Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 04. Jan. 2018 - 7 U 146/15

bei uns veröffentlicht am04.01.2018

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 06.10.2015 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Kiel einschließlich des ihm zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jegliche weitere materielle und immaterielle Schäden aus Anlass des Verkehrsunfalles vom 16.07.2010 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

Im Übrigen wird die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Zur Höhe und zur Entscheidung über die Kosten, auch des Berufungsverfahrens, wird die Sache an das Landgericht Kiel zurückverwiesen.

Gerichtliche Gebühren und Auslagen, die durch das aufgehobene Urteil verursacht worden sind, sowie die Gerichtsgebühren der Berufungsinstanz, werden nicht erhoben.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Pkws BMW 323 i, ehemaliges amtliches Kennzeichen ..., auf materiellen und immateriellen Schadensersatz sowie umfassende Feststellung in Anspruch.

2

Dem zugrunde liegt ein Verkehrsunfall vom 16.07.2010 gegen 13:00 Uhr auf der Landesstraße ... in Höhe km 2,4 bei S. Die 1961 geborene Klägerin, die seinerzeit schon eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezog, war als Aushilfs-Taxifahrerin (“350 €-Job“) tätig. Sie befuhr mit dem Pkw Daimler Chrysler, amtliches Kennzeichen ..., die L ... aus A kommend in Fahrtrichtung B ... mit ca. 70 km/h. In Gegenrichtung befuhr der bei dem Unfall verstorbene Versicherungsnehmer der Beklagten, B, die L ... .

3

Auf einem nur rund 400 m langen geraden Streckenabschnitt wurden die Klägerin und der hinter ihr fahrende Zeuge H von dem Zeugen O (geb. …1992) überholt, wobei die Einzelheiten dieses Überholvorganges streitig sind.

4

Der entgegenkommende Versicherungsnehmer der Beklagten geriet aus einer - aus seiner Sicht - Rechtskurve kommend, die er unstreitig mit einer Geschwindigkeit von (mindestens) 95 km/h befuhr, nach rechts auf die unbefestigte Bankette, schleuderte von dort nach links herüber, wobei sein Fahrzeug mit dem von der Klägerin geführten Taxi-Fahrzeug kollidierte. Nachfolgend schoss der bei der Beklagten versicherte BMW über die Fahrbahn hinaus und geriet in Brand, wobei der Versicherungsnehmer der Beklagten ums Leben kam. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug am Unfallort 70 km/h.

5

Infolge der Kollision mit dem schleudernden BMW erlitt die Klägerin eine Fraktur des rechten Fußes. Sie befand sich rund drei Wochen in stationärer Behandlung und musste vier Mal operiert werden. Die Klägerin war sodann bis zum Frühjahr 2011 krankgeschrieben. Seit dem Unfall hat sie keinen Personenbeförderungsschein mehr als Taxifahrerin erhalten.

6

Das gegen den Beschuldigten O eingeleitete Strafverfahren (Amtsgericht R, ... Ls .../...) endete mit einem Freispruch (Urteil vom 4.7.2011). Die dagegen eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft K ist im Termin am 11.12.2012 vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts K (Az.: ... Ns .../...) zurückgenommen worden.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Unfall sei für sie unabwendbar gewesen. Hingegen hätte sich bei dem Fahrzeug des verstorbenen Versicherungsnehmers der Beklagten die überhöhte Geschwindigkeit unfallursächlich ausgewirkt.

8

Die Klägerin hat behauptet, unfallbedingt diverse körperliche Beeinträchtigungen - über die Fußfraktur hinaus - erlitten zu haben, unter anderem einen Bandscheibenvorfall, Kopf- und Nackenschmerzen sowie eine andauernde Gangstörung durch die Fußfraktur. Auch sei bei ihr ein psychischer Dauerschaden eingetreten.

9

Die Klägerin hat ein Schmerzensgeld von mindestens 50.000 € für angemessen erachtet. Daneben hat sie einen Verdienstausfallschaden, einen Haushaltsführungsschaden sowie Rechtsanwaltskosten unter anderem für die Geltendmachung von Ansprüchen bei der Berufsgenossenschaft und ihrem privaten Unfallversicherer ersetzt verlangt.

