Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. Jan. 2010 - 4 Ss 1525/09

bei uns veröffentlicht am29.01.2010

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 17. September 2009 wird mit der Maßgabe als unbegründet

v e r w o r f e n ,

dass in der Liste der angewendeten Vorschriften

a) die Angabe „12.6.3 BKat“ durch „Nr. 12.5.3 BKatV in der bis zum 31. Januar 2009 geltenden Fassung“ ersetzt

b) „§ 25 StVG“ eingefügt

wird.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

 
I.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 26. Januar 2009 mit seinem Pkw die Autobahn A … aus Richtung … kommend in Richtung …. In Höhe von Kilometer benutzte er die linke von den drei Fahrspuren. Bei einer Geschwindigkeit von 111 km/h hielt er zum vorausfahrenden Fahrzeug einen Sicherheitsabstand von lediglich 15 m und somit weniger als 3/10 des halben Tachowertes ein. Dieser Verkehrsverstoß wurde mittels des Video-Brücken-Abstandmessverfahrens ViBrAM-BAMAS festgestellt. Das Amtsgericht hat gegen ihn deshalb wegen Verstoßes gegen §§ 4 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 4 StVO, 24 StVG entsprechend den Bestimmungen der BKatV (Nr. 12.5.3; bei der Angabe der angewendeten Vorschriften [12. 6 .3] handelt es sich vermutlich um ein Schreibversehen) eine Geldbuße von 100,-- EUR sowie ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt; im Hinblick auf die Nebenfolge ist die Liste der angewendeten Vorschriften um § 25 StVG zu erweitern.
Gegen diese Entscheidung hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt insbesondere unter Berufung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. August 2009 (NJW 2009, 3293) die Verwertbarkeit der Videoaufzeichnung.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i. V. m. § 349 Abs. 2 StPO.
Hinzuweisen ist auf folgendes:
1. Entgegen der Ansicht des Verteidigers steht der genannte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts einer Verwertbarkeit der Videoaufnahme im vorliegenden Fall nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung festgestellt, dass in der Videoaufzeichnung mittels des Verkehrskontrollsystems VKS ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Artikel 2 Abs. 1 GG i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung liegt, da zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von einer Autobahnbrücke aus alle durchfahrenden Fahrzeuge verdeckt gefilmt worden seien. Dabei sei der jeweilige Fahrer erkennbar und identifizierbar aufgenommen worden. Eine vorherige Auswahl dahin gehend, ob der Betroffene eines Verkehrsverstoßes verdächtig sei, habe nicht stattgefunden. Darüber hinaus sei es unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar, eine derartige Überwachung auf einen Erlass eines Ministeriums zu stützen (ebenso im Anschluss hieran OLG Oldenburg DAR 2010, 32 für das System VKS 3.0).
Das im vorliegenden Fall zur Anwendung gekommene Messverfahren ViBrAM-BAMAS, welches dem Senat bekannt ist (Beschluss vom 14. August 2007 - 4 Ss 23/07 - NStZ-RR 2007, 382), ist mit dem Verfahren VKS 3.0 nicht vergleichbar; es ist ganz anders konzipiert. Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt, dass beim Verfahren ViBrAM-BAMAS der fließende Verkehr mittels einer auf einer Brücke, welche über die Autobahn führt, angebrachten Videokamera auf einer Länge von ca. 300 bis 500 m aufgenommen wird. Anhand dieser Bilder, auf denen weder die Identität des Fahrers noch das Kennzeichen seines Fahrzeuges erkennbar sind, entscheidet der Polizeibeamte, ob ein konkreter Verdacht der Nichteinhaltung des vorgeschriebenen Abstandes besteht. Ist dies der Fall, schaltet er eine zweite am Fahrbahnrand aufgestellte Kamera hinzu, die das betreffende Fahrzeug aufnimmt. Auf diesen Bildern sind der Fahrer (= jetzt der Betroffene) und das Kennzeichen des Fahrzeuges erkennbar. Somit wurden vorliegend anders als in dem Fall, der der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde liegt, Videoaufzeichnungen, auf denen die Identität des Fahrers und das Kennzeichen sichtbar sind, erst dann gefertigt, nachdem der Verdacht einer Verkehrsordnungswidrigkeit festgestellt worden war.
2. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des einzelnen Verkehrsteilnehmers (BVerfGE 65, 1) steht der Anwendung des Überwachungssystems ViBrAM-BAMAS nicht entgegen.
