Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 26. Juli 2012 - 9 U 64/11

bei uns veröffentlicht am26.07.2012

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 02.03.2011 - 2 O 191/10 C - wird zurückgewiesen.  

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin.  

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten oder der Streithelferin abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.  

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Wohnhauses in V. . Das Dach des Anwesens wurde bei einem schweren Hagelunwetter am 26.06.2006 erheblich beschädigt. Die Reparatur des Daches wurde von der Streithelferin ausgeführt. Es wurden neue Dachrinnen angebracht, das Dach wurde vollständig neu gedeckt und die Dachpappe wurde erneuert. Die Rechnung der Streithelferin vom 30.11.2006 belief sich auf insgesamt 29.782,99 EUR. Die Rechnung wurde von der Beklagten vollständig bezahlt im Hinblick auf die Gebäudeversicherung, welche die Klägerin bei der Beklagten unterhält.  
Die Klägerin hat Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht, weil das Dach nach dem Hagelschaden nur unzulänglich repariert worden sei. Durch den schweren Hagelschlag seien nicht nur die Dachplatten teilweise zerschlagen worden. Vielmehr sei auch die Dachpappe und die darunter befindliche Holzkonstruktion teilweise beschädigt worden. Daher sei nach dem Hagelschlag in erheblichem Umfang Wasser und Feuchtigkeit in die Dachkonstruktion gelangt. Es wäre zwingend erforderlich gewesen, über die von der Streithelferin durchgeführte Reparatur hinaus auch die in der Dachkonstruktion befindliche Dämmung vollständig zu erneuern und zumindest teilweise auch die Holzkonstruktion. Da dies nicht erfolgt sei, seien in den folgenden Jahren im Dachgeschoss des Hauses erhebliche Schäden durch Schimmel entstanden. Für eine korrekte Reparatur der Dachkonstruktion und eine Beseitigung der Schimmelschäden müsse die Klägerin entsprechend dem Angebot der Firma … vom 20.03.2009 mindestens 46.700,00 EUR aufwenden.  
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, für die ihr entstehenden Unkosten sei die Beklagte verantwortlich. Sie hat daher erstinstanzlich einen Vorschuss von 46.700,00 EUR nebst Zinsen von der Beklagten verlangt und im Übrigen die Feststellung, dass die Beklagte sämtliche Schäden zu ersetzen habe, die mit der erforderlichen Mängelbeseitigung verbunden seien. Die von der Streithelferin durchzuführenden Arbeiten nach dem Hagelschlag seien nicht von der Klägerin, sondern von dem für die Beklagte tätigen Zeugen G. festgelegt worden. Dieser habe den Inhalt des an die Streithelferin erteilten Auftrags verbindlich festgelegt, habe der Streithelferin entsprechende Anweisungen erteilt, und die Bauleitung vor Ort inne gehabt. Die Klägerin habe keinen Einfluss auf die Dachreparatur gehabt. Der Zeuge G. habe es versäumt, dafür zu sorgen, dass auch die durchfeuchtete Dämmung und das Holzwerk nach dem Hagelschlag erneuert wurden. Ohne die Versäumnisse des für die Beklagte tätigen Zeugen G. wären die geltend gemachten Schäden nicht entstanden.  
Die Klägerin hat der Streithelferin bereits im Verfahren vor dem Landgericht den Streit verkündet. Diese ist auf Seiten der Beklagten dem Rechtstreit beigetreten.  
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 02.03.2011 abgewiesen. Zum einen bestehe zwischen den Parteien kein Werkvertrag, aus welchem die Klägerin gegebenenfalls Ansprüche geltend machen könnte. Eine werkvertragliche Beziehung bestehe nur zwischen der Klägerin und der Streithelferin. Zum anderen ergebe sich aus den im vorausgegangenen Beweissicherungsverfahren (Landgericht Konstanz 2 OH 11/09 C) eingeholten Gutachten, dass der Hagelschaden vom 26.06.2006 und die anschließende Dachreparatur durch die Streithelferin nicht ursächlich seien für die von der Klägerin vorgetragenen Feuchtigkeits- und Schimmelschäden. Vielmehr sei Kondenswasser aus dem Inneren des Hauses in die Dachkonstruktion eingedrungen. Hierfür sei ein bereits vorher bestehender Mangel des Daches ursächlich, der mit den Arbeiten der Streithelferin nichts zu tun habe (undichte Folie unter der Dämmung).  
