, § 23 Abs. 2 KUG (vgl. zu diesem abgestuften Schutzkonzept u. a. BVerfG 1 BvR 1606/07 u. a., NJW 2008, 1793 ff – Caroline von Monaco; BGH, 06.03.2007 – VI ZR 51/06, NJW 2007, 1977 - Caroline von Hannover; 01.07.2008 – VI ZR 243/06, NJW 2008, 3138 – Christiansen I; 17.02.2009 – VI ZR 75/08, NJW 2009, 1502 – Christiansen II;).
26Der Bundesgerichtshof hat mehrfach, unter anderem in seiner Entscheidung vom 01.07.2008 (NJW 2008, 3138 – Christiansen I), für die vorzunehmende Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK im Rahmen des abgestuften Schutzkonzeptes (BGH, 06.03.2007, a. a. O.) für die kollidierenden Grundrechtspositionen ausgeführt, dass die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit nimmt. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Denn zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (BGH NJW 2008, 3138 – Christiansen I).
27Weiterhin ist nach dem Bundesgerichtshof (a. a. O.) bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen. Da jedoch Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung einschließen, sind die kollidierenden Grundrechtspositionen gegeneinander abzuwägen. Bei der Abwägung der kollidierenden Rechtsgüter unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll, ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet. Art. 5 Abs. 1 GG gebietet nach dem Bundesgerichtshof (a. a. O.) allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen. Aufgrund dieser Abwägungsgrundsätze ist davon auszugehen, dass das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst wird, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt. Auch ist zu berücksichtigen, dass prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen können. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen.
28bb) Die hiernach vorzunehmende Abwägung zwischen den Grundrechtspositionen der Parteien führt dazu, dass das Persönlichkeitsrecht der Klägerin überwiegt.
29Zugunsten der Beklagten ist dabei zunächst anzuerkennen, dass ein öffentliches Informationsinteresse an der Schwangerschaft einer Prominenten, als bekannter Schauspielerin im deutschsprachigen Raum, durchaus besteht. Insofern kommt der Person der Klägerin auch Leit- und Kontrastfunktion zu (BVerfG 1 BvR 1606/07 u. a., NJW 2008, 1793 ff – Caroline von Monaco), sodass auch ein Interesse daran besteht, welche Entscheidungen die Prominente in privaten Dingen trifft und wie sie ihr Leben gestaltet. Diesem gegenüber steht hier jedoch maßgeblich das Interesse der Klägerin an Wahrung ihrer Privatsphäre. Insofern ist die konkrete Bildveröffentlichung im dem Kontext zu bewerten, welche durch die Wortberichterstattung hergestellt wird: Inhalt der Berichterstattung in der entsprechenden Print- und Onlineveröffentlichung stellt einzig und allein eine Spekulation über eine (erneute) Schwangerschaft der Klägerin dar, wobei die inkriminierte Fotografie als visueller Beleg hierfür angeführt wird. In der Abwägung ist sodann maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Umstand einer Schwangerschaft einen Vorgang darstellt, welcher zum Kernbereich der Privatsphäre zu zählen ist (OLG München, Urt. v. 25.2.2014, 18 U 2770/13, NJOZ 2015, 651). Dabei obliegt es grundsätzlich der Mutter bzw. der Eltern zu entscheiden, ob und inwiefern Informationen hierzu an Dritte oder die Öffentlichkeit bekannt gegeben werden. Vor diesem Hintergrund kommt dem Berichterstattungsinteresse, welches hier maßgeglich der Neugierbefriedigung dient, in der Abwägung ein geringeres Gewicht zu. Inwiefern die Berichterstattung zusätzlich einen konkreten Beitrag zu einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte liefert, welche für die Pressefreiheit in der Abwägung weiteres Gewicht bedeuten würde, ist nicht ersichtlich.
30Ein hiervon abweichendes Abwägungsergebnis folgert – entgegen der Auffassung der Beklagten – im konkreten Fall auch nicht aus den Umständen der Aufnahme der Fotografie. Insofern ist die Klägerin auch durch die Aufnahme nicht lediglich in ihrer Sozialsphäre betroffen. Zwar liegt hier ein nicht zu bestreitender Bezug zu den – der Sozialsphäre zuzuordnen - Tätigkeiten als Schauspielerin bei den Dreharbeiten zu dem Film „Traumfrauen“ vor. Denn die Klägerin befand sich unstreitig in einem Bereich, welcher den Mitarbeitern sowohl zur Vorbereitung auf die Dreharbeiten, als auch zur Erholung zur Verfügung standen. Auch befand sich die Klägerin auf dem Weg von der Maske zu ihrem Trailer. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem mehrere Hundert Meter vom eigentlichen Drehort entfernten Trailerpark gerade um einen Rückzugsbereich für die Schauspieler handelt, in dem sie während der langen Drehphasen Entspannung finden können und damit eine Auszeit von ihren beruflichen Pflichten nehmen. Daher müssen die Schauspieler auch grundsätzlich in diesem Bereich nicht damit rechnen, mit dem Ziel einer Veröffentlichung abgelichtet zu werden. Unabhängig davon, ob das Betreten unautorisierter Personen durch besondere Vorkehrungen verhindert wird, handelt es sich bei einem solchen Aufenthalt in dem Trailerpark nicht um einen Bereich, welcher der Öffentlichkeit und einzelnen Schaulustigen oder der Presse geöffnet ist. In diesem geschützten Bereich ist die Klägerin gezielt abfotografiert worden.
31Nichts anders folgt auch aus dem konkreten Verhalten der Klägerin oder der Produktionsfirma in Zusammenhang mit den Dreharbeiten. Zwar wurde durch die Nutzung sozialer Medien das öffentliche Interesse an dem Film und den Dreharbeiten bewusst bestärkt. Eine örtliche Öffnung aller Teilbereiche der Infrastruktur des Drehs für die Öffentlichkeit oder die Presse lässt sich daraus jedoch nicht herleiten. So teilt die ausgegebene Pressemitteilung nichts über die Beschaffenheit oder die Adresse des Drehorts mit. Medienvertretern wird ein Besuch des Sets auch nur unter der Voraussetzung einer vorherigen Kontaktaufnahme zur Vereinbarung eines Termins angeboten. Soweit die Klägerin selbst Fotos und Einträge aus dem Trailerbereich oder den Dreh betreffend auf ihrer Facebookseite einstellte, lässt sich dies als Kommunikation mit ihren Fans begreifen. Aufgrund der eingeschränkten Motive der Fotos („Selfie“ der Klägerin mit Kolleginnen bzw. liegend auf Massagestuhl einer Kollegin) ist keine Öffnung des Trailerparks für die Öffentlichkeit ersichtlich. Ihr Aufruf an die Fans, das Set zu besuchen, betrifft schließlich lediglich die Werbung für ein Gewinnspiel, bei dem diese einen – vorher abgestimmten - Besuch am Set gewinnen können. Aus alledem lässt sich keine örtliche Öffnung des Trailerparks herleiten, sondern vielmehr darauf schließen, dass ein Besuch dieser Örtlichkeiten außerhalb von abgesprochenen Terminen unerwünscht ist.
32Es liegt auch keine inhaltliche Selbstöffnung der Klägerin im Hinblick auf Vorgänge ihrer Privatsphäre – insbesondere nicht einer Schwangerschaft - vor. Es ist insofern zwar richtig, dass der Schutz privater Informationen vor öffentlicher Kenntnisnahme entfällt, wenn sich jemand damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat angesehene Angelegenheiten öffentlich gemacht werden (BVerfG NJW 2000, 1021, 1023). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Die von der Beklagten zur Akte gereichten Interviews mit diversen Zeitschriften widersprechen nicht der – ansonsten unstreitigen und auch in dem angegriffenen Artikel wiedergegebenen – Annahme, dass die Klägerin private Angelegenheiten nicht mit der Öffentlichkeit teilt. Denn soweit sich die Klägerin in den Interviews zu Fragen der Kindeserziehung und ihrer eigenen Kindheit äußert, geschieht dies ausschließlich im Rahmen von Vermarktungsinterviews für Filme, in denen sie mitspielt. Insofern werden von den Interviewern in Bezug auf die konkreten Filmhandlungen entsprechende Fragen zur eigenen Kindheit oder Einstellung der Klägerin abgefragt. Die Klägerin beantwortet diese, ohne jedoch Informationen oder Details über ihr aktuelles Privatleben mitzuteilen. Zudem finden sich dort auch konkrete Aussagen der Klägerin, dass sie sich in eine solche Richtung nicht äußern werde. So wird sie im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 5.7.2014 in Bezug auf ihre Mutterrolle im Film „Rico, Oskar und die Tiefschatten“ dazu befragt, dass man zum Thema Schwangerschaft und Baby nichts über sie finde und ob dies System habe. Dies beantwortet sie eindeutig mit den Worten: „Genau. Ich sage grundsätzlich nichts dazu.“ Im Zusammenhang mit diesem Film, in dem die Klägerin eine alleinerziehende Mutter spielt, entstanden auch die weiteren Aussagen über ihre Kindheit oder Kindeserziehung, welche jedoch insofern keine Selbstöffnung in Bezug auf aktuelle Geschehnisse aus ihrem Privatleben darstellen. Schließlich lässt auch ihre kurze Aussage im Interview mit bild.de aus dem Jahr 2008, dass „sie Kinder total liebe“ und „bestimmt auch mal welche“ kriege, nicht auf eine Selbstöffnung hinsichtlich künftiger Schwangerschaften schließen - zudem liegt dieser Beitrag lange zurück und ist vor ihrer ersten Schwangerschaft getätigt worden.
33Schließlich fällt die Abwägung auch nicht deshalb zugunsten des Informationsinteresses aus, weil die Schwangerschaft der Klägerin bereits vor der streitgegenständlichen Berichterstattung in die Öffentlichkeit gelangt wäre. Insofern kann zwar unterstellt werden, dass auf dem roten Teppich der Filmpremiere „Rico, Oskar und die Tiefschatten“ ein Kollege der Klägerin eine auf eine Schwangerschaft hindeutende Geste gezeigt hat. Die Klägerin hat dies in direktem Anschluss daran jedoch unstreitig dementiert, sodass weder davon ausgegangen werden kann, dass dieser Vorfall von ihrem Willen gedeckt war noch dass ihre Schwangerschaft damit maßgeblich offenbart wurde. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass die Schwangerschaft für alle Anwesenden auf dem Filmset zu diesem Zeitpunkt bereits offensichtlich war. Vielmehr ist – zum Zwecke des Belegs der Spekulation – erst für die streitgegenständliche Berichterstattung ein Foto angefertigt worden, welches die Klägerin in Freizeitkleidung so zeigt, dass Anhaltspunkte für eine Schwangerschaft ersichtlich werden sollen und dies auch so in dem Artikel kommentiert wurde.
34b)
35Die Wiederholungsgefahr ist aufgrund der bereits erfolgten Rechtsverletzung zu vermuten und hätte nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können (BGH NJW 1994, 1281), an der es fehlt.
362.
37Die Klägerin hat wegen der streitgegenständlichen Berichterstattung weiterhin Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechtes aus § 823 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG in Höhe von insgesamt 7.500 EUR. Die streitgegenständliche Berichterstattung begründet eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung, die auf einem Verschulden der Beklagten beruht und durch das Unterlassungsbegehren nicht vollständig ausgeglichen wird. Angesichts dessen ist auch bei der gebotenen Gesamtabwägung von einem unabwendbaren Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung auszugehen.
