Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Sept. 2016 - 9 U 29/16

ECLI:ECLI:DE:OLGK:2016:0906.9U29.16.00
06.09.2016

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.01.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 24 O 163/15 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden der Klägerin auferlegt.

Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh
Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Sept. 2016 - 9 U 29/16 zitiert 9 §§.

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Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 156 Wiedereröffnung der Verhandlung


(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen. (2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn 1. das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295),

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 100 Leistung des Versicherers


Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 101 Kosten des Rechtsschutzes


(1) Die Versicherung umfasst auch die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die durch die Abwehr der von einem Dritten geltend gemachten Ansprüche entstehen, soweit die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist. Die Versicherung umf

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2008 - VIII ZR 139/07

bei uns veröffentlicht am 20.02.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 139/07 Verkündet am: 20. Februar 2008 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Feb. 2007 - IV ZR 149/03

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 149/03 Verkündetam: 7.Februar2007 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja ___________________

Landgericht Köln Schlussurteil, 09. März 2016 - 18 O 140/07

bei uns veröffentlicht am 09.03.2016

Tenor Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) werden verurteilt, an die Klägerin 900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werd

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Nov. 2014 - VIII ZR 79/14

bei uns veröffentlicht am 19.11.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 79/14 Verkündet am: 19. November 2014 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

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Tenor

Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) werden verurteilt, an die Klägerin 900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 149/03 Verkündetam:
7.Februar2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
AHaftpflichtVB (AHB) § 3, § 5

a) Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist Hauptleistungspflicht
des Haftpflichtversicherers; sie umfasst nach den AHB die Führung
des Haftpflichtprozesses auf seine Kosten einschließlich der Auswahl und
Beauftragung des Anwalts.

b) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich
zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt.

c) Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Vereinbarung, mit der die Abwehr
des Anspruchs dem Versicherungsnehmer übertragen wird.
BGH, Urteil vom 7. Februar 2007 - IV ZR 149/03 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal
-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom
7. Februar 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 16. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin hat gegen die Versicherungsnehmerin des beklagten Haftpflichtversicherers Schadensersatzansprüche erhoben. Mit der Klage macht sie diese Schadensersatzansprüche und den Anspruch der Versicherungsnehmerin auf Deckungsschutz aus zwei von dieser bei der Beklagten unterhaltenen Betriebshaftpflichtversicherungen mit einer Deckungssumme von insgesamt 11 Mio. DM geltend. Den Verträgen liegen Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde, die den vom GDV empfohlenen Musterbedingungen - Stand Juni 1997 - entsprechen (abgedruckt bei Littbarski, Haftpflichtversicherung S. 22 ff.).
2
Die Klägerin stellt Kolben für Automotoren her, die sie unter anderem an die V. AG und die A. AG liefert. Ab Juni 1999 beauftragte sie die Versicherungsnehmerin der Beklagten, die H. Metallveredelung GmbH (HMV), die Kolben durch einen Waschvorgang auf die anschließend von ihr selbst vorzunehmende Graphitbeschichtung vorzubereiten. Am 23. Dezember 1999 meldete die V. AG der Klägerin Motorschäden wegen defekter Kolben aus der Produktionszeit von Mitte Oktober bis Mitte November 1999. Die V. AG nahm die Klägerin wegen der Kosten für den Rückruf von Fahrzeugen und Reparaturen in Höhe von circa 39 Mio. DM in Anspruch.
3
Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 meldete die Klägerin bei der HMV Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe an mit der Begründung, Ursache des Schadens sei ein fehlerhafter Waschvorgang, der zur Ablösung der Graphitschicht geführt habe. Die HMV leitete das Schreiben an die Beklagte weiter. Diese erbat von der HMV mit Schreiben vom 16. Februar 2000 nähere Auskünfte zum Schadenshergang. Abschließend fragte sie, weshalb der Erstbeitrag erst am 6. Dezember 1999 ausgeglichen worden sei, obwohl der Versicherungsschein bereits Anfang Oktober zugegangen sei. Ferner wies sie darauf hin, dass der Schaden an den Kolben als Bearbeitungsschaden nach § 4 I Nr. 6 b AHB nicht gedeckt sei. Am 30. März 2000 trat die HMV ihre Ansprüche auf Versicherungsschutz gegen die Beklagte an die Klägerin ab. Anfang April 2000 übersandte die HMV den Entwurf der gegen sie beabsichtigten Schadensersatzklage an die Beklagte. Mit Schreiben vom 10. April 2000 erbat diese von der HMV weitere Auskünfte und kündigte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadensursache an. Weiter wies sie darauf hin, dass für Lieferungen zwischen Erhalt des Versicherungsscheins und Zahlung des Erstbeitrags am 6. Dezember 1999 kein Versicherungsschutz bestehe. Hinsichtlich anderer Lieferungen bestehe Deckungsschutz nur unter der auflösenden Bedingung, dass die HMV nur deshalb für den Schaden hafte, weil sie die Klägerin in der Qualitätssicherungsvereinbarung vom Juni 1999 von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit habe. Der Ausschluss für Bearbeitungsschäden wurde erneut erwähnt. Schließlich wurde die HMV gefragt, ob sie mit einem Anwalt zusammenarbeite, den sie auch in dieser Sache beauftragen möchte. Am 8. Mai 2000 wurde der HMV die angekündigte Klage zugestellt, die sie der Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2000 zuleitete. Gleichzeitig teilte sie mit, bisher noch keinen Anwalt beauftragt zu haben, und stellte die Frage nach Unterstützung durch die Beklagte. Diese versprach mit Schreiben vom 16. Mai 2000 "bestmögliche Unterstützung" , die Untersuchungen durch den Sachverständigen würden noch laufen. Weiter heißt es, es sei allerdings unbedingt erforderlich, dass die HMV zur Wahrung der Fristen einen Anwalt mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen beauftrage. Sie solle mitteilen, welchem Rechtsanwalt sie das Mandat erteilt habe, damit eine Kontaktaufnahme möglich sei. Am 17. und 31. Mai 2000 telefonierte der Sachbearbeiter der Beklagten mit dem Geschäftsführer der HMV. Der Inhalt der Gespräche ist streitig.
4
Da die HMV sich nicht anwaltlich vertreten ließ, erging am 29. Mai 2000 im schriftlichen Verfahren Versäumnisurteil, das beiden Parteien am 6. Juni 2000 zugestellt und nach Ablauf der Einspruchsfrist rechtskräftig wurde. Von der Zustellung des Versäumnisurteils informierte die HMV die Beklagte nicht. Die HMV wurde zur Zahlung eines Teilbetrages von 1.116.799 DM nebst Zinsen verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass sie jeden weiteren Schaden zu ersetzen habe, den die V. AG und die A. AG gegen die Klägerin wegen der Ablösung der Graphitbeschichtung der Kolben geltend mache. Aufgrund des Versäumnisurteils ließ die Klägerin die Ansprüche der HMV gegen die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungssumme pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Dadurch erfuhr die Beklagte vom Erlass des Versäumnisurteils. Mit Schreiben vom 24. Juli 2000 versagte sie den Versicherungsschutz wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 AHB mit der Begründung, die HMV habe entgegen ihrer Ankündigung keinen Anwalt mit der Abwehr der Ansprüche beauftragt und sie nicht von der Zustellung des Versäumnisurteils unterrichtet.
5
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung der vollen Deckungssumme von 11 Mio. DM, hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Schadensfalles Deckungsschutz aus beiden Versicherungsverträgen zu gewähren habe. Die Klägerin meint, aufgrund der Abtretung der Versicherungsansprüche vom 30. März 2000 und des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses könne sie die Beklagte unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen.
6
Die Beklagte bestreitet die Verursachung des Schadens durch die HMV und beruft sich im Übrigen auf das Abtretungsverbot in § 7 Nr. 3 AHB und weist darauf hin, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Versicherungsansprüche nur in Höhe des Zahlungsanspruchs im Versäumnisurteil erfasse. Sie sei, wie im Ablehnungsschreiben vom 24. Juli 2000 ausgeführt, wegen Obliegenheitsverletzung von der Leistungspflicht frei. Die Hinnahme des Versäumnisurteils stelle zudem ein Anerkenntnis dar, das nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 5 AHB zur Leis- tungsfreiheit führe. Der Versicherungsschutz sei im Übrigen nach § 4 I Nr. 1 AHB ausgeschlossen, weil die Freistellung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB die Haftung der HMV über den gesetzlichen Umfang hinaus erweitert habe. In der die Produkthaftpflicht einschließenden Versicherung mit der Endnummer 095 bestehe wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie kein Versicherungsschutz. Schließlich sei sie wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei.
7
Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 1.116.779 DM nebst Zinsen und dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag mit Ausnahme solcher Ansprüche stattgegeben, die Schäden an den von der HMV bearbeiteten Kolben selbst betreffen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
Das I. Oberlandesgericht hält die Beklagte wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und 5 AHB für leistungsfrei.
10
Die HMV habe die Weisung der Beklagten gemäß § 5 Nr. 3 AHB nicht beachtet, als sie das Versäumnisurteil vom 29. Mai 2000 gegen sich ergehen und nachfolgend habe rechtskräftig werden lassen. Darin liege zugleich ein Verstoß gegen das Anerkenntnisverbot nach § 5 Nr. 5 AHB. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte die HMV angewiesen habe, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen. Die Beklagte habe Versicherungsschutz nicht verweigert, sondern im Schreiben vom 16. Mai 2000 ausdrücklich bestmögliche Unterstützung zugesagt. Das weisungswidrige Verhalten der HMV, nämlich Nichteinschalten eines Rechtsanwalts, Nichtanzeige der Verteidigungsbereitschaft und Rechtskräftigwerdenlassen des Versäumnisurteils, verliere seine Eigenschaft als Obliegenheitsverletzung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb, weil die Beklagte abweichend von § 3 II AHB die Prozessführung vollständig auf die HMV übertragen hätte. Sie habe der HMV lediglich die Auswahl des Rechtsanwalts überlassen, um dem von ihr für möglich gehaltenen Vorwurf zu entgehen, durch die Wahl eines möglicherweise ungeeigneten Rechtsanwalts zu einem denkbaren existenzbedrohenden Prozessverlust beigetragen zu haben.
11
Das II. hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zutreffend ausführt, den Inhalt der Leistungspflicht der Beklagten einerseits und der Obliegenheiten der HMV andererseits verkannt.
12
1. a) Die Leistungspflicht der Beklagten umfasst - wie allgemein in der Haftpflichtversicherung - nach § 3 II Nr. 1 AHB die Prüfung der Haftpflichtfrage , die Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie den Ersatz der Entschädigung, welche der Versicherungsnehmer aufgrund eines von dem Versicherer abgegebenen oder genehmigten Anerkenntnisses, eines von ihm geschlossenen oder genehmigten Vergleichs oder einer richterlichen Entscheidung zu zahlen hat. Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenso wie die Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche eine mit dieser gleichrangige Hauptleistungspflicht des Versicherers und nicht nur eine untergeordnete Nebenpflicht (BGHZ 119, 276, 281; Urteile vom 21. Januar 1976 - IV ZR 123/74 - VersR 1976, 477 unter I und vom 20. Februar 1956 - II ZR 6/55 - VersR 1956, 186 unter 2). Der Versicherer hat nicht das Recht, die mit der Abwicklung der Haftpflichtverbindlichkeiten verbundenen Mühen und Kosten auf den Versicherten abzuwälzen (BGHZ 15, 154, 159). Den Inhalt der Rechtsschutzverpflichtung hat der Senat in dem Urteil in BGHZ (119 aaO) wie folgt beschrieben: "Will er (der Versicherer) den Anspruch bestreiten, so muss er alles tun, was zu dessen Abwehr notwendig ist; er allein trägt die aus der Prüfung und Abwehr folgende Arbeitslast und Verantwortung. Demgemäß hat er im Haftpflichtprozess die Interessen des Versicherten so zu wahren, wie das ein von diesem beauftragter Anwalt tun würde. Weil grundsätzlich sein Abwehrinteresse dem des Versicherten entspricht, ist das im Regelfall unproblematisch. Wegen des umfassend versprochenen Rechtsschutzes gilt das aber sogar dann, wenn eine Kollision zwischen den Interessen des Versicherten und denen des Versicherers einmal nicht zu vermeiden ist. In diesem Fall muss der Versicherer seine eigenen Interessen hintanstellen. Nur diese weite Auslegung des Leistungsversprechens kann den mit der Haftpflichtversicherung bezweckten Schutz gewährleisten."
13
umfassende Die Verantwortlichkeit des Versicherers für die Abwehr des Haftpflichtanspruchs ergibt sich insbesondere für den Fall des Rechtsstreits unmissverständlich aus weiteren Klauseln der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (z.T. anders in der Vermögensschaden -Haftpflichtversicherung, vgl. Voit/Knappmann in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. AVBVermögen/WB § 5 Rdn. 3 § 1 Rdn. 1). Nach § 3 II Nr. 3 AHB führt der Versicherer den Rechtsstreit im Namen des Versicherungsnehmers auf seine Kosten. Den Versicherungsnehmer trifft die Obliegenheit, die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen, dem von dem Versicherer bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder dem Versicherer für nötig gehaltenen Aufklärungen zu geben (§ 5 Nr. 4 AHB). Zur Disposition über den Haftpflichtanspruch durch Anerkenntnis oder Befriedigung ist der Versicherungsnehmer ohne vorherige Zustimmung des Versicherers nicht berechtigt (§ 5 Nr. 5 AHB). Nach § 5 Nr. 7 AHB gilt der Versicherer als bevollmächtigt, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 - IV ZR 329/05 - VersR 2006, 1676 unter II 2 c). Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, hat er dies dem Versicherer nur unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB), alles Weitere ist Sache des Versicherers, insbesondere die Auswahl und Beauftragung des Rechtsanwalts auf seine Kosten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1963 - II ZR 71/61 - VersR 1963, 421 unter III).
14
b) Der Versicherer, der seiner so beschriebenen Rechtsschutzverpflichtung nicht nachkommt, verhält sich vertragswidrig.
15
aa) Ist der Versicherer von seiner Leistungsfreiheit überzeugt und lehnt er den Deckungsschutz vorbehaltlos ab, lässt er dem Versicherungsnehmer konkludent zur Regulierung freie Hand und gibt seine umfassende Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf (BGHZ 119, 276, 282). Die Gefahr, bei dieser freien Entscheidung die Deckungspflicht unrichtig zu beurteilen, kann er nicht auf den Versicherungsnehmer abwälzen. Er kann nicht gleichzeitig einerseits sich seiner vertraglichen Hauptpflicht entledigen, den Versicherungsnehmer von der Führung und den Folgen des Haftpflichtprozesses zu befreien, und andererseits dennoch in Anspruch nehmen, an das Ergebnis des notgedrungen vom Versicherungsnehmer allein geführten Haftpflichtprozesses nicht gebunden zu sein. Nach Leistungsablehnung hat der Versicherungsnehmer auch keine Obliegenheiten mehr zu erfüllen (BGHZ 107, 368, 370 f.; BGH, Urteile vom 7. November 1966 - II ZR 12/65 - VersR 1967, 27 unter III und vom 21. Februar 1963 aaO; Prölss in Prölss/Martin , aaO § 6 Rdn. 33).
16
bb) Hat der Versicherer ernsthafte Anhaltspunkte für seine Leistungsfreiheit , kann er aber wegen noch unklarer Sachlage darüber nicht abschließend befinden, muss er sich entscheiden, ob er Deckungsschutz gewährt oder nicht, und seine Entscheidung dem Versicherungsnehmer bekannt geben. Der Versicherer kann seiner Rechtsschutzverpflichtung in einer solchen Lage auch dadurch genügen, dass er den Rechtsschutz übernimmt unter dem Vorbehalt, die Deckung je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses abzulehnen (BGH, Urteile vom 20. September 1978 - IV ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I und vom 7. November 1966 aaO).
17
Dagegen cc) stellt es keine ordnungsgemäße Erfüllung der Rechtsschutzverpflichtung dar, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber leistungsbefreiende Umstände ins Feld führt, den Versicherungsnehmer aber im Unklaren darüber lässt, ob er Deckungsschutz erhält. Seine Entscheidung darüber hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer unverzüglich, spätestens aber dann mitzuteilen , wenn er die Anzeige von der gerichtlichen Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs nach § 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB erhalten hat. Der Versicherer weiß, dass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt dringender Handlungsbedarf besteht, weil dem Versicherungsnehmer allein wegen Fristablaufs Rechtsnachteile in Gestalt eines Vollstreckungsbescheids oder Versäumnisurteils drohen. Deshalb hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt, später je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses Leistungsfreiheit geltend zu machen. Gibt der Versicherer eine solche Erklärung nicht ab, nimmt er seine Pflicht zur Abwehr des Anspruchs nicht wahr und gibt damit zugleich seine Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf. Er ist deshalb, solange er seiner Rechtsschutzverpflichtung nicht bedingungsgemäß nachkommt, so zu behandeln, als habe er dem Versicherungsnehmer zur Regulierung freie Hand gelassen. Der Versicherungsnehmer ist demgemäß auch nicht mehr obliegenheitsgebunden. Die Versicherungsbedingungen gestatten es dem Versicherer nicht, sich einer klaren Entscheidung über seine Verpflichtung zum Rechtsschutz zu enthalten, den Versicherungsnehmer darüber im Ungewissen zu lassen und die Arbeits- und Kostenlast sowie das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf ihn abzuwälzen, sich aber gleichwohl vorzubehalten , an die Regulierungsentscheidung des Versicherungsnehmers nicht gebunden zu sein, ihn an seinen Obliegenheiten festzuhalten und sich über die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten hinaus wegen mangelhafter oder weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit zu berufen.
18
c)DenParteien des Versicherungsvertrages ist es allerdings nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht verwehrt, nach Erhebung des Anspruchs auf Deckungsschutz von den Bedingungen abweichende Vereinbarungen darüber zu treffen, wie die Leistungspflicht des Versicherers erfüllt werden soll. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Versicherer nach Treu und Glauben gehalten ist, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Die Abwehrfunktion der Haftpflichtversicherung ist unter den Versicherungsnehmern nicht immer genügend bekannt (Littbarski, Haftpflichtversicherung Vorbemerkungen Rdn. 48). Insbesondere ist für den Versicherungsnehmer nur schwer durchschaubar, was die Abwehrverpflichtung im Einzelnen bedeutet. Gewährt der Versicherer Versicherungsschutz , will er aber die Abwehr des Anspruchs (ganz oder teilweise) in die Hand des Versicherungsnehmers legen, hat er darüber aufzuklären, dass die Gewährung von Rechtsschutz nach dem Vertrag Sache des Versicherers ist, er den Prozess zu führen und den Anwalt auszuwählen, zu beauftragen und zu bezahlen hat (vgl. zu Vereinbarungen über die Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung die Senatsurteile vom 7. Februar 2007 - IV ZR 244/03 - zur Veröffentlichung vorgesehen - und vom 12. November 2003 - IV ZR 173/02 - VersR 2004, 96 unter II 1 b). Nur so ist der Versicherungsnehmer in der Lage, verantwortlich darüber zu entscheiden, auf welche Beschränkungen seiner vertraglichen Rechte er sich einlassen will. Übernimmt der Versicherungsnehmer vereinbarungsgemäß die Prozessführung, gilt für eine Verletzung von Sorgfaltspflichten dann nicht das Recht der Obliegenheiten, sondern das allgemeine Schadensersatzrecht (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, aaO § 5 AHB Rdn. 2). Denn insoweit hat er sich nur verpflichtet, die Aufgabe des Versicherers zu übernehmen.
19
Die 2. Beklagte hat ihre Pflicht zur Abwehr des Haftpflichtanspruchs in grober Weise verletzt und ist deshalb so zu behandeln, als habe sie der HMV freie Hand zur Regulierung gelassen. Demgemäß ist sie an das rechtskräftige Versäumnisurteil gebunden und kann sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und Nr. 5 AHB berufen. Auch der Vorwurf, die HMV habe in kollusivem Zusammenwirken mit der Klägerin die Beklagte vorsätzlich geschädigt , ist nicht berechtigt.
20
a) Die HMV hatte ihre Obliegenheiten zur Anzeige des Versicherungsfalles und der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs rechtzeitig und vollständig erfüllt. Sie hatte damit alles getan, damit die Beklagte ihrer Verpflichtung nachkommen konnte, einen Rechtsanwalt auszuwählen und zu beauftragen und den Prozess im Namen der HMV zu führen. Diese wäre auf Verlangen der Beklagten gehalten gewesen, dem Anwalt Vollmacht und die nötige Aufklärung zu erteilen. Im Schreiben vom 8. Mai 2000, dem die Klageschrift beigefügt war, hat die HMV in laienhafter Weise um Unterstützung, also für die Beklagte erkennbar um Deckungsschutz gebeten. Beim Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten, den Zeugen de J. , erneut um Rechtsschutz gebeten, wie dessen Aussage vor dem Oberlandesgericht zu entnehmen ist.
21
b) Diesem Ersuchen gegenüber hat sich die Beklagte pflichtwidrig verhalten. Sie hat sich bei der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung des Erstbeitrags berufen (dazu unten III. 1.). Weiterhin hat sie sich ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit nach § 4 I Nr. 1 AHB wegen der Befreiung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB berufen (dazu unten III. 2.). Im Schreiben vom 16. Mai 2000 hat die Beklagte zwar bestmögliche Unterstützung zugesagt, die HMV aber bedingungswidrig angewiesen, selbst einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen zu beauftragen. Die bestmögliche und allein vertragsgemäße Unterstützung hätte darin bestanden, dass die Beklagte den Anwalt beauftragt und die Prozessführung übernimmt. Bei dem Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten gefragt, wie sich aus dessen Zeugenaussage ergibt, ob nicht die Beklagte den Rechtsanwalt bestellen und einen Spezialisten benennen könne. Dies hat der Zeuge mit der Begründung abgelehnt, er habe einen solchen auch nicht nennen können. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge, Abteilungsleiter der Beklagten und selbst Rechtsanwalt, dazu nicht in der Lage gewesen ist. Diese erneute Weigerung der Beklagten, selbst einen Anwalt zu beauftragen oder auch nur zu benennen, schließt es aus, darin ein Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung zu sehen, die Auswahl des Anwalts der HMV zu überlassen. Die Beklagte hat vielmehr wie schon im Schreiben vom 16. Mai 2000 die Auswahl und die Beauftragung des Anwalts vertragswidrig einseitig der HMV zugeschoben. Der Zeuge de J. hat dies damals selbst so gesehen. In seinem Aktenvermerk vom 19. Juni 2000 über das Gespräch vom 17. Mai 2000 ist nicht von einer einvernehmlichen Regelung die Rede, sondern von einer "Entscheidung" der Beklagten, mit der der Geschäftsführer der HMV "nicht ganz glücklich" gewesen sei, sie also nur notgedrungen hingenommen hat. Auch das Berufungsgericht stellt kein Einvernehmen fest, sondern spricht von Weisungen der Beklagten und wertet die Nichteinschaltung eines Anwalts als weisungswidriges Verhalten der HMV. Fehlt es schon an einer Vereinbarung , kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte sich darauf mangels der gebotenen Aufklärung (s.o. unter II 1 c) nicht zum Nachteil der HMV berufen könnte.
22
c) Dieses Verhalten der Beklagten legt es nahe, darin schon eine verschleierte Ablehnung des Deckungsschutzes zu sehen mit den sich daraus ergebenden Folgen. So hat es der Geschäftsführer der HMV nach seinen Bekundungen auch verstanden.
23
Jedenfalls aber hat die Beklagte in einem Zeitpunkt, in dem dringender Handlungsbedarf bestand, der HMV nicht unmissverständlich erklärt , ob sie ihre Rechtsschutzverpflichtung erfüllt oder dies ablehnt. Sie hat damit die Arbeits- und Kostenlast und das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf die HMV abgewälzt. Den Weg, sich gleichwohl wegen weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit berufen zu können , konnte sie sich damit nicht frei halten.
24
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen ganz oder teilweise als richtig dar.
25
1. Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie in der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung , bei der der Versicherungsfall vor Zahlung der Erstprämie eingetreten sein soll. Das Landgericht hat die Berufung auf Leistungsfreiheit mit Recht an der fehlenden Belehrung scheitern lassen. Der Versicherungsantrag stammt vom 17. Dezember 1998, ab 1. Januar 1999 hatte die Beklagte unstreitig vorläufige Deckung zugesagt. Der Versicherungsschein ist erst mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 übersandt worden. Die Rechnung selbst enthält nicht einmal einen Hinweis darauf, bis wann die Erstprämie zu zahlen ist, naturgemäß deshalb auch keine Belehrung über die Folgen verspäteter Zahlung. Im Versicherungsschein ist nur die übliche erweiterte Einlösungsklausel enthalten, wonach der Versicherungsschutz erst mit Zahlung der Erstprämie beginnt. Sollte also der materielle Versicherungsschutz aus dem Hauptvertrag erst mit Zahlung der Erstprämie, wie üblich, beginnen, endete auch die vorläufige Deckung erst in diesem Zeitpunkt. Eine Belehrung darüber, welche Rechtsfolgen eine verspätete Prämienzahlung für die vorläufige Deckung hat, ist nicht erteilt worden. Deshalb kann sich die Beklagte, wie ihrem Sachbearbeiter hätte bekannt sein müssen, nicht auf Leistungsfreiheit nach § 38 Abs. 2 VVG berufen (st. Rsp. des Senats, zuletzt Urteil vom 26. April 2006 - IV ZR 248/04 - VersR 2006, 913 unter II 2; zum Beginn des materiellen Versicherungsschutzes erst mit Zahlung der Erstprämie BGHZ 47, 352, 354 und Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - IV ZR 328/93 - VersR 1995, 409 unter 2 b aa). Die vorläufige Deckung endete nicht schon mit dem formellen Versicherungsbeginn, also dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
26
2. Die Beklagte hält sich zu Unrecht nach § 4 I Nr. 1 AHB für leistungsfrei , weil die HMV die Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit hat und dadurch eine über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht hinausgehende Zusage gemacht habe. Das Waschen der Kolben ist ein reiner Werkvertrag. Darauf sind die §§ 377, 381 Abs. 2 HGB nicht anzuwenden (BGH, Urteile vom 9. Oktober 2001 - X ZR 58/00 - CR 2002, 93 unter II 2 und 3 und vom 4. Februar 1992 - X ZR 105/90 - NJW-RR 1992, 626 unter I 2). Auch dies hätte der Sachbearbeiter der Beklagten ohne weiteres feststellen können.
27
3. Die Beklagte ist auch nicht nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Die Klägerin klagt in zulässiger Weise auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2000 - IV ZR 223/99 - VersR 2001, 90 unter 2 a). Diese rechtzeitig erhobene Klage hat die Frist gewahrt (siehe dazu auch Voit/Knappmann, aaO § 156 Rdn. 1 und Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 156 Rdn. 1). Dem Landgericht ist auch in diesem Punkt zuzustimmen.
28
4. Die Abtretungserklärung der HMV vom 30. März 2000 enthält kein verbotenes Anerkenntnis, sondern beschreibt nur den Haftungsgrund , wie das Landgericht auf S. 20 seines Urteils zutreffend ausgeführt hat.
29
IV. Im Übrigen ist die Sache mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheidungsreif und deshalb zurückzuverweisen.
30
Antrag Zum der Klägerin auf Zahlung in Höhe der vollen Deckungssumme wird auf Folgendes hingewiesen:
31
Auf Zahlung kann die Klägerin die Beklagte nur in Anspruch nehmen , wenn sie durch Pfändung und Überweisung oder Abtretung an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, also Haftpflichtanspruch und Versicherungsanspruch sich bei ihr in einer Hand vereinigt haben (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 1980 - IV ZR 39/78 - VersR 1980, 522 unter I; vom 12. März 1975 - IV ZR 102/74 - VersR 1975, 655 unter 1 und vom 17. März 2004 - IV ZR 268/03 - VersR 2004, 634 unter II 2).
32
1. Das ist hier hinsichtlich des Zahlungsausspruchs des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess i.V. mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Fall. Der Feststellungsausspruch des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess ist nicht vollstreckungsfähig, kann also nicht zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss führen.
33
2. Die Abtretung vom 30. März 2000 verstößt gegen das Abtretungsverbot des § 7 Nr. 3 AHB. Die Ablehnung des Deckungsschutzes mit Schreiben vom 24. Juli 2000 ist keine endgültige Feststellung des Versicherungsanspruchs, um den allein es geht (Senatsurteil vom 26. März 1997 - IV ZR 137/96 - VersR 1997, 1088 unter 5 c). Das Abtretungsverbot kann nicht durch gewillkürte Prozessstandschaft umgangen werden. Ob die Berufung der Beklagten auf das Abtretungsverbot rechtsmissbräuchlich ist, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen.
34
Das Abtretungsverbot scheitert nicht an § 354a HGB, weil es sich bei dem Anspruch auf Deckungsschutz in der Haftpflichtversicherung nicht um eine Geldforderung handelt (vgl. MünchKomm-HGB/Karsten Schmidt, § 354a Rdn. 6).
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 19.10.2001 - 9 O 11050/00 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 16.06.2003 - 8 U 3959/01 -