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie hält das Urteil des Landgerichts aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen für fehlerhaft. Die Klägerin ergänzt und vertieft den erstinstanzlichen Vortrag. Aus verschiedenen Umständen ergebe sich, dass die Feuchtigkeitsschäden im Dachgeschoss ihres Hauses allein durch den Hagelschlag vom 26.06.2006 und die anschließende fehlerhafte Reparatur durch die Streithelferin verursacht worden seien. Die Beklagte müsse für die Pflichtverletzungen des Zeugen G., der die Reparaturmaßnahmen veranlasst habe, einstehen.  
Die Klägerin geht im Berufungsverfahren von einer Vorschussklage über auf eine bezifferte Schadensersatzklage. Aus dem eingeholten Kostenvoranschlag der Firma B. ergebe sich, dass ein Betrag von 46.700,00 EUR bei abstrakter Betrachtungsweise zur Mangelbeseitigung erforderlich sei. Sie habe im Übrigen ein Interesse daran, festzustellen, dass die Beklagte auch solche Schäden ersetzen müsse, die über diesen Betrag hinausgingen.  
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 02.03.2011 – 2 O 191/10 C – aufzuheben,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 46.700,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageschrift zu bezahlen, und  
10 
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Schäden zu ersetzen, die mit der Mängelbeseitigung des Dachaufbaus im Objekt A.-Straße  in V. zukünftig verbunden sind.  
11 
Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,  
12 
die Berufung zurückzuweisen.  
13 
Die Beklagte und die Streithelferin verteidigen das Urteil des Landgerichts. Die Schäden am Anwesen der Klägerin seien nach dem Hagelschlag vom 26.06.2006 von der Streithelferin vollständig und korrekt repariert worden. Feuchtigkeit und Schimmel im Dachgeschoss des Hauses hätten mit dem Hagelschlag und den Reparaturarbeiten der Streithelferin nichts zu tun. Die Beklagte ist im Übrigen der Auffassung, dass sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für eventuelle Mängel der Werkleistung der Streithelferin verantwortlich sei. Der Zeuge G. habe der Streithelferin keinerlei Anweisungen hinsichtlich der auszuführenden Arbeiten gegeben. Er habe auch den Umfang der durchzuführenden Arbeiten nach dem Hagelschlag nicht festgelegt. Der Zeuge G. habe lediglich die erforderlichen Feststellungen vor Ort getroffen, damit die Beklagte entscheiden konnte, welche Aufwendungen im Rahmen des bestehenden Versicherungsvertrages mit der Klägerin zu ersetzen waren.  
14 
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.  
15 
Der Senat hat Beweis erhoben im Einzelrichtertermin vom 10.01.2012 durch Vernehmung mehrerer Zeugen und durch Einholung eines ergänzenden mündlichen Gutachtens des Sachverständigen S.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 10.01.2012 Bezug genommen.  
16 
Die Akten des Beweissicherungsverfahrens (Landgericht Konstanz - 2 OH 11/09 C -) waren beigezogen und Gegenstand des Verfahrens.  
II.
17 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte stehen der Klägerin nicht zu.  
18 
1. Die Klageänderung im Berufungsverfahren ist zulässig gemäß §§ 533, 529 ZPO. Es bestehen keine Bedenken gegen einen Übergang von einer Vorschussklage zu einer bezifferten Schadensersatzklage bei im Übrigen gleichem Tatsachenstoff.  