38a)
39Ein Anspruch auf Geldentschädigung besteht im vorliegenden Fall dem Grunde nach.
40Ein immaterieller Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts setzt voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt, der schuldhaft erfolgt ist. Darüber hinaus darf die erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden können und es muss ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung des Anspruchs bestehen (vgl. BGH NJW 1996, 1131). Ob es sich um eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts handelt, hängt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insbesondere von der Bedeutung und der Tragweite des Eingriffs ab, etwa von dem Ausmaß der Verbreitung der verletzenden Aussagen, von der Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- und Rufschädigung des Verletzten, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens (vgl. BGH NJW 1996, 1131). Ein unabwendbares Bedürfnis liegt vor, wenn sich im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung aller maßgeblicher Umstände des Einzelfalles der Angriff gegen die Grundlagen der Persönlichkeit richtet, wenn das Schamgefühl durch die Persönlichkeitsverletzung berührt ist, wenn sie ein Gefühl des Ausgeliefertseins verursacht (vgl. Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflag, Kap. 14.128).
41Dies ist hier der Fall. Nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls liegt hier eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor. Diese begründet sich insbesondere aufgrund des mit der bebilderten Spekulation über eine Schwangerschaft vorgenommenen rechtswidrigen Eingriffs in den Kernbereich der Privatsphäre. Nachdem die Klägerin zuvor ihre Schwangerschaft trotz ihrer Arbeit weitestgehend verdecken konnte, trug die Beklagte diese Thematik unter Anfertigung konkreter Belegfotografien in die breite Öffentlichkeit. Der Umstand, dass es sich bei einer Schwangerschaft um einen erfreulichen und nicht um einen ehrverletzenden Anlass handelt, kann daher an der Schwere des Eingriffs nichts ändern. Erschwerend kommt im konkreten Fall auch hinzu, dass der Beklagten dabei bewusst war, dass die Klägerin ihre Privatsphäre grundsätzlich aus der Öffentlichkeit heraushält. Diese Kenntnis dokumentiert sie in der Berichterstattung auch selbst, wenn sie schreibt: „K gehört zu den Jung-Stars im deutschen Kino, die ihr Privatleben möglichst unter Verschluss halten.“ Trotz dieser Kenntnis spekulierte die Beklagte jedoch über eine solche Frage, welche sogar den Kernbereich ihrer Privatsphäre betrifft. Bei der Schwere der Verletzung ist dabei auch zusätzlich zu berücksichtigen, dass insofern eine Bildveröffentlichung – mit der hier vermeintlich der Nachweis einer Schwangerschaft geführt werden soll – grundsätzlich schwerer wiegt als eine nicht bebilderte Wortberichterstattung. Schließlich handelte die Beklagte auch schuldhaft im Sinne von Fahrlässigkeit. Bei Anwendung der notwendigen journalistischen Sorgfalt wäre die Abwägung – gerade da der Kernbereich der Privatsphäre betroffen war und die Zurückhaltung der Klägerin im Hinblick auf Veröffentlichungen bekannt war – gegen eine Veröffentlichung ausgefallen.
42Im Hinblick auf die Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung und des Verschuldens genügen die ebenfalls geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht als Ausgleichsmöglichkeit. Insofern besteht im Rahmen einer Gesamtabwägung aller maßgeblichen Umstände ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung.
43Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur auf Grund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. BGH in GRUR 2010, 171 – Roman „Esra“, m.w.N.). Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen, weil dieser und die damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können (vgl. BGH a.a.O., m.w.N.). Die Gewährung einer Geldentschädigung hängt demnach nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab, es kommt vielmehr auf die gesamten Umstände des Einzelfalls an, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt (vgl. BGH a.a.O., m.w.N.). Bei dieser Abwägung ist auch die Zweckbestimmung der Geldentschädigung zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei um ein Recht, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung, die in Verbindung mit diesen Vorschriften ihre Grundlage in § 823 Abs. 1 BGB findet, beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll er der Prävention dienen (BGH NJW 1996, 985, 987). Im Rahmen der Abwägung ist dabei die Kollision des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit dem Recht der freien Meinungsäußerung, (Art. 5 GG) zu berücksichtigen.
44Danach ist eine Geldentschädigung im vorliegenden Fall angezeigt. Die aufgezeigte schwere Persönlichkeitsverletzung kann durch den gleichzeitig verfolgten und in der einstweiligen Verfügung vorläufig gesicherten Unterlassungstitel zwar gemindert werden. Angesichts der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung vermag diese jedoch nicht vollständig ausgeräumt zu werden. Aufgrund der bewussten Überschreitung der Interessen der Klägerin in einem Kernbereich ihrer privaten Lebensführung folgt die Zuerkennung einer Geldentschädigung sogleich aus dem Gesichtspunkt der Genugtuung und dem Präventionsgedanken.
45b)
46Die Kammer hält im vorliegenden Fall der Höhe nach eine Geldentschädigung von 7.500 EUR für angemessen und ausreichend, um der Genugtuungs- und Präventionsfunktion des Entschädigungsanspruchs gerecht zu werden. Insofern waren erneut die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Dabei war neben der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung zunächst zu berücksichtigen, dass die Beklagte das streitgegenständliche Foto im Zusammenhang mit der entsprechenden Wortberichterstattung sowohl über ihr Printmedium als auch über die Onlineversion der C. verbreitet hat. Während erstere Veröffentlichung einen festen Adressatenkreis erreicht, ist die Onlineveröffentlichung zusätzlich geeignet, überregional und weiträumig zur Kenntnis möglicher Leser zu gelangen. Zudem besteht die Gefahr, dass die Fotografie aufgrund der Kopierfähigkeit auch nach Löschung der Seite weiter verbreitet wird. Für die Bewertung des qualitativen Verbreitungsgrads war auch zu berücksichtigen, dass die Fotografie in den Artikeln jeweils einen verhältnismäßig großen Platz einnahm, was zusätzlich die Wahrnehmbarkeit – auch im Hinblick auf die plakative Überschrift „Hier kugelt sich K vor die Kamera“ – begünstigte. Daneben war jedoch zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass der Artikel zwar einen maßgeblichen Bruch der Privatsphäre, jedoch keinerlei negative Aussagen über die Klägerin enthält. Schließlich wird die Höhe des Entschädigungsanspruchs im Hinblick auf die Präventions- und Genugtuungsfunktion auch insofern beschränkt, dass der Beklagten lediglich Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall maßgeblich von dem – die erste Schwangerschaft der Klägerin betreffenden - Verfahren vor dem LG München I (Az. 9 O 659/13) und OLG München (OLG München, a.a.O.), bei dem der Klägerin insgesamt eine Entschädigung von 20.000 EUR für Print- und Onlineveröffentlichung zugesprochen wurde. In diesem Verfahren hatte die Klägerin sich bereits vor Veröffentlichung der Aufnahmen an die Beklagten gewandt, welche die Aufnahmen dessen ungeachtet veröffentlicht hatte, sodass das OLG München zumindest von grober Fahrlässigkeit ausging (OLG München a.a.O.). Eine vorsätzliche oder wiederholte Verletzung des Persönlichkeitsrechts kann jedoch im vorliegenden Fall auch nicht deshalb angenommen werden, weil die Beklagte mit den früheren Verletzern in einem Medienkonzern verbunden ist oder sich einer gemeinsamen Rechtsabteilung bedient. Eine pauschale Zurechnung des Wissens oder der Verantwortlichkeit unterschiedlicher Zeitungen und Redaktionen kann auch nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf die Pressefreiheit nicht erfolgen (KG Berlin v. 11.4.2013 - 10 W 32/13, AfP 2013, 413). Dass die verantwortliche Redaktion der Beklagten positive Kenntnis von dem ursprünglichen Rechtsstreit zwischen der Klägerin und den Verantwortlichen für die D-Zeitung und Bild.de hatte, ist nicht ersichtlich. Insofern ist der klägerische Vortrag bezüglich einer mutmaßlichen Übereinstimmung der Entscheidungspersonen in den verschiedenen Redaktionen nicht nachvollziehbar. Im Hinblick auf die Höhe der Entschädigung ist schließlich auch der quantitative Verbreitungsgrad zu berücksichtigen, welche die Medien der Beklagten erreichen. Im Vergleich zu dem vor dem LG München geführten Verfahren bleiben die Auflagen der Regionalzeitung „C.“ und deren Onlineversion maßgeblich hinter denjenigen der D-Zeitung und bild.de zurück. Der Genugtuung genügt daher im konkreten Fall eine vergleichsweise geringere Entschädigungshöhe.
47c)
48Der Zinsanspruch seit Rechtshängigkeit ergibt sich aus den §§ 288, 286 BGB.
493.
50Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
514.
52Streitwert: 65.000 EUR (2x 25.000 EUR – Unterlassung; 15.000 EUR – Entschädigung)
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Fernsehjournalistin. Die Beklagte veröffentlichte in der von ihr verlegten Zeitschrift ein Foto, welches die Klägerin mit ihrer Putzfrau beim Einkaufen in Puerto Andratx auf Mallorca zeigt. Foto und dazugehöriger Text befanden sich auf einer bebilderten Seite mit der Überschrift "Was jetzt los ist auf Mallorca". Das Bild ist mit dem Begleittext versehen: "ARD-Talkerin … beim Shopping mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx. Ihre Finca liegt romantisch zwischen Mandelbäumen am Rande von Andratx."
- 2
- Auf entsprechenden Antrag der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, zu unterlassen, "Bildnisse aus dem privaten Alltag der Klägerin zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf der Seite 49 geschehen."
- 3
- Die gegen diese Verurteilung gerichtete Berufung der Beklagten hat das Kammergericht teilweise für begründet erachtet und die Beklagte nunmehr unter Klageabweisung im Übrigen - entsprechend einem von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten (ersten) Hilfsantrag - dazu verurteilt, es zu unterlassen , "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen." Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat. Die Klägerin hat ihre Revision zurückgenommen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der erste Hilfsantrag, mit dem die Klägerin es der Beklagten untersagen lassen wolle, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen", sei zulässig und begründet. Der Antrag ziele auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der "Kerntheorie", wonach ein Betroffener nicht nur eine exakte Wiederholung der Verletzungshandlung verbieten lassen könne, sondern auch einen künftigen wesensgleichen Eingriff, der von der konkreten Verletzungsform geringfügig abweiche. Charakteristisch sei im vorliegenden Fall, dass die Klägerin bei Besorgungen bzw. beim Flanieren auf Mallorca - sei es mit oder ohne Begleitung - abgebildet worden sei, ohne dass dem Bild ein zusätzlicher Nachrichtenwert hinsichtlich der Klägerin zukomme. Bei einer Abwägung im Rahmen der §§ 22, 23 KUG müsse - insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidungen des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts - das Recht der Beklagten auf freie Berichterstattung gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten.
II.
- 5
- Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten nach dem ersten Hilfsantrag der Klägerin wendet.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht hat das mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Verbot, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf S. 49 geschehen", zutreffend dahin ausgelegt, dass dieser Antrag auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der vorgenannten "Kerntheorie" zielt und damit hinreichend bestimmt ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
- 7
- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Hilfsantrag in dieser Form jedoch unbegründet, weil der Klägerin ein so weitgehender Unterlassungsanspruch aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht zusteht. Wie der erkennende Senat zwischenzeitlich entschieden hat, lässt sich die im Wettbewerbsrecht entwickelte "Kerntheorie" auf das Recht der Bildberichterstattung nicht übertragen (vgl. Senatsurteile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06 - VersR 2008, 552 und - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593).
