Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Sept. 2016 - 9 U 29/16
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.01.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 24 O 163/15 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden der Klägerin auferlegt.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin wegen ihrer Inanspruchnahme aufgrund des Kranunfalls vom 29.04.2003 auf Schadensersatz durch die O Versicherung AG in dem Verfahren vor dem Landgericht Köln - 18 O 140/07 - und durch die J mbH vor dem Landgericht Köln - 18 O 540/06 - Feststellung verlangen kann, dass Versicherungsschutz aus dem Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag zu gewähren ist mit Ausnahme eines Betrages i.H.v. 111.758 €, der auf sog. Erfüllungsschäden im Sinne von § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB entfällt.
4Zwischen den Parteien bzw. ihren Rechtsvorgängern bestand im Jahr 2003 ein Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag sowie ein hierauf aufbauender Exzedentenvertrag. Auf den Versicherungsschein (Anlage K 1, AH) und die Versicherungsbestätigung vom 06.02.2003 (Anlage K 1a, AH) wird Bezug genommen. In § 4 I Nr. 6 Abs. 3 der einbezogenen AHB ist geregelt, dass die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllungsleistung tretende Ersatzleistung nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung sind. Das Versicherungsverhältnis endete zum 01.01.2006.
5Am 17.09.2002 schloss die Klägerin mit der Fa. Q & A GmbH (im Folgenden: Fa. Q & A) einen Vertrag über eine Dach-Arbeitsgemeinschaft (Anlage K 2, AH). Zweck der Dacharbeitsgemeinschaft mit der Bezeichnung „B“ (im Folgenden: B) war die gemeinsame Durchführung von Spezialtiefbau- und Abbrucharbeiten im Rahmen des Bauvorhabens Hotel J2 in E (Bauprojekt „J2 L E“). Die Klägerin war an dieser B mit vorläufig 62,5 % beteiligt. Die B wiederum schloss für bestimmte Arbeiten Nachunternehmerverträge, so u.a. für Spezialtief- und Verbauarbeiten mit der B Spezialtiefbau E2-E, an der die Klägerin wiederum mit 60 % und die Fa. A2 Spezialtiefbau GmbH mit 40 % beteiligt waren. Die Fa. Q & A unterhält eine Betriebshaftpflichtversicherung bei der N Versicherung AG, die Fa. A2 eine solche bei der B2.
6Die B schloss am 23.08./26.08.2002 einen Werkvertrag mit der E & P Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH, die inzwischen als J mbH firmiert (im Folgenden: Fa. E & P). Die Fa. E & P war von der E2 Objektgesellschaft E Dr. F KG (im Folgenden: Fa. E2) als Generalunternehmer beauftragt worden. Letztere unterhielt eine Bauwesenversicherung bei der O Versicherung AG.
7Am 29.04.2003 kam es auf der Baustelle zu einem Umsturz zweier Turmkräne. Zwei Bauarbeiter kamen ums Leben. Es entstanden zudem Sach- und Vermögensschäden in Millionenhöhe. Mit Schreiben vom 14.11.2003 (Anlage K 9, AH) erklärte die Rechtsvorgängerin der Beklagten gegenüber der Klägerin:
8„als Haftpflichtversicherer Ihres Unternehmens bestätigen wir Ihnen, dass für die im Rahmen des Bauvorhabens L 59, E, durch den Kranunfall vom 29.4.03 eingetretenen Folgeschäden im Rahmen des bei unserer Gesellschaft abgeschlossenen Versicherungsvertrages Deckung besteht.“
9Aus Kranunfall erwuchsen mehrere Schadensersatzklagen, die gegen die B, die Klägerin und die Fa. Q & A sowie weitere am Bau Beteiligte geführt wurden und werden. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind Deckungsfragen betreffend zwei Haftpflichtklagen vor dem Landgericht Köln:
10Die O Versicherung AG erbrachte an die Fa. E2 eine Entschädigung in Höhe von 3.200.000,- € aus der Bauleistungsversicherung. Wegen dieses Betrages nimmt sie aus übergegangenem Recht Rückgriff bei der B, der Klägerin und der Fa. Q & A. In der Sache 18 O 140/07 LG Köln erging am 15.06.2012 ein Grundurteil. Die hiergegen eingelegte Berufung wurde durch Urteil des OLG Köln vom 22.03.2013 – 19 U 111/12 – zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Auf Anraten der Beklagten wurde gegen das Grundurteil keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Im Betragsverfahren 18 O 140/07 wies das Landgericht Köln die Klage der O Versicherung AG mit Urteil vom 9.3.2016 bis auf einen Betrag von 900 € ab. Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
11Die B nahm im Verfahren 18 O 550/06 LG Köln die Fa. E & P auf Zahlung von Werklohn in Anspruch. Die Fa. E & P erhob Ende 2006 Widerklage gegen die B, die Klägerin sowie die Fa. Q & A, die nach zwei Klageerhöhungen nunmehr nach einem Streitwert von 21.480.467,49 € geführt wird. Dieses Verfahren ist noch anhängig. Eine erstinstanzliche Entscheidung ist noch nicht ergangen.
12Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte grundsätzlich verpflichtet ist, der Klägerin Deckungsschutz zu gewähren. Die Beklagte einigte sich mit den Betriebshaftpflichtversicherern der Fa. Q & A und der Fa. A2 darauf, dass die in den o.g. Haftpflichtverfahren entstehenden Abwehrkosten von den drei Versicherern anteilig getragen werden. Dementsprechend wurde in der Folgezeit verfahren. Die der Klägerin entstandenen Abwehrkosten wurden vollumfänglich übernommen. Zwischen den Parteien stand und steht nicht in Streit, dass die Beklagte bedingungsgemäß für einen vollumfänglichen Abwehrschutz sorgt.
13Mitte 2013 kam es im Zuge der vor dem Landgericht Köln geführten Schadensersatzprozesse zu Überlegungen, die dortigen Rechtsstreitigkeiten vergleichsweise beizulegen. Dies war Anlass für eine zwischen den Parteien geführte Besprechung im Hause der Beklagten am 22.11.2013. In diesem Zusammenhang kam zwischen den Parteien Streit auf, in welchem Umfang ggf. einem Deckungsschutz in Gestalt eines Befreiungsanspruchs der Bereich der nicht gedeckten Erfüllungsschäden entgegenstehen könnte. Auf Wunsch der Klägerin nahm die Beklagte im Nachgang zu den Überlegungen, inwieweit die vor dem Landgericht Köln geführten Schadensersatzprozesse vergleichsweise erledigt werden könnten, im Anwaltsschreiben vom 18.12.2013 (Anlage K 13, AH) Stellung. Dabei wiesen die Prozessbevollmächtigten der Beklagten eingangs ihres Schreibens darauf hin, dass eine Zuordnung der Schäden aufgrund der dünnen Schadenbeschreibung derzeit nur ausschnittweise möglich und zudem mit Unsicherheiten behaftet sei und vordringlich zunächst ein technischer Termin sinnvoll wäre, in dem die einzelnen Schäden näher erläutert und notwendige Detailfragen geklärt werden könnten. Die Beklagte hob hervor, dass ihre nachfolgende Betrachtung eine vorläufige und nicht abschließende Bewertung einzelner, ausgewählter Kostenpositionen darstelle. Insgesamt lasse sich festhalten, dass – zumindest nach kursorischer Auswertung der bisherigen Aktenlage - angenommen werden könne, dass ein überwiegender Teil von derzeit überschlägig 60 % der in dem Schreiben aufgeführten Schadenspositionen, soweit diese als begründet erachtet würden, dem nicht versicherten Erfüllungsbereich zuzuordnen sei. Demzufolge komme auch nur eine entsprechend quotale Beteiligung der Beklagten an einem Vergleich in Betracht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 18.12.2013 (Anlage K 13, AH) Bezug genommen.
14Die Klägerin holte eine gutachterliche Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Q2 vom 14.04.2014 ein. Darin gelangte Prof. Dr. Q2 zu Aufwendungen für die Mängelbeseitigung in Höhe von netto 60.000,- €. Mit Schreiben vom 22.04.2014 (Anlage K 14, AH) erklärte die Klägerin unter Beifügung der gutachterlichen Stellungnahme gegenüber der Beklagten, dass sich der nicht gedeckte Erfüllungsschaden auf 50.244,- € belaufe. Die Klägerin forderte die Beklagte mit Fristsetzung zum 12.05.2014 zu der Erklärung auf, dass die geltend gemachten Haftpflichtansprüche bis auf einen Betrag in Höhe von 50.244,- € dem Versicherungsschutz unterfallen. Hierauf entgegnete die Beklagte mit Schreiben vom 13.05.2014 (Anlage K 15, AH), ob und inwieweit Erfüllungsschäden tatsächlich gegeben seien oder nicht, lasse sich verständlicherweise erst nach einer gerichtlichen Klärung in den Haftpflichtverfahren beurteilen. Es bleibe demnach dabei, dass die Beklagte nach wie vor bedingungsgemäßen Versicherungsschutz nach Maßgabe des Versicherungsvertrages bestätige, wie bereits mit Schreiben vom 14.11.2003 (Anlage K 9, AH) geschehen. Für die Abgabe erneuter oder gar weitergehender Erklärungen sehe man keine Veranlassung.
15Die Beklagte beauftragte die D GmbH mit einer fachtechnischen Bewertung der nach dem Schadensereignis vom 29.04.2003 ausgeführten Maßnahmen. In seinem Gutachten vom 27.03.2015 (Anlage K 16, AH) kam der Gutachter der D GmbH, Herr Dipl. Ing. T, zu dem Ergebnis, dass für die zur Erfüllung der Vertragsleistung erforderlichen Nacharbeiten ab dem Schadensereignis vom 29.04.2003 sowie für die Kompensation der Bauzeitverlängerung durch Beschleunigung Kosten in einer Gesamthöhe von netto 111.758,- € als erforderlich anzusehen seien. Eine erneute Aufforderung der Klägerin vom 10.04.2015 (Anlage K 17, AH), unter Hinweis auf das vorgenannte Gutachten eine verbindliche Erklärung zum Umfang des Deckungsschutzes betreffend den Erfüllungsschaden abzugeben, wies die Beklagte mit E-Mail vom 28.04.2015 (Anlage K 18, AH) zurück.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der vor dem Landgericht gestellten Schlussanträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 07.03.2016 wird Bezug genommen.
17Das Landgericht hat dem Hauptantrag der erhobenen Feststellungsklage in vollem Umfang stattgegeben. Auf den Tenor der angefochtenen Entscheidung wird verwiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass ein Feststellungsinteresse der Klägerin gemäß § 256 Abs. 1 ZPO bestehe. Da noch keine rechtskräftige Endentscheidung in einer der beiden Haftpflichtverfahren ergangen sei, handele es sich um eine vorweggenommene Deckungsklage, deren Zulässigkeit seit jeher allgemein anerkannt sei. Dies gelte nicht nur dann, wenn der Versicherer die Deckungspflicht insgesamt bestreite, sondern auch dann, wenn der Versicherer die Deckungspflicht nur teilweise bestreite. Auch in diesem Fall habe der Versicherungsnehmer ein schutzwürdiges Interesse daran, dass alsbald verbindlich der Umfang seines Deckungsschutzes geklärt werde. Vorliegend folge dies bereits daraus, dass unstreitig Vergleichsgespräche mit den Geschädigten geführt werden und in diesem Zusammenhang für die Klägerin bei wirtschaftlicher Betrachtung mitentscheidend sei, in welchem Umfang sich die Beklagte an der Erfüllung beteilige.
18Dem Feststellungsinteresse könne nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte uneingeschränkt Deckungsschutz im Sinne des Abwehrschutzes gewähre, denn die vorbeschriebene Ungewissheit für die Klägerin betreffend den Umfang eines etwaigen Befreiungsanspruchs bestehe auch dann, wenn der Abwehranspruch ohne Einschränkung erfüllt werde. Die Beklagte habe ihre uneingeschränkte Deckungspflicht betreffend den Befreiungsanspruch in dem Anwaltsschreiben vom 18.12.2013 bestritten. Wie der BGH im Urteil vom 07.02.2007 – IV ZR 149/03 – hervorgehoben habe, habe der Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsvertrag heraus einen Anspruch darauf, dass sich der Haftpflichtversicherer unverzüglich über den Umfang seiner Deckungspflicht erkläre.
19Der nichtgedeckte Erfüllungsschaden sei entsprechend dem Klageantrag mit 111.758 € anzusetzen. Dies ergebe sich aus dem Gutachten, das die Beklagte selbst eingeholt habe. Die sachliche Richtigkeit des Gutachtens habe die Beklagte nicht infrage gestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
20Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerechten Berufung. Die Beklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts und begehrt unter Abänderung des angefochtenen Urteils Klageabweisung.
21Die Beklagte ist der Auffassung, die Tenorierung des Landgerichts sei unzutreffend. Der Tenor sei zum einen unklar und zum anderen zu weitreichend. Es sei zumindest die Einschränkung „bedingungsgemäß“ aufzunehmen. Andernfalls wären möglicherweise auch ansonsten ungedeckte Positionen im Haftpflichtprozess vom zugesprochenen Deckungsschutz umfasst. Möglicherweise entstünden im Deckungsprozess weitergehende Erfüllungsschäden.
22Die Beklagte meint, dass es unter Zugrundelegung der Kriterien der Rechtsprechung an einem rechtlichen Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung fehle, was sie näher ausführt. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag durch die Gewährung von Abwehrschutz zurzeit erfüllt. Zur Abgabe einer „Blankett-Erklärung“ sei sie nicht verpflichtet. Es bestehe kein Anspruch des Versicherungsnehmers im Rahmen der vorweggenommenen Deckungsklage auf einen abschließenden Feststellungstenor zum Befreiungsanspruch, wenn und solange der Abwehrschutz vollständig gewährt werde und die Haftpflichtforderung selbst nicht feststehe.
23Ihren Hilfsantrag auf Zulassung der Revision begründet die Beklagte damit, dass höchstrichterlich noch nicht geklärt sei, wie ein Versicherer auf einzelne Anfragen des Versicherungsnehmers zum Umfang des Deckungsschutzes zu reagieren habe, wenn er die Abwehr der geltend gemachten Ansprüche zugesagt habe und ein Befreiungs- und Zahlungsanspruch noch nicht entstanden sei.
24Die Beklagte beantragt,
25unter Abänderung des am 21.01.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln – 24 O 163/15 - die Klage abzuweisen,
26hilfsweise,
27die Revision zuzulassen.
28Die Klägerin beantragt,
29die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
30Die Klägerin verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil. Die Klägerin habe die Beklagte, bevor sie die Klage eingereicht habe, mehrfach aufgefordert, sich verbindlich dazu zu erklären, dass der von ihr geltend gemachte Leistungsausschluss gemäß § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB („Erfüllungsschaden“) nur in Höhe eines Betrages von 111.758,00 € berechtigt sei. Die von der Beklagten erhobenen Einwendungen gegen den Tenor des landgerichtlichen Urteils seien unberechtigt. Selbstverständlich würde der Urteilstenor die Beklagte nicht daran hindern, etwaige Deckungsausschlüsse, die sich in Zukunft, z.B. wegen Obliegenheitsverletzungen, ergeben könnten, geltend zu machen. Solche weiteren Deckungsausschlüsse seien nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Es gehe vorliegend ausschließlich um den von der Beklagten erhobenen Deckungseinwand des nicht gedeckten Erfüllungsschadens. Dieser Streit sei ein typischer Fall des nach einhelliger Auffassung zulässigen vorweggenommenen Deckungsprozesses. Spätestens nach Vorliegen des Gutachtens der D GmbH habe sich die Beklagte dazu erklären können und müssen, inwieweit sie weiterhin an dem Leistungsausschluss gemäß § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB festhalte.
31Das dringende Bedürfnis einer Klärung des Versicherungsschutzes ergebe sich nicht nur, worauf das Landgericht im Urteil besonders hingewiesen habe, daraus, dass bei anstehenden Vergleichsverhandlungen Klarheit darüber bestehen müsse, in welchem Umfang sich der Versicherer hieran zu beteiligen habe. Klarheit über den Umfang des Versicherungsschutzes müsse vor allem auch deshalb bestehen, weil der Anspruchsgegner aus einem gegen den Versicherungsnehmer im Haftpflichtprozess ergangenen Urteil die Zwangsvollstreckung betreiben könne, bei einem Berufungsurteil sogar ohne Sicherheitsleistung. Wäre der Versicherungsnehmer erst nach einem rechtskräftigen Urteil im Haftpflichtprozess berechtigt, – gegebenenfalls über mehrere Instanzen – klären zu lassen, inwieweit der Versicherer, der sich auf Deckungsausschlüsse berufen habe, zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet sei, so bestünde die Gefahr der Zwangsvollstreckung. Dieser Gefahr solle der Versicherungsnehmer, wie sich aus § 101 Abs. 3 VVG ergebe, nicht ausgesetzt sein. Es handele sich vorliegend auch nicht um eine Klage auf Freistellung von Schadensersatzansprüchen Dritter, sondern um eine Feststellungsklage auf Gewährung von Versicherungsschutz.
32Bezugnehmend auf die Hinweise des Senats in der mündlichen Verhandlung führt die Beklagte in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 25.08.2016 aus, dass im Haftpflichtverfahren eine Feststellung über die Höhe des Erfüllungsschadens und damit über den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten nicht getroffen werde. In welchem Umfang der Leistungsausschluss des § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB eingreife, sei eine rein versicherungsrechtliche Frage, die im vorweggenommenen Deckungsprozess zu entscheiden sei. Im Übrigen sei es nicht Sache der Klägerin dazu vorzutragen, welche Positionen der Haftpflichtansprüche dem Erfüllungsschaden „zugeordnet“ werden können. Die Beklagte, die sich auf das Eingreifen des § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB berufen habe, sei darlegungspflichtig dafür, dass eine bestimmte Ersatzleistung nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei. Welche Maßnahmen dem Erfüllungsbereich zuzuordnen seien, ergebe sich aus dem vorgelegten Gutachten der D GmbH. Es handele sich insoweit um Maßnahmen, die in den Positionen gemäß Ziff. V 1 a und V 4 a der als Anlage K3 vorgelegten Klage der O Versicherung enthalten seien (Sanierung der Bau und die Montage des Krans).
33Die Klägerin ist der Auffassung, dass Abwehrschutz ihr Feststellungsinteresse nicht entfallen lasse. Die Ausführungen bei Prölss/Martin/Lüke VVG, 29. Aufl., § 100, Rn. 20 bezögen sich ersichtlich nur auf eine Freistellungsklage, was sich daraus ergebe, dass die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main (VersR 2003, 588) zitiert werde. Die zu Beginn des Haftpflichtverfahrens erfolgte Gewährung von Abwehrschutz stehe, wenn der Versicherer sich – wie im vorliegenden Fall - dann später darauf berufe, es bestehe wegen des Eingreifens eines Ausschlusstatbestandes kein Versicherungsschutz, einer Feststellungsklage nicht entgegen, sondern mache diese gerade erforderlich, wenn die Frage, ob und in welchem Umfang der Haftpflichtanspruch unter das versicherte Risiko falle, im Haftpflichtprozess nicht aufgeklärt werde. Die Klägerin beruft sich insoweit auf die Entscheidung des OLG DÜSSELDORF vom 27.9.2006 – 18 O 17/06.
34Ohne eine Feststellungsklage bestehe im Übrigen die Gefahr der Verjährung des Deckungsanspruchs, da die Beklagte mit Schreiben vom 18.12.2013 eine Deckungsablehnung erklärt habe. Der Versicherungsnehmer müsse durch die Erhebung einer Feststellungsklage in der Lage sein, eine drohende Verjährung seines Deckungsanspruchs zu verhindern. Dies gelte bereits dann, wenn Unsicherheit hinsichtlich der Verjährung bestehe.
35Für den Fall eines Unterliegens regt die Klägerin die Zulassung der Revision an. Die Frage, inwieweit trotz gewährten Abwehrschutzes von dem Versicherungsnehmer eine Feststellungsklage erhoben werden könne, wenn der Versicherer seine Eintrittspflicht bestreite, habe über den vorliegenden Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
37II.
38Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
39Die Feststellungsklage der Klägerin ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag unzulässig. Bei dem von der Klägerin begehrten Ausspruch zur betragsmäßigen Höhe des vom Versicherungsschutz ausgenommenen Erfüllungsschadens handelt es sich nicht um ein streitiges Rechtsverhältnis, sondern um eine reine Tatsachenfeststellung. Soweit der Hauptantrag als Minus auf eine Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Versicherungsschutz wegen der Inanspruchnahme der Klägerin auf Schadensersatz durch die beiden Haftpflichtgläubiger gerichtet ist, fehlt es an einem Feststellungsinteresse. Außerdem wäre die Feststellungsklage derzeit unbegründet.
401.
41Der Hauptantrag und der Hilfsantrag sind nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet.
42Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage kann - abgesehen von der Echtheit einer Urkunde - nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Dabei muss sich das Feststellungsbegehren nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht, insbesondere auch auf einen streitigen Teil des Vertragsinhalts, beschränken (BGH, Urteil vom 19. November 2014 – VIII ZR 79/14 -, juris). Bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens sind hingegen kein Rechtsverhältnis (BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 – VIII ZR 139/07 – m. w. N., juris; Geisler, in Prütting/Gehrlein, ZPO, 8. Aufl., 2016, § 256, Rn. 8). Einigkeit besteht, dass die Feststellung von bloßen Tatsachen ausgeschlossen ist, auch wenn sie als Elemente eines Tatbestandes rechtlich erheblich sind (BGH, Urteil vom 03. Mai 1977 – VI ZR 36/74 -, veröffentlicht in BGHZ 68, 331, 332, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 02. Oktober 1991 – VIII ZR 21/91 –, zitiert nach juris; Roth, in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 256, Bd. 4, 2008, § 256 Rn. 29; Greger, in Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 256 ZPO, Rn. 3; Geisler, in Prütting/Gehrlein, ZPO, 8. Aufl., 2016, § 256, Rn. 8). Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus der eng umgrenzten Ausnahme der Feststellungsfähigkeit der Tatsache der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde, wie sie in § 256 Abs. 1 ZPO aufgeführt ist (Roth, in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 256, Bd. 4, 2008, § 256 Rn. 29).
43a)
44Vorliegend begehrt die Klägerin keine Feststellung der aus dem Versicherungsvertrag folgenden Deckungspflicht der Beklagten. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist - anders als bei vorweggenommenen Deckungsklagen üblich - nicht darauf gerichtet, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die streitgegenständlichen Inanspruchnahmen bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren. Diese versicherungsvertragliche Leistungspflicht der Beklagten ist zwischen den Parteien unstrittig. Vorsorglich hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 13.10.2015 (Bl. 41 d. A.) den Anspruch auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes nochmals anerkannt.
45b)
46Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO lässt sich nicht mit einer Deckungsablehnung der Beklagten begründen. Entgegen den Ausführungen der Klägerin hat die Beklagte in dem anwaltlichen Schreiben vom 18.12.2013 (Anlage K 13, AH) keine (teilweise) Deckungsablehnung erklärt. Das anwaltliche Schreiben vom 18.12.2013 (Anlage K 13, AH) steht unter dem Vorbehalt einer vorläufigen und nicht abschließenden Bewertung des Sachverhalts. Die Stellungnahme erfolgte, wie in dem Schreiben vom 18.12.2013 erwähnt wird, auf ausdrücklichen Wunsch der Klägerin und im Zusammenhang mit deren Vergleichsverhandlungen in den Haftpflichtprozessen. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit ihrer vorläufigen Bewertung eine weitergehende Aussage zu Haftung und/oder Deckung nicht verbunden sei. Auch aus Sicht des Versicherungsnehmers ist mit der Stellungnahme der Beklagten vom 18.12.2013 daher eine Ablehnung eines künftigen Anspruchs auf Freistellung nicht verbunden. Einen möglichen Freistellungsanspruch der Klägerin nach Abschluss der Haftpflichtverfahren hat die Beklagte auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht in Abrede gestellt. Sie lehnt lediglich die von der Klägerin begehrte betragsmäßige Festlegung der tatsächlichen Höhe des Erfüllungsschadens vor Abschluss der Haftpflichtverfahren ab.
47c)
48Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO folgt nicht aus einem Streit der Parteien über die Fälligkeit der vertraglich geschuldeten Leistungen der Beklagten oder aus einer bestehenden Ungewissheit über die Verjährung des Deckungsanspruchs. Die Parteien streiten nicht darüber, dass ein Freistellungsanspruch der Klägerin derzeit nicht fällig ist. Es besteht keine Ungewissheit über die Fälligkeit der nach dem Versicherungsvertrag geschuldeten Leistungen der Beklagten. Insofern ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar mit dem, welcher der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.11.2014 – VIII ZR 79/14 – (zitiert nach juris) zugrunde lag. Der Hinweis der Klägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 25.08.2016 auf die Gefahr einer Verjährung des Deckungsanspruchs vermag nicht zu überzeugen. Die Beklagte hat wiederholt ihre Verpflichtung zur Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes für die beiden streitgegenständlichen Haftpflichtverfahren anerkannt. Dass Streit oder Ungewissheit zwischen den Parteien über die Verjährung dieses Anspruchs besteht, hat die Klägerin nicht dargetan. Die Beklagte hat, wie zuvor ausgeführt, keine Deckungsablehnung erklärt, die Zweifel über den Beginn der Verjährung auslösen könnte. Allein der Umstand, dass Ansprüche nach dem Gesetz der Verjährung unterliegen, vermag ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO nicht zu begründen.
49d)
50Eine Feststellung über den vereinbarten Inhalt des Versicherungsvertrages und der daraus folgenden Leistungsfreiheit der Beklagten für Erfüllungsschäden begehrt die Klägerin ebenfalls nicht. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Ausschluss von Erfüllungsschäden in § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB wirksam vereinbart wurde. Ein Streit über die fehlende Leistungsverpflichtung der Beklagten für die vom Versicherungsschutz ausgenommenen Erfüllungsschäden besteht nicht. Mit der Feststellungsklage soll auch kein Streit der Parteien über die Anwendbarkeit oder Auslegung der Klausel im konkreten Fall beseitigt werden. Die Parteien streiten nicht darüber, wie die Tatbestandsmerkmale „Erfüllungsschaden“ und „die an die Stelle der Erfüllungsleistung tretende Ersatzleistung“ nach dem Inhalt des Vertrages zu verstehen sind. Die Klägerin möchte keine rechtliche Klärung der nach dem Inhalt des Vertrages ausgeschlossenen Erfüllungsschäden herbeiführen.
51Aus diesem Grund ist die vom Landgericht angeführte Kommentierung von Koch in Bruck/Möller (VVG, 9. Aufl. 2013, § 100, Rn. 145) unbehelflich. Koch stellt darauf ab, dass der Versicherungsnehmer die Möglichkeit haben müsse, im Wege der Feststellungsklage versicherungsvertragliche Zweifel über den Deckungsumfang des Vertrages sogar losgelöst von einem konkreten Schadensfall klären zu lassen. Es besteht vorliegend jedoch kein Streit über den nach dem Versicherungsvertrag geschuldeten Deckungsumfang, sondern nur, in welcher Höhe ein solcher unstreitig versicherungsvertraglich ausgeschlossener Erfüllungsschaden tatsächlich entstanden ist.
52e)
53Mit ihren Anträgen begehrt die Klägerin auch keine Feststellung einer streitigen Deckungspflicht für einzelne gegen sie in den beiden streitgegenständlichen Haftpflichtverfahren geltend gemachten Ansprüche oder abgrenzbare Schadenspositionen. Insofern ist der vorliegende Fall nicht mit der vom Landgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.11.2000 – IV ZR 223/99 – (zitiert nach juris) zur Zulässigkeit der vorweggenommenen Feststellungsklage des Geschädigten auf Gewährung von Deckungsschutz vergleichbar. Denn anders als im vorweggenommenen Deckungsprozess des Geschädigten, der regelmäßig eine Feststellung der Deckungspflicht des Versicherers für die von ihm gegen den Versicherungsnehmer erhobenen Haftpflichtansprüche begehrt, fehlt ein konkreter Bezug der von der Klägerin begehrten Feststellung der Höhe des ausgeschlossenen Erfüllungsschadens zu den im Klageantrag genannten Haftpflichtprozessen.
54aa)
55Der Vortrag der Klägerin vor dem Landgericht und in der Berufungserwiderung verhält sich nicht dazu, ob der vom Versicherungsschutz ausgeschlossene Erfüllungsschaden i.H.v. 111.758 €, dessen Feststellung sie im hiesigen Verfahren begehrt, überhaupt Gegenstand eines oder beider im Klageantrag aufgeführten Haftpflichtverfahren ist. Eine Zuordnung des festzustellenden Betrages von 111.758 € zu einzelnen Ansprüchen der beiden Geschädigten wird nicht vorgenommen. Die Klägerin hat die begehrte Feststellung einer bestimmten Höhe des nach § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB ausgeschlossenen Erfüllungsschadens allein mit den Feststellungen des technischen Sachverständigen Dipl. Ing. T in dem Gutachten der D GmbH ohne Bezugnahme auf den Vortrag der Geschädigten in den beiden streitgegenständlichen Haftpflichtverfahren begründet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 16.08.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf die Hinweise des Senats ausdrücklich erklärt, dass der Erfüllungsschaden keine Position im Haftpflichtprozess sei.
56bb)
57Erstmals in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 25.08.2016 behauptet die Klägerin, dass die Maßnahmen, die nach dem Gutachten der D GmbH dem Erfüllungsbereich zuzuordnen seien, in den Positionen gemäß Ziff. V 1 a und V 4 a der als Anlage K3 vorgelegten Klage der O Versicherung (Sanierung der Baugrube und Demontage des Krans) enthalten seien. Dieses neue tatsächliche Vorbringen gibt keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO. Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht vor.
58Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht zu besorgen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erhielt im Verhandlungstermin Gelegenheit, sich umfassend zu den Hinweisen des Senats zu äußern. Der Senat hat insbesondere darauf hingewiesen, dass sich der klägerische Vortrag nicht dazu verhalte, ob der Erfüllungsschaden in Höhe der rund 111.000 € überhaupt Gegenstand der Haftpflichtverfahren sei und wenn ja, welchen der beiden Verfahren der Erfüllungsschaden und welcher jeweiligen Position der Haftpflichtansprüche zugeordnet werden könne. Hierzu hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, dass der Erfüllungsschaden nicht Gegenstand der streitgegenständlichen Haftpflichtverfahren sei. Schriftsatznachlass, um zu den Hinweisen des Senats ergänzend vortragen zu können, hat er nicht beantragt.
59Das neue Vorbringen in dem Schriftsatz vom 25.08.2016 ist auch nicht entscheidungserheblich im Sinne des § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Denn selbst unter Berücksichtigung des neuen Tatsachenvortrags der Klägerin wäre der Feststellungsantrag unzulässig. Im Haupt- und Hilfsantrag wird weiterhin nicht auf einzelne gegen die Klägerin erhobene Haftpflichtansprüche abgestellt, für welche die Klägerin Deckungsschutz von der Beklagten begehrt, sondern unabhängig von den beiden im Antrag aufgeführten Haftpflichtverfahren eine betragsmäßige Feststellung der tatsächlichen Höhe des ausgeschlossenen Erfüllungsschaden beantragt.
60Außerdem reicht der neue Vortrag inhaltlich nicht aus, um anhand der Behauptungen des Geschädigten zum Haftpflichtanspruch zu klärende Rechte und Pflichten aus dem Deckungsverhältnis nachvollziehbar darzulegen, die Gegenstand eines vorweggenommenen Deckungsprozesses sein könnten. Im vorweggenommenen Deckungsprozess ist grundsätzlich auf die Behauptungen des Geschädigten abzustellen (BGH, Urteil vom 15.11.2000 – IV ZR 223/99 –, juris). Zu diesen Behauptungen der beiden Geschädigten hat die Klägerin vorzutragen, um ein klärungsbedürftiges Rechtsverhältnis als Voraussetzung ihrer Feststellungsklage schlüssig darzulegen. Dem ist die Klägerin trotz der Hinweise des Senats in der mündlichen Verhandlung auch in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 25.08.2016 nicht hinreichend nachgekommen.
61Ein klärungsbedürftiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO lässt sich den bloßen Bezugnahmen der Klägerin auf zwei Schadenspositionen nicht entnehmen. Der Hinweis auf die Positionen Ziff. V 1 a und V 4 a der als Anlage K 3 vorgelegten Klage der O Versicherung ohne erläuternden schriftsätzlichen Vortrag reicht nicht aus, um einen Zusammenhang zwischen der von der Klägerin begehrten betragsmäßigen Feststellung des ausgeschlossenen Erfüllungsschadens und der Deckungspflicht der Beklagten für die beiden Haftpflichtverfahren zu begründen. Die Schadenspositionen Ziffer V 1 a in die Höhe von 897.854,28 € und Ziffer V 4 a i.H.v. 211.770,01 € der als Anlage K 3 vorgelegten Klage der O Versicherung lassen sich weder betragsmäßig noch inhaltlich mit den Feststellungen des technischen Sachverständigen T in dem Gutachten der D GmbH vom 27.03.2015 in Einklang bringen, auf welche sich die Klägerin zur Begründung ihres Feststellungsantrages im hiesigen Verfahren beruft. Zu dem weiteren Haftpflichtprozess 18 O 550/06 LG Köln, auf den sich der Feststellungsantrag ebenfalls bezieht, verhält sich das klägerische Vorbringen in dem Schriftsatz vom 25.08.2016 gar nicht.
62f)
63Die Feststellungsklage der Klägerin ist auf eine unzulässige Tatsachenfeststellung, nämlich die betragsmäßige Feststellung der tatsächlichen Höhe des ausgeschlossenen Erfüllungsschadens gerichtet. Dies kommt beim Hilfsantrag deutlich zum Ausdruck. Doch auch der Hauptantrag, der nach seiner Formulierung grundsätzlich auf die Gewährung von Versicherungsschutz gerichtet ist, zielt mit der formulierten Ausnahme eines bezifferten Erfüllungsschadens ebenfalls auf eine entsprechende rechtsverbindliche Feststellung der tatsächlichen Höhe des konkreten Erfüllungsschadens. Dies hat das Landgericht zutreffend im unstreitigen Teil des erstinstanzlichen Tatbestandes herausgestellt.
64Bei der begehrten Feststellung der betragsmäßigen Höhe des nicht vom Versicherungsschutz umfassten Erfüllungsschadens handelt es sich um eine reine Tatsachenfeststellung. Rechtsfragen aus dem Versicherungsverhältnis sind insoweit nicht zu klären. Die Klägerin begründet die von ihr begehrte Festsetzung des ausgeschlossenen Erfüllungsschadens auf 111.758 € damit, dass der Sachverhalt durch das von der Beklagten selbst eingeholte Gutachten der D GmbH vom 27.03.2015 (Anlage K 16, AH) inzwischen soweit aufgeklärt sei, dass der Beklagten eine entsprechende Erklärung möglich sei. Bei dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten des Dipl. Ing. T handelt es sich um eine fachtechnische Bewertung. In seinem Gutachten vom 27.3.2015 (Anlage K 16, AH) kommt der Sachverständige Dipl. Ing. T aufgrund seiner fachtechnischen Kenntnisse zu dem Ergebnis, dass für die zur Erfüllung der Vertragsleistung erforderlichen Nacharbeiten ab dem Schadensereignis vom 29.04.2003 sowie für die Kompensation der Bauzeitverlängerung durch Beschleunigung Kosten in einer Gesamthöhe von netto 111.758,- € erforderlich seien. Im Falle eines Rechtsstreits wäre die Richtigkeit der von dem Privatgutachter ermittelten Kosten der Nacherfüllung bei einem wirksamen Bestreiten einer der Parteien durch das Gericht in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen und einem Sachverständigenbeweis zugänglich. Dass bei der Bestimmung der Höhe der erforderlichen Kosten der Nacherfüllung darüber hinaus zwischen den Parteien streitige Rechtsfragen zu klären wären, ist nicht ersichtlich. Es geht nur um die unzulässige Feststellung der tatsächlichen Höhe des vom Versicherungsschutz ausgenommenen Erfüllungsschadens. Die anderweitige Formulierung im Hauptantrag der Klägerin ändert hieran nichts.
652.
66Die Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO lässt sich nicht allein mit wirtschaftlichen Interessen der Klägerin an einer verbindlichen Erklärung der Beklagten zur Höhe des ausgeschlossenen Erfüllungsschadens begründen. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 03. Mai 1977 – VI ZR 36/74 –, BGHZ 68, 331-339, zitiert nach juris) kann den Festlegungen des § 256 ZPO für das Institut der Feststellungsklage nicht mit materiell-rechtlichen Erwägungen ausgewichen werden. Die funktionellen Beziehungen und Abhängigkeiten der prozessualen Rechtsbehelfe (Leistungsklagen, Feststellungsklagen und Gestaltungsklagen) zum materiellen Recht gehen nicht soweit, dass für die Frage, wie Rechte verfahrensrechtlich geschützt werden können, die materielle Rechtsordnung Vorrang vor dem Verfahrensrecht hätte. Die Zulässigkeit von Feststellungsklagen regelt § 256 ZPO vielmehr abschließend (BGH, Urteil vom 03. Mai 1977 – VI ZR 36/74 –, BGHZ 68, 331-339, zitiert nach juris). Mit Rechtskraft für und gegen die Parteien kann der Richter aber nur einen Streit oder rechtliche Zweifel über Rechtsverhältnisse ausräumen. Die rechtskräftige Feststellung von Vorfragen oder Elementen eines Rechtsverhältnisses ist nach allgemeiner Rechtsüberzeugung nicht durchzusetzen (Urteil vom 03. Mai 1977 – VI ZR 36/74 – m. w. N., BGHZ 68, 331-339; BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 – VIII ZR 139/07 – m. w. N.; alle zitiert nach juris).