Dieses Grundrecht kann nur dann Wirkung entfalten, wenn eine Identifizierung des Verkehrsteilnehmers durch dessen Bild oder das Kennzeichen seines Fahrzeuges möglich ist. Die „Übersichtsaufnahmen“ des laufenden Verkehrs, die mit der auf der Brücke angebrachten Kamera gefertigt werden, lassen - wie dargelegt - eine solche Identifizierung nicht zu, so dass das genannte Grundrecht noch nicht berührt ist (ebenso OLG Bamberg NJW 2010, 100 [101]; Brenner DAR 2009, 579 [580]). Der Gegenansicht von Niehaus (DAR 2009, 632 [633]) folgt der Senat nicht. Es ist gerade nicht möglich, ohne weiteres von der Übersichtsaufnahme auf die Nahaufnahme überzugehen; hierfür bedarf es einer anderen Kamera mit einem anderen Standort.
10 
3. Die Rechtsgrundlage für die Anwendung des ViBrAM-BAMAS -Verfahrens findet sich in § 100 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG. Den Ausführungen des OLG Bamberg (aaO für das in Bayern verwendete System VAMA, welches dem Verfahren ViBrAM-BAMAS ähnlich ist) schließt sich der Senat an (ebenso Thüringer OLG vom 6. Januar 2010 - 1 Ss 291/09 - für eine Geschwindigkeitsmessanlage und AG Schweinfurt DAR 2009, 660 für ein anderes nicht standardisiertes Überwachungssystem) .
11 
a) Diese Bestimmung ist als damaliger § 100 c durch Artikel 3 Nr. 6 des Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992 (BGBl I S. 1302) in die StPO eingefügt worden. Ziel war - wie die Überschrift des Gesetzes ausweist - die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und nicht die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten. Andererseits findet sich im Wortlaut dieser Bestimmung keine Beschränkung auf Fälle der organisierten Kriminalität. Auch ergibt sich hieraus nicht, dass Bildaufnahmen nur für Observationszwecke gefertigt werden dürfen (so aber Meyer-Goßner, StPO, 52. Auflage, § 100 h Rn. 1). § 100 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO ist somit im Bußgeldverfahren anwendbar (ebenso Göhler/Seitz, OWiG, 15. Auflage, vor § 59 Rn. 145 a; dagegen Grunert DAR 2010, 28 [29]).
12 
b) Sofern auf den Bildern der am Fahrbahnrand aufgestellten Kamera andere Verkehrsteilnehmer als der Betroffene identifizierbar sein sollten, richtet sich die Statthaftigkeit nach § 100 h Abs. 3 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG.
13 
c) Die Subsidiaritätsklausel in § 100 h Abs. 1 Satz 1 StPO steht der Anwendung dieser Bestimmung nicht entgegen, da die Identität des Betroffenen auf andere Weise nicht ermittelt werden kann. Insbesondere ist es nicht möglich, auf stark befahrenen Autobahnen wie der A … im Bereich die Betroffenen anzuhalten.
14 
d) Der allgemeinen Ermächtigungsgrundlage des § 163 b Abs. 1 Satz 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG, welche die Polizei ermächtigt, die zur Feststellung der Identität des Betroffenen erforderlichen Maßnahmen zu treffen, bedarf es deshalb nicht. § 81 b StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG dürfte nicht anwendbar sein, da diese Vorschrift voraussetzt, dass der Betroffene um die Bildaufnahme weiß (vgl. LR-Schäfer, StPO, 25. Auflage, § 100 c Rn. 20).
15 
4. Die vom Betroffenen erhobene Aufklärungsrüge (§ 77 Abs. 1 OWiG) ist - wie von der Generalstaatsanwaltschaft zu Recht ausgeführt - unzulässig, da keine konkrete in das Wissen des Zeugen gestellte Tatsache dargelegt wurde (s. Göhler/Seitz aaO § 77 Rdnr. 8). Gleiches gilt in Bezug auf das Abspielen des Videofilms (Augenschein). Im übrigen ist nicht ersichtlich, dass sich dem Amtsgericht die Erhebung dieser Beweise hätte aufdrängen müssen. Weitere Verfahrensrügen, mit denen die Zuverlässigkeit der Abstandsmessung mittels des ViBrAM-BAMAS -Verfahrens, welches ein standardisiertes Messverfahren darstellt (OLG Stuttgart NStZ-RR 2007, 382), allein in Frage gestellt werden kann (BGHSt 39, 291 [301 f.]), sind nicht erhoben worden.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. Jan. 2010 - 4 Ss 1525/09

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. Jan. 2010 - 4 Ss 1525/09

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(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn 1. gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,2. eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich

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Tenor Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts St. Ingbert vom 2. September 2009 wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen. Gründe I. Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Nicht

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(1) Der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. Wer vorausfährt, darf nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen.