- 8
- a) Der Senat hat in seiner neueren Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen (vgl. Senatsurteile vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697 und - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283) den in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - NJW 2004, 2647 ff.) geäußerten Bedenken Rechnung getragen und zugleich klargestellt, dass es für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung in jedem Einzelfall einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre bedarf, wobei die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche Rolle spielen kann.
- 9
- b) Eine solche Interessenabwägung kann jedoch nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen insbesondere offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 158, 218, 224 ff.). Die entsprechenden Möglichkeiten sind derart vielgestaltig, dass sie mit einer "vorbeugenden" Unterlassungsklage selbst dann nicht erfasst werden können, wenn man diese auf "kerngleiche" Verletzungshandlungen beschränken wollte. Eine vorweggenommene Abwägung, die sich mehr oder weniger nur auf Vermutungen stützen könnte, und die im konkreten Verletzungsfall im Vollstreckungsverfahren nachgeholt werden müsste, verbietet sich schon im Hinblick auf die Bedeutung der betroffenen Grundrechte.
- 10
- 3. Die Klage ist jedoch begründet, soweit sich die Klägerin mit einem weiteren Hilfsantrag in der Berufungsinstanz gegen eine Wiederholung der konkreten Bildveröffentlichung gewandt hat. Da die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung erklärt hat, sich an ihre vorgerichtlich abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht mehr gebunden zu fühlen, kann diesbezüglich eine Wiederholungsgefahr nicht verneint werden.
- 11
- a) Der erkennende Senat hat bereits in mehreren neueren Entscheidungen das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR (insbes. Entscheidung vom 24. Juni 2004 - von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - aaO) erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957 ff. und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
- 12
- aa) Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die un- ter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 13
- bb) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
- 14
- cc) Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum be- sitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 957 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, NJW 2006, 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, aaO, §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
- 15
- dd) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet.
- 16
- Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 f. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeitsschutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten , dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu entscheiden (vgl. EGMR, Beschluss vom 14. Juni 2005, BeschwerdeNr. 14991/02, Minelli gegen Schweiz; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde -Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 38 ff.).
- 17
- Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schrankenregelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrechten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem erwähnten abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsin- teressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. BVerfG, BVerfGE 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 EMRK verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter Einschluss von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteile vom 14. Dezember 2006, Beschwerde-Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, § 59, aaO, 2649). Über die Zulässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatlichen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des EGMR gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 EMRK verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. BVerfGE 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde -Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, § 40; Urteil vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen , § 82).
- 18
- Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äußerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. BVerfG, BVerfGE 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, Urteile vom 22. Oktober 2007, Beschwerde-Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; vom 17. Dezember 2004, BeschwerdeNr. 49017/99, Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark, § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen.
- 19
- ee) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
- 20
- Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfGE 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung , der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
- 21
- Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391).
- 22
- Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
- 23
- ff) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf , lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt, ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
- 24
- gg) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
- 25
- b) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Nachrichtensprecherin, Fernsehjournalistin und -moderatorin als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist (vgl. zur Abgrenzung zwischen "personnage public / public figure", "personnalité politique / politician" und "personne ordinaire / ordinary person": EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien , § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
- 26
- c) Im Streitfall führen diese Grundsätze zu folgender Abwägung:
- 27
- Das beanstandete Bild zeigt - worauf der Begleittext selbst hinweist - die Klägerin in einer (völlig) belanglosen Situation beim "Shopping" mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx auf Mallorca. Das beanstandete Bild ist Teil eines Berichts über "Was jetzt los ist auf Mallorca", in dem jeweils unter Beifügung von Fotografien über die Anwesenheit sog. Prominenter, u.a. der Klägerin, auf der Insel berichtet wird. Der Nachrichtenwert der Berichterstattung hat keinerlei Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte, sondern beschränkt sich lediglich auf die Information, dass sich die Klägerin zurzeit auf Mallorca aufhalte, wo sie ein Ferienhaus besitze, und dort - wie viele andere Menschen auch - mitunter auch in Begleitung einkaufen gehe. Eine solche Berichterstattung, die nur der Befriedigung des Unterhaltungsinteresses bestimmter Leser dient, mag zwar möglicherweise - worauf es im Streitfall allerdings nicht ankommt - als reine Wortberichterstattung zulässig sein. Sie rechtfertigt es jedoch nicht, dass die Klägerin einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht durch Veröffentlichung eines Bildes in dieser zu ihrer Privatsphäre gehörenden Situation ohne ihre Einwilligung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hinnehmen muss. Insoweit ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin und der Pressefreiheit der Beklagten, dass letztere zurückzutreten hat. Hieran vermag auch der Hinweis der Revision nichts zu ändern, dass die Klägerin bei anderen Gelegenheiten der Öffentlichkeit über die Presse Einblicke in ihr Privatleben gewährt habe (vgl. zu einem insoweit anders gelagerten Fall Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO mit Nichtannahmebeschluss des BVerfG VersR 2007, 849).
III.
- 28
- Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 565, 516 Abs. 3 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
LG Berlin, Entscheidung vom 22.06.2006 - 27 O 1126/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.11.2006 - 9 U 148/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, eine Tochter der Prinzessin Caroline von Hannover, nimmt die Beklagte auf Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos in Anspruch. Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift "E". In deren Ausgabe Nr. 7/02 erschien unter der Überschrift "Charlotte Casiraghi Die ganze Welt feiert ihre Schönheit" ein Beitrag, der sich mit dem Aussehen der damals 15-jährigen Klägerin befaßt. Der Bericht ist mit einem Foto illustriert, das die Gesichter der Klägerin und ihrer Mutter - ohne erkennbaren Hintergrund - darstellt. Aus dem Beitrag geht hervor, daß dieses Foto auf dem Gala-Abend nach den Pferderennen in Vincennes bei Paris entstand. Die Klägerin, die der Beklagten durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Hamburg die Verbreitung eines Teils des Textbeitrags untersagen ließ, hält auch die Veröffentlichung des Bildes für unzulässig. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht verneint eine Einwilligung der Klägerin im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 KUG und führt aus, von einem stillschweigenden Einverständnis , das Bild der Klägerin in der erfolgten Weise zu veröffentlichen,könne nicht ausgegangen werden. Ob die Klägerin während des Gala-Abends im Pariser Rathaus, bei dem zehn Fotografen offiziell akkreditiert gewesen seien , jederzeit mit der Fertigung von Bildern zu Veröffentlichungszwecken habe rechnen müssen, könne dahinstehen. Da das Recht am eigenen Bild im Zweifel nur für einen beschränkten Zweck übertragen werde, erstrecke sich eine etwaige konkludente Einwilligung der Klägerin allenfalls auf eine Bildberichterstattung über die Veranstaltung. Der Artikel der Beklagten liefere jedoch - abgesehen von der Erwähnung der Anwesenheit und der Wiedergabe des Erscheinungsbildes der Klägerin und ihrer Mutter - keine näheren Informationen über den Abend, sondern befasse sich allein mit dem Aussehen der Klägerin. Eine Veröffentlichung ohne deren Einwilligung sei nicht zulässig. Zwar handele es sich bei dem Foto um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte, weil als zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch die vertraute Begleitung einer absoluten Person der Zeitgeschichte - wie hier der Mutter der Klägerin - in der Öffentlichkeit anzusehen sei. Die gebotene Abwägung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin einerseits und des öffentlichen Informationsbedürfnisses andererseits ergebe aber, daß durch die Veröffentlichung ein berechtigtes Interesse der Klägerin im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG verletzt werde.
II.
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision teilweise nicht stand. 1. In rechtlich nicht zu beanstandener Weise hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß die Klägerin - auch unter Berücksichtigung des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit - nicht zu den sogenannten absoluten Personen der Zeitgeschichte zählt.Der Begriff "absolute Person der Zeitgeschichte" wird in der Rechtsprechung und Literatur allgemein als abkürzende Ausdrucksweise für Personen verstanden, die unabhängig von einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis auf Grund ihres Status oder ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit finden und deren Bildnis die Öffentlichkeit deshalb um der dargestellten Person willen der Beachtung wert findet. Eine schematische Einordnung verbietet sich allerdings (Löffler/Steffen, Presserecht, Bd. I, 4. Aufl., Rdn. 130 zu § 6 LPG; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse und Rundfunk, 2. Aufl., Rdn. 176). Die Beurteilung der Frage, ob ein Bildnis einer Person unabhängig von einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis einwilligungsfrei veröffentlicht werden darf, erfordert vielmehr stets eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den berechtigten Interessen der abgebildeten Person (BVerfGE 101, 361, 392 = NJW 2000, 1021, 1025; BVerfG NJW 2001, 1921, 1922). Die Revision verkennt nicht, daß die Klägerin nicht schon allein aufgrund ihrer Abstammung zu diesem Personenkreis zählt. Der Umstand, daß ihr Großvater der regierende Fürst des Fürstentums Monaco ist und ihre Eltern, insbesondere ihre Mutter, im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen, rechtfertigt für sich allein kein anerkennenswertes Informationsbedürfnis an der Veröffentlichung von Bildnissen der Klägerin. Wie der erkennende Senat in einer Entscheidung, die den Bruder der Klägerin betraf, ausgeführt hat, sind Kinder von Personen der Zeitgeschichte nur dann in diesen Personenkreis einzubeziehen, wenn sie gleichfalls als Angehörige in der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche Funktionen wahrnehmen (Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - NJW 1996, 985, 986). Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht hier rechtsfehlerfrei verneint. Mit Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, daß die Klägerin weder ein Amt bekleidet noch eine sonstige Position im öffentlichen Leben ausfüllt.