10

Vorgerichtlich hat die Beklagte bzw. die ...-Versicherung Vorschusszahlungen in Höhe von insgesamt 10.000 € erbracht.

11

Die Klägerin hat beantragt,

12

1. die Beklagte zu verurteilen,

13

a) an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2013,

14

b) Verdienstausfallschaden für die Zeit bis einschließlich August 2013 in Höhe von 23.065,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2013,

15

c) weiteren Schadenersatz für die Zeit bis einschließlich August 2013 in Höhe von 4.172,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit

16

zu zahlen, abzüglich einer von der Beklagten geleisteten Vorschusszahlung von 2.000 € und zwei weiteren Vorschusszahlungen der x-Versicherung in Höhe von insgesamt 8.000 €, schließlich

17

2. festzustellen, dass die Beklagte weiterhin verpflichtet ist, sie auch von jeglichem weiteren Schaden aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 16.07.2010 freizustellen,

18

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.440,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

19

Die Beklagte hat beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Sie hat die Auffassung vertreten, für ihren Versicherungsnehmer sei der Unfall unabwendbar gewesen. Er habe reflexartig auf das Fahrverhalten des Zeugen O reagiert; dessen Fahrzeug sei ihrem Versicherungsnehmer noch in der (Rechts-)Kurve auf seiner Fahrbahn entgegen gekommen. Die Ausweichbewegung nach rechts auf die Bankette und der Versuch des Zurücklenkens des Fahrzeuges auf die Fahrbahn mit sich anschließendem Schleudern hätte sich genauso ereignet, wenn ihr Versicherungsnehmer die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hätte.

22

Hingegen sei die Kollision für die Klägerin vermeidbar gewesen, denn sie hätte noch nach rechts ausweichen können.

23

Die Beklagte hat den geltend gemachten Schaden auch der Höhe nach bestritten.

24

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil nebst darin enthaltener Verweisungen Bezug genommen.

25

Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung der Klägerin und nach Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung, Verwertung eines im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren [Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel, Az. ... Js .../... HW] eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten gemäß § 411 a ZPO, Einholung eines ergänzenden schriftlichen Sachverständigengutachtens sowie dessen mündlicher Erläuterung) abgewiesen.

26

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Unfall sei zwar für die Klägerin unabwendbar gewesen, gleiches gelte aber auch für den Versicherungsnehmer der Beklagten.

27

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, wobei sie insbesondere rügt, das Landgericht sei zu Unrecht von einer Unabwendbarkeit des Unfalles für den Versicherungsnehmer der Beklagten ausgegangen.

28

Unter Weiterverfolgung ihrer erstinstanzlichen Anträge beantragt die Klägerin

29

hilfsweise,

30

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit an das Landgericht Kiel zurückverweisen.

31

Die Beklagte trägt unter Verteidigung des angefochtenen Urteils auf Zurückweisung der Berufung an.

32

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen M sowie deren mündliche Erläuterung, weiterhin durch die Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Mk gemäß Beweisbeschluss vom 17.11.2016 (Bl. 377/378 d. A.) sowie dessen mündliche Erläuterung. Weiterhin wurde die Klägerin persönlich gemäß § 141 ZPO angehört.

33

Wegen des Inhalts wird auf die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen M vom 13.07.2016 (Bl. 342 f. d. A.), die Sitzungsniederschrift vom 11.10.2016 (Bl. 348 - 351 d. A.), das Gutachten des Sachverständigen Mk vom 4. Juli 2017 (Aktentasche Bd. II) sowie die Sitzungsniederschrift vom 05.12.2017 (Bl. 467 - 472 d. A.) verwiesen.

34

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

35

Die Berufung der Klägerin hat dem Grunde nach Erfolg.

36

Das angefochtene Urteil weist Rechtsfehler auf, die zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

37

Das Landgericht hat zum Teil die Beweislast verkannt, zum anderen die Anforderungen, die an den Unabwendbarkeitsbeweis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG zu stellen sind. Wegen des streitigen Vortrags zur Schadenshöhe und wegen der Kosten ist die Sache gem. § 538 Abs. 2, Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.