(2) Wer ein Kraftfahrzeug führt, für das eine besondere Geschwindigkeitsbeschränkung gilt, sowie einen Zug führt, der länger als 7 m ist, muss außerhalb geschlossener Ortschaften ständig so großen Abstand von dem vorausfahrenden Kraftfahrzeug halten, dass ein überholendes Kraftfahrzeug einscheren kann. Das gilt nicht,

1.
wenn zum Überholen ausgeschert wird und dies angekündigt wurde,
2.
wenn in der Fahrtrichtung mehr als ein Fahrstreifen vorhanden ist oder
3.
auf Strecken, auf denen das Überholen verboten ist.

(3) Wer einen Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t oder einen Kraftomnibus führt, muss auf Autobahnen, wenn die Geschwindigkeit mehr als 50 km/h beträgt, zu vorausfahrenden Fahrzeugen einen Mindestabstand von 50 m einhalten.

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Heilbronn vom 23. Oktober 2006 wird als unbegründet

verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht setzte gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Unterschreitens des vorgeschriebenen Abstandes eine Geldbuße von 75 Euro fest. Nach den Feststellungen befuhr dieser am 8. November 2005 um 11.02 Uhr die Bundesautobahn A 6 aus Richtung ... in Fahrtrichtung .... In Höhe von Kilometer 684 auf Gemarkung ... folgte er auf dem linken Fahrstreifen einem ihm unmittelbar vorausfahrenden Pkw vom Typ VW. Im Wege des Brückenabstandsmessverfahrens mit Videoaufzeichnung (ViBrAM-BAMAS) wurde festgestellt, dass er innerhalb einer Messstrecke von 50 Metern bei einer Geschwindigkeit von 131 km/h zum vorausfahrenden Fahrzeug einen Abstand von lediglich 22 Metern und damit weniger als 4/10 des halben Tachometerwertes einhielt. Den Mindestabstand hatte er auf einer Länge von 500 Metern deutlich unterschritten, innerhalb der vor ihm oder vor dem Vorausfahrenden keine Fahrzeuge eingeschert sind und auch sonst „auffällige Fahrmanöver“ des Vorausfahrenden nicht vorgelegen haben. Dem Betroffenen war es möglich, den vorgeschriebenen Mindestabstand einzuhalten.
Das Amtsgericht hat die Unterschreitung des zulässigen Abstandes aus den Angaben des Zeugen PHK welcher die Messung durchgeführt hat, und des Sachverständigen Dipl. Ing. ... gefolgert. Es legt das Messverfahren dar und teilt die aus seiner Sicht für die Berechnung von Geschwindigkeit und Abstand notwendigen Messwerte mit. Der Sachverständige kommt zu einem gegenüber den Berechnungen der Polizei für den Betroffenen geringfügig günstigeren Ergebnis.
Der Betroffene hat beantragt, gegen diese Entscheidung die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend, das Gericht habe die notwendigen Toleranzen nur unzureichend berücksichtigt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.
II.
Der Einzelrichter hat mit Beschluss vom 5. Februar 2007 die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG zugelassen und die Sache auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, weil es geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen (§ 80 a Abs. 3 Satz 1 OWiG). Die Frage, ob es sich bei dem Brückenabstandsmessverfahren mit Videoaufzeichnung ViBrAM-BAMAS um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des BGH handelt, ist - soweit ersichtlich - bislang in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht beantwortet worden. Die von der Generalstaatsanwaltschaft angesprochene Entscheidung des OLG Hamm vom 24. Mai 2004 (VD 2004, 220) betrifft das in Nordrhein-Westfalen angewendete Videoabstandsmessverfahren VAMA (hierzu auch OLG Hamm VRS 86, 362; 106, 466). Mit Beschluss vom 5. Februar 2007 hat der Senat die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage beschlossen, ob es sich bei dem genannten Messverfahren um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 39, 291; 43, 277) handelt und ob die Einwendung des Betroffenen, Toleranzen seien im vorliegenden Verfahren nicht genügend berücksichtigt worden, berechtigt ist. Mit Erstattung des Gutachtens wurde Herr Dipl. Phys. Dr. ... aus Freiburg beauftragt. Das Gutachten liegt nunmehr vor.
III.