Eine andere Beurteilung ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht deshalb geboten, weil die Klägerin im vorliegenden Fall bei einem Gala-Abend - so wie auch schon früher - bewußt mit ihrer Mutter als deren Tochter in die Öffentlichkeit getreten ist. Nehmen Ehegatten und Kinder prominenter Personen gemeinsam mit diesen am öffentlichen Leben teil, kann zwar im Einzelfall die einwilligungsfreie Verbreitung eines Bildnisses zulässig sein, das neben der absoluten Person der Zeitgeschichte auch deren Begleitperson zeigt. Voraussetzung dafür ist aber, daß im Zusammenhang mit einem konkreten zeitgeschichtlichen Ereignis ein dem Persönlichkeitsrecht der Begleitperson vorgehendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht. Ist das der Fall, kann die Begleitperson als sogenannte relative Person der Zeitgeschichte anzusehen sein (vgl. BVerfG NJW 2001, 1921, 1922 f. m.w.N.). Sie wird dadurch aber nicht selbst zu einer absoluten Person der Zeitgeschichte, sondern muß es gegebenenfalls nur hinnehmen, zusammen mit einer solchen Person abgebildet zu werden. Der Umstand, daß die Klägerin gelegentlich gemeinsam mit ihrer prominenten Mutter in der Öffentlichkeit auftritt, kann somit nicht generell die einwilligungsfreie Verbreitung ihrer Bildnisse rechtfertigen, zumal die Klägerin als Minderjährige eines erhöhten Schutzes hinsichtlich der Gefahren bedarf, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern und Jugendlichen ausgehen (vgl. BVerfGE aaO, S. 385 f. = JW 2000, 1021, 1023; BVerfG NJW 2000, 2191 und 2191 f.). 2. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, bei der beanstandeten Abbildung der Klägerin handele es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Das wird von der Revision als ihr günstig hingenommen und ist - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat bei seiner Bewertung mit Recht berücksichtigt, daß das Foto die Klägerin und ihre Mutter bei einem öffentlichen Auftritt zeigt und die Teilnahme an diesem
Gala-Abend im Pariser Rathaus gerade mit ihrer Prominenz im Zusammenhang stand. Ein solcher Auftritt ist geeignet, das Interesse der Öffentlichkeit zu wekken. Als zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG wird in der Rechtsprechung insoweit auch die vertraute Begleitung einer absoluten Person der Zeitgeschichte angesehen (sog. Begleiterrechtsprechung, vgl. OLG Hamburg, NJW-RR 1990, 1000; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rdn. 21.7b; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rdn. 850 m.w.N.; Damm/Rehbock, aaO, Rdn. 191). Bildnisse der Begleitperson dürfen danach verbreitet werden, wenn diese zusammen mit dem betreffenden Partner in der Öffentlichkeit auftritt oder wenn sie mit ihm zusammen oder an seiner statt öffentlich repräsentiert. Maßgebend wird ein abgeleitetes Interesse der Öffentlichkeit, das nicht um der abgebildeten Person willen, sondern wegen des Interesses an der absoluten Person der Zeitgeschichte besteht, das aber auf die Person ausstrahlt, von der jene in der Öffentlichkeit begleitet wird (BVerfG NJW 2001, 1921, 1923). Ob nach diesen Grundsätzen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinsichtlich der Mutter der Klägerin eine mit dem beanstandeten Bildnis illustrierte Berichterstattung über den Gala-Abend und über ihr dortiges Auftreten mit der Klägerin ohne deren Einwilligung rechtfertigen könnte, ist indessen nicht zu entscheiden. Zutreffend stellt das Berufungsgericht bei der gebotenen Abwägung zwischen den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und den durch die Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 GG geschützten Interessen der Beklagten darauf ab, daß hier weder die beanstandete Abbildung selbst noch der begleitende Textbeitrag dazu dienen , das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinsichtlich der Mutter der Klägerin oder dem gesellschaftlichen Ereignis zu befriedigen, sondern sich nahezu ausschließlich mit dem Aussehen der Klägerin befassen und Vermutungen über deren Einstellung dazu anstellen. In dem für die Abwägung in seiner Gesamtheit zu beurteilenden Artikel wird über den "Gala-Abend nach den Pfer-
derennen in Vincennes bei Paris" nämlich nicht näher berichtet. Der Leser erfährt allein, daß die Klägerin dort - wie auf dem Foto zu sehen - zusammen mit ihrer Mutter erschienen ist und die Gäste bei derartigen gemeinsamen Auftritten "vor lauter Bewunderung schier den Atem anhalten". Auch die Abbildung liefert keine weitere Information über das Ereignis, denn sie zeigt lediglich die Gesichter der Klägerin und ihrer Mutter. Andere Personen, die Örtlichkeit oder ein Hintergrund sind auf dem Foto nicht zu erkennen. Statt dessen beschäftigt sich der Artikel vorwiegend mit persönlichen Belangen der Klägerin, was sich insbesondere aus folgendem Teil des Textbeitrags ergibt, dessen weitere Verbreitung der Beklagten durch Urteil des Landgerichts Hamburg rechtskräftig untersagt worden ist: „Nur der Teenager selbst kann den ganzen Wirbel um seine Person wohl kaum verstehen. Denn Charlotte hat ganz sicher die gleichen kleinen und großen Sorgen wie jedes Mädchen in diesem Alter. Das, was sie derzeit vermutlich am allermeisten interessiert, sind ihre geliebten Pferde – ihre Schönheit ist ihr da sicherlich ziemlich egal...“ Der Artikel ist deshalb keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis, sondern nimmt dieses und das dort aufgenommene Foto lediglich zum Anlaß zu Ausführungen über die Person der Klägerin. Die Verwendung ihres Bildnisses zur Illustration eines solchen Artikels, der keine Berichterstattung über ein Begleitereignis darstellt (vgl. BVerfG NJW 2001, 1921, 1924), sondern - wie hier - nahezu ausschließlich persönliche Belange zum Inhalt hat und dadurch in besonderem Maße das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der Klägerin auf ungehinderte Entfaltung ihrer Persönlichkeit tangiert, muß diese nicht hinnehmen. Eine andere Beurteilung ist auch nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil das Foto in einer Begleitsituation entstanden ist, über die die Medien möglicherweise auch unter Verwendung des Bildnisses der Klägerin als Begleitper-
son berichten dürfen. Auch Bildnisse der Zeitgeschichte dürfen nämlich nicht uneingeschränkt verbreitet werden. So erstreckt sich die Befugnis zur Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 2 KUG nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Im Rahmen der nach dieser Vorschrift erforderlichen Prüfung ist die Bildberichterstattung grundsätzlich in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Das bedeutet, daß sich die Unzulässigkeit der Bildnisveröffentlichung im Einzelfall auch allein oder im wesentlichen aus dem begleitenden Text ergeben kann (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205; Wenzel/von StroblAlbeg , Das Recht der Wort und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 8, Rdn. 102 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Die persönlichen Belange der jugendlichen und deswegen verstärkt schutzbedürftigen Klägerin (vgl. BVerfGE aaO, S. 385 f.) werden in besonderem Maße dadurch tangiert, daß das Foto einen Begleittext illustriert, der nahezu ausschließlich ihr Aussehen thematisiert. Mit dieser Art der Verwendung des Bildnisses werden die berechtigten Interessen der Klägerin verletzt. Deren Schutzbedürfnis gebietet hier den Vorrang ihres Persönlichkeitsrechts gegenüber dem Grundrecht der Beklagten auf Presse- und Informationsfreiheit. 3. Die Revision hat jedoch insoweit Erfolg, als der Beklagten mit dem angefochtenen Urteil die erneute Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin generell , also auch ohne den hier verwendeten Begleittext, untersagt worden ist. Für eine erneute Veröffentlichung des Fotos als Illustration einer Berichterstattung über die damalige Begleitsituation dürfte es allerdings schon an der dafür grundsätzlich erforderlichen Aktualität fehlen (vgl. Wenzel/von StroblAlbeg , aaO, Rdn. 18; Prinz-Peters, aaO, Rdn. 851; Soehring, aaO, Rdn. 21.8). Daß die Öffentlichkeit heute oder künftig noch ein berechtigtes Interesse an Informationen über den Gala-Abend im Pariser Rathaus vom 26. Januar 2002
haben könnte, ist nicht erkennbar und wird von der Revision auch nicht aufgezeigt. Die Revision macht jedoch mit Recht geltend, daß die Veröffentlichung des Bildes zukünftig, etwa im Rahmen einer Berichterstattung über einen entsprechenden Anlaß, erlaubnisfrei zulässig sein könnte. Sollte die Klägerin nämlich ein andermal in ähnlicher Weise wie hier gemeinsam mit ihrer Mutter in der Öffentlichkeit auftreten und müßte sie unter den dann gegebenen Umständen als "relative Person der Zeitgeschichte" die Veröffentlichung eines Bildnisses von sich dulden, so würde sich die Verbreitungsbefugnis nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG weder auf ein Foto beschränken, das von dem entsprechenden Ereignis stammt, noch auf ein sogenanntes "neutrales Porträt" der Klägerin. Die Beklagte wäre vielmehr grundsätzlich nicht gehindert, zur Illustration dieser neuen Begleitsituation auf das hier beanstandete Foto zurückzugreifen, solange damit keine zusätzliche Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung verbunden wäre (vgl. BVerfG NJW 2001, 1921, 1924 f.). Ob berechtigte Interessen der Klägerin einer künftigen erneuten Veröffentlichung des Bildes entgegenstehen würden, ist eine Frage des Einzelfalls. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ergibt sich die Unzulässigkeit einer erneuten Verwendung des Fotos nicht allein daraus , daß die Klägerin als Jugendliche eines verstärkten Schutzes nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG bedarf und Abbildungen von Kindern und Jugendlichen zudem naturgemäß nach kurzer Zeit an Aktualität verlieren. Eine solche generalisierende Betrachtungsweise verbietet sich, weil die im Rahmen von § 23 Abs. 2 KUG gebotene Abwägung des Rechts auf ungehinderte Entfaltung der Persönlichkeit einerseits und des Rechts auf Presse- und Informationsfreiheit andererseits stets eine Prüfung des Einzelfalls verlangen. Die erneute Verbreitung des Bildnisses der Klägerin kann der Beklagten daher nicht generell verboten werden. Der Unterlassungsausspruch ist vielmehr
dahin einzuschränken, daß eine Veröffentlichung im Rahmen einer Berichterstattung untersagt wird, die keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis darstellt, sondern nahezu ausschließlich persönliche Belange der Klägerin zum Inhalt hat, insbesondere wenn dies wörtlich oder sinngemäß wie hier im Begleittext zu dem beanstandeten Foto erfolgt.
III.
Nach alledem ist das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben. Da für eine abschließende Entscheidung keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage teilweise abweisen.IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.Greiner Wellner Pauge Stöhr Zoll
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der individualisierenden Berichterstattung über eine Straftat in Anspruch.
- 2
- Der Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen Mordes an dem bekannten Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Tat hatte erhebliches Aufsehen erregt. Im Jahr 2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, vor dessen Zurückweisung er sich an die Presse wandte. Im Sommer 2007 wurde der Kläger auf Bewährung aus der Strafhaft entlassen. Die Beklagte betreibt das Internetportal www.spiegel.de. Dort hielt sie in der Rubrik "Dossiers" unter dem Titel "Walter Sedlmayr Mord mit dem Hammer" eine Zusammenstellung von fünf älteren - jeweils durch Angabe der Überschrift und des Datums näher bezeichneten - Veröffentlichungen aus der Druckausgabe des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" bzw. ihrem Internetauftritt zum kostenpflichtigen Abruf bereit. In mehreren dieser Meldungen war der Kläger als wegen Mordes an Walter Sedlmayr Angeklagter bzw. Verurteilter namentlich bezeichnet. Die Veröffentlichungen vom 21. September und 30. November 1992, in denen über die Anklageerhebung bzw. den Beginn der Hauptverhandlung berichtet wurde, enthielten jeweils ein Foto des Klägers.
- 3
- Der Kläger sieht in dem Bereithalten der seinen Namen und sein Bild enthaltenden Veröffentlichungen zum Abruf im Internet eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Nachdem das Landgericht Frankfurt am Main seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine entsprechende Unterlassungsklage wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen hatte, hat der Kläger sein Begehren vor dem Landgericht Hamburg weiterverfolgt. Mit der dort nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhobenen Klage verlangt er von der Beklagten, es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten, solche Berichte zu verbreiten oder öffentlich zugänglich zu machen sowie die in den Artikeln vom 21. September und 30. November 1992 enthaltenen Bilder im Zusammenhang mit Berichten über den Mord zu veröffentlichen oder zugänglich zu machen. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
A.