38

Dem Grunde nach haftet die Beklagte gemäß § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 VVG der Beklagten vollen Umfangs auf materiellen und immateriellen Schadenersatz aufgrund des Unfalles vom 16.07.2010, so dass der Senat von der Möglichkeit des Erlasses eines Grund- und Teil-Urteils gemäß § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht.

39

Der Unfall war, wie vom Landgericht noch richtig erkannt, zwar für die Klägerin unabwendbar im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG, nicht hingegen aber für den Versicherungsnehmer der Beklagten, den verstorbenen Herrn B.

40

Zwar bedeutet Unabwendbarkeit nicht absolute Unvermeidbarkeit eines Unfalles; aber derjenige, der sich auf Unabwendbarkeit beruft, muss jede nach den Umständen gebotene Sorgfalt beachtet haben, wobei letztlich nicht nur zu fragen ist, ob der Fahrer in der konkreten Gefahrensituation wie ein Idealfahrer reagiert hat, sondern es ist auch zu prüfen, ob der Idealfahrer überhaupt in diese Gefahrenlage gekommen wäre. Denn er berücksichtigt auch Erkenntnisse, die nach allgemeiner Erfahrung geeignet sind, Gefahrensituationen nach Möglichkeit zu vermeiden. Dabei trägt die Beweislast für die Unabwendbarkeit im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG derjenige, der sich darauf beruft.

41

Dass für die Klägerin die Kollision mit dem ihr entgegen schleudernden, bei der Beklagten versicherten Fahrzeug unabwendbar im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG war, wird zweitinstanzlich auch von der Beklagten nicht (mehr) in Abrede genommen. Schon der Sachverständige M hatte in seinem erstinstanzlichen Ausgangsgutachten vom 23.03.2015 ausgeführt, für die Klägerin sei es aus technischer Sicht nicht möglich gewesen, ihr Fahrzeug rechtzeitig vor dem Kollisionsort zum Stehen zu bringen. Dies ist in der Folge nicht mehr in Frage gestellt worden, kann es ernsthaft auch nicht, denn selbst ein Idealfahrer kann sich nicht gegen ein ihm entgegen schleuderndes Fahrzeug „wehren“, zumal der Klägerin im Übrigen irgendwelche Verkehrsverstöße nicht vorgehalten werden können.

42

Hingegen hat die Beklagte den ihr obliegenden Beweis der Unabwendbarkeit für ihren verstorbenen Versicherungsnehmer - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht führen können.

43

Zwar schließt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein reflexhaftes Fahrverhalten - insbesondere ein Ausweichen - die Unabwendbarkeit nicht aus, da ein solches Ausweichen unter Umständen nicht als „Fahrfehler“ gewertet werden kann (vgl. BGH VI ZR 136/85, Urteil vom 23.09.1986, noch zu § 7 Abs. 2 StVG a. F.; so auch OLG Hamm, NJW-RR 1997, S. 24 f.). Aber auch ein sonstiges Fehlverhalten darf sich nicht unfallkausal ausgewirkt haben. Die Prüfung der Unabwendbarkeit i. S. v. § 17 Abs. 3 StVG darf sich nicht auf die Frage beschränken, ob der Fahrer in der konkreten Gefahrensituation wie ein „Idealfahrer“ reagiert hat, vielmehr ist sie auf die weitere Frage zu erstrecken, ob ein „Idealfahrer“ überhaupt in eine solche Gefahrenlage geraten wäre, denn der sich aus einer abwendbaren Gefahrenlage entwickelnde Unfall wird nicht dadurch unabwendbar, dass sich der Fahrer in der Gefahr nunmehr (zu spät) „ideal“ verhält (BGH, Urteil vom 13.12.2005, VersR 2006, 369 - 373).

44

Dies hat die Beklagte nicht beweisen können.