(1) Die Versicherung umfasst auch die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die durch die Abwehr der von einem Dritten geltend gemachten Ansprüche entstehen, soweit die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist. Die Versicherung umfasst ferner die auf Weisung des Versicherers aufgewendeten Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das wegen einer Tat eingeleitet wurde, welche die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnte. Der Versicherer hat die Kosten auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorzuschießen.

(2) Ist eine Versicherungssumme bestimmt, hat der Versicherer die Kosten eines auf seine Veranlassung geführten Rechtsstreits und die Kosten der Verteidigung nach Absatz 1 Satz 2 auch insoweit zu ersetzen, als sie zusammen mit den Aufwendungen des Versicherers zur Freistellung des Versicherungsnehmers die Versicherungssumme übersteigen. Dies gilt auch für Zinsen, die der Versicherungsnehmer infolge einer vom Versicherer veranlassten Verzögerung der Befriedigung des Dritten diesem schuldet.

(3) Ist dem Versicherungsnehmer nachgelassen, die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden, hat der Versicherer die Sicherheitsleistung oder Hinterlegung zu bewirken. Diese Verpflichtung besteht nur bis zum Betrag der Versicherungssumme; ist der Versicherer nach Absatz 2 über diesen Betrag hinaus verpflichtet, tritt der Versicherungssumme der Mehrbetrag hinzu. Der Versicherer ist von der Verpflichtung nach Satz 1 frei, wenn er den Anspruch des Dritten dem Versicherungsnehmer gegenüber als begründet anerkennt.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 79/14 Verkündet am:
19. November 2014
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Berufungsbeschwer kann mit allen im Rahmen von § 286 Abs. 1 ZPO zur Führung des
Vollbeweises zugelassenen Beweismitteln, soweit präsent, glaubhaft gemacht werden. Dazu
können auch die bloßen Erklärungen des Berufungsklägers bei seiner Anhörung vor dem
Tatrichter gehören, selbst wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt
sind.
Die Frage der Fälligkeit von ansonsten nach Grund und Höhe unstreitigen Ansprüchen, die
im Rahmen eines bestehenden Dauerschuldverhältnisses periodisch wiederkehren (hier Abschlagszahlungen
aus einem Einspeiseverhältnis nach dem EEG), kann den Gegenstand
eines gemäß § 256 ZPO feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses bilden.
BGB § 271; EEG 2012 § 16, § 35, § 66 Abs. 1 Nr. 6; EEG 2014 § 19, § 57, § 71, § 100
Abs. 1 Nr. 10
Die Fälligkeit des gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 bestehenden Anspruchs eines Anlagenbetreibers
gegen den Netzbetreiber auf Zahlung von Abschlägen auf die zu erwartende
Einspeisevergütung bestimmt sich nach § 271 BGB. Sie ist gegeben, wenn der Netzbetreiber
in der Lage ist, an Hand der gemessenen Einspeiseleistung die in etwa angefallene Einspeisevergütung
vorläufig zu berechnen und den sich danach ergebenden Betrag an den Anlagenbetreiber
auszuzahlen.
BGH, Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14 - OLG München
LG Kempten
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. November 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die
Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München - 14. Zivilsenat - vom 13. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin betreibt seit 2001 in L. eine Biogasanlage, mit der sie Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt. Sie speist den in der Anlage erzeugten Strom seither in das vorgelagerte Netz der Beklagten ein, mit deren Rechtsvorgängerin sie im Februar 2002 einen Einspeisevertrag geschlossen hatte. Auf die geschuldete Einspeisevergütung leistete die Beklagte über lange Zeit jeweils bis zum Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats monatliche Abschlagszahlungen, wobei sie die den Abschlägen zugrunde liegende Einspeisemenge jeweils per Fernauslesung erfasste. Seit Juli 2011 leistet sie - nach vorheriger Ankündigung - die Abschlagszahlungen erst zum Ende des jeweiligen Folgemonats. Nachdem die Parteien daraufhin kein Einvernehmen über eine Beibehaltung der bisherigen Zahlungspraxis hatten erzielen können, kündigte die Klägerin den Einspeisevertrag schließlich zum 31. Dezember 2012 und speist den von ihr erzeugten Strom seit dieser Zeit auf gesetzlicher Grundlage in das Netz der Beklagten ein.
2
Mit ihrer im August 2012 erhobenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der von der Beklagten an sie für den Vormonat zu zahlende Vergütungsabschlag für die Einspeisung aus der Biogasanlage am Zehnten eines jeden Folgemonates - hilfsweise am 15. eines jeden Folgemonates - fällig und zahlbar sei. Das Landgericht hat die Klage mangels Feststellungsinteresses der Klägerin als unzulässig abgewiesen und den Streitwert auf 225 € festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht unter gleichzeitiger Festsetzung des Streitwerts für beide Instanzen auf 5.000 € das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und unter Abweisung der Klage im Übrigen festgestellt, dass der von der Beklagten an die Klägerin zu zahlende Vergütungsabschlag für Stromeinspeisungen, die ab dem 1. Januar 2013 erfolgt sind, am Zehnten des auf die Einspeisung jeweils folgenden Monats fällig und zahlbar seien. Mit der vom Berufungsgericht insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht (OLG München, REE 2014, 97) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
5
Die Berufung sei zulässig, da die gemäß §§ 3, 9 ZPO nach dem Klageinteresse zu bemessende Beschwer der Klägerin durch das klageabweisende erstinstanzliche Urteil auf 5.000 € zu schätzen und deshalb die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erreicht sei. Zwar seien die sich auf durch- schnittlich 21.500 € brutto im Monat belaufenden Abschlagszahlungenals solche nicht streitig. Gestritten werde vielmehr nur über den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit , so dass es sachgerecht sei, den Streitwert weitgehend anhand der Zinsbelastung zu bestimmen, welche die Klägerin aufgrund der nach ihrem Standpunkt zu späten Zahlung treffe. Ausgehend von ihren glaubhaften Angaben in der Berufungsverhandlung, wonach aufgrund von Überziehungen des Girokontos ca. 2.000 € Zinskosten pro Jahr entstünden, sei von einer Zinsbelastung von ca. 7.000 € innerhalb von dreieinhalb Jahren auszugehen, was mit Rücksicht auf das lediglich erhobene Feststellungsbegehren zu einer Beschwer von 5.000 € führe.
6
Die Fälligkeit von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses könne auch Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Die Fälligkeiten der einzelnen Zahlungsverpflichtungen seien jeweils als gegenwärtige Rechtsverhältnisse im Sinne des § 256 ZPO zu verstehen. Insoweit erschöpfe sich das Begehren der Klägerin nicht nur in der Klärung der Rechtsfrage der Fälligkeit der einzelnen Ansprüche. Bei sach- und interessengerechter Auslegung verlange die Klägerin vielmehr die Klärung der Frage, ab welchem Zeitpunkt hinsichtlich der dem Grunde nach unstreitigen einzelnen Zahlungsverpflichtungen der Beklagten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Einspeiseverhältnis jeweils ein Zahlungsanspruch der Klägerin bestehen werde. Bei diesen einzeln festzustellenden Schuldverhältnissen handele es sich um gegenwärtige Schuldverhältnisse, da sie aus einem bereits bestehenden Schuldverhältnis, nämlich einem vertraglichen Stromeinspeisungsverhältnis bis Ende 2012 und für die anschließende Zeit aus einem gesetzlichen Stromeinspeisungsverhältnis herrührten. Dies bilde eine ausreichende Grundlage für die Feststellung der gegenseitigen Rechte und Pflichten. Ein solches Ergebnis sei auch unter prozessökonomischen Gesichtspunkten und im Sinne effektiven Rechtsschutzes für die Klägerin geboten, da diese nicht auf Monat für Monat zu erhebende Leistungsklagen verwiesen werden könne. Denn solche Klagen würden sich jeweils kurzfristig durch die Zahlungen der Beklagten erledigen mit der Folge, dass die Klägerin, deren Interesse an verlässlicher pünktlicher Zahlung zur Planbarkeit ihrer eigenen Liquidität nicht zu verkennen sei, keine Entscheidung zur Fälligkeit der Abschläge erlangen könne, sondern faktisch von vornherein auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verwiesen würde.
7
Im Gegensatz zu dem auf die Stromeinspeisungen vor dem 1. Januar 2013 bezogenen Feststellungsbegehren habe die Klage für die anschließende Zeit Erfolg. Soweit die Klägerin sich dabei für eine Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung von Abschlägen auf § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 stütze, seien diese Abschlagszahlungen gemäß § 271 BGB sofort fällig, sobald die Voraussetzungen dafür gegeben seien. Das EEG 2012 enthalte zwar keine Regelung zur Fälligkeit solcher Abschläge. Dem könne aber nicht entnommen werden, der Gesetzgeber habe eine von § 271 BGB, der für Schuldverhältnisse aller Art gelte, abweichende Regelung dahin treffen wollen, dass der Verteilnetzbetreiber den Leistungszeitpunkt entsprechend § 315 Abs. 1 BGB habe bestimmen und damit frei sein sollen, die Abschläge nach seiner Wahl an jedem Tag des Folgemonats zahlbar zu stellen. Eine hierfür erforderliche Zuweisung des Bestimmungsrechts an den Netzbetreiber sei weder § 16 EEG 2012 noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Die in den Materialien gegebene Erläuterung, dass die Abschläge in der Regel angemessen seien, wenn sie monatlich erfolgten und auf der geschätzten oder vorläufig berechneten Einspeisung basierten, spreche im Gegenteil sogar dafür, dass die Abschlagszahlungen im Voraus zu leisten sein sollten.
8
Nichts anderes folge daraus, dass nach dem Vorbringen der Beklagten die an den Einspeiser zu zahlende Vergütung für den Verteilnetzbetreiber nur ein Durchlaufposten sei und dieser nach der Konzeption des EEG nicht mit einer Zwischenfinanzierung der Abschlagszahlungen belastet werden dürfe. Dem Umstand, dass dieser gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 seinerseits einen Anspruch gegen den Übertragungsnetzbetreiber auf Abschlagszahlungen habe und aus Sicht der Beklagten von der (Zwischen-)Finanzierungslast habe freigehalten werden sollen, könne ohne Weiteres auch gemäß § 271 Abs. 1 BGB bei der aus den Umständen zu entnehmenden Bestimmung der Leistungszeit Rechnung getragen werden.
9
Auf der Grundlage des hier maßgeblichen § 271 Abs. 1 BGB seien die Abschlagszahlungen spätestens zum Zehnten des Folgemonates des jeweiligen Einspeisemonats fällig. Unabhängig davon, ob die Fälligkeit der Abschlagszahlungen eine Einspeisung und deren Erfassung voraussetze, lägen die Voraussetzungen der Abschlagszahlungen jeweils zum Monatsende vor, nachdem die Einspeisemengen per Fernauslesung von der Beklagten erfasst worden seien. Die Fälligkeit und Zahlung der Abschläge des Übertragungsnetzbetreibers an den Verteilernetzbetreiber habe dagegen auf die Fälligkeit der Abschlagszahlungen an den Anlagenbetreiber keinen Einfluss; zumindest könne dies nicht dazu führen, dass letztgenannte Fälligkeit über den Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats hinausgeschoben sei. Denn auch der nach § 35 Abs. 1, 3 EEG 2012 bestehende Anspruch der Beklagten auf Abschlagszahlung gegen den Übertragungsnetzbetreiber sei mangels anderweitiger Regelung im EEG gemäß § 271 Abs. 1 BGB spätestens mit Abschluss des Monats der Einspeisung fällig. Unabhängig hiervon könne die Beklagte den ihr gegen den Übertragungsnetzbetreiber zustehenden Anspruch auf Abschlagszahlungen ebenfalls durch Mitteilung die Einspeisemenge zum Monatsende fällig stellen, womit gewährleistet sei, dass es für sie nicht zu einer Zwischenfinanzierungslast komme.

