Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 22. März 2018 - 7 U 48/16

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2018:0322.7U48.16.00
bei uns veröffentlicht am22.03.2018

Tenor

Die Berufung der Kläger vom 15.05.2016 gegen das am 07.04.2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsrechtszuges.

Dieses und das angefochtene Urteil sind wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

1

Die Kläger nehmen den beklagten Architekten auf Schadenersatz wegen Verletzung von Pflichten aus einem mündlichen Architektenvertrag in Anspruch.

2

Mit notariellem Vertrag vom 06.11.2010 (Anlage K 1) erwarben die Kläger von dem Voreigentümer (M B) das Erbbaugrundstück S Weg 10 in K zum Preis von 125.000,00 €. Das Erbbaurecht lief noch bis zum 31.12.2019. Es war ein jährlicher Erbbauzins von 300,00 € zu zahlen. Das Grundstück war mit einem im Jahr 1922 errichteten Gebäude bebaut, mit weiteren Anbauten aus den Jahren 1950 und 1972. Gemäß § 4 des notariellen Kaufvertrages war den Käufern bekannt, dass das Kaufgrundstück von älterer Bauart und sanierungsbedürftig war und insbesondere das Dach der Erneuerung bedurfte. Die Kläger beabsichtigten, das Haus mit einer Wohnfläche von ca. 175 m² wieder zu Wohnzwecken herzurichten und zu modernisieren. Am 08.01.2011 wies der beurkundende Notar (Notar B, K) die Kläger auf die fehlende Baugenehmigung hinsichtlich des Garagenanbaus hin. Aus den Untersuchungsberichten des Holzschutzsachverständigen H (R) vom 20.01.2011 und vom 31.3.2011 (Anlage B 3 der Beiakte 9 OH 33/12) war den Klägern bekannt, dass unter anderem der Holzfußboden im Erdgeschoss teilweise bereits gebrochen und vermorscht war und insoweit der Einbau eines neuen und gedämmten Fußbodens erforderlich war. Ihnen war auch bekannt, dass die Kellertreppe ebenfalls stark vermorscht war und der Flachdachanbau an mehreren Stellen Wasserflecken aufwies und sanierungsbedürftig war.

3

Der Beklagte wurde den Klägern Ende Januar 2011 vom S K empfohlen. In der Folgezeit beauftragten die Kläger den Beklagten mündlich mit der Planung und Durchführung einer Gebäudesanierung, wobei die Vereinbarung des von den Klägern behaupteten Ausbaustandards (Modernisierung) zwischen den Parteien streitig ist. Unstreitig teilten die Kläger dem Beklagten jedoch mit, nur 100.000,00 € an Eigen- und Fremdmitteln aufbringen zu können.

4

Nach mehrfachen Objektbesichtigungen erstellte der Beklagte am 18.04.2011 (Anlage K 3) eine „Kostenberechnung“, in der er die auszuführenden Maßnahmen auflistete und bepreiste. Er ermittelte Kosten in Höhe von insgesamt brutto 98.912,80 €, davon für Material und Fremdleistungen in Höhe von 74.874,80 € und für Eigenleistungen im Wert von 24.038,00 €. Die Kläger sind baufachliche Laien. Die Klägerin arbeitet als Dolmetscherin und der Kläger als Arzt in D.

5

Wegen des an der Grundstücksgrenze gelegenen und nur als Garage genehmigten Anbaus erstellte der Beklagte für die Kläger am 29.04.2011 einen entsprechenden Bauantrag (Anlage B 10). Der Beklagte entwarf auch eine entsprechende Nachbarzustimmung, weil der damalige Nachbar mit der Grenzbebauung einverstanden gewesen war. Aus prozesstaktischen Gründen wurde der Bauantrag jedoch nicht eingereicht und die Nachbarzustimmung nicht eingeholt, weil die Kläger zunächst insoweit den Voreigentümer auf Schadenersatz/Kaufpreisminderung in Anspruch nehmen wollten. Das entsprechende gerichtliche Verfahren ist inzwischen beendet und die Kläger haben - nach eigenen Angaben - ca. 15.000,00 € von dem Voreigentümer erhalten. Die Kläger haben das Objekt im September 2017 für ca. 80.000,00 € zu Eigentum erworben mit der Auflage, das Grundstück binnen drei Jahren zu bebauen. Sie planen dort derzeit einen Neubau.

6

Trotz fehlender Baugenehmigung und fehlender Finanzierungszusage der Bank (der Darlehensvertrag über 80.000,00 € wurde mit der X-Bank erst am 12.08.2011 geschlossen; Anlage K 13) begannen die Kläger bereits Mittel Juli 2011 mit den Rückbau- und Abbrucharbeiten. Der Beklagte vermittelte unter anderem seinen Sohn, den Zeugen B, sowie Freunde seines Sohnes für Hilfeleistungen der Kläger bei den Abbrucharbeiten. Zwischen den Parteien ist streitig, auf wessen Veranlassung und Initiative mit den Abbrucharbeiten begonnen worden war. Unstreitig dauerten die Abbrucharbeiten vom 20.07. bis 13.08.2011. Die Abbruchhelfer (B, K, H, S und F) wurden von der Klägerin jeweils in bar entlohnt (10 €/h). Insgesamt wendeten die Kläger für die vorgenannten Helfer ca. 5.000,00 bis 6.000,00 € in bar auf.

7

Nach Beendigung der Abbrucharbeiten stellte sich heraus, dass die von den Klägern gewünschten Baumaßnahmen nicht -jedenfalls nicht zu den von dem Beklagten im April 2011 geschätzten Kosten- realisiert werden konnten. Der Beklagte behauptet, die Klägerin habe immer weitere Wunschvorstellungen geäußert (u. a. Wärmeschutz, Dachbegrünung, Kamin und Schornstein, Estrich und Veluxfenster im Dachgeschoss). Nach Beendigung der Abbrucharbeiten will der Beklagte die Kläger mit undatiertem Schreiben (Anlage B 6) darauf hingewiesen haben, dass zunächst nur die „notwendigen Arbeiten“ ausgeführten werden könnten. Der Eigenleistungsanteil betrage ca. 1.500,00 bis 2.000,00 h, die durch eigene Hände Arbeit ohne Vergütung zu erbringen seien. Mit Schreiben vom 21.09.2011 (Anlage B 8) wies der Beklagte die Kläger auf nunmehr geschätzte Kosten für die Herrichtung des Objekts in Höhe von 126.150,00 € hin, bei entsprechenden Eigenleistungen im Wert von ca. 25.000,00 €. Außerdem forderte der Beklagte von den Klägern einen entsprechenden „Raumverzicht“, weil nur so der vorgegebene Finanzrahmen eingehalten werden könne. Ohne eine entsprechende Größenbeschränkung sei „der Erfolg der Maßnahme nicht gesichert“ (vgl. Anlage B 8).

8

Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.10.2011 forderten die Kläger den Beklagten zur Förderung des Bauvorhabens auf. Die ergriffenen Baumaßnahmen sowie die weitere Ablaufplanung solle unverzüglich - spätestens bis zum 20.10.2011 - fortgesetzt werden, anderenfalls werde der Architektenvertrag fristlos gekündigt.

9

Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.10.2011 (Anlage K 6) erklärten die Kläger die fristlose Kündigung des Architektenvertrages. Mit weiterem Schreiben vom 31.01.2012 (Anlage K 7) beanspruchten sie die Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 125.000,00 €.

10

Am 30.03.2012 leiteten die Kläger ein selbständiges Beweisverfahren ein, welches bei dem Landgericht Kiel unter dem Aktenzeichen 9 OH XX/XX geführt wurde. In diesem Verfahren ging es um den Wert des Erbbaugrundstücks am 18.04.2011 und zum Bewertungsstichtag am 21.02.2013. Der Sachverständige Dipl.Betriebswirt B kam mit Gutachten vom 19.04.2013 zu dem Ergebnis, dass der Sachwert des Objekts am 18.04.2011 nur 109.000,00 € betrug und zum Stichtag am 21.02.2013 nur noch 1,00 €. Zum Wertermittlungsstichtag war das Gebäude nicht mehr bewohnbar und befand sich in einem „rohbauähnlichen“ Zustand. Die Wiederherstellungskosten hatte der Architekt Dipl.-Ing. M mit mindestens 110.000,00 € beziffert.

11

Die Kläger haben behauptet, dass schon die Kostenberechnung des Beklagten vom 18.04.2011 grob falsch gewesen sei, realistischerweise hätte sich bei ordnungsgemäßer Ermittlung der Kosten ein Betrag von 160.000,00 € ergeben. Für den geschätzten Betrag von 98.912,80 € sei die Renovierung und Modernisierung des Objekts nicht durchführbar gewesen. Die tatsächlich zu erwartenden Kosten für die vom Beklagten geplanten Umbaumaßnahmen hätten sich auf deutlich über 200.000,00 € belaufen. Auch der Wert der zu erbringenden Eigenleistungen seien zu hoch kalkuliert, dazu seien die Kläger nämlich gar nicht in der Lage gewesen. Nunmehr befinde sich das Objekt in einem vollkommen ruinierten und unverkäuflichem Zustand. Bei ordnungsgemäßer Kostenberechnung hätten sie keine Modernisierungmaßnahmen durchgeführt, sondern das Objekt zurückgegeben bzw. an einen Dritten weiter veräußert.

12

Die Kläger haben ferner behauptet, der Beklagte habe ohne ihre Zustimmung mit dem Rückbau und Abbruch des Objekts begonnen. Er habe seinen Sohn und dessen Freunde mit den Abbrucharbeiten beauftragt und sei regelmäßig vor Ort gewesen. Er habe die Abbrucharbeiten koordiniert und überwacht. Die Abbrucharbeiten seien über das hinausgegangen, was zur Durchführung der ursprünglich beabsichtigten Renovierung erforderlich gewesen sei. Der Versuch, das Projekt doch noch fortzusetzen, sei nur deshalb erfolgt, um den finanziellen Ruin abzuwenden. Der Beklagte habe jedenfalls seine Nebenpflichten aus dem Architektenvertrag verletzt, weil er während der Abbrucharbeiten nicht auf den Kostenrahmen geachtet und den übermäßigen Abbruch verursacht habe. Der Schaden bestehe zum einen aus der Wertdifferenz zwischen dem Wert des Erbbaugrundstücks am 18.04.2011 (109.000,00 €) und zum Bewertungsstichtag am 31.02.2013 (1,00 €). Mit dem nachgeschobenen Klagantrag zu 3. (Klagerweiterung gemäß Schriftsatz vom 15.,11.2015, Bl. 275 ff. der Akte) machen die Kläger Finanzierungskosten sowie Unterhaltskosten für das Erbbaugrundstück sowie nutzlos aufgewendete Entsorgungskosten für den Zeitraum von August 2011 bis 31.10.2015 in Höhe von insgesamt 20.674,78 € geltend. Die Kläger haben ferner behauptet, der Beklagte habe die Holzschutzgutachten des Sachverständigen H bereits im Januar 2011 erhalten.

13

Die Kläger haben beantragt,

14

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 108.999,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (09.07.2013) zu zahlen;

15

2. festzustellen, dass der Beklagte ihnen alle weiteren Schäden, insbesondere Rückbau-, Abbruch- und Genehmigungskosten zu ersetzen hat, die ihnen aus den Pflichtverletzungen des Beklagten aus dem Architektenvertrag für das Bauvorhaben S Weg 10 in K entstanden sind und entstehen;

16

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 20.674,78 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (09.12.2015) zu zahlen.