- 4
- Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Klage bejaht. Der Partei, der mehrere Gerichtsstände zur Auswahl ständen, sei es nicht versagt, in ihre Entscheidung über die Auswahl des Gerichts auch die Frage einzubeziehen, vor welchem Gericht sie mit ihrem Klagebegehren am ehesten Erfolg haben werde. Die Klage sei auch begründet. Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu, weil die Verbreitung der den Kläger identifizierenden Meldung diesen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Ende des Jahres 2006, als das Dossier noch verbreitet worden sei, habe sich der Kläger kurz vor der Entlassung aus der Strafhaft unter Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung befunden, weshalb eine Konstellation gegeben gewesen sei, wie sie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Juni 1973 (BVerfGE 35, 202 ff. - Lebach I) zugrunde gelegen habe. Das im Hinblick auf seine bevorstehende Wiedereingliederung in die Gesellschaft besonders schutzwürdige Interesse des Klägers, nicht weiterhin öffentlich mit der Tat konfrontiert zu werden, überwiege das Interesse der Beklagten an der weiteren Verbreitung der Meldung umso mehr, als die Einschränkungen, die dem Verbreiter solcher Meldungen auferlegt würden, denkbar gering seien. Diesem werde nämlich nicht die Berichterstattung über die Tat, sondern nur die Nennung der Namen der Täter untersagt.
- 5
- Der Umstand, dass - wie auch im Streitfall - Meldungen im Internet häufig dauerhaft abrufbar gehalten würden und als ältere Meldungen erkennbar seien, rechtfertige keine andere Beurteilung. Es mache keinen Unterschied, ob die Identität des Betroffenen in einer neuen oder in einer älteren Meldung preisge- geben werde. Es komme auch nicht darauf an, ob die beanstandete Meldung mittels Suchmaschinen oder Querverweisen über ein auf die Tat bezogenes Schlagwort oder über den Namen des Täters auffindbar sei. Auch der Umstand, dass über das Internet verbreiteten Meldungen in der Regel noch ein geringerer Verbreitungsgrad zukomme als Meldungen, die über die Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen verbreitet würden, lasse nicht die Anlegung anderer als der vom Bundesverfassungsgericht für die Massenmedien entwickelten Maßstäbe zu.
- 6
- Die Beklagte sei hinsichtlich der Rechtsbeeinträchtigung auch Störer. Ihre Störereigenschaft könne insbesondere nicht im Hinblick darauf verneint werden , dass es sich bei dem Teil des Internetauftritts, in dem die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten worden sei, um ein privilegiertes Internetarchiv handle. Denn eine über das Internet allgemein zugängliche, in die Rubrik "Archiv" eingestellte Äußerung werde ebenso verbreitet wie jede andere Äußerung auch. Der Rubrik, in der die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten werde, komme auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Kontrolle über den eigenen Internetauftritt keine Bedeutung zu. Ferner sei unerheblich , ob bereits die erstmalige Veröffentlichung der beanstandeten Inhalte rechtswidrig oder ob die Verbreitung der Meldung ursprünglich rechtmäßig gewesen sei.
B.
- 7
- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, §§ 22, 23 KUG nicht zu.
I.
- 8
- Die Klage ist zulässig.
- 9
- 1. Der Klageantrag ist dahingehend auszulegen, dass der Beklagten untersagt werden soll, das angegriffene Dossier mit Altmeldungen auf ihrer Internetseite zum Abruf bereit zu halten, in denen im Zusammenhang mit dem Mord an Walter Sedlmayr der Name des Klägers genannt wird und die im Tenor des landgerichtlichen Urteils näher bezeichneten Fotos wiedergegeben werden. Der Klageantrag ist dagegen nicht auf Unterlassung jedweder künftiger Berichterstattung gerichtet. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Klagebegründung, die zur Ermittlung des Klagebegehrens heranzuziehen ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - VersR 2009, 1269, 1271 m.w.N.; BGHZ 173, 188, 192 jeweils m.w.N.). Der Kläger hat schriftsätzlich deutlich gemacht, dass er sich lediglich gegen das weitere Vorhalten des streitgegenständlichen Dossiers mit den ihn identifizierenden früheren Veröffentlichungen zum Abruf im Internet wendet. In diesem Sinne haben auch die Vorinstanzen das Begehren des Klägers verstanden. Dieses Verständnis hat der Kläger auch in der Revisionserwiderung bestätigt.
- 10
- 2. Der Klage fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klageerhebung nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Kläger sein Unterlassungsbegehren unter Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe verfolgt und sein erster Prozesskostenhilfeantrag vom Landgericht Frankfurt am Main mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen worden ist. Der zuletzt genannte Umstand hätte allein im Prozesskostenhilfeverfahren Berücksichtigung finden und unter Umständen zur Verneinung des Rechtsschutzbedürfnisses für den beim Landgericht Hamburg eingereichten zweiten Prozesskostenhilfeantrag führen können (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - VIII ZB 78/06 - NJW 2009, 857). Die Zulässigkeit der im Anschluss an die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhobenen Klage wird hiervon jedoch nicht berührt.
II.
- 11
- Die Klage ist aber nicht begründet.
- 12
- 1. Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite ein Dossier mit Altmeldungen zum Abruf bereit zu halten, in denen im Zusammenhang mit dem Mord an Walter Sedlmayr der Name des Klägers genannt wird.
- 13
- a) Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht angenommen, dass das Bereithalten der den Kläger namentlich als wegen Mordes Angeklagten bzw. Verurteilten bezeichnenden Meldungen zum Abruf im Internet einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellt. Denn die Berichterstattung über eine Straftat unter Nennung des Namens des Straftäters beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens, weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 202 f.; 178, 231 Rn. 33; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; BVerfGE 35, 202, 226; BVerfG NJW 2006, 2835; AfP 2009, 365 Rn. 15). Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Täter identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten werden (vgl. BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 17). Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten Internetnutzer zugänglich (vgl. Verweyen /Schulz, AfP 2008, 133, 137).
- 14
- b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08 - VersR 2009, 1545 Rn. 16; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.; 120, 180, 200 f.; AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08 - z.V.b. m.w.N.).
- 15
- c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch das Bereithalten der beanstandeten Inhalte zum Abruf im Internet in rechtswidriger Weise verletzt worden sei. Das Berufungsgericht hat die besonderen Umstände des Streitfalles nicht ausreichend berücksichtigt und das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung mit einem zu geringen Gewicht in die Abwägung eingestellt.
- 16
- aa) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f., jeweils m.w.N.). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 17).
- 17
- Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen , dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Bei schweren Gewaltverbrechen ist in der Regel ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des Täters und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen (vgl. BVerfGE 35, 202, 231; BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 18; vgl. auch BGHZ 143, 199, 204).
- 18
- Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Täters verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht und durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (vgl. BVerfGE 35, 202, 231 f.; BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 19; vgl. auch Senatsurteile BGHZ 143, 199, 204; 178, 213 Rn. 22 f.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 Rn. 14).
- 19
- Mit zeitlicher Distanz zur Straftat gewinnt dagegen das Interesse des Täters , vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung. Das Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters und seiner Privatsphäre (vgl. BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 21). Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit der Verfolgung und Verurteilung die gebotene rechtliche Sanktion erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, lassen sich wiederholte Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Täters im Hinblick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die Gemeinschaft nicht ohne weiteres rechtfertigen. Hiermit ist allerdings keine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse gemeint. Das allgemeine Persönlich- keitsrecht vermittelt Straftätern keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit ihrer Tat konfrontiert zu werden. Selbst die Verbüßung der Straftat führt nicht dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt, mit der Tat "allein gelassen zu werden". Maßgeblich ist vielmehr stets, in welchem Ausmaß das Persönlichkeitsrecht einschließlich des Resozialisierungsinteresses des Straftäters von der Berichterstattung unter den konkreten Umständen des Einzelfalls beeinträchtigt wird (vgl. BVerfG NJW 2000, 1859, 1860; AfP 2009, 365 Rn. 21; EGMR, Urteil vom 7. Dezember 2006 - Beschwerde Nr. 35841/02 -, Österreichischer Rundfunk gegen Österreich, Nr. 68, ÖJZ 2007, 472, 473, jeweils m.w.N.). Für die Intensität der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kommt es auch auf die Art und Weise der Darstellung , insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums an. So stellt eine Fernsehberichterstattung in der Regel einen weitaus stärkeren Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen dar als eine Wortberichterstattung (vgl. BVerfG NJW 2000, 1859, 1860 und AfP 2009, 365 Rn. 21, jeweils m.w.N.).
- 20
- bb) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und an der Achtung seines Privatlebens vorliegend hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten. Zwar kommt dem Interesse des Klägers, vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, vorliegend erhöhtes Gewicht zu. Die von ihm begangene Straftat und die Verurteilung liegen lange zurück; der Kläger ist im Sommer 2007 aus der Strafhaft entlassen worden. Andererseits beeinträchtigen die in dem beanstandeten Dossier zusammengefassten Meldungen sein Persönlichkeitsrecht einschließlich seines Resozialisierungsinteresses unter den besonderen Umständen des Streitfalls nicht in erheblicher Weise. Sie sind insbesondere nicht geeignet , ihn "ewig an den Pranger" zu stellen oder in einer Weise "an das Licht der Öffentlichkeit zu zerren", die ihn als Straftäter (wieder) neu stigmatisieren könnte.
- 21
- Die in dem Dossier zusammengefassten Meldungen enthalten wahrheitsgemäße Aussagen über ein Kapitalverbrechen an einem bekannten Schauspieler, das erhebliches öffentliches Aufsehen erregt hatte. In ihnen werden die Umstände der Tat, das Straf- und das Wiederaufnahmeverfahren sachbezogen und objektiv dargestellt. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung wird der Kläger nicht in reißerischer Weise als Mörder qualifiziert. Vielmehr wird mitgeteilt, dass er wegen Mordes angeklagt bzw. verurteilt worden sei. Zugleich wird seine Haltung zu dem Tatvorwurf geschildert und auf ungeklärte Umstände hingewiesen, was für den Leser die Möglichkeit offen lässt, dass er zu Unrecht angeklagt bzw. verurteilt worden sei. Die den Kläger identifizierenden Angaben in den Meldungen waren angesichts der Schwere des Verbrechens, der Bekanntheit des Opfers, des erheblichen Aufsehens, das die Tat in der Öffentlichkeit erregt hatte und des Umstands, dass sich die Verurteilten noch im Jahr 2004 unter Inanspruchnahme aller denkbaren Rechtsbehelfe um die Aufhebung ihrer Verurteilung bemühten, zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung unzweifelhaft zulässig.