Das Brückenabstandsmessverfahren mit Videoaufzeichnung ViBrAM-BAMAS wird von der Polizei des Landes Baden-Württemberg seit einigen Jahren zur Überwachung des Sicherheitsabstandes insbesondere auf Bundesautobahnen angewendet. Es ist dem Senat bekannt. In der Literatur wird es ausführlich beschrieben und gewürdigt (vgl. etwa Beck-Löhle, Fehlerquellen bei polizeilichen Messverfahren, 8. Auflage 2006, S. 128 ff.). Es zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass die Abstände der beiden hintereinander fahrenden Fahrzeuge an zwei Messlinien, welche 50 m auseinanderliegen, ermittelt werden. Auch wird überprüft, ob das dem Betroffenen vorausfahrende Fahrzeug auf den letzten 100 m der Auswertungsstrecke, die 250 m lang ist, seine Geschwindigkeit verringert hat.
Aus dem Urteil des Amtsgerichts ergibt sich zwar, in welcher Weise die dem Betroffenen angelastete Geschwindigkeit und der eingehaltene Abstand berechnet wurden. Es wird aber nicht mitgeteilt, in welchem Zeitpunkt sich das dem Betroffenen vorausfahrende Fahrzeug bei der 0 m- und bei der 100 m-Markierung befand. Deshalb kann nicht festgestellt werden, ob es über eine Strecke von 100 m seine Geschwindigkeit herabgesetzt hat. Bei der Bestimmung des Abstandes legt das Amtsgericht seinen Berechnungen die 50 m-Markierung zugrunde, ohne darzulegen, wie groß der Abstand bei der 0 m-Markierung war. Es ist nicht auszuschließen, dass der Abstand hier größer war. Dem Senat ist es deshalb verwehrt, anhand dieser Feststellungen zu überprüfen, ob die dem Betroffenen angelastete Unterschreitung des Mindestabstandes zu Recht erfolgt ist.
Die Ausführungen des Amtsgerichts sind jedoch ausreichend, wenn es sich bei dem Messverfahren ViBrAM-BAMAS um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des BGH (St 39, 291; 43, 277) handelt.
Dies ist der Fall.
IV.
1. Beim ViBrAM-BAMAS-Verfahren ( Vi deo- Br ücken- A bstands- M essverfahren und B rücken- A bstands m essungs- A uswertungs s oftware) wird der fließende Verkehr (meist auf einer Autobahn) mittels einer am Geländer einer Brücke, welche über die Autobahn führt, angebrachten Videokamera (Messkamera) auf einer Länge von ca. 500 m entgegen der Fahrtrichtung der Fahrzeuge aufgenommen. Die Bilder werden in einen Überwachungswagen übertragen, in welchem Polizeibeamte sie beobachten. Besteht der Verdacht, dass ein Verkehrsteilnehmer den erforderlichen Sicherheitsabstand unterschreitet, lösen sie die meist auf dem Mittelstreifen der Autobahn aufgestellte Identitätskamera („ID-Kamera“) aus, die den Betroffenen und das Kennzeichen von dessen Fahrzeug im Bild festhält.
10 
Im einzelnen stellen sich das Messverfahren und die sich anschließende Auswertung wie folgt dar:
11 
Zur Prüfung, ob ein Verstoß gegen §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 Nr. 4 StVO, 24 StVG (Nichteinhalten des vorgeschriebenen Abstandes) vorliegt, müssen die Geschwindigkeit des Betroffenen und der Abstand zwischen beiden Fahrzeugen festgestellt werden. Zu diesem Zweck sind auf der Fahrbahn entgegen der Fahrtrichtung und quer zu dieser drei Linien angebracht: Die erste bei 0 m ist ca. 70 bis 90 m von der Brücke entfernt, die beiden anderen Linien folgen in Abständen von 50 m und 100 m, bezogen auf die 0 m-Linie. Im Videobild ist die jeweilige Zeit eingeblendet. Aus der zurückgelegten Strecke von 50 m zwischen den Linien bei 50 m und 0 m sowie aus der hierfür benötigten Zeit wird die mittlere Geschwindigkeit des Betroffenen errechnet.
12 
Der Abstand der beiden Fahrzeuge wird sowohl an der 50 m- als auch an der 0 m-Linie ermittelt. Der zeitliche Abstand an diesen Punkten ergibt sich aus der Differenz zwischen den im Bild festgehaltenen Zeiten. Er besagt, um wie viele Sekunden der Betroffene die 50 m- und die 0 m-Linie nach dem Vorausfahrenden passiert hat. Zugunsten des Betroffenen wird der weiteren Berechnung der größere Zeitabstand zugrundegelegt (also entweder an der 50 m- oder an der 0 m-Markierung). Da die Geschwindigkeit des Betroffenen errechnet worden ist, ergibt sich aus einer Multiplikation von Geschwindigkeit und zeitlichem Abstand der räumliche Abstand in m; zu erforderlichen Korrekturen vgl. nachfolgend 2.
13 
Auch wird festgestellt, welche Zeit das vorausfahrende Fahrzeug benötigt hat, um die Abschnitte zwischen 100 m und 50 m einerseits und 50 m und 0 m andererseits zurückzulegen (Konsistenzprüfung). Stellt sich dabei heraus, dass der letztgenannte Wert höher ist als zwischen 100 m und 50 m, wird die Messung verworfen, da dann der Vorausfahrende seine Geschwindigkeit herabgesetzt hat mit der Folge einer Abstandsverringerung zum nachfolgenden Betroffenen, was diesem dann evtl. nicht angelastet werden kann.
