Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2016 - 7 U 35/16

bei uns veröffentlicht am16.06.2016

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 10.02.2016 (Az. 18 O 412/15)

aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Höhe der Rückkaufswert der von der … unter der Nr. … bei der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherung zum 30.05.2012 hatte.

Hinsichtlich der weiteren Stufen wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Stuttgart

zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 1.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 1.000 Euro leistet.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Berufungsstreitwert: bis 19.000,00 EUR.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um im Wege der Stufenklage geltend gemachte Auskunfts- und Zahlungsansprüche bzgl. einer zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung des Zeugen … abgeschlossenen Direktversicherung.
Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 16.03.2012 (Anlage K 1, GA I hinter 10 = hinter 23) zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der … bestellt. Die Insolvenzschuldnerin schloss bei der Beklagten auf der Grundlage eines Antrags vom 11.07.2001 (Anlage K 2, GA I hinter 10 = hinter 23) zugunsten des Zeugen … als versicherte Person eine Direktversicherung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge mit der Versicherungsschein-Nr. … ab, welche mit Versicherungsschein vom 20.07.2001 (Anlage K 3, GA I hinter 10 = hinter 23) policiert wurde. Der Zeuge war zu dieser Zeit Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin. Als Versicherungsbeginn wurde der 01.06.2001 vereinbart. Auf S. 2 des Versicherungsscheins findet sich unter der Überschrift „Vereinbarungen zum Bezugsrecht“ folgende Regelung:
„Die Leistungen im Todes- und Erlebensfall erhält:
Die versicherte Person, ab Unverfallbarkeit unwiderruflich.
Im Todesfall ist die Versicherungsleistung zu zahlen an:
Frau …“.
Mit Schreiben vom 29.05.2012 (Anlage K 4, GA I hinter 10 = hinter 23) kündigte der Kläger den Versicherungsvertrag und forderte die Beklagte zur Auszahlung des Rückkaufswertes zur Masse bis 30.06.2012 auf. Mit Schreiben vom 20.06.2012 (Anlage K 5, GA I hinter 10 = hinter 23) lehnte die Beklagte dies ab.
Der Kläger hat in 1. Instanz geltend gemacht, der Zeuge … sei durch Erwerb von Geschäftsanteilen seit dem 13.04.2004 Mehrheitsgesellschafter und seit dem 07.04.2005 Geschäftsführer der … gewesen. Eine Unverfallbarkeit habe aufgrund des dadurch vorliegenden Statuswechsels ab diesem Zeitpunkt nicht mehr eintreten können.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
10 
1. dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Höhe der Rückkaufswert der von der … unter der Nr … bei der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherung zum Zeitpunkt des 30.05.2012 hatte,
11 
2. erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern,
12 
3. an den Kläger den sich aus der Auskunft ergebenden Rückkaufswert nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.07.2012 zu zahlen.
13 
Die Beklagte, die in 1. Instanz Klageabweisung beantragt hat, hat eingewandt, die Insolvenzschuldnerin habe bei Antragstellung den Willen gehabt, dass dem Zeugen … die Versicherungsleistung unwiderruflich zustehen solle, wenn dieser über 5 Jahre hinweg, gleich in welcher Funktion, im Unternehmen verbleibe. Es sei Unverfallbarkeit eingetreten.
14 
Im Übrigen wird zur Sachdarstellung auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
15 
Die Beklagte hat dem Zeugen … mit Schriftsatz vom 16.12.2015 (GA I 30 ff.) den Streit verkündet. Der Schriftsatz wurde dem Zeugen am 23.12.2015 zugestellt (GA I 38). Ein Beitritt ist nicht erfolgt.
16 
Das Landgericht hat mit Urteil vom 10.02.2016 (GA I 49 ff.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund eines unwiderruflich gewordenen Bezugsrechts zugunsten des Herrn … stehe dem Kläger kein Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswerts zu, was zugleich einen diesbezüglichen Auskunftsanspruch ausschließe. Das Bezugsrecht sei bereits zum 01.06.2006 unwiderruflich geworden, was eine Auslegung der Bezugsrechtsvereinbarung ergebe.
17 
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
18 
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter. Er nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und wendet mit der Berufung insbesondere ein, es liege kein unwiderrufliches Bezugsrecht vor. Die Voraussetzungen einer Unverfallbarkeit seien aufgrund des zwischenzeitlich eingetretenen Statuswechsels des Zeugen … vom Arbeitnehmer hin zum Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der späteren Insolvenzschuldnerin nicht erfüllt. Die Bezugsrechtsvereinbarung könne nicht wie vom Landgericht vorgenommen ausgelegt werden.
19 
Der Berufungskläger beantragt:
20 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 10.02.2016 im Verfahren zum Az.: 18 O 412/15 wird abgeändert.
21 
2. Die Beklagte wird verurteilt,
22 
a) dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Höhe der Rückkaufswert der von der … unter der Nr. … bei der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherung zum Zeitpunkt des 30.05.2012 hatte,
23 
b) erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern,
24 
c) an den Kläger den sich aus der Auskunft ergebenden Rückkaufswert nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.07.2012 zu zahlen.
25 
Bzgl. der Anträge 2 b und c beantragt der Berufungskläger, den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.
26 
Die Beklagte beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Auslegung des Landgerichts sei unter Berücksichtigung der übereinstimmenden Interessenlage der Vertragsparteien zutreffend. Die Unwiderruflichkeit habe trotz des behaupteten Statuswechsels eintreten können. Das Arbeitsverhältnis der Zeugen … sei nicht bzw. lediglich insolvenzbedingt beendet worden.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in 2. Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
30 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen … in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2016. Wegen des Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16.06.2016 Bezug genommen.
II.
31 
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
32 
Dem Kläger steht ein Anspruch auf die begehrte Auskunft hinsichtlich des Rückkaufswertes der streitgegenständlichen Lebensversicherung aus dem zwischen der … und der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrag (Anl. K 3, GA I hinter 10 = hinter 23) zu.
1.
33 
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Versicherungsnehmerin, der … durch Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 16.03.2012 (Anl. K 1, GA I hinter 23) ging gemäß § 80 Abs. 1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auch hinsichtlich der Versicherungsnehmerstellung der Insolvenzschuldnerin auf den Kläger als Insolvenzverwalter über. Dieser konnte daher die der Versicherungsnehmerin zustehenden Rechte aus diesem Vertrag ausüben, insbesondere den Vertrag kündigen, wie er dies mit Schreiben vom 29.05.2012 (Anl. K 4, GA I hinter 23) getan hat.
34 
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verlieren die Ansprüche der Parteien eines Versicherungsvertrages, insbesondere eines Lebensversicherungsvertrages, lediglich ihre Durchsetzbarkeit, bleiben aber als solche erhalten. Die Verfahrenseröffnung bewirkt keine materiell-rechtliche Umgestaltung des Versicherungsvertrages (vgl. BGH ZIP 2012, 34). Darum muss der Verwalter den Vertrag beenden, um den Rückkaufswert zur Masse zu ziehen (vgl. BAGE 134, 372). Daraus folgt, dass der Insolvenzverwalter nur dann gegen den Lebensversicherer einen Anspruch auf Zahlung des Rückkaufswerts hat, wenn er den Versicherungsvertrag kündigt. In der Kündigung ist zugleich der Widerruf der Bezugsberechtigung des Dritten zu erkennen (vgl. BGH VersR 2014, 1444).
2.
35 
Der Widerruf war wirksam, da das Bezugsrecht der versicherten Person … im Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch nicht gemäß § 1 b Abs. 2 S. 1 BetrAVG unwiderruflich geworden war.
a.
36 
Nachdem der zum 01.06.2001 beginnende Versicherungsvertrag zu Gunsten des damaligen Arbeitnehmers der Insolvenzschuldnerin, dem Zeugen … als versicherter Person zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen wurde, finden hierauf die §§ 30 f Abs. 2, 1 b Abs. 1 S. 1 BetrAVG Anwendung, wonach einem Arbeitnehmer, dem Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden sind, die Anwartschaft erhalten bleibt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 30. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt 5 Jahre bestanden hat (unverfallbare Anwartschaft).
37 
Da hier für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistungen des Versicherers bezugsberechtigt waren (Direktversicherung), ist der Arbeitgeber gemäß § 1 b Abs. 2 S. 1 BetrAVG verpflichtet, wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der in § 1 b Abs. 1 S. 1 und 2 BetrAVG genannten Voraussetzungen das Bezugsrecht nicht mehr zu widerrufen.
38 
Als Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage im Sinne des Abs. 1 gilt nach § 1 b Abs. 2 S. 4 BetrAVG der Versicherungsbeginn, frühestens jedoch der Beginn der Betriebszugehörigkeit. Hier ist der Versicherungsbeginn zum 01.06.2001 maßgeblich.
b.
39 
Die Voraussetzungen des Eintritts der Unverfallbarkeit gemäß §§ 30 f Abs. 2, 1 b Abs. 1 S. 1 BetrAVG sind hier indes nicht erfüllt.
aa.
40 
Der Zeuge … hat spätestens am 07.04.2005, als er zum Alleingeschäftsführer der späteren Insolvenzschuldnerin wurde, nachdem er bereits am 13.04.2004 durch Erwerb von Gesellschaftsanteilen an der Insolvenzschuldnerin zum Mehrheitsgesellschafter geworden und mit Vertrag vom 28.05.2003 zum Geschäftsführer bestellt worden war, seine Arbeitnehmereigenschaft verloren.
41 
Den - beklagtenseits mit Nichtwissen bestrittenen - Erwerb von Gesellschaftsanteilen an der … sowie die Bestellung zum Geschäftsführer der späteren Insolvenzschuldnerin jedenfalls ab dem 07.04.2005 hat der Zeuge … im Rahmen seiner Vernehmung vor dem Senat am 16.06.2016 glaubhaft bestätigt.
42 
Er hat insbesondere plausibel ausgeführt, er habe zunächst im Jahr 2003 die Hälfte der Gesellschaftsanteile in Höhe von Stammeinlagen von 45.000,00 EUR und im Jahr 2004 zusätzlich die Anteile des Herrn … in Höhe einer Stammeinlage von 22.500,00 EUR übernommen, wodurch er Mehrheitsgesellschafter geworden sei, da er hierdurch über 3/4 der Anteile an der Gesellschaft verfügt habe. Der Zeuge sei ferner mit schriftlichem Vertrag vom 28.05.2003 zum Geschäftsführer bestellt worden. Dieser Vertrag wurde vom Zeugen im Termin vom 16.06.2016 vorgelegt und vom Senat in Augenschein genommen.
43 
Danach ist der Senat vom Erwerb einer Stellung als Mehrheitsgesellschafter ab dem 13.04.2004 und der Geschäftsführereigenschaft des Zeugen jedenfalls ab dem 07.04.2005 überzeugt.
44 
Dass der Zeuge ab dem 15.10.2003 neben Herrn … Geschäftsführer und ab dem 07.04.2005 bis zur Insolvenzeröffnung Alleingeschäftsführer der Insolvenzschuldnerin war, ergibt sich ferner aus den eingeholten Handelsregisterauszügen des Amtsgerichts Leipzig vom 20.04.2016 und vom 21.04.2016 zu HRB … (GA II 93 ff.).
bb.
45 
Im Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags durch einen angestellten Mitarbeiter liegt im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Nach dem Willen der vertragschließenden Parteien soll regelmäßig neben dem Dienstverhältnis nicht noch ein Arbeitsverhältnis ruhend fortbestehen. Dem Arbeitnehmer muss im Regelfall klar sein, dass er, wenn nicht anderes vereinbart wird, mit dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags seinen Status als Arbeitnehmer aufgibt. Die vertraglichen Beziehungen werden auf eine neue Grundlage gestellt, die bisherige Grundlage verliert ihre Bedeutung. Eine andere Auslegung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, für die zumindest deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssen, welche hier nicht ersichtlich sind (vgl. BAG NJW 2009, 2078).
cc.
46 
Gemäß § 17 Abs. 1 BetrAVG sollen jedoch nur Arbeitnehmer oder ihnen nach dieser Vorschrift gleichgestellte Personen den Schutz des BetrAVG genießen. Im Hinblick auf den sozialen Schutzcharakter des Gesetzes werden Personen, die selbst Unternehmer sind, von der Vorschrift nicht erfasst. Auch ein Mehrheitsgesellschafter des Unternehmens fällt nicht in den Schutzbereich des BetrAVG, da dieser entscheidenden Einfluss auf die Ausgestaltung der Vertragsbedingungen ausüben kann (vgl. BGH VersR 2015, 1145; BGH VersR 1999, 650; BGH NJW 1980, 2254; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. 16. Aufl. 2016. § 17 Rn. 10 m.w.N.).
47 
Durch den Erwerb von Mehrheitsanteilen an der späteren Insolvenzschuldnerin und der Bestellung zum Geschäftsführer trat in der Person des Zeugen … spätestens am 07.04.2005 ein Statuswechsel dergestalt ein, dass er nunmehr als Unternehmer und nicht mehr als Arbeitnehmer gemäß § 17 Abs. 1 BetrAVG anzusehen war.
dd.
48 
Versorgungsanwartschaften können nur durch Zeiten als Arbeitnehmer und nicht durch solche als Unternehmer erworben werden. Ist eine Person zeitweilig als Unternehmer, im Übrigen aber als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person nach § 17 Abs. 1 BetrAVG für ein Unternehmen tätig, kann eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft gemäß § 1 b Abs. 1 BetrAVG nur entstehen, wenn die Unverfallbarkeitsfristen insgesamt in Tätigkeitsperioden erfüllt werden, in denen der Betroffene in den Anwendungsbereich des § 17 BetrAVG fällt. Findet ein Statuswechsel statt, so sind für die Berechnung Zeiten, in denen der Betroffene als Unternehmer tätig war, weder für die Dauer der Versorgungszusage noch als Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen (vgl. BGH ZIP 2014, 191).
49 
Da die versicherte Person hier spätestens ab dem 07.04.2005 durchgehend bis zur Insolvenzeröffnung und zum Widerruf des Bezugsrechts durch den Insolvenzverwalter als Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin tätig war, kommt für die Berechnung der Unverfallbarkeitsfrist der §§ 30 f Abs. 2, 1 b Abs. 1 S. 1 BetrAVG lediglich der Zeitraum ab Erteilung der Versorgungszusage vom 01.06.2001 (§ 1 b Abs. 2 S. 4 BetrAVG) bis zum Erwerb der Mehrheitsanteile an der Insolvenzschuldnerin vom 13.04.2004, längstens jedoch bis zum endgültigen Statuswechsel mit der Bestellung zum Geschäftsführer am 07.04.2005 in Betracht. Dieser Zeitraum ist kürzer als 5 Jahre. Zeiten nach dem 07.04.2005 sind nicht mehr zu berücksichtigen, da die versicherte Person ab diesem Zeitpunkt durchgängig als Unternehmer und nicht mehr als Arbeitnehmer tätig war.
ee.
50 
Auch eine Unverfallbarkeit gemäß § 30 f Abs. 2 Hs. 2 BetrAVG kommt nicht in Betracht. Denn die Versorgungszusage vom 01.06.2001 bestand ab dem 01.01.2009 nicht bereits seit 5 Jahren, da die Zeiten, in denen der Betroffene als Unternehmer tätig war (hier ab 07.04.2005 bis zur Kündigung), auch für die Dauer der Versorgungszusage nicht zu berücksichtigen sind (vgl. BGH ZIP 2014, 191).
c.
51 
Etwas anderes ergibt auch nicht die Auslegung der Bezugsrechtsvereinbarung im Versicherungsvertrag.
aa.
52 
Die Vereinbarung lautet:
53 
„Die Leistungen im Todes- und Erlebensfall erhält:
die versicherte Person, ab Unverfallbarkeit unwiderruflich.“.
bb.
54 
Dieser Vereinbarung lässt sich allenfalls eine Wiedergabe der gesetzlichen Regelung des § 1 b Abs. 1 und 2 BetrAVG entnehmen. Sie ist insoweit eindeutig und damit nicht auslegungsfähig.
55 
Für einen Parteiwillen, der auf die Vereinbarung von Einschränkungen abweichend vom Gesetz gerichtet gewesen sein könnte, bestehen nach dem Wortlaut keine Anhaltspunkte. Insbesondere sind der Vereinbarung keine Abweichungen vom Gesetz im Hinblick auf einen Statuswechsel der versicherten Person vom Arbeitnehmer hin zum Unternehmer zu entnehmen, zumal Derartiges im maßgeblichen Zeitpunkt der Bezugsrechtserklärung (vgl. BGH VersR 2015, 1148) nicht abzusehen war. Denn wie der Zeuge … vor dem Senat glaubhaft bestätigt hat, stand im Jahr 2001 noch nicht im Raum, dass der Zeuge zu einem späteren Zeitpunkt die GmbH übernehmen werde.
cc.
56 
Auch nach dem Sinn und Zweck der Bezugsrechtsvereinbarung kann dieser keine Einschränkung im Hinblick auf die Herausnahme des hier maßgeblichen Beendigungsgrundes des Arbeitnehmerverhältnisses (Statuswechsel) entnommen werden. Eine - einschränkende - Auslegung in diesem Sinne kommt nur hinsichtlich solcher Beendigungsgründe in Betracht, die in der Bezugsrechtsvereinbarung angesprochen wurden, sich der Einflussnahme des Arbeitnehmers entziehen und auch sonst nicht seiner Sphäre zuzuordnen sind, da es nur dann unbillig wäre, dem Arbeitnehmer seine bereits erworbenen Versicherungsansprüche zu nehmen (vgl. BGH VersR 2015, 1145).
57 
Hier kann mangels jeden konkreten Anhaltspunktes nicht festgestellt werden, dass die im Jahr 2001 getroffene Vereinbarung im Deckungsverhältnis über das Bezugsrecht auch die ab dem Jahr 2004 im Valutaverhältnis sich als erwünscht ergebende Vereinbarung eines Bezugsrechts in Abweichung von den gesetzlichen Regeln des § 17 BetrAVG enthielt. Es ist für die Beklagte im Jahr 2001 nicht ersichtlich geworden, dass die Insolvenzschuldnerin damals ein Bezugsrecht in Abweichung von der Zielsetzung der gesetzlichen Regelung auch bei einem Statuswechsel vereinbaren wollte. Im Antrag (Anl. K 2) ist hierzu ebenfalls nichts vermerkt.
58 
Die versicherte Person hat hier aus freien Stücken einen Statuswechsel vom Arbeitnehmer zum Unternehmer durch Erwerb der Mehrheitsanteile an der Insolvenzschuldnerin und der Tätigkeit als deren Geschäftsführer vor Ablauf der 5-Jahres-Frist des § 1 b Abs. 1 BetrAVG vollzogen. Der Zeuge … hat sich damit freiwillig des Schutzes seiner vormaligen Arbeitnehmerstellung begeben.
dd.