17

Der Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Er hat die Ansicht vertreten, dass die Kostenberechnung vom 18.04.2011 unter Berücksichtigung der zulässigen Toleranzwerte von 30 % nicht fehlerhaft sei. Die in der Schätzung genannten Leistungen hätten mit den von ihm ermittelten Kostenaufwand tatsächlich erbracht werden können. Außerdem habe er die Kläger vor Beginn der Arbeiten darauf hingewiesen, dass die Schätzung unter dem Vorbehalt „unvorhersehbarer Kosten“ und einer nachträglichen Anpassung der tatsächlich herzurichtenden Räumlichkeiten an den vorgegebenen Finanzierungsrahmen standen. Den Beginn der Abbrucharbeiten hätten die Kläger in eigener Zuständigkeit und in eigener Verantwortung veranlasst und zwar gegen seinen ausdrücklichen Rat, weil zu diesem Zeitpunkt weder eine Genehmigung hinsichtlich der zu Wohnzwecken umgenutzten Garage noch eine Finanzierung gesichert war. Die Klägerin habe jedoch auf den Beginn der Abbrucharbeiten gedrängt und ihn gebeten, Personen zu benennen, welche ihr bei dem Abbruch behilflich sein können. Die Klägerin sei jeden Tag vor Ort gewesen und habe selbst die Abbrucharbeiten angeordnet und den Fortgang der Arbeiten begleitet. Er selbst sei lediglich von Zeit zu Zeit vor Ort gewesen und habe die Klägerin und ihre Helfer nur über das „wie“ der Abbrucharbeiten informiert. Die Schadenshöhe und die Kausalität seien nicht nachvollziehbar dargelegt. Bei der Ermittlung der Schadenshöhe seien die Sowiesokosten nicht zu berücksichtigen.

20

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (Gutachten des Architekten N vom 11.06.2015 mit mündlicher Ergänzung vom 27.08.2015) sowie durch Vernehmung der Zeugen B, K, K, S und H. Ferner ist die Akte des selbständigen Beweisverfahrens Landgericht Kiel (Az. 9 OH .../...) beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf vorgenannten Gutachten sowie das Sitzungsprotokoll vom 27.08.2015 und 29.10.2015 Bezug genommen.

21

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil nebst darin enthaltener Verweisungen Bezug genommen.

22

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass es offen bleiben könne, ob die Kostenberechnung des Beklagten vom 18.04.2011 falsch gewesen sei. Jedenfalls sei nicht nachgewiesen, dass bei einer richtigen Kostenschätzung die Kläger von den Baumaßnahmen abgesehen und dass Erbbaugrundstück zurückgegeben oder weiter veräußert hätten. Die Kläger seien insoweit beweisfällig geblieben. Außerdem spreche ihr tatsächliches Verhalten gegen einen entsprechenden Veräußerungswillen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Landgericht davon überzeugt, dass die Abbruch- und Demontagearbeiten allein von der Klägerin veranlasst wurden. Im Übrigen habe - so das Landgericht - für den Beklagten keine vertragliche Verpflichtung bestanden, den Umfang der Abbrucharbeiten zu bestimmen und/oder zu beaufsichtigen. Wegen der weiteren Begründung wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

23

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung.

24

Sie sind der Ansicht, der Beklagte habe bei den Abbrucharbeiten seine Sachwalterpflichten (Nebenpflichten) als Architekt verletzt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nämlich fest, dass der Beklagte während der Abbrucharbeiten mindestens einmal in der Woche auf der Baustelle gewesen sei. Unstreitig habe der Beklagte auch die Hilfspersonen der Klägerin zugeführt. Der Beklagte sei dafür verantwortlich gewesen, die Eigenleistungen der Kläger und ihrer Helfer zu beaufsichtigen. Hinsichtlich der fehlerhaften Kostenermittlung vom 18.04.2011 sei zu berücksichtigen, dass den Klägern unstreitig höchstens 100.000,00 € zur Durchführung der geplanten Baumaßnahme zur Verfügung standen. Wenn sie gewusst hätten, dass für die Modernisierung mindestens 200.000,00 € (incl. Eigenleistung) erforderlich gewesen wären, hätten sie „vernünftigerweise“ von der Baumaßnahme Abstand genommen. Im Übrigen sei die Kostenermittlung auch deshalb falsch, weil sie die erforderlichen Kosten für die Legalisierung des Garagenanbaus sowie die Kosten zur Erfüllung der EnEV und die Mehrkosten für die schwierige Zuwegung (kein Einsatz von schweren Maschinen über 1.5 t) nicht berücksichtigt.

25

Die Kläger beantragen,

26

das angefochtene Urteil des Landgerichts Kiel vom 07.04.2016 zu ändern und

27

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 108.999,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.07.2013 zu zahlen,

28

2. festzustellen, dass der Beklagte ihnen allen weiteren Schaden, insbesondere Rückbau-, Abbruch- und Genehmigungskosten zu ersetzen hat, die diesen aus den Pflichtverletzungen des Beklagten aus dem Architektenvertrag für das Bauvorhaben S Weg 10 in K entstanden sind und entstehen,

29

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 20.674,78 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 09.12.2015 zu zahlen.

30

Der Beklagte beantragt,

31

die Berufung zurückzuweisen.

32

Er ist der Ansicht, die Kostenermittlung vom 18.04.2011 sei weder fehlerhaft noch für den geltend gemachten Schaden kausal geworden. Die Gutachten des Holzschutzsachverständigen H vom 20.01.2011, 31.03.2011 und 31.05.2011 (Anlage B 9) habe er erst am 09.08.2011 mit Schreiben von Herrn Rechtsanwalt L vom 02.08.2011 erhalten. Die Abbrucharbeiten habe die Klägerin eigenverantwortlich mit ihren Gehilfen initiiert und durchgeführt. Er sei nur wenige Male auf der Baustelle gewesen und habe dann nur gezeigt, „wie“ man etwas macht. Mit der Bauüberwachung oder Planung der Abbrucharbeiten sei er nicht beauftragt gewesen. Durch die Beschäftigung und Bezahlung ihrer Helfer hätten die Kläger gegen das SchwarzarbG verstoßen. Der Klägerin stünden damit weder vertragliche Erfüllungsansprüche noch Schadenersatz oder Gewährleistungsansprüche zu. Der Beklagte habe die Klägerin mehrfach auf die ordnungsgemäße Anmeldung ihrer Helfer bei der Sozialversicherung hingewiesen.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze verwiesen.

34

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie durch Vernehmung des Zeugen W. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt des Gutachtens Dipl.-Ing. Architekt H vom 25.09.2017 sowie die mündlichen Ergänzungen vom 06.03.2018 und auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2018.

II.

35

Die Berufung der Kläger ist zulässig, aber in der Sache unbegründet.

36

Den Klägern steht gemäß §§ 634 Nr. 4, 636, 280 BGB kein Anspruch auf Schadenersatz gegen den Beklagten zu. Hinsichtlich des Vorwurfs der Bausummenüberschreitung im Hinblick auf die „Kostenberechnung“ vom 18.04.2011 haben die Kläger keine Pflichtverletzung aus dem Architektenvertrag nachgewiesen, im Übrigen mangelt es insoweit auch an dem Nachweis der erforderlichen Kausalität für den geltend gemachten Schaden. Im Hinblick auf die geltend gemachte Nebenpflichtverletzung wegen des Vorwurfs „übermäßige, unkoordinierte Abbrucharbeiten“ kann im Ergebnis eine Pflichtverletzung offen bleiben, weil es insoweit jedenfalls an der Darlegung der Kausalität und eines entsprechenden Schadens mangelt. Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

37

1. Fehlerhafte „Kostenberechnung“ vom 18.04.2011

38

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (Gutachten des Sachverständigen H) steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Kostenschätzung des Beklagten - jedenfalls unter Berücksichtigung des zulässigen Toleranzrahmens - nicht fehlerhaft gewesen ist. Ein Schadenersatzanspruch wegen behaupteter Fehler im Zusammenhang mit der Ermittlung von Baukosten kann gegen den Architekten nur unter folgenden Voraussetzungen geltend gemacht werden: Fehler des Architekten unter Berücksichtigung eines entsprechenden Toleranzrahmens, Darlegung von Ursächlichkeit und konkretem Schaden, Verschulden des Architekten unter Berücksichtigung eines etwaigen Mitverschuldens des Bauherrn (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 12. Auflage 2014, Einleitung Rn. 165 ff.).

39

Der Senat geht - in Übereinstimmung mit dem Landgericht (vergl. S. 2 des angefochtenen Urteils, unstreitiger Tatbestand) - davon aus, dass der Beklagte mündlich lediglich mit der Erbringung der Leistungsphasen 1 (Grundlagenermittlung) und 2 (Vorplanung) gemäß § 33 HOAI 2009 (§ 34 Abs. 3 HOAI 2013 n. F.) beauftragt worden ist. Bei der „Kostenberechnung“ vom 18.04.2011 handelte es sich deshalb unter Berücksichtigung der besonderen Umstände (Altbau Baujahr 1922, teilweise nicht zu Wohnzwecken genehmigt; fehlende Entwurfsplanung; fehlende Konkretisierung des Ausbaustandards) nur um eine erste „Grobkostenschätzung“. Das gilt auch für die Wertbestimmung hinsichtlich der zu erbringenden Eigenleistungen der Kläger, zumal sich die Parteien erst wenige Wochen (durch Vermittlung des S K) kannten.

40

Generell können zwar auch Fehler in der Grobkostenschätzung in einem frühen Stadium Schadenersatzansprüche auslösen, dies gilt jedoch dann nicht, wenn zum einen der genaue Ausbaustandard zwischen den Parteien nicht klar vereinbart worden ist und/oder der zulässige Toleranzrahmen eingehalten wurde (vgl. Locher/Koeble/Frik - Koeble, a.a.O., Einleitung Rn. 166, 170).

41

Den Klägern ist der Nachweis nicht gelungen, dass der Beklagte die Kosten am 18.04.2011 (Anlage K 3; rd. 99.000,00 €) falsch ermittelt hat. Dazu hätten die Kläger im Einzelnen vortragen müssen, welchen Ausbaustandard die Parteien vereinbart haben. Die Kläger hätten darzulegen gehabt, dass unter Abzug der verteuernden Änderungs- und Sonderwünsche, von zusätzlichen Leistungen sowie von unvorhergesehenen Kosten die Kostenermittlung des Beklagten unrealistisch war (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 14.06.2006, BauR 2008, 851 - 855, juris Rn. 62 m. w. N.). Der mündliche Architektenvertrag enthielt keine Bestimmungen zum Ausbaustandard. Es wäre jedoch Sache der Kläger gewesen, darzulegen und ggf. zu beweisen, welcher Ausbaustandard denn zwischen den Parteien tatsächlich vereinbart war. Der Senat hat seiner Bewertung deshalb lediglich den Mindeststandard „Herstellung für ordnungsgemäßes Wohnen“ (im Unterschied zur Modernisierung nach neuesten Bauvorschriften) zugrunde gelegt. Dabei folgt der Senat der Definition des Sachverständigen H zu dem v.g. Mindeststandard (vgl. Gutachten H vom 25.09.2017, S. 13):

42

- Es dürfen keine die Gesundheit und Sicherheit gefährdenden Sachverhalte vorliegen.

43

- Die Standsicherheit und der erforderliche Brandschutz müssen in allen Bereichen voll gegeben sein.

44

- Die Wohnverhältnisse sind hygienisch einwandfrei.

45

- Bestehende Gesetze und Verordnungen werden eingehalten.

46

Außerdem steht dem Architekten bei der Kostenschätzung ein Toleranzrahmen zur Verfügung. Ein solcher Toleranzrahmen kann zwar nicht generell festgelegt werden, bei der vorgezogenen Grobkostenschätzung dürfte der Toleranzrahmen aber im Bereich von 30 bis 40 % liegen (vgl. Locher u. a. - Koebler, Einleitung, Rn. 170; OLG Koblenz, Urteil vom 14.06.2006, a. a. O., juris Rn. 60). Der Sachverständige H hat in seinen Gutachten vom 25.09.2017 und 6.03.2018 nachvollziehbar ausgeführt, dass unter Zugrundelegung des vorgenannten Mindeststandards (“Ordnungsgemäßes Wohnen“) Anfang April 2011 Kosten in Höhe von rd. 110.000,00 € brutto (101.164,63 € gemäß S. 32 des Gutachtens vom 25.09.2017 + weitere knapp 9.000,00 € für die von dem Beklagten eingepreisten Zusatzleistungen wie Estricharbeiten, Fliesen, kontrollierte Be- und Entlüftung und Blower-door-Test) zu kalkulieren gewesen wären. Damit ist der für eine Grobkostenschätzung zugrunde liegende Toleranzrahmen von 30 bis 40 % eingehalten. Eine fehlerhafte Kostenermittlung liegt mithin nicht vor.