19 
2. Der Feststellungsantrag der Klägerin im Berufungsverfahren ist unzulässig. Es besteht kein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Der Feststellungsklage steht entgegen, dass eine - mögliche - Leistungsklage grundsätzlich als vorrangig anzusehen ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Auflage 2012, § 256 ZPO, Rdnr. 7 a). Die Klägerin hat durch den Übergang zum Schadensersatzanspruch im Berufungsverfahren dokumentiert, dass eine abstrakte Bezifferung des geltend gemachten Schadensersatzanspruches möglich ist. Dann bleibt grundsätzlich kein Raum für einen ergänzenden Feststellungsantrag. Dass sich der Feststellungsantrag auf bestimmte abgrenzbare Schadenspositionen beziehen soll, die zum einen vom Zahlungsantrag nicht erfasst werden und die zum anderen derzeit noch nicht bezifferbar sind, ist dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen.  
20 
3. Es gibt außer dem Versicherungsverhältnis (dazu siehe unten 4.) keinen anderen Vertrag zwischen den Parteien, auf welchen die Klägerin den geltend gemachten Schadensersatzanspruch stützen könnte. Aus den vorgelegten Unterlagen (vgl. den Kostenvoranschlag der Streithelferin vom 22.08.2006 im Anlagenheft des Beweissicherungsverfahrens, die Rechnung der Streithelferin vom 30.11.2006 Anlage B 1 und die Abtretungsvereinbarung vom 03.11.2006, Anlage B 2) ergibt sich, dass ein Werkvertrag über die Dachreparatur zwischen der Klägerin und der Streithelferin zustande gekommen ist, und nicht etwa zwischen der Klägerin und der Beklagten einerseits und der Beklagten und der Streithelferin andererseits. Es gibt daher keine vertragliche Grundlage zwischen den Parteien, welche die Beklagte zu einer mangelfreien Wiederherstellung des Daches nach dem Hagelschlag verpflichtete. Die Beklagte war im Rahmen des Versicherungsvertrages lediglich verpflichtet, der Klägerin die erforderlichen Aufwendungen zur Beseitigung des versicherten Schadens zu ersetzen. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nachgekommen, indem sie (auf der Grundlage der Abtretungsvereinbarung vom 03.11.2006, Anlage B 2) die Rechnung der Streithelferin vom 30.11.2006 bezahlt hat. Auf eventuelle Mängel der Werkleistung kann sich die Klägerin gegenüber der Beklagten grundsätzlich nicht berufen, da sie für solche Mängel - sofern sie vorliegen sollten - im Rahmen des bestehenden Werkvertrages nur die Streithelferin verantwortlich machen könnte.  
21 
An dieser vertraglichen Ausgangsposition ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte den Zeugen G. beauftragt hat, im Rahmen der Abwicklung des Hagelschadens am Haus der Klägerin tätig zu werden. Die Beklagte hatte im Rahmen des bestehenden Versicherungsvertrages mit der Klägerin zu prüfen, welche Schäden am Gebäude entstanden waren, und welche Versicherungsleistungen im Hinblick auf erforderliche Reparaturen dementsprechend von ihr zu erbringen waren. Die hierfür erforderlichen Feststellungen traf vor Ort der Zeuge G. für die Beklagte. Da es allein um eine Abwicklung des Versicherungsfalles im Rahmen der bestehenden Versicherungsbedingungen ging, bestand kein Anlass für eine zusätzliche vertragliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem für die Beklagte handelnden Zeugen G.. Mithin reichen die Einschaltung des Zeugen G. und dessen Tätigkeit bei der Schadensabwicklung nicht aus, um konkludente Willenserklärungen der Parteien im Sinne einer den Versicherungsvertrag ergänzenden vertraglichen Vereinbarung anzunehmen.  
22 
4. Allerdings könnte eine Schadensersatzhaftung der Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1, 278 BGB in Betracht kommen, wenn der Zeuge G. im Rahmen des bestehenden Versicherungsverhältnisses der Beklagten obliegende Nebenpflichten verletzt hätte. Solche Pflichtverletzungen sind jedoch nicht ersichtlich. Zumindest ist der Klägerin der erforderliche Nachweis solcher Pflichtverletzungen nicht gelungen.  