14 
Dieses Verfahren ist im einzelnen einschließlich der in Ansatz gebrachten Toleranzen (dazu nachfolgend 2) in der „Technischen Verfahrensbeschreibung“ dargestellt, nach der sich der sachbearbeitende Polizeibeamte richtet. Dies gilt insbesondere für die Einrichtung der Messstelle, die Anbringung und den Anschluss der Überwachungskameras und die Durchführung der Messung/Kontrolle. Der „BAMAS“-Teil umschreibt im Detail die Auswertung des Videofilms, die auf der Dienststelle erfolgt.
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2. Nach Rechtsprechung und herrschender Meinung (Nachweise etwa bei Janiszewski/Jagow/Burmann, Straßenverkehrsrecht, 19. Auflage, § 4 StVO Rn. 22) liegt eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 4 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 4 StVO, 24 StVG nur dann vor, wenn der zu geringe Abstand nicht nur ganz vorübergehend eingehalten wird. Der Senat hält insoweit eine Strecke von 250 m für ausreichend. Nach den Darlegungen des Sachverständigen könnten die Geschwindigkeit des Betroffenen und der Abstand der beiden Fahrzeuge entgegen der Fahrtrichtung bis zur 100 m-Linie (Nahbereich) hinreichend sicher festgestellt werden. Im Fernbereich zwischen 100 m und 250 m sei dies jedoch nur mit erheblichen Toleranzen möglich, da die Videobilder in diesem Bereich von geringer Auflösung seien, d.h., sie sind ab einer gewissen Größe unscharf und undeutlich. Im Fernbereich gelte es festzustellen, ob vor den beiden Fahrzeugen (des Vorausfahrenden und des Betroffenen) ein weiteres Fahrzeug eingeschert sei (mit der Folge, dass möglicherweise abrupt abgebremst werden musste, was dann zu einer nicht vorwerfbaren Minderung des Abstandes zwischen dem Fahrzeug des Betroffenen und des Vorausfahrenden führte) und ob der Vorausfahrende seine Geschwindigkeit vermindert habe (die sich hieraus ergebende Verminderung des Abstandes ist dem Betroffenen dann möglicherweise ebenfalls nicht anzulasten). Ersteres sei zuverlässig feststellbar, letzteres hingegen nicht, insbesondere dann, wenn das Fahrzeug des Betroffenen durch das des Vorausfahrenden verdeckt werde. Deshalb müssten die im Nahbereich ermittelten Geschwindigkeiten und Abstände mit so hohen Toleranzwerten versehen sein, dass Unwägbarkeiten im Fernbereich (Geschwindigkeits- und damit Abstandsverminderung) mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könnten. Der Senat schließt sich dieser Prämisse an.
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Nach Darlegung des Sachverständigen werden beim Verfahren ViBrAM-BAMAS folgende Toleranzen berücksichtigt:
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Bei der Ermittlung der Geschwindigkeit des Betroffenen werden für die Verkehrsfehlertoleranz der Uhr 0,1 % der gemessenen Zeit (die dieser benötigt hat, um die Strecke zwischen der 50 m-Linie und der 0 m-Linie zurückzulegen) zuzüglich 0,01 sec für die kleinste Skaleneinheit der Uhr hinzugezählt (mit der Folge, dass sich dann eine geringere Geschwindigkeit ergibt). Darüber hinaus seien 0,04 sec für Unschärfen bei der Positionierung der Fahrzeuge an den Messlinien in Ansatz zu bringen, wobei ein Videohalbbild 0,02 sec lang sei. Die sich hieraus ergebende Geschwindigkeit werde auf die nächste ganzzahlige Geschwindigkeit abgerundet. Betrage die mittlere Geschwindigkeit beispielsweise 120 km/h, ergebe sich nach Abzug der errechneten Toleranzen 116, 02 km/h, abgerundet 116 km/h, mithin eine Toleranz von ca. 3 %.