47

Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass dem Beklagten der den Klägern vor Beginn der Bauarbeiten zur Verfügung stehende Finanzrahmen (100.000,00 € an Eigen- und Fremdmitteln) bekannt war. Eine Kostenschätzung des Architekten ist - jedenfalls in einem solch frühen Stadium bei einem Altbau - keine Festpreisgarantie. Das Risiko, dass die tatsächlichen Kosten auch höher liegen konnten, ist einer Kostenschätzung immanent und kann grundsätzlich nicht vom Bauherrn auf den Architekten abgewälzt werden. Eine Bausummengarantie hat der Beklagte nicht abgegeben, dies wird auch nicht behauptet.

48

Schließlich waren den Klägern bereits vor der Kostenschätzung des Beklagten weitere mit dem Bauvorhaben verbundene Risiken bekannt. So waren sie bereits mit Schreiben des Notars B vom 08.01.2011 darüber informiert worden, dass der Garagenanbau wegen fehlender Baugenehmigung nicht zu Wohnzwecken genutzt werden. Außerdem hatten die Kläger unstreitig Kenntnis von den Gutachten des Holzschutzsachverständigen H (R) vom 20.01.2011 und 31.03.2011 (Anlagen B 3 der Beiakte LG Kiel 9 OH .../...). Aus den vorgenannten Untersuchungsberichten geht hervor, dass jedenfalls die Holzfußböden im Erdgeschoss teilweise erhebliche Schäden aufwiesen und der Flachdachanbau zum Teil mit Schimmelpilz befallen war. Die Kläger wussten bereits zum Zeitpunkt der Kostenschätzung, dass der Einbau eines neuen und gedämmten Fußbodens sowie eine Erneuerung der Dachschalung beim Flachdachanbau erforderlich war und dass alle Wandputzflächen, die mit Schimmelpilz befallen waren, saniert werden mussten.

49

Ob dem Beklagten die vorgenannten Erkenntnisse aus den Gutachten H bereits zum Zeitpunkt der Kostenschätzung am 18.04.2011 bekannt waren, steht hingegen zur Überzeugung des Senats nicht fest. Die Behauptung der Kläger, der Beklagte habe die vorgenannten Gutachten H jeweils „zeitnah“ erhalten, ist nicht bewiesen. Der Zeuge W konnte sich lediglich daran erinnern, dass bei einem ersten Treffen „Mitte April 2011“ vor Ort ein Gutachten übergeben worden sei. Ob es sich dabei um das/die vorgenannten Gutachten H handelte, konnte er nicht mehr sagen. Lediglich auf konkreten Vorhalt des Untersuchungsberichts vom 20.01.2011 (Beiakte 9 OH .../... Landgericht Kiel, Bl. 118) meinte er, sich daran erinnern zu können. Dies genügt nicht, um zur Überzeugung des Senats nachzuweisen, dass dem Beklagten zum Zeitpunkt der Kostenschätzung am 18.04.2011 auch tatsächlich die Erkenntnisse aus den vorgenannten Gutachten H zur Verfügung standen. Die Angaben des Zeugen W waren zu vage, als dass darauf die erforderliche Überzeugung des Senats gestützt werden kann. Der Beklagte hat vorgetragen, er habe die vorgenannten Untersuchungsberichte H erst am 9.08.2011 - mithin knapp vier Monate nach seiner „Kostenberechnung“ - zur Kenntnis erhalten.

50

Im Übrigen steht - selbst bei unterstellter fehlerhafter Kostenberechnung - die von den Klägern zu beweisende Ursächlichkeit nicht fest. Insoweit wird Bezug genommen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf S. 9 bis 11 des angefochtenen Urteils. Es ist nämlich nicht bewiesen, dass die Kläger im Falle einer wesentlichen Überschreitung der Kostenschätzung des Architekten das von ihnen erworbene Erbbaugrundstück zurückgegeben oder an Dritte weiter veräußert hätten.

51

Die Kläger haben zwar mit Schriftsatz vom 29.10.2015 (Bl. 287 GA) vorgetragen, das für den Fall eine andere Kaufinteressentin, die Zeugin Y (die bei dem klägerischen Erwerb zunächst überboten worden war), zur Verfügung gestanden hätte. Dieser Vortrag reicht jedoch nicht aus, um bei den Klägern den für die Kausalität erforderlichen Rückgabe-/Weiterveräußerungswillen festzustellen. Vielmehr spricht das gesamte tatsächliche Verhalten der Kläger dagegen. Vor dem Hintergrund der geringen Restlaufzeit des Erbbaurechts (bis 31.12.2019) und der noch sehr unpräzisen ersten Kostenberechnung in einem frühen Stadium (Mitte April 2011) erscheint es nämlich eher wahrscheinlich, dass die Kläger alternativ gleichwohl mit der Sanierung begonnen und ggf. den Sanierungsumfang auf das Nötigste beschränkt und/oder die Maßnahmen zeitlich gestreckt hätten. Schließlich haben die Kläger bereits Mitte Juli 2011 ohne detaillierte Entwurfsplanung mit den Abbrucharbeiten begonnen, ohne dass eine konkrete Finanzierungszusage ihrer Bank vorlag. Trotz des ausdrücklichen Hinweises des Beklagten lag bei Beginn der Abbrucharbeiten keine gültige Baugenehmigung für den zu Wohnzwecken umgenutzten Garagenanbau vor. Selbst nach dem Hinweis des Beklagten vom 21.09.2011 (Anlage B 8), dass sich die Sanierungskosten auf mindestens 126.000,00 € erhöhen würden, haben die Kläger keinen Abstand von dem Bauvorhaben genommen. Sie haben vielmehr weitere finanzielle Mittel in Aussicht gestellt (weitere 10.000,00 € Eigenkapital + 10.000,00 € aus dem Freundeskreis) und den Beklagten mit Schreiben vom 11.10.2011 (Anlage K 5) zur Fortsetzung seiner Architektenarbeit (u. a. Bauzeitenplan) aufgefordert und den weiteren Baufortschritt angemahnt. Die Kläger haben das Objekt unstreitig auch nicht an den Voreigentümer zurückgegeben. Schließlich haben die Kläger - nach eigenem Vortrag - das Objekt tatsächlich im September 2017 sogar zu Eigentum erworben. Angesichts der zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen ist daher die Kausalität einer etwaigen fehlerhaften Kostenschätzung für den geltend gemachten Schaden nicht nachgewiesen.

52

2. Nebenpflichtverletzung wegen „übermäßiger und unkoordinierter Abbrucharbeiten“

53

Nach Aktenlage führten die Kläger in der Zeit vom 20.07. bis 13.08.2011 (Bl. 235 der Akte) Rückbau- und Abbrucharbeiten am Objekt in Eigenleistung durch. Auf (teilweise) Vermittlung des Beklagten bedienten sie sich dabei ungelernter „Bauhelfer“, darunter Studenten, Auszubildende und Schüler. Unstreitig wurden die Kläger bei den Abbrucharbeiten maßgeblich unterstützt von dem Sohn des Beklagten, dem damaligen Bauingenieurstudenten B. Dieser hatte seine Freunde F, S, H und K zur Unterstützung der Kläger bei den Abbrucharbeiten vermittelt. Im Auftrag der Kläger haben die v.g. Helfer bei den Abrissarbeiten in unterschiedlichem Umfang geholfen und sind dafür von der Klägerin jeweils in bar (10,00 €/h) entlohnt worden. Daneben haben auch der Sohn der Klägerin sowie der Zeuge K zeitweise bei den Aufräum-/Abbrucharbeiten geholfen. Nach dem Ergebnis der persönlichen Anhörung der Kläger im Termin vom 06.03.2018 ist davon auszugehen, dass für die vorgenannten Bauhelfer weder Sozialversicherungsabgaben geleistet noch eine Anmeldung bei der zuständigen Bauberufsgenossenschaft vorgenommen worden ist. Ob dies - wie die Kläger behaupten - mit Willen und Kenntnis des Beklagten erfolgt ist, ist für die Entscheidung im Ergebnis unerheblich.

54

Unstreitig treffen den Architekten im Zuge der Bauüberwachung auch Sachverwalterpflichten in Form von Aufklärungs-, Hinweis-, Beratungs- und Informationspflichten. Nach den Feststellungen des Sachverständigen H steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die tatsächlich getätigten Abbrucharbeiten nicht fachgerecht erfolgt sind. Es ist „planlos in die Statik des Gebäudes eingegriffen“ worden. Die getätigten Maßnahmen haben die Standsicherheit in erheblichem Maße gefährdet. Außerdem werden derartige Abbrucharbeiten üblicherweise in Etappen durchgeführt (vgl. S. 20 des Gutachtens Heinrich vom 25.09.2017).

55

Es steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte eigenmächtig die Abbrucharbeiten veranlasst und die Bauhelfer in seinem Auftrag vor Ort tätig gewesen sind. Es ist weder dargelegt noch nachgewiesen, dass der Beklagte auch mit der Leistungsphase 8 (Bauüberwachung) nach § 33 HOAI 2009 (a. F.) beauftragt worden ist. Ausweislich Ziffer 7.3 der „Kostenberechnung“ vom 18.04.2011 dürfte deshalb lediglich die „Betreuung der Eigenleistung“ geschuldet gewesen sein.

56

Es steht auch nicht fest, dass der Beklagte den Umfang der Abbrucharbeiten bestimmt hat. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Bauhelfer im Auftrag der Kläger tätig geworden sind und der Umfang der Abbrucharbeiten maßgeblich von den Wünschen der Klägerin geleitet worden ist. Mängel in der Beweiswürdigung des Landgerichts sind gemäß § 286 ZPO nicht erkennbar. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung berechtigt das Gericht, die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich nach seiner individuellen Einschätzung zu bewerten, wobei der Richter lediglich an die Denk- und Naturgesetze sowie sonstigen Erfahrungssätze gebunden ist (Zöller-Greger, ZPO, 32. Auflage, § 286 Rn. 13 und 13 b). Infolge der Neuregelung in § 529 ZPO steht die Wiederholung der Beweisaufnahme außerdem nicht mehr im reinen Ermessen des Gerichts. Sie ist im Sinne eines gebundenen Ermessens vielmehr nur dann zulässig, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen und eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand mehr haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (Zöller-Hessler, ZPO, a. a. O. § 529 Rn. 3 und 4). Solche konkreten Anhaltspunkte werden mit der Berufung jedoch nicht vorgetragen. Die Kläger setzen ihre eigene Beweiswürdigung lediglich anstelle derjenigen des Gerichts. Eine Wiederholung der Beweisaufnahme ist deshalb nicht angezeigt. Der Zeuge B hat glaubhaft bekundet, dass der Beklagte in der Abbruchphase nicht permanent, sondern durchschnittlich nur einmal pro Woche auf der Baustelle war. Dabei sei es nicht um den Umfang der Abbrucharbeiten, sondern nur um das „wie“ der Arbeiten gegangen sei. Im Gegensatz dazu soll - so der Zeuge - die Klägerin während der Abbruchphase stets vor Ort gewesen sein und zusammen mit dem Zeugen überlegt haben, welche Abbrucharbeiten als nächstes vorgenommen werden sollten.