23 
a)  Wenn ein Regulierungsbeauftragter, wie der Zeuge G., für einen Versicherer zu einem Schadensfall bestimmte Feststellungen trifft, ergeben sich daraus in der Regel Konsequenzen allein im Verhältnis zwischen dem Regulierungsbeauftragten und dem Versicherer. Denn der Regulierungsbeauftragte wird nicht im Auftrag des Versicherungsnehmers und daher primär auch nicht in dessen Interesse tätig. Dem Versicherer obliegen allerdings bei der Schadensabwicklung Schutzpflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer. Zwar ist es primär Sache des Versicherungsnehmers selbst, zu entscheiden, auf welche Weise und mit welchen Mitteln er einen Hagelschaden beseitigen will. Wenn und soweit der Regulierungsbeauftragte pflichtwidrig Einfluss auf die von dem Versicherungsnehmer eingeleiteten Maßnahmen trifft, können sich daraus Schadensersatzansprüche ergeben. Das kommt zum Beispiel in Betracht, wenn der Regulierungsbeauftragte dem Versicherungsnehmer einen Reparaturbetrieb empfiehlt, dessen Unzuverlässigkeit ihm bekannt ist, oder wenn er in einer für den Versicherungsnehmer verbindlichen Weise die Maßnahmen zur Schadensbehebung festlegt. Generell kommt eine Haftung des Versicherers in Betracht, wenn der Regulierungsbeauftragte gegenüber dem Versicherungsnehmer oder gegenüber dem für die Reparatur verantwortlichen Werkunternehmer fehlerhafte Anweisungen erteilt, die zu Schäden des Versicherungsnehmers führen (vgl. zu solchen Konstellationen LG Köln, RuS 1991, 410; LG Düsseldorf, RuS 2008, 297; Nugel, jurisPR-VersR 10/2008, Anmerkung 4).  
24 
b) Pflichtverletzungen des Regulierungsbeauftragten G. im Verhältnis zur Klägerin sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedenfalls nicht nachgewiesen. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Maßnahmen zur Schadensbeseitigung durch die Streithelferin ausreichend waren, oder ob unter den gegebenen Umständen auch Dämmung und Holzwerk der Dachkonstruktion hätten erneuert werden müssen. Es kommt auch nicht darauf an, ob und inwieweit die später festgestellten Feuchtigkeits- und Schimmelschäden mit dem Hagelschlag und den Reparaturarbeiten der Streithelferin ursächlich zusammenhängen.  
25 
aa) Der Senat kann nicht feststellen, dass der Inhalt des Werkvertrages zwischen der Klägerin und der Streithelferin von dem Zeugen G. festgelegt worden wäre. Es ist vielmehr aus Beweislastgründen davon auszugehen, dass der Inhalt des Vertrages von der Klägerin und von der Streithelferin bestimmt wurde, so dass für einen - möglicherweise - unzureichenden Umfang der Arbeiten allein die Streithelferin und nicht die Beklagte gegenüber der Klägerin verantwortlich wäre. Für den entsprechenden Sachvortrag der Beklagten sprechen die schriftlichen Vertragsunterlagen. Denn das als "Kostenvoranschlag" bezeichnete Angebot der Streithelferin war an die Klägerin und nicht an den Zeugen G. gerichtet. Der Zeuge G. hat bei seiner Vernehmung erklärt, der für die Streithelferin handelnde Geschäftsführer W. habe nach eigenem Wissen in dem Angebot festgelegt, welche Arbeiten nach seiner Auffassung erforderlich seien. Er habe lediglich bestätigt, dass die entsprechenden Kosten von der Beklagten übernommen werden. Gegenüber der Klägerin habe er ausdrücklich klargestellt, dass sie - und nicht etwa die Beklagte - Auftraggeberin gegenüber der Streithelferin sei. Die Darstellung des Zeugen G. entspricht den informatorischen Angaben des Geschäftsführers der Streithelferin. Diese hat im Termin vom 10.01.2012 bestätigt, dass die Streithelferin auf Grund eigener Beurteilung der erforderlichen Maßnahmen den Inhalt des Angebots festgelegt habe und nicht etwa der Zeuge G..  