II.

10
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
11
Das Berufungsgericht hat sowohl die Zulässigkeit der Berufung als auch die Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage zu Recht bejaht. Ebenso hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass die von der Beklagten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3, § 66 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbaren Energien vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1634; im Folgenden EEG 2012) geschuldeten monatlichen Abschläge spätestens am Zehnten des der jeweiligen Stromeinspeisung nachfolgenden Monats fällig sind.
12
1. Zu Unrecht geht dieRevision davon aus, dass ihr Rechtsmittel schon deshalb begründet sei, weil das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten mangels Erreichung der nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Beschwer als unzulässig hätte verwerfen müssen. Dem vermag der Senat, der die Zulässigkeit der Berufung von Amts wegen zu prüfen hat, weil es anderenfalls an einem gültigen und rechtswirksamen Verfahren vor dem Revisionsgericht fehlen würde (Senatsurteile vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, NZM 2008, 78 Rn. 8; vom 11. Oktober 2000 - VIII ZR 321/99, WM 2001, 45 unter II mwN), nicht zu folgen.
13
a) Nach § 511 Abs. 2 ZPO ist die Berufung gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegen- standes 600 € übersteigt (Nr. 1) oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat (Nr. 2). Da hier das Landgericht die Berufung nicht zugelassen hat, kommt es darauf an, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes den genannten Schwellenbetrag von 600 € übersteigt. Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht.
14
aa) Die Bemessung der Berufungsbeschwer steht gemäß §§ 2, 3 ZPO im freien Ermessen des Berufungsgerichts, das dabei nicht an den in erster Instanz festgesetzten Streitwert gebunden ist (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - VI ZB 1/11, VI ZVI ZB 2/11, NJW 2012, 2523 Rn. 10 mwN). Der vom Berufungsgericht angenommene Wert kann zudem von der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht, etwa weil es bei der Ausübung seines Ermessens die in Betracht zu ziehenden Umstände nicht umfassend berücksichtigt (BGH, Beschluss vom 31. März 2010 - XII ZB 130/09, NJWRR 2010, 1081 Rn. 10; BGH, Urteil vom 7. März 2001 - IV ZR 155/00, juris Rn. 5 mwN), die Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BGH, Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 168/13, juris Rn. 5; BGH, Urteile vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, aaO Rn. 9; vom 24. Juni 1999 - IX ZR 351/98, NJW 1999, 3050 unter III; vom 10. Dezember 1993 - V ZR 168/92, BGHZ 124, 313, 314 f.). Ein solcher Ermessensfehlgebrauch , der bei zutreffender Ermessensausübung zu einer Wertbemessung unterhalb der Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO geführt hätte, liegt indes nicht vor.
15
bb) Das Berufungsgerichthat rechtsfehlerfrei angenommen, dass für die Wertbemessung gemäß § 3 ZPO die Finanzierungskosten heranzuziehensind und dabei von dem durch § 9 ZPO vorgegebenen dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Zinsbelastung auszugehen ist.
16
(1) Das Berufungsgericht hat die Beschwer ausgehend von der Zinsbelastung bestimmt, welche die Klägerin aufgrund der späteren Zahlung der Abschläge durch die Beklagte zu tragen hat. Das ist richtig und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Denn die Beschwer bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der in der ersten Instanz unterlegenen Partei am Erfolg ihres Rechtsmittels (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2011 - V ZR 247/10, GE 2012, 558 Rn. 3; vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11, NJW-RR 2012, 130 Rn. 13; vom 24. November 1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 88; jeweils mwN). Dieses Interesse wiederum wird durch den Umfang der prozessualen Rechtskraftwirkung bestimmt, die das Urteil haben würde, wenn es nicht angefochten werden könnte (BGH, Beschluss vom 21. April 1961 - V ZR 58/60, NJW 1961, 1466 unter II; vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - IV ZR 28/03, WM 2004, 2128 unter II 1).
17
Demzufolge bemisst sich der Umfang der Beschwer der Klägerin vorliegend (nur) nach dem wirtschaftlichen Nachteil, der ihr durch den nach ihrer Auffassung verspäteten Zufluss der Abschlagszahlungen erst gegen Ende des der Einspeisung folgenden Monats und der daraus jeweils für etwa zwei Drittel eines jeden Monats resultierenden Belastung mit Kreditzinsen entsteht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZR 36/95, WM 1995, 2060 unter [II] 1; vom 21. April 1961 - V ZR 58/60, aaO unter III; MünchKommZPO /Wöstmann, 4. Aufl., § 3 Rn. 70 mwN). Denn die Klägerin begehrt allein die Feststellung der Fälligkeit der Abschlagszahlungen zu einem bestimmten Zeitpunkt , ohne dass darüber hinaus auch der Grund oder die Höhe einzelner Abschlagszahlungen im Streit stünden. Die von der Klägerin erstrebte und vom Landgericht versagte Sachentscheidung war daher wirtschaftlich nur auf die zur Vermeidung eines ständigen Anfalls von Zwischenzinsen erstrebte Feststellung einer bestimmten Fälligkeit der monatlichen Abschläge gerichtet.
18
(2) Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht zur Bemessung der Beschwer § 9 ZPO herangezogen, der auch Verträge erfasst, die darauf gerichtet sind, auf Dauer bestimmte Energielieferungen erbringen und dafür Bezahlung verlangen zu können (vgl. Senatsbeschluss vom 27. April 2010 - VIII ZB 91/09, WuM 2010, 437 Rn. 5 mwN). Dabei hat es unter Ansatz des dreieinhalbfachen Jahresbetrages rechtsfehlerfrei auch den Zeitraum nach der Beendigung des Einspeisevertrages in die Wertbemessung mit einbezogen. Denn anders als die Revision meint, ist - wie die Revisionserwiderung im Einzelnen belegt hat - das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass sich bereits das von der Klägerin im ersten Rechtszug erhobene Feststellungsbegehren nicht nur auf den Zeitraum der zwischen den Parteien vertraglich geregelten Stromeinspeisung beschränkt, sondern auch auf die anschließende Zeit des gesetzlichen Einspeiseverhältnisses (vgl. §§ 7, 100 Abs. 1 des Gesetzes über den Ausbau erneuerbarer Energien vom 21. Juli 2014 [BGBl. I S. 1066; im Folgenden : EEG 2014]) bis zum Erreichen der gesetzlichen Vergütungsdauer (§§ 22, 100 Abs. 1 EEG 2014; vgl. BT-Drucks. 18/1891, S. 219) erstreckt hat. Die Klägerin ist deshalb auch insoweit durch die erstinstanzliche Klageabweisung beschwert.
19
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist es auch sonstim Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Beschwerdewert auf der Grundlage der Angaben des Geschäftsführers der Klägerin zu den Mehrbelastungen an Zinsen durch die erst zum Monatsende erfolgenden Abschlagszahlungen mit mehr als 600 € bestimmt hat.
20
aa) Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht zur Glaubhaftmachung der Beschwer (§ 511 Abs. 3 i.V.m. § 294 ZPO) die Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin hat ausreichen lassen. § 511 Abs. 3 ZPO schließt zur Glaubhaftmachung eines den Wert des Beschwerde- gegenstandes von 600 € übersteigenden Betrages zwar die eidesstattliche Ver- sicherung der Partei selbst aus, lässt im Übrigen aber bei vorausgesetzter Präsenz alle übrigen für einen Vollbeweis zugelassenen Beweismittel unter Einschluss der Parteivernehmung nach § 448 ZPO zu (vgl. MünchKommZPO /Prütting, 4. Aufl., § 294 Rn. 14, 17; Ahrens/Jestaedt, Der Wettbewerbsprozess , 7. Aufl., Kap. 47 Rn. 3; Ahrens/Scharen, aaO, Kap. 50 Rn. 27). Zu diesen im Rahmen von § 286 Abs. 1 ZPO zur Führung des Vollbeweises zugelassenen Beweismitteln kann bei entsprechender Überzeugungskraft auch die bloße Parteierklärung vor dem Tatrichter gehören, selbst wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist, dieser aber im konkreten Beweiswert um nichts nachsteht (BGH, Urteile vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96, NJW 1999, 363 unter II 2 b bb; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11, NJW 2013, 2601 Rn. 11; BGH, Beschluss vom 24. Juni 2003 - VI ZR 327/02, NJW 2003, 2527 unter 1 b; jeweils mwN). Dementsprechend war das Berufungsgericht nicht gehindert, den Erklärungen des von ihm in der Berufungsverhandlung angehörten Geschäftsführers der Klägerin zur Inanspruchnahme von Betriebsmittelkrediten und den damit einhergehenden Zinsbelastungen eine Überzeugungskraft beizumessen, die den Maßstäben der von § 511 Abs. 3 ZPO geforderten Glaubhaftmachung genügt hat.
21
bb) An dem vom Berufungsgericht für erreicht erachteten Beschwerdewert ändert im Ergebnis auch die Rüge der Revision nichts, das Berufungsgericht sei ermessensfehlerhaft nicht darauf eingegangen, dass in der vom Geschäftsführer der Beklagten angegebenen jährlichen Zinsbelastung von etwa 2.000 € auch Zinsen enthalten seien, die unabhängig von dererst am Monats- ende erfolgten Abschlagszahlung angefallen seien. Der Senat hat die Rüge geprüft , jedoch im Ergebnis nicht für durchgreifend erachtet. Denn auch unter Berücksichtigung des gerügten Umstandes fällt der Wert des Beschwerdegegen- standes nicht auf weniger als 601 €. Von einer Begründung wird insoweit gemäß § 564 ZPO abgesehen.
22
2. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht. Die Klage auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses setzt gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse des Klägers daran voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das ist hier entgegen der Auffassung der Revision der Fall, da es sich bei der von der Klägerin begehrten Feststellung des Zeitpunkts der Fälligkeit ihres Anspruchs auf Abschlagszahlungen um ein feststellungsfähiges gegenwärtiges Rechtsverhältnis handelt, dessen Inhalt von der Beklagten insoweit bestritten wird.
23
a) Ein Rechtsverhältnis wird durch die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder Sachen gebildet (BGH, Urteile vom 5. Mai 2011 - VII ZR 179/10, WM 2011, 1125 Rn. 19; vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98, WM 2000, 1965 unter 5). Einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, deren Vorliegen allein zu keinen bestimmten Rechtsfolgen führt, stellen hingegen kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Unzulässig ist daher etwa die Feststellung eines Schuldnerverzuges (BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, WM 2000, 1558 unter 1 a) oder die isolierte Feststellung einesAnnahmeverzuges, sofern er nicht dazu dient, bei einer Verurteilung Zug um Zug durch den erforderlichen Nachweis des Annahmeverzuges bereits im Erkenntnisverfahren die Vollstreckung zu erleichtern (BGH, Urteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98, aaO).
24
aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, bei der Frage der Fälligkeit der Abschlagszahlungen handele es sich schon deshalb um eine nicht feststellungsfähige Vorfrage eines Rechtsverhältnisses, weil die Fälligkeit lediglich eine Vorfrage des nicht feststellungsfähigen Schuldnerverzuges sei. Denn Gegenstand eines Feststellungsurteils können auch einzelne sich aus einem umfassenderen Rechtsverhältnis ergebende Beziehungen oder Folgen eines Rechtsverhältnisses sowie der Umfang und der Inhalt einer Leistungspflicht sein (BGH, Urteile vom 16. Februar 1967 - II ZR 171/65, WM 1967, 419 unter II 1; vom 12. Dezember 1994 - II ZR 269/93, NJW 1995, 1097 unter 1; vom 7. März 2013 - VII ZR 223/11, NJW 2013, 1744 Rn. 16). Dabei muss sich das Feststellungsbegehren nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht , insbesondere auch auf einen streitigen Teil des Vertragsinhalts, beschränken (BGH, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 159/11, WM 2013, 232 Rn. 16; BAG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13, juris Rn. 16 mwN).
25
Das ist hier der Fall. Denn die von der Klägerin begehrte Feststellung des Fälligkeitszeitpunkts der von der Beklagten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 monatlich geschuldeten Abschlagszahlungen zielt darauf ab, den Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses insoweit abschließend dahin zu klären, wann die Beklagte ihrer ansonsten unstreitigen Leistungspflicht jeweils nachkommen muss.
26
bb) Die Feststellungsklage betrifft auch ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. Dem steht nicht entgegen, dass sie die künftige Fälligkeit der noch nicht entstandenen, sondern erst monatlich wiederkehrenden Ansprüche auf Zahlung eines Abschlages zum Gegenstand hat. Denn unter einem solchen Rechtsverhältnis ist nicht nur die - aus dem vorgetragenen Lebenssachverhalt abgeleitete - (bereits bestehende) konkrete rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen oder zu einem Gegenstand zu verstehen. Darunter fallen auch diejenigen Beziehungen, die aus einem bereits vorhandenen Rechtsverhältnis künftig als Rechtsfolge erwachsen, so dass etwa auch bedingte oder betagte Beziehungen die Grundlage einer Feststellungsklage bilden können. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt daher auch vor, wenn eine Verbindlichkeit noch nicht entstanden, aber für ihren späteren Eintritt der Grund in der Art gelegt ist, dass die Entstehung der Verbindlichkeit nur von dem Eintritt weiterer Umstände oder dem Zeitablauf abhängt (BGH, Urteile vom 25. Oktober2005 - II ZR 413/02, WM 2005, 95 unter II 1; vom 23. September 1987 - IVa ZR 59/86, NJW 1988, 774 unter 2 a).
27
Der danach erforderliche Grund des Anspruchs der Klägerin auf Erhalt monatlicher Abschläge und deren jeweilige Fälligkeit ist gegenwärtig bereits hinreichend angelegt. Denn zwischen den Parteien besteht auch nach Beendigung des zwischen den Parteien ursprünglich geschlossenen Einspeisevertrages noch ein bis zum voraussichtlichen Erreichen der gesetzlichen Vergütungsdauer (§ 22 EEG 2014) andauerndes gesetzliches Einspeiseschuldverhältnis (§ 7 EEG 2014), aus dem jeweils die fortdauernde Pflicht der Beklagten zur Leistung monatlicher Abschläge erwächst (§ 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012). Daraus abgeleitet kann die Klägerin - wie hier - zugleich die Feststellung beantragen , dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, an sie alle künftigen Abschlagszahlungen spätestens bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 159/11, aaO; BAG, Urteile vom 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13, aaO; vom 17. Januar 2012 - 3 AZR 135/10, juris Rn. 19 f.).
28
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Klägerin auch ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung hat (§ 256 Abs. 1 ZPO).
29
aa) Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 351/08, NJW 2010, 1877 Rn. 12 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn die Beklagte hat den von der Klägerin angenommenen Fälligkeitszeitpunkt für die zu erbringenden Abschläge zum Zehnten eines jeden der Einspeisung nachfolgenden Monats ernstlich bestritten und ab Juli 2011 jeweils nur noch zum Monatsende gezahlt (vgl. BGH, Urteile vom 7. Februar 1986 - V ZR 201/84, NJW 1986, 2507 unter II 1; vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99, NJW 2001, 1431 unter II 2).
30
bb) Zudem ist - als weiteres Erfordernis eines Feststellungsinteressesdas Feststellungsbegehren der Klägerin geeignet, den Streit der Parteien über die Leistung der Abschlagszahlungen und deren jeweilige Fälligkeit insgesamt zu beseitigen und das Rechtsverhältnis der Parteien in der erforderlichen Weise abschließend zu klären. Denn über weitere Voraussetzungen und Modalitäten der von der Beklagten geschuldeten Abschläge besteht - wie auch die Revision hervorhebt - zwischen den Parteien kein Streit, so dass die beantragte Feststellung des Fälligkeitszeitpunktes weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zu leistenden Abschlagszahlungen verhindert (vgl. BAG, Urteile vom 17. Januar 2012 - 3 AZR 135/10, aaO Rn. 20; vom 21. April 2010 - 4 AZR 755/08, juris Rn. 21).
31
cc) Das Feststellungsinteresse der Klägerin ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des grundsätzlichen Vorrangs einer Leistungsklage zu verneinen.
32
(1) Eine Leistungsklage auf Zahlung der jeweils fälligen Abschläge würde den Streitpunkt zwischen den Parteien nicht erledigen. Dieser Streit weist vielmehr über den Regelungsgegenstand einer solchen Leistungsklage hinaus. Denn die Klägerin erstrebt nicht nur für einzelne Monate, sondern für die gesamte Dauer des Einspeiseverhältnisses eine verbindliche Klärung, wann die monatlichen Abschläge jeweils fällig sind. Bei einer auf einen bestimmten Monat bezogenen Leistungsklage würde diese Frage dagegen nicht verbindlich entschieden. Die Klägerin könnte - worauf das Berufungsgericht mit Recht hinweist - zudem angesichts der Verfahrensdauer mit einer solchen Klage auch keine Zahlung zu dem von ihr angenommenen Fälligkeitstermin erreichen. Die Feststellungsklage hingegen lässt - wie vorstehend unter II 2 b bb ausgeführt und was für die Bejahung des erforderlichen Feststellungsinteresses ausreicht (vgl. Senatsurteil vom 6. November 2013 - VIII ZR 194/12, NVwZ 2014, 962 Rn. 11) - unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung des aufgetretenen Streitpunktes erwarten, da sie die Frage der Fälligkeit der Abschlagszahlungen in einem Prozess für die gesamte Dauer des zwischen den Parteien bestehenden Einspeiseverhältnisses ein für alle Mal verbindlich klärt.
33
(2) Nichts anderes folgt daraus, dass § 258 ZPO bei wiederkehrenden Leistungen eine Klage auf künftige Entrichtung auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen zulässt. Denn eine solche Klage könnte die Klägerin nicht mit Erfolg erheben. Wiederkehrend im Sinne des § 258 ZPO sind Ansprüche, die sich als einheitliche Folgen aus einem Rechtsverhältnis ergeben, so dass die einzelne Leistung in ihrer Entstehung nur noch vom Zeitablauf abhängig ist (BGH, Urteil vom 17. November 2006 - V ZR 71/06, NJW 2007, 294 Rn. 8). Allerdings muss dazu die Leistungspflicht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nach Grund und Höhe mit ausreichender Sicherheit feststehen (BGH, Urteil vom 17. November 2007 - V ZR 71/06, aaO Rn. 9). Dies ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die von der Beklagten gezahlten Abschläge - abhängig von der durch Fernauslesung erfassten Einspeisemenge des Vormonats - monatlich variieren.
34
(3) Es kann dahinstehen, ob es der Klägerin möglich und zumutbar wäre, eine Klage auf künftige Leistung der Abschläge (§ 259 ZPO) zu erheben. Denn die Möglichkeit einer solchen Klage steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage und dem dafür nach § 256 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse nicht entgegen (Senatsurteile vom 6. November 2013 - VIII ZR 194/12, aaO Rn. 13; vom 21. Januar 2004 - VIII ZR 99/03, NJW-RR 2004, 586 unter II 1 a mwN).
35
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch in der Sache selbst gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Abschlagszahlungen seien jeweils spätestens zum Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats fällig.
36
a) Der Anspruch der Klägerin auf die Zahlung von Abschlägen ergibt sich aus § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012. Danach müssen Netzbetreiber, die Anlagenbetreibern nach Maßgabe von § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 zur Vergütung von Strom aus Anlagen verpflichtet sind, die ausschließlich erneuerbare Energien oder Grubengas einsetzen, auf die zu erwartenden Zahlungen monatliche Abschläge in angemessenem Umfang leisten. An der fortbestehenden Anwendbarkeit von § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 hat auch § 19 Abs. 2 EEG 2014 nichts geändert, der die bisherige Regelung um eine Fälligkeitsbestimmung dahin ergänzt hat, dass die Abschläge monatlich jeweils zum Fünfzehnten für den Vormonat zu leisten sind. Denn nach der Übergangsvorschrift des § 100 Abs. 1 Nr. 10 EEG 2014 gilt für Anlagen, die - wie hier - vor dem 1. Januar 2012 in Betrieb genommen worden sind, gemäß der dort erfolgten Verweisung auf § 66 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EEG 2012 die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 unverändert weiter (vgl. BT-Drucks. 18/1891, aaO).
37
Ebenso wenig kann § 19 Abs. 2 EEG 2014 sonst etwas zum Fälligkeitszeitpunkt der in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 geregelten Abschläge entnommen werden. Weder ist der Gesetzesbegründung zu § 19 Abs. 2 EEG 2014 etwas zum Verständnis des Fälligkeitsdatums im bisherigen Recht zu entnehmen noch klingt darin ein Bestreben an, das bisherige Recht in diesem Sinne mit Anspruch auf Verbindlichkeit authentisch interpretieren zu wollen (BTDrucks. 18/1304, S. 126), ganz abgesehen davon, dass einer etwaigen verbindlichen Auslegung durch einen nachfolgenden Gesetzgeber auch gewisse Grenzen gezogen wären (vgl. BVerfG, NVwZ 2014, 577, 579 ff.).
38
b) Vergeblich will die Revision die Klage schon deshalb abgewiesen wissen , weil das Berufungsgericht nicht zwischen Abschlägen nach § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 und einer endgültig zu zahlenden Vergütung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 differenziert sowie verkannt habe, dass der Klägerin allein ein Anspruch auf monatliche Zahlung einer endgültigen Vergütung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 zustehe, so dass für monatliche Abschlagszahlungen kein Raum sei. Es kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen mit der Möglichkeit des Anlagenbetreibers zur Vornahme einer endgültigen Abrechnung das Recht zur vorläufigen Abrechnung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 erlischt (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 42 [zu § 16 Nr. 1 VOB/B]). Denn das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Voraussetzungen einer endgültigen Berechnung der gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 zu zahlenden Vergütung bereits im Anschluss an die Einspeisung des Vormonats vorliegen; übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision nicht auf. Die monatliche Erfassung der Einspeisemenge durch Fernauslesung allein reicht - was auch die Revision in anderem Zusammenhang einräumt - hierfür jedenfalls nicht aus. Vielmehr setzt dies zusätzlich den (jährlichen) Nachweis von weiteren Vergütungsvoraussetzungen voraus, namentlich zur jährlich zu ermittelnden Bemessungsleistung sowie - etwa durch Nachweise hinsichtlich der Einsatzstoffe - zu einsatzstoffspezifischen Voraussetzungen der Vergütungszahlungen einschließlich etwaiger Boni (vgl. BT-Drucks. 17/6071, S. 65; Reshöft/Schäfermeier/Reshöft, Erneuerbare- Energien-Gesetz, 4. Aufl., § 16 Rn. 36; zu Einzelheiten: Empfehlung der Clearingstelle EEG Nr. 2012/6 vom 21. Juni 2012, Rn. 49 ff., abrufbar unter https://www.clearingstelle-eeg.de/empfv/2012/6).
39
c) Zu Unrecht macht die Revision - in offenem Widerspruch zu ihrer vorangegangenen Aussage, zwischen den Parteien bestehe lediglich Uneinigkeit über das "Wann" der zu leistenden Abschlagszahlungen - unter Berufung auf die Empfehlung der Clearingstelle EEG 2012/6 vom 21. Juni 2012 (aaO Rn. 82) geltend, für die Leistung von Abschlägen komme es nicht nur auf die Menge des aus der Anlage der Klägerin eingespeisten Stroms an; die Klägerin hätte zur Höhe der zu erwartenden monatlichen Abschlagszahlungen vielmehr auch insoweit vortragen müssen, als diese von den bei der Stromerzeugung verwendeten , aus den Werten der Fernauslesung aber nicht ersichtlichen Einsatzstoffen abhängig sei. Das trifft nicht zu.
40
Abgesehen davon, dass die Beklagte selbst in einem Fehlen solcher monatlich angeblich mitzuliefernder Angaben kein Hindernis gesehen hat, Abschlagszahlungen - wenn auch mit einem dreiwöchigen Zeitversatz - zu leisten, zeigt die Revision keinen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen auf, wonach es über die vom Berufungsgericht herangezogenen Werte der Fernauslesung hinaus an Angaben fehlt, die zusätzlich für die Entstehung und Bemessung des Anspruchs der Klägerin auf monatliche Abschläge erforderlich sind. Allein schon die von der Beklagten geübte Praxis belegt das Gegenteil.
41
Zudem verkennt die Revision, dass über den erstmaligen und im Rahmen der jeweiligen Jahresendabrechnungen (vgl. §§ 71, 100 Abs. 1 EEG 2014) gegebenenfalls zu erneuernden Nachweis hinaus für die Entstehung und Fälligkeit von Abschlagszahlungen nicht sämtliche Vergütungsvoraussetzungen noch einmal fortlaufend Monat für Monat zusätzlich nachgewiesen werden müssen, sondern bei entsprechendem Erforderniserst mit der Jahresendabrechnung zu belegen sind, es sei denn, es bestünden - wie hier nicht - bereits unterjährig begründete Zweifel an deren Fortbestand (vgl. Lehnert/Thomas in Altrock/ Oschmann/Theobald, EEG, 4. Aufl., § 16 Rn. 43; Säcker/Thorbecke/ Schumacher, Berliner Kommentar zum Energierecht, 3. Aufl., § 16 EEG Rn. 60). Dementsprechend hat auch der Gesetzgeber für die in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 angeordnete Pflicht der Netzbetreiber zur Leistung von Abschlägen und deren Angemessenheit für den Regelfall (nur) an die geschätzte oder vorläufig berechnete Einspeisung anknüpfen wollen und zusätzlich darauf hingewiesen, dass diese Abschläge deshalb nur vorläufig sein können, weil die konkrete Vergütungs- und Bonushöhe zum Teil von Faktoren abhängt, die erst mit Ablauf eines Kalenderjahres berechnet werden können (BT-Drucks. 17/6071, aaO).
42
d) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 kein Fälligkeitszeitpunkt für die zu leistenden Abschläge zu entnehmen ist und dass diese Regelungslücke durch § 271 Abs. 1 BGB auszufüllen ist mit der Folge, dass die hier zu leistenden Abschläge spätestens am Zehnten jedes auf die Einspeisung folgenden Monats fällig und zahlbar sind.
43
aa) Anders als das Berufungsgericht meint, sind die in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 geregelten Abschläge jedoch nicht bereits als im Voraus fällig werdende Vorauszahlungen auf eine im Einspeisungsmonat erst noch zu erbringende Einspeiseleistung zu verstehen. Denn bei Abschlägen handelt es sich um einen in der Rechtssprache seit jeher gebräuchlichen und in Abgrenzung zu Vorauszahlungen verwendeten Begriff,durch den bereits erbrachte Leistungen vergütet zu werden pflegen, bei denen die genaue Vergütungshöhe mangels Abrechnung oder Abrechenbarkeit noch nicht feststeht (vgl. nur BGH, Urteile vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 373; vom 15. April 2004 - VII ZR 471/01, NJW-RR 2004, 957 unter II 1 a; BAG, NZA 1987, 485,