57

Neben Warn- und Informationspflichten obliegen dem Architekten im Grundsatz auch Hinweispflichten bei hoher Überschreitung des Kostenrahmens (vgl. BGH, NJW-RR 1997, 850, 852). Dieser Grundsatz erfährt jedoch Einschränkungen. So ist z. B. keine Warnpflicht gegeben, wenn sich die Verteuerung aus den Gesamtumständen ohne Weiteres aus Zusatzaufträgen des Bauherrn ergibt und dies für den Bauherrn auch ohne Weiteres einsehbar war (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 14.06.2006, a. a. O., juris, Rn. 73 m. w. N.). Den Klägern waren die mit dem Sanierungsvorhaben verbundenen und nur schwer kalkulierbaren Risiken (u. a. teilweise fehlende Baugenehmigung, marode Fußböden und Dächer) bekannt.

58

Letztlich kann insoweit die Verletzung entsprechender Nebenpflichten (Überwachungspflicht wegen nicht fachgerechtem Abbruch; Hinweispflicht bei hoher Überschreitung des Kostenrahmens) auch offen bleiben, denn es fehlt jedenfalls an der Ursächlichkeit der (unterstellten) Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden. Die Kläger machen hier im Wesentlichen den Differenzschaden zwischen dem Wert des Objekts im April 2011 und zum Bewertungsstichtag am 21.02.2013 in Höhe von knapp 109.000,00 € (gemäß Gutachten Dipl.-Betriebswirt B vom 19.04.2013) und daneben „frustrierte Aufwendungen“ (u. a. Versicherungsbeiträge und Darlehenszinsen) für das Objekt geltend. Die Kläger haben nicht konkret dargelegt, wie sie sich verhalten hätten, wenn sie - während der Abbruchphase von Mitte Juli bis Mitte August 2011 - über den übermäßigen und nicht fachgerechten Abbruch des Objekts informiert gewesen wären. Hierzu hätte es der Darlegung eines hypothetischen Ablaufs bedurft, in welchem die dann getroffenen Entscheidungen der Kläger zur Gestaltung des Bauvorhabens bei rechtzeitiger Information darzustellen gewesen wären (BGH BauR 1997, 994, 997). Dabei verbietet sich jede typisierende Betrachtungsweise, wonach etwa davon auszugehen wäre, dass sich bei geschuldeter Aufklärung der Bauherr sachgerecht verhalten hätte (BGH, a. a. O.; OLG Koblenz, Urteil vom 14.06.2006, a. a. O., juris Rn. 77). Zu Recht hat das Landgericht die Parteien deshalb bereits im Termin am 29.10.2015 (Bl. 268 GA) darauf hingewiesen, dass im Fall einer entsprechenden Hinweis- und Überwachungspflichtverletzung - der Schaden nur in den Mehrkosten für den Wiederaufbau der zu viel bzw. fehlerhaft abgebrochenen Bereiche liegen dürfte. Insoweit haben die Kläger weder dargelegt, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang der Beklagte bei dem nicht fachgerechten Abbruch Pflichten verletzt haben soll, noch wann genau er die Kläger auf eine wesentliche Überschreitung des Kostenrahmens hätte hinweisen müssen. Hinsichtlich des zuletzt genannten Punktes hat der Beklagte die Kläger unstreitig mit Schreiben vom 21.09.2011 (Anlage B 8) auf die Überschreitung der zunächst berechneten Baukosten (nunmehr mindestens 126.000,00 €) hingewiesen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass ohne einen entsprechenden „Raumverzicht“ der Erfolg der begonnenen Baumaßnahme nicht mehr gesichert sei (Anlage B 8). Gleichwohl haben die Kläger von dem Beklagten nicht den (teilweisen) Rückbau der „übermäßigen Abbrucharbeiten“ gefordert, sondern in ungekürztem Umfang an ihrem Renovierungskonzept festgehalten. Die Höhe eines etwaigen Rückbauschadens ist ebenfalls nicht dargelegt. Es fehlt insoweit auch an entsprechenden Anknüpfungstatsachen für eine Kostenschätzung nach § 287 ZPO.

59

Darüber hinaus wäre ohnehin ein entsprechendes Mitverschulden der Kläger gemäß § 254 Abs 2 BGB (Schadensminderungspflicht) zu berücksichtigen gewesen. Zwar haben die Kläger ausweislich Anlage K 24 (Rechnung der Fa. R vom 03.11.2011 über 600,00 €; gezahlt in bar am 05.12.2011) dargelegt, 600,00 € für „Winterschutzmaßnahmen“ verauslagt zu haben. Nach den Feststelllungen des Sachverständigen B vom 19.04.2013 befand sich das Objekt aber bereits zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung am 21.02.2013 insgesamt in einem „nicht mehr bewohnbaren, rohbauähnlichem Zustand“ (S. 15 des Wertermittlungsgutachtens vom 19.04.2013, Beiakte Landgericht Kiel 9 OH .../...). Schließlich hat der Sachverständige H beim Ortstermin am 12.09.2017 festgestellt, dass der jetzige Zustand des Gebäudes nur als „katastrophal“ bezeichnet werden kann. Dieser Endzustand kann auch durch Leerstand und etwaige Witterungseinflüsse entstanden sein (vgl. S. 12 des Gutachtens H vom 25.09.2017). Insoweit ist zumindest zweifelhaft, ob die Kläger die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der vorhandenen Bausubstanz eingehalten haben.

60

Nach dem Ergebnis der persönlichen Anhörung der Kläger im Termin am 06.03.2018 steht zur Überzeugung des Senats ferner fest, dass die Kläger durch die Beschäftigung der Bauhelfer während der Abbruchphase (20.07 bis 13.08.2011) gegen § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchwarzArbG verstoßen haben. Sie haben nicht die sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- und Aufzeichnungspflichten eingehalten. Vielmehr haben sie die Bauhelfer mit 10,00 €/h in bar entlohnt und ohne die erforderlichen Meldungen an die Bauberufsgenossenschaft und Abführung der erforderlichen Beiträge an die Sozialversicherung beschäftigt. Dies hat zur Folge, dass die jeweiligen Dienstverträge mit den Bauhelfern wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 1, SchwarzarbG nach § 134 BGB nichtig sind. Gegen die Bauhelfer bestanden weder vertragliche Erfüllungs- noch Schadenersatz- oder Gewährleistungsansprüche (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 16.08.2013, 1 U 24/13, SchlHA 2014, 56 - 58; BGH Urteil vom 10.04.2014, VII ZR 241/13, NJW 2014, 1805 - 1807). Der Schwarzarbeiter und derjenige, der Schwarzarbeiter beschäftigt, verdienen nach dem Zweck des SchwarzarbG keinen Schutz. Unterstellt, der Beklagte habe von der illegalen Beschäftigung der Bauhelfer nichts gewusst, könnte es gemäß § 242 BGB eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn die Kläger nunmehr Gewährleistungs-/Schadensersatzansprüche gegen den insoweit gutgläubigen, baubegleitenden Architekten geltend machen. Dies wäre wohl mit dem generalpräventiven Zweck des Schwarzarbeitsverbots nicht vereinbar.

61

3. Feststellungsantrag und Ersatz „frustrierter Aufwendungen“

62

Mangels Pflichtverletzungen und Kausalität fehlt es auch an dem erforderlichen Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO. Gleiches gilt - mangels Anspruchsgrundlage - auch für die mit der Klagerweiterung vom 25.11.2015 (Bl. 275 ff. GA) geltend gemachten weiteren Schäden von 20.674,78 €.

63

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.

64

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Sache hat ihren Schwerpunkt in tatsächlichen Fragen.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 22. März 2018 - 7 U 48/16

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bei uns veröffentlicht am 10.04.2014

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 16. August 2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 16. Aug. 2013 - 1 U 24/13

bei uns veröffentlicht am 16.08.2013

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Februar 2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Kiel (11 O 209/11) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen.

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Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und
4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Für Grundleistungen bei Gebäuden und Innenräumen sind die Kosten der Baukonstruktion anrechenbar.

(2) Für Grundleistungen bei Gebäuden und Innenräumen sind auch die Kosten für Technische Anlagen, die der Auftragnehmer nicht fachlich plant oder deren Ausführung er nicht fachlich überwacht,

1.
vollständig anrechenbar bis zu einem Betrag von 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten und
2.
zur Hälfte anrechenbar mit dem Betrag, der 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten übersteigt.

(3) Nicht anrechenbar sind insbesondere die Kosten für das Herrichten, für die nichtöffentliche Erschließung sowie für Leistungen zur Ausstattung und zu Kunstwerken, soweit der Auftragnehmer die Leistungen weder plant noch bei der Beschaffung mitwirkt oder ihre Ausführung oder ihren Einbau fachlich überwacht.

(1) Das Leistungsbild Gebäude und Innenräume umfasst Leistungen für Neubauten, Neuanlagen, Wiederaufbauten, Erweiterungsbauten, Umbauten, Modernisierungen, Instandsetzungen und Instandhaltungen.

(2) Leistungen für Innenräume sind die Gestaltung oder Erstellung von Innenräumen ohne wesentliche Eingriffe in Bestand oder Konstruktion.

(3) Die Grundleistungen sind in neun Leistungsphasen unterteilt und werden wie folgt in Prozentsätzen der Honorare des § 35 bewertet:

1.
für die Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung) mit je 2 Prozent für Gebäude und Innenräume,
2.
für die Leistungsphase 2 (Vorplanung) mit je 7 Prozent für Gebäude und Innenräume,
3.
für die Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung) mit 15 Prozent für Gebäude und Innenräume,
4.
für die Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung) mit 3 Prozent für Gebäude und 2 Prozent für Innenräume,
5.
für die Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) mit 25 Prozent für Gebäude und 30 Prozent für Innenräume,
6.
für die Leistungsphase 6 (Vorbereitung der Vergabe) mit 10 Prozent für Gebäude und 7 Prozent für Innenräume,
7.
für die Leistungsphase 7 (Mitwirkung bei der Vergabe) mit 4 Prozent für Gebäude und 3 Prozent für Innenräume,
8.
für die Leistungsphase 8 (Objektüberwachung – Bauüberwachung und Dokumentation) mit 32 Prozent für Gebäude und Innenräume,
9.
für die Leistungsphase 9 (Objektbetreuung) mit je 2 Prozent für Gebäude und Innenräume.

(4) Anlage 10 Nummer 10.1 regelt die Grundleistungen jeder Leistungsphase und enthält Beispiele für Besondere Leistungen.

(1) Für Grundleistungen bei Gebäuden und Innenräumen sind die Kosten der Baukonstruktion anrechenbar.

(2) Für Grundleistungen bei Gebäuden und Innenräumen sind auch die Kosten für Technische Anlagen, die der Auftragnehmer nicht fachlich plant oder deren Ausführung er nicht fachlich überwacht,

1.
vollständig anrechenbar bis zu einem Betrag von 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten und
2.
zur Hälfte anrechenbar mit dem Betrag, der 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten übersteigt.

(3) Nicht anrechenbar sind insbesondere die Kosten für das Herrichten, für die nichtöffentliche Erschließung sowie für Leistungen zur Ausstattung und zu Kunstwerken, soweit der Auftragnehmer die Leistungen weder plant noch bei der Beschaffung mitwirkt oder ihre Ausführung oder ihren Einbau fachlich überwacht.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Zweck des Gesetzes ist die Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung.

(2) Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei

1.
als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbstständiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt,
2.
als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,
3.
als Empfänger von Sozialleistungen seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Mitteilungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger nicht erfüllt,
4.
als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbstständigen Betriebes eines stehenden Gewerbes (§ 14 der Gewerbeordnung) nicht nachgekommen ist oder die erforderliche Reisegewerbekarte (§ 55 der Gewerbeordnung) nicht erworben hat oder
5.
als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (§ 1 der Handwerksordnung).
Schwarzarbeit leistet auch, wer vortäuscht, eine Dienst- oder Werkleistung zu erbringen oder ausführen zu lassen, und wenn er selbst oder ein Dritter dadurch Sozialleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch zu Unrecht bezieht.