26 
Diesen Angaben steht zwar die Darstellung der Klägerin entgegen. Nach ihren Angaben habe allein der Zeuge G., der ihr ständiger Ansprechpartner gewesen sei, alle nötigen Absprachen mit der Streithelferin getroffen. Die informatorischen Angaben der Klägerin sind jedoch für einen Nachweis, dass der für die Beklagte handelnde Zeuge G. den Inhalt der Vereinbarung mit der Streithelferin bestimmt hat, nicht ausreichend. Auch wenn der Senat keine Zweifel an der persönlichen Glaubwürdigkeit der Klägerin hat, erscheint es zumindest nicht fernliegend, dass die Erinnerung der Klägerin an die Details der damaligen Schadensabwicklung nach mehreren Jahren nicht ganz zutreffend ist, zumal die Frage der Verantwortlichkeit und die jeweiligen Interessen - ungewollt - die Erinnerung und die Wiedergabe des Geschehens beeinflussen können. Die Angaben der Klägerin reichen jedenfalls nicht aus, um die entgegenstehende Darstellung des Zeugen G. und des Geschäftsführers der Streithelferin zu widerlegen.  
27 
bb) Eine Haftung der Beklagten könnte in Betracht kommen, wenn der Zeuge G. bei der Schadensbeseitigung die Bauleitung übernommen hätte, und hierbei entsprechende Anweisungen für die Durchführung der Reparaturen gegeben hätte. Dies konnte in der durchgeführten Beweisaufnahme jedoch nicht festgestellt werden.  
28 
cc) An eine Haftung der Beklagten wäre möglicherweise auch dann zu denken, wenn der Zeuge G. im Vorfeld des Auftrags an die Streithelferin die Übernahme der Kosten bestimmter erforderlicher Schadensbeseitigungsmaßnahmen durch die Beklagte abgelehnt hätte. Auch ein solcher Sachverhalt hat sich in der durchgeführten Beweisaufnahme jedoch nicht feststellen lassen. Dem Zeugen G. lag zur Prüfung und Weiterleitung an die Beklagte lediglich das entsprechende Angebot der Streithelferin vom 22.08.2006, welches letztlich auch zur Ausführung gekommen ist, vor. Ein Angebot mit weiteren Reparaturmaßnahmen (insbesondere Erneuerung von Dämmung und Holzwerk) lag dem Zeugen zu keinem Zeitpunkt zur Prüfung vor. Die Beweisaufnahme hat auch nicht ergeben, dass die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt im Jahr 2006 von der Beklagten bzw. von dem Zeugen G. die Übernahme weiterer Reparaturkosten verlangt hätte. Es hat im Vorfeld der Dachreparatur keine Leistungsablehnung durch die Beklagte gegeben, durch welche diese - eventuell pflichtwidrig - auf die Ausführung der Reparatur Einfluss genommen haben könnte.  
29 
c) Allerdings hat sich der Sachvortrag der Klägerin in der Beweisaufnahme insoweit bestätigt, als der Zeuge G. auf Grund seiner eigenen Feststellungen vor Ort die im Angebot der Streithelferin vorgesehenen Reparaturmaßnahmen für ausreichend gehalten hat, und dies auch gegenüber der Klägerin geäußert hat. Der Zeuge G. hat bestätigt, dass nach seinen damaligen Feststellungen weitere Maßnahmen, insbesondere eine Erneuerung der Dämmung, nicht erforderlich waren, da aus seiner Sicht damals (im Jahr 2006) keine Anzeichen für größere Feuchtigkeitsschäden bestanden. Die damalige Auffassung des Zeugen dürfte zwar insoweit Einfluss auf das Reparaturgeschehen gehabt haben, als die Klägerin - nach den Feststellungen des Zeugen G. - keinen Anlass sah, der Streithelferin einen weitergehenden Reparaturauftrag (Erneuerung der Dämmung etc.) zu erteilen. Für eine Haftung der Beklagten wegen einer Verletzung von Schutzpflichten (§§ 280 Abs. 1, 278 BGB) reicht dies jedoch nicht aus.  
30 