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Bei der Berechnung des zeitlichen Abstandes zwischen den beiden Fahrzeugen, die an den Messlinien bei 0 m und bei 50 m vorgenommen wird und die die Grundlage für die Ermittlung des räumlichen Abstandes bildet, würden die vorgenannten Toleranzwerte erneut in Ansatz gebracht, denn auch hier könnten Unschärfen bei der Positionierung der Fahrzeuge an der jeweiligen Messlinie auftreten. Insgesamt seien somit neben 0,1 % der Messzeit (dieser Wert könne an sich vernachlässigt werden) 0,01 sec für die Verkehrsfehlertoleranz der Uhr und 0,04 sec für die Positionierung der Fahrzeuge an der Messlinie, mithin insgesamt 0,05 sec zu berücksichtigen. Da es beim ViBrAM-BAMAS-Verfahren wegen der Synchronisierung der Videobilder und der Zeitmessung nicht geboten sei, die Toleranz von 0,01 sec in Ansatz zu bringen, diese aber gleichwohl in Ansatz gebracht werde, komme sie dem Betroffenen stets in vollem Umfang zugute. Unabhängig hiervon könne sich die (summierte) Toleranz von 0,05 sec im ungünstigsten Fall bei der Positionierung der beiden Fahrzeuge an der jeweiligen Messlinie (50 m oder 0 m) um maximal 0,02 sec (= ein Videohalbbild) auf 0,03 sec verringern. Da sich der räumliche Abstand aus einer Multiplikation von Geschwindigkeit und zeitlichem Abstand ergibt, hat dies eine Vergrößerung des räumlichen Abstandes zur Folge.
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Beim räumlichen Abstand sei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Messungen in dem Zeitpunkt erfolgten, in dem die Vorderachsen der beiden Fahrzeuge die Messlinie passierten. Entscheidend sei jedoch der Abstand zwischen dem Heck des Vorausfahrenden und der Front des Fahrzeuges des Betroffenen. Deshalb seien abhängig vom Typ des Fahrzeuges des Vorausfahrenden Abzüge von dem errechneten Abstand vorzunehmen. Zugunsten des Betroffenen seien dies pauschale Werte, so bei einem Pkw normaler Größe 3 m, bei Kleinstfahrzeugen unter 3500 mm Länge sowie bei Krafträdern jeweils 1,5 m. Sei das Fahrzeug des Vorausfahrenden länger, komme die Differenz dem Betroffenen zugute. Dieser Wert werde von dem errechneten räumlichen Abstand abgezogen und das Ergebnis auf die nächste volle Zahl aufgerundet.
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Insgesamt würden sich die Toleranzwerte bei diesem Verfahren nach den Erfahrungen des Sachverständigen zwischen 1,5 m und 6,5 m bewegen. Wesentlich sei, dass beim ViBrAM-BAMAS-Verfahren der Abstand an zwei verschiedenen Messlinien, nämlich bei 50 m als auch bei 0 m ermittelt werde. Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass sich der ungünstigste (Toleranz-)Fall einstelle. Dennoch könne dieser nicht ausgeschlossen werden. „Rein naturwissenschaftlich“ reiche eine Abstandstoleranz von 1,5 m, aber auch eine solche von 2 m im Nahbereich (0 bis 100 m) nicht aus, um sämtliche Unwägbarkeiten (Abstands- und Geschwindigkeitsänderungen) im Fernbereich (100 m bis 250 m) einigermaßen gesichert abzudecken, zumindest dann nicht, wenn der im Nahbereich errechnete Abstand nur knapp unterhalb einer für die Bemessung der Rechtsfolgen maßgeblichen Grenze liege. In diesem Fall sei deshalb eine Einzelfallprüfung notwendig. Angesichts dessen, dass das ViBrAM-BAMAS-Verfahren den Abstand an zwei Messlinien (0 m und 50 m) und darüber hinaus die „Konsistenz“ des Fahrverhaltens des Vorausfahrenden auf den letzten 100 m überprüfe, sei es gerechtfertigt, diese dann vorzusehen, wenn der vorgeworfene Abstand weniger als 1 m unter der maßgeblichen Grenze liege. Diese Prüfung könne etwa darin bestehen, dass der zeitliche Abstand der beiden Fahrzeuge nicht nur an der 0 m- und der 50 m-Linie, sondern auch bei der 100 m-Messlinie ermittelt werde. Hier sei das Auflösungsvermögen der Videoaufzeichnung noch so gut, dass der Abstand der beiden Fahrzeuge mit vernünftigen Toleranzen ausreichend gesichert festgestellt werden könne. Aus Sicht des Sachverständigen könne das vorliegende Verfahren bereits jetzt als größtenteils standardisiert im Sinne der Rechtsprechung angesehen werden. Allerdings sollten in die Technische Verfahrensbeschreibung verschiedene Punkte ergänzend aufgenommen werden.