67a)
68Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an einer rechtsverbindlichen Erklärung der Beklagten zur Höhe des vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen Erfüllungsschadens, um Vergleichsverhandlungen mit den Geschädigten durchführen zu können, vermag deshalb das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Rechtsverhältnis nicht zu ersetzen. Klärungsbedürftige Rechte und Pflichten in Bezug auf eine Mitwirkung der Beklagten an Vergleichsverhandlungen mit den Geschädigten macht die Klägerin nicht geltend.
69b)
70Eine Zulässigkeit der vorliegenden Feststellungsklage lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht daraus herleiten, dass der Anspruchsgegner aus einem gegen die Klägerin im Haftpflichtprozess ergangenen Urteil die Zwangsvollstreckung betreiben könnte, bei einem Berufungsurteil sogar ohne Sicherheitsleistung. Gemäß § 100 VVG steht dem Haftpflichtversicherer ein Wahlrecht zu, nach pflichtgemäßem Ermessen den Versicherungsnehmer von den gegen ihn erhobenen Ansprüchen freizustellen oder ihm Abwehrschutz zu gewähren. Gewährt der Versicherer – wie im vorliegenden Fall – nach pflichtgemäßem Ermessen Rechtsschutz zur Abwehr der erhobenen Ansprüche, so ist die von der Klägerin beschriebene Gefahr einer Zwangsvollstreckung des Anspruchsgegners Folge des gesetzlich vorgesehenen Wahlrechts des Haftpflichtversicherers. Ein feststellungfähiges Rechtsverhältnis wird hierdurch nicht begründet. Das Gesetz schützt den Versicherungsnehmer insofern über § 101 Abs. 3 VVG.
71Soweit die Klägerin auf eine drohende Zwangsvollstreckung im Fall ihres Unterliegens im Haftpflichtprozess abstellt, fehlt es zudem an der erforderlichen Gegenwärtigkeit des Rechtsverhältnisses. Vorsorgliche Feststellungsklagen sind grundsätzlich unzulässig (Geißler, in Prütting/Gehrlein, ZPO, 8. Aufl., 2016, § 256, Rn. 14 m. w. N.). Sie widersprechen dem Grundsatz der Prozessökonomie. Derzeit ist nicht absehbar, ob und in welcher Höhe es überhaupt zu einer Verurteilung der Klägerin kommen wird. In dem Haftpflichtprozess 18 O 140/07 hat das Landgericht die Klage der O Versicherung AG bis auf einen Betrag von 900 € abgewiesen. In dem anderen Haftpflichtprozess ist noch gar keine Entscheidung ergangen. Gegenwärtig droht der Klägerin keine Zwangsvollstreckung durch einen der beiden Geschädigten. Außerdem besteht kein Anlass anzunehmen, dass die Beklagte nach einem rechtskräftigen Abschluss der Haftpflichtverfahren ihren versicherungsvertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen wird. Wie bereits ausgeführt, hat die Beklagte durch ihre Ausführungen in dem anwaltlichen Schreiben vom 18.12.2013, die ausdrücklich vorläufig und im Zusammenhang mit den Vergleichsverhandlungen der Klägerin erfolgten, einen nach dem rechtskräftigen Abschluss der Haftpflichtverfahren fällig werdenden Befreiungsanspruch der Klägerin nicht teilweise abgelehnt. Die Weigerung der Beklagten, sich zur tatsächlichen Höhe des nach dem Versicherungsvertrag ausgeschlossenen Erfüllungsschadens bereits vor Abschluss der Haftpflichtprozesse verbindlich zu erklären, lässt keine Rückschlüsse auf ihr Verhalten nach Abschluss der Haftpflichtprozesse zu.
723.
73Die vom Landgericht und von der Klägerin zitierte Rechtsprechung rechtfertigt keine andere Wertung.
74a)
75Unbehelflich ist die vom Landgericht herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07. Februar 2007 – IV ZR 149/03 – (zitiert nach juris). Die vorgenannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs betrifft die Verpflichtung des Haftpflichtversicherers zur Gewährung von Rechtsschutz. Danach hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer rechtzeitig und unmissverständlich zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt, später je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses Leistungsfreiheit geltend zu machen. Gibt der Versicherer eine solche Erklärung nicht ab, nimmt er seine Pflicht zur Abwehr des Anspruchs nicht wahr und gibt damit zugleich seine Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf (BGH, Urteil vom 07. Februar 2007 – IV ZR 149/03 –, juris).
76Vorliegend kommt die Beklagte ihrer Rechtsschutzverpflichtung unstreitig vollumfänglich nach. Sie hat bereits durch Schreiben vom 14.11.2003 (Anlage K 9, AH) bestätigt, dass sie der Klägerin bedingungsgemäß Versicherungsschutz wegen der künftigen Inanspruchnahme auf Folgeschäden aus dem Kranunfall gewährt. Sie hat bisher alle der Klägerin entstandenen Kosten bei der Abwehr der streitgegenständlichen Ansprüche (mit-) übernommen. Bei der Verpflichtung zur Gewährung von Abwehrschutz beruft sie sich nicht auf ausgeschlossene Erfüllungsschäden. Die Quotelung in dem anwaltlichen Schreiben vom 18.12.2013 (Anlage K 13, AH) bezieht sich, wie der Bezugnahme auf die Besprechung vom 22.11.2013 und dem Fazit am Ende des Schreibens zu entnehmen ist, allein auf eine vergleichsweise Erledigung des Haftpflichtprozesses. Die uneingeschränkte Gewährung von Abwehrschutz wird hierdurch nicht infrage gestellt.
77Bei der Erfüllung der Verpflichtung zur rechtzeitigen und unmissverständlichen Gewährung von Abwehrschutz kann sich der Versicherer nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 07. Februar 2007 - IV ZR 149/03, juris) ausdrücklich vorbehalten, später je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses Leistungsfreiheit geltend zu machen. Für die Rechtsschutzverpflichtung des Versicherers somit ist ein anderer Maßstab anzulegen als für die Verpflichtung zur Befriedigung des Dritten nach Durchführung des Haftpflichtprozesses (Koch in Bruck/Möller, VVG Band 4, 9. Aufl. 2014, § 100 Rn. 38). Die von der Klägerin mit der Feststellungsklage begehrte Feststellung der Höhe des ausgeschlossenen Erfüllungsschadens betrifft allein die Deckungsverpflichtung der Beklagten in Form der Freistellung, da Abwehrschutz uneingeschränkt gewährt wird. Ein Streit der Parteien über die Höhe des vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen Erfüllungsschadens ist deshalb für die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestehende Verpflichtung des Haftpflichtversicherers zur rechtzeitigen und unmissverständlichen Gewährung von Rechtsschutz ohne Belang.
78b)
79Der Hinweis der Klägerin auf das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27.09.2006 – 18 U 17/06 – (juris) vermag die von ihr vertretene Rechtsauffassung nicht zu stützen. Die von der Klägerin zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Feststellungsklage herangezogenen Ausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf beziehen sich nur auf die vorweggenommene Deckungsklage des Geschädigten. Zu einer vorweggenommenen Deckungsklage des Versicherungsnehmers führt das Oberlandesgericht Düsseldorf unter Hinweis auf das Oberlandesgericht Frankfurt aus, dass für diese im Regelfall kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, wenn der Versicherer bereits Deckungszusage in Form der Abwehr unbegründeter Ansprüche zugesagt habe. Dies dürfe auch dann gelten, wenn der Versicherer sich auf eine Anfrage der Versicherungsnehmerin, ob der Schaden gegebenenfalls reguliert werde, dahingehend erklärt habe, sie gewähre zunächst Deckungsschutz durch Abwehr der erhobenen Ansprüche, sie also die Frage nach dem etwaigen Ausgleich des Schadens bewusst unbeantwortet gelassen habe, um diese Frage offen zu halten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.09.2006 – 18 U 17/06 – juris). Entgegen dem klägerischen Verständnis verneint das Oberlandesgericht Düsseldorf somit grundsätzlich ein Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers an einer vorweggenommenen Deckungsklage, wenn – wie im vorliegenden Fall – uneingeschränkt Abwehrschutz gewährt wird und der Versicherer die Frage des Ausgleichs des Schadens bewusst unbeantwortet gelassen hat. Dies entspricht auch der von Lücke in der Kommentierung (Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 100 VVG, Rn. 20) vertretenen Rechtsauffassung. Danach soll für eine Feststellungsklage kein Feststellungsinteresse bestehen, wenn der Versicherer die Abwehr der geltend gemachten Ansprüche zugesagt hat und noch kein weitergehender Befreiungs- oder Zahlungsanspruch entstanden ist.
80Die zitierten Rechtsausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Urteil vom 27.09.2006 und von Lücke in der Kommentierung bei Prölss/Martin (VVG, 29. Aufl., § 100 VVG, Rn. 20) stehen folglich die Annahme einer Unzulässigkeit der Feststellungsklage der Klägerin nicht entgegen. Lediglich klarstellend weist der Senat darauf hin, dass im vorliegenden Fall eine grundsätzliche rechtliche Auseinandersetzung mit der Frage nicht erforderlich ist, ob eine vorweggenommene Deckungsklage des Versicherungsnehmers zulässig ist, wenn der Haftpflichtversicherer uneingeschränkt Abwehrschutz gewährt. Vorliegend scheitert die Zulässigkeit der klägerischen Feststellungsklage bereits daran, dass die Klägerin eine Tatsachenfeststellung begehrt. In den vorzitierten Entscheidungen und Kommentierungen geht es – soweit erkennbar – nicht um die Beilegung eines Streits über Tatsachen im Wege der Feststellungsklage.
814.
82Soweit in dem Hauptantrag der Klägerin als Minus ein Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes für die beiden klageweisen Inanspruchnahmen enthalten ist, besteht kein Feststellungsinteresse. Die Beklagte hat diese Verpflichtung - nochmals ausdrücklich im erstinstanzlichen Verfahren – anerkannt.
835.
84Lediglich vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Feststellungsklage der Klägerin auch unbegründet wäre. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Versicherungsvertrag derzeit vollständig erfüllt. Die Beklagte hat das ihr nach § 100 VVG zustehende Wahlrecht dahingehend ausgeübt, dass sie der Klägerin für die streitgegenständlichen Inanspruchnahmen uneingeschränkt Deckungsschutz in Form von Abwehrschutz gewährt. Ihre Zusage über die Gewährung von Abwehrschutz hat die Beklagte nicht eingeschränkt. Insbesondere hat sie sich insoweit nicht auf einen teilweisen Ausschluss oder eine Quotelung der Kosten wegen vermeintlicher Erfüllungsschäden berufen. Die der Klägerin entstandenen Kosten wurden unstreitig bisher vollständig übernommen. Die vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 07. Februar 2007 – IV ZR 149/03 –, juris) aufgestellten Anforderungen an eine rechtzeitige und unmissverständliche Entscheidung des Haftpflichtversicherers über die Gewährung von Rechtsschutz wurden erfüllt. Ein Zahlungs- oder Befreiungsanspruch aus dem Haftpflichtverhältnis, aus dem sich weitergehende Ansprüche der Klägerin ergeben könnten, ist unstreitig noch nicht fällig.
856.
86Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den § 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
877.
88Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung. Die Konstellation, dass ein Haftpflichtversicherer uneingeschränkt Abwehrschutz zusagt und der Versicherungsnehmer während des laufenden Haftpflichtprozesses die tatsächliche Höhe eines vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen Erfüllungsschadens gestützt auf ein Gutachten eines technischen Sachverständigen geklärt wissen will, ist nicht in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten. Der Rechtsstreit beruht auf einem sehr speziellen Interesse und Antrag der Klägerin. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Auf die Frage, inwieweit trotz uneingeschränkt gewährten Abwehrschutzes von dem Versicherungsnehmer eine Feststellungsklage erhoben werden kann, um den Umfang des nach dem Versicherungsvertrag geschuldeten Deckungsschutzes im Übrigen klären zu lassen, kommt es nicht an. Die Klägerin begehrt eine reine Tatsachenfeststellung und nicht eine Klärung des Umfangs des Deckungsschutzes. Die Unzulässigkeit einer Feststellungsklage bei einer Tatsachenfeststellung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Kommentarliteratur. Die Entscheidungen des 4. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs und das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27.09.2006 (18 U 17/06) zur vorweggenommenen Deckungsklage stehen – wie oben ausgeführt - der rechtlichen Bewertung des Senats nicht entgegen.
898.
90Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.746.710 € festgesetzt.
91Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf Seite 13 des angefochtenen Urteils zur Begründung des erstinstanzlichen Streitwerts an, die auf den Berufungsstreitwert zu übertragen sind. Der Streitwert richtet sich nach dem von der Klägerin vorgetragenen Interesse an der begehrten Feststellung. Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung (Bl. 177 d. A.) unter Hinweis auf ihr eigenes vorgerichtliches Verhalten und die Risiken in den Haftpflichtprozessen die Interessenlage anders beurteilt als die Klägerin, ist dies für die Festsetzung des Streitwerts nicht maßgeblich.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Sept. 2016 - 9 U 29/16
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Sept. 2016 - 9 U 29/16
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Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Sept. 2016 - 9 U 29/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Tenor
Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) werden verurteilt, an die Klägerin 900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG a.F. aus einer Bauleistungsversicherung, hilfsweise aus abgetretenem Recht.
3Die Eigentümerin und Bauherrin eines Hotel-, Büro- und Wellnesskomplexes in Düsseldorf, A-Straße, die A Objektgesellschaft Düsseldorf Dr. A KG (im Folgenden: A), schloss mit der Klägerin am 22.02.2002, mit Nachtrag vom 07.04.2003, eine Bauleistungsversicherung mit einer Versicherungssumme von 75.000.000,00 EUR für den vorgenannten Gebäudekomplex betreffend „Neubau-Gründung über Schlitzwandlamellen unterhalb der Primärstütze“. Wegen der Einzelheiten der Versicherungsleistung und der Bedingungen wird auf das Anlagenkonvolut K 16 verwiesen. Die A hatte die E& P Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH (im Folgenden: B) mit der Ausführung der Bauleistung als Generalunternehmer beauftragt, die wiederum die Beklagte zu 1) mit Vertrag vom 23./26.08.2002 (Anlage K 8) mit der Erstellung der Baugrube und der Stützwand beauftragte. Die Beklagten zu 2) und zu 3) sind die Gesellschafter der Beklagten zu 1). Mit der Projektsteuerung hatte die A die Streithelferin zu 1) beauftragt, die mit Vertrag vom 21.12.2002 die Bauüberwachung übernahm. Zusätzlich hatte die A mit der Ingenieursozietät Prof. Dr. D GmbH (im Folgenden: Ingenieursozietät D) einen fachtechnischen Berater im Zusammenhang mit der Baugrube eingeschaltet. Die Rohbauarbeiten hatte die B bei der Firma Z GmbH (im folgenden Z) in Auftrag gegeben. Diese stellte an der Süd-Ost-Ecke der Baugrube einen Baukran auf. Über das Vermögen der zuletzt als Z Bauholding GmbH firmierenden vormaligen Streithelferin zu 2) der Klägerin wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet.
4Während des Voraushubs und der Schlitzwandarbeiten der Baugrube wurde ein alter Spundwandverbau angetroffen, der nicht vollständig gezogen werden konnte. Diesbezüglich fand am 09.01.2003 ein Ortstermin statt, worüber die Ingenieursozietät D als geotechnischer Berater ein Protokoll der Besprechung erstellte (Anl. K 9). Unter dem 23.01.2003 unterbreitete die Beklagte zu 1) einen schriftlichen Ausführungsvorschlag zu den geänderten Rahmenbedingungen (Anlage K 10), den die Ingenieursozietät D fachtechnisch prüfte und am 28.01.2003 bestätigte. Hiernach sollte der vorgefundene Spundbohlenverbau nach Freischälen der Spundbohlen von anhaftendem Erdmaterial in die Schlitzwand im süd-östlichen Eckbereich mit einbetoniert werden. In dem Begleitschreiben wies die Ingenieursozietät D auf mögliche Risiken hin und empfahl den Einbau von Verpreßschläuchen über die gesamte Spundbohlenlänge, die Erstellung eines Havariekonzeptes mit sofortigen Sicherheitsmaßnahmen im Falle von Undichtigkeiten und eine kontinuierliche Fachüberwachung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 11 verwiesen. Die Streithelferin zu 1) ordnete sodann mit Schreiben vom 30.01.2003 (Anlage K 82) gegenüber der Beklagten zu 1) die Umsetzung dieser Empfehlung an.
5Durch die Beklagten wurde im Zuge der Erstellung der Schlitzwand im fraglichen Eckbereich der Baugrube keine Verpreßschläuche eingebracht, sondern Manschettenrohre verwendet. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Lamellen der Schlitzwand nicht vollständig dicht hergestellt worden waren, erstellte der Oberbauleiter der Beklagten zu 2) am 23.04.2003 eine Arbeitsanweisung zum Umgang mit der Fehlstelle in der Schlitzwand mit folgendem Inhalt (Anlage K 12):
6 „Kontrolle der Fehlstelle auf Wasser- und Bodeneintritt
7 Sichern der Fehlstelle gegen möglichen Bodeneintritt durch Einschlagen von Hartholzkeilen mit entsprechendem Verfüllmaterial (Holzwolle oder gleichwertig)
8 baugrubenseitige Packerinjektion mit Hartschaum zur Verringerung des Wasserzuflusses
9 Anbringen von Stahlblechen, Breite ca. 0,5 - 0,8 m, Dicke ca. 15 mm über die gesamte Höhe des vertikalen Spaltes ca. 6 - 8 m
10 Tastbohrung (Kleinlochbohrung im Zuge des Anbringens der Stahlbleche zur Überprüfung gegebenenfalls vorhandener Kiesnester)
11 gegebenenfalls nach Injektion der Hohlräume zwischen Stahlplatte und Schlitzwandoberfläche
12 bei starkem Wasserzutritt in der Fehlstelle Wiederverfüllung mit Erdreich“
13Am 29.04.2003 kam es zu einem Kranunfall, bei dem der unmittelbar neben der Süd-Ost-Ecke der Baugrube befindliche Kran umstürzte und einen anderen Kran mitriss. Es kam zu erheblichem Personen-und Sachschaden.
14Die Parteien haben im Verfahren um die Haftung dem Grunde nach um die Verantwortlichkeit für das Umstürzen des Krans gestritten. Die Klägerin hat behauptet, die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) hätten am Schadenstag eine Spundwand vor der Schlitzwand unsachgemäß abgerissen, wo durch eine Fehlstelle in der Beton-Schlitzwand Grundwasser in die Baugrube eingedrungen sei. Dadurch sei es außerhalb der Baugrube zu einem erheblichen Bodenverlust im Bereich der Kranstützen gekommen, der zu einem Absacken der Kran-Stützpfähle und in unmittelbarer Folge zu einem Absacken des Kopfbalkens und des gesamten Krans geführt habe.
15Zur Untermauerung ihres Vortrags zur Schadensursache hat die Klägerin sich auf die Gutachten des von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf bestellten Sachverständigen Prof. Dr. X (Anl. K3), sowie das von der Bauherrin eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S (Anl. K2) bezogen.
16Die A zeigte den Schadensfall der Klägerin telefonisch am 29.04.2003 und am 19.05.2003 schriftlich an. Die Baubeteiligten erarbeiteten zusammen mit der Klägerin ein Konzept zur Sanierung der Baugrube. Zur Feststellung des Bauleistungsschadens ließ die Klägerin ein Gutachten des Sachverständigenbüros Rolf K. Stocken erstellen. Dieses Büro ermittelte einen Bauleistungsschaden i.H.v. 3,2 Millionen EUR. Die im Gutachten berücksichtigten Maßnahmen zur Sanierung betreffen zu einem erheblichen Teil Leistungen der Beklagten zu 1), z.B. Vereisung des Baugrundes, Abtragen der Notberme, Sicherung der Schlitzwand mittels Hochdruckinjektion- und Drüsenstahlverfahrens, ferner Leistungen der Firma Z GmbH in Bezug auf die Wiederherstellung der durch den Einsturz der Kräne bestätigten Konstruktion des Neubaus im 1. Bauabschnitt, Leistungen der Firma AA und CC für die Bergung der beiden Kräne sowie Kosten für geotechnische Untersuchungen und Ingenieur- und Sachverständigenleistungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung in der Klageschrift, Bl. 13 ff. d.A., sowie das Gutachten HH, Anl. K 6, verwiesen.
17Die Klägerin behauptet, sie habe 3,2 Millionen € an die Firma A ausgezahlt, damit diese die Schadenspositionen bei den jeweiligen Firmen bezahlen könne. Sie verlangt Schadensersatz in genannter Höhe aus von der Firma B übergegangenem, hilfsweise abgetretenem Recht. Mit Schriftsatz vom 22.04.2014 (Bl. 1753 ff. der Akten) hat die Klägerin eine Vereinbarung zwischen ihr, der Firma A und der Firma B vom 20./21.10.2005 vorgelegt, in der B an die Klägerin ihren Anspruch gegen die Beklagten auf Erstattung der Schäden wegen und in Höhe der durch die Klägerin an A erfolgten Zahlungen abtritt. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 110, Bl. 1756 ff. der Akten, verwiesen.
18Die Klägerin ist der Auffassung, die vom Sachverständigen HH angesetzten Beträge seien von der Bauleistungsversicherung erfasst und Ansprüche in entsprechender Höhe gemäß § 67 VVG a.F. auf sie übergegangen. In der Rechtsprechung sei allgemein anerkannt, dass in Fällen der Beschädigung von Leistungen eines Nachunternehmers vor Abnahme der Besteller im Rahmen der Drittschadensliquidation diesen Schaden gegenüber dem schädigenden Vertragspartner geltend machen könne. B stehe daher auch in diesen Fällen ein Schadensersatzanspruch aus § 4 Nr. 7 VOB/B gegen die Beklagte zu 1) zu. Dieser Schadensersatzanspruch entschädige den Schaden, für den die Klägerin aufgrund der Bauleistungsversicherung entsprechend ihre Zahlung erbracht habe und gehe daher gemäß § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN auf die Klägerin über.
19Die Klägerin beantragt,
20Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 3.200.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
21Die Streithelfer schließen sich dem klägerischen Antrag an.
22Die Beklagten beantragen,
23die Klage abzuweisen.
24Die Beklagten haben im Verfahren zur Haftung dem Grunde nach behauptet, sie hätten ihre Werkleistungen ordnungsgemäß und beanstandungsfrei erbracht. Die Vorgaben der Arbeitsanweisung vom 23.04.2003 seien durch die beschäftigten Arbeitnehmer der Beklagten durchweg eingehalten worden. Das Wegbiegen der Spundwand sei nicht schadensursächlich gewesen, weil zwischen Wassereintritt und Havarie des Kranes lediglich Sekunden gelegen hätten. Es sei physikalisch unmöglich, dass innerhalb dieser kurzen Zeitspanne ein erheblicher Bodenentzug hätte entstehen können.
25Andere Ursachen seien wahrscheinlicher. Der Wassereintritt sei auf eine oberhalb der Baugrube verlaufende Ringleitung zurückzuführen, die vor dem Unfallereignis gebrochen oder zumindest undicht gewesen sei. Ein Eintritt von Bodenmaterial nach dem Öffnen der Schlitzwandfuge sei nicht eingetreten. Entgegen der ursprünglichen Annahme sei der Baugrund nicht von mitteldichter bis dichter Lagerung gewesen, sondern habe eine lockere Lagerung aufgewiesen. Zudem seien vorhandene Bodendenkmäler und frühere Bautätigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das Versagen der Krangründung sei möglicherweise auf ein Zusammenspiel von verschiedenen Bauaktivitäten mit zunehmender Schiefstellung des Krans und orkanartigen Windverhältnissen am Schadenstag zurückzuführen. Durch Arbeiten mit einem Minibagger sei es zu Erschütterungen gekommen, die zu einer Minderung der Mantelreibung der Bohrpfähle geführt haben könnte. Der Unfall hätte bei Ausführung einer – unstrittig nicht ausgeführten – horizontalen Abstützung der Krangründung (sogenannte „Zerrplatte“) vermieden werden können.
26Die Beklagten haben zudem die Ansicht vertreten, dass sich in dem Unfall ein systemimmanentes Ausführungsrisiko verwirklicht habe, welches eine Haftung der Beklagten ausschließe. Aufgrund des nachträglich aufgefundenen Spundwandbaus sei ein erhöhtes Risiko von Fehlstellen zwischen der Schlitzwand und der Spundwand verblieben, welches allen Baubeteiligten bekannt gewesen sei. Der Klägerin sei anzulasten, dass die Bauherren auf ein anlässlich der Besprechung vom 09.01.2003 vorgeschlagenes Hochdruckinjektionsverfahren sowie auf die empfohlene Fachbauüberwachung aus Kostengründen verzichtet habe. Die Arbeitsanweisung vom 23.04.2003 stelle keine Umsetzung des geforderten Havariekonzeptes dar. Vorgenannte Maßnahmen seien von Seiten der Bauherren vorzunehmen gewesen, deren Unterlassung ein Mitverschulden begründe. Der Klägerin seien ebenfalls Verstöße des Bauherren gegen gesetzliche Arbeitsschutzbestimmungen anzulasten.
27Die Beklagten bestreiten ferner, dass die Klägerin die behaupteten Beträge an ihre Versicherungsnehmerin ausgezahlt habe. Die geltend gemachten Schadensbeseitigungs- und Wiederherstellungskosten seien zum Teil nicht von der Bauleistungsversicherung umfasst, weil z.B. Maßnahmen berücksichtigt worden seien, die nicht nur der Sanierung der Baugrube, sondern zur Erkundung der Schadensursache dienten. Die Beklagten sind der Ansicht, darunter fielen z.B. Maßnahmen der Vereisung und der Abtransport der Kräne auf ein Gelände der Staatsanwaltschaft. Teils seien Kosten abgerechnet worden, die die Bauherren bzw. die Bauträgerin B bereits in anderen Verfahren geltend mache. Eine Differenzierung zwischen den bereits anderweitig berücksichtigten Teilen der jeweiligen Rechnungen sei nicht möglich. Einzelne von der Klägerin anerkannte Leistungen hätten nichts mit dem Schadensfall zu tun. Jedenfalls sei dies nicht nachvollziehbar dargelegt. Teils behaupten die Beklagten, ein Reparaturbedürfnis habe nicht bestanden. Maßnahmen zur Erkundung des Baugrundes sei nicht vom Versicherungsumfang umfasst. Soweit die Klägerin meine, der von der Beklagten zu 1) selbst zur Sanierung der Baugrube berechnete Aufwand sei als Schadensersatz auf sie übergegangen, so sei dies schon insofern falsch, als die Beklagte zu 1) nicht Dritte im Sinne von § 67 Abs. 1 VVG sei. Sie sei vielmehr mitversicherten Nachunternehmerin im Sinne von § 3 Nr. 1 ABN. Die behördlichen Gebühren (Position 45 der Klage) seien als solche nicht von der Bauleistungsversicherung erfasst. Schließlich erheben sie die Einrede der Verjährung.
28Mit Grundurteil vom 15.06.2012 ist der Klage nach Einholung eines Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. GG, Anhörung der weiteren von den Parteien benannten (Privat-)-Sachverständigen sowie Vernehmung von Zeugen dem Grunde nach stattgegeben worden. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das OLG Köln mit Urteil vom 22.03.2013, 19 U 111/12, zurückgewiesen. Am 21.07.2014 hat das Gericht Beweisbeschluss erlassen (Bl. 1785 d.A.) und mit Beschluss vom 01.10.2014 Herrn Dipl.-Ing. MM zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Mit Beschluss vom 26.01.2015 ist die Ausführung des Beweisbeschlusses zunächst zurückgestellt worden und den Parteien sind Hinweise erteilt worden (Bl. 1842 ff. d.A.). Mit Beschluss vom 18.01.2016 ist der Beweisbeschluss vom 21.07.2014 aufgehoben worden.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die Klage ist zulässig, aber nur im Umfang von 900,00 € begründet.
32I.
33Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch aus von der Firma B übergegangenem Recht gemäß § 4 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002 i.V.m. § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN 2001 in Höhe von 900,00 EUR zu.
34Das Oberlandesgericht Köln hat mit Berufungsurteil vom 22.03.2013, Az.: 19 U 111/12, insoweit die Feststellungen der Kammer im Grundurteil vom 15.06.2012 gebilligt, dass die Klägerin den Anfall von Gebühren in dieser Höhe für nachträgliche Genehmigungen der Stadt Düsseldorf im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Schadensereignis substantiiert behauptet und die Beklagten diese Schadensposition nicht substantiiert bestritten hat. Weder in der Berufung, noch im weiteren Verfahrensverlauf nach Verkündung des Berufungsurteils haben die Beklagten dazu weitere Ausführungen gemacht.
35Der Anspruch gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) als Gesellschafter der Beklagten zu 1) ergibt sich in entsprechender Anwendung von § 128 HBG. Die gesamtschuldnerische Haftung ergibt sich aus § 128 S. 1 HGB.
36II.
37Ein darüber hinausgehender Zahlungsanspruch steht der Klägerin gegen die Beklagten nicht zu.
38Auf Grundlage des eigenen Sachvortrags der Klägerin ist ein Übergang nach § 67 VVG a.F. von etwaigen Ansprüchen der B gegen die Beklagten zu 1), 2) und 3) im Wege der cessio legis nicht erfolgt.
39Ausweislich der Klarstellung im klägerischen Schriftsatz vom 25.06.2015 (Bl. 1777 d.A.) verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Zahlungsanspruch primär aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG a.F. Lediglich hilfsweise verfolgt die Klägerin den Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht.
401.
41Der Klägerin stehen gegen die Beklagten keine Ansprüche aus übergegangenem Recht zu.
42Die Klägerin macht Ansprüche auf Schadensersatz aus von der Firma B übergegangenem Recht aus einer Bauleistungsversicherung gemäß § 4 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002 i.V.m. § 67 VVG a.F. sowie § 3 Nr. 3 ABN (nach den Versicherungsbedingungen gemäß Bauleistungsversicherungsvertrag vom 22.02.2001, Anlagenkonvolut K 16) geltend.
43Grundsätzlich gehen Ansprüche des Versicherungsnehmers – hier war die A-Objektgesellschaft Düsseldorf Vertragspartner des Bauleistungsversicherungsvertrages nach Antrag vom 03.04.2002 (Anlage K 16) – auf den Versicherer über. Bei Versicherung für fremde Rechnung kann dies allerdings auch für Ansprüche des Mitversicherten, hier also B, gegen die Beklagten aus § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B gelten.
44Nach § 76 Abs. 2 VVG a.F. ist der Versicherungsnehmer, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist, ebenfalls zur Entgegennahme der Versicherungsleistung befugt. Außerdem bestimmt § 16 Nr. 1 ABN, dass über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag abweichend von §§ 74 ff. VVG nur der Versicherungsnehmer verfügen kann. In diesem Fall geht grundsätzlich auch der Anspruch des Versicherten (B) auf den Versicherer über (allgemein zum Übergang des Anspruchs des Versicherten bei Versicherung für fremde Rechnung: BGH, VersR 1985, 753; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 86 Rn. 12 m.w.N.).
452.
46Dem Anspruchsübergang steht überwiegend entgegen, dass die Beklagte als mitversicherter Unternehmer selbst in den Versicherungsschutz der Klägerin einbezogen war und daher insoweit kein „Dritter“ ist, der vom Versicherer im Wege des Regresses in Anspruch genommen werden kann. Das betrifft sicher die Leistungen der Beklagten, derentwegen die Klägerin Schadensersatz in Höhe von netto 1.150.315,59 EUR verlangt. Wahrscheinlich sind weitere Positionen – mit Ausnahme des Schadens der Firma Z – betroffen. Hierzu können keine näheren Feststellungen getroffen werden, was zu Lasten der Klägerin geht.
47a)
48Gemäß § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN 2001 können nur solche Ansprüche übergehen, die sich auf den versicherten Schaden, der in den Schutzbereich der Bauleistungsversicherung fällt, beziehen. Der Übergang von Schadensersatzansprüchen kommt grundsätzlich nicht nur bei Schäden die durch außenstehende Dritte verursacht wurden in Betracht, sondern auch dann, wenn ein mitversicherter Unternehmer die Bauleistung eines anderen Unternehmens oder Nachunternehmers beschädigt (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 54 ff.).
49Die Klägerin geht zutreffend davon aus, dass aufgrund der Vereinbarung des § 3 ABN 2001 nicht nur der Bauherr als Versicherungsnehmer versichert ist, sondern auch weitere Auftraggeber und Nachunternehmer (vgl. BGH, NZBau 2003, 382). Neben der Versicherungsnehmerin A ist daher auch B mitversichert. Gleichermaßen ist aber auch die Beklagte zu 1) Mitversicherte der von A abgeschlossenen Bauleistungsversicherung, wie die Klägerin selbst einräumt. Auch wenn § 3 Nr. 3 ABN 2001 vorsieht, dass in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung Ansprüche, die dem Versicherungsnehmer oder einem versicherten Unternehmen im Zusammenhang mit einem entschädigungspflichtigen Schaden zustehen, auf den Versicherer auch dann übergehen, wenn sie sich gegen einen anderen Versicherten richten, ist damit über den konkreten Anspruchsübergang und dessen Umfang noch nichts besagt. Der Regress ist nämlich ausgeschlossen, soweit das versicherte Interesse der Beklagten zu 1) als mitversicherter Unternehmer gemäß § 3 Nr. 1 ABN 2001 betroffen ist.
50b)
51Das Interesse der Nachunternehmer ist grundsätzlich mitversichert (BGH, Beschluss vom 14.12.2003 – IV ZR 319/02 – juris; vorgehend OLG Köln, Urteil vom 13.08.2002 – 9 U 191/01 – juris). Der Mitversicherte ist nur in Ausnahmefällen Dritter im Sinne von § 67 Abs. 1 VVG a.F., namentlich dann, wenn bei einem Zusammentreffen von Eigen- und Fremdversicherung im konkreten Fall nur die Eigenversicherung eingreift oder wenn der Versicherer nicht dem Mitversicherten sondern – abweichend von § 75 VVG a.F. – nur dem Versicherungsnehmer gegenüber zur Leistung verpflichtet ist und an diesen leistet (vergleiche OLG Karlsruhe Versicherungsrecht 2000, 1360; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 86 Rn. 19 m.w.N.).
52Von einer Mitversicherung der Beklagten ist nach den vorgemachten Ausführungen vorliegend auszugehen. Nach § 3 ABN 2001 sind die Leistungen aller am Bau Beteiligten in den Versicherungsschutz einbezogen, also auch der Nach- und Subunternehmer (von Rintelen, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 2, Rn. 2). Die Rechte aus dem Versicherungsvertrag standen gem. § 75 Abs. 1 S. 1 VVG a. F. dem jeweiligen Versicherten zu. Klauseln, die – wie hier § 16 Nr. 1 ABN 2001 – das Verfügungsrecht über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag allein dem Versicherungsnehmer zuweisen, beeinträchtigen die Anspruchsinhaberschaft des Mitversicherten in der Fremdversicherung nicht (so: OLG Karlsruhe, a. a. O., zu § 11 Abs. 2 ARB 75). Maßgeblich ist mithin, in welchem Umfang das - aus Sicht des Versicherungsnehmers fremde - versicherte Interesse der Beklagten betroffen ist. Denn dort, wo dieses Interesse betroffen ist, kann der Anspruch nicht übergehen.
53Das versicherte Interesse der Beklagten bestimmt sich nach § 3 Nr. 1 und Nr. 2 ABN 2001 i.V.m. §§ 1, 2 und 9 ff. ABN 2001. Entschädigung wird demnach geleistet für Schäden, die zu Lasten des Versicherungsnehmers oder eines der beauftragten Unternehmer gehen. Beauftragte, mitversicherte Unternehmer sind nur bei Schäden an nicht selbst erstellten Bauleistungen – insoweit sind sie nicht mitversichert – einem Regress des Versicherers ausgesetzt (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 36). Die Mitversicherung ist – wenn Klausel 68, wie vorliegend, nicht vereinbart wurde – aufgrund des Rückgriffsanspruchs des Versicherers nach § 3 Nr. 3 ABN 2001, auf das jeweilige Gewerk des mitversicherten Unternehmers bezogen.