45

Selbst wenn man zu ihren Gunsten unterstellt, ihr verstorbener Versicherungsnehmer sei angesichts des herannahenden Fahrzeuges des Zeugen O „reflexhaft“ nach rechts auf die Bankette ausgewichen - was schon angesichts der erstinstanzlichen Beweisaufnahme zweifelhaft erscheint, sich allenfalls mit den Ausführungen des Sachverständigen M in seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht rechtfertigen lässt -, steht doch nicht fest, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten die Kollision auch bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Kurvenbereich von 70 km/h nicht hätte vermeiden können.

46

Der Sachverständige M hat dies zwar angenommen. In seiner Anhörung vor dem Senat hat er ausgeführt, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten, wenn er nur mit zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h unterwegs gewesen wäre, nach dem Erkennen des entgegenkommenden Fahrzeuges auch reflexmäßig zunächst nach rechts gelenkt und sich der weitere Unfallhergang in ähnlicher Weise abgespielt hätte. Lediglich ein besonders geschulter und auf das Abkommen von der Fahrbahn vorbereiteter „Rallyefahrer“ hätte einen Schleudervorgang vermeiden können. Allerdings musste der Sachverständige M auch einräumen, dass noch zu prüfen wäre, ob es bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit dann auch zeitlich tatsächlich zu der Kollision mit dem klägerischen Fahrzeug gekommen wäre.

47

Der Untersuchung (u. a.) dieser Frage hat sich der Sachverständige Mk gewidmet.

48

Nach den Ausführungen in seinem schriftlichen Gutachten vom 4. Juli 2017, die er in seiner Anhörung vor dem Senat vertiefend erläutert hat, lasse sich ausgehend davon, dass der verstorbene Versicherungsnehmer der Beklagten zum Zeitpunkt der verkehrskritischen Situation, also bei Bemerken des entgegenkommenden Fahrzeuges des Zeugen Ö, mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h unterwegs gewesen wäre, nicht sicher feststellen, ob es zu einem Schleudervorgang gekommen wäre. Ebenso möglich sei es, dass sich das Fahrzeug weiter auf der Bankette oder nach Verlassen des Grünstreifens sich weiter auf der eigenen Fahrbahnhälfte gradlinig bewegt hätte. Alle drei Alternativen sind mathematisch-technisch nicht verifizierbar.

49

Der Sachverständige Mk teilt dabei ausdrücklich nicht die Auffassung des Sachverständigen M, dass es auch bei einer geringeren Geschwindigkeit von 70 km/h auf jeden Fall zu einem anschließenden Schleudervorgang gekommen wäre. Vielmehr müsse dies offen bleiben, da seinerzeit vor Ort die Beschaffenheit der Asphaltkante - im Übergang zur Bankette - nicht ermittelt worden sei. Auch aus den Lichtbildern zu dem Gutachten W ergebe sich, soweit diese die Asphaltkante zeigten, keine einheitliche Beschaffenheit der Asphaltkante.

50

Selbst wenn es aber zu einem Schleudervorgang gekommen wäre, hätte sich eine ganz andersartige Kollision ergeben. Es hätten sich andere Ein- und Austrittsbereiche am Grünstreifen ergeben. Bei rein kinematischer Betrachtung wäre der BMW - ausgehend von 70 km/h - 25 m vor dem tatsächlichen Kollisionsort gewesen, als das Taxi ihn erreichte. Die Differenzgeschwindigkeit wäre mit 20 - 35 km/h deutlich geringer gewesen.

51

Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis auch aus dem von der Beklagten vorgelegten Parteigutachten des Sachverständigen R vom 02.10.2017 (Bl. 459 ff. d. A.). Unter der Annahme einer Geschwindigkeit von 70 km/h des bei der Beklagten versicherten Fahrzeuges kommt auch der Parteigutachter der Beklagten zu dem Ergebnis, es könne kein physikalisch-mathematischer Beweis durch Berechnung bezüglich der Vermeidbarkeit erfolgen.