- 22
- In der Art und Weise, wie das beanstandete Dossier zum Abruf bereitgehalten wurde, kam ihm eine nur geringe Breitenwirkung zu. Der Verbreitungsgrad des konkret gewählten Mediums war gering; eine Fallgestaltung, wie sie der Lebach-I-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 35, 202) zugrunde lag, ist nicht gegeben. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Fernsehdokumentation zur besten Sendezeit, die zu einem intensiven Nacherleben der Straftat unter Betonung der emotionalen Komponente führte (vgl. BVerfGE 35, 202, 228 f.). Unter den damaligen Fernsehbedingungen war gerade für eine solche Sendung mit einer besonders hohen Einschaltquote zu rechnen (BVerfG aaO). Hingegen setzte eine Kenntnisnahme vom Inhalt der in dem beanstandeten Dossier zusammengefassten und den Kläger identifizierenden Meldungen im Streitfall zum einen eine gezielte Suche und zum anderen die Zahlung eines Entgelts für den Abruf des Dossiers voraus. Das Dossier wurde nur auf einer als passive Darstellungsplattform geschalteten Website angeboten, die typischerweise nur von solchen Nutzern zur Kenntnis genommen wird, die sich selbst aktiv informieren (vgl. BVerfG NJW 2003, 2818, 2819; NJW 2008, 1298, 1299; Feldmann, JurisPR-ITR 15/2009 Anm. 5). Es war auch nicht auf den aktuellen Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich, wo es dem Nutzer unmittelbar nach Aufruf der Homepage der Beklagten ins Auge hätte fallen können. Vielmehr wurde das Dossier ausweislich der Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, nur als Zusammenstellung von Altmeldungen angeboten und enthielt eindeutig - und für den Nutzer ohne weiteres ersichtlich - nur ältere Veröffentlichungen. Es war auch nicht in sonstiger Weise in einen Kontext eingebettet, der ihm den Anschein der Aktualität oder den Charakter einer erneuten Berichterstattung verlieh und die Annahme rechtfertigen würde, die Beklagte habe sich erneut bzw. zeitlich uneingeschränkt mit der Person des Straftäters befasst (vgl. dazu Hoecht, AfP 2009, 342, 346 f.; von Petersdorff-Campen, ZUM 2008, 102, 107; Feldmann, aaO; LG Düsseldorf, ZUM 2008, 156). Darüber hinaus war eine Kenntnisnahme von den den Kläger identifizierenden Inhalten nicht ohne weiteres möglich, sondern setzte den kostenpflichtigen Abruf des Dossiers voraus, wodurch der Zugang zu den beanstandeten Inhalten zusätzlich erschwert wurde.
- 23
- Zugunsten der Beklagten fällt darüber hinaus ins Gewicht, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren (vgl. OLG Köln, AfP 2007, 126, 127; KG, AfP 2006, 561, 563; OLG Frankfurt, ZUM 2007, 915, 917; AfP 2006, 568, 569; Hoecht, aaO, 345 ff.; Libertus, MMR 2007, 143, 148). Dementsprechend nehmen die Medien ihre Aufgabe, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der demokratischen Willensbildung mitzuwirken , auch dadurch wahr, dass sie nicht mehr aktuelle Veröffentlichungen für interessierte Mediennutzer verfügbar halten. Ein generelles Verbot der Einsehbarkeit und Recherchierbarkeit bzw. ein Gebot der Löschung aller früheren den Straftäter identifizierenden Darstellungen in "Onlinearchiven" würde dazu führen, dass Geschichte getilgt und der Straftäter vollständig immunisiert würde (vgl. Hoecht, aaO, S. 345 f.; Dreier, FS Loewenheim, 2009, S. 67, 68, 76 m.w.N.). Hierauf hat der Täter aber keinen Anspruch (vgl. BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860; AfP 2009, 365 Rn. 21). Dies gilt insbesondere bei einem schweren Kapitalverbrechen wie im vorliegenden Fall, das in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erregt hat.
- 24
- Weiterhin ist zu beachten, dass das vom Kläger begehrte Verbot einen abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der Meinungs- und Pressefreiheit hätte, der den freien Informations- und Kommunikationsprozess einschnüren würde (vgl. BVerfGE 93, 266, 292; 99, 185, 197; AfP 2009, 480 Rn. 62; vgl. ferner BGH, BGHZ 158, 343, 353). Die Beklagte könnte ihren verfassungsrechtlichen Auftrag, in Wahrnehmung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren , nicht vollumfänglich wahrnehmen, wenn es ihr generell verwehrt wäre, dem interessierten Nutzer den Zugriff auf frühere Veröffentlichungen zu ermöglichen. Würde auch das weitere Bereithalten als solcher erkennbarer und im Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung zulässiger Altmeldungen auf für Altmeldungen vorgesehenen Seiten zum Abruf im Internet nach Ablauf einer gewissen Zeit oder nach Veränderung der zugrunde liegenden Umstände ohne weiteres unzulässig und wäre die Beklagte verpflichtet, sämtliche archivierten Beiträge von sich aus immer wieder auf ihre Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, würde die Meinungs- und Medienfreiheit in unzulässiger Weise eingeschränkt. Angesichts des mit einer derartigen Kontrolle verbundenen personellen und zeitlichen Aufwands bestünde die erhebliche Gefahr, dass die Beklagte entweder ganz von einer der Öffentlichkeit zugänglichen Archivierung absehen oder bereits bei der erstmaligen Veröffentlichung die Umstände ausklammern würde, die - wie vorliegend der Name des Straftäters - das weitere Vorhalten des Beitrags später rechtswidrig werden lassen könnten, an deren Mitteilung die Öffentlichkeit aber im Zeitpunkt der erstmaligen Berichterstattung ein schützenswertes Interesse hat.
- 25
- d) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist eine andere rechtliche Beurteilung auch nicht nach den Grundsätzen des Datenschutzrechts geboten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes überhaupt eröffnet ist, insbesondere ob es sich bei dem beanstandeten Bereithalten der den Namen des Klägers enthaltenden und in dem beanstandeten Dossier zusammengefassten Meldungen zum Abruf im Internet um ein "Verarbeiten" personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 BDSG handelt. Denn das Bereithalten dieser Meldung unterfällt jedenfalls dem sogenannten Medienprivileg des § 57 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (RStV) mit der Folge, dass seine Zulässigkeit weder von einer Einwilligung des Betroffenen noch von einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung im Sinne des § 4 BDSG abhängig ist.
- 26
- aa) Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 RStV gelten, soweit Unternehmen oder Hilfsunternehmen der Presse als Anbieter von Telemedien personenbezogene Daten ausschließlich zu eigenen journalistisch-redaktionellen oder literarischen Zwecken erheben, verarbeiten oder nutzen, nur die §§ 5, 7, 9 und 38 a BDSG mit der Maßgabe, dass nur für Schäden gehaftet wird, die durch die Verletzung des Datengeheimnisses nach § 5 BDSG oder durch unzureichende technische oder organisatorische Maßnahmen im Sinne des § 9 BDSG eintreten. § 4 BDSG, wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig sind, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat, kommt dagegen nicht zur Anwendung (vgl. Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 57 RStV Rn. 6 f., 15 f.; Keber in Schwartmann, Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht, 2. Teil, 16. Abschnitt, Rn. 25, 27; Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht , § 41 BDSG Rn. 6, 10a; vgl. zu § 41 BDSG: Gola/Schomerus, BDSG, 9. Aufl., § 41 Rn. 2). Das in § 57 Abs. 1 Satz 1 RStV angeordnete Medienprivileg ist Ausfluss der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Medienfreiheit. Ohne die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten auch ohne Einwilligung der jeweils Betroffenen wäre journalistische Arbeit nicht möglich; die Presse könnte ihre in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK, Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zuerkannten und garantierten Aufgaben nicht wahrnehmen (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08 - VersR 2009, 1131 Rn. 20; Waldenberger in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, Presserecht Rn. 118 ff., 140; Keber in Schwartmann, aaO; Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 6 ff.; Dörr, ZUM 2004, 536, 540 f.; vgl. auch Art. 9 sowie Erwägungsgründe 17 und 37 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr; EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-101/01 - Lindqvist gegen Schweden - ZUM-RD 2004, 107 Rn. 90; vom 16. Dezember 2008 - Rs. C-73/07 - Tietosuojavaltuutettu gegen Satakunnan Markkinapörssi Oy - EuGRZ 2009, 23 ff.; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 8. Mai 2008 in der Rechtssache C-73/07 - zitiert nach Juris, Rn. 37, 39, 66 ff., 81 f.).
- 27
- bb) Die Voraussetzungen einer datenschutzrechtlichen Privilegierung gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 RStV sind vorliegend erfüllt. Die Beklagte als Anbieterin von Telemedien hat die den Namen des Klägers enthaltenden Meldungen ausschließlich zu eigenen journalistisch-redaktionellen Zwecken in ihren Internetauftritt eingestellt, zu einem Dossier zusammengefasst und zum Abruf im Internet bereitgehalten.
- 28
- (1) Daten werden dann zu journalistisch-redaktionellen Zwecken verarbeitet , wenn die Zielrichtung in einer Veröffentlichung für einen unbestimmten Personenkreis besteht (vgl. Hahn/Vesting, aaO, Rn. 13; Bergmann /Möhrle/Herb, aaO, Rn. 23). Es muss die Absicht einer Berichterstattung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - worunter auch die Meinungsäußerung fällt (vgl. BVerfGE 60, 53, 63 f.; Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art. 5 Abs. 1 Rn. 201 f.) - gegeben sein (vgl. Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 26; Schmittmann in Schwartmann, aaO, 1. Teil, 6. Abschnitt Rn. 26 ff.). Denn nur die Tätigkeiten , die der Erfüllung der Aufgaben einer funktional verstandenen Presse bzw. des Rundfunks dienen, werden vom Medienprivileg erfasst (Waldenberger in Spindler/Schuster, aaO, Rn. 137). Dementsprechend gilt die datenschutzrechtliche Privilegierung beispielsweise nicht für im Rahmen der Personaldatenverarbeitung anfallende oder im Zusammenhang mit dem Gebühreneinzug, zur Akquisition von Abonnenten oder zur (kommerziellen) Weitergabe an Dritte gespeicherte Daten (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 55 zu Art. 1 § 37 Abs. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes; Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 29; Waldenberger in Spindler /Schuster, aaO, Rn. 137; Schaffland/Wiltfang, BDSG Stand 7/2009, § 41 Rn. 4). Demgegenüber sind die Recherche, Redaktion, Veröffentlichung, Dokumentation und Archivierung personenbezogener Daten zu publizistischen Zwecken umfassend geschützt (vgl. Waldenberger in Spindler/Schuster, aaO, Rn. 138). Das durch die Presse- und Rundfunkfreiheit verfassungsrechtlich vor- gegebene Medienprivileg schützt insbesondere auch die publizistische Verwertung personenbezogener Daten im Rahmen einer in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK fallenden Veröffentlichung (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Rs. C-73/07 - Tietosuojavaltuutettu gegen Satakunnan Markkinapörssi Oy - EuGRZ 2009, 23 Rn. 61 f.; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 8. Mai 2008 in der Rechtssache C-73/07 - zitiert nach Juris, Rn. 65 ff., 81 f. zur Richtlinie 95/46/EG).
- 29
- Von einer Verarbeitung ausschließlich zu eigenen Zwecken ist dann auszugehen , wenn die Daten eigenen Veröffentlichungen des betroffenen Presseunternehmens dienen (vgl. Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 30).
- 30
- (2) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Beklagte hat die den Namen des Klägers enthaltenden Meldungen ausschließlich zu dem Zweck in ihren Internetauftritt eingestellt, zu einem Dossier zusammengefasst und zum Abruf bereitgehalten, damit sie von der interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen werden. Sie hat damit unmittelbar ihre verfassungsrechtliche Aufgabe wahrgenommen, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der demokratischen Willensbildung mitzuwirken. Sowohl das Einstellen der beanstandeten Inhalte ins Internet als auch ihr (dauerhaftes) Bereithalten zum Abruf ist Teil des in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK fallenden Publikationsvorgangs. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass seit der Einstellung der Meldungen ins Internet mittlerweile mehrere Jahre vergangen sind.
- 31
- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Unterlassung erneuter Verbreitung der in den Artikeln vom 21. September und 30. November 1992 enthaltenen Bilder entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu. Bei den beanstandeten Abbildungen handelt es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, die auch ohne Einwilligung des Klägers als Teil des beanstandeten Dossiers zum Abruf im Internet bereitgehalten werden durften. Ihrer Verbreitung stand kein berechtigtes Interesse des Klägers im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG entgegen.