54c)
55Die Klägerin hat trotz entsprechenden Hinweises der Kammer schon nicht schlüssig dargetan, dass die geltend gemachten Schadenspositionen nicht das eigene Sachinteresse der Beklagten, also deren eigene, mitversicherte Bauleistung, namentlich das Ausheben der Baugrube nebst zugehöriger Leistungen, betreffen. Insoweit hätte es einer detaillierten Darlegung anhand der im Einzelnen durchgeführten Sanierungsarbeiten bedurft. Die Klägerin beschränkt sich indes darauf, lediglich zwischen Leistungen der Beklagten, welche diese aufgrund gesonderter Beauftragung durch B im Rahmen der Sanierungsarbeiten und darauf bezogener Nachträge erbrachte, einerseits, sowie Leistungen weiterer Unternehmen – darunter auch die Beklagte zu 3) – aufgrund besonderer Beauftragung im Rahmen der Sanierungsarbeiten zu differenzieren. Dabei stellt die Klägerin jeweils lediglich darauf ab, der Privatsachverständige HH habe in seinem Gutachten vom 8. 9. 2006 (Anl. K 6) festgestellt, dass es sich bei den ausgeführten Arbeiten und angefallenen Kosten um Bestandteile des Bauleistungsschadens gehandelt habe.
56Nähere Ausführungen dazu, wie die Zuordnung der einzelnen Schadenspositionen und Aufwendungen zum Bauleistungsschaden erfolgt ist, fehlen gänzlich. Das Gutachten HH erschöpft sich weitgehend in einer Auflistung der angefallenen Kosten und deren Berechnungsgrundlagen. Einzelheiten dazu, wie und weshalb bestimmte Positionen als Bauleistungsschäden zu qualifizieren seien, lassen sich dem Gutachten indes nicht entnehmen. Eine Zuordnung der Einzelpositionen zu den einzelnen mitversicherten Gewerken findet nicht statt. Der Privatsachverständige führt lediglich aus, dass die dem Bauleistungsschadens zuzuordnenden Kosten im Rahmen von Gesprächen mit Herrn Wischerhoff vom Ingenieurbüro LL am 23.08.2006 ermittelt und einvernehmlich festgelegt worden seien. Anhand welcher Parameter diese Ermittlung und Zuordnung erfolgte geht weder aus dem schriftsätzlichen Vortrag der Klägerseite hervor, noch aus dem Gutachten HH. In der Klageschrift (Bl. 13 ff. d.A.) wird lediglich pauschal auf „Feststellungen“ des Privatsachverständigen HH Bezug genommen. Diese pauschale Bezugnahme auf ein Privatgutachten zum Beleg des eigenen Sachvortrags ist bereits per se unzulässig, da sie nicht ausreichend konkret erfolgt. Feststellungen in der Sache wurden von dem Privatsachverständigen zudem offenbar gar nicht getroffen. Vielmehr hat er lediglich die ihm vorgelegten Rechnungen zusammengestellt und in Gesprächen mit dem Projektsteuerer, zunächst II Consulting, dann Ingenieurbüro LL sowie dem Rückversicherer (JJ & Company, Herr KK) Absprachen getroffen (Privatgutachten, Anlage K 6, S. 10 ff.). Die dabei ermittelten Schadenskosten differierten offenbar ganz erheblich (S. 11 d. Gutachtens). Schließlich sind das Sachinteresse der Beklagten an der eigenen, mitversicherten Leistung betreffende Wiederherstellungskosten offenbar mit eingeflossen (S. 13 d. Gutachtens), ohne dass hier genau differenziert wird.
57Eine Zuordnung der einzelnen Sanierungsmaßnahmen und Kostenpositionen zu den jeweiligen ursprünglichen Bauleistungen fehlt gänzlich. Eine Abgrenzung der versicherten Interessen im Sinne von § 3 ABN ist daher auf Grundlage des klägerischen Sachvortrags nicht möglich. Die Klägerin beschränkt sich bei den einzelnen Schadenspositionen jeweils darauf, anzugeben, dass diese „vom Bauleistungsschaden gedeckt/umfasst“ oder dem „Bauleistungsschaden zuzuordnen“ seien, ohne dies näher zu begründen. Mangels dezidierten Sachvortrags zu den versicherten Interessen sind die behaupteten Schadenspositionen einer Subsumtion und damit auch einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Soweit die Klägerin anführt, der Privatsachverständige HH habe dezidiert geprüft, welche Leistungen dem nach den nach den versicherungsvertraglichen Regelungen versicherten Interessen zuzuordnen seien und zum Nachweis auf dessen Gutachten vom 08.09.2006 verweist (Bl. 1898 d.A.), ergibt sich eine solche dezidierte Prüfung aus dem Gutachten gerade nicht. Der klägerische Vortrag erweist sich insoweit bereits als unschlüssig.
58d)
59Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie sei gemäß § 28 VVG a. F. gegenüber der Beklagten als Versichertem leistungsfrei, mit der Folge, dass sich die Beklagte nicht darauf berufen könne, als Mitversicherter nicht „Dritter“ im Sinne von § 67 VVG a. F. zu sein. Gemäß § 2 Nr. 1 ABN 2001 wird Entschädigung geleistet für unvorhergesehen eintretende Schäden an versicherten Bauleistungen oder an sonstigen versicherten Sachen. Unvorhergesehen sind Schäden, die weder der Auftraggeber noch der beauftragte Unternehmer oder deren Repräsentanten rechtzeitig vorhergesehen haben oder mit dem jeweils erforderlichen Fachwissen hätten vorhersehen können.
60Die Voraussetzungen einer Zurechnung grob fahrlässiger Verursachung des Versicherungsfalls an den Mitversicherten sind nicht gegeben. Grobe Fahrlässigkeit muss beim Versicherten oder seinen Repräsentanten vorliegen. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) sind indes nicht als Repräsentanten der Beklagten anzusehen. Die Repräsentantenstellung erfordert insoweit die Befugnis, selbstständig in nicht ganz unbedeutendem Umfang für den Versicherungsnehmer oder den Versicherten zu handeln (BGHZ 122, 250, 253; BGH VersR 1996, 1229, 1230). Der Repräsentant muss „risikotechnisch“ an die Stelle des Versicherungsnehmers treten. Regelmäßig werden Betriebsleiter von Bauunternehmen oder auch Baustellenleiter als Repräsentanten des Unternehmens angesehen. Keine Repräsentanten sind hingegen einfache Arbeiter oder auch der Polier (vergleiche Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 28 Rn. 121 mit nach weiteren Nachweisen; OLG Hamm VersR 2000, 1104). Hier ist grob fahrlässiges Verhalten des Betriebsleiters oder des Baustellenleiters nicht ersichtlich. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) waren lediglich mit bestimmten technischen Verrichtungen an der versicherten Sache betraut, indem sie am Nachmittag des 29.04.2003 mit Bagger und Hydraulikmeißel die noch verbliebenen Spundwandreste im Bereich der Ecke Königstraße/Telekomgebäude abrissen und es dadurch zu einer Öffnung in der Schlitzwand kam. Es handelte sich um einfache Arbeiter, möglicherweise Vorarbeiter. Sie besaßen innerhalb dieses begrenzten Wirkungskreises allenfalls eine gewisse Bewegungsfreiheit. Für solche Personen ist eine Repräsentantenstellung zu verneinen.
613.
62Gemäß § 3 Nr. 1 ABN 2000 wird Entschädigung geleistet für Schäden, die zu Lasten des Versicherungsnehmers oder eines der beauftragten Unternehmer gehen. Voraussetzung für den Anspruchsübergang ist folglich, dass der jeweilige Schaden zu Lasten gerade der Firma B geht und dass gerade B auch von der Klägerin entschädigt worden ist. Es muss folglich das eigene Interesse von B betroffen sein. Es kann nicht festgestellt werden, dass hinsichtlich der geltend gemachten Schadenspositionen das eigene Sachinteresse von B betroffen ist, was grundsätzlich hinsichtlich der Bauleistung, zu der sich B gegenüber A verpflichtet hat, der Fall wäre, soweit nicht nach den oben dargestellten Grundsätzen das Interesse eines anderen mitversicherten Unternehmens betroffen ist. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass B ein Schaden – als Voraussetzung für einen Anspruch nach § 4 Nr. 7 VOB/B 2002 gegen die Beklagten – entstanden ist. Namentlich hinsichtlich der Schadensposition Fa. Z in Höhe von 708.015,71 € ist kein Anspruch übergegangen. Auch im Übrigen kann ein Anspruchsübergang nicht festgestellt werden.
63a)
64Da die Klägerin Ansprüche aus übergegangenem Recht von B geltend macht, darf es sich nicht um das Interesse des Versicherungsnehmers selbst – A – oder anderer mitversicherte Unternehmer handeln.
65Mit Interesse wird die Wertbeziehung einer Person zu einer Sache gekennzeichnet. Bei der Bauleistungsversicherung wird dies maßgeblich durch § 644 BGB oder §§ 7, 12 Abs. 6 VOB/B bestimmt. So trägt etwa der Bauherr nach Werkvertragsrecht nicht die Gefahr für den zufälligen Untergang des Werkes vor der Abnahme (§ 644 BGB), es sei denn er befindet sich im Annahmeverzug.
66Vorliegend war eine Abnahme unstreitig nicht erfolgt, so dass §§ 644 BGB, 12 Abs. 6 VOB/B einschlägig ist. Dagegen trägt der Bauherr die Gefahr für die Fälle der höheren Gewalt oder anderer objektiv unabwendbarer Ereignisse nach § 7 VOB/B schon vor dem Zeitpunkt der Abnahme (vergleiche Rehm/Frömel, ABN/ABU, 3. Aufl. 2009, ABN A, § 3, Rn. 7). Dabei greifen die Regeln über die Gefahrtragung nur dann ein, wenn weder der eine noch der andere Vertragsteil für die vor Abnahme aufgetretene Beschädigung oder Zerstörung im Sinne eines Vertretenmüssens einzutreten hat. Wird die Leistung also durch einen abwendbaren, also vom Auftragnehmer oder vom Auftraggeber zu vertretenden Umstand fehlerhaft ausgeführt oder beschädigt oder zerstört, so liegt nicht ein Gefahrtragungstatbestand nach § 7 VOB/B vor, sondern es greifen die Grundsätze der Mängelbeseitigung nach § 4 Abs. 7 VOB/B oder für die Frage der sonstigen Haftung die in § 10 Abs. 1 VOB/B enthaltene Generalklausel ein (vergleiche Ingenstau/Korbion/Oppler, VOB, 18. Aufl. 2013, § 7 VOB/B Rn. 4 ff.).
67Voraussetzung für den Gefahrübergang vor Abnahme gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 VOB/B sind andere objektiv unabwendbare, vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände. Diese Voraussetzungen liegen nur dann vor, wenn sie nach menschlicher Einsicht und Erfahrung in dem Sinne unvorhersehbar sind, dass sie oder ihre Auswirkungen trotz Anwendung wirtschaftlich erträglicher Mittel durch die äußerste nach der Sachlage zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder in ihren Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden können. Danach ist ein Ereignis nicht schon dann unvorhersehbar, wenn es für den Auftragnehmer unabwendbar ist. Die Voraussetzungen sind vielmehr nur dann erfüllt, wenn das Ereignis objektiv, und zwar unabhängig von der konkreten Situation des betroffenen Auftragnehmers unvorhersehbar und unvermeidbar war.
68Bezogen auf den hier durch den umgestürzten Kran zerstörten Rohbau (Leistungen der Fa. Z), gilt somit, dass der Rohbauer weder gemäß § 10 Abs. 1 noch gemäß § 4 Abs. 7 VOB/B haftet, da er die von der Beklagten zu 3) zu vertretende Zerstörung nicht zu vertreten hat. B haftet dem Rohbauer seinerseits nicht gemäß § 10 Abs. 1 VOB/B, da sich der Generalunternehmer das Vertretenmüssen des einen Nachunternehmers im Verhältnis zum anderen Nachunternehmer nicht zurechnen lassen muss. Die Voraussetzungen von § 278 BGB liegen insoweit nicht vor (vergleiche BGH NJW 1985, 2475, 2476). Es greifen also die Gefahrtragungsregeln ein. § 7 Abs. 1 VOB/B ist nicht erfüllt, da es sich zwar um einen unvorhergesehen eingetretenen Schaden im Sinne von § 2 ABN handelt, nicht jedoch um einen „objektiv“ unabwendbaren Umstand. Die Gefahr trägt daher der Rohbauer gemäß § 644 BGB. Sein als Unternehmer mitversichertes Interesse ist betroffen (vgl. hierzu: Möller/Segger, in: Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2016, § 86, Rn. 86; Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, vor § 74, Rn. 59). Ihm stand ein eigener Anspruch als Mitversicherter in der Fremdversicherung gegen die Klägerin zu. Nicht betroffen ist hingegen das Interesse von B. Durch die Auszahlung der Versicherungsleistung an den Versicherungsnehmer kann ein Anspruch des mitversicherten Auftraggebers B nicht gemäß § 67 VVG a. F. übergegangen sein.
69b)
70Die Klägerin hat hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Schadenspositionen auch auf entsprechenden Hinweis der Kammer die Betroffenheit eines eigenen Interesses von B nicht dargetan. Soweit die Klägerin geltend macht, § 67 VVG a.F. und § 3 Nr. 3 ABN stellten für den Anspruchsübergang nicht auf das Bestehen eines versicherten Interesses des Anspruchsinhabers ab (Bl. 1894 d.A.), kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr können nur solche Ansprüche übergehen, die sich auf den versicherten Schaden, der in den Schutzbereich der Bauleistungsversicherung fällt, beziehen (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 55). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist daher für den Anspruchsübergang nicht allein entscheidend, dass der Versicherer aus dem Versicherungsvertrag eine Entschädigung erbracht hat, und daß überhaupt Bauleistungsschäden entstanden sind.
71Es hätte der Klägerin oblegen, detailliert darzulegen, dass gerade bei B Bauleistungsschäden entstanden sind, also inwieweit die entstandenen Schäden nicht dem mitversicherten Interesse des Bauherrn – A – oder anderer Auftragnehmer zuzuordnen sind. Eine derartige Zuordnung der geltend gemachten Schadenspositionen zu den Bauleistungen einzelner Unternehmer fehlt. Wegen der Einzelheiten kann auf die entsprechenden Ausführungen oben 2. c) verwiesen werden.
724.
73Die Klägerin kann sich zur Geltendmachung ihres Anspruchs auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsfigur der Drittschadensliquidation stützen.
74B hat vorliegend, wie die Klägerin auch selbst einräumt (Bl. 1897 d.A.) bzgl. der hier geltend gemachten Positionen keinen eigenen Schaden erlitten. Denn die mitversicherten Nachunternehmer von B waren aufgrund der in §§ 644 BGB, 12 Abs. 6 VOB/B niedergelegten Gefahrtragungsregelung vor Abnahme zur vergütungsfreien Wiederherstellung der von der Beklagten zu 1) beschädigten Bauleistungen verpflichtet. Der jeweilige Nachunternehmer musste die Leistung daher grundsätzlich ohne Bestehen eines (neuen) Vergütungsanspruchs gegenüber dem Besteller – hier B – neu erstellen, so dass dem Besteller auch kein (eigener) Schaden entstand.
75a)
76Die Drittschadensliquidation im Falle der obligatorischen Gefahrentlastung, § 644 BGB, ist ein anerkanntes Rechtsinstitut (vgl. BGH, NJW 1970, 38, 41; BGH IBRRS 2016, 0311; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 644, Rn. 15; Voit, in: Beck’scher Online-Kommentar, 37. Edition, Stand: 01.02.2015, § 644, Rn. 22; zweifelnd Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 249, Rn. 301 ff.).
77Alternative Lösungswege sind die Auffassung vom Objektschaden, die dem Rechtsgut unabhängig vom konkreten Schaden des Rechtsinhabers einen Wert zubilligt (vgl. Larenz, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 13. Aufl., § 27 IV, b 1; Hagen, JuS 1970, 442, 445) oder die Schadensbemessung nach wertenden Gesichtspunkten vornimmt (vgl. Büdenbender, NJW 2000, 986 ff.). Der Bundesgerichtshof (BGH, NJW 1984, 2569) hat auch einen Anspruch des die Gefahr tragenden Unternehmers auf der Grundlage der Besitzverletzung, § 823 Abs. 1 BGB, zugebilligt. Grundlage der Konstellation ist das Auseinanderfallen von „Verletztem“ und „Geschädigtem“ (BGH, NJW 1970, 38; Büdenbender, NJW 2000, 986 ff.; Weiss, JuS 2015, 8, 10 m.w.N.). Damit kommt der Frage, wer „Verletzter“ ist, maßgebliche Bedeutung zu.
78Im vorliegenden Fall kommen der Unternehmer (Fa. Z), der Besteller (B) und der Eigentümer (A) in Betracht. Der Unternehmer ist allenfalls im Besitz verletzt, der Eigentümer ist jedenfalls in seinem Eigentum verletzt. Ob der Besteller verletzt ist, erscheint zweifelhaft. Soweit ersichtlich wird die Verletzung des Eigentums als maßgeblich dafür angesehen, wer Inhaber des Anspruchs ist (BGH, NJW 1970, 38, 41; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 591; Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 249, Rn. 301 ff.; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 644, Rn. 15; Weiss, JuS 2015, 8, 11; Grüneberg, in: Plandt, BGB, 75. Aufl. 2016, vor § 249, Rn. 110; unklar: OLG Dresden, BeckRS 2007, 12001: „Besteller“; OLG München, NJW 2011, 3375, 3377: „Inhaber der verletzten Rechtsstellung“). Die Frage kann nicht dahinstehen, es muss nämlich eine Vervielfältigung des Schadens – oder genauer der Ersatzberechtigten für einen Schaden ausgeschlossen werden (vergleiche BGH IBRRS 2016, 0311; RGZ 170, 247, 250; Selb, NJW 1964, 1765, 1766). Der Anspruch kann also nur einem zustehen. Dies ist vorliegend A als Eigentümerin. Ihre Rechtsstellung ist unzweifelhaft verletzt. Der ihr gehörende Rohbau ist zerstört. § 4 Nr. 7 VOB/B hat hier zurückzutreten.
79Zwar ist die „Rechtsstellung“ des Bestellers insoweit betroffen, als die ihm gegenüber geschuldete vertragliche Werkleitung mangelhaft erbracht wurde. Dies erfüllt aber noch nicht die Anspruchsnorm. Diese setzt – anders als § 823 Abs. 1 BGB – schon tatbestandlich den Schaden voraus. Damit steht der Ersatzanspruch A zu.
80Die Gefahrentlastung eines Eigentümers führt nicht dazu, dass der Ersatzpflichtige frei wird, sondern der Eigentümer kann den sog. Drittschaden im eigenen Namen liquidieren (OLG Hamburg, MDR 1974, 668, 669; unter Verweis auf BGH, VersR 1972, 1138: zur Gefahrentlastung nach § 447 BGB). A kann den Drittschaden des Rohbauers liquidieren. B hat einen Anspruch gegen A auf Abtretung dieses Anspruchs, der Rohbauer wiederum einen Anspruch auf Abtretung des auf Abtretung gerichteten Anspruchs von B gegen A.
81Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 30.09.1969, Az.: VI ZR 254/67 (BGH, NJW 1970, 38), auf das sich die Klägerin maßgeblich beruft, und dem eine Fallkonstellation zugrunde liegt, in welcher ebenfalls Ansprüche aufgrund von § 67 VVG a.F. geltend gemacht werden, gerade ausgeführt, dass die Verneinung eines eigenen Ersatzanspruchs des geschädigten mitversicherten Nachunternehmers nicht zu einem unbilligen Ergebnis führt, da das geschädigte Unternehmen vom Besteller die Abtretung des Schadensersatzanspruchs verlangen könne, der diesem als Eigentümer und Vertragspartner zustehe (a.a.O. Rn. 28). Einen automatischen Anspruchsübergang cessio legis nach § 67 VVG a.F. konzediert der BGH indessen gerade nicht. Vielmehr lag in dem zu beurteilenden Sachverhalt eine Abtretung – ebenso wenig wie eine Ermächtigung zur Prozessführung – gerade nicht vor (a.a.O. Rn. 29). Von einer solchen Abtretung kann der Werkunternehmer die erneute Erbringung seiner Werkleistung abhängig machen.
82Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin angeführten Entscheidungen des OLG Dresden (Urteil vom 15.11.2005, Az.: 14 U 2368/04, BeckRS 2007, 12001) und des OLG Düsseldorf (NJW-RR 1996, 591). Das OLG Dresden stellt lediglich fest, dass, wenn wegen der Gefahrtragungsregel des § 644 Abs. 1 BGB die Konstellation eintritt, dass der Besteller zwar einen vertraglichen Anspruch aber keinen Schaden hat, da vor Abnahme die bereits erbrachte Werkleistung nochmals zu erbringen ist, ohne zum Ausgleich über einen Anspruch gegen den Schädiger zu verfügen, dies einen anerkannten Fall der Drittschadensliquidation bilde und der BGH in einem solchen Fall zumindest einen Anspruch auf Abtretung des Schadensersatzanspruchs des Bestellers bejaht habe.
83Das OLG Düsseldorf kam im dortigen Fall ebenfalls zu der Einschätzung dass der geschädigte Werkunternehmer im Wege der Drittschadensliquidation von dem Besteller lediglich die Abtretung des Schadensersatzanspruchs verlangen könne. Dass eine derartige Abtretung des Anspruchs von B an die jeweiligen geschädigten Nachunternehmer stattgefunden habe, wird von der Klägerin nicht behauptet und ist auch aus den Umständen nicht ersichtlich. Für einen Anspruchsübergang auf die Klägerin lässt sich aus den zitierten Entscheidungen entgegen der Auffassung der Klägerin also nichts herleiten.
84b)
85Entgegen der Auffassung der Klägerin führt eine derartige Risikoverteilung nicht zu einem unbilligen Ergebnis. Dass die hier gefundene Lösung sachgerecht ist, zeigt folgende Überlegung: Zur Schadensverlagerung vom Eigentümer auf einen Dritten kommt es nur aufgrund schuldrechtlicher Bestimmungen (§ 644 BGB). Der Mechanismus versagt, wenn der Ausgleich des Schadens des Eigentümers über die Neuherstellungsverpflichtung ausfällt, z. B. weil der Besteller und Auftragnehmer des Eigentümers insolvent wird, bevor das zerstörte Werk wiederaufgebaut ist. Würde man dem Besteller – hier B – den Anspruch zubilligen, würde er in die Insolvenzmasse fallen oder aber er wäre möglicherweise schon durch Zahlung an den Besteller oder den Unternehmer – Rohbauer – erfüllt, bevor das Werk neu errichtet ist. Der Drittschaden wäre dann „liquidiert“, ohne daß der Ersatzbetrag tatsächlich zur Schadensbehebung – beim Eigentümer – eingesetzt wird.
86Einen Anspruch könnte die Klägerin nur im Wege der Abtretung durch A geltend machen. Die Klägerin behauptet indes weder, einen Anspruch von A gegen die Beklagten unmittelbar im Wege der cessio legis gemäß § 67 VVG a.F. erworben zu haben, noch, A habe einen Anspruch an B abgetreten. Die Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 (Bl. 1756 ff. d.A.) beinhaltet ausweislich § 2 lediglich eine Abtretung von Ansprüchen von B an die Klägerin. Der Anspruch aus § 823 BGB ist folglich bei A verblieben.
875.
88Die vorstehenden Ausführungen betreffen allgemeine schadensrechtliche Gesichtspunkte. Darüberhinaus sind auch aus versicherungsrechtlicher Sicht besondere Voraussetzungen eines Anspruchsübergangs zu beachten. Neben der Frage des versicherten Interesses ist von Bedeutung, an welchen Versicherten oder für welchen Versicherten der Versicherer gezahlt hat. Aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BGH (BGH, NJW NJW 1970, 38, 41) ergibt sich, dass nur der Anspruch des Versicherten gemäß § 67 VVG a.F. übergeht, der vom Versicherer entschädigt worden ist. Dies ist dann der Fall, wenn an den Versicherten oder für den Versicherten geleistet ist. Die Klägerin hat nach eigenem Vorbringen an A gezahlt (vgl. Bl. 13 d.A.). A ist auch Versicherter. Damit ist, soweit das Interesse von A versichert ist, A entschädigt worden. Da A bereits Eigentümer des Rohbaus geworden war, ist jedenfalls auch das Interesse von A betroffen. Der Eigentümer hat ein versicherbares Interesse auch dann, wenn ein Dritter die Gefahr des zukünftigen Untergangs trägt (Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, vor § 74, Rn. 49). Da A als Versicherungsnehmer ermächtigt war, die Versicherungsleistung auch für die übrigen Versicherten entgegenzunehmen, § 78 Abs. 2 VVG a.F., würde ein Übergang von Ansprüchen von B gemäß § 67 VVG a.F. insoweit voraussetzen, daß die Klägerin „für“ B als Versicherten geleistet hat. Daß dies geschehen sei, kann nicht festgestellt werden. Auf die interne „Weiterleitung“ von A an B kann es nicht ankommen, da dies der Klägerin nicht zurechenbar ist. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe für die Leistungen der Fa. Z „ausgekehrt“ (Bl. 188 d.A.), würde dies bedeuten, daß sie an den Rohbauer für dessen wegen § 644 BGB mitversicherten Interesses gezahlt hat, nicht aber an B.
89III.
90Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gegen die Beklagten zu, soweit sie diesen Anspruch hilfsweise auf die Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 stützt (Anlage K 110, Bl. 17 56 ff. d.A.). Unabhängig von der Frage, ob der Inhalt des abgetretenen Anspruchs überhaupt das von der Klägerin verfolgte Anspruchsziel deckt, ist dieser Anspruch jedenfalls nicht mehr durchsetzbar.
91Ein Anspruch auf Grundlage der Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 ist nicht durchsetzbar, da ihm die Einrede der Verjährung entgegensteht. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin die von Beklagtenseite angegriffene Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung unterstellt, begann die Verjährung für die Geltendmachung dieses Anspruchs aus abgetretenem Recht gemäß §§ 196, 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Jahres 2005 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2008. Demgegenüber hat die Klägerin die Abtretungsvereinbarung im hiesigen Verfahren erstmalig mit Schriftsatz vom 22.04.2014 vorgelegt (Bl. 1756 ff. d.A.) und wiederum mit Schriftsatz vom 25.06.2014 (Bl. 1777 d.A.) erklärt, dass Ansprüche aus abgetretenem Recht aus dieser Abtretungsvereinbarung lediglich hilfsweise geltend gemacht werden.
92Durch die Erhebung der vorliegenden, ausweislich der Zustellungsurkunde am 08.07. und 09.07.2007 (Bl. 50 ff. d.A.) zugestellten und damit rechtshängig gewordenen Klage ist der Lauf der Verjährung für den auf die Abtretungsvereinbarung vom 21.05.2005 gestützten Zahlungsanspruch nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden.
93Nach der ständiger Rechtsprechung des BGH unterbricht die Erhebung der Klage nach § 204 Abs.1 Nr. 1 BGB die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch (BGH, NJW 2005, 2004; BGHZ 104, 6; BGH, NJW 1988, 1778; BGHZ 132, 240; BGH, NJW 1996, 117). Bei der Abtretung eines Anspruchs handelt es sich um einen anderen Lebenssachverhalt als beim originären Erwerb eines Rechts oder einem gesetzlichen Forderungsübergang. Stützt sich ein Kläger im Klagewege zunächst auf einen eigenen oder kraft Gesetzes übergegangenen Anspruch, so läuft die Verjährung des später, nach Ablauf der Verjährungsfrist, aufgrund einer Abtretung in den Prozess eingeführten Anspruchs weiter (vergleiche OLG Köln r + s 1997, 180, 182 f.). Danach ist hier durch die Erhebung der Klage keine Hemmung der Verjährung des in Rede stehenden Schadensersatzanspruchs aus Werkvertragsrecht i.V.m. der Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 eingetreten. Die Klägerin verfolgt diesen Anspruch ausweislich des Schriftsatzes vom 25.06.2014 lediglich hilfsweise. In der Klageschrift hat sie den Anspruch dagegen zunächst aus eigenem, nach § 67 VVG a.F., § 3 Nr. 3 ABN übergegangenem Recht geltend gemacht. Damit hatte die ursprüngliche Klage einen anderen Streitgegenstand. In dem Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht liegt wegen der Änderung des dazu vorgetragenen Lebenssachverhalts ein Wechsel des Streitgegenstands im Sinne einer Klageänderung nach § 263 ZPO (BGH, NJW 2005, 2004; BGH, NJW 1996, 117).
94IV.
95Der Zinsanspruch ist nach §§ 291, 288 Abs. 2 ZPO bezogen auf den berechtigten Teil der Forderung gegeben.
96V.
97Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
98Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 2, 711 ZPO.
99Der Streitwert wird auf 3.200.000,00 EUR festgesetzt.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin hat gegen die Versicherungsnehmerin des beklagten Haftpflichtversicherers Schadensersatzansprüche erhoben. Mit der Klage macht sie diese Schadensersatzansprüche und den Anspruch der Versicherungsnehmerin auf Deckungsschutz aus zwei von dieser bei der Beklagten unterhaltenen Betriebshaftpflichtversicherungen mit einer Deckungssumme von insgesamt 11 Mio. DM geltend. Den Verträgen liegen Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde, die den vom GDV empfohlenen Musterbedingungen - Stand Juni 1997 - entsprechen (abgedruckt bei Littbarski, Haftpflichtversicherung S. 22 ff.).
- 2
- Die Klägerin stellt Kolben für Automotoren her, die sie unter anderem an die V. AG und die A. AG liefert. Ab Juni 1999 beauftragte sie die Versicherungsnehmerin der Beklagten, die H. Metallveredelung GmbH (HMV), die Kolben durch einen Waschvorgang auf die anschließend von ihr selbst vorzunehmende Graphitbeschichtung vorzubereiten. Am 23. Dezember 1999 meldete die V. AG der Klägerin Motorschäden wegen defekter Kolben aus der Produktionszeit von Mitte Oktober bis Mitte November 1999. Die V. AG nahm die Klägerin wegen der Kosten für den Rückruf von Fahrzeugen und Reparaturen in Höhe von circa 39 Mio. DM in Anspruch.
- 3
- Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 meldete die Klägerin bei der HMV Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe an mit der Begründung, Ursache des Schadens sei ein fehlerhafter Waschvorgang, der zur Ablösung der Graphitschicht geführt habe. Die HMV leitete das Schreiben an die Beklagte weiter. Diese erbat von der HMV mit Schreiben vom 16. Februar 2000 nähere Auskünfte zum Schadenshergang. Abschließend fragte sie, weshalb der Erstbeitrag erst am 6. Dezember 1999 ausgeglichen worden sei, obwohl der Versicherungsschein bereits Anfang Oktober zugegangen sei. Ferner wies sie darauf hin, dass der Schaden an den Kolben als Bearbeitungsschaden nach § 4 I Nr. 6 b AHB nicht gedeckt sei. Am 30. März 2000 trat die HMV ihre Ansprüche auf Versicherungsschutz gegen die Beklagte an die Klägerin ab. Anfang April 2000 übersandte die HMV den Entwurf der gegen sie beabsichtigten Schadensersatzklage an die Beklagte. Mit Schreiben vom 10. April 2000 erbat diese von der HMV weitere Auskünfte und kündigte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadensursache an. Weiter wies sie darauf hin, dass für Lieferungen zwischen Erhalt des Versicherungsscheins und Zahlung des Erstbeitrags am 6. Dezember 1999 kein Versicherungsschutz bestehe. Hinsichtlich anderer Lieferungen bestehe Deckungsschutz nur unter der auflösenden Bedingung, dass die HMV nur deshalb für den Schaden hafte, weil sie die Klägerin in der Qualitätssicherungsvereinbarung vom Juni 1999 von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit habe. Der Ausschluss für Bearbeitungsschäden wurde erneut erwähnt. Schließlich wurde die HMV gefragt, ob sie mit einem Anwalt zusammenarbeite, den sie auch in dieser Sache beauftragen möchte. Am 8. Mai 2000 wurde der HMV die angekündigte Klage zugestellt, die sie der Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2000 zuleitete. Gleichzeitig teilte sie mit, bisher noch keinen Anwalt beauftragt zu haben, und stellte die Frage nach Unterstützung durch die Beklagte. Diese versprach mit Schreiben vom 16. Mai 2000 "bestmögliche Unterstützung" , die Untersuchungen durch den Sachverständigen würden noch laufen. Weiter heißt es, es sei allerdings unbedingt erforderlich, dass die HMV zur Wahrung der Fristen einen Anwalt mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen beauftrage. Sie solle mitteilen, welchem Rechtsanwalt sie das Mandat erteilt habe, damit eine Kontaktaufnahme möglich sei. Am 17. und 31. Mai 2000 telefonierte der Sachbearbeiter der Beklagten mit dem Geschäftsführer der HMV. Der Inhalt der Gespräche ist streitig.
- 4
- Da die HMV sich nicht anwaltlich vertreten ließ, erging am 29. Mai 2000 im schriftlichen Verfahren Versäumnisurteil, das beiden Parteien am 6. Juni 2000 zugestellt und nach Ablauf der Einspruchsfrist rechtskräftig wurde. Von der Zustellung des Versäumnisurteils informierte die HMV die Beklagte nicht. Die HMV wurde zur Zahlung eines Teilbetrages von 1.116.799 DM nebst Zinsen verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass sie jeden weiteren Schaden zu ersetzen habe, den die V. AG und die A. AG gegen die Klägerin wegen der Ablösung der Graphitbeschichtung der Kolben geltend mache. Aufgrund des Versäumnisurteils ließ die Klägerin die Ansprüche der HMV gegen die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungssumme pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Dadurch erfuhr die Beklagte vom Erlass des Versäumnisurteils. Mit Schreiben vom 24. Juli 2000 versagte sie den Versicherungsschutz wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 AHB mit der Begründung, die HMV habe entgegen ihrer Ankündigung keinen Anwalt mit der Abwehr der Ansprüche beauftragt und sie nicht von der Zustellung des Versäumnisurteils unterrichtet.
- 5
- Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung der vollen Deckungssumme von 11 Mio. DM, hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Schadensfalles Deckungsschutz aus beiden Versicherungsverträgen zu gewähren habe. Die Klägerin meint, aufgrund der Abtretung der Versicherungsansprüche vom 30. März 2000 und des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses könne sie die Beklagte unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen.
- 6
- Die Beklagte bestreitet die Verursachung des Schadens durch die HMV und beruft sich im Übrigen auf das Abtretungsverbot in § 7 Nr. 3 AHB und weist darauf hin, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Versicherungsansprüche nur in Höhe des Zahlungsanspruchs im Versäumnisurteil erfasse. Sie sei, wie im Ablehnungsschreiben vom 24. Juli 2000 ausgeführt, wegen Obliegenheitsverletzung von der Leistungspflicht frei. Die Hinnahme des Versäumnisurteils stelle zudem ein Anerkenntnis dar, das nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 5 AHB zur Leis- tungsfreiheit führe. Der Versicherungsschutz sei im Übrigen nach § 4 I Nr. 1 AHB ausgeschlossen, weil die Freistellung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB die Haftung der HMV über den gesetzlichen Umfang hinaus erweitert habe. In der die Produkthaftpflicht einschließenden Versicherung mit der Endnummer 095 bestehe wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie kein Versicherungsschutz. Schließlich sei sie wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei.
- 7
- Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 1.116.779 DM nebst Zinsen und dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag mit Ausnahme solcher Ansprüche stattgegeben, die Schäden an den von der HMV bearbeiteten Kolben selbst betreffen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 9
- Das I. Oberlandesgericht hält die Beklagte wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und 5 AHB für leistungsfrei.
- 10
- Die HMV habe die Weisung der Beklagten gemäß § 5 Nr. 3 AHB nicht beachtet, als sie das Versäumnisurteil vom 29. Mai 2000 gegen sich ergehen und nachfolgend habe rechtskräftig werden lassen. Darin liege zugleich ein Verstoß gegen das Anerkenntnisverbot nach § 5 Nr. 5 AHB. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte die HMV angewiesen habe, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen. Die Beklagte habe Versicherungsschutz nicht verweigert, sondern im Schreiben vom 16. Mai 2000 ausdrücklich bestmögliche Unterstützung zugesagt. Das weisungswidrige Verhalten der HMV, nämlich Nichteinschalten eines Rechtsanwalts, Nichtanzeige der Verteidigungsbereitschaft und Rechtskräftigwerdenlassen des Versäumnisurteils, verliere seine Eigenschaft als Obliegenheitsverletzung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb, weil die Beklagte abweichend von § 3 II AHB die Prozessführung vollständig auf die HMV übertragen hätte. Sie habe der HMV lediglich die Auswahl des Rechtsanwalts überlassen, um dem von ihr für möglich gehaltenen Vorwurf zu entgehen, durch die Wahl eines möglicherweise ungeeigneten Rechtsanwalts zu einem denkbaren existenzbedrohenden Prozessverlust beigetragen zu haben.
- 11
- Das II. hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zutreffend ausführt, den Inhalt der Leistungspflicht der Beklagten einerseits und der Obliegenheiten der HMV andererseits verkannt.