486).

44
Dass der Gesetzgeber, der den Begriff des Abschlags - in Abgrenzung zum Begriff der Vorauszahlung für eine erst künftig zu erbringende Leistung (vgl. § 556 Abs. 2, § 760 Abs. 1 BGB, § 14 Abs. 1 StromGVV/GasGVV, § 28 Abs. 1 AVBWasserV/AVBFernwärmeV) - auch in anderem Zusammenhang für die (vorläufige) Zahlung aufgrund bereits (teilweise) erbrachter Leistungen verwendet , die noch endgültig abzurechnen sind (vgl. etwa §§ 632a, 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 13 StromGVV/GasGVV, § 25 AVBWasserV/AVBFernwärmeV), mit diesem nach dem Wortsinn eindeutigen Begriff im Rahmen von § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 ein abweichendes Verständnis verbinden wollte, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil wollte der Gesetzgeber mit der ausdrücklichen Regelung von Abschlagszahlungen im Gesetz eine bestehende Praxis klarstellend festschreiben (BT-Drucks. 17/6071, aaO), die dadurch geprägt war, dass Abschlagszahlungen - wie hier seit 2002 durch die Beklagte - nachlaufend in dem auf die Einspeisung folgenden Monat geleistet wurden (Empfehlung der Clearingstelle EEG 2012/6 vom 21. Juni 2012, aaO Rn. 34). Dementsprechend wird der Begriff des Abschlags auch im Anwendungsbereich des EEG mit Recht überwiegend in seinem überkommenen Sinne verstanden (Empfehlung der Clearingstelle EEG 2012/6 vom 21. Juni 2012 aaO Rn. 22 ff.; Säcker/ Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 49; Lehnert/Thomas, aaO Rn. 42; aA Sachsenhauser , IR 2013, 26, 27 f.).
45
bb) Soweit der Gesetzgeber in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 die Leistung von monatlichen Abschlägen vorgeschrieben hat, hat er - in Abgrenzung etwa zu quartalsweisen Zahlungen - deren Periodizität geregelt, aber keine Aussage dazu getroffen, zu welchem Zeitpunkt der Abschlag innerhalb des jeweiligen Zahlmonats zu erbringen ist (vgl. Säcker/Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 53). Dafür, dass der Gesetzgeber die Frage des Zahlungszeitpunkts bewusst offen gelassen hat, um den Netzbetreibern etwa das Recht einzuräumen, den Zahlungszeitpunkt innerhalb des Zahlmonats frei zu bestimmen, oder dass er diesen Punkt sonst gänzlich ungeregelt wissen wollte, bietet die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/6071, aaO) keinen Anhalt.
46
Die so entstandene Regelungslücke ist deshalb durch Anwendung des in Betracht kommenden dispositiven Rechts, hier des § 271 Abs. 1 BGB, zu schließen. Denn für das gesetzlich regulierte Einspeiseschuldverhältnis (§ 7 EEG 2014, § 4 EEG 2012, § 4 EEG 2009, § 12 EEG 2004) mit seinem darin enthaltenen kaufrechtlichen Kern (vgl. Senatsurteile vom 26. November 2003 - VIII ZR 89/03, WM 2004, 745 unter II 2 a aa; vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 149/06, NJW 2007, 3637 Rn. 15; vom 6. April 2011 - VIII ZR 31/09, WM 2011, 1870 Rn. 31; ferner etwa Danner/Theobald/Oschmann, Energierecht, Stand 2014, § 4 EEG Rn. 15 mwN) hat es nach dem Willen des Gesetzgebers stets außer Zweifel gestanden, dass für Fragestellungen, die im EEG nicht oder nicht abschließend geregelt sind, auf das allgemeine Zivilrecht zurückzugreifen ist (vgl. BT-Drucks. 15/2864, S. 32, 45; 16/8148, S. 41, 46). Zu den danach heranzuziehenden Bestimmungen werden deshalb mit Recht etwa auch die in den §§ 269 f. BGB getroffenen Regelungen zum Leistungs- und Zahlungsort (Danner /Theobald/Oschmann, aaO; Hempel/Franke/Salje, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand Dezember 2012, § 16 EEG Rn. 9) oder in der vorliegenden Frage § 271 BGB gezählt (Säcker/Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 59; vgl. ferner Empfehlung der Clearingstelle EEG Nr. 2011/12 vom 9. Dezember 2011, Rn. 69, abrufbar unter https://www.clearingstelleeeg.de /empfv/2011/12).
47
cc) Gemäß § 271 Abs. 1 BGB, der für Schuldverhältnisse aller Art gilt (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 271 Rn. 3; BeckOK-BGB/Lorenz, Stand März 2011, § 271 Rn. 3) und deshalb grundsätzlich auch bei periodisch wiederkehrenden Leistungspflichten anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 - IV ZR 230/12, BGHZ 196, 150 Rn. 17; Staudinger/Bittner, BGB, Neubearb. 2014, § 271 Rn. 27), ist eine Leistung sofort fällig, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch den Umständen zu entnehmen ist. Eine Bestimmung der Leistungszeit durch Parteivereinbarung oder durch Gesetz liegt hier nicht vor. Die deshalb mangels gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmung der Leistungszeit heranzuziehenden Umstände ergeben in dem vom Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerfrei angenommenen Sinn, dass die im Streit stehenden Abschlagszahlungen spätestens bis zum Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats zu leisten sind.
48
(1) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe das Zusammenspiel der (Abschlags-)Zahlungen im gesetzlich vorgeschriebenen Abwälzungsmechanismus verkannt, welches dadurch geprägt sei, dass die vom Übertragungsnetzbetreiber nach § 35 EEG 2012 an die Beklagte zu leistenden Zahlungen Voraussetzung für die an die Klägerin zu leistenden Abschlagszahlungen seien, um eine sonst systemwidrig eintretende Zwischenfinanzierungslast der Beklagten zu vermeiden. Außerdem habe das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auch die bei der Beklagten bestehenden Möglichkeiten einer Fälligstellung ihrer vom Übertragungsnetzbetreiber zu beanspruchenden Zahlungen unzutreffend beurteilt. Diese Rüge greift bereits im Ansatz nicht durch.
49
Das Berufungsgericht hat unabhängig von seinen lediglich hilfsweise angestellten Überlegungen zu den Möglichkeiten des Netzbetreibers, seine vom Übertragungsnetzbetreiber zu beanspruchenden (Abschlags-)Zahlungen fällig zu stellen, ausgeführt, dass die Fälligkeit der vom Netzbetreiber an den Anlagenbetreiber zu zahlenden Abschläge weder von der Fälligkeit noch von der tatsächlichen Zahlung der vom Übertragungsnetzbetreiber an den Netzbetreiber zu zahlenden Abschläge abhänge. Das EEG sehe keine Regelung dahingehend vor, dass die Fälligkeit des Anspruchs nach § 16 Abs. 1 EEG 2012 von der Erfüllung des Anspruchs auf Abschlagszahlung nach § 35 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 abhängen solle; die Ansprüche seien vielmehr rechtlich voneinander unabhängig. Das trifft zu.
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Der von der Revision geforderte Gleich- oder sogar Nachlauf der Fälligkeiten der nach § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 vom Netzbetreiber einerseits und der nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 vom Übertragungsnetzbetreiber andererseits zu leistenden Abschlagszahlungen lässt sich - wie auch die Revisionserwiderung mit Recht anmerkt - aus dem Gesetz nicht herleiten. Im Gegenteil wurde - wie nunmehr sogar im Wortlaut des § 57 Abs. 1 EEG 2014 klargestellt - bereits der Vergütungsanspruch des Netzbetreibers gegen den Übertragungsnetzbetreiber nach § 35 Abs. 1 EEG 2012 und dem folgend der Anspruch auf Abschlagszahlungen nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 ganz überwiegend mit Recht nur als ein zur Abnahme- und Vergütungspflicht des aufnehmenden Netzbetreibers akzessorischer Erstattungsanspruch dahin aufgefasst, dass der aufnehmende Netzbetreiber vom Übertragungsnetzbetreiber nur das sollte erstattet verlangen können, was er zuvor selbst bereits an den Anlagenbetreiber für die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien vergütet hatte (Altrock in Altrock/Oschmann/Theobald, aaO, § 35 Rn. 13, 28; BeckOKEEG /Böhme, Stand Mai 2014, § 35 Rn. 6; jeweils mwN).
51
(2) Nach der Auslegungsregel des § 271 Abs. 1 BGB sind die von der Beklagten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 zu erbringenden Abschlagszahlungen deshalb sofort nach Ablauf jedes Einspeisemonats, jedenfalls aber dann fällig, wenn für die Beklagte nach den Umständen die Möglichkeit besteht, die Höhe der von ihr zu leistenden Abschläge aufgrund der dazu erforderlichen Nachweise zu ermitteln (Säcker/Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 60; vgl. auch BGH, Urteil vom 28. September 1989 - VII ZR 298/88, NJW 1990, 1170 unter 2 b; MünchKommBGB/Krüger, BGB, 6. Aufl., § 271 Rn. 30). Das ist - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - mangels eines Erfordernisses weiterer Nachweise (dazu vorstehend unter II 3 c) der Fall, wenn die Einspeisemenge durch Fernauslesung von der Beklagten erfasst worden ist. Denn dadurch wird die Beklagte in die Lage versetzt, an Hand der gemessenen Einspeiseleistung die in etwa angefallene Einspeisevergütung vorläufig zu berechnen und den sich danach ergebenden Betrag an die Klägerin auszuzahlen. Den hierzu von der Klägerin eingeräumten Zeitraum von zehn Tagen nach Ablauf des vorangegangenen Monats hat das Berufungsgericht ebenfalls ohne Rechtsfehler nach den Umständen für angemessen erachtet. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 28.03.2013 - 21 O 1469/12 -
OLG München, Entscheidung vom 13.02.2014 - 14 U 1823/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 139/07 Verkündet am:
20. Februar 2008
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Mieter hat gegen den Vermieter keinen Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung
einer von ihm als unberechtigt erachteten Abmahnung. Eine Klage auf Feststellung
, dass eine vom Vermieter erteilte Abmahnung aus tatsächlichen Gründen unberechtigt
war, ist unzulässig.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 139/07 - LG Köln
AG Köln
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 3. Mai 2007 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist langjähriger Mieter einer Wohnung der Beklagten. In einem als Abmahnung gekennzeichneten Schreiben teilte die Beklagte dem Kläger im Sommer 2005 mit, dass sie eine Beschwerde erhalten habe, in der ihm zur Last gelegt werde, sich bei den Ruhezeiten nicht an die Hausordnung gehalten und durch ein häufig überlaut eingestelltes Fernsehgerät Mitmieter und Nachbarn erheblich gestört zu haben. Gleichzeitig forderte sie ihn zur Einhaltung der Hausordnung auf und drohte ihm für den Fall erneuter Beschwerde die fristlose Kündigung an. Dem tritt der Kläger, der solche Vorfälle bestreitet, entgegen und verlangt Beseitigung der Abmahnung, hilfsweise deren Unterlassung (erster Hilfsantrag) sowie weiter hilfsweise die Feststellung der Unrechtmäßigkeit der Abmahnung (zweiter Hilfsantrag).
2
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht hat mit der Vorinstanz ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers verneint und die Klage (als unzulässig) abgewiesen. Nach seiner Auffassung führt die mietvertragliche Abmahnung zu keiner rechtlichen Beeinträchtigung des Klägers, die einer gerichtlichen Inanspruchnahme bedürfe. Die Abmahnung solle den Mieter nur darüber informieren, welches tatsächliche Verhalten vom Vermieter missbilligt werde. Soweit die Abmahnung Tatbestandsvoraussetzung für ein mögliches weiteres Vorgehen des Vermieters im Falle von Zuwiderhandlungen sei, seien die Rechte des Mieters dadurch gewahrt, dass er etwa in einem späteren Kündigungsprozess die Möglichkeit habe, die Berechtigung der Abmahnung überprüfen zu lassen.