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3. Der Senat folgt den nachvollziehbaren und eingehend begründeten Ausführungen des Sachverständigen. Mit ihm ist er der Ansicht, dass das Verfahren ViBrAM-BAMAS als „standardisiert“ im Sinne der Rechtsprechung des BGH (St 39, 291; 43, 277) angesehen werden kann. Es wird seit einigen Jahren in Baden-Württemberg bei der Überwachung des Verkehrs auf den Autobahnen angewendet. In der „Technischen Verfahrensbeschreibung“ werden für den anwendenden Polizeibeamten die einzelnen Schritte erläutert. Unerheblich ist, dass das Verfahren auch wertende Entscheidungen des Beamten erfordert, vor allem bei der Auswahl des maßgeblichen Videobildes, aus dem ersichtlich ist, in welchem Zeitpunkt sich das betreffende Fahrzeug genau an der Messlinie befindet. Dieser Umstand hindert die Annahme eines standardisierten Verfahrens nicht, denn die Messung muss nicht in einem voll automatisierten, menschliche Handhabungsfehler praktisch ausschließenden Verfahren erfolgen. Durch die Videotechnik und die anschließende Bearbeitung mittels der zur Anwendung kommenden Software ist gewährleistet, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse erzielt werden (vgl. BGH a.a.O.). Durch die Verfahrensbeschreibung ist darüber hinaus sichergestellt, dass die mit dem System arbeitenden Beamten geschult werden. Die Einstufung des ViBrAM-BAMAS-Verfahrens als standardisiert ist nicht davon abhängig, dass die vom Sachverständigen angeregten Ergänzungen der Verfahrensbeschreibung umgesetzt werden.
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Entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen kann dies allerdings nur dann gelten, wenn der festgestellte Abstand zum Vorausfahrenden mindestens 1 m unter dem Wert liegt, der für die Bemessung der Rechtsfolgen maßgebend ist (Bsp.: Bei einer Geschwindigkeit von 110 km/h betragen 3/10 des halben Tachowertes (vgl. Nr. 12.5.3 oder Nr. 12.6.3 der Tabelle 2 zum Anhang zur BKatV) 16,5 m; der errechnete Abstand beträgt 16 m). In diesen Fällen ist eine Einzelfallprüfung notwendig. Wie diese aussieht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es könnte sich empfehlen, den zeitlichen Abstand der Fahrzeuge nicht nur bei der 50 m- und der 0 m-Markierung, sondern auch - sofern dies die Videobilder hergeben - bei der 100 m-Markierung zu ermitteln. So kann festgestellt werden, ob er sich innerhalb der letzten hundert Meter verändert hat. Auch könnte untersucht werden, ob dem Betroffenen ein „Rundungsbonus“ in o.a. Sinn zugute kam und wenn ja in welcher Größenordnung. Hieraus können Schlüsse auf den wirklich eingehaltenen Abstand gezogen werden. In der Regel wird es sich empfehlen, in diesen Fällen einen Sachverständigen hinzuzuziehen.
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4. Zum Verfahren einschließlich der Abfassung der Urteilsgründe ist zu bemerken:
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a) Unbeschadet des Umstandes, dass es sich vorliegend um ein standardisiertes Messverfahren handelt, muss sich der Tatrichter im Einzelfall von der Beachtung der für dieses Verfahren geltenden Bestimmungen überzeugen. Liegen - dies wird die Regel sein - keine Anhaltspunkte für eine Fehlmessung vor, braucht im schriftlichen Urteil nur das angewendete Verfahren (ViBrAM-BAMAS), die errechnete Geschwindigkeit des Betroffenen und die Länge des Abstandes zum vorausfahrenden Fahrzeug (der größere Wert der beiden Messungen) angegeben zu werden. Der Mitteilung von Toleranzwerten (sowohl bei der Errechnung der Geschwindigkeit des Betroffenen als auch bei der Bestimmung des Abstandes) bedarf es nicht, da diese im Rechenprogramm berücksichtigt sind (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Mai 2007 - 4 Ss 196/07 - unter Bezugnahme auf OLG Brandenburg VRS 108, 121 und NStZ 2005, 413; OLG Karlsruhe NZV 2007, 256). Nur wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die maßgebenden Bestimmungen nicht eingehalten wurden, sind im Urteil Ausführungen zur Messung notwendig (vgl. OLG Dresden VRS 109, 196 (199) n.w.N.). Allgemein geäußerten Zweifeln des Betroffenen, etwa dahingehend, das Gerät habe nicht funktioniert oder dem anwendenden Beamten seien bei der Auswertung Fehler unterlaufen, braucht der Richter nicht nachzugehen. Es bedarf deshalb im Regelfall auch keiner Feststellungen dazu, ob sich im Fernbereich der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen infolge Abbremsen des Vorausfahrenden verringert oder ob sich hier ein drittes Fahrzeug vor den Vorausfahrenden gesetzt hat. Ersteres kann infolge der beim Verfahren ViBrAM-BAMAS in Ansatz gebrachten Toleranzen (und auch durch die durchgeführte Konsistenzprüfung) ausgeschlossen werden und bei letzterem wird die Auswertung durch den sachbearbeitenden Polizeibeamten verworfen.