- 12
- 1. a) Die Leistungspflicht der Beklagten umfasst - wie allgemein in der Haftpflichtversicherung - nach § 3 II Nr. 1 AHB die Prüfung der Haftpflichtfrage , die Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie den Ersatz der Entschädigung, welche der Versicherungsnehmer aufgrund eines von dem Versicherer abgegebenen oder genehmigten Anerkenntnisses, eines von ihm geschlossenen oder genehmigten Vergleichs oder einer richterlichen Entscheidung zu zahlen hat. Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenso wie die Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche eine mit dieser gleichrangige Hauptleistungspflicht des Versicherers und nicht nur eine untergeordnete Nebenpflicht (BGHZ 119, 276, 281; Urteile vom 21. Januar 1976 - IV ZR 123/74 - VersR 1976, 477 unter I und vom 20. Februar 1956 - II ZR 6/55 - VersR 1956, 186 unter 2). Der Versicherer hat nicht das Recht, die mit der Abwicklung der Haftpflichtverbindlichkeiten verbundenen Mühen und Kosten auf den Versicherten abzuwälzen (BGHZ 15, 154, 159). Den Inhalt der Rechtsschutzverpflichtung hat der Senat in dem Urteil in BGHZ (119 aaO) wie folgt beschrieben: "Will er (der Versicherer) den Anspruch bestreiten, so muss er alles tun, was zu dessen Abwehr notwendig ist; er allein trägt die aus der Prüfung und Abwehr folgende Arbeitslast und Verantwortung. Demgemäß hat er im Haftpflichtprozess die Interessen des Versicherten so zu wahren, wie das ein von diesem beauftragter Anwalt tun würde. Weil grundsätzlich sein Abwehrinteresse dem des Versicherten entspricht, ist das im Regelfall unproblematisch. Wegen des umfassend versprochenen Rechtsschutzes gilt das aber sogar dann, wenn eine Kollision zwischen den Interessen des Versicherten und denen des Versicherers einmal nicht zu vermeiden ist. In diesem Fall muss der Versicherer seine eigenen Interessen hintanstellen. Nur diese weite Auslegung des Leistungsversprechens kann den mit der Haftpflichtversicherung bezweckten Schutz gewährleisten."
- 13
- umfassende Die Verantwortlichkeit des Versicherers für die Abwehr des Haftpflichtanspruchs ergibt sich insbesondere für den Fall des Rechtsstreits unmissverständlich aus weiteren Klauseln der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (z.T. anders in der Vermögensschaden -Haftpflichtversicherung, vgl. Voit/Knappmann in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. AVBVermögen/WB § 5 Rdn. 3 § 1 Rdn. 1). Nach § 3 II Nr. 3 AHB führt der Versicherer den Rechtsstreit im Namen des Versicherungsnehmers auf seine Kosten. Den Versicherungsnehmer trifft die Obliegenheit, die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen, dem von dem Versicherer bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder dem Versicherer für nötig gehaltenen Aufklärungen zu geben (§ 5 Nr. 4 AHB). Zur Disposition über den Haftpflichtanspruch durch Anerkenntnis oder Befriedigung ist der Versicherungsnehmer ohne vorherige Zustimmung des Versicherers nicht berechtigt (§ 5 Nr. 5 AHB). Nach § 5 Nr. 7 AHB gilt der Versicherer als bevollmächtigt, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 - IV ZR 329/05 - VersR 2006, 1676 unter II 2 c). Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, hat er dies dem Versicherer nur unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB), alles Weitere ist Sache des Versicherers, insbesondere die Auswahl und Beauftragung des Rechtsanwalts auf seine Kosten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1963 - II ZR 71/61 - VersR 1963, 421 unter III).
- 14
- b) Der Versicherer, der seiner so beschriebenen Rechtsschutzverpflichtung nicht nachkommt, verhält sich vertragswidrig.
- 15
- aa) Ist der Versicherer von seiner Leistungsfreiheit überzeugt und lehnt er den Deckungsschutz vorbehaltlos ab, lässt er dem Versicherungsnehmer konkludent zur Regulierung freie Hand und gibt seine umfassende Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf (BGHZ 119, 276, 282). Die Gefahr, bei dieser freien Entscheidung die Deckungspflicht unrichtig zu beurteilen, kann er nicht auf den Versicherungsnehmer abwälzen. Er kann nicht gleichzeitig einerseits sich seiner vertraglichen Hauptpflicht entledigen, den Versicherungsnehmer von der Führung und den Folgen des Haftpflichtprozesses zu befreien, und andererseits dennoch in Anspruch nehmen, an das Ergebnis des notgedrungen vom Versicherungsnehmer allein geführten Haftpflichtprozesses nicht gebunden zu sein. Nach Leistungsablehnung hat der Versicherungsnehmer auch keine Obliegenheiten mehr zu erfüllen (BGHZ 107, 368, 370 f.; BGH, Urteile vom 7. November 1966 - II ZR 12/65 - VersR 1967, 27 unter III und vom 21. Februar 1963 aaO; Prölss in Prölss/Martin , aaO § 6 Rdn. 33).
- 16
- bb) Hat der Versicherer ernsthafte Anhaltspunkte für seine Leistungsfreiheit , kann er aber wegen noch unklarer Sachlage darüber nicht abschließend befinden, muss er sich entscheiden, ob er Deckungsschutz gewährt oder nicht, und seine Entscheidung dem Versicherungsnehmer bekannt geben. Der Versicherer kann seiner Rechtsschutzverpflichtung in einer solchen Lage auch dadurch genügen, dass er den Rechtsschutz übernimmt unter dem Vorbehalt, die Deckung je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses abzulehnen (BGH, Urteile vom 20. September 1978 - IV ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I und vom 7. November 1966 aaO).
- 17
- Dagegen cc) stellt es keine ordnungsgemäße Erfüllung der Rechtsschutzverpflichtung dar, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber leistungsbefreiende Umstände ins Feld führt, den Versicherungsnehmer aber im Unklaren darüber lässt, ob er Deckungsschutz erhält. Seine Entscheidung darüber hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer unverzüglich, spätestens aber dann mitzuteilen , wenn er die Anzeige von der gerichtlichen Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs nach § 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB erhalten hat. Der Versicherer weiß, dass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt dringender Handlungsbedarf besteht, weil dem Versicherungsnehmer allein wegen Fristablaufs Rechtsnachteile in Gestalt eines Vollstreckungsbescheids oder Versäumnisurteils drohen. Deshalb hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt, später je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses Leistungsfreiheit geltend zu machen. Gibt der Versicherer eine solche Erklärung nicht ab, nimmt er seine Pflicht zur Abwehr des Anspruchs nicht wahr und gibt damit zugleich seine Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf. Er ist deshalb, solange er seiner Rechtsschutzverpflichtung nicht bedingungsgemäß nachkommt, so zu behandeln, als habe er dem Versicherungsnehmer zur Regulierung freie Hand gelassen. Der Versicherungsnehmer ist demgemäß auch nicht mehr obliegenheitsgebunden. Die Versicherungsbedingungen gestatten es dem Versicherer nicht, sich einer klaren Entscheidung über seine Verpflichtung zum Rechtsschutz zu enthalten, den Versicherungsnehmer darüber im Ungewissen zu lassen und die Arbeits- und Kostenlast sowie das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf ihn abzuwälzen, sich aber gleichwohl vorzubehalten , an die Regulierungsentscheidung des Versicherungsnehmers nicht gebunden zu sein, ihn an seinen Obliegenheiten festzuhalten und sich über die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten hinaus wegen mangelhafter oder weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit zu berufen.
- 18
- c)DenParteien des Versicherungsvertrages ist es allerdings nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht verwehrt, nach Erhebung des Anspruchs auf Deckungsschutz von den Bedingungen abweichende Vereinbarungen darüber zu treffen, wie die Leistungspflicht des Versicherers erfüllt werden soll. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Versicherer nach Treu und Glauben gehalten ist, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Die Abwehrfunktion der Haftpflichtversicherung ist unter den Versicherungsnehmern nicht immer genügend bekannt (Littbarski, Haftpflichtversicherung Vorbemerkungen Rdn. 48). Insbesondere ist für den Versicherungsnehmer nur schwer durchschaubar, was die Abwehrverpflichtung im Einzelnen bedeutet. Gewährt der Versicherer Versicherungsschutz , will er aber die Abwehr des Anspruchs (ganz oder teilweise) in die Hand des Versicherungsnehmers legen, hat er darüber aufzuklären, dass die Gewährung von Rechtsschutz nach dem Vertrag Sache des Versicherers ist, er den Prozess zu führen und den Anwalt auszuwählen, zu beauftragen und zu bezahlen hat (vgl. zu Vereinbarungen über die Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung die Senatsurteile vom 7. Februar 2007 - IV ZR 244/03 - zur Veröffentlichung vorgesehen - und vom 12. November 2003 - IV ZR 173/02 - VersR 2004, 96 unter II 1 b). Nur so ist der Versicherungsnehmer in der Lage, verantwortlich darüber zu entscheiden, auf welche Beschränkungen seiner vertraglichen Rechte er sich einlassen will. Übernimmt der Versicherungsnehmer vereinbarungsgemäß die Prozessführung, gilt für eine Verletzung von Sorgfaltspflichten dann nicht das Recht der Obliegenheiten, sondern das allgemeine Schadensersatzrecht (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, aaO § 5 AHB Rdn. 2). Denn insoweit hat er sich nur verpflichtet, die Aufgabe des Versicherers zu übernehmen.
- 19
- Die 2. Beklagte hat ihre Pflicht zur Abwehr des Haftpflichtanspruchs in grober Weise verletzt und ist deshalb so zu behandeln, als habe sie der HMV freie Hand zur Regulierung gelassen. Demgemäß ist sie an das rechtskräftige Versäumnisurteil gebunden und kann sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und Nr. 5 AHB berufen. Auch der Vorwurf, die HMV habe in kollusivem Zusammenwirken mit der Klägerin die Beklagte vorsätzlich geschädigt , ist nicht berechtigt.
- 20
- a) Die HMV hatte ihre Obliegenheiten zur Anzeige des Versicherungsfalles und der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs rechtzeitig und vollständig erfüllt. Sie hatte damit alles getan, damit die Beklagte ihrer Verpflichtung nachkommen konnte, einen Rechtsanwalt auszuwählen und zu beauftragen und den Prozess im Namen der HMV zu führen. Diese wäre auf Verlangen der Beklagten gehalten gewesen, dem Anwalt Vollmacht und die nötige Aufklärung zu erteilen. Im Schreiben vom 8. Mai 2000, dem die Klageschrift beigefügt war, hat die HMV in laienhafter Weise um Unterstützung, also für die Beklagte erkennbar um Deckungsschutz gebeten. Beim Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten, den Zeugen de J. , erneut um Rechtsschutz gebeten, wie dessen Aussage vor dem Oberlandesgericht zu entnehmen ist.
- 21
- b) Diesem Ersuchen gegenüber hat sich die Beklagte pflichtwidrig verhalten. Sie hat sich bei der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung des Erstbeitrags berufen (dazu unten III. 1.). Weiterhin hat sie sich ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit nach § 4 I Nr. 1 AHB wegen der Befreiung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB berufen (dazu unten III. 2.). Im Schreiben vom 16. Mai 2000 hat die Beklagte zwar bestmögliche Unterstützung zugesagt, die HMV aber bedingungswidrig angewiesen, selbst einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen zu beauftragen. Die bestmögliche und allein vertragsgemäße Unterstützung hätte darin bestanden, dass die Beklagte den Anwalt beauftragt und die Prozessführung übernimmt. Bei dem Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten gefragt, wie sich aus dessen Zeugenaussage ergibt, ob nicht die Beklagte den Rechtsanwalt bestellen und einen Spezialisten benennen könne. Dies hat der Zeuge mit der Begründung abgelehnt, er habe einen solchen auch nicht nennen können. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge, Abteilungsleiter der Beklagten und selbst Rechtsanwalt, dazu nicht in der Lage gewesen ist. Diese erneute Weigerung der Beklagten, selbst einen Anwalt zu beauftragen oder auch nur zu benennen, schließt es aus, darin ein Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung zu sehen, die Auswahl des Anwalts der HMV zu überlassen. Die Beklagte hat vielmehr wie schon im Schreiben vom 16. Mai 2000 die Auswahl und die Beauftragung des Anwalts vertragswidrig einseitig der HMV zugeschoben. Der Zeuge de J. hat dies damals selbst so gesehen. In seinem Aktenvermerk vom 19. Juni 2000 über das Gespräch vom 17. Mai 2000 ist nicht von einer einvernehmlichen Regelung die Rede, sondern von einer "Entscheidung" der Beklagten, mit der der Geschäftsführer der HMV "nicht ganz glücklich" gewesen sei, sie also nur notgedrungen hingenommen hat. Auch das Berufungsgericht stellt kein Einvernehmen fest, sondern spricht von Weisungen der Beklagten und wertet die Nichteinschaltung eines Anwalts als weisungswidriges Verhalten der HMV. Fehlt es schon an einer Vereinbarung , kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte sich darauf mangels der gebotenen Aufklärung (s.o. unter II 1 c) nicht zum Nachteil der HMV berufen könnte.
- 22
- c) Dieses Verhalten der Beklagten legt es nahe, darin schon eine verschleierte Ablehnung des Deckungsschutzes zu sehen mit den sich daraus ergebenden Folgen. So hat es der Geschäftsführer der HMV nach seinen Bekundungen auch verstanden.
- 23
- Jedenfalls aber hat die Beklagte in einem Zeitpunkt, in dem dringender Handlungsbedarf bestand, der HMV nicht unmissverständlich erklärt , ob sie ihre Rechtsschutzverpflichtung erfüllt oder dies ablehnt. Sie hat damit die Arbeits- und Kostenlast und das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf die HMV abgewälzt. Den Weg, sich gleichwohl wegen weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit berufen zu können , konnte sie sich damit nicht frei halten.
- 24
- III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen ganz oder teilweise als richtig dar.
- 25
- 1. Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie in der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung , bei der der Versicherungsfall vor Zahlung der Erstprämie eingetreten sein soll. Das Landgericht hat die Berufung auf Leistungsfreiheit mit Recht an der fehlenden Belehrung scheitern lassen. Der Versicherungsantrag stammt vom 17. Dezember 1998, ab 1. Januar 1999 hatte die Beklagte unstreitig vorläufige Deckung zugesagt. Der Versicherungsschein ist erst mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 übersandt worden. Die Rechnung selbst enthält nicht einmal einen Hinweis darauf, bis wann die Erstprämie zu zahlen ist, naturgemäß deshalb auch keine Belehrung über die Folgen verspäteter Zahlung. Im Versicherungsschein ist nur die übliche erweiterte Einlösungsklausel enthalten, wonach der Versicherungsschutz erst mit Zahlung der Erstprämie beginnt. Sollte also der materielle Versicherungsschutz aus dem Hauptvertrag erst mit Zahlung der Erstprämie, wie üblich, beginnen, endete auch die vorläufige Deckung erst in diesem Zeitpunkt. Eine Belehrung darüber, welche Rechtsfolgen eine verspätete Prämienzahlung für die vorläufige Deckung hat, ist nicht erteilt worden. Deshalb kann sich die Beklagte, wie ihrem Sachbearbeiter hätte bekannt sein müssen, nicht auf Leistungsfreiheit nach § 38 Abs. 2 VVG berufen (st. Rsp. des Senats, zuletzt Urteil vom 26. April 2006 - IV ZR 248/04 - VersR 2006, 913 unter II 2; zum Beginn des materiellen Versicherungsschutzes erst mit Zahlung der Erstprämie BGHZ 47, 352, 354 und Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - IV ZR 328/93 - VersR 1995, 409 unter 2 b aa). Die vorläufige Deckung endete nicht schon mit dem formellen Versicherungsbeginn, also dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
- 26
- 2. Die Beklagte hält sich zu Unrecht nach § 4 I Nr. 1 AHB für leistungsfrei , weil die HMV die Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit hat und dadurch eine über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht hinausgehende Zusage gemacht habe. Das Waschen der Kolben ist ein reiner Werkvertrag. Darauf sind die §§ 377, 381 Abs. 2 HGB nicht anzuwenden (BGH, Urteile vom 9. Oktober 2001 - X ZR 58/00 - CR 2002, 93 unter II 2 und 3 und vom 4. Februar 1992 - X ZR 105/90 - NJW-RR 1992, 626 unter I 2). Auch dies hätte der Sachbearbeiter der Beklagten ohne weiteres feststellen können.
- 27
- 3. Die Beklagte ist auch nicht nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Die Klägerin klagt in zulässiger Weise auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2000 - IV ZR 223/99 - VersR 2001, 90 unter 2 a). Diese rechtzeitig erhobene Klage hat die Frist gewahrt (siehe dazu auch Voit/Knappmann, aaO § 156 Rdn. 1 und Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 156 Rdn. 1). Dem Landgericht ist auch in diesem Punkt zuzustimmen.
- 28
- 4. Die Abtretungserklärung der HMV vom 30. März 2000 enthält kein verbotenes Anerkenntnis, sondern beschreibt nur den Haftungsgrund , wie das Landgericht auf S. 20 seines Urteils zutreffend ausgeführt hat.
- 29
- IV. Im Übrigen ist die Sache mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheidungsreif und deshalb zurückzuverweisen.
- 30
- Antrag Zum der Klägerin auf Zahlung in Höhe der vollen Deckungssumme wird auf Folgendes hingewiesen:
- 31
- Auf Zahlung kann die Klägerin die Beklagte nur in Anspruch nehmen , wenn sie durch Pfändung und Überweisung oder Abtretung an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, also Haftpflichtanspruch und Versicherungsanspruch sich bei ihr in einer Hand vereinigt haben (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 1980 - IV ZR 39/78 - VersR 1980, 522 unter I; vom 12. März 1975 - IV ZR 102/74 - VersR 1975, 655 unter 1 und vom 17. März 2004 - IV ZR 268/03 - VersR 2004, 634 unter II 2).
- 32
- 1. Das ist hier hinsichtlich des Zahlungsausspruchs des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess i.V. mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Fall. Der Feststellungsausspruch des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess ist nicht vollstreckungsfähig, kann also nicht zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss führen.
- 33
- 2. Die Abtretung vom 30. März 2000 verstößt gegen das Abtretungsverbot des § 7 Nr. 3 AHB. Die Ablehnung des Deckungsschutzes mit Schreiben vom 24. Juli 2000 ist keine endgültige Feststellung des Versicherungsanspruchs, um den allein es geht (Senatsurteil vom 26. März 1997 - IV ZR 137/96 - VersR 1997, 1088 unter 5 c). Das Abtretungsverbot kann nicht durch gewillkürte Prozessstandschaft umgangen werden. Ob die Berufung der Beklagten auf das Abtretungsverbot rechtsmissbräuchlich ist, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen.
- 34
- Das Abtretungsverbot scheitert nicht an § 354a HGB, weil es sich bei dem Anspruch auf Deckungsschutz in der Haftpflichtversicherung nicht um eine Geldforderung handelt (vgl. MünchKomm-HGB/Karsten Schmidt, § 354a Rdn. 6).
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 19.10.2001 - 9 O 11050/00 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 16.06.2003 - 8 U 3959/01 -
(1) Die Versicherung umfasst auch die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die durch die Abwehr der von einem Dritten geltend gemachten Ansprüche entstehen, soweit die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist. Die Versicherung umfasst ferner die auf Weisung des Versicherers aufgewendeten Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das wegen einer Tat eingeleitet wurde, welche die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnte. Der Versicherer hat die Kosten auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorzuschießen.
(2) Ist eine Versicherungssumme bestimmt, hat der Versicherer die Kosten eines auf seine Veranlassung geführten Rechtsstreits und die Kosten der Verteidigung nach Absatz 1 Satz 2 auch insoweit zu ersetzen, als sie zusammen mit den Aufwendungen des Versicherers zur Freistellung des Versicherungsnehmers die Versicherungssumme übersteigen. Dies gilt auch für Zinsen, die der Versicherungsnehmer infolge einer vom Versicherer veranlassten Verzögerung der Befriedigung des Dritten diesem schuldet.
(3) Ist dem Versicherungsnehmer nachgelassen, die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden, hat der Versicherer die Sicherheitsleistung oder Hinterlegung zu bewirken. Diese Verpflichtung besteht nur bis zum Betrag der Versicherungssumme; ist der Versicherer nach Absatz 2 über diesen Betrag hinaus verpflichtet, tritt der Versicherungssumme der Mehrbetrag hinzu. Der Versicherer ist von der Verpflichtung nach Satz 1 frei, wenn er den Anspruch des Dritten dem Versicherungsnehmer gegenüber als begründet anerkennt.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin betreibt seit 2001 in L. eine Biogasanlage, mit der sie Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt. Sie speist den in der Anlage erzeugten Strom seither in das vorgelagerte Netz der Beklagten ein, mit deren Rechtsvorgängerin sie im Februar 2002 einen Einspeisevertrag geschlossen hatte. Auf die geschuldete Einspeisevergütung leistete die Beklagte über lange Zeit jeweils bis zum Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats monatliche Abschlagszahlungen, wobei sie die den Abschlägen zugrunde liegende Einspeisemenge jeweils per Fernauslesung erfasste. Seit Juli 2011 leistet sie - nach vorheriger Ankündigung - die Abschlagszahlungen erst zum Ende des jeweiligen Folgemonats. Nachdem die Parteien daraufhin kein Einvernehmen über eine Beibehaltung der bisherigen Zahlungspraxis hatten erzielen können, kündigte die Klägerin den Einspeisevertrag schließlich zum 31. Dezember 2012 und speist den von ihr erzeugten Strom seit dieser Zeit auf gesetzlicher Grundlage in das Netz der Beklagten ein.
- 2
- Mit ihrer im August 2012 erhobenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der von der Beklagten an sie für den Vormonat zu zahlende Vergütungsabschlag für die Einspeisung aus der Biogasanlage am Zehnten eines jeden Folgemonates - hilfsweise am 15. eines jeden Folgemonates - fällig und zahlbar sei. Das Landgericht hat die Klage mangels Feststellungsinteresses der Klägerin als unzulässig abgewiesen und den Streitwert auf 225 € festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht unter gleichzeitiger Festsetzung des Streitwerts für beide Instanzen auf 5.000 € das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und unter Abweisung der Klage im Übrigen festgestellt, dass der von der Beklagten an die Klägerin zu zahlende Vergütungsabschlag für Stromeinspeisungen, die ab dem 1. Januar 2013 erfolgt sind, am Zehnten des auf die Einspeisung jeweils folgenden Monats fällig und zahlbar seien. Mit der vom Berufungsgericht insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht (OLG München, REE 2014, 97) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 5
- Die Berufung sei zulässig, da die gemäß §§ 3, 9 ZPO nach dem Klageinteresse zu bemessende Beschwer der Klägerin durch das klageabweisende erstinstanzliche Urteil auf 5.000 € zu schätzen und deshalb die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erreicht sei. Zwar seien die sich auf durch- schnittlich 21.500 € brutto im Monat belaufenden Abschlagszahlungenals solche nicht streitig. Gestritten werde vielmehr nur über den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit , so dass es sachgerecht sei, den Streitwert weitgehend anhand der Zinsbelastung zu bestimmen, welche die Klägerin aufgrund der nach ihrem Standpunkt zu späten Zahlung treffe. Ausgehend von ihren glaubhaften Angaben in der Berufungsverhandlung, wonach aufgrund von Überziehungen des Girokontos ca. 2.000 € Zinskosten pro Jahr entstünden, sei von einer Zinsbelastung von ca. 7.000 € innerhalb von dreieinhalb Jahren auszugehen, was mit Rücksicht auf das lediglich erhobene Feststellungsbegehren zu einer Beschwer von 5.000 € führe.
- 6
- Die Fälligkeit von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses könne auch Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Die Fälligkeiten der einzelnen Zahlungsverpflichtungen seien jeweils als gegenwärtige Rechtsverhältnisse im Sinne des § 256 ZPO zu verstehen. Insoweit erschöpfe sich das Begehren der Klägerin nicht nur in der Klärung der Rechtsfrage der Fälligkeit der einzelnen Ansprüche. Bei sach- und interessengerechter Auslegung verlange die Klägerin vielmehr die Klärung der Frage, ab welchem Zeitpunkt hinsichtlich der dem Grunde nach unstreitigen einzelnen Zahlungsverpflichtungen der Beklagten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Einspeiseverhältnis jeweils ein Zahlungsanspruch der Klägerin bestehen werde. Bei diesen einzeln festzustellenden Schuldverhältnissen handele es sich um gegenwärtige Schuldverhältnisse, da sie aus einem bereits bestehenden Schuldverhältnis, nämlich einem vertraglichen Stromeinspeisungsverhältnis bis Ende 2012 und für die anschließende Zeit aus einem gesetzlichen Stromeinspeisungsverhältnis herrührten. Dies bilde eine ausreichende Grundlage für die Feststellung der gegenseitigen Rechte und Pflichten. Ein solches Ergebnis sei auch unter prozessökonomischen Gesichtspunkten und im Sinne effektiven Rechtsschutzes für die Klägerin geboten, da diese nicht auf Monat für Monat zu erhebende Leistungsklagen verwiesen werden könne. Denn solche Klagen würden sich jeweils kurzfristig durch die Zahlungen der Beklagten erledigen mit der Folge, dass die Klägerin, deren Interesse an verlässlicher pünktlicher Zahlung zur Planbarkeit ihrer eigenen Liquidität nicht zu verkennen sei, keine Entscheidung zur Fälligkeit der Abschläge erlangen könne, sondern faktisch von vornherein auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verwiesen würde.
- 7
- Im Gegensatz zu dem auf die Stromeinspeisungen vor dem 1. Januar 2013 bezogenen Feststellungsbegehren habe die Klage für die anschließende Zeit Erfolg. Soweit die Klägerin sich dabei für eine Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung von Abschlägen auf § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 stütze, seien diese Abschlagszahlungen gemäß § 271 BGB sofort fällig, sobald die Voraussetzungen dafür gegeben seien. Das EEG 2012 enthalte zwar keine Regelung zur Fälligkeit solcher Abschläge. Dem könne aber nicht entnommen werden, der Gesetzgeber habe eine von § 271 BGB, der für Schuldverhältnisse aller Art gelte, abweichende Regelung dahin treffen wollen, dass der Verteilnetzbetreiber den Leistungszeitpunkt entsprechend § 315 Abs. 1 BGB habe bestimmen und damit frei sein sollen, die Abschläge nach seiner Wahl an jedem Tag des Folgemonats zahlbar zu stellen. Eine hierfür erforderliche Zuweisung des Bestimmungsrechts an den Netzbetreiber sei weder § 16 EEG 2012 noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Die in den Materialien gegebene Erläuterung, dass die Abschläge in der Regel angemessen seien, wenn sie monatlich erfolgten und auf der geschätzten oder vorläufig berechneten Einspeisung basierten, spreche im Gegenteil sogar dafür, dass die Abschlagszahlungen im Voraus zu leisten sein sollten.
- 8
- Nichts anderes folge daraus, dass nach dem Vorbringen der Beklagten die an den Einspeiser zu zahlende Vergütung für den Verteilnetzbetreiber nur ein Durchlaufposten sei und dieser nach der Konzeption des EEG nicht mit einer Zwischenfinanzierung der Abschlagszahlungen belastet werden dürfe. Dem Umstand, dass dieser gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 seinerseits einen Anspruch gegen den Übertragungsnetzbetreiber auf Abschlagszahlungen habe und aus Sicht der Beklagten von der (Zwischen-)Finanzierungslast habe freigehalten werden sollen, könne ohne Weiteres auch gemäß § 271 Abs. 1 BGB bei der aus den Umständen zu entnehmenden Bestimmung der Leistungszeit Rechnung getragen werden.
- 9
- Auf der Grundlage des hier maßgeblichen § 271 Abs. 1 BGB seien die Abschlagszahlungen spätestens zum Zehnten des Folgemonates des jeweiligen Einspeisemonats fällig. Unabhängig davon, ob die Fälligkeit der Abschlagszahlungen eine Einspeisung und deren Erfassung voraussetze, lägen die Voraussetzungen der Abschlagszahlungen jeweils zum Monatsende vor, nachdem die Einspeisemengen per Fernauslesung von der Beklagten erfasst worden seien. Die Fälligkeit und Zahlung der Abschläge des Übertragungsnetzbetreibers an den Verteilernetzbetreiber habe dagegen auf die Fälligkeit der Abschlagszahlungen an den Anlagenbetreiber keinen Einfluss; zumindest könne dies nicht dazu führen, dass letztgenannte Fälligkeit über den Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats hinausgeschoben sei. Denn auch der nach § 35 Abs. 1, 3 EEG 2012 bestehende Anspruch der Beklagten auf Abschlagszahlung gegen den Übertragungsnetzbetreiber sei mangels anderweitiger Regelung im EEG gemäß § 271 Abs. 1 BGB spätestens mit Abschluss des Monats der Einspeisung fällig. Unabhängig hiervon könne die Beklagte den ihr gegen den Übertragungsnetzbetreiber zustehenden Anspruch auf Abschlagszahlungen ebenfalls durch Mitteilung die Einspeisemenge zum Monatsende fällig stellen, womit gewährleistet sei, dass es für sie nicht zu einer Zwischenfinanzierungslast komme.
II.
- 10
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
- 11
- Das Berufungsgericht hat sowohl die Zulässigkeit der Berufung als auch die Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage zu Recht bejaht. Ebenso hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass die von der Beklagten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3, § 66 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbaren Energien vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1634; im Folgenden EEG 2012) geschuldeten monatlichen Abschläge spätestens am Zehnten des der jeweiligen Stromeinspeisung nachfolgenden Monats fällig sind.
- 12
- 1. Zu Unrecht geht dieRevision davon aus, dass ihr Rechtsmittel schon deshalb begründet sei, weil das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten mangels Erreichung der nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Beschwer als unzulässig hätte verwerfen müssen. Dem vermag der Senat, der die Zulässigkeit der Berufung von Amts wegen zu prüfen hat, weil es anderenfalls an einem gültigen und rechtswirksamen Verfahren vor dem Revisionsgericht fehlen würde (Senatsurteile vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, NZM 2008, 78 Rn. 8; vom 11. Oktober 2000 - VIII ZR 321/99, WM 2001, 45 unter II mwN), nicht zu folgen.
- 13
- a) Nach § 511 Abs. 2 ZPO ist die Berufung gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegen- standes 600 € übersteigt (Nr. 1) oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat (Nr. 2). Da hier das Landgericht die Berufung nicht zugelassen hat, kommt es darauf an, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes den genannten Schwellenbetrag von 600 € übersteigt. Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht.
- 14
- aa) Die Bemessung der Berufungsbeschwer steht gemäß §§ 2, 3 ZPO im freien Ermessen des Berufungsgerichts, das dabei nicht an den in erster Instanz festgesetzten Streitwert gebunden ist (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - VI ZB 1/11, VI ZVI ZB 2/11, NJW 2012, 2523 Rn. 10 mwN). Der vom Berufungsgericht angenommene Wert kann zudem von der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht, etwa weil es bei der Ausübung seines Ermessens die in Betracht zu ziehenden Umstände nicht umfassend berücksichtigt (BGH, Beschluss vom 31. März 2010 - XII ZB 130/09, NJWRR 2010, 1081 Rn. 10; BGH, Urteil vom 7. März 2001 - IV ZR 155/00, juris Rn. 5 mwN), die Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BGH, Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 168/13, juris Rn. 5; BGH, Urteile vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, aaO Rn. 9; vom 24. Juni 1999 - IX ZR 351/98, NJW 1999, 3050 unter III; vom 10. Dezember 1993 - V ZR 168/92, BGHZ 124, 313, 314 f.). Ein solcher Ermessensfehlgebrauch , der bei zutreffender Ermessensausübung zu einer Wertbemessung unterhalb der Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO geführt hätte, liegt indes nicht vor.
- 16
- (1) Das Berufungsgericht hat die Beschwer ausgehend von der Zinsbelastung bestimmt, welche die Klägerin aufgrund der späteren Zahlung der Abschläge durch die Beklagte zu tragen hat. Das ist richtig und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Denn die Beschwer bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der in der ersten Instanz unterlegenen Partei am Erfolg ihres Rechtsmittels (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2011 - V ZR 247/10, GE 2012, 558 Rn. 3; vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11, NJW-RR 2012, 130 Rn. 13; vom 24. November 1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 88; jeweils mwN). Dieses Interesse wiederum wird durch den Umfang der prozessualen Rechtskraftwirkung bestimmt, die das Urteil haben würde, wenn es nicht angefochten werden könnte (BGH, Beschluss vom 21. April 1961 - V ZR 58/60, NJW 1961, 1466 unter II; vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - IV ZR 28/03, WM 2004, 2128 unter II 1).
- 17
- Demzufolge bemisst sich der Umfang der Beschwer der Klägerin vorliegend (nur) nach dem wirtschaftlichen Nachteil, der ihr durch den nach ihrer Auffassung verspäteten Zufluss der Abschlagszahlungen erst gegen Ende des der Einspeisung folgenden Monats und der daraus jeweils für etwa zwei Drittel eines jeden Monats resultierenden Belastung mit Kreditzinsen entsteht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZR 36/95, WM 1995, 2060 unter [II] 1; vom 21. April 1961 - V ZR 58/60, aaO unter III; MünchKommZPO /Wöstmann, 4. Aufl., § 3 Rn. 70 mwN). Denn die Klägerin begehrt allein die Feststellung der Fälligkeit der Abschlagszahlungen zu einem bestimmten Zeitpunkt , ohne dass darüber hinaus auch der Grund oder die Höhe einzelner Abschlagszahlungen im Streit stünden. Die von der Klägerin erstrebte und vom Landgericht versagte Sachentscheidung war daher wirtschaftlich nur auf die zur Vermeidung eines ständigen Anfalls von Zwischenzinsen erstrebte Feststellung einer bestimmten Fälligkeit der monatlichen Abschläge gerichtet.
- 18
- (2) Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht zur Bemessung der Beschwer § 9 ZPO herangezogen, der auch Verträge erfasst, die darauf gerichtet sind, auf Dauer bestimmte Energielieferungen erbringen und dafür Bezahlung verlangen zu können (vgl. Senatsbeschluss vom 27. April 2010 - VIII ZB 91/09, WuM 2010, 437 Rn. 5 mwN). Dabei hat es unter Ansatz des dreieinhalbfachen Jahresbetrages rechtsfehlerfrei auch den Zeitraum nach der Beendigung des Einspeisevertrages in die Wertbemessung mit einbezogen. Denn anders als die Revision meint, ist - wie die Revisionserwiderung im Einzelnen belegt hat - das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass sich bereits das von der Klägerin im ersten Rechtszug erhobene Feststellungsbegehren nicht nur auf den Zeitraum der zwischen den Parteien vertraglich geregelten Stromeinspeisung beschränkt, sondern auch auf die anschließende Zeit des gesetzlichen Einspeiseverhältnisses (vgl. §§ 7, 100 Abs. 1 des Gesetzes über den Ausbau erneuerbarer Energien vom 21. Juli 2014 [BGBl. I S. 1066; im Folgenden : EEG 2014]) bis zum Erreichen der gesetzlichen Vergütungsdauer (§§ 22, 100 Abs. 1 EEG 2014; vgl. BT-Drucks. 18/1891, S. 219) erstreckt hat. Die Klägerin ist deshalb auch insoweit durch die erstinstanzliche Klageabweisung beschwert.
- 19
- b) Entgegen der Auffassung der Revision ist es auch sonstim Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Beschwerdewert auf der Grundlage der Angaben des Geschäftsführers der Klägerin zu den Mehrbelastungen an Zinsen durch die erst zum Monatsende erfolgenden Abschlagszahlungen mit mehr als 600 € bestimmt hat.
- 20
- aa) Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht zur Glaubhaftmachung der Beschwer (§ 511 Abs. 3 i.V.m. § 294 ZPO) die Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin hat ausreichen lassen. § 511 Abs. 3 ZPO schließt zur Glaubhaftmachung eines den Wert des Beschwerde- gegenstandes von 600 € übersteigenden Betrages zwar die eidesstattliche Ver- sicherung der Partei selbst aus, lässt im Übrigen aber bei vorausgesetzter Präsenz alle übrigen für einen Vollbeweis zugelassenen Beweismittel unter Einschluss der Parteivernehmung nach § 448 ZPO zu (vgl. MünchKommZPO /Prütting, 4. Aufl., § 294 Rn. 14, 17; Ahrens/Jestaedt, Der Wettbewerbsprozess , 7. Aufl., Kap. 47 Rn. 3; Ahrens/Scharen, aaO, Kap. 50 Rn. 27). Zu diesen im Rahmen von § 286 Abs. 1 ZPO zur Führung des Vollbeweises zugelassenen Beweismitteln kann bei entsprechender Überzeugungskraft auch die bloße Parteierklärung vor dem Tatrichter gehören, selbst wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist, dieser aber im konkreten Beweiswert um nichts nachsteht (BGH, Urteile vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96, NJW 1999, 363 unter II 2 b bb; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11, NJW 2013, 2601 Rn. 11; BGH, Beschluss vom 24. Juni 2003 - VI ZR 327/02, NJW 2003, 2527 unter 1 b; jeweils mwN). Dementsprechend war das Berufungsgericht nicht gehindert, den Erklärungen des von ihm in der Berufungsverhandlung angehörten Geschäftsführers der Klägerin zur Inanspruchnahme von Betriebsmittelkrediten und den damit einhergehenden Zinsbelastungen eine Überzeugungskraft beizumessen, die den Maßstäben der von § 511 Abs. 3 ZPO geforderten Glaubhaftmachung genügt hat.