II.

5
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg. Hinsichtlich der Leistungsanträge auf Beseitigung und Unterlassung fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Den Feststellungsantrag hat das Berufungsgericht mit Recht als unzulässig angesehen.
6
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Beklagten ausgesprochene Abmahnung, wie der Kläger geltend macht, unberechtigt war. Auch bei einer unberechtigten Abmahnung kann der Mieter vom Vermieter weder Besei- tigung noch Unterlassung der Abmahnung verlangen. Ein solcher Anspruch ist weder in §§ 535 ff. BGB noch sonst geregelt. Er lässt sich auch nicht aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB herleiten, weil eine unberechtigte Abmahnung den Mieter noch nicht in seinen Rechten verletzt.
7
a) Bei der in §§ 541, 543 Abs. 3 BGB angesprochenen Abmahnung handelt es sich um eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, die darauf abzielt, der anderen Vertragspartei ein bestimmtes, als Vertragsverletzung beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen, und zwar verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten zur Vermeidung weiterer vertragsrechtlicher Konsequenzen aufzugeben oder zu ändern (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2006 - VIII ZR 364/04, NJW 2006, 1585, unter II 2 b; BGH, Urteil vom 18. November 1999 - III ZR 168/98, NZM 2000, 241, unter II 2; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 541 BGB Rdnr. 5 m.w.N.). Darin erschöpfen sich ihre gegenwärtigen Wirkungen für den abgemahnten Mieter. Insbesondere ändert die Abmahnung nichts daran, dass der Vermieter, wenn er sich in einem späteren Kündigungsrechtsstreit auf das abgemahnte Verhalten stützen will, durch die Abmahnung keinen Beweisvorsprung erlangt, sondern den vollen Beweis für die vorausgegangene Pflichtwidrigkeit zu führen hat.
8
b) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich die arbeitsrechtliche Beurteilung zu den Folgen einer fehlerhaften Abmahnung nicht auf das Mietvertragsrecht übertragen. Im Arbeitsrecht wird dem Arbeitnehmer über § 242 BGB und eine entsprechende Anwendung von § 1004 BGB ein Beseitigungsanspruch gegen eine zu Unrecht erteilte Abmahnung zugebilligt (dazu BAG, NZA 1986, 227, 228; NZA 1997, 145, 146; NZA 2002, 965, 966). Grundlage der Zubilligung eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs gegen eine auf arbeitsrechtlichem Gebiet liegende Abmahnung sind die ausgeprägte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers sowie damit einhergehend weitgehende persönlich- keitsrechtliche Pflichtenbindungen. Diese sind im Mietvertragsrecht - wenn überhaupt - jedenfalls nicht in einer auch nur annähernd vergleichbaren Form anzutreffen (vgl. dazu MünchKommBGB/Häublein, 5. Aufl., § 535 Rdnr. 147 f. m.w.N.).
9
2. Das weiter hilfsweise erhobene Feststellungsbegehren, dass die von der Beklagten erteilte Abmahnung unberechtigt sei, ist unzulässig, weil es nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet ist. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage kann - abgesehen von der Echtheit einer Urkunde - nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Dazu können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten gehören, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGHZ 68, 331, 332; Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 21/91, WM 1991, 2081, unter II 1; BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, NJW 2000, 2280, unter 1 a). Hier geht es dem Kläger nicht darum, die mietvertragliche Zulässigkeit eines von ihm praktizierten Mietgebrauchs oder dessen durch die Abmahnung in Frage gestellte Grenzen klären zu lassen. Denn es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Kläger durch Verursachung von Lärm oder eine Nichteinhaltung der Ruhezeiten, wie es ihm in der Abmahnung angelastet wird, seine vertraglichen Pflichten verletzen würde. Er will mit seinem Feststellungsbegehren vielmehr die Tatsache geklärt wissen, ob er die ihm angelastete Verletzungshandlung begangen hat, um auf diesem Wege einen verbindlichen Ausspruch über die (Un-) Wirksamkeit der hierauf gestützten Abmahnung zu erlangen. Weder die von ihm zur Klärung gestellte Tatsache noch die Bewertung der hieran anknüpfenden Abmahnung als vertrags- oder rechtswidrig sind jedoch feststellungsfähig. Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 22.03.2006 - 217 C 206/05 -
LG Köln, Entscheidung vom 03.05.2007 - 1 S 150/06 -

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 139/07 Verkündet am:
20. Februar 2008
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Mieter hat gegen den Vermieter keinen Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung
einer von ihm als unberechtigt erachteten Abmahnung. Eine Klage auf Feststellung
, dass eine vom Vermieter erteilte Abmahnung aus tatsächlichen Gründen unberechtigt
war, ist unzulässig.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 139/07 - LG Köln
AG Köln
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 3. Mai 2007 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist langjähriger Mieter einer Wohnung der Beklagten. In einem als Abmahnung gekennzeichneten Schreiben teilte die Beklagte dem Kläger im Sommer 2005 mit, dass sie eine Beschwerde erhalten habe, in der ihm zur Last gelegt werde, sich bei den Ruhezeiten nicht an die Hausordnung gehalten und durch ein häufig überlaut eingestelltes Fernsehgerät Mitmieter und Nachbarn erheblich gestört zu haben. Gleichzeitig forderte sie ihn zur Einhaltung der Hausordnung auf und drohte ihm für den Fall erneuter Beschwerde die fristlose Kündigung an. Dem tritt der Kläger, der solche Vorfälle bestreitet, entgegen und verlangt Beseitigung der Abmahnung, hilfsweise deren Unterlassung (erster Hilfsantrag) sowie weiter hilfsweise die Feststellung der Unrechtmäßigkeit der Abmahnung (zweiter Hilfsantrag).
2
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht hat mit der Vorinstanz ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers verneint und die Klage (als unzulässig) abgewiesen. Nach seiner Auffassung führt die mietvertragliche Abmahnung zu keiner rechtlichen Beeinträchtigung des Klägers, die einer gerichtlichen Inanspruchnahme bedürfe. Die Abmahnung solle den Mieter nur darüber informieren, welches tatsächliche Verhalten vom Vermieter missbilligt werde. Soweit die Abmahnung Tatbestandsvoraussetzung für ein mögliches weiteres Vorgehen des Vermieters im Falle von Zuwiderhandlungen sei, seien die Rechte des Mieters dadurch gewahrt, dass er etwa in einem späteren Kündigungsprozess die Möglichkeit habe, die Berechtigung der Abmahnung überprüfen zu lassen.

II.

5
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg. Hinsichtlich der Leistungsanträge auf Beseitigung und Unterlassung fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Den Feststellungsantrag hat das Berufungsgericht mit Recht als unzulässig angesehen.
6
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Beklagten ausgesprochene Abmahnung, wie der Kläger geltend macht, unberechtigt war. Auch bei einer unberechtigten Abmahnung kann der Mieter vom Vermieter weder Besei- tigung noch Unterlassung der Abmahnung verlangen. Ein solcher Anspruch ist weder in §§ 535 ff. BGB noch sonst geregelt. Er lässt sich auch nicht aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB herleiten, weil eine unberechtigte Abmahnung den Mieter noch nicht in seinen Rechten verletzt.
7
a) Bei der in §§ 541, 543 Abs. 3 BGB angesprochenen Abmahnung handelt es sich um eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, die darauf abzielt, der anderen Vertragspartei ein bestimmtes, als Vertragsverletzung beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen, und zwar verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten zur Vermeidung weiterer vertragsrechtlicher Konsequenzen aufzugeben oder zu ändern (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2006 - VIII ZR 364/04, NJW 2006, 1585, unter II 2 b; BGH, Urteil vom 18. November 1999 - III ZR 168/98, NZM 2000, 241, unter II 2; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 541 BGB Rdnr. 5 m.w.N.). Darin erschöpfen sich ihre gegenwärtigen Wirkungen für den abgemahnten Mieter. Insbesondere ändert die Abmahnung nichts daran, dass der Vermieter, wenn er sich in einem späteren Kündigungsrechtsstreit auf das abgemahnte Verhalten stützen will, durch die Abmahnung keinen Beweisvorsprung erlangt, sondern den vollen Beweis für die vorausgegangene Pflichtwidrigkeit zu führen hat.
8
b) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich die arbeitsrechtliche Beurteilung zu den Folgen einer fehlerhaften Abmahnung nicht auf das Mietvertragsrecht übertragen. Im Arbeitsrecht wird dem Arbeitnehmer über § 242 BGB und eine entsprechende Anwendung von § 1004 BGB ein Beseitigungsanspruch gegen eine zu Unrecht erteilte Abmahnung zugebilligt (dazu BAG, NZA 1986, 227, 228; NZA 1997, 145, 146; NZA 2002, 965, 966). Grundlage der Zubilligung eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs gegen eine auf arbeitsrechtlichem Gebiet liegende Abmahnung sind die ausgeprägte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers sowie damit einhergehend weitgehende persönlich- keitsrechtliche Pflichtenbindungen. Diese sind im Mietvertragsrecht - wenn überhaupt - jedenfalls nicht in einer auch nur annähernd vergleichbaren Form anzutreffen (vgl. dazu MünchKommBGB/Häublein, 5. Aufl., § 535 Rdnr. 147 f. m.w.N.).
9
2. Das weiter hilfsweise erhobene Feststellungsbegehren, dass die von der Beklagten erteilte Abmahnung unberechtigt sei, ist unzulässig, weil es nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet ist. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage kann - abgesehen von der Echtheit einer Urkunde - nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Dazu können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten gehören, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGHZ 68, 331, 332; Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 21/91, WM 1991, 2081, unter II 1; BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, NJW 2000, 2280, unter 1 a). Hier geht es dem Kläger nicht darum, die mietvertragliche Zulässigkeit eines von ihm praktizierten Mietgebrauchs oder dessen durch die Abmahnung in Frage gestellte Grenzen klären zu lassen. Denn es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Kläger durch Verursachung von Lärm oder eine Nichteinhaltung der Ruhezeiten, wie es ihm in der Abmahnung angelastet wird, seine vertraglichen Pflichten verletzen würde. Er will mit seinem Feststellungsbegehren vielmehr die Tatsache geklärt wissen, ob er die ihm angelastete Verletzungshandlung begangen hat, um auf diesem Wege einen verbindlichen Ausspruch über die (Un-) Wirksamkeit der hierauf gestützten Abmahnung zu erlangen. Weder die von ihm zur Klärung gestellte Tatsache noch die Bewertung der hieran anknüpfenden Abmahnung als vertrags- oder rechtswidrig sind jedoch feststellungsfähig. Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 22.03.2006 - 217 C 206/05 -
LG Köln, Entscheidung vom 03.05.2007 - 1 S 150/06 -

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.

(1) Die Versicherung umfasst auch die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die durch die Abwehr der von einem Dritten geltend gemachten Ansprüche entstehen, soweit die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist. Die Versicherung umfasst ferner die auf Weisung des Versicherers aufgewendeten Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das wegen einer Tat eingeleitet wurde, welche die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnte. Der Versicherer hat die Kosten auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorzuschießen.

(2) Ist eine Versicherungssumme bestimmt, hat der Versicherer die Kosten eines auf seine Veranlassung geführten Rechtsstreits und die Kosten der Verteidigung nach Absatz 1 Satz 2 auch insoweit zu ersetzen, als sie zusammen mit den Aufwendungen des Versicherers zur Freistellung des Versicherungsnehmers die Versicherungssumme übersteigen. Dies gilt auch für Zinsen, die der Versicherungsnehmer infolge einer vom Versicherer veranlassten Verzögerung der Befriedigung des Dritten diesem schuldet.

(3) Ist dem Versicherungsnehmer nachgelassen, die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden, hat der Versicherer die Sicherheitsleistung oder Hinterlegung zu bewirken. Diese Verpflichtung besteht nur bis zum Betrag der Versicherungssumme; ist der Versicherer nach Absatz 2 über diesen Betrag hinaus verpflichtet, tritt der Versicherungssumme der Mehrbetrag hinzu. Der Versicherer ist von der Verpflichtung nach Satz 1 frei, wenn er den Anspruch des Dritten dem Versicherungsnehmer gegenüber als begründet anerkennt.