- 32
- a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats ist die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (vgl. Senatsurteile BGHZ 171, 275; 178, 213; 180, 114; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06 - VersR 2008, 1268; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - VersR 2008, 1411 und - VI ZR 243/06 - VersR 2008, 1506; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 256/06 - VersR 2009, 76 und - VI ZR 272/06 - VersR 2009, 78 sowie - VI ZR 271/06 - VersR 2009, 513 und - VI ZR 260/06 - VersR 2009, 511; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. März 2009 - I ZR 8/07 - NJW 2009, 3032), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1798 f.) als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (nachfolgend : EGMR) im Einklang steht (vgl. EGMR, NJW 2004, 2647 und NJW 2006, 591). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung , durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 33
- aa) Die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits (vgl. Senatsurteile BGHZ 180, 114 Rn. 10; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 958 m.w.N.; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO, S. 1413 und - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1507; BVerfG NJW 2008, 1793 Rn. 55, 85). Denn die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG soll nach ihrem Sinn und Zweck und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den Rechten der Presse Rechnung tragen. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zu Grunde zu legen, welcher die Pressefreiheit und zugleich den Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend berücksichtigt (Senatsurteile BGHZ 178, 213 Rn. 10; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 958 m.w.N.; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135, 1136 und vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO, S. 1412 f.; BVerfG NJW 2000, 1021 Rn. 87 f.). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Der Begriff des Zeitgeschehens ist zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen ; er umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (auch hierzu Senatsurteile BGHZ 178, 213 Rn. 14; 180, 114 Rn. 10; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO, S. 1412 und - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1506 f., jeweils m.w.N.).
- 34
- bb) Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser befriedigen (vgl. Senatsurteile BGHZ 180, 114 Rn. 12; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1508; BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407; NJW 2008, 1793, 1796). Geht es um eine identifizierende Bildberichterstattung über eine Straftat, so sind darüber hinaus die oben unter 1. c) aa) dargestellten Grundsätze zu beachten. Denn auch eine solche Berichterstattung greift in das Recht des abgebildeten Straftäters auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens ein, weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. BGHZ 178, 213 Rn. 22, 33 m.w.N.). Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass mit zeitlicher Distanz zur Straftat das Interesse des Täters , vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung gewinnt.
- 35
- Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist dabei im Gesamtkontext , in den das Personenbildnis gestellt ist, und unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln. Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der Anlass der Bildberichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (vgl. BGHZ 178, 213 Rn. 24; BVerfG NJW 2008, 1793, 1796 Rn. 65).
- 36
- b) Nach diesen Grundsätzen ist das Bereithalten der die Fotos des Klägers enthaltenden Meldungen vom 21. September und 30. November 1992 als Teil des angegriffenen Dossiers zum Abruf im Internet rechtlich nicht zu beanstanden. Das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und seiner Privatsphäre hat vorliegend hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurückzutreten.
- 37
- Auf dem Foto in der Meldung vom 21. September 1992 ist der Kläger in Begleitung des späteren Mordopfers auf der Straße vor dem von ihm betriebenen Lokal "Beim Sedlmayr" zu sehen. Die angegriffene Aufnahme in der Meldung vom 30. November 1992 zeigt den Kläger als Angeklagten im Gerichtssaal. Beide Fotos illustrieren die Meldungen vom 21. September bzw. 30. November 1992, in denen wahrheitsgemäß, sachbezogen und objektiv über die Anklageerhebung gegen den Kläger wegen Mordes an einem bekannten Schauspieler - seinem "Geschäftspartner im gastronomischen Gewerbe" - bzw. den Beginn der Hauptverhandlung berichtet wird und die damit an ein zeitgeschichtliches Ereignis anknüpfen. Wie unter 1. c) bb) im Einzelnen ausgeführt, durfte die Beklagte über dieses Ereignis wie geschehen unter Namensnennung des Klägers berichten und die als frühere Veröffentlichungen erkennbaren Meldungen in Form des beanstandeten Dossiers auch noch im Jahr 2006 zum kostenpflichtigen Abruf im Internet bereithalten.
- 38
- Die beanstandeten Aufnahmen sind kontextbezogen. Die Veröffentlichung kontextbezogener Fotos ist als Visualisierung des berichteten Ereignisses aber regelmäßig zulässig (vgl. Senatsurteil BGHZ 178, 213 Rn. 39; BVerfG, NJW 2001, 1921, 1925). Die verwendeten Aufnahmen beeinträchtigen den Kläger nicht stärker als kontextneutrale Portraitaufnahmen. Sie stellen den Kläger nicht ungünstig dar und berühren nicht seine Intimsphäre. Als kontextbezogene Aufnahmen unterstreichen sie mehr als ein kontextneutrales Bild die Authentizität des Berichts (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797).
- 39
- Die Verbreitung der angegriffenen Fotos ist auch im Übrigen nicht geeignet , den Kläger "ewig an den Pranger" zu stellen oder in einer Weise "an das Licht der Öffentlichkeit zu zerren", die ihn als Straftäter (wieder) neu stigmatisieren könnte. Die Aufnahmen sind Bestandteil einer ausdrücklich als solcher gekennzeichneten Altmeldung, der in der Art und Weise, wie sie zum Abruf bereitgehalten wurde, eine nur geringe Breitenwirkung zukam. Sie stammen aus dem Jahr 1992 und illustrieren allein das damalige Aussehen des Klägers. Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter 1. c) bb) Bezug genommen, die auch im vorliegenden Zusammenhang Geltung beanspruchen.
- 40
- Bei der gebotenen Würdigung der Veröffentlichung in ihrer Gesamtheit sind keine überwiegenden berechtigten Interessen des Klägers (§ 23 Abs. 2 KUG) erkennbar, die der Verbreitung der ihn zeigenden Fotos im Rahmen des angegriffenen Dossiers entgegengestanden hätten (vgl. Senatsurteil vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 700).
- 41
- c) Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht nach den Grundsätzen des Datenschutzrechts geboten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes überhaupt eröffnet ist, insbesondere ob es sich bei Fotografien um personenbezogene Daten im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes handelt (bejahend: Gola/Schomerus, aaO, Rn. 6a; VG Hamburg, DuD 1981, 57) und ob das Bereithalten der die Fotos des Klägers enthaltenden und in dem beanstandeten Dossier zusammengefassten Meldungen zum Abruf im Internet ein "Verarbeiten" personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 BDSG darstellt. Denn wie unter 1. d) ausgeführt unterfällt das Bereithalten dieser Meldungen jedenfalls dem sogenannten Medienprivileg des § 57 Abs. 1 Satz 1 RStV mit der Folge, dass seine Zulässigkeit weder von einer Einwilligung des Betroffenen noch von einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung im Sinne des § 4 BDSG abhängig ist.
III.
- 42
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 18.01.2008 - 324 O 509/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 29.07.2008 - 7 U 20/08 -
(weggefallen)
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Geldentschädigung für Bildveröffentlichungen in Anspruch. Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschriften "die aktuelle" und "die zwei". In der Zeit vom 28. Juli 1999 bis zum 10. Juli 2000 veröffentlichte sie in diesen Zeitschriften neun Artikel, die jeweils ohne Zustimmung der Eltern, Prinzessin Caroline von Hannover und Prinz Ernst August von Hannover, mit Bildern der im Sommer 1999 geborenen Klägerin illustriert wurden. Unter anderem handelte es sich dabei um einen im August 1999 veröffentlichten Artikel, der unter der Schlagzeile "Caroline. Die ersten Fotos. Das heimliche Babyglück" auf der Titelseite und im Innenteil des Heftes Fotos enthielt, die heimlich aus großer Ent-fernung auf einem Anwesen der Eltern der Klägerin aufgenommen worden waren. Im Juli 2000 veröffentlichte die Beklagte auf der gesamten Titelseite unter der Schlagzeile "Caroline & Ernst August Scheidung?" ein Foto, welches die Klägerin nach dem Schwimmen mit Schwimmflügeln in ein Handtuch gewickelt auf dem Arm ihrer Mutter zeigte. Auf den Innenseiten folgten sechs weitere Fotos der Klägerin, die sie gleichfalls beim Baden mit ihren Eltern zeigten. Die Beklagte gab nach jeweils zeitnaher Abmahnung - teilweise unter dem Druck entsprechender einstweiliger Verfügungen - jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab. Unter anderem wegen zwei der hier streitgegenständlichen Veröffentlichungen, darunter den im August 1999 veröffentlichten Fotos, wurde sie zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 125.000 DM an die Mutter der Klägerin verurteilt. Die Klägerin selbst hat u.a. wegen der Veröffentlichung dieser Fotos gegenüber zwei anderen Verlagen Geldentschädigungen erstritten. Das Landgericht hat der auf Zahlung einer Geldentschädigung von mindestens 300.000 DM gerichteten Klage in Höhe von 150.000 DM stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe gegen die Beklagte wegen der durch die Veröffentlichungen erfolgten wiederholten Eingriffe in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht eine Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1BGB, Art. 1 und Art. 2 GG zu. In Bezug auf sämtliche beanstandeten Fotos könne sich die Beklagte nicht auf die Abbildungsfreiheit gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen, wobei im Ergebnis dahinstehen könne, ob die Klägerin als relative Person der Zeitgeschichte im Sinne der Vorschrift zu behandeln sei, nur weil ihre Mutter eine absolute Person der Zeitgeschichte sei. Selbst dann wäre im Rahmen der nach § 23 Abs. 2 KUG vorzunehmenden Abwägung zu beachten , daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin Vorrang genieße, zumal bei Minderjährigen wegen der sich erst entfaltenden Persönlichkeit und der Schutzbedürftigkeit ihres Entwicklungsprozesses regelmäßig ein strengerer Maßstab an die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen anzulegen sei. Sowohl die Veröffentlichung der heimlich aufgenommenen Fotos im August 1999 als auch die im Juli 2000 beeinträchtige das Persönlichkeitsrecht der Klägerin so schwerwiegend, daß eine Geldentschädigung erforderlich sei. Die weiteren Veröffentlichungen zeigten zwar heimlich, jedoch an öffentlich zugänglichen Orten entstandene Fotos, die für sich genommen keine Zuerkennung einer Geldentschädigung rechtfertigten, aber doch zeigten, mit welcher Hartnäckigkeit die Beklagte unerlaubt Fotos der Klägerin veröffentliche. Bei der Höhe der Geldentschädigung könne deren Genugtuungsfunktion auch bei einem Kleinkind nicht völlig außer Acht bleiben, weil die Veröffentlichungen geeignet gewesen seien, die Eltern-Kind-Beziehung zu stören und dabei unmittelbar auf die Lebensbedingungen der Klägerin negativen Einfluß zu nehmen. In erster Linie aber rechtfertige sich die Höhe der Entschädigung aufgrund ihrer spezialpräventiven Wirkung. Wegen der gesteigerten Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes bei einem Minderjährigen müsse in derartigen Fällen eine Geldentschädigung für den Schädiger fühlbar sein und der Berichter-
stattung den wirtschaftlichen Vorteil nehmen. Dem stehe nicht entgegen, daß die Mutter der Klägerin ihrerseits bereits eine Geldentschädigung erstritten habe. In jenem Verfahren sei es um das Persönlichkeitsrecht der Mutter gegangen , vorliegend gehe es aber um das Persönlichkeitsrecht der Klägerin selbst. Daß die Beklagte nunmehr nur noch solche Fotos veröffentlichen wolle, die die Klägerin in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeigten, stehe angesichts ihrer bisherigen Hartnäckigkeit der zugesprochenen Geldentschädigung nicht entgegen. Deren Herabsetzung sei auch nicht wegen der von der Klägerin bereits gegen andere Verlage erstrittenen Entschädigungen geboten, weil diese Veröffentlichungen eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen darstellten. Für die Höhe der Geldentschädigung sei auch die Wirtschaftsmacht der hinter der Beklagten stehenden Gruppe von Bedeutung. Diese gebe 500 Printmedien in verschiedenen europäischen Ländern heraus, darunter über 4 Millionen Exemplare einer Tageszeitung und verfüge über Umsatzrenditen in zweistelliger Prozenthöhe.