- 21
- bb) An dem vom Berufungsgericht für erreicht erachteten Beschwerdewert ändert im Ergebnis auch die Rüge der Revision nichts, das Berufungsgericht sei ermessensfehlerhaft nicht darauf eingegangen, dass in der vom Geschäftsführer der Beklagten angegebenen jährlichen Zinsbelastung von etwa 2.000 € auch Zinsen enthalten seien, die unabhängig von dererst am Monats- ende erfolgten Abschlagszahlung angefallen seien. Der Senat hat die Rüge geprüft , jedoch im Ergebnis nicht für durchgreifend erachtet. Denn auch unter Berücksichtigung des gerügten Umstandes fällt der Wert des Beschwerdegegen- standes nicht auf weniger als 601 €. Von einer Begründung wird insoweit gemäß § 564 ZPO abgesehen.
- 22
- 2. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht. Die Klage auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses setzt gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse des Klägers daran voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das ist hier entgegen der Auffassung der Revision der Fall, da es sich bei der von der Klägerin begehrten Feststellung des Zeitpunkts der Fälligkeit ihres Anspruchs auf Abschlagszahlungen um ein feststellungsfähiges gegenwärtiges Rechtsverhältnis handelt, dessen Inhalt von der Beklagten insoweit bestritten wird.
- 23
- a) Ein Rechtsverhältnis wird durch die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder Sachen gebildet (BGH, Urteile vom 5. Mai 2011 - VII ZR 179/10, WM 2011, 1125 Rn. 19; vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98, WM 2000, 1965 unter 5). Einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, deren Vorliegen allein zu keinen bestimmten Rechtsfolgen führt, stellen hingegen kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Unzulässig ist daher etwa die Feststellung eines Schuldnerverzuges (BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, WM 2000, 1558 unter 1 a) oder die isolierte Feststellung einesAnnahmeverzuges, sofern er nicht dazu dient, bei einer Verurteilung Zug um Zug durch den erforderlichen Nachweis des Annahmeverzuges bereits im Erkenntnisverfahren die Vollstreckung zu erleichtern (BGH, Urteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98, aaO).
- 24
- aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, bei der Frage der Fälligkeit der Abschlagszahlungen handele es sich schon deshalb um eine nicht feststellungsfähige Vorfrage eines Rechtsverhältnisses, weil die Fälligkeit lediglich eine Vorfrage des nicht feststellungsfähigen Schuldnerverzuges sei. Denn Gegenstand eines Feststellungsurteils können auch einzelne sich aus einem umfassenderen Rechtsverhältnis ergebende Beziehungen oder Folgen eines Rechtsverhältnisses sowie der Umfang und der Inhalt einer Leistungspflicht sein (BGH, Urteile vom 16. Februar 1967 - II ZR 171/65, WM 1967, 419 unter II 1; vom 12. Dezember 1994 - II ZR 269/93, NJW 1995, 1097 unter 1; vom 7. März 2013 - VII ZR 223/11, NJW 2013, 1744 Rn. 16). Dabei muss sich das Feststellungsbegehren nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht , insbesondere auch auf einen streitigen Teil des Vertragsinhalts, beschränken (BGH, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 159/11, WM 2013, 232 Rn. 16; BAG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13, juris Rn. 16 mwN).
- 25
- Das ist hier der Fall. Denn die von der Klägerin begehrte Feststellung des Fälligkeitszeitpunkts der von der Beklagten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 monatlich geschuldeten Abschlagszahlungen zielt darauf ab, den Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses insoweit abschließend dahin zu klären, wann die Beklagte ihrer ansonsten unstreitigen Leistungspflicht jeweils nachkommen muss.
- 26
- bb) Die Feststellungsklage betrifft auch ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. Dem steht nicht entgegen, dass sie die künftige Fälligkeit der noch nicht entstandenen, sondern erst monatlich wiederkehrenden Ansprüche auf Zahlung eines Abschlages zum Gegenstand hat. Denn unter einem solchen Rechtsverhältnis ist nicht nur die - aus dem vorgetragenen Lebenssachverhalt abgeleitete - (bereits bestehende) konkrete rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen oder zu einem Gegenstand zu verstehen. Darunter fallen auch diejenigen Beziehungen, die aus einem bereits vorhandenen Rechtsverhältnis künftig als Rechtsfolge erwachsen, so dass etwa auch bedingte oder betagte Beziehungen die Grundlage einer Feststellungsklage bilden können. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt daher auch vor, wenn eine Verbindlichkeit noch nicht entstanden, aber für ihren späteren Eintritt der Grund in der Art gelegt ist, dass die Entstehung der Verbindlichkeit nur von dem Eintritt weiterer Umstände oder dem Zeitablauf abhängt (BGH, Urteile vom 25. Oktober2005 - II ZR 413/02, WM 2005, 95 unter II 1; vom 23. September 1987 - IVa ZR 59/86, NJW 1988, 774 unter 2 a).
- 27
- Der danach erforderliche Grund des Anspruchs der Klägerin auf Erhalt monatlicher Abschläge und deren jeweilige Fälligkeit ist gegenwärtig bereits hinreichend angelegt. Denn zwischen den Parteien besteht auch nach Beendigung des zwischen den Parteien ursprünglich geschlossenen Einspeisevertrages noch ein bis zum voraussichtlichen Erreichen der gesetzlichen Vergütungsdauer (§ 22 EEG 2014) andauerndes gesetzliches Einspeiseschuldverhältnis (§ 7 EEG 2014), aus dem jeweils die fortdauernde Pflicht der Beklagten zur Leistung monatlicher Abschläge erwächst (§ 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012). Daraus abgeleitet kann die Klägerin - wie hier - zugleich die Feststellung beantragen , dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, an sie alle künftigen Abschlagszahlungen spätestens bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 159/11, aaO; BAG, Urteile vom 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13, aaO; vom 17. Januar 2012 - 3 AZR 135/10, juris Rn. 19 f.).
- 28
- b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Klägerin auch ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung hat (§ 256 Abs. 1 ZPO).
- 29
- aa) Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 351/08, NJW 2010, 1877 Rn. 12 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn die Beklagte hat den von der Klägerin angenommenen Fälligkeitszeitpunkt für die zu erbringenden Abschläge zum Zehnten eines jeden der Einspeisung nachfolgenden Monats ernstlich bestritten und ab Juli 2011 jeweils nur noch zum Monatsende gezahlt (vgl. BGH, Urteile vom 7. Februar 1986 - V ZR 201/84, NJW 1986, 2507 unter II 1; vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99, NJW 2001, 1431 unter II 2).
- 30
- bb) Zudem ist - als weiteres Erfordernis eines Feststellungsinteressesdas Feststellungsbegehren der Klägerin geeignet, den Streit der Parteien über die Leistung der Abschlagszahlungen und deren jeweilige Fälligkeit insgesamt zu beseitigen und das Rechtsverhältnis der Parteien in der erforderlichen Weise abschließend zu klären. Denn über weitere Voraussetzungen und Modalitäten der von der Beklagten geschuldeten Abschläge besteht - wie auch die Revision hervorhebt - zwischen den Parteien kein Streit, so dass die beantragte Feststellung des Fälligkeitszeitpunktes weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zu leistenden Abschlagszahlungen verhindert (vgl. BAG, Urteile vom 17. Januar 2012 - 3 AZR 135/10, aaO Rn. 20; vom 21. April 2010 - 4 AZR 755/08, juris Rn. 21).
- 31
- cc) Das Feststellungsinteresse der Klägerin ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des grundsätzlichen Vorrangs einer Leistungsklage zu verneinen.
- 32
- (1) Eine Leistungsklage auf Zahlung der jeweils fälligen Abschläge würde den Streitpunkt zwischen den Parteien nicht erledigen. Dieser Streit weist vielmehr über den Regelungsgegenstand einer solchen Leistungsklage hinaus. Denn die Klägerin erstrebt nicht nur für einzelne Monate, sondern für die gesamte Dauer des Einspeiseverhältnisses eine verbindliche Klärung, wann die monatlichen Abschläge jeweils fällig sind. Bei einer auf einen bestimmten Monat bezogenen Leistungsklage würde diese Frage dagegen nicht verbindlich entschieden. Die Klägerin könnte - worauf das Berufungsgericht mit Recht hinweist - zudem angesichts der Verfahrensdauer mit einer solchen Klage auch keine Zahlung zu dem von ihr angenommenen Fälligkeitstermin erreichen. Die Feststellungsklage hingegen lässt - wie vorstehend unter II 2 b bb ausgeführt und was für die Bejahung des erforderlichen Feststellungsinteresses ausreicht (vgl. Senatsurteil vom 6. November 2013 - VIII ZR 194/12, NVwZ 2014, 962 Rn. 11) - unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung des aufgetretenen Streitpunktes erwarten, da sie die Frage der Fälligkeit der Abschlagszahlungen in einem Prozess für die gesamte Dauer des zwischen den Parteien bestehenden Einspeiseverhältnisses ein für alle Mal verbindlich klärt.
- 33
- (2) Nichts anderes folgt daraus, dass § 258 ZPO bei wiederkehrenden Leistungen eine Klage auf künftige Entrichtung auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen zulässt. Denn eine solche Klage könnte die Klägerin nicht mit Erfolg erheben. Wiederkehrend im Sinne des § 258 ZPO sind Ansprüche, die sich als einheitliche Folgen aus einem Rechtsverhältnis ergeben, so dass die einzelne Leistung in ihrer Entstehung nur noch vom Zeitablauf abhängig ist (BGH, Urteil vom 17. November 2006 - V ZR 71/06, NJW 2007, 294 Rn. 8). Allerdings muss dazu die Leistungspflicht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nach Grund und Höhe mit ausreichender Sicherheit feststehen (BGH, Urteil vom 17. November 2007 - V ZR 71/06, aaO Rn. 9). Dies ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die von der Beklagten gezahlten Abschläge - abhängig von der durch Fernauslesung erfassten Einspeisemenge des Vormonats - monatlich variieren.
- 34
- (3) Es kann dahinstehen, ob es der Klägerin möglich und zumutbar wäre, eine Klage auf künftige Leistung der Abschläge (§ 259 ZPO) zu erheben. Denn die Möglichkeit einer solchen Klage steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage und dem dafür nach § 256 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse nicht entgegen (Senatsurteile vom 6. November 2013 - VIII ZR 194/12, aaO Rn. 13; vom 21. Januar 2004 - VIII ZR 99/03, NJW-RR 2004, 586 unter II 1 a mwN).
- 35
- 3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch in der Sache selbst gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Abschlagszahlungen seien jeweils spätestens zum Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats fällig.
- 36
- a) Der Anspruch der Klägerin auf die Zahlung von Abschlägen ergibt sich aus § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012. Danach müssen Netzbetreiber, die Anlagenbetreibern nach Maßgabe von § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 zur Vergütung von Strom aus Anlagen verpflichtet sind, die ausschließlich erneuerbare Energien oder Grubengas einsetzen, auf die zu erwartenden Zahlungen monatliche Abschläge in angemessenem Umfang leisten. An der fortbestehenden Anwendbarkeit von § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 hat auch § 19 Abs. 2 EEG 2014 nichts geändert, der die bisherige Regelung um eine Fälligkeitsbestimmung dahin ergänzt hat, dass die Abschläge monatlich jeweils zum Fünfzehnten für den Vormonat zu leisten sind. Denn nach der Übergangsvorschrift des § 100 Abs. 1 Nr. 10 EEG 2014 gilt für Anlagen, die - wie hier - vor dem 1. Januar 2012 in Betrieb genommen worden sind, gemäß der dort erfolgten Verweisung auf § 66 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EEG 2012 die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 unverändert weiter (vgl. BT-Drucks. 18/1891, aaO).
- 37
- Ebenso wenig kann § 19 Abs. 2 EEG 2014 sonst etwas zum Fälligkeitszeitpunkt der in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 geregelten Abschläge entnommen werden. Weder ist der Gesetzesbegründung zu § 19 Abs. 2 EEG 2014 etwas zum Verständnis des Fälligkeitsdatums im bisherigen Recht zu entnehmen noch klingt darin ein Bestreben an, das bisherige Recht in diesem Sinne mit Anspruch auf Verbindlichkeit authentisch interpretieren zu wollen (BTDrucks. 18/1304, S. 126), ganz abgesehen davon, dass einer etwaigen verbindlichen Auslegung durch einen nachfolgenden Gesetzgeber auch gewisse Grenzen gezogen wären (vgl. BVerfG, NVwZ 2014, 577, 579 ff.).
- 38
- b) Vergeblich will die Revision die Klage schon deshalb abgewiesen wissen , weil das Berufungsgericht nicht zwischen Abschlägen nach § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 und einer endgültig zu zahlenden Vergütung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 differenziert sowie verkannt habe, dass der Klägerin allein ein Anspruch auf monatliche Zahlung einer endgültigen Vergütung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 zustehe, so dass für monatliche Abschlagszahlungen kein Raum sei. Es kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen mit der Möglichkeit des Anlagenbetreibers zur Vornahme einer endgültigen Abrechnung das Recht zur vorläufigen Abrechnung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 erlischt (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 42 [zu § 16 Nr. 1 VOB/B]). Denn das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Voraussetzungen einer endgültigen Berechnung der gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 zu zahlenden Vergütung bereits im Anschluss an die Einspeisung des Vormonats vorliegen; übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision nicht auf. Die monatliche Erfassung der Einspeisemenge durch Fernauslesung allein reicht - was auch die Revision in anderem Zusammenhang einräumt - hierfür jedenfalls nicht aus. Vielmehr setzt dies zusätzlich den (jährlichen) Nachweis von weiteren Vergütungsvoraussetzungen voraus, namentlich zur jährlich zu ermittelnden Bemessungsleistung sowie - etwa durch Nachweise hinsichtlich der Einsatzstoffe - zu einsatzstoffspezifischen Voraussetzungen der Vergütungszahlungen einschließlich etwaiger Boni (vgl. BT-Drucks. 17/6071, S. 65; Reshöft/Schäfermeier/Reshöft, Erneuerbare- Energien-Gesetz, 4. Aufl., § 16 Rn. 36; zu Einzelheiten: Empfehlung der Clearingstelle EEG Nr. 2012/6 vom 21. Juni 2012, Rn. 49 ff., abrufbar unter https://www.clearingstelle-eeg.de/empfv/2012/6).
- 39
- c) Zu Unrecht macht die Revision - in offenem Widerspruch zu ihrer vorangegangenen Aussage, zwischen den Parteien bestehe lediglich Uneinigkeit über das "Wann" der zu leistenden Abschlagszahlungen - unter Berufung auf die Empfehlung der Clearingstelle EEG 2012/6 vom 21. Juni 2012 (aaO Rn. 82) geltend, für die Leistung von Abschlägen komme es nicht nur auf die Menge des aus der Anlage der Klägerin eingespeisten Stroms an; die Klägerin hätte zur Höhe der zu erwartenden monatlichen Abschlagszahlungen vielmehr auch insoweit vortragen müssen, als diese von den bei der Stromerzeugung verwendeten , aus den Werten der Fernauslesung aber nicht ersichtlichen Einsatzstoffen abhängig sei. Das trifft nicht zu.
- 40
- Abgesehen davon, dass die Beklagte selbst in einem Fehlen solcher monatlich angeblich mitzuliefernder Angaben kein Hindernis gesehen hat, Abschlagszahlungen - wenn auch mit einem dreiwöchigen Zeitversatz - zu leisten, zeigt die Revision keinen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen auf, wonach es über die vom Berufungsgericht herangezogenen Werte der Fernauslesung hinaus an Angaben fehlt, die zusätzlich für die Entstehung und Bemessung des Anspruchs der Klägerin auf monatliche Abschläge erforderlich sind. Allein schon die von der Beklagten geübte Praxis belegt das Gegenteil.
- 41
- Zudem verkennt die Revision, dass über den erstmaligen und im Rahmen der jeweiligen Jahresendabrechnungen (vgl. §§ 71, 100 Abs. 1 EEG 2014) gegebenenfalls zu erneuernden Nachweis hinaus für die Entstehung und Fälligkeit von Abschlagszahlungen nicht sämtliche Vergütungsvoraussetzungen noch einmal fortlaufend Monat für Monat zusätzlich nachgewiesen werden müssen, sondern bei entsprechendem Erforderniserst mit der Jahresendabrechnung zu belegen sind, es sei denn, es bestünden - wie hier nicht - bereits unterjährig begründete Zweifel an deren Fortbestand (vgl. Lehnert/Thomas in Altrock/ Oschmann/Theobald, EEG, 4. Aufl., § 16 Rn. 43; Säcker/Thorbecke/ Schumacher, Berliner Kommentar zum Energierecht, 3. Aufl., § 16 EEG Rn. 60). Dementsprechend hat auch der Gesetzgeber für die in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 angeordnete Pflicht der Netzbetreiber zur Leistung von Abschlägen und deren Angemessenheit für den Regelfall (nur) an die geschätzte oder vorläufig berechnete Einspeisung anknüpfen wollen und zusätzlich darauf hingewiesen, dass diese Abschläge deshalb nur vorläufig sein können, weil die konkrete Vergütungs- und Bonushöhe zum Teil von Faktoren abhängt, die erst mit Ablauf eines Kalenderjahres berechnet werden können (BT-Drucks. 17/6071, aaO).
- 42
- d) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 kein Fälligkeitszeitpunkt für die zu leistenden Abschläge zu entnehmen ist und dass diese Regelungslücke durch § 271 Abs. 1 BGB auszufüllen ist mit der Folge, dass die hier zu leistenden Abschläge spätestens am Zehnten jedes auf die Einspeisung folgenden Monats fällig und zahlbar sind.
- 43
- aa) Anders als das Berufungsgericht meint, sind die in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 geregelten Abschläge jedoch nicht bereits als im Voraus fällig werdende Vorauszahlungen auf eine im Einspeisungsmonat erst noch zu erbringende Einspeiseleistung zu verstehen. Denn bei Abschlägen handelt es sich um einen in der Rechtssprache seit jeher gebräuchlichen und in Abgrenzung zu Vorauszahlungen verwendeten Begriff,durch den bereits erbrachte Leistungen vergütet zu werden pflegen, bei denen die genaue Vergütungshöhe mangels Abrechnung oder Abrechenbarkeit noch nicht feststeht (vgl. nur BGH, Urteile vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 373; vom 15. April 2004 - VII ZR 471/01, NJW-RR 2004, 957 unter II 1 a; BAG, NZA 1987, 485,
486).
- 44
- Dass der Gesetzgeber, der den Begriff des Abschlags - in Abgrenzung zum Begriff der Vorauszahlung für eine erst künftig zu erbringende Leistung (vgl. § 556 Abs. 2, § 760 Abs. 1 BGB, § 14 Abs. 1 StromGVV/GasGVV, § 28 Abs. 1 AVBWasserV/AVBFernwärmeV) - auch in anderem Zusammenhang für die (vorläufige) Zahlung aufgrund bereits (teilweise) erbrachter Leistungen verwendet , die noch endgültig abzurechnen sind (vgl. etwa §§ 632a, 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 13 StromGVV/GasGVV, § 25 AVBWasserV/AVBFernwärmeV), mit diesem nach dem Wortsinn eindeutigen Begriff im Rahmen von § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 ein abweichendes Verständnis verbinden wollte, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil wollte der Gesetzgeber mit der ausdrücklichen Regelung von Abschlagszahlungen im Gesetz eine bestehende Praxis klarstellend festschreiben (BT-Drucks. 17/6071, aaO), die dadurch geprägt war, dass Abschlagszahlungen - wie hier seit 2002 durch die Beklagte - nachlaufend in dem auf die Einspeisung folgenden Monat geleistet wurden (Empfehlung der Clearingstelle EEG 2012/6 vom 21. Juni 2012, aaO Rn. 34). Dementsprechend wird der Begriff des Abschlags auch im Anwendungsbereich des EEG mit Recht überwiegend in seinem überkommenen Sinne verstanden (Empfehlung der Clearingstelle EEG 2012/6 vom 21. Juni 2012 aaO Rn. 22 ff.; Säcker/ Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 49; Lehnert/Thomas, aaO Rn. 42; aA Sachsenhauser , IR 2013, 26, 27 f.).
- 45
- bb) Soweit der Gesetzgeber in § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 die Leistung von monatlichen Abschlägen vorgeschrieben hat, hat er - in Abgrenzung etwa zu quartalsweisen Zahlungen - deren Periodizität geregelt, aber keine Aussage dazu getroffen, zu welchem Zeitpunkt der Abschlag innerhalb des jeweiligen Zahlmonats zu erbringen ist (vgl. Säcker/Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 53). Dafür, dass der Gesetzgeber die Frage des Zahlungszeitpunkts bewusst offen gelassen hat, um den Netzbetreibern etwa das Recht einzuräumen, den Zahlungszeitpunkt innerhalb des Zahlmonats frei zu bestimmen, oder dass er diesen Punkt sonst gänzlich ungeregelt wissen wollte, bietet die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/6071, aaO) keinen Anhalt.
- 46
- Die so entstandene Regelungslücke ist deshalb durch Anwendung des in Betracht kommenden dispositiven Rechts, hier des § 271 Abs. 1 BGB, zu schließen. Denn für das gesetzlich regulierte Einspeiseschuldverhältnis (§ 7 EEG 2014, § 4 EEG 2012, § 4 EEG 2009, § 12 EEG 2004) mit seinem darin enthaltenen kaufrechtlichen Kern (vgl. Senatsurteile vom 26. November 2003 - VIII ZR 89/03, WM 2004, 745 unter II 2 a aa; vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 149/06, NJW 2007, 3637 Rn. 15; vom 6. April 2011 - VIII ZR 31/09, WM 2011, 1870 Rn. 31; ferner etwa Danner/Theobald/Oschmann, Energierecht, Stand 2014, § 4 EEG Rn. 15 mwN) hat es nach dem Willen des Gesetzgebers stets außer Zweifel gestanden, dass für Fragestellungen, die im EEG nicht oder nicht abschließend geregelt sind, auf das allgemeine Zivilrecht zurückzugreifen ist (vgl. BT-Drucks. 15/2864, S. 32, 45; 16/8148, S. 41, 46). Zu den danach heranzuziehenden Bestimmungen werden deshalb mit Recht etwa auch die in den §§ 269 f. BGB getroffenen Regelungen zum Leistungs- und Zahlungsort (Danner /Theobald/Oschmann, aaO; Hempel/Franke/Salje, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand Dezember 2012, § 16 EEG Rn. 9) oder in der vorliegenden Frage § 271 BGB gezählt (Säcker/Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 59; vgl. ferner Empfehlung der Clearingstelle EEG Nr. 2011/12 vom 9. Dezember 2011, Rn. 69, abrufbar unter https://www.clearingstelleeeg.de /empfv/2011/12).
- 47
- cc) Gemäß § 271 Abs. 1 BGB, der für Schuldverhältnisse aller Art gilt (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 271 Rn. 3; BeckOK-BGB/Lorenz, Stand März 2011, § 271 Rn. 3) und deshalb grundsätzlich auch bei periodisch wiederkehrenden Leistungspflichten anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 - IV ZR 230/12, BGHZ 196, 150 Rn. 17; Staudinger/Bittner, BGB, Neubearb. 2014, § 271 Rn. 27), ist eine Leistung sofort fällig, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch den Umständen zu entnehmen ist. Eine Bestimmung der Leistungszeit durch Parteivereinbarung oder durch Gesetz liegt hier nicht vor. Die deshalb mangels gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmung der Leistungszeit heranzuziehenden Umstände ergeben in dem vom Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerfrei angenommenen Sinn, dass die im Streit stehenden Abschlagszahlungen spätestens bis zum Zehnten des auf die Einspeisung folgenden Monats zu leisten sind.
- 48
- (1) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe das Zusammenspiel der (Abschlags-)Zahlungen im gesetzlich vorgeschriebenen Abwälzungsmechanismus verkannt, welches dadurch geprägt sei, dass die vom Übertragungsnetzbetreiber nach § 35 EEG 2012 an die Beklagte zu leistenden Zahlungen Voraussetzung für die an die Klägerin zu leistenden Abschlagszahlungen seien, um eine sonst systemwidrig eintretende Zwischenfinanzierungslast der Beklagten zu vermeiden. Außerdem habe das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auch die bei der Beklagten bestehenden Möglichkeiten einer Fälligstellung ihrer vom Übertragungsnetzbetreiber zu beanspruchenden Zahlungen unzutreffend beurteilt. Diese Rüge greift bereits im Ansatz nicht durch.
- 49
- Das Berufungsgericht hat unabhängig von seinen lediglich hilfsweise angestellten Überlegungen zu den Möglichkeiten des Netzbetreibers, seine vom Übertragungsnetzbetreiber zu beanspruchenden (Abschlags-)Zahlungen fällig zu stellen, ausgeführt, dass die Fälligkeit der vom Netzbetreiber an den Anlagenbetreiber zu zahlenden Abschläge weder von der Fälligkeit noch von der tatsächlichen Zahlung der vom Übertragungsnetzbetreiber an den Netzbetreiber zu zahlenden Abschläge abhänge. Das EEG sehe keine Regelung dahingehend vor, dass die Fälligkeit des Anspruchs nach § 16 Abs. 1 EEG 2012 von der Erfüllung des Anspruchs auf Abschlagszahlung nach § 35 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 abhängen solle; die Ansprüche seien vielmehr rechtlich voneinander unabhängig. Das trifft zu.
- 50
- Der von der Revision geforderte Gleich- oder sogar Nachlauf der Fälligkeiten der nach § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 vom Netzbetreiber einerseits und der nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 vom Übertragungsnetzbetreiber andererseits zu leistenden Abschlagszahlungen lässt sich - wie auch die Revisionserwiderung mit Recht anmerkt - aus dem Gesetz nicht herleiten. Im Gegenteil wurde - wie nunmehr sogar im Wortlaut des § 57 Abs. 1 EEG 2014 klargestellt - bereits der Vergütungsanspruch des Netzbetreibers gegen den Übertragungsnetzbetreiber nach § 35 Abs. 1 EEG 2012 und dem folgend der Anspruch auf Abschlagszahlungen nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EEG 2012 ganz überwiegend mit Recht nur als ein zur Abnahme- und Vergütungspflicht des aufnehmenden Netzbetreibers akzessorischer Erstattungsanspruch dahin aufgefasst, dass der aufnehmende Netzbetreiber vom Übertragungsnetzbetreiber nur das sollte erstattet verlangen können, was er zuvor selbst bereits an den Anlagenbetreiber für die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien vergütet hatte (Altrock in Altrock/Oschmann/Theobald, aaO, § 35 Rn. 13, 28; BeckOKEEG /Böhme, Stand Mai 2014, § 35 Rn. 6; jeweils mwN).
- 51
- (2) Nach der Auslegungsregel des § 271 Abs. 1 BGB sind die von der Beklagten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 EEG 2012 zu erbringenden Abschlagszahlungen deshalb sofort nach Ablauf jedes Einspeisemonats, jedenfalls aber dann fällig, wenn für die Beklagte nach den Umständen die Möglichkeit besteht, die Höhe der von ihr zu leistenden Abschläge aufgrund der dazu erforderlichen Nachweise zu ermitteln (Säcker/Thorbecke/Schumacher, aaO Rn. 60; vgl. auch BGH, Urteil vom 28. September 1989 - VII ZR 298/88, NJW 1990, 1170 unter 2 b; MünchKommBGB/Krüger, BGB, 6. Aufl., § 271 Rn. 30). Das ist - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - mangels eines Erfordernisses weiterer Nachweise (dazu vorstehend unter II 3 c) der Fall, wenn die Einspeisemenge durch Fernauslesung von der Beklagten erfasst worden ist. Denn dadurch wird die Beklagte in die Lage versetzt, an Hand der gemessenen Einspeiseleistung die in etwa angefallene Einspeisevergütung vorläufig zu berechnen und den sich danach ergebenden Betrag an die Klägerin auszuzahlen. Den hierzu von der Klägerin eingeräumten Zeitraum von zehn Tagen nach Ablauf des vorangegangenen Monats hat das Berufungsgericht ebenfalls ohne Rechtsfehler nach den Umständen für angemessen erachtet. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Bünger Kosziol
LG Kempten, Entscheidung vom 28.03.2013 - 21 O 1469/12 -
OLG München, Entscheidung vom 13.02.2014 - 14 U 1823/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist langjähriger Mieter einer Wohnung der Beklagten. In einem als Abmahnung gekennzeichneten Schreiben teilte die Beklagte dem Kläger im Sommer 2005 mit, dass sie eine Beschwerde erhalten habe, in der ihm zur Last gelegt werde, sich bei den Ruhezeiten nicht an die Hausordnung gehalten und durch ein häufig überlaut eingestelltes Fernsehgerät Mitmieter und Nachbarn erheblich gestört zu haben. Gleichzeitig forderte sie ihn zur Einhaltung der Hausordnung auf und drohte ihm für den Fall erneuter Beschwerde die fristlose Kündigung an. Dem tritt der Kläger, der solche Vorfälle bestreitet, entgegen und verlangt Beseitigung der Abmahnung, hilfsweise deren Unterlassung (erster Hilfsantrag) sowie weiter hilfsweise die Feststellung der Unrechtmäßigkeit der Abmahnung (zweiter Hilfsantrag).
- 2
- Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat mit der Vorinstanz ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers verneint und die Klage (als unzulässig) abgewiesen. Nach seiner Auffassung führt die mietvertragliche Abmahnung zu keiner rechtlichen Beeinträchtigung des Klägers, die einer gerichtlichen Inanspruchnahme bedürfe. Die Abmahnung solle den Mieter nur darüber informieren, welches tatsächliche Verhalten vom Vermieter missbilligt werde. Soweit die Abmahnung Tatbestandsvoraussetzung für ein mögliches weiteres Vorgehen des Vermieters im Falle von Zuwiderhandlungen sei, seien die Rechte des Mieters dadurch gewahrt, dass er etwa in einem späteren Kündigungsprozess die Möglichkeit habe, die Berechtigung der Abmahnung überprüfen zu lassen.
II.
- 5
- Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg. Hinsichtlich der Leistungsanträge auf Beseitigung und Unterlassung fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Den Feststellungsantrag hat das Berufungsgericht mit Recht als unzulässig angesehen.
- 6
- 1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Beklagten ausgesprochene Abmahnung, wie der Kläger geltend macht, unberechtigt war. Auch bei einer unberechtigten Abmahnung kann der Mieter vom Vermieter weder Besei- tigung noch Unterlassung der Abmahnung verlangen. Ein solcher Anspruch ist weder in §§ 535 ff. BGB noch sonst geregelt. Er lässt sich auch nicht aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB herleiten, weil eine unberechtigte Abmahnung den Mieter noch nicht in seinen Rechten verletzt.
- 7
- a) Bei der in §§ 541, 543 Abs. 3 BGB angesprochenen Abmahnung handelt es sich um eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, die darauf abzielt, der anderen Vertragspartei ein bestimmtes, als Vertragsverletzung beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen, und zwar verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten zur Vermeidung weiterer vertragsrechtlicher Konsequenzen aufzugeben oder zu ändern (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2006 - VIII ZR 364/04, NJW 2006, 1585, unter II 2 b; BGH, Urteil vom 18. November 1999 - III ZR 168/98, NZM 2000, 241, unter II 2; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 541 BGB Rdnr. 5 m.w.N.). Darin erschöpfen sich ihre gegenwärtigen Wirkungen für den abgemahnten Mieter. Insbesondere ändert die Abmahnung nichts daran, dass der Vermieter, wenn er sich in einem späteren Kündigungsrechtsstreit auf das abgemahnte Verhalten stützen will, durch die Abmahnung keinen Beweisvorsprung erlangt, sondern den vollen Beweis für die vorausgegangene Pflichtwidrigkeit zu führen hat.
- 8
- b) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich die arbeitsrechtliche Beurteilung zu den Folgen einer fehlerhaften Abmahnung nicht auf das Mietvertragsrecht übertragen. Im Arbeitsrecht wird dem Arbeitnehmer über § 242 BGB und eine entsprechende Anwendung von § 1004 BGB ein Beseitigungsanspruch gegen eine zu Unrecht erteilte Abmahnung zugebilligt (dazu BAG, NZA 1986, 227, 228; NZA 1997, 145, 146; NZA 2002, 965, 966). Grundlage der Zubilligung eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs gegen eine auf arbeitsrechtlichem Gebiet liegende Abmahnung sind die ausgeprägte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers sowie damit einhergehend weitgehende persönlich- keitsrechtliche Pflichtenbindungen. Diese sind im Mietvertragsrecht - wenn überhaupt - jedenfalls nicht in einer auch nur annähernd vergleichbaren Form anzutreffen (vgl. dazu MünchKommBGB/Häublein, 5. Aufl., § 535 Rdnr. 147 f. m.w.N.).
- 9
- 2. Das weiter hilfsweise erhobene Feststellungsbegehren, dass die von der Beklagten erteilte Abmahnung unberechtigt sei, ist unzulässig, weil es nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet ist. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage kann - abgesehen von der Echtheit einer Urkunde - nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Dazu können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten gehören, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGHZ 68, 331, 332; Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 21/91, WM 1991, 2081, unter II 1; BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, NJW 2000, 2280, unter 1 a). Hier geht es dem Kläger nicht darum, die mietvertragliche Zulässigkeit eines von ihm praktizierten Mietgebrauchs oder dessen durch die Abmahnung in Frage gestellte Grenzen klären zu lassen. Denn es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Kläger durch Verursachung von Lärm oder eine Nichteinhaltung der Ruhezeiten, wie es ihm in der Abmahnung angelastet wird, seine vertraglichen Pflichten verletzen würde. Er will mit seinem Feststellungsbegehren vielmehr die Tatsache geklärt wissen, ob er die ihm angelastete Verletzungshandlung begangen hat, um auf diesem Wege einen verbindlichen Ausspruch über die (Un-) Wirksamkeit der hierauf gestützten Abmahnung zu erlangen. Weder die von ihm zur Klärung gestellte Tatsache noch die Bewertung der hieran anknüpfenden Abmahnung als vertrags- oder rechtswidrig sind jedoch feststellungsfähig. Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
AG Köln, Entscheidung vom 22.03.2006 - 217 C 206/05 -
LG Köln, Entscheidung vom 03.05.2007 - 1 S 150/06 -
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist langjähriger Mieter einer Wohnung der Beklagten. In einem als Abmahnung gekennzeichneten Schreiben teilte die Beklagte dem Kläger im Sommer 2005 mit, dass sie eine Beschwerde erhalten habe, in der ihm zur Last gelegt werde, sich bei den Ruhezeiten nicht an die Hausordnung gehalten und durch ein häufig überlaut eingestelltes Fernsehgerät Mitmieter und Nachbarn erheblich gestört zu haben. Gleichzeitig forderte sie ihn zur Einhaltung der Hausordnung auf und drohte ihm für den Fall erneuter Beschwerde die fristlose Kündigung an. Dem tritt der Kläger, der solche Vorfälle bestreitet, entgegen und verlangt Beseitigung der Abmahnung, hilfsweise deren Unterlassung (erster Hilfsantrag) sowie weiter hilfsweise die Feststellung der Unrechtmäßigkeit der Abmahnung (zweiter Hilfsantrag).
- 2
- Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat mit der Vorinstanz ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers verneint und die Klage (als unzulässig) abgewiesen. Nach seiner Auffassung führt die mietvertragliche Abmahnung zu keiner rechtlichen Beeinträchtigung des Klägers, die einer gerichtlichen Inanspruchnahme bedürfe. Die Abmahnung solle den Mieter nur darüber informieren, welches tatsächliche Verhalten vom Vermieter missbilligt werde. Soweit die Abmahnung Tatbestandsvoraussetzung für ein mögliches weiteres Vorgehen des Vermieters im Falle von Zuwiderhandlungen sei, seien die Rechte des Mieters dadurch gewahrt, dass er etwa in einem späteren Kündigungsprozess die Möglichkeit habe, die Berechtigung der Abmahnung überprüfen zu lassen.
II.
- 5
- Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg. Hinsichtlich der Leistungsanträge auf Beseitigung und Unterlassung fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Den Feststellungsantrag hat das Berufungsgericht mit Recht als unzulässig angesehen.
- 6
- 1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Beklagten ausgesprochene Abmahnung, wie der Kläger geltend macht, unberechtigt war. Auch bei einer unberechtigten Abmahnung kann der Mieter vom Vermieter weder Besei- tigung noch Unterlassung der Abmahnung verlangen. Ein solcher Anspruch ist weder in §§ 535 ff. BGB noch sonst geregelt. Er lässt sich auch nicht aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB herleiten, weil eine unberechtigte Abmahnung den Mieter noch nicht in seinen Rechten verletzt.
- 7
- a) Bei der in §§ 541, 543 Abs. 3 BGB angesprochenen Abmahnung handelt es sich um eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, die darauf abzielt, der anderen Vertragspartei ein bestimmtes, als Vertragsverletzung beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen, und zwar verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten zur Vermeidung weiterer vertragsrechtlicher Konsequenzen aufzugeben oder zu ändern (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2006 - VIII ZR 364/04, NJW 2006, 1585, unter II 2 b; BGH, Urteil vom 18. November 1999 - III ZR 168/98, NZM 2000, 241, unter II 2; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 541 BGB Rdnr. 5 m.w.N.). Darin erschöpfen sich ihre gegenwärtigen Wirkungen für den abgemahnten Mieter. Insbesondere ändert die Abmahnung nichts daran, dass der Vermieter, wenn er sich in einem späteren Kündigungsrechtsstreit auf das abgemahnte Verhalten stützen will, durch die Abmahnung keinen Beweisvorsprung erlangt, sondern den vollen Beweis für die vorausgegangene Pflichtwidrigkeit zu führen hat.