Tenor

Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) werden verurteilt, an die Klägerin 900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 149/03 Verkündetam:
7.Februar2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
AHaftpflichtVB (AHB) § 3, § 5

a) Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist Hauptleistungspflicht
des Haftpflichtversicherers; sie umfasst nach den AHB die Führung
des Haftpflichtprozesses auf seine Kosten einschließlich der Auswahl und
Beauftragung des Anwalts.

b) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich
zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt.

c) Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Vereinbarung, mit der die Abwehr
des Anspruchs dem Versicherungsnehmer übertragen wird.
BGH, Urteil vom 7. Februar 2007 - IV ZR 149/03 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal
-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom
7. Februar 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 16. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin hat gegen die Versicherungsnehmerin des beklagten Haftpflichtversicherers Schadensersatzansprüche erhoben. Mit der Klage macht sie diese Schadensersatzansprüche und den Anspruch der Versicherungsnehmerin auf Deckungsschutz aus zwei von dieser bei der Beklagten unterhaltenen Betriebshaftpflichtversicherungen mit einer Deckungssumme von insgesamt 11 Mio. DM geltend. Den Verträgen liegen Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde, die den vom GDV empfohlenen Musterbedingungen - Stand Juni 1997 - entsprechen (abgedruckt bei Littbarski, Haftpflichtversicherung S. 22 ff.).
2
Die Klägerin stellt Kolben für Automotoren her, die sie unter anderem an die V. AG und die A. AG liefert. Ab Juni 1999 beauftragte sie die Versicherungsnehmerin der Beklagten, die H. Metallveredelung GmbH (HMV), die Kolben durch einen Waschvorgang auf die anschließend von ihr selbst vorzunehmende Graphitbeschichtung vorzubereiten. Am 23. Dezember 1999 meldete die V. AG der Klägerin Motorschäden wegen defekter Kolben aus der Produktionszeit von Mitte Oktober bis Mitte November 1999. Die V. AG nahm die Klägerin wegen der Kosten für den Rückruf von Fahrzeugen und Reparaturen in Höhe von circa 39 Mio. DM in Anspruch.
3
Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 meldete die Klägerin bei der HMV Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe an mit der Begründung, Ursache des Schadens sei ein fehlerhafter Waschvorgang, der zur Ablösung der Graphitschicht geführt habe. Die HMV leitete das Schreiben an die Beklagte weiter. Diese erbat von der HMV mit Schreiben vom 16. Februar 2000 nähere Auskünfte zum Schadenshergang. Abschließend fragte sie, weshalb der Erstbeitrag erst am 6. Dezember 1999 ausgeglichen worden sei, obwohl der Versicherungsschein bereits Anfang Oktober zugegangen sei. Ferner wies sie darauf hin, dass der Schaden an den Kolben als Bearbeitungsschaden nach § 4 I Nr. 6 b AHB nicht gedeckt sei. Am 30. März 2000 trat die HMV ihre Ansprüche auf Versicherungsschutz gegen die Beklagte an die Klägerin ab. Anfang April 2000 übersandte die HMV den Entwurf der gegen sie beabsichtigten Schadensersatzklage an die Beklagte. Mit Schreiben vom 10. April 2000 erbat diese von der HMV weitere Auskünfte und kündigte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadensursache an. Weiter wies sie darauf hin, dass für Lieferungen zwischen Erhalt des Versicherungsscheins und Zahlung des Erstbeitrags am 6. Dezember 1999 kein Versicherungsschutz bestehe. Hinsichtlich anderer Lieferungen bestehe Deckungsschutz nur unter der auflösenden Bedingung, dass die HMV nur deshalb für den Schaden hafte, weil sie die Klägerin in der Qualitätssicherungsvereinbarung vom Juni 1999 von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit habe. Der Ausschluss für Bearbeitungsschäden wurde erneut erwähnt. Schließlich wurde die HMV gefragt, ob sie mit einem Anwalt zusammenarbeite, den sie auch in dieser Sache beauftragen möchte. Am 8. Mai 2000 wurde der HMV die angekündigte Klage zugestellt, die sie der Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2000 zuleitete. Gleichzeitig teilte sie mit, bisher noch keinen Anwalt beauftragt zu haben, und stellte die Frage nach Unterstützung durch die Beklagte. Diese versprach mit Schreiben vom 16. Mai 2000 "bestmögliche Unterstützung" , die Untersuchungen durch den Sachverständigen würden noch laufen. Weiter heißt es, es sei allerdings unbedingt erforderlich, dass die HMV zur Wahrung der Fristen einen Anwalt mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen beauftrage. Sie solle mitteilen, welchem Rechtsanwalt sie das Mandat erteilt habe, damit eine Kontaktaufnahme möglich sei. Am 17. und 31. Mai 2000 telefonierte der Sachbearbeiter der Beklagten mit dem Geschäftsführer der HMV. Der Inhalt der Gespräche ist streitig.
4
Da die HMV sich nicht anwaltlich vertreten ließ, erging am 29. Mai 2000 im schriftlichen Verfahren Versäumnisurteil, das beiden Parteien am 6. Juni 2000 zugestellt und nach Ablauf der Einspruchsfrist rechtskräftig wurde. Von der Zustellung des Versäumnisurteils informierte die HMV die Beklagte nicht. Die HMV wurde zur Zahlung eines Teilbetrages von 1.116.799 DM nebst Zinsen verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass sie jeden weiteren Schaden zu ersetzen habe, den die V. AG und die A. AG gegen die Klägerin wegen der Ablösung der Graphitbeschichtung der Kolben geltend mache. Aufgrund des Versäumnisurteils ließ die Klägerin die Ansprüche der HMV gegen die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungssumme pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Dadurch erfuhr die Beklagte vom Erlass des Versäumnisurteils. Mit Schreiben vom 24. Juli 2000 versagte sie den Versicherungsschutz wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 AHB mit der Begründung, die HMV habe entgegen ihrer Ankündigung keinen Anwalt mit der Abwehr der Ansprüche beauftragt und sie nicht von der Zustellung des Versäumnisurteils unterrichtet.
5
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung der vollen Deckungssumme von 11 Mio. DM, hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Schadensfalles Deckungsschutz aus beiden Versicherungsverträgen zu gewähren habe. Die Klägerin meint, aufgrund der Abtretung der Versicherungsansprüche vom 30. März 2000 und des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses könne sie die Beklagte unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen.
6
Die Beklagte bestreitet die Verursachung des Schadens durch die HMV und beruft sich im Übrigen auf das Abtretungsverbot in § 7 Nr. 3 AHB und weist darauf hin, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Versicherungsansprüche nur in Höhe des Zahlungsanspruchs im Versäumnisurteil erfasse. Sie sei, wie im Ablehnungsschreiben vom 24. Juli 2000 ausgeführt, wegen Obliegenheitsverletzung von der Leistungspflicht frei. Die Hinnahme des Versäumnisurteils stelle zudem ein Anerkenntnis dar, das nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 5 AHB zur Leis- tungsfreiheit führe. Der Versicherungsschutz sei im Übrigen nach § 4 I Nr. 1 AHB ausgeschlossen, weil die Freistellung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB die Haftung der HMV über den gesetzlichen Umfang hinaus erweitert habe. In der die Produkthaftpflicht einschließenden Versicherung mit der Endnummer 095 bestehe wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie kein Versicherungsschutz. Schließlich sei sie wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei.
7
Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 1.116.779 DM nebst Zinsen und dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag mit Ausnahme solcher Ansprüche stattgegeben, die Schäden an den von der HMV bearbeiteten Kolben selbst betreffen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
Das I. Oberlandesgericht hält die Beklagte wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und 5 AHB für leistungsfrei.
10
Die HMV habe die Weisung der Beklagten gemäß § 5 Nr. 3 AHB nicht beachtet, als sie das Versäumnisurteil vom 29. Mai 2000 gegen sich ergehen und nachfolgend habe rechtskräftig werden lassen. Darin liege zugleich ein Verstoß gegen das Anerkenntnisverbot nach § 5 Nr. 5 AHB. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte die HMV angewiesen habe, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen. Die Beklagte habe Versicherungsschutz nicht verweigert, sondern im Schreiben vom 16. Mai 2000 ausdrücklich bestmögliche Unterstützung zugesagt. Das weisungswidrige Verhalten der HMV, nämlich Nichteinschalten eines Rechtsanwalts, Nichtanzeige der Verteidigungsbereitschaft und Rechtskräftigwerdenlassen des Versäumnisurteils, verliere seine Eigenschaft als Obliegenheitsverletzung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb, weil die Beklagte abweichend von § 3 II AHB die Prozessführung vollständig auf die HMV übertragen hätte. Sie habe der HMV lediglich die Auswahl des Rechtsanwalts überlassen, um dem von ihr für möglich gehaltenen Vorwurf zu entgehen, durch die Wahl eines möglicherweise ungeeigneten Rechtsanwalts zu einem denkbaren existenzbedrohenden Prozessverlust beigetragen zu haben.
11
Das II. hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zutreffend ausführt, den Inhalt der Leistungspflicht der Beklagten einerseits und der Obliegenheiten der HMV andererseits verkannt.
12
1. a) Die Leistungspflicht der Beklagten umfasst - wie allgemein in der Haftpflichtversicherung - nach § 3 II Nr. 1 AHB die Prüfung der Haftpflichtfrage , die Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie den Ersatz der Entschädigung, welche der Versicherungsnehmer aufgrund eines von dem Versicherer abgegebenen oder genehmigten Anerkenntnisses, eines von ihm geschlossenen oder genehmigten Vergleichs oder einer richterlichen Entscheidung zu zahlen hat. Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenso wie die Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche eine mit dieser gleichrangige Hauptleistungspflicht des Versicherers und nicht nur eine untergeordnete Nebenpflicht (BGHZ 119, 276, 281; Urteile vom 21. Januar 1976 - IV ZR 123/74 - VersR 1976, 477 unter I und vom 20. Februar 1956 - II ZR 6/55 - VersR 1956, 186 unter 2). Der Versicherer hat nicht das Recht, die mit der Abwicklung der Haftpflichtverbindlichkeiten verbundenen Mühen und Kosten auf den Versicherten abzuwälzen (BGHZ 15, 154, 159). Den Inhalt der Rechtsschutzverpflichtung hat der Senat in dem Urteil in BGHZ (119 aaO) wie folgt beschrieben: "Will er (der Versicherer) den Anspruch bestreiten, so muss er alles tun, was zu dessen Abwehr notwendig ist; er allein trägt die aus der Prüfung und Abwehr folgende Arbeitslast und Verantwortung. Demgemäß hat er im Haftpflichtprozess die Interessen des Versicherten so zu wahren, wie das ein von diesem beauftragter Anwalt tun würde. Weil grundsätzlich sein Abwehrinteresse dem des Versicherten entspricht, ist das im Regelfall unproblematisch. Wegen des umfassend versprochenen Rechtsschutzes gilt das aber sogar dann, wenn eine Kollision zwischen den Interessen des Versicherten und denen des Versicherers einmal nicht zu vermeiden ist. In diesem Fall muss der Versicherer seine eigenen Interessen hintanstellen. Nur diese weite Auslegung des Leistungsversprechens kann den mit der Haftpflichtversicherung bezweckten Schutz gewährleisten."
13
umfassende Die Verantwortlichkeit des Versicherers für die Abwehr des Haftpflichtanspruchs ergibt sich insbesondere für den Fall des Rechtsstreits unmissverständlich aus weiteren Klauseln der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (z.T. anders in der Vermögensschaden -Haftpflichtversicherung, vgl. Voit/Knappmann in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. AVBVermögen/WB § 5 Rdn. 3 § 1 Rdn. 1). Nach § 3 II Nr. 3 AHB führt der Versicherer den Rechtsstreit im Namen des Versicherungsnehmers auf seine Kosten. Den Versicherungsnehmer trifft die Obliegenheit, die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen, dem von dem Versicherer bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder dem Versicherer für nötig gehaltenen Aufklärungen zu geben (§ 5 Nr. 4 AHB). Zur Disposition über den Haftpflichtanspruch durch Anerkenntnis oder Befriedigung ist der Versicherungsnehmer ohne vorherige Zustimmung des Versicherers nicht berechtigt (§ 5 Nr. 5 AHB). Nach § 5 Nr. 7 AHB gilt der Versicherer als bevollmächtigt, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 - IV ZR 329/05 - VersR 2006, 1676 unter II 2 c). Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, hat er dies dem Versicherer nur unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB), alles Weitere ist Sache des Versicherers, insbesondere die Auswahl und Beauftragung des Rechtsanwalts auf seine Kosten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1963 - II ZR 71/61 - VersR 1963, 421 unter III).
14
b) Der Versicherer, der seiner so beschriebenen Rechtsschutzverpflichtung nicht nachkommt, verhält sich vertragswidrig.
15
aa) Ist der Versicherer von seiner Leistungsfreiheit überzeugt und lehnt er den Deckungsschutz vorbehaltlos ab, lässt er dem Versicherungsnehmer konkludent zur Regulierung freie Hand und gibt seine umfassende Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf (BGHZ 119, 276, 282). Die Gefahr, bei dieser freien Entscheidung die Deckungspflicht unrichtig zu beurteilen, kann er nicht auf den Versicherungsnehmer abwälzen. Er kann nicht gleichzeitig einerseits sich seiner vertraglichen Hauptpflicht entledigen, den Versicherungsnehmer von der Führung und den Folgen des Haftpflichtprozesses zu befreien, und andererseits dennoch in Anspruch nehmen, an das Ergebnis des notgedrungen vom Versicherungsnehmer allein geführten Haftpflichtprozesses nicht gebunden zu sein. Nach Leistungsablehnung hat der Versicherungsnehmer auch keine Obliegenheiten mehr zu erfüllen (BGHZ 107, 368, 370 f.; BGH, Urteile vom 7. November 1966 - II ZR 12/65 - VersR 1967, 27 unter III und vom 21. Februar 1963 aaO; Prölss in Prölss/Martin , aaO § 6 Rdn. 33).
16
bb) Hat der Versicherer ernsthafte Anhaltspunkte für seine Leistungsfreiheit , kann er aber wegen noch unklarer Sachlage darüber nicht abschließend befinden, muss er sich entscheiden, ob er Deckungsschutz gewährt oder nicht, und seine Entscheidung dem Versicherungsnehmer bekannt geben. Der Versicherer kann seiner Rechtsschutzverpflichtung in einer solchen Lage auch dadurch genügen, dass er den Rechtsschutz übernimmt unter dem Vorbehalt, die Deckung je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses abzulehnen (BGH, Urteile vom 20. September 1978 - IV ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I und vom 7. November 1966 aaO).
17
Dagegen cc) stellt es keine ordnungsgemäße Erfüllung der Rechtsschutzverpflichtung dar, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber leistungsbefreiende Umstände ins Feld führt, den Versicherungsnehmer aber im Unklaren darüber lässt, ob er Deckungsschutz erhält. Seine Entscheidung darüber hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer unverzüglich, spätestens aber dann mitzuteilen , wenn er die Anzeige von der gerichtlichen Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs nach § 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB erhalten hat. Der Versicherer weiß, dass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt dringender Handlungsbedarf besteht, weil dem Versicherungsnehmer allein wegen Fristablaufs Rechtsnachteile in Gestalt eines Vollstreckungsbescheids oder Versäumnisurteils drohen. Deshalb hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt, später je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses Leistungsfreiheit geltend zu machen. Gibt der Versicherer eine solche Erklärung nicht ab, nimmt er seine Pflicht zur Abwehr des Anspruchs nicht wahr und gibt damit zugleich seine Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf. Er ist deshalb, solange er seiner Rechtsschutzverpflichtung nicht bedingungsgemäß nachkommt, so zu behandeln, als habe er dem Versicherungsnehmer zur Regulierung freie Hand gelassen. Der Versicherungsnehmer ist demgemäß auch nicht mehr obliegenheitsgebunden. Die Versicherungsbedingungen gestatten es dem Versicherer nicht, sich einer klaren Entscheidung über seine Verpflichtung zum Rechtsschutz zu enthalten, den Versicherungsnehmer darüber im Ungewissen zu lassen und die Arbeits- und Kostenlast sowie das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf ihn abzuwälzen, sich aber gleichwohl vorzubehalten , an die Regulierungsentscheidung des Versicherungsnehmers nicht gebunden zu sein, ihn an seinen Obliegenheiten festzuhalten und sich über die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten hinaus wegen mangelhafter oder weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit zu berufen.
18
c)DenParteien des Versicherungsvertrages ist es allerdings nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht verwehrt, nach Erhebung des Anspruchs auf Deckungsschutz von den Bedingungen abweichende Vereinbarungen darüber zu treffen, wie die Leistungspflicht des Versicherers erfüllt werden soll. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Versicherer nach Treu und Glauben gehalten ist, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Die Abwehrfunktion der Haftpflichtversicherung ist unter den Versicherungsnehmern nicht immer genügend bekannt (Littbarski, Haftpflichtversicherung Vorbemerkungen Rdn. 48). Insbesondere ist für den Versicherungsnehmer nur schwer durchschaubar, was die Abwehrverpflichtung im Einzelnen bedeutet. Gewährt der Versicherer Versicherungsschutz , will er aber die Abwehr des Anspruchs (ganz oder teilweise) in die Hand des Versicherungsnehmers legen, hat er darüber aufzuklären, dass die Gewährung von Rechtsschutz nach dem Vertrag Sache des Versicherers ist, er den Prozess zu führen und den Anwalt auszuwählen, zu beauftragen und zu bezahlen hat (vgl. zu Vereinbarungen über die Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung die Senatsurteile vom 7. Februar 2007 - IV ZR 244/03 - zur Veröffentlichung vorgesehen - und vom 12. November 2003 - IV ZR 173/02 - VersR 2004, 96 unter II 1 b). Nur so ist der Versicherungsnehmer in der Lage, verantwortlich darüber zu entscheiden, auf welche Beschränkungen seiner vertraglichen Rechte er sich einlassen will. Übernimmt der Versicherungsnehmer vereinbarungsgemäß die Prozessführung, gilt für eine Verletzung von Sorgfaltspflichten dann nicht das Recht der Obliegenheiten, sondern das allgemeine Schadensersatzrecht (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, aaO § 5 AHB Rdn. 2). Denn insoweit hat er sich nur verpflichtet, die Aufgabe des Versicherers zu übernehmen.
19
Die 2. Beklagte hat ihre Pflicht zur Abwehr des Haftpflichtanspruchs in grober Weise verletzt und ist deshalb so zu behandeln, als habe sie der HMV freie Hand zur Regulierung gelassen. Demgemäß ist sie an das rechtskräftige Versäumnisurteil gebunden und kann sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und Nr. 5 AHB berufen. Auch der Vorwurf, die HMV habe in kollusivem Zusammenwirken mit der Klägerin die Beklagte vorsätzlich geschädigt , ist nicht berechtigt.
20
a) Die HMV hatte ihre Obliegenheiten zur Anzeige des Versicherungsfalles und der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs rechtzeitig und vollständig erfüllt. Sie hatte damit alles getan, damit die Beklagte ihrer Verpflichtung nachkommen konnte, einen Rechtsanwalt auszuwählen und zu beauftragen und den Prozess im Namen der HMV zu führen. Diese wäre auf Verlangen der Beklagten gehalten gewesen, dem Anwalt Vollmacht und die nötige Aufklärung zu erteilen. Im Schreiben vom 8. Mai 2000, dem die Klageschrift beigefügt war, hat die HMV in laienhafter Weise um Unterstützung, also für die Beklagte erkennbar um Deckungsschutz gebeten. Beim Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten, den Zeugen de J. , erneut um Rechtsschutz gebeten, wie dessen Aussage vor dem Oberlandesgericht zu entnehmen ist.
21
b) Diesem Ersuchen gegenüber hat sich die Beklagte pflichtwidrig verhalten. Sie hat sich bei der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung des Erstbeitrags berufen (dazu unten III. 1.). Weiterhin hat sie sich ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit nach § 4 I Nr. 1 AHB wegen der Befreiung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB berufen (dazu unten III. 2.). Im Schreiben vom 16. Mai 2000 hat die Beklagte zwar bestmögliche Unterstützung zugesagt, die HMV aber bedingungswidrig angewiesen, selbst einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen zu beauftragen. Die bestmögliche und allein vertragsgemäße Unterstützung hätte darin bestanden, dass die Beklagte den Anwalt beauftragt und die Prozessführung übernimmt. Bei dem Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten gefragt, wie sich aus dessen Zeugenaussage ergibt, ob nicht die Beklagte den Rechtsanwalt bestellen und einen Spezialisten benennen könne. Dies hat der Zeuge mit der Begründung abgelehnt, er habe einen solchen auch nicht nennen können. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge, Abteilungsleiter der Beklagten und selbst Rechtsanwalt, dazu nicht in der Lage gewesen ist. Diese erneute Weigerung der Beklagten, selbst einen Anwalt zu beauftragen oder auch nur zu benennen, schließt es aus, darin ein Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung zu sehen, die Auswahl des Anwalts der HMV zu überlassen. Die Beklagte hat vielmehr wie schon im Schreiben vom 16. Mai 2000 die Auswahl und die Beauftragung des Anwalts vertragswidrig einseitig der HMV zugeschoben. Der Zeuge de J. hat dies damals selbst so gesehen. In seinem Aktenvermerk vom 19. Juni 2000 über das Gespräch vom 17. Mai 2000 ist nicht von einer einvernehmlichen Regelung die Rede, sondern von einer "Entscheidung" der Beklagten, mit der der Geschäftsführer der HMV "nicht ganz glücklich" gewesen sei, sie also nur notgedrungen hingenommen hat. Auch das Berufungsgericht stellt kein Einvernehmen fest, sondern spricht von Weisungen der Beklagten und wertet die Nichteinschaltung eines Anwalts als weisungswidriges Verhalten der HMV. Fehlt es schon an einer Vereinbarung , kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte sich darauf mangels der gebotenen Aufklärung (s.o. unter II 1 c) nicht zum Nachteil der HMV berufen könnte.
22
c) Dieses Verhalten der Beklagten legt es nahe, darin schon eine verschleierte Ablehnung des Deckungsschutzes zu sehen mit den sich daraus ergebenden Folgen. So hat es der Geschäftsführer der HMV nach seinen Bekundungen auch verstanden.
23
Jedenfalls aber hat die Beklagte in einem Zeitpunkt, in dem dringender Handlungsbedarf bestand, der HMV nicht unmissverständlich erklärt , ob sie ihre Rechtsschutzverpflichtung erfüllt oder dies ablehnt. Sie hat damit die Arbeits- und Kostenlast und das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf die HMV abgewälzt. Den Weg, sich gleichwohl wegen weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit berufen zu können , konnte sie sich damit nicht frei halten.
24
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen ganz oder teilweise als richtig dar.
25
1. Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie in der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung , bei der der Versicherungsfall vor Zahlung der Erstprämie eingetreten sein soll. Das Landgericht hat die Berufung auf Leistungsfreiheit mit Recht an der fehlenden Belehrung scheitern lassen. Der Versicherungsantrag stammt vom 17. Dezember 1998, ab 1. Januar 1999 hatte die Beklagte unstreitig vorläufige Deckung zugesagt. Der Versicherungsschein ist erst mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 übersandt worden. Die Rechnung selbst enthält nicht einmal einen Hinweis darauf, bis wann die Erstprämie zu zahlen ist, naturgemäß deshalb auch keine Belehrung über die Folgen verspäteter Zahlung. Im Versicherungsschein ist nur die übliche erweiterte Einlösungsklausel enthalten, wonach der Versicherungsschutz erst mit Zahlung der Erstprämie beginnt. Sollte also der materielle Versicherungsschutz aus dem Hauptvertrag erst mit Zahlung der Erstprämie, wie üblich, beginnen, endete auch die vorläufige Deckung erst in diesem Zeitpunkt. Eine Belehrung darüber, welche Rechtsfolgen eine verspätete Prämienzahlung für die vorläufige Deckung hat, ist nicht erteilt worden. Deshalb kann sich die Beklagte, wie ihrem Sachbearbeiter hätte bekannt sein müssen, nicht auf Leistungsfreiheit nach § 38 Abs. 2 VVG berufen (st. Rsp. des Senats, zuletzt Urteil vom 26. April 2006 - IV ZR 248/04 - VersR 2006, 913 unter II 2; zum Beginn des materiellen Versicherungsschutzes erst mit Zahlung der Erstprämie BGHZ 47, 352, 354 und Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - IV ZR 328/93 - VersR 1995, 409 unter 2 b aa). Die vorläufige Deckung endete nicht schon mit dem formellen Versicherungsbeginn, also dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
26
2. Die Beklagte hält sich zu Unrecht nach § 4 I Nr. 1 AHB für leistungsfrei , weil die HMV die Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit hat und dadurch eine über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht hinausgehende Zusage gemacht habe. Das Waschen der Kolben ist ein reiner Werkvertrag. Darauf sind die §§ 377, 381 Abs. 2 HGB nicht anzuwenden (BGH, Urteile vom 9. Oktober 2001 - X ZR 58/00 - CR 2002, 93 unter II 2 und 3 und vom 4. Februar 1992 - X ZR 105/90 - NJW-RR 1992, 626 unter I 2). Auch dies hätte der Sachbearbeiter der Beklagten ohne weiteres feststellen können.
27
3. Die Beklagte ist auch nicht nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Die Klägerin klagt in zulässiger Weise auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2000 - IV ZR 223/99 - VersR 2001, 90 unter 2 a). Diese rechtzeitig erhobene Klage hat die Frist gewahrt (siehe dazu auch Voit/Knappmann, aaO § 156 Rdn. 1 und Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 156 Rdn. 1). Dem Landgericht ist auch in diesem Punkt zuzustimmen.
28
4. Die Abtretungserklärung der HMV vom 30. März 2000 enthält kein verbotenes Anerkenntnis, sondern beschreibt nur den Haftungsgrund , wie das Landgericht auf S. 20 seines Urteils zutreffend ausgeführt hat.
29
IV. Im Übrigen ist die Sache mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheidungsreif und deshalb zurückzuverweisen.
30
Antrag Zum der Klägerin auf Zahlung in Höhe der vollen Deckungssumme wird auf Folgendes hingewiesen:
31
Auf Zahlung kann die Klägerin die Beklagte nur in Anspruch nehmen , wenn sie durch Pfändung und Überweisung oder Abtretung an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, also Haftpflichtanspruch und Versicherungsanspruch sich bei ihr in einer Hand vereinigt haben (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 1980 - IV ZR 39/78 - VersR 1980, 522 unter I; vom 12. März 1975 - IV ZR 102/74 - VersR 1975, 655 unter 1 und vom 17. März 2004 - IV ZR 268/03 - VersR 2004, 634 unter II 2).
32
1. Das ist hier hinsichtlich des Zahlungsausspruchs des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess i.V. mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Fall. Der Feststellungsausspruch des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess ist nicht vollstreckungsfähig, kann also nicht zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss führen.
33
2. Die Abtretung vom 30. März 2000 verstößt gegen das Abtretungsverbot des § 7 Nr. 3 AHB. Die Ablehnung des Deckungsschutzes mit Schreiben vom 24. Juli 2000 ist keine endgültige Feststellung des Versicherungsanspruchs, um den allein es geht (Senatsurteil vom 26. März 1997 - IV ZR 137/96 - VersR 1997, 1088 unter 5 c). Das Abtretungsverbot kann nicht durch gewillkürte Prozessstandschaft umgangen werden. Ob die Berufung der Beklagten auf das Abtretungsverbot rechtsmissbräuchlich ist, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen.
34
Das Abtretungsverbot scheitert nicht an § 354a HGB, weil es sich bei dem Anspruch auf Deckungsschutz in der Haftpflichtversicherung nicht um eine Geldforderung handelt (vgl. MünchKomm-HGB/Karsten Schmidt, § 354a Rdn. 6).
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 19.10.2001 - 9 O 11050/00 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 16.06.2003 - 8 U 3959/01 -

Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 149/03 Verkündetam:
7.Februar2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
AHaftpflichtVB (AHB) § 3, § 5

a) Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist Hauptleistungspflicht
des Haftpflichtversicherers; sie umfasst nach den AHB die Führung
des Haftpflichtprozesses auf seine Kosten einschließlich der Auswahl und
Beauftragung des Anwalts.

b) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich
zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt.

c) Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Vereinbarung, mit der die Abwehr
des Anspruchs dem Versicherungsnehmer übertragen wird.
BGH, Urteil vom 7. Februar 2007 - IV ZR 149/03 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal
-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom
7. Februar 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 16. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin hat gegen die Versicherungsnehmerin des beklagten Haftpflichtversicherers Schadensersatzansprüche erhoben. Mit der Klage macht sie diese Schadensersatzansprüche und den Anspruch der Versicherungsnehmerin auf Deckungsschutz aus zwei von dieser bei der Beklagten unterhaltenen Betriebshaftpflichtversicherungen mit einer Deckungssumme von insgesamt 11 Mio. DM geltend. Den Verträgen liegen Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde, die den vom GDV empfohlenen Musterbedingungen - Stand Juni 1997 - entsprechen (abgedruckt bei Littbarski, Haftpflichtversicherung S. 22 ff.).
2
Die Klägerin stellt Kolben für Automotoren her, die sie unter anderem an die V. AG und die A. AG liefert. Ab Juni 1999 beauftragte sie die Versicherungsnehmerin der Beklagten, die H. Metallveredelung GmbH (HMV), die Kolben durch einen Waschvorgang auf die anschließend von ihr selbst vorzunehmende Graphitbeschichtung vorzubereiten. Am 23. Dezember 1999 meldete die V. AG der Klägerin Motorschäden wegen defekter Kolben aus der Produktionszeit von Mitte Oktober bis Mitte November 1999. Die V. AG nahm die Klägerin wegen der Kosten für den Rückruf von Fahrzeugen und Reparaturen in Höhe von circa 39 Mio. DM in Anspruch.
3
Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 meldete die Klägerin bei der HMV Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe an mit der Begründung, Ursache des Schadens sei ein fehlerhafter Waschvorgang, der zur Ablösung der Graphitschicht geführt habe. Die HMV leitete das Schreiben an die Beklagte weiter. Diese erbat von der HMV mit Schreiben vom 16. Februar 2000 nähere Auskünfte zum Schadenshergang. Abschließend fragte sie, weshalb der Erstbeitrag erst am 6. Dezember 1999 ausgeglichen worden sei, obwohl der Versicherungsschein bereits Anfang Oktober zugegangen sei. Ferner wies sie darauf hin, dass der Schaden an den Kolben als Bearbeitungsschaden nach § 4 I Nr. 6 b AHB nicht gedeckt sei. Am 30. März 2000 trat die HMV ihre Ansprüche auf Versicherungsschutz gegen die Beklagte an die Klägerin ab. Anfang April 2000 übersandte die HMV den Entwurf der gegen sie beabsichtigten Schadensersatzklage an die Beklagte. Mit Schreiben vom 10. April 2000 erbat diese von der HMV weitere Auskünfte und kündigte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadensursache an. Weiter wies sie darauf hin, dass für Lieferungen zwischen Erhalt des Versicherungsscheins und Zahlung des Erstbeitrags am 6. Dezember 1999 kein Versicherungsschutz bestehe. Hinsichtlich anderer Lieferungen bestehe Deckungsschutz nur unter der auflösenden Bedingung, dass die HMV nur deshalb für den Schaden hafte, weil sie die Klägerin in der Qualitätssicherungsvereinbarung vom Juni 1999 von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit habe. Der Ausschluss für Bearbeitungsschäden wurde erneut erwähnt. Schließlich wurde die HMV gefragt, ob sie mit einem Anwalt zusammenarbeite, den sie auch in dieser Sache beauftragen möchte. Am 8. Mai 2000 wurde der HMV die angekündigte Klage zugestellt, die sie der Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2000 zuleitete. Gleichzeitig teilte sie mit, bisher noch keinen Anwalt beauftragt zu haben, und stellte die Frage nach Unterstützung durch die Beklagte. Diese versprach mit Schreiben vom 16. Mai 2000 "bestmögliche Unterstützung" , die Untersuchungen durch den Sachverständigen würden noch laufen. Weiter heißt es, es sei allerdings unbedingt erforderlich, dass die HMV zur Wahrung der Fristen einen Anwalt mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen beauftrage. Sie solle mitteilen, welchem Rechtsanwalt sie das Mandat erteilt habe, damit eine Kontaktaufnahme möglich sei. Am 17. und 31. Mai 2000 telefonierte der Sachbearbeiter der Beklagten mit dem Geschäftsführer der HMV. Der Inhalt der Gespräche ist streitig.
4
Da die HMV sich nicht anwaltlich vertreten ließ, erging am 29. Mai 2000 im schriftlichen Verfahren Versäumnisurteil, das beiden Parteien am 6. Juni 2000 zugestellt und nach Ablauf der Einspruchsfrist rechtskräftig wurde. Von der Zustellung des Versäumnisurteils informierte die HMV die Beklagte nicht. Die HMV wurde zur Zahlung eines Teilbetrages von 1.116.799 DM nebst Zinsen verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass sie jeden weiteren Schaden zu ersetzen habe, den die V. AG und die A. AG gegen die Klägerin wegen der Ablösung der Graphitbeschichtung der Kolben geltend mache. Aufgrund des Versäumnisurteils ließ die Klägerin die Ansprüche der HMV gegen die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungssumme pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Dadurch erfuhr die Beklagte vom Erlass des Versäumnisurteils. Mit Schreiben vom 24. Juli 2000 versagte sie den Versicherungsschutz wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 AHB mit der Begründung, die HMV habe entgegen ihrer Ankündigung keinen Anwalt mit der Abwehr der Ansprüche beauftragt und sie nicht von der Zustellung des Versäumnisurteils unterrichtet.
5
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung der vollen Deckungssumme von 11 Mio. DM, hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Schadensfalles Deckungsschutz aus beiden Versicherungsverträgen zu gewähren habe. Die Klägerin meint, aufgrund der Abtretung der Versicherungsansprüche vom 30. März 2000 und des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses könne sie die Beklagte unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen.
6
Die Beklagte bestreitet die Verursachung des Schadens durch die HMV und beruft sich im Übrigen auf das Abtretungsverbot in § 7 Nr. 3 AHB und weist darauf hin, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Versicherungsansprüche nur in Höhe des Zahlungsanspruchs im Versäumnisurteil erfasse. Sie sei, wie im Ablehnungsschreiben vom 24. Juli 2000 ausgeführt, wegen Obliegenheitsverletzung von der Leistungspflicht frei. Die Hinnahme des Versäumnisurteils stelle zudem ein Anerkenntnis dar, das nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 5 AHB zur Leis- tungsfreiheit führe. Der Versicherungsschutz sei im Übrigen nach § 4 I Nr. 1 AHB ausgeschlossen, weil die Freistellung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB die Haftung der HMV über den gesetzlichen Umfang hinaus erweitert habe. In der die Produkthaftpflicht einschließenden Versicherung mit der Endnummer 095 bestehe wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie kein Versicherungsschutz. Schließlich sei sie wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei.
7
Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 1.116.779 DM nebst Zinsen und dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag mit Ausnahme solcher Ansprüche stattgegeben, die Schäden an den von der HMV bearbeiteten Kolben selbst betreffen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