(3) Illegale Beschäftigung übt aus, wer

1.
Ausländer und Ausländerinnen als Arbeitgeber unerlaubt beschäftigt oder als Entleiher unerlaubt tätig werden lässt,
2.
als Ausländer oder Ausländerin unerlaubt eine Erwerbstätigkeit ausübt,
3.
als Arbeitgeber Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen
a)
ohne erforderliche Erlaubnis nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes,
b)
entgegen den Bestimmungen nach § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6, § 1a oder § 1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes oder
c)
entgegen § 6a Absatz 2 in Verbindung mit § 6a Absatz 3 des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft
überlässt oder für sich tätig werden lässt,
4.
als Arbeitgeber Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigt, ohne dass die Arbeitsbedingungen nach Maßgabe des Mindestlohngesetzes, des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder des § 8 Absatz 5 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes eingehalten werden,
5.
als Arbeitgeber Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu ausbeuterischen Arbeitsbedingungen beschäftigt oder
6.
als Inhaber oder Dritter Personen entgegen § 6a Absatz 2 des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft tätig werden lässt.

(4) Die Absätze 2 und 3 finden keine Anwendung für nicht nachhaltig auf Gewinn gerichtete Dienst- oder Werkleistungen, die

1.
von Angehörigen im Sinne des § 15 der Abgabenordnung oder Lebenspartnern,
2.
aus Gefälligkeit,
3.
im Wege der Nachbarschaftshilfe oder
4.
im Wege der Selbsthilfe im Sinne des § 36 Abs. 2 und 4 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. August 1994 (BGBl. I S. 2137) oder als Selbsthilfe im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 des Wohnraumförderungsgesetzes vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3076),
erbracht werden. Als nicht nachhaltig auf Gewinn gerichtet gilt insbesondere eine Tätigkeit, die gegen geringes Entgelt erbracht wird.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Februar 2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Kiel (11 O 209/11) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten der 1. Instanz werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten tragen die Klägerin 69 % und der Beklagte zu 1) 31 %. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) 69 %. Der Beklagte zu 1) trägt von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin 31 %. Im Übrigen tragen die Klägerin und der Beklagte zu 1) ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten der 2. Instanz trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage einen Anspruch auf restlichen Werklohn in Höhe von 6.604,63 € nebst Zinsen.

2

Die Beklagten ließen im Jahr 2010 vier Reihenhäuser in B. errichten. Unter dem Datum des 28. Oktober 2010 richtete die Klägerin an sie eine sogenannte Auftragsbestätigung betreffend die Elektroinstallationsarbeiten. Diese enthielt ein Leistungsverzeichnis der durchzuführenden Arbeiten und endete auf eine Pauschalsumme von 18.800,00 € brutto. Darunter findet sich der Vermerk „5.000,00 € Abrechnung gemäß Absprache“. Die Auftragsbestätigung wurde am 1. November 2010 durch den Beklagten zu 1) unterzeichnet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 2 (Bl. 5 - 15 d. A.) Bezug genommen.

3

Nachdem von Beklagtenseite der Architekt S. eingeschaltet worden war, entwarf dieser einen Pauschalvertrag über eine Pauschalsumme von 13.800,00 € brutto, zahlbar in verschiedenen Abschlagszahlungen nach Baufortschritt, den der Beklagte zu 1), der Architekt S. und der Geschäftsführer der Klägerin am 16. Dezember 2010 unterzeichneten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 (Bl. 4 d. A.) Bezug genommen.

4

Der Beklagte zu 1) übergab dem Geschäftsführer der Klägerin 2.300,00 € in bar. Weitere 2.700,00 € übergab er in bar an den Architekten mit dem Auftrag, diesen Betrag an die Klägerin auszuzahlen. Der Betrag wurde jedoch schließlich von dem Architekten an den Beklagten zu 1) zurückgegeben.

5

Nachdem die Klägerin die Arbeiten abgeschlossen hatte, stellte sie unter dem Datum des 29. April 2011 ihre Schlussrechnung über restliche 3.904,63 € brutto (Anlage K 3, Bl. 16 - 17 d. A.). Am 5. Mai 2011 stellte sie eine weitere Rechnung über 2.700,00 € brutto (Anlage K 4, Bl. 18 d. A.).

6

Die Beklagten haben die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen behaupteter Mängel der Arbeiten der Klägerin erklärt.

7

Die Klägerin hat behauptet, die Parteien hätten vereinbart, dass die Beklagten an sie neben dem Pauschalwerklohn in Höhe von 13.800,00 € in bar 5.000,00 € hätten zahlen sollen, über die keine Rechnung habe gestellt werden sollen. Der Beklagte zu 1) sei im Zweifel von der Beklagten zu 2) bevollmächtigt gewesen.

8

Die Beklagten haben behauptet, an den Arbeiten der Klägerin lägen die von einem Privatgutachter in der Liste vom 4. März 2011 (Anlage B 1, Bl. 35 - 37 d. A.) aufgeführten Mängel vor. Der Beklagten zu 1) hat widerklagend die Differenz in Höhe von 2.962,47 € zwischen dem Schadensersatzanspruch wegen der Mängel und dem von ihm anerkannten Werklohnanspruch abzüglich Abschlagszahlungen nebst Zinsen und Kosten verlangt.

9

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der weiteren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat nach der Vernehmung eines Zeugen und der Einholung eines Sachverständigengutachtens die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.342,26 € zu zahlen und die Klage im Übrigen sowie die Widerklage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Klägerin stehe gegen beide Beklagte ein Anspruch auf Werklohn aus § 631 BGB zu.

10

Auch die Beklagte zu 2) sei Vertragspartnerin geworden. Die Auftragsbestätigung sei an beide Beklagte gerichtet gewesen und von dem Beklagten zu 1) unterschrieben worden. Dadurch habe dieser einen Rechtsschein gesetzt. Auch die Rechnungen seien an beide Beklagte gerichtet gewesen und der Pauschalauftrag weise beide als Bauherren aus. Dies müsse die Beklagte zu 2) sich zurechnen lassen.

11

Der restliche Werklohnanspruch der Klägerin betrage 6.430,13 €. Die Parteien hätten einen Pauschalvertrag über pauschalen Werklohn in Höhe von 18.800,00 € geschlossen. Dem stünden Zahlungen in Höhe von 12.580,00 € gegenüber. Zu dem Rest in Höhe von 6.220,00 € komme noch Werklohn für eine Zusatzleistung in Höhe von 210,13 € brutto. Zwar habe der Zeuge S. die Sonderabrede über 5.000,00 € nicht bestätigt, aber er habe bekundet, dass er von den Beklagten zu 1) 2.700,00 € bar erhalten habe. Aus der Auftragsbestätigung ergebe sich der Vermerk „5.000,00 € Abrechnung gemäß Absprache“. Dies belege die Sonderabrede.

12

Der Anspruch der Klägerin sei fällig, denn die Beklagten hätten die Abnahme zu Unrecht verweigert. Nach dem Sachverständigengutachten lägen nur unwesentliche Mängel vor, die mit einem Aufwand von 16 Stunden zu je 38,00 €, also 608,00 € zu beseitigen seien. Die Beklagten hätten nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens pauschal zu den Mängeln vorgetragen und zum Teil Mängel für alle vier Häuser geltend gemacht, die nur bei einem von ihnen vorhanden gewesen seien.

13

Die 608,00 € sowie die 479,87 € laut Rechnung der Firma X. Elektrotechnik seien von dem Werklohnanspruch der Klägerin abzuziehen, so dass sich der ausgeurteilte Betrag ergebe.

14

Gegen dieses ihnen am 11. Februar 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Februar 2013 eingegangene und nachfolgend form- und fristgerecht begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgen.

15

Sie führen zur Begründung aus, die Beklagte zu 2) sei nicht vertraglich gebunden, denn sie habe keinen Rechtsschein gesetzt. Sie sei zwar Miteigentümerin des Grundstücks, habe aber mit dem Bau nichts zu tun gehabt und habe den Beklagten zu 1) nicht bevollmächtigt.

16

Die Auffassung des Landgerichts zu der Nebenabrede neben dem Pauschalvertrag sei nicht nachvollziehbar. Die Unterschrift des Beklagten zu 1) unter der Auftragsbestätigung habe ein bloßes Empfangsbekenntnis dargestellt. Die unstreitig erfolgten Barzahlungen seien Teil der Abschlagszahlungen gewesen.

17

Unter Berücksichtigung aller Abschlagszahlungen sei ein Werklohnanspruch der Klägerin in Höhe von 1.220,00 € abzüglich des Aufwandes für Mängelbeseitigung in Höhe von 479,87 € offen. Tatsächlich sei der Mangelbeseitigungsaufwand höher als 16 Stunden. Das Sachverständigengutachten sei nicht nachvollziehbar. Es lasse offen, welche Mangelbeseitigungsarbeiten im Einzelnen auszuführen seien.

18

Die Beklagten beantragen,

19

in Abänderung des Urteils des Landgerichts Kiel vom 5. Februar 2013, Az.: 11 O 209/11, die Klage abzuweisen.

20

Die Klägerin beantragt,

21

die Berufung abzuweisen.

22

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages.

23

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

24

Die zulässige Berufung hat Erfolg. Das Urteil des Landgerichts war im angefochtenen Umfang abzuändern, denn der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch zu.

25

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Werklohn aus § 631 BGB zu, weil zwischen den Parteien kein wirksamer Werkvertrag geschlossen worden ist.

26

a) Die Beklagte zu 2) ist bereits ist bereits nicht Vertragspartnerin geworden. Sie hat sich persönlich nicht an dem Vertragsschluss beteiligt. Ob sie bei dem Vertragsschluss durch den Beklagten zu 1) vertreten worden ist, ist fraglich. Dieser hat nicht ausdrücklich sowohl für sich persönlich als auch für die Beklagte zu 2) gehandelt. Eine Vertretung ließe sich allenfalls durch Auslegung annehmen, weil sowohl die Auftragsbestätigung als auch der Pauschalvertrag die Beklagten beide als Auftraggeber bzw. Bauherren auswies.

27

Jedenfalls aber fehlt es an substantiiertem Vortrag der Klägerin zu einer Vollmacht des Beklagten zu 1) für die Beklagte zu 2). Die Klägerin hat eine solche Vollmacht in der ersten Instanz nicht ausdrücklich und in der zweiten Instanz ohne den Vortrag näherer Einzelheiten behauptet und zudem nicht unter Beweis gestellt.

28

Es lässt sich auch keine Rechtsscheinsvollmacht annehmen, weil es an einem von der Beklagten zu 2) gesetzten Rechtsschein fehlt. Für eine Anscheinsvollmacht hätte die Beklagte zu 2) erkennen und verhindern können müssen, dass der Beklagte zu 1) für sie rechtsgeschäftlich tätig wurde (Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., § 172, Rn. 11). Für eine Duldungsvollmacht hätte sie positiv wissen müssen, dass der Beklagte zu 1) für sie rechtsgeschäftliche Erklärungen abgab, ohne dem entgegen zu treten (a. a. O, Rn. 8). Dazu fehlt jeglicher Vortrag der Klägerin. Die Umstände, die das Landgericht für eine Annahme einer Rechtsscheinsvollmacht herangezogen hat, sind nicht ausreichend, denn danach hat allenfalls der Beklagte zu 1) einen Rechtsschein gesetzt, was die Beklagte zu 2) nicht bindet.

29

b) Der Werkvertrag ist gemäß § 134 BGB nichtig. Die Parteien haben nämlich gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen, indem sie eine Schwarzgeldabrede getroffen, d. h. vereinbart haben, dass die Werkleistung teilweise ohne Rechnung erbracht wird, damit der entsprechende Umsatz den Steuerbehörden verheimlicht werden kann und die Beklagten dadurch einen Preisvorteil erzielen.