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- b) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich die arbeitsrechtliche Beurteilung zu den Folgen einer fehlerhaften Abmahnung nicht auf das Mietvertragsrecht übertragen. Im Arbeitsrecht wird dem Arbeitnehmer über § 242 BGB und eine entsprechende Anwendung von § 1004 BGB ein Beseitigungsanspruch gegen eine zu Unrecht erteilte Abmahnung zugebilligt (dazu BAG, NZA 1986, 227, 228; NZA 1997, 145, 146; NZA 2002, 965, 966). Grundlage der Zubilligung eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs gegen eine auf arbeitsrechtlichem Gebiet liegende Abmahnung sind die ausgeprägte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers sowie damit einhergehend weitgehende persönlich- keitsrechtliche Pflichtenbindungen. Diese sind im Mietvertragsrecht - wenn überhaupt - jedenfalls nicht in einer auch nur annähernd vergleichbaren Form anzutreffen (vgl. dazu MünchKommBGB/Häublein, 5. Aufl., § 535 Rdnr. 147 f. m.w.N.).
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- 2. Das weiter hilfsweise erhobene Feststellungsbegehren, dass die von der Beklagten erteilte Abmahnung unberechtigt sei, ist unzulässig, weil es nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet ist. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage kann - abgesehen von der Echtheit einer Urkunde - nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Dazu können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten gehören, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGHZ 68, 331, 332; Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 21/91, WM 1991, 2081, unter II 1; BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, NJW 2000, 2280, unter 1 a). Hier geht es dem Kläger nicht darum, die mietvertragliche Zulässigkeit eines von ihm praktizierten Mietgebrauchs oder dessen durch die Abmahnung in Frage gestellte Grenzen klären zu lassen. Denn es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Kläger durch Verursachung von Lärm oder eine Nichteinhaltung der Ruhezeiten, wie es ihm in der Abmahnung angelastet wird, seine vertraglichen Pflichten verletzen würde. Er will mit seinem Feststellungsbegehren vielmehr die Tatsache geklärt wissen, ob er die ihm angelastete Verletzungshandlung begangen hat, um auf diesem Wege einen verbindlichen Ausspruch über die (Un-) Wirksamkeit der hierauf gestützten Abmahnung zu erlangen. Weder die von ihm zur Klärung gestellte Tatsache noch die Bewertung der hieran anknüpfenden Abmahnung als vertrags- oder rechtswidrig sind jedoch feststellungsfähig. Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
AG Köln, Entscheidung vom 22.03.2006 - 217 C 206/05 -
LG Köln, Entscheidung vom 03.05.2007 - 1 S 150/06 -
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.
(1) Die Versicherung umfasst auch die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die durch die Abwehr der von einem Dritten geltend gemachten Ansprüche entstehen, soweit die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist. Die Versicherung umfasst ferner die auf Weisung des Versicherers aufgewendeten Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das wegen einer Tat eingeleitet wurde, welche die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnte. Der Versicherer hat die Kosten auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorzuschießen.
(2) Ist eine Versicherungssumme bestimmt, hat der Versicherer die Kosten eines auf seine Veranlassung geführten Rechtsstreits und die Kosten der Verteidigung nach Absatz 1 Satz 2 auch insoweit zu ersetzen, als sie zusammen mit den Aufwendungen des Versicherers zur Freistellung des Versicherungsnehmers die Versicherungssumme übersteigen. Dies gilt auch für Zinsen, die der Versicherungsnehmer infolge einer vom Versicherer veranlassten Verzögerung der Befriedigung des Dritten diesem schuldet.
(3) Ist dem Versicherungsnehmer nachgelassen, die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden, hat der Versicherer die Sicherheitsleistung oder Hinterlegung zu bewirken. Diese Verpflichtung besteht nur bis zum Betrag der Versicherungssumme; ist der Versicherer nach Absatz 2 über diesen Betrag hinaus verpflichtet, tritt der Versicherungssumme der Mehrbetrag hinzu. Der Versicherer ist von der Verpflichtung nach Satz 1 frei, wenn er den Anspruch des Dritten dem Versicherungsnehmer gegenüber als begründet anerkennt.
Tenor
Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) werden verurteilt, an die Klägerin 900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 130 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG a.F. aus einer Bauleistungsversicherung, hilfsweise aus abgetretenem Recht.
3Die Eigentümerin und Bauherrin eines Hotel-, Büro- und Wellnesskomplexes in Düsseldorf, A-Straße, die A Objektgesellschaft Düsseldorf Dr. A KG (im Folgenden: A), schloss mit der Klägerin am 22.02.2002, mit Nachtrag vom 07.04.2003, eine Bauleistungsversicherung mit einer Versicherungssumme von 75.000.000,00 EUR für den vorgenannten Gebäudekomplex betreffend „Neubau-Gründung über Schlitzwandlamellen unterhalb der Primärstütze“. Wegen der Einzelheiten der Versicherungsleistung und der Bedingungen wird auf das Anlagenkonvolut K 16 verwiesen. Die A hatte die E& P Bauträger- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH (im Folgenden: B) mit der Ausführung der Bauleistung als Generalunternehmer beauftragt, die wiederum die Beklagte zu 1) mit Vertrag vom 23./26.08.2002 (Anlage K 8) mit der Erstellung der Baugrube und der Stützwand beauftragte. Die Beklagten zu 2) und zu 3) sind die Gesellschafter der Beklagten zu 1). Mit der Projektsteuerung hatte die A die Streithelferin zu 1) beauftragt, die mit Vertrag vom 21.12.2002 die Bauüberwachung übernahm. Zusätzlich hatte die A mit der Ingenieursozietät Prof. Dr. D GmbH (im Folgenden: Ingenieursozietät D) einen fachtechnischen Berater im Zusammenhang mit der Baugrube eingeschaltet. Die Rohbauarbeiten hatte die B bei der Firma Z GmbH (im folgenden Z) in Auftrag gegeben. Diese stellte an der Süd-Ost-Ecke der Baugrube einen Baukran auf. Über das Vermögen der zuletzt als Z Bauholding GmbH firmierenden vormaligen Streithelferin zu 2) der Klägerin wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet.
4Während des Voraushubs und der Schlitzwandarbeiten der Baugrube wurde ein alter Spundwandverbau angetroffen, der nicht vollständig gezogen werden konnte. Diesbezüglich fand am 09.01.2003 ein Ortstermin statt, worüber die Ingenieursozietät D als geotechnischer Berater ein Protokoll der Besprechung erstellte (Anl. K 9). Unter dem 23.01.2003 unterbreitete die Beklagte zu 1) einen schriftlichen Ausführungsvorschlag zu den geänderten Rahmenbedingungen (Anlage K 10), den die Ingenieursozietät D fachtechnisch prüfte und am 28.01.2003 bestätigte. Hiernach sollte der vorgefundene Spundbohlenverbau nach Freischälen der Spundbohlen von anhaftendem Erdmaterial in die Schlitzwand im süd-östlichen Eckbereich mit einbetoniert werden. In dem Begleitschreiben wies die Ingenieursozietät D auf mögliche Risiken hin und empfahl den Einbau von Verpreßschläuchen über die gesamte Spundbohlenlänge, die Erstellung eines Havariekonzeptes mit sofortigen Sicherheitsmaßnahmen im Falle von Undichtigkeiten und eine kontinuierliche Fachüberwachung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 11 verwiesen. Die Streithelferin zu 1) ordnete sodann mit Schreiben vom 30.01.2003 (Anlage K 82) gegenüber der Beklagten zu 1) die Umsetzung dieser Empfehlung an.
5Durch die Beklagten wurde im Zuge der Erstellung der Schlitzwand im fraglichen Eckbereich der Baugrube keine Verpreßschläuche eingebracht, sondern Manschettenrohre verwendet. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Lamellen der Schlitzwand nicht vollständig dicht hergestellt worden waren, erstellte der Oberbauleiter der Beklagten zu 2) am 23.04.2003 eine Arbeitsanweisung zum Umgang mit der Fehlstelle in der Schlitzwand mit folgendem Inhalt (Anlage K 12):
6 „Kontrolle der Fehlstelle auf Wasser- und Bodeneintritt
7 Sichern der Fehlstelle gegen möglichen Bodeneintritt durch Einschlagen von Hartholzkeilen mit entsprechendem Verfüllmaterial (Holzwolle oder gleichwertig)
8 baugrubenseitige Packerinjektion mit Hartschaum zur Verringerung des Wasserzuflusses
9 Anbringen von Stahlblechen, Breite ca. 0,5 - 0,8 m, Dicke ca. 15 mm über die gesamte Höhe des vertikalen Spaltes ca. 6 - 8 m
10 Tastbohrung (Kleinlochbohrung im Zuge des Anbringens der Stahlbleche zur Überprüfung gegebenenfalls vorhandener Kiesnester)
11 gegebenenfalls nach Injektion der Hohlräume zwischen Stahlplatte und Schlitzwandoberfläche
12 bei starkem Wasserzutritt in der Fehlstelle Wiederverfüllung mit Erdreich“
13Am 29.04.2003 kam es zu einem Kranunfall, bei dem der unmittelbar neben der Süd-Ost-Ecke der Baugrube befindliche Kran umstürzte und einen anderen Kran mitriss. Es kam zu erheblichem Personen-und Sachschaden.
14Die Parteien haben im Verfahren um die Haftung dem Grunde nach um die Verantwortlichkeit für das Umstürzen des Krans gestritten. Die Klägerin hat behauptet, die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) hätten am Schadenstag eine Spundwand vor der Schlitzwand unsachgemäß abgerissen, wo durch eine Fehlstelle in der Beton-Schlitzwand Grundwasser in die Baugrube eingedrungen sei. Dadurch sei es außerhalb der Baugrube zu einem erheblichen Bodenverlust im Bereich der Kranstützen gekommen, der zu einem Absacken der Kran-Stützpfähle und in unmittelbarer Folge zu einem Absacken des Kopfbalkens und des gesamten Krans geführt habe.
15Zur Untermauerung ihres Vortrags zur Schadensursache hat die Klägerin sich auf die Gutachten des von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf bestellten Sachverständigen Prof. Dr. X (Anl. K3), sowie das von der Bauherrin eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S (Anl. K2) bezogen.
16Die A zeigte den Schadensfall der Klägerin telefonisch am 29.04.2003 und am 19.05.2003 schriftlich an. Die Baubeteiligten erarbeiteten zusammen mit der Klägerin ein Konzept zur Sanierung der Baugrube. Zur Feststellung des Bauleistungsschadens ließ die Klägerin ein Gutachten des Sachverständigenbüros Rolf K. Stocken erstellen. Dieses Büro ermittelte einen Bauleistungsschaden i.H.v. 3,2 Millionen EUR. Die im Gutachten berücksichtigten Maßnahmen zur Sanierung betreffen zu einem erheblichen Teil Leistungen der Beklagten zu 1), z.B. Vereisung des Baugrundes, Abtragen der Notberme, Sicherung der Schlitzwand mittels Hochdruckinjektion- und Drüsenstahlverfahrens, ferner Leistungen der Firma Z GmbH in Bezug auf die Wiederherstellung der durch den Einsturz der Kräne bestätigten Konstruktion des Neubaus im 1. Bauabschnitt, Leistungen der Firma AA und CC für die Bergung der beiden Kräne sowie Kosten für geotechnische Untersuchungen und Ingenieur- und Sachverständigenleistungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung in der Klageschrift, Bl. 13 ff. d.A., sowie das Gutachten HH, Anl. K 6, verwiesen.
17Die Klägerin behauptet, sie habe 3,2 Millionen € an die Firma A ausgezahlt, damit diese die Schadenspositionen bei den jeweiligen Firmen bezahlen könne. Sie verlangt Schadensersatz in genannter Höhe aus von der Firma B übergegangenem, hilfsweise abgetretenem Recht. Mit Schriftsatz vom 22.04.2014 (Bl. 1753 ff. der Akten) hat die Klägerin eine Vereinbarung zwischen ihr, der Firma A und der Firma B vom 20./21.10.2005 vorgelegt, in der B an die Klägerin ihren Anspruch gegen die Beklagten auf Erstattung der Schäden wegen und in Höhe der durch die Klägerin an A erfolgten Zahlungen abtritt. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 110, Bl. 1756 ff. der Akten, verwiesen.
18Die Klägerin ist der Auffassung, die vom Sachverständigen HH angesetzten Beträge seien von der Bauleistungsversicherung erfasst und Ansprüche in entsprechender Höhe gemäß § 67 VVG a.F. auf sie übergegangen. In der Rechtsprechung sei allgemein anerkannt, dass in Fällen der Beschädigung von Leistungen eines Nachunternehmers vor Abnahme der Besteller im Rahmen der Drittschadensliquidation diesen Schaden gegenüber dem schädigenden Vertragspartner geltend machen könne. B stehe daher auch in diesen Fällen ein Schadensersatzanspruch aus § 4 Nr. 7 VOB/B gegen die Beklagte zu 1) zu. Dieser Schadensersatzanspruch entschädige den Schaden, für den die Klägerin aufgrund der Bauleistungsversicherung entsprechend ihre Zahlung erbracht habe und gehe daher gemäß § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN auf die Klägerin über.
19Die Klägerin beantragt,
20Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 3.200.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
21Die Streithelfer schließen sich dem klägerischen Antrag an.
22Die Beklagten beantragen,
23die Klage abzuweisen.
24Die Beklagten haben im Verfahren zur Haftung dem Grunde nach behauptet, sie hätten ihre Werkleistungen ordnungsgemäß und beanstandungsfrei erbracht. Die Vorgaben der Arbeitsanweisung vom 23.04.2003 seien durch die beschäftigten Arbeitnehmer der Beklagten durchweg eingehalten worden. Das Wegbiegen der Spundwand sei nicht schadensursächlich gewesen, weil zwischen Wassereintritt und Havarie des Kranes lediglich Sekunden gelegen hätten. Es sei physikalisch unmöglich, dass innerhalb dieser kurzen Zeitspanne ein erheblicher Bodenentzug hätte entstehen können.
25Andere Ursachen seien wahrscheinlicher. Der Wassereintritt sei auf eine oberhalb der Baugrube verlaufende Ringleitung zurückzuführen, die vor dem Unfallereignis gebrochen oder zumindest undicht gewesen sei. Ein Eintritt von Bodenmaterial nach dem Öffnen der Schlitzwandfuge sei nicht eingetreten. Entgegen der ursprünglichen Annahme sei der Baugrund nicht von mitteldichter bis dichter Lagerung gewesen, sondern habe eine lockere Lagerung aufgewiesen. Zudem seien vorhandene Bodendenkmäler und frühere Bautätigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das Versagen der Krangründung sei möglicherweise auf ein Zusammenspiel von verschiedenen Bauaktivitäten mit zunehmender Schiefstellung des Krans und orkanartigen Windverhältnissen am Schadenstag zurückzuführen. Durch Arbeiten mit einem Minibagger sei es zu Erschütterungen gekommen, die zu einer Minderung der Mantelreibung der Bohrpfähle geführt haben könnte. Der Unfall hätte bei Ausführung einer – unstrittig nicht ausgeführten – horizontalen Abstützung der Krangründung (sogenannte „Zerrplatte“) vermieden werden können.
26Die Beklagten haben zudem die Ansicht vertreten, dass sich in dem Unfall ein systemimmanentes Ausführungsrisiko verwirklicht habe, welches eine Haftung der Beklagten ausschließe. Aufgrund des nachträglich aufgefundenen Spundwandbaus sei ein erhöhtes Risiko von Fehlstellen zwischen der Schlitzwand und der Spundwand verblieben, welches allen Baubeteiligten bekannt gewesen sei. Der Klägerin sei anzulasten, dass die Bauherren auf ein anlässlich der Besprechung vom 09.01.2003 vorgeschlagenes Hochdruckinjektionsverfahren sowie auf die empfohlene Fachbauüberwachung aus Kostengründen verzichtet habe. Die Arbeitsanweisung vom 23.04.2003 stelle keine Umsetzung des geforderten Havariekonzeptes dar. Vorgenannte Maßnahmen seien von Seiten der Bauherren vorzunehmen gewesen, deren Unterlassung ein Mitverschulden begründe. Der Klägerin seien ebenfalls Verstöße des Bauherren gegen gesetzliche Arbeitsschutzbestimmungen anzulasten.
27Die Beklagten bestreiten ferner, dass die Klägerin die behaupteten Beträge an ihre Versicherungsnehmerin ausgezahlt habe. Die geltend gemachten Schadensbeseitigungs- und Wiederherstellungskosten seien zum Teil nicht von der Bauleistungsversicherung umfasst, weil z.B. Maßnahmen berücksichtigt worden seien, die nicht nur der Sanierung der Baugrube, sondern zur Erkundung der Schadensursache dienten. Die Beklagten sind der Ansicht, darunter fielen z.B. Maßnahmen der Vereisung und der Abtransport der Kräne auf ein Gelände der Staatsanwaltschaft. Teils seien Kosten abgerechnet worden, die die Bauherren bzw. die Bauträgerin B bereits in anderen Verfahren geltend mache. Eine Differenzierung zwischen den bereits anderweitig berücksichtigten Teilen der jeweiligen Rechnungen sei nicht möglich. Einzelne von der Klägerin anerkannte Leistungen hätten nichts mit dem Schadensfall zu tun. Jedenfalls sei dies nicht nachvollziehbar dargelegt. Teils behaupten die Beklagten, ein Reparaturbedürfnis habe nicht bestanden. Maßnahmen zur Erkundung des Baugrundes sei nicht vom Versicherungsumfang umfasst. Soweit die Klägerin meine, der von der Beklagten zu 1) selbst zur Sanierung der Baugrube berechnete Aufwand sei als Schadensersatz auf sie übergegangen, so sei dies schon insofern falsch, als die Beklagte zu 1) nicht Dritte im Sinne von § 67 Abs. 1 VVG sei. Sie sei vielmehr mitversicherten Nachunternehmerin im Sinne von § 3 Nr. 1 ABN. Die behördlichen Gebühren (Position 45 der Klage) seien als solche nicht von der Bauleistungsversicherung erfasst. Schließlich erheben sie die Einrede der Verjährung.
28Mit Grundurteil vom 15.06.2012 ist der Klage nach Einholung eines Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. GG, Anhörung der weiteren von den Parteien benannten (Privat-)-Sachverständigen sowie Vernehmung von Zeugen dem Grunde nach stattgegeben worden. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das OLG Köln mit Urteil vom 22.03.2013, 19 U 111/12, zurückgewiesen. Am 21.07.2014 hat das Gericht Beweisbeschluss erlassen (Bl. 1785 d.A.) und mit Beschluss vom 01.10.2014 Herrn Dipl.-Ing. MM zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Mit Beschluss vom 26.01.2015 ist die Ausführung des Beweisbeschlusses zunächst zurückgestellt worden und den Parteien sind Hinweise erteilt worden (Bl. 1842 ff. d.A.). Mit Beschluss vom 18.01.2016 ist der Beweisbeschluss vom 21.07.2014 aufgehoben worden.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die Klage ist zulässig, aber nur im Umfang von 900,00 € begründet.
32I.
33Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch aus von der Firma B übergegangenem Recht gemäß § 4 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002 i.V.m. § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN 2001 in Höhe von 900,00 EUR zu.
34Das Oberlandesgericht Köln hat mit Berufungsurteil vom 22.03.2013, Az.: 19 U 111/12, insoweit die Feststellungen der Kammer im Grundurteil vom 15.06.2012 gebilligt, dass die Klägerin den Anfall von Gebühren in dieser Höhe für nachträgliche Genehmigungen der Stadt Düsseldorf im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Schadensereignis substantiiert behauptet und die Beklagten diese Schadensposition nicht substantiiert bestritten hat. Weder in der Berufung, noch im weiteren Verfahrensverlauf nach Verkündung des Berufungsurteils haben die Beklagten dazu weitere Ausführungen gemacht.
35Der Anspruch gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) als Gesellschafter der Beklagten zu 1) ergibt sich in entsprechender Anwendung von § 128 HBG. Die gesamtschuldnerische Haftung ergibt sich aus § 128 S. 1 HGB.
36II.
37Ein darüber hinausgehender Zahlungsanspruch steht der Klägerin gegen die Beklagten nicht zu.
38Auf Grundlage des eigenen Sachvortrags der Klägerin ist ein Übergang nach § 67 VVG a.F. von etwaigen Ansprüchen der B gegen die Beklagten zu 1), 2) und 3) im Wege der cessio legis nicht erfolgt.
39Ausweislich der Klarstellung im klägerischen Schriftsatz vom 25.06.2015 (Bl. 1777 d.A.) verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Zahlungsanspruch primär aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG a.F. Lediglich hilfsweise verfolgt die Klägerin den Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht.
401.
41Der Klägerin stehen gegen die Beklagten keine Ansprüche aus übergegangenem Recht zu.
42Die Klägerin macht Ansprüche auf Schadensersatz aus von der Firma B übergegangenem Recht aus einer Bauleistungsversicherung gemäß § 4 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002 i.V.m. § 67 VVG a.F. sowie § 3 Nr. 3 ABN (nach den Versicherungsbedingungen gemäß Bauleistungsversicherungsvertrag vom 22.02.2001, Anlagenkonvolut K 16) geltend.
43Grundsätzlich gehen Ansprüche des Versicherungsnehmers – hier war die A-Objektgesellschaft Düsseldorf Vertragspartner des Bauleistungsversicherungsvertrages nach Antrag vom 03.04.2002 (Anlage K 16) – auf den Versicherer über. Bei Versicherung für fremde Rechnung kann dies allerdings auch für Ansprüche des Mitversicherten, hier also B, gegen die Beklagten aus § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B gelten.
44Nach § 76 Abs. 2 VVG a.F. ist der Versicherungsnehmer, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist, ebenfalls zur Entgegennahme der Versicherungsleistung befugt. Außerdem bestimmt § 16 Nr. 1 ABN, dass über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag abweichend von §§ 74 ff. VVG nur der Versicherungsnehmer verfügen kann. In diesem Fall geht grundsätzlich auch der Anspruch des Versicherten (B) auf den Versicherer über (allgemein zum Übergang des Anspruchs des Versicherten bei Versicherung für fremde Rechnung: BGH, VersR 1985, 753; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 86 Rn. 12 m.w.N.).
452.
46Dem Anspruchsübergang steht überwiegend entgegen, dass die Beklagte als mitversicherter Unternehmer selbst in den Versicherungsschutz der Klägerin einbezogen war und daher insoweit kein „Dritter“ ist, der vom Versicherer im Wege des Regresses in Anspruch genommen werden kann. Das betrifft sicher die Leistungen der Beklagten, derentwegen die Klägerin Schadensersatz in Höhe von netto 1.150.315,59 EUR verlangt. Wahrscheinlich sind weitere Positionen – mit Ausnahme des Schadens der Firma Z – betroffen. Hierzu können keine näheren Feststellungen getroffen werden, was zu Lasten der Klägerin geht.
47a)
48Gemäß § 67 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 3 ABN 2001 können nur solche Ansprüche übergehen, die sich auf den versicherten Schaden, der in den Schutzbereich der Bauleistungsversicherung fällt, beziehen. Der Übergang von Schadensersatzansprüchen kommt grundsätzlich nicht nur bei Schäden die durch außenstehende Dritte verursacht wurden in Betracht, sondern auch dann, wenn ein mitversicherter Unternehmer die Bauleistung eines anderen Unternehmens oder Nachunternehmers beschädigt (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 54 ff.).
49Die Klägerin geht zutreffend davon aus, dass aufgrund der Vereinbarung des § 3 ABN 2001 nicht nur der Bauherr als Versicherungsnehmer versichert ist, sondern auch weitere Auftraggeber und Nachunternehmer (vgl. BGH, NZBau 2003, 382). Neben der Versicherungsnehmerin A ist daher auch B mitversichert. Gleichermaßen ist aber auch die Beklagte zu 1) Mitversicherte der von A abgeschlossenen Bauleistungsversicherung, wie die Klägerin selbst einräumt. Auch wenn § 3 Nr. 3 ABN 2001 vorsieht, dass in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung Ansprüche, die dem Versicherungsnehmer oder einem versicherten Unternehmen im Zusammenhang mit einem entschädigungspflichtigen Schaden zustehen, auf den Versicherer auch dann übergehen, wenn sie sich gegen einen anderen Versicherten richten, ist damit über den konkreten Anspruchsübergang und dessen Umfang noch nichts besagt. Der Regress ist nämlich ausgeschlossen, soweit das versicherte Interesse der Beklagten zu 1) als mitversicherter Unternehmer gemäß § 3 Nr. 1 ABN 2001 betroffen ist.
50b)
51Das Interesse der Nachunternehmer ist grundsätzlich mitversichert (BGH, Beschluss vom 14.12.2003 – IV ZR 319/02 – juris; vorgehend OLG Köln, Urteil vom 13.08.2002 – 9 U 191/01 – juris). Der Mitversicherte ist nur in Ausnahmefällen Dritter im Sinne von § 67 Abs. 1 VVG a.F., namentlich dann, wenn bei einem Zusammentreffen von Eigen- und Fremdversicherung im konkreten Fall nur die Eigenversicherung eingreift oder wenn der Versicherer nicht dem Mitversicherten sondern – abweichend von § 75 VVG a.F. – nur dem Versicherungsnehmer gegenüber zur Leistung verpflichtet ist und an diesen leistet (vergleiche OLG Karlsruhe Versicherungsrecht 2000, 1360; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 86 Rn. 19 m.w.N.).
52Von einer Mitversicherung der Beklagten ist nach den vorgemachten Ausführungen vorliegend auszugehen. Nach § 3 ABN 2001 sind die Leistungen aller am Bau Beteiligten in den Versicherungsschutz einbezogen, also auch der Nach- und Subunternehmer (von Rintelen, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 2, Rn. 2). Die Rechte aus dem Versicherungsvertrag standen gem. § 75 Abs. 1 S. 1 VVG a. F. dem jeweiligen Versicherten zu. Klauseln, die – wie hier § 16 Nr. 1 ABN 2001 – das Verfügungsrecht über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag allein dem Versicherungsnehmer zuweisen, beeinträchtigen die Anspruchsinhaberschaft des Mitversicherten in der Fremdversicherung nicht (so: OLG Karlsruhe, a. a. O., zu § 11 Abs. 2 ARB 75). Maßgeblich ist mithin, in welchem Umfang das - aus Sicht des Versicherungsnehmers fremde - versicherte Interesse der Beklagten betroffen ist. Denn dort, wo dieses Interesse betroffen ist, kann der Anspruch nicht übergehen.
53Das versicherte Interesse der Beklagten bestimmt sich nach § 3 Nr. 1 und Nr. 2 ABN 2001 i.V.m. §§ 1, 2 und 9 ff. ABN 2001. Entschädigung wird demnach geleistet für Schäden, die zu Lasten des Versicherungsnehmers oder eines der beauftragten Unternehmer gehen. Beauftragte, mitversicherte Unternehmer sind nur bei Schäden an nicht selbst erstellten Bauleistungen – insoweit sind sie nicht mitversichert – einem Regress des Versicherers ausgesetzt (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 36). Die Mitversicherung ist – wenn Klausel 68, wie vorliegend, nicht vereinbart wurde – aufgrund des Rückgriffsanspruchs des Versicherers nach § 3 Nr. 3 ABN 2001, auf das jeweilige Gewerk des mitversicherten Unternehmers bezogen.
54c)
55Die Klägerin hat trotz entsprechenden Hinweises der Kammer schon nicht schlüssig dargetan, dass die geltend gemachten Schadenspositionen nicht das eigene Sachinteresse der Beklagten, also deren eigene, mitversicherte Bauleistung, namentlich das Ausheben der Baugrube nebst zugehöriger Leistungen, betreffen. Insoweit hätte es einer detaillierten Darlegung anhand der im Einzelnen durchgeführten Sanierungsarbeiten bedurft. Die Klägerin beschränkt sich indes darauf, lediglich zwischen Leistungen der Beklagten, welche diese aufgrund gesonderter Beauftragung durch B im Rahmen der Sanierungsarbeiten und darauf bezogener Nachträge erbrachte, einerseits, sowie Leistungen weiterer Unternehmen – darunter auch die Beklagte zu 3) – aufgrund besonderer Beauftragung im Rahmen der Sanierungsarbeiten zu differenzieren. Dabei stellt die Klägerin jeweils lediglich darauf ab, der Privatsachverständige HH habe in seinem Gutachten vom 8. 9. 2006 (Anl. K 6) festgestellt, dass es sich bei den ausgeführten Arbeiten und angefallenen Kosten um Bestandteile des Bauleistungsschadens gehandelt habe.
56Nähere Ausführungen dazu, wie die Zuordnung der einzelnen Schadenspositionen und Aufwendungen zum Bauleistungsschaden erfolgt ist, fehlen gänzlich. Das Gutachten HH erschöpft sich weitgehend in einer Auflistung der angefallenen Kosten und deren Berechnungsgrundlagen. Einzelheiten dazu, wie und weshalb bestimmte Positionen als Bauleistungsschäden zu qualifizieren seien, lassen sich dem Gutachten indes nicht entnehmen. Eine Zuordnung der Einzelpositionen zu den einzelnen mitversicherten Gewerken findet nicht statt. Der Privatsachverständige führt lediglich aus, dass die dem Bauleistungsschadens zuzuordnenden Kosten im Rahmen von Gesprächen mit Herrn Wischerhoff vom Ingenieurbüro LL am 23.08.2006 ermittelt und einvernehmlich festgelegt worden seien. Anhand welcher Parameter diese Ermittlung und Zuordnung erfolgte geht weder aus dem schriftsätzlichen Vortrag der Klägerseite hervor, noch aus dem Gutachten HH. In der Klageschrift (Bl. 13 ff. d.A.) wird lediglich pauschal auf „Feststellungen“ des Privatsachverständigen HH Bezug genommen. Diese pauschale Bezugnahme auf ein Privatgutachten zum Beleg des eigenen Sachvortrags ist bereits per se unzulässig, da sie nicht ausreichend konkret erfolgt. Feststellungen in der Sache wurden von dem Privatsachverständigen zudem offenbar gar nicht getroffen. Vielmehr hat er lediglich die ihm vorgelegten Rechnungen zusammengestellt und in Gesprächen mit dem Projektsteuerer, zunächst II Consulting, dann Ingenieurbüro LL sowie dem Rückversicherer (JJ & Company, Herr KK) Absprachen getroffen (Privatgutachten, Anlage K 6, S. 10 ff.). Die dabei ermittelten Schadenskosten differierten offenbar ganz erheblich (S. 11 d. Gutachtens). Schließlich sind das Sachinteresse der Beklagten an der eigenen, mitversicherten Leistung betreffende Wiederherstellungskosten offenbar mit eingeflossen (S. 13 d. Gutachtens), ohne dass hier genau differenziert wird.
57Eine Zuordnung der einzelnen Sanierungsmaßnahmen und Kostenpositionen zu den jeweiligen ursprünglichen Bauleistungen fehlt gänzlich. Eine Abgrenzung der versicherten Interessen im Sinne von § 3 ABN ist daher auf Grundlage des klägerischen Sachvortrags nicht möglich. Die Klägerin beschränkt sich bei den einzelnen Schadenspositionen jeweils darauf, anzugeben, dass diese „vom Bauleistungsschaden gedeckt/umfasst“ oder dem „Bauleistungsschaden zuzuordnen“ seien, ohne dies näher zu begründen. Mangels dezidierten Sachvortrags zu den versicherten Interessen sind die behaupteten Schadenspositionen einer Subsumtion und damit auch einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Soweit die Klägerin anführt, der Privatsachverständige HH habe dezidiert geprüft, welche Leistungen dem nach den nach den versicherungsvertraglichen Regelungen versicherten Interessen zuzuordnen seien und zum Nachweis auf dessen Gutachten vom 08.09.2006 verweist (Bl. 1898 d.A.), ergibt sich eine solche dezidierte Prüfung aus dem Gutachten gerade nicht. Der klägerische Vortrag erweist sich insoweit bereits als unschlüssig.
58d)
59Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie sei gemäß § 28 VVG a. F. gegenüber der Beklagten als Versichertem leistungsfrei, mit der Folge, dass sich die Beklagte nicht darauf berufen könne, als Mitversicherter nicht „Dritter“ im Sinne von § 67 VVG a. F. zu sein. Gemäß § 2 Nr. 1 ABN 2001 wird Entschädigung geleistet für unvorhergesehen eintretende Schäden an versicherten Bauleistungen oder an sonstigen versicherten Sachen. Unvorhergesehen sind Schäden, die weder der Auftraggeber noch der beauftragte Unternehmer oder deren Repräsentanten rechtzeitig vorhergesehen haben oder mit dem jeweils erforderlichen Fachwissen hätten vorhersehen können.
60Die Voraussetzungen einer Zurechnung grob fahrlässiger Verursachung des Versicherungsfalls an den Mitversicherten sind nicht gegeben. Grobe Fahrlässigkeit muss beim Versicherten oder seinen Repräsentanten vorliegen. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) sind indes nicht als Repräsentanten der Beklagten anzusehen. Die Repräsentantenstellung erfordert insoweit die Befugnis, selbstständig in nicht ganz unbedeutendem Umfang für den Versicherungsnehmer oder den Versicherten zu handeln (BGHZ 122, 250, 253; BGH VersR 1996, 1229, 1230). Der Repräsentant muss „risikotechnisch“ an die Stelle des Versicherungsnehmers treten. Regelmäßig werden Betriebsleiter von Bauunternehmen oder auch Baustellenleiter als Repräsentanten des Unternehmens angesehen. Keine Repräsentanten sind hingegen einfache Arbeiter oder auch der Polier (vergleiche Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 28 Rn. 121 mit nach weiteren Nachweisen; OLG Hamm VersR 2000, 1104). Hier ist grob fahrlässiges Verhalten des Betriebsleiters oder des Baustellenleiters nicht ersichtlich. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) waren lediglich mit bestimmten technischen Verrichtungen an der versicherten Sache betraut, indem sie am Nachmittag des 29.04.2003 mit Bagger und Hydraulikmeißel die noch verbliebenen Spundwandreste im Bereich der Ecke Königstraße/Telekomgebäude abrissen und es dadurch zu einer Öffnung in der Schlitzwand kam. Es handelte sich um einfache Arbeiter, möglicherweise Vorarbeiter. Sie besaßen innerhalb dieses begrenzten Wirkungskreises allenfalls eine gewisse Bewegungsfreiheit. Für solche Personen ist eine Repräsentantenstellung zu verneinen.
613.
62Gemäß § 3 Nr. 1 ABN 2000 wird Entschädigung geleistet für Schäden, die zu Lasten des Versicherungsnehmers oder eines der beauftragten Unternehmer gehen. Voraussetzung für den Anspruchsübergang ist folglich, dass der jeweilige Schaden zu Lasten gerade der Firma B geht und dass gerade B auch von der Klägerin entschädigt worden ist. Es muss folglich das eigene Interesse von B betroffen sein. Es kann nicht festgestellt werden, dass hinsichtlich der geltend gemachten Schadenspositionen das eigene Sachinteresse von B betroffen ist, was grundsätzlich hinsichtlich der Bauleistung, zu der sich B gegenüber A verpflichtet hat, der Fall wäre, soweit nicht nach den oben dargestellten Grundsätzen das Interesse eines anderen mitversicherten Unternehmens betroffen ist. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass B ein Schaden – als Voraussetzung für einen Anspruch nach § 4 Nr. 7 VOB/B 2002 gegen die Beklagten – entstanden ist. Namentlich hinsichtlich der Schadensposition Fa. Z in Höhe von 708.015,71 € ist kein Anspruch übergegangen. Auch im Übrigen kann ein Anspruchsübergang nicht festgestellt werden.
63a)
64Da die Klägerin Ansprüche aus übergegangenem Recht von B geltend macht, darf es sich nicht um das Interesse des Versicherungsnehmers selbst – A – oder anderer mitversicherte Unternehmer handeln.
65Mit Interesse wird die Wertbeziehung einer Person zu einer Sache gekennzeichnet. Bei der Bauleistungsversicherung wird dies maßgeblich durch § 644 BGB oder §§ 7, 12 Abs. 6 VOB/B bestimmt. So trägt etwa der Bauherr nach Werkvertragsrecht nicht die Gefahr für den zufälligen Untergang des Werkes vor der Abnahme (§ 644 BGB), es sei denn er befindet sich im Annahmeverzug.
66Vorliegend war eine Abnahme unstreitig nicht erfolgt, so dass §§ 644 BGB, 12 Abs. 6 VOB/B einschlägig ist. Dagegen trägt der Bauherr die Gefahr für die Fälle der höheren Gewalt oder anderer objektiv unabwendbarer Ereignisse nach § 7 VOB/B schon vor dem Zeitpunkt der Abnahme (vergleiche Rehm/Frömel, ABN/ABU, 3. Aufl. 2009, ABN A, § 3, Rn. 7). Dabei greifen die Regeln über die Gefahrtragung nur dann ein, wenn weder der eine noch der andere Vertragsteil für die vor Abnahme aufgetretene Beschädigung oder Zerstörung im Sinne eines Vertretenmüssens einzutreten hat. Wird die Leistung also durch einen abwendbaren, also vom Auftragnehmer oder vom Auftraggeber zu vertretenden Umstand fehlerhaft ausgeführt oder beschädigt oder zerstört, so liegt nicht ein Gefahrtragungstatbestand nach § 7 VOB/B vor, sondern es greifen die Grundsätze der Mängelbeseitigung nach § 4 Abs. 7 VOB/B oder für die Frage der sonstigen Haftung die in § 10 Abs. 1 VOB/B enthaltene Generalklausel ein (vergleiche Ingenstau/Korbion/Oppler, VOB, 18. Aufl. 2013, § 7 VOB/B Rn. 4 ff.).
67Voraussetzung für den Gefahrübergang vor Abnahme gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 VOB/B sind andere objektiv unabwendbare, vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände. Diese Voraussetzungen liegen nur dann vor, wenn sie nach menschlicher Einsicht und Erfahrung in dem Sinne unvorhersehbar sind, dass sie oder ihre Auswirkungen trotz Anwendung wirtschaftlich erträglicher Mittel durch die äußerste nach der Sachlage zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder in ihren Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden können. Danach ist ein Ereignis nicht schon dann unvorhersehbar, wenn es für den Auftragnehmer unabwendbar ist. Die Voraussetzungen sind vielmehr nur dann erfüllt, wenn das Ereignis objektiv, und zwar unabhängig von der konkreten Situation des betroffenen Auftragnehmers unvorhersehbar und unvermeidbar war.
68Bezogen auf den hier durch den umgestürzten Kran zerstörten Rohbau (Leistungen der Fa. Z), gilt somit, dass der Rohbauer weder gemäß § 10 Abs. 1 noch gemäß § 4 Abs. 7 VOB/B haftet, da er die von der Beklagten zu 3) zu vertretende Zerstörung nicht zu vertreten hat. B haftet dem Rohbauer seinerseits nicht gemäß § 10 Abs. 1 VOB/B, da sich der Generalunternehmer das Vertretenmüssen des einen Nachunternehmers im Verhältnis zum anderen Nachunternehmer nicht zurechnen lassen muss. Die Voraussetzungen von § 278 BGB liegen insoweit nicht vor (vergleiche BGH NJW 1985, 2475, 2476). Es greifen also die Gefahrtragungsregeln ein. § 7 Abs. 1 VOB/B ist nicht erfüllt, da es sich zwar um einen unvorhergesehen eingetretenen Schaden im Sinne von § 2 ABN handelt, nicht jedoch um einen „objektiv“ unabwendbaren Umstand. Die Gefahr trägt daher der Rohbauer gemäß § 644 BGB. Sein als Unternehmer mitversichertes Interesse ist betroffen (vgl. hierzu: Möller/Segger, in: Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2016, § 86, Rn. 86; Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, vor § 74, Rn. 59). Ihm stand ein eigener Anspruch als Mitversicherter in der Fremdversicherung gegen die Klägerin zu. Nicht betroffen ist hingegen das Interesse von B. Durch die Auszahlung der Versicherungsleistung an den Versicherungsnehmer kann ein Anspruch des mitversicherten Auftraggebers B nicht gemäß § 67 VVG a. F. übergegangen sein.
69b)
70Die Klägerin hat hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Schadenspositionen auch auf entsprechenden Hinweis der Kammer die Betroffenheit eines eigenen Interesses von B nicht dargetan. Soweit die Klägerin geltend macht, § 67 VVG a.F. und § 3 Nr. 3 ABN stellten für den Anspruchsübergang nicht auf das Bestehen eines versicherten Interesses des Anspruchsinhabers ab (Bl. 1894 d.A.), kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr können nur solche Ansprüche übergehen, die sich auf den versicherten Schaden, der in den Schutzbereich der Bauleistungsversicherung fällt, beziehen (Roos/Schmitz-Gagnon, Bauleistungsversicherung, ABN/ABU 2008, Stand: 12.12.2008, § 3, Rn. 55). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist daher für den Anspruchsübergang nicht allein entscheidend, dass der Versicherer aus dem Versicherungsvertrag eine Entschädigung erbracht hat, und daß überhaupt Bauleistungsschäden entstanden sind.
71Es hätte der Klägerin oblegen, detailliert darzulegen, dass gerade bei B Bauleistungsschäden entstanden sind, also inwieweit die entstandenen Schäden nicht dem mitversicherten Interesse des Bauherrn – A – oder anderer Auftragnehmer zuzuordnen sind. Eine derartige Zuordnung der geltend gemachten Schadenspositionen zu den Bauleistungen einzelner Unternehmer fehlt. Wegen der Einzelheiten kann auf die entsprechenden Ausführungen oben 2. c) verwiesen werden.
724.
73Die Klägerin kann sich zur Geltendmachung ihres Anspruchs auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsfigur der Drittschadensliquidation stützen.
74B hat vorliegend, wie die Klägerin auch selbst einräumt (Bl. 1897 d.A.) bzgl. der hier geltend gemachten Positionen keinen eigenen Schaden erlitten. Denn die mitversicherten Nachunternehmer von B waren aufgrund der in §§ 644 BGB, 12 Abs. 6 VOB/B niedergelegten Gefahrtragungsregelung vor Abnahme zur vergütungsfreien Wiederherstellung der von der Beklagten zu 1) beschädigten Bauleistungen verpflichtet. Der jeweilige Nachunternehmer musste die Leistung daher grundsätzlich ohne Bestehen eines (neuen) Vergütungsanspruchs gegenüber dem Besteller – hier B – neu erstellen, so dass dem Besteller auch kein (eigener) Schaden entstand.
75a)
76Die Drittschadensliquidation im Falle der obligatorischen Gefahrentlastung, § 644 BGB, ist ein anerkanntes Rechtsinstitut (vgl. BGH, NJW 1970, 38, 41; BGH IBRRS 2016, 0311; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 644, Rn. 15; Voit, in: Beck’scher Online-Kommentar, 37. Edition, Stand: 01.02.2015, § 644, Rn. 22; zweifelnd Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 249, Rn. 301 ff.).
77Alternative Lösungswege sind die Auffassung vom Objektschaden, die dem Rechtsgut unabhängig vom konkreten Schaden des Rechtsinhabers einen Wert zubilligt (vgl. Larenz, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 13. Aufl., § 27 IV, b 1; Hagen, JuS 1970, 442, 445) oder die Schadensbemessung nach wertenden Gesichtspunkten vornimmt (vgl. Büdenbender, NJW 2000, 986 ff.). Der Bundesgerichtshof (BGH, NJW 1984, 2569) hat auch einen Anspruch des die Gefahr tragenden Unternehmers auf der Grundlage der Besitzverletzung, § 823 Abs. 1 BGB, zugebilligt. Grundlage der Konstellation ist das Auseinanderfallen von „Verletztem“ und „Geschädigtem“ (BGH, NJW 1970, 38; Büdenbender, NJW 2000, 986 ff.; Weiss, JuS 2015, 8, 10 m.w.N.). Damit kommt der Frage, wer „Verletzter“ ist, maßgebliche Bedeutung zu.
78Im vorliegenden Fall kommen der Unternehmer (Fa. Z), der Besteller (B) und der Eigentümer (A) in Betracht. Der Unternehmer ist allenfalls im Besitz verletzt, der Eigentümer ist jedenfalls in seinem Eigentum verletzt. Ob der Besteller verletzt ist, erscheint zweifelhaft. Soweit ersichtlich wird die Verletzung des Eigentums als maßgeblich dafür angesehen, wer Inhaber des Anspruchs ist (BGH, NJW 1970, 38, 41; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 591; Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 249, Rn. 301 ff.; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 644, Rn. 15; Weiss, JuS 2015, 8, 11; Grüneberg, in: Plandt, BGB, 75. Aufl. 2016, vor § 249, Rn. 110; unklar: OLG Dresden, BeckRS 2007, 12001: „Besteller“; OLG München, NJW 2011, 3375, 3377: „Inhaber der verletzten Rechtsstellung“). Die Frage kann nicht dahinstehen, es muss nämlich eine Vervielfältigung des Schadens – oder genauer der Ersatzberechtigten für einen Schaden ausgeschlossen werden (vergleiche BGH IBRRS 2016, 0311; RGZ 170, 247, 250; Selb, NJW 1964, 1765, 1766). Der Anspruch kann also nur einem zustehen. Dies ist vorliegend A als Eigentümerin. Ihre Rechtsstellung ist unzweifelhaft verletzt. Der ihr gehörende Rohbau ist zerstört. § 4 Nr. 7 VOB/B hat hier zurückzutreten.
79Zwar ist die „Rechtsstellung“ des Bestellers insoweit betroffen, als die ihm gegenüber geschuldete vertragliche Werkleitung mangelhaft erbracht wurde. Dies erfüllt aber noch nicht die Anspruchsnorm. Diese setzt – anders als § 823 Abs. 1 BGB – schon tatbestandlich den Schaden voraus. Damit steht der Ersatzanspruch A zu.
80Die Gefahrentlastung eines Eigentümers führt nicht dazu, dass der Ersatzpflichtige frei wird, sondern der Eigentümer kann den sog. Drittschaden im eigenen Namen liquidieren (OLG Hamburg, MDR 1974, 668, 669; unter Verweis auf BGH, VersR 1972, 1138: zur Gefahrentlastung nach § 447 BGB). A kann den Drittschaden des Rohbauers liquidieren. B hat einen Anspruch gegen A auf Abtretung dieses Anspruchs, der Rohbauer wiederum einen Anspruch auf Abtretung des auf Abtretung gerichteten Anspruchs von B gegen A.
81Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 30.09.1969, Az.: VI ZR 254/67 (BGH, NJW 1970, 38), auf das sich die Klägerin maßgeblich beruft, und dem eine Fallkonstellation zugrunde liegt, in welcher ebenfalls Ansprüche aufgrund von § 67 VVG a.F. geltend gemacht werden, gerade ausgeführt, dass die Verneinung eines eigenen Ersatzanspruchs des geschädigten mitversicherten Nachunternehmers nicht zu einem unbilligen Ergebnis führt, da das geschädigte Unternehmen vom Besteller die Abtretung des Schadensersatzanspruchs verlangen könne, der diesem als Eigentümer und Vertragspartner zustehe (a.a.O. Rn. 28). Einen automatischen Anspruchsübergang cessio legis nach § 67 VVG a.F. konzediert der BGH indessen gerade nicht. Vielmehr lag in dem zu beurteilenden Sachverhalt eine Abtretung – ebenso wenig wie eine Ermächtigung zur Prozessführung – gerade nicht vor (a.a.O. Rn. 29). Von einer solchen Abtretung kann der Werkunternehmer die erneute Erbringung seiner Werkleistung abhängig machen.
82Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin angeführten Entscheidungen des OLG Dresden (Urteil vom 15.11.2005, Az.: 14 U 2368/04, BeckRS 2007, 12001) und des OLG Düsseldorf (NJW-RR 1996, 591). Das OLG Dresden stellt lediglich fest, dass, wenn wegen der Gefahrtragungsregel des § 644 Abs. 1 BGB die Konstellation eintritt, dass der Besteller zwar einen vertraglichen Anspruch aber keinen Schaden hat, da vor Abnahme die bereits erbrachte Werkleistung nochmals zu erbringen ist, ohne zum Ausgleich über einen Anspruch gegen den Schädiger zu verfügen, dies einen anerkannten Fall der Drittschadensliquidation bilde und der BGH in einem solchen Fall zumindest einen Anspruch auf Abtretung des Schadensersatzanspruchs des Bestellers bejaht habe.
83Das OLG Düsseldorf kam im dortigen Fall ebenfalls zu der Einschätzung dass der geschädigte Werkunternehmer im Wege der Drittschadensliquidation von dem Besteller lediglich die Abtretung des Schadensersatzanspruchs verlangen könne. Dass eine derartige Abtretung des Anspruchs von B an die jeweiligen geschädigten Nachunternehmer stattgefunden habe, wird von der Klägerin nicht behauptet und ist auch aus den Umständen nicht ersichtlich. Für einen Anspruchsübergang auf die Klägerin lässt sich aus den zitierten Entscheidungen entgegen der Auffassung der Klägerin also nichts herleiten.
84b)
85Entgegen der Auffassung der Klägerin führt eine derartige Risikoverteilung nicht zu einem unbilligen Ergebnis. Dass die hier gefundene Lösung sachgerecht ist, zeigt folgende Überlegung: Zur Schadensverlagerung vom Eigentümer auf einen Dritten kommt es nur aufgrund schuldrechtlicher Bestimmungen (§ 644 BGB). Der Mechanismus versagt, wenn der Ausgleich des Schadens des Eigentümers über die Neuherstellungsverpflichtung ausfällt, z. B. weil der Besteller und Auftragnehmer des Eigentümers insolvent wird, bevor das zerstörte Werk wiederaufgebaut ist. Würde man dem Besteller – hier B – den Anspruch zubilligen, würde er in die Insolvenzmasse fallen oder aber er wäre möglicherweise schon durch Zahlung an den Besteller oder den Unternehmer – Rohbauer – erfüllt, bevor das Werk neu errichtet ist. Der Drittschaden wäre dann „liquidiert“, ohne daß der Ersatzbetrag tatsächlich zur Schadensbehebung – beim Eigentümer – eingesetzt wird.
86Einen Anspruch könnte die Klägerin nur im Wege der Abtretung durch A geltend machen. Die Klägerin behauptet indes weder, einen Anspruch von A gegen die Beklagten unmittelbar im Wege der cessio legis gemäß § 67 VVG a.F. erworben zu haben, noch, A habe einen Anspruch an B abgetreten. Die Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 (Bl. 1756 ff. d.A.) beinhaltet ausweislich § 2 lediglich eine Abtretung von Ansprüchen von B an die Klägerin. Der Anspruch aus § 823 BGB ist folglich bei A verblieben.
875.
88Die vorstehenden Ausführungen betreffen allgemeine schadensrechtliche Gesichtspunkte. Darüberhinaus sind auch aus versicherungsrechtlicher Sicht besondere Voraussetzungen eines Anspruchsübergangs zu beachten. Neben der Frage des versicherten Interesses ist von Bedeutung, an welchen Versicherten oder für welchen Versicherten der Versicherer gezahlt hat. Aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BGH (BGH, NJW NJW 1970, 38, 41) ergibt sich, dass nur der Anspruch des Versicherten gemäß § 67 VVG a.F. übergeht, der vom Versicherer entschädigt worden ist. Dies ist dann der Fall, wenn an den Versicherten oder für den Versicherten geleistet ist. Die Klägerin hat nach eigenem Vorbringen an A gezahlt (vgl. Bl. 13 d.A.). A ist auch Versicherter. Damit ist, soweit das Interesse von A versichert ist, A entschädigt worden. Da A bereits Eigentümer des Rohbaus geworden war, ist jedenfalls auch das Interesse von A betroffen. Der Eigentümer hat ein versicherbares Interesse auch dann, wenn ein Dritter die Gefahr des zukünftigen Untergangs trägt (Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, vor § 74, Rn. 49). Da A als Versicherungsnehmer ermächtigt war, die Versicherungsleistung auch für die übrigen Versicherten entgegenzunehmen, § 78 Abs. 2 VVG a.F., würde ein Übergang von Ansprüchen von B gemäß § 67 VVG a.F. insoweit voraussetzen, daß die Klägerin „für“ B als Versicherten geleistet hat. Daß dies geschehen sei, kann nicht festgestellt werden. Auf die interne „Weiterleitung“ von A an B kann es nicht ankommen, da dies der Klägerin nicht zurechenbar ist. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe für die Leistungen der Fa. Z „ausgekehrt“ (Bl. 188 d.A.), würde dies bedeuten, daß sie an den Rohbauer für dessen wegen § 644 BGB mitversicherten Interesses gezahlt hat, nicht aber an B.
89III.
90Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gegen die Beklagten zu, soweit sie diesen Anspruch hilfsweise auf die Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 stützt (Anlage K 110, Bl. 17 56 ff. d.A.). Unabhängig von der Frage, ob der Inhalt des abgetretenen Anspruchs überhaupt das von der Klägerin verfolgte Anspruchsziel deckt, ist dieser Anspruch jedenfalls nicht mehr durchsetzbar.
91Ein Anspruch auf Grundlage der Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 ist nicht durchsetzbar, da ihm die Einrede der Verjährung entgegensteht. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin die von Beklagtenseite angegriffene Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung unterstellt, begann die Verjährung für die Geltendmachung dieses Anspruchs aus abgetretenem Recht gemäß §§ 196, 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Jahres 2005 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2008. Demgegenüber hat die Klägerin die Abtretungsvereinbarung im hiesigen Verfahren erstmalig mit Schriftsatz vom 22.04.2014 vorgelegt (Bl. 1756 ff. d.A.) und wiederum mit Schriftsatz vom 25.06.2014 (Bl. 1777 d.A.) erklärt, dass Ansprüche aus abgetretenem Recht aus dieser Abtretungsvereinbarung lediglich hilfsweise geltend gemacht werden.
92Durch die Erhebung der vorliegenden, ausweislich der Zustellungsurkunde am 08.07. und 09.07.2007 (Bl. 50 ff. d.A.) zugestellten und damit rechtshängig gewordenen Klage ist der Lauf der Verjährung für den auf die Abtretungsvereinbarung vom 21.05.2005 gestützten Zahlungsanspruch nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden.
93Nach der ständiger Rechtsprechung des BGH unterbricht die Erhebung der Klage nach § 204 Abs.1 Nr. 1 BGB die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch (BGH, NJW 2005, 2004; BGHZ 104, 6; BGH, NJW 1988, 1778; BGHZ 132, 240; BGH, NJW 1996, 117). Bei der Abtretung eines Anspruchs handelt es sich um einen anderen Lebenssachverhalt als beim originären Erwerb eines Rechts oder einem gesetzlichen Forderungsübergang. Stützt sich ein Kläger im Klagewege zunächst auf einen eigenen oder kraft Gesetzes übergegangenen Anspruch, so läuft die Verjährung des später, nach Ablauf der Verjährungsfrist, aufgrund einer Abtretung in den Prozess eingeführten Anspruchs weiter (vergleiche OLG Köln r + s 1997, 180, 182 f.). Danach ist hier durch die Erhebung der Klage keine Hemmung der Verjährung des in Rede stehenden Schadensersatzanspruchs aus Werkvertragsrecht i.V.m. der Abtretungsvereinbarung vom 21.10.2005 eingetreten. Die Klägerin verfolgt diesen Anspruch ausweislich des Schriftsatzes vom 25.06.2014 lediglich hilfsweise. In der Klageschrift hat sie den Anspruch dagegen zunächst aus eigenem, nach § 67 VVG a.F., § 3 Nr. 3 ABN übergegangenem Recht geltend gemacht. Damit hatte die ursprüngliche Klage einen anderen Streitgegenstand. In dem Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht liegt wegen der Änderung des dazu vorgetragenen Lebenssachverhalts ein Wechsel des Streitgegenstands im Sinne einer Klageänderung nach § 263 ZPO (BGH, NJW 2005, 2004; BGH, NJW 1996, 117).
94IV.
95Der Zinsanspruch ist nach §§ 291, 288 Abs. 2 ZPO bezogen auf den berechtigten Teil der Forderung gegeben.
96V.
97Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
98Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 2, 711 ZPO.
99Der Streitwert wird auf 3.200.000,00 EUR festgesetzt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin hat gegen die Versicherungsnehmerin des beklagten Haftpflichtversicherers Schadensersatzansprüche erhoben. Mit der Klage macht sie diese Schadensersatzansprüche und den Anspruch der Versicherungsnehmerin auf Deckungsschutz aus zwei von dieser bei der Beklagten unterhaltenen Betriebshaftpflichtversicherungen mit einer Deckungssumme von insgesamt 11 Mio. DM geltend. Den Verträgen liegen Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde, die den vom GDV empfohlenen Musterbedingungen - Stand Juni 1997 - entsprechen (abgedruckt bei Littbarski, Haftpflichtversicherung S. 22 ff.).
- 2
- Die Klägerin stellt Kolben für Automotoren her, die sie unter anderem an die V. AG und die A. AG liefert. Ab Juni 1999 beauftragte sie die Versicherungsnehmerin der Beklagten, die H. Metallveredelung GmbH (HMV), die Kolben durch einen Waschvorgang auf die anschließend von ihr selbst vorzunehmende Graphitbeschichtung vorzubereiten. Am 23. Dezember 1999 meldete die V. AG der Klägerin Motorschäden wegen defekter Kolben aus der Produktionszeit von Mitte Oktober bis Mitte November 1999. Die V. AG nahm die Klägerin wegen der Kosten für den Rückruf von Fahrzeugen und Reparaturen in Höhe von circa 39 Mio. DM in Anspruch.
- 3
- Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 meldete die Klägerin bei der HMV Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe an mit der Begründung, Ursache des Schadens sei ein fehlerhafter Waschvorgang, der zur Ablösung der Graphitschicht geführt habe. Die HMV leitete das Schreiben an die Beklagte weiter. Diese erbat von der HMV mit Schreiben vom 16. Februar 2000 nähere Auskünfte zum Schadenshergang. Abschließend fragte sie, weshalb der Erstbeitrag erst am 6. Dezember 1999 ausgeglichen worden sei, obwohl der Versicherungsschein bereits Anfang Oktober zugegangen sei. Ferner wies sie darauf hin, dass der Schaden an den Kolben als Bearbeitungsschaden nach § 4 I Nr. 6 b AHB nicht gedeckt sei. Am 30. März 2000 trat die HMV ihre Ansprüche auf Versicherungsschutz gegen die Beklagte an die Klägerin ab. Anfang April 2000 übersandte die HMV den Entwurf der gegen sie beabsichtigten Schadensersatzklage an die Beklagte. Mit Schreiben vom 10. April 2000 erbat diese von der HMV weitere Auskünfte und kündigte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadensursache an. Weiter wies sie darauf hin, dass für Lieferungen zwischen Erhalt des Versicherungsscheins und Zahlung des Erstbeitrags am 6. Dezember 1999 kein Versicherungsschutz bestehe. Hinsichtlich anderer Lieferungen bestehe Deckungsschutz nur unter der auflösenden Bedingung, dass die HMV nur deshalb für den Schaden hafte, weil sie die Klägerin in der Qualitätssicherungsvereinbarung vom Juni 1999 von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit habe. Der Ausschluss für Bearbeitungsschäden wurde erneut erwähnt. Schließlich wurde die HMV gefragt, ob sie mit einem Anwalt zusammenarbeite, den sie auch in dieser Sache beauftragen möchte. Am 8. Mai 2000 wurde der HMV die angekündigte Klage zugestellt, die sie der Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2000 zuleitete. Gleichzeitig teilte sie mit, bisher noch keinen Anwalt beauftragt zu haben, und stellte die Frage nach Unterstützung durch die Beklagte. Diese versprach mit Schreiben vom 16. Mai 2000 "bestmögliche Unterstützung" , die Untersuchungen durch den Sachverständigen würden noch laufen. Weiter heißt es, es sei allerdings unbedingt erforderlich, dass die HMV zur Wahrung der Fristen einen Anwalt mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen beauftrage. Sie solle mitteilen, welchem Rechtsanwalt sie das Mandat erteilt habe, damit eine Kontaktaufnahme möglich sei. Am 17. und 31. Mai 2000 telefonierte der Sachbearbeiter der Beklagten mit dem Geschäftsführer der HMV. Der Inhalt der Gespräche ist streitig.
- 4
- Da die HMV sich nicht anwaltlich vertreten ließ, erging am 29. Mai 2000 im schriftlichen Verfahren Versäumnisurteil, das beiden Parteien am 6. Juni 2000 zugestellt und nach Ablauf der Einspruchsfrist rechtskräftig wurde. Von der Zustellung des Versäumnisurteils informierte die HMV die Beklagte nicht. Die HMV wurde zur Zahlung eines Teilbetrages von 1.116.799 DM nebst Zinsen verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass sie jeden weiteren Schaden zu ersetzen habe, den die V. AG und die A. AG gegen die Klägerin wegen der Ablösung der Graphitbeschichtung der Kolben geltend mache. Aufgrund des Versäumnisurteils ließ die Klägerin die Ansprüche der HMV gegen die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungssumme pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Dadurch erfuhr die Beklagte vom Erlass des Versäumnisurteils. Mit Schreiben vom 24. Juli 2000 versagte sie den Versicherungsschutz wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 AHB mit der Begründung, die HMV habe entgegen ihrer Ankündigung keinen Anwalt mit der Abwehr der Ansprüche beauftragt und sie nicht von der Zustellung des Versäumnisurteils unterrichtet.
- 5
- Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung der vollen Deckungssumme von 11 Mio. DM, hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Schadensfalles Deckungsschutz aus beiden Versicherungsverträgen zu gewähren habe. Die Klägerin meint, aufgrund der Abtretung der Versicherungsansprüche vom 30. März 2000 und des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses könne sie die Beklagte unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen.
- 6
- Die Beklagte bestreitet die Verursachung des Schadens durch die HMV und beruft sich im Übrigen auf das Abtretungsverbot in § 7 Nr. 3 AHB und weist darauf hin, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Versicherungsansprüche nur in Höhe des Zahlungsanspruchs im Versäumnisurteil erfasse. Sie sei, wie im Ablehnungsschreiben vom 24. Juli 2000 ausgeführt, wegen Obliegenheitsverletzung von der Leistungspflicht frei. Die Hinnahme des Versäumnisurteils stelle zudem ein Anerkenntnis dar, das nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 5 AHB zur Leis- tungsfreiheit führe. Der Versicherungsschutz sei im Übrigen nach § 4 I Nr. 1 AHB ausgeschlossen, weil die Freistellung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB die Haftung der HMV über den gesetzlichen Umfang hinaus erweitert habe. In der die Produkthaftpflicht einschließenden Versicherung mit der Endnummer 095 bestehe wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie kein Versicherungsschutz. Schließlich sei sie wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei.
- 7
- Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 1.116.779 DM nebst Zinsen und dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag mit Ausnahme solcher Ansprüche stattgegeben, die Schäden an den von der HMV bearbeiteten Kolben selbst betreffen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 9
- Das I. Oberlandesgericht hält die Beklagte wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und 5 AHB für leistungsfrei.
- 10
- Die HMV habe die Weisung der Beklagten gemäß § 5 Nr. 3 AHB nicht beachtet, als sie das Versäumnisurteil vom 29. Mai 2000 gegen sich ergehen und nachfolgend habe rechtskräftig werden lassen. Darin liege zugleich ein Verstoß gegen das Anerkenntnisverbot nach § 5 Nr. 5 AHB. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte die HMV angewiesen habe, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen. Die Beklagte habe Versicherungsschutz nicht verweigert, sondern im Schreiben vom 16. Mai 2000 ausdrücklich bestmögliche Unterstützung zugesagt. Das weisungswidrige Verhalten der HMV, nämlich Nichteinschalten eines Rechtsanwalts, Nichtanzeige der Verteidigungsbereitschaft und Rechtskräftigwerdenlassen des Versäumnisurteils, verliere seine Eigenschaft als Obliegenheitsverletzung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb, weil die Beklagte abweichend von § 3 II AHB die Prozessführung vollständig auf die HMV übertragen hätte. Sie habe der HMV lediglich die Auswahl des Rechtsanwalts überlassen, um dem von ihr für möglich gehaltenen Vorwurf zu entgehen, durch die Wahl eines möglicherweise ungeeigneten Rechtsanwalts zu einem denkbaren existenzbedrohenden Prozessverlust beigetragen zu haben.
- 11
- Das II. hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zutreffend ausführt, den Inhalt der Leistungspflicht der Beklagten einerseits und der Obliegenheiten der HMV andererseits verkannt.
- 12
- 1. a) Die Leistungspflicht der Beklagten umfasst - wie allgemein in der Haftpflichtversicherung - nach § 3 II Nr. 1 AHB die Prüfung der Haftpflichtfrage , die Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie den Ersatz der Entschädigung, welche der Versicherungsnehmer aufgrund eines von dem Versicherer abgegebenen oder genehmigten Anerkenntnisses, eines von ihm geschlossenen oder genehmigten Vergleichs oder einer richterlichen Entscheidung zu zahlen hat. Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenso wie die Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche eine mit dieser gleichrangige Hauptleistungspflicht des Versicherers und nicht nur eine untergeordnete Nebenpflicht (BGHZ 119, 276, 281; Urteile vom 21. Januar 1976 - IV ZR 123/74 - VersR 1976, 477 unter I und vom 20. Februar 1956 - II ZR 6/55 - VersR 1956, 186 unter 2). Der Versicherer hat nicht das Recht, die mit der Abwicklung der Haftpflichtverbindlichkeiten verbundenen Mühen und Kosten auf den Versicherten abzuwälzen (BGHZ 15, 154, 159). Den Inhalt der Rechtsschutzverpflichtung hat der Senat in dem Urteil in BGHZ (119 aaO) wie folgt beschrieben: "Will er (der Versicherer) den Anspruch bestreiten, so muss er alles tun, was zu dessen Abwehr notwendig ist; er allein trägt die aus der Prüfung und Abwehr folgende Arbeitslast und Verantwortung. Demgemäß hat er im Haftpflichtprozess die Interessen des Versicherten so zu wahren, wie das ein von diesem beauftragter Anwalt tun würde. Weil grundsätzlich sein Abwehrinteresse dem des Versicherten entspricht, ist das im Regelfall unproblematisch. Wegen des umfassend versprochenen Rechtsschutzes gilt das aber sogar dann, wenn eine Kollision zwischen den Interessen des Versicherten und denen des Versicherers einmal nicht zu vermeiden ist. In diesem Fall muss der Versicherer seine eigenen Interessen hintanstellen. Nur diese weite Auslegung des Leistungsversprechens kann den mit der Haftpflichtversicherung bezweckten Schutz gewährleisten."
- 13
- umfassende Die Verantwortlichkeit des Versicherers für die Abwehr des Haftpflichtanspruchs ergibt sich insbesondere für den Fall des Rechtsstreits unmissverständlich aus weiteren Klauseln der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (z.T. anders in der Vermögensschaden -Haftpflichtversicherung, vgl. Voit/Knappmann in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. AVBVermögen/WB § 5 Rdn. 3 § 1 Rdn. 1). Nach § 3 II Nr. 3 AHB führt der Versicherer den Rechtsstreit im Namen des Versicherungsnehmers auf seine Kosten. Den Versicherungsnehmer trifft die Obliegenheit, die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen, dem von dem Versicherer bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder dem Versicherer für nötig gehaltenen Aufklärungen zu geben (§ 5 Nr. 4 AHB). Zur Disposition über den Haftpflichtanspruch durch Anerkenntnis oder Befriedigung ist der Versicherungsnehmer ohne vorherige Zustimmung des Versicherers nicht berechtigt (§ 5 Nr. 5 AHB). Nach § 5 Nr. 7 AHB gilt der Versicherer als bevollmächtigt, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 - IV ZR 329/05 - VersR 2006, 1676 unter II 2 c). Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, hat er dies dem Versicherer nur unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB), alles Weitere ist Sache des Versicherers, insbesondere die Auswahl und Beauftragung des Rechtsanwalts auf seine Kosten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1963 - II ZR 71/61 - VersR 1963, 421 unter III).
- 14
- b) Der Versicherer, der seiner so beschriebenen Rechtsschutzverpflichtung nicht nachkommt, verhält sich vertragswidrig.
- 15
- aa) Ist der Versicherer von seiner Leistungsfreiheit überzeugt und lehnt er den Deckungsschutz vorbehaltlos ab, lässt er dem Versicherungsnehmer konkludent zur Regulierung freie Hand und gibt seine umfassende Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf (BGHZ 119, 276, 282). Die Gefahr, bei dieser freien Entscheidung die Deckungspflicht unrichtig zu beurteilen, kann er nicht auf den Versicherungsnehmer abwälzen. Er kann nicht gleichzeitig einerseits sich seiner vertraglichen Hauptpflicht entledigen, den Versicherungsnehmer von der Führung und den Folgen des Haftpflichtprozesses zu befreien, und andererseits dennoch in Anspruch nehmen, an das Ergebnis des notgedrungen vom Versicherungsnehmer allein geführten Haftpflichtprozesses nicht gebunden zu sein. Nach Leistungsablehnung hat der Versicherungsnehmer auch keine Obliegenheiten mehr zu erfüllen (BGHZ 107, 368, 370 f.; BGH, Urteile vom 7. November 1966 - II ZR 12/65 - VersR 1967, 27 unter III und vom 21. Februar 1963 aaO; Prölss in Prölss/Martin , aaO § 6 Rdn. 33).
- 16
- bb) Hat der Versicherer ernsthafte Anhaltspunkte für seine Leistungsfreiheit , kann er aber wegen noch unklarer Sachlage darüber nicht abschließend befinden, muss er sich entscheiden, ob er Deckungsschutz gewährt oder nicht, und seine Entscheidung dem Versicherungsnehmer bekannt geben. Der Versicherer kann seiner Rechtsschutzverpflichtung in einer solchen Lage auch dadurch genügen, dass er den Rechtsschutz übernimmt unter dem Vorbehalt, die Deckung je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses abzulehnen (BGH, Urteile vom 20. September 1978 - IV ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I und vom 7. November 1966 aaO).
- 17
- Dagegen cc) stellt es keine ordnungsgemäße Erfüllung der Rechtsschutzverpflichtung dar, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber leistungsbefreiende Umstände ins Feld führt, den Versicherungsnehmer aber im Unklaren darüber lässt, ob er Deckungsschutz erhält. Seine Entscheidung darüber hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer unverzüglich, spätestens aber dann mitzuteilen , wenn er die Anzeige von der gerichtlichen Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs nach § 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB erhalten hat. Der Versicherer weiß, dass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt dringender Handlungsbedarf besteht, weil dem Versicherungsnehmer allein wegen Fristablaufs Rechtsnachteile in Gestalt eines Vollstreckungsbescheids oder Versäumnisurteils drohen. Deshalb hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt, später je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses Leistungsfreiheit geltend zu machen. Gibt der Versicherer eine solche Erklärung nicht ab, nimmt er seine Pflicht zur Abwehr des Anspruchs nicht wahr und gibt damit zugleich seine Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf. Er ist deshalb, solange er seiner Rechtsschutzverpflichtung nicht bedingungsgemäß nachkommt, so zu behandeln, als habe er dem Versicherungsnehmer zur Regulierung freie Hand gelassen. Der Versicherungsnehmer ist demgemäß auch nicht mehr obliegenheitsgebunden. Die Versicherungsbedingungen gestatten es dem Versicherer nicht, sich einer klaren Entscheidung über seine Verpflichtung zum Rechtsschutz zu enthalten, den Versicherungsnehmer darüber im Ungewissen zu lassen und die Arbeits- und Kostenlast sowie das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf ihn abzuwälzen, sich aber gleichwohl vorzubehalten , an die Regulierungsentscheidung des Versicherungsnehmers nicht gebunden zu sein, ihn an seinen Obliegenheiten festzuhalten und sich über die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten hinaus wegen mangelhafter oder weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit zu berufen.
- 18
- c)DenParteien des Versicherungsvertrages ist es allerdings nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht verwehrt, nach Erhebung des Anspruchs auf Deckungsschutz von den Bedingungen abweichende Vereinbarungen darüber zu treffen, wie die Leistungspflicht des Versicherers erfüllt werden soll. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Versicherer nach Treu und Glauben gehalten ist, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Die Abwehrfunktion der Haftpflichtversicherung ist unter den Versicherungsnehmern nicht immer genügend bekannt (Littbarski, Haftpflichtversicherung Vorbemerkungen Rdn. 48). Insbesondere ist für den Versicherungsnehmer nur schwer durchschaubar, was die Abwehrverpflichtung im Einzelnen bedeutet. Gewährt der Versicherer Versicherungsschutz , will er aber die Abwehr des Anspruchs (ganz oder teilweise) in die Hand des Versicherungsnehmers legen, hat er darüber aufzuklären, dass die Gewährung von Rechtsschutz nach dem Vertrag Sache des Versicherers ist, er den Prozess zu führen und den Anwalt auszuwählen, zu beauftragen und zu bezahlen hat (vgl. zu Vereinbarungen über die Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung die Senatsurteile vom 7. Februar 2007 - IV ZR 244/03 - zur Veröffentlichung vorgesehen - und vom 12. November 2003 - IV ZR 173/02 - VersR 2004, 96 unter II 1 b). Nur so ist der Versicherungsnehmer in der Lage, verantwortlich darüber zu entscheiden, auf welche Beschränkungen seiner vertraglichen Rechte er sich einlassen will. Übernimmt der Versicherungsnehmer vereinbarungsgemäß die Prozessführung, gilt für eine Verletzung von Sorgfaltspflichten dann nicht das Recht der Obliegenheiten, sondern das allgemeine Schadensersatzrecht (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, aaO § 5 AHB Rdn. 2). Denn insoweit hat er sich nur verpflichtet, die Aufgabe des Versicherers zu übernehmen.