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Unabhängig hiervon ist - in der gebotenen Kürze - im Urteil stets mitzuteilen, in welcher Weise sich der Betroffene eingelassen hat (OLG Karlsruhe a.a.O). Liegt ein glaubhaftes und uneingeschränktes Geständnis vor, braucht nicht einmal das Messverfahren etc. mitgeteilt zu werden (BGHSt. 39, 291).
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Ist in den o.a. Fällen eine Einzelfallprüfung notwendig, ist im Urteil über die vorstehend genannten Punkte hinaus mitzuteilen, aufgrund welcher Umstände der Betroffene gleichwohl einer Unterschreitung des Abstandes im vorgegebenen Umfang schuldig ist. Der Mitteilung des gesamten Rechenwerks bedarf es auch in diesen Fällen nicht.
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b) Beim ViBrAM-BAMAS-Verfahren findet sich in den Akten in der Regel ein „Auszug aus der Sammelauswertung“. Dieser stellt unter Berücksichtigung aller Toleranzen kurzgefasst die einzelnen Schritte der Berechnung von Geschwindigkeit und Abstand mit Hilfe des Softwareprogramms BAMAS dar. Er beinhaltet eine Datentabelle (Zeiten der Fahrzeuge an den verschiedenen Markierungen), die Konsistenzprüfung des Vorausfahrenden und die Berechnung der Geschwindigkeit des Betroffenen sowie des zeitlichen und des räumlichen Abstandes der beiden Fahrzeuge an den maßgeblichen Linien. In der Regel sind verschiedene Bilder von Videofilmen beigefügt, in die die Zeiten eingeblendet sind. Der Auszug aus der Sammelauswertung stellt eine Erklärung der Strafverfolgungsbehörde über Ermittlungshandlungen im Sinne des § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO in Verbindung mit § 71 Abs. 1 OWiG dar. Er kann deshalb nach dieser Bestimmung verlesen werden, denn der Polizeibeamte könnte bei einer Vernehmung in der Regel nicht mehr beurkunden als in dieser Auswertung bereits enthalten ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Auflage, § 256 Rn. 26). Auf die Zustimmung des Betroffenen und des Verteidigers zur Verlesung (§ 77 a Abs. 2, 4 Satz 1 OWiG) kommt es deshalb nicht an. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass diese Verlesungsmöglichkeit unter dem Vorbehalt der Aufklärungspflicht des Gerichts steht (§ 77 Abs. 1 OWiG; vgl. Meyer-Goßner a.a.O.).
IV.
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Das angefochtene Urteil wird diesen Vorgaben gerecht. In ihm teilt das Amtsgericht das angewendete Verfahren, die Geschwindigkeit des Betroffenen (131 km/h) und den Abstand von 22 m zwischen den betroffenen Fahrzeugen mit. Da sich 4/10 des halben Tachoabstandes auf 26,2 m belaufen, der Betroffene aber einen Abstand von nur 22 m eingehalten hat, ist auch keine Einzelfallprüfung angezeigt.
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Entgegen dem Vorbringen des Betroffenen sind Toleranzen in genügender Weise berücksichtigt worden. Ein weiterer Abzug von 0,04 sec „aufgrund der jeweiligen Messlinien“ ist nicht veranlasst. Auf die Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 04. Juli 2007 (S. 27 - 30) kann verwiesen werden.
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Die festgesetzte Geldbuße von 75 Euro entspricht Nr. 12.6.2 der Tabelle 2 des Anhanges zur BKatV in der bis zum 30. April 2006 geltenden Fassung. Sie ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Das Gericht bestimmt, unbeschadet der Pflicht, die Wahrheit von Amts wegen zu erforschen, den Umfang der Beweisaufnahme. Dabei berücksichtigt es auch die Bedeutung der Sache.

(2) Hält das Gericht den Sachverhalt nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme für geklärt, so kann es außer in den Fällen des § 244 Abs. 3 der Strafprozeßordnung einen Beweisantrag auch dann ablehnen, wenn

1.
nach seinem pflichtgemäßen Ermessen die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist oder
2.
nach seiner freien Würdigung das Beweismittel oder die zu beweisende Tatsache ohne verständigen Grund so spät vorgebracht wird, daß die Beweiserhebung zur Aussetzung der Hauptverhandlung führen würde.

(3) Die Begründung für die Ablehnung eines Beweisantrages nach Absatz 2 Nr. 1 kann in dem Gerichtsbeschluß (§ 244 Abs. 6 der Strafprozeßordnung) in der Regel darauf beschränkt werden, daß die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist.