Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 27. Sept. 2016 - 6 U 46/16

bei uns veröffentlicht am27.09.2016

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer das Landgerichts Stuttgart vom 19.2.2016 wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass sich die Darlehensverträge vom 28.5./2.6.2008 Nr. … über netto 65.000 EUR und Nr. … über netto 90.000 EUR aufgrund des Widerrufs der Kläger in Rückabwicklungsschuldverhältnisse umgewandelt haben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert in beiden Rechtszügen: 144.431 EUR

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit und die Folgen des von den Klägern erklärten Widerrufs von drei Darlehensverträgen.
1.
Die Kläger schlossen mit der Beklagten einen vom 19.5.2008 datierenden Darlehensvertrag (Bl. 168), der folgende drei Einzeldarlehen umfasste: ein Annuitätendarlehen (Nr. …) über einen Betrag von 82.000,00 EUR mit einem bis 30.4.2023 festgeschriebenen Nominalzins von 5,09 %, ein zum 30.11.2033 endfälliges Darlehen (Nr. …) über einen Betrag von 42.000 EUR mit einem bis 30.4.2023 festgeschriebenen Nominalzins von 5,25 % und ein weiteres zum 30.11.2036 endfälliges Darlehen (Nr. …) über einen Betrag von 42.000 EUR mit einem bis 30.4.2023 festgeschriebenen Nominalzins von 5,25 %.
Die Tilgung der endfälligen Darlehen sollte jeweils vorrangig aus dem Erlös einer fondsgebundenen Kapitallebensversicherung bei der H. Lebensversicherungs AG erfolgen.
Dem Vertrag war folgende Widerrufsbelehrung beigefügt:
Am 2.6.2008 kamen zwischen den Klägern und der Beklagten im Wege des Fernabsatzes zwei weitere Darlehensverträge über Annuitätendarlehen aus Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zustande (Bl. 168): ein Darlehen über 65.000 EUR (Nr. …) mit einem 30.6.2018 festgeschriebenen Nominalzins von 5,10 % und ein Darlehen über 90.000 EUR (Nr. …) mit einem bis 30.6.2018 festgeschriebenen Nominalzins von 4,35 %.
Der Vertrag enthielt folgende Widerrufsbelehrung:
Ausweislich der Darlehensverträge dienten die Kredite dem Kauf und der Modernisierung eines Zweifamilienhauses in R. Als Sicherheit für die genannten Darlehen bestellten die Kläger der Beklagten eine Grundschuld an dem erworbenen Grundstück mit einem Nennbetrag von 321.000 EUR.
Die vereinbarten Darlehensraten zahlten die Kläger ab 30.9.2008, davon ausgenommen ist das Annuitätendarlehen Nr. …, auf das die Kläger die Raten bereits ab 30.8.2008 erbrachten. Nach dem Vertrag gestattete Sondertilgungen erfolgten nicht.
Unstreitig wurden die genannten Darlehensverträge von den Klägern widerrufen. Streitig ist lediglich, ob der Widerruf die Beklagte bereits vor dem Anwaltsschreiben vom 26.9.2014 mit dem persönlichen Schreiben der Kläger vom 27.6.2014 erreicht hat.
10 
Mit ihrer Klage begehren die Kläger zuletzt die Feststellung, dass die streitgegenständlichen Darlehensverträge durch Erklärung der Kläger wirksam widerrufen und in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind. Zur Begründung machen sie geltend, die ihnen erteilten Widerrufsbelehrungen seien nicht ordnungsgemäß gewesen. Der Widerruf sei deshalb noch im Jahr 2014 möglich gewesen. Ferner beantragen sie, die Beklagte zur Freistellung der Kläger von den nicht anrechnungsfähigen außergerichtlichen Kosten in Höhe von Euro 2.399,99 zu verurteilen.
11 
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Widerrufsbelehrungen seien nicht zu beanstanden. Die Ausübung des Widerrufsrechts erst im Jahre 2014 erfülle den Tatbestand der unzulässigen Rechtsausübung und der Verwirkung nach § 242 BGB. Für den Fall, dass der Klage stattgegeben würde, hat sie schriftsätzlich eine Eventualteilwiderklage erhoben, gerichtet auf Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta der Darlehen mit der Nr. … in Höhe von 60.333,58 EUR und der noch offenen Darlehensvaluta für das Darlehen mit der Nr. … in Höhe von 81.808,60 EUR jeweils nebst gesetzlichen Zinsen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.1.2016 hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, die Anträge zur Hilfswiderklage nicht stellen zu wollen. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte klargestellt, dass die Klage dadurch zurückgenommen ist.
12 
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
2.
13 
Das Landgericht hat der Feststellungsklage mit der Begründung stattgegeben, die Darlehensverträge seien wirksam widerrufen. In Bezug auf den Vertrag vom 19.5.2008 stehe der Hinweis am Ende der Widerrufsbelehrung, dass bei mehreren Darlehensnehmern jeder Darlehensnehmer einzeln zum Widerruf berechtigt sei, zwar nicht der Gesetzlichkeitsfiktion gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV entgegen. Der erteilte Hinweis stehe aber mit der Rechtslage nicht in Einklang, da das Widerrufsrecht gemäß § 351 BGB nur von allen Beteiligten gemeinsam ausgeübt werden könne. Die Belehrung zu dem Vertrag vom 28.5.2008 sei ebenfalls nicht ordnungsgemäß, weil die Hinweise zur Fristberechnung nicht eindeutig seien. Soweit in der Belehrung darüber informiert werde, dass die Frist einen Tag nach den beschriebenen fristauslösenden Ereignissen beginne, werde nicht deutlich, dass dies auch für den Vertragsschluss gelte, bei dem es sich ebenfalls um ein Ereignis im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB handle.
14 
Die Ausübung des Widerrufsrechts verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten stehe den Klägern allerdings nicht zu.
3.
15 
Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt.
16 
Soweit das Landgericht den Widerruf des Darlehensvertrages vom 19./26.05.2098 für wirksam gehalten habe, habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass das Widerrufsrecht von mehreren Darlehensnehmern gemeinsam ausgeübt werden müsse. Aus den §§ 495, 355 Abs. 1 BGB ergebe sich vielmehr, dass das Widerrufsrecht jedem Darlehensnehmer gesondert zustehe.
17 
Auch die Belehrung zu den Verträgen vom 28.5.2008 sei nicht zu beanstanden. Das Landgericht berücksichtige nicht, dass der Belehrungstext in Übernahme der gesetzlichen Regelung den Vertragsschluss nicht positiv als fristauslösendes Ereignis beschreibe, sondern als bloßes Negativmerkmal ohne dessen Vorliegen die Frist nicht beginne. Hierauf sei § 187 Abs. 1 BGB nicht anwendbar, weil das Gesetz auf den Beginn des Tages des Vertragsschlusses und nicht auf das Ereignis des Vertragsschlusses abstelle. Auch aus der Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG und der Richtlinie zum Fernabsatz zum Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 2002/16/EG ergebe sich, dass die Frist mit dem Tag des Vertragsschlusses beginne. Bei europarechtskonformer Auslegung sei § 187 Abs. 1 BGB folglich nicht anwendbar. Die vom Landgericht monierte Unklarheit sei bereits im Gesetz angelegt und falle deshalb nicht in den Verantwortungsbereich des Unternehmers. Im Übrigen könne greife auch insoweit die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV.
18 
Die Beklagte beantragt:
19 
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19.2.2016 mit dem Az. 12 O 290/15 abgeändert und die Klage abgewiesen.
20 
Die Kläger beantragen,
21 
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
22 
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen ihr Vorbringen, die zu dem Vertrag vom 19.5.2008 erteilte Widerrufsbelehrung genieße nicht den Schutz des § 14 BGB-InfoV und weiche von der gesetzlichen Rechtslage ab. Dies ergebe sich zum einen aus § 351 BGB, der auch für den Widerruf gelte. Selbst wenn man dies nicht annehmen würde, würden sich die Folgen aus § 139 BGB ergeben, wonach es auf den zu ermittelnden Parteiwillen ankomme. Demgegenüber vermittle die Belehrung das Verständnis, dass der Widerruf eines Darlehensnehmers ohne weiteres zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages führe.
23 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
II.
24 
Die Berufung der Beklagten ist begründet, soweit das Landgericht den Widerruf des Vertrages vom 19.5.2008 für wirksam erachtet hat.
1.
25 
Zu Recht hat das Landgericht die Feststellungsklage für zulässig gehalten.
a)
26 
Zwar ist die Wirksamkeit des Widerrufs selbst kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, sondern nur eine Vorfrage für die Rechtsfolgen des Widerrufs. Statthaft ist die Feststellungsklage aber, wenn sie darauf gerichtet ist, dass ein Rechtsverhältnis mit geändertem Inhalt fortbesteht. Der Widerruf, der nach dem Gesetz als besonderes Rücktrittsrecht ausgestaltet ist, bewirkt nicht die Aufhebung des Darlehensvertrages, sondern seine inhaltliche Umgestaltung mit den sich aus den §§ 357, 346, 347 BGB ergebenden Rechtsfolgen (BGH v. 13.4.2011 – VIII ZR 220/10; v. 17.3.2004 – VIII ZR 265/03; v. 10.7.1998 – V ZR 360/96; v. 14.3.2000 - X ZR 115/98; Senat v. 6.10.2015 – 6 U 148/14). Diese Inhaltsänderung kann zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden.
b)
27 
Die Kläger haben auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung dieser Rechtswirkung des Widerrufs. Insbesondere können sie nicht auf die Erhebung einer Leistungsklage verwiesen werden. Eine Feststellungsklage des Darlehensnehmers ist von Anfang an zulässig, wenn sich nach einer Aufrechnung der wechselseitigen Ansprüche aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis kein Saldo zu seinen Gunsten ergeben würde (Senat v. 14.4.2015 - 6 U 66/14; OLG Dresden v. 11.6.2015 – 8 U 1760/14).
2.
28 
Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet, weil den Klägern kein Widerrufsrecht mehr zustand. Die Widerrufsfrist war bei Abgabe der Widerrufserklärungen im Jahr 2013 und 2014 bereits abgelaufen.
a)
29 
Maßgeblich sind die bei Abschluss des Vertrages geltenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über Verbraucherverträge nach den Änderungen durch das OLG - Vertretungsänderungsgesetz vom 23.7.2002 (BGBl. I S. 2850) in der bis zum 10.6.2010 gültigen Fassung (Art 229 § 9 Abs.1 Nr.2 und § 22 Abs. 2 EGBGB).
b)
30 
Zwar genügt eine Widerrufsbelehrung nicht den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB, wenn sie den Hinweis enthält, dass die Frist für den Widerruf "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" beginne (BGH v. 9.12.2009 - VIII ZR 219/08 Tz. 13, 15; v. 29.04.2010 - I ZR 66/08 Tz. 21; v. 1.12.2010 - VIII ZR 82/10 Tz. 12; v. 2.2.2011 - VIII ZR 103/10 Tz. 14; v. 28.06.2011 - XI ZR 349/10 Tz. 34). Soweit die Beklagte aber den Text der Musterbelehrung vollständig und unverändert übernommen hat, genießt die Belehrung den Schutz des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV.
31 
aa) Gemäß § 16 BGB-InfoV in der ab 1.4.2008 geltenden Fassung ist § 14 Abs. 1 bis 3 BGB-InfoV auch auf solche Belehrungen über das Widerrufsecht anzuwenden, die den bis zum 31.3.2008 geltenden Mustern entsprechen und dem Verbraucher vor dem 1.10.2008 in Textform mitgeteilt worden sind. Die Beklagte durfte demnach das bis 31.3.2008 geltende Muster verwenden.
32 
bb) Ein Unternehmer kann die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Greift der Unternehmer hingegen in das ihm zur Verfügung gestellte Muster durch eigene Bearbeitung ein, tritt die Wirkung des § 14 Abs.1 BGB-InfoV nicht ein und zwar unabhängig vom konkreten Umfang der vorgenommenen Änderungen (BGH v. 28.6.2011 - XI ZR 349/10 Tz. 37 ff.; v. 9.12.2009 - VIII ZR 219/08; v. 1.3.2012 - III ZR 83/11; v. 18.3.2014 - II ZR 109/13).
33 
In der Belehrung der Beklagten ist der Text der bis 31.3.2008 geltenden Musterbelehrung unter den Überschriften „Widerrufsrecht“ und „Widerrufsfolgen“ inhaltlich unverändert wiedergegeben, ohne dass er einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen worden wäre.
34 
Der Umstand, dass die Beklagte in der Belehrung räumlich abgesetzt unter der Überschrift „Mehrere Darlehnsnehmer“ einen ergänzenden Hinweis erteilt hat, steht dem nicht entgegen (Senat v. 20.5.2014 – 6 U 182/13).
35 
Gibt der Unternehmer dem Verbraucher ohne in den Text der Musterbelehrung einzugreifen an anderer Stelle weitergehende Informationen zum Widerrufsrecht und betreffen diese Hinweise Aspekte des Widerrufsrechts, die den Inhalt der Musterbelehrung nicht berühren oder in Frage stellen, ist darin keine Überarbeitung des Belehrungsmusters zu sehen. Das gilt auch, wenn der Unternehmer, um dem Vorwurf der Intransparenz zu entgehen, diese selbständige Zusatzinformation räumlich abgesetzt und unter eigener Überschrift der Widerrufsbelehrung beifügt. Es wäre unangemessen, einem Unternehmer, der seine Widerrufsbelehrung exakt nach dem Muster gestaltet, den Vertrauensschutz nur deshalb zu entziehen, weil er ein zusätzliches Informationsbedürfnis auf Seiten des Verbrauchers erkennt, zu dem die Musterbelehrung schweigt. Nur dann, wenn er das erkannte Defizit zum Anlass nimmt, die Musterbelehrung selbst zu überarbeiten, kann er sich wegen des damit verbundenen Eingriffs in den Mustertext nicht mehr auf die Wirkungen des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen. Das gilt aber nicht, wenn er den Mustertext unberührt lässt und erkennbar abgesetzt dem Verbraucher eine selbständige, den Inhalt des Mustertextes nicht betreffende Zusatzinformation gibt.
36 
Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.3.2014 – II ZR 109/13 – ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Es ist zwar richtig, dass danach Zusatzinformationen selbst dann schädlich sein können, wenn sie inhaltlich zutreffend zugunsten des Belehrungsempfängers erteilt werden. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall waren die Zusatzinformationen aber deshalb schädlich, weil sie mit abweichendem Inhalt in den Text der Musterbelehrung integriert waren und damit eine inhaltliche Überarbeitung des Musters bzw. ein Eingriff in den Mustertext zu bejahen war. Die Beklagte hat hingegen in keiner Weise in die Musterbelehrung selbst eingegriffen.
37 
Eine Abweichung vom Muster der Widerrufsbelehrung liegt auch nicht darin, dass die Beklagte beide Darlehensnehmer als Adressaten der Belehrung in das Formular aufgenommen hat. Zu der Frage, wie bei mehreren Darlehensnehmern zu verfahren ist, macht die Musterbelehrung keine Vorgaben. Die Beklagte war daher frei, ob sie für jeden der Darlehensnehmer gesonderte Belehrungen fertigt oder den Darlehensnehmern ein Exemplar überlässt, das sich an beide richtet.
c)
38 
Durch die über den Text der Musterbelehrung hinausgehenden Hinweise zum Widerrufsrecht hat die Beklagte nicht gegen die gesetzliche Vorgabe verstoßen, die Kläger deutlich und inhaltlich zutreffend über ihr Widerrufsrecht in Kenntnis zu setzen (§ 355 Abs. 2 S.1 BGB). Soweit die Beklagte die Widerrufsbelehrung unter der Überschrift „Mehrere Darlehensnehmer“ dahin ergänzt hat, dass jeder Darlehensnehmer seine Willenserklärung gesondert widerrufen kann, handelt es sich um einen inhaltlich zutreffenden und mit Blick auf das Deutlichkeitsgebot unschädlichen Zusatz.
39 
aa) Der Hinweis gibt die Rechtslage richtig wieder: Schließen mehrere natürliche Personen gemeinschaftlich als Darlehensnehmer einen widerruflichen Verbrauchervertrag ab, darf jeder unabhängig vom anderen von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen (Masuch in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 355 Rn. 29; Schürnbrand in: Münchener-Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 491 Rn.14; Kessal-Wulf in: Staudinger, BGB (2012), § 491 Rn.20 und § 495 Rn.19; Müller-Christmann in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, § 495 Rn.9). In entsprechender Anwendung des § 139 BGB hat der Widerruf durch einen der Darlehensnehmer grundsätzlich die Rückabwicklung des gesamten Vertrages zur Folge (Kessal-Wulf in: Staudinger, BGB (2012), § 495, Rn. 19).
40 
Soweit das OLG Karlsruhe (Urteil v. 15.12.2015 – 17 U 145/14) und das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung annehmen, aus der Verweisung in § 357 Abs. 1 BGB folge, dass das Widerrufsrecht gemäß § 351 BGB von mehreren Berechtigten nur gemeinsam ausgeübt werden könne (so auch Kaiser in Staudinger (BGB), § 355 Rn. 42 f.), schließt sich der Senat dem nicht an.
41 
Unabhängig davon, ob § 357 Abs. 1 BGB als Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung zu verstehen ist, richtet sich die Frage, wem das Widerrufsrecht bei einem Verbraucherdarlehen zusteht, vorrangig nach den besonderen gesetzlichen Regelungen in den §§ 495, 355 BGB. In diesen Bestimmungen ist die Frage, was bei Vertragsschluss durch mehrere Verbraucher gilt, zwar nicht ausdrücklich angesprochen. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes ist das durch § 495 BGB begründete Widerrufsrecht des Darlehensnehmers aber jedem einzelnen Verbraucher eingeräumt. Das gesetzliche Widerrufsrecht soll dem Verbraucher die Möglichkeit verschaffen, sich voraussetzungslos von dem - gleich aus welchem Grund - als ungünstig erkannten Darlehensvertrag lösen zu können. Dieses Lösungsrecht muss sich gerade auch auf die erst durch den Vertrag begründete gemeinschaftliche Berechtigung und Verpflichtung als Gesamtschuldner beziehen. Insofern ist die Situation beim Rücktrittsrecht im Allgemeinen anders, weil es sich dabei nicht um ein Gestaltungsrecht handelt, das an Mängel der Willensbildung beim Vertragsschluss anknüpft. Das Widerrufsrecht zielt demgegenüber darauf ab, die Bindung an einen nicht gewollten Vertrag zu beseitigen und steht insofern dem Anfechtungsrecht näher. Für letzteres ist anerkannt, dass es bei Rechtsgeschäften, an denen mehrere Personen beteiligt sind, jedem selbständig zusteht (Roth in Staudinger, BGB (2015), § 143, Rn. 15).
42 
Nach dem Regel-Ausnahmeverhältnis in § 139 BGB erstrecken sich die Wirkungen des Widerrufs grundsätzlich auf alle Darlehensnehmer. Dabei ist für die Belehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht maßgebend, was gelten soll, wenn einer der Darlehensnehmer innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen den Widerruf erklärt. Schließt der Darlehensgeber den Vertrag von vornherein mit mehreren Kreditnehmern ab, so ist davon auszugehen, dass er auch den Fortbestand der einzelnen Kreditverhältnisse davon abhängig machen möchte, dass jedes von ihnen endgültig wirksam und von keinem der Verbraucher binnen zwei Wochen widerrufen wird (Staudinger/Sibylle Kessal-Wulf (2012) BGB § 495, Rn. 19). Umgekehrt ist auch anzunehmen, dass ein Darlehensnehmer, der die vertraglichen Pflichten aus dem Darlehensvertrag nicht allein übernehmen will, nicht bereit ist, den Vertrag fortzuführen, wenn ein weiterer Mitdarlehensnehmer sich innerhalb der Frist von zwei Wochen von diesem löst.
43 
Soweit durch den Widerruf des einen Vertragspartners in die Entscheidungsfreiheit des anderen Verbrauchers eingegriffen wird, fallen dessen Belange nicht unter den eigentlichen Schutzzweck des Verbraucherrechts, das darauf abzielt, den Verbraucher, der sich in einer strukturell schlechteren Verhandlungsposition befindet, vor unüberlegten Vertragsschlüssen zu schützen. Deshalb gebührt dem im Gesetz verankerten Schutz des Widerrufenden Vorrang. Grenzen der Ausübung des Widerrufsrechts im Hinblick auf die Belange des Mitdarlehensnehmers können sich allenfalls aus Treu und Glauben ergeben (§ 242 BGB).
44 
Im vorliegenden Fall enthält der streitgegenständliche Vertrag vom 19.5.2008 unter Nr.6 („Annahme dieses Vertragsangebots“) zudem die ausdrückliche Regelung, dass der Darlehensvertrag insgesamt unwirksam wird, wenn einer von mehreren Darlehensnehmern von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Da die Belehrung der Beklagten zu den Widerrufsfolgen insoweit auch keine Modifikation enthält, bringt sie hinreichend zum Ausdruck, dass der Darlehensvertrag danach insgesamt rückabzuwickeln ist.
45 
bb) Die Belehrung zur Ausübung des Widerrufsrecht bei mehreren Darlehensnehmern verstößt auch nicht gegen das Deutlichkeitsgebot. Danach ist nicht schlechthin jeglicher Zusatz zur Belehrung untersagt. Dem Zweck der Belehrung entsprechend sind Ergänzungen vielmehr als zulässig anzusehen, soweit sie die Belehrung verdeutlichen. Lediglich Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und die deshalb von ihr ablenken, sind mit dem Deutlichkeitsgebot nicht zu vereinbaren (BGH v. 4.7.2002 - I ZR 55/00). Gemessen daran, ist der Zusatz, den die Beklagte in die Belehrung eingefügt hat, unschädlich. Er ist vielmehr geeignet, die naheliegende Frage zu klären, ob die Kläger den Widerruf notwendig gemeinsam erklären müssen, und dient damit der Verdeutlichung der Belehrung über das Widerrufsrecht.
d)
46 
Die Kläger wurden von der Beklagten folglich ordnungsgemäß belehrt, sodass die Frist für ihr Widerrufsrecht gemäß § 355 Abs. 2 BGB bereits abgelaufen war, als sie den Widerruf erklärt haben.
III.
47 
Keinen Erfolg hat die Berufung der Beklagten soweit sie sich gegen die Feststellung des Landgerichts wendet, dass sich die Fernabsatzverträge vom 2.6.2008 in Rückabwicklungsschuldverhältnisse gewandelt haben.
48 
Auch insoweit ist die Feststellungsklage zulässig. Sie ist auch begründet, weil der unstreitig von den Klägern erklärte Widerruf gemäß § 355 Abs. 2 BGB noch rechtzeitig erfolgte.
1.
49 
Die Widerrufsbelehrung der Beklagten ist nicht gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV als gesetzeskonform zu behandeln, weil die Beklagte die maßgeblichen Musterbelehrungen (sowohl in der ab 1.4.2008 als auch in der davor geltenden Fassung) in Bezug auf den Fristbeginn einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat.
50 
Soweit in der Belehrung ausgeführt wird, die Frist beginne einen Tag nachdem die im Belehrungstext in vier Unterpunkten erläuterten Ereignissen eingetreten sind, war dies von Gesetzes wegen zwar nicht erforderlich, weil das Gesetz vom Unternehmer lediglich verlangt, das den Fristablauf auslösende Ereignis zu nennen, ohne dass die weitere Fristberechnung gemäß §§ 187 ff. BGB erläutert werden müsste (BGH v. 27.4.1994 - VIII ZR 223/93 Tz. 21). Der Bundesgerichtshof sieht in einer solchen Belehrung aber lediglich eine unschädliche Anpassung an die Regelung des § 187 BGB (BGH v. 20.11.2012 - II ZR 264/10; v. 18.3.2014 - II ZR 109/13).
51 
Hier liegt aber deshalb keine bloße Anpassung der Belehrung zum Fristbeginn an die Regelung des § 187 BGB vor, weil die Belehrung gerade insoweit gegen das Deutlichkeitsgebot verstößt, wie unten näher ausgeführt ist. Hinzukommt, dass der Fristbeginn in Bezug auf den Vertragsschluss als weitere Bedingung gerade abweichend vom Muster erläutert wird. Nach dem Gestaltungshinweis (3) des Musters - den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen betreffend - soll bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzugefügt werden: „jedoch nicht vor Vertragsschluss“. Demgegenüber lautet die Belehrung der Beklagten insoweit wie folgt: “(…) nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“.
52 
Angesichts dieser Abweichungen vom Muster kann sich die Beklagte nicht auf die Schutzwirkung gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen (Senat v. 14.4.2015 – 6 U 66/14; v. 29.9.2015 – 6 U 21/15; v. 6.9.2016 – 6 U 207/15).
2.
53 
Die Belehrung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung.
54 
Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses unter Ausschöpfung der Widerrufsfrist auszuüben. Er ist deshalb (auch) über den Beginn der Widerrufsfrist unmissverständlich zu informieren (BGH v. 13.01.2009 - XI ZR 118/08; v. 10.03.2009 - XI ZR 33/08).
55 
Belehrt der Darlehensgeber hinsichtlich der Voraussetzungen des Beginns der Widerrufsfrist gemäß § 312 d Abs. 2 BGB aber dahin, dass die Frist "einen Tag nachdem" die in der Belehrung beschriebenen Ereignisse eingetreten sind, beginne, " jedoch nicht vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages", verstößt dies gegen das Deutlichkeitsgebot, weil dadurch der Fehlvorstellung Vorschub geleistet wird, in Bezug auf den Abschluss des Darlehensvertrages sei die Widerrufsfrist im Gegensatz zu den weiteren genannten Ereignissen unter Einschluss des Tages des Vertragsschlusses zu berechnen (Senat v. 14.4.2015 – 6 U 66/14; v. 29.9.2015 – 6 U 21/15; v. 6.9.2016 – 6 U 207/15).
a)
56 
Soweit das Gesetz in § 312 d Abs. 2 BGB den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen an den Vertragsschluss knüpft, ist die Frist auch insoweit gemäß § 187 Abs. 1 BGB zu berechnen mit der Folge, dass der Tag des Vertragsschlusses nicht mitzurechnen ist.
57 
aa) Allerdings kann dies dem Wortlaut des Gesetzes wegen der negativen Fassung des Tatbestandes („nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses“) nicht unmittelbar entnommen werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist durch diese negative Formulierung aber nicht ausgeschlossen, dass das Gesetz den Fristlauf an das Ereignis des Vertragsschlusses knüpft. Die negative Formulierung ändert nichts daran, dass der Gesetzgeber den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen vom Vertragsschluss abhängig gemacht und damit eine weitere Bedingung für den Fristlauf statuiert hat. Die negative Formulierung lässt lediglich offen, ob für die Fristberechnung der Beginn des Tages des Vertragsschlusses (§ 187 Abs. 2 BGB) oder letzterer als Ereignis maßgebend sein soll (§ 187 Abs. 1 BGB).
58 
bb) Die Gesetzgebungsgeschichte gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber in Bezug auf den Vertragsschluss eine Tagesanfangsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB regeln wollte. Die Formulierung, dass die Frist für den Widerruf eines Fernabsatzvertrages bei der Lieferung von Waren nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger, bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor dem Tag des Eingangs der ersten Teillieferung und bei Dienstleistungen nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses beginnt, geht auf das Gesetz über Fernabsatzverträge vom 27.6.2000 (BGBl. I, S. 897) zurück. Dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 9.2.2000 lässt sich zu der Regelung über den Beginn der Widerrufsfrist in § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG entnehmen, dass die Vorschrift Artikel 6 Abs. 1 Unterabsatz 2 und 4 FARL in redaktionell gestraffter Form zusammenfasse, wonach die Frist nämlich mit Erfüllung der Informationspflichten, bei der Lieferung von Waren jedoch nicht vor deren Eingang beim Empfänger und bei der Erbringung von Dienstleistungen nicht vor Abschluss des Vertrages beginne (BT-Drucks. 14/2658, S. 43). Dass § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG eine Tagesanfangsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB regeln könnte, wurde offensichtlich nicht erwogen, vielmehr ist in dem Entwurf nur von den Ereignissen als fristauslösenden Umständen die Rede.
59 
Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 29.7.2009 (BGBl. 2009, 2355) wurde § 312 d Abs. 2 BGB dahingehend geändert, dass die Widerrufsfrist unter anderem „nicht vor Vertragsschluss“ beginnt, sodass das Gesetz nunmehr schon dem Wortlaut nach eindeutig eine Ereignisfrist geregelt hat. Begründet wurde die Neufassung des § 312 d Abs. 2 BGB lediglich mit der redaktionellen Anpassung der Verweisungen und einer Vereinfachung des Wortlauts (Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 5.11.2008, BT-Drucks. 16/11643, S. 69). Eine Änderung des Regelungsgehalts der Norm sollte damit offenbar nicht verbunden sein. Der Gesetzgeber ging also ersichtlich davon aus, dass auch § 312 d Abs. 2 BGB in der hier anwendbaren Fassung insgesamt unter § 187 Abs. 1 BGB falle. Dem entspricht auch der Text der Musterbelehrung, der - wie oben ausgeführt - den Vertragsschluss im Gestaltungshinweis (3) eindeutig als fristauslösendes Ereignis beschreibt.
60 
cc) Europarechtliche Vorgaben bestanden für den Gesetzgeber insoweit nicht. Soweit sich die Beklagte auf die Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG vom 20.5.1997 (FARL) bezieht, ergibt sich daraus nicht, dass nur die Regelung einer Tagesanfangsfrist richtlinienkonform wäre. Zwar besagt Art 6 Abs. 1 FARL u.a., dass die Widerrufsfrist bei Dienstleistungen „mit dem Tag des Vertragsschlusses“ beginne. Zum einen fallen aber Finanzdienstleistungen und damit auch Verbraucherkredite gar nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie (Art. 3 Abs. 1 FARL) und zum anderen regelt die Richtlinie lediglich eine Mindestharmonisierung (Art. 14 FARL). So gibt die Richtlinie nur das Recht des Verbrauchers vor, sich von dem Vertrag innerhalb einer Frist von mindestens 7 Werktagen zu lösen (Art. 6 Abs. 1 FARL). Entsprechend war der deutsche Gesetzgeber auch frei, eine längere Widerrufsfrist von 2 Wochen zu regeln und diese zugunsten des Verbrauchers insgesamt als Ereignisfrist auszugestalten.
61 
Auch der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen – umgesetzt durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (BGBl I, 2004, 3102) ist nicht zu entnehmen, dass dem deutschen Gesetzgeber eine Tagesanfangsfrist vorgegeben wäre.
62 
Art. 6 der Richtlinie bestimmt, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass der Verbraucher innerhalb einer Frist von 14 Kalendertagen den Vertrag widerrufen kann, wobei die Widerrufsfrist „am Tag des Abschlusses des Fernabsatzvertrags“ oder an dem Tag beginnen soll, an dem der Verbraucher die Vertragsbedingungen und die zu erteilenden Informationen erhält, wenn dieser Zeitpunkt nach dem Vertragsschluss liegt. Dem kann die Anordnung einer Tagesanfangsfrist nicht entnommen werden. Die Frist soll „am“ Tag des Vertragsschlusses und nicht „mit“ dem Tag des Vertragsschlusses beginnen. Auch im Übrigen können der Richtlinie keine Vorgaben entnommen werden, wie der nationale Gesetzgeber die Fristberechnung zu regeln hat.
63 
dd) Da der deutsche Gesetzgeber danach frei war, eine Tagesanfangs- oder eine Ereignisfrist zu regeln und weder dem Wortlaut des Gesetzes noch der Gesetzgebungsgeschichte eindeutige Anhaltspunkte für die Annahme einer Tagesanfangsfrist entnommen werden können, fällt entscheidend ins Gewicht, dass der Schutzzweck des Gesetzes für die Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB spricht.
64 
Auch die in § 355 BGB geregelten allgemeinen Bedingungen des Fristbeginns sind als Ereignisse im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB ausgestaltet. Die verlängernde Fristberechnung gemäß § 187 Abs. 1 BGB stellt den gesetzlichen Regelfall dar. Ihre Anwendung ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn einer gesetzlichen Frist - wie der Widerrufsfrist - eine Schutzfunktion zukommt (Repgen in Staudinger, BGB (2014), § 187 Rn. 2). Eine verkürzende Fristberechnung, wie sie § 187 Abs. 2 BGB vorsieht, entspricht danach nicht dem Zweck der gesetzlichen Regelung in § 312 d Abs. 2 BGB. Ein sachlicher Grund, die Frist insoweit abweichend von den allgemeinen Voraussetzungen des Fristbeginns gemäß § 355 BGB verkürzend zu berechnen, besteht nicht.
65 
ee) Die Berechnung der Widerrufsfrist gemäß § 312 d Abs. 2 BGB richtet sich deshalb nach § 187 Abs. 1 BGB (Wendehorst in Münchner Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 312 d Rn. 86; Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 312 d Rn. 6; Palm in Erman, BGB 11. Aufl., § 187 Rn. 1; Repgen in Staudinger, BGB (2014), § 187 Rn.6).
b)
66 
Gemessen daran, fehlt der Belehrung der Beklagten die notwendige Eindeutigkeit, weil darin zwar für die in einer Aufzählung zunächst genannten Bedingungen des Fristbeginns (Erhalt der Widerrufsbelehrung, der Vertragsurkunde bzw. des schriftlichen Antrags, der AGB sowie der Verbraucherinformationen) ein Hinweis zur Fristberechnung gemäß § 187 Abs.1 BGB erteilt wird, für den Vertragsschluss als weitere Bedingung des Fristbeginns ein solcher Hinweis zur Fristberechnung aber fehlt. Der erste Halbsatz der Belehrung über den Fristbeginn macht deutlich, dass die Frist erst einen Tag nach den in den folgenden Unterpunkten aufgezählten Ereignissen beginnt. Eine solche Klarstellung erfolgt im zweiten Halbsatz für den Vertragsschluss als weitere Voraussetzung nicht. Der gewählte Satzbau lässt auch nicht erkennen, dass sich die einleitende Wendung „einen Tag nachdem“ auch auf das Erfordernis des Vertragsschlusses beziehen soll. Vielmehr lässt die Wendung „nicht vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“ auch die Deutung zu, bei der Fristberechnung sei gemäß § 187 Abs. 2 BGB der Beginn des Tages des Vertragsschlusses maßgebend.
67 
Die gewählte Formulierung ist deshalb geeignet, beim Verbraucher die Fehlvorstellung hervorzurufen, dass der Tag des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung mitzuzählen ist. Es wird nicht hinreichend deutlich, dass die Frist auch in Bezug auf den Vertragsschluss gemäß § 187 Abs. 1 BGB zu berechnen ist und der Tag des Vertragsschlusses nicht gemäß § 187 Abs. 2 BGB in die Frist einzurechnen ist.
c)
68 
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, der festgestellte Mangel der Belehrung beruhe ausschließlich auf der Unklarheit des Gesetzes und könne ihr deshalb nicht angelastet werden.
69 
Der Mangel der Belehrung hat seinen Grund nicht allein in der Übernahme des Gesetzestextes, sondern beruht entscheidend darauf, dass die Beklagte ergänzende Erläuterungen zur Fristberechnung für alle fristauslösenden Umstände bis auf den Vertragsschluss erteilt hat, und dadurch den unzutreffenden Eindruck erweckt hat, dass die Frist unterschiedlich zu berechnen sei. Das wäre vermeidbar gewesen, wenn die Beklagte - dem Vorschlag der Musterbelehrung folgend - allein den Vertragsschluss als weiteres für den Fristbeginn notwendiges Ereignis beschrieben hätte, oder - sollte sie insoweit über die Rechtslage im Unklaren gewesen sein - den Hinweis zur Fristberechnung insgesamt unterlassen hätte. Durch die vorgenommene Differenzierung hat sie aber den unzutreffenden Eindruck erweckt, die für den Fristbeginn maßgeblichen Ereignisse seien in Bezug auf die Fristberechnung unterschiedlich zu behandeln.
3.
70 
Die Ausübung des Widerrufsrechts verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Herleitung von Rechten des Verbrauchers aus einem wegen eines Belehrungsfehlers möglichen Widerruf eines vor langer Zeit abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrages kann der Einwand der Verwirkung oder des Verstoßes gegen Treu und Glauben nicht generell und nicht allein wegen des Zeitablaufs und der Erfüllung der vertraglichen Pflichten des Verbrauchers in Unkenntnis der fortbestehenden Widerruflichkeit entgegengehalten werden. Eine Treuwidrigkeit kommt vielmehr nur wegen Besonderheiten im Einzelfall in Betracht (OLG Stuttgart v. 6.9.2016 – 6 U 207/15), die hier nicht gegeben sind.
a)
71 
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, der Widerruf des Darlehensvertrages sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB).
72 
Selbst wenn der Widerruf des Verbrauchers von dem Motiv getragen ist, sich nach langer Zeit wegen des gegenwärtig niedrigen Zinsniveaus von dem Darlehensvertrag zu lösen, steht das der Ausübung des Widerrufsrechts nicht entgegen. Da das Gesetz es dem freien Willen des Verbrauchers überlässt, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft, kann aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (BGH v. 12.7.2016 – XI ZR 501/15 Rn. 23).
73 
Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, wie gravierend der Mangel der Widerrufsbelehrung war und ob er sich im Fall der Kläger überhaupt konkret ausgewirkt hat, denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Wirksamkeit des Widerrufs nicht voraus, dass der Mangel der Belehrung ursächlich dafür war, dass der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Das Gesetz knüpft unabhängig davon, ob der Verbraucher durch die unzureichende Belehrung tatsächlich einer Fehlvorstellung über das Bestehen und die Modalitäten der Ausübung eines Widerrufsrechts unterlag, allein an die objektive Gesetzeswidrigkeit der Widerrufsbelehrung die Sanktion eines nicht befristeten Widerrufsrechts des Verbrauchers. Entscheidend ist, dass die erteilte Belehrung generell – ohne Rücksicht auf die Schutzwürdigkeit des Verbrauchers im Einzelfall – geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (BGH v. 23.6.2009 - XI ZR 156/08 Tz.25). Das Widerrufsrecht besteht selbst dann, wenn feststeht, dass der Widerruf auch bei ordnungsgemäßer Belehrung nicht rechtzeitig ausgesprochen worden wäre, weil andernfalls das Ziel des Gesetzes unterlaufen würde, den Unternehmer zu einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht anzuhalten (BGH v. 13.1.1983 – III ZR 30/82).
74 
Es stellt danach keinen Rechtsmissbrauch dar, sondern ist von der Ausgestaltung des Widerrufsrechts durch das Gesetz und die Rechtsprechung gedeckt, wenn ein Verbraucher dieses Recht nach längerer Zeit ausübt, obwohl er nicht konkret durch den Mangel der Belehrung an der fristgerechten Ausübung gehindert war. Genauso wenig handelt er missbräuchlich, wenn er, nachdem er von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangt hat, eine mittlerweile eingetretene Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zum Anlass nimmt, sich durch Widerruf von dem nachteilhaft gewordenen Vertrag zu lösen (zuletzt Senat v. 24.11.2015 – 6 U 140/14; 6.10.2015 – 6 U 148/14).
75 
Unter Berücksichtigung des beiderseitigen Parteivortrags und umfassender Abwägung der Parteiinteressen sieht der Senat im hier zu entscheidenden Einzelfall keine Konstellation, bei der die Einrede aus § 242 BGB begründet wäre.
b)
76 
Die Kläger haben ihr Widerrufsrecht auch nicht verwirkt, weil die Würdigung der gesamten Umstände des Falles ergibt, dass das für den Verwirkungseinwand erforderliche Umstandsmoment nicht gegeben ist.
77 
aa) Bei der Verwirkung handelt es sich um einen Fall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB), die in der illoyal verspäteten Geltendmachung eines Rechts liegt. Dieser Einwand kommt auch gegenüber dem Widerruf eines Verbraucherdarlehens in Betracht. Allerdings gelten insoweit keine Besonderheiten. Der Einwand ist also nur unter den von der Rechtsprechung anerkannten Voraussetzungen berechtigt, dass seit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die auf dem Verhalten des Berechtigten beruhen (Umstandsmoment). Die Verwirkung setzt voraus, dass sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Der Verpflichtete muss aus dem Verhalten des Berechtigten bei objektiver Betrachtung entnehmen dürfen, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner kommt eine Verwirkung nur in Betracht, wenn sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH v. 12.7.2016 – XI ZR 501/15 Rn. 40; v. 23.1.2014 - VII ZR 177/13 Rn. 13; v. 7.5.2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101, Rn. 39; v. 6.3.1986 – III ZR 195/84, BGHZ 97, 212, Rn. 36).
78 
bb) Es muss nicht entschieden werden, unter welchen weiteren Voraussetzungen der Einwand der Verwirkung greift, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht positiv gekannt und gleichwohl über einen längeren Zeitraum nicht ausgeübt hat, denn dass die Kläger von dem ihnen bekannten Widerrufsrecht erst nach unangemessen langer Zeit Gebrauch gemacht hätten, ist nicht behauptet.
79 
cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann der notwendige Vertrauenstatbestand auch nicht daraus abgeleitet werden, dass die Kläger über einen längeren Zeitraum Leistungen auf den Vertrag erbracht haben.
80 
Zwar schließt die Tatsache, dass die Kläger von dem Widerrufsrecht erst im Zuge der anwaltlichen Beratung erfahren haben, den Einwand der Verwirkung nicht von vornherein aus, weil er auch ohne Rücksicht auf die subjektive Kenntnis und Willensrichtung des Berechtigten in Betracht kommt. Das setzt aber voraus, dass der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung aus dem Verhalten des Berechtigten schließen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete mit einer Rechtsausübung durch den Berechtigten nicht mehr zu rechnen brauchte und sich entsprechend darauf einrichten durfte (BGH v. 16.3.2007 - V ZR 190/06; v. 27.6.1957 - II ZR 15/56). Die Vorstellung, der Gläubiger wolle seine Rechte nicht mehr geltend machen, er unterlasse die Rechtsauübung also bewusst, bedingt die weitere berechtigte Annahme des Verpflichteten, dass dem Gläubiger seine Rechte auch bekannt sind. An dem für eine Verwirkung erforderlichen Vertrauenstatbestand fehlt es folglich regelmäßig, wenn der Schuldner davon ausgehen muss, dass der Berechtigte keine Kenntnis von den ihm zustehenden Rechten hat (BGH v. 15.9.1999 – I ZR 57/97, Rn. 24).
81 
Liegen keine besonderen Umstände vor, muss der Darlehensgeber, der dem Darlehensnehmer eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erteilt hat, regelmäßig davon ausgehen, dass dieser von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat. Die gesetzliche Regelung geht davon aus, dass der Verbraucher über die Modalitäten des Widerrufsrechts nicht informiert ist, und verpflichtet den Darlehensgeber deshalb dazu, den Darlehensnehmer hierüber zu belehren. Bereits angesichts dieser Ausgangslage darf der Darlehensgeber nicht das Wissen des Darlehensnehmers um den Mangel der Belehrung und das daran geknüpfte unbefristete Widerrufsrecht voraussetzen. Ohne konkrete gegenteilige Anhaltspunkte muss der Darlehensnehmer vielmehr unterstellen, dass der Verbraucher zunächst keine Kenntnis von seinem unbefristeten Widerrufsrecht hat, so dass der Widerruf auch noch nach langer Zeit erfolgen kann, sollte der Verbraucher später von der Rechtslage Kenntnis erlangen. Aufgrund des Umstandes, dass der Darlehensvertrag über lange Zeit erfüllt wird, darf der Darlehensnehmer folglich nicht darauf vertrauen, der Verbraucher werde sein Widerrufsrecht nicht ausüben. Auch die vollständige Abwicklung des Darlehens ändert grundsätzlich nichts daran, dass für den Darlehensgeber kein Anlass besteht anzunehmen, der Verbraucher kenne sein - trotz der vollständigen Vertragserfüllung fortbestehendes - Widerrufsrecht. Auch bei dem beendeten Vertrag müssen deshalb weitere Umstände hinzutreten, die für die Schutzwürdigkeit des Darlehensgebers sprechen.
82 
dd) Ein schutzwürdiges Vertrauen kann der Unternehmer in Fällen wie dem vorliegenden auch deshalb regelmäßig nicht für sich in Anspruch nehmen, weil er den mit dem unbefristeten Widerrufsrecht verbundenen Schwebezustand selbst herbeigeführt hat, indem er eine fehlerhafte Belehrung erteilt hat (BGH v. 24.2.2016 – IV ZR 142/15, Rn. 16; v. 7.5.2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39 zum Versicherungsvertrag). Die mit der unterlassenen oder nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile hat grundsätzlich der Geschäftspartner des Verbrauchers zu tragen (BGH v. 18.10.2004 - II ZR 352/02). Verstößt der Unternehmer gegen seine Pflicht, dem Verbraucher eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen, darf er nicht darauf vertrauen, er habe durch seine Belehrung die Widerrufsfrist in Lauf gesetzt. Er muss erkennen, dass dem Verbraucher nach dem Gesetz ein zeitlich nicht befristetes Widerrufsrecht zusteht. Gegen die Schutzwürdigkeit des Unternehmers spricht zudem, dass er den dadurch entstandenen Schwebezustand durch eine Nachbelehrung beenden kann, dies zumindest in Fällen, in denen der Darlehensvertrag – wie hier – noch nicht vollständig abgewickelt ist (BGH v. 12.7.2016 – XI ZR 501/15 Rn. 41).
83 
Es ist zwar denkbar, dass den Interessen des Darlehensgebers im Einzelfall Vorrang gebührt und er schutzwürdig ist, obwohl er eine Belehrung erteilt hat, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hat und er auch nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, eine Nachbelehrung zu erteilen (BGH v. 12.7.2016 – XI ZR 501/15 Rn. 41). Im vorliegenden Fall sind aber keine besonderen Umstände gegeben, die eine entsprechende Wertung rechtfertigen würden. Insbesondere war der Vertrag im Zeitpunkt des Widerrufs nicht seit längerer Zeit abgewickelt (dazu BGH v. 12.7.2016 – XI ZR 501/15 Rn. 41), was allerdings für sich genommen regelmäßig auch kein hinreichender Grund ist, die vorrangige Schutzwürdigkeit des Unternehmers zu bejahen, denn nach dem Gesetz gilt das Widerrufsrecht auch bei abgewickelten Verträgen und verliert auch nach diesem Zeitpunkt für den Verbraucher seine wirtschaftliche Bedeutung nicht.
84 
ee) Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte im Vertrauen darauf, dass ein Widerruf unterbleiben würde, so eingerichtet hat, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstanden wäre.
4.
85 
Da der Widerruf danach wirksam war, hat das Landgericht der Feststellungsklage insoweit zu Recht stattgegeben.
IV.
86 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 S.1 und 2 ZPO. Angesichts des beiderseitigen Obsiegens und unter Berücksichtigung der jeweils mit den Darlehensverträgen verbundenen monatlichen Belastungen der Kläger waren die Kosten gegeneinander aufzuheben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
87 
Die Revision wird insgesamt zugelassen. Die Rechtssache hat bereits wegen der Frage, ob bei Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages mit mehreren Darlehensnehmern der Widerruf nur gemeinsam erklärt werden kann, grundsätzliche Bedeutung. Zudem hat der Bundesgerichtshof in einem gleich liegenden Parallelverfahren die Revision zugelassen.
88 
Der Streitwert ist mit den von den Klägern behaupteten Leistungen auf die Darlehensverträge (144.431,- EUR; Bl. 171) zu bemessen.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 27. Sept. 2016 - 6 U 46/16

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 27. Sept. 2016 - 6 U 46/16

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 27. Sept. 2016 - 6 U 46/16 zitiert 14 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen


(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 346 Wirkungen des Rücktritts


(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. (2)

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 14 Unternehmer


(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. (2) Eine rechtsfähig

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Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

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(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. (2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,1.die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsv

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 357 Rechtsfolgen des Widerrufs von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen


(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren. (2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstande

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 347 Nutzungen und Verwendungen nach Rücktritt


(1) Zieht der Schuldner Nutzungen entgegen den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht, obwohl ihm das möglich gewesen wäre, so ist er dem Gläubiger zum Wertersatz verpflichtet. Im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts hat der Berechtigte h

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 351 Unteilbarkeit des Rücktrittsrechts


Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite mehrere beteiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen.

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 27. Sept. 2016 - 6 U 46/16 zitiert oder wird zitiert von 28 Urteil(en).

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite mehrere beteiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

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Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.

(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.

(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.

(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.

(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.

(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

(1) Zieht der Schuldner Nutzungen entgegen den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht, obwohl ihm das möglich gewesen wäre, so ist er dem Gläubiger zum Wertersatz verpflichtet. Im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts hat der Berechtigte hinsichtlich der Nutzungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.

(2) Gibt der Schuldner den Gegenstand zurück, leistet er Wertersatz oder ist seine Wertersatzpflicht gemäß § 346 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 ausgeschlossen, so sind ihm notwendige Verwendungen zu ersetzen. Andere Aufwendungen sind zu ersetzen, soweit der Gläubiger durch diese bereichert wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 220/10 Verkündet am:
13. April 2011
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Erfüllungsort der Nacherfüllung hat im Kaufrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches
keine eigenständige Regelung erfahren. Für seine Bestimmung
gilt daher die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1 BGB.

b) Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen
entscheidend. Fehlen vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die
jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen.
Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen
, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem
der Verkäufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen
Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung (§ 269 Abs. 2 BGB) hatte.
BGH, Urteil vom 13. April 2011 - VIII ZR 220/10 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. April 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider sowie die Richterin
Dr. Fetzer

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. Juli 2010 wird zurückgewiesen. Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die in Frankreich wohnhaften Kläger erwarben mit Kaufvertrag vom 23. Februar 2008 bei der in P. ansässigen Beklagten einen neuen CampingFaltanhänger zum Preis von 7.370 €. In der Auftragsbestätigung vom 25. Februar 2008 ist unter der Rubrik "Lieferung" aufgeführt: "ab P. , Selbstabholer". Dennoch lieferte die Beklagte den Anhänger am 30. April 2008 an den Wohnort der Kläger.
2
Die Kläger, die den Anhänger in einem Urlaub nutzten, rügten in der Folgezeit verschiedene Mängel. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 4. Juni 2008 forderten sie die Beklagte unter Fristsetzung zum 18. Juni 2006 auf, den Faltanhänger abzuholen und die Mängel zu beseitigen. Ein daraufhin vereinbarter Abholtermin bei den Klägern scheiterte. Der Anhänger war entsprechend den Gepflogenheiten in Frankreich, nach denen ein Anhänger über das Zugfahrzeug zugelassen wird, nicht angemeldet, so dass für den Transport ein - von den Mitarbeitern der Beklagten nicht mitgeführtes - rotes Überführungskennzeichen erforderlich gewesen wäre.
3
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10. Juli 2008 setzten die Kläger der Beklagten erneut eine Frist zur Abholung des Faltanhängers bis zum 14. Juli 2008. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist erklärten die Kläger mit Schreiben vom 14. Juli 2008 die "Wandlung" des Kaufvertrags.
4
Das Landgericht hat der auf Rückzahlung des Kaufpreises (nebst Zinsen ) Zug um Zug gegen Rückgabe des Faltanhängers sowie auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

A.

6
Das Berufungsgericht (OLG Koblenz, DAR 2011, 84 f.) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Kläger seien nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Dabei könne dahinstehen, ob der Anhänger Sachmängel aufgewiesen habe, die die Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt hätten. Jedenfalls scheitere der Rücktritt daran, dass die Kläger der Beklagten den Anhänger nicht an deren Firmensitz zur Nachbesserung zur Verfügung gestellt und damit eine ihnen im Rahmen der Nacherfüllung obliegende Mitwirkungshandlung unterlassen hätten.
8
Bei dem Nacherfüllungsanspruch handele es sich um den modifizierten Erfüllungsanspruch aus dem Kaufvertrag. Die Lieferung einer mangelhaften Kaufsache führe nicht zur Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB. Vielmehr verwandele sich der ursprüngliche Anspruch des Käufers auf Übereignung der Kaufsache in einen Nacherfüllungsanspruch nach § 437 Nr. 1, § 439 BGB, wobei dem Käufer ein Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Nachlieferung zustehe. Auf der Grundlage dieses dogmatischen Ansatzes sei der für den Primärleistungsanspruch des Käufers geltende Erfüllungsort regelmäßig auch für den Nacherfüllungsanspruch maßgebend.
9
Erfüllungsort für die Nacherfüllung sei damit der nach der Auftragsbestätigung vom 25. Februar 2008 maßgebliche Erfüllungsort der kaufvertraglichen Leistungsverpflichtung, also der Firmensitz der Beklagten. Die entgegen dieser Vereinbarung von der Beklagten vorgenommene Lieferung des Anhängers nach Frankreich und die von ihr zunächst erklärte Bereitschaft, den Anhänger zur Nachbesserung am Wohnsitz der Kläger abzuholen, rechtfertigten nicht die Annahme, die Parteien hätten vereinbart, den Erfüllungsort für den Nacherfüllungsanspruch an den Wohnsitz der Kläger zu verlegen.

B.

10
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

I.

11
Das Berufungsgericht hat zu Recht auf den vorliegenden Fall deutsches Recht angewendet. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in der bis zum 16. Dezember 2009 geltenden Fassung (im Folgenden EGBGB aF) unterliegt ein Vertragsverhältnis dem Recht des Staates, zu dem es die engsten Verbindungen aufweist. Dabei wird gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB aF vermutet, dass ein Vertrag, der in Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Schuldners der vertragscharakteristischen Leistung geschlossen worden ist, zu dem Staat die engsten Verbindungen hat, in dem diese Vertragspartei ihre (Haupt-)Niederlassung unterhält. Bei einem Kaufvertrag besteht die charakteristische Leistung in der Übereignung und Übergabe der Kaufsache, so dass das am Sitz der Verkäuferin geltende Recht - hier also deutsches Recht - maßgeblich ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 29 Abs. 2 EGBGB aF, denn der Kaufvertrag zwischen den Parteien wurde nicht unter den in Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF genannten Voraussetzungen abgeschlossen.

II.

12
Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Kläger nicht gemäß § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1, § 346 BGB die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen können. Zwar ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen , dass der Camping-Faltanhänger im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB mangelhaft war und die Mängel die Erheblichkeitsgrenze des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB überschritten. Der von den Klägern mit Schreiben vom 14. Juli 2008 erklärte Rücktritt vom Vertrag ist jedoch unwirksam, weil die Kläger den Anhänger nicht zur Vornahme der Nacherfüllung (§ 439 BGB) an den Firmensitz der Beklagten verbracht haben.
13
1. Das Recht des Käufers, wegen Mängeln der Kaufsache nach § 437 Nr. 2, §§ 440, 323 BGB vom Vertrag zurückzutreten, setzt nach dem in § 323 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommenden Vorrang der Nacherfüllung grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung nach § 439 BGB gesetzt hat (Senatsurteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448 Rn. 10 mwN). Dabei kann der Käufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB nach seiner Wahl Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels oder durch Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Zwar haben die Kläger der Beklagten eine Frist zur Beseitigung der gerügten Mängel gesetzt. Sie sind hiermit jedoch ihrer Obliegenheit, der Beklagten Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben (vgl. dazu Senatsurteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 310/08, aaO Rn. 12 mwN), nicht in gehöriger Weise nachgekommen, da sie den Faltanhänger für die Mängelbeseitigung nicht zum Sitz der Beklagten verbracht , sondern die Beklagten zur Abholung des Anhängers in Frankreich aufgefordert haben.
14
2. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Nacherfüllung ist auf die Vornahme der hierzu erforderlichen Handlungen am Erfüllungsort begrenzt. Erfüllungsort der Nacherfüllung war vorliegend - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat - der Firmensitz der Beklagten in P. . Die Beklagte war also nicht verpflichtet, den Faltanhänger bei den Klägern in Frankreich abzuholen.
15
3. Die Frage, an welchem Ort seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) am 1. Januar 2002 im Kaufrecht der Verkäufer die von ihm geschuldete Nacherfüllung zu erbringen hat, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. In der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum werden hierzu unterschiedliche Ansichten vertreten.
16
a) Vielfach wird der Erfüllungsort für die Nacherfüllung nach § 439 BGB mit dem bestimmungsgemäßen aktuellen Belegenheitsort der Sache gleichgesetzt (OLG München [15. Zivilsenat], NJW 2006, 449, 450; OLG Celle, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 11 U 32/09, juris Rn. 25 ff.; AG Menden, NJW 2004, 2171 f.; AnwK/Büdenbender, BGB, 2005, § 439 Rn. 25; Bamberger/Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 439 Rn. 13; Erman/Grunewald, BGB, 12. Aufl., § 439 Rn. 5; HK-BGB/Saenger, 6. Aufl., § 439 Rn. 3; MünchKommBGB/Westermann, 5. Aufl., § 439 Rn. 7; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2004, § 439 Rn. 9; Schmidt in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 5. Aufl., § 439 Rn. 20; jurisPK-BGB/Pammler, 5. Aufl., § 439 Rn. 41; Huber, NJW 2002, 1004, 1006; Reineke/Tiedke, Kaufrecht, 8. Aufl., Rn. 417; Thürmann, NJW 2006, 3457, 3458; Terrahe, VersR 2004, 680, 681; Tiedke/Schmitt, DStR 2004, 2016, 2017 f.; Witt, ZGS 2008, 369, 370, 372; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB aus der Sicht eines verständigen Käufers, 2010, S. 102 f.; im Grundsatz auch Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. § 269 Rn. 15). Vereinzelt wird erwogen , auf den Belegenheitsort der Sache nur im Anwendungsbereich der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, ABl. EG Nr. L S. 12) abzustellen (Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, § 13 Rn. 26 ff.; vgl. auch Schrewe, Der Abhilfeanspruch des Käufers, 2010, S. 213 f.).
17
b) Nach der Gegenansicht ist der ursprüngliche Erfüllungsort der Primärleistungspflicht auch für den Nachbesserungsanspruch aus § 439 Abs. 1 BGB als Erfüllungsort maßgebend (OLG München [20. Zivilsenat], NJW 2007, 3214 f.; Jauernig/Berger, BGB, 13. Aufl., § 439 Rn. 11; MünchKommBGB/ Krüger, aaO, § 269 Rn. 37; Lorenz, NJW 2009, 1633, 1635; Muthorst, ZGS 2007, 370 ff.; Reinking, NJW 2008, 3608 ff.; Skamel, ZGS 2006, 227 ff.; Unberath /Cziupka, JZ 2008, 867 ff.; Haas in Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland , Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rn. 154; Kandler, Kauf und Nacherfüllung , 2004, S. 442 ff.; Leible in Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2010, Kap. 10 Rn. 90; Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse , 2007, § 2 Rn. 139; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn. 353 ff.; Schürholz, Die Nacherfüllung im neuen Kaufrecht, 2005, S. 54 ff.). Dabei werden teilweise für nicht oder nur schwer zu transportierende Gegenstände Ausnahmen zugelassen (Reinking, aaO, S. 3611; Kandler, aaO, S. 444; vgl. auch MünchKommBGB/Krüger, aaO).
18
c) Teilweise wird auch eine differenzierende Betrachtungsweise gefordert , die die Beurteilung des Erfüllungsorts maßgebend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (so Palandt/Grüneberg, aaO), insbesondere von der Interessenlage und der Verkehrsanschauung (Pils, JuS 2008, 767, 769 f.), abhängig macht. Hierbei sollen vor allem die Art der Sache, insbesondere deren Transportfähigkeit und Transportüblichkeit sowie die Verhältnismäßigkeit der Transportkosten (Pils, aaO), oder etwa der Umfang der Instandsetzungsmaßnahmen (Palandt/Grüneberg, aaO) ausschlaggebend sein.
19
d) Eine weitere speziell für den Bereich des Autokaufs vertretene Auffassung sieht in Anwendung der in § 269 Abs. 1 BGB genannten Kriterien bei einem Nachbesserungsverlangen wegen der dabei voraussichtlich erforderlichen Diagnose- und Instandsetzungsmaßnahmen regelmäßig den Betriebssitz des Händlers als Erfüllungsort an (OLG Köln, Schaden-Praxis 2007, 302 f.; OLG München [20. Zivilsenat], NJW 2007, 3214, 3215; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 439 Rn. 3a; Ball, NZV 2004, 217, 220 f.; Reinking/Eggert, aaO Rn. 358; Reinking, ZfS 2003, 57, 60; Skamel, ZGS 2006, 227, 228). Bei der Ersatzlieferung liege der Erfüllungsort, wenn sich den Umständen nichts anderes entnehmen lasse, ebenfalls am (Betriebs-)Sitz des Verkäufers; insoweit gelte die Auffangregelung des § 269 Abs. 1 BGB, wonach im Zweifel der Sitz des Schuldners maßgebend sei (Ball, aaO; iE auch Reinking, ZfS 2003, 57, 60).
20
4. Der Senat hat die Frage des Erfüllungsorts der Nacherfüllung im neuen Kaufrecht bislang offen lassen können (Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224 Rn. 27). Er entscheidet sie nunmehr dahin, dass der Erfüllungsort für die Nacherfüllung nach der allgemeinen Vorschrift des § 269 BGB zu bestimmen ist.
21
a) § 269 BGB als Bestimmung des allgemeinen Schuldrechts ist anwendbar , weil das Kaufrecht des BGB keine spezielle Regelung zum Erfüllungsort der Nacherfüllung enthält. Eine solche lässt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte oder der Systematik der aktuellen Gesetzesfassung ableiten.
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aa) Die in § 439 Abs. 1 BGB verwendete Formulierung, wonach der Käufer im Rahmen der Nacherfüllung die "Lieferung" einer mangelfreien Sache verlangen kann, lässt nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe hierdurch zum Ausdruck bringen wollen, dass die Nacherfüllung stets eine Bringschuld sei, deren Erfüllungsort beim Käufer liege (so aber Staudinger/MatuscheBeckmann , aaO). Zwar weicht der Wortlaut des § 439 Abs. 1 BGB insoweit von der Terminologie des § 433 Abs. 1 BGB ab, welcher den Verkäufer verpflichtet, dem Käufer die Sache zu "übergeben" und das Eigentum an der Sache zu "verschaffen". Dieser begrifflichen Unterscheidung kommt jedoch schon deswegen keine signifikante Aussagekraft zu, weil der Gesetzgeber bei der Novel- lierung des Kaufrechts auch im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch des Käufers aus § 433 Abs. 1 BGB die Formulierung "Lieferung" gebraucht (BT-Drucks. 14/6040, S. 231; vgl. dazu Muthorst, aaO S. 371) und damit zu erkennen gegeben hat, dass er diesem Begriff keine über die Verschaffung der Sache hinausgehende Bedeutung zugemessen hat. Zudem sagt die Formulierung "Lieferung" ohnehin nichts darüber aus, an welchem Ort die Lieferverpflichtung zu erfüllen ist (Reinking, NJW 2008, 3608, 3609).
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bb) Auch aus der Bestimmung des § 439 Abs. 2 BGB, nach der der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen hat, lässt sich keine Regelung über den Erfüllungsort bei der Nacherfüllung ableiten. Die Kostenregelung des § 439 Abs. 2 BGB beruht ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs zur Modernisierung des Schuldrechts auf Art. 3 Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, nach dem die Nacherfüllung für den Verbraucher unentgeltlich, insbesondere ohne Versand-, Arbeits- und Materialkosten durchzuführen ist (BT-Drucks. 14/6040, S. 231). Dafür, dass der Gesetzgeber über die Umsetzung der Richtlinie hinaus eine eigenständige Regelung des Erfüllungsorts für Nacherfüllungsansprüche treffen wollte, bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte (vgl. OLG München, NJW 2007, 3214, 3215; Reinking, NJW 2008, 3608, 3609; Haas, aaO). Entgegen einzelnen Stimmen im Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung kann die Kostentragungsregelung des § 439 Abs. 2 BGB auch nicht als Auslegungshilfe für die Bestimmung des bei der Nacherfüllung maßgeblichen Erfüllungsorts herangezogen werden.
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(1) Im Schrifttum wird teilweise die Auffassung vertreten, trotz des fehlenden Regelungswillens des deutschen Gesetzgebers könnten der Kostentragungsregelung des § 439 Abs. 2 BGB immerhin deutliche Hinweise darauf entnommen werden, dass nach dessen Vorstellung im Zweifel der Erfüllungsort für die Nacherfüllung nicht am Belegenheitsort der Kaufsache liege. Als Begründung hierfür wird angeführt, bei Maßgeblichkeit des Belegenheitsorts würden beim Käufer keine Transportkosten anfallen, so dass eine auf Erstattung der Transportkosten gerichtete gesetzliche Anspruchsgrundlage überflüssig wäre (Reinking, NJW 2008, 3608, 3609; Kandler, aaO S. 443; vgl. auch Staudinger /Matusche-Beckmann, aaO). Diese Argumentation überzeugt jedoch nicht. Sie berücksichtigt nicht, dass bereits die Vorgaben des Art. 3 Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dem nationalen Gesetzgeber keinen Spielraum eröffnen, die Transportkosten ("Versandkosten") von einer nationalen Kostentragungsregelung auszunehmen. § 439 Abs. 2 BGB erschöpft sich in einer Kostentragungsregel (so auch Reinking, ZfS 2003, 57, 60) und lässt keine Rückschlüsse auf sonstige Rechte und Pflichten der Kaufvertragsparteien zu.
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(2) Andere Stimmen wollen aus der Kostentragungsregelung des § 439 Abs. 2 BGB umgekehrt den Schluss ziehen, dass der Verkäufer auch die Vornahme des Transports schulde (vgl. AG Menden, aaO; Schmidt in Prütting/ Wegen/Weinreich, aaO). Auch diese Argumentation erweist sich nicht als tragfähig. Wie bereits ausgeführt, bestimmt § 439 Abs. 2 BGB in Umsetzung des Art. 3 Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie lediglich, dass der Verkäufer die Kosten der Nacherfüllung einschließlich der Transport- und Wegekosten zu tragen hat. Eine bloße Kostentragungsregelung bleibt aber - wie sich aus § 269 Abs. 3 BGB ergibt - ohne Auswirkungen auf den Erfüllungsort. Daher kann allein aus der in § 439 Abs. 2 BGB angeordneten Verpflichtung des Verkäufers, auch die Kosten eines im Rahmen der Nacherfüllung erforderlichen Transports zu tragen, nicht abgeleitet werden, dass der Verkäufer auch die Vornahme dieses Transports schuldet und damit der Belegenheitsort der Kaufsache zum Erfüllungsort wird (Unberath/Cziupka, aaO S. 873 ff.; Leible in Gebauer /Wiedmann, aaO; Reinking/Eggert, aaO Rn. 357; Reinking, ZfS 2003, 57, 60; kritisch zur Trennung von Leistungs- und Kostentragungspflicht Faust, JuS 2008, 84, 85).
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cc) Eine eigenständige gesetzliche Festlegung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung lässt sich auch nicht der im Zuge der Modernisierung des Kaufrechts erfolgten Streichung des § 476a Satz 2 BGB aF entnehmen (Reinking, ZfS 2003, 57, 60; ders., NJW 2008, 3608, 3609; Muthorst, aaO; aA Huber, aaO; Tiedke/Schmitt, aaO; Bamberger/Roth/Faust, aaO; Schmidt in Prütting/Wegen/ Weinreich, aaO). § 476a Satz 1 BGB aF bestimmte für den Fall der vertraglichen Vereinbarung eines - vom Gesetz in der damaligen Fassung als solches nicht vorgesehenen - Nachbesserungsrechts, dass der zur Nachbesserung verpflichtete Verkäufer auch die zum Zwecke der Nachbesserung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen hatte. Ausgenommen hiervon waren nach § 476a Satz 2 BGB aF Mehraufwendungen, die sich daraus ergaben, dass die gekaufte Sache nach der Lieferung an einen anderen Ort als den Wohnsitz oder die gewerbliche Niederlassung des Käufers verbracht worden war; diese Beschränkung galt allerdings dann nicht, wenn das Verbringen dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache entsprach.
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Aus dem Wegfall der in § 476a Satz 2 BGB aF enthaltenen Einschränkung lassen sich schon deswegen keine Erkenntnisse über den Erfüllungsort bei Nacherfüllungsansprüchen gewinnen, weil auch diese Bestimmung letztlich nur die Kostentragungspflicht für den zur Nachbesserung erforderlichen Transport , nicht jedoch die Frage regelte, wer den Transport durchzuführen hatte und wie sich diese Umstände auf den Erfüllungsort auswirkten. Die Streichung des § 476a Satz 2 BGB aF ist vom Gesetzgeber ausschließlich mit Kostenerwägungen begründet worden. Sie war ausweislich der Gesetzesbegründung allein deswegen notwendig geworden, weil § 476a Satz 2 BGB aF im Widerspruch zu der von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geforderten Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung stand (BT-Drucks. 14/6040, S. 231). Der Schutz des Verkäufers vor unzumutbaren Kosten sollte fortan über § 439 Abs. 3 BGB gewährleistet werden (BT-Drucks. 14/6040, aaO).
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dd) Schließlich lassen sich die zum Erfüllungsort der Rückgewähransprüche nach erfolgtem Rücktritt gemäß § 437 Nr. 2, §§ 440, 346 BGB, der vielfach an dem Ort angesiedelt wird, an dem sich die Sache vertragsgemäß befindet (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO, § 269 Rn. 16; MünchKommBGB/Krüger, aaO, § 269 Rn. 41; zum alten Schuldrecht auch Senatsurteil vom 9. März 1983 - VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104, 109), entwickelten Grundsätze nicht auf die Nacherfüllung nach § 439 BGB übertragen (aA wohl Thürmann, aaO). Das Rücktrittsrecht und das Nacherfüllungsrecht sind in ihrem dogmatischen Ausgangspunkt und ihren Rechtsfolgen so verschieden, dass es an einer Vergleichbarkeit der beiden Rechte fehlt. Während Nachbesserung und Ersatzlieferung der Herbeiführung des Leistungserfolgs im Rahmen des fortbestehenden Vertrags dienen, geht es beim Rücktritt um die Rückabwicklung des Vertrags (vgl. etwa Reinking, NJW 2008, 3606, 3609; Skamel, ZGS 2006, 227, 229 f.). Dasselbe gilt für die Regelung des § 357 Abs. 2 BGB, die für den Widerruf ausdrücklich eine Rücksendepflicht des Verbrauchers statuiert. Das Widerrufsrecht nach § 355 BGB ist ein besonders ausgestaltetes Rücktrittsrecht (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 265/03, BB 2004, 1246 unter II 2 b mwN). Auch hier gilt daher, dass sich der Vertrag im Falle der Ausübung eines Widerrufsrechts in ein Rückabwicklungsverhältnis umwandelt (Senatsurteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 265/03, aaO), weswegen keine Vergleichbarkeit mit der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 BGB besteht (Reinking, NJW 2008, 3608, 3609).
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b) Da die Frage des Erfüllungsorts bei der Nacherfüllung im Kaufrecht keine eigenständige Regelung erfahren hat, ist für dessen Bestimmung die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1 BGB maßgebend (OLG Köln, aaO; Ball, aaO; Haas, aaO; vgl. im Ansatz auch OLG München, NJW 2006, 449, 450; AnwK/Büdenbender, aaO; Erman/Grunewald, aaO; Unberath/Cziupka, aaO S. 872; Skamel, DAR 2004, 565, 568; für das Werkvertragsrecht vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2008 - X ZR 97/95, NJW-RR 2008, 724 Rn. 11). Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen entscheidend. Fehlen - wie hier - vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die jeweiligen Umstände, insbesondere auf die Natur des Schuldverhältnisses abzustellen. Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz beziehungsweise seine gewerbliche Niederlassung (§ 269 Abs. 2 BGB) hatte.
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Zu den beim Fehlen vertraglicher Vereinbarungen maßgebenden Umständen zählen anerkanntermaßen die Ortsgebundenheit und Art der vorzunehmenden Leistung (Jauernig/Stadler, aaO, § 269 Rn. 8; MünchKommBGB/ Krüger, aaO, § 269 Rn. 18; jurisPK-BGB/Kerwer, aaO, § 269 Rn. 16; BeckOKBGB/Unberath, 18. Edition, Stand 1. Februar 2009, § 269 Rn. 13; vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 22. Oktober 1987 - I ZR 224/85, NJW 1988, 966 zum Erfüllungsort eines Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs), die Verkehrssitte , örtliche Gepflogenheiten und eventuelle Handelsbräuche (Erman/Ebert, aaO, § 269 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, aaO Rn. 12; Staudinger /Bittner, BGB, Neubearb. 2009, § 269 Rn. 18).
31
Diese Maßstäbe finden auch beim Nacherfüllungsanspruch Anwendung. Sein Erfüllungsort entzieht sich einer allgemeinen Festlegung. Insbesondere kann nicht mit dem Argument, er sei im Hinblick auf die dogmatische Verwandtschaft von Erfüllungs- und Nacherfüllungsanspruch (§ 433 Abs. 1 Satz 1, § 439 BGB) stets mit dem Erfüllungsort des Anspruchs aus § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB identisch, auf eine an den jeweiligen Umständen ausgerichtete Prüfung verzichtet werden. Umgekehrt kann der Erfüllungsort der Nacherfüllung beim Kauf - anders als der Bundesgerichtshof dies für das Werkvertragsrecht entschieden hat (BGH, Urteil vom 8. Januar 2008 - X ZR 97/05, aaO Rn. 13) - nicht generell mit dem Belegenheitsort der beweglichen Sache gleichgesetzt werden. Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung (OLG München, NJW 2006, 449, 450; vgl. auch OLG Celle, aaO Rn. 27 für den Fahrzeugkauf) ist für die Ermittlung des Erfüllungsorts nicht allein der Umstand entscheidend, dass die Kaufsache nach Abschluss des Kaufvertrags dem Käufer übergeben wurde und sich daher - für beide Vertragsparteien vorhersehbar - bestimmungsgemäß nicht mehr beim Verkäufer befindet. Eine solche Anknüpfung ist schon deswegen nicht tragfähig, weil damit nur ein einzelner Gesichtspunkt und nicht - wie von § 269 Abs. 1 BGB gefordert - alle prägenden Umstände des betroffenen Schuldverhältnisses als Beurteilungsgrundlage herangezogen werden.
32
c) Die Bestimmung des § 269 Abs. 1 BGB ermöglicht eine an den konkreten Umständen ausgerichtete Festlegung des Erfüllungsorts der jeweils geschuldeten Leistung und führt damit auch im Rahmen der Nacherfüllung (§ 439 BGB) zu sachgerechten Ergebnissen. Dagegen lassen sich - wie noch näher auszuführen sein wird - weder bei einer generellen Gleichsetzung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung mit dem jeweiligen Belegenheitsort der Kaufsache noch bei einer automatischen Übertragung des Erfüllungsorts der ursprünglichen Primärleistungspflicht auf die Nacherfüllung für alle typischen Nacherfüllungssituationen überzeugende Lösungen finden (vgl. Pils, aaO S. 769 f.).
33
aa) In vielen Fällen wird der Erfüllungsort nach den Umständen des Falles am Sitz des Verkäufers anzusiedeln sein. Bei Geschäften des täglichen Lebens, etwa beim Kauf im Ladengeschäft, entspricht es der Verkehrsauffassung , dass die Kunden ihre Reklamationen regelmäßig unter Vorlage der mangelhaften Ware am Sitz des Verkäufers vorbringen (vgl. OLG München, NJW 2007, 3214, 3215; Reinking, NJW 2008, 3608, 3610; Unberath/Cziupka, aaO S. 874; vgl. auch Faust, JuS 2008, 84, 85). Beim Fahrzeugkauf vom Händler erfordern Nachbesserungsarbeiten in der Regel technisch aufwändige Diagnose - oder Reparaturarbeiten des Verkäufers, die wegen der dort vorhandenen materiellen und personellen Möglichkeiten sinnvoll nur am Betriebsort des Händlers vorgenommen werden können (OLG München, NJW 2007, 3214, 3215; Ball, aaO; Reinking/Eggert, aaO Rn. 358; Reinking, NJW 2008, 3606, 3610; ders., ZfS 2003, 57, 60; Skamel, DAR 2004, 565, 568; ders., ZGS 2006, 227, 228). Hinzu kommt, dass der Belegenheitsort gerade bei verkauften Fahrzeugen variabel ist. Fahrzeuge befinden sich typischerweise und bestimmungsgemäß nicht nur am Wohnsitz des Käufers, sondern unterwegs zu den verschiedensten Zielen, wie etwa der Arbeitsstätte, dem Urlaubsort oder sonstigen Reisezielen (vgl. Muthorst, aaO S. 372).
34
bb) Dagegen erweist sich eine Gleichsetzung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung mit dem Sitz des Verkäufers insbesondere in den Fällen als unangemessen, in denen es um die Nachbesserung von Gegenständen geht, die der Käufer an ihrem Bestimmungsort auf- oder eingebaut hat, oder in denen ein Rücktransport aus anderen Gründen nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zu bewerkstelligen wäre.
35
d) Die Bestimmung des Erfüllungsorts nach § 269 Abs. 1 BGB unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls steht auch mit Art. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in Einklang. Die Richtlinie erfordert es nicht, als Erfüllungsort der Nacherfüllung stets den Belegenheitsort der Sache anzusehen. Die nach der Richtlinie eröffneten Wertungsspielräume werden im Rahmen der nach § 269 Abs. 1 BGB zu berücksichtigenden Umstände bei richtlinienkonformer Auslegung gewahrt und sachgerecht ausgeschöpft.
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aa) Art. 3 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie räumt einem Verbraucher bei Vertragswidrigkeit der Kaufsache einen Anspruch auf unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie ein. Nach Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie kann der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung des Verbrauchsgutes oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen, sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist. Die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung muss innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen, wobei die Art des Verbrauchsgutes sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind. Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie stellt klar, dass sich der Begriff der Unentgeltlichkeit auf alle für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts notwendigen Kosten erstreckt, insbesondere auf Versand-, Arbeits- und Materialkosten.
37
bb) Aus der in der Richtlinie geforderten und durch § 439 Abs. 2 BGB im deutschen Recht umgesetzten Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung ergeben sich keine Einschränkungen für eine Bestimmung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung nach den in § 269 Abs. 1 BGB niedergelegten Grundsätzen. Zwar schließt die von der Richtlinie verlangte Unentgeltlichkeit jede finanzielle Forderung des Verkäufers gegen den Käufer im Rahmen der Erfüllung seiner Verpflichtung zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts aus (EuGH, NJW 2008, 1433 Rn. 34 - Quelle AG/Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände). Die Regelungen über die Kostentragungspflicht sagen jedoch - wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt - nichts darüber aus, an welchem Ort der Erfüllungsort für Nacherfüllungsansprüche anzusiedeln ist. Die Kostentragungspflicht des Verkäufers wird durch die Lage des Erfüllungsorts nicht berührt. In den Fällen, in denen sich die Nacherfüllung als Bringschuld des Verkäufers darstellt, entstehen die Kosten direkt beim Verkäufer , der diese nach der Kostenverteilungsregel des § 439 Abs. 2 BGB nicht auf den Käufer abwälzen darf. Erfordert die Nacherfüllung, dass der Käufer die Kaufsache zum Verkäufer bringt oder versendet, fallen die Transport- oder Versandkosten zwar beim Käufer an. Er kann jedoch gestützt auf § 439 Abs. 2 BGB vom Verkäufer deren Erstattung verlangen (zum Anspruchscharakter des § 439 Abs. 2 BGB vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, aaO Rn. 9; ausführlich Hellwege, AcP 206 (2006), 136 ff.). Ferner kommt angesichts des Schutzzwecks des Unentgeltlichkeitsgebots auch ein Vorschussanspruch des Verbrauchers aus § 439 Abs. 2 BGB in Betracht. Die dem Verkäufer auferlegte Verpflichtung, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts unentgeltlich zu bewirken, soll den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen, die ihn in Ermangelung eines solchen Schutzes davon abhalten könnten, seine Ansprüche geltend zu machen (EuGH, aaO). Ein solcher Hinderungsgrund kann sich für den Verbraucher auch daraus ergeben, dass er mit entstehenden Transportkosten in Vorlage treten muss.
38
cc) Die weitere Vorgabe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, dass die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen muss, eröffnet gewisse Wertungsspielräume, die auch bei der Bestimmung des Erfüllungsorts zu beachten sind.
39
(1) Der europäische Gesetzgeber hat den Begriff "erhebliche Unannehmlichkeiten der Nacherfüllung" nicht definiert. Auch die weiteren in Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthaltenen Vorgaben, wonach bei der dem Käufer geschuldeten Nachbesserung oder Ersatzlieferung die Art des Verbrauchsguts sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind, vermag den Bedeutungsgehalt der verwendeten Formulierung nicht hinreichend zu klären. Dem Schlussantrag der Generalanwältin in dem Verfahren Quelle AG/Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände liegt ein weites Verständnis des Begriffs "erhebliche Unannehmlichkeiten" zugrunde. Er soll sowohl praktische Hindernisse bei der Durchführung der Nacherfüllung als auch Unannehmlichkeiten im Allgemeinen erfassen (Slg. 2008, I-2685 Rn. 47).
40
(2) Die Entstehungsgeschichte der Richtlinie gibt keine weiteren Aufschlüsse. Der Vorschlag der Kommission vom 18. Juni 1996 sah in Art. 4 Abs. 3 zwar das Recht des Verbrauchers vor, bei Vertragswidrigkeit zwischen der unentgeltlichen Instandsetzung innerhalb angemessener Frist, Ersatzleistung, Minderung des Kaufpreises oder Vertragsauflösung zu wählen (KOM (95) 520 endg., COD 96/0161, S. 14, 22). Der Begriff der "erheblichen Unannehmlichkeiten" findet sich dort aber ebenso wenig wie in dem aufgrund der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 1998 (ABl. EG Nr. C 104, S. 33, insbesondere Änderungen 45 und 30) vorgelegten Geänderten Vorschlag der Kommission vom 31. März 1998 (KOM (1998) 217 endg.; COD 96/0161). Er entstammt - soweit ersichtlich - einer politischen Einigung auf gemeinsame Standpunkte im Rat am 23. April 1998 (vgl. Presseerklärung PRES/98/106), in der es erstmals heißt: "Any repair or replacement should be completed within a reasonable time and without any significant inconvenience to the consumer." Diese Formulierung fand dann Eingang in Art. 3 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts EG Nr. 51/98 vom 24. September 1998 (ABl. EG Nr. C 333, S. 46) und in die Endfassung der Richtlinie; ihre Bedeutung wurde allerdings nicht erläutert.
41
(3) Es ist daher auf den allgemeinen Sprachgebrauch zurückzugreifen. Danach lassen sich der Vorgabe, dass eine Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen muss, mehrere Aussagen entnehmen. Zum einen ist der Verbraucher im Rahmen einer Nacherfüllung nicht gehalten, Handlungen vorzunehmen, die für ihn eine erhebliche Unannehmlichkeit darstellen, sondern kann deren Vornahme vom Unternehmer verlangen. Zum anderen braucht der Verbraucher keine Nacherfüllungsmaßnahmen des Unternehmers zu dulden, aus denen für ihn erhebliche Unannehmlichkeiten entstehen. Dabei ist zu beachten, dass der Begriff der "erheblichen Unannehmlichkeiten" nach allgemeinem Verständnis nicht auf finanzielle Aspekte beschränkt ist. Dies wird auch durch die Systematik der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bestätigt. Da den im Zusammenhang mit der Nacherfüllung entstehenden wirtschaftlichen Belastungen des Käufers schon durch das in Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie aufgestellte Postulat der Unentgeltlichkeit der Nachbesserung und Ersatzlieferung Rechnung getragen wird, muss sich das zusätzliche Erfordernis der Vermeidung erheblicher Unannehmlichkeiten zwangsläufig auch auf andere Erschwernisse beziehen.
42
Erhebliche Unannehmlichkeiten können sich damit auch daraus ergeben, dass der Verbraucher die Sache zur Vornahme der Nacherfüllung zum Verkäufer bringen oder an diesen versenden muss. Zwar hat die Kosten eines solchen Transports oder Versands der Verkäufer zu tragen. Der Käufer muss jedoch in gewissem Umfang Zeit und Mühe aufwenden, um Verpackung und Transport vorzunehmen oder zu organisieren. Diese Leistungen können nicht von vornherein und in allen Fällen als lediglich unerhebliche Unannehmlichkeiten qualifiziert werden (Erman/Grunewald, aaO; Staudinger/Matusche-Beckmann, aaO; MünchKommBGB/Westermann, aaO; aA Ball, aaO S. 221; Skamel, ZGS 2006, 227, 229; Muthorst, aaO S. 373; Reinking, NJW 2008, 3608, 3610). Denn abhängig von der Art der Kaufsache, dem Ort, an dem sie sich - ihrem Zweck entsprechend - befindet, und der vom Käufer gewählten Form der Nacherfüllung können hiermit durchaus erhebliche Mühen für den Käufer verbunden sein.
43
(4) Allerdings erfordert die Richtlinie nicht, den Verbraucher vor sämtlichen Unannehmlichkeiten zu schützen, was sich eindeutig aus dem Zusatz "erheblich" ergibt (in der englischen Fassung "significant"; in der französischen Fassung "majeur"). Ein gewisses Maß an Unannehmlichkeiten ist dem Verbraucher mithin zumutbar.
44
Der Aufwand des Käufers für die Durchführung oder die Organisation des Rücktransports einer gekauften Sache an den Sitz des Verkäufers zum Zwecke der Nacherfüllung überschreitet nicht zwingend die Erheblichkeitsschwelle. Auch das gegebenenfalls vom Käufer zu tragende Risiko, selbst verauslagte Transportkosten mangels Erforderlichkeit nicht vom Verkäufer ersetzt zu bekommen, stellt keine erhebliche Unannehmlichkeit dar. Der Käufer kann entweder einen Vorschuss für die Transportkosten verlangen (vgl. oben unter B II 4 d bb) oder den Verkäufer vorab darüber informieren, welche Art des Transports er beabsichtigt und welche Kosten hierdurch voraussichtlich entstehen. Bietet der Verkäufer keine günstigere Alternative an, so kann er einem Ersatzanspruch des Käufers später nicht entgegenhalten, die von diesem aufgewendeten Kosten seien nicht erforderlich gewesen.
45
Eine an Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ausgerichtete Auslegung des § 269 Abs. 1 BGB erfordert es daher nicht, den Erfüllungsort der Nacherfüllung in jedem Fall mit dem Belegenheitsort der Kaufsache gleichzusetzen (so aber unter Außerachtlassung des Erheblichkeitserfordernisses AnwK/Büdenbender, aaO; Bamberger/Roth/Faust, aaO; Erman/Grunewald, aaO; jurisPK-BGB/Pammler, aaO; Huber, aaO). Dies ist nur dann geboten, wenn ein ansonsten vom Verbraucher geschuldeter Transport oder dessen Organisation diesem erhebliche Unannehmlichkeiten bereiten. Maßgebend aus europarechtlicher Sicht ist damit, ob die mit der jeweils geschuldeten Nacherfüllung verbundenen Unannehmlichkeiten die Erheblichkeitsschwelle überschreiten.
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(5) Die europarechtliche Vorgabe einer ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Käufer zu erbringenden Nacherfüllung ist auch nach Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht noch von Bedeutung. Der deutsche Gesetzgeber hat die genannte Vorgabe dadurch umgesetzt, dass der Käufer im Falle der Unzumutbarkeit der Nacherfüllung sogleich Sekundärrechte (Rücktritt, Minderung und Schadensersatz) geltend machen kann, § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB (BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.) Der oben unter B II 4 d cc (3) aufgezeigte Umfang der Richtlinienvorgabe wird hierdurch aber nicht ausgeschöpft (so aber Reinking, DAR 2007, 706). Denn § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB bewirkt nur, dass sich der Verbraucher nicht auf eine unerwünschte Form der Nacherfüllung einlassen muss, die für ihn - da mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden - unzumutbar ist. Er besagt jedoch nichts darüber, ob der Verbraucher im Rahmen einer von ihm gewünschten Nacherfüllung anfallende, für ihn mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbundene Aufgaben auf den Verkäufer abwälzen kann. Die Bestimmungen in Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bleiben daher auch außerhalb des § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB von Bedeutung und sind somit auch bei der Anwendung des § 269 Abs. 1 BGB zu beachten.
47
dd) Bei der nach § 269 Abs. 1 BGB mangels entsprechender Parteivereinbarungen gebotenen Ermittlung des Erfüllungsorts anhand der für das Schuldverhältnis bedeutsamen Umstände kann dem von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie eröffneten Wertungsspielraum hinreichend Rechnung getragen werden. Die im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zu stellende Frage, ob die Durchführung des Transports oder dessen Organisation erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher mit sich bringen, ist im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung bei der Anwendung des § 269 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen (vgl. Haas, aaO). Da der deutsche Gesetzgeber sich dafür entschieden hat, die Vorgaben der Richtlinie nicht isoliert für den Verbrauchsgüterkauf umzusetzen, sondern im Wesentlichen das gesamte Kaufrecht nach der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie auszugestalten (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 2, 211; Staudinger/Matusche-Beckmann, aaO Rn. 41; Haas, aaO), beschränkt sich diese richtlinienkonforme Auslegung nicht auf Kaufverträge mit Verbrauchern, sondern gilt für alle Käufer.
48
e) Schließlich widerspricht auch die Rechtsnatur des Nacherfüllungsanspruchs nicht einer beim Fehlen einer Parteivereinbarung von den jeweiligen Umständen des Schuldverhältnisses abhängigen Ermittlung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung nach § 269 Abs. 1 BGB.
49
aa) Zwar handelt es sich beim Nacherfüllungsanspruch aus § 439 Abs. 1 BGB um eine Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs aus § 433 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 14/6040, S. 221). Denn mit der Nacherfüllung soll nach der gesetzgeberischen Konzeption lediglich eine nachträgliche Erfüllung der Verkäuferpflichten aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB durchgesetzt werden (Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, aaO Rn. 18). Der Käufer soll mit der Nacherfüllung das erhalten, was er vertraglich zu beanspruchen hat (Senatsurteile vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, aaO; vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 227); dem Verkäufer soll eine "letzte Chance" eingeräumt werden, seine Pflicht aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache - wenn auch erst im zweiten Anlauf - noch zu erfüllen, um den mit einer Rückabwicklung des Vertrags regelmäßig verbundenen wirtschaftlichen Nachteil abzuwenden (Senatsurteile vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, aaO Rn. 21; vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 100/04, aaO). Grundsätzlich gilt daher, dass der Nacherfüllungsanspruch nicht weiter geht als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, aaO Rn. 18; Skamel, ZGS 2006, 227, 229; Oechsler, aaO).
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bb) Jedoch folgt hieraus nicht, dass der Erfüllungsort des Nacherfüllungsanspruchs zwingend mit demjenigen des Primärleistungsanspruchs übereinstimmt (so aber Unberath/Cziupka, JZ 2009, 313 f.; Reinking, NJW 2008, 3608, 3610; Kandler, aaO S. 443 f.; Leible in Gebauer/Wiedmann, aaO). Zu berücksichtigen ist nämlich, dass nach der gesetzgeberischen Konzeption der Nacherfüllungsanspruch nicht identisch ist mit dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch , sondern gewisse Modifikationen aufweist, die sich aus dem wegen des Mangels der gelieferten Sache unzulänglichen Erfüllungsversuch ergeben (BT-Drucks. 14/6040, S. 221; Ball, aaO S. 217; Haas, aaO Rn. 143). Der Unterschied zum Erfüllungsanspruch besteht - neben der speziellen Verjährungsfrist des § 438 BGB - im Wesentlichen darin, dass Gegenstand des Nacherfüllungsanspruchs nicht mehr die erstmalige Lieferung einer mangelfreien Kaufsache ist, sondern die Herstellung ihrer Mangelfreiheit durch Nachbesserung oder durch Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache (BT-Drucks. 14/6040, S. 221; Ball, aaO).
51
Dieser vom ursprünglichen Erfüllungsanspruch des § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichende Anspruchsinhalt kann Auswirkungen auf den bei fehlenden Parteiabsprachen sich nach § 269 Abs. 1 BGB aus den Umständen des Schuldverhältnisses ergebenden Erfüllungsort haben. Denn auch die Art der vorzunehmenden Leistung (hier: Herstellung der Mangelfreiheit der ausgelieferten Ware) gehört zu den Umständen, die bei der Ermittlung eines Erfüllungsorts zu berücksichtigen sind. Allein schon dieser gegenüber dem Erfüllungsanspruch aus § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB modifizierte Anspruchsgehalt der Nacherfüllung (§ 439 BGB) kann dazu führen, dass der Nacherfüllungsanspruch an einem anderen Ort zu erfüllen ist als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch.
52
cc) Umgekehrt zwingt auch der von einigen Stimmen im Schrifttum angesprochene Gesichtspunkt, dass der Verkäufer im Falle der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache seine Pflicht verletzt hat, dem Käufer von Anfang an eine mangelfreie Sache zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB), nicht dazu, den Erfüllungsort der Nacherfüllungsverpflichtung zur Vermeidung jedes daraus resultierenden Nachteils des Käufers stets am Belegenheitsort der Sache anzusiedeln (so aber Staudinger/Matusche-Beckmann, aaO Rn. 9; Erman/Grunewald , aaO; AnwK/Büdenbender, aaO). Zwar kann im Rahmen der nach § 269 Abs. 1 BGB maßgeblichen Umstände auch die in der mangelhaften Lieferung liegende Pflichtverletzung des Verkäufers berücksichtigt werden. Wollte man diesem Gesichtspunkt aber ausschlaggebendes Gewicht beimessen, hätte dies zur Folge, dass der Erfüllungsort jeder Nacherfüllung am Belegenheitsort der Kaufsache läge, denn die Nacherfüllung setzt gerade voraus, dass die Kaufsache mangelhaft ist. Die generelle Gleichsetzung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung mit dem Belegenheitsort der Sache ist jedoch - wie bereits oben aufgeführt (unter B II 4 c aa) - nicht sachgerecht und wird auch von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht gefordert (dazu unter B II 4 d cc (4)). Angesichts dessen kann die Pflichtwidrigkeit des Verkäuferhandelns nicht der allein maßgebende Faktor für die Bestimmung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung sein.
53
5. Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Erfüllungsort des vorliegend geltend gemachten Nachbesserungsanspruchs befinde sich am Sitz der Beklagten in P. , im Ergebnis zutreffend.
54
a) Das Berufungsgericht hat eine Vereinbarung der Parteien über den Erfüllungsort für den Nacherfüllungsanspruch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Die tatrichterliche Auslegung von Individualvereinbarungen ist vom Revisionsgericht nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 - X ZR 80/01, BGHReport 2003, 150 unter I 1 mwN). Die Würdigung des Berufungsgerichts, die entgegen der im Kaufvertrag getroffenen Absprachen erfolgte Anlieferung des Anhängers an den Wohnsitz der Kläger und die spätere Bereitschaft der Beklagten, den Faltanhänger dort zum Zwecke der Nachbesserung abzuholen, rechtfertigten noch nicht den Schluss, der in Frankreich gelegene Wohnsitz der Kläger sei als Erfüllungsort für Nacherfüllungsansprüche vertraglich vereinbart worden, hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Bewertungsspielraums.
55
b) Zu beanstanden ist jedoch, dass das Berufungsgericht den Erfüllungsort für die Nacherfüllung ohne Einschränkung mit dem Erfüllungsort der ursprünglichen Leistungsverpflichtung gleichgesetzt hat, anstatt diesen nach § 269 Abs. 1 BGB unter Abwägung der für das Schuldverhältnis maßgebenden Umstände zu ermitteln. Der Senat kann die unterlassene Prüfung jedoch nachholen , da die hierfür maßgeblichen Umstände festgestellt und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind. Das Nacherfüllungsverlangen der Kläger betrifft Mängel eines Camping-Faltanhängers, deren Beseitigung - ähnlich wie die Vornahme von Reparaturen bei Kraftfahrzeugen - den Einsatz von geschultem Personal und Werkstatttechnik erfordert. Dies macht grundsätzlich die Verbringung des Anhängers in eine mit geeigneten Vorrichtungen ausgestattete Werkstatt des Verkäufers notwendig. Dass vorliegend eine Mängelbehebung auch vor Ort möglich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Für die Kläger stellt es auch keine erhebliche Unannehmlichkeit dar, den Anhänger an den Firmensitz der Beklagten zu verbringen. Der Sitz der Beklagten liegt nicht so weit vom Wohnort der Kläger entfernt, dass ein Transport des Anhängers zwischen diesen beiden Orten (oder wenigstens dessen Organisation) den Klägern nicht zuzumuten wäre. Auch beim Kauf des Anhängers hatten sie sich ursprünglich für eine Selbstabholung entschieden. Nach den Umständen ist die von den Klägern verlangte Nacherfüllung daher am Sitz der Beklagten zu erfüllen, so dass die Kläger den Anhänger zum Zwecke der Nacherfüllung dorthin hätten verbringen müssen. Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 03.06.2009 - 8 O 277/08 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 16.07.2010 - 8 U 812/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 115/98 Verkündet am:
14. März 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Formunwirksamer Lizenzvertrag