- 19
- Die 2. Beklagte hat ihre Pflicht zur Abwehr des Haftpflichtanspruchs in grober Weise verletzt und ist deshalb so zu behandeln, als habe sie der HMV freie Hand zur Regulierung gelassen. Demgemäß ist sie an das rechtskräftige Versäumnisurteil gebunden und kann sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und Nr. 5 AHB berufen. Auch der Vorwurf, die HMV habe in kollusivem Zusammenwirken mit der Klägerin die Beklagte vorsätzlich geschädigt , ist nicht berechtigt.
- 20
- a) Die HMV hatte ihre Obliegenheiten zur Anzeige des Versicherungsfalles und der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs rechtzeitig und vollständig erfüllt. Sie hatte damit alles getan, damit die Beklagte ihrer Verpflichtung nachkommen konnte, einen Rechtsanwalt auszuwählen und zu beauftragen und den Prozess im Namen der HMV zu führen. Diese wäre auf Verlangen der Beklagten gehalten gewesen, dem Anwalt Vollmacht und die nötige Aufklärung zu erteilen. Im Schreiben vom 8. Mai 2000, dem die Klageschrift beigefügt war, hat die HMV in laienhafter Weise um Unterstützung, also für die Beklagte erkennbar um Deckungsschutz gebeten. Beim Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten, den Zeugen de J. , erneut um Rechtsschutz gebeten, wie dessen Aussage vor dem Oberlandesgericht zu entnehmen ist.
- 21
- b) Diesem Ersuchen gegenüber hat sich die Beklagte pflichtwidrig verhalten. Sie hat sich bei der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung des Erstbeitrags berufen (dazu unten III. 1.). Weiterhin hat sie sich ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit nach § 4 I Nr. 1 AHB wegen der Befreiung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB berufen (dazu unten III. 2.). Im Schreiben vom 16. Mai 2000 hat die Beklagte zwar bestmögliche Unterstützung zugesagt, die HMV aber bedingungswidrig angewiesen, selbst einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen zu beauftragen. Die bestmögliche und allein vertragsgemäße Unterstützung hätte darin bestanden, dass die Beklagte den Anwalt beauftragt und die Prozessführung übernimmt. Bei dem Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten gefragt, wie sich aus dessen Zeugenaussage ergibt, ob nicht die Beklagte den Rechtsanwalt bestellen und einen Spezialisten benennen könne. Dies hat der Zeuge mit der Begründung abgelehnt, er habe einen solchen auch nicht nennen können. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge, Abteilungsleiter der Beklagten und selbst Rechtsanwalt, dazu nicht in der Lage gewesen ist. Diese erneute Weigerung der Beklagten, selbst einen Anwalt zu beauftragen oder auch nur zu benennen, schließt es aus, darin ein Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung zu sehen, die Auswahl des Anwalts der HMV zu überlassen. Die Beklagte hat vielmehr wie schon im Schreiben vom 16. Mai 2000 die Auswahl und die Beauftragung des Anwalts vertragswidrig einseitig der HMV zugeschoben. Der Zeuge de J. hat dies damals selbst so gesehen. In seinem Aktenvermerk vom 19. Juni 2000 über das Gespräch vom 17. Mai 2000 ist nicht von einer einvernehmlichen Regelung die Rede, sondern von einer "Entscheidung" der Beklagten, mit der der Geschäftsführer der HMV "nicht ganz glücklich" gewesen sei, sie also nur notgedrungen hingenommen hat. Auch das Berufungsgericht stellt kein Einvernehmen fest, sondern spricht von Weisungen der Beklagten und wertet die Nichteinschaltung eines Anwalts als weisungswidriges Verhalten der HMV. Fehlt es schon an einer Vereinbarung , kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte sich darauf mangels der gebotenen Aufklärung (s.o. unter II 1 c) nicht zum Nachteil der HMV berufen könnte.
- 22
- c) Dieses Verhalten der Beklagten legt es nahe, darin schon eine verschleierte Ablehnung des Deckungsschutzes zu sehen mit den sich daraus ergebenden Folgen. So hat es der Geschäftsführer der HMV nach seinen Bekundungen auch verstanden.
- 23
- Jedenfalls aber hat die Beklagte in einem Zeitpunkt, in dem dringender Handlungsbedarf bestand, der HMV nicht unmissverständlich erklärt , ob sie ihre Rechtsschutzverpflichtung erfüllt oder dies ablehnt. Sie hat damit die Arbeits- und Kostenlast und das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf die HMV abgewälzt. Den Weg, sich gleichwohl wegen weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit berufen zu können , konnte sie sich damit nicht frei halten.
- 24
- III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen ganz oder teilweise als richtig dar.
- 25
- 1. Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie in der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung , bei der der Versicherungsfall vor Zahlung der Erstprämie eingetreten sein soll. Das Landgericht hat die Berufung auf Leistungsfreiheit mit Recht an der fehlenden Belehrung scheitern lassen. Der Versicherungsantrag stammt vom 17. Dezember 1998, ab 1. Januar 1999 hatte die Beklagte unstreitig vorläufige Deckung zugesagt. Der Versicherungsschein ist erst mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 übersandt worden. Die Rechnung selbst enthält nicht einmal einen Hinweis darauf, bis wann die Erstprämie zu zahlen ist, naturgemäß deshalb auch keine Belehrung über die Folgen verspäteter Zahlung. Im Versicherungsschein ist nur die übliche erweiterte Einlösungsklausel enthalten, wonach der Versicherungsschutz erst mit Zahlung der Erstprämie beginnt. Sollte also der materielle Versicherungsschutz aus dem Hauptvertrag erst mit Zahlung der Erstprämie, wie üblich, beginnen, endete auch die vorläufige Deckung erst in diesem Zeitpunkt. Eine Belehrung darüber, welche Rechtsfolgen eine verspätete Prämienzahlung für die vorläufige Deckung hat, ist nicht erteilt worden. Deshalb kann sich die Beklagte, wie ihrem Sachbearbeiter hätte bekannt sein müssen, nicht auf Leistungsfreiheit nach § 38 Abs. 2 VVG berufen (st. Rsp. des Senats, zuletzt Urteil vom 26. April 2006 - IV ZR 248/04 - VersR 2006, 913 unter II 2; zum Beginn des materiellen Versicherungsschutzes erst mit Zahlung der Erstprämie BGHZ 47, 352, 354 und Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - IV ZR 328/93 - VersR 1995, 409 unter 2 b aa). Die vorläufige Deckung endete nicht schon mit dem formellen Versicherungsbeginn, also dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
- 26
- 2. Die Beklagte hält sich zu Unrecht nach § 4 I Nr. 1 AHB für leistungsfrei , weil die HMV die Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit hat und dadurch eine über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht hinausgehende Zusage gemacht habe. Das Waschen der Kolben ist ein reiner Werkvertrag. Darauf sind die §§ 377, 381 Abs. 2 HGB nicht anzuwenden (BGH, Urteile vom 9. Oktober 2001 - X ZR 58/00 - CR 2002, 93 unter II 2 und 3 und vom 4. Februar 1992 - X ZR 105/90 - NJW-RR 1992, 626 unter I 2). Auch dies hätte der Sachbearbeiter der Beklagten ohne weiteres feststellen können.
- 27
- 3. Die Beklagte ist auch nicht nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Die Klägerin klagt in zulässiger Weise auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2000 - IV ZR 223/99 - VersR 2001, 90 unter 2 a). Diese rechtzeitig erhobene Klage hat die Frist gewahrt (siehe dazu auch Voit/Knappmann, aaO § 156 Rdn. 1 und Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 156 Rdn. 1). Dem Landgericht ist auch in diesem Punkt zuzustimmen.
- 28
- 4. Die Abtretungserklärung der HMV vom 30. März 2000 enthält kein verbotenes Anerkenntnis, sondern beschreibt nur den Haftungsgrund , wie das Landgericht auf S. 20 seines Urteils zutreffend ausgeführt hat.
- 29
- IV. Im Übrigen ist die Sache mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheidungsreif und deshalb zurückzuverweisen.
- 30
- Antrag Zum der Klägerin auf Zahlung in Höhe der vollen Deckungssumme wird auf Folgendes hingewiesen:
- 31
- Auf Zahlung kann die Klägerin die Beklagte nur in Anspruch nehmen , wenn sie durch Pfändung und Überweisung oder Abtretung an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, also Haftpflichtanspruch und Versicherungsanspruch sich bei ihr in einer Hand vereinigt haben (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 1980 - IV ZR 39/78 - VersR 1980, 522 unter I; vom 12. März 1975 - IV ZR 102/74 - VersR 1975, 655 unter 1 und vom 17. März 2004 - IV ZR 268/03 - VersR 2004, 634 unter II 2).
- 32
- 1. Das ist hier hinsichtlich des Zahlungsausspruchs des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess i.V. mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Fall. Der Feststellungsausspruch des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess ist nicht vollstreckungsfähig, kann also nicht zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss führen.
- 33
- 2. Die Abtretung vom 30. März 2000 verstößt gegen das Abtretungsverbot des § 7 Nr. 3 AHB. Die Ablehnung des Deckungsschutzes mit Schreiben vom 24. Juli 2000 ist keine endgültige Feststellung des Versicherungsanspruchs, um den allein es geht (Senatsurteil vom 26. März 1997 - IV ZR 137/96 - VersR 1997, 1088 unter 5 c). Das Abtretungsverbot kann nicht durch gewillkürte Prozessstandschaft umgangen werden. Ob die Berufung der Beklagten auf das Abtretungsverbot rechtsmissbräuchlich ist, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen.
- 34
- Das Abtretungsverbot scheitert nicht an § 354a HGB, weil es sich bei dem Anspruch auf Deckungsschutz in der Haftpflichtversicherung nicht um eine Geldforderung handelt (vgl. MünchKomm-HGB/Karsten Schmidt, § 354a Rdn. 6).
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 19.10.2001 - 9 O 11050/00 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 16.06.2003 - 8 U 3959/01 -
Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin hat gegen die Versicherungsnehmerin des beklagten Haftpflichtversicherers Schadensersatzansprüche erhoben. Mit der Klage macht sie diese Schadensersatzansprüche und den Anspruch der Versicherungsnehmerin auf Deckungsschutz aus zwei von dieser bei der Beklagten unterhaltenen Betriebshaftpflichtversicherungen mit einer Deckungssumme von insgesamt 11 Mio. DM geltend. Den Verträgen liegen Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde, die den vom GDV empfohlenen Musterbedingungen - Stand Juni 1997 - entsprechen (abgedruckt bei Littbarski, Haftpflichtversicherung S. 22 ff.).
- 2
- Die Klägerin stellt Kolben für Automotoren her, die sie unter anderem an die V. AG und die A. AG liefert. Ab Juni 1999 beauftragte sie die Versicherungsnehmerin der Beklagten, die H. Metallveredelung GmbH (HMV), die Kolben durch einen Waschvorgang auf die anschließend von ihr selbst vorzunehmende Graphitbeschichtung vorzubereiten. Am 23. Dezember 1999 meldete die V. AG der Klägerin Motorschäden wegen defekter Kolben aus der Produktionszeit von Mitte Oktober bis Mitte November 1999. Die V. AG nahm die Klägerin wegen der Kosten für den Rückruf von Fahrzeugen und Reparaturen in Höhe von circa 39 Mio. DM in Anspruch.
- 3
- Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 meldete die Klägerin bei der HMV Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe an mit der Begründung, Ursache des Schadens sei ein fehlerhafter Waschvorgang, der zur Ablösung der Graphitschicht geführt habe. Die HMV leitete das Schreiben an die Beklagte weiter. Diese erbat von der HMV mit Schreiben vom 16. Februar 2000 nähere Auskünfte zum Schadenshergang. Abschließend fragte sie, weshalb der Erstbeitrag erst am 6. Dezember 1999 ausgeglichen worden sei, obwohl der Versicherungsschein bereits Anfang Oktober zugegangen sei. Ferner wies sie darauf hin, dass der Schaden an den Kolben als Bearbeitungsschaden nach § 4 I Nr. 6 b AHB nicht gedeckt sei. Am 30. März 2000 trat die HMV ihre Ansprüche auf Versicherungsschutz gegen die Beklagte an die Klägerin ab. Anfang April 2000 übersandte die HMV den Entwurf der gegen sie beabsichtigten Schadensersatzklage an die Beklagte. Mit Schreiben vom 10. April 2000 erbat diese von der HMV weitere Auskünfte und kündigte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadensursache an. Weiter wies sie darauf hin, dass für Lieferungen zwischen Erhalt des Versicherungsscheins und Zahlung des Erstbeitrags am 6. Dezember 1999 kein Versicherungsschutz bestehe. Hinsichtlich anderer Lieferungen bestehe Deckungsschutz nur unter der auflösenden Bedingung, dass die HMV nur deshalb für den Schaden hafte, weil sie die Klägerin in der Qualitätssicherungsvereinbarung vom Juni 1999 von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit habe. Der Ausschluss für Bearbeitungsschäden wurde erneut erwähnt. Schließlich wurde die HMV gefragt, ob sie mit einem Anwalt zusammenarbeite, den sie auch in dieser Sache beauftragen möchte. Am 8. Mai 2000 wurde der HMV die angekündigte Klage zugestellt, die sie der Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2000 zuleitete. Gleichzeitig teilte sie mit, bisher noch keinen Anwalt beauftragt zu haben, und stellte die Frage nach Unterstützung durch die Beklagte. Diese versprach mit Schreiben vom 16. Mai 2000 "bestmögliche Unterstützung" , die Untersuchungen durch den Sachverständigen würden noch laufen. Weiter heißt es, es sei allerdings unbedingt erforderlich, dass die HMV zur Wahrung der Fristen einen Anwalt mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen beauftrage. Sie solle mitteilen, welchem Rechtsanwalt sie das Mandat erteilt habe, damit eine Kontaktaufnahme möglich sei. Am 17. und 31. Mai 2000 telefonierte der Sachbearbeiter der Beklagten mit dem Geschäftsführer der HMV. Der Inhalt der Gespräche ist streitig.
- 4
- Da die HMV sich nicht anwaltlich vertreten ließ, erging am 29. Mai 2000 im schriftlichen Verfahren Versäumnisurteil, das beiden Parteien am 6. Juni 2000 zugestellt und nach Ablauf der Einspruchsfrist rechtskräftig wurde. Von der Zustellung des Versäumnisurteils informierte die HMV die Beklagte nicht. Die HMV wurde zur Zahlung eines Teilbetrages von 1.116.799 DM nebst Zinsen verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass sie jeden weiteren Schaden zu ersetzen habe, den die V. AG und die A. AG gegen die Klägerin wegen der Ablösung der Graphitbeschichtung der Kolben geltend mache. Aufgrund des Versäumnisurteils ließ die Klägerin die Ansprüche der HMV gegen die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungssumme pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Dadurch erfuhr die Beklagte vom Erlass des Versäumnisurteils. Mit Schreiben vom 24. Juli 2000 versagte sie den Versicherungsschutz wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 AHB mit der Begründung, die HMV habe entgegen ihrer Ankündigung keinen Anwalt mit der Abwehr der Ansprüche beauftragt und sie nicht von der Zustellung des Versäumnisurteils unterrichtet.
- 5
- Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung der vollen Deckungssumme von 11 Mio. DM, hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Schadensfalles Deckungsschutz aus beiden Versicherungsverträgen zu gewähren habe. Die Klägerin meint, aufgrund der Abtretung der Versicherungsansprüche vom 30. März 2000 und des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses könne sie die Beklagte unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen.
- 6
- Die Beklagte bestreitet die Verursachung des Schadens durch die HMV und beruft sich im Übrigen auf das Abtretungsverbot in § 7 Nr. 3 AHB und weist darauf hin, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Versicherungsansprüche nur in Höhe des Zahlungsanspruchs im Versäumnisurteil erfasse. Sie sei, wie im Ablehnungsschreiben vom 24. Juli 2000 ausgeführt, wegen Obliegenheitsverletzung von der Leistungspflicht frei. Die Hinnahme des Versäumnisurteils stelle zudem ein Anerkenntnis dar, das nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 5 AHB zur Leis- tungsfreiheit führe. Der Versicherungsschutz sei im Übrigen nach § 4 I Nr. 1 AHB ausgeschlossen, weil die Freistellung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB die Haftung der HMV über den gesetzlichen Umfang hinaus erweitert habe. In der die Produkthaftpflicht einschließenden Versicherung mit der Endnummer 095 bestehe wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie kein Versicherungsschutz. Schließlich sei sie wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei.
- 7
- Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 1.116.779 DM nebst Zinsen und dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag mit Ausnahme solcher Ansprüche stattgegeben, die Schäden an den von der HMV bearbeiteten Kolben selbst betreffen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 9
- Das I. Oberlandesgericht hält die Beklagte wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und 5 AHB für leistungsfrei.
- 10
- Die HMV habe die Weisung der Beklagten gemäß § 5 Nr. 3 AHB nicht beachtet, als sie das Versäumnisurteil vom 29. Mai 2000 gegen sich ergehen und nachfolgend habe rechtskräftig werden lassen. Darin liege zugleich ein Verstoß gegen das Anerkenntnisverbot nach § 5 Nr. 5 AHB. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte die HMV angewiesen habe, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen. Die Beklagte habe Versicherungsschutz nicht verweigert, sondern im Schreiben vom 16. Mai 2000 ausdrücklich bestmögliche Unterstützung zugesagt. Das weisungswidrige Verhalten der HMV, nämlich Nichteinschalten eines Rechtsanwalts, Nichtanzeige der Verteidigungsbereitschaft und Rechtskräftigwerdenlassen des Versäumnisurteils, verliere seine Eigenschaft als Obliegenheitsverletzung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb, weil die Beklagte abweichend von § 3 II AHB die Prozessführung vollständig auf die HMV übertragen hätte. Sie habe der HMV lediglich die Auswahl des Rechtsanwalts überlassen, um dem von ihr für möglich gehaltenen Vorwurf zu entgehen, durch die Wahl eines möglicherweise ungeeigneten Rechtsanwalts zu einem denkbaren existenzbedrohenden Prozessverlust beigetragen zu haben.
- 11
- Das II. hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zutreffend ausführt, den Inhalt der Leistungspflicht der Beklagten einerseits und der Obliegenheiten der HMV andererseits verkannt.
- 12
- 1. a) Die Leistungspflicht der Beklagten umfasst - wie allgemein in der Haftpflichtversicherung - nach § 3 II Nr. 1 AHB die Prüfung der Haftpflichtfrage , die Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie den Ersatz der Entschädigung, welche der Versicherungsnehmer aufgrund eines von dem Versicherer abgegebenen oder genehmigten Anerkenntnisses, eines von ihm geschlossenen oder genehmigten Vergleichs oder einer richterlichen Entscheidung zu zahlen hat. Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenso wie die Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche eine mit dieser gleichrangige Hauptleistungspflicht des Versicherers und nicht nur eine untergeordnete Nebenpflicht (BGHZ 119, 276, 281; Urteile vom 21. Januar 1976 - IV ZR 123/74 - VersR 1976, 477 unter I und vom 20. Februar 1956 - II ZR 6/55 - VersR 1956, 186 unter 2). Der Versicherer hat nicht das Recht, die mit der Abwicklung der Haftpflichtverbindlichkeiten verbundenen Mühen und Kosten auf den Versicherten abzuwälzen (BGHZ 15, 154, 159). Den Inhalt der Rechtsschutzverpflichtung hat der Senat in dem Urteil in BGHZ (119 aaO) wie folgt beschrieben: "Will er (der Versicherer) den Anspruch bestreiten, so muss er alles tun, was zu dessen Abwehr notwendig ist; er allein trägt die aus der Prüfung und Abwehr folgende Arbeitslast und Verantwortung. Demgemäß hat er im Haftpflichtprozess die Interessen des Versicherten so zu wahren, wie das ein von diesem beauftragter Anwalt tun würde. Weil grundsätzlich sein Abwehrinteresse dem des Versicherten entspricht, ist das im Regelfall unproblematisch. Wegen des umfassend versprochenen Rechtsschutzes gilt das aber sogar dann, wenn eine Kollision zwischen den Interessen des Versicherten und denen des Versicherers einmal nicht zu vermeiden ist. In diesem Fall muss der Versicherer seine eigenen Interessen hintanstellen. Nur diese weite Auslegung des Leistungsversprechens kann den mit der Haftpflichtversicherung bezweckten Schutz gewährleisten."
- 13
- umfassende Die Verantwortlichkeit des Versicherers für die Abwehr des Haftpflichtanspruchs ergibt sich insbesondere für den Fall des Rechtsstreits unmissverständlich aus weiteren Klauseln der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (z.T. anders in der Vermögensschaden -Haftpflichtversicherung, vgl. Voit/Knappmann in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. AVBVermögen/WB § 5 Rdn. 3 § 1 Rdn. 1). Nach § 3 II Nr. 3 AHB führt der Versicherer den Rechtsstreit im Namen des Versicherungsnehmers auf seine Kosten. Den Versicherungsnehmer trifft die Obliegenheit, die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen, dem von dem Versicherer bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder dem Versicherer für nötig gehaltenen Aufklärungen zu geben (§ 5 Nr. 4 AHB). Zur Disposition über den Haftpflichtanspruch durch Anerkenntnis oder Befriedigung ist der Versicherungsnehmer ohne vorherige Zustimmung des Versicherers nicht berechtigt (§ 5 Nr. 5 AHB). Nach § 5 Nr. 7 AHB gilt der Versicherer als bevollmächtigt, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 - IV ZR 329/05 - VersR 2006, 1676 unter II 2 c). Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, hat er dies dem Versicherer nur unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB), alles Weitere ist Sache des Versicherers, insbesondere die Auswahl und Beauftragung des Rechtsanwalts auf seine Kosten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1963 - II ZR 71/61 - VersR 1963, 421 unter III).
- 14
- b) Der Versicherer, der seiner so beschriebenen Rechtsschutzverpflichtung nicht nachkommt, verhält sich vertragswidrig.
- 15
- aa) Ist der Versicherer von seiner Leistungsfreiheit überzeugt und lehnt er den Deckungsschutz vorbehaltlos ab, lässt er dem Versicherungsnehmer konkludent zur Regulierung freie Hand und gibt seine umfassende Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf (BGHZ 119, 276, 282). Die Gefahr, bei dieser freien Entscheidung die Deckungspflicht unrichtig zu beurteilen, kann er nicht auf den Versicherungsnehmer abwälzen. Er kann nicht gleichzeitig einerseits sich seiner vertraglichen Hauptpflicht entledigen, den Versicherungsnehmer von der Führung und den Folgen des Haftpflichtprozesses zu befreien, und andererseits dennoch in Anspruch nehmen, an das Ergebnis des notgedrungen vom Versicherungsnehmer allein geführten Haftpflichtprozesses nicht gebunden zu sein. Nach Leistungsablehnung hat der Versicherungsnehmer auch keine Obliegenheiten mehr zu erfüllen (BGHZ 107, 368, 370 f.; BGH, Urteile vom 7. November 1966 - II ZR 12/65 - VersR 1967, 27 unter III und vom 21. Februar 1963 aaO; Prölss in Prölss/Martin , aaO § 6 Rdn. 33).
- 16
- bb) Hat der Versicherer ernsthafte Anhaltspunkte für seine Leistungsfreiheit , kann er aber wegen noch unklarer Sachlage darüber nicht abschließend befinden, muss er sich entscheiden, ob er Deckungsschutz gewährt oder nicht, und seine Entscheidung dem Versicherungsnehmer bekannt geben. Der Versicherer kann seiner Rechtsschutzverpflichtung in einer solchen Lage auch dadurch genügen, dass er den Rechtsschutz übernimmt unter dem Vorbehalt, die Deckung je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses abzulehnen (BGH, Urteile vom 20. September 1978 - IV ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I und vom 7. November 1966 aaO).
- 17
- Dagegen cc) stellt es keine ordnungsgemäße Erfüllung der Rechtsschutzverpflichtung dar, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber leistungsbefreiende Umstände ins Feld führt, den Versicherungsnehmer aber im Unklaren darüber lässt, ob er Deckungsschutz erhält. Seine Entscheidung darüber hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer unverzüglich, spätestens aber dann mitzuteilen , wenn er die Anzeige von der gerichtlichen Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs nach § 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB erhalten hat. Der Versicherer weiß, dass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt dringender Handlungsbedarf besteht, weil dem Versicherungsnehmer allein wegen Fristablaufs Rechtsnachteile in Gestalt eines Vollstreckungsbescheids oder Versäumnisurteils drohen. Deshalb hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt, später je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses Leistungsfreiheit geltend zu machen. Gibt der Versicherer eine solche Erklärung nicht ab, nimmt er seine Pflicht zur Abwehr des Anspruchs nicht wahr und gibt damit zugleich seine Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf. Er ist deshalb, solange er seiner Rechtsschutzverpflichtung nicht bedingungsgemäß nachkommt, so zu behandeln, als habe er dem Versicherungsnehmer zur Regulierung freie Hand gelassen. Der Versicherungsnehmer ist demgemäß auch nicht mehr obliegenheitsgebunden. Die Versicherungsbedingungen gestatten es dem Versicherer nicht, sich einer klaren Entscheidung über seine Verpflichtung zum Rechtsschutz zu enthalten, den Versicherungsnehmer darüber im Ungewissen zu lassen und die Arbeits- und Kostenlast sowie das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf ihn abzuwälzen, sich aber gleichwohl vorzubehalten , an die Regulierungsentscheidung des Versicherungsnehmers nicht gebunden zu sein, ihn an seinen Obliegenheiten festzuhalten und sich über die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten hinaus wegen mangelhafter oder weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit zu berufen.
- 18
- c)DenParteien des Versicherungsvertrages ist es allerdings nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht verwehrt, nach Erhebung des Anspruchs auf Deckungsschutz von den Bedingungen abweichende Vereinbarungen darüber zu treffen, wie die Leistungspflicht des Versicherers erfüllt werden soll. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Versicherer nach Treu und Glauben gehalten ist, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Die Abwehrfunktion der Haftpflichtversicherung ist unter den Versicherungsnehmern nicht immer genügend bekannt (Littbarski, Haftpflichtversicherung Vorbemerkungen Rdn. 48). Insbesondere ist für den Versicherungsnehmer nur schwer durchschaubar, was die Abwehrverpflichtung im Einzelnen bedeutet. Gewährt der Versicherer Versicherungsschutz , will er aber die Abwehr des Anspruchs (ganz oder teilweise) in die Hand des Versicherungsnehmers legen, hat er darüber aufzuklären, dass die Gewährung von Rechtsschutz nach dem Vertrag Sache des Versicherers ist, er den Prozess zu führen und den Anwalt auszuwählen, zu beauftragen und zu bezahlen hat (vgl. zu Vereinbarungen über die Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung die Senatsurteile vom 7. Februar 2007 - IV ZR 244/03 - zur Veröffentlichung vorgesehen - und vom 12. November 2003 - IV ZR 173/02 - VersR 2004, 96 unter II 1 b). Nur so ist der Versicherungsnehmer in der Lage, verantwortlich darüber zu entscheiden, auf welche Beschränkungen seiner vertraglichen Rechte er sich einlassen will. Übernimmt der Versicherungsnehmer vereinbarungsgemäß die Prozessführung, gilt für eine Verletzung von Sorgfaltspflichten dann nicht das Recht der Obliegenheiten, sondern das allgemeine Schadensersatzrecht (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, aaO § 5 AHB Rdn. 2). Denn insoweit hat er sich nur verpflichtet, die Aufgabe des Versicherers zu übernehmen.
- 19
- Die 2. Beklagte hat ihre Pflicht zur Abwehr des Haftpflichtanspruchs in grober Weise verletzt und ist deshalb so zu behandeln, als habe sie der HMV freie Hand zur Regulierung gelassen. Demgemäß ist sie an das rechtskräftige Versäumnisurteil gebunden und kann sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und Nr. 5 AHB berufen. Auch der Vorwurf, die HMV habe in kollusivem Zusammenwirken mit der Klägerin die Beklagte vorsätzlich geschädigt , ist nicht berechtigt.
- 20
- a) Die HMV hatte ihre Obliegenheiten zur Anzeige des Versicherungsfalles und der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs rechtzeitig und vollständig erfüllt. Sie hatte damit alles getan, damit die Beklagte ihrer Verpflichtung nachkommen konnte, einen Rechtsanwalt auszuwählen und zu beauftragen und den Prozess im Namen der HMV zu führen. Diese wäre auf Verlangen der Beklagten gehalten gewesen, dem Anwalt Vollmacht und die nötige Aufklärung zu erteilen. Im Schreiben vom 8. Mai 2000, dem die Klageschrift beigefügt war, hat die HMV in laienhafter Weise um Unterstützung, also für die Beklagte erkennbar um Deckungsschutz gebeten. Beim Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten, den Zeugen de J. , erneut um Rechtsschutz gebeten, wie dessen Aussage vor dem Oberlandesgericht zu entnehmen ist.
- 21
- b) Diesem Ersuchen gegenüber hat sich die Beklagte pflichtwidrig verhalten. Sie hat sich bei der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung des Erstbeitrags berufen (dazu unten III. 1.). Weiterhin hat sie sich ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit nach § 4 I Nr. 1 AHB wegen der Befreiung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB berufen (dazu unten III. 2.). Im Schreiben vom 16. Mai 2000 hat die Beklagte zwar bestmögliche Unterstützung zugesagt, die HMV aber bedingungswidrig angewiesen, selbst einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen zu beauftragen. Die bestmögliche und allein vertragsgemäße Unterstützung hätte darin bestanden, dass die Beklagte den Anwalt beauftragt und die Prozessführung übernimmt. Bei dem Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten gefragt, wie sich aus dessen Zeugenaussage ergibt, ob nicht die Beklagte den Rechtsanwalt bestellen und einen Spezialisten benennen könne. Dies hat der Zeuge mit der Begründung abgelehnt, er habe einen solchen auch nicht nennen können. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge, Abteilungsleiter der Beklagten und selbst Rechtsanwalt, dazu nicht in der Lage gewesen ist. Diese erneute Weigerung der Beklagten, selbst einen Anwalt zu beauftragen oder auch nur zu benennen, schließt es aus, darin ein Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung zu sehen, die Auswahl des Anwalts der HMV zu überlassen. Die Beklagte hat vielmehr wie schon im Schreiben vom 16. Mai 2000 die Auswahl und die Beauftragung des Anwalts vertragswidrig einseitig der HMV zugeschoben. Der Zeuge de J. hat dies damals selbst so gesehen. In seinem Aktenvermerk vom 19. Juni 2000 über das Gespräch vom 17. Mai 2000 ist nicht von einer einvernehmlichen Regelung die Rede, sondern von einer "Entscheidung" der Beklagten, mit der der Geschäftsführer der HMV "nicht ganz glücklich" gewesen sei, sie also nur notgedrungen hingenommen hat. Auch das Berufungsgericht stellt kein Einvernehmen fest, sondern spricht von Weisungen der Beklagten und wertet die Nichteinschaltung eines Anwalts als weisungswidriges Verhalten der HMV. Fehlt es schon an einer Vereinbarung , kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte sich darauf mangels der gebotenen Aufklärung (s.o. unter II 1 c) nicht zum Nachteil der HMV berufen könnte.
- 22
- c) Dieses Verhalten der Beklagten legt es nahe, darin schon eine verschleierte Ablehnung des Deckungsschutzes zu sehen mit den sich daraus ergebenden Folgen. So hat es der Geschäftsführer der HMV nach seinen Bekundungen auch verstanden.
- 23
- Jedenfalls aber hat die Beklagte in einem Zeitpunkt, in dem dringender Handlungsbedarf bestand, der HMV nicht unmissverständlich erklärt , ob sie ihre Rechtsschutzverpflichtung erfüllt oder dies ablehnt. Sie hat damit die Arbeits- und Kostenlast und das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf die HMV abgewälzt. Den Weg, sich gleichwohl wegen weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit berufen zu können , konnte sie sich damit nicht frei halten.
- 24
- III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen ganz oder teilweise als richtig dar.
- 25
- 1. Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie in der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung , bei der der Versicherungsfall vor Zahlung der Erstprämie eingetreten sein soll. Das Landgericht hat die Berufung auf Leistungsfreiheit mit Recht an der fehlenden Belehrung scheitern lassen. Der Versicherungsantrag stammt vom 17. Dezember 1998, ab 1. Januar 1999 hatte die Beklagte unstreitig vorläufige Deckung zugesagt. Der Versicherungsschein ist erst mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 übersandt worden. Die Rechnung selbst enthält nicht einmal einen Hinweis darauf, bis wann die Erstprämie zu zahlen ist, naturgemäß deshalb auch keine Belehrung über die Folgen verspäteter Zahlung. Im Versicherungsschein ist nur die übliche erweiterte Einlösungsklausel enthalten, wonach der Versicherungsschutz erst mit Zahlung der Erstprämie beginnt. Sollte also der materielle Versicherungsschutz aus dem Hauptvertrag erst mit Zahlung der Erstprämie, wie üblich, beginnen, endete auch die vorläufige Deckung erst in diesem Zeitpunkt. Eine Belehrung darüber, welche Rechtsfolgen eine verspätete Prämienzahlung für die vorläufige Deckung hat, ist nicht erteilt worden. Deshalb kann sich die Beklagte, wie ihrem Sachbearbeiter hätte bekannt sein müssen, nicht auf Leistungsfreiheit nach § 38 Abs. 2 VVG berufen (st. Rsp. des Senats, zuletzt Urteil vom 26. April 2006 - IV ZR 248/04 - VersR 2006, 913 unter II 2; zum Beginn des materiellen Versicherungsschutzes erst mit Zahlung der Erstprämie BGHZ 47, 352, 354 und Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - IV ZR 328/93 - VersR 1995, 409 unter 2 b aa). Die vorläufige Deckung endete nicht schon mit dem formellen Versicherungsbeginn, also dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
- 26
- 2. Die Beklagte hält sich zu Unrecht nach § 4 I Nr. 1 AHB für leistungsfrei , weil die HMV die Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit hat und dadurch eine über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht hinausgehende Zusage gemacht habe. Das Waschen der Kolben ist ein reiner Werkvertrag. Darauf sind die §§ 377, 381 Abs. 2 HGB nicht anzuwenden (BGH, Urteile vom 9. Oktober 2001 - X ZR 58/00 - CR 2002, 93 unter II 2 und 3 und vom 4. Februar 1992 - X ZR 105/90 - NJW-RR 1992, 626 unter I 2). Auch dies hätte der Sachbearbeiter der Beklagten ohne weiteres feststellen können.
- 27
- 3. Die Beklagte ist auch nicht nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Die Klägerin klagt in zulässiger Weise auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2000 - IV ZR 223/99 - VersR 2001, 90 unter 2 a). Diese rechtzeitig erhobene Klage hat die Frist gewahrt (siehe dazu auch Voit/Knappmann, aaO § 156 Rdn. 1 und Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 156 Rdn. 1). Dem Landgericht ist auch in diesem Punkt zuzustimmen.
- 28
- 4. Die Abtretungserklärung der HMV vom 30. März 2000 enthält kein verbotenes Anerkenntnis, sondern beschreibt nur den Haftungsgrund , wie das Landgericht auf S. 20 seines Urteils zutreffend ausgeführt hat.
- 29
- IV. Im Übrigen ist die Sache mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheidungsreif und deshalb zurückzuverweisen.
- 30
- Antrag Zum der Klägerin auf Zahlung in Höhe der vollen Deckungssumme wird auf Folgendes hingewiesen:
- 31
- Auf Zahlung kann die Klägerin die Beklagte nur in Anspruch nehmen , wenn sie durch Pfändung und Überweisung oder Abtretung an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, also Haftpflichtanspruch und Versicherungsanspruch sich bei ihr in einer Hand vereinigt haben (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 1980 - IV ZR 39/78 - VersR 1980, 522 unter I; vom 12. März 1975 - IV ZR 102/74 - VersR 1975, 655 unter 1 und vom 17. März 2004 - IV ZR 268/03 - VersR 2004, 634 unter II 2).
- 32
- 1. Das ist hier hinsichtlich des Zahlungsausspruchs des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess i.V. mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Fall. Der Feststellungsausspruch des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess ist nicht vollstreckungsfähig, kann also nicht zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss führen.
- 33
- 2. Die Abtretung vom 30. März 2000 verstößt gegen das Abtretungsverbot des § 7 Nr. 3 AHB. Die Ablehnung des Deckungsschutzes mit Schreiben vom 24. Juli 2000 ist keine endgültige Feststellung des Versicherungsanspruchs, um den allein es geht (Senatsurteil vom 26. März 1997 - IV ZR 137/96 - VersR 1997, 1088 unter 5 c). Das Abtretungsverbot kann nicht durch gewillkürte Prozessstandschaft umgangen werden. Ob die Berufung der Beklagten auf das Abtretungsverbot rechtsmissbräuchlich ist, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen.
- 34
- Das Abtretungsverbot scheitert nicht an § 354a HGB, weil es sich bei dem Anspruch auf Deckungsschutz in der Haftpflichtversicherung nicht um eine Geldforderung handelt (vgl. MünchKomm-HGB/Karsten Schmidt, § 354a Rdn. 6).
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 19.10.2001 - 9 O 11050/00 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 16.06.2003 - 8 U 3959/01 -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.