II.
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Die Revision macht geltend, der Zubilligung einer Geldentschädigung an die Klägerin stehe das Grundrecht der Beklagten aus Art. 103 Abs. 3 GG entgegen, nicht wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft zu werden. Es sei ein Strafklageverbrauch eingetreten, weil sechs der neun Bildveröffentlichungen bereits in anderen Verfahren mit einer Geldentschädigung geahndet worden seien.Entgegen dem Ansatz der Revision handelt es sich bei der Zubilligung einer Geldentschädigung jedoch nicht um eine Strafe im Sinne des Art. 103 GG. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof sehen den Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts vielmehr als ein Recht an, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Demgemäß wird der Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 GG hergeleitet (vgl. BVerfGE 34, 269, 292 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226; Senatsurteile BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340 und vom 12. Dezember 1995 – VI ZR 223/94 – VersR 1996, 341, 342; so auch BGHZ 143, 214, 218 f.). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. Senatsurteile, BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 – aaO und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Auch unter Berücksichtigung kritischer Stimmen in der Literatur, die teilweise geltend machen, daß der Präventionszweck als Mittel der Verhaltenssteuerung ein pönales Element darstelle, und die deshalb die Frage aufwerfen, ob es sich nicht um eine Norm mit Strafcharakter handele (vgl. Deutsch, Anm. zum Urteil des Senats vom 5. Dezember 1995, LM § 823 (Ah) Nr. 122; Gounalakis, AfP 1998, 10, 14 ff.; Funkel, Schutz der Persönlichkeit durch Ersatz immaterieller Schäden in Geld, 2001, S. 164 ff.; Hoppe, Persönlichkeitsschutz durch Haftungsrecht, 2001, S. 123 ff., 133 ff.; Seitz, NJW 1996, 2848), hält der erkennende Senat an dem grundlegenden Ansatz fest, daß die Zubilligung einer Geldentschädigung ihre Wurzel im Verfassungsrecht
und Zivilrecht findet und keine strafrechtliche Sanktion darstellt (vgl. dazu auch Steffen, NJW 1997, 10; Körner, NJW 2000, 241 ff.). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, daß die zivilgerichtliche Verurteilung zu einem immateriellen Schadensersatz bei einer Persönlichkeitsverletzung - mögen ihr auch "pönale Elemente" nicht ganz fremd sein - keine Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG ist (vgl. BVerfGE 34, 269, 293 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226). Im Gegensatz zum staatlichen Strafanspruch soll die Zubilligung einer Geldentschädigung im Zivilrecht in Fällen der vorliegenden Art den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG im Interesse des konkret Betroffenen gewährleisten. Dies wird bei der hier vorliegenden Verletzung des Rechts am eigenen Bild besonders deutlich, weil dem Verletzten - anders als in anderen Fällen , in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kan n - gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Deshalb unterliegt es keinem Zweifel , daß die Zivilgerichte zur Gewährleistung dieses Interesses des Betroffenen berufen sind. Der Präventionsgedanke stellt lediglich einen Bemessungsfaktor für die Entschädigung dar, der sich je nach Lage des Falles unterschiedlich auswirken kann. Soweit im Schrifttum für den "Strafcharakter" einer solchen Entschädigung auf eine Entscheidung zur Vollstreckbarerklärung eines USSchadensersatzurteils (BGHZ 118, 312, 344 ff.) verwiesen wird, betraf jenes Urteil einen ganz anders gelagerten Sachverhalt, der keine Parallele zum Streitfall aufweist.
2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei nicht, jedenfalls nicht so schwerwiegend beeinträchtigt , daß dies eine Geldentschädigung rechtfertige.
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Beklagte durch die Veröffentlichung der Fotos der Klägerin deren Recht am eigenen Bild und damit ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Ist der Abgebildete minderjährig, bedarf es der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (vgl. Löffler/Steffen, Presserecht , Bd. I, 4. Aufl., Rdn. 125 zu § 6 LPG; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7, Rdn. 69 m.w.N.). Eine solche Einwilligung liegt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision nicht angreift, nicht vor.
b) In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht den Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verneint, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden dürfen. Daß die Klägerin selbst nicht zu einem Kreis von Personen gehört, deren Bildnisse allein schon der Person wegen grundsätzlich einwilligungsfrei verbreitet werden dürfen, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann es auch auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Klägerin dadurch zu einer Person der Zeitgeschichte werden könnte, daß sie auf Fotos zusammen mit ihrer Mutter abgebildet wird. Weil mit der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ein Rechtsverlust verbunden ist, ist es erforderlich, Kinder von Personen der Zeitgeschichte allenfalls dann in diesen Personenkreis einzubeziehen, wenn sie als deren Angehörige in
der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche Funktionen wahrnehmen (vgl. Senatsurteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 und vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedürfen Kinder eines besonderen Schutzes vor den Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an einer Berichterstattung über sie oder an Abbildungen von ihnen ausgehen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen , so daß der Bereich, in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muß. Dieser Schutz verwirklicht sich nicht nur über das elterliche Erziehungsrecht des Art. 6 Abs. 1 GG, sondern folgt auch aus dem eigenen Recht des Kindes auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 101, 361, 385 f. = NJW 2000, 1021, 1023; BVerfG, NJW 2000, 2191; NJW 2000, 2191 f. und NJW 2003, 3262 f.). Nach diesen Grundsätzen genießt im Streitfall das besondere Schutzbedürfnis der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin grundsätzlich den Vorrang vor der Berichterstattung in den Medien. Die beanstandeten Fotos zeigen die Klägerin und deren Eltern im Alltagsleben, also bei rein privaten Tätigkeiten. Sie tragen in keiner Weise zu einer wichtigen öffentlichen Auseinandersetzung in einer demokratischen Gesellschaft bei, die den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG in Anspruch nehmen könnte, sondern dienen nur dem Zweck, die Neugier eines bestimmten Publikums im Hinblick auf Einzelheiten aus dem Privatleben der Betroffenen zu befriedigen, wobei sich das Interesse an der Kläge-
rin ausschließlich aus der Einstufung ihrer Eltern als sogenannte Prominente ableitet. Auch wenn die Reichweite des Persönlichkeitsschutzes eines Kindes vom Schutzzweck her unter Berücksichtigung der Entwicklungsphasen des Kindes zu bestimmen ist, steht dem nicht entgegen, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen noch ein Kleinkind war. Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kann nämlich nicht nur dann vorliegen, wenn das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt, sondern auch dann, wenn andere Gründe den Schutz der Persönlichkeitsentwicklung erfordern (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3262 f.). Hier kann die Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin schon dadurch beeinträchtigt werden, daß wegen der ständigen Verfolgung durch die Presse eine natürliche Eltern-Kind-Beziehung gefährdet ist. Wenn sich die Eltern im Zusammenleben mit dem Kind nicht unbefangen verhalten können, weil sie befürchten müssen, daß auch gegen ihren Willen Fotos veröffentlicht werden, die den privaten Bereich betreffen, kann sich dies nachteilig auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes auswirken. Insoweit reicht bereits die Gefährdung aus, ohne daß es, wie die Revision meint, der Darlegung bedarf, daß tatsächlich bereits eine Störung des Eltern-KindVerhältnisses eingetreten sei.
c) Die Angriffe der Revision bleiben auch insoweit ohne Erfolg, als sie die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung in Zweifel zieht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung , wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Das hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs,
ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 12; 132, 13, 27 und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 591). Eine wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild, die um des wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgt, kann sich als schwere , einen Anspruch auf Geldentschädigung rechtfertigende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen darstellen, auch wenn die einzelne Bildveröffentlichung - jeweils für sich betrachtet - nicht als schwerwiegend einzustufen ist. Die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild besteht nämlich darin, daß dem Verletzten gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen. Daraus folgt, daß in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind (Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO, 342). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet und unter den Umständen des vorliegenden Falles zu Recht die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung bejaht. Ebenso wie in dem dem vorstehend zitierten Senatsurteil zugrundeliegenden Fall läßt die Vorgehensweise der Beklagten eine besondere Hartnäckigkeit erkennen, indem sie die wiederholten Bildveröffentlichungen vorgenommen hat, obwohl sie nach dem Erscheinen der Fotos von den Eltern jeweils zeitnah abgemahnt worden ist, sie jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen abgegeben hat und gegen sie mehrfach einstweilige Verfügungen erlassen worden sind.
d) Unter diesen Umständen ist auch die Höhe der zugebilligten Geldentschädigung , die in erster Linie Sache des Tatrichters ist, nicht unverhältnismäßig. In Fällen, in denen der Schädiger die Verletzung der Persönlichkeit seines
Opfers als Mittel zur Auflagensteigerung und damit zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt hat, ist die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverletzung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einzubeziehen. In solchen Fällen muß von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen; als weiterer Bemessungsfaktor kann die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt werden, der hier angesichts der nachhaltigen Störung des Privatlebens ein hohes Gewicht zukommt. Zudem darf die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 16 und vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340). Im Hinblick darauf ist die Bemessung der Entschädigung durch das Berufungsgericht in Anbetracht der besonderen Hartnäckigkeit der Beklagten und der vom Berufungsgericht festgestellten Wirtschaftsmacht der hinter ihr stehenden Gruppe nicht zu beanstanden. Selbst wenn für diese keine rechtliche Verpflichtung besteht, etwaige Verluste wegen der Verurteilung zu einer Geldentschädigung zu ersetzen, dürfen die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse der Konzerngruppe hinter einem Presseorgan bei der Beurteilung, wie der Persönlichkeitsschutz gewährleistet werden kann, nicht außer Betracht bleiben. Im übrigen läßt der Beklagtenvortrag nicht erkennen, inwieweit die hier zuerkannte Geldentschädigung die Pressefreiheit gefährden könnte. Auch die weiteren Rügen der Revision stehen der zuerkan nten Entschädigung nicht entgegen. Wie vom Berufungsgericht zu Recht angenommen, stellen sowohl die Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der Mutter der Klägerin als auch die Veröffentlichungen durch andere Verlage eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen dar. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Mutter betrifft das Rechtsgut einer anderen Person, deren Persönlichkeitsschutz
ebenso wie der der Klägerin zu gewährleisten ist. Könnte sich ein später in Anspruch genommener Schädiger darauf berufen, daß bereits eine Entschädigung wegen einer Veröffentlichung durch einen anderen Verlag zuerkannt worden ist, bliebe eine eigenständige weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung ohne ausreichenden Schutz des Betroffenen. Den Vortrag der Beklagten, sie wolle nunmehr nur noch solche Fotos der Klägerin veröffentlichen, die diese in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeige, hat das Berufungsgericht berücksichtigt. Es hat jedoch gemeint, die Beklagte könne nur durch eine fühlbare Entschädigung in ihrem Verhalten beeinflußt werden. Diese tatrichterliche Wertung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.