a) Bei formunwirksamen Lizenzverträgen erfolgt der Bereicherungsausgleich
im Wege der Lizenzanalogie nach denselben Grundsätzen wie bei Schutzrechtsverletzungen.

b) Die Lizenzgebühr bemißt sich dabei nicht nach dem, was die Vertragspartner
in dem formunwirksamen Lizenzvertrag vereinbart haben, sondern nach
dem objektiven Wert des tatsächlich Erlangten.
Für dessen Bemessung kommt es auf die Gesamtheit aller Umstände an.
Allerdings kann das vertraglich vereinbarte Entgelt Anhaltspunkte für die
Angemessenheit und Üblichkeit der Lizenzgebühr bieten.
BGH, Urteil vom 14. März 2000 - X ZR 115/98 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die
Richter Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das am 9. Juni 1998 verkündete Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, wie zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Inhaber mehrerer technischer Schutzrechte, die sich mit Beschlägen, Verschlußmechanismen und Zubehör für Schaltschränke befassen. Die Beklagte produziert und vertreibt derartige Bauteile. Der Kläger war Handelsvertreter der Beklagten.
Die Parteien schlossen am 1. Dezember 1981 einen schriftlichen "Patentlizenzvertrag" , mit dem der Kläger der Beklagten eine ausschließliche Lizenz zur Herstellung, zum Gebrauch und zum Vertrieb der auf einer beigefügten , aber nicht unterzeichneten und mit der Vertragsurkunde nicht verbundenen Liste aufgeführten eingetragenen und angemeldeten Schutzrechte übertrug. Als Entgelt sollte die Beklagte bestimmte, nach Art der Schutzrechte gestaffelte monatliche Pauschalbeträge an den Kläger zahlen (§ 5 des Vertrages ). In einer Gleitklausel vereinbarten die Parteien eine Anpassung dieser Beträge. Nach Abschluß des Vertrages überließ der Kläger der Beklagten weitere Schutzrechte nach mündlicher Absprache zur Benutzung.
Der Kläger berechnete jeweils die Lizenzgebühren, die die Beklagte bezahlte. Im April 1990 erhöhte der Kläger unter Berufung auf die Gleitklausel die Lizenzpauschalen. Von Juni 1990 an zahlte die Beklagte nicht mehr. Sie berief sich auf Überzahlungen in der Vergangenheit und rechnete mit entsprechenden Erstattungsansprüchen auf. Dies nahm der Kläger zum Anlaß, den Lizenzvertrag zum 31. März 1991 zu kündigen.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger zunächst Zahlung der vertraglich vereinbarten Lizenzgebühren für den Zeitraum vom 1. Juni 1990 bis zum 31. März 1991 in Höhe von 251.424,72 DM nebst Zinsen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 31. Dezember 1991 die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Lizenzvertrag vom 1. Dezember 1981 sei wegen Verstoßes gegen § 34 GWB nichtig. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte auf den Hilfsantrag zur Rechnungslegung verurteilt und die Sache wegen des Zahlungsbegehrens an das Landgericht zurückverwiesen.

Nach Rechnungslegung hat der Kläger eine Umsatzlizenz zwischen 5 % und 8 % verlangt und seinen Bereicherungsanspruch auf 845.817,91 DM beziffert. Das Landgericht hat sachverständig beraten der Klage in Höhe von 757.407,56 DM nebst Zinsen stattgegeben. Mit ihrer Berufung hat die Beklagte Abweisung der Klage begehrt, soweit diese über den Betrag der vertraglich vereinbarten Lizenzgebühren in Höhe von 280.052,40 DM hinausgeht. Der Kläger hat mit seiner Anschlußberufung Zahlung weiterer 305.371,09 DM nebst Zinsen verlangt. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung der Anschlußberufung des Klägers der Klage lediglich in Höhe von 280.052,40 DM nebst Zinsen stattgegeben.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Er verfolgt sein Zahlungsbegehren weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils , soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist, und zur Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat dem Kläger wegen unberechtigter Benutzung der Klageschutzrechte in der Zeit von Juni 1990 bis März 1991 nach den §§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Altern., 818 Abs. 2 BGB einen Bereicherungsausgleich in Höhe der in dem unwirksamen Vertrag vom 1. Dezember 1981 verein-
barten Lizenzgebühr zuerkannt. Dazu hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt:
Zur Bestimmung dessen, was die Beklagte erlangt habe, sei zwischen einer Bereicherung durch Leistung und einer Bereicherung in sonstiger Weise zu unterscheiden. Als das vom Schutzrechtsverletzer Erlangte im Sinne der §§ 812 ff. BGB sei der tatsächliche Gebrauch des immateriellen Schutzgegenstandes anzusehen, für den der Inhaber des Schutzrechts im Wege der Lizenzanalogie durch Zahlung einer angemessenen Umsatzlizenz in der Höhe zu entschädigen sei, wie sie von vernünftigen Vertragspartnern bei Abschluß des Lizenzvertrages vereinbart worden wäre. Dies gelte allerdings nur für die Fälle einer Eingriffskondiktion, nicht aber für die Leistungskondiktion. Bei dieser sei anhand des unwirksamen Lizenzvertrages zu bestimmen, was Gegenstand der Leistung sei. Es könne nur das gefordert werden, was dem Empfänger nach dem Zweck des unwirksamen Vertrages zugewandt werden sollte und zugewandt worden sei. Gegenstand der Leistung sei nach dem Vertrag vom 1. Dezember 1981 die Überlassung von Schutzrechten des Klägers zum Gebrauch durch die Beklagte. Erlangt sei die Möglichkeit der Benutzung der Schutzrechte. Die Vergütung habe sich nicht nach dem tatsächlichen Gebrauch richten sollen. Das zeige sich vor allem an der Art der vereinbarten Lizenzgebühr , bei der die Parteien unabhängig von einer tatsächlichen Benutzung und vom Umsatz die monatliche Zahlung von Pauschalbeträgen für die übertragenen Schutzrechte vorgesehen hätten. Der Umfang des zu leistenden Ersatzes bestimme sich nach § 818 Abs. 2 BGB. Da die Leistung von vornherein auf die Überlassung zu selbständigem Gebrauch, mithin darauf gerichtet gewesen sei, der Beklagten in freier Entscheidung eine Nutzung von Schutzrechten des Klägers zu ermöglichen, müsse eine Anspruchsberechnung anhand von Umsät-
zen, Stückzahlen oder Gewinnen ausscheiden. Ebenso müsse grundsätzlich außer Betracht bleiben, welche Auswirkungen der Gegenstand der Bereicherung im Vermögen des Empfängers gehabt habe. Es komme auch nicht darauf an, welche Lizenzgebühr die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie die künftige Entwicklung, namentlich das Ausmaß der Schutzrechtsbenutzung , vorausgesehen hätten. Bei einer Leistung, deren Gegenstand die Gebrauchsüberlassung von Rechten oder Sachen bilde, sei es nicht gerechtfertigt , den Bereicherungsgläubiger an zwischenzeitlich möglichen Wertsteigerungen oder anderen werterhöhenden Umständen teilhaben zu lassen. Dies sei mit der der Leistung zugrundeliegenden Risikoverteilung nicht zu vereinbaren. Der Kläger dürfe als Bereicherungsgläubiger nicht besser stehen, als er bei Wirksamkeit des Vertrages gestanden hätte. Es sei daher im Rahmen der Leistungskondiktion entscheidend darauf abzustellen, welchen Wert die Leistung im Zeitpunkt des Erlangens gehabt habe. Umstände, die sich erst aus nachträglicher Sicht der Dinge als wertbildend herausstellten (so insbesondere der Umsatz), hätten aus der Berechnung auszuscheiden. Der Wert der Gebrauchsüberlassung sei nach dem im unwirksamen Vertrag vereinbarten Leistungsentgelt zu bemessen. Unstreitig belaufe er sich auf 280.052,40 DM. Durch die in dem unwirksamen Vertrag getroffene Entgeltabrede habe der Kläger über den Wert des Leistungsgegenstandes verfügt.
Eine Beschränkung des Wertersatzanspruchs auf die im (unwirksamen) Vertrag vereinbarte Vergütung stehe auch mit den Grundsätzen von Treu und Glauben im Einklang. Denn der Kläger verhalte sich widersprüchlich, wenn er während der mehrjährigen Zusammenarbeit mit der Beklagten durchweg die in dem unwirksamen Lizenzvertrag bestimmte Vergütung zur Grundlage seiner Abrechnungen gemacht und Zahlungen in entsprechender Höhe entgegenge-
nommen habe, seine bereicherungsrechtlichen Forderungen jetzt aber auf völlig andere Berechnungsgrundlagen gestellt sehen wolle.
2. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist herauszugeben, was der Bereicherungsschuldner durch die Leistung des Bereicherungsgläubigers oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten erlangt hat.

a) In den Fällen der Eingriffskondiktion nach einer Schutzrechtsverletzung ist der rechtliche Ansatzpunkt für die Bereicherungshaftung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Sen.Urt v. 24.11.1981 - X ZR 7/80, GRUR 1982, 301, 303 - Kunststoffhohlprofil II; BGHZ 107, 46, 66 - Ethofumesat; Sen.Urt. v. 18.02.1992 - X ZR 8/90, GRUR 1992, 599 - Teleskopzylinder; vgl. auch BGH, Urt. v. 18.12.1986 - I ZR 111/84, GRUR 1987, 520, 523 - Chanel No. 5 (I)) der von der Rechtsordnung mißbilligte Eingriff in eine solche Rechtsposition, die nach dem Willen der Rechtsordnung einem Berechtigten zu dessen ausschließlicher Verfügung zugewiesen ist. Gemäß dem Grundsatz der Güterzuweisung soll der Verletzer das herausgeben , was er durch rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes geschütztes Rechtsgut erzielt hat. Bei gewerblichen Schutzrechten ist dies die ausschließliche Benutzungsbefugnis. Der Verletzer eines Schutzrechts maßt sich eine Befugnis an, die nach der Rechtsordnung grundsätzlich dem Schutzrechtsinhaber vorbehalten ist. Er erlangt damit den Gebrauch eines immateriellen Rechtsguts.
Da der Gebrauch eines Schutzrechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB sein Wert zu ersetzen. Für die Wertbestimmung ist dabei der objektive Verkehrswert des Erlangten maßgeb-
lich. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines durch gewerbliche Schutzrechte bestimmten immateriellen Gegenstandes findet sich dabei in der angemessenen und üblichen Lizenz (Sen.Urt. v. 24.11.1981 - X ZR 7/80, GRUR 1982, 301, 303 - Kunststoffhohlprofil II; ebenso BGH, Urt. v. 18.12.1986 - I ZR 111/84; GRUR 1987, 520, 523 - Chanel No. 5 (I); BGH, Urt. v. 06.05.1997 - KZR 42/95, GRUR 1997, 791, 793 - Sprengwirkungshemmende Bauteile; BGH, Urt. v. 16.3.1998 - II ZR 303/96, NJW 1998, 1951; BGH, Urt. v. 17.03.1998 - KZR 42/96, GRUR 1998, 838 - Lizenz- und Beratungsvertrag). Der Kläger kann deshalb seinen auf Wertausgleich gerichteten Herausgabeanspruch nach der Methode der sogenannten Lizenzanalogie in Form eines prozentualen Anteils an den mit den patentverletzenden Gegenständen erzielten Umsätzen berechnen (Sen.Urt. v. 18.02.1992 - X ZR 8/90, GRUR 1992, 599, 600 - Teleskopzylinder).

b) Diese Grundsätze finden entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur auf die Fälle der sogenannten Eingriffskondiktion Anwendung, sondern auch bei der Leistungskondiktion, weil der Bereicherungsempfänger nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz für das Erlangte zu leisten hat. In Fällen eines formunwirksamen Lizenzvertrages bemißt sich der Bereicherungsausgleich nach der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr, wobei für deren Höhe das vertraglich vereinbarte Entgelt einen Anhaltspunkt bieten kann (BGH, Urt. v. 06.05.1997 - KZR 42/95, GRUR 1997, 781, 783 - Sprengwirkungshemmende Bauteile; BGH, Urt. v. 17.03.1998 - KZR 42/96, GRUR 1998, 838 - Lizenz- und Beratungsvertrag).
Das Berufungsgericht will einen Unterschied zwischen der im Streitfall vorliegenden Leistungskondiktion und der Eingriffskondiktion damit rechtferti-
gen, bei der Bereicherung durch Leistung bestimme der Leistende, was Gegenstand seiner Leistung sein solle; es komme auf die angemessene und übliche Lizenz als objektiven Wertersatz nicht an, weil die Parteien in dem formunwirksamen Lizenzvertrag vom 1. Dezember 1981 die Vergütung unabhängig von dem Umfang der Benutzung der überlassenen Schutzrechte vereinbart hätten; erlangt sei die Nutzungsmöglichkeit. Diese Auslegung des Vertrages mag zwar zutreffen. Sie spielt aber für die Frage der Herausgabe des Erlangten und dessen Wertersatz keine Rolle. Auf Grund des (unwirksamen) Lizenzvertrages mag es so sein, daß der Benutzung der Patente durch die Beklagte bis auf Widerruf der Makel der Rechtswidrigkeit fehlte (Benkard, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 139 Rdn. 10). Wegen der Unwirksamkeit des Vertrages hat die Beklagte jedoch kein Recht auf zukünftige Benutzungen erworben. Ein wertmäßig erfaßbares "Etwas" im Sinne des § 818 Abs. 2 BGB hat sie daher erst dadurch erlangt, daß sie die rein faktisch gegebene Nutzungsmöglichkeit auch tatsächlich genutzt hat. Insoweit unterscheiden sich die Fälle der Leistungskondiktion bei unwirksamem Grundvertrag nicht von den Fällen der Eingriffskondiktion bei rechtswidrigen Patentverletzungen gegen den Willen des Berechtigten. Für den Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB und dessen Umfang kommt es nicht darauf an, was der Bereicherungsgläubiger geben wollte, sondern darauf, was auf seiten des Bereicherungsschuldners tatsächlich angekommen ist, was also "erlangt" ist.

c) Auch die Erwägungen des Berufungsgerichts, es wäre unangebracht, dem Kläger bei einem bereicherungsrechtlichen Ausgleich auch nur zum Teil dasjenige zugute kommen zu lassen, was die Beklagte durch den Einsatz eigener betrieblicher Mittel auf eigenes wirtschaftliches Risiko erwirtschaftet habe , der Kläger dürfe als Bereicherungsgläubiger nicht besser stehen, als er bei
Wirksamkeit des Lizenzvertrages gestanden hätte, können nicht verfangen. Sie berücksichtigen nicht den Wortlaut des Gesetzes, wonach das Erlangte unabhängig von den in dem formunwirksamen Vertrag getroffenen Absprachen herauszugeben oder dessen Wert zu ersetzen ist. Die vom Bereicherungsschuldner durch Einsatz eigener Mittel und auf eigenes Risiko geschaffene zusätzliche Wertschöpfung ist nicht Gegenstand des Herausgabeanspruchs.

d) Dem Berufungsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, es komme nicht darauf an, welche Lizenzvergütung die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie die künftige Entwicklung, namentlich das Ausmaß der Schutzrechtsbenutzung, vorausgesehen hätten, weil es nicht gerechtfertigt sei, den Bereicherungsgläubiger an zwischenzeitlich möglichen Wertsteigerungen oder anderen werterhöhenden Umständen teilhaben zu lassen. Dies widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach bei der Berechnungsweise der Lizenzanalogie der Inhaber eines Schutzrechts von einem Verletzer eine angemessene Lizenz in der Höhe verlangen kann, wie sie von vernünftigen Vertragsparteien bei Abschluß eines Lizenzvertrages vereinbart worden wäre, wenn diese die künftige Entwicklung und namentlich den Umfang der Schutzrechtsbenutzung vorausgesehen hätten (BGH, Urt. v. 13.03.1962 - I ZR 18/61, GRUR 1962, 401, 404 - Kreuzbodenventilsäcke III; Sen.Urt. v. 06.03.1980 - X ZR 49/78, GRUR 1980, 841 - Tolbutamid; Sen.Urt. v. 18.02.1992 - X ZR 8/90, GRUR 1992, 599, 600 - Teleskopzylinder; Sen.Urt. v. 25.05.1993 - X ZR 19/92, GRUR 1993, 897, 898 - Mogul-Anlage; Benkard, aaO, § 139 PatG Rdn. 64). Das Berufungsgericht übersieht, daß der Wert des tatsächlich Erlangten objektiv zu bestimmen ist. Bei einer objektiven Wertbestimmung ist es aber allein sachgerecht, bei der Festlegung eines angemessenen Lizenzsatzes auf eine von vornherein zutreffende Einschätzung der tat-
sächlichen Entwicklung des Schutzgegenstandes abzustellen. Dies schließt die Berücksichtigung späterer Wertsteigerungen hinsichtlich des Lizenzsatzes aus. Denn es geht bei der Bestimmung der angemessenen und üblichen Lizenz allein um die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses festzustellende Prognose der künftigen Entwicklung, also um die richtige Ermittlung des Wertes dessen, was der Bereicherungsschuldner tatsächlich erlangt hat. Bei der Berechnung des tatsächlich Erlangten spielt die spätere Entwicklung nur insoweit eine Rolle, als diese in den Umsätzen einen Niederschlag findet, die bei der Ermittlung des Wertes in Ansatz zu bringen sind.

e) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, der Wert der Gebrauchsüberlassung sei nach dem im unwirksamen Lizenzvertrag vereinbarten Entgelt zu bemessen; der bereicherungsrechtliche Ausgleich einer Leistung sei grundsätzlich auf einen Ersatz in Höhe der vertraglichen (wenn auch unwirksamen ) vereinbarten Vergütung zu begrenzen.
aa) Diese Auffassung findet in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes keine Stütze. Gerade in der Entscheidung "Sprengwirkungshemmende Bauteile" (GRUR 1997, 781, 783), auf die das Berufungsgericht Bezug nimmt, hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes lediglich ausgeführt, daß für die Höhe der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr "das vertraglich vereinbarte Entgelt einen Anhaltspunkt bieten kann". Dies bedeutet nicht, daß der geschuldete Wertersatz mit diesem gleichzusetzen ist und durch ihn der Höhe nach beschränkt wird. Vielmehr kommt es bei der Berechnung der angemessenen und üblichen Lizenz auf die Gesamtheit aller Umstände an, die der Tatrichter gemäß § 287 Abs. 2 ZPO zu würdigen hat (BGH, Urt. v. 13.03.1962
- I ZR 18/61, GRUR 1962, 401, 402 - Kreuzbodenventilsäcke III; Benkard, aa0, § 139 Rdn. 65 m.w.N.; Busse, Patentgesetz, 5. Aufl., § 139 Rdn. 149 m.w.N.).
bb) Für die Auffassung des Berufungsgerichts spricht auch nicht die Rücktrittsreglung des § 346 Satz 2 BGB. Die Rückabwicklung eines Vertrages aufgrund eines vertraglich vereinbarten Rücktrittsrechts führt nicht zu einem Bereicherungsausgleich. Durch Rücktritt wird der Vertrag in ein Abwicklungsverhältnis umgestaltet, bleibt aber vertragliches Schuldverhältnis und wird nicht, wie der Bereicherungsanspruch, gesetzliches Schuldverhältnis. Deshalb verweist § 346 Satz 2 Halbsatz 2 BGB folgerichtig auf die vertragliche Entgeltabrede (Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 346 Rdn. 4, Einf. v. § 346 Rdn. 2).
cc) Auch die weitere Überlegung des Berufungsgerichts, ein bereicherungsrechtlicher Anspruch über die vereinbarte Vergütung hinaus bestünde nicht, weil die Parteien auch keinen solchen Anspruch gehabt hätten, wenn sie den Vertrag vollständig erfüllt hätten, kann nicht überzeugen. Ob in einem solchen Fall ein Anspruch besteht, beurteilt sich nach den Grundsätzen der Saldotheorie. Nur derjenige kann einen Ausgleich beanspruchen, zu dessen Gunsten nach Gegenüberstellung der gewährten Leistungen und Gegenleistungen ein positiver Saldo verbleibt (BGH, Urt. v. 06.05.1997 - KZR 42/95, GRUR 1997, 781, 783 - Sprengwirkungshemmende Bauteile). Ob dies der Fall ist, ist unter Würdigung aller Umstände in jedem Einzelfall zu entscheiden.
dd) Ebensowenig fordern die Grundsätze von Treu und Glauben eine Beschränkung des Wertersatzes auf die vertragliche Vergütung.
Es mag im Einzelfall gegen § 242 BGB verstoßen, wenn der Bereicherungsgläubiger einen über das vertraglich vereinbarte Entgelt hinausgehenden Wertersatz verlangt. So hat die Rechtsprechung als mit Treu und Glauben nicht vereinbar angesehen, wenn derjenige, der durch arglistige Täuschung die Anfechtung eines Vertrages verursacht hat, aus ungerechtfertigter Bereicherung für seine aufgrund des Vertrages geleisteten Dienste mehr fordert, als ihm nach dem Vertrag zustünde; die (zurechenbar vereinbarte) vertragliche Vergütung bildet dann die Obergrenze der Verpflichtung zu Wertersatz (BGH, Urt. v. 30.06.1960 - VII ZR 184/58, LM Nr. 22 zu § 123 BGB; MünchKomm./Lieb, BGB, 3. Aufl., § 818 Rdn. 36 m.w.N.). Auch der Anspruch des vorleistenden Schwarzarbeiters ist auf das vereinbarte Entgelt beschränkt worden (BGH, Urt. v. 31.05.1990 - VII ZR 336/89, NJW 1990, 2542, 2543). Dies betrifft Fälle, in denen es einer Partei versagt wurde, Vorteile aus der von ihr bewußt geschaffenen bereicherungsrechtlichen Lage zu ziehen. Mangels Feststellungen des Berufungsgerichts, daß im vorliegenden Fall die Formunwirksamkeit des Lizenzvertrages bewußt herbeigeführt worden ist, sind die genannten Grundsätze jedenfalls nicht auf noch nicht abgerechnete Leistungen zu übertragen. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts konnte und durfte die Beklagte nicht darauf vertrauen, es werde bei Wegfall des Lizenzvertrages nur auf der Grundlage des Lizenzvertrages abgerechnet. Das Berufungsgericht hat keine Umstände festgestellt, die dies rechtfertigen könnten.
3. Da das Berufungsgericht bei der Bemessung des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB die genannten Grundsätze nicht beachtet hat, ist das angefochtene Urteil, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist, aufzuheben. Bei der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht zunächst die angemessene und übliche Lizenz für die einzelnen im Streit befindlichen Kla-
gepatente zu ermitteln haben. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, daß nach dem Vortrag des Klägers die in dem Lizenzvertrag vom 1. Dezember 1981 vereinbarte Pauschalvergütung schon deshalb nicht als Anhaltspunkt in Betracht kommt, weil die Vereinbarung zwischen den Parteien nicht frei ausgehandelt worden sei und weil bei den Vertragsverhandlungen die Überlegung im Raum gestanden, daß der Handelsvertreter auch am Verkauf der Produkte partizipiere und zum Ausgleich hierfür mit einer besonders niedrigen Vergütung vorlieb nehmen müsse. Des weiteren wird das Berufungsgericht folgendes berücksichtigen müssen:

a) Da der Ausgangspunkt der Lizenzanalogie hypothetisch ist, läßt sich die Höhe der im Einzelfall angemessenen Lizenz in der Regel nur aufgrund einer wertenden Entscheidung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vom Gericht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO nach freier Überzeugung bestimmen (BGH, Urt. v. 13.03.1962 - I ZR 18/61, GRUR 1962, 401, 402 - Kreuzbodenventilsäcke III; Sen.Urt. v. 06.03.1980 - X ZR 49/78, GRUR 1980, 841, 844 - Tolbutamid; Sen.Urt. v. 25.05.1993 - X ZR 19/92, GRUR 1993, 897, 898 - Mogul-Anlage). Dabei hat sich die zuzusprechende Lizenzgebühr am objektiven Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung auszurichten (Sen.Urt. v. 06.03.1980 - X ZR 49/78, GRUR 1980, 841, 844 - Tolbutamid). Der Lizenzbetrag ist so festzusetzen, wie er sich aufgrund des tatsächlichen Sachverhalts als angemessen darstellt. Geschuldet ist das, was vernünftige Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie bei Abschluß eines Lizenzvertrages die künftige Entwicklung und namentlich die Zeitdauer und das Maß der Patentbenutzung vorausgesehen hätten (BGH, Urt. v. 22.3.1990 - I ZR 59/88, GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie; BGH, Urt. v. 18.2.1992 - I ZR 7/90, GRUR 1992, 597, 598 - Steuereinrichtung). Da die Lizenzgebühr die übliche
und angemessene Lizenzgebühr für die nicht mehr rückgängig zu machende Benutzung ermittelt, darf der Verletzer weder besser noch schlechter gestellt werden als ein vertraglicher Lizenznehmer (BGHZ 30, 345, 353 - Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 29.05.1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509, 512, 513 - DiaRähmchen III; BGH, Urt. v. 10.07.1986 - I ZR 102/84, GRUR 1987, 37, 39 - Videolizenzvertrag).

b) Bei der Ermittlung des Lizenzsatzes sind alle Umstände zu berücksichtigen , die den objektiven Wert der angemaßten Benutzungshandlungen beeinflussen. Dazu gehören ein etwa festzustellender verkehrsmäßig üblicher Wert der Benutzungsberechtigung in Anlehnung an für gleiche oder vergleichbare Erfindungen tatsächlich vereinbarte Lizenzen (Sen.Urt. v. 06.03.1980 - X ZR 49/78, GRUR 1980, 841, 844 - Tolbutamid), die wirtschaftliche Bedeutung des geschützten Rechts, die sich in Gewinnaussichten ausdrückt und durch die am Markt zu erzielende Vergütung bestimmt wird (BGH, Urt. v. 13.03.1962 - I ZR 18/61, GRUR 1962, 401, 404 - Kreuzbodenventilsäcke Ill; Sen.Urt. v. 25.05.1993 - X ZR 19/92, GRUR 1993, 897, 898 - Mogul-Anlage), wobei auch die technischen Vorzüge der Erfindungen gegenüber gleichen oder ähnlichen Gegenständen zu berücksichtigen sind (RG Mitt. 1939, 194, 196 - Bekämpfung von Grubenexplosionen I), eine etwaige Monopolstellung des Schutzrechtsinhabers (BGH, Urt. v. 13.03.1962 - I ZR 18/61, GRUR 1962, 401, 404 - Kreuzbodenventilsäcke III) sowie die Möglichkeit für Abnehmer der schutzrechtsverletzenden Vorrichtung, sie auch ohne Benutzung des Schutzrechts zweckmäßig und wirtschaftlich einsetzen zu können (Benkard, aa0, § 139 PatG Rdn. 66, 67). Zu den wertbestimmenden Faktoren gehört ferner, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang gegenüber der Verwendung der geschützten Lehre gangbare und aus der Sicht eines Lizenznehmers wirtschaft-
lich vernünftige Alternativen vorhanden sind (Sen.Urt. v. 25.05.1993 - X ZR 19/92, GRUR 1993, 897, 898, 899 - Mogul-Anlage) und daß auch diejenigen Vorteile auszugleichen sind, die ein Verletzer im Vergleich zu einem rechtstreuen Lizenznehmer genießt. Zu prüfen ist auch, ob sich ein Verletzernachteil feststellen läßt, der im Verhältnis zum rechtstreuen Lizenznehmer zu einer pauschalen Minderung der angemessenen Lizenzgebühr führt (Sen.Urt. v. 24.11.1981 - X ZR 36/80, GRUR 1982, 286 - Fersenabstützvorrichtung).
Rogge Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Mühlens

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem am 05.06.2014 verkündeten Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 14 O 534/13 – wird zurückgewiesen.


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Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28.3.2014 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Unter Abänderung des Urteils der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28.3.2014 im Kostenpunkt haben die Kläger von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz 86 % und die Beklagte 14 % zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens:    

29.000,00 EUR

Streitwert in erster Instanz:

212.799,14 EUR

Gründe

 
I.
Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Feststellung, dass zwei mit der Beklagten geschlossene Darlehensverträge infolge Widerrufs beendet sind. Die Beklagte meint, der Widerruf sei unwirksam und macht mit einer Hilfswiderklage die Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta geltend.
1.
Die Parteien schlossen am 9.9.2009 (Nr. xxx) und am 11.9.2009 (Nr. xxx) Darlehensverträge über jeweils 100.000 EUR, die den Klägern zur Finanzierung eines Einfamilienhauses dienten. Bei den Verträgen handelte es sich um Fernabsatzgeschäfte. Beigefügt war jeweils folgende Widerrufsbelehrung:
Mit Anwaltsschreiben vom 16.4.2013 ließen die Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf der Darlehen erklären.
Die Kläger haben die Feststellung beantragt, dass die Darlehensverträge durch den Widerruf beendet sind. Ferner haben sie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.380,79 EUR nebst Prozesszinsen verlangt. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, der Widerruf sei rechtzeitig erklärt, weil der Lauf der Widerrufsfrist angesichts mehrerer Fehler der erteilten Belehrungen nicht begonnen habe. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den Vertrauensschutz gem. § 14 Abs. 1 BGB InfoV a.F. berufen, weil sie die Musterbelehrung nicht unverändert übernommen habe. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Kläger im Schriftsatz vom 18.3.2014 ergänzend geltend gemacht, die bei Fernabsatzverträgen erforderlichen Informationen seien insoweit nicht erteilt worden, als eine Mitteilung der Hauptgeschäftstätigkeit des Unternehmens der Beklagten und der für die Zulassung zuständigen Aufsichtsbehörde fehle.
Die Beklagte hält die Widerrufsbelehrung in jeder Hinsicht für ordnungsgemäß, insbesondere entspreche die Darstellung des Beginns der Widerrufsfrist der Gesetzesformulierung und stimme mit der Rechtslage überein. Hilfsweise hat die Beklagte Widerklage erhoben, mit der sie die Rückzahlung der zum 1.12.2013 offenen Darlehensvaluta in Höhe von 94.114,22 EUR (Nr. ...) und 89.684,94 EUR (Nr. ...) verlangt.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
2.
Das Landgericht hat die Wirksamkeit des Widerrufs der beiden Verbraucherdarlehen festgestellt und die Kläger zur Rückzahlung der Darlehensvaluta in Höhe von 183.799,14 EUR nebst Zinsen verurteilt. Soweit die Kläger Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten begehrt haben, hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, beide Darlehensverträge seien wirksam widerrufen, weil die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist geeignet sei, bei einem verständigen und durchschnittlichen Verbraucher einen Irrtum zu veranlassen. Es werde der Eindruck erweckt, dass nur bezüglich der vier - durch Spiegelstriche aufgezählten - fristauslösenden Umstände § 187 Abs. 1 BGB Anwendung finde, also die Fristberechnung am Folgetag beginne, während bezüglich des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung der Tag des Vertragsschlusses gemäß § 187 Abs. 2 BGB mitzurechnen sei. Die differenzierende Formulierung vermittle den Eindruck, dass die genannten Umstände vom Gesetz unterschiedlich zu behandeln seien. Der Fristbeginn richte sich aber einheitlich nach § 187 Abs. 1 BGB. Die Belehrung entspreche auch nicht vollständig dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV.
Dem Feststellungsantrag der Kläger sei stattzugeben, weil durch den Widerruf ein Rückabwicklungsschuldverhältnis begründet werde, worauf das Feststellungsbegehren der Kläger der Sache nach gerichtet sei. Infolge dessen seien die Kläger zur Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta nebst Verzugszinsen verpflichtet, weshalb die Hilfswiderklage Erfolg habe.
3.
10 
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr vorrangiges Ziel, die Abweisung der Feststellungsklage zu erreichen, weiter. Zur Begründung führt sie aus, das Landgericht stelle übertriebene Anforderungen an die Richtigkeit und Eindeutigkeit der Widerrufsbelehrung. In § 312 d Abs. 2 a.F. BGB finde sich eine negative Formulierung für das Ereignis des Vertragsschlusses und in § 355 Abs. 2 Satz. 1 a.F. BGB eine positive Formulierung hinsichtlich der weiteren Bedingungen des Fristbeginns. Dieser Unterscheidung trage die Belehrung Rechnung. Die Anwendung der Regelung des § 187 Abs. 1 BGB für das Ereignis des Vertragsschlusses führe zu Verständnisschwierigkeiten für den Verbraucher und entspreche nicht der Rechtslage. Die Formulierung in § 312 d Abs. 2 BGB a.F. („nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses“) betone nicht ein Ereignis, sondern einen bestimmten Stichtag. Daraus folge, dass der Fristbeginn nach § 187 Abs. 2 BGB zu beurteilen sei. Vor diesem Hintergrund sei die Widerrufsbelehrung sachlich richtig. Zudem könne sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen, weil keine inhaltliche Bearbeitung der Widerrufsbelehrung im Vergleich zur Musterbelehrung vorliege. Das Bestreben der Kläger, sich wegen des allgemein gesunkenen Zinsniveaus unter Berufung auf angebliche Belehrungsmängel, die für die Kläger gar nicht von Bedeutung gewesen seien, von dem Vertrag zu lösen, sei rechtsmissbräuchlich.
11 
Der Einwand der Kläger, ihnen seien die erforderlichen Informationen unvollständig erteilt worden, sei verspätet und dürfe gemäß § 531 ZPO nicht zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht werden. Hinsichtlich des Darlehens vom 9.9.2009 mit der Nummer ... seien die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen unstreitig unter Verwendung des europäischen standardisierten Merkblatts gemäß dem Muster in Anlage 5 zu Art. 247 § 2 Abs. 2 Satz 2 EGBGB erteilt worden. Zwar könne nicht festgestellt werden, dass die Informationen auch bei dem weiteren Darlehen vom 11.9.2009 (Nummer ...) übermittelt worden seien, es müsse aber genügen, dass den Klägern die Informationen im Zusammenhang mit dem anderen Darlehen erteilt worden seien.
12 
Die Beklagte beantragt:
13 
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.3.2014 (8 O 545/13) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
14 
1. Die Klage wird abgewiesen.
15 
2. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Klageantrag für begründet erachtet:
16 
Die Kläger werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte 183.799,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 16.5.2013 zu bezahlen.
17 
Die Kläger beantragen,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sei nicht begründet. Das Bestehen eines Widerrufsrechts auch Jahre nach Vertragsschluss sei die gesetzlich angeordnete Folge einer fehlerhaften Belehrung. Selbst wenn die Gesetzeslage in Bezug auf den Fristbeginn nicht eindeutig sei, trage der Unternehmer das Risiko, dass seine Belehrung aufgrund einer undurchsichtigen Rechtslage fehlerhaft sei. Dem könne er entgehen, indem er die Musterbelehrung verwende oder eine ordnungsgemäße Belehrung nachhole.
20 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
II.
21 
Die zulässige Berufung hat in der Hauptsache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Widerruf der Darlehensverträge wirksam ist. Lediglich im Kostenpunkt ist das angefochtene Urteil infolge einer abweichenden Streitwertbemessung zugunsten der Beklagten abzuändern.
1.
22 
Die Feststellungsklage der Kläger ist zulässig (§ 256 ZPO). Nachdem die Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Rückabwicklungsschuld-verhältnis (§§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB) keinen Saldo zugunsten der Kläger ergeben wird, können die Kläger nicht darauf verwiesen werden, eine Leistungsklage zu erheben. Im vorliegenden Fall bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rückabwicklung der Darlehensverträge streitig verlaufen wird. Die erhobene Feststellungsklage ist daher geeignet, den einzigen Streitpunkt der Parteien zu klären, ob die Darlehensverträge wirksam widerrufen sind. Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken, wenn zu erwarten ist, dass bereits ein Feststellungsurteil zur endgültigen Streitbeilegung führt. Das gilt insbesondere, wenn die beklagte Bank - wie hier - die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht in Zweifel gezogen und durch ihr prozessuales Verhalten gezeigt hat, dass auch ihr an einer Klärung des Rechtsverhältnisses gelegen ist, das der Kläger zum Gegenstand seine Feststellungsklage gemacht hat (BGH v. 30.5.1995 - XI ZR 78/94).
2.
23 
Das Landgericht hat zu Recht die von den Klägern beantragte Feststellung getroffen. Soweit diese - dem Antrag der Kläger entsprechend - auf die Beendigung der Darlehensverträge gerichtet ist, hat das Landgericht das Klagebegehren zutreffend dahin ausgelegt, dass es den Klägern ersichtlich um die Feststellung der Rechtsfolgen des jeweils erklärten Widerrufs ging, der Sache nach also um die Umwandlung der Vertragsverhältnisse in Rückabwicklungsschuldverhältnisse (§§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB).
a)
24 
Maßgeblich sind die Bestimmungen des BGB nach den Änderungen durch das OLG-Vertretungsänderungsgesetz vom 23.7.2002 (BGBl. I S. 2850) (Art 229 § 9 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB) und das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29.7.2009 (BGBl. I, S. 2413).
b)
25 
Bei den Darlehensverträgen, die die Parteien im September 2009 geschlossen haben, handelt es sich um Verbraucherdarlehen, bei denen sich ein Widerrufsrecht der Kläger aus § 495 Abs. 1 BGB ergibt. Soweit bei beiden Kreditverhältnissen nach den unstreitig anwendbaren Bestimmungen über Fernabsatzverträge auch ein Widerruf gemäß §§ 312 d Abs. 1, 355 BGB in Betracht kommt, tritt dieses Widerrufsrecht hinter dem nach § 495 Abs. 1 BGB zurück; jedoch sind in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist die besonderen Voraussetzungen in § 312 d Abs. 2 BGB zu berücksichtigen (§ 312 d Abs. 5 BGB).
c)
26 
Als die Kläger am 16.4.2013 den Widerruf erklärt haben, war die Widerrufsfrist nicht abgelaufen, weil den Klägern keine ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrungen erteilt worden waren (§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB).
27 
aa) Die Widerrufsbelehrungen sind nicht gemäß § 14 der BGB-InfoV als gesetzeskonform zu behandeln.
28 
Ein Unternehmer kann die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV nach ständiger Rechtsprechung nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Greift der Unternehmer hingegen in das ihm zur Verfügung gestellte Muster durch eigene Bearbeitung ein, tritt die Wirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV nicht ein und zwar unabhängig vom konkreten Umfang der vorgenommenen Änderungen (BGH v. 28.06.2011 - XI ZR 349/10 Tz. 37 ff.; v. 9.12.2009 - VIII ZR 219/08; v. 1.3.2012 - III ZR 83/11; v. 18.3.2014 - II ZR 109/13).
29 
Ungeachtet weiterer Abweichungen im Satzbau hat die Beklagte die Musterbelehrung (in der ab 4.8.2009 geltenden Fassung) bereits insoweit einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, als sie Hinweise zur Berechnung der Widerrufsfrist gemäß § 187 Abs. 1 BGB erteilt hat. Sie hat damit der Belehrung einen vom Muster abweichenden, weiter gehenden Inhalt gegeben. Auch gerade der vom Landgericht beanstandete Passus zum Vertragsschluss als Bedingung des Fristbeginns ist abweichend vom Muster formuliert. Nach dem Gestaltungshinweis (3) des Musters, den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen betreffend, soll bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzugefügt werden: „jedoch nicht vor Vertragsschluss“. Demgegenüber lauten die Belehrungen der Beklagten insoweit wie folgt: “(…) nicht jedoch vor dem Tages des Abschlusses des Darlehensvertrages“. Angesichts der vorgenommenen inhaltlichen Bearbeitung des Mustertextes greift die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV nicht zugunsten der Beklagten ein.
30 
bb) Die Beklagte wendet sich ohne Erfolg gegen die Auffassung des Landgerichts, die Widerrufsbelehrung sei in Bezug auf die Information zur Fristberechnung irreführend. Auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung kann insoweit Bezug genommen werden.
31 
(1) Der Beklagten ist darin zu folgen, dass die einzelnen Angaben in der Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist für sich genommen nicht zu beanstanden sind.
32 
Zu Recht weist das Landgericht im Ausgangspunkt darauf hin, dass das Gesetz vom Unternehmer nur eine Belehrung über den Fristbeginn verlangt. Dazu reicht es aus, das den Fristablauf auslösende Ereignis zu nennen. Die weitere Fristberechnung gemäß §§ 187 ff. BGB muss nicht erläutert werden (BGH v. 27.4.1994 - VIII ZR 223/93 Tz. 21). Soweit die Beklagte dahingehend belehrt hat, die Frist beginne einen Tag nachdem die im Belehrungstext in vier Unterpunkten erläuterten Ereignissen eingetreten sind, war dies von Gesetzes wegen also nicht erforderlich, die Rechtsprechung sieht in einer solchen Belehrung aber lediglich eine unschädliche Anpassung an die Regelung des § 187 BGB (BGH v. 20.11.2012 - II ZR 264/10; v. 18.3.2014 - II ZR 109/13). Die Belehrung ist also für sich genommen insoweit nicht zu beanstanden.
33 
Isoliert betrachtet ist ferner nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Kläger hinsichtlich des Vertragsschlusses als weiterer Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist durch Wiedergabe des Gesetzeswortlauts informiert hat. Gemäß § 312 d Abs. 2 BGB in der damals geltenden Fassung beginnt die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB bei Dienstleistungen nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses. Der Unternehmer ist auch nicht gehalten, den Rechtsbegriff des Vertragsschlusses näher zu erläutern (Thüsing in Staudinger, BGB (2012), § 312d Rn. 33).
34 
(2) Der Senat teilt aber die Auffassung des Landgerichts, dass die Belehrung in der Zusammenschau der genannten Teile der Belehrung dem Gebot der Deutlichkeit nicht genügt.
35 
Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses unter Ausschöpfung der Widerrufsfrist auszuüben. Er ist deshalb über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (BGH v. 13.1.2009 - XI ZR 118/08; v. 10.3.2009 - XI ZR 33/08 -, BGHZ 180, 123-134).
36 
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt der Belehrung der Beklagten die notwendige Eindeutigkeit, weil sie geeignet ist, beim Verbraucher die Fehlvorstellung hervorzurufen, dass der Tag des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung mitzuzählen ist, wenn die weiteren für den Fristbeginn notwendigen Ereignisse bereits vor diesem Tag eingetreten waren. Der erste Halbsatz der Belehrung über den Fristbeginn macht deutlich, dass die Frist erst einen Tag nach den in den folgenden Unterpunkten aufgezählten Ereignissen beginnt. Eine solche Klarstellung erfolgt im zweiten Halbsatz für den Vertragsschluss als weitere Voraussetzung nicht. Der gewählte Satzbau lässt auch nicht erkennen, dass sich die einleitende Wendung „einen Tag nachdem“ auch auf das Erfordernis des Vertragsschlusses beziehen soll. Aus Sicht des Verbrauchers liegt deshalb der Schluss nahe, dass die Frist insoweit nicht gemäß § 187 Abs. 1 BGB zu berechnen ist, sondern der Tag des Vertragsschlusses entsprechend § 187 Abs. 2 BGB in die Frist einzurechnen ist.
37 
Dieses Verständnis entspricht nicht der Rechtslage, denn auch der Vertragsschluss stellt ein Ereignis im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB dar, sodass der Tag des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung außer Betracht bleibt. Allerdings kann dies dem Wortlaut des Gesetzes wegen der negativen Fassung des Tatbestandes („nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses“) nicht unmittelbar entnommen werden. Der Text lässt offen, ob die Frist im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB am Tag des Vertragsschlusses mit diesem Ereignis beginnt oder ob gemäß § 187 Abs. 2 BGB der Beginn des Tages des Vertragsschlusses der für den Anfang der Frist maßgebende Zeitpunkt sein soll.
38 
Für die Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB spricht der Umstand, dass auch die in § 355 BGB geregelten allgemeinen Bedingungen des Fristbeginns als Ereignisse im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB ausgestaltet sind. Ein sachlicher Grund die weiteren Umstände, die bei Fernabsatzverträgen gemäß § 312 d Abs. 2 BGB hinzukommen müssen, um die Widerrufsfrist auszulösen, anders zu behandeln, ist nicht ersichtlich.
39 
Die Gesetzgebungsgeschichte gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber eine solche Differenzierung überhaupt beabsichtigte. Die Formulierung, dass die Frist für den Widerruf eines Fernabsatzvertrages bei der Lieferung von Waren nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger, bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor dem Tag des Eingangs der ersten Teillieferung und bei Dienstleistungen nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses beginnt, geht auf das Gesetz über Fernabsatzverträge vom 27.6.2000 (BGBl. I, S. 897) zurück. Dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 9.2.2000 lässt sich zu der Regelung über den Beginn der Widerrufsfrist in § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG entnehmen, dass die Vorschrift Artikel 6 Abs. 1 Unterabsatz 2 und 4 FARL in redaktionell gestraffter Form zusammenfasse, wonach die Frist nämlich mit Erfüllung der Informationspflichten, bei der Lieferung von Waren jedoch nicht vor deren Eingang beim Empfänger und bei der Erbringung von Dienstleistungen nicht vor Abschluss des Vertrages beginne (BT-Drucks. 14/2658, S. 43). Dass § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG eine Tagesanfangsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB regeln könnte, wurde offensichtlich nicht erwogen, vielmehr ist in dem Entwurf nur von den Ereignissen als fristauslösenden Umständen die Rede.
40 
Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 29.7.2009 (BGBl. 2009, 2355) wurde § 312 d Abs. 2 BGB dahingehend geändert, dass die Widerrufsfrist unter anderem „nicht vor Vertragsschluss“ beginnt, sodass das Gesetz nunmehr schon dem Wortlaut nach eindeutig eine Ereignisfrist regelt. Begründet wurde die Neufassung des § 312d Abs. 2 BGB lediglich mit der redaktionellen Anpassung der Verweisungen und einer Vereinfachung des Wortlauts (Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 5.11.2008, BT-Drucks. 16/11643, S. 69). Eine Änderung des Regelungsgehalts der Norm sollte damit offenbar nicht verbunden sein. Der Gesetzgeber ging also ersichtlich davon aus, dass auch § 312 d Abs. 2 BGB in der hier anwendbaren Fassung insgesamt unter § 187 Abs. 1 BGB falle. Dem entspricht auch der Text der Musterbelehrung, der - wie oben ausgeführt - den Vertragsschluss im Gestaltungshinweis (3) eindeutig als fristauslösendes Ereignis beschreibt.
41 
Für diese Auslegung spricht zudem, dass die verlängernde Fristberechnung gemäß § 187 Abs. 1 BGB den gesetzlichen Regelfall darstellt und ihre Anwendung insbesondere dann gerechtfertigt ist, wenn einer gesetzlichen Frist - wie der Widerrufsfrist - eine Schutzfunktion zukommt (Repgen in Staudinger, BGB (2014), § 187 Rn. 2), zumal der Gesetzgeber bei der Einführung des Widerrufsrechts nach § 3 FernAbsG im Interesse einer Vereinheitlichung der Widerrufsrechte bewusst eine längere Widerrufsfrist geregelt hat, als sie in der europäischen Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz vorgesehen war. Eine verkürzende Fristberechnung, wie sie § 187 Abs. 2 BGB vorsieht, entspricht danach nicht dem Zweck der gesetzlichen Regelung in § 312 d Abs. 2 BGB. Ein sachlicher Grund, die Frist insoweit abweichend von den allgemeinen Voraussetzungen des Fristbeginns gemäß § 355 BGB verkürzend zu berechnen, besteht nicht. Auch nach der Kommentarliteratur richtet sich die Berechnung der Widerrufsfrist gemäß § 312 d Abs. 2 BGB nach § 187 Abs. 1 BGB richtet (Wendehorst in Münchner Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 312 d Rn. 86; Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 312 d Rn. 6; Palm in Erman, BGB 11. Aufl., § 187 Rn. 1; Repgen in Staudinger, BGB (2004), § 187 Rn.6).
42 
Das von der Belehrung nahe gelegt Verständnis, der Tag des Vertragsschlusses sei in die Widerrufsfrist einzurechnen, entspricht folglich nicht dem Gesetz. Die Beklagte verteidigt sich ohne Erfolg mit dem Einwand, ihr könne nicht zum Nachteil gereichen, dass sie hinsichtlich des Erfordernisses des Vertragsschlusses den negativ formulierten und in seiner Auslegung nicht eindeutigen Gesetzestext des § 312 d Abs. 2 BGB übernommen habe. Der Mangel der Belehrung hat seinen Grund nicht in der Übernahme des Gesetzestextes, sondern beruht darauf, dass die Beklagte ergänzende Erläuterungen zur Fristberechnung für alle fristauslösende Umstände bis auf den Vertragsschluss erteilt hat, und dadurch den unzutreffenden Eindruck erweckt hat, das die Frist unterschiedlich zu berechnen sei. Das wäre vermeidbar gewesen, wenn die Beklagte - dem Vorschlag der Musterbelehrung folgend - den Vertragsschluss positiv als weiteres für den Fristbeginn notwendiges Ereignis beschrieben hätte, oder - sollte sie insoweit über die Rechtslage im Unklaren gewesen sein - den Hinweis zur Fristberechnung insgesamt unterlassen hätte. Durch die vorgenommene Differenzierung hat sie aber den unzutreffenden Eindruck erweckt, die für den Fristbeginn maßgeblichen Ereignisse sei in Bezug auf die Fristberechnung unterschiedlich zu behandeln.
43 
cc) Aufgrund dieses Mangels der Belehrungen wurde die Widerrufsfrist bei beiden Darlehensverträgen nicht in Lauf gesetzt (§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB) und der Widerruf der Kläger ist noch rechtzeitig erfolgt.
44 
Auf die weiteren Belehrungsmängel, die die Kläger geltend machen, sowie die Frage, ob die Widerrufsfrist auch deshalb nicht begonnen hat, weil den Klägern zumindest bei einem der Verträge die erforderlichen Verbraucherinformationen nicht erteilt wurden, kommt es danach nicht an.
d)
45 
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, der Widerruf der Darlehensverträge sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil nicht davon auszugehen sei, dass der beanstandete Belehrungsmangel bei den Klägern tatsächlich eine Fehlvorstellung hervorgerufen habe, der Widerruf vielmehr ausschließlich durch das allgemein gesunkene Zinsniveau motiviert sei.
46 
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Wirksamkeit des Widerrufs nicht voraus, dass der Mangel der Belehrung ursächlich dafür war, dass der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Entscheidend ist vielmehr, dass die erteilte Belehrung durch ihre nicht gesetzeskonforme Fassung generell geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (BGH v. 23.6.2009 - XI ZR 156/08 Tz.25). Wie bei anderen Gestaltungsrechten kommt es grundsätzlich auch nicht auf die Motive des Verbrauchers an. Es soll seinem freien Willen überlassen bleiben, ob er seine Vertragserklärung wirksam werden lassen will oder nicht (BGH v. 19.2.1986 - VIII ZR 113/85). Der Widerruf bedarf auch keiner Begründung.
47 
Es stellt danach keinen Rechtsmissbrauch dar, sondern ist von der beschriebenen Ausgestaltung des Widerrufsrechts durch das Gesetz und die Rechtsprechung gedeckt, wenn ein Verbraucher dieses Recht nach längerer Zeit ausübt, obwohl er nicht konkret durch den Mangel der Belehrung an der fristgerechten Ausübung gehindert war. Genauso wenig handelt er missbräuchlich, wenn er, nachdem er von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangt hat, eine mittlerweile eingetretene Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zum Anlass nimmt, sich durch Widerruf von dem Vertrag zu lösen. Gestaltungsrechte werden typischerweise nur dann ausgeübt, wenn sich der Berechtigte davon Vorteile, insbesondere Vermögensvorteile verspricht.
48 
Die Kläger haben folglich nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, indem sie den Widerruf der Darlehensverträge erklärt haben.
III.
49 
Nachdem die Klage Erfolg hat, bleibt es dabei, dass die innerprozessuale Bedingung, unter der die Beklagte ihre Hilfswiderklage erhoben hat, eingetreten ist. Die nicht angegriffene Verurteilung der Kläger zur Rückzahlung der Darlehensvaluta bleibt demnach ohne Prüfung in der Sache bestehen.
IV.
50 
Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
51 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens war gemäß § 48 Abs.1 GKG, § 3 ZPO zu bestimmen. Der Wert eines Feststellungsbegehrens ist nach dem wahren Interesse des Klägers an dem Urteil zu schätzen (BGH v. 1.6.1976 - VI ZR 154/75). Für den Streit um die Wirksamkeit des Widerrufs bedeutet dies, dass es auf die wirtschaftlichen Vorteile ankommt, die sich der Kläger infolge des Widerrufs im Gegensatz zur Erfüllung des Vertrages verspricht. Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).
52 
Anders als bei der schlichten Unwirksamkeit des Darlehensvertrages, bei der ein Wegfall der Verpflichtung zur Rückzahlung des erhaltenen Darlehens denkbar ist, wandelt sich der Darlehensvertrag infolge des Widerrufs gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB unmittelbar in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um, kraft dessen der Darlehensnehmer in gleicher Weise wie bei Fortbestehen des Vertrages verpflichtet ist, die Darlehensvaluta zu erstatten. Das wahre Interesse des Darlehensnehmers, der die Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs begehrt, liegt deshalb nicht darin, von der Rückzahlung des Darlehens befreit zu werden. Der Streitwert der Feststellungsklage kann also nicht mit der Darlehensrestschuld im Zeitpunkt des Widerrufs gleichgesetzt werden (so auch OLG Stuttgart v. 14.11.2014 - 9 W 36/14).
53 
Nachdem auch nicht behauptet oder sonst ersichtlich ist, dass sich - unter Ausklammerung der Pflicht der Kläger, die Valuta zurückzuzahlen - bei Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus § 346 BGB ein Saldo zugunsten der Kläger ergibt, kann das wirtschaftliche Interesse der Kläger an der Wirksamkeit des Widerrufs nur darin gesehen werden, dass sie künftig von ihrer Verpflichtung befreit sind, bis zum Ablauf der Zinsbindung die vereinbarten Zinsen für das Darlehen zu entrichten. Da es sich bei den Zinszahlungen um wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 9 ZPO handelt, ist diese Vorschrift im Rahmen der Schätzung gemäß § 3 ZPO ergänzend heranzuziehen. Ungeachtet der Klageart erfasst § 9 ZPO allgemein den Wert eines Rechts auf wiederkehrende Leistungen (BGH v. 17.5.2000 - XII ZR 314/99).
54 
Demnach ist bei der Wertfestsetzung auf die im Zeitpunkt des Widerrufs nach dem Vertrag noch bis zum Ablauf der Zinsbindung anfallenden Zinsen abzustellen, gemäß § 9 ZPO allerdings durch den dreieinhalbfachen Jahresbetrag begrenzt. Angesichts der Zinsfestschreibungen bis 31.8.2019 (Vertrag Nr. 6312555742) und bis 30.9.2019 (Vertrag Nr. 6318059259) ist hier jeweils auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Vertragszinsen abzustellen. Aufgrund der Angaben in den Darlehensverträgen schätzt der Senat diese Beträge auf jeweils 14.500,- EUR, sodass der Streitwert des Berufungsverfahrens 29.000 EUR beträgt.
55 
Diese Wertfestsetzung zieht eine Änderung der Streitwertfestsetzung für das Verfahren in erster Instanz nach sich. Da die Feststellungklage gerade nicht auf die Befreiung von der Darlehensrestschuld gerichtet ist, sodass keine wirtschaftliche Identität zwischen Widerklage und Klage besteht, sind die Werte gemäß § 45 Abs. 1 GKG zu addieren. Der Streitwert in erster Instanz beträgt demnach 212.799,14 EUR. Die unterschiedliche Bewertung von Klage und Widerklage hat zudem die aus dem Tenor ersichtlich Änderung der Kostenquote zur Folge.
56 
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 219/08 Verkündet am:
9. Dezember 2009
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 307 Ba, Ci, Cl; 312c, 312d, 346, 355, 356, 357; BGB-InfoV §§ 1, 14

a) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die in mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform
eBay zu schließenden Kaufverträgen verwendet werden, hält folgende
Klausel der Inhaltskontrolle nicht stand:
"[Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines
Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben.] Die Frist beginnt frühestens
mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung."

b) Aus dem Erfordernis einer möglichst umfassenden, unmissverständlichen und aus
dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Rückgabebelehrung lässt sich keine
Pflicht ableiten, für jeden im Fernabsatz angebotenen Artikel gesondert anzugeben
, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht.

c) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen der vorgenannten Art hält folgende Klausel
der Inhaltskontrolle nicht stand:
"[Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen
zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu
geben.] Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies
gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung - wie
sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen
ist."
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08 - OLG München
LG München I
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Dr. Milger, Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 26. Juni 2008 - auch im Kostenpunkt - teilweise aufgehoben und das Urteil des Landgerichts München I, 12. Zivilkammer, vom 24. Januar 2008 teilweise geändert.
Die Klage wird bezüglich der Klausel "Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen - zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; - zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder - zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten." abgewiesen. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Von den Kosten der Rechtsmittelinstanzen tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er ist in die gemäß § 4 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) bei dem Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen. Die Beklagte betreibt über die Internethandelsplattform eBay Handel unter anderem mit Heimtextilien, Kinder- und Babybekleidung sowie Babyausstattungen. Auf der bei eBay bestehenden Internetseite der Beklagten können durch Anklicken des unterstrichenen Worts "AGB" ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgerufen und ausgedruckt werden. Darin heißt es unter anderem: "Die M. Versandhaus GmbH [Beklagte] (…) bietet Kunden ihr Sortiment unter anderem auch über den Online Marktplatz eBay zum Kauf an. Für die auf diesem Marktplatz begründeten Geschäftsbeziehungen zum Kunden gelten die nachstehenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). 4. Rückgaberecht und -folgen [im Folgenden im Original im Fettdruck hervorgehoben:] Verbrauchern steht nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge in Bezug auf die gekauften Artikel ein Rückgaberecht nach Maßgabe der folgenden Belehrung zu: 4.1 Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung. Nur bei nicht paketversandfähiger Ware (...) kann die Rückgabe auch durch Rücknahmeverlangen in Textform, also z.B. per Brief, Fax oder eMail erklärt werden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Ware oder des Rücknahmeverlangens. In jedem Fall erfolgt die Rücksendung auf Kosten und Gefahr der M. Versandhaus GmbH. (…) 4.3 Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen • zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefer- tigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; • zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder • zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten. 4.4 Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu geben. Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist."
2
Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Unterlassung der künftigen Verwendung der Bestimmungen Ziffer 4.1 Satz 2 (im Folgenden Klausel 1), Ziffer 4.3 (im Folgenden Klausel 2) und Ziffer 4.4 Sätze 2 und 3 (im Folgenden Klausel 3) in mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen sowie darauf in Anspruch, es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung von nach dem 31. Dezember 2004 in dieser Form geschlossenen Kaufverträgen auf diese Bestimmungen zu berufen. Er verlangt ferner Aufwendungsersatz in Höhe von 200 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung für die von ihm mit Schreiben vom 17. Januar 2007 ausgesprochene, fruchtlos gebliebene Abmahnung.
3
Das Landgericht hat der Klage zum überwiegenden Teil - hinsichtlich der Klauseln 2 und 3 und hinsichtlich des Zahlungsanspruchs - stattgegeben. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Berufungsgericht das Urteil abgeändert und der Klage unter Ermäßigung der Zinsen auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz auch hinsichtlich der Klausel 1 stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger hat seinen Unterlassungsantrag bei der Abwicklung bestehender Verträge, der ursprünglich weitergehend auf die Zeit ab dem 1. April 1977 gerichtet war, im Revisionsverfahren hinsichtlich aller drei Klauseln auf die Zeit nach dem 31. Dezember 2004 beschränkt.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat nur teilweise Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht (OLG München, OLGR 2008, 609 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
6
Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG wegen der Klausel 1 zu. Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Sie stelle nur auf zwei Umstände für den Beginn des Fristlaufs ab, nämlich den Erhalt der Ware und den Erhalt "dieser Belehrung". Nach dem Gesetz sei der Beginn des Fristlaufs aber noch von weiteren Voraussetzungen abhängig. Das könne der Durchschnittsverbraucher der Klausel 1 zwar entnehmen, er werde aber im Unklaren darüber gelassen, welche Voraussetzungen dies seien. Es bestehe deshalb die Gefahr, dass er bei Nichterfüllung der betreffenden weiteren Voraus- setzungen die Frist irrig für bereits abgelaufen halte und von der Ausübung eines ihm an sich noch zustehenden Rückgaberechts absehe. Es könne dahinstehen , ob die Klausel 1 auch deshalb unwirksam sei, weil dem Verbraucher nicht hinreichend verdeutlicht werde, dass es für den Fristbeginn auf den Erhalt der Belehrung über das Rückgaberecht in Textform ankomme.
7
Auch die Klausel 2 verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam. Sie sei aufgrund der verwendeten Worte "entsprechend" und "unter anderem" dahin auszulegen, dass über die in der Klausel aufgeführten Ausschlussfälle hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch in weiteren nicht näher bestimmten Fällen vereinbart werde. Der Durchschnittsverbraucher werde die Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB in der Regel weder nachlesen, noch werde ihm ihr Inhalt bekannt sein. Selbst wenn dies der Fall sei, verblieben Zweifel, ob mit der Klausel nur die in § 312d Abs. 4 BGB wiedergegebenen Ausschlussfälle gemeint seien. Es bestehe die Gefahr der Benachteiligung des Verbrauchers, wenn die Beklagte ihm über die aufgeführten Fälle hinaus weitere entgegensetze, in denen kein Rückgaberecht bestehe.
8
Ein Unterlassungsanspruch bestehe auch wegen der Klausel 3. Die Bestimmung sei dahin auszulegen, dass die Beklagte im Falle der Ausübung des Rückgaberechts Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der gekauften Sache eintretende Verschlechterung verlangen könne. In dieser Auslegung weiche die Klausel 3 von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB ab und sei deshalb unwirksam. Die Sonderregelung des § 357 Abs. 3 BGB greife nicht ein. Den Voraussetzungen von § 357 Abs. 3 BGB werde bei von der Beklagten mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen nicht genügt, weil dabei der von § 357 Abs. 3 BGB vorausgesetzte Hinweis in Textform spätestens bei Vertragsschluss nicht möglich sei. Allein das Bereithalten von Informationen über eine Internetseite erfülle die Voraussetzungen der Textform nicht. Da der Vertragsschluss zwischen der Beklagten und dem Verbraucher nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay bereits dann zustande komme, wenn der Verbraucher die Festpreis-Funktion "Sofort-Kaufen" ausübe, könne bis zu einem Vertragschluss kein Hinweis in Textform erfolgen. Davon gehe auch die Beklagte aus.
9
Wegen der Abmahnung stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu.

II.

10
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
11
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 1 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Rügen der Revision greifen dagegen nicht durch. Die Klausel 1 enthält keinen ausreichenden Hinweis auf den Beginn der Rückgabefrist und trägt damit nicht den gesetzlichen Anforderungen Rechnung, die an eine Belehrung gestellt werden (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB). Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
12
a) Nach § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt die Rückgabefrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Beleh- rung über sein Rückgaberecht, die unter anderem einen Hinweis auf den Fristbeginn zu enthalten hat, in Textform mitgeteilt worden ist. Ziel dieser Vorschrift ist es, den regelmäßig rechtsunkundigen Verbraucher über den Beginn der Rückgabefrist eindeutig zu informieren, damit der Verbraucher über die sich daraus ergebende Berechnung ihres Ablaufs nicht im Unklaren ist. Der mit der Einräumung des befristeten Rückgaberechts beabsichtigte Schutz des Verbrauchers erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (BGHZ 172, 58, Tz. 13; BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14; jeweils m.w.N.).
13
b) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Klausel 1 nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig.
14
aa) Die Belehrung ist nicht unmissverständlich. Aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), kann die Klausel 1 den Eindruck erwecken , die Belehrung sei bereits dann erfolgt, wenn er sie lediglich zur Kenntnis nimmt, ohne dass sie ihm entsprechend den gesetzlichen Anforderungen in Textform mitgeteilt worden ist (aA OLG Köln, OLGR 2007, 695, 699 f.). Ein in knapper Form möglicher Hinweis - beispielsweise durch die Worte "des Erhalts dieser Belehrung in Textform" (so nunmehr auch die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV [BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten -Verordnung vom 4. März 2008, BGBl. I S. 292; dazu Föhlisch, MMR 2008, 205 f.]) - verdeutlicht dem Verbraucher dagegen, dass die Widerrufsfrist erst und nur dann zu laufen beginnt, wenn ihm die Belehrung in einer bestimmten Form zugegangen ist. Der Schwierigkeit, dass der Verbraucher - wie die Revision meint - unter Umständen den Begriff der Textform nicht kennt, kann dadurch begegnet werden, dass der Begriff erklärend definiert wird, wie dies die Beklagte selbst in Ziffer 4.1 Satz 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen tut.
15
bb) Die Belehrung ist ferner nicht möglichst umfassend. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Verbraucher der Klausel 1 wegen des verwendeten Worts "frühestens" zwar entnehmen kann, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, jedoch darüber im Unklaren gelassen wird, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt.
16
Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Formulierung einer möglichst umfassenden und trotzdem für den durchschnittlichen Verbraucher verständlichen und seine Auffassungsbereitschaft nicht überfordernden Belehrung bei einem Fernabsatzvertrag im elektronischen Geschäftsverkehr Schwierigkeiten bereitet. Es reicht für eine umfassende Belehrung aber nicht aus, nur zwei Voraussetzungen für den Fristlauf anzugeben, wenn es möglich ist, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Beginn des Laufs der Rückgabefrist - wenn auch gegebenenfalls unter Verweis auf die Vorschriften der § 312c Abs. 2, § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB - in kurzer Form anzugeben und dem Verbraucher dadurch zu verdeutlichen, woraus sich die weiteren Voraussetzungen für den Fristlauf ergeben (aA OLG Köln, aaO). Davon geht, wie die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV zeigt (vgl. Gestaltungshinweis 2 Satz 2 zur Anlage 3 der BGB-Informationspflichten-Verordnung, aaO), nunmehr auch der Verordnungsgeber aus.
17
c) Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Dabei kann offen bleiben, ob die Belehrung eine echte Rechtspflicht oder nur eine Obliegenheit der Beklagten darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2005 - Rs. C-350/03, NJW 2005, 3551, Rdnr. 98 - Schulte/Badenia; Palandt/ Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 355 Rdnr. 13; MünchKommBGB/Masuch, 5. Aufl., § 355 Rdnr. 44; offen gelassen von BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, Tz. 37; vgl. auch BGHZ 109, 127, 130). Denn wenn eine Belehrung erteilt wird, muss sie ordnungsgemäß sein, um dem Schutzzweck der § 312d Abs. 1, § 355 Abs. 2 BGB Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497, Tz. 17). Das ist hier - wie ausgeführt - nicht der Fall. Es besteht deshalb die Gefahr, dass die Verbraucher über die für das Rückgaberecht bestehenden Voraussetzungen und auch darüber, ob eine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt ist, irregeführt werden.
18
d) Zutreffend geht das Berufungsgericht schließlich davon aus, dass eine gemäß § 1 UKlaG bestehende Unterlassungspflicht auch auf diejenigen Fälle erstreckt werden kann, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will (Senatsurteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 335/79, NJW 1981, 1511, unter II 2 c, III; BGHZ 127, 35, 37; Senatsurteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 284/04, WM 2005, 2250, unter II). Eine Pflicht, sich bei der Abwicklung bestehender Verträge nicht auf eine bestimmte Klausel zu berufen, besteht allerdings nur dann, wenn die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - III ZR 54/02, NJW 2003, 1237, unter I 2).
19
Das war indes hinsichtlich der Klausel 1 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 312c, 355, 356 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) vorgenommenen Änderungen, sowie § 14 Abs. 2 der BGB-InformationspflichtenVerordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (BGBl. I S. 3002).
20
Zwar war eine der Klausel 1 entsprechende Regelung bis zum Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-InformationspflichtenVerordnung vom 4. März 2008 (aaO) am 1. April 2008 wortgleich in dem Muster für die Rückgabebelehrung (Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 BGB-InfoV) enthalten. Das führt aber für den Zeitraum vor dem 1. April 2008 nicht zur Wirksamkeit der Klausel 1 (§ 14 Abs. 2 BGB-InfoV), weil die Beklagte - wie das Berufungsgericht von der Revision unangegriffen festgestellt hat - kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 3 zur BGB-Informationspflichten-Verordnung in der vor dem 1. April 2008 geltenden Fassung vollständig entsprach (vgl. BGHZ 172, 58, Tz. 12). Sie kann deshalb aus § 14 Abs. 2 BGB-InfoV keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten.
21
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 2 hingegen nicht zu. Die Klausel 2 genügt - auch unter Berücksichtigung der Änderung von § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2413) - den gesetzlichen Anforderungen an eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB).
22
a) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte nicht verpflichtet , für jeden angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht, und folglich für Fernabsatzverträge im elektronischen Geschäftsverkehr verschiedene Versionen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden. Eine solche Pflicht lässt sich aus dem sich aus § 355 Abs. 2 BGB ergebenden Erfordernis einer möglichst umfassenden , unmissverständlichen und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Belehrung nicht ableiten.
23
aa) Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die Belehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten darf, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) des Rechts zum Widerruf beziehungsweise der Rückgabe nicht zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, NJW 2002, 3396, unter II 3 a). So liegt es hier aber schon deshalb nicht, weil die Belehrung Angaben über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rückgaberechts enthalten muss (§ 312c Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV), so dass die Angaben über die Ausschlusstatbestände einen Teil der Belehrung bilden (vgl. auch MünchKomm BGB/Wendehorst, 5. Aufl., § 312c Rdnr. 40).
24
bb) Eine Belehrung, die dem Verbraucher die Beurteilung überlässt, ob die von ihm erworbene Ware unter einen Ausschlusstatbestand fällt, ist auch nicht missverständlich. Es trifft zwar zu, dass über die Auslegung der Ausschlusstatbestände Zweifel bestehen (vgl. Senatsurteil vom 18. März 2009 - VIII ZR 149/08, ZGS 2009, 277, Tz. 9 ff.). Diese Auslegungszweifel werden aber nicht dadurch beseitigt, dass die Beklagte bei - ihrer Meinung nach - den Ausschlusstatbeständen unterfallenden Fernabsatzverträgen lediglich darüber belehrt, dass ein Rückgaberecht nicht bestehe. Der Verbraucher erhielte in diesem Fall deutlich weniger Informationen, als wenn er über den gesetzlichen Wortlaut der Ausschlusstatbestände informiert wird. Dies ermöglicht dem Verbraucher vielmehr, sich eine abweichende Meinung zu bilden und auf eine Klärung hinzuwirken.
25
b) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, sämtliche in § 312d Abs. 4 BGB enthaltenen Ausschlusstatbestände in der Klausel 2 aufzuführen. Die Revision weist hinsichtlich der nicht in der Klausel 2 enthaltenen Ausschlusstatbestände zu Recht darauf hin, dass sie von vornherein in dem Geschäftsbetrieb der Beklagten nicht relevant werden können und deshalb aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit nicht in die Belehrung aufgenommen wurden. Dagegen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil bestünde bei einer Aufnahme des Ausschlusstatbestandes des § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB die Gefahr, dass der durchschnittliche Verbraucher - weil ihm nicht bekannt ist, dass die auf der Internethandelsplattfom eBay veranstalteten Online-Auktionen keine Versteigerungen im Sinn des § 156 BGB darstellen (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 375/03, WM 2004, 2457, unter II 2) - fälschlich davon ausgeht, dass ein Rückgaberecht bei Online-Auktionen generell nicht besteht. Die vollständige Aufnahme der von vornherein nicht relevanten Ausschlusstatbestände mit dem erläuternden Zusatz, dass sich die Ausnahme der Nummer 5 nicht auf OnlineAuktionen bezieht, würde die Belehrung dagegen unnötig kompliziert gestalten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002, aaO).
26
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erweckt die Klausel 2 aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), nicht den Eindruck, dass über die in der Klausel aufgeführten drei Ausschlusstatbestände hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch für weitere Fälle vereinbart wird, die nicht näher bestimmt sind und die von der Beklagten im Einzelfall geltend gemacht werden könnten. Der Senat kann die Auslegung der Klausel 2 unbe- schränkt nachprüfen, weil sie bundesweit Verwendung findet (st. Rspr., Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 227/06, WM 2007, 2078, Tz. 20).
27
Das in der Klausel 2 enthaltene Wort "entsprechend" verweist im Sinne einer Bezugnahme auf die gesetzliche Regelung, die - in der bis zum 3. August 2009 geltenden Fassung - wörtlich wiedergegeben wird. Auf die den Worten "gemäß" und "entsprechend" in der juristischen Fachsprache beigelegten Bedeutungsabstufungen kommt es dabei nicht an. Vielmehr ist die Bedeutung maßgeblich, die dem Wort "entsprechend" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1983 - IVa ZR 31/82, NJW 1983, 2638, unter 1). Danach wird das Wort "entsprechend" synonym mit "gemäß" verwendet. Aus den verwendeten Worten "unter anderem" kann der Verbraucher ableiten, dass in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB weitere Ausschlusstatbestände genannt sind. Der Klausel 2 lässt sich deshalb nur entnehmen , dass die in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB angegebenen Ausschlusstatbestände gelten sollen, nicht aber, dass die Beklagte sich auf weitere, dort nicht genannte Fälle soll berufen dürfen.
28
Die Gefahr, dass die Beklagte dem Verbraucher unter Berufung auf die Klausel 2 missbräuchlich weitere Ausschlusstatbestände entgegenhält, mag zwar nicht auszuschließen sein. Dabei handelt es sich aber um die generell bestehende Gefahr, dass der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer wirksamen Klausel missbräuchlich eine Bedeutung beilegt, die sie in Wirklichkeit nicht besitzt. Dagegen bietet das Unterlassungsklageverfahren keinen Schutz.
29
d) Etwas anderes gilt schließlich auch nicht, soweit § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (aaO) mit Wirkung vom 4. August 2009 geändert worden ist (aaO). Nach § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB nF, an dem der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch zu messen ist (vgl. BGHZ 160, 393, 395 m.w.N.), besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat. Der Umstand, dass die Klausel 2 wegen der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderung die nunmehr in § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB enthaltene, die telefonische Abgabe der Vertragserklärung betreffende Gegenausnahme nicht aufführt, ist vorliegend allerdings unschädlich. Der Kläger macht Unterlassungsansprüche nur wegen mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließende Kaufverträge geltend, so dass ein Fall, in dem die Voraussetzungen der Vorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 3 Halbs. 2 BGB erfüllt sind, von vornherein nicht gegeben sein kann.
30
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 3 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
31
a) Nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB hat der Schuldner im Falle des Rücktritts Wertersatz zu leisten, soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht. Abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB hat der Verbraucher im Fall der Ausübung eines Rückgaberechts gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist (§ 357 Abs. 3 Satz 2 BGB).
32
Bei der Auslegung dieser Bestimmungen ist zu beachten, dass Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19; im Folgenden: Richtlinie) einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Verkäufer vom Verbraucher für die Nutzung einer durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekauften Ware in dem Fall, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht fristgerecht ausübt, generell Wertersatz für die Nutzung der Ware verlangen kann. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie stehen jedoch nicht einer Verpflichtung des Verbrauchers entgegen, für die Benutzung der Ware Wertersatz zu leisten, wenn er sie auf eine mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts wie denen von Treu und Glauben oder der ungerechtfertigten Bereicherung unvereinbare Art und Weise benutzt hat, sofern die Zielsetzung der Richtlinie und insbesondere die Wirksamkeit und die Effektivität des Rechts auf Widerruf nicht beeinträchtigt werden (EuGH, Urteil vom 3. September 2009 - Rs. C-489/07, NJW 2009, 3015 - Messner/Krüger).
33
b) Es kann hier offen bleiben, wie die Vorschrift des § 357 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB unter Berücksichtigung der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 3. September 2009 (aaO) auszulegen ist (vgl. Lapp, jurisPR-ITR 19/2009 Anm. 2, unter D). Denn die Klausel 3 ist bereits deshalb unwirksam, weil sie den gesetzlichen Anforderungen an eine Belehrung gemäß § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB - unabhängig von den sich nach der Entscheidung des Gerichtshofs (aaO) hinsichtlich der Auslegung der Vorschriften der §§ 312d, 355, 357, 346 BGB stellenden Fragen - nicht genügt. Die formularmäßige Verwendung dieser nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
34
Zwar erfordert das Gesetz keine umfassende, alle möglicherweise in Betracht kommenden Fallgestaltungen berücksichtigende Belehrung über die für den Fall der Ausübung des Rückgaberechts eintretenden Rechtsfolgen (§§ 346 ff. BGB). Die Belehrung muss aber einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB enthalten. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV in der seit dem 8. Dezember 2004 geltenden Fassung (Art. 3 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004; BGBl. I S. 3102), der die Überschrift zu § 357 BGB wiederholt (vgl. BT-Drs. 15/2949, S. 26). Es folgt ferner aus der Entstehungsgeschichte von § 312 Abs. 2 BGB, weil diese Vorschrift geschaffen wurde, um einen Gleichlauf der Belehrungspflichten über die Rechtsfolgen bei Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften zu erreichen (vgl. BT-Drs. 14/7052, S. 190 f.).
35
Wenn - wovon das Berufungsgericht ausgeht - die Erteilung eines den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweises bei Vertragsschlüssen über eBay von vornherein ausgeschlossen ist, weil der Vertrag zustande kommt, ohne dass der erforderliche Hinweis spätestens bei Vertragsschluss in Textform erteilt werden kann (str.; so auch OLG Stuttgart, ZGS 2008, 197, 200; KG, MMR 2008, 541, 543), ist die Klausel 3 unwirksam, weil sie keinen Hinweis darauf enthält, dass für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung kein Wertersatz zu leisten ist (vgl. Gestaltungshinweis 6 zu Anlage 3 BGB-InfoV).
36
Selbst wenn aber - wie die Revision meint - die Beklagte einen den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweis in der erforderlichen Textform auch noch bis zum Erhalt der Ware erteilen könnte (§ 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB; so OLG Hamburg, OLGR 2007, 657 f.), müsste die Klausel 3 jedenfalls darauf hinweisen, dass eine Wertersatzpflicht für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung nur unter dieser Voraussetzung besteht (§ 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV). Auch das ist hier nicht der Fall.
37
c) Ein Verbot der Klausel im abstrakten Kontrollverfahren ist - anders als die Revision meint - auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Beklagte die Möglichkeit hat, im Einzelfall oder auch generell einen Hinweis gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB gesondert zu erteilen und damit die Voraussetzungen für das Bestehen einer Wertersatzpflicht bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme (noch) zu schaffen (vgl. BGHZ 116, 1, 3). Eine solche etwaige gesonderte Hinweiserteilung ist ein Merkmal der konkreten Fallgestaltung, das nicht Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist und deshalb bei der vom Einzelfall losgelösten abstrakten Wirksamkeitsprüfung im Unterlassungsverfahren außer Betracht bleiben muss (BGHZ 116, 1, 5).
38
d) Wie bereits ausgeführt, erstreckt sich die Unterlassungspflicht - unter der Voraussetzung, dass die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist - auch auf diejenigen Fälle, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will. Das war hinsichtlich der Klausel 3 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 357, 346 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (aaO) sowie § 10 Abs. 1 Nr. 10 der BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (aaO), jeweils mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (aaO) vorgenommenen Änderungen.
39
4. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass dem Kläger wegen der Abmahnung ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in der geltend gemachten und von der Revision nicht angegriffenen Höhe zusteht (§ 5 UKlaG, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG). Der Anspruchsberechtigte kann die Kostenpauschale auch dann in voller Höhe verlangen, wenn die Abmahnung nur zum Teil berechtigt war (BGHZ 177, 253, Tz. 50 m.w.N.). Das ist hier der Fall.

III.

40
Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten wegen der Klausel 2 zurückgewiesen hat. Es ist daher wie aus dem Tenor ersichtlich aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Wegen der Klausel 2 ist die Unterlassungsklage nach dem oben Ausgeführten abzuweisen. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen. Ball Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Milger Dr. Hessel ist erkrankt und daher gehindert, zu unterschreiben. Ball Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 24.01.2008 - 12 O 12049/07 -
OLG München, Entscheidung vom 26.06.2008 - 29 U 2250/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 66/08 Verkündet am:
29. April 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Holzhocker
Die dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen gemäß §§ 312c, 355 BGB zu
erteilenden Informationen müssen nicht nur vom Unternehmer in einer zur dauerhaften
Wiedergabe geeigneten Weise abgegeben werden, sondern auch dem
Verbraucher in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise zugehen.
Dementsprechend reicht die Speicherung dieser Informationen auf der Website
des Unternehmers ebenso wenig für das Anlaufen der Widerrufsfrist von zwei
Wochen gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aus wie die Möglichkeit, diese Informationen
nach Vertragsschluss bei eBay abzurufen.
BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 66/08 - LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 26. Februar 2008 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Handels mit afrikanischen Kunstgegenständen im Internet. Der Beklagte bot im September 2006 bei eBay unter der Rubrik "Sofort-Kaufen" Holzhocker in Tierformen an. In seinem Angebot belehrte er über das Widerrufsrecht auszugsweise wie folgt: Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung. Der Käufer konnte diese Belehrung speichern und ausdrucken. Ferner konnte er bei "Mein eBay" - dort unter "Ich habe gekauft" - das vollständige Kaufangebot einschließlich der Belehrung nach Abschluss des Kaufvertrags aufrufen.

2
Nach Ansicht des Klägers verstößt der Beklagte mit der Verwendung seiner Widerrufsbelehrung gegen die zwingenden Informationspflichten aus §§ 312c, 312d, 355 BGB und handelt damit zugleich wettbewerbswidrig. Die Widerrufsbelehrung werde nicht in der nach dem Gesetz erforderlichen Textform bereits mit dem Vertragsangebot, sondern allenfalls nach Vertragsschluss erteilt. Die Widerrufsfrist betrage damit nicht zwei Wochen, sondern einen Monat. Zudem beginne sie nicht schon mit dem Erhalt der Belehrung zu laufen.
3
Der Kläger hat beantragt, es dem Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen , im geschäftlichen Verkehr gegenüber privaten Endverbrauchern bei Fernabsatzverträgen über Kunstgegenstände aus Afrika auf der Internetplattform eBay die gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsbelehrung zu erteilen und dabei darauf hinzuweisen, dass die Frist für den Widerruf zwei Wochen beträgt und/oder frühestens mit Erhalt dieser Belehrung über die Widerrufsmöglichkeit beginnt.
4
Darüber hinaus hat der Kläger vom Beklagten den Ersatz seiner aus einem Gegenstandswert von 10.000 € errechneten Abmahnkosten verlangt.
5
Der Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, dass seine Widerrufsbelehrung das Textformerfordernis erfülle. Sie werde dem Erklärungsempfänger als speicher- und ausdruckbare elektronische Information zugänglich gemacht. Dies sei mit der Übermittlung der Widerrufsbelehrung an den Verbraucher per E-Mail vergleichbar. Die beanstandete Belehrung entspreche zudem der Musterbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV.
6
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Abmahnkosten stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Sprungrevision, deren Zu- rückweisung der Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Landgericht hat einen Anspruch des Klägers aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit §§ 355, 312c, 312d BGB, § 1 Abs. 1 BGB-InfoV bejaht. Den Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten hat es dem Grunde nach für aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG gerechtfertigt angesehen, jedoch gemeint, dass die Anwaltsgebühren nur aus einem Gegenstandswert von 8.000 € zu berechnen seien. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Der Beklagte habe mit der beanstandeten Widerrufsbelehrung seine sich aus § 312c BGB ergebenden Informationspflichten verletzt. Seine Widerrufsbelehrung erfolge entgegen § 355 BGB nicht in Textform, da sie vor Vertragsschluss weder schriftlich noch in einer Weise erteilt werde, die eine dauerhafte Wiedergabe erlaube. Der Umstand, dass das Verkaufsangebot und die Widerrufsbelehrung bei eBay 60 Tage lang abrufbar seien, sei insoweit ohne Bedeutung. Vor Vertragsschluss werde die Belehrung dem Verbraucher nicht mitgeteilt und gelange auch ansonsten nicht in seinen Machtbereich. Die Widerrufsfrist betrage damit gemäß § 355 BGB nicht zwei Wochen, sondern einen Monat. Die vom Beklagten verwendete Formulierung, die Frist beginne mit Erhalt "dieser Belehrung", entspreche zwar dem Wortlaut der Musterbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV. Die Mitteilung erfolge aber nicht in Textform. Die Widerrufsfrist beginne deshalb noch nicht mit ihrem Erhalt zu laufen. Der vom Beklagten damit begangene Rechtsverstoß beeinträchtige den Wettbewerb auch erheblich im Sinne von § 3 UWG. Der Beklagte habe mit we- niger Widerrufen zu rechnen als gesetzestreue Wettbewerber. Der Verbraucher werde durch die Belehrung in die irrige Annahme versetzt, die Frist sei bereits verstrichen, und werde dadurch gegebenenfalls von einem Widerruf abgehalten.
9
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Der Kläger wendet sich mit Recht dagegen, dass der Beklagte für sich in Anspruch nimmt, dass die in seinem Angebot erteilte Belehrung die dort genannten Rechtsfolgen auslöst. Dies ist insbesondere deshalb nicht der Fall, weil die Belehrung nicht in Textform erfolgt und daher keine Widerrufsbelehrung darstellt, die zu einer Widerrufsfrist von 14 Tagen führt. Die Widerrufsfrist beginnt auch nicht bereits, wie es in der beanstandeten Belehrung heißt, mit deren Erhalt, sondern erst mit dem Zugang einer dem Textformerfordernis entsprechenden Belehrung sowie dem Erhalt der Ware zu laufen. Damit verletzt der Beklagte seine gesetzlichen Informationspflichten und handelt zugleich wettbewerbswidrig.
10
1. Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung des am 30. Dezember 2008 in Kraft getretenen Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949; UWG 2008) anzuwenden. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten des Beklagten auch schon zur Zeit der Begehung im September 2006 nach der am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414; UWG 2004) wettbewerbswidrig war. Eine für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Änderung der Rechtslage ist allerdings nicht eingetreten, so dass im Folgenden zwischen dem alten und dem neuen Recht nicht unterschieden zu werden braucht.
11
a) Die Änderungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 UWG sind für den Streitfall ohne Bedeutung. Die Verkaufsangebote des Beklagten im Internet unter Verwendung der beanstandeten Widerrufsbelehrung erfüllen die Voraussetzungen einer Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 wie auch einer geschäftlichen Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008. Der Begriff der geschäftlichen Handlung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 ist nicht enger als der der Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.2009 - I ZR 141/06, GRUR 2009, 881 Tz. 11 = WRP 2009, 1089 - Überregionaler Krankentransport). Die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs (§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG) sind gleich geblieben.
12
b) Die den Rechtsbruchtatbestand regelnde Bestimmung des § 4 Nr. 11 UWG ist durch die UWG-Novelle 2008 in ihrem Wortlaut nicht geändert worden. Ihrer Anwendung steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass nach Art. 4 der mit der UWG-Novelle 2008 in das deutsche Recht umgesetzten Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken diejenigen Vorschriften der Mitgliedstaaten vollständig harmonisiert werden sollen, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen. Denn die hier in Rede stehenden Bestimmungen der §§ 355, 312c und 312d BGB regeln Informationspflichten, die ihre Grundlage in der im Anhang II der Richtlinie 2005/29/EG aufgeführten Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz haben (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rdn. 11.6 b; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 29 und 178; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 1 m.w.N.).
13
c) Die für die Entscheidung des Streitfalles weiterhin maßgeblichen Bestimmungen der §§ 355, 312c und 312d BGB sind - soweit im vorliegenden Zusammenhang von Belang - zuletzt im Jahr 2004 geändert worden.
14
2. Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass der Beklagte mit seiner beanstandeten Belehrung seine Unterrichtungspflichten nach § 312c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 355 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB i.V. mit § 1 Abs. 1 BGB-InfoV verletzt hat.
15
a) Gemäß § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB muss der Verbraucher vom Unternehmer bei Fernabsatzverträgen rechtzeitig vor Abgabe seiner Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar, verständlich und unter Angabe des geschäftlichen Zwecks diejenigen Informationen zur Verfügung gestellt bekommen, für die dies in der Rechtsverordnung nach Art. 240 EGBGB - also in der BGB-InformationspflichtenVerordnung - bestimmt ist. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV hat der Unternehmer dem Verbraucher dabei insbesondere Informationen über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen , Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgen der Rechtsausübung zur Verfügung zu stellen. Gemäß § 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB muss der Unternehmer dem Verbraucher bei Warenverkäufen im Wege des Fernabsatzes außerdem spätestens bei der Lieferung die in der BGBInformationspflichten -Verordnung bestimmten Informationen in dem dort festgelegten Umfang und der dort vorgesehenen Art und Weise in Textform mitteilen. Die inhaltlichen Anforderungen an die dem Verbraucher dabei zu gebenden Informationen sind in § 1 Abs. 4 Satz 1 BGB-InfoV geregelt. Zur Erfüllung seiner Informationspflicht über das Widerrufsrecht kann der Unternehmer gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2 BGB-InfoV das in § 14 BGB-InfoV für die Belehrung über das Widerrufsrecht bestimmte Muster verwenden. Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen in § 355 Abs. 2 BGB und in den die dortige Regelung ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, wenn das Muster gemäß der Anlage 2 zu dieser Verordnung in Textform verwandt wird.
16
Nach § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Verbraucher an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Die Widerrufsfrist beträgt nach § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich 14 Tage. Wird die Belehrung erst nach Vertragsschluss mitgeteilt, verlängert sie sich jedoch gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB auf einen Monat. Sie beginnt - bei Warenlieferungen nicht vor dem Tag des Eingangs der Ware beim Empfänger (§ 355 Abs. 3 Satz 2 BGB) - erst, wenn der Verbraucher entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen über die Möglichkeit des Widerrufs belehrt worden ist und die Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB erfüllt worden sind.
17
b) Ist durch das Gesetz - wie in § 312c Abs. 2 BGB für die Verbraucherunterrichtung und in § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB für die Widerrufsbelehrung - die Textform vorgeschrieben, so muss nach § 126b BGB die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder auf andere Weise erkennbar gemacht werden. Erforderlich ist danach die Abgabe einer Erklärung in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise.
18
c) Bei der Auslegung der §§ 312c und 355 BGB ist außerdem zu berücksichtigen , dass diese Bestimmungen der Umsetzung der Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz und der Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG dienen. Im Rahmen ihrer deshalb gebotenen richtlinienkonformen Auslegung sind damit insbesondere der Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG und die Art. 2 lit. f und 5 Abs. 1 sowie der Erwägungsgrund 20 der Richtlinie 2002/65/EG zu berücksichtigen. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG bestimmt, dass der Verbraucher die ihm gegenüber zu gebenden Informationen schriftlich oder auf einem anderen für ihn verfügbaren dauerhaften Datenträger bestätigt bekommen muss. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2002/65/EG müssen dem Verbraucher die ihm zu erteilenden Informationen in Papierform oder auf einem anderen für ihn verfügbaren und zugänglichen dauerhaften Datenträger übermittelt werden. Der Begriff "dauerhafter Datenträger" bezeichnet dabei gemäß Art. 2 lit. f der Richtlinie 2002/65/EG jedes Medium, das es dem Verbraucher gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht. Gemäß dem Erwägungsgrund 20 der Richtlinie 2002/65/EG gehören zu den dauerhaften Datenträgern insbesondere Disketten, CD-Roms, DVDs und die Festplatte des Computers des Verbrauchers , auf der die elektronische Post gespeichert wird, Internet-Websites dagegen nur dann, wenn sie die in der Definition des Begriffs "dauerhaftes Medium" enthaltenen Voraussetzungen erfüllen (vgl. zu der entsprechenden Bestimmung des Art. 13 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2002/92/EG EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 27.1.2010 - E-4/09, VersR 2010, 793 Tz. 65 f. - Inconsult).
19
Vor diesem gemeinschaftsrechtlichen Hintergrund müssen die dem Verbraucher gemäß §§ 312c, 355 BGB zu erteilenden Informationen nicht nur vom Unternehmer in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise abgegeben werden, sondern auch dem Verbraucher in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise zugehen (vgl. Begründung des Regierungsent- wurfs eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro, BTDrucks. 14/2658, S. 40; KG NJW 2006, 3215, 3216 und MMR 2007, 185, 186; OLG Hamburg GRUR-RR 2007, 174 und MMR 2008, 44; OLG Köln GRURRR 2008, 88 ff.; OLG Naumburg NJW-RR 2008, 776, 777 f.; OLG Stuttgart MMR 2008, 616, 617; MünchKomm.BGB/Wendehorst aaO § 312c Rdn. 104 ff.; Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 355 Rdn. 41; Palandt/Ellenberger aaO § 126b Rdn. 3; Ahrens in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl., § 126b Rdn. 4; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 188; a.A. LG Flensburg MMR 2006, 686, 687; LG Paderborn MMR 2007, 191; Bamberger/ Roth/Wendtland, BGB, 2. Aufl., § 126b Rdn. 5; AnwK-BGB/Noack/Kremer, § 126b Rdn. 16). Entgegen der Auffassung der Revision reicht die Speicherung der Angebotsseite auf dem Server des Plattformbetreibers daher nicht aus, um eine Widerrufsfrist von zwei Wochen anlaufen zu lassen. Die Belehrung geht dem Verbraucher vor dem Vertragsschluss nicht ohne dessen weiteres Zutun in Textform zu, solange er sie nicht auf seinem eigenen Computer abspeichert oder ausdruckt.
20
d) Die Textform ist im Streitfall auch nicht dadurch gewahrt, dass der Käufer die Widerrufsbelehrung bei eBay unter der Rubrik "Ich habe gekauft" bis zu 60 Tage nach dem Vertragsschluss abrufen kann (vgl. EFTA-Gerichtshof VersR 2010, 793 Tz. 65 - Inconsult). Ein solcher Abruf ist nach dem eigenen Vortrag des Beklagten erst nach Vertragsschluss möglich. In diesem Fall beträgt die Frist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Monat. Darüber hat der Beklagte jedoch nicht belehrt.
21
e) Die Widerrufsfrist beginnt entgegen der beanstandeten Widerrufsbelehrung des Beklagten auch nicht "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung". Denn die vom Beklagten gegebene Belehrung erfüllt gerade nicht die Voraus- setzungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB. In dieser Hinsicht ist die Belehrung des Beklagten daher ebenfalls unrichtig. Dementsprechend ist es unerheblich, ob der verwendete Text dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV entspricht.
22
3. Die vorstehend unter II 2 genannten Bestimmungen stellen Vorschriften dar, die i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (vgl. BGH, Urt. v. 20.7.2006 - I ZR 228/03, GRUR 2007, 159 Tz. 30 = WRP 2006, 1507 - Anbieterkennzeichnung im Internet; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.170; Münchkomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 301; Harte/Henning/v. Jagow aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 80-82; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rdn. 11/75-11/77; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 178 f. und 186-188; Fezer/Götting, UWG 2. Aufl., § 4-11 Rdn. 156). Sie bestimmen, unter welchen Bedingungen ein Verbraucher einen Fernabsatzvertrag widerrufen kann und in welcher Weise er bereits vor Vertragsschluss hierüber zu informieren ist.
23
4. Das Landgericht hat mit Recht auch angenommen, dass das Verhalten des Beklagten geeignet ist, den Wettbewerb i.S. des § 3 UWG 2004 zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen. Die Anwendung der heute geltenden Spürbarkeitsbestimmungen (§ 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 UWG 2008) führt zu keinem anderen Ergebnis.
24
Unzutreffende Widerrufsbelehrungen begründen die Gefahr, dass der die Rechtslage nicht überblickende Verbraucher in der irrigen Annahme, die Frist sei bereits verstrichen, davon absieht, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen (BGHZ 121, 52, 57 f. - Widerrufsbelehrung I; BGH, Urt. v. 16.11.1995 - I ZR 175/93, WRP 1996, 202, 204 - Widerrufsbelehrung II). Dem Verbraucher werden durch diese Vorgehensweise Informationen vorenthalten, die er für seine geschäftliche Entscheidung benötigt (vgl. BGH, Urt. v. 4.7.2002 - I ZR 55/00, GRUR 2002, 1085, 1088 = WRP 2002, 1263 - Belehrungszusatz zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.; OLG Frankfurt a.M. GRUR-RR 2007, 56, 57; OLG Hamburg WRP 2007, 1498, 1501; Fezer/Fezer aaO § 3 Rdn. 113; Köhler in Köhler /Bornkamm aaO § 3 Rdn. 149; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 301). Es kommt hinzu, dass die Belehrung des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen über sein Widerrufsrecht, die ihre gemeinschaftsrechtliche Grundlage in Art. 4 der Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz hat, eine Information darstellt, die gemäß Art. 7 Abs. 5 i.V. mit Anhang II der Richtlinie 2005/29/EG, § 5a Abs. 4 UWG 2008 als wesentlich gilt. Gegen die Annahme einer nur unerheblichen Beeinflussung des Wettbewerbs i.S. des § 3 UWG 2004 bzw. einer fehlenden Spürbarkeit des Verstoßes i.S. des § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG 2008 spricht im Streitfall zudem der Umstand, dass der Beklagte nicht lediglich die gebotene Belehrung unterlassen, sondern eine Belehrung erteilt hat, in der die Reichweite des Widerrufsrechts des Verbrauchers unzutreffend dargestellt war und diese unrichtige Information geeignet war, dem Verbraucher insofern zu schaden, als sie ihn von der Ausübung eines ihm zustehenden Rechts zur Lösung vom Vertrag abhalten konnte.
25
5. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt auch, dass der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Abmahnkosten § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG gerechtfertigt ist.
26
III. Die Revision des Beklagten ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Koch Bergmann
Vorinstanz:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.02.2008 - 16 O 465/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 82/10 Verkündet am:
1. Dezember 2010
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 312d Abs. 1, § 355 Abs. 2 in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung;
BGB-InfoV §§ 14, 16 in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung

a) Dem Unternehmer ist eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das
Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März
2008 geltenden Fassung (BGBl. I 2004 S. 3102) jedenfalls dann verwehrt, wenn
der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher für die Widerrufsbelehrung kein
Formular verwendet hat, das der Musterbelehrung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1
und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung vollständig entspricht (im Anschluss
an BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12; Senatsurteil
vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 zur Belehrung
über das Rückgaberecht).

b) Die vom Unternehmer verwendete Widerrufsbelehrung darf zwar gemäß § 14
Abs. 3 BGB-InfoV in Format und Schriftgröße von der Musterbelehrung abweichen
, muss aber - auch bei Verwendung des Textes der Musterbelehrung - deutlich
gestaltet sein (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB).
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10 - LG Gießen
AG Gießen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball und die Richter
Dr. Frellesen, Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 24. Februar 2010 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger bestellte am 26. Januar 2007 bei der Beklagten über deren Website einen Computer zum Gesamtpreis von 1.866,45 €. Nachdem der Kläger Vorkasse geleistet hatte, lieferte die Beklagte den Computer am 14. Februar 2007 an den Kläger aus. Die der Warensendung beigefügte Rechnung enthält unter der Überschrift "Widerrufsrecht" eine Widerrufsbelehrung, in der es unter anderem heißt: "Verbraucher können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung."
2
Nachdem der Kläger Mängelrügen erhoben und den Computer mehrmals an die Beklagte zurückgesandt hatte, trat er am 18. Juli 2007 per E-Mail vom Vertrag zurück. Mit Anwaltsschreiben vom 30. Juli 2007 erklärte er hilfsweise den Widerruf des Vertrages.
3
Mit seiner Klage begehrt der Kläger Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.866,45 € nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,55 €. Das Amtsgericht hat der Klage zunächst durch Versäumnisurteil stattgegeben. Auf den Einspruch der Beklagten hat das Amtsgericht das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und das Versäumnisurteil des Amtsgerichts in Höhe von 1.866,45 € nebst Zinsen aufrechterhalten. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des die Klage vollständig abweisenden erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der Kläger habe Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.866,45 €, da er seine auf Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen habe. Ihm stehe diesbezüglich ein Widerrufsrecht gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB zu, weil es sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinne dieser Vorschrift handele.
7
Der Widerruf sei nicht gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB verfristet. Zwar habe der Kläger den Vertrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Ware widerrufen. Dies sei jedoch unerheblich, da die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung der Beklagten nicht zu laufen begonnen habe. Die von der Beklagten verwendete Klausel enthalte keinen ausreichenden Hinweis auf den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist und trage damit nicht den gesetzlichen Anforderungen Rechnung, die an eine Belehrung gestellt würden. Die Belehrung sei nicht unmissverständlich und auch nicht umfassend. Der Verbraucher könne der Klausel wegen des verwendeten Worts "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhänge, werde jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handele.
8
Dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten inhaltlich der damals geltenden , inzwischen mit Wirkung vom 1. April 2008 hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist geänderten Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entspreche , führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn die auf der Ermächtigung in Art. 245 EGBGB beruhende Verordnung alter Fassung halte sich nicht in den Grenzen der Verordnungsermächtigung und sei daher nichtig. Art. 245 EGBGB gestatte keine den Verbraucher benachteiligenden Abweichungen von den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Verordnung müsse daher den Grundanforderungen des § 355 Abs. 2 BGB genügen. Sie entspreche aber nicht diesen gesetzlichen Anforderungen.

II.

9
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die Beklagte ist gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger den gezahlten Kaufpreis für den Computer zurückzuzahlen, weil der Kläger seine auf Abschluss des Fernabsatzvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen , dass der Kläger den Widerruf rechtzeitig erklärt hat, weil die Widerrufsfrist von zwei Wochen mangels ordnungsgemäßer Belehrung des Klägers über deren Beginn noch nicht zu laufen begonnen hatte.
10
Im Revisionsverfahren ist nur noch im Streit, ob die dem Kläger mit der Rechnung erteilte Belehrung über das Widerrufsrecht den Lauf der Frist in Gang gesetzt hat. Das ist nicht der Fall.
11
1. Durch Art. 1 Nr. 7 - 13 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie , des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355; im Folgenden: VerbrKrRL-UG) sind die Bestimmungen der §§ 355 ff. BGB über das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Verbraucherverträgen geändert worden. Diese Änderungen sind am 11. Juni 2010 - nach Erlass des Berufungsurteils - in Kraft getreten (Art. 11 Abs. 1 VerbrKrRL-UG). Darüber hinaus sind zu diesem Zeitpunkt § 14 BGB-InfoV und die in den Anlagen 2 und 3 zu § 14 BGB-InfoV geregelten Muster für die Belehrungen über das Widerrufs- und das Rückgaberecht aufgehoben worden (Art. 9 Nr. 4 VerbrKrRL-UG). Auf das vorliegende Vertragsverhältnis finden das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung jedoch noch in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB). Gemäß § 16 BGB-InfoV ist für die Beurteilung der von der Beklagten am 14. Februar 2007 erteilten Widerrufsbelehrung das bis zum 31. März 2008 geltende Muster für die Belehrung über das Widerrufsrecht maßgebend.
12
2. Die Revision stellt nicht in Frage, dass diese Belehrung hinsichtlich des Beginns der Frist nach der Rechtsprechung des Senats unzureichend ist und deshalb den Lauf der Frist nicht gemäß § 355 Abs. 2 BGB in Gang setzen konnte. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Formulierung "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig belehrt, weil sie nicht umfassend ist. Der Verbraucher kann der Verwendung des Wortes "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 Rn. 13, 15). Das gilt auch im vorliegenden Fall.
13
3. Die Revision meint aber, dass die Widerrufsfrist gleichwohl zu laufen begonnen habe, weil die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung entsprochen habe und sich die Beklagte deshalb auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Das trifft nicht zu.
14
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, dass das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) nichtig sei, weil die damalige Fassung der Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entsprochen habe. Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (BGBl I 2004 S. 3102) ist der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil die Beklagte gegenüber dem Kläger für die Widerrufsbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung vollständig entspricht (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO Rn. 20, zur Belehrung über das Rückgaberecht; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12).
15
a) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt die Belehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGBInfoV in Textform verwandt wird. Dafür reicht es nicht aus, dass die von der Beklagten verwendete Belehrung, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist mit der entsprechenden Formulierung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des Musters für die Widerrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV wörtlich übereinstimmt. Auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV könnte sich die Beklagte nur berufen, wenn sie ein Formular verwendet hätte, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vollständig entsprochen hätte (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, aaO). Das hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist auch nicht der Fall. Auch die Revision macht dies nicht geltend. Sie meint nur, dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten inhaltlich dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen Fassung entsprochen habe und die Abweichungen in der äußeren Gestaltung der Widerrufsbelehrung vom Muster unerheblich seien. Das trifft nicht zu. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entspricht, wie der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann, weder inhaltlich noch insbesondere in ihrer äußeren Gestaltung dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung.
16
b) Die Widerrufsbelehrung der Beklagten stimmt schon inhaltlich nicht vollständig mit dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV überein. Es fehlen die im Muster vorgeschriebene Überschrift "Widerrufsbelehrung" und die die Belehrung gliedernden Zwischenüberschriften "Widerrufsrecht", "Widerrufsfolgen" und "finanzierte Geschäfte". Stattdessen enthält die Widerrufsbelehrung der Beklagten nur die einzige Überschrift "Widerrufsrecht". Durch diese Überschrift wird verschleiert, dass der Verbraucher nicht nur ein Widerrufsrecht hat, sondern auch erhebliche Pflichten im Falle der Ausübung dieses Rechts. Die Belehrung wendet sich auch nicht, wie es das Muster vorsieht, konkret an den Adressaten der Belehrung ("Sie"), sondern ist abstrakt formuliert ("Verbraucher" ), ohne den Rechtsbegriff "Verbraucher" zu erläutern. Schließlich fehlt in der Belehrung über das Widerrufsrecht für finanzierte Geschäfte der zweite Satz des Gestaltungshinweises 9 der Musterbelehrung.
17
Vor allem aber genügt die Widerrufsbelehrung der Beklagten in ihrer äußeren Gestaltung weder den gesetzlichen Anforderungen noch der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der für den Vertragsschluss maßgeblichen Fassung. Zwar darf die vom Unternehmer verwendete Widerrufsbelehrung in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen (§ 14 Abs. 3 BGB-InfoV). Dies ändert aber nichts daran, dass die Widerrufsbelehrung - auch bei Verwendung des Textes der Musterbelehrung - "deutlich gestaltet" sein muss (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Diesem Deutlichkeitsgebot genügt die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung - anders als die Musterbelehrung - nicht annähernd.
18
Durch das Fehlen der in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Überschrift "Widerrufsbelehrung" wird für den Verbraucher schon nicht hinreichend deutlich, dass die kleingedruckten Ausführungen unter der Überschrift "Widerrufsrecht" eine für den Verbraucher wichtige Belehrung enthalten, und zwar nicht nur über sein Widerrufsrecht, sondern auch über die mit der Ausübung des Rechts verbundenen Pflichten.
19
Darüber hinaus ist die Widerrufsbelehrung der Beklagten für einen durchschnittlichen Verbraucher nur mit großer Mühe lesbar, weil die Schrift extrem klein ist und jegliche Untergliederung des Textes fehlt. Es fehlen nicht nur die in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Zwischenüberschriften, sondern auch jegliche Absätze. So wird insbesondere nicht deutlich, dass sich unter der Überschrift "Widerrufsrecht" auch Ausführungen zu den Widerrufsfolgen und zu finanzierten Geschäften verbergen und an welcher Textstelle die betreffenden Ausführungen beginnen und enden. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Widerrufsbelehrung insgesamt in einer der Musterbelehrung entsprechenden Weise deutlich gestaltet wäre; diese gilt insbesondere im Hinblick auf die Informationen über die für den Verbraucher nachteiligen Widerrufsfolgen.
20
Damit weicht die Widerrufsbelehrung der Beklagten insbesondere in ihrer äußeren Gestaltung so erheblich von den gesetzlichen Anforderungen und dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung ab, dass nicht festgestellt werden kann, die Beklagte hätte ein Formular verwendet, das diesem Muster vollständig entspricht. Ball Dr. Frellesen Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Gießen, Entscheidung vom 28.04.2009 - 43 C 1798/07 -
LG Gießen, Entscheidung vom 24.02.2010 - 1 S 202/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 103/10 Verkündet am:
2. Februar 2011
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
2010 geltenden Fassung;
BGB-InfoV §§ 14, 16 in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung

a) Eine Widerrufsbelehrung, die den Verbraucher bei einem Haustürgeschäft nicht
über die gegenseitige Pflicht zur Herausgabe gezogener Nutzungen belehrt, genügt
nicht den Anforderungen des § 312 Abs. 2 BGB an eine Belehrung über die
Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB.

b) Entbehrlich ist eine Belehrung über die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB
nur dann, wenn der Eintritt dieser Rechtsfolgen nach der konkreten Vertragsgestaltung
tatsächlich ausgeschlossen ist.
BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10 - OLG Frankfurt in Kassel
LG Kassel
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. April 2010 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 22. April 2009 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte und seine Ehefrau bestellten bei der Klägerin am 31. Mai 2007 bei einem unaufgeforderten Besuch eines Handelsvertreters der Klägerin eine Einbauküche zum Kaufpreis von 17.200 €. Eine Anzahlung von 5.200 € war bis zum 15. Februar 2008 zu entrichten; der Restbetrag sollte bei der für Mai 2008 vorgesehenen Montage bar bezahlt werden.
2
Im Bestellformular heißt es in einem eingerahmten und von dem übrigen Text abgesetzten Feld unterhalb der Unterschriftenleiste unter anderem: "Widerrufsbelehrung Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Ware innerhalb von zwei Wochen widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit dem Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Ware. (...) Widerrufsfolgen Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind bereits empfangene Leistungen zurückzugewähren. Finanzierte Geschäfte (...)"
3
Die Klägerin bestätigte den Auftrag mit Schreiben vom 20. Juni 2007. Der Beklagte und seine Ehefrau widerriefen mit Anwaltsschreiben vom 22. November 2007 ihre Vertragserklärungen.
4
Die Klägerin fordert mit ihrer Klage pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 30 % des Gesamtpreises, mithin 5.160 €, nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 459,40 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben. Der Beklagte erstrebt mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Klägerin habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1, Abs. 3, § 281 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Ziff. 9 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zwischen den Parteien sei ein Vertrag über die Lieferung näher bezeichneter Küchenmöbel nebst Montage zustande gekommen. Die Beklagten hätten ihre Vertragserklärungen nicht wirksam widerrufen. Das Anwaltsschreiben vom 22. November 2007 habe nicht die Widerrufsfrist von zwei Wochen gewahrt. Die von der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung genüge den gesetzlichen Anforderungen.
8
Zwar werde nur darauf hingewiesen, dass bereits empfangene Leistungen zurückzugewähren seien, nicht aber auch gezogene Nutzungen herauszugeben seien. Dieses Versäumnis mache die Belehrung aber nicht unwirksam. Eine Belehrung müsse sich nur darauf erstrecken, was nach der konkreten Vertragsgestaltung in Frage kommen könne. Der Beklagte habe zwar eine Anzahlung zu leisten gehabt, allerdings erst acht Monate nach Ablauf der Widerrufsfrist. Schon deshalb habe sich die Frage, ob im Falle eines Widerrufs Nutzungen herauszugeben seien, nicht stellen können. Dafür, dass der Beklagte die Anzahlung bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist geleistet hätte, gebe es keinen Anhaltspunkt. Ein solches völlig untypisches Verhalten habe die Klägerin bei der Abfassung der Belehrung außer Acht lassen dürfen.
9
Die Widerrufsbelehrung verstoße auch nicht hinsichtlich der Formulierung , dass die Frist "frühestens" mit Erhalt der Belehrung beginne, gegen das Deutlichkeitsgebot. Der Verordnungsgeber habe in dem im Jahr 2007 gültigen Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV dieselbe Formulierung gewählt. Einen anderen Anknüpfungspunkt für den Fristbeginn als den Erhalt der Belehrung gebe es nicht. Die Überlegung, die Widerrufsfrist könne erst mit Anzahlung oder gar Lieferung der Küche beginnen, verbiete sich, weil es in der Widerrufsbelehrung hierauf keinen Hinweis gebe.
10
Mit der verfristeten Ausübung des Widerrufs und der Ablehnung der Vertragserfüllung habe der Beklagte seine Pflichten aus dem Vertragsverhältnis verletzt, so dass die Klägerin gemäß Ziff. 9 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen Schadensersatz in Höhe von 30 % des vereinbarten Preises verlangen könne; diese Regelung verstoße nicht gegen § 309 Nr. 5 BGB. Zinsen und vorgerichtliche Anwaltskosten schulde der Beklagte, weil er in Verzug geraten sei.

II.

11
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280, 281 BGB) nicht zu, weil der Beklagte und seine Ehefrau ihre auf den Abschluss eines Kaufvertrages über die Einbauküche gerichteten Vertragserklärungen vom 31. Mai 2007 mit dem Anwaltsschreiben vom 22. November 2007 wirksam widerrufen haben. Der Widerruf war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verfristet. Denn die Zweiwochenfrist für den Widerruf hatte zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht zu laufen begonnen, weil der Beklagte und seine Ehefrau über ihr Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden waren. Die in dem Bestellformular abgedruckte Widerrufsbelehrung genügte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht den gesetzlichen Anforderungen.
12
1. Auf das vorliegende Vertragsverhältnis finden das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung noch in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB). Gemäß § 16 BGB-InfoV ist für die Beurteilung der von der Beklagten am 31. Mai 2007 erteilten Widerrufsbelehrung das bis zum 31. März 2008 geltende Muster für die Belehrung über das Widerrufsrecht maßgebend.
13
2. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die im Bestellformular abgedruckte Widerrufsbelehrung sowohl hinsichtlich des Beginns der Frist als auch hinsichtlich der Widerrufsfolgen nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und deshalb den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang setzte (§ 355 Abs. 2 BGB).
14
a) Der Senat hat bereits entschieden, dass die Formulierung "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig belehrt, weil sie nicht umfassend ist. Der Verbraucher kann der Verwendung des Wortes "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt (Senatsurteile vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 Rn. 13, 15; vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 12). Das gilt auch im vorliegenden Fall.
15
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. Januar 2009 (XI ZR 118/08, NJW-RR 2009, 709) nichts anderes. Diese Entscheidung betraf eine Widerrufsbelehrung mit einem - von der Klägerin hier nicht verwendeten - Zusatz über den hinausgeschobenen Beginn der Widerrufsfrist ("jedoch nicht bevor ….").
16
b) Hinzu kommt, dass die von der Klägerin erteilte Belehrung hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist nicht nur unvollständig, sondern auch irreführend ist. Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt nach der Widerrufsbelehrung ein anderer Anknüpfungspunkt als der Erhalt der Belehrung für den Fristbeginn durchaus in Betracht. Nach dem ersten Satz der Belehrung sollte der Widerruf nämlich nicht nur in Textform, sondern auch durch "Rücksendung der Ware" erfolgen können; dementsprechend heißt es im dritten Satz der Belehrung, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerrufs "oder der Ware" genüge. Aufgrund dieser weiteren Hinweise legt die Formulierung über den Fristbeginn im zweiten Satz der Belehrung für den Verbraucher das Missverständnis nahe, dass die Widerrufsfrist zwar "frühestens" mit Erhalt der Belehrung beginne, möglicherweise aber auch erst mit Lieferung der Ware, im vorliegenden Fall also der Küchenmöbel. Auf die Lieferung der Ware kommt es jedoch für den Fristbeginn bei dem hier vorliegenden Haustürgeschäft (§ 312 BGB) - anders als bei einem Fernabsatzvertrag (§ 312d Abs. 2 BGB) - gemäß § 355 Abs. 2 BGB nicht an.
17
c) Auch hinsichtlich der Widerrufsfolgen ist die von der Klägerin erteilte Belehrung unzureichend. Sie enthält entgegen § 312 Abs. 2 BGB nur einen unvollständigen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 BGB. Es fehlt, wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, die Belehrung über die gegenseitige Pflicht zur Herausgabe gezogener Nutzungen (§ 357 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB), zum Beispiel von Zinsen auf den gezahlten Kaufpreis oder eine geleistete Anzahlung. Ein solcher Hinweis war nicht deshalb entbehrlich, weil nach der konkreten Vertragsgestaltung, wie das Berufungsgericht gemeint hat, alle Leistungen - auch die Anzahlung seitens des Beklagten - erst nach Ablauf der Widerrufsfrist zu erbringen gewesen wären und deshalb eine Herausgabe von Nutzungen nicht habe in Betracht kommen können. Letzteres trifft nicht zu.
18
Zum einen war der Beklagte berechtigt, die Anzahlung bereits vor dem festgelegten Fälligkeitstermin und damit auch vor Ablauf der Widerrufsfrist zu entrichten. Dies ergibt sich nicht nur aus § 271 Abs. 2 BGB, sondern auch aus der Formulierung im Bestellformular ("bis zum 15. Februar 2008"). Ob ein solches Verhalten des Beklagten nahelag, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unerheblich.
19
Zum anderen kommt es nicht darauf an, ob vertragliche Leistungen nach der von der Klägerin beabsichtigten Vertragsgestaltung vor Ablauf der Widerrufsfrist ausgeschlossen sein sollten, sondern ob sie nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung auch ausgeschlossen waren. Das war hier nicht nur im Hinblick auf die Anzahlung des Beklagten nicht der Fall, sondern auch hinsichtlich der weiteren Leistungen, die nach dem Vertrag geschuldet waren. Denn da es, wie ausgeführt, schon an einer gesetzmäßigen Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist fehlte, hätte der Beklagte den Widerruf auch noch nach beiderseitiger Erfüllung des Vertrages erklären können. Eine vollständige Belehrung über die Widerrufsfolgen war deshalb entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entbehrlich. Im Übrigen geht die von der Klägerin verwendete Widerrufsbelehrung selbst davon aus, dass ein Leistungsaustausch vor Ablauf der Widerrufsfrist in Betracht kam; andernfalls hätte es nicht des in der Belehrung enthaltenen Hinweises bedurft, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs bereits empfangene Leistungen zurückzugewähren sind.
20
3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Widerrufsfrist jedenfalls deshalb mit der Bestellung am 31. Mai 2007 zu laufen begonnen habe, weil die im Bestellformular enthaltene Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung entsprochen habe. Das trifft nicht zu.
21
Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (BGBl. I 2004 S. 3102) ist der Klägerin verwehrt, weil sie gegenüber dem Beklagten für die Widerrufsbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung vollständig entspricht (vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, aaO Rn. 14; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO Rn. 20, zur Belehrung über das Rückgaberecht; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Auffassung der Revision zutrifft, dass das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) nichtig sei, weil die damalige Fassung der Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entsprochen habe.
22
a) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt die Belehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGBInfoV in Textform verwandt wird. Dafür reicht es nicht aus, dass die von der Klägerin verwendete Belehrung hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist mit der entsprechenden Formulierung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des Musters für die Widerrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV übereinstimmt. Auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV könnte sich die Klägerin nur berufen, wenn sie gegenüber dem Beklagten ein Formular verwendet hätte, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGBInfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vollständig entsprochen hätte (Senatsurteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, aaO Rn. 15; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, aaO). Das ist nicht der Fall.
23
Die Widerrufsbelehrung im Bestellformular der Klägerin entspricht, wie der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann, nicht dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung. Denn auf die Widerrufsfolgen wird nur unvollständig hingewiesen. Die damalige Musterbelehrung schreibt hinsichtlich der Widerrufsfolgen den in der Belehrung der Klägerin fehlenden Hinweis vor, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs auch "ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben" sind. Dieser Hinweis entfällt nach dem Gestaltungshinweis 5 der Musterbelehrung (nur) "bei Widerrufsrechten nach § 485 Abs. 1 BGB". Diese Ausnahme ist hier nicht einschlägig.
24
Die Klägerin kann sich auch nicht auf den Gestaltungshinweis 4 der Musterbelehrung berufen. Danach kann der Absatz über die Widerrufsfolgen ganz entfallen, wenn die beiderseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht werden oder aus anderen Gründen eine Rückabwicklung nicht in Betracht kommt. Dieser Gestaltungshinweis greift hier nicht ein, weil er unter bestimmten Voraussetzungen zwar einen vollständigen Verzicht auf eine Belehrung über die Widerrufsfolgen gestattet, nicht aber eine - wie im Bestellformular der Klägerin geschehen - unvollständige Belehrung.

III.

25
Da die Revision Erfolg hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Aufgrund des wirksamen Widerrufs steht der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts ist daher zurückzuweisen. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Kassel, Entscheidung vom 22.04.2009 - 4 O 2360/08 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 14.04.2010 - 15 U 104/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 349/10 Verkündet am:
28. Juni 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 355 Abs. 2 Satz 2 (in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 2002)
HWiG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Sätze 3 und 4 (in der Fassung der Bekanntmachung
vom 16. Januar 1986)
BGB-InfoV § 14 Abs. 1 und 3 (in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August
2002)
BGB-InfoV Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 (in der Fassung der Bekanntmachung vom
5. August 2002)

a) Verwendet der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher für die Nachbelehrung
ein Formular, das textliche Abweichungen gegenüber der Musterbelehrung der
Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der Fassung der Zweiten Verordnung
zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 1. August 2002
(BGBl. I S. 2958) enthält, ist ihm eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV
in der damaligen Fassung schon aus diesem Grunde verwehrt (Anschluss an
BGH, Urteile vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 und
vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21).

b) Zu den gesetzlichen Anforderungen an eine Nachbelehrung (Bestätigung des Senatsurteils
vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 26 und des
Senatsbeschlusses vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 10).
BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 - OLG Jena
LG Gera
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers sowie die Richter
Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 28. September 2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger begehren die Feststellung, aus einem Darlehen, das ihnen die beklagte Bank zur Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat, zu keinen Zahlungen mehr verpflichtet zu sein. Darüber hinaus verlangen sie die Rückabtretung von sicherungshalber abgetretenen Ansprüchen aus Lebensversicherungsverträgen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
2
Die Kläger wurden im Jahre 1994 von einem Vermittler geworben, sich an dem " Immobilien-Fonds Nr. " (G. GbR ) - im Folgenden: Fondsgesellschaft - zu beteiligen. Mit dem Vermittler hatten sie eine vom 3. Dezember 1994 datierende "Wirtschaftsberater-Servicevereinbarung" geschlossen. Mit notariell beurkundeter Beitrittserklärung vom 13. Dezember 1994 erklärten sie den Eintritt in die Fondsgesellschaft mit einer drei Fondsanteilen entsprechenden Kapitalbeteiligung von 91.950 DM. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen sie am 13./20. Dezember 1994 mit der Beklagten einen formularmäßigen Darlehensvertrag über 105.720 DM, der eine Widerrufsbelehrung mit unter anderem folgendem Inhalt enthielt: "Hat der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen, gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn er das Darlehen nicht binnen zweier Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt."
3
Zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs traten die Kläger ihre Rechte aus zwei Lebensversicherungsverträgen an die Beklagte ab und verpfändeten zudem ihre Geschäftsanteile an der Fondsgesellschaft.
4
Nach Ablauf der Zinsbindungsfrist aus dem Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 vereinbarten die Parteien unter dem 12. Oktober/ 15. Dezember 2004 einen geänderten Zinssatz für die Zeit ab dem 1. Januar 2005. Bereits am 16. Dezember 2003 hatten die Kläger eine ihnen von der Beklagten zugeleitete "Nachträgliche Widerrufsbelehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht nach §§ 312, 355 BGB" unterzeichnet, die unter anderem lautet: "Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von einem Monat ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (…) Widerrufsfolgen (…) Finanzierte Geschäfte Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. (…). Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert , gilt Folgendes: Wenn Sie diese Sache im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht zurückgeben können, haben Sie dafür ggf. Wertersatz zu leisten. (…) Nicht paketversandfähige Ware wird bei Ihnen abgeholt. (…)."
5
Mit Anwaltsschreiben vom 20. Juni 2008 widerriefen die Kläger den "Darlehensvertrag" unter anderem nach dem Haustürwiderrufsgesetz.
6
Mit ihrer Klage machen sie geltend, in einer Haustürsituation durch den Vermittler zum kreditfinanzierten Erwerb der Fondsbeteiligung bestimmt worden zu sein. Weder die ursprüngliche Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 noch die von ihnen am 16. Dezember 2003 unterzeichnete nachträgliche Belehrung entsprächen den gesetzlichen Anforderungen, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Ihre Widerrufserklärung sei daher nicht verfristet. Darüber hinaus tragen sie vor, durch evident falsche Angaben zu den Flächen und den Mieterträgen des Fondsobjekts, zur Innenprovision sowie zur Mietgarantiegebühr getäuscht worden zu sein, weshalb ihnen ein Schadensersatzanspruch zustehe, den sie auch der Beklagten entgegen halten könnten.
7
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Vermittlers, des Zeugen O. , der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist unbegründet.

I.

9
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Die Kläger hätten ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen wirksam mit Anwaltsschreiben vom 20. Juni 2008 widerrufen. Zu diesem Widerruf seien sie nach §§ 1 HWiG, 312, 355 BGB berechtigt gewesen, da sie - wie das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zutreffend und ohne Beweiswürdigungsfehler festgestellt habe - in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden seien. Insoweit reiche es aus, dass die in der Privatwohnung der Kläger geführten mündlichen Verhandlungen für den späteren Abschluss des Darlehensvertrages mitursächlich gewesen seien, auch wenn der Vertrag selbst nicht in der Wohnung unterzeichnet worden sei und anlässlich des ersten Besuchstermins des Vermittlers in der Wohnung der Kläger auch die Fondsbeteiligung nicht unterzeichnet worden sei. Der geringe zeitliche Abstand von 10 Tagen zwischen der Vorstellung des Fonds Nr. bei den Klägern und dem von ihnen am 13. Dezember 1994 unterzeichneten Darlehensvertrag indiziere das Fortwirken der Haustürsituation für den Abschluss des Darlehensvertrages.
Demgegenüber habe der von den Klägern am 3. Dezember 1994 unterzeichnete Wirtschaftsberater-Servicevertrag für die Frage des Fortwirkens der Haustürsituation ebenso wenig Bedeutung wie der Zeitpunkt, zu dem die Kläger aufgrund des vorgenannten Servicevertrages neue Kraftfahrt- und Unfallversicherungen abgeschlossen hätten. Auch eine vorhergehende Bestellung zu Vertragsverhandlungen durch die Kläger könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht als bewiesen angesehen werden. Hierzu reiche ein allgemeines Interesse an einem Hausbesuch auch dann nicht aus, wenn der Besuch - wie vorliegend - zum Zwecke der allgemeinen Information erfolgen solle. Zudem stehe aufgrund der Aussage des Zeugen O. fest, dass dem ersten Termin in der Wohnung der Kläger keine konkrete Abrede vorausgegangen sei, worum es bei diesem Termin gehen sollte.
11
Im Ergebnis zutreffend habe das Landgericht darüber hinaus die Widerrufserklärung der Kläger vom 20. Juni 2008 nicht für verfristet erachtet, da mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe.
12
Die den Klägern am 16. Dezember 2003 erteilte nachträgliche Widerrufsbelehrung sei aus mehreren Gründen fehlerhaft und daher nicht geeignet gewesen, die einmonatige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB in Lauf zu setzen. Zwar sei gemäß § 355 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB eine Nachbelehrung auch für einen Altvertrag, der - wie vorliegend - aus der Zeit vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes stamme, möglich gewesen. Die tatsächlich erteilte Nachbelehrung sei aber aus mehreren Gründen nicht wirksam erfolgt.
13
Bereits das Landgericht habe, wenn auch nur im Ergebnis zutreffend, angenommen, dass die nachträgliche Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Frist- beginns fehlerhaft sei. Die Fehlerhaftigkeit folge zwar noch nicht daraus, dass aus der Belehrung die Wirkung des § 187 Abs. 1 BGB nicht hervorgehe, wonach eine Frist, für deren Anfang auf ein Ereignis abzustellen sei, frühestens am folgenden Tage beginne. Wenngleich der Inhalt einer Widerrufsbelehrung nicht nur zutreffend, sondern auch unmissverständlich sein und den Fristbeginn umfassen müsse, dürften an die Belehrung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Als ausreichend sei es anzusehen, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benenne, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöse, das heißt hier die Aushändigung der Belehrung in Textform. Eine zusätzliche Belehrung über den Inhalt der § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB sei nicht erforderlich.
14
Allerdings sei die Formulierung in der nachträglichen Widerrufsbelehrung vom 16. Dezember 2003 hinsichtlich der notwendigen Belehrung über das den Fristbeginn auslösende Ereignis insoweit zu ungenau, als es dort heiße, die Frist beginne "frühestens" mit Erhalt der Belehrung in Textform. Diese Formulierung sei zu ungenau, um dem Verbraucher den Fristbeginn deutlich vor Augen zu führen, da hieraus nicht entnommen werden könne, dass die Widerrufsfrist hier nicht nur "frühestens" an dem betreffenden Tag zu laufen beginne, sondern der Fristenlauf tatsächlich ausnahmslos mit dem Erhalt der Belehrung in Gang gesetzt werden solle. Soweit die Beklagte sich in diesem Zusammenhang für ihren gegenteiligen Standpunkt auf verschiedene höchst- und obergerichtliche Entscheidungen berufe, stünden diese den dargelegten Bedenken nicht entgegen , weil sie sämtlich mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar seien.
15
Die nachträgliche Widerrufsbelehrung vom 16. Dezember 2003 sei aber auch noch aus anderen Gründen unwirksam. So fehle es an dem nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis, dass die Frist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde , sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB sei gemäß Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB auf die vom 16. Dezember 2003 datierende Nachbelehrung anwendbar. Außerdem folge die Fehlerhaftigkeit der Nachbelehrung daraus, dass die Kläger darin entgegen § 358 Abs. 5 BGB nicht auf die sich aus § 358 Abs. 1 BGB ergebenden Widerrufsfolgen hingewiesen worden seien. Vorliegend seien die Kläger nur darüber belehrt worden, dass der Widerruf der Darlehensvertragserklärung zu einer Beendigung der Bindung an den Beitrittsvertrag führe, nicht aber auch umgekehrt darüber, dass ein wirksamer Widerruf der Beitrittserklärung die Bindung an das Darlehen beende.
16
Die den Klägern ursprünglich bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 13. Dezember 1994 erteilte Widerrufsbelehrung habe ebenfalls keine Widerrufsfrist in Lauf gesetzt. Die darin enthaltene Belehrung, wonach dann, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen habe, der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn er das Darlehen nicht binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahle, enthalte einen nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG unzulässigen und unrichtigen Zusatz.
17
Da es mithin insgesamt an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung gegenüber den Klägern fehle, sei die Widerrufsfrist niemals wirksam in Lauf gesetzt worden.
18
Dabei werde nicht verkannt, dass die den Klägern am 16. Dezember 2003 erteilte nachträgliche Widerrufsbelehrung wörtlich der unter Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV abgedruckten Musterbelehrung in der im Jahre 2003 geltenden Fassung entsprochen habe und § 14 BGB-InfoV eine Fiktion dahingehend enthalte , dass die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs genüge, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt werde. Dies könne aber nicht gelten, wenn die Musterbelehrung, wie auch hier, hinter den Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückbleibe. Wenngleich der Vertrauensschutz des die Musterbelehrung Verwendenden, hier also der Beklagten, Berücksichtigung verdiene, dürfe sich dies nicht zu Lasten des Verbrauchers auswirken, was aber der Fall sei, wenn eine tatsächlich unzutreffende Widerrufsbelehrung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten als zutreffend fingiert werde. Denn auch das - umgekehrte - Vertrauen des Verbrauchers darauf , dass die gesetzlichen Vorgaben nicht durch den Verordnungsgeber herabgesetzt werden könnten, sei gleichermaßen schützenswert. Insoweit sei der auch in anderen Teilen der Rechtsprechung sowie im Schrifttum vertretenen Auffassung zu folgen, dass der Verordnungsgeber keine Ermächtigung zur Abänderung der Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs als höherrangigem Recht besitze. Soweit die Musterbelehrung hinter den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückbleibe, sei sie deshalb wegen Überschreitens der Ermächtigungsgrundlage nichtig. Vertrauensschutz in Bezug auf eine höherrangiges Recht verletzende Norm könne nicht bestehen.

II.

19
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.
20
1. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Kläger i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (jetzt § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB) in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden sind. Das angefochtene http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 10 - Urteil beruht insoweit weder auf einer Gehörsverletzung (Art. 103 Abs. 1 GG) noch auf einer unzureichenden Berücksichtigung des Prozessstoffs (§ 286 ZPO).
21
a) Erfolglos rügt die Revision, das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Kausalitätserwägungen außer Acht gelassen, dass auf der Grundlage der Bekundungen des vom Landgericht vernommenen Zeugen O. bereits vor dem 3. Dezember 1994 ein (erster) Hausbesuch des Vermittlers erfolgt sein müsse, auf den hinsichtlich des Fortwirkens der Haustürsituation abzustellen sei, zu dessen Zeitpunkt indes die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nicht näher vorgetragen hätten.
22
aa) Ein Widerrufsrecht im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG setzt voraus, dass der Kunde durch mündliche Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluss jedenfalls mit ursächlich ist. Es reicht aus, dass der Kunde durch die Kontaktaufnahme in der Privatwohnung in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG und der Vertragserklärung ist nicht erforderlich, indiziert aber die Ursächlichkeit der Haustürsituation für den späteren Vertragsschluss. Die Indizwirkung für die Kausalität nimmt allerdings mit zunehmendem zeitlichem Abstand ab und kann nach einer gewissen Zeit ganz entfallen. Welcher Zeitraum hierfür erforderlich ist und welche Bedeutung möglicherweise auch anderen Umständen , insbesondere dem nicht erfolgten Widerruf der auf den Fondsbeitritt gerichteten Willenserklärung im Rahmen der Kausalitätsprüfung zukommt, ist Sache der tatrichterlichen Würdigung des konkreten Einzelfalls, die in der Revisi- onsinstanz grundsätzlich nur beschränkt überprüft werden kann (Senatsurteile vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 17 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 18).
23
bb) Das Berufungsgericht ist danach mit Recht davon ausgegangen, dass für die Frage des Fortwirkens der Haustürsituation auf den - geringen - zeitlichen Abstand von lediglich zehn Tagen zwischen dem 3. Dezember 1994 einerseits und der Unterzeichnung des Darlehensantrags durch die Kläger am 13. Dezember 1994 andererseits abzustellen sei. Diese tatrichterliche Würdigung beruht insbesondere nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung.
24
(a) Allerdings hatte nach dem Vortrag in der Klageschrift der Kläger den ihm persönlich bekannten Zeugen O. im November 1994 bei einem Volksfest in Ge. zufällig getroffen. Der Zeuge habe bei dieser Gelegenheit erklärt, er berate "auch zum Steuern sparen", und vorgeschlagen, anlässlich eines Hausbesuchs bei den Klägern zu überprüfen, ob bei den bestehenden Anlagen und Versicherungen vielleicht Verbesserungen möglich seien. Während des kurz darauf telefonisch für den 3. Dezember 1994 vereinbarten Termins bei den Klägern zu Hause sei die Wirtschaftsberater-Servicevereinbarung unterzeichnet sowie unter anderem auf Vorschlag des Vermittlers ein Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung unterzeichnet worden, über die später die Rückzahlung des Darlehens habe erfolgen sollen. Nach Prüfung der Einkommensverhältnisse sei der Zeuge O. zum Thema "Steuern sparen" zu dem Ergebnis gekommen, dass man da "etwas machen" könne; unvermittelt habe er die Beteiligung an der Fondsgesellschaft durch Erwerb von drei Anteilen noch im Jahre 1994 vorgeschlagen. Am 13. Dezember 1994 sei zunächst der Darlehensvertrag nebst Abtretungserklärungen hinsichtlich der Lebensversicherungen in den Geschäftsräumen des Vermittlers unterzeichnet worden; hieran habe sich der Notartermin angeschlossen.
25
(b) Abweichend hiervon hat der Zeuge O. , worauf die Revision im Ausgangspunkt zu Recht hinweist, anlässlich seiner Vernehmung durch das Landgericht auf Vorhalt des vom 3. Dezember 1994 datierenden Antrags des Klägers auf Abschluss der fondsgebundenen Lebensversicherung bekundet, der betreffende Antrag sei zwar in der Tat an diesem Tage aufgenommen worden. Dann aber könne der 3. Dezember 1994 nicht der erste Termin bei den Klägern gewesen sein, da die Aufnahme solcher Anträge nicht anlässlich eines Ersttermins erfolgt sei. Vielmehr müsse der 3. Dezember 1994 der zweite Termin gewesen sein, dem ein erster Termin vorangegangen sein müsse, bei dem er eine Finanzdiagnose erstellt habe. Insgesamt habe es vor Abschluss des Darlehensvertrages in seinen - des Zeugen - Geschäftsräumen zwei Termine bei den Klägern zu Hause gegeben.
26
(c) Aus dieser Abweichung im Tatsächlichen gegenüber der Sachdarstellung der Kläger folgt jedoch entgegen der Auffassung der Revision nicht, dass für das Fortwirken der Haustürsituation auf den Abstand zwischen dem Darlehensvertragsschluss am 13. Dezember 1994 und dem in zeitlicher Hinsicht nicht weiter konkretisierten Ersttermin abzustellen ist.
27
Selbst wenn nämlich mit dem Zeugen O. davon auszugehen sein sollte , dass dem Termin vom 3. Dezember 1994 ein früherer Hausbesuch vorausgegangen war, so verbleibt es doch auch auf der Grundlage seiner Bekundungen dabei, dass er den streitgegenständlichen Fonds erstmals anlässlich des Hausbesuchs am 3. Dezember 1994 angesprochen hat. Der Zeuge hat ausdrücklich ausgeschlossen, bei dem ersten Termin den Klägern den Erwerb von Anteilen am Fonds vorgeschlagen zu haben; dies sei erst im zweiten Termin, der ebenfalls bei den Klägern zu Hause stattgefunden habe, geschehen. Beim ersten Termin habe er sich lediglich "alles Finanzielle angeschaut" und eine sogenannte Finanzdiagnose erstellt. Diesem ersten Termin sei keine konkrete Abrede, um was es hierbei detailliert gehen solle, vorausgegangen. Von der Firma Op. , für die er - der Zeuge - seinerzeit tätig gewesen sei und an die er die Finanzdiagnose weitergeleitet habe, sei dann die Mitteilung gekommen, dass ein Erwerb von Fondsanteilen durch die Kläger "machbar" sei, um ihnen Steuervorteile bzw. Mieteinnahmen zu verschaffen. Ausgehend hiervon hat das Berufungsgericht mit Recht für die Kausalität der Haustürsituation nicht auf einen etwaigen früheren Termin, sondern auf den Hausbesuch am 3. Dezember 1994 abgestellt, weil auch nach der Aussage des Zeugen O. - im Anschluss an noch völlig vage Erörterungen anlässlich des Ersttermins - erstmals bei dieser Gelegenheit konkrete Verhandlungen in Bezug auf eine bestimmte Beteiligung, nämlich den Fonds , stattfanden (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 23).
28
b) Entgegen der Auffassung der Revision bietet die Aussage des Zeugen O. auch keine Grundlage anzunehmen, dass dem Hausbesuch am 3. Dezember 1994 eine vorangehende Bestellung des Vermittlers i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG (jetzt § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB) durch die Kläger zugrunde lag, die zum Ausschluss des Widerrufsrechts führt. Eine vorhergehende Bestellung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn sie den Gegenstand der Verhandlung hinreichend konkret bezeichnet und sich auf eine bestimmte Art von Leistungen bezieht, damit der Verbraucher in der Lage ist, sich auf das Angebot des Unternehmers vorzubereiten und nicht der für "Haustürsituationen" typischen "Überrumpelungsgefahr" ausgesetzt wird (Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 348/07, WM 2008, 1593 Rn. 19; BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 218/09, WM 2010, 980 Rn. 15; jeweils mwN). Dass der Termin vom 3. Dezember 1994 "in dem Wissen, dass es nunmehr um eine Fondsanlageberatung gehen sollte" erfolgte, ist entgegen der Darstellung der Revision der Zeugenaussage gerade nicht zu entnehmen. Nach der Bekundung des Zeugen O. gab es vor dem von ihm geschilderten ersten Termin bei den Klägern http://www.juris.de/jportal/portal/t/1div/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1div/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001104305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 14 - - wenn überhaupt - eine allgemeine Abrede, dass "eine Steuerersparnis … untersucht" werden solle. Im ersten Termin hat der Zeuge sich seiner Aussage zufolge "alles Finanzielle angeschaut" und eine sogenannte Finanzdiagnose erstellt. Die Anregung, den Klägern den Erwerb von Anteilenam Fonds vorzuschlagen, wurde erst anschließend aufgrund der "Finanzdiagnose" von der Firma Op. gegenüber dem Zeugen ausgesprochen und von diesem sodann in dem Termin vom 3. Dezember 1994 in die Tat umgesetzt. Die Annahme, die Kläger hätten sich mit diesem Hausbesuch in der Gewissheit einverstanden erklärt, dass dabei der Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds, geschweige denn an dem konkret betroffenen Fonds , erörtert werden würde, liegt auf dieser Tatsachengrundlage fern.
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2. Zutreffend und von der Revision unangegriffen hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG nicht mit Unterzeichnung der im Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 enthaltenen Widerrufsbelehrung durch die Kläger am 13. Dezember 1994 in Gang gesetzt wurde und deshalb zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung am 20. Juni 2008 nicht abgelaufen war. Denn diese Widerrufsbelehrung enthielt insoweit einen unzulässigen Zusatz i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG, als danach der Widerruf des Darlehensvertrags als nicht erfolgt gilt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen nicht binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt (st. Rspr., vgl. zuletzt Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 24 mwN). Ob der Fondsbeitritt der Kläger, wozu entgegen der Darstellung der Revisionserwiderung keine Feststellungen vorliegen, mit dem seiner Finanzierung dienenden Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung bildete und der Zusatz gemäß § 7 Abs. 3 VerbrKrG deshalb auch § 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG widersprach, kann hiernach dahinstehen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230901377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230901377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 15 -
30
3. Schließlich ist, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, durch die den Klägern nachträglich erteilte, von ihnen am 16. Dezember 2003 unterzeichnete Widerrufsbelehrung auch nicht die einmonatige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der vom 1. August 2002 bis zum 7. Dezember 2004 geltenden Fassung in Gang gesetzt worden. Denn diese Nachbelehrung genügte nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB.
31
a) Allerdings ist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB eine nachträgliche Widerrufsbelehrung auch in Bezug auf - wie hier - vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) geschlossene Altverträge möglich (Senatsurteile vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 13 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 25 mwN). Die Nachbelehrung unterliegt dabei denselben gesetzlichen Anforderungen wie eine rechtzeitige Belehrung. Sie muss umfassend, inhaltlich richtig, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 26; Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 10).
32
b) Eine diesen Maßgaben entsprechende Nachbelehrung hat die Beklagte , wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht erteilt. Aufgrund dessen konnten die Kläger ihr Widerrufsrecht am 20. Juni 2008 nochwirksam ausüben.
33
aa) Hierbei kann dahinstehen, ob der - von der Revision unter Hinweis darauf, dass vorliegend nicht eine beim Vertragsschluss erfolgende Erstbeleh- http://www.juris.de/jportal/portal/t/f6z/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 16 - rung in Rede steht, bekämpften - Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist, die den Klägern erteilte Nachbelehrung habe den nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis enthalten müssen, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde. Keiner Entscheidung bedarf ferner, ob sich die Fehlerhaftigkeit der Nachbelehrung - wie das Berufungsgericht gemeint hat - auch aus einem entgegen § 358 Abs. 5 BGB fehlenden Hinweis auf die Widerrufsfolgen nach § 358 Abs. 1 BGB ergibt oder aber der vom Berufungsgericht vermisste Hinweis - wie die Revision meint - mit Rücksicht auf die unstreitig erfolgte notarielle Beurkundung des Fondsbeitritts (vgl. § 312 Abs. 3 Nr. 3 BGB) entbehrlich war.
34
bb) Unzureichend war die den Klägern erteilte Nachbelehrung jedenfalls hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist, über den der Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB ebenfalls eindeutig zu informieren ist (vgl. Senatsurteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 14 mwN). Die von der Beklagten verwendete Formulierung, die Frist beginne "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", belehrt den Verbraucher, wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist, weil sie nicht umfassend und zudem irreführend ist. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" (Marx/Bäuml, WRP 2004, 162, 164; s. auch Dörrie, ZfIR 2002, 685, 690) beginnen, der Beginn des Fristlaufs also ggf. noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, welche - etwaigen - weiteren Umstände dies sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 13, 15, vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 17 - WM 2010, 2126 Rn. 21, vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 12 und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 14).
35
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus den Senatsurteilen vom 13. Januar 2009 (XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 19, XI ZR 508/07, juris Rn. 17) nichts anderes. Soweit der erkennende Senat dort in der Verwendung des Formulierungszusatzes "frühestens" in einer Widerrufsbelehrung keinen Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot gesehen hat, enthielten die betreffenden Belehrungstexte jeweils weitere klarstellende Zusätze über einen hinausgeschobenen Beginn der Widerrufsfrist ("jedoch nicht bevor …"). Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend jedoch nicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 15).
36
c) Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 1. August 2002 (BGBl. I S. 2958, 2959) ist der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil sie - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sowie der Darstellung der Revision - gegenüber den Klägern für die Nachbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entspricht. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Ansicht der Revision zutrifft, die vollständige Verwendung des in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelten Musters für die Widerrufsbelehrung in der hier geltenden ursprünglichen Fassung begründe einen Vertrauensschutz zu Gunsten des Verwenders mit der Folge, dass der Verbraucher sich nicht mit Erfolg darauf berufen könne, die Widerrufsfrist sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302572010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306522010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306522010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 18 -
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aa) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt eine Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 und den diesen ergänzenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in Textform verwandt wird. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, kann ein Unternehmer sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteile vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12, vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 20, vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 f. und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21; Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 15). Ob das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung nichtig ist, weil die Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht in jeder Hinsicht entspricht, hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang bislang offen gelassen (BGH, Urteile vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 f. und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21). Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung.
38
bb) Die den Klägern erteilte formularmäßige Nachbelehrung der Beklagten entspricht, wie der Senat durch einen Vergleich beider Texte ohne Weiteres selbst feststellen kann, ihrem Wortlaut nach nicht in jeder Hinsicht dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der seinerzeit geltenden Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BGB-InformationspflichtenVerordnung vom 1. August 2002 (BGBl. I S. 2958, 2959). Zum einen enthält Satz 2 des mit "Widerrufsrecht" überschriebenen ersten Abschnitts der Nachbelehrung am Ende - nach den Worten "mit Erhalt dieser Belehrung" - den Zusatz "in Textform", der in der hier maßgeblichen Ursprungsfassung der Musterbelehrung noch nicht vorhanden war; Satz 2 endete dort vielmehr mit den Worten "mit Erhalt dieser Belehrung". Den zusätzlichen Passus "in Textform" enthielt die Musterbelehrung erstmals in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 4. März 2008 (BGBl. I S. 292, 293). Zum anderen befinden sich, worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist, zwei weitere textliche Abweichungen gegenüber der Musterbelehrung in dem mit "Finanzierte Geschäfte" überschriebenen Teil der Nachbelehrung. So fehlt im zweiten Satz des zweiten Absatzes dieses Abschnitts in der Nachbelehrung der Beklagten nach den Worten "im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht" die - im Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung des Verordnungsgebers enthaltene - Passage "oder nur in verschlechtertem Zustand". Darüber hinaus weicht auch der vorletzte Satz des betreffenden Absatzes der Nachbelehrung vom Mustertext in Gestaltungshinweis (8) - "Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt." - ab.
39
cc) Dass es sich bei den ergänzenden Worten "in Textform" in der Nachbelehrung der Beklagten um einen Zusatz handelt, den der Verordnungsgeber mehrere Jahre später an der betreffenden Stelle selbst aufgenommen hat, ist in diesem Zusammenhang ebenso unerheblich wie der Umstand, dass mit dem streitgegenständlichen Darlehen nicht die Überlassung einer Sache, sondern der Erwerb von Fondsanteilen finanziert wurde. Ohne Belang ist auch, ob es sich bei dem von den Klägern aufgenommenen Darlehen um ein verbundenes Geschäft handelt, bei dessen Nichtvorliegen der Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung in ihrer hier maßgeblichen ursprünglichen Fassung dem Unternehmer anheim gibt, die Hinweise für finanzierte Geschäfte wegzulassen. Entscheidend ist vielmehr allein, dass die Beklagte den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Nachbelehrung ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift der Unternehmer aber in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst ein, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das muss unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderungen gelten, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll.
40
dd) An die - unzutreffende - Auffassung des Berufungsgerichts sowie der Revision, die Nachbelehrung der Beklagten entspreche vollständig der Musterbelehrung , ist der erkennende Senat nicht gebunden. Ob zwischen der in einem Streitfall vom Unternehmer dem Verbraucher konkret erteilten Widerrufsbelehrung und der Musterbelehrung nach der BGB-Informationspflichten-Verordnung in ihrer jeweils maßgeblichen Fassung eine vollständige inhaltliche und äußere Übereinstimmung besteht, an die die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGBInfoV anknüpft, ist eine (Rechts-)Frage, bei deren Beantwortung - entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zur Revisibilität der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen (vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2921) - der Revisionsrichter an das tatrichterliche Verständnis nicht gebunden ist und deren Beantwortung ihm durch einen Vergleich der jeweiligen Belehrungen ohne weiteres selbst möglich ist.

41
4. Da die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung hiernach wirksam widerrufen haben, hat ihr Klagebegehren schon aus diesem Grunde Erfolg, ohne dass es auf das weitere Klagevorbringen zu etwaigen Schadensersatzansprüchen gegenüber der Beklagten ankommt.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 14.12.2009 - 2 O 1780/08 -
OLG Jena, Entscheidung vom 28.09.2010 - 5 U 57/10 -

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 349/10 Verkündet am:
28. Juni 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 355 Abs. 2 Satz 2 (in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 2002)
HWiG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Sätze 3 und 4 (in der Fassung der Bekanntmachung
vom 16. Januar 1986)
BGB-InfoV § 14 Abs. 1 und 3 (in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August
2002)
BGB-InfoV Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 (in der Fassung der Bekanntmachung vom
5. August 2002)

a) Verwendet der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher für die Nachbelehrung
ein Formular, das textliche Abweichungen gegenüber der Musterbelehrung der
Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der Fassung der Zweiten Verordnung
zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 1. August 2002
(BGBl. I S. 2958) enthält, ist ihm eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV
in der damaligen Fassung schon aus diesem Grunde verwehrt (Anschluss an
BGH, Urteile vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 und
vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21).

b) Zu den gesetzlichen Anforderungen an eine Nachbelehrung (Bestätigung des Senatsurteils
vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 26 und des
Senatsbeschlusses vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 10).
BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 - OLG Jena
LG Gera
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers sowie die Richter
Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 28. September 2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger begehren die Feststellung, aus einem Darlehen, das ihnen die beklagte Bank zur Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat, zu keinen Zahlungen mehr verpflichtet zu sein. Darüber hinaus verlangen sie die Rückabtretung von sicherungshalber abgetretenen Ansprüchen aus Lebensversicherungsverträgen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
2
Die Kläger wurden im Jahre 1994 von einem Vermittler geworben, sich an dem " Immobilien-Fonds Nr. " (G. GbR ) - im Folgenden: Fondsgesellschaft - zu beteiligen. Mit dem Vermittler hatten sie eine vom 3. Dezember 1994 datierende "Wirtschaftsberater-Servicevereinbarung" geschlossen. Mit notariell beurkundeter Beitrittserklärung vom 13. Dezember 1994 erklärten sie den Eintritt in die Fondsgesellschaft mit einer drei Fondsanteilen entsprechenden Kapitalbeteiligung von 91.950 DM. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen sie am 13./20. Dezember 1994 mit der Beklagten einen formularmäßigen Darlehensvertrag über 105.720 DM, der eine Widerrufsbelehrung mit unter anderem folgendem Inhalt enthielt: "Hat der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen, gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn er das Darlehen nicht binnen zweier Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt."
3
Zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs traten die Kläger ihre Rechte aus zwei Lebensversicherungsverträgen an die Beklagte ab und verpfändeten zudem ihre Geschäftsanteile an der Fondsgesellschaft.
4
Nach Ablauf der Zinsbindungsfrist aus dem Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 vereinbarten die Parteien unter dem 12. Oktober/ 15. Dezember 2004 einen geänderten Zinssatz für die Zeit ab dem 1. Januar 2005. Bereits am 16. Dezember 2003 hatten die Kläger eine ihnen von der Beklagten zugeleitete "Nachträgliche Widerrufsbelehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht nach §§ 312, 355 BGB" unterzeichnet, die unter anderem lautet: "Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von einem Monat ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (…) Widerrufsfolgen (…) Finanzierte Geschäfte Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. (…). Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert , gilt Folgendes: Wenn Sie diese Sache im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht zurückgeben können, haben Sie dafür ggf. Wertersatz zu leisten. (…) Nicht paketversandfähige Ware wird bei Ihnen abgeholt. (…)."
5
Mit Anwaltsschreiben vom 20. Juni 2008 widerriefen die Kläger den "Darlehensvertrag" unter anderem nach dem Haustürwiderrufsgesetz.
6
Mit ihrer Klage machen sie geltend, in einer Haustürsituation durch den Vermittler zum kreditfinanzierten Erwerb der Fondsbeteiligung bestimmt worden zu sein. Weder die ursprüngliche Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 noch die von ihnen am 16. Dezember 2003 unterzeichnete nachträgliche Belehrung entsprächen den gesetzlichen Anforderungen, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Ihre Widerrufserklärung sei daher nicht verfristet. Darüber hinaus tragen sie vor, durch evident falsche Angaben zu den Flächen und den Mieterträgen des Fondsobjekts, zur Innenprovision sowie zur Mietgarantiegebühr getäuscht worden zu sein, weshalb ihnen ein Schadensersatzanspruch zustehe, den sie auch der Beklagten entgegen halten könnten.
7
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Vermittlers, des Zeugen O. , der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist unbegründet.

I.

9
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Die Kläger hätten ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen wirksam mit Anwaltsschreiben vom 20. Juni 2008 widerrufen. Zu diesem Widerruf seien sie nach §§ 1 HWiG, 312, 355 BGB berechtigt gewesen, da sie - wie das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zutreffend und ohne Beweiswürdigungsfehler festgestellt habe - in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden seien. Insoweit reiche es aus, dass die in der Privatwohnung der Kläger geführten mündlichen Verhandlungen für den späteren Abschluss des Darlehensvertrages mitursächlich gewesen seien, auch wenn der Vertrag selbst nicht in der Wohnung unterzeichnet worden sei und anlässlich des ersten Besuchstermins des Vermittlers in der Wohnung der Kläger auch die Fondsbeteiligung nicht unterzeichnet worden sei. Der geringe zeitliche Abstand von 10 Tagen zwischen der Vorstellung des Fonds Nr. bei den Klägern und dem von ihnen am 13. Dezember 1994 unterzeichneten Darlehensvertrag indiziere das Fortwirken der Haustürsituation für den Abschluss des Darlehensvertrages.
Demgegenüber habe der von den Klägern am 3. Dezember 1994 unterzeichnete Wirtschaftsberater-Servicevertrag für die Frage des Fortwirkens der Haustürsituation ebenso wenig Bedeutung wie der Zeitpunkt, zu dem die Kläger aufgrund des vorgenannten Servicevertrages neue Kraftfahrt- und Unfallversicherungen abgeschlossen hätten. Auch eine vorhergehende Bestellung zu Vertragsverhandlungen durch die Kläger könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht als bewiesen angesehen werden. Hierzu reiche ein allgemeines Interesse an einem Hausbesuch auch dann nicht aus, wenn der Besuch - wie vorliegend - zum Zwecke der allgemeinen Information erfolgen solle. Zudem stehe aufgrund der Aussage des Zeugen O. fest, dass dem ersten Termin in der Wohnung der Kläger keine konkrete Abrede vorausgegangen sei, worum es bei diesem Termin gehen sollte.
11
Im Ergebnis zutreffend habe das Landgericht darüber hinaus die Widerrufserklärung der Kläger vom 20. Juni 2008 nicht für verfristet erachtet, da mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe.
12
Die den Klägern am 16. Dezember 2003 erteilte nachträgliche Widerrufsbelehrung sei aus mehreren Gründen fehlerhaft und daher nicht geeignet gewesen, die einmonatige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB in Lauf zu setzen. Zwar sei gemäß § 355 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB eine Nachbelehrung auch für einen Altvertrag, der - wie vorliegend - aus der Zeit vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes stamme, möglich gewesen. Die tatsächlich erteilte Nachbelehrung sei aber aus mehreren Gründen nicht wirksam erfolgt.
13
Bereits das Landgericht habe, wenn auch nur im Ergebnis zutreffend, angenommen, dass die nachträgliche Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Frist- beginns fehlerhaft sei. Die Fehlerhaftigkeit folge zwar noch nicht daraus, dass aus der Belehrung die Wirkung des § 187 Abs. 1 BGB nicht hervorgehe, wonach eine Frist, für deren Anfang auf ein Ereignis abzustellen sei, frühestens am folgenden Tage beginne. Wenngleich der Inhalt einer Widerrufsbelehrung nicht nur zutreffend, sondern auch unmissverständlich sein und den Fristbeginn umfassen müsse, dürften an die Belehrung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Als ausreichend sei es anzusehen, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benenne, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöse, das heißt hier die Aushändigung der Belehrung in Textform. Eine zusätzliche Belehrung über den Inhalt der § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB sei nicht erforderlich.
14
Allerdings sei die Formulierung in der nachträglichen Widerrufsbelehrung vom 16. Dezember 2003 hinsichtlich der notwendigen Belehrung über das den Fristbeginn auslösende Ereignis insoweit zu ungenau, als es dort heiße, die Frist beginne "frühestens" mit Erhalt der Belehrung in Textform. Diese Formulierung sei zu ungenau, um dem Verbraucher den Fristbeginn deutlich vor Augen zu führen, da hieraus nicht entnommen werden könne, dass die Widerrufsfrist hier nicht nur "frühestens" an dem betreffenden Tag zu laufen beginne, sondern der Fristenlauf tatsächlich ausnahmslos mit dem Erhalt der Belehrung in Gang gesetzt werden solle. Soweit die Beklagte sich in diesem Zusammenhang für ihren gegenteiligen Standpunkt auf verschiedene höchst- und obergerichtliche Entscheidungen berufe, stünden diese den dargelegten Bedenken nicht entgegen , weil sie sämtlich mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar seien.
15
Die nachträgliche Widerrufsbelehrung vom 16. Dezember 2003 sei aber auch noch aus anderen Gründen unwirksam. So fehle es an dem nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis, dass die Frist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde , sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB sei gemäß Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB auf die vom 16. Dezember 2003 datierende Nachbelehrung anwendbar. Außerdem folge die Fehlerhaftigkeit der Nachbelehrung daraus, dass die Kläger darin entgegen § 358 Abs. 5 BGB nicht auf die sich aus § 358 Abs. 1 BGB ergebenden Widerrufsfolgen hingewiesen worden seien. Vorliegend seien die Kläger nur darüber belehrt worden, dass der Widerruf der Darlehensvertragserklärung zu einer Beendigung der Bindung an den Beitrittsvertrag führe, nicht aber auch umgekehrt darüber, dass ein wirksamer Widerruf der Beitrittserklärung die Bindung an das Darlehen beende.
16
Die den Klägern ursprünglich bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 13. Dezember 1994 erteilte Widerrufsbelehrung habe ebenfalls keine Widerrufsfrist in Lauf gesetzt. Die darin enthaltene Belehrung, wonach dann, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen habe, der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn er das Darlehen nicht binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahle, enthalte einen nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG unzulässigen und unrichtigen Zusatz.
17
Da es mithin insgesamt an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung gegenüber den Klägern fehle, sei die Widerrufsfrist niemals wirksam in Lauf gesetzt worden.
18
Dabei werde nicht verkannt, dass die den Klägern am 16. Dezember 2003 erteilte nachträgliche Widerrufsbelehrung wörtlich der unter Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV abgedruckten Musterbelehrung in der im Jahre 2003 geltenden Fassung entsprochen habe und § 14 BGB-InfoV eine Fiktion dahingehend enthalte , dass die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs genüge, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt werde. Dies könne aber nicht gelten, wenn die Musterbelehrung, wie auch hier, hinter den Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückbleibe. Wenngleich der Vertrauensschutz des die Musterbelehrung Verwendenden, hier also der Beklagten, Berücksichtigung verdiene, dürfe sich dies nicht zu Lasten des Verbrauchers auswirken, was aber der Fall sei, wenn eine tatsächlich unzutreffende Widerrufsbelehrung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten als zutreffend fingiert werde. Denn auch das - umgekehrte - Vertrauen des Verbrauchers darauf , dass die gesetzlichen Vorgaben nicht durch den Verordnungsgeber herabgesetzt werden könnten, sei gleichermaßen schützenswert. Insoweit sei der auch in anderen Teilen der Rechtsprechung sowie im Schrifttum vertretenen Auffassung zu folgen, dass der Verordnungsgeber keine Ermächtigung zur Abänderung der Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs als höherrangigem Recht besitze. Soweit die Musterbelehrung hinter den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückbleibe, sei sie deshalb wegen Überschreitens der Ermächtigungsgrundlage nichtig. Vertrauensschutz in Bezug auf eine höherrangiges Recht verletzende Norm könne nicht bestehen.

II.

19
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.
20
1. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Kläger i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (jetzt § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB) in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden sind. Das angefochtene http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 10 - Urteil beruht insoweit weder auf einer Gehörsverletzung (Art. 103 Abs. 1 GG) noch auf einer unzureichenden Berücksichtigung des Prozessstoffs (§ 286 ZPO).
21
a) Erfolglos rügt die Revision, das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Kausalitätserwägungen außer Acht gelassen, dass auf der Grundlage der Bekundungen des vom Landgericht vernommenen Zeugen O. bereits vor dem 3. Dezember 1994 ein (erster) Hausbesuch des Vermittlers erfolgt sein müsse, auf den hinsichtlich des Fortwirkens der Haustürsituation abzustellen sei, zu dessen Zeitpunkt indes die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nicht näher vorgetragen hätten.
22
aa) Ein Widerrufsrecht im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG setzt voraus, dass der Kunde durch mündliche Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluss jedenfalls mit ursächlich ist. Es reicht aus, dass der Kunde durch die Kontaktaufnahme in der Privatwohnung in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG und der Vertragserklärung ist nicht erforderlich, indiziert aber die Ursächlichkeit der Haustürsituation für den späteren Vertragsschluss. Die Indizwirkung für die Kausalität nimmt allerdings mit zunehmendem zeitlichem Abstand ab und kann nach einer gewissen Zeit ganz entfallen. Welcher Zeitraum hierfür erforderlich ist und welche Bedeutung möglicherweise auch anderen Umständen , insbesondere dem nicht erfolgten Widerruf der auf den Fondsbeitritt gerichteten Willenserklärung im Rahmen der Kausalitätsprüfung zukommt, ist Sache der tatrichterlichen Würdigung des konkreten Einzelfalls, die in der Revisi- onsinstanz grundsätzlich nur beschränkt überprüft werden kann (Senatsurteile vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 17 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 18).
23
bb) Das Berufungsgericht ist danach mit Recht davon ausgegangen, dass für die Frage des Fortwirkens der Haustürsituation auf den - geringen - zeitlichen Abstand von lediglich zehn Tagen zwischen dem 3. Dezember 1994 einerseits und der Unterzeichnung des Darlehensantrags durch die Kläger am 13. Dezember 1994 andererseits abzustellen sei. Diese tatrichterliche Würdigung beruht insbesondere nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung.
24
(a) Allerdings hatte nach dem Vortrag in der Klageschrift der Kläger den ihm persönlich bekannten Zeugen O. im November 1994 bei einem Volksfest in Ge. zufällig getroffen. Der Zeuge habe bei dieser Gelegenheit erklärt, er berate "auch zum Steuern sparen", und vorgeschlagen, anlässlich eines Hausbesuchs bei den Klägern zu überprüfen, ob bei den bestehenden Anlagen und Versicherungen vielleicht Verbesserungen möglich seien. Während des kurz darauf telefonisch für den 3. Dezember 1994 vereinbarten Termins bei den Klägern zu Hause sei die Wirtschaftsberater-Servicevereinbarung unterzeichnet sowie unter anderem auf Vorschlag des Vermittlers ein Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung unterzeichnet worden, über die später die Rückzahlung des Darlehens habe erfolgen sollen. Nach Prüfung der Einkommensverhältnisse sei der Zeuge O. zum Thema "Steuern sparen" zu dem Ergebnis gekommen, dass man da "etwas machen" könne; unvermittelt habe er die Beteiligung an der Fondsgesellschaft durch Erwerb von drei Anteilen noch im Jahre 1994 vorgeschlagen. Am 13. Dezember 1994 sei zunächst der Darlehensvertrag nebst Abtretungserklärungen hinsichtlich der Lebensversicherungen in den Geschäftsräumen des Vermittlers unterzeichnet worden; hieran habe sich der Notartermin angeschlossen.
25
(b) Abweichend hiervon hat der Zeuge O. , worauf die Revision im Ausgangspunkt zu Recht hinweist, anlässlich seiner Vernehmung durch das Landgericht auf Vorhalt des vom 3. Dezember 1994 datierenden Antrags des Klägers auf Abschluss der fondsgebundenen Lebensversicherung bekundet, der betreffende Antrag sei zwar in der Tat an diesem Tage aufgenommen worden. Dann aber könne der 3. Dezember 1994 nicht der erste Termin bei den Klägern gewesen sein, da die Aufnahme solcher Anträge nicht anlässlich eines Ersttermins erfolgt sei. Vielmehr müsse der 3. Dezember 1994 der zweite Termin gewesen sein, dem ein erster Termin vorangegangen sein müsse, bei dem er eine Finanzdiagnose erstellt habe. Insgesamt habe es vor Abschluss des Darlehensvertrages in seinen - des Zeugen - Geschäftsräumen zwei Termine bei den Klägern zu Hause gegeben.
26
(c) Aus dieser Abweichung im Tatsächlichen gegenüber der Sachdarstellung der Kläger folgt jedoch entgegen der Auffassung der Revision nicht, dass für das Fortwirken der Haustürsituation auf den Abstand zwischen dem Darlehensvertragsschluss am 13. Dezember 1994 und dem in zeitlicher Hinsicht nicht weiter konkretisierten Ersttermin abzustellen ist.
27
Selbst wenn nämlich mit dem Zeugen O. davon auszugehen sein sollte , dass dem Termin vom 3. Dezember 1994 ein früherer Hausbesuch vorausgegangen war, so verbleibt es doch auch auf der Grundlage seiner Bekundungen dabei, dass er den streitgegenständlichen Fonds erstmals anlässlich des Hausbesuchs am 3. Dezember 1994 angesprochen hat. Der Zeuge hat ausdrücklich ausgeschlossen, bei dem ersten Termin den Klägern den Erwerb von Anteilen am Fonds vorgeschlagen zu haben; dies sei erst im zweiten Termin, der ebenfalls bei den Klägern zu Hause stattgefunden habe, geschehen. Beim ersten Termin habe er sich lediglich "alles Finanzielle angeschaut" und eine sogenannte Finanzdiagnose erstellt. Diesem ersten Termin sei keine konkrete Abrede, um was es hierbei detailliert gehen solle, vorausgegangen. Von der Firma Op. , für die er - der Zeuge - seinerzeit tätig gewesen sei und an die er die Finanzdiagnose weitergeleitet habe, sei dann die Mitteilung gekommen, dass ein Erwerb von Fondsanteilen durch die Kläger "machbar" sei, um ihnen Steuervorteile bzw. Mieteinnahmen zu verschaffen. Ausgehend hiervon hat das Berufungsgericht mit Recht für die Kausalität der Haustürsituation nicht auf einen etwaigen früheren Termin, sondern auf den Hausbesuch am 3. Dezember 1994 abgestellt, weil auch nach der Aussage des Zeugen O. - im Anschluss an noch völlig vage Erörterungen anlässlich des Ersttermins - erstmals bei dieser Gelegenheit konkrete Verhandlungen in Bezug auf eine bestimmte Beteiligung, nämlich den Fonds , stattfanden (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 23).
28
b) Entgegen der Auffassung der Revision bietet die Aussage des Zeugen O. auch keine Grundlage anzunehmen, dass dem Hausbesuch am 3. Dezember 1994 eine vorangehende Bestellung des Vermittlers i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG (jetzt § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB) durch die Kläger zugrunde lag, die zum Ausschluss des Widerrufsrechts führt. Eine vorhergehende Bestellung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn sie den Gegenstand der Verhandlung hinreichend konkret bezeichnet und sich auf eine bestimmte Art von Leistungen bezieht, damit der Verbraucher in der Lage ist, sich auf das Angebot des Unternehmers vorzubereiten und nicht der für "Haustürsituationen" typischen "Überrumpelungsgefahr" ausgesetzt wird (Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 348/07, WM 2008, 1593 Rn. 19; BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 218/09, WM 2010, 980 Rn. 15; jeweils mwN). Dass der Termin vom 3. Dezember 1994 "in dem Wissen, dass es nunmehr um eine Fondsanlageberatung gehen sollte" erfolgte, ist entgegen der Darstellung der Revision der Zeugenaussage gerade nicht zu entnehmen. Nach der Bekundung des Zeugen O. gab es vor dem von ihm geschilderten ersten Termin bei den Klägern http://www.juris.de/jportal/portal/t/1div/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1div/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001104305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 14 - - wenn überhaupt - eine allgemeine Abrede, dass "eine Steuerersparnis … untersucht" werden solle. Im ersten Termin hat der Zeuge sich seiner Aussage zufolge "alles Finanzielle angeschaut" und eine sogenannte Finanzdiagnose erstellt. Die Anregung, den Klägern den Erwerb von Anteilenam Fonds vorzuschlagen, wurde erst anschließend aufgrund der "Finanzdiagnose" von der Firma Op. gegenüber dem Zeugen ausgesprochen und von diesem sodann in dem Termin vom 3. Dezember 1994 in die Tat umgesetzt. Die Annahme, die Kläger hätten sich mit diesem Hausbesuch in der Gewissheit einverstanden erklärt, dass dabei der Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds, geschweige denn an dem konkret betroffenen Fonds , erörtert werden würde, liegt auf dieser Tatsachengrundlage fern.
29
2. Zutreffend und von der Revision unangegriffen hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG nicht mit Unterzeichnung der im Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 enthaltenen Widerrufsbelehrung durch die Kläger am 13. Dezember 1994 in Gang gesetzt wurde und deshalb zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung am 20. Juni 2008 nicht abgelaufen war. Denn diese Widerrufsbelehrung enthielt insoweit einen unzulässigen Zusatz i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG, als danach der Widerruf des Darlehensvertrags als nicht erfolgt gilt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen nicht binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt (st. Rspr., vgl. zuletzt Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 24 mwN). Ob der Fondsbeitritt der Kläger, wozu entgegen der Darstellung der Revisionserwiderung keine Feststellungen vorliegen, mit dem seiner Finanzierung dienenden Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung bildete und der Zusatz gemäß § 7 Abs. 3 VerbrKrG deshalb auch § 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG widersprach, kann hiernach dahinstehen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230901377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230901377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 15 -
30
3. Schließlich ist, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, durch die den Klägern nachträglich erteilte, von ihnen am 16. Dezember 2003 unterzeichnete Widerrufsbelehrung auch nicht die einmonatige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der vom 1. August 2002 bis zum 7. Dezember 2004 geltenden Fassung in Gang gesetzt worden. Denn diese Nachbelehrung genügte nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB.
31
a) Allerdings ist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB eine nachträgliche Widerrufsbelehrung auch in Bezug auf - wie hier - vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) geschlossene Altverträge möglich (Senatsurteile vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 13 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 25 mwN). Die Nachbelehrung unterliegt dabei denselben gesetzlichen Anforderungen wie eine rechtzeitige Belehrung. Sie muss umfassend, inhaltlich richtig, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 26; Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 10).
32
b) Eine diesen Maßgaben entsprechende Nachbelehrung hat die Beklagte , wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht erteilt. Aufgrund dessen konnten die Kläger ihr Widerrufsrecht am 20. Juni 2008 nochwirksam ausüben.
33
aa) Hierbei kann dahinstehen, ob der - von der Revision unter Hinweis darauf, dass vorliegend nicht eine beim Vertragsschluss erfolgende Erstbeleh- http://www.juris.de/jportal/portal/t/f6z/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 16 - rung in Rede steht, bekämpften - Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist, die den Klägern erteilte Nachbelehrung habe den nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis enthalten müssen, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde. Keiner Entscheidung bedarf ferner, ob sich die Fehlerhaftigkeit der Nachbelehrung - wie das Berufungsgericht gemeint hat - auch aus einem entgegen § 358 Abs. 5 BGB fehlenden Hinweis auf die Widerrufsfolgen nach § 358 Abs. 1 BGB ergibt oder aber der vom Berufungsgericht vermisste Hinweis - wie die Revision meint - mit Rücksicht auf die unstreitig erfolgte notarielle Beurkundung des Fondsbeitritts (vgl. § 312 Abs. 3 Nr. 3 BGB) entbehrlich war.
34
bb) Unzureichend war die den Klägern erteilte Nachbelehrung jedenfalls hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist, über den der Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB ebenfalls eindeutig zu informieren ist (vgl. Senatsurteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 14 mwN). Die von der Beklagten verwendete Formulierung, die Frist beginne "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", belehrt den Verbraucher, wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist, weil sie nicht umfassend und zudem irreführend ist. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" (Marx/Bäuml, WRP 2004, 162, 164; s. auch Dörrie, ZfIR 2002, 685, 690) beginnen, der Beginn des Fristlaufs also ggf. noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, welche - etwaigen - weiteren Umstände dies sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 13, 15, vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 17 - WM 2010, 2126 Rn. 21, vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 12 und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 14).
35
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus den Senatsurteilen vom 13. Januar 2009 (XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 19, XI ZR 508/07, juris Rn. 17) nichts anderes. Soweit der erkennende Senat dort in der Verwendung des Formulierungszusatzes "frühestens" in einer Widerrufsbelehrung keinen Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot gesehen hat, enthielten die betreffenden Belehrungstexte jeweils weitere klarstellende Zusätze über einen hinausgeschobenen Beginn der Widerrufsfrist ("jedoch nicht bevor …"). Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend jedoch nicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 15).
36
c) Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 1. August 2002 (BGBl. I S. 2958, 2959) ist der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil sie - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sowie der Darstellung der Revision - gegenüber den Klägern für die Nachbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entspricht. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Ansicht der Revision zutrifft, die vollständige Verwendung des in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelten Musters für die Widerrufsbelehrung in der hier geltenden ursprünglichen Fassung begründe einen Vertrauensschutz zu Gunsten des Verwenders mit der Folge, dass der Verbraucher sich nicht mit Erfolg darauf berufen könne, die Widerrufsfrist sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302572010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306522010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306522010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 18 -
37
aa) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt eine Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 und den diesen ergänzenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in Textform verwandt wird. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, kann ein Unternehmer sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteile vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12, vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 20, vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 f. und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21; Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 15). Ob das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung nichtig ist, weil die Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht in jeder Hinsicht entspricht, hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang bislang offen gelassen (BGH, Urteile vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 f. und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21). Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung.
38
bb) Die den Klägern erteilte formularmäßige Nachbelehrung der Beklagten entspricht, wie der Senat durch einen Vergleich beider Texte ohne Weiteres selbst feststellen kann, ihrem Wortlaut nach nicht in jeder Hinsicht dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der seinerzeit geltenden Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BGB-InformationspflichtenVerordnung vom 1. August 2002 (BGBl. I S. 2958, 2959). Zum einen enthält Satz 2 des mit "Widerrufsrecht" überschriebenen ersten Abschnitts der Nachbelehrung am Ende - nach den Worten "mit Erhalt dieser Belehrung" - den Zusatz "in Textform", der in der hier maßgeblichen Ursprungsfassung der Musterbelehrung noch nicht vorhanden war; Satz 2 endete dort vielmehr mit den Worten "mit Erhalt dieser Belehrung". Den zusätzlichen Passus "in Textform" enthielt die Musterbelehrung erstmals in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 4. März 2008 (BGBl. I S. 292, 293). Zum anderen befinden sich, worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist, zwei weitere textliche Abweichungen gegenüber der Musterbelehrung in dem mit "Finanzierte Geschäfte" überschriebenen Teil der Nachbelehrung. So fehlt im zweiten Satz des zweiten Absatzes dieses Abschnitts in der Nachbelehrung der Beklagten nach den Worten "im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht" die - im Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung des Verordnungsgebers enthaltene - Passage "oder nur in verschlechtertem Zustand". Darüber hinaus weicht auch der vorletzte Satz des betreffenden Absatzes der Nachbelehrung vom Mustertext in Gestaltungshinweis (8) - "Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt." - ab.
39
cc) Dass es sich bei den ergänzenden Worten "in Textform" in der Nachbelehrung der Beklagten um einen Zusatz handelt, den der Verordnungsgeber mehrere Jahre später an der betreffenden Stelle selbst aufgenommen hat, ist in diesem Zusammenhang ebenso unerheblich wie der Umstand, dass mit dem streitgegenständlichen Darlehen nicht die Überlassung einer Sache, sondern der Erwerb von Fondsanteilen finanziert wurde. Ohne Belang ist auch, ob es sich bei dem von den Klägern aufgenommenen Darlehen um ein verbundenes Geschäft handelt, bei dessen Nichtvorliegen der Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung in ihrer hier maßgeblichen ursprünglichen Fassung dem Unternehmer anheim gibt, die Hinweise für finanzierte Geschäfte wegzulassen. Entscheidend ist vielmehr allein, dass die Beklagte den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Nachbelehrung ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift der Unternehmer aber in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst ein, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das muss unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderungen gelten, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll.
40
dd) An die - unzutreffende - Auffassung des Berufungsgerichts sowie der Revision, die Nachbelehrung der Beklagten entspreche vollständig der Musterbelehrung , ist der erkennende Senat nicht gebunden. Ob zwischen der in einem Streitfall vom Unternehmer dem Verbraucher konkret erteilten Widerrufsbelehrung und der Musterbelehrung nach der BGB-Informationspflichten-Verordnung in ihrer jeweils maßgeblichen Fassung eine vollständige inhaltliche und äußere Übereinstimmung besteht, an die die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGBInfoV anknüpft, ist eine (Rechts-)Frage, bei deren Beantwortung - entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zur Revisibilität der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen (vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2921) - der Revisionsrichter an das tatrichterliche Verständnis nicht gebunden ist und deren Beantwortung ihm durch einen Vergleich der jeweiligen Belehrungen ohne weiteres selbst möglich ist.

41
4. Da die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung hiernach wirksam widerrufen haben, hat ihr Klagebegehren schon aus diesem Grunde Erfolg, ohne dass es auf das weitere Klagevorbringen zu etwaigen Schadensersatzansprüchen gegenüber der Beklagten ankommt.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 14.12.2009 - 2 O 1780/08 -
OLG Jena, Entscheidung vom 28.09.2010 - 5 U 57/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 219/08 Verkündet am:
9. Dezember 2009
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 307 Ba, Ci, Cl; 312c, 312d, 346, 355, 356, 357; BGB-InfoV §§ 1, 14

a) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die in mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform
eBay zu schließenden Kaufverträgen verwendet werden, hält folgende
Klausel der Inhaltskontrolle nicht stand:
"[Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines
Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben.] Die Frist beginnt frühestens
mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung."

b) Aus dem Erfordernis einer möglichst umfassenden, unmissverständlichen und aus
dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Rückgabebelehrung lässt sich keine
Pflicht ableiten, für jeden im Fernabsatz angebotenen Artikel gesondert anzugeben
, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht.

c) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen der vorgenannten Art hält folgende Klausel
der Inhaltskontrolle nicht stand:
"[Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen
zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu
geben.] Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies
gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung - wie
sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen
ist."
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08 - OLG München
LG München I
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Dr. Milger, Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 26. Juni 2008 - auch im Kostenpunkt - teilweise aufgehoben und das Urteil des Landgerichts München I, 12. Zivilkammer, vom 24. Januar 2008 teilweise geändert.
Die Klage wird bezüglich der Klausel "Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen - zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; - zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder - zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten." abgewiesen. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Von den Kosten der Rechtsmittelinstanzen tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er ist in die gemäß § 4 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) bei dem Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen. Die Beklagte betreibt über die Internethandelsplattform eBay Handel unter anderem mit Heimtextilien, Kinder- und Babybekleidung sowie Babyausstattungen. Auf der bei eBay bestehenden Internetseite der Beklagten können durch Anklicken des unterstrichenen Worts "AGB" ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgerufen und ausgedruckt werden. Darin heißt es unter anderem: "Die M. Versandhaus GmbH [Beklagte] (…) bietet Kunden ihr Sortiment unter anderem auch über den Online Marktplatz eBay zum Kauf an. Für die auf diesem Marktplatz begründeten Geschäftsbeziehungen zum Kunden gelten die nachstehenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). 4. Rückgaberecht und -folgen [im Folgenden im Original im Fettdruck hervorgehoben:] Verbrauchern steht nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge in Bezug auf die gekauften Artikel ein Rückgaberecht nach Maßgabe der folgenden Belehrung zu: 4.1 Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung. Nur bei nicht paketversandfähiger Ware (...) kann die Rückgabe auch durch Rücknahmeverlangen in Textform, also z.B. per Brief, Fax oder eMail erklärt werden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Ware oder des Rücknahmeverlangens. In jedem Fall erfolgt die Rücksendung auf Kosten und Gefahr der M. Versandhaus GmbH. (…) 4.3 Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen • zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefer- tigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; • zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder • zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten. 4.4 Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu geben. Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist."
2
Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Unterlassung der künftigen Verwendung der Bestimmungen Ziffer 4.1 Satz 2 (im Folgenden Klausel 1), Ziffer 4.3 (im Folgenden Klausel 2) und Ziffer 4.4 Sätze 2 und 3 (im Folgenden Klausel 3) in mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen sowie darauf in Anspruch, es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung von nach dem 31. Dezember 2004 in dieser Form geschlossenen Kaufverträgen auf diese Bestimmungen zu berufen. Er verlangt ferner Aufwendungsersatz in Höhe von 200 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung für die von ihm mit Schreiben vom 17. Januar 2007 ausgesprochene, fruchtlos gebliebene Abmahnung.
3
Das Landgericht hat der Klage zum überwiegenden Teil - hinsichtlich der Klauseln 2 und 3 und hinsichtlich des Zahlungsanspruchs - stattgegeben. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Berufungsgericht das Urteil abgeändert und der Klage unter Ermäßigung der Zinsen auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz auch hinsichtlich der Klausel 1 stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger hat seinen Unterlassungsantrag bei der Abwicklung bestehender Verträge, der ursprünglich weitergehend auf die Zeit ab dem 1. April 1977 gerichtet war, im Revisionsverfahren hinsichtlich aller drei Klauseln auf die Zeit nach dem 31. Dezember 2004 beschränkt.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat nur teilweise Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht (OLG München, OLGR 2008, 609 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
6
Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG wegen der Klausel 1 zu. Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Sie stelle nur auf zwei Umstände für den Beginn des Fristlaufs ab, nämlich den Erhalt der Ware und den Erhalt "dieser Belehrung". Nach dem Gesetz sei der Beginn des Fristlaufs aber noch von weiteren Voraussetzungen abhängig. Das könne der Durchschnittsverbraucher der Klausel 1 zwar entnehmen, er werde aber im Unklaren darüber gelassen, welche Voraussetzungen dies seien. Es bestehe deshalb die Gefahr, dass er bei Nichterfüllung der betreffenden weiteren Voraus- setzungen die Frist irrig für bereits abgelaufen halte und von der Ausübung eines ihm an sich noch zustehenden Rückgaberechts absehe. Es könne dahinstehen , ob die Klausel 1 auch deshalb unwirksam sei, weil dem Verbraucher nicht hinreichend verdeutlicht werde, dass es für den Fristbeginn auf den Erhalt der Belehrung über das Rückgaberecht in Textform ankomme.
7
Auch die Klausel 2 verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam. Sie sei aufgrund der verwendeten Worte "entsprechend" und "unter anderem" dahin auszulegen, dass über die in der Klausel aufgeführten Ausschlussfälle hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch in weiteren nicht näher bestimmten Fällen vereinbart werde. Der Durchschnittsverbraucher werde die Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB in der Regel weder nachlesen, noch werde ihm ihr Inhalt bekannt sein. Selbst wenn dies der Fall sei, verblieben Zweifel, ob mit der Klausel nur die in § 312d Abs. 4 BGB wiedergegebenen Ausschlussfälle gemeint seien. Es bestehe die Gefahr der Benachteiligung des Verbrauchers, wenn die Beklagte ihm über die aufgeführten Fälle hinaus weitere entgegensetze, in denen kein Rückgaberecht bestehe.
8
Ein Unterlassungsanspruch bestehe auch wegen der Klausel 3. Die Bestimmung sei dahin auszulegen, dass die Beklagte im Falle der Ausübung des Rückgaberechts Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der gekauften Sache eintretende Verschlechterung verlangen könne. In dieser Auslegung weiche die Klausel 3 von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB ab und sei deshalb unwirksam. Die Sonderregelung des § 357 Abs. 3 BGB greife nicht ein. Den Voraussetzungen von § 357 Abs. 3 BGB werde bei von der Beklagten mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen nicht genügt, weil dabei der von § 357 Abs. 3 BGB vorausgesetzte Hinweis in Textform spätestens bei Vertragsschluss nicht möglich sei. Allein das Bereithalten von Informationen über eine Internetseite erfülle die Voraussetzungen der Textform nicht. Da der Vertragsschluss zwischen der Beklagten und dem Verbraucher nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay bereits dann zustande komme, wenn der Verbraucher die Festpreis-Funktion "Sofort-Kaufen" ausübe, könne bis zu einem Vertragschluss kein Hinweis in Textform erfolgen. Davon gehe auch die Beklagte aus.
9
Wegen der Abmahnung stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu.

II.

10
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
11
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 1 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Rügen der Revision greifen dagegen nicht durch. Die Klausel 1 enthält keinen ausreichenden Hinweis auf den Beginn der Rückgabefrist und trägt damit nicht den gesetzlichen Anforderungen Rechnung, die an eine Belehrung gestellt werden (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB). Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
12
a) Nach § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt die Rückgabefrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Beleh- rung über sein Rückgaberecht, die unter anderem einen Hinweis auf den Fristbeginn zu enthalten hat, in Textform mitgeteilt worden ist. Ziel dieser Vorschrift ist es, den regelmäßig rechtsunkundigen Verbraucher über den Beginn der Rückgabefrist eindeutig zu informieren, damit der Verbraucher über die sich daraus ergebende Berechnung ihres Ablaufs nicht im Unklaren ist. Der mit der Einräumung des befristeten Rückgaberechts beabsichtigte Schutz des Verbrauchers erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (BGHZ 172, 58, Tz. 13; BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14; jeweils m.w.N.).
13
b) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Klausel 1 nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig.
14
aa) Die Belehrung ist nicht unmissverständlich. Aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), kann die Klausel 1 den Eindruck erwecken , die Belehrung sei bereits dann erfolgt, wenn er sie lediglich zur Kenntnis nimmt, ohne dass sie ihm entsprechend den gesetzlichen Anforderungen in Textform mitgeteilt worden ist (aA OLG Köln, OLGR 2007, 695, 699 f.). Ein in knapper Form möglicher Hinweis - beispielsweise durch die Worte "des Erhalts dieser Belehrung in Textform" (so nunmehr auch die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV [BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten -Verordnung vom 4. März 2008, BGBl. I S. 292; dazu Föhlisch, MMR 2008, 205 f.]) - verdeutlicht dem Verbraucher dagegen, dass die Widerrufsfrist erst und nur dann zu laufen beginnt, wenn ihm die Belehrung in einer bestimmten Form zugegangen ist. Der Schwierigkeit, dass der Verbraucher - wie die Revision meint - unter Umständen den Begriff der Textform nicht kennt, kann dadurch begegnet werden, dass der Begriff erklärend definiert wird, wie dies die Beklagte selbst in Ziffer 4.1 Satz 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen tut.
15
bb) Die Belehrung ist ferner nicht möglichst umfassend. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Verbraucher der Klausel 1 wegen des verwendeten Worts "frühestens" zwar entnehmen kann, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, jedoch darüber im Unklaren gelassen wird, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt.
16
Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Formulierung einer möglichst umfassenden und trotzdem für den durchschnittlichen Verbraucher verständlichen und seine Auffassungsbereitschaft nicht überfordernden Belehrung bei einem Fernabsatzvertrag im elektronischen Geschäftsverkehr Schwierigkeiten bereitet. Es reicht für eine umfassende Belehrung aber nicht aus, nur zwei Voraussetzungen für den Fristlauf anzugeben, wenn es möglich ist, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Beginn des Laufs der Rückgabefrist - wenn auch gegebenenfalls unter Verweis auf die Vorschriften der § 312c Abs. 2, § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB - in kurzer Form anzugeben und dem Verbraucher dadurch zu verdeutlichen, woraus sich die weiteren Voraussetzungen für den Fristlauf ergeben (aA OLG Köln, aaO). Davon geht, wie die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV zeigt (vgl. Gestaltungshinweis 2 Satz 2 zur Anlage 3 der BGB-Informationspflichten-Verordnung, aaO), nunmehr auch der Verordnungsgeber aus.
17
c) Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Dabei kann offen bleiben, ob die Belehrung eine echte Rechtspflicht oder nur eine Obliegenheit der Beklagten darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2005 - Rs. C-350/03, NJW 2005, 3551, Rdnr. 98 - Schulte/Badenia; Palandt/ Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 355 Rdnr. 13; MünchKommBGB/Masuch, 5. Aufl., § 355 Rdnr. 44; offen gelassen von BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, Tz. 37; vgl. auch BGHZ 109, 127, 130). Denn wenn eine Belehrung erteilt wird, muss sie ordnungsgemäß sein, um dem Schutzzweck der § 312d Abs. 1, § 355 Abs. 2 BGB Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497, Tz. 17). Das ist hier - wie ausgeführt - nicht der Fall. Es besteht deshalb die Gefahr, dass die Verbraucher über die für das Rückgaberecht bestehenden Voraussetzungen und auch darüber, ob eine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt ist, irregeführt werden.
18
d) Zutreffend geht das Berufungsgericht schließlich davon aus, dass eine gemäß § 1 UKlaG bestehende Unterlassungspflicht auch auf diejenigen Fälle erstreckt werden kann, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will (Senatsurteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 335/79, NJW 1981, 1511, unter II 2 c, III; BGHZ 127, 35, 37; Senatsurteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 284/04, WM 2005, 2250, unter II). Eine Pflicht, sich bei der Abwicklung bestehender Verträge nicht auf eine bestimmte Klausel zu berufen, besteht allerdings nur dann, wenn die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - III ZR 54/02, NJW 2003, 1237, unter I 2).
19
Das war indes hinsichtlich der Klausel 1 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 312c, 355, 356 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) vorgenommenen Änderungen, sowie § 14 Abs. 2 der BGB-InformationspflichtenVerordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (BGBl. I S. 3002).
20
Zwar war eine der Klausel 1 entsprechende Regelung bis zum Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-InformationspflichtenVerordnung vom 4. März 2008 (aaO) am 1. April 2008 wortgleich in dem Muster für die Rückgabebelehrung (Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 BGB-InfoV) enthalten. Das führt aber für den Zeitraum vor dem 1. April 2008 nicht zur Wirksamkeit der Klausel 1 (§ 14 Abs. 2 BGB-InfoV), weil die Beklagte - wie das Berufungsgericht von der Revision unangegriffen festgestellt hat - kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 3 zur BGB-Informationspflichten-Verordnung in der vor dem 1. April 2008 geltenden Fassung vollständig entsprach (vgl. BGHZ 172, 58, Tz. 12). Sie kann deshalb aus § 14 Abs. 2 BGB-InfoV keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten.
21
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 2 hingegen nicht zu. Die Klausel 2 genügt - auch unter Berücksichtigung der Änderung von § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2413) - den gesetzlichen Anforderungen an eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB).
22
a) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte nicht verpflichtet , für jeden angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht, und folglich für Fernabsatzverträge im elektronischen Geschäftsverkehr verschiedene Versionen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden. Eine solche Pflicht lässt sich aus dem sich aus § 355 Abs. 2 BGB ergebenden Erfordernis einer möglichst umfassenden , unmissverständlichen und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Belehrung nicht ableiten.
23
aa) Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die Belehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten darf, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) des Rechts zum Widerruf beziehungsweise der Rückgabe nicht zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, NJW 2002, 3396, unter II 3 a). So liegt es hier aber schon deshalb nicht, weil die Belehrung Angaben über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rückgaberechts enthalten muss (§ 312c Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV), so dass die Angaben über die Ausschlusstatbestände einen Teil der Belehrung bilden (vgl. auch MünchKomm BGB/Wendehorst, 5. Aufl., § 312c Rdnr. 40).
24
bb) Eine Belehrung, die dem Verbraucher die Beurteilung überlässt, ob die von ihm erworbene Ware unter einen Ausschlusstatbestand fällt, ist auch nicht missverständlich. Es trifft zwar zu, dass über die Auslegung der Ausschlusstatbestände Zweifel bestehen (vgl. Senatsurteil vom 18. März 2009 - VIII ZR 149/08, ZGS 2009, 277, Tz. 9 ff.). Diese Auslegungszweifel werden aber nicht dadurch beseitigt, dass die Beklagte bei - ihrer Meinung nach - den Ausschlusstatbeständen unterfallenden Fernabsatzverträgen lediglich darüber belehrt, dass ein Rückgaberecht nicht bestehe. Der Verbraucher erhielte in diesem Fall deutlich weniger Informationen, als wenn er über den gesetzlichen Wortlaut der Ausschlusstatbestände informiert wird. Dies ermöglicht dem Verbraucher vielmehr, sich eine abweichende Meinung zu bilden und auf eine Klärung hinzuwirken.
25
b) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, sämtliche in § 312d Abs. 4 BGB enthaltenen Ausschlusstatbestände in der Klausel 2 aufzuführen. Die Revision weist hinsichtlich der nicht in der Klausel 2 enthaltenen Ausschlusstatbestände zu Recht darauf hin, dass sie von vornherein in dem Geschäftsbetrieb der Beklagten nicht relevant werden können und deshalb aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit nicht in die Belehrung aufgenommen wurden. Dagegen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil bestünde bei einer Aufnahme des Ausschlusstatbestandes des § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB die Gefahr, dass der durchschnittliche Verbraucher - weil ihm nicht bekannt ist, dass die auf der Internethandelsplattfom eBay veranstalteten Online-Auktionen keine Versteigerungen im Sinn des § 156 BGB darstellen (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 375/03, WM 2004, 2457, unter II 2) - fälschlich davon ausgeht, dass ein Rückgaberecht bei Online-Auktionen generell nicht besteht. Die vollständige Aufnahme der von vornherein nicht relevanten Ausschlusstatbestände mit dem erläuternden Zusatz, dass sich die Ausnahme der Nummer 5 nicht auf OnlineAuktionen bezieht, würde die Belehrung dagegen unnötig kompliziert gestalten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002, aaO).
26
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erweckt die Klausel 2 aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), nicht den Eindruck, dass über die in der Klausel aufgeführten drei Ausschlusstatbestände hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch für weitere Fälle vereinbart wird, die nicht näher bestimmt sind und die von der Beklagten im Einzelfall geltend gemacht werden könnten. Der Senat kann die Auslegung der Klausel 2 unbe- schränkt nachprüfen, weil sie bundesweit Verwendung findet (st. Rspr., Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 227/06, WM 2007, 2078, Tz. 20).
27
Das in der Klausel 2 enthaltene Wort "entsprechend" verweist im Sinne einer Bezugnahme auf die gesetzliche Regelung, die - in der bis zum 3. August 2009 geltenden Fassung - wörtlich wiedergegeben wird. Auf die den Worten "gemäß" und "entsprechend" in der juristischen Fachsprache beigelegten Bedeutungsabstufungen kommt es dabei nicht an. Vielmehr ist die Bedeutung maßgeblich, die dem Wort "entsprechend" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1983 - IVa ZR 31/82, NJW 1983, 2638, unter 1). Danach wird das Wort "entsprechend" synonym mit "gemäß" verwendet. Aus den verwendeten Worten "unter anderem" kann der Verbraucher ableiten, dass in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB weitere Ausschlusstatbestände genannt sind. Der Klausel 2 lässt sich deshalb nur entnehmen , dass die in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB angegebenen Ausschlusstatbestände gelten sollen, nicht aber, dass die Beklagte sich auf weitere, dort nicht genannte Fälle soll berufen dürfen.
28
Die Gefahr, dass die Beklagte dem Verbraucher unter Berufung auf die Klausel 2 missbräuchlich weitere Ausschlusstatbestände entgegenhält, mag zwar nicht auszuschließen sein. Dabei handelt es sich aber um die generell bestehende Gefahr, dass der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer wirksamen Klausel missbräuchlich eine Bedeutung beilegt, die sie in Wirklichkeit nicht besitzt. Dagegen bietet das Unterlassungsklageverfahren keinen Schutz.
29
d) Etwas anderes gilt schließlich auch nicht, soweit § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (aaO) mit Wirkung vom 4. August 2009 geändert worden ist (aaO). Nach § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB nF, an dem der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch zu messen ist (vgl. BGHZ 160, 393, 395 m.w.N.), besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat. Der Umstand, dass die Klausel 2 wegen der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderung die nunmehr in § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB enthaltene, die telefonische Abgabe der Vertragserklärung betreffende Gegenausnahme nicht aufführt, ist vorliegend allerdings unschädlich. Der Kläger macht Unterlassungsansprüche nur wegen mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließende Kaufverträge geltend, so dass ein Fall, in dem die Voraussetzungen der Vorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 3 Halbs. 2 BGB erfüllt sind, von vornherein nicht gegeben sein kann.
30
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 3 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
31
a) Nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB hat der Schuldner im Falle des Rücktritts Wertersatz zu leisten, soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht. Abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB hat der Verbraucher im Fall der Ausübung eines Rückgaberechts gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist (§ 357 Abs. 3 Satz 2 BGB).
32
Bei der Auslegung dieser Bestimmungen ist zu beachten, dass Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19; im Folgenden: Richtlinie) einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Verkäufer vom Verbraucher für die Nutzung einer durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekauften Ware in dem Fall, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht fristgerecht ausübt, generell Wertersatz für die Nutzung der Ware verlangen kann. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie stehen jedoch nicht einer Verpflichtung des Verbrauchers entgegen, für die Benutzung der Ware Wertersatz zu leisten, wenn er sie auf eine mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts wie denen von Treu und Glauben oder der ungerechtfertigten Bereicherung unvereinbare Art und Weise benutzt hat, sofern die Zielsetzung der Richtlinie und insbesondere die Wirksamkeit und die Effektivität des Rechts auf Widerruf nicht beeinträchtigt werden (EuGH, Urteil vom 3. September 2009 - Rs. C-489/07, NJW 2009, 3015 - Messner/Krüger).
33
b) Es kann hier offen bleiben, wie die Vorschrift des § 357 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB unter Berücksichtigung der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 3. September 2009 (aaO) auszulegen ist (vgl. Lapp, jurisPR-ITR 19/2009 Anm. 2, unter D). Denn die Klausel 3 ist bereits deshalb unwirksam, weil sie den gesetzlichen Anforderungen an eine Belehrung gemäß § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB - unabhängig von den sich nach der Entscheidung des Gerichtshofs (aaO) hinsichtlich der Auslegung der Vorschriften der §§ 312d, 355, 357, 346 BGB stellenden Fragen - nicht genügt. Die formularmäßige Verwendung dieser nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
34
Zwar erfordert das Gesetz keine umfassende, alle möglicherweise in Betracht kommenden Fallgestaltungen berücksichtigende Belehrung über die für den Fall der Ausübung des Rückgaberechts eintretenden Rechtsfolgen (§§ 346 ff. BGB). Die Belehrung muss aber einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB enthalten. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV in der seit dem 8. Dezember 2004 geltenden Fassung (Art. 3 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004; BGBl. I S. 3102), der die Überschrift zu § 357 BGB wiederholt (vgl. BT-Drs. 15/2949, S. 26). Es folgt ferner aus der Entstehungsgeschichte von § 312 Abs. 2 BGB, weil diese Vorschrift geschaffen wurde, um einen Gleichlauf der Belehrungspflichten über die Rechtsfolgen bei Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften zu erreichen (vgl. BT-Drs. 14/7052, S. 190 f.).
35
Wenn - wovon das Berufungsgericht ausgeht - die Erteilung eines den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweises bei Vertragsschlüssen über eBay von vornherein ausgeschlossen ist, weil der Vertrag zustande kommt, ohne dass der erforderliche Hinweis spätestens bei Vertragsschluss in Textform erteilt werden kann (str.; so auch OLG Stuttgart, ZGS 2008, 197, 200; KG, MMR 2008, 541, 543), ist die Klausel 3 unwirksam, weil sie keinen Hinweis darauf enthält, dass für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung kein Wertersatz zu leisten ist (vgl. Gestaltungshinweis 6 zu Anlage 3 BGB-InfoV).
36
Selbst wenn aber - wie die Revision meint - die Beklagte einen den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweis in der erforderlichen Textform auch noch bis zum Erhalt der Ware erteilen könnte (§ 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB; so OLG Hamburg, OLGR 2007, 657 f.), müsste die Klausel 3 jedenfalls darauf hinweisen, dass eine Wertersatzpflicht für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung nur unter dieser Voraussetzung besteht (§ 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV). Auch das ist hier nicht der Fall.
37
c) Ein Verbot der Klausel im abstrakten Kontrollverfahren ist - anders als die Revision meint - auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Beklagte die Möglichkeit hat, im Einzelfall oder auch generell einen Hinweis gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB gesondert zu erteilen und damit die Voraussetzungen für das Bestehen einer Wertersatzpflicht bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme (noch) zu schaffen (vgl. BGHZ 116, 1, 3). Eine solche etwaige gesonderte Hinweiserteilung ist ein Merkmal der konkreten Fallgestaltung, das nicht Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist und deshalb bei der vom Einzelfall losgelösten abstrakten Wirksamkeitsprüfung im Unterlassungsverfahren außer Betracht bleiben muss (BGHZ 116, 1, 5).
38
d) Wie bereits ausgeführt, erstreckt sich die Unterlassungspflicht - unter der Voraussetzung, dass die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist - auch auf diejenigen Fälle, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will. Das war hinsichtlich der Klausel 3 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 357, 346 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (aaO) sowie § 10 Abs. 1 Nr. 10 der BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (aaO), jeweils mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (aaO) vorgenommenen Änderungen.
39
4. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass dem Kläger wegen der Abmahnung ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in der geltend gemachten und von der Revision nicht angegriffenen Höhe zusteht (§ 5 UKlaG, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG). Der Anspruchsberechtigte kann die Kostenpauschale auch dann in voller Höhe verlangen, wenn die Abmahnung nur zum Teil berechtigt war (BGHZ 177, 253, Tz. 50 m.w.N.). Das ist hier der Fall.

III.

40
Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten wegen der Klausel 2 zurückgewiesen hat. Es ist daher wie aus dem Tenor ersichtlich aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Wegen der Klausel 2 ist die Unterlassungsklage nach dem oben Ausgeführten abzuweisen. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen. Ball Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Milger Dr. Hessel ist erkrankt und daher gehindert, zu unterschreiben. Ball Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 24.01.2008 - 12 O 12049/07 -
OLG München, Entscheidung vom 26.06.2008 - 29 U 2250/08 -
BGHR: ja

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 83/11
Verkündet am:
1. März 2012
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. März 2012 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 11. März 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Landgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin schloss mit dem Beklagten am 3. Mai 2006 einen Vertrag über ein Entgelt für die Vermittlung einer fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung. Darin vereinbarten die Parteien eine (Handelsmakler-)Vermittlungsgebühr , die in monatlichen Raten von 90,53 € über eine Laufzeit von 60 Monaten gezahlt werden sollte. Dem sich daraus ergebenden Teilzahlungspreis von 5.431,80 € wurde ein Barzahlungspreis von 5.014,64 € gegenübergestellt; der effektive Jahreszins wurde mit 3,35 % angegeben.
2
Der Vertrag zwischen den Parteien enthielt unter Punkt 4 den Hinweis, dass der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Vermittlungsgebühr mit dem Zustandekommen des vom Kunden beantragten Versicherungsvertrags entstehe. Der Anspruch auf Zahlung der Vermittlungsgebühr bleibe von einer Änderung oder vorzeitigen Beendigung des Versicherungsvertrags aus anderen Gründen unberührt.
3
Das Vertragsformular enthielt folgende Widerrufsbelehrung: "Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Ab- sendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an … Widerrufsfolgen Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben."
4
Der Beklagte schloss durch Vermittlung der Klägerin eine fondsgebundene Rentenversicherung bei der A. Lebensversicherung S.A. ab. Im Versicherungsantrag ist eine Monatsrate ab Versicherungsbeginn in Höhe von 41,47 € und ab dem 61. Monat in Höhe von 132,50 € eingetragen. Versicherungsbeginn war der 1. Juli 2006. Der Beklagte zahlte auf die Vermittlungsgebühr sechs Raten zu je 90,53 € für die Monate Juli 2006 bis Dezember 2006. Danach erbrachte er keine Zahlung mehr an die Klägerin. Mit Schreiben vom 22. März 2007 kündigte er den Versicherungsvertrag gegenüber der Versicherungsgesellschaft , die die vorzeitige Vertragsbeendigung bestätigte.

5
Nachdem die Klägerin den Beklagten vergeblich zur Zahlung der rückständigen Raten aus der Vermittlungsgebührenvereinbarung aufgefordert hatte, stellte sie mit Schreiben vom 21. März 2009 den noch offenen Betrag insgesamt fällig. Dieser erklärte mit Schriftsatz vom 21. Mai 2010 den Widerruf dieser Vereinbarung.
6
Die Klage hat vor dem Amtsgericht keinen Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten verurteilt, 4.623,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2009 sowie 489,45 € an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Die weitergehende Klage und die weitergehende Berufung wurden zurückgewiesen.
7
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


8
Die Revision hat Erfolg.

I.


9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 4.623,64 € aus der Vermittlungsgebührenvereinbarung zu. Diese sei nicht wirksam widerrufen worden. Das Vertragsformular enthalte eine den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. genügende Widerrufsbelehrung. Die im Vertrag verwendete Widerrufsbelehrung habe wörtlich der Anlage 2 zur BGB-Informationspflichten-Verordnung in der bis zum 31. März 2008 gültigen Fassung entsprochen. Dass die in der Anlage 2 enthaltene Belehrung zum Wertersatz in der hier zu beurteilenden Widerrufsbelehrung gefehlt habe, sei unschädlich, da es sich hier nicht um ein Haustürgeschäft gehandelt habe und § 312 Abs. 2 BGB daher nicht anzuwenden sei. Wie sich aus dem Muster in Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV nebst den dazu gehörigen Gestaltungshinweisen ergebe, bestehe das Muster aus Textbausteinen, die je nach Vertragsart weggelassen oder hinzugefügt werden könnten. Den Text unter der Überschrift "Widerrufsrecht" habe die Klägerin wörtlich eingehalten. Bei dem Text unter "Widerrufsfolgen" habe die Klägerin nur den ersten Satz übernommen , diesen aber wortgetreu. Ab dem zweiten Satz werde der Wertersatz behandelt , auf den nur nach § 312 Abs. 2 BGB hinzuweisen sei, nicht aber nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. Wenn aber der Wortlaut genau dem Muster entspreche und nur diejenigen Sätze weggelassen werden würden, die auf den jeweiligen Vertrag keine Anwendung fänden, sei das Muster eingehalten. Wenn der Unternehmer das Muster für eine Widerrufsbelehrung nach der BGB-Informationspflichten -Verordnung in der bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung verwende, genüge er seinen Belehrungspflichten.
10
Der Forderung stehe auch kein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen die Klägerin entgegen, da der Beklagte bereits eine Pflichtverletzung nicht hinreichend dargetan habe.

II.


11
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
12
1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vermittlungsprovision nach § 652 BGB i.V.m. § 93 HGB und der zwischen den Parteien geschlossenen Vermittlungsgebührenvereinbarung zu. Der Beklagte hat seine auf Abschluss dieser Vermittlungsgebührenvereinbarung gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen.
13
a) Auf das Schuldverhältnis zwischen den Parteien sind gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten -Verordnung in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung anzuwenden , da der Vertrag zwischen den Parteien vor dem genannten Datum geschlossen ist und es sich nicht um ein unbefristetes Schuldverhältnis im Sinne des Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB handelt.
14
b) Dem Kläger stand das ausgeübte Widerrufsrecht gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F. zu. Da die Vermittlungsgebühr in Teilzahlungen zu erbringen war, handelt es sich um ein Teilzahlungsgeschäft im Sinne des § 499 Abs. 2 BGB a.F. Gemäß § 501 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. § 495 Abs. 1 und § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. konnte der Beklagte seine auf Abschluss der Vermittlungsgebührenvereinbarung gerichtete Willenserklärung innerhalb von zwei Wochen widerrufen. Diese Frist war zum Zeitpunkt seines Widerrufs nicht abgelaufen, da sie gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht erteilt wird und diese einen Hinweis auf den Fristbeginn enthält. An einer solchen hin- reichenden Belehrung des Beklagten als Verbraucher über sein Widerrufsrecht mangelt es im vorliegenden Fall im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts. Deshalb ist nach § 355 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 BGB a.F. das Widerrufsrecht des Beklagten auch nicht sechs Monate nach Vertragsschluss erloschen.
15
aa) Die in der Vertragsurkunde enthaltene Widerrufsbelehrung genügte nicht den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. Sie enthielt den Hinweis, dass die Frist für den Widerruf "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" beginne. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine solche Belehrung unzureichend, da sie den Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt. Sie ist nicht umfassend, sondern irreführend. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne weiteres zu erkennen. Er vermag lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" beginnen, der Beginn des Fristablaufs also gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch im Unklaren gelassen, welche - etwaigen - weiteren Umstände dies sind (vgl. Urteile vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 Rn. 13, 15; vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, NJW 2010, 3566 Rn. 21; vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 12; vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, NJW 2011, 1061 Rn. 14; vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 34).
16
bb) Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Finanzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 2302) ist der Klägerin verwehrt, weil sie - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegenüber dem Beklagten kein Formular verwendet hat, das diesem Muster der An- lage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entspricht.
17
(1) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (jetzt: § 360 Abs. 3 Satz 1 BGB i.V.m. dem Muster der Anlage 1 zum EGBGB) genügte eine Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB und den diesen ergänzenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. in Textform verwendet wurde. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, kann ein Unternehmen sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (zuletzt BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 aaO Rn. 37 mwN). Dabei kann auch hier dahingestellt bleiben, ob das in der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung nichtig ist, weil die Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht in jeder Hinsicht entspricht. Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Entscheidend ist vielmehr allein, ob der Unternehmer den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift er aber in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst sein, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderung, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 aaO Rn. 39).
18
(2) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin bei der Belehrung über den Widerruf insbesondere die in der Musterbelehrung vorgesehene Belehrung über die Widerrufsfolgen nicht vollständig übernommen. So heißt es in Satz 2 des hier maßgeblichen Musters für die Widerrufsbelehrung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV, dass im Falle des Widerrufs, sofern die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewährt werden kann, der Verbraucher insoweit gegebenenfalls Wertersatz zu leisten hat. Dass dieser Satz bei bestimmten Vertragsarten oder Vertragsgestaltungen entfallen könnte, sehen die Gestaltungshinweise zu diesem Muster - in dem durch Klammerzusätze und ergänzende Erläuterungen kenntlich gemacht wird, dass bestimmte Sätze bei bestimmten Fallkonstellationen entfallen können oder aber hinzuzufügen sind - nicht vor. Eine Streichung dieses Satzes wäre im vorliegenden Fall auch nicht geboten, da wegen der Unmöglichkeit der Herausgabe der erlangten Maklerleistung gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB ein Wertersatz in Betracht kommen kann. Auf diesen Wertersatzanspruch hat sich die Klägerin im Verfahren auch ausdrücklich berufen. Zwar mag nach § 355 Abs. 2 BGB a.F., worauf das Berufungsgericht abstellt, eine gesetzliche Verpflichtung zur Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs und einen möglichen Wertersatz bei Teilzahlungsverträgen der vorliegenden Art gesetzlich nicht vorgeschrieben sein. Der Gesetzgeber hat jedoch die Rechtsfolge, dass die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. entspricht (§ 14 Abs. 1 BGB-InfoV), daran geknüpft, dass das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird. Wenn er dabei Belehrungen vorsieht, die über die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehene Belehrung hinausgehen, bleibt es dennoch dabei, dass nur bei Verwendung des vollständigen Musters der Unternehmer den Vertrauensschutz aus § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genießt (vgl. Gessner, Widerrufsrecht und Widerrufsbelehrung im deutschen und europäischen Verbraucherrecht, 2009, S. 103 f; Masuch NJW 2002, 2931, 2932; Bodendiek MDR 2003, 1, 3). Der Gesetzgeber ging bei Abfassung des Art. 245 EGBGB als Ermächtigungsnorm für den Erlass der BGB-InformationspflichtenVerordnung davon aus, dass über die gesetzlich erforderlichen Inhalte der Widerrufsbelehrung auch zusätzliche Belehrungen in dieser Verordnung geregelt werden könnten (vgl. BT-Drucks. 14/7052 S. 208; Bodendiek aaO).
19
2. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 543 Abs. 1, Abs. 3 ZPO). In Betracht zu ziehen ist ein Wertersatzanspruch der Klägerin gemäß § 357 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB. Hierzu hat das Berufungsgericht noch keine Feststellung getroffen, was es nachzuholen haben wird. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang auch Gelegenheit , sich mit den weiteren Rügen der Revision zu den geltend gemachten Verletzungen der Beratungspflichten der Klägerin auseinanderzusetzen, wozu der Senat Stellung zu nehmen im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung hat. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kündigung des Versicherungsvertrags durch den Beklagten keine Auswirkungen auf die Höhe des Wertersatzanspruchs hat. Zwar entfaltet die Maklerleistung erst und nur im Erfolgsfalle ihren vollen Wert (vgl. Senatsurteil vom 15. April2010 - III ZR 218/09, BGHZ 185, 192 Rn. 30). Kommt es aber zum Abschluss des Hauptvertrags, wird also dieser Wert realisiert, so wird allein durch die nachfolgende Kündigung der vermittelten Lebensversicherung weder (bei Wirksamkeit des Maklervertrags) die verdiente Provision in Frage gestellt (vgl. Senatsurteile vom 20. Januar 2005 - III ZR 251/04, BGHZ 162, 67, 72 ff; zuletzt Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 269/06, NJW-RR 2007, 1503 Rn. 12) noch (im Falle eines Widerrufs) die Höhe des Wertersatzanspruchs beeinflusst. Die nachfolgende Kündigung könnte allenfalls als nachträglicher Wegfall des erlangten Vorteils gewertet werden. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass sich der Rückgewährschuldner , anders als der Bereicherungsschuldner (vgl. § 818 Abs. 3 BGB), gegenüber Wertersatzansprüchen nicht auf eine Entreicherung berufen kann (BT-Drucks. 14/6040 S. 195).
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
AG Oberhausen, Entscheidung vom 09.07.2010 - 36 C 1204/10 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 11.03.2011 - 7 S 162/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I I ZR 1 0 9 / 1 3 Verkündet am:
18. März 2014
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 312 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung),
§ 355 (in der Fassung vom 23. Juli 2002); BGB-InfoV § 14 Abs. 1 und 3 (in der Fassung
vom 5. August 2002)
Der Unternehmer, der eine den gesetzlichen Anforderungen nach § 312 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 2 BGB (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung), § 355
Abs. 2 BGB (in der Fassung vom 23. Juli 2002) nicht genügende Widerrufsbelehrung
verwendet, kann sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV (in der
Fassung vom 5. August 2002) nicht berufen, wenn er den Text der Musterbelehrung
einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht; ob die Abweichungen von der
Musterbelehrung nur in der Aufnahme von insoweit zutreffenden Zusatzinformationen
zugunsten des Belehrungsempfängers bestehen, ist unerheblich.
BGH, Urteil vom 18. März 2014 - II ZR 109/13 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. März 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und
den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie
den Richter Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 19. Februar 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Kläger mit den Hilfsanträgen (Berufungsanträge zu 3 und 4) zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger beteiligten sich mit Beitrittserklärung (Zeichnungsschein) vom 20. März 2004 in Höhe von 18.000 € als atypische stille Gesellschafter an der A. AG & Co. KG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, und zwar im Rahmen des Beteiligungsprogramms „Sprint“, bei dem die Einlage durch eine Anzahlung von 3.000 € und monatliche Raten von 100 € bezahlt werden sollte. Die Kläger leisteten auf ihre Beteiligung insgesamt 7.820 € zuzüglich eines Agios in Höhe von 1.080 €.
2
In dem Zeichnungsschein der Beklagten sind die Kläger unter der Über- schrift „Widerrufsbelehrung“ wie folgt auf ihr Widerrufsrecht hingewiesen wor- den: „Widerrufsrecht. Sie können Ihre Beitrittserklärung inner- halb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, Email) widerrufen. Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag (im Emissionsprospekt enthalten) erhalten haben. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu rich- ten an: … [Beklagte]. Widerrufsfolgen: Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten.“
3
Nachdem die Beklagte die Kläger mit Schreiben vom 7. Juli 2009 über eine Schieflage der Gesellschaft informiert und unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Weiterzahlung der Raten um die Zustimmung zu einer beabsichtigten Liquidation gebeten hatte, erklärten die Kläger durch Anwaltsschreiben vom 11. September 2009 die außerordentliche Kündigung sowie die Anfechtung ihrer Beteiligungen und die Geltendmachung von Schadensersatz.
4
Die Kläger haben von der Beklagten in erster Linie Rückzahlung ihrer ge- leisteten Einlage in Höhe von 7.820 € Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der stillen Beteiligung sowie die Feststellung begehrt, dass der Beklagten keine weiteren Rechte aus der Beteiligung zustehen. Hilfsweise haben sie die Feststellung beantragt, dass sie ihre Beteiligung wirksam zum 11. September 2009 außerordentlich gekündigt haben, und die Berechnung und Auszahlung ihres Auseinandersetzungsguthabens begehrt. Zur Begründung haben sie die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten geltend gemacht. Ferner haben sie die Widerrufsbelehrung in der Beitrittserklärung als fehlerhaft beanstandet und sich auf einen Widerruf ihrer in einer Haustürsituation abgeschlossenen Beteiligung berufen, der mangels ordnungsgemäßer Belehrung über ihr Widerrufsrecht auch noch im Jahr 2009 habe erfolgen können.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen und die Revision im Hinblick darauf zugelassen , dass es die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. August 2002, BGBl. I 2002, 3009; im Folgenden : aF) auf den Fall erstreckt hat, dass die verwendete Belehrung von dem maßgeblichen Muster - wenn auch nur hinsichtlich weiter erteilter zutreffender Informationen - abweicht. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr auf Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung ihrer Beteiligung sowie der Auszahlung des von der Beklagten zu berechnenden Auseinandersetzungsguthabens gerichtetes Hilfsbegehren mit der Begründung weiter, sie hätten ihr Widerrufsrecht wirksam ausgeübt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Kläger hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, soweit das Berufungsgericht die Abweisung der Klage mit den auf die Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung und Auszahlung eines von der Beklagten zu berechnenden Auseinandersetzungsguthabens gerichteten Hilfsanträgen bestätigt hat.
7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung insoweit im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die Kläger hätten ihre Beteiligung nicht wirksam widerrufen. Nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag hätten sie ihre Beitrittserklärung zwar in einer sogenannten Haustürsituation abgegeben. Das Widerrufsrecht habe im Jahr 2009 aber nicht mehr ausgeübt werden können, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist nach § 355 BGB (in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Juli 2002; im Folgenden: aF) lange verstrichen gewesen sei. Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung folge im Wesentlichen dem Muster in der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV aF. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne sich der Verwender der Widerrufsbelehrung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF allerdings nur berufen, wenn er ein Formular verwendet habe, das dem in der Anlage 2 geregelten Muster vollständig entspreche. Dem sei für Fälle zu folgen, in denen die verwendete Widerrufsbelehrung zuungunsten des Vertragspartners des Verwenders von dem Muster abweiche. Im vorliegenden Fall sei es jedoch anders. Die einzige Abweichung liege darin, dass es in der Musterbelehrung in der Fassung von 2002 heiße: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, während es in der hier verwendeten Belehrung heiße: „Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag erhalten haben“. Damit behebe sie Mängel, die dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF angehaftet hätten, weil die Musterbelehrung den zu Belehrenden nicht ausreichend über den Fristbeginn informiert habe. Es erscheine deshalb nicht angemessen, dass derjenige, der zugunsten des Belehrungsempfängers von dem Muster abweiche, indem er ihm weite-re - zutreffende - Informationen erteile, sich wegen dieser Zusatzinformationen nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF solle berufen können.
9
II. Die Revision der Kläger ist begründet. Die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts der Kläger gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung, im Folgenden: aF), § 355 BGB aF war im Jahr 2009 nicht abgelaufen, weil die Widerrufsbelehrung der Beklagten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder den Anforderungen der §§ 312 Abs.1 Satz 1 und Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB aF noch den Voraussetzungen genügt, unter denen sich der Verwender einer Widerrufsbelehrung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF berufen kann.
10
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB aF auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesellschaft, die wie die Beklagte der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 - C 215/08, ZIP 2010, 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung findet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2010 - II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn.12 - FRIZ II; Urteil vom 2. Mai 2012 - II ZR 14/10, ZIP 2012, 1504 Rn. 18). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben bei dem Beitritt der Kläger die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB aF vorgelegen.
11
2. Das Berufungsgericht hat es dahinstehen lassen, ob die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung - unabhängig von der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF - grundsätzlich ordnungsgemäß war. Die Belehrung genügte, wie der Senat selbst feststellen kann, schon deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil ein wirksamer Widerruf nach dem Vollzug des Beitritts gemäß der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft und damit allenfalls zu einem etwaigen Abfindungsanspruch des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters entsprechend dem Wert seines Gesellschaftsanteils im Zeitpunkt seines Ausscheidens führt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 2012 - II ZR 14/10, ZIP 2012, 1504 Rn. 46 mwN), die Widerrufsbelehrung aber keinen Hinweis auf diese rechtlichen Folgen des Widerrufs enthält (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 21. Januar 2013 - 8 U 281/11, juris Rn. 53). Ein solcher Hinweis war nicht deshalb entbehrlich , weil die Kläger nach der konkreten Vertragsgestaltung Zahlungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist leisten mussten. Es kommt nicht darauf an, ob vertragliche Leistungen nach der von der Beklagten beabsichtigten Vertragsgestaltung ausgeschlossen sein sollten, sondern ob sie nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung auch ausgeschlossen waren. Das war vorliegend nicht der Fall, weil die Kläger berechtigt waren, Zahlungen bereits vor dem festgelegten Fälligkeitstermin und damit auch vor Ablauf der Widerrufsfrist zu entrichten (§ 271 Abs. 2 BGB) und damit ihren Beitritt zu vollziehen. Ob ein solches Verhalten der Kläger nahelag, ist unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rn. 18). Im Übrigen geht die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung selbst davon aus, dass Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist in Betracht kamen; andernfalls hätte es nicht des in der Belehrung enthaltenen Hinweises bedurft, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs bereits empfangene Leistungen zurückzugewähren seien. Wegen Fehlens einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung ist die Widerrufsfrist von zwei Wochen (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) nicht nach § 355 Abs. 2 BGB aF in Gang gesetzt worden.
12
3. Die Belehrung genügt auch nicht gem. § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF den gesetzlichen Anforderungen.
13
a) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF genügte eine Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB aF und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wurde; dabei durfte der Unternehmer in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen, § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF.
14
b) Das als Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV aF im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Muster wies zum Widerrufsrecht und zu den Widerrufsfolgen folgenden Text auf: Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von [zwei Wochen] ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) [oder durch Rücksendung der Sache] widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs [oder der Sache]. Der Widerruf ist zu richten an: Widerrufsfolgen Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren [und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben]. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren , müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. [Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Ver- schlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nehmen und alles unterlassen , was deren Wert beeinträchtigt. Paketversandfähige Sachen sind [auf unsere Kosten und Gefahr] zurückzusenden. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt.]
15
c) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF grundsätzlich nur ein, wenn der Verwender ein Formular verwendet, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, ZIP 2009, 1512 Rn. 15; Urteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, ZIP 2010, 734 Rn. 20; Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, ZIP 2011, 178 Rn. 15 f.; Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rn. 21; Urteil vom 1. März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 17). Bei vollständiger Verwendung kann sich der Verwender auf die in § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF geregelte Gesetzlichkeitsfiktion auch dann berufen, wenn das Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB aF an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht genügt (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 14; Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, juris Rn.

6).

16
d) Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspricht dem Muster nicht vollständig. Zwar ist es entgegen der Ansicht der Revision unschädlich , dass in der Widerrufsbelehrung der Hinweis auf die Widerrufsfolgen bei der Überlassung von Sachen fehlt, weil dieser Zusatz nach den mit dem Muster veröffentlichten Gestaltungshinweisen bei Leistungen, die wie hier nicht in der Überlassung von Sachen bestehen, entfallen kann. Die Widerrufsbelehrung weicht jedoch in dem über den Fristbeginn belehrenden Teil von dem Muster ab, indem anstelle des Fristbeginns nach dem Muster („frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“) über einen Fristbeginn „einen Tag, nachdem Sie diese Be- lehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesell- schaftsvertrag (im Emissionsprospekt enthalten) erhalten haben“ belehrt wird.
17
e) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht diese Abweichung einer Anwendung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF entgegen. Sie ist nicht deshalb unerheblich, weil die Beklagte damit nur weitere zutreffende Zusatzinformationen aufgenommen habe und daher, wie das Berufungsgericht meint, nur zugunsten des Belehrungsempfängers vom Muster abgewichen sei.
18
Der Senat hat es zwar als unschädlich angesehen, wenn der Verwender den in dem Muster fehlerhaft wiedergegebenen Fristbeginn (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 9 mwN) dem Gesetz (§ 187 BGB) angepasst hat (BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, juris Rn. 6). Die von der Beklagten vorgenommenen Änderungen erschöpfen sich jedoch nicht in der Anpassung der Belehrung über den Fristbeginn an die gesetzliche Regelung des § 187 BGB. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten enthält darüber hinausgehend inhaltliche Änderungen der Belehrung nach dem Muster, indem der Fristbeginn nicht nur mit dem Tag nach Zugang der Belehrung angegeben, sondern zusätzlich von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht wird, nämlich von dem Zugang einer Abschrift der Beitrittserklärung und des Gesellschaftsvertrags. Unterzieht der Verwender, wie hier die Beklagte, den Text der Musterbelehrung aber einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung , so kann er sich schon deshalb nicht auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung berufen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, ZIP 2011, 1858 Rn. 39; Urteil vom 1.
März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 17). Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen inhaltlichen Änderungen, da sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, ZIP 2011, 1858 Rn. 39; Urteil vom 1. März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 17).
19
Eine der Anwendung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF entgegenstehende inhaltliche Bearbeitung der Musterbelehrung ist daher im vorliegenden Fall unabhängig davon gegeben, ob mit dem zusätzlich in die Belehrung aufgenommenen Hinweis, dass die Widerrufsfrist erst mit Zugang einer Abschrift der Vertragsurkunde und des Antrags beginnt, möglicherweise der Regelung des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF (= § 355 Abs. 3 Satz 2 BGB nF) Rechnung getragen werden sollte, nach der die Widerrufsfrist bei schriftlich abzuschließenden Verträgen nicht beginnt, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags bedarf ebenso wie der Beitritt zu einer schon bestehenden stillen Gesellschaft nicht von Gesetzes wegen der Schriftform, sondern kann formfrei und sogar stillschweigend vereinbart werden (vgl. Gehrlein in Ebenroth/ Boujong/Joost/ Strohn, HGB, 2. Aufl., § 230 Rn. 20, 22; Roth in Baumbach/ Hopt, HGB, 36. Aufl., § 230 Rn. 10 und § 105 Rn. 68 zur OHG). Den Fragen, ob die Regelung des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF nur die gesetzliche Schriftform betrifft (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 355 Rn. 15; Masuch in Münch/ KommBGB, 6. Aufl., § 355 Rn. 60) oder ob sie auch bei vereinbarter Schriftform eingreift (Erman/Saenger, BGB, 13. Aufl., § 355 Rn. 13) und ob der Beitrittsvertrag im vorliegenden Fall aufgrund vertraglicher Vereinbarung der Schriftform bedurfte, braucht nicht nachgegangen zu werden. Denn mangels eines gesetzlichen Schriftformerfordernisses beschränkte sich die Ergänzung der Musterbelehrung insoweit jedenfalls nicht auf die Vornahme einer bloßen Korrektur durch Übernahme einer für alle Fallgestaltungen gesetzlich vorgegebenen Fristberechnung , sondern es handelte sich allenfalls um eine aufgrund der konkreten Fallgestaltung (vertraglich vereinbarte Schriftform) für erforderlich erachtete individuelle Anpassung der Widerrufsbelehrung. Ein Verwender, der die Musterbelehrung in dieser Weise abändert und dessen Widerrufsbelehrung in der abgeänderten Form den gesetzlichen Anforderungen - hier: weil sie nicht darauf hinweist, dass sich die rechtlichen Folgen des Widerrufs nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft richten können - nicht genügt, ist nicht nach § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF schutzwürdig.
20
4. War die Widerrufsfrist somit noch nicht abgelaufen, konnten die Kläger im Jahr 2009 ihre Beitrittserklärung noch widerrufen. Für den Widerruf genügt es, wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringt, dass er den Vertragsschluss nicht mehr gegen sich gelten lassen will (BGH, Urteil vom 24. April 1996 - X ZR 139/94, ZIP 1996, 1138; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 355 Rn. 6 mwN).
21
III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Kläger mit den Hilfsanträgen (Berufungsanträge zu 3 und
4) zurückgewiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Bergmann Strohn Caliebe Reichart Sunder
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.02.2012 - 304 O 499/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 19.02.2013 - 9 U 35/12 -

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 12.08.2014 - 1 O 250/13 - wird, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hauptantrags zu 1) richtet, als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert für die erste und zweite Instanz wird einheitlich auf bis 13.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten darüber, ob der beklagten Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung zusteht und ob die Klägerin Darlehensverträge, die sie zusammen mit ihrem mittlerweile geschiedenen Ehemann in den Jahren 2004 bis 2007 mit der Beklagten abgeschlossen hat, wirksam widerrufen hat.
Die Klägerin schloss gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann zu den nachfolgenden Zeitpunkten insgesamt sechs Darlehensverträge bei der Beklagten zur Finanzierung des Kaufs und der Modernisierung einer Immobilie ab:
Abschlussdatum   
 Valuta
   Belehrung
Oktober 2004
40.000 EUR
Anlage K3
Oktober 2004
30.000 EUR
Anlage K3
Oktober 2004
25.000 EUR
Anlage K3
Januar 2005
20.000 EUR
Anlage K3
September 2006
25.000 EUR
Anlage K5
Juli 2007
5.000 EUR
Anlage K5
Der Klägerin und ihrem Ehemann wurde dabei jeweils eine Widerrufsbelehrung ausgehändigt, die bei den ersten vier Verträgen dem Stand Oktober 2002 (Anlage K3, AS I 27) und bei den weiteren Verträgen dem Stand August 2005 (Anlage K5, AS I 97) entsprach. Vor der Veräußerung der mit den Darlehen finanzierten Immobilien im April 2013 belief sich die offene Darlehensvaluta auf ca. 134.000 EUR.
Mit Anwaltsschreiben vom 01.10.2013 erklärte die Klägerin den Widerruf sämtlicher sechs Darlehensverträge. Die Klägerin machte dabei geltend, die Beklagte habe sie nicht korrekt über ihr Widerrufsrecht belehrt, da die ihr ausgehändigte Widerrufsbelehrung sowohl hinsichtlich ihrer äußeren Gestaltung als auch inhaltlich von der Musterwiderrufsbelehrung gemäß § 14 BGB-InfoV a.F. abweiche. Die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist sei zudem fehlerhaft. Im Schriftsatz vom 17.02.2014 (AS I 93) erklärte der nunmehr in neuer Kanzlei tätige Prozessbevollmächtigte der Klägerin darüber hinaus im Namen des geschiedenen Ehemannes der Klägerin den Widerruf unter Verweis auf eine Untervollmacht für die K. Rechtsanwälte und unter Vorlage einer von M. H. am 25.10.2013 der K. Rechtsanwälte erteilten Vollmacht in Sachen H./S. T.. Mit Schreiben vom 26.02.2014 (Anlagen B1 und B2, AS I 109, 111) hat die Beklagte den Widerruf wegen fehlender Beifügung von Originalvollmachten zurück- und darauf hingewiesen, dass - unstreitig - keine Untervollmacht vorgelegen habe. Der geschiedene Ehemann der Klägerin widerrief zudem mit Schreiben vom 04.03.2014 (Anlage B3, AS I 113) die Vollmacht vom 25.10.2013, verbat sich deren Weiterverwendung ausdrücklich und teilte mit, er werde auch für die Kanzlei C. keine neue Vollmacht unterzeichnen.
In der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2014 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Prozessvollmacht vom 24.04.2014 in der Sache M. H./S. T. vor, die vom geschiedenen Ehemann der Klägerin unterschrieben war (AS I 123). Hierauf gestützt erklärte er wiederum den Widerruf der streitgegenständlichen Darlehensverträge namens des M. H. Die Ausstellung der Prozessvollmacht vom 24.04.40214 erfolgte unstreitig aufgrund folgenden Sachverhalts: Die Klägerin hat am 24.04.2014 die Unterzeichnung der Prozessvollmacht von ihrem geschiedenen Ehemann mit der Drohung verlangt, dass sie ihm sonst Schwierigkeiten im Umgang mit dem ehegemeinschaftlichen Kind machen und sie ihn außerdem mit einem Prozessverfahren wegen der Darlehen überziehen werde. Allein dann, wenn er die Prozessvollmacht unterzeichne, würde sie davon Abstand nehmen, ihm Schwierigkeiten bei der Ausübung des Umgangsrechts zu machen und vom Klageverfahren Abstand nehmen. Mit Schreiben vom 03.05.2014 (AS I 125) widerrief M. H. gegenüber den Klägervertretern auch die am 24.04.2014 unterzeichnete Prozessvollmacht.
Die Klägerin hat vorgetragen,
aufgrund der fehlerhaften bzw. unvollständigen Widerrufsbelehrung sei das Widerrufsrecht nicht erloschen und die Darlehensverträge seien wirksam widerrufen worden. Jeder Verbraucher könne seine eigene, auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung gesondert widerrufen. Zur Wirksamkeit des Widerrufs sei eine entsprechende Erklärung des weiteren Darlehensnehmers nicht erforderlich. Da zu befürchten sei, dass die Beklagte nach Ausübung des Widerrufsrechts eine Vorfälligkeitsentschädigung verlange, bestehe Anspruch auf Feststellung, dass eine solche nicht geschuldet sei. Jedenfalls bestehe Feststellungsinteresse dahingehend, dass die Darlehensverträge wirksam widerrufen worden seien.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten und hat ausgeführt, die Widerrufsbelehrungen hätten den seinerzeitigen rechtlichen Anforderungen entsprochen, insbesondere sei eine Abweichung gegenüber den Musterwiderrufsbelehrungen weder von der äußeren noch von der inneren Gestaltung vorgenommen worden. Auch die Belehrung bezüglich des Fristbeginns sei hinreichend gewesen, jedenfalls sei ein Widerrufsrecht mittlerweile verwirkt. Schließlich könne ein wirksamer Widerruf nur angenommen werden, wenn beide Darlehensnehmer den Widerruf erklären. Die namens des M. H. vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin abgegebenen Widerrufserklärungen entfalteten mangels wirksamer Bevollmächtigung keine Rechtswirkung.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen, der erstinstanzlichen Anträge und näheren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
10 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Antrags auf Feststellung, dass die Klägerin keine Vorfälligkeitsentschädigung schulde, sei sie bereits unzulässig, da die Beklagte eine solche nie gefordert, sondern sie lediglich im Rahmen der Verhandlungen ausgerechnet habe. Der zulässige Hilfsantrag sei unbegründet, da die Darlehensverträge nicht wirksam widerrufen worden seien. Zwar seien die verwendeten Belehrungen fehlerhaft, sodass das Widerrufsrecht nicht verfristet und im Übrigen auch nicht verwirkt sei, allerdings fehle es an einem Widerruf durch beide Darlehensnehmer. Ein solcher sei wegen des in § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF enthaltenen Verweises - trotz der lediglich auf die Rechtsfolgen abstellenden amtlichen Überschrift - auf § 351 BGB aF wie bei allen anderen Gestaltungsrechten nötig, da das Widerrufsrecht nur einheitlich ausgeübt werden könne. Im Streitfall liege indes nur eine wirksame Erklärung der Klägerin, nicht aber eine solche des geschiedenen Ehemannes vor. Die Erklärung aus dem Schriftsatz vom 17.02.2014 sei unwirksam, da keine Untervollmacht bestanden und die Beklagte dies umgehend moniert habe. Die Prozessvollmacht vom 25.02.2014 umfasse den Widerruf nicht, da kein Prozess zwischen dem geschiedenen Ehemann der Klägerin und der Beklagten geführt werde. Zudem sei sie als durch Drohung abgenötigte Erklärung sittenwidrig, jedenfalls aber anfechtbar und auch wirksam angefochten.
11 
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
12 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Der Widerruf sei nicht deshalb unwirksam, weil nur die Klägerin einen solchen erklärt habe. § 357 BGB aF enthalte lediglich eine Rechtsfolgenverweisung, sodass § 351 BGB aF nicht gelte. Auch aus §§ 355 Abs. 1, 495 BGB aF und der dortigen Verwendung des Singulars werde deutlich, dass jeder Verbraucher gesondert widerrufen könne. Die gegenteilige Auffassung sei mit dem vom Gesetzgeber bezweckten Verbraucherschutz nicht zu vereinbaren. Zudem habe auch der geschiedene Ehemann der Klägerin wirksam widerrufen, da die vorgelegte Prozessvollmacht vom 24.04.2014 bei richtiger Auslegung auch zum Widerruf ermächtige und nicht unwirksam sei.
13 
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Es bestehe schon kein Rechtsschutzbedürfnis für den Hilfsantrag, da der Klägerin eine Leistungsklage möglich sei.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
15 
Die Berufung hat - soweit sie zulässig ist (1.) - in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht insoweit weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Das Landgericht hat die im Übrigen zulässige (2.) Klage zu Recht abgewiesen. Zwar stand der Klägerin ein Widerrufsrecht zu, weil die verwendeten Belehrungen nicht ordnungsgemäß waren (3.). Allerdings konnte das Widerrufsrecht nur gemeinsam mit ihrem geschiedenen Ehemann ausgeübt werden (4.); die durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin für deren ehemaligen Ehemann abgegebenen Erklärungen waren jedoch unwirksam (5.).
16 
1. Hinsichtlich des als unzulässig abgewiesenen Hauptantrags zu 1) auf Feststellung, dass der Beklagten keine Vorfälligkeitsentschädigung zusteht, ist die Berufung mangels ordnungsgemäßen Berufungsangriffs bereits unzulässig.
17 
a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben; nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 11.03.2014 - VI ZB 22/13, VersR 2014, 895 Rn. 8 f.; vom 27.01.2015 - VI ZB 40/14, juris Rn. 7; vom 10.02.2015 - VI ZB 26/14, juris sowie BGH, Beschlüsse vom 13.09.2012 - III ZB 24/12, NJW 2012, 3581 Rn. 8 f.; vom 23.10.2012 - XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn. 10 und vom 22.05.2014 - IX ZB 46/12, juris Rn. 7, jeweils m.w.N.).
18 
b) Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung der Klägerin bezogen auf den weiter verfolgten Hauptantrag zu 1) nicht gerecht. Es finden sich keinerlei Ausführungen dazu, warum das Urteil des Landgerichts, das die Klage insoweit bereits wegen Fehlens eines Feststellungsinteresses nach § 256 Abs. 1 ZPO als unzulässig angesehen hat, weil sich die Beklagte eines Anspruchs auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nie berühmt habe, falsch sein soll.
19 
2. Entgegen der Ansicht der Berufungsantwort war die Klage im Übrigen, d.h. soweit mit ihr die Feststellung begehrt wurde, dass die Darlehensverträge wirksam widerrufen wurden, zulässig.
20 
Zwar fehlt es im allgemeinen an dem erforderlichen Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO, soweit eine Leistungsklage möglich ist. Der Vorrang der Leistungsklage gilt aber nicht ausnahmslos. Wenn eine Feststellungsklage zur endgültigen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt, etwa weil von der Bereitschaft des Beklagten zur Leistung schon auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin auszugehen ist, bestehen gegen die Zulässigkeit keine Bedenken. So liegt der Fall hier. Es besteht hinreichende Gewähr, dass die beklagte Bank, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegt, auch aufgrund eines rechtskräftigen Feststellungsurteils einen nach Verrechnung der gegenseitigen Forderungen etwaig noch bestehenden Anspruch der Klägerin erfüllen würde (vgl. dazu BGH, Urteil vom 30.05.1995 - XI ZR 78/94, NJW 1995, 2219).
21 
3. Der Klägerin stand - wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend annimmt - hinsichtlich aller sechs Finanzierungsverträge ein Widerrufsrecht nach den §§ 491 Abs. 1, 495 Abs. 1, 355 BGB in der bis zum 07.12.2004 (bezüglich des Vertrages aus dem Oktober 2004) bzw. 10.06.2010 geltenden Fassung (bezüglich der übrigen Verträge; im Folgenden: aF) zu. Mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung hatte der Lauf der Widerrufsfrist nicht begonnen (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF i.V. mit Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Davon geht im Übrigen auch die Berufungsantwort aus.
22 
a) Die Belehrungen über das Widerrufsrecht für die Finanzierungsvertragserklärungen der Klägerin waren unzutreffend. Denn sie ließen die Klägerin bei der Beurteilung, ab wann die Widerrufsfrist läuft, im Unklaren und konnten sie deshalb von der Ausübung des Widerrufs abhalten. Folge ist, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt wurde (§ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB aF) und die Klägerin den Widerruf grundsätzlich auch noch im Jahr 2014 wirksam erklären konnte.
23 
Nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss die Widerrufsbelehrung umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren.
24 
aa) Die von der Beklagten bei der Widerrufsbelehrung jeweils verwendete Formulierung, die Frist „beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, genügt, wie mehrere Senate des Bundesgerichtshofs bereits wiederholt entschieden haben, nicht diesen Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF. Die Formulierung informiert den Verbraucher nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB aF maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist und die zeitlichen Grenzen des Widerrufsrechts, weil sie nicht umfassend und zudem irreführend ist. Die Verwendung des Wortes „frühestens“ ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist „jetzt oder später“ beginnen, der Beginn des Fristlaufs also noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird damit darüber im Unklaren gelassen, um welche etwaigen Umstände es sich dabei handelt (BGH, Urteil vom 09.12.2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 13, 15; Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 66/08, WM 2010, 2126 Rn. 21; Urteil vom 01.12.2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 12; Urteil vom 02.02.2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 14; Urteil vom 28.06.2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 34; Urteil vom 01.03.2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 15; Urteil vom 17.01.2013 - III ZR 145/12, NJW-RR 2013, 885 Rn. 10). Ohne klarstellenden Zusatz über den konkreten Beginn der Widerrufsfrist liegt ein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot vor (vgl. BGH, Urteil vom 02.02.2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 15).
25 
bb) Die Belehrungen sind auch deshalb unwirksam, weil die Finanzierungsverträge schriftlich abzuschließen waren (§ 492 BGB). Ist aber der Vertrag schriftlich abzuschließen, so beginnt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden. Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrags also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung erfordert, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist (BGHZ 180, 123 = WM 2009, 932 Rn. 15). Daran fehlt es im Streitfall ebenfalls.
26 
b) Die Beklagte kann nicht mit Erfolg den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes mit Blick auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (mit dem Muster der Anlage 2 in der bis zum 07.12.2004 [für die Verträge aus dem Oktober 2004] bzw. bis 31.03.2008 [für die übrigen Verträge] geltenden Fassung) für sich in Anspruch nehmen. Der Bundesgerichtshof hat zwar mit Entscheidung vom 15.08.2012 (WM 2012, 1886 Rn. 14) klargestellt, dass sich der Verwender der Musterbelehrung auf die Schutzvorschrift des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen kann. Das gilt jedoch nur im Falle vollständiger Identität der erfolgten Belehrung mit der vorgenannten Musterbelehrung, sowohl inhaltlich als auch der äußeren Gestaltung nach (BGH, WM 2012, 1668 Rn. 14 ff.; WM 2011, 1799 Rn. 36, 37 m.w.N.; Beschluss vom 10.02.2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 8 m.w.N.).
27 
An einer solchen Identität fehlt es hier. Die Beklagte hat für die Widerrufsbelehrungen bezüglich der Darlehensvertragserklärung des Kreditkunden kein Formular verwendet, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht, also vollständig, entspricht.
28 
aa) In der Widerrufsbelehrung zum Finanzierungsvertrag aus dem Januar 2005 (Anlage K3) fehlt unter „Widerrufsfolgen“ der - seit 08.12.2004 - in der Erläuterung Nr. 6 der Musterbelehrung für Finanzdienstleistungen, wie der hier vorliegenden Finanzierungsvereinbarung, vorgesehene Satz: „Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen“.
29 
bb) In den Widerrufsbelehrungen zu den übrigen Finanzierungsverträgen (Anlage K3 für Oktober 2004 und Anlage K5 für September 2006 und Juli 2007) wurde bei der Belehrung unter „Finanzierte Geschäfte“ der in der Erläuterung Nr. 9 der Musterbelehrung für den Darlehensvertrag enthaltene Satz 2 nicht wie erforderlich bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts durch den folgenden Satz
30 
"Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt."
31 
ersetzt, sondern die beiden Varianten wurden - sprachlich abgewandelt - kombiniert. Ohne Belang ist dabei, ob es sich bei den von der Klägerin aufgenommenen Darlehen tatsächlich um verbundene Geschäfte handelt, bei deren Nichtvorliegen der Gestaltungshinweis Nr. 8 [für die Fassung bis 07.12.2004] bzw. Nr. 9 [für die Fassung bis 31.03.2008] der Musterbelehrung in ihrer hier maßgeblichen Fassung dem Unternehmer anheim gibt, die Hinweise für finanzierte Geschäfte wegzulassen (BGH, Urteil vom 28.06.2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 39).
32 
cc) Damit fehlt es an der vollständigen inhaltlichen und äußeren Übereinstimmung, an die die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV anknüpft. Entscheidend für die Frage, ob die Belehrung der Musterbelehrung in jeder Hinsicht entspricht, ist allein, ob der Unternehmer den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Überarbeitung unterzogen hat. Greift der Unternehmer in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst ein, kann er sich auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das gilt, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat (BGH, NZG 2012, 427 Rn. 17; ebenso WM 2011, 1799, Rn. 37 ff., 39), unabhängig von dem konkreten Umfang der durch den Unternehmer vorgenommenen Änderungen, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige Grenze ziehen lässt, bis zu der die Schutzwirkung noch gelten kann und bei deren Überschreitung sie entfallen soll.
33 
4. Entgegen der Ansicht der Berufung konnte der damit grundsätzlich weiterhin mögliche Widerruf der auf den Abschluss der einzelnen Darlehensverträge gerichteten Erklärungen jeweils nur - ggf. zeitlich gestaffelt - gemeinsam mit dem ehemaligen Ehemann der Klägerin erklärt werden, da beide - Klägerin und Ehemann - Vertragspartner der einzelnen Verträge geworden sind. Der nur von der Klägerin erklärte Widerruf führt damit nicht zur Rückabwicklung der Verträge, sondern war vielmehr seinerseits gem. § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der Fassung vom 27.07.2011 (aF) i.V.m. § 351 BGB unwirksam.
34 
a) Soweit sich die Berufung für ihre gegenteilige Rechtsansicht auf den in den §§ 355 Abs. 1, 495 BGB aF verwendeten Singular beruft, sagt diese der sprachlichen Vereinfachung geschuldete und im BGB durchgängig anzutreffende Art der Formulierung nichts über die Frage aus, wie mit Gestaltungsrechten bei einer Mehrheit von Vertragspartner zu verfahren ist. Andernfalls verstieße die in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung für die Kündigung vertretene Auffassung, dass bei einer Mehrheit von Mietern ein Mietvertrag grundsätzlich nur einheitlich von allen oder gegenüber allen Mietern gekündigt werden kann (BGH, Urteil vom 13.03.2013 - XII ZR 34/12, BGHZ 196, 318 Rn. 12) gegen den Wortlaut des § 543 Abs. 1 BGB, der von „dem Kündigenden“ spricht.
35 
b) Auch aus der amtlichen Überschrift des § 357 BGB aF, die lediglich von „Rechtsfolgen des Widerrufs“ spricht, kann nicht gefolgert werden, dass § 351 BGB, der lediglich die Unteilbarkeit des Rücktrittsrechts und damit eine Voraussetzung für dessen wirksame Ausübung regelt, damit nicht in Bezug genommen ist (so aber abstellend auf den Charakter einer reinen Rechtsfolgenverweisung OLG Stuttgart, Urteil vom 20.05.2014 - 6 U 182/13, n.v. Anlage K1, S. 10; MünchKommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 355 Rn. 29 und § 357 Rn. 11; ders., BB 2005, 344, 346; Soergel/Pfeiffer, BGB, 13. Aufl., § 357 Rn. 7; Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 491 Rn. 20; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 6. Aufl., § 491 Rn. 53c und 8. Aufl., § 491 BGB Rn. 28; wohl auch BeckOK/Möller, BGB, Stand 01.05.2015, § 491 Rn. 25; BeckOK/H. Schmidt, BGB, Stand 01.05.2015, § 351 Rn. 1; MünchKommBGB/Schürnbrand, 7. Aufl., § 491 Rn. 14; Erman/Röthel, BGB, 14. Aufl., § 351 Rn. 5; Erman/Saenger, BGB, 14. Aufl., § 491 Rn. 19; Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026).
36 
Denn die insoweit sprachlich missglückte Überschrift kann den viel weiteren Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF - der nach Art. 229 §§ 22 Abs. 2, 32 Abs. 1 EGBGB hier weiterhin gilt und nach dem „auf das Widerrufs- und das Rückgaberecht […], soweit nicht ein anderes bestimmt ist, die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechende Anwendung“ finden - nicht einschränken (so auch Staudinger/Kaiser, BGB, 2012, § 351 Rn. 3 und § 355 Rn. 42 f.; jurisPK-BGB/Wildemann, 6. Aufl., § 357 Rn. 8; Schirmbacher, BB 2009, 1088, 1089; Bülow, WM 2000, 2361, 2364; im Ergebnis ebenfalls Medicus/Stürner in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 8. Aufl., § 357 Rn. 1 und jurisPK-BGB/Schwintowski, 6. Aufl., § 495 Rn. 24). Wollte man das anders sehen, müsste man konsequenterweise auch bei § 312 BGB in der Fassung vom 29.07.2009 (aF), der noch mit „Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften“ überschrieben war, entgegen dem Wortlaut des Absatz 1 Satz 2 davon ausgehen, dass kein Rückgaberecht eingeräumt werden kann (vgl. Staudinger/Kaiser, a.a.O., Rn. 43). Dies wird soweit ersichtlich von niemanden vertreten.
37 
c) Dieses Ergebnis korrespondiert nicht nur mit dem Umstand, dass mehrere Darlehensnehmer dem Unternehmer im Falle der Rückabwicklung des Vertrages auch als Gesamtschuldner haften (§§ 421, 427 BGB), sondern fügt sich außerdem nahtlos in das System der Handhabung anderer Gestaltungsrechte ein: Denn nicht nur im Fall der Kündigung (dazu oben a)), sondern auch bei der Minderung (§§ 441 Abs. 2, 638 Abs. 2 BGB) und beim Wiederkaufs- (§ 461 Satz 1 BGB) und Vorkaufsrecht (§ 472 Satz 1 BGB; dazu BGH, Urteil vom 13.03.2009 - V ZR 157/08, NJW-RR 2009, 1172 Rn. 21 ff.) kann deren Ausübung bei mehreren Vertragspartnern auf einer Seite nur gemeinschaftlich erfolgen. Gleiches gilt hinsichtlich der Aufforderung zur Erklärung über die Genehmigung nach § 177 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 02.04.2004 - V ZR 107/03, WM 2005, 141 Rn. 19).
38 
Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf eine Entscheidung des Reichsgerichts (RGZ 65, 399, 405) zur Anfechtung abgestellt hat, in der es heißt, es gebe keinen allgemeinen Grundsatz, dass Rechte nur von allen und gegen alle ausgeübt werden dürften, folgt daraus nichts Gegenteiliges. Denn auch dort wird auf die obigen Sondervorschriften und insbesondere auf die Unteilbarkeit des Rücktrittsrechts (§ 356 BGB aF) hingewiesen, auf die § 357 BGB aF - anders als das Anfechtungsrecht - ausdrücklich Bezug nimmt.
39 
d) Für die Inbezugnahme des § 351 BGB sprechen im Übrigen auch die Gesetzgebungsgeschichte und der aus den Materialien erkennbare Wille des Gesetzgebers. Während unter Geltung des alten § 7 VerbrKrG allgemein anerkannt war, dass jeder widerrufsberechtigte Verbraucher den Vertrag eigenständig widerrufen konnte und die Wirkung auf die anderen Verbraucher analog § 139 BGB bestimmt wurde (vgl. die Nachweise hierfür bei Staudinger/Kaiser, BGB, 2012, § 355 Rn. 42), änderte sich diese Sichtweise mit der am 30.06.2000 durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro eingefügten Vorschrift des § 361a BGB. Dieser beinhaltet in Absatz 2 Satz 1 folgenden Passus:
40 
„Auf das Widerrufsrecht finden die Vorschriften dieses Titels, soweit nichts anderes bestimmt ist, entsprechende Anwendung.“,
41 
woraus allgemein gefolgert wurde, dass damit nunmehr auf sämtliche Vorschriften des Rücktrittsrechts und daher auch auf § 356 BGB aF (entspricht dem heutigen § 351 BGB) verwiesen wurde (so ausdrücklich MünchKommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 357 Rn. 11; Staudinger/Kaiser, BGB, 2001, § 361a Rn. 26 m.w.N.). Und zwar obwohl in den Gesetzesmaterialien ausgeführt wird, dass „Absatz 2 […] die Rechtsfolgen des Widerrufs regelt“ (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Ds. 14/2658 S. 47).
42 
Daran sollte sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers durch die im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung erfolgte Einführung des § 357 Abs. 1 BGB aber nichts ändern (vgl. Gesetzentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Ds. 14/6040 S. 17 f., 199: „Absatz 1 [des § 357 BGB] entspricht dem bisherigen § 361a Abs. 2 Satz 1“).
43 
Erst durch die zum 13.06.2014 durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.09.2013 (BGBl. I S. 3642) erfolgte Umstrukturierung der §§ 355 ff. BGB, v.a. durch die Streichung der Verweisung auf die Vorschriften des Rücktrittsrechts und die Verankerung eines eigenen Untertitels, der sich mit den grundlegenden und im Grundsatz abschließenden (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., Vorbem. § 355 Rn. 4) Bestimmungen zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen befasst, dürfte nunmehr die Anwendung des § 351 BGB ausgeschlossen sein (vgl. jurisPK-BGB/Hönninger, 7. Aufl., § 355 Rn. 25 und BT-Ds. 17/12637, S. 33: „Der Titel enthält die grundsätzlich abschließenden Regelungen zur Rückabwicklung des widerrufenen Vertrags; eine Bezugnahme auf die Rücktrittsregelungen entfällt.“).
44 
e) Vor diesem Hintergrund ist auch der Verweis der Berufung auf das zur alten Rechtslage ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.06.1996 (VIII ZR 151/95, BGHZ 133, 71) nicht erfolgversprechend. Denn in dieser Entscheidung, die sich freilich mit der hier vorliegenden Problematik mit keinem Wort befasst, ging es um die Frage, ob das Verbraucherkreditgesetz auf einen Schuldbeitritt zu einem Kreditvertrag entsprechend anwendbar ist und daher auch dem Beitretenden ein Widerrufsrecht zusteht. Dass er dieses in der Entscheidung vom Bundesgerichtshof bejahte Recht isoliert ausüben durfte, darüber war man sich (anders als bei § 357 BGB aF) unter Geltung des § 7 VerbrKrG - wie oben unter d) ausgeführt - noch einig.
45 
5. Verlangt man demgemäß Widerrufserklärungen beider Darlehensnehmer, so ist dem Landgericht darin zuzustimmen, dass eine wirksame Erklärung des geschiedenen Ehemannes der Klägerin nicht vorliegt.
46 
a) Dagegen, dass der mit Schriftsatz vom 17.02.2014 unter Vorlage einer der K. Rechtsanwälte am 25.10.2013 erteilten Vollmacht für den früheren Ehemann der Klägerin erklärte Widerruf infolge unverzüglicher Zurückweisung durch die Beklagte nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam war, wendet sich die Berufung zu Recht nicht mehr.
47 
b) Nicht zu beanstanden ist ferner die Auffassung des Landgerichts, auch der in der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2014 unter Vorlage einer neuen (Prozess)vollmacht vom 24.04.2014 namens des ehemaligen Ehemanns der Klägerin erklärte Widerruf sei unwirksam.
48 
aa) Die materiell-rechtliche Erklärung des Widerrufs eines Darlehensvertrages war von der erteilten Vollmacht schon nicht erfasst.
49 
(1) Aus dem vom Gesetz festgelegten Umfang der Prozessvollmacht (§ 81 ZPO) folgt eine Vertretungsmacht nicht. Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen Prozesshandlungen im Verhältnis zu Gericht und Gegner, die diesen konkreten zwischen den in der Prozessvollmacht bezeichneten Gegnern schwebenden Rechtsstreit betreffen. Über den in § 81 ZPO festgelegten Inhalt hinaus hat der Prozessbevollmächtigte zwar auch die Befugnis, materiell-rechtliche Erklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen, deren Umfang sich nach den Besonderheiten des Einzelfalles und dem inneren Zusammenhang der abgegebenen Erklärung mit dem Gegenstand des Rechtsstreits bestimmt. Der Anwalt des Klägers darf und muss insbesondere alle außerprozessualen Handlungen vornehmen, die notwendig sind, um den Prozess siegreich zu beenden. Die Vollmacht reicht danach aber nur so weit, wie sich der Rechtsanwalt bei vernünftiger, wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach dem vorprozessualen Streitstoff angesichts des Zwecks, der mit seiner Beauftragung verfolgt wird, zu einer Rechtshandlung im Interesse seines Auftrag- und Vollmachtgebers als ermächtigt ansehen darf (BGH, Urteil vom 18.12.2002 - VIII ZR 72/02, NJW 2003, 963 Rn. 14 m.w.N.).
50 
(2) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe durfte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gerade nicht als vom früheren Ehemann der Klägerin zum Ausspruch des Widerrufs seiner auf den Abschluss der sechs streitgegenständlichen Darlehensverträge gerichteten Erklärungen ermächtigt ansehen. Schon der Wortlaut der Prozessvollmacht geht nicht so weit. Denn er bezieht sich nur auf Prozesshandlungen, die einen - nicht existenten - Rechtsstreit zwischen dem ehemaligen Ehemann der Klägerin und der Beklagten betreffen. Nimmt man hinzu, dass dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch das Schreiben der geschiedenen Ehemannes der Klägerin vom 04.03.2014 bekannt war, dass nicht nur die alte - viel weiter gehende (vgl. Nr. 4) - Vollmacht vom 25.10.2013 widerrufen, sondern auch die Erteilung einer neuen abgelehnt wurde, erhellt, dass ein Widerruf der Darlehensvertragserklärungen (für den Bevollmächtigten ersichtlich) nicht im Interesse des Vollmachtgebers war.
51 
bb) Darüber hinaus ist die Vollmachtserteilung auch wirksam angefochten worden, sodass sie nach § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend entfiel. Der „Widerruf“ in dem an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichteten Schreiben des ehemaligen Ehemannes der Klägerin vom 03.05.2014 ist als - fristgerechte (§ 124 Abs. 1 BGB) - Anfechtungserklärung auszulegen. Da unstreitig ist, dass die Vollmacht nur unter Drohung seitens der Klägerin mit einem empfindlichen Übel, nämlich dem ungerechtfertigten Inaussichtstellen von Schwierigkeiten bei der Regelung des Umgangsrechts mit dem gemeinsamen Kind, zustande gekommen ist und § 123 Abs. 2 BGB für die Drohung nicht gilt, lag auch ein Anfechtungsgrund vor.
52 
6. Mangels Hauptforderung stehen der Klägerin auch die für deren Geltendmachung angefallenen Rechtsanwaltskosten nicht zu.
III.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage, ob der Widerruf eines Darlehensvertrages bei mehreren Darlehensnehmern gemäß § 357 Abs. 1 BGB aF i.V.m. § 351 BGB von allen erklärt werden muss, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Zwar bezieht sich diese Zulassungsvoraussetzung grundsätzlich nur auf geltendes Recht. Eine Frage zu auslaufendem, nur noch auf Altfälle anwendbarem Recht kann eine Zulassung der Revision aber dann rechtfertigen, wenn entweder noch eine Vielzahl von Verfahren nach altem Recht zu entscheiden ist oder wenn die Auslegung des alten Rechts Bedeutung für das aktuelle Recht hat (BGH, Beschluss vom 15.09.2014 - II ZR 442/13, juris Rn. 3 m.w.N.; vgl. auch Beschluss vom 05.12.2002 - XI ZB 15/02, juris Rn. 5). Ersteres ist hier der Fall. Darüber hinaus weicht der Senat von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20.05.2014 (6 U 182/13) ab.
55 
Gemäß § 63 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG war der Streitwert festzusetzen. Dieser entspricht dem Wert des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin, das diese in der mündlichen Verhandlung mit 12.170,67 EUR (= Vermeidung der von der Beklagten ausgerechneten Vorfälligkeitsentschädigung) angegeben hat (vgl. dazu ausführlich Senat, WM 2015, 2088).

(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.

(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.

(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.

(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.

(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.

(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.

Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite mehrere beteiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen.

(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.

(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.

(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.

(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.

(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.

(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 55/00 Verkündet am:
4. Juli 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Belehrungszusatz
Die einem Verbraucher mit dem Zusatz, der Lauf der Widerrufsfrist beginne
"nicht jedoch, bevor die auf Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung
vom Auftraggeber abgegeben wurde", erteilte Widerrufsbelehrung entspricht
nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB.
BGH, Urt. v. 4. Juli 2002 - I ZR 55/00 - OLG Naumburg
LG Dessau
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 27. Januar 2000 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Dessau vom 4. August 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte befaßt sich mit der Durchführung von Maler- und Dachdekkerarbeiten. Am 2. Oktober 1997 suchte einer ihrer Mitarbeiter einen Hauseigentümer unangemeldet in dessen Wohnhaus auf und bot ihm eine Dachsanierung zu einem Festpreis an. Auf dem von dem Mitarbeiter der Beklagten vorgelegten vorgedruckten Auftragsformular der Beklagten, das der Hauseigentümer im Lauf des Gesprächs unterzeichnete, befand sich links unten eine schwarz umrahmte Widerrufsbelehrung mit folgendem Wortlaut:
"Der Auftrag kann innerhalb einer Woche schriftlich bei der Firma ... widerrufen werden. Zur Wahrung dieser Frist genügt rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Lauf der Widerrufsfrist beginnt mit Aushändigung dieser Vertragsurkunde, nicht jedoch, bevor die auf Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeber abgegeben wurde." Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hat die Verwendung des Auftragsformulars mit der Begründung als wettbewerbswidrig beanstandet, die Widerrufsbelehrung verstoße gegen § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (HWiG a.F.). Der im letzten Satz der Widerrufsbelehrung enthaltene , mit den Worten "nicht jedoch, bevor ..." beginnende Satzteil stelle eine unzulässige , weil im Gesetz nicht vorgesehene Erweiterung der Belehrung dar und sei zudem geeignet, den Kunden zu verwirren.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit dem Abschluß von Werkverträgen im Bereich der Privatwohnung eines Kunden dem Kunden keine den Anforderungen des Haustürwiderrufsgesetzes genügende Widerrufsbelehrung zu erteilen, insbesondere dem Kunden eine Widerrufsbelehrung zu erteilen, die folgende zusätzliche Erklärung bei dem Hinweis enthält , daß der Lauf der Widerrufsfrist mit Aushändigung der Vertragsurkunde beginnt: "... nicht jedoch, bevor die auf Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeber abgegeben wurde." Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Standpunkt vertreten, die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung sei eindeutig und auch für den Verbraucher unmißverständlich. Der Hinweis, daß der Lauf der Widerrufsfrist nicht vor Abgabe der auf Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Auftraggebers beginne, sei zur Klarstellung insbesondere in den Fällen notwendig, in denen sich Auftraggeber erst nach einer Bedenkzeit zur Vertragsunterzeichnung entschließen würden. In diesen Fällen vergäßen Kunden verschiedentlich die gesonderte Unterzeichnung der Widerrufsbelehrung, was die Vertragsabwicklung erschwere. Deshalb lasse man in solchen Fällen den Kunden die Widerrufsbelehrung unterschreiben, auch wenn er den Auftrag selbst noch nicht unterschrieben habe.
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (OLG Naumburg OLG-Rep 2000, 279).
Hiergegen richtet sich die (zugelassene) Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Beklagte beantragt , die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch mit der Begründung verneint, der beanstandete Teil der Widerrufsbelehrung verstoße nicht gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. schließe nicht jeden Zusatz zu der Belehrung aus. Diese dürfe nur keine Erklärungen mit deutlich anderem Inhalt als die vom Gesetz vorgesehenen aufweisen. Da das Verbot, andere Erklärungen mit der Belehrung zu verbinden, deren Übersichtlichkeit und Hervorhebung abzusichern bezwecke, seien solche Ergänzungen zulässig, die die Widerrufsbelehrung in ihrem gebotenen Inhalt verdeutlichten. Dies sei bei dem vom Kläger beanstandeten Teil der Widerrufsbelehrung der Beklagten der Fall. Die von dieser geschilderte Vorgehensweise, den nicht zur sofortigen Auftragserteilung entschlossenen Kunden ein Auftragsformular mit der Bitte zu überlassen, die Widerrufsbelehrung sogleich zu unterschreiben, sei rechtlich zulässig. Für solche Fälle sei der beanstandete Zusatz notwendig, um zu verdeutlichen , wann die Widerrufsfrist zu laufen beginne; ansonsten könnte bei den Kunden der unzutreffende Eindruck entstehen, daß die Frist schon vor seiner Unterschrift unter den Auftrag abgelaufen sei. Wenn die Unterschriften unter den Vertrag und die Widerrufsbelehrung gleichzeitig erfolgten, sei der Zu-
satz zwar überflüssig, aber immerhin nicht falsch. Die verwendete Formulierung sei aus der Sicht eines Verbrauchers auch nicht so schwierig, daß für ihn nicht zumindest bei einiger Überlegung deutlich werde, was mit ihr gemeint sei. Mit der gewählten Formulierung werde die gesetzliche Vorgabe erfüllt, daß der Kunde für jeden denkbaren Fall eindeutig über sein Widerrufsrecht und über die Berechnung der Frist hierfür zu informieren sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg und führen zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden landgerichtlichen Urteils. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß das von der Beklagten benutzte Auftragsformular den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, die bei Haustürgeschäften für die dem Kunden zu erteilende Widerrufsbelehrung gelten. Die Verwendung eines solchen Auftragsformulars ist wettbewerbswidrig i.S. des § 1 UWG.
1. Die Frage, ob der klagegegenständliche Unterlassungsanspruch begründet ist, beurteilt sich angesichts dessen, daß der Anspruch in die Zukunft gerichtet ist, nach dem im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung geltenden Recht (st. Rspr.; vgl. BGHZ 141, 329, 336 - Tele-Info-CD; BGH, Urt. v. 9.11.2000 - I ZR 185/98, GRUR 2001, 348, 349 = WRP 2001, 397 - Beratungsstelle im Nahbereich; Urt. v. 25.10.2001 - I ZR 29/99, WRP 2002, 679, 680 - Vertretung der Anwalts-GmbH; Urt. v. 11.4.2002 - I ZR 306/99, WRP 2002, 832, 833 - Postfachanschrift, m.w.N.). Insoweit sind daher nunmehr die aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Bestimmungen des § 312 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB einschlägig, die ihrerseits auf die ebenfalls zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Vorschriften der § 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2, § 357 Abs. 1 und 3 BGB verweisen.

2. Nach dem Wortlaut des § 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB ist die Frage, ob eine Widerrufsbelehrung, die den Hinweis auf den Beginn der Widerrufsfrist mit Aushändigung der Vertragsurkunde mit dem einschränkenden Zusatz "nicht jedoch, bevor die auf Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeber abgegeben wurde" verbindet, den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ebensowenig eindeutig zu beantworten wie nach dem bisherigen Recht (vgl. für die Zeit bis zum 30. September 2000 § 2 Abs. 1 Satz 1 bis 3 HWiG a.F. und nachfolgend bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes § 361a Abs. 1 Satz 2 bis 4 BGB in der Fassung des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000, BGBl. I S. 897). Die Regelungen des alten wie auch die des neuen Rechts knüpfen hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist jeweils an die Erteilung der Widerrufsbelehrung an, regeln aber nicht ausdrücklich, zu welchem Zeitpunkt diese zu erteilen ist. Ihrem Wortlaut läßt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die Belehrung vor der Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers zulässig und, da die Frist zum Widerruf jedenfalls nicht vor der Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers beginnen kann (vgl. Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 2 HWiG Rdn. 4; Fischer/Machunsky, Haustürwiderrufsgesetz, 2. Aufl., § 2 Rdn. 45; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB [2001], § 7 VerbrKrG Rdn. 39; MünchKomm.BGB/Ulmer, 3. Aufl., § 2 HausTWG Rdn. 4; vgl. auch MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 40 und Klauss/Ose, Verbraucherkreditgeschäfte , 2. Aufl., § 2 HausTWG Rdn. 297), ein entsprechender Hinweis auf den richtigen Fristbeginn in der Widerrufsbelehrung erforderlich, zumindest aber zulässig ist.
3. Entscheidend ist daher, ob der vom Gesetz mit der Einräumung eines Widerrufsrechts zugunsten des Verbrauchers verfolgte Zweck mit der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung erreicht wird. Das ist nicht der Fall.

a) Das nunmehr in § 355 BGB und in Vorschriften, die - wie vorliegend § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB - auf diese Bestimmung verweisen, geregelte Widerrufsrecht bezweckt ebenso wie das früher unter anderem in § 2 HWiG a.F., § 7 VerbrKrG a.F. und auch schon in § 1b AbzG a.F. geregelte Widerrufsrecht den Schutz der Verbraucher. Dieser Schutz erfordert eine möglichst umfassende, unmißverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung. Dem tragen die bei der Belehrung von Gesetzes wegen zu beachtenden Formvorschriften und inhaltlichen Anforderungen Rechnung (vgl. BGHZ 121, 52, 54 f. - Widerrufsbelehrung I). Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 44; Staudinger/Werner, BGB [1998], § 2 HWiG Rdn. 30). Bereits vor der Vereinheitlichung des Widerrufsrechts bei Verbraucherverträgen durch § 361a BGB a.F. entsprach es darüber hinaus der Zielrichtung des Haustürwiderrufsgesetzes und des Verbraucherkreditgesetzes ebenso wie der des früheren Abzahlungsgesetzes, den regelmäßig rechtsunkundigen Verbraucher auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren und ihn über die Berechnung nicht im Unklaren zu lassen (vgl. BGHZ 121, 52, 54 f. - Widerrufsbelehrung I; 126, 56, 62). Dies sieht nunmehr § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB ausdrücklich vor. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. An diesem in § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. ausdrücklich normierten Erfordernis hat sich durch die gesetzliche Neuregelung nichts geändert (vgl. Bülow, VerbrKrG, 4. Aufl., § 7
Rdn. 117). Es kommt nunmehr darin zum Ausdruck, daß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Gestaltung der Belehrung verlangt, die dem Verbraucher seine Rechte deutlich macht (vgl. insoweit - zu § 1b Abs. 2 AbzG a.F. - BGH, Urt. v. 7.5.1986 - I ZR 95/84, GRUR 1986, 816, 818 = WRP 1986, 660 - Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf; Urt. v. 30.9.1992 - VIII ZR 196/91, NJW 1993, 64,

67).


Diese Regelung schließt allerdings nicht schlechthin jeglichen Zusatz zur Belehrung aus. Ihrem Zweck entsprechend sind Ergänzungen als zulässig anzusehen , die ihren Inhalt verdeutlichen. Nicht hierzu rechnen jedoch Erklärungen , die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und die deshalb von ihr ablenken (vgl. BGH GRUR 1986, 816, 818 - Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf; BGH, Urt. v. 8.7.1993 - I ZR 202/91, GRUR 1994, 59, 60 = WRP 1993, 747 - Empfangsbestätigung).

b) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht. Denn sie legt das unrichtige Verständnis nahe, daß auch Fälle denkbar seien, in denen die Widerrufsfrist nicht bereits mit der Aushändigung der die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsurkunde zu laufen beginne, sondern erst mit der zeitlich nachfolgenden Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers. Dies ist jedoch unzutreffend, so daß der von dem Kläger beanstandete Zusatz die Widerrufsbelehrung nicht in ihrem gebotenen Inhalt verdeutlicht, sondern im Gegenteil für den in der Regel rechtlich nicht geschulten Verbraucher irreführend ist.
aa) Insoweit ist - was das Berufungsgericht auch nicht verkannt hat - da- von auszugehen, daß dem Zusatz in denjenigen Fällen, in denen der Verbraucher seine auf den Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung im Zeitpunkt der Aushändigung der Widerrufsbelehrung bereits abgegeben hat oder zugleich abgibt, keine sachliche Bedeutung zukommt. Denn in diesen Fällen beginnt die Frist immer erst mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung zu laufen, so daß sich der Zusatz hier als überflüssig erweist. Auch ein überflüssiger Zusatz in einer Widerrufsbelehrung ist aber geeignet, das Verständnis des Verbrauchers von ihrem wesentlichen Inhalt zu beeinträchtigen, und trägt deshalb nicht zur Verdeutlichung des gebotenen Inhalts der Belehrung bei. Hinzu kommt, daß von einem rechtsunkundigen Verbraucher nicht das richtige Verständnis des in dem Zusatz verwendeten juristischen Fachbegriffs "Abgabe einer Willenserklärung" erwartet werden kann.
bb) Die Zulässigkeit des beanstandeten Zusatzes läßt sich aber auch nicht im Hinblick auf diejenigen Fälle bejahen, für die er gedacht ist, d.h. Fälle, in denen der Verbraucher den Auftrag erst nach Inanspruchnahme einer Überlegungsfrist erteilt und die Beklagte ihn deshalb die Widerrufsbelehrung bereits vorab unterzeichnen läßt. Denn die Erteilung der Widerrufsbelehrung vor Vertragsabschluß entspricht nicht den gesetzlichen Erfordernissen (ebenso Staudinger /Wolf, BGB [1998], § 2 HWiG Rdn. 40; a.A. Staudinger/Kessal-Wulf, BGB [2001], § 7 VerbrKrG Rdn. 39; MünchKomm.BGB/Ulmer, 3. Aufl., § 2 HausTWG Rdn. 4; MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 40; Fischer/Machunsky aaO) und läßt sich auch nicht mit Praktikabilitätserwägungen rechtfertigen.
(1) Allerdings enthält § 355 BGB ebensowenig wie § 2 HWiG a.F. eine ausdrückliche Bestimmung darüber, zu welchem Zeitpunkt die Widerrufsbelehrung zu erteilen ist. Dem mit der Einräumung eines Widerrufsrechts bei Haus-
türgeschäften bezweckten Schutz des Verbrauchers widerspricht es jedoch, daß seine gesetzlich vorgeschriebene Belehrung über das ihm zustehende Recht zum Widerruf seiner auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung bereits vor deren Abgabe erteilt wird. Die Belehrung soll dem Verbraucher sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen führen. Dieses Ziel wird aber nur dann erreicht, wenn sich die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht. Das setzt voraus, daß der Verbraucher eine solche Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt. Denn nur unter dieser Voraussetzung steht ihm eine Entscheidungsfreiheit zu, die durch die Gewährung einer nachträglichen Überlegungsfrist wiederhergestellt werden soll (vgl. Begr. des Gesetzentwurfs des Bundesrates zum HWiG, BT-Drucks. 10/2876, S. 7). Dagegen ist eine Widerrufsbelehrung , die dem Verbraucher bereits vor der Abgabe der Vertragserklärung erteilt worden ist, von vornherein mit dem mit zunehmendem zeitlichen Abstand immer größer werdenden Risiko behaftet, daß dieser sie zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Vertragserklärung bereits wieder vergessen hat. Dementsprechend vermag die dem Verbraucher eingeräumte Bedenkfrist unter dieser Voraussetzung ihren Sinn nicht zu erfüllen.
Im übrigen kann auch aus der Tatsache, daß der Wortlaut des Gesetzes dem nicht ausdrücklich entgegensteht, nicht abgeleitet werden, daß der Gesetzgeber die Erteilung der Widerrufsbelehrung vor Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers zulassen wollte. Die Entstehungsgeschichte des Haustürwiderrufsgesetzes, an dessen entsprechende Regelung das nunmehr in den §§ 312, 355 BGB bestimmte Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Haustürgeschäften anknüpft, weist nämlich aus, daß die Belehrung nach der Auffassung des Gesetzgebers jedenfalls nicht vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers zu erteilen war. Die Re-
gelungen über die Widerrufsbelehrung in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HWiG a.F. waren eng an § 1b AbzG a.F. angelehnt (vgl. Begr. des Gesetzentwurfs des Bundesrates, BT-Drucks. 10/2876, S. 12 f.). Nach dieser Vorschrift mußte die dem Käufer zu erteilende Widerrufsbelehrung auf der Abschrift seiner auf den Vertragsschluß gerichteten Willenserklärung enthalten sein und begann die Widerrufsfrist erst mit der Aushändigung dieser Abschrift zu laufen. Allein schon im Hinblick darauf kam eine Belehrung vor Abgabe der Vertragserklärung des Käufers nicht in Betracht (vgl. MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 40 Fn. 91 zu der der nunmehrigen Regelung in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB entsprechenden Bestimmung des § 361a Abs. 1 Satz 5 BGB a.F.). Daß nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HWiG a.F. die Belehrung nicht auf einer Abschrift der Vertragserklärung des Kunden anzubringen war, hatte demgegenüber seinen Grund allein darin, daß die Vertragserklärung des Kunden nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht der Schriftform bedurfte (vgl. BT-Drucks. 10/2876, S. 13).
(2) Daß die Widerrufsbelehrung bei Haustürgeschäften dem Verbraucher nicht vor der Abgabe seiner auf den Vertragsschluß gerichteten Willenserklärung erteilt werden darf, folgt auch aus der Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (85/577/EWG, ABl. EG Nr. L 372 vom 31.12.1985, S. 31). Diese ist bei der Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Haustürgeschäften ergänzend heranzuziehen (vgl. BGH, Urt. v. 4.5.1994 - XII ZR 24/93, NJW 1994, 2759, 2760), wobei Divergenzen zu der Richtlinie so weit wie möglich zu vermeiden sind (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1995 - XI ZR 199/94, NJW 1996, 55, 56; Staudinger/Werner, BGB [1998], Vorbem. zum HWiG Rdn. 42; MünchKomm.BGB/Ulmer, 3. Aufl., Vor § 1 HausTWG Rdn. 6-8 und 21; Roth, ZIP 1996, 1285, 1286). Die nationalen Rechtsvorschriften sind so weit wie mög-
lich unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen (EuGH, Urt. v. 27.6.2000 - verb. Rs. C-240/98 bis C-244/98, NJW 2000, 2571, 2572 f.). Die richtlinienkonforme Auslegung der nationalen Vorschriften ist im Streitfall schon deshalb geboten, weil sich die nunmehr in den §§ 312, 355 BGB enthaltenen Bestimmungen über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Haustürgeschäften mit dem Regelungsgehalt der Richtlinie vom 20. Dezember 1985 decken, wobei sie aber - anders als die Richtlinie - die Frage , zu welchem Zeitpunkt die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher auszuhändigen ist, nicht ausdrücklich regeln (vgl. Basedow, Festschrift Brandner [1996], S. 658).
Die Widerrufsbelehrung ist dem Verbraucher nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a der Richtlinie in den Fällen des dortigen Art. 1 Abs. 1 wie namentlich bei Verträgen zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher, die anläßlich eines Besuchs des Gewerbetreibenden in einer Privatwohnung geschlossen werden (Art. 1 Abs. 1 2. Spiegelstrich Buchst. i der Richtlinie), grundsätzlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auszuhändigen. Abweichendes gilt nur in Sonderfällen, in denen die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (vgl. Art. 1 Abs. 2 i.V. mit Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b der Richtlinie) oder zum Zeitpunkt der Abgabe seines Angebots (vgl. Art. 1 Abs. 3 und 4 i.V. mit Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c der Richtlinie) auszuhändigen ist, nicht dagegen im - auch vorliegend gegebenen - Normalfall, daß der Gewerbetreibende den Verbraucher ohne vorhergehende Bestellung in dessen Privatwohnung aufsucht.
4. Die Verwendung einer gesetzwidrigen Widerrufsbelehrung durch die Beklagte stellt auch einen Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 1 UWG dar. Ein Vertragsformular, das den Vertragspartner über ein ihm durch Gesetz einge-
räumtes Widerrufsrecht entgegen den gesetzlichen Vorschriften nicht, nicht vollständig oder nicht richtig belehrt, begründet die Gefahr, daß der die Rechtslage nicht überblickende Vertragspartner von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird, was mit Blick auf das Ausnutzen dieser Rechtsunkenntnis mit dem Sinn und Zweck des Leistungswettbewerbs und den guten kaufmännischen Sitten nicht in Einklang steht. Die Beklagte verschafft sich damit zudem bewußt und planmäßig einen wettbewerbswidrigen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 1986, 816, 818 - Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf; BGHZ 121, 52, 57 f. - Widerrufsbelehrung I; BGH WRP 2002, 832, 833 - Postfachanschrift, m.w.N.).
5. Das beanstandete Verhalten der Beklagten berührt wesentliche Belange der Verbraucher i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 UWG (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.1989 - I ZR 178/87, GRUR 1989, 753, 754 = WRP 1990, 169 - Telefonwerbung II; Urt. v. 8.11.1989 - I ZR 55/88, GRUR 1990, 280, 281 = WRP 1990, 288 - Telefonwerbung III).
III. Danach war auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Bornkamm ist an der Unterschriftsleistung infolge Urlaubs verhindert. Erdmann
Pokrant Schaffert

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 264/10
vom
22. Januar 2013
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Dr. Strohn, die
Richterinnen Caliebe, Dr. Reichart und den Richter Sunder
einstimmig beschlossen:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 20. Oktober 2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 20. November 2012 Bezug genommen. Die Stellungnahme des Beklagten vom 4. Januar 2013 gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.
2
Selbst wenn der Beklagte sich hinsichtlich der ihm seiner Ansicht nach zustehenden Schadensersatzansprüche - auch - auf ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Klageforderung berufen haben sollte, ändert das nichts daran, dass die Revision insoweit mangels Zulassung unzulässig ist. Entgegen der Ansicht der Revision betrifft die Einrede des Zurückbehaltungsrechts im vorliegenden Fall einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs, für den die Frage, deretwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, ebenso wenig entscheidungserheblich ist wie für die Aufrechnungsforderungen. Der Beklagte hätte - im Falle der unbeschränkten Revisionszulassung durch das Berufungsgericht - seinerseits die Revision auf die Frage des Zurückbehaltungsrechts beschränken können (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1966 - VII ZR 162/64, BGHZ 45, 287, 289; Urteil vom 27. September 1984 - IX ZR 53/83, WM 1984, 1543 f., insoweit in BGHZ 92, 194 nicht abgedruckt).
Bergmann Strohn Caliebe Reichart Sunder

Vorinstanzen:
LG Schweinfurt, Entscheidung vom 13.01.2010 - 14 O 332/09 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 20.10.2010 - 8 U 33/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I I ZR 1 0 9 / 1 3 Verkündet am:
18. März 2014
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 312 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung),
§ 355 (in der Fassung vom 23. Juli 2002); BGB-InfoV § 14 Abs. 1 und 3 (in der Fassung
vom 5. August 2002)
Der Unternehmer, der eine den gesetzlichen Anforderungen nach § 312 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 2 BGB (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung), § 355
Abs. 2 BGB (in der Fassung vom 23. Juli 2002) nicht genügende Widerrufsbelehrung
verwendet, kann sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV (in der
Fassung vom 5. August 2002) nicht berufen, wenn er den Text der Musterbelehrung
einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht; ob die Abweichungen von der
Musterbelehrung nur in der Aufnahme von insoweit zutreffenden Zusatzinformationen
zugunsten des Belehrungsempfängers bestehen, ist unerheblich.
BGH, Urteil vom 18. März 2014 - II ZR 109/13 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. März 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und
den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie
den Richter Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 19. Februar 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Kläger mit den Hilfsanträgen (Berufungsanträge zu 3 und 4) zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger beteiligten sich mit Beitrittserklärung (Zeichnungsschein) vom 20. März 2004 in Höhe von 18.000 € als atypische stille Gesellschafter an der A. AG & Co. KG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, und zwar im Rahmen des Beteiligungsprogramms „Sprint“, bei dem die Einlage durch eine Anzahlung von 3.000 € und monatliche Raten von 100 € bezahlt werden sollte. Die Kläger leisteten auf ihre Beteiligung insgesamt 7.820 € zuzüglich eines Agios in Höhe von 1.080 €.
2
In dem Zeichnungsschein der Beklagten sind die Kläger unter der Über- schrift „Widerrufsbelehrung“ wie folgt auf ihr Widerrufsrecht hingewiesen wor- den: „Widerrufsrecht. Sie können Ihre Beitrittserklärung inner- halb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, Email) widerrufen. Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag (im Emissionsprospekt enthalten) erhalten haben. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu rich- ten an: … [Beklagte]. Widerrufsfolgen: Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten.“
3
Nachdem die Beklagte die Kläger mit Schreiben vom 7. Juli 2009 über eine Schieflage der Gesellschaft informiert und unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Weiterzahlung der Raten um die Zustimmung zu einer beabsichtigten Liquidation gebeten hatte, erklärten die Kläger durch Anwaltsschreiben vom 11. September 2009 die außerordentliche Kündigung sowie die Anfechtung ihrer Beteiligungen und die Geltendmachung von Schadensersatz.
4
Die Kläger haben von der Beklagten in erster Linie Rückzahlung ihrer ge- leisteten Einlage in Höhe von 7.820 € Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der stillen Beteiligung sowie die Feststellung begehrt, dass der Beklagten keine weiteren Rechte aus der Beteiligung zustehen. Hilfsweise haben sie die Feststellung beantragt, dass sie ihre Beteiligung wirksam zum 11. September 2009 außerordentlich gekündigt haben, und die Berechnung und Auszahlung ihres Auseinandersetzungsguthabens begehrt. Zur Begründung haben sie die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten geltend gemacht. Ferner haben sie die Widerrufsbelehrung in der Beitrittserklärung als fehlerhaft beanstandet und sich auf einen Widerruf ihrer in einer Haustürsituation abgeschlossenen Beteiligung berufen, der mangels ordnungsgemäßer Belehrung über ihr Widerrufsrecht auch noch im Jahr 2009 habe erfolgen können.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen und die Revision im Hinblick darauf zugelassen , dass es die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. August 2002, BGBl. I 2002, 3009; im Folgenden : aF) auf den Fall erstreckt hat, dass die verwendete Belehrung von dem maßgeblichen Muster - wenn auch nur hinsichtlich weiter erteilter zutreffender Informationen - abweicht. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr auf Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung ihrer Beteiligung sowie der Auszahlung des von der Beklagten zu berechnenden Auseinandersetzungsguthabens gerichtetes Hilfsbegehren mit der Begründung weiter, sie hätten ihr Widerrufsrecht wirksam ausgeübt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Kläger hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, soweit das Berufungsgericht die Abweisung der Klage mit den auf die Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung und Auszahlung eines von der Beklagten zu berechnenden Auseinandersetzungsguthabens gerichteten Hilfsanträgen bestätigt hat.
7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung insoweit im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die Kläger hätten ihre Beteiligung nicht wirksam widerrufen. Nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag hätten sie ihre Beitrittserklärung zwar in einer sogenannten Haustürsituation abgegeben. Das Widerrufsrecht habe im Jahr 2009 aber nicht mehr ausgeübt werden können, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist nach § 355 BGB (in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Juli 2002; im Folgenden: aF) lange verstrichen gewesen sei. Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung folge im Wesentlichen dem Muster in der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV aF. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne sich der Verwender der Widerrufsbelehrung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF allerdings nur berufen, wenn er ein Formular verwendet habe, das dem in der Anlage 2 geregelten Muster vollständig entspreche. Dem sei für Fälle zu folgen, in denen die verwendete Widerrufsbelehrung zuungunsten des Vertragspartners des Verwenders von dem Muster abweiche. Im vorliegenden Fall sei es jedoch anders. Die einzige Abweichung liege darin, dass es in der Musterbelehrung in der Fassung von 2002 heiße: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, während es in der hier verwendeten Belehrung heiße: „Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag erhalten haben“. Damit behebe sie Mängel, die dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF angehaftet hätten, weil die Musterbelehrung den zu Belehrenden nicht ausreichend über den Fristbeginn informiert habe. Es erscheine deshalb nicht angemessen, dass derjenige, der zugunsten des Belehrungsempfängers von dem Muster abweiche, indem er ihm weite-re - zutreffende - Informationen erteile, sich wegen dieser Zusatzinformationen nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF solle berufen können.
9
II. Die Revision der Kläger ist begründet. Die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts der Kläger gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung, im Folgenden: aF), § 355 BGB aF war im Jahr 2009 nicht abgelaufen, weil die Widerrufsbelehrung der Beklagten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder den Anforderungen der §§ 312 Abs.1 Satz 1 und Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB aF noch den Voraussetzungen genügt, unter denen sich der Verwender einer Widerrufsbelehrung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF berufen kann.
10
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB aF auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesellschaft, die wie die Beklagte der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 - C 215/08, ZIP 2010, 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung findet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2010 - II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn.12 - FRIZ II; Urteil vom 2. Mai 2012 - II ZR 14/10, ZIP 2012, 1504 Rn. 18). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben bei dem Beitritt der Kläger die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB aF vorgelegen.
11
2. Das Berufungsgericht hat es dahinstehen lassen, ob die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung - unabhängig von der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF - grundsätzlich ordnungsgemäß war. Die Belehrung genügte, wie der Senat selbst feststellen kann, schon deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil ein wirksamer Widerruf nach dem Vollzug des Beitritts gemäß der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft und damit allenfalls zu einem etwaigen Abfindungsanspruch des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters entsprechend dem Wert seines Gesellschaftsanteils im Zeitpunkt seines Ausscheidens führt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 2012 - II ZR 14/10, ZIP 2012, 1504 Rn. 46 mwN), die Widerrufsbelehrung aber keinen Hinweis auf diese rechtlichen Folgen des Widerrufs enthält (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 21. Januar 2013 - 8 U 281/11, juris Rn. 53). Ein solcher Hinweis war nicht deshalb entbehrlich , weil die Kläger nach der konkreten Vertragsgestaltung Zahlungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist leisten mussten. Es kommt nicht darauf an, ob vertragliche Leistungen nach der von der Beklagten beabsichtigten Vertragsgestaltung ausgeschlossen sein sollten, sondern ob sie nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung auch ausgeschlossen waren. Das war vorliegend nicht der Fall, weil die Kläger berechtigt waren, Zahlungen bereits vor dem festgelegten Fälligkeitstermin und damit auch vor Ablauf der Widerrufsfrist zu entrichten (§ 271 Abs. 2 BGB) und damit ihren Beitritt zu vollziehen. Ob ein solches Verhalten der Kläger nahelag, ist unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rn. 18). Im Übrigen geht die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung selbst davon aus, dass Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist in Betracht kamen; andernfalls hätte es nicht des in der Belehrung enthaltenen Hinweises bedurft, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs bereits empfangene Leistungen zurückzugewähren seien. Wegen Fehlens einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung ist die Widerrufsfrist von zwei Wochen (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) nicht nach § 355 Abs. 2 BGB aF in Gang gesetzt worden.
12
3. Die Belehrung genügt auch nicht gem. § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF den gesetzlichen Anforderungen.
13
a) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF genügte eine Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB aF und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wurde; dabei durfte der Unternehmer in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen, § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF.
14
b) Das als Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV aF im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Muster wies zum Widerrufsrecht und zu den Widerrufsfolgen folgenden Text auf: Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von [zwei Wochen] ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) [oder durch Rücksendung der Sache] widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs [oder der Sache]. Der Widerruf ist zu richten an: Widerrufsfolgen Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren [und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben]. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren , müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. [Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Ver- schlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nehmen und alles unterlassen , was deren Wert beeinträchtigt. Paketversandfähige Sachen sind [auf unsere Kosten und Gefahr] zurückzusenden. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt.]
15
c) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF grundsätzlich nur ein, wenn der Verwender ein Formular verwendet, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, ZIP 2009, 1512 Rn. 15; Urteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, ZIP 2010, 734 Rn. 20; Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, ZIP 2011, 178 Rn. 15 f.; Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rn. 21; Urteil vom 1. März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 17). Bei vollständiger Verwendung kann sich der Verwender auf die in § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF geregelte Gesetzlichkeitsfiktion auch dann berufen, wenn das Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB aF an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht genügt (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 14; Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, juris Rn.

6).

16
d) Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspricht dem Muster nicht vollständig. Zwar ist es entgegen der Ansicht der Revision unschädlich , dass in der Widerrufsbelehrung der Hinweis auf die Widerrufsfolgen bei der Überlassung von Sachen fehlt, weil dieser Zusatz nach den mit dem Muster veröffentlichten Gestaltungshinweisen bei Leistungen, die wie hier nicht in der Überlassung von Sachen bestehen, entfallen kann. Die Widerrufsbelehrung weicht jedoch in dem über den Fristbeginn belehrenden Teil von dem Muster ab, indem anstelle des Fristbeginns nach dem Muster („frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“) über einen Fristbeginn „einen Tag, nachdem Sie diese Be- lehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesell- schaftsvertrag (im Emissionsprospekt enthalten) erhalten haben“ belehrt wird.
17
e) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht diese Abweichung einer Anwendung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF entgegen. Sie ist nicht deshalb unerheblich, weil die Beklagte damit nur weitere zutreffende Zusatzinformationen aufgenommen habe und daher, wie das Berufungsgericht meint, nur zugunsten des Belehrungsempfängers vom Muster abgewichen sei.
18
Der Senat hat es zwar als unschädlich angesehen, wenn der Verwender den in dem Muster fehlerhaft wiedergegebenen Fristbeginn (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 9 mwN) dem Gesetz (§ 187 BGB) angepasst hat (BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, juris Rn. 6). Die von der Beklagten vorgenommenen Änderungen erschöpfen sich jedoch nicht in der Anpassung der Belehrung über den Fristbeginn an die gesetzliche Regelung des § 187 BGB. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten enthält darüber hinausgehend inhaltliche Änderungen der Belehrung nach dem Muster, indem der Fristbeginn nicht nur mit dem Tag nach Zugang der Belehrung angegeben, sondern zusätzlich von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht wird, nämlich von dem Zugang einer Abschrift der Beitrittserklärung und des Gesellschaftsvertrags. Unterzieht der Verwender, wie hier die Beklagte, den Text der Musterbelehrung aber einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung , so kann er sich schon deshalb nicht auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung berufen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, ZIP 2011, 1858 Rn. 39; Urteil vom 1.
März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 17). Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen inhaltlichen Änderungen, da sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, ZIP 2011, 1858 Rn. 39; Urteil vom 1. März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 17).
19
Eine der Anwendung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF entgegenstehende inhaltliche Bearbeitung der Musterbelehrung ist daher im vorliegenden Fall unabhängig davon gegeben, ob mit dem zusätzlich in die Belehrung aufgenommenen Hinweis, dass die Widerrufsfrist erst mit Zugang einer Abschrift der Vertragsurkunde und des Antrags beginnt, möglicherweise der Regelung des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF (= § 355 Abs. 3 Satz 2 BGB nF) Rechnung getragen werden sollte, nach der die Widerrufsfrist bei schriftlich abzuschließenden Verträgen nicht beginnt, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags bedarf ebenso wie der Beitritt zu einer schon bestehenden stillen Gesellschaft nicht von Gesetzes wegen der Schriftform, sondern kann formfrei und sogar stillschweigend vereinbart werden (vgl. Gehrlein in Ebenroth/ Boujong/Joost/ Strohn, HGB, 2. Aufl., § 230 Rn. 20, 22; Roth in Baumbach/ Hopt, HGB, 36. Aufl., § 230 Rn. 10 und § 105 Rn. 68 zur OHG). Den Fragen, ob die Regelung des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF nur die gesetzliche Schriftform betrifft (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 355 Rn. 15; Masuch in Münch/ KommBGB, 6. Aufl., § 355 Rn. 60) oder ob sie auch bei vereinbarter Schriftform eingreift (Erman/Saenger, BGB, 13. Aufl., § 355 Rn. 13) und ob der Beitrittsvertrag im vorliegenden Fall aufgrund vertraglicher Vereinbarung der Schriftform bedurfte, braucht nicht nachgegangen zu werden. Denn mangels eines gesetzlichen Schriftformerfordernisses beschränkte sich die Ergänzung der Musterbelehrung insoweit jedenfalls nicht auf die Vornahme einer bloßen Korrektur durch Übernahme einer für alle Fallgestaltungen gesetzlich vorgegebenen Fristberechnung , sondern es handelte sich allenfalls um eine aufgrund der konkreten Fallgestaltung (vertraglich vereinbarte Schriftform) für erforderlich erachtete individuelle Anpassung der Widerrufsbelehrung. Ein Verwender, der die Musterbelehrung in dieser Weise abändert und dessen Widerrufsbelehrung in der abgeänderten Form den gesetzlichen Anforderungen - hier: weil sie nicht darauf hinweist, dass sich die rechtlichen Folgen des Widerrufs nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft richten können - nicht genügt, ist nicht nach § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF schutzwürdig.
20
4. War die Widerrufsfrist somit noch nicht abgelaufen, konnten die Kläger im Jahr 2009 ihre Beitrittserklärung noch widerrufen. Für den Widerruf genügt es, wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringt, dass er den Vertragsschluss nicht mehr gegen sich gelten lassen will (BGH, Urteil vom 24. April 1996 - X ZR 139/94, ZIP 1996, 1138; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 355 Rn. 6 mwN).
21
III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Kläger mit den Hilfsanträgen (Berufungsanträge zu 3 und
4) zurückgewiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Bergmann Strohn Caliebe Reichart Sunder
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.02.2012 - 304 O 499/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 19.02.2013 - 9 U 35/12 -

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28.3.2014 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Unter Abänderung des Urteils der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28.3.2014 im Kostenpunkt haben die Kläger von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz 86 % und die Beklagte 14 % zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens:    

29.000,00 EUR

Streitwert in erster Instanz:

212.799,14 EUR

Gründe

 
I.
Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Feststellung, dass zwei mit der Beklagten geschlossene Darlehensverträge infolge Widerrufs beendet sind. Die Beklagte meint, der Widerruf sei unwirksam und macht mit einer Hilfswiderklage die Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta geltend.
1.
Die Parteien schlossen am 9.9.2009 (Nr. xxx) und am 11.9.2009 (Nr. xxx) Darlehensverträge über jeweils 100.000 EUR, die den Klägern zur Finanzierung eines Einfamilienhauses dienten. Bei den Verträgen handelte es sich um Fernabsatzgeschäfte. Beigefügt war jeweils folgende Widerrufsbelehrung:
Mit Anwaltsschreiben vom 16.4.2013 ließen die Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf der Darlehen erklären.
Die Kläger haben die Feststellung beantragt, dass die Darlehensverträge durch den Widerruf beendet sind. Ferner haben sie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.380,79 EUR nebst Prozesszinsen verlangt. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, der Widerruf sei rechtzeitig erklärt, weil der Lauf der Widerrufsfrist angesichts mehrerer Fehler der erteilten Belehrungen nicht begonnen habe. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den Vertrauensschutz gem. § 14 Abs. 1 BGB InfoV a.F. berufen, weil sie die Musterbelehrung nicht unverändert übernommen habe. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Kläger im Schriftsatz vom 18.3.2014 ergänzend geltend gemacht, die bei Fernabsatzverträgen erforderlichen Informationen seien insoweit nicht erteilt worden, als eine Mitteilung der Hauptgeschäftstätigkeit des Unternehmens der Beklagten und der für die Zulassung zuständigen Aufsichtsbehörde fehle.
Die Beklagte hält die Widerrufsbelehrung in jeder Hinsicht für ordnungsgemäß, insbesondere entspreche die Darstellung des Beginns der Widerrufsfrist der Gesetzesformulierung und stimme mit der Rechtslage überein. Hilfsweise hat die Beklagte Widerklage erhoben, mit der sie die Rückzahlung der zum 1.12.2013 offenen Darlehensvaluta in Höhe von 94.114,22 EUR (Nr. ...) und 89.684,94 EUR (Nr. ...) verlangt.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
2.
Das Landgericht hat die Wirksamkeit des Widerrufs der beiden Verbraucherdarlehen festgestellt und die Kläger zur Rückzahlung der Darlehensvaluta in Höhe von 183.799,14 EUR nebst Zinsen verurteilt. Soweit die Kläger Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten begehrt haben, hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, beide Darlehensverträge seien wirksam widerrufen, weil die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist geeignet sei, bei einem verständigen und durchschnittlichen Verbraucher einen Irrtum zu veranlassen. Es werde der Eindruck erweckt, dass nur bezüglich der vier - durch Spiegelstriche aufgezählten - fristauslösenden Umstände § 187 Abs. 1 BGB Anwendung finde, also die Fristberechnung am Folgetag beginne, während bezüglich des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung der Tag des Vertragsschlusses gemäß § 187 Abs. 2 BGB mitzurechnen sei. Die differenzierende Formulierung vermittle den Eindruck, dass die genannten Umstände vom Gesetz unterschiedlich zu behandeln seien. Der Fristbeginn richte sich aber einheitlich nach § 187 Abs. 1 BGB. Die Belehrung entspreche auch nicht vollständig dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV.
Dem Feststellungsantrag der Kläger sei stattzugeben, weil durch den Widerruf ein Rückabwicklungsschuldverhältnis begründet werde, worauf das Feststellungsbegehren der Kläger der Sache nach gerichtet sei. Infolge dessen seien die Kläger zur Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta nebst Verzugszinsen verpflichtet, weshalb die Hilfswiderklage Erfolg habe.
3.
10 
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr vorrangiges Ziel, die Abweisung der Feststellungsklage zu erreichen, weiter. Zur Begründung führt sie aus, das Landgericht stelle übertriebene Anforderungen an die Richtigkeit und Eindeutigkeit der Widerrufsbelehrung. In § 312 d Abs. 2 a.F. BGB finde sich eine negative Formulierung für das Ereignis des Vertragsschlusses und in § 355 Abs. 2 Satz. 1 a.F. BGB eine positive Formulierung hinsichtlich der weiteren Bedingungen des Fristbeginns. Dieser Unterscheidung trage die Belehrung Rechnung. Die Anwendung der Regelung des § 187 Abs. 1 BGB für das Ereignis des Vertragsschlusses führe zu Verständnisschwierigkeiten für den Verbraucher und entspreche nicht der Rechtslage. Die Formulierung in § 312 d Abs. 2 BGB a.F. („nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses“) betone nicht ein Ereignis, sondern einen bestimmten Stichtag. Daraus folge, dass der Fristbeginn nach § 187 Abs. 2 BGB zu beurteilen sei. Vor diesem Hintergrund sei die Widerrufsbelehrung sachlich richtig. Zudem könne sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen, weil keine inhaltliche Bearbeitung der Widerrufsbelehrung im Vergleich zur Musterbelehrung vorliege. Das Bestreben der Kläger, sich wegen des allgemein gesunkenen Zinsniveaus unter Berufung auf angebliche Belehrungsmängel, die für die Kläger gar nicht von Bedeutung gewesen seien, von dem Vertrag zu lösen, sei rechtsmissbräuchlich.
11 
Der Einwand der Kläger, ihnen seien die erforderlichen Informationen unvollständig erteilt worden, sei verspätet und dürfe gemäß § 531 ZPO nicht zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht werden. Hinsichtlich des Darlehens vom 9.9.2009 mit der Nummer ... seien die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen unstreitig unter Verwendung des europäischen standardisierten Merkblatts gemäß dem Muster in Anlage 5 zu Art. 247 § 2 Abs. 2 Satz 2 EGBGB erteilt worden. Zwar könne nicht festgestellt werden, dass die Informationen auch bei dem weiteren Darlehen vom 11.9.2009 (Nummer ...) übermittelt worden seien, es müsse aber genügen, dass den Klägern die Informationen im Zusammenhang mit dem anderen Darlehen erteilt worden seien.
12 
Die Beklagte beantragt:
13 
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.3.2014 (8 O 545/13) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
14 
1. Die Klage wird abgewiesen.
15 
2. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Klageantrag für begründet erachtet:
16 
Die Kläger werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte 183.799,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 16.5.2013 zu bezahlen.
17 
Die Kläger beantragen,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sei nicht begründet. Das Bestehen eines Widerrufsrechts auch Jahre nach Vertragsschluss sei die gesetzlich angeordnete Folge einer fehlerhaften Belehrung. Selbst wenn die Gesetzeslage in Bezug auf den Fristbeginn nicht eindeutig sei, trage der Unternehmer das Risiko, dass seine Belehrung aufgrund einer undurchsichtigen Rechtslage fehlerhaft sei. Dem könne er entgehen, indem er die Musterbelehrung verwende oder eine ordnungsgemäße Belehrung nachhole.
20 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
II.
21 
Die zulässige Berufung hat in der Hauptsache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Widerruf der Darlehensverträge wirksam ist. Lediglich im Kostenpunkt ist das angefochtene Urteil infolge einer abweichenden Streitwertbemessung zugunsten der Beklagten abzuändern.
1.
22 
Die Feststellungsklage der Kläger ist zulässig (§ 256 ZPO). Nachdem die Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Rückabwicklungsschuld-verhältnis (§§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB) keinen Saldo zugunsten der Kläger ergeben wird, können die Kläger nicht darauf verwiesen werden, eine Leistungsklage zu erheben. Im vorliegenden Fall bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rückabwicklung der Darlehensverträge streitig verlaufen wird. Die erhobene Feststellungsklage ist daher geeignet, den einzigen Streitpunkt der Parteien zu klären, ob die Darlehensverträge wirksam widerrufen sind. Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken, wenn zu erwarten ist, dass bereits ein Feststellungsurteil zur endgültigen Streitbeilegung führt. Das gilt insbesondere, wenn die beklagte Bank - wie hier - die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht in Zweifel gezogen und durch ihr prozessuales Verhalten gezeigt hat, dass auch ihr an einer Klärung des Rechtsverhältnisses gelegen ist, das der Kläger zum Gegenstand seine Feststellungsklage gemacht hat (BGH v. 30.5.1995 - XI ZR 78/94).
2.
23 
Das Landgericht hat zu Recht die von den Klägern beantragte Feststellung getroffen. Soweit diese - dem Antrag der Kläger entsprechend - auf die Beendigung der Darlehensverträge gerichtet ist, hat das Landgericht das Klagebegehren zutreffend dahin ausgelegt, dass es den Klägern ersichtlich um die Feststellung der Rechtsfolgen des jeweils erklärten Widerrufs ging, der Sache nach also um die Umwandlung der Vertragsverhältnisse in Rückabwicklungsschuldverhältnisse (§§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB).
a)
24 
Maßgeblich sind die Bestimmungen des BGB nach den Änderungen durch das OLG-Vertretungsänderungsgesetz vom 23.7.2002 (BGBl. I S. 2850) (Art 229 § 9 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB) und das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29.7.2009 (BGBl. I, S. 2413).
b)
25 
Bei den Darlehensverträgen, die die Parteien im September 2009 geschlossen haben, handelt es sich um Verbraucherdarlehen, bei denen sich ein Widerrufsrecht der Kläger aus § 495 Abs. 1 BGB ergibt. Soweit bei beiden Kreditverhältnissen nach den unstreitig anwendbaren Bestimmungen über Fernabsatzverträge auch ein Widerruf gemäß §§ 312 d Abs. 1, 355 BGB in Betracht kommt, tritt dieses Widerrufsrecht hinter dem nach § 495 Abs. 1 BGB zurück; jedoch sind in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist die besonderen Voraussetzungen in § 312 d Abs. 2 BGB zu berücksichtigen (§ 312 d Abs. 5 BGB).
c)
26 
Als die Kläger am 16.4.2013 den Widerruf erklärt haben, war die Widerrufsfrist nicht abgelaufen, weil den Klägern keine ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrungen erteilt worden waren (§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB).
27 
aa) Die Widerrufsbelehrungen sind nicht gemäß § 14 der BGB-InfoV als gesetzeskonform zu behandeln.
28 
Ein Unternehmer kann die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV nach ständiger Rechtsprechung nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Greift der Unternehmer hingegen in das ihm zur Verfügung gestellte Muster durch eigene Bearbeitung ein, tritt die Wirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV nicht ein und zwar unabhängig vom konkreten Umfang der vorgenommenen Änderungen (BGH v. 28.06.2011 - XI ZR 349/10 Tz. 37 ff.; v. 9.12.2009 - VIII ZR 219/08; v. 1.3.2012 - III ZR 83/11; v. 18.3.2014 - II ZR 109/13).
29 
Ungeachtet weiterer Abweichungen im Satzbau hat die Beklagte die Musterbelehrung (in der ab 4.8.2009 geltenden Fassung) bereits insoweit einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, als sie Hinweise zur Berechnung der Widerrufsfrist gemäß § 187 Abs. 1 BGB erteilt hat. Sie hat damit der Belehrung einen vom Muster abweichenden, weiter gehenden Inhalt gegeben. Auch gerade der vom Landgericht beanstandete Passus zum Vertragsschluss als Bedingung des Fristbeginns ist abweichend vom Muster formuliert. Nach dem Gestaltungshinweis (3) des Musters, den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen betreffend, soll bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzugefügt werden: „jedoch nicht vor Vertragsschluss“. Demgegenüber lauten die Belehrungen der Beklagten insoweit wie folgt: “(…) nicht jedoch vor dem Tages des Abschlusses des Darlehensvertrages“. Angesichts der vorgenommenen inhaltlichen Bearbeitung des Mustertextes greift die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV nicht zugunsten der Beklagten ein.
30 
bb) Die Beklagte wendet sich ohne Erfolg gegen die Auffassung des Landgerichts, die Widerrufsbelehrung sei in Bezug auf die Information zur Fristberechnung irreführend. Auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung kann insoweit Bezug genommen werden.
31 
(1) Der Beklagten ist darin zu folgen, dass die einzelnen Angaben in der Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist für sich genommen nicht zu beanstanden sind.
32 
Zu Recht weist das Landgericht im Ausgangspunkt darauf hin, dass das Gesetz vom Unternehmer nur eine Belehrung über den Fristbeginn verlangt. Dazu reicht es aus, das den Fristablauf auslösende Ereignis zu nennen. Die weitere Fristberechnung gemäß §§ 187 ff. BGB muss nicht erläutert werden (BGH v. 27.4.1994 - VIII ZR 223/93 Tz. 21). Soweit die Beklagte dahingehend belehrt hat, die Frist beginne einen Tag nachdem die im Belehrungstext in vier Unterpunkten erläuterten Ereignissen eingetreten sind, war dies von Gesetzes wegen also nicht erforderlich, die Rechtsprechung sieht in einer solchen Belehrung aber lediglich eine unschädliche Anpassung an die Regelung des § 187 BGB (BGH v. 20.11.2012 - II ZR 264/10; v. 18.3.2014 - II ZR 109/13). Die Belehrung ist also für sich genommen insoweit nicht zu beanstanden.
33 
Isoliert betrachtet ist ferner nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Kläger hinsichtlich des Vertragsschlusses als weiterer Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist durch Wiedergabe des Gesetzeswortlauts informiert hat. Gemäß § 312 d Abs. 2 BGB in der damals geltenden Fassung beginnt die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB bei Dienstleistungen nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses. Der Unternehmer ist auch nicht gehalten, den Rechtsbegriff des Vertragsschlusses näher zu erläutern (Thüsing in Staudinger, BGB (2012), § 312d Rn. 33).
34 
(2) Der Senat teilt aber die Auffassung des Landgerichts, dass die Belehrung in der Zusammenschau der genannten Teile der Belehrung dem Gebot der Deutlichkeit nicht genügt.
35 
Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses unter Ausschöpfung der Widerrufsfrist auszuüben. Er ist deshalb über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (BGH v. 13.1.2009 - XI ZR 118/08; v. 10.3.2009 - XI ZR 33/08 -, BGHZ 180, 123-134).
36 
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt der Belehrung der Beklagten die notwendige Eindeutigkeit, weil sie geeignet ist, beim Verbraucher die Fehlvorstellung hervorzurufen, dass der Tag des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung mitzuzählen ist, wenn die weiteren für den Fristbeginn notwendigen Ereignisse bereits vor diesem Tag eingetreten waren. Der erste Halbsatz der Belehrung über den Fristbeginn macht deutlich, dass die Frist erst einen Tag nach den in den folgenden Unterpunkten aufgezählten Ereignissen beginnt. Eine solche Klarstellung erfolgt im zweiten Halbsatz für den Vertragsschluss als weitere Voraussetzung nicht. Der gewählte Satzbau lässt auch nicht erkennen, dass sich die einleitende Wendung „einen Tag nachdem“ auch auf das Erfordernis des Vertragsschlusses beziehen soll. Aus Sicht des Verbrauchers liegt deshalb der Schluss nahe, dass die Frist insoweit nicht gemäß § 187 Abs. 1 BGB zu berechnen ist, sondern der Tag des Vertragsschlusses entsprechend § 187 Abs. 2 BGB in die Frist einzurechnen ist.
37 
Dieses Verständnis entspricht nicht der Rechtslage, denn auch der Vertragsschluss stellt ein Ereignis im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB dar, sodass der Tag des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung außer Betracht bleibt. Allerdings kann dies dem Wortlaut des Gesetzes wegen der negativen Fassung des Tatbestandes („nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses“) nicht unmittelbar entnommen werden. Der Text lässt offen, ob die Frist im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB am Tag des Vertragsschlusses mit diesem Ereignis beginnt oder ob gemäß § 187 Abs. 2 BGB der Beginn des Tages des Vertragsschlusses der für den Anfang der Frist maßgebende Zeitpunkt sein soll.
38 
Für die Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB spricht der Umstand, dass auch die in § 355 BGB geregelten allgemeinen Bedingungen des Fristbeginns als Ereignisse im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB ausgestaltet sind. Ein sachlicher Grund die weiteren Umstände, die bei Fernabsatzverträgen gemäß § 312 d Abs. 2 BGB hinzukommen müssen, um die Widerrufsfrist auszulösen, anders zu behandeln, ist nicht ersichtlich.
39 
Die Gesetzgebungsgeschichte gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber eine solche Differenzierung überhaupt beabsichtigte. Die Formulierung, dass die Frist für den Widerruf eines Fernabsatzvertrages bei der Lieferung von Waren nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger, bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor dem Tag des Eingangs der ersten Teillieferung und bei Dienstleistungen nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses beginnt, geht auf das Gesetz über Fernabsatzverträge vom 27.6.2000 (BGBl. I, S. 897) zurück. Dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 9.2.2000 lässt sich zu der Regelung über den Beginn der Widerrufsfrist in § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG entnehmen, dass die Vorschrift Artikel 6 Abs. 1 Unterabsatz 2 und 4 FARL in redaktionell gestraffter Form zusammenfasse, wonach die Frist nämlich mit Erfüllung der Informationspflichten, bei der Lieferung von Waren jedoch nicht vor deren Eingang beim Empfänger und bei der Erbringung von Dienstleistungen nicht vor Abschluss des Vertrages beginne (BT-Drucks. 14/2658, S. 43). Dass § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG eine Tagesanfangsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB regeln könnte, wurde offensichtlich nicht erwogen, vielmehr ist in dem Entwurf nur von den Ereignissen als fristauslösenden Umständen die Rede.
40 
Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 29.7.2009 (BGBl. 2009, 2355) wurde § 312 d Abs. 2 BGB dahingehend geändert, dass die Widerrufsfrist unter anderem „nicht vor Vertragsschluss“ beginnt, sodass das Gesetz nunmehr schon dem Wortlaut nach eindeutig eine Ereignisfrist regelt. Begründet wurde die Neufassung des § 312d Abs. 2 BGB lediglich mit der redaktionellen Anpassung der Verweisungen und einer Vereinfachung des Wortlauts (Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 5.11.2008, BT-Drucks. 16/11643, S. 69). Eine Änderung des Regelungsgehalts der Norm sollte damit offenbar nicht verbunden sein. Der Gesetzgeber ging also ersichtlich davon aus, dass auch § 312 d Abs. 2 BGB in der hier anwendbaren Fassung insgesamt unter § 187 Abs. 1 BGB falle. Dem entspricht auch der Text der Musterbelehrung, der - wie oben ausgeführt - den Vertragsschluss im Gestaltungshinweis (3) eindeutig als fristauslösendes Ereignis beschreibt.
41 
Für diese Auslegung spricht zudem, dass die verlängernde Fristberechnung gemäß § 187 Abs. 1 BGB den gesetzlichen Regelfall darstellt und ihre Anwendung insbesondere dann gerechtfertigt ist, wenn einer gesetzlichen Frist - wie der Widerrufsfrist - eine Schutzfunktion zukommt (Repgen in Staudinger, BGB (2014), § 187 Rn. 2), zumal der Gesetzgeber bei der Einführung des Widerrufsrechts nach § 3 FernAbsG im Interesse einer Vereinheitlichung der Widerrufsrechte bewusst eine längere Widerrufsfrist geregelt hat, als sie in der europäischen Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz vorgesehen war. Eine verkürzende Fristberechnung, wie sie § 187 Abs. 2 BGB vorsieht, entspricht danach nicht dem Zweck der gesetzlichen Regelung in § 312 d Abs. 2 BGB. Ein sachlicher Grund, die Frist insoweit abweichend von den allgemeinen Voraussetzungen des Fristbeginns gemäß § 355 BGB verkürzend zu berechnen, besteht nicht. Auch nach der Kommentarliteratur richtet sich die Berechnung der Widerrufsfrist gemäß § 312 d Abs. 2 BGB nach § 187 Abs. 1 BGB richtet (Wendehorst in Münchner Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 312 d Rn. 86; Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 312 d Rn. 6; Palm in Erman, BGB 11. Aufl., § 187 Rn. 1; Repgen in Staudinger, BGB (2004), § 187 Rn.6).
42 
Das von der Belehrung nahe gelegt Verständnis, der Tag des Vertragsschlusses sei in die Widerrufsfrist einzurechnen, entspricht folglich nicht dem Gesetz. Die Beklagte verteidigt sich ohne Erfolg mit dem Einwand, ihr könne nicht zum Nachteil gereichen, dass sie hinsichtlich des Erfordernisses des Vertragsschlusses den negativ formulierten und in seiner Auslegung nicht eindeutigen Gesetzestext des § 312 d Abs. 2 BGB übernommen habe. Der Mangel der Belehrung hat seinen Grund nicht in der Übernahme des Gesetzestextes, sondern beruht darauf, dass die Beklagte ergänzende Erläuterungen zur Fristberechnung für alle fristauslösende Umstände bis auf den Vertragsschluss erteilt hat, und dadurch den unzutreffenden Eindruck erweckt hat, das die Frist unterschiedlich zu berechnen sei. Das wäre vermeidbar gewesen, wenn die Beklagte - dem Vorschlag der Musterbelehrung folgend - den Vertragsschluss positiv als weiteres für den Fristbeginn notwendiges Ereignis beschrieben hätte, oder - sollte sie insoweit über die Rechtslage im Unklaren gewesen sein - den Hinweis zur Fristberechnung insgesamt unterlassen hätte. Durch die vorgenommene Differenzierung hat sie aber den unzutreffenden Eindruck erweckt, die für den Fristbeginn maßgeblichen Ereignisse sei in Bezug auf die Fristberechnung unterschiedlich zu behandeln.
43 
cc) Aufgrund dieses Mangels der Belehrungen wurde die Widerrufsfrist bei beiden Darlehensverträgen nicht in Lauf gesetzt (§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB) und der Widerruf der Kläger ist noch rechtzeitig erfolgt.
44 
Auf die weiteren Belehrungsmängel, die die Kläger geltend machen, sowie die Frage, ob die Widerrufsfrist auch deshalb nicht begonnen hat, weil den Klägern zumindest bei einem der Verträge die erforderlichen Verbraucherinformationen nicht erteilt wurden, kommt es danach nicht an.
d)
45 
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, der Widerruf der Darlehensverträge sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil nicht davon auszugehen sei, dass der beanstandete Belehrungsmangel bei den Klägern tatsächlich eine Fehlvorstellung hervorgerufen habe, der Widerruf vielmehr ausschließlich durch das allgemein gesunkene Zinsniveau motiviert sei.
46 
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Wirksamkeit des Widerrufs nicht voraus, dass der Mangel der Belehrung ursächlich dafür war, dass der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Entscheidend ist vielmehr, dass die erteilte Belehrung durch ihre nicht gesetzeskonforme Fassung generell geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (BGH v. 23.6.2009 - XI ZR 156/08 Tz.25). Wie bei anderen Gestaltungsrechten kommt es grundsätzlich auch nicht auf die Motive des Verbrauchers an. Es soll seinem freien Willen überlassen bleiben, ob er seine Vertragserklärung wirksam werden lassen will oder nicht (BGH v. 19.2.1986 - VIII ZR 113/85). Der Widerruf bedarf auch keiner Begründung.
47 
Es stellt danach keinen Rechtsmissbrauch dar, sondern ist von der beschriebenen Ausgestaltung des Widerrufsrechts durch das Gesetz und die Rechtsprechung gedeckt, wenn ein Verbraucher dieses Recht nach längerer Zeit ausübt, obwohl er nicht konkret durch den Mangel der Belehrung an der fristgerechten Ausübung gehindert war. Genauso wenig handelt er missbräuchlich, wenn er, nachdem er von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangt hat, eine mittlerweile eingetretene Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zum Anlass nimmt, sich durch Widerruf von dem Vertrag zu lösen. Gestaltungsrechte werden typischerweise nur dann ausgeübt, wenn sich der Berechtigte davon Vorteile, insbesondere Vermögensvorteile verspricht.
48 
Die Kläger haben folglich nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, indem sie den Widerruf der Darlehensverträge erklärt haben.
III.
49 
Nachdem die Klage Erfolg hat, bleibt es dabei, dass die innerprozessuale Bedingung, unter der die Beklagte ihre Hilfswiderklage erhoben hat, eingetreten ist. Die nicht angegriffene Verurteilung der Kläger zur Rückzahlung der Darlehensvaluta bleibt demnach ohne Prüfung in der Sache bestehen.
IV.
50 
Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
51 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens war gemäß § 48 Abs.1 GKG, § 3 ZPO zu bestimmen. Der Wert eines Feststellungsbegehrens ist nach dem wahren Interesse des Klägers an dem Urteil zu schätzen (BGH v. 1.6.1976 - VI ZR 154/75). Für den Streit um die Wirksamkeit des Widerrufs bedeutet dies, dass es auf die wirtschaftlichen Vorteile ankommt, die sich der Kläger infolge des Widerrufs im Gegensatz zur Erfüllung des Vertrages verspricht. Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).
52 
Anders als bei der schlichten Unwirksamkeit des Darlehensvertrages, bei der ein Wegfall der Verpflichtung zur Rückzahlung des erhaltenen Darlehens denkbar ist, wandelt sich der Darlehensvertrag infolge des Widerrufs gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB unmittelbar in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um, kraft dessen der Darlehensnehmer in gleicher Weise wie bei Fortbestehen des Vertrages verpflichtet ist, die Darlehensvaluta zu erstatten. Das wahre Interesse des Darlehensnehmers, der die Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs begehrt, liegt deshalb nicht darin, von der Rückzahlung des Darlehens befreit zu werden. Der Streitwert der Feststellungsklage kann also nicht mit der Darlehensrestschuld im Zeitpunkt des Widerrufs gleichgesetzt werden (so auch OLG Stuttgart v. 14.11.2014 - 9 W 36/14).
53 
Nachdem auch nicht behauptet oder sonst ersichtlich ist, dass sich - unter Ausklammerung der Pflicht der Kläger, die Valuta zurückzuzahlen - bei Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus § 346 BGB ein Saldo zugunsten der Kläger ergibt, kann das wirtschaftliche Interesse der Kläger an der Wirksamkeit des Widerrufs nur darin gesehen werden, dass sie künftig von ihrer Verpflichtung befreit sind, bis zum Ablauf der Zinsbindung die vereinbarten Zinsen für das Darlehen zu entrichten. Da es sich bei den Zinszahlungen um wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 9 ZPO handelt, ist diese Vorschrift im Rahmen der Schätzung gemäß § 3 ZPO ergänzend heranzuziehen. Ungeachtet der Klageart erfasst § 9 ZPO allgemein den Wert eines Rechts auf wiederkehrende Leistungen (BGH v. 17.5.2000 - XII ZR 314/99).
54 
Demnach ist bei der Wertfestsetzung auf die im Zeitpunkt des Widerrufs nach dem Vertrag noch bis zum Ablauf der Zinsbindung anfallenden Zinsen abzustellen, gemäß § 9 ZPO allerdings durch den dreieinhalbfachen Jahresbetrag begrenzt. Angesichts der Zinsfestschreibungen bis 31.8.2019 (Vertrag Nr. 6312555742) und bis 30.9.2019 (Vertrag Nr. 6318059259) ist hier jeweils auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Vertragszinsen abzustellen. Aufgrund der Angaben in den Darlehensverträgen schätzt der Senat diese Beträge auf jeweils 14.500,- EUR, sodass der Streitwert des Berufungsverfahrens 29.000 EUR beträgt.
55 
Diese Wertfestsetzung zieht eine Änderung der Streitwertfestsetzung für das Verfahren in erster Instanz nach sich. Da die Feststellungklage gerade nicht auf die Befreiung von der Darlehensrestschuld gerichtet ist, sodass keine wirtschaftliche Identität zwischen Widerklage und Klage besteht, sind die Werte gemäß § 45 Abs. 1 GKG zu addieren. Der Streitwert in erster Instanz beträgt demnach 212.799,14 EUR. Die unterschiedliche Bewertung von Klage und Widerklage hat zudem die aus dem Tenor ersichtlich Änderung der Kostenquote zur Folge.
56 
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Tenor

Es handelt sich um ein Hinweisschreiben.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23.10.2015, Az. 12 O 181/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: EUR 18.978,23

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten über die Rückgewähr einer von den Klägern bei Ablösung eines Verbraucherdarlehens bezahlten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von EUR 18.978,23.
1.
Die klagenden Eheleute schlossen als Verbraucher bei dem beklagten Bankinstitut am 14.08.2008 einen Darlehensvertrag zur Nr. xxx und zur Nr. yyy ab (Bl. 41 d.A.). Zweck des Darlehens war eine Immobilienfinanzierung in L. Das Darlehen belief sich ursprünglich auf EUR 114.000,00 und weitere EUR 9.130,00 bei einem effektiven Jahreszins von 5,79 %.
Mit Schreiben vom 12.06.2014 (Bl. 14 d.A.) widerriefen die Kläger den Darlehensvertrag, lösten das verbliebene Darlehen ab und entrichteten zur Freigabe von Sicherheiten eine Vorfälligkeitsentschädigung von EUR 18.978,23. Diese bilden den Gegenstand der Auseinandersetzung. Im Hinblick auf den erklärten Widerruf begehren die Kläger die Rückzahlung dieses Betrages. Die Beklagte verweigert das.
2.
Die Kläger meinen, die Beklagte sei nach erfolgtem Widerruf zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung von EUR 18.978,23 nebst Rechtshängigkeitszinsen verpflichtet. Der Widerruf sei nicht verfristet, da die Frist zur Erklärung mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht angelaufen sei. Die Widerrufsbelehrung leide bezüglich der Formulierung zum Fristanlauf daran, dass diese nicht eindeutig gefasst sei. Die Formulierung erwecke den irrigen Eindruck, die Frist beginne erst mit der Übersendung des Vertragsantrages der Bank. Zudem seien sie - Kläger - nicht über die Rechtsfolgen finanzierter Geschäfte informiert worden. Insgesamt sei die Belehrung nicht umfassend, unmissverständlich und eindeutig. Das Recht zum Widerruf sei zudem nicht missbräuchlich oder verwirkt. Der Gesetzgeber habe sich 2002 für den Fall unzureichender Belehrung für den unbefristeten Widerruf bei Verbraucherverträgen entschieden. Zudem habe die Bank auch deshalb nicht auf das Ausbleiben eines Widerrufs vertrauen dürfen, weil Verbraucher ihr Widerrufsrecht nach fehlerhafter Widerrufsbelehrung üblicherweise gar nicht kennen.
Die beklagte Bank meint demgegenüber, die im Streit stehende Widerrufsbelehrung sei nicht zu beanstanden. Die Formulierung zum Fristanlauf „einen Tag, nachdem …“ lenke nicht davon ab, dass es für den Fristanlauf maßgeblich auf die Vertragserklärung des Darlehnsnehmers ankomme. Auch der Vorwurf einer unzureichenden Belehrung über die Rechtsfolgen finanzierter Geschäfte gehe fehl. Eine solche Belehrung verlange das Gesetz für Verbraucherkredite und insbesondere Immobilienfinanzierungen gar nicht. Ein verbundenes Geschäft, das allenfalls eine solche Belehrungsnotwendigkeit begründen könne, liege nicht vor. Die maßgebliche Frist zum Widerruf sei damit abgelaufen. Der von den Klägern erklärte Widerruf sei zu spät erfolgt. Hilfsweise sei das Zahlungsverlangen zumindest treuwidrig. Etwaige Abweichungen von der gesetzlichen Musterwiderrufsbelehrung seien marginal und hielten einen Verbraucher nicht vom Widerruf ab. Zudem liege schlicht Vertragsreue vor, da die Kläger nun an anderer Stelle zu besseren Konditionen finanzieren könnten. Den Klägern gehe es somit allein um die Erlangung wirtschaftlicher Vorteile.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien in I. Instanz wird im Übrigen auf die landgerichtlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
3.
Das LG Stuttgart gab der Klage im I. Rechtszug statt. Zur Begründung heißt es, § 346 Abs. 1 BGB gewähre den Klägern einen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Der Widerruf sei rechtzeitig erfolgt. Die Widerrufsfrist habe mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu laufen begonnen. Die Belehrung im Streitfall entspreche nicht der Musterbelehrung der BGB-InfoV. Deshalb scheide eine Gesetzlichkeitsfiktion aus. Die streitbefangene Widerrufsbelehrung entspreche auch sonst nicht den Erfordernissen von § 355 BGB a.F. Das ergebe sich zwar nicht aus der Formulierung „einen Tag, nachdem …“. In der Sache liege aber wegen der Formulierung des Schlusshalbsatzes (“..., nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“) ein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot vor. Rechtsmissbrauch oder Verwirkung könne dem Klageanspruch nicht entgegnet werden.
4.
Die Beklagte nimmt das nicht hin. Sie begehrt auch in II. Instanz die Abweisung der Klage und meint, die fragliche Widerrufsbelehrung entspreche den Anforderungen der §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 2 BGB a.F. Das Deutlichkeitsgebot sei nicht verletzt. Das Landgericht überspanne die Anforderungen; dies zumal der maßgebliche durchschnittliche Darlehnsnehmer die Widerrufsbelehrung gar nicht so verstehe wie das Landgericht ihr Bedeutungsgehalt beimesse. Auch verkenne das angefochtene Urteil, dass die von den Klägern angegriffene Widerrufsbelehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV a.F. entspreche bzw. allenfalls unschädliche Anpassungen ohne inhaltliche Bearbeitung aufweise. Der Widerruf der Kläger sei demzufolge verfristet. Zumindest sei das Zahlungsverlangen treuwidrig (Verwirkung wie Rechtsmissbrauch). Zudem scheitere der verfolgte Zahlungsanspruch an § 814 BGB. Die Vorfälligkeitsentschädigung sei nach dem Widerruf und demzufolge in Kenntnis von der Nichtschuld bezahlt worden.
Die Beklagte beantragt in II. Instanz (Bl. 95 d.A.):
10 
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Stuttgart vom 23.10.2015 (12 O 181/15) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
11 
Die Kläger beantragen (Bl. 107 d.A.),
12 
die Berufung wird zurückgewiesen.
13 
Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im I. Rechtszug. Sie meinen im Übrigen, der mit der Berufung vorgebrachte Verweis auf § 814 BGB verfange nicht. Schließlich habe man unter Vorbehalt der Rückforderung bezahlt.
14 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im II. Rechtszug wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
II.
15 
Die Berufung ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.
16 
Die Beklagte ist zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von EUR 18.978,23 nebst Rechtshängigkeitszinsen verpflichtet (§§ 495 Abs. 1, 355, 357, 312d, 346 Abs. 1, 291 BGB).
17 
Die von der Beklagten verwendete Belehrung über das Recht zum Widerruf ist unzureichend. Dies hat zur Folge, dass die Kläger den Darlehensvertrag noch am 12.06.2014 widerrufen konnten (dazu unter 2.). Der Widerruf ist weder missbräuchlich noch verwirkt (dazu unter 3.). Die im Streit stehende Vorfälligkeitsentschädigung ist im Übrigen unter Rückforderungsvorbehalt bezahlt worden. § 814 BGB sperrt das Zahlungsverlangen deshalb auch nicht (dazu unter 4.).
1.
18 
Für die Bewertung der im Streit stehenden Widerrufsbelehrung sind die Bestimmungen des BGB und die Fassung der BGB-InfoV zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Darlehnsvertrages im August 2008 maßgeblich.
2.
19 
Bei dem Darlehensvertrag, den die Parteien im Jahr 2008 geschlossen haben, handelt es sich um ein Verbraucherdarlehen, bei dem sich mangels ausreichender Belehrung zum Recht des Widerrufs auch noch im Juni 2014 ein Recht Kläger zur Lossagung aus den § 495 Abs. 1, 355 BGB a.F. ergab.
a)
20 
Die streitbefangene Widerrufsbelehrung ist nicht gemäß § 14 BGB-InfoV als gesetzeskonform zu behandeln, weil die Beklagte die maßgebliche Musterbelehrung in Bezug auf den Fristbeginn einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Soweit in der Belehrung ausgeführt wird, die Frist beginne „einen Tag, nachdem“ die im Belehrungstext in vier Unterpunkten erläuterten Ereignissen eingetreten sind, war dies von Gesetzes wegen zwar nicht erforderlich, weil das Gesetz vom Unternehmer lediglich verlangt, das den Fristablauf auslösende Ereignis zu nennen, ohne dass die weitere Fristberechnung gemäß der §§ 187 ff BGB erläutert werden müsste (Senat v. 29.09.2015 - 6 U 21/15). Der BGH sieht in einer solchen Belehrung aber lediglich eine unschädliche Anpassung an die Regelung des § 187 BGB (BGH v. 20.11.2012 - II ZR 264/10 Rd. 6 nach juris). Neben weiteren Abweichungen in einzelnen Formulierungen und im Satzbau - „Spiegelstriche“ - liegt eine inhaltliche Bearbeitung aber darin, dass der Fristbeginn in Bezug auf den Vertragsschluss im letzten Halbsatz als weitere Bedingung abweichend vom Muster erläutert wird. Nach dem Gestaltungshinweis (3 b) bb)) des Musters - den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen betreffend - soll bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzugefügt werden: „jedoch nicht vor Vertragsschluss“. Demgegenüber lauten die Belehrungen der Beklagten insoweit wie folgt: “…nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“. Wie nachfolgend näher ausgeführt wird, verstößt dies in der Zusammenschau mit den weiteren Hinweisen zum Fristbeginn und zur Fristberechnung gegen das Deutlichkeitsgebot. Die Beklagte kann sich deshalb nicht auf die Gesetzlichkeitswirkung gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen (so bereits Senat v. 14.04.2015 - 6 U 66/14).
b)
21 
Die Belehrung verstößt gegen das Deutlichkeitsgebot. Sie ist in Bezug auf die Information zur Fristberechnung irreführend.
aa)
22 
Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses unter Ausschöpfung der Widerrufsfrist auszuüben. Er ist deshalb (auch) über den Beginn der Widerrufsfrist unmissverständlich zu informieren (BGH v. 13.01.2009 - XI ZR 118/08; v. 10.03.2009 - XI ZR 33/08).
bb)
23 
Gemessen daran fehlt der streitbefangenen Belehrung der Beklagten die notwendige Eindeutigkeit, weil darin zwar für die in der Aufzählung zunächst genannten Bedingungen des Fristbeginns (Erhalt eines Exemplars der Widerrufsbelehrung, einer Vertragsurkunde bzw. des schriftlichen Darlehensantrags oder einer Abschrift der Vertragsurkunde des Darlehensantrages, der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie der Verbraucherinformationen) ein Hinweis zur Fristberechnung gemäß § 187 Abs.1 BGB erteilt wird, für den (Darlehens-)Vertragsschluss im letzten Halbsatz als weitere Bedingung des Fristbeginns ein solcher Hinweis zur Fristberechnung aber fehlt. Der erste Halbsatz der Belehrung über den Fristbeginn macht deutlich, dass die Frist erst „einen Tag nach“ den in den folgenden Unterpunkten aufgezählten Ereignissen beginnt. Eine solche Klarstellung erfolgt im zweiten Halbsatz für den Vertragsschluss als weitere Voraussetzung nicht. Der gewählte Satzbau lässt auch nicht erkennen, dass sich die einleitende Wendung „einen Tag, nachdem“ auch auf das Erfordernis des Vertragsschlusses beziehen soll. Vielmehr lässt die Wendung „nicht vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“ auch die Deutung zu, bei der Fristberechnung sei gemäß § 187 Abs.2 BGB der Beginn des Tages des Vertragsschlusses maßgebend. Gerade weil die Erläuterung zur Fristberechnung nicht auf alle fristauslösenden Ereignisse erstreckt wurde, ist diese Formulierung geeignet, beim Verbraucher die Fehlvorstellung hervorzurufen, dass der Tag des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung mitzuzählen sei. Es wird nicht hinreichend deutlich, dass die Frist auch in Bezug auf den Vertragsschluss gemäß § 187 Abs. 1 BGB zu berechnen ist und der Tag des Vertragsschlusses nicht gemäß § 187 Abs. 2 BGB in die Frist einzurechnen ist. Dieses naheliegende Verständnis der Belehrung entspricht nicht der Rechtslage, denn auch der gemäß § 312d Abs. 2 BGB für den Fristbeginn notwendige Vertragsschluss stellt ein Ereignis im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB dar. Zwar kann dies dem Wortlaut des Gesetzes wegen der negativen Fassung des Tatbestandes („nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses“) nicht unmittelbar entnommen werden. Der Text lässt offen, ob die Frist im Sinn des § 187 Abs. 1 BGB am Tag des Vertragsschlusses mit diesem Ereignis beginnt und dieser Tag bei der Fristberechnung folglich nicht mitgezählt wird oder ob gemäß § 187 Abs. 2 BGB der Beginn des Tages des Vertragsschlusses der für den Anfang der Frist maßgebende Zeitpunkt ist und bei der Fristberechnung mit berücksichtigt werden soll. Die Gesetzgebungsgeschichte gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber in Bezug auf den Vertragsschluss eine Tagesanfangsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB regeln wollte. Die Formulierung, dass die Frist für den Widerruf eines Fernabsatzvertrages bei der Lieferung von Waren nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger, bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor dem Tag des Eingangs der ersten Teillieferung und - hier maßgeblich - bei Dienstleistungen nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses beginnt, geht auf das Gesetz über Fernabsatzverträge vom 27.06.2000 (BGBl. I, S. 897) zurück. Dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 09.02.2000 lässt sich zu der Regelung über den Beginn der Widerrufsfrist in § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG entnehmen, dass diese Vorschrift Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 2 und 4 FARL in redaktionell gestraffter Form zusammenfasst, wonach die Frist mit Erfüllung der Informationspflichten, bei der Lieferung von Waren jedoch nicht vor deren Eingang beim Empfänger und bei der Erbringung von Dienstleistungen nicht vor Abschluss des Vertrages beginnt (BT-Drucks. 14/2658, S. 43). Dass § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG eine Tagesanfangsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB regeln könnte, wurde offensichtlich nicht erwogen; vielmehr ist in dem Entwurf nur von den Ereignissen als fristauslösenden Umständen die Rede. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 29.07.2009 (BGBl. 2009, 2355) wurde § 312d Abs. 2 BGB dahingehend geändert, dass die Widerrufsfrist unter anderem „nicht vor Vertragsschluss“ beginnt, sodass das Gesetz nunmehr schon dem Wortlaut nach (eindeutig) eine Ereignisfrist regelt. Das übergeht die Berufung (Bl. 97/98 d.A.). Der insoweit bemühte Art. 87 Abs. 1 CISG regelt einen gänzlich anderen Lebenssachverhalt. Begründet wurde die Neufassung des § 312d Abs. 2 BGB im Übrigen lediglich mit der redaktionellen Anpassung der Verweisungen und einer Vereinfachung des Wortlauts (Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 05.11.2008, BT-Drucks. 16/11643, S. 69). Eine Änderung des Regelungsgehalts der Norm sollte damit nicht verbunden sein. Der Gesetzgeber ging also ersichtlich davon aus, dass auch § 312d Abs. 2 BGB in der hier anwendbaren Fassung insgesamt unter § 187 Abs. 1 BGB fällt. Dem entspricht auch der Text der Musterbelehrung, der - wie oben ausgeführt - den Vertragsschluss im Gestaltungshinweis (3 b) bb)) eindeutig - „jedoch nicht vor Vertragsschluss“ - als fristauslösendes Ereignis beschreibt. Für die Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB spricht im Übrigen der Umstand, dass auch die in § 355 BGB geregelten allgemeinen Bedingungen des Fristbeginns als Ereignisse im Sinn des § 187 Abs. 1 BGB ausgestaltet sind. Die verlängernde Fristberechnung gemäß § 187 Abs. 1 BGB stellt den gesetzlichen Regelfall dar. Ihre Anwendung ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn einer gesetzlichen Frist - wie der Widerrufsfrist - eine Schutzfunktion zukommt (Senat v. 29.09.2015 - 6 U 21/15). Eine verkürzende Fristberechnung, wie sie § 187 Abs. 2 BGB vorsieht, entspricht danach nicht dem Zweck der gesetzlichen Regelung in § 312d Abs. 2 BGB. Ein sachlicher Grund, die Frist insoweit abweichend von den allgemeinen Voraussetzungen des Fristbeginns gemäß § 355 BGB verkürzend zu berechnen, besteht nicht. Auch nach der Kommentarliteratur richtet sich die Berechnung der Widerrufsfrist gemäß § 312d Abs. 2 BGB nach § 187 Abs. 1 BGB (Nachweise Senat v. 29.09.2015 - 6 U 21/15).
cc)
24 
Die Beklagte verteidigt sich insoweit ohne Erfolg mit dem Einwand, ihr könne nicht zum Nachteil gereichen, dass sie hinsichtlich des Erfordernisses des Vertragsschlusses den negativ formulierten und in seiner Auslegung nicht eindeutigen Gesetzestext des § 312d Abs. 2 BGB übernommen habe. Der Mangel der Belehrung hat seinen Grund nicht in der Übernahme des Gesetzestextes, sondern beruht darauf, dass die Beklagte ergänzende Erläuterungen zur Fristberechnung für alle fristauslösenden Umstände bis auf den Vertragsschluss im letzten Halbsatz erteilt hat und dadurch den unzutreffenden Eindruck erweckt hat, dass die Frist unterschiedlich zu berechnen sei. Mit einer „Überinterpretation“ (Bl. 68 d.A.) hat das nichts zu tun. Der irreleitende Eindruck wäre vermeidbar gewesen, wenn die Beklagte - dem Vorschlag der Musterbelehrung folgend - den Vertragsschluss positiv als weiteres für den Fristbeginn notwendiges Ereignis beschrieben hätte, oder - sollte sie insoweit über die Rechtslage im Unklaren gewesen sein - den Hinweis zur Fristberechnung insgesamt unterlassen hätte. Durch die vorgenommene Differenzierung hat sie jedenfalls den unzutreffenden Eindruck erweckt, die für den Fristbeginn maßgeblichen Ereignisse könnten in Bezug auf die Fristberechnung unterschiedlich zu behandeln sein.
3.
25 
Das Zahlungsverlangen ist im Übrigen weder rechtsmissbräuchlich noch verwirkt (§ 242 BGB).
a)
26 
Bei der Verwirkung handelt es sich um einen Fall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB), die in der illoyal verspäteten Geltendmachung eines Rechts liegt. Der Einwand ist berechtigt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Der alleinige Hinweis auf die verstrichenen 6 Jahre zwischen Abschluss des Darlehnsvertrages und dem erklärten Widerruf (Bl. 99 d.A.) ist deshalb unbehilflich. Neben den Zeitablauf tritt notwendig immer das Umstandsmoment. Letzteres ist erfüllt, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen darf, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH v. 23.01.2014 - VII ZR 177/13; v. 07.05.2014 - IV ZR 76/11). Ein in diesem Sinne illoyales Verhalten der beiden Kläger, dass diese in Kenntnis ihres Widerrufsrechts über lange Zeit an dem Darlehensvertrag festgehalten und den Widerruf erst nach dem Fehlschlagen der darlehnsfinanzierten Immobilie erklärt hätten, kann nicht festgestellt werden. Es ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass bzw. wie lange die Kläger vor Ausübung des Widerrufs Kenntnis von ihrem Recht hatten. Zwar ist eine Verwirkung auch ohne Rücksicht auf die subjektive Kenntnis und Willensrichtung des Berechtigten möglich, wenn der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung aus dem Gesamtverhalten des Berechtigten schließen darf, dieser mache sein Recht nicht mehr geltend, so dass der Verpflichtete mit einer gegenläufigen Rechtsausübung durch den Berechtigten nicht mehr zu rechnen braucht und sich entsprechend darauf einrichtet (BGH v. 16.03.2007 - V ZR 190/06). Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nicht gegeben. Die Unkenntnis des Berechtigten über den Anspruch steht der Verwirkung dann entgegen, wenn - wie hier - die Unkenntnis des Berechtigten in den Verantwortungsbereich des Verpflichteten fällt. Die mit der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile hat grundsätzlich der Geschäftspartner des Verbrauchers zu tragen (BGH v 18.10.2004 - II ZR 352/02). Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Bank folglich schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie den mit dem unbefristeten Widerrufsrecht verbundenen Schwebezustand selbst herbeigeführt hat, indem sie eine fehlerhafte Belehrung erteilt hat (BGH v. 07.05.2014 - IV ZR 76/11 Rd. 30 nach juris). Das muss in der hiesigen Konstellation eines Widerrufs in der Tilgungsphase im Unterschied zu einem Widerruf viele Jahre nach Ablösung des Darlehens in ganz besonderem Maße gelten. Das unterscheidet die hier einschlägige Konstellation auch entscheidend vom dem Urteil des OLG Düsseldorf (v. 09.01.2014 - 14 U 55/13), das die Beklagte Bl. 37 d.A. anspricht. Dort traf den Verwender des (fehlerhaften) Formulars zum Widerruf kein Verschulden (Rd. 25 nach juris).
b)
27 
Der Unternehmer, der gegen seine Pflicht verstoßen hat, dem Verbraucher eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen, darf mithin nicht darauf vertrauen, er habe durch seine Belehrung die Widerrufsfrist in Lauf gesetzt. Er muss erkennen, dass dem Verbraucher nach dem Gesetz ein zeitlich unbefristetes „ewiges“ Widerrufsrecht zusteht, und darf folglich allein aus dem Umstand, dass der Darlehensvertrag über lange Zeit erfüllt wird, nicht schließen, der Verbraucher werde sein Widerrufsrecht nicht ausüben (entgegen LG Freiburg v. 11.05.2015 - 11 O 150/14; Bl. 98 d.A./B 5). Das gilt selbst dann, wenn man den Einwand der Beklagten (Bl. 99 d.A.) als richtig unterstellt, die Abweichung vom damals einschlägigen Text der Musterwiderrufsbelehrung sei nur marginal. Ohne konkrete gegenteilige Anhaltspunkte ist vielmehr zu unterstellen, dass der Verbraucher zunächst keine Kenntnis von seinem unbefristeten Widerrufsrecht hat, so dass der Widerruf auch noch nach langer Zeit erfolgen kann, sollte der Verbraucher später von der Rechtslage Kenntnis erlangen. Gegen die Schutzwürdigkeit des Unternehmers spricht zudem, dass er den Schwebezustand durch eine Nachbelehrung beenden kann (Senat v 21.04.2015 - 6 U 148/12; v. 29.05.2015 - 6 U 110/14).
c)
28 
Im Übrigen würde nicht einmal die beiderseitig vollständige oder teilweise Vertragserfüllung zum Verlust des Widerrufsrechts führen. Diese allein kann daher auch nicht ausreichen, um die Annahme der Verwirkung zu rechtfertigen. Dies widerspräche dem Schutzzweck der Regelung, wonach dem Verbraucher, der sein Widerrufsrecht nicht kennt, unabhängig von der Vertragsbeendigung sein Widerrufsrecht erhalten bleiben soll. Soweit demgegenüber angenommen wird, eine Verwirkung komme in Betracht, wenn der Darlehensvertrag bereits seit längerer Zeit vollständig abgewickelt ist und eine Belehrung erteilt wurde, die zwar fehlerhaft ist, den Verbraucher über das Bestehen eines befristeten Widerrufsrechts aber nicht im Unklaren lässt (ua. OLG Köln v. 25.01.2012 - 13 U 30/11; OLG Düsseldorf v. 09.01.2014 - 14 U 55/13; KG v. 16.08.2012 - 8 U 101/12), schließt sich der Senat dem aus den vorgenannten Erwägungen nicht an. Darüber hinaus ist weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass sich die Beklagte im Vertrauen auf den Bestand der Darlehensvereinbarung so eingerichtet hätte, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde.
d)
29 
Die Beklagte beruft sich auch vergeblich darauf, der Widerruf der Darlehensverträge sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil nicht davon auszugehen sei, dass die beanstandeten Belehrungsmängel bei den Klägern tatsächlich eine Fehlvorstellung hervorgerufen hätten, der Widerruf im Gegenteil ausschließlich durch das allgemein gesunkene Zinsniveau bzw. eine Änderung in der wirtschaftlichen Disposition der Kläger (Bl. 36 d.A.) motiviert sei.
30 
Nach der Rechtsprechung des BGH setzt die Wirksamkeit des Widerrufs nicht voraus, dass der Mangel der Belehrung ursächlich dafür war, dass der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Das Gesetz knüpft unabhängig davon, ob der Verbraucher durch die unzureichende Belehrung tatsächlich einer Fehlvorstellung über das Bestehen und die Modalitäten der Ausübung eines Widerrufsrechts unterliegt, allein an die objektive Gesetzeswidrigkeit der Widerrufsbelehrung die Sanktion eines ewigen Widerrufsrechts des Verbrauchers. Auf das von der beklagten Bank im II. Rechtszug thematisierte eigene Verständnis der Kläger (Bl. 98 d.A.) kommt es deshalb nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass die erteilte Belehrung generell und objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (BGH v. 23.06.2009 - XI ZR 156/08 Rd. 25 nach juris). Das Widerrufsrecht besteht selbst dann, wenn feststeht, dass der Widerruf auch bei ordnungsgemäßer Belehrung nicht rechtzeitig ausgesprochen worden wäre, weil andernfalls das Ziel des Gesetzes unterlaufen würde, den Unternehmer zu einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht anzuhalten (BGH v. 13.01.1983 - III ZR 30/82). Wie bei anderen Gestaltungsrechten kommt es grundsätzlich nicht auf die Motive des Verbrauchers an. Das verkennt der Verweis des Rechtsmittels auf OLG Düsseldorf v. 21.01.2016 - 6 U 296/14; Bl. 100/104 d.A.). Es soll vielmehr seinem freien Willen überlassen bleiben, ob er seine Vertragserklärung wirksam werden lassen will oder nicht (BGH v. 19.02.1986 - VIII ZR 113/85). Entsprechend bedarf der Widerruf auch keiner Begründung. Es stellt folglich keinen Rechtsmissbrauch dar, sondern ist von der beschriebenen Ausgestaltung des Widerrufsrechts durch das Gesetz und die Rechtsprechung gedeckt, wenn ein Verbraucher dieses Recht (erst) nach längerer Zeit ausübt, selbst wenn er nicht konkret durch den Mangel der Belehrung an der fristgerechten Ausübung gehindert war. Soweit der von der Beklagten zitierten Entscheidung des KG (v. 16.08.2012 - 8 U 101/12 Rd. 9 nach juris) anderes zu entnehmen sein sollte, so folgt der Senat dem nicht.
e)
31 
Das Gesetz räumt den Klägern das Recht ein, den Vertrag mit der Beklagten zu widerrufen, wobei das Widerrufsrecht wegen eines Belehrungsfehlers der Beklagten nach dem Willen des Gesetzgebers unbefristet ist sowie jederzeit und ohne Begründung ausgeübt werden kann. Eine generelle Korrektur dieser Gesetzeslage durch eine auf § 242 BGB gestützte Rechtsprechung verbietet sich daher; für eine richterliche Rechtsfortbildung ist insofern kein Raum. Vielmehr könnte nur im Einzelfall ein treuwidriges Verhalten des Darlehensnehmers dazu führen, dass er seinen Rückabwicklungsanspruch wegen des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben oder dessen spezieller Form der Verwirkung verliert. Unter Berücksichtigung des beiderseitigen Parteivortrags und umfassender Abwägung der Parteiinteressen sieht der Senat im hier zu entscheidenden Einzelfall eine die Anwendung von § 242 BGB rechtfertigende Konstellation nicht.
32 
Dass der Darlehensnehmer sich von dem Widerruf wirtschaftliche Vorteile verspricht, welche typischerweise einen wirtschaftlichen Nachteil der Bank zur Folge haben, ist ein Umstand, der generell mit dem gesetzlich eingeräumten Widerrufsrecht in seiner unbefristeten Variante verbunden ist. Dieser Umstand ist daher nicht geeignet, eine Treuwidrigkeit im Einzelfall zu begründen (BGH v. 12.07.2016 - XI ZR 501/15). Eine Treuwidrigkeit im Einzelfall kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn neben diesen Umstand Besonderheiten treten, die den Einzelfall von der vom Gesetzgeber geregelten Rechtslage derart unterscheiden, dass jene ausnahmsweise zu einem unbilligen Ergebnis führen würde.
33 
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor. Der Tatsachenvortrag der Beklagten und deren rechtliche Erwägungen zielen - wenig einzelfallbezogen - darauf ab, die gesetzlich normierte und höchstrichterlich wiederholt bestätigte Widerrufbarkeit von Darlehensverträgen über § 242 BGB dadurch zu verhindern, dass im Wesentlichen darauf abgestellt wird, der Belehrungsfehler sei allenfalls marginal, die Pflichtverletzung der Bank daher gering, der Belehrungsfehler für den späten Widerruf auch nicht kausal und der Verbraucher deswegen nicht schutzwürdig, weil seine heutigen Motive mit dem damaligen Belehrungsfehler gar nichts zu tun hätten. Alle diese Gesichtspunkte sind aber bereits Bestandteil der normierten Rechtslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung. Sie taugen daher zu einem generellen Ausschluss des Rückabwicklungsanspruchs aller Darlehensnehmer in derartigen Fallkonstellationen über § 242 BGB nicht. Dass gerade hier Besonderheiten zu beachten wären, die im konkreten Einzelfall und im Hinblick auf die hiesigen Parteien zu einem anderen Ergebnis führen müssten, ist weder hinreichend dargetan noch für den Senat ersichtlich.
4.
34 
Der zweitinstanzliche Verweis auf § 814 BGB (Bl. 102 d.A.) führt die beklagte Bank auch nicht weiter. Die Kläger haben die Vorfälligkeitsentschädigung gerade nicht in Kenntnis einer Nichtschuld geleistet. Die Kläger haben im zugehörigen Anschreiben vom 15.01.2015 ausdrücklich den Vorbehalt jederzeitiger Rückforderung erklären lassen (Bl. 116 d.A. Anhang und schon Bl. 5 d.A.) und damit die Wirkung des § 814 BGB ausgeschlossen (BGH v. 06.10.1998 - XI ZR 36/98 Rd. 36 nach juris).
III.
35 
Die Beklagte trägt nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung. Das Urteil ist nach Maßgabe der §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar. Angesichts divergierender Entscheidungen der Obergerichte wird die Revision zugelassen. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 118/08 Verkündet am:
13. Januar 2009
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
HWiG § 2 Abs. 1 Satz 2 a.F.
Der Zusatz in einer Widerrufsbelehrung, der Lauf der Widerrufsfrist
beginne "frühestens, wenn Ihnen diese Belehrung über ihr Widerrufsrecht
ausgehändigt worden ist, jedoch nicht bevor Sie die von uns
gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten haben"
, widerspricht nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 2
HWiG a.F.
HWiG § 2 Abs. 1 Satz 3 a.F.
Wird eine Widerrufsbelehrung mit einer optisch getrennten und vom
Verbraucher gesondert zu unterschreibenden Empfangsbestätigung
verbunden, verstößt dies nicht gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08 - OLG Hamm
LG Essen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Januar 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die
Richter Dr. Grüneberg und Maihold

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Februar 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Kläger Die begehren die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihnen die Beklagte, eine Bank, zur Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat.
2
Die Kläger, ein damals 35 Jahre alter Servicetechniker und eine damals 33 Jahre alte Sachbearbeiterin, wurden im Januar 1998 in ihrer Wohnung von einem Vermittler geworben, sich über einen Treuhänder an dem geschlossenen Immobilienfonds "Z. fonds GbR" (nachfolgend: Fonds) zu beteiligen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen sie mit der Beklagten am 23. Januar 1998 einen formularmäßigen Annuitätendarlehensvertrag über 35.000 DM. Das Disagio betrug 10%, der bis zum 30. Januar 2003 festgeschriebene Nominalzinssatz 5,75% p.a., der anfängliche effektive Jahreszins 8,60%, die Anfangstilgung 2% p.a. Als von den Klägern zu tragende Gesamtbelastung wurden eine Vierteljahresrate über 678,13 DM, der bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist anfallende Betrag und die dann noch bestehende Restschuld des spätestens am 30. Januar 2018 fälligen Darlehens angegeben. Als Kreditsicherheiten sieht der Darlehensvertrag unter anderem die Verpfändung des Fondsanteils und die Abtretung einer Risikolebensversicherung vor. Dem Darlehensvertrag auf einer besonderen Seite beigefügt war eine von den Klägern gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz, die unter anderem folgenden Inhalt hat: "Sie können Ihre auf den Abschluss dieses Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen einer Frist von einer Woche … schriftlich widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt frühestens, wenn Ihnen diese Belehrung über Ihr Widerrufsrecht ausgehändigt worden ist, jedoch nicht bevor Sie die von uns gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten haben. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Im Falle des Widerrufes kommen auch die finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande. … Die vorstehende Belehrung habe/n ich/wir zur Kenntnis genommen."
3
Auf derselben Seite der Widerrufsbelehrung befindet sich der weitere , gesondert zu unterschreibende Abschnitt, der ebenfalls von den Klägern unterschrieben wurde: "Jeder Darlehensnehmer erhält eine Mehrfertigung der Widerrufsbelehrung. Der Empfang wird hiermit bestätigt."
4
Ferner unterzeichneten die Kläger eine dem Darlehensvertrag beigefügte "Besondere Erklärung", in der die Beklagte die Kläger über das sog. Aufspaltungsrisiko informierte und sie unter anderem darauf hinwies , dass sie den Kredit "unabhängig von dem finanzierten Geschäft und seinen Risiken" zurückzuzahlen hätten und sie - die Beklagte - sich weder in den Vertrieb eingeschaltet noch sonst gemeinsam mit den Fondsinitiatoren gegenüber den Klägern aufgetreten sei. Ende Februar 1998 übersandte die Beklagte den Klägern eine Vertragsausfertigung. Anfang März 1998 valutierte sie das Darlehen.
5
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2005 widerriefen die Kläger den Darlehensvertrag mit der Behauptung, zur Abgabe der Darlehensvertragserklärung aufgrund einer Haustürsituation bestimmt worden zu sein. Ihre Klage stützen sie jedoch vorrangig auf die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages wegen fehlender Gesamtbetragsangabe. Auf jeden Fall schuldeten sie deshalb nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4%.
6
Unter Berufung darauf nehmen sie die Beklagte auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen in Höhe von 10.978,61 € und Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Inanspruchnahme der Beklagten über 492,70 € jeweils nebst Zinsen in Anspruch. Außerdem begehren sie die Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen. Hilfsweise, für den Fall eines wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrages, verlangen sie die Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen abzüglich der Fondsausschüttungen in Höhe von 8.797,71 € und Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Inanspruchnahme der Beklagten über 492,70 € jeweils nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsbeteiligung, des weiteren die Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen und sie sich mit der Annahme ihres Angebots zur Abtretung der Fondsbeteiligung in Verzug befinde. Äußerst hilfsweise begehren sie wegen der fehlenden Gesamtbetragsangabe im Darlehensvertrag die Rückzahlung des Disagios in Höhe von 1.789,52 € nebst Zinsen und die Feststellung, dass ihre den gesetzlichen Zinssatz von 4% übersteigenden Zinszahlungen auf die Hauptforderung zu verrechnen seien. Höchst hilfsweise verlangen sie von der Beklagten die Neuberechnung der von ihnen geleisteten Teilzahlungen unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 4% p.a. und die Erstattung danach zuviel bezahlter Zinsen sowie die Feststellung, auch nach dem 30. Januar 2008 lediglich Zinsen in Höhe von 4% p.a. zu schulden. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und wendet unter anderem ein, die Kläger müssten sich jedenfalls die ihnen zugeflossenen Steuervorteile über 8.614,99 € anrechnen lassen.
7
Das Landgericht hat unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagte zur Zahlung von 4.954,42 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsbeteiligung verurteilt und die Feststellungen ausgesprochen , dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen und sie sich mit der Annahme des Angebots der Kläger zur Abtretung der Rechte aus der Fondsbeteiligung in Verzug befinde. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat es dem Zahlungsanspruch in Höhe von 8.797,71 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsbeteiligung und der Rechte aus dem Treuhandvertrag stattgegeben; die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Den Klägern stehe kein Rückzahlungsanspruch wegen Nichtigkeit des Darlehensvertrages nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG a.F. zu. Eine mögliche Nichtigkeit des Vertrages wegen fehlender Gesamtbetragsangabe sei nach § 6 Abs. 2 VerbrKrG a.F. geheilt worden, weil die Auszahlung der Darlehensvaluta auf Weisung der Kläger erfolgt sei. Die Kläger könnten ihr Begehren auch nicht im Wege des Rückforderungsdurchgriffs auf einen Schadensersatzanspruch gegen die Fondsinitiatoren stützen, weil sie eine arglistige Täuschung seitens der Fondsinitiatoren oder Gründungsgesellschafter nicht dargetan hätten.
11
Die Kläger hätten aber ihre Darlehensvertragserklärung nach § 1 Abs. 1 HWiG (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) wirksam widerrufen. Der Vertragsabschluss beruhe auf einem Hausbesuch des Vermittlers. Die Kläger hätten den Vertrag noch im Dezember 2005 widerrufen können, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und daher die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt habe. Zwar führe der Zusatz, dass auch die finanzierten verbundenen Geschäfte im Falle eines Widerrufs nicht zustande kommen, nicht zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung. Diese genüge den Anforderungen aber deshalb nicht, weil der Fristbeginn nicht eindeutig bestimmt sei. Der Zusatz "frühestens" verstoße gegen das Deutlichkeitsgebot. Der Hinweis auf den Fristbeginn ab Erhalt der gegengezeichneten Ausfertigung sei überdies rechtlich unzutreffend. Aufgrund dessen könnten die Kläger von der Beklagten die Rückabwicklung des gesamten Geschäfts verlangen, weil Fondsbeitritt und Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft darstellten. Die Kläger müssten sich auf ihren Rückgewähranspruch die erzielten Steuervorteile nicht anrechnen lassen, weil es durch die Rückabwicklung des Darlehensvertrages zu einem steuerlich relevanten Werbungskosten- rückfluss komme. Ein Anspruch der Kläger auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten bestehe nicht.

II.


12
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
13
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht die den Klägern erteilte Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG a.F.
14
Der a) mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen , darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Ergänzungen , die ihren Inhalt verdeutlichen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 m.w.Nachw.). Hierzu gehört etwa der Zusatz in einer Widerrufsbelehrung, dass im Falle des Widerrufs einer Darlehensvertragserklärung auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande kommt (Senat BGHZ 172, 157, 162 ff. Tz. 14 ff.; Urteil vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829 Tz. 14 ff.). Nicht zulässig sind Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken (BGH, Urteile vom 8. Juli 1993 - I ZR 202/91, WM 1993, 1840, 1841 und vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991) oder aber gemessen am Haustürwiderrufsgesetz einen unrichtigen Inhalt haben, wie etwa der Zusatz, der Widerruf gelte als nicht erfolgt, wenn das Darlehen nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt werde (Senat BGHZ 172, 157, 161 f. Tz. 13 m.w.Nachw.).
15
b) Nach diesen Maßstäben ist die den Klägern erteilte Widerrufsbelehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nicht unwirksam.
16
aa) Der Hinweis auf den Beginn der Widerrufsfrist ist Teil des gedruckten Textes und stellt sich nach der gesamten Gestaltung des Vertragsvordruckes als "vorformuliert" im Sinne des § 1 AGBG dar. Als Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten muss der Hinweis danach beurteilt werden, welche Bedeutung ihm aus der Sicht des üblicherweise angesprochenen Kundenkreises unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027, 1028). Aus der Sicht der hier interessierenden durchschnittlichen Kunden sollte die Widerrufsfrist frühestens mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung beginnen, nicht jedoch vor Erhalt der von der Beklagten gegengezeichneten Darlehensvertragsurkunde.
17
Der bb) hierdurch hinausgeschobene Beginn der Widerrufsfrist stimmt zwar mit dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG a.F., nach dem für den Fristbeginn die Aushändigung der schriftlichen Widerrufsbelehrung maßgeblich ist, nicht überein. Dies ist aber unschädlich. Mit der Unterschrift unter die Widerrufsbelehrung haben die Parteien zugleich eine Verlängerung der Widerrufsfrist vereinbart, was - weil zugunsten des Verbrauchers - zulässig ist (vgl. MünchKommBGB/Masuch 5. Aufl. § 355 Rdn. 4; MünchKommBGB/Ulmer 3. Aufl. § 5 HWiG Rdn. 16; Palandt/Grüneberg, BGB 68. Aufl. § 355 Rdn. 2, 11; Palandt/Putzo, BGB 59. Aufl. § 1 HWiG Rdn. 2; Staudinger/Kaiser, BGB Neubearbeitung 2004 § 355 Rdn. 65; Staudinger/O. Werner, BGB Neubearbeitung 1998 § 5 HWiG Rdn. 38; Erman/Saenger, BGB 10. Aufl. § 5 HWiG Rdn. 6; Bülow, Verbraucherkreditgesetz 4. Aufl. § 7 Rdn. 88). Das Hinausschieben des Beginns der Widerrufsfrist entspricht dem Interesse des Kunden, weil erst dann für ihn klar ist, dass der Vertrag zustande gekommen ist. Dass die Verlängerung der Widerrufsfrist und die Belehrung über diese in einem Akt zusammenfallen, berührt die Ordnungsgemäßheit der Belehrung nicht.
18
Für die Wirksamkeit der Vereinbarung über den Beginn der Widerrufsfrist spricht wesentlich, dass der Verbraucher bei einem Verbraucherdarlehensvertrag andernfalls stets zwei Widerrufsbelehrungen mit einem unterschiedlichen Fristbeginn erhalten müsste. Auch wenn in § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG a.F. - anders als noch in § 1b Abs. 2 Satz 2 i.V. mit § 1a Abs. 2 AbzG und nunmehr wieder in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB - der Fristbeginn nicht ausdrücklich an die Aushändigung der Vertragsurkunde geknüpft war, setzte der Fristbeginn neben der Aushändigung der Widerrufsbelehrung auch die Übergabe einer Abschrift der Vertragsur- kunde i.S. des § 4 Abs. 3 VerbrKrG voraus. Denn der Verbraucher kann die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht nur wahrnehmen, wenn der Bezugsgegenstand seiner Überlegung, der Kreditvertrag, vorliegt (MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl. § 7 VerbrKrG Rdn. 24; Palandt/ Heinrichs, BGB 61. Aufl. § 361a Rdn. 15; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB Neubearbeitungen 1998 und 2001 § 7 VerbrKrG Rdn. 41; Bülow, Verbraucherkreditgesetz 4. Aufl. § 7 Rdn. 108). Im Anwendungsbereich des Haustürwiderrufsgesetzes dagegen ist die Aushändigung der Vertragsurkunde nicht Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist, weil ein in einer Haustürsituation geschlossener Vertrag nicht stets der Schriftform bedarf. Dass diese Rechtslage für den rechtsunkundigen Verbraucher verwirrend ist, liegt auf der Hand. Um dies zu vermeiden, ist ein Gleichlauf der Widerrufsfristen sinnvoll (vgl. Senat BGHZ 172, 157, 163 Tz. 16 zum Hinweis auf die Folgen des Widerrufs für das verbundene Geschäft).
19
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt der Formulierungszusatz "frühestens" nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG a.F. Aus dem Zusammenhang wird klar, dass für den Fristbeginn die Aushändigung der Belehrung maßgeblich ist, es sei denn, die Darlehensvertragsurkunde wird erst zu einem späteren Zeitpunkt übergeben. Nur dann beginnt die Widerrufsfrist erst mit dem Erhalt der Urkunde. Angesichts dessen ist der Zusatz auch nicht, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft gemeint hat, geeignet, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers von den übrigen Teilen der Widerrufsbelehrung abzulenken. Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung wird der Verbraucher durch die Verwendung des Wortes "frühestens" auch nicht über die für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblichen Ereignisse im Unklaren gelassen. In der Widerrufsbelehrung wird der Verbraucher zunächst über die Möglichkeit des Widerrufs seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung binnen einer Frist von einer Woche informiert; der nachfolgende Absatz enthält sodann den Hinweis auf deren Beginn.
20
dd) Gegen die Ordnungsgemäßheit der Belehrung lässt sich auch nicht einwenden, dass die Widerrufsbelehrung - falls die Aushändigung der Darlehensvertragsurkunde erst Wochen oder Monate nach der Belehrung erfolgt - beim Verbraucher in Vergessenheit geraten könnte. In einem solchen Fall ist der Verbraucher bereits nach § 146 BGB nicht mehr an seinen Vertragsantrag gebunden, weil der Unternehmer den Antrag nicht nach § 147 Abs. 2 BGB rechtzeitig angenommen hätte. Vielmehr wäre dessen Annahme gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neuer Antrag zu werten, den der Verbraucher annehmen müsste. Über sein Widerrufsrecht müsste er dann erneut belehrt werden, weil sich in diesem Fall die ursprüngliche Belehrung als vorherige Belehrung darstellen würde und unwirksam wäre (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 m.w.Nachw.).
21
2. Die einwöchige Widerrufsfrist begann danach mit Erhalt der von der Beklagten übersandten Ausfertigung des Darlehensvertrags und war bei Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger am 21. Dezember 2005 bereits abgelaufen.

III.


22
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
23
Entgegen 1. der Revisionserwiderung ist die Widerrufsbelehrung nicht deshalb fehlerhaft, weil sie im unteren Teil des Formulars eine von den Klägern zu unterzeichnende Empfangsbestätigung enthält. Die Empfangsbestätigung stellt im Verhältnis zur Widerrufsbelehrung keine andere Erklärung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F., sondern eine eigenständige Erklärung dar.
24
a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. darf die Belehrung keine andere Erklärung enthalten. Dies gebietet aber nicht, dass die Widerrufsbelehrung in einer gesonderten Urkunde enthalten sein muss. Es genügt, wenn sich die Belehrung vom übrigen Vertragstext klar und übersichtlich abhebt und die drucktechnische Gestaltung deutlich erkennen lässt, dass die gesonderte Unterschrift sich auf die Belehrung über das Widerrufsrecht bezieht (vgl. BGHZ 126, 56, 60 f.; MünchKommBGB/Ulmer 3. Aufl. § 2 HWiG Rdn. 8; Staudinger/O. Werner, BGB Neubearbeitung 1998 § 2 HWiG Rdn. 38; Erman/Saenger, BGB 10. Aufl. § 2 HWiG Rdn. 4). Schließt sich an die Widerrufsbelehrung ein weiterer Text - wie hier eine Empfangsbestätigung - an, kommt es darauf an, ob für den durchschnittlichen Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Vertragsurkunde der Eindruck erweckt wird, es handele sich um eine einheitliche, ihrem Inhalt nach näher bestimmte Widerrufsbelehrung, und deshalb geeignet ist, von der Widerrufsbelehrung als solcher abzulenken (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 - I ZR 202/91, WM 1993, 1840, 1841).

25
b) Nach diesen Maßstäben ist die Empfangsbestätigung kein (unzulässiger ) Bestandteil der Widerrufsbelehrung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F., sondern eine eigenständige Erklärung. Widerrufsbelehrung und Empfangsbestätigung sind horizontal und durch einen Querstrich räumlich deutlich voneinander getrennt; der Charakter zweier eigenständiger Erklärungen wird durch die jeweils gesondert zu leistenden Unterschriften deutlich (vgl. zur Abgrenzung auch BGHZ 119, 283, 296 ff.; BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 aaO; OLG Stuttgart WM 1991, 64, 66 und NJW-RR 1995, 114). Unter diesen Umständen ist die Empfangsbestätigung nicht geeignet, dem Verbraucher die Voraussetzungen und Folgen seines Widerrufsrechts zu verschleiern oder ihn in sonstiger Weise von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten.
26
2. Auch der Zusatz, dass im Falle des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung auch "die finanzierten verbundenen Geschäfte" nicht wirksam zustande kommen, ist keine unzulässige andere Erklärung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F., wenn - was nach den nicht angegriffenen, fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall ist - der Fondsbeitritt und der seiner Finanzierung dienende Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft i.S. des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bilden (Senat BGHZ 172, 157, 161 ff. Tz. 11 ff.; Senatsurteile vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829 Tz. 11 ff. und vom 11. November 2008 - XI ZR 269/06, WM 2009, 65, 66 Tz. 11). Dass der mit dem Darlehensvertrag verbundene Vertrag in dem Zusatz zur Widerrufsbelehrung nicht konkret bezeichnet ist, ist unschädlich; auf die genaue rechtliche Qualifikation und Bezeichnung des verbundenen Anlagegeschäfts kommt es nicht entscheidend an (Senatsurteil vom 11. November 2008 aaO, Tz. 12). Da die Darlehensvaluta nach dem Darlehensvertrag zur Finanzierung des Fondsanteils gewährt wurde, war für die Kläger klar, dass mit dem verbundenen Geschäft nur die treuhänderische Fondsbeteiligung gemeint sein konnte.
27
Anders als die Revisionserwiderung meint, ergibt sich etwas anderes auch nicht aus dem von den Klägern unterzeichneten Zusatzformular "Besondere Erklärung", in dem die Beklagte auf das sogenannte Aufspaltungsrisiko , d.h. ein unterschiedliches Schicksal von Darlehensvertrag und Fondsbeitritt hinweist. Selbst wenn der Inhalt dieses Formulars bei den Klägern Zweifel an ihren Rechten erweckt haben sollte, führt dies nicht zur Unrichtigkeit der Widerrufsbelehrung. Der darin enthaltene zutreffende Zusatz, dass im Falle des Widerrufs auch das finanzierte verbundene Geschäft nicht wirksam zustande kommt, ist vielmehr geeignet, solche Zweifel wieder zu zerstreuen und den Verbraucher in die Lage zu versetzen, mit dem Widerruf des Darlehensvertrages auch das verbundene Geschäft zu Fall zu bringen. Bei dieser Sachlage wäre eine Widerrufsbelehrung ohne den Zusatz hinsichtlich des verbundenen Geschäfts sogar eher geeignet gewesen, die Kläger von der Wahrnehmung des Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. KG WM 2008, 401, 404).
28
3. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Rückzahlungsanspruch der Kläger aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB wegen Heilung des sich aus dem Fehlen einer Gesamtbetragsangabe ergebenden Formmangels (§ 6 Abs. 2 VerbrKrG a.F.) und einen Schadensersatzanspruch aus einem eigenen Aufklärungsverschulden der Beklagten verneint hat, werden von den Klägern - etwa im Wege der Gegenrüge - nicht angegriffen und lassen auch keinen Rechtsfehler erkennen.

IV.


29
Das angefochtene Urteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
30
Berufungsgericht Das wird über die Hilfsanträge der Kläger auf Rückzahlung des Disagios und auf Neuberechnung der von ihnen auf den Darlehensvertrag geleisteten Teilzahlungen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG a.F. zu befinden haben. Der formularmäßige Darlehensvertrag weist lediglich den für die Zeit der Zinsfestschreibung berechneten Teilbetrag aus. Damit fehlt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bei der hier vorliegenden sogenannten unechten Abschnittsfinanzierung an der erforderlichen Gesamtbetragsangabe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b Satz 2 VerbrKrG a.F. (Senatsurteile BGHZ 159, 270, 274 ff. und vom 9. Mai 2006 - XI ZR 119/05, WM 2006, 1243, 1246 m.w.Nachw.). Aufgrund dessen schulden die Kläger der Beklagten statt des vereinbarten Vertragszinses für die gesamte Vertragslaufzeit, nicht nur für die Zinsfestschreibungsperiode, lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4% p.a. (Senatsurteil vom 14. September 2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2309). § 6 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG a.F. gewährt ihnen ferner einen Anspruch auf Neuberechnung der Höhe der im Darlehensvertrag vereinbarten Teilzahlungen mit dem gesetzlichen Zinssatz (Senatsurteil vom 9. Mai 2006 aaO). Auf dieser Grundlage können sie - wie von ihnen im Wege der Stufenklage geltend gemacht - die Beklagte auf Rückzahlung überzahlter Zinsen gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB in Anspruch nehmen (Senatsurteile BGHZ 159, 270, 279 und vom 9. Mai 2006 aaO), soweit der Bereicherungsanspruch nicht etwa gemäß § 197 BGB a.F. verjährt ist. Auch soweit die Kläger mit ihrem vorrangig gestellten Hilfsantrag die Rückzahlung des Disagios beanspruchen (dazu Senatsurteile vom 4. April 2000 - XI ZR 200/99, WM 2000, 1243 ff. und vom 14. September 2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2308), wird sich das Berufungsgericht mit der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede befassen müssen. Auf den Rückzahlungsanspruch, der zunächst der regelmäßigen dreißigjährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung unterlag (vgl. Senatsurteil vom 14. September 2004 aaO), findet ab dem Stichtag des 1. Januar 2002 gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB die regelmäßige , kenntnisabhängige Verjährung der §§ 195, 199 BGB Anwendung (Senat BGHZ 171, 1, 6 ff. Tz. 17 ff.). Zu den subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, für deren Vorliegen die Beklagte als Schuldnerin die Darlegungs- und Beweislast trägt (Senat BGHZ 171, 1, 10 f. Tz. 32), hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Dies wird es - nachdem es den Parteien Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag gegeben hat - nachzuholen haben.
Nobbe Joeres Mayen
Grüneberg Maihold
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 09.11.2006 - 6 O 524/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 20.02.2008 - 31 U 51/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 33/08 Verkündet am:
10. März 2009
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________

a) Eine einem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung, die von
einem unbefangenen rechtsunkundigen Leser dahin verstanden
werden kann, die Widerrufsfrist werde unabhängig von der Vertragserklärung
des Verbrauchers bereits durch den bloßen Zugang
des von einer Widerrufsbelehrung begleiteten Vertragsangebots
des Vertragspartners in Gang gesetzt, entspricht nicht
dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB.

b) Bilden Verbraucherdarlehensvertrag und finanziertes Geschäft
eine wirtschaftliche Einheit und ist das Darlehen dem Unternehmer
bereits teilweise zugeflossen, so hat der vom Verbraucher
erklärte Widerruf der auf den Abschluss des Darlehensvertrags
gerichteten Vertragserklärung zur Folge, dass der Darlehensgeber
im Abwicklungsverhältnis an die Stelle des Unter-
nehmers tritt. Ist das verbundene Geschäft nicht vollständig
fremdfinanziert worden, muss der Darlehensgeber dem Verbraucher
auch den von diesem aus eigenen Mitteln an den Unternehmer
gezahlten Eigenanteil zurückerstatten.
BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 10. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Beklagten auferlegt mit Ausnahme der durch die Streithilfe verursachten Kosten, die die Streithelferin trägt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihm die Rechtsvorgängerin der beklagten Bank (im Folgenden: Beklagte) zur Finanzierung der Beteiligung an einer Immobilienfondsgesellschaft gewährt hat.
2
Der Kläger, ein damals 38 Jahre alter Diplomingenieur, wurde im Dezember 2002 von einem Vermittler geworben, sich über eine Treuhän- derin an der F. GmbH & Co. KG (im Folgenden : Fondsgesellschaft) mit einem Anteil von 40.000 € zuzüglich 5% Agio zu beteiligen. Er leistete am 30. Dezember 2002 eine Eigenkapitalzahlung in Höhe von 10.000 € an die Fondsgesellschaft. Den Restbetrag finanzierte er über ein Darlehen bei der Beklagten, die dem Kläger hierzu ein von ihr am 14. Februar 2003 unterzeichnetes, mit "Darlehensvertrag" überschriebenes und mit einer Widerrufsbelehrung versehenes Darlehensangebot über einen Nettokreditbetrag von 32.000 € unterbreitete. In dem Vertragsformular war die Provision von 1% des Darlehensnennbetrags (323,23 €), die die Beklagte für die Darlehensvermittlung an die Fondsgesellschaft gezahlt hatte, als „Bearbeitungsgebühr“ ausgewiesen.
3
Mit Datum vom 22. Februar 2003 bestätigte der Kläger den Empfang des Vertragsangebots und der beigefügten Widerrufsbelehrung. Diese lautete auszugsweise wie folgt: "Jeder Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (...) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde. … Von dieser Widerrufsbelehrung habe/n ich/wir Kenntnis genommen : ................ ........................................ Ort, Datum Unterschrift R. B. "
4
Am 15. März 2003 unterzeichnete der Kläger den Darlehensvertrag sowie - durch gesonderte Unterschrift - die Erklärung über die Kenntnisnahme der Widerrufsbelehrung. Er übersandte die Vertragsurkunde der Beklagten, erbrachte bis zum 30. Dezember 2005 auf das valutierte Darlehen ratenweise Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 10.065,48 € und erhielt in diesem Zeitraum Fondsausschüttungen in Höhe von 5.600 €. Nachdem die Fondsgesellschaft im Frühjahr 2005 in Insolvenz geraten war, widerrief der Kläger mit Schreiben vom 5. August 2005 seine Darlehensvertragserklärung.
5
Mit seiner Klage hat er die Beklagte auf Rückgewähr der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen - hilfsweise Zug um Zug gegen Übertragung seiner Gesellschaftsanteile - sowie auf Ersatz der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten in Anspruch genommen und die Feststellung begehrt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen. Zur Begründung hat er sich unter Hinweis auf die für fehlerhaft gehaltene Widerrufsbelehrung auf den Widerruf seiner Darlehensvertragserklärung gestützt und sich ergänzend auf die Formnichtigkeit des Darlehensvertrags wegen fehlender Pflichtangaben zu den Vermittlungskosten berufen. Auch sei er durch die Fondsverantwortlichen arglistig getäuscht worden. Dies könne er der Beklagten entgegenhalten , da Kreditvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft seien. Sein Anspruch auf Rückzahlung der Annuitätenleistungen sei mit Rücksicht auf die von ihm erklärte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung nicht um die von ihm empfangenen Ausschüttungen zu kürzen.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Feststellungsklage und der Zahlungsklage im Hauptantrag stattgegeben mit Ausnahme der begehrten Anwaltskosten. Mit der - vom Berufungsgericht für die Beklagte zugelassenen - Revision erstrebt diese die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist unbegründet.

I.


8
Berufungsgericht Das hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit es der Klage stattgegeben hat, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Zwar sei der Darlehensvertrag wirksam zustande gekommen und auch nicht wegen fehlender Pflichtangaben zu den Vermittlungskosten nichtig. Der Kläger habe aber seine Darlehensvertragserklärung wirksam widerrufen. Der Widerruf sei insbesondere rechtzeitig gewesen, da der Kläger über sein aus § 495 Abs. 1 BGB folgendes Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß (§ 355 Abs. 2 BGB) belehrt worden sei. Die ihm erteilte Widerrufsbelehrung sei irreführend gewesen. Sie erwecke bei einem unbefangenen und rechtsunkundigen Leser den falschen Eindruck, die Widerrufsfrist beginne unabhängig davon, von wem der "Darlehensantrag" stamme, einen Tag, nachdem der Verbraucher das Angebot der Beklagten mit der beigefügten Widerrufsbelehrung erhalten habe. Zudem sei die Belehrung verfrüht, da sie erteilt worden sei, bevor der Kläger seine bindende Vertragserklärung abgegeben habe. Der Kläger könne als Rechtsfolge seines Widerrufs von der Beklagten die Rückgewähr der Zahlungen verlangen, die er auf die Darlehensschuld erbracht habe. Die empfangenen Fondsausschüttungen, die er sich grundsätzlich anrechnen lassen müsse, minderten den eingeklagten Betrag mit Rücksicht auf die von ihm erklärte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückerstattung der Eigenkapitalzahlung nicht. Auf diesen könne er sich auch gegenüber der Beklagten berufen, da Darlehensvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB seien.

II.


10
Berufungsurteil Das hält rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Rückzahlungsanspruch des Klägers bejaht und festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 14. Februar/15. März 2003 keine Ansprüche mehr zustehen.
11
1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist sein Rückzahlungsbegehren allerdings nicht bereits wegen Formnichtigkeit des Vertrags gemäß § 494 Abs. 1, § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4 BGB gerechtfertigt. Dabei kommt es auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob die Ausweisung der Vermittlungskosten als "Bearbeitungsgebühr" einen Formverstoß darstellt, nicht an. Die von ihm begehrte Rückabwicklung des Vertrags kann der Kläger mit diesem Vorbringen schon deshalb nicht erreichen , weil - worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist - der Vertrag durch die Inanspruchnahme des Darlehens gemäß § 494 Abs. 2 Satz 1 BGB jedenfalls geheilt worden ist.
12
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Rückabwicklungsbegehren des Klägers jedoch mit Rücksicht auf den von ihm erklärten Widerruf seiner Darlehensvertragserklärung begründet ist. Nach den nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Widerrufsrecht gemäß § 495 Abs. 1, § 355 BGB zu. Dieses konnte er entgegen der Auffassung der Revision mit seinem am 5. August 2005 erklärten Widerruf noch wirksam ausüben. Eine Widerrufsfrist hatte gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in der hier anwendbaren Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I, S. 2850) nicht zu laufen begonnen, da die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach.
13
Die a) Beklagte hat für die Belehrung kein Formular verwendet, das dem Muster gemäß § 14 Abs. 1 Anlage 2 BGB-InfoV entspricht. Aus der BGB-InfoV kann sie schon aus diesem Grund keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten (BGHZ 172, 58, 61, Tz. 12).
14
b) Eine den Vorgaben des § 355 BGB entsprechende Widerrufsbelehrung hat sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht erteilt. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 14; BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991).
15
aa) Deren Lauf hängt bei einem Vertrag, der wie der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag schriftlich abzuschließen ist (§ 492 BGB), davon ab, dass dem Verbraucher über die Widerrufsbelehrung hinaus (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB). Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrags also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB trägt insofern dem mit der Belehrung verfolgten Ziel Rechnung, dem Verbraucher sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen zu führen. Nur wenn der Verbraucher eine Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt, wenn sich also die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht , kann er die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1992; vgl. auch zu § 7 VerbrKrG Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 18).
16
bb) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, weil sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - das unrichtige Verständnis nahe legt, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots der Beklagten zu laufen. Durch die Formulierung der in dem von der Beklagten übersandten Vertragsangebot enthaltenen Belehrung , die Widerrufsfrist beginne „einen Tag“ nach Mitteilung „dieser“ Belehrung und Zurverfügungstellung einer Vertragsurkunde, entsteht aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 16; BGH, Urteil vom 18. April 2005 - II ZR 224/04, WM 2005, 1166, 1168), der Eindruck, diese Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots der Beklagten zu laufen. Dies gilt umso mehr, als das Angebot der Beklagten mit "Darlehensvertrag" überschrieben ist, so dass für den unbefangenen Leser der Eindruck entsteht, es handele sich bei dieser Urkunde unabhängig von der Annahmeerklärung des Klägers um die in der Widerrufsbelehrung genannte Vertragsurkunde , die dem Kläger zur Verfügung gestellt wurde. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob das Berufungsgericht zu Recht in dem Angebot der Beklagten einen "Darlehensantrag" gesehen hat, kommt es daher nicht an. Entscheidend ist, dass die von der Beklagten verwendete Formulierung der Widerrufsbelehrung dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht entspricht, weil sie die unzutreffende Vorstellung hervorrufen kann, die Widerrufsfrist beginne unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung.
17
cc) Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung hat schon aus diesem Grund den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt. Auf die vom Berufungsgericht zusätzlich erörterte Frage, ob die Widerrufsbelehrung auch zu früh erteilt worden war (hierzu BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989 ff.), oder ob es insoweit - wie die Revision geltend macht - ausreichte, dass der Kläger - wie das von ihm bei der Unterschrift angegebene Datum ausweist - von der Widerrufsbelehrung jedenfalls zeitgleich mit der Vertragsannahme Kenntnis genommen hat, kommt es daher nicht an.
18
dd) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist in der Rechtsprechung bereits geklärt, dass ein Kenntnisnahmevermerk, wie ihn der Kläger hier unterschrieben hat, der Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung nicht entgegen steht. Richtig ist zwar, dass die Widerrufsbelehrung nach § 355 BGB grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten darf, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991). Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Ergänzungen, die keinen eigenen Inhalt aufweisen und den Inhalt der Widerrufsbelehrung verdeutlichen (Senatsurteile vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829, Tz. 13 und vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 14, jeweils m.w.N.; BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, aaO). Hierzu gehört auch der Zusatz, der Verbraucher habe von der Widerrufsbelehrung Kenntnis genommen. Ihm kommt kein weiterer Erklärungsinhalt zu, als dass der Darlehensnehmer auf die Widerrufsbelehrung - neben dem eigentlichen Vertragsinhalt - gesondert hingewiesen worden ist und um sein Widerrufsrecht weiß (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 508/07 und XI ZR 509/07, jeweils Umdruck S. 14, Tz. 25). Die vom Kläger erbetene Unterschrift sieht das neue Widerrufsrecht als Wirksamkeitsvoraussetzung der Belehrung zwar nicht mehr vor. Sie ist jedoch auch weiter unbedenklich und aus Beweisgründen empfehlenswert (Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 355 Rn. 15; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 51).
19
3. Durch den wirksamen Widerruf hat sich der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag gemäß § 357 Abs. 1, § 346 BGB ex nunc in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt.
20
a) Die Beklagte schuldet dem Kläger danach die Rückgewähr der von ihm aus seinem Vermögen erbrachten Zins- und Tilgungsraten (vgl. Senat, BGHZ 172, 147, 153, Tz. 22). Dies zieht auch die Revision als Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs zu Recht nicht in Zweifel. Sie wendet sich jedoch dagegen, dass das Berufungsgericht den vom Kläger eingeklagten Betrag von 10.065,48 € nicht um die empfangenen Fondsausschüttungen in Höhe von 5.600 € gekürzt hat. Auch insoweit bleibt sie aber ohne Erfolg.
21
aa) Zutreffend ist allerdings, dass sich der Darlehensnehmer nach einem Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung die an ihn oder an die Bank direkt geflossenen Fondsausschüttungen nach den Regeln des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen muss, da er andernfalls besser stünde, als er ohne die Betei- ligung an dem Fonds gestanden hätte (Senat, BGHZ 172, 147, 153, Tz. 22; 167, 252, 267 f., Tz. 41).
22
bb) Dies hat auch das Berufungsgericht richtig gesehen. Zu Recht hat es jedoch angenommen, dass der Kläger gegenüber dem Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der ihm zugeflossenen Fondsausschüttungen (5.600 €) wirksam mit seiner Forderung auf Rückzahlung der an den Fonds erbrachten Eigenkapitalzahlung von 10.000 € aufgerechnet hat.
23
Soweit (1) die Revision hiergegen einwendet, der Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung sei nicht rechtshängig, übersieht sie, dass der Kläger nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts , gegen die die Revision nichts Erhebliches vorbringt, im Rechtsstreit die unbedingte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung erklärt hat. Gegen die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, mit dieser Aufrechnungserklärung habe der Kläger seine Rechte aus § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB im Rahmen der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung (§ 358 Abs. 2 Satz 1 BGB) geltend gemacht, ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern, zumal sie damit in Einklang steht, dass der Kläger bereits in erster Instanz von der Beklagten im Rahmen der Rückabwicklung des verbundenen Geschäfts ausdrücklich die Rückzahlung der erbrachten Eigenkapitalleistung abzüglich der erhaltenen Fondsausschüttungen verlangt hat. Auch die Revision bringt hiergegen nichts Beachtliches vor.
24
(2) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass der Kläger mit seinem ursprünglich gegen die Fondsgesellschaft gerich- teten Anspruch auf Rückzahlung seiner Eigenkapitalleistung gegenüber der Beklagten aufrechnen kann.
25
(a) Da es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen und aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts bei dem Darlehensvertrag und dem Fondsbeitritt um ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 358 BGB handelt, führt der Widerruf der Darlehensvertragserklärung zugleich dazu, dass der Kläger gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 BGB auch nicht mehr an den finanzierten Vertrag , hier also den Beitritt zu der Fondsgesellschaft, gebunden ist. § 358 Abs. 2 BGB gilt auch für den finanzierten Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft, sofern - wie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall - die Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts nach § 358 Abs. 3 BGB vorliegen (MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 358 Rn. 14; Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 7; ebenso die gefestigte Rechtsprechung zu § 3 HWiG, § 9 VerbrKrG: vgl. BGHZ 156, 46, 50 ff.; 159, 294, 309 f.; 167, 252, 256, Tz. 12).
26
Die (b) Rückabwicklungsansprüche, die dem Kläger infolge der Erstreckung der Widerrufsfolgen auf das finanzierte Geschäft zustehen, kann er - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB der finanzierenden Bank, hier also der Beklagten , entgegenhalten. Sofern - wie hier - das auszuzahlende Darlehen bereits ganz oder teilweise dem Unternehmer zugeflossen ist, sieht § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB eine bilaterale Rückabwicklung allein im Verhältnis zwischen Darlehensgeber und Verbraucher vor. Der Darlehensgeber tritt in diesem Fall anstelle des Unternehmers in dessen Rechte und Pflichten aus dem verbundenen Vertrag ein und wird an dessen Stelle Gläubiger und Schuldner des Verbrauchers im Abwicklungsverhältnis (MünchKomm BGB/Habersack, aaO, Rn. 82; Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 21; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO, § 358 Rn. 67; ebenso zu § 9 VerbrKrG BGHZ 131, 66, 72 f.). Ziel des § 358 BGB ist es, den Verbraucher vor Risiken zu schützen, die ihm durch die Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Vertrags in ein Bargeschäft und einen damit verbundenen Darlehensvertrag drohen (Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 1; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO). Der Gesetzgeber hat hiermit die in der Vergangenheit zum Widerruf im Rahmen des Verbraucherkreditgesetzes und des Haustürwiderrufsgesetzes entwickelte Rechtsprechung (vgl. BGHZ 131, aaO; 133, 254, 259 ff.; 152, 331, 337; 167, 252, 256 f., Tz. 12) aufgegriffen, nach welcher der Verbraucher innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen die Entscheidung soll treffen können, ob er an seinen eine wirtschaftliche Einheit bildenden Verpflichtungserklärungen festhalten will oder nicht (st. Rspr., Senat, BGHZ 167, 252, 256, Tz. 12 m.w.N.). Dieses Ziel stellt § 358 BGB im Falle des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung dadurch sicher, dass der Verbraucher auch an seine auf den Abschluss des mit dem Verbraucherdarlehensvertrag verbundenen Vertrags gerichtete Willenserklärung insgesamt nicht mehr gebunden ist und sich im Rahmen der Rückabwicklung beider Verträge hinsichtlich sämtlicher Ansprüche ausschließlich dem Darlehensgeber als Gläubiger und Schuldner gegenüber sieht, der an Stelle des Unternehmers in das Abwicklungsverhältnis eingetreten ist.
27
Verbraucher Der hat daher - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - gegen die finanzierende Bank einen Anspruch auf Rückerstattung aller aus seinem Vermögen an Darlehensgeber und Unternehmer erbrachten Leistungen. Hierzu gehören sowohl die an den Darlehensgeber erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen als auch eine Anzahlung, die der Verbraucher aus eigenen Mitteln an den Unternehmer geleistet hat (Bamberger/Roth/C. Möller, BGB, 2. Aufl., § 358 Rn. 28, 34; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 6. Aufl., § 495 Rn. 290; Erman/ Saenger, BGB, 12. Aufl., § 358 Rn. 28; MünchKommBGB/Habersack, aaO, Rn. 84 f.; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO; ebenso schon zum AbzG: BGHZ 131, 66, 72 f.). Ist also die Beteiligung an der Fondsgesellschaft - wie hier - nicht vollständig fremdfinanziert, hat der Darlehensgeber dem Verbraucher auch dessen aus eigenen Mitteln an die Gesellschaft gezahlten Eigenanteil zu erstatten (Erman/Saenger, aaO; MünchKommBGB /Habersack, aaO, Rn. 85).
28
Dies hat das Berufungsgericht zutreffend gesehen und hat daher zu Recht die Aufrechnung des Klägers mit seinem Anspruch auf Rückgewähr der von ihm aus eigenen Mitteln geleisteten Bareinlage gegenüber der Forderung der Beklagten auf Anrechung der Fondsausschüttungen für durchgreifend erachtet.
29
b) Zutreffend - und von der Revision unbeanstandet - hat es dem Kläger des weiteren einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zuerkannt. Der Anspruch folgt aus § 357, § 346 Abs. 1 BGB. Zwar sind nach § 346 Abs. 1 BGB nur tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben. Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. zu § 818 Abs. 1 BGB Senat, BGHZ 172, 147, 157, Tz. 35 m.w.N.).
30
c) Von der Revision zu Recht hingenommen, hat das Berufungsgericht die Beklagte auch nicht lediglich Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsanteile des Klägers verurteilt. Die Beklagte hat sich auf ein Zurückbehaltungsrecht nicht berufen und es war auch nicht von Amts wegen zu berücksichtigen (Senat, BGHZ 174, 334, 344, Tz. 35).
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.10.2006 - 5 O 277/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.12.2007 - 17 U 397/06 -

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28.3.2014 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Unter Abänderung des Urteils der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28.3.2014 im Kostenpunkt haben die Kläger von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz 86 % und die Beklagte 14 % zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens:    

29.000,00 EUR

Streitwert in erster Instanz:

212.799,14 EUR

Gründe

 
I.
Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Feststellung, dass zwei mit der Beklagten geschlossene Darlehensverträge infolge Widerrufs beendet sind. Die Beklagte meint, der Widerruf sei unwirksam und macht mit einer Hilfswiderklage die Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta geltend.
1.
Die Parteien schlossen am 9.9.2009 (Nr. xxx) und am 11.9.2009 (Nr. xxx) Darlehensverträge über jeweils 100.000 EUR, die den Klägern zur Finanzierung eines Einfamilienhauses dienten. Bei den Verträgen handelte es sich um Fernabsatzgeschäfte. Beigefügt war jeweils folgende Widerrufsbelehrung:
Mit Anwaltsschreiben vom 16.4.2013 ließen die Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf der Darlehen erklären.
Die Kläger haben die Feststellung beantragt, dass die Darlehensverträge durch den Widerruf beendet sind. Ferner haben sie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.380,79 EUR nebst Prozesszinsen verlangt. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, der Widerruf sei rechtzeitig erklärt, weil der Lauf der Widerrufsfrist angesichts mehrerer Fehler der erteilten Belehrungen nicht begonnen habe. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den Vertrauensschutz gem. § 14 Abs. 1 BGB InfoV a.F. berufen, weil sie die Musterbelehrung nicht unverändert übernommen habe. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Kläger im Schriftsatz vom 18.3.2014 ergänzend geltend gemacht, die bei Fernabsatzverträgen erforderlichen Informationen seien insoweit nicht erteilt worden, als eine Mitteilung der Hauptgeschäftstätigkeit des Unternehmens der Beklagten und der für die Zulassung zuständigen Aufsichtsbehörde fehle.
Die Beklagte hält die Widerrufsbelehrung in jeder Hinsicht für ordnungsgemäß, insbesondere entspreche die Darstellung des Beginns der Widerrufsfrist der Gesetzesformulierung und stimme mit der Rechtslage überein. Hilfsweise hat die Beklagte Widerklage erhoben, mit der sie die Rückzahlung der zum 1.12.2013 offenen Darlehensvaluta in Höhe von 94.114,22 EUR (Nr. ...) und 89.684,94 EUR (Nr. ...) verlangt.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
2.
Das Landgericht hat die Wirksamkeit des Widerrufs der beiden Verbraucherdarlehen festgestellt und die Kläger zur Rückzahlung der Darlehensvaluta in Höhe von 183.799,14 EUR nebst Zinsen verurteilt. Soweit die Kläger Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten begehrt haben, hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, beide Darlehensverträge seien wirksam widerrufen, weil die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist geeignet sei, bei einem verständigen und durchschnittlichen Verbraucher einen Irrtum zu veranlassen. Es werde der Eindruck erweckt, dass nur bezüglich der vier - durch Spiegelstriche aufgezählten - fristauslösenden Umstände § 187 Abs. 1 BGB Anwendung finde, also die Fristberechnung am Folgetag beginne, während bezüglich des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung der Tag des Vertragsschlusses gemäß § 187 Abs. 2 BGB mitzurechnen sei. Die differenzierende Formulierung vermittle den Eindruck, dass die genannten Umstände vom Gesetz unterschiedlich zu behandeln seien. Der Fristbeginn richte sich aber einheitlich nach § 187 Abs. 1 BGB. Die Belehrung entspreche auch nicht vollständig dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV.
Dem Feststellungsantrag der Kläger sei stattzugeben, weil durch den Widerruf ein Rückabwicklungsschuldverhältnis begründet werde, worauf das Feststellungsbegehren der Kläger der Sache nach gerichtet sei. Infolge dessen seien die Kläger zur Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta nebst Verzugszinsen verpflichtet, weshalb die Hilfswiderklage Erfolg habe.
3.
10 
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr vorrangiges Ziel, die Abweisung der Feststellungsklage zu erreichen, weiter. Zur Begründung führt sie aus, das Landgericht stelle übertriebene Anforderungen an die Richtigkeit und Eindeutigkeit der Widerrufsbelehrung. In § 312 d Abs. 2 a.F. BGB finde sich eine negative Formulierung für das Ereignis des Vertragsschlusses und in § 355 Abs. 2 Satz. 1 a.F. BGB eine positive Formulierung hinsichtlich der weiteren Bedingungen des Fristbeginns. Dieser Unterscheidung trage die Belehrung Rechnung. Die Anwendung der Regelung des § 187 Abs. 1 BGB für das Ereignis des Vertragsschlusses führe zu Verständnisschwierigkeiten für den Verbraucher und entspreche nicht der Rechtslage. Die Formulierung in § 312 d Abs. 2 BGB a.F. („nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses“) betone nicht ein Ereignis, sondern einen bestimmten Stichtag. Daraus folge, dass der Fristbeginn nach § 187 Abs. 2 BGB zu beurteilen sei. Vor diesem Hintergrund sei die Widerrufsbelehrung sachlich richtig. Zudem könne sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen, weil keine inhaltliche Bearbeitung der Widerrufsbelehrung im Vergleich zur Musterbelehrung vorliege. Das Bestreben der Kläger, sich wegen des allgemein gesunkenen Zinsniveaus unter Berufung auf angebliche Belehrungsmängel, die für die Kläger gar nicht von Bedeutung gewesen seien, von dem Vertrag zu lösen, sei rechtsmissbräuchlich.
11 
Der Einwand der Kläger, ihnen seien die erforderlichen Informationen unvollständig erteilt worden, sei verspätet und dürfe gemäß § 531 ZPO nicht zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht werden. Hinsichtlich des Darlehens vom 9.9.2009 mit der Nummer ... seien die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen unstreitig unter Verwendung des europäischen standardisierten Merkblatts gemäß dem Muster in Anlage 5 zu Art. 247 § 2 Abs. 2 Satz 2 EGBGB erteilt worden. Zwar könne nicht festgestellt werden, dass die Informationen auch bei dem weiteren Darlehen vom 11.9.2009 (Nummer ...) übermittelt worden seien, es müsse aber genügen, dass den Klägern die Informationen im Zusammenhang mit dem anderen Darlehen erteilt worden seien.
12 
Die Beklagte beantragt:
13 
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.3.2014 (8 O 545/13) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
14 
1. Die Klage wird abgewiesen.
15 
2. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Klageantrag für begründet erachtet:
16 
Die Kläger werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte 183.799,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 16.5.2013 zu bezahlen.
17 
Die Kläger beantragen,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sei nicht begründet. Das Bestehen eines Widerrufsrechts auch Jahre nach Vertragsschluss sei die gesetzlich angeordnete Folge einer fehlerhaften Belehrung. Selbst wenn die Gesetzeslage in Bezug auf den Fristbeginn nicht eindeutig sei, trage der Unternehmer das Risiko, dass seine Belehrung aufgrund einer undurchsichtigen Rechtslage fehlerhaft sei. Dem könne er entgehen, indem er die Musterbelehrung verwende oder eine ordnungsgemäße Belehrung nachhole.
20 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
II.
21 
Die zulässige Berufung hat in der Hauptsache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Widerruf der Darlehensverträge wirksam ist. Lediglich im Kostenpunkt ist das angefochtene Urteil infolge einer abweichenden Streitwertbemessung zugunsten der Beklagten abzuändern.
1.
22 
Die Feststellungsklage der Kläger ist zulässig (§ 256 ZPO). Nachdem die Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Rückabwicklungsschuld-verhältnis (§§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB) keinen Saldo zugunsten der Kläger ergeben wird, können die Kläger nicht darauf verwiesen werden, eine Leistungsklage zu erheben. Im vorliegenden Fall bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rückabwicklung der Darlehensverträge streitig verlaufen wird. Die erhobene Feststellungsklage ist daher geeignet, den einzigen Streitpunkt der Parteien zu klären, ob die Darlehensverträge wirksam widerrufen sind. Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken, wenn zu erwarten ist, dass bereits ein Feststellungsurteil zur endgültigen Streitbeilegung führt. Das gilt insbesondere, wenn die beklagte Bank - wie hier - die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht in Zweifel gezogen und durch ihr prozessuales Verhalten gezeigt hat, dass auch ihr an einer Klärung des Rechtsverhältnisses gelegen ist, das der Kläger zum Gegenstand seine Feststellungsklage gemacht hat (BGH v. 30.5.1995 - XI ZR 78/94).
2.
23 
Das Landgericht hat zu Recht die von den Klägern beantragte Feststellung getroffen. Soweit diese - dem Antrag der Kläger entsprechend - auf die Beendigung der Darlehensverträge gerichtet ist, hat das Landgericht das Klagebegehren zutreffend dahin ausgelegt, dass es den Klägern ersichtlich um die Feststellung der Rechtsfolgen des jeweils erklärten Widerrufs ging, der Sache nach also um die Umwandlung der Vertragsverhältnisse in Rückabwicklungsschuldverhältnisse (§§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB).
a)
24 
Maßgeblich sind die Bestimmungen des BGB nach den Änderungen durch das OLG-Vertretungsänderungsgesetz vom 23.7.2002 (BGBl. I S. 2850) (Art 229 § 9 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB) und das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29.7.2009 (BGBl. I, S. 2413).
b)
25 
Bei den Darlehensverträgen, die die Parteien im September 2009 geschlossen haben, handelt es sich um Verbraucherdarlehen, bei denen sich ein Widerrufsrecht der Kläger aus § 495 Abs. 1 BGB ergibt. Soweit bei beiden Kreditverhältnissen nach den unstreitig anwendbaren Bestimmungen über Fernabsatzverträge auch ein Widerruf gemäß §§ 312 d Abs. 1, 355 BGB in Betracht kommt, tritt dieses Widerrufsrecht hinter dem nach § 495 Abs. 1 BGB zurück; jedoch sind in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist die besonderen Voraussetzungen in § 312 d Abs. 2 BGB zu berücksichtigen (§ 312 d Abs. 5 BGB).
c)
26 
Als die Kläger am 16.4.2013 den Widerruf erklärt haben, war die Widerrufsfrist nicht abgelaufen, weil den Klägern keine ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrungen erteilt worden waren (§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB).
27 
aa) Die Widerrufsbelehrungen sind nicht gemäß § 14 der BGB-InfoV als gesetzeskonform zu behandeln.
28 
Ein Unternehmer kann die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV nach ständiger Rechtsprechung nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Greift der Unternehmer hingegen in das ihm zur Verfügung gestellte Muster durch eigene Bearbeitung ein, tritt die Wirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV nicht ein und zwar unabhängig vom konkreten Umfang der vorgenommenen Änderungen (BGH v. 28.06.2011 - XI ZR 349/10 Tz. 37 ff.; v. 9.12.2009 - VIII ZR 219/08; v. 1.3.2012 - III ZR 83/11; v. 18.3.2014 - II ZR 109/13).
29 
Ungeachtet weiterer Abweichungen im Satzbau hat die Beklagte die Musterbelehrung (in der ab 4.8.2009 geltenden Fassung) bereits insoweit einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, als sie Hinweise zur Berechnung der Widerrufsfrist gemäß § 187 Abs. 1 BGB erteilt hat. Sie hat damit der Belehrung einen vom Muster abweichenden, weiter gehenden Inhalt gegeben. Auch gerade der vom Landgericht beanstandete Passus zum Vertragsschluss als Bedingung des Fristbeginns ist abweichend vom Muster formuliert. Nach dem Gestaltungshinweis (3) des Musters, den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen betreffend, soll bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzugefügt werden: „jedoch nicht vor Vertragsschluss“. Demgegenüber lauten die Belehrungen der Beklagten insoweit wie folgt: “(…) nicht jedoch vor dem Tages des Abschlusses des Darlehensvertrages“. Angesichts der vorgenommenen inhaltlichen Bearbeitung des Mustertextes greift die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV nicht zugunsten der Beklagten ein.
30 
bb) Die Beklagte wendet sich ohne Erfolg gegen die Auffassung des Landgerichts, die Widerrufsbelehrung sei in Bezug auf die Information zur Fristberechnung irreführend. Auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung kann insoweit Bezug genommen werden.
31 
(1) Der Beklagten ist darin zu folgen, dass die einzelnen Angaben in der Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist für sich genommen nicht zu beanstanden sind.
32 
Zu Recht weist das Landgericht im Ausgangspunkt darauf hin, dass das Gesetz vom Unternehmer nur eine Belehrung über den Fristbeginn verlangt. Dazu reicht es aus, das den Fristablauf auslösende Ereignis zu nennen. Die weitere Fristberechnung gemäß §§ 187 ff. BGB muss nicht erläutert werden (BGH v. 27.4.1994 - VIII ZR 223/93 Tz. 21). Soweit die Beklagte dahingehend belehrt hat, die Frist beginne einen Tag nachdem die im Belehrungstext in vier Unterpunkten erläuterten Ereignissen eingetreten sind, war dies von Gesetzes wegen also nicht erforderlich, die Rechtsprechung sieht in einer solchen Belehrung aber lediglich eine unschädliche Anpassung an die Regelung des § 187 BGB (BGH v. 20.11.2012 - II ZR 264/10; v. 18.3.2014 - II ZR 109/13). Die Belehrung ist also für sich genommen insoweit nicht zu beanstanden.
33 
Isoliert betrachtet ist ferner nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Kläger hinsichtlich des Vertragsschlusses als weiterer Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist durch Wiedergabe des Gesetzeswortlauts informiert hat. Gemäß § 312 d Abs. 2 BGB in der damals geltenden Fassung beginnt die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB bei Dienstleistungen nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses. Der Unternehmer ist auch nicht gehalten, den Rechtsbegriff des Vertragsschlusses näher zu erläutern (Thüsing in Staudinger, BGB (2012), § 312d Rn. 33).
34 
(2) Der Senat teilt aber die Auffassung des Landgerichts, dass die Belehrung in der Zusammenschau der genannten Teile der Belehrung dem Gebot der Deutlichkeit nicht genügt.
35 
Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses unter Ausschöpfung der Widerrufsfrist auszuüben. Er ist deshalb über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (BGH v. 13.1.2009 - XI ZR 118/08; v. 10.3.2009 - XI ZR 33/08 -, BGHZ 180, 123-134).
36 
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt der Belehrung der Beklagten die notwendige Eindeutigkeit, weil sie geeignet ist, beim Verbraucher die Fehlvorstellung hervorzurufen, dass der Tag des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung mitzuzählen ist, wenn die weiteren für den Fristbeginn notwendigen Ereignisse bereits vor diesem Tag eingetreten waren. Der erste Halbsatz der Belehrung über den Fristbeginn macht deutlich, dass die Frist erst einen Tag nach den in den folgenden Unterpunkten aufgezählten Ereignissen beginnt. Eine solche Klarstellung erfolgt im zweiten Halbsatz für den Vertragsschluss als weitere Voraussetzung nicht. Der gewählte Satzbau lässt auch nicht erkennen, dass sich die einleitende Wendung „einen Tag nachdem“ auch auf das Erfordernis des Vertragsschlusses beziehen soll. Aus Sicht des Verbrauchers liegt deshalb der Schluss nahe, dass die Frist insoweit nicht gemäß § 187 Abs. 1 BGB zu berechnen ist, sondern der Tag des Vertragsschlusses entsprechend § 187 Abs. 2 BGB in die Frist einzurechnen ist.
37 
Dieses Verständnis entspricht nicht der Rechtslage, denn auch der Vertragsschluss stellt ein Ereignis im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB dar, sodass der Tag des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung außer Betracht bleibt. Allerdings kann dies dem Wortlaut des Gesetzes wegen der negativen Fassung des Tatbestandes („nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses“) nicht unmittelbar entnommen werden. Der Text lässt offen, ob die Frist im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB am Tag des Vertragsschlusses mit diesem Ereignis beginnt oder ob gemäß § 187 Abs. 2 BGB der Beginn des Tages des Vertragsschlusses der für den Anfang der Frist maßgebende Zeitpunkt sein soll.
38 
Für die Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB spricht der Umstand, dass auch die in § 355 BGB geregelten allgemeinen Bedingungen des Fristbeginns als Ereignisse im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB ausgestaltet sind. Ein sachlicher Grund die weiteren Umstände, die bei Fernabsatzverträgen gemäß § 312 d Abs. 2 BGB hinzukommen müssen, um die Widerrufsfrist auszulösen, anders zu behandeln, ist nicht ersichtlich.
39 
Die Gesetzgebungsgeschichte gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber eine solche Differenzierung überhaupt beabsichtigte. Die Formulierung, dass die Frist für den Widerruf eines Fernabsatzvertrages bei der Lieferung von Waren nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger, bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor dem Tag des Eingangs der ersten Teillieferung und bei Dienstleistungen nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses beginnt, geht auf das Gesetz über Fernabsatzverträge vom 27.6.2000 (BGBl. I, S. 897) zurück. Dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 9.2.2000 lässt sich zu der Regelung über den Beginn der Widerrufsfrist in § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG entnehmen, dass die Vorschrift Artikel 6 Abs. 1 Unterabsatz 2 und 4 FARL in redaktionell gestraffter Form zusammenfasse, wonach die Frist nämlich mit Erfüllung der Informationspflichten, bei der Lieferung von Waren jedoch nicht vor deren Eingang beim Empfänger und bei der Erbringung von Dienstleistungen nicht vor Abschluss des Vertrages beginne (BT-Drucks. 14/2658, S. 43). Dass § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG eine Tagesanfangsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB regeln könnte, wurde offensichtlich nicht erwogen, vielmehr ist in dem Entwurf nur von den Ereignissen als fristauslösenden Umständen die Rede.
40 
Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 29.7.2009 (BGBl. 2009, 2355) wurde § 312 d Abs. 2 BGB dahingehend geändert, dass die Widerrufsfrist unter anderem „nicht vor Vertragsschluss“ beginnt, sodass das Gesetz nunmehr schon dem Wortlaut nach eindeutig eine Ereignisfrist regelt. Begründet wurde die Neufassung des § 312d Abs. 2 BGB lediglich mit der redaktionellen Anpassung der Verweisungen und einer Vereinfachung des Wortlauts (Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 5.11.2008, BT-Drucks. 16/11643, S. 69). Eine Änderung des Regelungsgehalts der Norm sollte damit offenbar nicht verbunden sein. Der Gesetzgeber ging also ersichtlich davon aus, dass auch § 312 d Abs. 2 BGB in der hier anwendbaren Fassung insgesamt unter § 187 Abs. 1 BGB falle. Dem entspricht auch der Text der Musterbelehrung, der - wie oben ausgeführt - den Vertragsschluss im Gestaltungshinweis (3) eindeutig als fristauslösendes Ereignis beschreibt.
41 
Für diese Auslegung spricht zudem, dass die verlängernde Fristberechnung gemäß § 187 Abs. 1 BGB den gesetzlichen Regelfall darstellt und ihre Anwendung insbesondere dann gerechtfertigt ist, wenn einer gesetzlichen Frist - wie der Widerrufsfrist - eine Schutzfunktion zukommt (Repgen in Staudinger, BGB (2014), § 187 Rn. 2), zumal der Gesetzgeber bei der Einführung des Widerrufsrechts nach § 3 FernAbsG im Interesse einer Vereinheitlichung der Widerrufsrechte bewusst eine längere Widerrufsfrist geregelt hat, als sie in der europäischen Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz vorgesehen war. Eine verkürzende Fristberechnung, wie sie § 187 Abs. 2 BGB vorsieht, entspricht danach nicht dem Zweck der gesetzlichen Regelung in § 312 d Abs. 2 BGB. Ein sachlicher Grund, die Frist insoweit abweichend von den allgemeinen Voraussetzungen des Fristbeginns gemäß § 355 BGB verkürzend zu berechnen, besteht nicht. Auch nach der Kommentarliteratur richtet sich die Berechnung der Widerrufsfrist gemäß § 312 d Abs. 2 BGB nach § 187 Abs. 1 BGB richtet (Wendehorst in Münchner Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 312 d Rn. 86; Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 312 d Rn. 6; Palm in Erman, BGB 11. Aufl., § 187 Rn. 1; Repgen in Staudinger, BGB (2004), § 187 Rn.6).
42 
Das von der Belehrung nahe gelegt Verständnis, der Tag des Vertragsschlusses sei in die Widerrufsfrist einzurechnen, entspricht folglich nicht dem Gesetz. Die Beklagte verteidigt sich ohne Erfolg mit dem Einwand, ihr könne nicht zum Nachteil gereichen, dass sie hinsichtlich des Erfordernisses des Vertragsschlusses den negativ formulierten und in seiner Auslegung nicht eindeutigen Gesetzestext des § 312 d Abs. 2 BGB übernommen habe. Der Mangel der Belehrung hat seinen Grund nicht in der Übernahme des Gesetzestextes, sondern beruht darauf, dass die Beklagte ergänzende Erläuterungen zur Fristberechnung für alle fristauslösende Umstände bis auf den Vertragsschluss erteilt hat, und dadurch den unzutreffenden Eindruck erweckt hat, das die Frist unterschiedlich zu berechnen sei. Das wäre vermeidbar gewesen, wenn die Beklagte - dem Vorschlag der Musterbelehrung folgend - den Vertragsschluss positiv als weiteres für den Fristbeginn notwendiges Ereignis beschrieben hätte, oder - sollte sie insoweit über die Rechtslage im Unklaren gewesen sein - den Hinweis zur Fristberechnung insgesamt unterlassen hätte. Durch die vorgenommene Differenzierung hat sie aber den unzutreffenden Eindruck erweckt, die für den Fristbeginn maßgeblichen Ereignisse sei in Bezug auf die Fristberechnung unterschiedlich zu behandeln.
43 
cc) Aufgrund dieses Mangels der Belehrungen wurde die Widerrufsfrist bei beiden Darlehensverträgen nicht in Lauf gesetzt (§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB) und der Widerruf der Kläger ist noch rechtzeitig erfolgt.
44 
Auf die weiteren Belehrungsmängel, die die Kläger geltend machen, sowie die Frage, ob die Widerrufsfrist auch deshalb nicht begonnen hat, weil den Klägern zumindest bei einem der Verträge die erforderlichen Verbraucherinformationen nicht erteilt wurden, kommt es danach nicht an.
d)
45 
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, der Widerruf der Darlehensverträge sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil nicht davon auszugehen sei, dass der beanstandete Belehrungsmangel bei den Klägern tatsächlich eine Fehlvorstellung hervorgerufen habe, der Widerruf vielmehr ausschließlich durch das allgemein gesunkene Zinsniveau motiviert sei.
46 
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Wirksamkeit des Widerrufs nicht voraus, dass der Mangel der Belehrung ursächlich dafür war, dass der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Entscheidend ist vielmehr, dass die erteilte Belehrung durch ihre nicht gesetzeskonforme Fassung generell geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (BGH v. 23.6.2009 - XI ZR 156/08 Tz.25). Wie bei anderen Gestaltungsrechten kommt es grundsätzlich auch nicht auf die Motive des Verbrauchers an. Es soll seinem freien Willen überlassen bleiben, ob er seine Vertragserklärung wirksam werden lassen will oder nicht (BGH v. 19.2.1986 - VIII ZR 113/85). Der Widerruf bedarf auch keiner Begründung.
47 
Es stellt danach keinen Rechtsmissbrauch dar, sondern ist von der beschriebenen Ausgestaltung des Widerrufsrechts durch das Gesetz und die Rechtsprechung gedeckt, wenn ein Verbraucher dieses Recht nach längerer Zeit ausübt, obwohl er nicht konkret durch den Mangel der Belehrung an der fristgerechten Ausübung gehindert war. Genauso wenig handelt er missbräuchlich, wenn er, nachdem er von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangt hat, eine mittlerweile eingetretene Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zum Anlass nimmt, sich durch Widerruf von dem Vertrag zu lösen. Gestaltungsrechte werden typischerweise nur dann ausgeübt, wenn sich der Berechtigte davon Vorteile, insbesondere Vermögensvorteile verspricht.
48 
Die Kläger haben folglich nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, indem sie den Widerruf der Darlehensverträge erklärt haben.
III.
49 
Nachdem die Klage Erfolg hat, bleibt es dabei, dass die innerprozessuale Bedingung, unter der die Beklagte ihre Hilfswiderklage erhoben hat, eingetreten ist. Die nicht angegriffene Verurteilung der Kläger zur Rückzahlung der Darlehensvaluta bleibt demnach ohne Prüfung in der Sache bestehen.
IV.
50 
Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
51 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens war gemäß § 48 Abs.1 GKG, § 3 ZPO zu bestimmen. Der Wert eines Feststellungsbegehrens ist nach dem wahren Interesse des Klägers an dem Urteil zu schätzen (BGH v. 1.6.1976 - VI ZR 154/75). Für den Streit um die Wirksamkeit des Widerrufs bedeutet dies, dass es auf die wirtschaftlichen Vorteile ankommt, die sich der Kläger infolge des Widerrufs im Gegensatz zur Erfüllung des Vertrages verspricht. Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).
52 
Anders als bei der schlichten Unwirksamkeit des Darlehensvertrages, bei der ein Wegfall der Verpflichtung zur Rückzahlung des erhaltenen Darlehens denkbar ist, wandelt sich der Darlehensvertrag infolge des Widerrufs gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB unmittelbar in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um, kraft dessen der Darlehensnehmer in gleicher Weise wie bei Fortbestehen des Vertrages verpflichtet ist, die Darlehensvaluta zu erstatten. Das wahre Interesse des Darlehensnehmers, der die Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs begehrt, liegt deshalb nicht darin, von der Rückzahlung des Darlehens befreit zu werden. Der Streitwert der Feststellungsklage kann also nicht mit der Darlehensrestschuld im Zeitpunkt des Widerrufs gleichgesetzt werden (so auch OLG Stuttgart v. 14.11.2014 - 9 W 36/14).
53 
Nachdem auch nicht behauptet oder sonst ersichtlich ist, dass sich - unter Ausklammerung der Pflicht der Kläger, die Valuta zurückzuzahlen - bei Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus § 346 BGB ein Saldo zugunsten der Kläger ergibt, kann das wirtschaftliche Interesse der Kläger an der Wirksamkeit des Widerrufs nur darin gesehen werden, dass sie künftig von ihrer Verpflichtung befreit sind, bis zum Ablauf der Zinsbindung die vereinbarten Zinsen für das Darlehen zu entrichten. Da es sich bei den Zinszahlungen um wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 9 ZPO handelt, ist diese Vorschrift im Rahmen der Schätzung gemäß § 3 ZPO ergänzend heranzuziehen. Ungeachtet der Klageart erfasst § 9 ZPO allgemein den Wert eines Rechts auf wiederkehrende Leistungen (BGH v. 17.5.2000 - XII ZR 314/99).
54 
Demnach ist bei der Wertfestsetzung auf die im Zeitpunkt des Widerrufs nach dem Vertrag noch bis zum Ablauf der Zinsbindung anfallenden Zinsen abzustellen, gemäß § 9 ZPO allerdings durch den dreieinhalbfachen Jahresbetrag begrenzt. Angesichts der Zinsfestschreibungen bis 31.8.2019 (Vertrag Nr. 6312555742) und bis 30.9.2019 (Vertrag Nr. 6318059259) ist hier jeweils auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Vertragszinsen abzustellen. Aufgrund der Angaben in den Darlehensverträgen schätzt der Senat diese Beträge auf jeweils 14.500,- EUR, sodass der Streitwert des Berufungsverfahrens 29.000 EUR beträgt.
55 
Diese Wertfestsetzung zieht eine Änderung der Streitwertfestsetzung für das Verfahren in erster Instanz nach sich. Da die Feststellungklage gerade nicht auf die Befreiung von der Darlehensrestschuld gerichtet ist, sodass keine wirtschaftliche Identität zwischen Widerklage und Klage besteht, sind die Werte gemäß § 45 Abs. 1 GKG zu addieren. Der Streitwert in erster Instanz beträgt demnach 212.799,14 EUR. Die unterschiedliche Bewertung von Klage und Widerklage hat zudem die aus dem Tenor ersichtlich Änderung der Kostenquote zur Folge.
56 
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Tenor

Es handelt sich um ein Hinweisschreiben.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23.10.2015, Az. 12 O 181/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: EUR 18.978,23

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten über die Rückgewähr einer von den Klägern bei Ablösung eines Verbraucherdarlehens bezahlten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von EUR 18.978,23.
1.
Die klagenden Eheleute schlossen als Verbraucher bei dem beklagten Bankinstitut am 14.08.2008 einen Darlehensvertrag zur Nr. xxx und zur Nr. yyy ab (Bl. 41 d.A.). Zweck des Darlehens war eine Immobilienfinanzierung in L. Das Darlehen belief sich ursprünglich auf EUR 114.000,00 und weitere EUR 9.130,00 bei einem effektiven Jahreszins von 5,79 %.
Mit Schreiben vom 12.06.2014 (Bl. 14 d.A.) widerriefen die Kläger den Darlehensvertrag, lösten das verbliebene Darlehen ab und entrichteten zur Freigabe von Sicherheiten eine Vorfälligkeitsentschädigung von EUR 18.978,23. Diese bilden den Gegenstand der Auseinandersetzung. Im Hinblick auf den erklärten Widerruf begehren die Kläger die Rückzahlung dieses Betrages. Die Beklagte verweigert das.
2.
Die Kläger meinen, die Beklagte sei nach erfolgtem Widerruf zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung von EUR 18.978,23 nebst Rechtshängigkeitszinsen verpflichtet. Der Widerruf sei nicht verfristet, da die Frist zur Erklärung mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht angelaufen sei. Die Widerrufsbelehrung leide bezüglich der Formulierung zum Fristanlauf daran, dass diese nicht eindeutig gefasst sei. Die Formulierung erwecke den irrigen Eindruck, die Frist beginne erst mit der Übersendung des Vertragsantrages der Bank. Zudem seien sie - Kläger - nicht über die Rechtsfolgen finanzierter Geschäfte informiert worden. Insgesamt sei die Belehrung nicht umfassend, unmissverständlich und eindeutig. Das Recht zum Widerruf sei zudem nicht missbräuchlich oder verwirkt. Der Gesetzgeber habe sich 2002 für den Fall unzureichender Belehrung für den unbefristeten Widerruf bei Verbraucherverträgen entschieden. Zudem habe die Bank auch deshalb nicht auf das Ausbleiben eines Widerrufs vertrauen dürfen, weil Verbraucher ihr Widerrufsrecht nach fehlerhafter Widerrufsbelehrung üblicherweise gar nicht kennen.
Die beklagte Bank meint demgegenüber, die im Streit stehende Widerrufsbelehrung sei nicht zu beanstanden. Die Formulierung zum Fristanlauf „einen Tag, nachdem …“ lenke nicht davon ab, dass es für den Fristanlauf maßgeblich auf die Vertragserklärung des Darlehnsnehmers ankomme. Auch der Vorwurf einer unzureichenden Belehrung über die Rechtsfolgen finanzierter Geschäfte gehe fehl. Eine solche Belehrung verlange das Gesetz für Verbraucherkredite und insbesondere Immobilienfinanzierungen gar nicht. Ein verbundenes Geschäft, das allenfalls eine solche Belehrungsnotwendigkeit begründen könne, liege nicht vor. Die maßgebliche Frist zum Widerruf sei damit abgelaufen. Der von den Klägern erklärte Widerruf sei zu spät erfolgt. Hilfsweise sei das Zahlungsverlangen zumindest treuwidrig. Etwaige Abweichungen von der gesetzlichen Musterwiderrufsbelehrung seien marginal und hielten einen Verbraucher nicht vom Widerruf ab. Zudem liege schlicht Vertragsreue vor, da die Kläger nun an anderer Stelle zu besseren Konditionen finanzieren könnten. Den Klägern gehe es somit allein um die Erlangung wirtschaftlicher Vorteile.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien in I. Instanz wird im Übrigen auf die landgerichtlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
3.
Das LG Stuttgart gab der Klage im I. Rechtszug statt. Zur Begründung heißt es, § 346 Abs. 1 BGB gewähre den Klägern einen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Der Widerruf sei rechtzeitig erfolgt. Die Widerrufsfrist habe mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu laufen begonnen. Die Belehrung im Streitfall entspreche nicht der Musterbelehrung der BGB-InfoV. Deshalb scheide eine Gesetzlichkeitsfiktion aus. Die streitbefangene Widerrufsbelehrung entspreche auch sonst nicht den Erfordernissen von § 355 BGB a.F. Das ergebe sich zwar nicht aus der Formulierung „einen Tag, nachdem …“. In der Sache liege aber wegen der Formulierung des Schlusshalbsatzes (“..., nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“) ein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot vor. Rechtsmissbrauch oder Verwirkung könne dem Klageanspruch nicht entgegnet werden.
4.
Die Beklagte nimmt das nicht hin. Sie begehrt auch in II. Instanz die Abweisung der Klage und meint, die fragliche Widerrufsbelehrung entspreche den Anforderungen der §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 2 BGB a.F. Das Deutlichkeitsgebot sei nicht verletzt. Das Landgericht überspanne die Anforderungen; dies zumal der maßgebliche durchschnittliche Darlehnsnehmer die Widerrufsbelehrung gar nicht so verstehe wie das Landgericht ihr Bedeutungsgehalt beimesse. Auch verkenne das angefochtene Urteil, dass die von den Klägern angegriffene Widerrufsbelehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV a.F. entspreche bzw. allenfalls unschädliche Anpassungen ohne inhaltliche Bearbeitung aufweise. Der Widerruf der Kläger sei demzufolge verfristet. Zumindest sei das Zahlungsverlangen treuwidrig (Verwirkung wie Rechtsmissbrauch). Zudem scheitere der verfolgte Zahlungsanspruch an § 814 BGB. Die Vorfälligkeitsentschädigung sei nach dem Widerruf und demzufolge in Kenntnis von der Nichtschuld bezahlt worden.
Die Beklagte beantragt in II. Instanz (Bl. 95 d.A.):
10 
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Stuttgart vom 23.10.2015 (12 O 181/15) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
11 
Die Kläger beantragen (Bl. 107 d.A.),
12 
die Berufung wird zurückgewiesen.
13 
Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im I. Rechtszug. Sie meinen im Übrigen, der mit der Berufung vorgebrachte Verweis auf § 814 BGB verfange nicht. Schließlich habe man unter Vorbehalt der Rückforderung bezahlt.
14 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im II. Rechtszug wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
II.
15 
Die Berufung ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.
16 
Die Beklagte ist zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von EUR 18.978,23 nebst Rechtshängigkeitszinsen verpflichtet (§§ 495 Abs. 1, 355, 357, 312d, 346 Abs. 1, 291 BGB).
17 
Die von der Beklagten verwendete Belehrung über das Recht zum Widerruf ist unzureichend. Dies hat zur Folge, dass die Kläger den Darlehensvertrag noch am 12.06.2014 widerrufen konnten (dazu unter 2.). Der Widerruf ist weder missbräuchlich noch verwirkt (dazu unter 3.). Die im Streit stehende Vorfälligkeitsentschädigung ist im Übrigen unter Rückforderungsvorbehalt bezahlt worden. § 814 BGB sperrt das Zahlungsverlangen deshalb auch nicht (dazu unter 4.).
1.
18 
Für die Bewertung der im Streit stehenden Widerrufsbelehrung sind die Bestimmungen des BGB und die Fassung der BGB-InfoV zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Darlehnsvertrages im August 2008 maßgeblich.
2.
19 
Bei dem Darlehensvertrag, den die Parteien im Jahr 2008 geschlossen haben, handelt es sich um ein Verbraucherdarlehen, bei dem sich mangels ausreichender Belehrung zum Recht des Widerrufs auch noch im Juni 2014 ein Recht Kläger zur Lossagung aus den § 495 Abs. 1, 355 BGB a.F. ergab.
a)
20 
Die streitbefangene Widerrufsbelehrung ist nicht gemäß § 14 BGB-InfoV als gesetzeskonform zu behandeln, weil die Beklagte die maßgebliche Musterbelehrung in Bezug auf den Fristbeginn einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Soweit in der Belehrung ausgeführt wird, die Frist beginne „einen Tag, nachdem“ die im Belehrungstext in vier Unterpunkten erläuterten Ereignissen eingetreten sind, war dies von Gesetzes wegen zwar nicht erforderlich, weil das Gesetz vom Unternehmer lediglich verlangt, das den Fristablauf auslösende Ereignis zu nennen, ohne dass die weitere Fristberechnung gemäß der §§ 187 ff BGB erläutert werden müsste (Senat v. 29.09.2015 - 6 U 21/15). Der BGH sieht in einer solchen Belehrung aber lediglich eine unschädliche Anpassung an die Regelung des § 187 BGB (BGH v. 20.11.2012 - II ZR 264/10 Rd. 6 nach juris). Neben weiteren Abweichungen in einzelnen Formulierungen und im Satzbau - „Spiegelstriche“ - liegt eine inhaltliche Bearbeitung aber darin, dass der Fristbeginn in Bezug auf den Vertragsschluss im letzten Halbsatz als weitere Bedingung abweichend vom Muster erläutert wird. Nach dem Gestaltungshinweis (3 b) bb)) des Musters - den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen betreffend - soll bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzugefügt werden: „jedoch nicht vor Vertragsschluss“. Demgegenüber lauten die Belehrungen der Beklagten insoweit wie folgt: “…nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“. Wie nachfolgend näher ausgeführt wird, verstößt dies in der Zusammenschau mit den weiteren Hinweisen zum Fristbeginn und zur Fristberechnung gegen das Deutlichkeitsgebot. Die Beklagte kann sich deshalb nicht auf die Gesetzlichkeitswirkung gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen (so bereits Senat v. 14.04.2015 - 6 U 66/14).
b)
21 
Die Belehrung verstößt gegen das Deutlichkeitsgebot. Sie ist in Bezug auf die Information zur Fristberechnung irreführend.
aa)
22 
Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses unter Ausschöpfung der Widerrufsfrist auszuüben. Er ist deshalb (auch) über den Beginn der Widerrufsfrist unmissverständlich zu informieren (BGH v. 13.01.2009 - XI ZR 118/08; v. 10.03.2009 - XI ZR 33/08).
bb)
23 
Gemessen daran fehlt der streitbefangenen Belehrung der Beklagten die notwendige Eindeutigkeit, weil darin zwar für die in der Aufzählung zunächst genannten Bedingungen des Fristbeginns (Erhalt eines Exemplars der Widerrufsbelehrung, einer Vertragsurkunde bzw. des schriftlichen Darlehensantrags oder einer Abschrift der Vertragsurkunde des Darlehensantrages, der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie der Verbraucherinformationen) ein Hinweis zur Fristberechnung gemäß § 187 Abs.1 BGB erteilt wird, für den (Darlehens-)Vertragsschluss im letzten Halbsatz als weitere Bedingung des Fristbeginns ein solcher Hinweis zur Fristberechnung aber fehlt. Der erste Halbsatz der Belehrung über den Fristbeginn macht deutlich, dass die Frist erst „einen Tag nach“ den in den folgenden Unterpunkten aufgezählten Ereignissen beginnt. Eine solche Klarstellung erfolgt im zweiten Halbsatz für den Vertragsschluss als weitere Voraussetzung nicht. Der gewählte Satzbau lässt auch nicht erkennen, dass sich die einleitende Wendung „einen Tag, nachdem“ auch auf das Erfordernis des Vertragsschlusses beziehen soll. Vielmehr lässt die Wendung „nicht vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“ auch die Deutung zu, bei der Fristberechnung sei gemäß § 187 Abs.2 BGB der Beginn des Tages des Vertragsschlusses maßgebend. Gerade weil die Erläuterung zur Fristberechnung nicht auf alle fristauslösenden Ereignisse erstreckt wurde, ist diese Formulierung geeignet, beim Verbraucher die Fehlvorstellung hervorzurufen, dass der Tag des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung mitzuzählen sei. Es wird nicht hinreichend deutlich, dass die Frist auch in Bezug auf den Vertragsschluss gemäß § 187 Abs. 1 BGB zu berechnen ist und der Tag des Vertragsschlusses nicht gemäß § 187 Abs. 2 BGB in die Frist einzurechnen ist. Dieses naheliegende Verständnis der Belehrung entspricht nicht der Rechtslage, denn auch der gemäß § 312d Abs. 2 BGB für den Fristbeginn notwendige Vertragsschluss stellt ein Ereignis im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB dar. Zwar kann dies dem Wortlaut des Gesetzes wegen der negativen Fassung des Tatbestandes („nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses“) nicht unmittelbar entnommen werden. Der Text lässt offen, ob die Frist im Sinn des § 187 Abs. 1 BGB am Tag des Vertragsschlusses mit diesem Ereignis beginnt und dieser Tag bei der Fristberechnung folglich nicht mitgezählt wird oder ob gemäß § 187 Abs. 2 BGB der Beginn des Tages des Vertragsschlusses der für den Anfang der Frist maßgebende Zeitpunkt ist und bei der Fristberechnung mit berücksichtigt werden soll. Die Gesetzgebungsgeschichte gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber in Bezug auf den Vertragsschluss eine Tagesanfangsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB regeln wollte. Die Formulierung, dass die Frist für den Widerruf eines Fernabsatzvertrages bei der Lieferung von Waren nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger, bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor dem Tag des Eingangs der ersten Teillieferung und - hier maßgeblich - bei Dienstleistungen nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses beginnt, geht auf das Gesetz über Fernabsatzverträge vom 27.06.2000 (BGBl. I, S. 897) zurück. Dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 09.02.2000 lässt sich zu der Regelung über den Beginn der Widerrufsfrist in § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG entnehmen, dass diese Vorschrift Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 2 und 4 FARL in redaktionell gestraffter Form zusammenfasst, wonach die Frist mit Erfüllung der Informationspflichten, bei der Lieferung von Waren jedoch nicht vor deren Eingang beim Empfänger und bei der Erbringung von Dienstleistungen nicht vor Abschluss des Vertrages beginnt (BT-Drucks. 14/2658, S. 43). Dass § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG eine Tagesanfangsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB regeln könnte, wurde offensichtlich nicht erwogen; vielmehr ist in dem Entwurf nur von den Ereignissen als fristauslösenden Umständen die Rede. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 29.07.2009 (BGBl. 2009, 2355) wurde § 312d Abs. 2 BGB dahingehend geändert, dass die Widerrufsfrist unter anderem „nicht vor Vertragsschluss“ beginnt, sodass das Gesetz nunmehr schon dem Wortlaut nach (eindeutig) eine Ereignisfrist regelt. Das übergeht die Berufung (Bl. 97/98 d.A.). Der insoweit bemühte Art. 87 Abs. 1 CISG regelt einen gänzlich anderen Lebenssachverhalt. Begründet wurde die Neufassung des § 312d Abs. 2 BGB im Übrigen lediglich mit der redaktionellen Anpassung der Verweisungen und einer Vereinfachung des Wortlauts (Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 05.11.2008, BT-Drucks. 16/11643, S. 69). Eine Änderung des Regelungsgehalts der Norm sollte damit nicht verbunden sein. Der Gesetzgeber ging also ersichtlich davon aus, dass auch § 312d Abs. 2 BGB in der hier anwendbaren Fassung insgesamt unter § 187 Abs. 1 BGB fällt. Dem entspricht auch der Text der Musterbelehrung, der - wie oben ausgeführt - den Vertragsschluss im Gestaltungshinweis (3 b) bb)) eindeutig - „jedoch nicht vor Vertragsschluss“ - als fristauslösendes Ereignis beschreibt. Für die Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB spricht im Übrigen der Umstand, dass auch die in § 355 BGB geregelten allgemeinen Bedingungen des Fristbeginns als Ereignisse im Sinn des § 187 Abs. 1 BGB ausgestaltet sind. Die verlängernde Fristberechnung gemäß § 187 Abs. 1 BGB stellt den gesetzlichen Regelfall dar. Ihre Anwendung ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn einer gesetzlichen Frist - wie der Widerrufsfrist - eine Schutzfunktion zukommt (Senat v. 29.09.2015 - 6 U 21/15). Eine verkürzende Fristberechnung, wie sie § 187 Abs. 2 BGB vorsieht, entspricht danach nicht dem Zweck der gesetzlichen Regelung in § 312d Abs. 2 BGB. Ein sachlicher Grund, die Frist insoweit abweichend von den allgemeinen Voraussetzungen des Fristbeginns gemäß § 355 BGB verkürzend zu berechnen, besteht nicht. Auch nach der Kommentarliteratur richtet sich die Berechnung der Widerrufsfrist gemäß § 312d Abs. 2 BGB nach § 187 Abs. 1 BGB (Nachweise Senat v. 29.09.2015 - 6 U 21/15).
cc)
24 
Die Beklagte verteidigt sich insoweit ohne Erfolg mit dem Einwand, ihr könne nicht zum Nachteil gereichen, dass sie hinsichtlich des Erfordernisses des Vertragsschlusses den negativ formulierten und in seiner Auslegung nicht eindeutigen Gesetzestext des § 312d Abs. 2 BGB übernommen habe. Der Mangel der Belehrung hat seinen Grund nicht in der Übernahme des Gesetzestextes, sondern beruht darauf, dass die Beklagte ergänzende Erläuterungen zur Fristberechnung für alle fristauslösenden Umstände bis auf den Vertragsschluss im letzten Halbsatz erteilt hat und dadurch den unzutreffenden Eindruck erweckt hat, dass die Frist unterschiedlich zu berechnen sei. Mit einer „Überinterpretation“ (Bl. 68 d.A.) hat das nichts zu tun. Der irreleitende Eindruck wäre vermeidbar gewesen, wenn die Beklagte - dem Vorschlag der Musterbelehrung folgend - den Vertragsschluss positiv als weiteres für den Fristbeginn notwendiges Ereignis beschrieben hätte, oder - sollte sie insoweit über die Rechtslage im Unklaren gewesen sein - den Hinweis zur Fristberechnung insgesamt unterlassen hätte. Durch die vorgenommene Differenzierung hat sie jedenfalls den unzutreffenden Eindruck erweckt, die für den Fristbeginn maßgeblichen Ereignisse könnten in Bezug auf die Fristberechnung unterschiedlich zu behandeln sein.
3.
25 
Das Zahlungsverlangen ist im Übrigen weder rechtsmissbräuchlich noch verwirkt (§ 242 BGB).
a)
26 
Bei der Verwirkung handelt es sich um einen Fall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB), die in der illoyal verspäteten Geltendmachung eines Rechts liegt. Der Einwand ist berechtigt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Der alleinige Hinweis auf die verstrichenen 6 Jahre zwischen Abschluss des Darlehnsvertrages und dem erklärten Widerruf (Bl. 99 d.A.) ist deshalb unbehilflich. Neben den Zeitablauf tritt notwendig immer das Umstandsmoment. Letzteres ist erfüllt, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen darf, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH v. 23.01.2014 - VII ZR 177/13; v. 07.05.2014 - IV ZR 76/11). Ein in diesem Sinne illoyales Verhalten der beiden Kläger, dass diese in Kenntnis ihres Widerrufsrechts über lange Zeit an dem Darlehensvertrag festgehalten und den Widerruf erst nach dem Fehlschlagen der darlehnsfinanzierten Immobilie erklärt hätten, kann nicht festgestellt werden. Es ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass bzw. wie lange die Kläger vor Ausübung des Widerrufs Kenntnis von ihrem Recht hatten. Zwar ist eine Verwirkung auch ohne Rücksicht auf die subjektive Kenntnis und Willensrichtung des Berechtigten möglich, wenn der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung aus dem Gesamtverhalten des Berechtigten schließen darf, dieser mache sein Recht nicht mehr geltend, so dass der Verpflichtete mit einer gegenläufigen Rechtsausübung durch den Berechtigten nicht mehr zu rechnen braucht und sich entsprechend darauf einrichtet (BGH v. 16.03.2007 - V ZR 190/06). Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nicht gegeben. Die Unkenntnis des Berechtigten über den Anspruch steht der Verwirkung dann entgegen, wenn - wie hier - die Unkenntnis des Berechtigten in den Verantwortungsbereich des Verpflichteten fällt. Die mit der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile hat grundsätzlich der Geschäftspartner des Verbrauchers zu tragen (BGH v 18.10.2004 - II ZR 352/02). Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Bank folglich schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie den mit dem unbefristeten Widerrufsrecht verbundenen Schwebezustand selbst herbeigeführt hat, indem sie eine fehlerhafte Belehrung erteilt hat (BGH v. 07.05.2014 - IV ZR 76/11 Rd. 30 nach juris). Das muss in der hiesigen Konstellation eines Widerrufs in der Tilgungsphase im Unterschied zu einem Widerruf viele Jahre nach Ablösung des Darlehens in ganz besonderem Maße gelten. Das unterscheidet die hier einschlägige Konstellation auch entscheidend vom dem Urteil des OLG Düsseldorf (v. 09.01.2014 - 14 U 55/13), das die Beklagte Bl. 37 d.A. anspricht. Dort traf den Verwender des (fehlerhaften) Formulars zum Widerruf kein Verschulden (Rd. 25 nach juris).
b)
27 
Der Unternehmer, der gegen seine Pflicht verstoßen hat, dem Verbraucher eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen, darf mithin nicht darauf vertrauen, er habe durch seine Belehrung die Widerrufsfrist in Lauf gesetzt. Er muss erkennen, dass dem Verbraucher nach dem Gesetz ein zeitlich unbefristetes „ewiges“ Widerrufsrecht zusteht, und darf folglich allein aus dem Umstand, dass der Darlehensvertrag über lange Zeit erfüllt wird, nicht schließen, der Verbraucher werde sein Widerrufsrecht nicht ausüben (entgegen LG Freiburg v. 11.05.2015 - 11 O 150/14; Bl. 98 d.A./B 5). Das gilt selbst dann, wenn man den Einwand der Beklagten (Bl. 99 d.A.) als richtig unterstellt, die Abweichung vom damals einschlägigen Text der Musterwiderrufsbelehrung sei nur marginal. Ohne konkrete gegenteilige Anhaltspunkte ist vielmehr zu unterstellen, dass der Verbraucher zunächst keine Kenntnis von seinem unbefristeten Widerrufsrecht hat, so dass der Widerruf auch noch nach langer Zeit erfolgen kann, sollte der Verbraucher später von der Rechtslage Kenntnis erlangen. Gegen die Schutzwürdigkeit des Unternehmers spricht zudem, dass er den Schwebezustand durch eine Nachbelehrung beenden kann (Senat v 21.04.2015 - 6 U 148/12; v. 29.05.2015 - 6 U 110/14).
c)
28 
Im Übrigen würde nicht einmal die beiderseitig vollständige oder teilweise Vertragserfüllung zum Verlust des Widerrufsrechts führen. Diese allein kann daher auch nicht ausreichen, um die Annahme der Verwirkung zu rechtfertigen. Dies widerspräche dem Schutzzweck der Regelung, wonach dem Verbraucher, der sein Widerrufsrecht nicht kennt, unabhängig von der Vertragsbeendigung sein Widerrufsrecht erhalten bleiben soll. Soweit demgegenüber angenommen wird, eine Verwirkung komme in Betracht, wenn der Darlehensvertrag bereits seit längerer Zeit vollständig abgewickelt ist und eine Belehrung erteilt wurde, die zwar fehlerhaft ist, den Verbraucher über das Bestehen eines befristeten Widerrufsrechts aber nicht im Unklaren lässt (ua. OLG Köln v. 25.01.2012 - 13 U 30/11; OLG Düsseldorf v. 09.01.2014 - 14 U 55/13; KG v. 16.08.2012 - 8 U 101/12), schließt sich der Senat dem aus den vorgenannten Erwägungen nicht an. Darüber hinaus ist weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass sich die Beklagte im Vertrauen auf den Bestand der Darlehensvereinbarung so eingerichtet hätte, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde.
d)
29 
Die Beklagte beruft sich auch vergeblich darauf, der Widerruf der Darlehensverträge sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil nicht davon auszugehen sei, dass die beanstandeten Belehrungsmängel bei den Klägern tatsächlich eine Fehlvorstellung hervorgerufen hätten, der Widerruf im Gegenteil ausschließlich durch das allgemein gesunkene Zinsniveau bzw. eine Änderung in der wirtschaftlichen Disposition der Kläger (Bl. 36 d.A.) motiviert sei.
30 
Nach der Rechtsprechung des BGH setzt die Wirksamkeit des Widerrufs nicht voraus, dass der Mangel der Belehrung ursächlich dafür war, dass der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Das Gesetz knüpft unabhängig davon, ob der Verbraucher durch die unzureichende Belehrung tatsächlich einer Fehlvorstellung über das Bestehen und die Modalitäten der Ausübung eines Widerrufsrechts unterliegt, allein an die objektive Gesetzeswidrigkeit der Widerrufsbelehrung die Sanktion eines ewigen Widerrufsrechts des Verbrauchers. Auf das von der beklagten Bank im II. Rechtszug thematisierte eigene Verständnis der Kläger (Bl. 98 d.A.) kommt es deshalb nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass die erteilte Belehrung generell und objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (BGH v. 23.06.2009 - XI ZR 156/08 Rd. 25 nach juris). Das Widerrufsrecht besteht selbst dann, wenn feststeht, dass der Widerruf auch bei ordnungsgemäßer Belehrung nicht rechtzeitig ausgesprochen worden wäre, weil andernfalls das Ziel des Gesetzes unterlaufen würde, den Unternehmer zu einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht anzuhalten (BGH v. 13.01.1983 - III ZR 30/82). Wie bei anderen Gestaltungsrechten kommt es grundsätzlich nicht auf die Motive des Verbrauchers an. Das verkennt der Verweis des Rechtsmittels auf OLG Düsseldorf v. 21.01.2016 - 6 U 296/14; Bl. 100/104 d.A.). Es soll vielmehr seinem freien Willen überlassen bleiben, ob er seine Vertragserklärung wirksam werden lassen will oder nicht (BGH v. 19.02.1986 - VIII ZR 113/85). Entsprechend bedarf der Widerruf auch keiner Begründung. Es stellt folglich keinen Rechtsmissbrauch dar, sondern ist von der beschriebenen Ausgestaltung des Widerrufsrechts durch das Gesetz und die Rechtsprechung gedeckt, wenn ein Verbraucher dieses Recht (erst) nach längerer Zeit ausübt, selbst wenn er nicht konkret durch den Mangel der Belehrung an der fristgerechten Ausübung gehindert war. Soweit der von der Beklagten zitierten Entscheidung des KG (v. 16.08.2012 - 8 U 101/12 Rd. 9 nach juris) anderes zu entnehmen sein sollte, so folgt der Senat dem nicht.
e)
31 
Das Gesetz räumt den Klägern das Recht ein, den Vertrag mit der Beklagten zu widerrufen, wobei das Widerrufsrecht wegen eines Belehrungsfehlers der Beklagten nach dem Willen des Gesetzgebers unbefristet ist sowie jederzeit und ohne Begründung ausgeübt werden kann. Eine generelle Korrektur dieser Gesetzeslage durch eine auf § 242 BGB gestützte Rechtsprechung verbietet sich daher; für eine richterliche Rechtsfortbildung ist insofern kein Raum. Vielmehr könnte nur im Einzelfall ein treuwidriges Verhalten des Darlehensnehmers dazu führen, dass er seinen Rückabwicklungsanspruch wegen des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben oder dessen spezieller Form der Verwirkung verliert. Unter Berücksichtigung des beiderseitigen Parteivortrags und umfassender Abwägung der Parteiinteressen sieht der Senat im hier zu entscheidenden Einzelfall eine die Anwendung von § 242 BGB rechtfertigende Konstellation nicht.
32 
Dass der Darlehensnehmer sich von dem Widerruf wirtschaftliche Vorteile verspricht, welche typischerweise einen wirtschaftlichen Nachteil der Bank zur Folge haben, ist ein Umstand, der generell mit dem gesetzlich eingeräumten Widerrufsrecht in seiner unbefristeten Variante verbunden ist. Dieser Umstand ist daher nicht geeignet, eine Treuwidrigkeit im Einzelfall zu begründen (BGH v. 12.07.2016 - XI ZR 501/15). Eine Treuwidrigkeit im Einzelfall kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn neben diesen Umstand Besonderheiten treten, die den Einzelfall von der vom Gesetzgeber geregelten Rechtslage derart unterscheiden, dass jene ausnahmsweise zu einem unbilligen Ergebnis führen würde.
33 
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor. Der Tatsachenvortrag der Beklagten und deren rechtliche Erwägungen zielen - wenig einzelfallbezogen - darauf ab, die gesetzlich normierte und höchstrichterlich wiederholt bestätigte Widerrufbarkeit von Darlehensverträgen über § 242 BGB dadurch zu verhindern, dass im Wesentlichen darauf abgestellt wird, der Belehrungsfehler sei allenfalls marginal, die Pflichtverletzung der Bank daher gering, der Belehrungsfehler für den späten Widerruf auch nicht kausal und der Verbraucher deswegen nicht schutzwürdig, weil seine heutigen Motive mit dem damaligen Belehrungsfehler gar nichts zu tun hätten. Alle diese Gesichtspunkte sind aber bereits Bestandteil der normierten Rechtslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung. Sie taugen daher zu einem generellen Ausschluss des Rückabwicklungsanspruchs aller Darlehensnehmer in derartigen Fallkonstellationen über § 242 BGB nicht. Dass gerade hier Besonderheiten zu beachten wären, die im konkreten Einzelfall und im Hinblick auf die hiesigen Parteien zu einem anderen Ergebnis führen müssten, ist weder hinreichend dargetan noch für den Senat ersichtlich.
4.
34 
Der zweitinstanzliche Verweis auf § 814 BGB (Bl. 102 d.A.) führt die beklagte Bank auch nicht weiter. Die Kläger haben die Vorfälligkeitsentschädigung gerade nicht in Kenntnis einer Nichtschuld geleistet. Die Kläger haben im zugehörigen Anschreiben vom 15.01.2015 ausdrücklich den Vorbehalt jederzeitiger Rückforderung erklären lassen (Bl. 116 d.A. Anhang und schon Bl. 5 d.A.) und damit die Wirkung des § 814 BGB ausgeschlossen (BGH v. 06.10.1998 - XI ZR 36/98 Rd. 36 nach juris).
III.
35 
Die Beklagte trägt nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung. Das Urteil ist nach Maßgabe der §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar. Angesichts divergierender Entscheidungen der Obergerichte wird die Revision zugelassen. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23.10.2015, Az. 12 O 181/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: EUR 18.978,23