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Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
Das I. Oberlandesgericht hält die Beklagte wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und 5 AHB für leistungsfrei.
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Die HMV habe die Weisung der Beklagten gemäß § 5 Nr. 3 AHB nicht beachtet, als sie das Versäumnisurteil vom 29. Mai 2000 gegen sich ergehen und nachfolgend habe rechtskräftig werden lassen. Darin liege zugleich ein Verstoß gegen das Anerkenntnisverbot nach § 5 Nr. 5 AHB. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte die HMV angewiesen habe, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen. Die Beklagte habe Versicherungsschutz nicht verweigert, sondern im Schreiben vom 16. Mai 2000 ausdrücklich bestmögliche Unterstützung zugesagt. Das weisungswidrige Verhalten der HMV, nämlich Nichteinschalten eines Rechtsanwalts, Nichtanzeige der Verteidigungsbereitschaft und Rechtskräftigwerdenlassen des Versäumnisurteils, verliere seine Eigenschaft als Obliegenheitsverletzung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb, weil die Beklagte abweichend von § 3 II AHB die Prozessführung vollständig auf die HMV übertragen hätte. Sie habe der HMV lediglich die Auswahl des Rechtsanwalts überlassen, um dem von ihr für möglich gehaltenen Vorwurf zu entgehen, durch die Wahl eines möglicherweise ungeeigneten Rechtsanwalts zu einem denkbaren existenzbedrohenden Prozessverlust beigetragen zu haben.
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Das II. hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zutreffend ausführt, den Inhalt der Leistungspflicht der Beklagten einerseits und der Obliegenheiten der HMV andererseits verkannt.
12
1. a) Die Leistungspflicht der Beklagten umfasst - wie allgemein in der Haftpflichtversicherung - nach § 3 II Nr. 1 AHB die Prüfung der Haftpflichtfrage , die Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie den Ersatz der Entschädigung, welche der Versicherungsnehmer aufgrund eines von dem Versicherer abgegebenen oder genehmigten Anerkenntnisses, eines von ihm geschlossenen oder genehmigten Vergleichs oder einer richterlichen Entscheidung zu zahlen hat. Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenso wie die Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche eine mit dieser gleichrangige Hauptleistungspflicht des Versicherers und nicht nur eine untergeordnete Nebenpflicht (BGHZ 119, 276, 281; Urteile vom 21. Januar 1976 - IV ZR 123/74 - VersR 1976, 477 unter I und vom 20. Februar 1956 - II ZR 6/55 - VersR 1956, 186 unter 2). Der Versicherer hat nicht das Recht, die mit der Abwicklung der Haftpflichtverbindlichkeiten verbundenen Mühen und Kosten auf den Versicherten abzuwälzen (BGHZ 15, 154, 159). Den Inhalt der Rechtsschutzverpflichtung hat der Senat in dem Urteil in BGHZ (119 aaO) wie folgt beschrieben: "Will er (der Versicherer) den Anspruch bestreiten, so muss er alles tun, was zu dessen Abwehr notwendig ist; er allein trägt die aus der Prüfung und Abwehr folgende Arbeitslast und Verantwortung. Demgemäß hat er im Haftpflichtprozess die Interessen des Versicherten so zu wahren, wie das ein von diesem beauftragter Anwalt tun würde. Weil grundsätzlich sein Abwehrinteresse dem des Versicherten entspricht, ist das im Regelfall unproblematisch. Wegen des umfassend versprochenen Rechtsschutzes gilt das aber sogar dann, wenn eine Kollision zwischen den Interessen des Versicherten und denen des Versicherers einmal nicht zu vermeiden ist. In diesem Fall muss der Versicherer seine eigenen Interessen hintanstellen. Nur diese weite Auslegung des Leistungsversprechens kann den mit der Haftpflichtversicherung bezweckten Schutz gewährleisten."
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umfassende Die Verantwortlichkeit des Versicherers für die Abwehr des Haftpflichtanspruchs ergibt sich insbesondere für den Fall des Rechtsstreits unmissverständlich aus weiteren Klauseln der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (z.T. anders in der Vermögensschaden -Haftpflichtversicherung, vgl. Voit/Knappmann in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. AVBVermögen/WB § 5 Rdn. 3 § 1 Rdn. 1). Nach § 3 II Nr. 3 AHB führt der Versicherer den Rechtsstreit im Namen des Versicherungsnehmers auf seine Kosten. Den Versicherungsnehmer trifft die Obliegenheit, die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen, dem von dem Versicherer bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder dem Versicherer für nötig gehaltenen Aufklärungen zu geben (§ 5 Nr. 4 AHB). Zur Disposition über den Haftpflichtanspruch durch Anerkenntnis oder Befriedigung ist der Versicherungsnehmer ohne vorherige Zustimmung des Versicherers nicht berechtigt (§ 5 Nr. 5 AHB). Nach § 5 Nr. 7 AHB gilt der Versicherer als bevollmächtigt, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 - IV ZR 329/05 - VersR 2006, 1676 unter II 2 c). Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, hat er dies dem Versicherer nur unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB), alles Weitere ist Sache des Versicherers, insbesondere die Auswahl und Beauftragung des Rechtsanwalts auf seine Kosten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1963 - II ZR 71/61 - VersR 1963, 421 unter III).
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b) Der Versicherer, der seiner so beschriebenen Rechtsschutzverpflichtung nicht nachkommt, verhält sich vertragswidrig.
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aa) Ist der Versicherer von seiner Leistungsfreiheit überzeugt und lehnt er den Deckungsschutz vorbehaltlos ab, lässt er dem Versicherungsnehmer konkludent zur Regulierung freie Hand und gibt seine umfassende Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf (BGHZ 119, 276, 282). Die Gefahr, bei dieser freien Entscheidung die Deckungspflicht unrichtig zu beurteilen, kann er nicht auf den Versicherungsnehmer abwälzen. Er kann nicht gleichzeitig einerseits sich seiner vertraglichen Hauptpflicht entledigen, den Versicherungsnehmer von der Führung und den Folgen des Haftpflichtprozesses zu befreien, und andererseits dennoch in Anspruch nehmen, an das Ergebnis des notgedrungen vom Versicherungsnehmer allein geführten Haftpflichtprozesses nicht gebunden zu sein. Nach Leistungsablehnung hat der Versicherungsnehmer auch keine Obliegenheiten mehr zu erfüllen (BGHZ 107, 368, 370 f.; BGH, Urteile vom 7. November 1966 - II ZR 12/65 - VersR 1967, 27 unter III und vom 21. Februar 1963 aaO; Prölss in Prölss/Martin , aaO § 6 Rdn. 33).
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bb) Hat der Versicherer ernsthafte Anhaltspunkte für seine Leistungsfreiheit , kann er aber wegen noch unklarer Sachlage darüber nicht abschließend befinden, muss er sich entscheiden, ob er Deckungsschutz gewährt oder nicht, und seine Entscheidung dem Versicherungsnehmer bekannt geben. Der Versicherer kann seiner Rechtsschutzverpflichtung in einer solchen Lage auch dadurch genügen, dass er den Rechtsschutz übernimmt unter dem Vorbehalt, die Deckung je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses abzulehnen (BGH, Urteile vom 20. September 1978 - IV ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I und vom 7. November 1966 aaO).
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Dagegen cc) stellt es keine ordnungsgemäße Erfüllung der Rechtsschutzverpflichtung dar, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber leistungsbefreiende Umstände ins Feld führt, den Versicherungsnehmer aber im Unklaren darüber lässt, ob er Deckungsschutz erhält. Seine Entscheidung darüber hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer unverzüglich, spätestens aber dann mitzuteilen , wenn er die Anzeige von der gerichtlichen Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs nach § 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB erhalten hat. Der Versicherer weiß, dass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt dringender Handlungsbedarf besteht, weil dem Versicherungsnehmer allein wegen Fristablaufs Rechtsnachteile in Gestalt eines Vollstreckungsbescheids oder Versäumnisurteils drohen. Deshalb hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt, später je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses Leistungsfreiheit geltend zu machen. Gibt der Versicherer eine solche Erklärung nicht ab, nimmt er seine Pflicht zur Abwehr des Anspruchs nicht wahr und gibt damit zugleich seine Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf. Er ist deshalb, solange er seiner Rechtsschutzverpflichtung nicht bedingungsgemäß nachkommt, so zu behandeln, als habe er dem Versicherungsnehmer zur Regulierung freie Hand gelassen. Der Versicherungsnehmer ist demgemäß auch nicht mehr obliegenheitsgebunden. Die Versicherungsbedingungen gestatten es dem Versicherer nicht, sich einer klaren Entscheidung über seine Verpflichtung zum Rechtsschutz zu enthalten, den Versicherungsnehmer darüber im Ungewissen zu lassen und die Arbeits- und Kostenlast sowie das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf ihn abzuwälzen, sich aber gleichwohl vorzubehalten , an die Regulierungsentscheidung des Versicherungsnehmers nicht gebunden zu sein, ihn an seinen Obliegenheiten festzuhalten und sich über die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten hinaus wegen mangelhafter oder weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit zu berufen.
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c)DenParteien des Versicherungsvertrages ist es allerdings nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht verwehrt, nach Erhebung des Anspruchs auf Deckungsschutz von den Bedingungen abweichende Vereinbarungen darüber zu treffen, wie die Leistungspflicht des Versicherers erfüllt werden soll. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Versicherer nach Treu und Glauben gehalten ist, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Die Abwehrfunktion der Haftpflichtversicherung ist unter den Versicherungsnehmern nicht immer genügend bekannt (Littbarski, Haftpflichtversicherung Vorbemerkungen Rdn. 48). Insbesondere ist für den Versicherungsnehmer nur schwer durchschaubar, was die Abwehrverpflichtung im Einzelnen bedeutet. Gewährt der Versicherer Versicherungsschutz , will er aber die Abwehr des Anspruchs (ganz oder teilweise) in die Hand des Versicherungsnehmers legen, hat er darüber aufzuklären, dass die Gewährung von Rechtsschutz nach dem Vertrag Sache des Versicherers ist, er den Prozess zu führen und den Anwalt auszuwählen, zu beauftragen und zu bezahlen hat (vgl. zu Vereinbarungen über die Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung die Senatsurteile vom 7. Februar 2007 - IV ZR 244/03 - zur Veröffentlichung vorgesehen - und vom 12. November 2003 - IV ZR 173/02 - VersR 2004, 96 unter II 1 b). Nur so ist der Versicherungsnehmer in der Lage, verantwortlich darüber zu entscheiden, auf welche Beschränkungen seiner vertraglichen Rechte er sich einlassen will. Übernimmt der Versicherungsnehmer vereinbarungsgemäß die Prozessführung, gilt für eine Verletzung von Sorgfaltspflichten dann nicht das Recht der Obliegenheiten, sondern das allgemeine Schadensersatzrecht (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, aaO § 5 AHB Rdn. 2). Denn insoweit hat er sich nur verpflichtet, die Aufgabe des Versicherers zu übernehmen.
19
Die 2. Beklagte hat ihre Pflicht zur Abwehr des Haftpflichtanspruchs in grober Weise verletzt und ist deshalb so zu behandeln, als habe sie der HMV freie Hand zur Regulierung gelassen. Demgemäß ist sie an das rechtskräftige Versäumnisurteil gebunden und kann sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und Nr. 5 AHB berufen. Auch der Vorwurf, die HMV habe in kollusivem Zusammenwirken mit der Klägerin die Beklagte vorsätzlich geschädigt , ist nicht berechtigt.
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a) Die HMV hatte ihre Obliegenheiten zur Anzeige des Versicherungsfalles und der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs rechtzeitig und vollständig erfüllt. Sie hatte damit alles getan, damit die Beklagte ihrer Verpflichtung nachkommen konnte, einen Rechtsanwalt auszuwählen und zu beauftragen und den Prozess im Namen der HMV zu führen. Diese wäre auf Verlangen der Beklagten gehalten gewesen, dem Anwalt Vollmacht und die nötige Aufklärung zu erteilen. Im Schreiben vom 8. Mai 2000, dem die Klageschrift beigefügt war, hat die HMV in laienhafter Weise um Unterstützung, also für die Beklagte erkennbar um Deckungsschutz gebeten. Beim Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten, den Zeugen de J. , erneut um Rechtsschutz gebeten, wie dessen Aussage vor dem Oberlandesgericht zu entnehmen ist.
21
b) Diesem Ersuchen gegenüber hat sich die Beklagte pflichtwidrig verhalten. Sie hat sich bei der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung des Erstbeitrags berufen (dazu unten III. 1.). Weiterhin hat sie sich ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit nach § 4 I Nr. 1 AHB wegen der Befreiung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB berufen (dazu unten III. 2.). Im Schreiben vom 16. Mai 2000 hat die Beklagte zwar bestmögliche Unterstützung zugesagt, die HMV aber bedingungswidrig angewiesen, selbst einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen zu beauftragen. Die bestmögliche und allein vertragsgemäße Unterstützung hätte darin bestanden, dass die Beklagte den Anwalt beauftragt und die Prozessführung übernimmt. Bei dem Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten gefragt, wie sich aus dessen Zeugenaussage ergibt, ob nicht die Beklagte den Rechtsanwalt bestellen und einen Spezialisten benennen könne. Dies hat der Zeuge mit der Begründung abgelehnt, er habe einen solchen auch nicht nennen können. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge, Abteilungsleiter der Beklagten und selbst Rechtsanwalt, dazu nicht in der Lage gewesen ist. Diese erneute Weigerung der Beklagten, selbst einen Anwalt zu beauftragen oder auch nur zu benennen, schließt es aus, darin ein Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung zu sehen, die Auswahl des Anwalts der HMV zu überlassen. Die Beklagte hat vielmehr wie schon im Schreiben vom 16. Mai 2000 die Auswahl und die Beauftragung des Anwalts vertragswidrig einseitig der HMV zugeschoben. Der Zeuge de J. hat dies damals selbst so gesehen. In seinem Aktenvermerk vom 19. Juni 2000 über das Gespräch vom 17. Mai 2000 ist nicht von einer einvernehmlichen Regelung die Rede, sondern von einer "Entscheidung" der Beklagten, mit der der Geschäftsführer der HMV "nicht ganz glücklich" gewesen sei, sie also nur notgedrungen hingenommen hat. Auch das Berufungsgericht stellt kein Einvernehmen fest, sondern spricht von Weisungen der Beklagten und wertet die Nichteinschaltung eines Anwalts als weisungswidriges Verhalten der HMV. Fehlt es schon an einer Vereinbarung , kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte sich darauf mangels der gebotenen Aufklärung (s.o. unter II 1 c) nicht zum Nachteil der HMV berufen könnte.
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c) Dieses Verhalten der Beklagten legt es nahe, darin schon eine verschleierte Ablehnung des Deckungsschutzes zu sehen mit den sich daraus ergebenden Folgen. So hat es der Geschäftsführer der HMV nach seinen Bekundungen auch verstanden.
23
Jedenfalls aber hat die Beklagte in einem Zeitpunkt, in dem dringender Handlungsbedarf bestand, der HMV nicht unmissverständlich erklärt , ob sie ihre Rechtsschutzverpflichtung erfüllt oder dies ablehnt. Sie hat damit die Arbeits- und Kostenlast und das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf die HMV abgewälzt. Den Weg, sich gleichwohl wegen weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit berufen zu können , konnte sie sich damit nicht frei halten.
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III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen ganz oder teilweise als richtig dar.
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1. Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie in der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung , bei der der Versicherungsfall vor Zahlung der Erstprämie eingetreten sein soll. Das Landgericht hat die Berufung auf Leistungsfreiheit mit Recht an der fehlenden Belehrung scheitern lassen. Der Versicherungsantrag stammt vom 17. Dezember 1998, ab 1. Januar 1999 hatte die Beklagte unstreitig vorläufige Deckung zugesagt. Der Versicherungsschein ist erst mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 übersandt worden. Die Rechnung selbst enthält nicht einmal einen Hinweis darauf, bis wann die Erstprämie zu zahlen ist, naturgemäß deshalb auch keine Belehrung über die Folgen verspäteter Zahlung. Im Versicherungsschein ist nur die übliche erweiterte Einlösungsklausel enthalten, wonach der Versicherungsschutz erst mit Zahlung der Erstprämie beginnt. Sollte also der materielle Versicherungsschutz aus dem Hauptvertrag erst mit Zahlung der Erstprämie, wie üblich, beginnen, endete auch die vorläufige Deckung erst in diesem Zeitpunkt. Eine Belehrung darüber, welche Rechtsfolgen eine verspätete Prämienzahlung für die vorläufige Deckung hat, ist nicht erteilt worden. Deshalb kann sich die Beklagte, wie ihrem Sachbearbeiter hätte bekannt sein müssen, nicht auf Leistungsfreiheit nach § 38 Abs. 2 VVG berufen (st. Rsp. des Senats, zuletzt Urteil vom 26. April 2006 - IV ZR 248/04 - VersR 2006, 913 unter II 2; zum Beginn des materiellen Versicherungsschutzes erst mit Zahlung der Erstprämie BGHZ 47, 352, 354 und Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - IV ZR 328/93 - VersR 1995, 409 unter 2 b aa). Die vorläufige Deckung endete nicht schon mit dem formellen Versicherungsbeginn, also dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
26
2. Die Beklagte hält sich zu Unrecht nach § 4 I Nr. 1 AHB für leistungsfrei , weil die HMV die Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit hat und dadurch eine über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht hinausgehende Zusage gemacht habe. Das Waschen der Kolben ist ein reiner Werkvertrag. Darauf sind die §§ 377, 381 Abs. 2 HGB nicht anzuwenden (BGH, Urteile vom 9. Oktober 2001 - X ZR 58/00 - CR 2002, 93 unter II 2 und 3 und vom 4. Februar 1992 - X ZR 105/90 - NJW-RR 1992, 626 unter I 2). Auch dies hätte der Sachbearbeiter der Beklagten ohne weiteres feststellen können.
27
3. Die Beklagte ist auch nicht nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Die Klägerin klagt in zulässiger Weise auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2000 - IV ZR 223/99 - VersR 2001, 90 unter 2 a). Diese rechtzeitig erhobene Klage hat die Frist gewahrt (siehe dazu auch Voit/Knappmann, aaO § 156 Rdn. 1 und Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 156 Rdn. 1). Dem Landgericht ist auch in diesem Punkt zuzustimmen.
28
4. Die Abtretungserklärung der HMV vom 30. März 2000 enthält kein verbotenes Anerkenntnis, sondern beschreibt nur den Haftungsgrund , wie das Landgericht auf S. 20 seines Urteils zutreffend ausgeführt hat.
29
IV. Im Übrigen ist die Sache mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheidungsreif und deshalb zurückzuverweisen.
30
Antrag Zum der Klägerin auf Zahlung in Höhe der vollen Deckungssumme wird auf Folgendes hingewiesen:
31
Auf Zahlung kann die Klägerin die Beklagte nur in Anspruch nehmen , wenn sie durch Pfändung und Überweisung oder Abtretung an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, also Haftpflichtanspruch und Versicherungsanspruch sich bei ihr in einer Hand vereinigt haben (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 1980 - IV ZR 39/78 - VersR 1980, 522 unter I; vom 12. März 1975 - IV ZR 102/74 - VersR 1975, 655 unter 1 und vom 17. März 2004 - IV ZR 268/03 - VersR 2004, 634 unter II 2).
32
1. Das ist hier hinsichtlich des Zahlungsausspruchs des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess i.V. mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Fall. Der Feststellungsausspruch des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess ist nicht vollstreckungsfähig, kann also nicht zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss führen.
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2. Die Abtretung vom 30. März 2000 verstößt gegen das Abtretungsverbot des § 7 Nr. 3 AHB. Die Ablehnung des Deckungsschutzes mit Schreiben vom 24. Juli 2000 ist keine endgültige Feststellung des Versicherungsanspruchs, um den allein es geht (Senatsurteil vom 26. März 1997 - IV ZR 137/96 - VersR 1997, 1088 unter 5 c). Das Abtretungsverbot kann nicht durch gewillkürte Prozessstandschaft umgangen werden. Ob die Berufung der Beklagten auf das Abtretungsverbot rechtsmissbräuchlich ist, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen.
34
Das Abtretungsverbot scheitert nicht an § 354a HGB, weil es sich bei dem Anspruch auf Deckungsschutz in der Haftpflichtversicherung nicht um eine Geldforderung handelt (vgl. MünchKomm-HGB/Karsten Schmidt, § 354a Rdn. 6).
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 19.10.2001 - 9 O 11050/00 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 16.06.2003 - 8 U 3959/01 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.