Wenn ein Versicherer nach einem Schadensfall einen Regulierungsbeauftragten mit Feststellungen zum Schaden vor Ort beauftragt, ist auch für den Versicherungsnehmer erkennbar, dass der Regulierungsbeauftragte Feststellungen im Interesse des Versicherers trifft, und nicht etwa als unabhängiger Sachverständiger oder als Berater des Versicherungsnehmers tätig wird. Wenn ein Versicherungsnehmer Zweifel hat, ob die von einem Regulierungsbeauftragten des Versicherers in Aussicht gestellten Leistungen ausreichend sind, muss der Versicherungsnehmer sich selbst darum kümmern, welche Maßnahmen zur Schadensbeseitigung erforderlich sind. Dafür steht ihm zum einen die mit der Reparatur beauftragte Fachfirma (vorliegend die Streithelferin) zur Verfügung. Der Versicherungsnehmer kann darüber hinaus auch selbst einen Sachverständigen beauftragen (was die Klägerin später, nach Schimmelbildungen Anfang des Jahres 2009, getan hat), oder der Versicherungsnehmer kann, wenn die Versicherungsbedingungen eine solche Möglichkeit vorsehen, ein versicherungsrechtliches Sachverständigenverfahren durchführen (vgl. dazu § 84 VVG). Eine andere Betrachtungsweise käme nur dann in Betracht, wenn der als "Helfer" der Beklagten tätige Zeuge G. die beschriebene Rolle als Regulierungsbeauftragter überschritten hätte. Dies war jedoch nicht der Fall bzw. ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedenfalls nicht nachgewiesen. Insoweit ist auf die Ausführungen oben b) zu verweisen. Es lässt sich - über die objektive Tätigkeit des Zeugen G. hinaus - nicht feststellen, dass der Zeuge bei der Klägerin in zurechenbarer Weise den Eindruck erweckt hätte, dass er nicht als Beauftragter der Beklagten, sondern als eine Art unabhängiger - und unparteilicher - Berater tätig werde.  
31 
5. Es kann dahinstehen, ob und inwieweit die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet gewesen wäre, nach dem Schadensfall vom 26.06.2006 über die Bezahlung der Rechnung der Streithelferin hinaus weitere Leistungen zu erbringen. Denn einen (ergänzenden) Leistungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag hat die Klägerin im Rechtstreit nicht geltend gemacht (vgl. hierzu auch den entsprechenden Hinweis des Einzelrichters im Termin vom 10.01.2012, II, 293).  
32 
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.  
33 
7. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.  
34 
8. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.  

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 26. Juli 2012 - 9 U 64/11

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg
Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 26. Juli 2012 - 9 U 64/11 zitiert 9 §§.

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

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Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 84 Sachverständigenverfahren


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der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Sollen nach dem Vertrag einzelne Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung oder die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt werden, ist die getroffene Feststellung nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. Die Feststellung erfolgt in diesem Fall durch gerichtliche Entscheidung. Dies gilt auch, wenn die Sachverständigen die Feststellung nicht treffen können oder wollen oder sie verzögern.

(2) Sind nach dem Vertrag die Sachverständigen durch das Gericht zu ernennen, ist für die Ernennung das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schaden entstanden ist. Durch eine ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten kann die Zuständigkeit eines anderen Amtsgerichts begründet werden. Die Verfügung, durch die dem Antrag auf Ernennung der Sachverständigen stattgegeben wird, ist nicht anfechtbar.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.