30

Die Bestimmungen des § 1 Abs. 2 SchwarzArbG sind Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB. Verstoßen beide Vertragsparteien dagegen, so führt dies zur Nichtigkeit des Werkvertrages (OLG Schleswig, Urteil vom 21. Dezember 2012, 1 U 105/11 (zit. nach juris); Armbrüster in: MK-BGB, 6. Auflage, § 134, Rn. 77; Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Auflage, § 134, Rn. 22; Bosch, NJOZ 2008, 3044, 3049; Pauly, MDR 2008, 1196; Armbrüster, JZ 2008, 1006, 1008). Das folgt aus einer Auslegung des Schutzzwecks des § 1 SchwarzArbG. Dem Zweck, die Bekämpfung von Schwarzarbeit zu intensivieren, ist am besten gedient, wenn ein Verstoß gegen ihre Erscheinungsformen zu der Gesamtnichtigkeit des Vertrages führt (Bosch, a. a. O.). Eine Teilnichtigkeit nur der Abrede, keine Rechnungen für die Werkleistung zu stellen, würde nicht die notwendige Abschreckungswirkung entfalten. Da das Ziel der Parteien einerseits, die Umsatzsteuer nicht vollständig an das Finanzamt abführen zu müssen und andererseits einen günstigeren Werklohn dadurch zu erzielen, auch dann erreicht wird, wenn nur ein Teil des Werklohns ohne Rechnung gezahlt werden soll, gilt dies auch bei teilweiser Schwarzgeldabrede.

31

Der Senat geht mit der Begründung des Landgerichts davon aus, dass die Parteien eine Schwarzgeldabrede geschlossen haben, indem sie vereinbarten, dass über den schriftlich vereinbarten Werklohn von 13.500,00 € hinaus weitere 5.000,00 € bar ohne Rechnung gezahlt werden sollten. Diese von der Klägerin vorgetragene Vereinbarung ist in der Auftragsbestätigung vom 28. Oktober 2010 angelegt, die eine gesonderte Abrechnung von 5.000,00 € vorsah und von dem Beklagten zu 1) unterschrieben worden ist. Außerdem wäre nicht erklärlich, aus welchem Grund die Klägerin trotz des mit Unterschrift des Beklagten zu 1) zu Stande gekommenen Vertrages nachtäglich einen Nachlass von 5.000,00 € hätte gewähren sollen. Soweit die Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz behaupten, die Unterschrift unter der Auftragsbestätigung hätte ein bloßes Empfangsbekenntnis darstellen sollen, ist das nicht plausibel. Ein Bedürfnis für ein solches Empfangsbekenntnis ist nicht erkennbar. Und jedenfalls aus der Sicht des objektiven Empfängerhorizonts deutete nichts auf eine solche Absicht des Beklagten zu 1) hin. Schließlich wären anderenfalls nicht die Barzahlungen in Höhe von 2.300,00 € an den Geschäftsführer der Klägerin und in Höhe von 2.700,00 € an den Architekten - zusammen 5.000,00 € - erklärlich. Diese Zahlungen wichen von dem zwischen den Parteien vereinbarten Zahlungsplan ab. Auch ist nicht erkennbar, warum diese Zahlungen in bar geleistet worden sein sollen, wenn es nicht um die Verschleierung der Zahlung ging. Andere Abschlagszahlungen sind überwiesen worden.

32

Die Abrede, über einen Teil des Werklohns in Höhe von 5.000,00 € keine Rechnung zu stellen, kann nur dem Zweck gedient haben, die darauf entfallende Umsatzsteuer zu hinterziehen. Die Klägerin plante, gegen ihre Pflicht aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 UStG, innerhalb von sechs Monaten nach der Erbringung der Leistung eine Rechnung auszustellen, zu verstoßen. Zusammen mit dem Pauschalvertrag über den niedrigeren Werklohn kann das nur der Verschleierung des Umsatzes gedient haben. Die Klägerin ist ihrer Pflicht zur Rechnungstellung im Übrigen auch im Nachhinein nur zum Teil nachgekommen. Sie hat über die bar empfangenen 2.300,00 € keine Rechnung gestellt.

33

2. Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aus §§ 677, 683, 670 BGB steht der Klägerin nicht zu. Zwar hätte sie grundsätzlich ohne Berechtigung, weil auf der Grundlage eines nichtigen Vertrages, ein fremdes Geschäft geführt. Auch steht einem Geschäftsführer, der auf dem Gebiet des ausgeführten Geschäfts gewerblich tätig ist, die übliche Vergütung als Aufwendungsersatz zu (BGH NJW 2012, 1648, 1651; BGH, Urteil vom 11. Juni 1992 VII ZR 110/91 (zit. nach juris)). Jedoch kann ein Geschäftsführer, der bei der Ausführung des Geschäfts gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, keinen Aufwendungsersatz verlangen, weil er diese Aufwendungen nicht für erforderlich halten durfte (BGHZ 118, 142, 150; 111, 308, 311; 37, 258, 263 f.). So liegt es hier, weil die Klägerin gegen das Verbotsgesetz des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen hat.

34

3. Schließlich steht der Klägerin auch kein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Dies folgt aus der Vorschrift des § 817 S. 2 BGB, der jeden Bereicherungsanspruch aus einer Leistungskondiktion (Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 817, Rn. 12) ausschließt, wenn der Leistende durch die Leistungen gegen ein Gesetz oder gegen die guten Sitten verstoßen hat. Das trifft für die Klägerin zu, die bewusst die auf ihren Werklohn entfallende Umsatzsteuer teilweise hinterziehen wollte.

35

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 111, 308, 312 f.; zustimmend KG BauR 2007, 1419, 1421; Köhler, JZ 1990, 466, 469; Ermann/H. P. Westermann, BGB, 11. Aufl., § 817, Rn. 15) wäre der Ausschluss des Bereicherungsanspruchs allerdings unbillig. Zweck des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes sei die Wahrung öffentlicher Interessen, wie etwa des Interesses an Steuereinnahmen. Diese Zwecke würden durch öffentlich rechtliche Sanktionen erreicht, wie z. B. die Gefahr einer Bestrafung wegen Steuerhinterziehung. Zweck sei es nicht, dem Empfänger der Leistung die Zahlung des Entgelts zu ersparen. Der Leistende andererseits werde durch den Ausschluss des Bereicherungsanspruchs doppelt sanktioniert (Köhler, a. a. O.). Er werde nicht abgeschreckt, sondern werde auf einer Vorleistung durch den Empfänger bestehen. Abschreckend wirke es eher, dass beim Einklagen des Bereicherungsanspruches der Gesetzesverstoß offenbart werden müsse. Zudem könne der Auftraggeber einen Ausschluss des Bereicherungsanspruches ausnutzen, um sich ohne Gegenleistung die Werkleistung zu verschaffen.

36

Diese Begründung überzeugt den Senat nicht. Sie widerspricht dem klaren Wortlaut des Gesetzes (Staudinger/Lorenz, BGB, Neubearb. 2007, § 817, Rn. 10). Dieser zielt gerade auf den Verlust des Bereicherungsanspruches als gewollte Folge ab (Schwab in: MK-BGB, 5. Aufl., § 817 Rn. 24; Armgardt, NJW 2006, 2070, 2073). Es ist der Rechtsprechung verwehrt, diese gewollte Folge in ihr Gegenteil zu verkehren (Armgardt, a. a. O.). Wer bewusst gegen ein Verbotsgesetz verstößt, verdient keinen Schutz vor den Folgen des Verstoßes (Tiedtke, DB 1990, 2307, 2310), sondern würde durch einen solchen Schutz gerade unbillig begünstigt (Schwab, a. a. O.). Es handelt sich um eine bezweckte Rechtsschutzverweigerung (Schmidt-Recla, JZ 2008, 60, 67; Kern, Jus 1993, 193, 195). Gegenüber dieser generalpräventiven Wirkung haben Parteiinteressen oder Billigkeitserwägungen keinen Vorrang. (Armgardt, a. a. O.; Schmidt-Recla, a. a. O.). Ohnehin sind Billigkeitserwägungen in einem Fall, in dem beide Parteien gegen Gesetze verstoßen, nicht angebracht (Staudinger/Lorenz, a. a. O.; Kern, a. a. O.).

37

Die Zubilligung eines Bereicherungsanspruches würde der Missbilligung der Schwarzarbeit, die der Gesetzgeber durch die verschiedenen Tatbestände im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zum Ausdruck gebracht hat, widersprechen. Sie würde der Schwarzarbeit einen Teil ihres Risikos nehmen, indem der Anbieter trotz des Gesetzesverstoßes die Hilfe staatlicher Gerichte in Anspruch nehmen könnte, um eine Gegenleistung durchzusetzen. Der Abschreckungseffekt, der durch die Kombination öffentlich-rechtlicher und zivilrechtlicher Sanktionen erreicht werden kann, würde so minimiert.

38

Auf der anderen Seite ist der mögliche Vorteil des Auftraggebers kein ausreichender Grund, um die im Gesetz angelegte Sanktionierung des Gesetzesverstoßes aufzugeben (Staudinger/Lorenz, a. a. O.) und muss in Kauf genommen werden, um die Sanktionierungswirkung zu erreichen. Es hängt ohnehin von Zufall ab, welche der Parteien einen Vorteil aus der Störung der Leistungsbeziehung zieht. Das Risiko trägt nämlich derjenige, der vorleistet (Tiedtke, a. a. O.). Dass Auftraggeber in nennenswerter Zahl den Ausschluss des Bereicherungsanspruches ausnutzen, ist nicht zu erwarten. Dem scheinbaren Vorteil der Ersparnis von Aufwendungen stehen nämlich gravierende Nachteile entgegen, namentlich der Verlust jeglicher Ansprüche gegen den Leistenden. So steht dem Auftraggeber bei einem wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nichtigen Werkvertrag kein Mangelgewährleistungsanspruch zu (OLG Schleswig, Urteil vom 21. Dezember 2012, 1 U 105/11 (zit. nach juris)).

39

Nicht zuletzt führt die Zubilligung eines Bereicherungsanspruches zu Wertungsschwierigkeiten bei der Bestimmung der Höhe. Dem Leistenden soll Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB in Höhe der ersparten Aufwendungen des Empfängers abzüglich des Minderwerts bekannter Mängel und eines Abschlages für weitere Nachteile wie des Verlustes des Mangelgewährleistungsrecht, begrenzt durch den vereinbarten Werklohn zustehen (BGH 111, 308, 314). Wie hoch diese Abschläge konkret auszufallen haben ist zweifelhaft. Je nach der Höhe der Differenz des Werklohns mit und ohne Schwarzgeldabrede kann der Wertersatz in der Nähe des vereinbarten Werklohns liegen (Tiedtke, a. a. O.), was den Anbieter von Schwarzarbeit wiederum unbillig begünstigt und den Abschreckungseffekt minimiert.

40

Es kommt hinzu, dass hinsichtlich anderer Verbotsgesetze der Ausschluss des Bereicherungsanspruches anerkannt ist, obwohl der Leistungsempfänger eine verwertbare Leistung empfangen hat (BGH ZIP 1992, 833, 835 f. - Abschlussprüfung durch ausgeschlossenen Wirtschaftsprüfer; BGH ZIP 2006, 1101, 1103 f. - Steuerberatung durch im Inland nicht zugelassenen Steuerberater). Einen Wertungsunterschied vermag der Senat nicht zu erkennen.