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten über die Rückgewähr einer von den Klägern bei Ablösung eines Verbraucherdarlehens bezahlten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von EUR 18.978,23.
1.
Die klagenden Eheleute schlossen als Verbraucher bei dem beklagten Bankinstitut am 14.08.2008 einen Darlehensvertrag zur Nr. xxx und zur Nr. yyy ab (Bl. 41 d.A.). Zweck des Darlehens war eine Immobilienfinanzierung in L. Das Darlehen belief sich ursprünglich auf EUR 114.000,00 und weitere EUR 9.130,00 bei einem effektiven Jahreszins von 5,79 %.
Mit Schreiben vom 12.06.2014 (Bl. 14 d.A.) widerriefen die Kläger den Darlehensvertrag, lösten das verbliebene Darlehen ab und entrichteten zur Freigabe von Sicherheiten eine Vorfälligkeitsentschädigung von EUR 18.978,23. Diese bilden den Gegenstand der Auseinandersetzung. Im Hinblick auf den erklärten Widerruf begehren die Kläger die Rückzahlung dieses Betrages. Die Beklagte verweigert das.
2.
Die Kläger meinen, die Beklagte sei nach erfolgtem Widerruf zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung von EUR 18.978,23 nebst Rechtshängigkeitszinsen verpflichtet. Der Widerruf sei nicht verfristet, da die Frist zur Erklärung mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht angelaufen sei. Die Widerrufsbelehrung leide bezüglich der Formulierung zum Fristanlauf daran, dass diese nicht eindeutig gefasst sei. Die Formulierung erwecke den irrigen Eindruck, die Frist beginne erst mit der Übersendung des Vertragsantrages der Bank. Zudem seien sie - Kläger - nicht über die Rechtsfolgen finanzierter Geschäfte informiert worden. Insgesamt sei die Belehrung nicht umfassend, unmissverständlich und eindeutig. Das Recht zum Widerruf sei zudem nicht missbräuchlich oder verwirkt. Der Gesetzgeber habe sich 2002 für den Fall unzureichender Belehrung für den unbefristeten Widerruf bei Verbraucherverträgen entschieden. Zudem habe die Bank auch deshalb nicht auf das Ausbleiben eines Widerrufs vertrauen dürfen, weil Verbraucher ihr Widerrufsrecht nach fehlerhafter Widerrufsbelehrung üblicherweise gar nicht kennen.
Die beklagte Bank meint demgegenüber, die im Streit stehende Widerrufsbelehrung sei nicht zu beanstanden. Die Formulierung zum Fristanlauf „einen Tag, nachdem …“ lenke nicht davon ab, dass es für den Fristanlauf maßgeblich auf die Vertragserklärung des Darlehnsnehmers ankomme. Auch der Vorwurf einer unzureichenden Belehrung über die Rechtsfolgen finanzierter Geschäfte gehe fehl. Eine solche Belehrung verlange das Gesetz für Verbraucherkredite und insbesondere Immobilienfinanzierungen gar nicht. Ein verbundenes Geschäft, das allenfalls eine solche Belehrungsnotwendigkeit begründen könne, liege nicht vor. Die maßgebliche Frist zum Widerruf sei damit abgelaufen. Der von den Klägern erklärte Widerruf sei zu spät erfolgt. Hilfsweise sei das Zahlungsverlangen zumindest treuwidrig. Etwaige Abweichungen von der gesetzlichen Musterwiderrufsbelehrung seien marginal und hielten einen Verbraucher nicht vom Widerruf ab. Zudem liege schlicht Vertragsreue vor, da die Kläger nun an anderer Stelle zu besseren Konditionen finanzieren könnten. Den Klägern gehe es somit allein um die Erlangung wirtschaftlicher Vorteile.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien in I. Instanz wird im Übrigen auf die landgerichtlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
3.
Das LG Stuttgart gab der Klage im I. Rechtszug statt. Zur Begründung heißt es, § 346 Abs. 1 BGB gewähre den Klägern einen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Der Widerruf sei rechtzeitig erfolgt. Die Widerrufsfrist habe mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu laufen begonnen. Die Belehrung im Streitfall entspreche nicht der Musterbelehrung der BGB-InfoV. Deshalb scheide eine Gesetzlichkeitsfiktion aus. Die streitbefangene Widerrufsbelehrung entspreche auch sonst nicht den Erfordernissen von § 355 BGB a.F. Das ergebe sich zwar nicht aus der Formulierung „einen Tag, nachdem …“. In der Sache liege aber wegen der Formulierung des Schlusshalbsatzes (“..., nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“) ein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot vor. Rechtsmissbrauch oder Verwirkung könne dem Klageanspruch nicht entgegnet werden.
4.
Die Beklagte nimmt das nicht hin. Sie begehrt auch in II. Instanz die Abweisung der Klage und meint, die fragliche Widerrufsbelehrung entspreche den Anforderungen der §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 2 BGB a.F. Das Deutlichkeitsgebot sei nicht verletzt. Das Landgericht überspanne die Anforderungen; dies zumal der maßgebliche durchschnittliche Darlehnsnehmer die Widerrufsbelehrung gar nicht so verstehe wie das Landgericht ihr Bedeutungsgehalt beimesse. Auch verkenne das angefochtene Urteil, dass die von den Klägern angegriffene Widerrufsbelehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV a.F. entspreche bzw. allenfalls unschädliche Anpassungen ohne inhaltliche Bearbeitung aufweise. Der Widerruf der Kläger sei demzufolge verfristet. Zumindest sei das Zahlungsverlangen treuwidrig (Verwirkung wie Rechtsmissbrauch). Zudem scheitere der verfolgte Zahlungsanspruch an § 814 BGB. Die Vorfälligkeitsentschädigung sei nach dem Widerruf und demzufolge in Kenntnis von der Nichtschuld bezahlt worden.
Die Beklagte beantragt in II. Instanz (Bl. 95 d.A.):
10 
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Stuttgart vom 23.10.2015 (12 O 181/15) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
11 
Die Kläger beantragen (Bl. 107 d.A.),
12 
die Berufung wird zurückgewiesen.
13 
Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im I. Rechtszug. Sie meinen im Übrigen, der mit der Berufung vorgebrachte Verweis auf § 814 BGB verfange nicht. Schließlich habe man unter Vorbehalt der Rückforderung bezahlt.
14 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im II. Rechtszug wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
II.
15 
Die Berufung ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.
16 
Die Beklagte ist zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von EUR 18.978,23 nebst Rechtshängigkeitszinsen verpflichtet (§§ 495 Abs. 1, 355, 357, 312d, 346 Abs. 1, 291 BGB).
17 
Die von der Beklagten verwendete Belehrung über das Recht zum Widerruf ist unzureichend. Dies hat zur Folge, dass die Kläger den Darlehensvertrag noch am 12.06.2014 widerrufen konnten (dazu unter 2.). Der Widerruf ist weder missbräuchlich noch verwirkt (dazu unter 3.). Die im Streit stehende Vorfälligkeitsentschädigung ist im Übrigen unter Rückforderungsvorbehalt bezahlt worden. § 814 BGB sperrt das Zahlungsverlangen deshalb auch nicht (dazu unter 4.).
1.
18 
Für die Bewertung der im Streit stehenden Widerrufsbelehrung sind die Bestimmungen des BGB und die Fassung der BGB-InfoV zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Darlehnsvertrages im August 2008 maßgeblich.
2.
19 
Bei dem Darlehensvertrag, den die Parteien im Jahr 2008 geschlossen haben, handelt es sich um ein Verbraucherdarlehen, bei dem sich mangels ausreichender Belehrung zum Recht des Widerrufs auch noch im Juni 2014 ein Recht Kläger zur Lossagung aus den § 495 Abs. 1, 355 BGB a.F. ergab.
a)
20 
Die streitbefangene Widerrufsbelehrung ist nicht gemäß § 14 BGB-InfoV als gesetzeskonform zu behandeln, weil die Beklagte die maßgebliche Musterbelehrung in Bezug auf den Fristbeginn einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Soweit in der Belehrung ausgeführt wird, die Frist beginne „einen Tag, nachdem“ die im Belehrungstext in vier Unterpunkten erläuterten Ereignissen eingetreten sind, war dies von Gesetzes wegen zwar nicht erforderlich, weil das Gesetz vom Unternehmer lediglich verlangt, das den Fristablauf auslösende Ereignis zu nennen, ohne dass die weitere Fristberechnung gemäß der §§ 187 ff BGB erläutert werden müsste (Senat v. 29.09.2015 - 6 U 21/15). Der BGH sieht in einer solchen Belehrung aber lediglich eine unschädliche Anpassung an die Regelung des § 187 BGB (BGH v. 20.11.2012 - II ZR 264/10 Rd. 6 nach juris). Neben weiteren Abweichungen in einzelnen Formulierungen und im Satzbau - „Spiegelstriche“ - liegt eine inhaltliche Bearbeitung aber darin, dass der Fristbeginn in Bezug auf den Vertragsschluss im letzten Halbsatz als weitere Bedingung abweichend vom Muster erläutert wird. Nach dem Gestaltungshinweis (3 b) bb)) des Musters - den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen betreffend - soll bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzugefügt werden: „jedoch nicht vor Vertragsschluss“. Demgegenüber lauten die Belehrungen der Beklagten insoweit wie folgt: “…nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“. Wie nachfolgend näher ausgeführt wird, verstößt dies in der Zusammenschau mit den weiteren Hinweisen zum Fristbeginn und zur Fristberechnung gegen das Deutlichkeitsgebot. Die Beklagte kann sich deshalb nicht auf die Gesetzlichkeitswirkung gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen (so bereits Senat v. 14.04.2015 - 6 U 66/14).
b)
21 
Die Belehrung verstößt gegen das Deutlichkeitsgebot. Sie ist in Bezug auf die Information zur Fristberechnung irreführend.
aa)
22 
Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses unter Ausschöpfung der Widerrufsfrist auszuüben. Er ist deshalb (auch) über den Beginn der Widerrufsfrist unmissverständlich zu informieren (BGH v. 13.01.2009 - XI ZR 118/08; v. 10.03.2009 - XI ZR 33/08).
bb)
23 
Gemessen daran fehlt der streitbefangenen Belehrung der Beklagten die notwendige Eindeutigkeit, weil darin zwar für die in der Aufzählung zunächst genannten Bedingungen des Fristbeginns (Erhalt eines Exemplars der Widerrufsbelehrung, einer Vertragsurkunde bzw. des schriftlichen Darlehensantrags oder einer Abschrift der Vertragsurkunde des Darlehensantrages, der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie der Verbraucherinformationen) ein Hinweis zur Fristberechnung gemäß § 187 Abs.1 BGB erteilt wird, für den (Darlehens-)Vertragsschluss im letzten Halbsatz als weitere Bedingung des Fristbeginns ein solcher Hinweis zur Fristberechnung aber fehlt. Der erste Halbsatz der Belehrung über den Fristbeginn macht deutlich, dass die Frist erst „einen Tag nach“ den in den folgenden Unterpunkten aufgezählten Ereignissen beginnt. Eine solche Klarstellung erfolgt im zweiten Halbsatz für den Vertragsschluss als weitere Voraussetzung nicht. Der gewählte Satzbau lässt auch nicht erkennen, dass sich die einleitende Wendung „einen Tag, nachdem“ auch auf das Erfordernis des Vertragsschlusses beziehen soll. Vielmehr lässt die Wendung „nicht vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“ auch die Deutung zu, bei der Fristberechnung sei gemäß § 187 Abs.2 BGB der Beginn des Tages des Vertragsschlusses maßgebend. Gerade weil die Erläuterung zur Fristberechnung nicht auf alle fristauslösenden Ereignisse erstreckt wurde, ist diese Formulierung geeignet, beim Verbraucher die Fehlvorstellung hervorzurufen, dass der Tag des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung mitzuzählen sei. Es wird nicht hinreichend deutlich, dass die Frist auch in Bezug auf den Vertragsschluss gemäß § 187 Abs. 1 BGB zu berechnen ist und der Tag des Vertragsschlusses nicht gemäß § 187 Abs. 2 BGB in die Frist einzurechnen ist. Dieses naheliegende Verständnis der Belehrung entspricht nicht der Rechtslage, denn auch der gemäß § 312d Abs. 2 BGB für den Fristbeginn notwendige Vertragsschluss stellt ein Ereignis im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB dar. Zwar kann dies dem Wortlaut des Gesetzes wegen der negativen Fassung des Tatbestandes („nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses“) nicht unmittelbar entnommen werden. Der Text lässt offen, ob die Frist im Sinn des § 187 Abs. 1 BGB am Tag des Vertragsschlusses mit diesem Ereignis beginnt und dieser Tag bei der Fristberechnung folglich nicht mitgezählt wird oder ob gemäß § 187 Abs. 2 BGB der Beginn des Tages des Vertragsschlusses der für den Anfang der Frist maßgebende Zeitpunkt ist und bei der Fristberechnung mit berücksichtigt werden soll. Die Gesetzgebungsgeschichte gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber in Bezug auf den Vertragsschluss eine Tagesanfangsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB regeln wollte. Die Formulierung, dass die Frist für den Widerruf eines Fernabsatzvertrages bei der Lieferung von Waren nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger, bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor dem Tag des Eingangs der ersten Teillieferung und - hier maßgeblich - bei Dienstleistungen nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses beginnt, geht auf das Gesetz über Fernabsatzverträge vom 27.06.2000 (BGBl. I, S. 897) zurück. Dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 09.02.2000 lässt sich zu der Regelung über den Beginn der Widerrufsfrist in § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG entnehmen, dass diese Vorschrift Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 2 und 4 FARL in redaktionell gestraffter Form zusammenfasst, wonach die Frist mit Erfüllung der Informationspflichten, bei der Lieferung von Waren jedoch nicht vor deren Eingang beim Empfänger und bei der Erbringung von Dienstleistungen nicht vor Abschluss des Vertrages beginnt (BT-Drucks. 14/2658, S. 43). Dass § 3 Abs. 1 S. 2 FernAbsG eine Tagesanfangsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB regeln könnte, wurde offensichtlich nicht erwogen; vielmehr ist in dem Entwurf nur von den Ereignissen als fristauslösenden Umständen die Rede. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 29.07.2009 (BGBl. 2009, 2355) wurde § 312d Abs. 2 BGB dahingehend geändert, dass die Widerrufsfrist unter anderem „nicht vor Vertragsschluss“ beginnt, sodass das Gesetz nunmehr schon dem Wortlaut nach (eindeutig) eine Ereignisfrist regelt. Das übergeht die Berufung (Bl. 97/98 d.A.). Der insoweit bemühte Art. 87 Abs. 1 CISG regelt einen gänzlich anderen Lebenssachverhalt. Begründet wurde die Neufassung des § 312d Abs. 2 BGB im Übrigen lediglich mit der redaktionellen Anpassung der Verweisungen und einer Vereinfachung des Wortlauts (Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 05.11.2008, BT-Drucks. 16/11643, S. 69). Eine Änderung des Regelungsgehalts der Norm sollte damit nicht verbunden sein. Der Gesetzgeber ging also ersichtlich davon aus, dass auch § 312d Abs. 2 BGB in der hier anwendbaren Fassung insgesamt unter § 187 Abs. 1 BGB fällt. Dem entspricht auch der Text der Musterbelehrung, der - wie oben ausgeführt - den Vertragsschluss im Gestaltungshinweis (3 b) bb)) eindeutig - „jedoch nicht vor Vertragsschluss“ - als fristauslösendes Ereignis beschreibt. Für die Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB spricht im Übrigen der Umstand, dass auch die in § 355 BGB geregelten allgemeinen Bedingungen des Fristbeginns als Ereignisse im Sinn des § 187 Abs. 1 BGB ausgestaltet sind. Die verlängernde Fristberechnung gemäß § 187 Abs. 1 BGB stellt den gesetzlichen Regelfall dar. Ihre Anwendung ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn einer gesetzlichen Frist - wie der Widerrufsfrist - eine Schutzfunktion zukommt (Senat v. 29.09.2015 - 6 U 21/15). Eine verkürzende Fristberechnung, wie sie § 187 Abs. 2 BGB vorsieht, entspricht danach nicht dem Zweck der gesetzlichen Regelung in § 312d Abs. 2 BGB. Ein sachlicher Grund, die Frist insoweit abweichend von den allgemeinen Voraussetzungen des Fristbeginns gemäß § 355 BGB verkürzend zu berechnen, besteht nicht. Auch nach der Kommentarliteratur richtet sich die Berechnung der Widerrufsfrist gemäß § 312d Abs. 2 BGB nach § 187 Abs. 1 BGB (Nachweise Senat v. 29.09.2015 - 6 U 21/15).
cc)
24 
Die Beklagte verteidigt sich insoweit ohne Erfolg mit dem Einwand, ihr könne nicht zum Nachteil gereichen, dass sie hinsichtlich des Erfordernisses des Vertragsschlusses den negativ formulierten und in seiner Auslegung nicht eindeutigen Gesetzestext des § 312d Abs. 2 BGB übernommen habe. Der Mangel der Belehrung hat seinen Grund nicht in der Übernahme des Gesetzestextes, sondern beruht darauf, dass die Beklagte ergänzende Erläuterungen zur Fristberechnung für alle fristauslösenden Umstände bis auf den Vertragsschluss im letzten Halbsatz erteilt hat und dadurch den unzutreffenden Eindruck erweckt hat, dass die Frist unterschiedlich zu berechnen sei. Mit einer „Überinterpretation“ (Bl. 68 d.A.) hat das nichts zu tun. Der irreleitende Eindruck wäre vermeidbar gewesen, wenn die Beklagte - dem Vorschlag der Musterbelehrung folgend - den Vertragsschluss positiv als weiteres für den Fristbeginn notwendiges Ereignis beschrieben hätte, oder - sollte sie insoweit über die Rechtslage im Unklaren gewesen sein - den Hinweis zur Fristberechnung insgesamt unterlassen hätte. Durch die vorgenommene Differenzierung hat sie jedenfalls den unzutreffenden Eindruck erweckt, die für den Fristbeginn maßgeblichen Ereignisse könnten in Bezug auf die Fristberechnung unterschiedlich zu behandeln sein.
3.
25 
Das Zahlungsverlangen ist im Übrigen weder rechtsmissbräuchlich noch verwirkt (§ 242 BGB).
a)
26 
Bei der Verwirkung handelt es sich um einen Fall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB), die in der illoyal verspäteten Geltendmachung eines Rechts liegt. Der Einwand ist berechtigt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Der alleinige Hinweis auf die verstrichenen 6 Jahre zwischen Abschluss des Darlehnsvertrages und dem erklärten Widerruf (Bl. 99 d.A.) ist deshalb unbehilflich. Neben den Zeitablauf tritt notwendig immer das Umstandsmoment. Letzteres ist erfüllt, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen darf, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH v. 23.01.2014 - VII ZR 177/13; v. 07.05.2014 - IV ZR 76/11). Ein in diesem Sinne illoyales Verhalten der beiden Kläger, dass diese in Kenntnis ihres Widerrufsrechts über lange Zeit an dem Darlehensvertrag festgehalten und den Widerruf erst nach dem Fehlschlagen der darlehnsfinanzierten Immobilie erklärt hätten, kann nicht festgestellt werden. Es ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass bzw. wie lange die Kläger vor Ausübung des Widerrufs Kenntnis von ihrem Recht hatten. Zwar ist eine Verwirkung auch ohne Rücksicht auf die subjektive Kenntnis und Willensrichtung des Berechtigten möglich, wenn der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung aus dem Gesamtverhalten des Berechtigten schließen darf, dieser mache sein Recht nicht mehr geltend, so dass der Verpflichtete mit einer gegenläufigen Rechtsausübung durch den Berechtigten nicht mehr zu rechnen braucht und sich entsprechend darauf einrichtet (BGH v. 16.03.2007 - V ZR 190/06). Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nicht gegeben. Die Unkenntnis des Berechtigten über den Anspruch steht der Verwirkung dann entgegen, wenn - wie hier - die Unkenntnis des Berechtigten in den Verantwortungsbereich des Verpflichteten fällt. Die mit der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile hat grundsätzlich der Geschäftspartner des Verbrauchers zu tragen (BGH v 18.10.2004 - II ZR 352/02). Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Bank folglich schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie den mit dem unbefristeten Widerrufsrecht verbundenen Schwebezustand selbst herbeigeführt hat, indem sie eine fehlerhafte Belehrung erteilt hat (BGH v. 07.05.2014 - IV ZR 76/11 Rd. 30 nach juris). Das muss in der hiesigen Konstellation eines Widerrufs in der Tilgungsphase im Unterschied zu einem Widerruf viele Jahre nach Ablösung des Darlehens in ganz besonderem Maße gelten. Das unterscheidet die hier einschlägige Konstellation auch entscheidend vom dem Urteil des OLG Düsseldorf (v. 09.01.2014 - 14 U 55/13), das die Beklagte Bl. 37 d.A. anspricht. Dort traf den Verwender des (fehlerhaften) Formulars zum Widerruf kein Verschulden (Rd. 25 nach juris).
b)
27 
Der Unternehmer, der gegen seine Pflicht verstoßen hat, dem Verbraucher eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen, darf mithin nicht darauf vertrauen, er habe durch seine Belehrung die Widerrufsfrist in Lauf gesetzt. Er muss erkennen, dass dem Verbraucher nach dem Gesetz ein zeitlich unbefristetes „ewiges“ Widerrufsrecht zusteht, und darf folglich allein aus dem Umstand, dass der Darlehensvertrag über lange Zeit erfüllt wird, nicht schließen, der Verbraucher werde sein Widerrufsrecht nicht ausüben (entgegen LG Freiburg v. 11.05.2015 - 11 O 150/14; Bl. 98 d.A./B 5). Das gilt selbst dann, wenn man den Einwand der Beklagten (Bl. 99 d.A.) als richtig unterstellt, die Abweichung vom damals einschlägigen Text der Musterwiderrufsbelehrung sei nur marginal. Ohne konkrete gegenteilige Anhaltspunkte ist vielmehr zu unterstellen, dass der Verbraucher zunächst keine Kenntnis von seinem unbefristeten Widerrufsrecht hat, so dass der Widerruf auch noch nach langer Zeit erfolgen kann, sollte der Verbraucher später von der Rechtslage Kenntnis erlangen. Gegen die Schutzwürdigkeit des Unternehmers spricht zudem, dass er den Schwebezustand durch eine Nachbelehrung beenden kann (Senat v 21.04.2015 - 6 U 148/12; v. 29.05.2015 - 6 U 110/14).
c)
28 
Im Übrigen würde nicht einmal die beiderseitig vollständige oder teilweise Vertragserfüllung zum Verlust des Widerrufsrechts führen. Diese allein kann daher auch nicht ausreichen, um die Annahme der Verwirkung zu rechtfertigen. Dies widerspräche dem Schutzzweck der Regelung, wonach dem Verbraucher, der sein Widerrufsrecht nicht kennt, unabhängig von der Vertragsbeendigung sein Widerrufsrecht erhalten bleiben soll. Soweit demgegenüber angenommen wird, eine Verwirkung komme in Betracht, wenn der Darlehensvertrag bereits seit längerer Zeit vollständig abgewickelt ist und eine Belehrung erteilt wurde, die zwar fehlerhaft ist, den Verbraucher über das Bestehen eines befristeten Widerrufsrechts aber nicht im Unklaren lässt (ua. OLG Köln v. 25.01.2012 - 13 U 30/11; OLG Düsseldorf v. 09.01.2014 - 14 U 55/13; KG v. 16.08.2012 - 8 U 101/12), schließt sich der Senat dem aus den vorgenannten Erwägungen nicht an. Darüber hinaus ist weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass sich die Beklagte im Vertrauen auf den Bestand der Darlehensvereinbarung so eingerichtet hätte, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde.
d)
29 
Die Beklagte beruft sich auch vergeblich darauf, der Widerruf der Darlehensverträge sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil nicht davon auszugehen sei, dass die beanstandeten Belehrungsmängel bei den Klägern tatsächlich eine Fehlvorstellung hervorgerufen hätten, der Widerruf im Gegenteil ausschließlich durch das allgemein gesunkene Zinsniveau bzw. eine Änderung in der wirtschaftlichen Disposition der Kläger (Bl. 36 d.A.) motiviert sei.
30 
Nach der Rechtsprechung des BGH setzt die Wirksamkeit des Widerrufs nicht voraus, dass der Mangel der Belehrung ursächlich dafür war, dass der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Das Gesetz knüpft unabhängig davon, ob der Verbraucher durch die unzureichende Belehrung tatsächlich einer Fehlvorstellung über das Bestehen und die Modalitäten der Ausübung eines Widerrufsrechts unterliegt, allein an die objektive Gesetzeswidrigkeit der Widerrufsbelehrung die Sanktion eines ewigen Widerrufsrechts des Verbrauchers. Auf das von der beklagten Bank im II. Rechtszug thematisierte eigene Verständnis der Kläger (Bl. 98 d.A.) kommt es deshalb nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass die erteilte Belehrung generell und objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (BGH v. 23.06.2009 - XI ZR 156/08 Rd. 25 nach juris). Das Widerrufsrecht besteht selbst dann, wenn feststeht, dass der Widerruf auch bei ordnungsgemäßer Belehrung nicht rechtzeitig ausgesprochen worden wäre, weil andernfalls das Ziel des Gesetzes unterlaufen würde, den Unternehmer zu einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht anzuhalten (BGH v. 13.01.1983 - III ZR 30/82). Wie bei anderen Gestaltungsrechten kommt es grundsätzlich nicht auf die Motive des Verbrauchers an. Das verkennt der Verweis des Rechtsmittels auf OLG Düsseldorf v. 21.01.2016 - 6 U 296/14; Bl. 100/104 d.A.). Es soll vielmehr seinem freien Willen überlassen bleiben, ob er seine Vertragserklärung wirksam werden lassen will oder nicht (BGH v. 19.02.1986 - VIII ZR 113/85). Entsprechend bedarf der Widerruf auch keiner Begründung. Es stellt folglich keinen Rechtsmissbrauch dar, sondern ist von der beschriebenen Ausgestaltung des Widerrufsrechts durch das Gesetz und die Rechtsprechung gedeckt, wenn ein Verbraucher dieses Recht (erst) nach längerer Zeit ausübt, selbst wenn er nicht konkret durch den Mangel der Belehrung an der fristgerechten Ausübung gehindert war. Soweit der von der Beklagten zitierten Entscheidung des KG (v. 16.08.2012 - 8 U 101/12 Rd. 9 nach juris) anderes zu entnehmen sein sollte, so folgt der Senat dem nicht.
e)
31 
Das Gesetz räumt den Klägern das Recht ein, den Vertrag mit der Beklagten zu widerrufen, wobei das Widerrufsrecht wegen eines Belehrungsfehlers der Beklagten nach dem Willen des Gesetzgebers unbefristet ist sowie jederzeit und ohne Begründung ausgeübt werden kann. Eine generelle Korrektur dieser Gesetzeslage durch eine auf § 242 BGB gestützte Rechtsprechung verbietet sich daher; für eine richterliche Rechtsfortbildung ist insofern kein Raum. Vielmehr könnte nur im Einzelfall ein treuwidriges Verhalten des Darlehensnehmers dazu führen, dass er seinen Rückabwicklungsanspruch wegen des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben oder dessen spezieller Form der Verwirkung verliert. Unter Berücksichtigung des beiderseitigen Parteivortrags und umfassender Abwägung der Parteiinteressen sieht der Senat im hier zu entscheidenden Einzelfall eine die Anwendung von § 242 BGB rechtfertigende Konstellation nicht.
32 
Dass der Darlehensnehmer sich von dem Widerruf wirtschaftliche Vorteile verspricht, welche typischerweise einen wirtschaftlichen Nachteil der Bank zur Folge haben, ist ein Umstand, der generell mit dem gesetzlich eingeräumten Widerrufsrecht in seiner unbefristeten Variante verbunden ist. Dieser Umstand ist daher nicht geeignet, eine Treuwidrigkeit im Einzelfall zu begründen (BGH v. 12.07.2016 - XI ZR 501/15). Eine Treuwidrigkeit im Einzelfall kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn neben diesen Umstand Besonderheiten treten, die den Einzelfall von der vom Gesetzgeber geregelten Rechtslage derart unterscheiden, dass jene ausnahmsweise zu einem unbilligen Ergebnis führen würde.
33 
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor. Der Tatsachenvortrag der Beklagten und deren rechtliche Erwägungen zielen - wenig einzelfallbezogen - darauf ab, die gesetzlich normierte und höchstrichterlich wiederholt bestätigte Widerrufbarkeit von Darlehensverträgen über § 242 BGB dadurch zu verhindern, dass im Wesentlichen darauf abgestellt wird, der Belehrungsfehler sei allenfalls marginal, die Pflichtverletzung der Bank daher gering, der Belehrungsfehler für den späten Widerruf auch nicht kausal und der Verbraucher deswegen nicht schutzwürdig, weil seine heutigen Motive mit dem damaligen Belehrungsfehler gar nichts zu tun hätten. Alle diese Gesichtspunkte sind aber bereits Bestandteil der normierten Rechtslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung. Sie taugen daher zu einem generellen Ausschluss des Rückabwicklungsanspruchs aller Darlehensnehmer in derartigen Fallkonstellationen über § 242 BGB nicht. Dass gerade hier Besonderheiten zu beachten wären, die im konkreten Einzelfall und im Hinblick auf die hiesigen Parteien zu einem anderen Ergebnis führen müssten, ist weder hinreichend dargetan noch für den Senat ersichtlich.
4.
34 
Der zweitinstanzliche Verweis auf § 814 BGB (Bl. 102 d.A.) führt die beklagte Bank auch nicht weiter. Die Kläger haben die Vorfälligkeitsentschädigung gerade nicht in Kenntnis einer Nichtschuld geleistet. Die Kläger haben im zugehörigen Anschreiben vom 15.01.2015 ausdrücklich den Vorbehalt jederzeitiger Rückforderung erklären lassen (Bl. 116 d.A. Anhang und schon Bl. 5 d.A.) und damit die Wirkung des § 814 BGB ausgeschlossen (BGH v. 06.10.1998 - XI ZR 36/98 Rd. 36 nach juris).
III.
35 
Die Beklagte trägt nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung. Das Urteil ist nach Maßgabe der §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar. Angesichts divergierender Entscheidungen der Obergerichte wird die Revision zugelassen. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

23
Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, den Widerruf von jedem Begründungserfordernis freizuhalten, folgt zugleich, dass ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden kann, der vom Gesetzgeber mit der Einräumung des Widerrufsrechts intendierte Schutzzweck sei für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht leitend gewesen. Überlässt das Gesetz - wie das Fehlen einer Begründungspflicht zeigt - dem freien Willen des Verbrauchers, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft, kann aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f., vom 12. Juni 1991 - VIII ZR 256/90, BGHZ 114, 393, 399 f. und vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15, WM 2016, 1103 Rn. 19 f.; Duchstein, NJW 2015, 1409; Engelhardt, Europäisches Verbrauchervertragsrecht im BGB, Diss. 2001, S. 164 f.; Gansel/Huth/ Knorr, BKR 2014, 353, 356; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749, 756; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2148; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141; a.A. Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 149 f., 153; Henning, CRP 2015, 80, 84; Hölldampf, WM 2014, 1659, 1660, 1662 ff.; Hölldampf/ Suchowerskyj, WM 2015, 999 mit Fn. 7; Kropf, WM 2013, 2250, 2254; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 614 f.; Wahlers, WM 2015, 1043, 1049; wohl auch Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 135). Gerade weil das Ziel, "sich von langfristigen Verträgen mit aus gegenwärtiger Sicht hohen Zinsen zu lösen", der Ausübung des Widerrufsrechts für sich nicht entgegensteht, sah sich der Gesetzgeber zur Schaffung des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB veranlasst (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 146).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 156/08 Verkündet am:
23. Juni 2009
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Sind Verbraucherdarlehensvertrag und finanziertes Geschäft verbundene
Verträge im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB, darf die dem Verbraucher erteilte
Widerrufsbelehrung einem unbefangenen rechtsunkundigen Leser nicht den
unzutreffenden Eindruck vermitteln, mit einem Widerruf könne er sich ausschließlich
von den Bindungen des finanzierten Geschäfts lösen, nicht aber
von den Bindungen des Darlehensvertrags.

b) Eine "Pflichtenteilung" der Unternehmer, nach welcher der Darlehensgeber
über den Ausschluss des § 495 BGB wegen eines vorrangigen Widerrufsrechts
in Bezug auf das Verbundgeschäft zu belehren habe und allein der
Vertragspartner des finanzierten Geschäfts über die Erstreckungswirkung
des § 358 Abs. 1 BGB, ist mit dem Schutzzweck der gemäß § 355 Abs. 2,
§ 358 Abs. 5 BGB zu erteilenden qualifizierten Widerrufsbelehrung nicht zu
vereinbaren.
BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers,
den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. April 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Darlehensvertrages , den der Beklagte mit der klagenden Bank zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung geschlossen hat.
2
Der Beklagte, ein damals 31 Jahre alter IT-Systembetreuer, wurde im November 2003 von einem Vermittler geworben, sich über eine Treuhänderin wirtschaftlich an der I. KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft) mit einem Anteil von 20.000 € zuzüglich 5% Agio zu beteiligen.
3
Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schloss der Beklagte - geworben durch denselben Vermittler - mit der Klägerin am 27./30. Dezember 2003 einen Darlehensvertrag über einen Nettokreditbetrag von 21.000 € zu einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 6,5% mit einer Zinsfestschreibung bis zum 30. Dezember 2010. Als Kreditsicherheiten sah der Darlehensvertrag, der den Gesamtbetrag der Zahlungen nur bis zum Ende der Zinsbindung angab, die Verpfändung des treuhänderisch gehaltenen Fondsanteils und die Abtretung des laufenden Arbeitseinkommens sowie der Ansprüche aus zwei Lebensversicherungen vor. Der Weisung des Beklagten folgend zahlte die Klägerin den Darlehensbetrag direkt an die Treuhänderin zur Tilgung der Beitragsschuld der Fondsbeteiligung aus.
4
Dem Darlehensvertrag war eine von dem Beklagten gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung beigefügt. Diese lautet auszugsweise wie folgt: "Ich bin darüber belehrt worden, dass ich meine auf den Abschluss dieses Verbraucherdarlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen 2 Wochen widerrufen kann, sofern dieses Recht nicht nach Satz 3 ausgeschlossen ist. Widerrufe ich diesen Verbraucherdarlehensvertrag, so bin ich auch an meine auf den Abschluss des verbundenen Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Steht mir für den verbundenen Vertrag ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist mein Recht zum Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages ausgeschlossen. Erkläre ich dennoch den Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages gegenüber der Bank, so gilt dies als Widerruf des verbundenen Vertrages gegenüber dem Unternehmen."
5
Mit Anwaltsschreiben vom 9. August 2007 ließ der Beklagte den Darlehensvertrag und die von ihm erteilte Einzugsermächtigung mit der Begründung widerrufen, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft.
6
Die Klägerin ist dem entgegen getreten und begehrt mit der Klage die Feststellung, dass der Darlehensvertrag wirksam ist mit der Maßgabe , dass - im Hinblick auf die fehlende Gesamtbetragsangabe - nur der gesetzliche Zinssatz in Höhe von 4% p.a. geschuldet wird.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision ist nicht begründet.

I.


9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Der Beklagte habe seine Darlehensvertragserklärung wirksam nach § 495 BGB widerrufen. Der Widerruf sei auch noch mit Schreiben vom 9. August 2007 möglich gewesen, da der Beklagte nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei (§ 495 BGB i.V.m. § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB). Die ihm erteilte Widerrufsbelehrung sei verwirrend und missverständlich.
11
Die Bestimmung des § 14 BGB-InfoV greife zugunsten der Klägerin nicht ein, da die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung nicht dem dort vorgegebenen Muster entsprochen habe. Die verwendete Belehrung könne aus Sicht eines durchschnittlichen rechtsunkundigen Verbrauchers unzutreffende Vorstellungen hervorrufen, da die Formulierung im ersten und dritten Satz, wonach das Widerrufsrecht "ausgeschlossen" sei, den Eindruck erwecken könne, es gebe Fälle, in denen der Beklagte trotz wirksamen Widerrufs an den Darlehensvertrag gebunden sei. Die Belehrung sei auch unvollständig, da sie die Regelung des § 358 Abs. 5 BGB nicht beachte, wonach in Fällen, in denen - wie hier - ein verbundenes Geschäft vorliege, auch auf die Rechtsfolgen gemäß § 358 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB hingewiesen werden müsse. Aus der von der Klägerin verwendeten Belehrung sei für den Verbraucher nicht eindeutig ersichtlich, dass er im Falle eines wirksamen Widerrufs des verbundenen Vertrages auch nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden ist. Durch den Hinweis auf den Ausschluss des Widerrufsrechts im letzten Halbsatz des ersten und dritten Satzes werde für den Laien vielmehr der Eindruck erweckt, er könne sich bei einem rechtlich zulässigen Widerruf des finanzierten Geschäfts von dem Verbraucherdarlehensvertrag nicht lösen.

II.


12
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Beklagte seine Darlehensvertragserklärung wirksam widerrufen hat.
13
1. Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass es sich bei dem Fondsbeitritt und dem zu seiner Finanzierung geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag um verbundene Verträge im Sinne von § 358 BGB handelt. Weiter ist das Berufungsgericht stillschweigend davon ausgegangen, dass dem Beklagten jedenfalls ursprünglich ein Recht zum Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrages nach §§ 495, 355 BGB zugestanden hat, das nicht durch ein vorrangiges Widerrufsrecht gemäß § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen war. Auch hiergegen wendet sich die Revision nicht.
14
2. Die Revision beanstandet allein die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, der Beklagte habe sein Widerrufsrecht mit dem Widerruf am 9. August 2007 noch wirksam ausüben können. Die Annahme des Berufungsgerichts, das dem Beklagten zustehende Widerrufsrecht habe im Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB bestanden, da die von der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1, § 358 Abs. 5 BGB nicht entspreche, lässt Rechtsfehler indes nicht erkennen.
15
a) Die Klägerin hat für die Belehrung kein Formular verwendet, das dem Muster gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV entspricht. Der Wortlaut der von der Klägerin erteilten Belehrung stimmt weder mit der ursprünglichen Fassung der BGB-InfoV gemäß Verordnung vom 5. August 2002 (BGBl. I, S. 3002) überein noch - was die Revision verkennt - mit der geänderten Fassung gemäß Verordnung vom 4. März 2008 (BGBl. I, S. 292). Das Berufungsgericht geht daher zu Recht davon aus, dass die Klägerin schon aus diesem Grund aus der BGB-InfoV keine ihr günstigen Rechtsfolgen ableiten kann (BGHZ 172, 58, Tz. 12; BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 13, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
16
b) Eine den gesetzlichen Vorgaben (§ 355, § 358 Abs. 5, § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB) entsprechende Widerrufsbelehrung hat sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht erteilt.
17
Dabei kann offen bleiben, von wem (Darlehensgeber, Unternehmer ) und in welchem Umfang im Einzelnen der Verbraucher über die Rechtsfolgen des § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB zu informieren ist und ob die Klägerin im konkreten Fall zu einer solchen Belehrung verpflichtet war. Da sie eine entsprechende Belehrung erteilt hat, musste diese jedenfalls ordnungsgemäß sein, um dem Schutzzweck der §§ 355, 358 BGB Rechnung zu tragen. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 14 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14, jeweils m.w.N.). Dies kommt im nunmehr einheitlich geregelten Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen darin zum Ausdruck, dass § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Gestaltung der Belehrung verlangt, die dem Verbraucher seine Rechte deutlich macht (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991).
18
aa) Dem wird die von der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung nicht gerecht. Nach der gesetzlichen Regelung des § 358 BGB ist der Verbraucher bei der Verbindung des Verbraucherdarlehensvertrages mit einem anderen Vertrag durch den wirksamen Widerruf des einen verbundenen Vertrags auch nicht an den anderen Vertrag gebunden; hierbei kommt einem hinsichtlich des finanzierten Geschäfts bestehenden Widerrufsrecht zwar Vorrang zu; durch dessen wirksame Ausübung wird aber auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag beseitigt (§ 358 Abs. 2 Satz 2, § 358 Abs. 1 BGB). Die einem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung, die ihm seine Rechte verdeutlichen soll, darf daher jedenfalls kein Missverständnis dahin wecken, der Verbraucher bleibe bei einem wirksamem Widerruf des finanzierten Geschäfts entgegen § 358 Abs. 1, § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB an den Darlehensvertrag gebunden.
19
bb) Dieses Fehlverständnis legt jedoch die von der Klägerin verwendete Widerrufsbelehrung nahe. Sie belehrt den Verbraucher - wie das Berufungsgericht und auch das Oberlandesgericht Hamm, das über eine wortgleiche Belehrung zu entscheiden hatte (OLG Hamm, Urteil vom 25. August 2008 - 31 U 59/08, zitiert nach Juris, Tz. 3, 29 ff.), zutreffend ausgeführt haben - nicht unmissverständlich darüber, dass durch einen wirksamen Widerruf des finanzierten Vertrags auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag entfällt. Vielmehr entsteht dort in der konkreten Ausgestaltung der Belehrung und aus dem Zusammenspiel der einzelnen Sätze aus Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf den abzustellen ist (BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 16 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 16, jeweils m.w.N.), der unzutreffende Eindruck, er könne sich in bestimmten Fällen ausschließlich von den Bindungen des finanzierten Geschäfts, nicht aber von den Bindungen des Darlehensvertrags lösen, da sein Widerrufsrecht in Bezug auf den Darlehensvertrag wegen des nach der gesetzlichen Rege- lung vorrangigen Widerrufs in Bezug auf das finanzierte Geschäft ausgeschlossen sei.
20
(1) In Satz 1 der Belehrung wird der Verbraucher zwar über sein grundsätzliches Widerrufsrecht - bezogen auf den Verbraucherdarlehensvertrag - belehrt und für diesen Fall durch Satz 2 der Widerrufsbelehrung darüber unterrichtet, dass ein solcher Widerruf auf das finanzierte Geschäft durchgreift. Durch die ebenfalls bereits in Satz 1 enthaltene Verweisung auf Satz 3 und zusätzlich durch Satz 3 selbst wird der Blick des Verbrauchers aber darauf gerichtet, dass ihm ein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrags nicht zusteht, wenn er den finanzierten Vertrag widerrufen kann, wobei - wie dem Verbraucher durch Satz 4 der Belehrung mitgeteilt wird - ein dennoch erfolgter Widerruf gegenüber der Bank als Widerruf des verbundenen Vertrages gilt. Die in Satz 3 enthaltene Belehrung über den Ausschluss des Widerrufsrechts entspricht zwar isoliert betrachtet - worauf die Revision zutreffend hinweist - dem Wortlaut der gesetzlichen Vorrangregelung des § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB. Sie ist jedoch unvollständig und darüber hinaus im Kontext - insbesondere auch angesichts der in Satz 4 enthaltenen Information über eine Umdeutung eines gleichwohl gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufs in einen Widerruf des verbundenen Vertrages - irreführend. Sie legt nämlich durch den sowohl in Satz 1 als auch in Satz 3 enthaltenen, und dadurch besonders hervorgehobenen, Hinweis darauf, dass in bestimmten Fällen das Widerrufsrecht des Verbrauchers gegen den Darlehensvertrag ausgeschlossen ist, verbunden mit dem Hinweis, dass ein gleichwohl gegen den Darlehensvertrag gerichteter Widerruf als gegen das finanzierte Geschäft gerichtet gelte, das Verständnis nahe, es gebe Fälle, in denen der Darlehensvertrag trotz einer gegen den finan- zierten Vertrag bestehenden Widerrufsmöglichkeit in jedem Fall wirksam bleibe.
21
(2) Entgegen der Auffassung der Revision ist nach dieser konkreten Ausgestaltung der Belehrung keinesfalls klar, dass für den Beklagten allein die Belehrung des Satzes 1 maßgeblich bleibt, nach welcher er seine Darlehensvertragserklärung widerrufen kann. Auch ist der Beklagte - anders als die Revision meint - mit der erteilten Widerrufsbelehrung keineswegs umfassend und zutreffend über die in § 358 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB getroffene Regelung unterrichtet worden. Vielmehr beschränkt sich die § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB betreffende Belehrung der Klägerin darauf, den Beklagten über den Vorrang des Widerrufs des verbundenen Geschäfts und den damit verbundenen Ausschluss des aus § 495 BGB folgenden Widerrufsrechts zu informieren. Die ebenfalls in § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB geregelte Verweisung auf § 358 Abs. 1 BGB und damit die Information, dass der Verbraucher bei einem wirksamen Widerruf des finanzierten Geschäfts auch an den mit diesem verbundenen Darlehensvertrag nicht mehr gebunden ist, wird in der Belehrung hingegen nicht erwähnt. Ohne einen Hinweis auf diese Erstreckungswirkung aber wird bei dem Verbraucher angesichts des weiteren Inhalts der Belehrung ein Fehlverständnis geweckt, weil insbesondere durch die zusätzliche Belehrung in Satz 4 über die Umdeutung der Widerrufserklärung nahegelegt wird, dass selbst der gegenüber dem Darlehensgeber erklärte Widerruf des Darlehensvertrages unter Umständen ausschließlich zur Unwirksamkeit des finanzierten Vertrags führen, nicht aber die Bindung an den Darlehensvertrag beseitigen könnte.
22
Diese Gestaltung der Widerrufsbelehrung ist damit zumindest missverständlich und demgemäss - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - geeignet, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts insgesamt abzuhalten. Gerade Darlehensnehmer, denen es - wie dem Beklagten - um den Widerruf des Darlehensvertrags geht, können sich auf der Grundlage einer solchen Belehrung kein klares Bild darüber verschaffen, ob sie von einem Widerrufsrecht Gebrauch machen möchten, da sie nach dem Verständnis, das die Belehrung nahe legt, nur sicher sein können, mit einem wirksamen Widerruf das finanzierte Geschäft zu Fall zu bringen, der Widerruf jedoch hinsichtlich des Vertrags, um dessen Beseitigung es ihnen eigentlich geht, aus ihrer Sicht mit der Gefahr behaftet ist, ins Leere zu gehen.
23
(3) Entgegen der Auffassung der Revision ist die von der Klägerin erteilte Belehrung auch nicht etwa deswegen wirksam, weil - wie die Revision meint - § 358 Abs. 5 BGB eine "Pflichtenteilung" der Unternehmer in dem Sinne vorsehe, dass allein der Vertragspartner des Verbundgeschäfts über die Erstreckungswirkung des § 358 Abs. 1 BGB und der Darlehensgeber - wie geschehen über den Ausschluss des § 495 BGB zu belehren habe. Eine solche Pflichtenteilung ist mit dem Schutzzweck der gemäß § 355 Abs. 2, § 358 Abs. 5 BGB qualifizierten Widerrufsbelehrung nicht zu vereinbaren; die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung belegt vielmehr, dass die von der Revision befürwortete "Pflichtenteilung" für den Verbraucher unübersichtliche und missverständliche Belehrungen zur Folge hätte, die durch die Regelungen der §§ 355, 358 BGB vermieden werden sollen.
24
Dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB entsprechend muss die Belehrung nicht nur inhaltlich richtig und vollständig sein, sondern dem Verbraucher die Rechtslage auch unübersehbar zur Kenntnis bringen. Diesen Anforderungen ist bereits dann nicht Genüge getan, wenn sich innerhalb einer einheitlichen Vertragsurkunde die Belehrung aus dem übrigen Vertragstext drucktechnisch nicht deutlich heraushebt (MünchKommBGB/Masuch, 5. Aufl., § 355 Rn. 49; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 355 Rn. 16; so schon die gefestigte Rechtsprechung zu § 1 b AbzG, § 2 HWiG aF, § 7 VerbrKrG aF: BGHZ 126, 56, 60; BGH, Urteile vom 25. April 1996 - X ZR 139/94, WM 1996, 1149, 1150 und vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2493). Erst recht unvereinbar mit dem Deutlichkeitsgebot ist es danach, wenn eine Belehrung, die erst in der Gesamtschau eine unmissverständliche und lückenlose Information ergibt, auf die Urkunden zweier Verträge aufgespalten wird (vgl. MünchKommBGB/Habersack, BGB, 5. Aufl., § 358 Rn. 70; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 358 Rn. 59; aA Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 6. Aufl., § 495 Rn. 274). Dies wird besonders deutlich, wenn - wie hier - der Abschluss des Darlehensvertrages dem des finanzierten Geschäfts in einem zeitlichen Abstand von mehreren Wochen nachfolgt. Selbst wenn der Darlehensnehmer - anders als hier der Beklagte - bei Abschluss des finanzierten Geschäfts auf die Rechtsfolge des § 358 Abs. 1 BGB hingewiesen wird, so ist diese Belehrung von vornherein mit dem mit zunehmendem zeitlichen Abstand immer größer werdenden Risiko behaftet, dass sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages bereits in Vergessenheit geraten ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1992).
25
c) Anders als die Revision meint, kommt es für den Lauf der Widerrufsfrist auch nicht auf die Kausalität der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung im Einzelfall an. Insbesondere ist es entgegen der Auffassung der Revision in Fällen, in denen das finanzierte Geschäft nicht widerrufbar ist, keineswegs unerheblich, wenn das Finanzierungsinstitut missverständlich über die Rechtsfolgen eines gegenüber dem Unternehmer im konkreten Fall nicht bestehenden Widerrufsrechts informiert hat. Entscheidend ist vielmehr, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung - wie hier - objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten. Nach § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB erlischt dieses Widerrufsrecht nur, wenn der Unternehmer dem Verbraucher eine Belehrung übermittelt hat, die allen Anforderungen des Gesetzes entspricht (Palandt/Grüneberg, aaO, § 355 Rn. 12, 22). Nur dann wird der Verbraucher - dem Schutzzweck des Widerrufsrechts entsprechend (BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 14 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14, jeweils m.w.N.) - in die Lage versetzt, zu entscheiden, ob er sein Widerrufsrecht ausüben will. Eine Belehrung, die wie die von der Klägerin verwendete, diesen Anforderungen - gerade auch bezogen auf den Darlehensvertrag - objektiv nicht entspricht, ist daher nicht geeignet, zum Wegfall des diesbezüglichen Widerrufsrechts zu führen (§ 355 Abs. 2 Satz 1, § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB). Dies hat zur Folge, dass der Beklagte, dem nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ein Widerrufsrecht nach § 495 BGB zu- stand, von diesem auch weiter Gebrauch machen und seine Darlehensvertragserklärung wirksam widerrufen konnte.
Wiechers Joeres Mayen Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 06.12.2007 - 22 O 16325/07 -
OLG München, Entscheidung vom 28.04.2008 - 17 U 1546/08 -

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 14. August 2014 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 7.875,89 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22. Februar 2014 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger 56%, die Beklagte trägt 44%.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

_____________________________

Streitwert des Berufungsverfahrens: 20.340,98 Euro bis 31.5.2017, danach 1.763,86 Euro.

Gründe

 
I.
Nachdem die Kläger den Widerruf zweier grundpfandrechtlich gesicherter Verbraucherdarlehensverträge erklärt haben, streiten die Parteien um Wirksamkeit und Rechtsfolgen des Widerrufs.
Bezüglich der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil und auf das Urteil des Senats vom 24. November 2015 (Bl. 190 ff. d. A.) Bezug genommen.
Mit Urteil vom 25. April 2017 hat der Bundesgerichtshof auf die Revision der Kläger das Urteil des Senats vom 24. November 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Senat auf die Berufung der Beklagten die Klage auf Zahlung weiterer 1.763,86 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2014 im Zusammenhang mit einem der beiden Darlehen abgewiesen hatte. Die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Bezüglich der Begründung wird auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. April 2017 Bezug genommen.
Nach Rückkunft der Akten hat der Senat mit Zustimmung der Parteien am 30. Juni 2017 gemäß § 128 Abs. 2 ZPO beschlossen, dass im schriftlichen Verfahren entschieden werden soll. Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden konnten, wurde der 20. Juli 2017 bestimmt.
Die Parteien haben sich nicht mehr zur Sache eingelassen.
II.
1.
Mit der Zurückweisung der Revision der Beklagten und mit der teilweisen Zurückweisung der Revision der Kläger ist das Urteil des Senats vom 24. November 2015 insoweit rechtskräftig, als die Beklagte zur Zahlung von 6.112,03 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 22. Februar 2014 verurteilt wurde. In diesem Umfang wirkt das vorliegende Urteil lediglich deklaratorisch.
2.
Allein zu entscheiden ist nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vorliegend über einen weiteren Betrag in Höhe von 1.763,86 Euro, den die Kläger als von der Beklagten aus ihren, der Kläger, Tilgungsleistungen auf das fragliche KSK-Darlehen gezogene Nutzungen nebst Zinsen beanspruchen.
Dieser Anspruch besteht in voller Höhe.
a)
Gemäß § 563 Abs. 2 ZPO ist zugrunde zulegen, dass der Anspruch dem Grunde nach besteht und ggf. mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2014 zu verzinsen ist (vgl. Urteil des BGH vom 25. April 2017, Rn. 27, 44).
b)
10 
Der Höhe nach besteht der Anspruch der Kläger im Umfang von 2,5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf die von ihnen für das fragliche KSK-Darlehen geleisteten Tilgungsanteile. Die entsprechende Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt (vgl. dazu das Senatsurteil vom 24. November 2015, dort S. 17 unter cc)).
11 
Davon ausgehend ist der Anspruch dem Betrag nach unstreitig. Dieser ergibt sich aus der von den Klägern mit Schriftsatz vom 16.11.2015 (Bl. 184 d. A.) vorgelegten und von der Beklagten rechnerisch nicht bestrittenen Berechnung.
III.
12 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem am 05.06.2014 verkündeten Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 14 O 534/13 – wird zurückgewiesen.


1 2 3

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

23
Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, den Widerruf von jedem Begründungserfordernis freizuhalten, folgt zugleich, dass ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden kann, der vom Gesetzgeber mit der Einräumung des Widerrufsrechts intendierte Schutzzweck sei für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht leitend gewesen. Überlässt das Gesetz - wie das Fehlen einer Begründungspflicht zeigt - dem freien Willen des Verbrauchers, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft, kann aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f., vom 12. Juni 1991 - VIII ZR 256/90, BGHZ 114, 393, 399 f. und vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15, WM 2016, 1103 Rn. 19 f.; Duchstein, NJW 2015, 1409; Engelhardt, Europäisches Verbrauchervertragsrecht im BGB, Diss. 2001, S. 164 f.; Gansel/Huth/ Knorr, BKR 2014, 353, 356; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749, 756; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2148; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141; a.A. Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 149 f., 153; Henning, CRP 2015, 80, 84; Hölldampf, WM 2014, 1659, 1660, 1662 ff.; Hölldampf/ Suchowerskyj, WM 2015, 999 mit Fn. 7; Kropf, WM 2013, 2250, 2254; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 614 f.; Wahlers, WM 2015, 1043, 1049; wohl auch Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 135). Gerade weil das Ziel, "sich von langfristigen Verträgen mit aus gegenwärtiger Sicht hohen Zinsen zu lösen", der Ausübung des Widerrufsrechts für sich nicht entgegensteht, sah sich der Gesetzgeber zur Schaffung des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB veranlasst (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 146).
39
(1) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat er sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und be- sondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, NJW 2014, 1230 Rn. 13 m.w.N.). Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen , weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, VersR 2014, 225 Rn. 30).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 190/06 Verkündet am:
16. März 2007
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Herausgabeanspruch des eingetragenen Eigentümers eines Grundstücks kann
nur dann verwirkt sein, wenn die Herausgabe für den Besitzer schlechthin unerträglich
ist.
BGH, Urt. v. 16. März 2007 - V ZR 190/06 - LG Halle
AG Sangerhausen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 28. Juli 2006 aufgehoben.
Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Sangerhausen vom 17. August 2005 wird zurückgewiesen , soweit über die Klage entschieden worden ist.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Nachbarn. Den Beklagten gehört das Grundstück Flur 4, Flurstück 330/79, K. str. 13, in R. . Sie besitzen das mit Notarvertrag vom 13. Juli 1978 von ihnen gekaufte Grundstück seit dem 11. März 1978 und wurden am 21. August 1978 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
2
Das Grundstück grenzt an seiner nördlichen Seite an das Flurstück 330/78. Das 58 qm große Flurstück 330/78 ist auf Blatt 1780 des Grundbuchs unter Nr. 2 gebucht. Das seinerzeit unter Treuhandverwaltung stehende, im Grundbuch als K. str. 6 bezeichnete Flurstück war mit einer Scheune bebaut (im Folgenden: Scheunengrundstück). Seit der Übergabe ihres Grundstücks nutzen es die Beklagten als Zugang zu dem Hof auf ihrem Grundstück. 1980 bauten sie die Scheune zu einer Garage um.
3
1985 wurden das Scheunengrundstück und das als Nr. 1 auf demselben Grundbuchblatt gebuchte, ebenfalls als K. str. 6 bezeichnete Grundstück enteignet. Den Klägern wurde ein Nutzungsrecht zum Bau eines Einfamilienhauses auf den Grundstücken verliehen. Mit Vertrag vom 30. September 1990 kauften sie die Grundstücke von der Gemeinde R. . Sie wurden am 28. Juli 1992 in das Grundbuch eingetragen.
4
Im Mai 2002 machten sie gegenüber den Beklagten ihr Eigentum an dem Scheunengrundstück geltend. Mit der am 26. März 2003 erhobenen Klage verlangen sie dessen Räumung und Herausgabe. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben, die Verwirkung der geltend gemachten Ansprüche eingewandt und im Wege der Hilfswiderklage die Bestellung eines Wege- und Überfahrtsrechts an dem Scheunengrundstück gemäß § 116 SachenRBerG verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


5
Das Landgericht meint, der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks unterliege als Anspruch aus dem im Grundbuch eingetragenen Eigentum der Kläger zwar nicht der Verjährung, er sei jedoch verwirkt. Zumindest ab 1960 sei die Scheune als Bestandteil des später von den Beklagten erworbenen Grundstücks genutzt worden, ohne dass dies beanstandet worden sei. Die Beklagten hätten, ohne dass ihnen ein Vorwurf zu machen sei, gemeint, die Scheune sei Bestandteil ihres Grundstücks. So sei es ihnen verkauft worden. Der Wert der Scheune sei in das zur Ermittlung des Kaufpreises für das Grundstück erstellte Gutachten einbezogen worden. Im Vertrauen auf den Erwerb der Scheune hätten die Beklagten die Geltendmachung von Ansprüchen wegen des ausgebliebenen Erwerbs der Scheune unterlassen , diese zu einer Garage umgebaut und sich bei der Gemeinde R. nicht um einen Erwerb des Scheunengrundstücks bemüht. Auch die Kläger hätten ihr Eigentum nicht sogleich nach dem Erwerb des Scheunengrundstücks gegenüber den Beklagten geltend gemacht, sondern bis zur Erhebung der Klage noch bis zu der 2002 vorgenommen Vermessung der Grundstücke der Parteien zugewartet, durch die alle Beteiligten Klarheit über die Eigentumsverhältnisse gewonnen hätten.

II.


6
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
1. Der Anspruch des eingetragenen Eigentümers auf Herausgabe des Grundstücks unterliegt gemäß § 902 Abs. 1 BGB nicht der Verjährung. Ebenso verhielt es sich gemäß § 479 Abs. 1 ZGB während der Dauer der Geltung des Zivilgesetzbuchs in der DDR mit dem § 985 BGB entsprechenden Anspruch aus § 33 Abs. 2 ZGB. Der von den Klägern geltend gemachte Herausgabeanspruch ist daher nicht verjährt. Ebenso wenig ist er verwirkt.
8
a) Die Verwirkung eines Anspruchs ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung. Sie schließt die illoyal verspätete Geltendmachung eines Rechts aus. Dabei kommt es nicht auf den Willen des Berechtigten an. Verwirkung kann auch gegen den Willen des Berechtigten eintreten, da die an Treu und Glauben ausgerichtete objektive Beurteilung, nicht aber der Willensentschluss des Berechtigten entscheidend ist. Verwirkung kann daher selbst dann eintreten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat (BGHZ 25, 47, 53). Notwendig für die Verwirkung ist jedoch immer, dass sich der Verpflichtete mit Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dass dieser das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen werde, dass es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass der Berechtigte später doch mit dem ihm zustehenden Recht hervortritt (RGZ 158, 100, 107 f.) und dass unter diesem Gesichtspunkt die Leistung für den Verpflichteten unzumutbar ist (BGHZ 25, 47, 52).
9
b) Entscheidend sind dabei die Umstände des Einzelfalls (Soergel/Teichmann , BGB, 12. Aufl., § 242 Rdn. 316), wobei der Art und der Bedeutung des Rechts, um dessen Verwirkung es geht, besondere Bedeutung zukommt (Erman /Hohloch, BGB, 11. Aufl. § 242 Rdn. 124). Soweit dem Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe der Einwand der Verwirkung entgegen gehalten wird, ist bei der gebotenen Würdigung zu berücksichtigen, dass dieser Anspruch Kernbestandteil des Eigentums ist und seine Verwirkung deshalb nur in Ausnahmefällen angenommen werden kann (MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl., Bd. 2a, § 242 Rdn. 300). Die Verneinung des Herausgabeanspruchs bedeutet wirtschaftlich die Enteignung des Eigentümers. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem nichtberechtigten Besitzer ist durch §§ 987 ff. BGB in einer Weise geregelt, die die Interessen und den Schutz von Eigentümer und Besitzer gegeneinander abwägt und grundsätzlich keiner Korrektur durch die Verneinung des Anspruchs aus § 985 BGB bedarf. Dem Irrtum des Eigentümers über den Umfang seines Eigentums kann grundsätzlich auch keine andere Bedeutung zukommen als dem entsprechenden Irrtum des Besitzers. Der Irrtum des Eigentümers ist ebenso wenig rechtsvernichtend, wie der Irrtum des Besitzers rechtsbegründend wirkt.
10
Soweit es um die Verwirkung des Herausgabeanspruchs aus dem in das Grundbuch eingetragenen Eigentum geht, ist darüber hinaus zu berücksichtigen , dass die Ansprüche aus dem eingetragenen Eigentum nach der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers in § 902 Abs. 1 BGB als unverjährbar ausgestaltet sind und die Verwirkung des Herausgabeanspruchs das Eigentum als "Rechtskrüppel" (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 902 Rdn. 1) zurücklässt , das gegen die Eintragung im Grundbuch noch nicht einmal im Wege der Ersitzung nach § 900 Abs. 1 BGB erstarken kann. Für die Verneinung des Herausgabeanspruchs des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung folgt daraus, dass eine Verwirkung nur ange- nommen werden kann, wenn sich die Verpflichtung zur Herausgabe für den Besitzer als schlechthin unerträglich darstellt.
11
c) So verhält es sich hier nicht. Zu dieser Festsstellung ist der Senat in der Lage, weil weiterer Vortrag der Beklagten nicht in Betracht kommt.
12
Die Herausgabe des Grundstücks beeinträchtigt die Beklagten nicht in unerträglicher Weise. Ob die Scheune, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, seit 1960 als Bestandteil des Grundstücks der Beklagten genutzt worden ist, oder ob, wie die Beklagten behaupten, eine solche Nutzung schon seit 1937 stattgefunden hat, ist im Rahmen der Würdigung der Situation der Beklagten ohne Bedeutung. Der Wert der Scheune ist mit 450 M/DDR und damit mit einem objektiv geringen Betrag in den Kaufpreis für ihr Grundstück eingeflossen. Auf die Nutzung des Gebäudes als Scheune haben die Beklagten keinen nachhaltigen Wert gelegt, sondern die Scheune schon bald nach deren vermeintlichem Erwerb zu einer Garage umgebaut und diese mehr als zwanzig Jahre genutzt. Ob die Kosten für den Umbau nach dem Recht der früheren DDR von den Klägern zu erstatten sind, kann dahin gestellt bleiben. Auch wenn die Beklagten den Irrtum über die Größe ihres Grundstücks früher erkannt und sich um einen Erwerb des Scheunengrundstücks bemüht hätten, hätten sie dieses nicht unentgeltlich erwerben können. Eine Veräußerung des Grundstücks an die Beklagten durch den Rat der Gemeinde R. als Treuhänder der Eigentümer durfte nur durch einen Verkauf zum Verkehrswert erfolgen. Nachdem das Grundstück in Volkseigentum überführt und den Klägern ein Nutzungsrecht an ihm verliehen worden war, kam sein Verkauf an die Beklagten nicht mehr in Betracht. Die zwischen der Aufklärung des Irrtums der Parteien und der gerichtlichen Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch die Kläger verstrichene Zeit ist so kurz, dass ihr keine Bedeutung zukommt.
13
d) Sofern die Beklagten zur Bewirtschaftung ihres Grundstücks auf einen Zugang über das Scheunengrundstück angewiesen sind, können sie von den Klägern gemäß § 116 Abs. 1 SachenRBerG die Bewilligung einer entsprechenden Dienstbarkeit verlangen. Dieser Anspruch ist Gegenstand der hilfsweise erhobenen Widerklage.
14
2. Der geltend gemachte Anspruch auf Räumung der Garage folgt aus § 1004 Abs. 1 BGB. Für diesen Anspruch gilt § 902 Abs. 1 BGB nicht (Senat, BGHZ 60, 235, 238).
15
Gegenstand des Räumungsanspruchs ist der Anspruch auf Entfernung der beweglichen Sachen, die von den Beklagten oder auf ihre Veranlassung in die Garage verbracht worden sind. Soweit dies nach dem Wiederinkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der früheren DDR geschehen ist, ist der Anspruch der Kläger schon deshalb nicht verjährt, weil der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB der regelmäßigen Verjährung unterliegt (BGHZ 98, 235, 241; 125, 56, 63), die bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geltende 30jährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 nicht abgelaufen war und die seither geltende kürzere Frist bei Zustellung der Klage nicht verstrichen war, Art 229 Abs. 1 EGBGB.
16
Ob § 479 Abs. 1 ZGB auf den Anspruch aus § 33 Abs. 1 ZGB Anwendung findet, bedarf keiner Entscheidung. Dass einzelne Gegenstände, die heute noch in der Garage sind, schon vor dem 3. Oktober 1990 dorthin gebracht worden sind, tragen die Kläger nicht vor.
17
Für eine Verwirkung des Räumungsanspruchs ist nichts ersichtlich.

III.


18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung ist der Senat gehindert, weil das Berufungsgericht über die Widerklage - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht entschieden hat. Dies ist nachzuholen, (vgl. BGH, Urt. v. 6. März 1996, VIII ZR 12/94, NJW 1996, 2165, 2167).
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Sangerhausen, Entscheidung vom 17.08.2005 - 1 C 157/03 (II) -
LG Halle, Entscheidung vom 28.07.2006 - 1 S 153/05 -
16
cc) D. VN hat das Recht zum Wiederspruch hier auch nicht verwirkt. Es fehlt jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann der Versicherer schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat, indem er d. VN keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte.
39
(1) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat er sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und be- sondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, NJW 2014, 1230 Rn. 13 m.w.N.). Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen , weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, VersR 2014, 225 Rn. 30).
23
Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, den Widerruf von jedem Begründungserfordernis freizuhalten, folgt zugleich, dass ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden kann, der vom Gesetzgeber mit der Einräumung des Widerrufsrechts intendierte Schutzzweck sei für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht leitend gewesen. Überlässt das Gesetz - wie das Fehlen einer Begründungspflicht zeigt - dem freien Willen des Verbrauchers, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft, kann aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f., vom 12. Juni 1991 - VIII ZR 256/90, BGHZ 114, 393, 399 f. und vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15, WM 2016, 1103 Rn. 19 f.; Duchstein, NJW 2015, 1409; Engelhardt, Europäisches Verbrauchervertragsrecht im BGB, Diss. 2001, S. 164 f.; Gansel/Huth/ Knorr, BKR 2014, 353, 356; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749, 756; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2148; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141; a.A. Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 149 f., 153; Henning, CRP 2015, 80, 84; Hölldampf, WM 2014, 1659, 1660, 1662 ff.; Hölldampf/ Suchowerskyj, WM 2015, 999 mit Fn. 7; Kropf, WM 2013, 2250, 2254; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 614 f.; Wahlers, WM 2015, 1043, 1049; wohl auch Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 135). Gerade weil das Ziel, "sich von langfristigen Verträgen mit aus gegenwärtiger Sicht hohen Zinsen zu lösen", der Ausübung des Widerrufsrechts für sich nicht entgegensteht, sah sich der Gesetzgeber zur Schaffung des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB veranlasst (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 146).

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.