52

Für die Einholung eines Obergutachtens gem. § 412 ZPO besteht keine Veranlassung. Das Gutachten des Sachverständigen M war ersichtlich unvollständig, weil es keine Aussagen zur zeitlichen Vermeidbarkeit des Unfalls bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 70 km/h enthielt. Der Sachverständige M hat außerdem weder die Beschaffenheit der Asphaltkante vor Ort untersucht, noch konkrete Fahrversuche unternommen, die seine Hypothese der Unvermeidbarkeit für einen „Normalfahrer“ untermauert hätten. Das Gutachten W vom 13.8.10 enthält ebenfalls keine Ausführungen zur zeitlichen Vermeidbarkeit des Unfalls. Im Gegensatz dazu stützt der Senat seine Feststellungen auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Mk, die im Übrigen mit dem Ergebnis des von der Beklagten eingeholten Privatgutachtens Rehse übereinstimmen.

53

Der Sachverständige Mk hat bereits mehrfach für den Senat unfallanalytische Gutachten erstellt. Er verfügt über eine langjährige Berufserfahrung als Kfz-Sachverständiger und Gutachter für Verkehrsunfallrekonstruktion. Seine Aussagen trifft der Sachverständige Mk erst nach sorgfältiger Überprüfung der konkreten Situation und nach gewissenhafter Abwägung aller Umstände. Die Ausführungen des Sachverständigen Mk sind deshalb eine nachvollziehbare und zuverlässige Grundlage für die Überzeugungsbildung des Senats.

54

Damit hat die Beklagte den ihr obliegenden Unabwendbarkeitsbeweis nicht führen können mit der Folge ihrer vollen Haftung dem Grunde nach.

55

Entsprechend war im Wege des Teil-Urteils dem Feststellungsbegehren der Klägerin stattzugeben, zugleich im Übrigen die Klage dem Grunde nach für begründet zu erklären.

56

Zur in jeder Hinsicht strittigen Höhe der materiellen und immateriellen Forderungen der Klägerin hat der Senat die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.

57

Es wird im erheblichen Umfange (weiterer) Beweis zu erheben sein, zum einen über den Umfang der unfallbedingten Verletzungen der Klägerin, zum anderen auch über die behaupteten psychischen Folgen, dies sowohl im Hinblick auf materielle als auch immaterielle Schäden, zudem voraussichtlich auch über den Umfang des geltend gemachten Haushaltsführungsschadens sowie des Erwerbsschadens der Klägerin.

58

Dabei wird der der Klägerin zuzusprechende Schadensersatz mit Sicherheit den vorgerichtlich bereits gezahlten Betrag von 10.000 € übersteigen.

59

Die Ausführungen der Beklagten aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 2.1.2018 rechtfertigen keine andere Entscheidung und bieten dem Senat keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der Verhandlung gem. § 156 ZPO.

60

Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 GKG.

61

Auch wenn das Urteil selbst keinen vollstreckungsfähigen Inhalt im eigentlichen Sinn hat, denn das angefochtene Urteil tritt bereits mit der Verkündung des aufhebenden Urteils außer Kraft (§ 717 Abs. 1 ZPO), ist die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da gemäß §§ 775 Nr. 1 und 776 ZPO das Vollstreckungsorgan die Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil erst einstellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln erst aufheben darf, wenn eine vollstreckbare Ausfertigung vorgelegt wird. Der Senat folgt dieser Auffassung (vgl. OLG München, Urteil vom 18. September 2002 - 27 U 1011/01 -, NZM 2002, 1032; Zöller-Heßler, ZPO, 32. Aufl. § 538 Rn. 59 m. w. N.).

62

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 04. Jan. 2018 - 7 U 146/15

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(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

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(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,

1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.

(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.

Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken:

1.
wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist;
2.
wenn die Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die einstweilige Einstellung der Vollstreckung oder einer Vollstreckungsmaßregel angeordnet ist oder dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf;
3.
wenn eine öffentliche Urkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die zur Abwendung der Vollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt ist;
4.
wenn eine öffentliche Urkunde oder eine von dem Gläubiger ausgestellte Privaturkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass der Gläubiger nach Erlass des zu vollstreckenden Urteils befriedigt ist oder Stundung bewilligt hat;
5.
wenn der Einzahlungs- oder Überweisungsnachweis einer Bank oder Sparkasse vorgelegt wird, aus dem sich ergibt, dass der zur Befriedigung des Gläubigers erforderliche Betrag zur Auszahlung an den Gläubiger oder auf dessen Konto eingezahlt oder überwiesen worden ist.