41

Schließlich würde die Zubilligung eines Bereicherungsanspruches im vorliegenden Fall zu dem widersinnigen Ergebnis führen, dass die Klägerin die Beklagte zu 2) als weitere Schuldnerin gewänne. Wäre der Werkvertrag wirksam, so hätte die Klägerin dennoch keinen Anspruch gegen sie, weil sie nicht Vertragspartnerin geworden ist. Einem Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB wäre sie aber ausgesetzt, weil sie Miteigentümerin des Grundstücks und ihr Vermögen so durch die Arbeit der Klägerin, die meinte, auch an sie zu leisten, gemehrt worden ist. Dies würde die besondere Schutzwürdigkeit der Beklagten zu 2), die weder an dem Vertrag noch gar an der Schwarzgeldabrede beteiligt war, aushebeln.

42

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO. Bei der Verteilung der Kosten der 1. Instanz war zu berücksichtigen, dass die abgewiesene Widerklage allein durch den Beklagten zu 1) erhoben worden war. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

43

Die Revision war zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 542 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Frage, ob trotz eines Verstoßes gegen einen Tatbestand des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes ein Bereicherungsanspruch bestehen kann, ist zu klären, weil der Senat insoweit von den oben genannten Urteilen des Bundesgerichtshofs und des Kammergerichts abweichen will.


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 16. August 2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Bezahlung erbrachter Werkleistungen. Die Beklagten ließen 2010 vier Reihenhäuser auf ihrem im Miteigentum stehenden Grundstück in B. errichten. Mit der Ausführung der Elektroinstallationsarbeiten wurde die Klägerin beauftragt. Diese erteilte den Beklagten am 28. Oktober 2010 eine Auftragsbestätigung, die von dem Beklagten zu 1 am 1. November 2010 unterzeichnet wurde. Darin waren die auszuführenden Arbeiten beschrieben und ein Pauschalpreis von 18.800 € ausgewiesen mit dem Vermerk: "5.000 € Abrechnung gemäß Absprache". Nachfolgend unterzeichneten der Beklagte zu 1 und die Klägerin einen Pauschalvertrag über eine Summe von 13.800 €, zahlbar in verschiedenen Abschlagszahlungen nach Baufortschritt. Der Beklagte zu 1 übergab dem Geschäftsführer der Klägerin 2.300 € in bar; ein weiterer Barbetrag von 2.700 €, den der Beklagte zu 1 seinem Architekten zunächst zur Auszahlung an die Klägerin übergeben hatte, wurde ihr nicht ausgereicht.

2

Nach Abschluss der Arbeiten stellte die Klägerin am 29. April 2011 eine Schlussrechnung über restliche 3.904,63 € brutto aus der Pauschalsumme von 13.800 € und am 5. Mai 2011 eine weitere Rechnung über 2.700 € brutto. Nach Darstellung der Klägerin haben die Parteien vereinbart, dass die Beklagten neben dem Pauschalwerklohn von 13.800 € weitere 5.000 € in bar zahlen sollten und für diesen Betrag eine Rechnung nicht gestellt werden sollte. Der Beklagte zu 1 sei im Zweifel von der Beklagten zu 2 bevollmächtigt gewesen. Die Beklagten haben beides bestritten. Gegen den seiner Meinung nach offenen Werklohnanspruch der Klägerin von 1.220 € hat der Beklagte zu 1 mit Schadensersatzansprüchen wegen behaupteter Mängel in gleicher Höhe aufgerechnet und wegen eines überschießenden Betrags Widerklage erhoben.

3

Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.342,26 € nebst Zinsen zu zahlen und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten, mit der die Widerklage nicht weiter verfolgt worden ist, hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in MDR 2013, 1399 veröffentlicht ist, vertritt die Auffassung, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Zahlung restlichen Werklohns nicht zu, weil zwischen den Parteien kein wirksamer Werkvertrag geschlossen worden sei. Die persönlich nicht am Vertragsschluss beteiligte Beklagte zu 2 sei von dem Beklagten zu 1 nicht wirksam vertreten worden und damit nicht Vertragspartnerin der Klägerin. Der zwischen dem Beklagten zu 1 und der Klägerin geschlossene Werkvertrag sei gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig. Denn die Parteien hätten vereinbart, dass die Werkleistung teilweise ohne Rechnung erbracht werde, damit der entsprechende Umsatz den Steuerbehörden verheimlicht werden und der Beklagte zu 1 dadurch einen Preisvorteil erzielen könne. Die Bestimmungen des § 1 Abs. 2 SchwarzArbG seien Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB. Verstießen beide Parteien dagegen, führe dies, auch wenn - wie hier - nur ein Teil des Werklohns ohne Rechnung gezahlt werden solle, zur Nichtigkeit des Werkvertrags.

6

Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aus §§ 677, 670 BGB stehe der Klägerin nicht zu. Sie habe zwar ohne Berechtigung ein fremdes Geschäft geführt; da sie bei der Ausführung dieses Geschäfts jedoch gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen habe, habe sie die entsprechenden Aufwendungen nicht für erforderlich halten dürfen.

7

Auch ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB stehe ihr gemäß § 817 Satz 2 BGB nicht zu. Diese Vorschrift schließe jeden Bereicherungsanspruch aus einer Leistungskondition aus, wenn der Leistende durch seine Leistung gegen ein Gesetz oder gegen die guten Sitten verstoße. Ein solcher Verstoß sei der Klägerin anzulasten, weil sie bewusst die auf ihren Werklohn entfallende Umsatzsteuer teilweise habe hinterziehen wollen.

8

Der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 31. Mai 1990 (VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308) vertretenen Auffassung, der Ausschluss eines Bereicherungsanspruchs sei bei einem Verstoß gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit unbillig, sei nicht zu folgen. Sie widerspreche dem Wortlaut des Gesetzes, das gerade auf den Verlust des Bereicherungsanspruchs abziele. Wer bewusst gegen ein Verbotsgesetz verstoße, verdiene keinen Schutz vor den Folgen des Verstoßes, sondern würde durch einen solchen Schutz gerade unbillig begünstigt. Gegenüber dieser generalpräventiven Wirkung hätten Parteiinteressen oder Billigkeitserwägungen keinen Vorrang. Die Zubilligung eines Bereicherungsanspruchs würde der Missbilligung der Schwarzarbeit, die der Gesetzgeber durch die verschiedenen Tatbestände im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zum Ausdruck gebracht habe, widersprechen. Sie würde der Schwarzarbeit einen Teil ihres Risikos nehmen, indem der Anbieter trotz des Gesetzesverstoßes die Hilfe staatlicher Gerichte in Anspruch nehmen könnte, um die Gegenleistung durchzusetzen. Der Abschreckungs-effekt, der durch die Kombination öffentlich-rechtlicher und zivilrechtlicher Sanktionen erreicht werden könne, würde so minimiert.

9

Der mögliche Vorteil des Bestellers sei kein hinreichender Grund, um die im Gesetz angelegte Sanktionierung des Gesetzesverstoßes aufzugeben und müsse in Kauf genommen werden, um die Sanktionierungswirkung zu erreichen. Es hänge ohnehin vom Zufall ab, welche Partei einen Vorteil aus der Störung der Leistungsbeziehung ziehe. Das Risiko trage derjenige, der vorleiste. Dass Besteller in nennenswerter Zahl den Ausschluss des Bereicherungsanspruchs ausnutzten, sei nicht zu erwarten. Dem scheinbaren Vorteil der Ersparnis von Aufwendungen stünden nämlich gravierende Nachteile entgegen, namentlich der Verlust jeglicher Ansprüche gegen den Leistenden; insbesondere stünden dem Besteller keine Mängelrechte zu.

II.

10

Das hält rechtlicher Überprüfung stand.

A.

11

Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 1 kein Zahlungsanspruch zu.

12

1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der zwischen dem Beklagten zu 1 und der Klägerin geschlossene Werkvertrag wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig ist, § 134 BGB.

13

Die Klägerin hat gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen, indem sie für die über den schriftlich vereinbarten Werklohn hinaus vereinbarte Barzahlung von 5.000 € keine Rechnung stellen und keine Umsatzsteuer verlangen und abführen wollte. Der Beklagte zu 1 hat nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts diese Absicht zumindest erkannt und zu seinem Vorteil nutzen wollen. Dies reicht, wie der Senat mit Urteil vom 1. August 2013 (VII ZR 6/13, BGHZ 198, 141) entschieden hat, aus, um einen zur Nichtigkeit des Vertrags führenden Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot anzunehmen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Absicht der Steuerhinterziehung nur auf einen Teil des Werklohns bezog. Bei dem von den Parteien geschlossenen Werkvertrag handelt es sich um ein einheitliches Rechtsgeschäft. Dieses könnte allenfalls als teilwirksam angesehen werden, wenn die Parteien dem zuzüglich Umsatzsteuer vereinbarten Teilwerklohn konkrete von der Klägerin zu erbringende Einzelleistungen zugeordnet hätten (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1998 - V ZR 379/97, NJW 1999, 351; Staudinger/Roth, BGB, Neubearbeitung 2010, § 139 Rn. 64; MünchKommBGB/Busche, 6. Aufl., § 139 Rn. 25). Eine solche Zuordnung haben die Parteien nicht vorgenommen, so dass der Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zur Nichtigkeit des Werkvertrags insgesamt führt.

14

2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen den Beklagten zu 1 ein Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zusteht, weil sie ihre Aufwendungen im Hinblick auf den mit der Ausführung des Geschäfts verbundenen Verstoß gegen das Verbotsgesetz des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nicht für erforderlich halten durfte (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1992 - III ZR 151/91, BGHZ 118, 142, 150 m.w.N.).

15

3. Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 1 auch kein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Wertersatz zu.

16

a) Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf Wertersatz gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB sind erfüllt. Die Klägerin hat die Elektroinstallationsarbeiten im Hinblick auf den nichtigen Werkvertrag erbracht. Ihre Leistung an den Beklagten zu 1 ist damit rechtsgrundlos erfolgt. Der Beklagte zu 1 kann die Werkleistung der Klägerin nicht herausgeben. Dieser steht damit grundsätzlich ein Anspruch auf Wertersatz zu.

17

b) Ein Anspruch der Klägerin ist jedoch gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen.

18

aa) Gemäß § 817 Satz 1 BGB ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet, wenn der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt war, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Satz 2 dieser Vorschrift schließt die Rückforderung aus, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Der Ausschluss des Rückforderungsanspruchs setzt einen beiderseitigen Gesetzesverstoß nicht voraus, sondern greift auch, wenn lediglich der Leistende verwerflich gehandelt hat (BGH, Urteil vom 29. April 1968 - VII ZR 9/66, BGHZ 50, 90, 91; Urteil vom 14. Juli 1993 - XII ZR 262/91, NJW-RR 1993, 1457, 1458; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 817 Rn. 12; Bamberger/Roth/Ch. Wendehorst, BGB, 3. Aufl., § 817 Rn. 11).

19

bb) Die Klägerin hat vereinbarungsgemäß Elektroinstallationsarbeiten ausgeführt. Die Erbringung derartiger Leistungen als solche ist wertneutral. Ein Verstoß gegen das Verbotsgesetz des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG ergibt sich jedoch daraus, dass die Klägerin die bereits bei Abschluss der vertraglichen Vereinbarung mit dem Beklagten zu 1 zutage getretene Absicht hatte, die sich aufgrund ihrer Werkleistung ergebenden steuerlichen Pflichten nicht zu erfüllen. Durch das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz soll nicht allein der Steuerhinterziehung begegnet und damit ein fiskalischer Zweck verfolgt werden; mit der gesetzlichen Regelung soll vielmehr auch die mit der Schwarzarbeit einhergehende Wettbewerbsverzerrung verhindert oder zumindest eingeschränkt werden. Sie dient damit auch dem Schutz gesetzestreuer Unternehmer und Arbeitnehmer (vgl. BT-Drucks. 15/2573 S. 17). Entsprechend dieser Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes verstößt nicht nur die § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG widersprechende vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistungserbringung durch die Klägerin. Der Anspruch der Klägerin auf Wertersatz gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB ist damit ausgeschlossen, sofern § 817 Satz 2 BGB nach Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes nicht einschränkend auszulegen ist (dazu unter cc) oder die Grundsätze von Treu und Glauben seiner Anwendung entgegenstehen (dazu unter dd).

20

cc) § 817 Satz 2 BGB ist bei dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht einschränkend auszulegen.

21

(1) Bei der Anwendung des den Leistenden hart treffenden Rückforderungsverbotes des § 817 Satz 2 BGB kann, wie der Senat in seinem Urteil vom 31. Mai 1990 (VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308, 312) ausgeführt hat, nicht außer Betracht bleiben, welchen Zweck das in Frage stehende Verbotsgesetz verfolgt. Dem Leistenden kann daher trotz § 817 Satz 2 BGB ein Bereicherungsanspruch zustehen, wenn Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes die Gewährung eines solchen Anspruchs zwingend erfordern (Tiedtke, DB 1990, 2307 m.w.N.; MünchKommBGB/Schwab, 6. Aufl., § 817 Rn. 20). Das kann der Fall sein, wenn das Verbotsgesetz vor allem zum Schutz des Leistenden erlassen worden ist. Diese Voraussetzungen sind bei einem Verstoß des Unternehmers gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nicht erfüllt. Das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit verfolgte - worauf der Senat in der genannten Entscheidung ebenfalls hingewiesen hat - bereits mit seiner Erstfassung in erster Linie die Wahrung öffentlicher Belange. In der amtlichen Begründung (BT-Drucks. 2/1111 S. 3 und 9/192 S. 5) ist ausgeführt, dass Schwarzarbeit zu erhöhter Arbeitslosigkeit und zu Steuerausfällen führt und das Beitragsaufkommen der Sozial- und Arbeitslosenversicherung beeinträchtigt; daneben soll auch der Besteller vor Pfuscharbeiten bewahrt werden. Dem Schutz des Schwarzarbeiters diente das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit bereits damals gerade nicht. Daran hat sich durch das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz in der Fassung vom 23. Juli 2004 nichts geändert (vgl. BT-Drucks. 15/2573 S. 1, 17 f.).

22

(2) § 817 Satz 2 BGB ist darüber hinaus auch dann einschränkend auszulegen, wenn die Aufrechterhaltung des verbotswidrig geschaffenen Zustandes mit Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar ist und deshalb von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden kann (vgl. Tiedtke, DB 1990, 2307; BGH, Urteile vom 10. November 2005 - III ZR 72/05, NJW 2006, 45 Rn. 11 f. und vom 13. März 2008 - III ZR 282/07, NJW 2008, 1942 Rn. 8 ff.; Staudinger/Lorenz, BGB, Neubearbeitung 2007, § 817 Rn. 10). Das kann der Fall sein, wenn der verbotswidrig geschaffene Zustand selbst gegen das Verbotsgesetz verstößt. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Von der Verbotsvorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG werden nur die zur Ausführung der Elektroinstallation durchgeführten Arbeiten, nicht aber deren Erfolg, die vorgenommene Elektroinstallation selbst, erfasst.

23

dd) Der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB stehen auch die Grundsätze von Treu und Glauben nicht entgegen.

24

(1) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 31. Mai 1990 (VII ZR 336/89, aaO) unter Geltung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes in der damals gültigen Fassung allerdings die Versagung des Bereicherungsanspruchs als unbillig angesehen. Er ist davon ausgegangen, dass mit dem Ausschluss vertraglicher Ansprüche der vor allem ordnungspolitischen Zielsetzung des Gesetzes weitgehend Genüge getan werde. Dass der Besteller von Schwarzarbeit die Leistung auf Kosten des vorleistenden Schwarzarbeiters unentgeltlich solle behalten dürfen, sei zur Durchsetzung der Ziele des Gesetzes nicht unabweislich geboten. Denn der Ausschluss vertraglicher Ansprüche, verbunden mit der Gefahr einer Strafverfolgung und der Nachzahlung von Steuern und Sozialabgaben bei Bekanntwerden der Schwarzarbeit, entfalte bereits die vom Gesetzgeber gewünschte generalpräventive Wirkung. Zudem habe nach der Vorstellung des Gesetzgebers der wirtschaftlich meist stärkere Besteller keinesfalls günstiger behandelt werden sollen als der wirtschaftlich schwächere Schwarzarbeiter. Unter diesen Umständen gewinne der an Treu und Glauben orientierte Gesichtspunkt entscheidend an Gewicht, dass es nicht der Billigkeit entspräche, dem durch die Vorleistung begünstigten Besteller den durch nichts gerechtfertigten Vorteil unentgeltlich zu belassen.

25

(2) Entgegen der im Urteil vom 31. Mai 1990 (VII ZR 336/89, aaO) zum Ausdruck gekommenen Auffassung hat sich die Annahme des Senats, der Ausschluss vertraglicher Ansprüche verbunden mit der Gefahr einer Strafverfolgung und der Nachzahlung von Steuern und Sozialabgaben bei Bekanntwerden der Schwarzarbeit entfalte bereits die vom Gesetzgeber gewünschte generalpräventive Wirkung, nicht bewahrheitet. Es wurden dennoch weiterhin in erheblichem Umfang handwerkliche Leistungen in Schwarzarbeit erbracht. Die amtliche Begründung zum Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz in der Fassung vom 23. Juli 2004 (BTDrucks. 15/2573 S. 1 und 17) weist darauf hin, dass die Schwarzarbeit in Deutschland ein alarmierendes Niveau erreicht hat, kein Kavaliersdelikt ist, sondern handfeste Wirtschaftskriminalität, die dem Gemeinwesen schweren Schaden zufügt. Die Neufassung zielt darauf ab, ein neues Unrechtsbewusstsein gegenüber der Schwarzarbeit zu schaffen, die gesellschaftliche Akzeptanz der Schwarzarbeit dadurch deutlich sinken zu lassen und ein rechtmäßiges Verhalten zu fördern. Von der strikten Anwendung des § 817 Satz 2 BGB kann daher nach Treu und Glauben nicht mit dem Argument abgesehen werden, dass die vom Gesetzgeber angestrebte generalpräventive Wirkung auch erreicht werde, wenn dem Schwarzarbeiter ein - wenn auch gegebenenfalls geminderter - bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Wertersatz eingeräumt werde.

26

(3) Eine einschränkende Auslegung des § 817 Satz 2 BGB ist nach Treu und Glauben auch nicht deshalb geboten, weil der selbst gegen das Gesetz verstoßende oder an dem Gesetzesverstoß mitwirkende Besteller die erlangte Leistung unter Umständen ohne jegliche Gegenleistung würde behalten können.

27

In einem solchen Fall erfolgt zwischen den Parteien kein Wertausgleich. Wer bewusst gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstößt, soll nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben und veranlasst werden, das verbotene Geschäft nicht abzuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1992 - X ZR 134/90, BGHZ 118, 182, 193).

28

Etwas Anderes lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass der Gesetzgeber die Handlungsweise des Bestellers als ebenso verwerflich wie die des Schwarzarbeiters beurteilt und ihn daher nicht besser behandelt wissen will (vgl. BTDrucks. 2/1111 S. 4). Dies gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass der Gesetzgeber jedenfalls in der amtlichen Begründung von 1954 (BTDrucks. 2/1111 aaO) die Auffassung vertreten hat, der Besteller sei meist der wirtschaftlich Stärkere, der die Not des wirtschaftlich Schwächeren häufig aus Eigennutz und gewinnsüchtigen Motiven missbrauche. Es kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB nicht nur den Unternehmer hart treffen kann. Denn dem Besteller stehen weder Mängelansprüche noch vertragliche Mangelfolgeansprüche zu, die im Einzelfall den nichtig vereinbarten Werklohn um ein Mehrfaches übersteigen können. Die Zubilligung eines Bereicherungsanspruchs hätte damit, sollten sich die Mängel erst anschließend zeigen, sogar zur Folge, dass der Schwarzarbeiter besser gestellt wäre als ein gesetzestreuer Unternehmer (vgl. Kern, JuS 1993, 193, 195).

29

c) Der Ausschluss auch eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs mit der ihm zukommenden abschreckenden Wirkung (MünchKommBGB/Schwab, 6. Aufl., § 817 Rn. 13) ist ein geeignetes Mittel, die in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers mit den Mitteln des Zivilrechts zu fördern (Lorenz, NJW 2013, 3132, 3135). Denn § 817 Satz 2 BGB hat zur Folge, dass ein Schwarzarbeitergeschäft mit einem großen Risiko behaftet ist (Tiedtke, DB 1990, 2307, 2309).

30

4. Auch aus § 951 Abs. 1, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ergibt sich kein Anspruch der Klägerin. Denn § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB enthält eine Rechtsgrundverweisung in das Bereicherungsrecht (MünchKommBGB/Schwab, 6. Aufl., § 812 Rn. 278). Selbst wenn die sonstigen Voraussetzungen für den dort genannten Anspruch vorliegen sollten, würde dieser, wie auch der Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB, an § 817 Satz 2 BGB scheitern.

B.

31

Die Klägerin hat auch gegen die Beklagte zu 2 keinen Zahlungsanspruch. Dieser ergibt sich nicht aus § 951 Abs. 1 Satz 1, § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.

32

Die Beklagte zu 2 hat zwar als Miteigentümerin des Grundstücks, auf dem die Reihenhäuser stehen, in denen die Klägerin die Elektroinstallationsarbeiten ausgeführt hat, (Mit-)Eigentum an den von der Klägerin eingebrachten Materialien erworben, § 946 BGB. Für einen bereicherungsrechtlichen Anspruch müssen aufgrund der in § 951 BGB enthaltenen Rechtsgrundverweisung jedoch sämtliche Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt sein (BGH, Urteil vom 13. Mai 1955 - V ZR 36/54, BGHZ 17, 236, 238 f.; Urteil vom 11. Januar 1971 - VIII ZR 261/69, BGHZ 55, 176, 177; Staudinger/Gursky, BGB, Neubearbeitung 2011, § 951 Rn. 1). Daran fehlt es. § 951 BGB greift nicht ein, wenn die zum Rechtsübergang führende Sachverbindung als Leistung des bisherigen Materialeigentümers an einen Dritten zu qualifizieren ist (Staudinger/Gursky, aaO, § 951 Rn. 7). Das ist hier der Fall. Die Klägerin hat aufgrund des allein mit dem Beklagten zu 1 abgeschlossenen Vertrags die Elektroinstallationsarbeiten ausgeführt und damit objektiv nur diesem gegenüber eine Leistung erbracht. Ob die Klägerin im Hinblick auf ihre Annahme, den Werkvertrag auch mit der Beklagten zu 2 geschlossen zu haben, ihre Leistung auch dieser gegenüber erbringen wollte, kann dahingestellt bleiben. Für die Beklagte zu 2 stellten sich die von der Klägerin ausgeführten Arbeiten mangels einer vertraglichen Vereinbarung der Parteien als Leistungen gegenüber dem Beklagten zu 1 dar. In einem solchen Fall ist wie bei einer irrtümlichen Eigenleistung auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 1963 - VII ZR 285/61, BGHZ 40, 272, 276 ff.; MünchKommBGB/Schwab, 6. Aufl., § 812 Rn. 179, 184). Die Beklagte zu 2 hat dementsprechend das (Mit-)Eigentum an den eingebrachten Materialien nicht durch Leistung der Klägerin, sondern in sonstiger Weise auf deren Kosten erlangt. Damit steht der Klägerin nach dem Grundsatz der Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion (MünchKommBGB/Füller, 6. Aufl., § 951 Rn. 9) bereits dem Grunde nach gegen die Beklagte zu 2 kein Anspruch zu. Dass ihr Anspruch auf Wertersatz aus Leistungskondiktion gegenüber dem Beklagten zu 1 wegen § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist, ändert daran nichts (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 1961 - VII ZR 207/60, BGHZ 36, 30, 32).

III.

33

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka                   Safari Chabestari                     Halfmeier

             Kartzke                                 Jurgeleit

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)