59 
Eine insolvenzbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Folge, dass insofern ggf. eine Auslegung der Bezugsrechtsvereinbarung dergestalt möglich wäre, dass ein Widerruf der Bezugsberechtigung aus diesem Grunde möglich sei (vgl. BGH VersR 2014, 321), liegt hier nicht vor. Denn das Arbeitsverhältnis der versicherten Person wurde bereits durch deren Statuswechsel, der spätestens am 07.04.2005 vollzogen war, beendet (s. o. II 2 b aa).
60 
Auf die spätere Abberufung des Zeugen als Geschäftsführer durch den Insolvenzverwalter kommt es daher insoweit nicht an.
3.
61 
Die Klage ist somit auf der Auskunftsstufe begründet. Die Beklagte war zur Erteilung der Auskunft gemäß dem klägerischen Antrag zu verurteilen.
4.
62 
Auf Antrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2016 hat der Senat analog § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO den Rechtsstreit zur Entscheidung über die weiteren Stufen der Klage (Anträge Ziff. 1 b und c der Klageschrift vom 24.11.2015 (GA I 18) bzw. Anträge Ziff. 2 b und c der Berufungsbegründungsschrift vom 11.04.2016 (GA II 80 f.)) an das Landgericht zurückverwiesen (vgl. BGH NJW 2006, 2626; Zöller: ZPO. 31. Aufl. 2016. § 538 Rn. 48).
5.
63 
Nebenentscheidungen:
a.
64 
Eine Kostenentscheidung durch das Berufungsgericht ist nicht veranlasst. Diese ist dem erstinstanzlichen Schlussurteil des Landgerichts, welches auch über die Kosten der Berufung zu entscheiden hat, vorbehalten, was auch im Falle der Verurteilung zur Auskunft durch das Berufungsgericht und Zurückverweisung der Sache im Übrigen gilt (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil v. 04.02.2016, 4 U 98/14 - juris; OLG Nürnberg FamRZ 2003, 1229; OLG München NZM 2002, 1032; Zöller a.a.O. § 538 Rn. 58).
b.
65 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.
aa.
66 
Hinsichtlich der Verurteilung zur Auskunft war die Höhe der Sicherheitsleistung nach dem voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten der Auskunftserteilung zu schätzen (vgl. BGH GrZS NJW 1995, 664). Da die Beklagte die Auskunft unter Verwendung ihrer EDV schnell und problemlos erteilen kann, war der gemäß § 711 S. 1 ZPO zur Abwendung der Vollstreckung als Sicherheit zu leistende Betrag auf maximal 1.000 Euro festzusetzen.
bb.
67 
Auch wenn das Urteil des Berufungsgerichts - soweit die Zurückverweisung in Rede steht - selbst keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, da das angefochtene Urteil bereits mit der Verkündung des aufhebenden Urteils gemäß § 717 Abs. 1 ZPO außer Kraft tritt, ist die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da gemäß §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO das Vollstreckungsorgan die Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil erst einstellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln erst aufheben darf, wenn eine vollstreckbare Ausfertigung vorgelegt wird (vgl. OLG München NZM 2002, 1032; Zöller aaO. § 538 Rn. 59).
c.
68 
Der Senat lässt die Revision im Hinblick auf die höchstrichterlich bislang noch nicht geklärte Frage der Bedeutung eines Statuswechsels im Zusammenhang mit dem hier zu entscheidenden Sachverhalt zu.
d.
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt.
aa.
70 
Weist wie hier das Erstgericht über den Auskunftsantrag hinaus die Stufenklage wegen Fehlens einer materiell-rechtlichen Grundlage für die mit ihr verfolgten Ansprüche insgesamt ab, so bestimmt sich die Beschwer des Klägers nach dem vollen Wert des Leistungsanspruchs, da mit der Entscheidung auch der Leistungsanspruch rechtskraftfähig aberkannt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 04.02.2015, III ZR 62/14 - juris; BGH NJW 2002, 71; Schneider/Herget: Streitwertkommentar. 14. Aufl. 2016. Rn. 5107).
71 
Nach dem unwidersprochenen erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten bewegt sich der Wert des Leistungsanspruchs im Bereich von bis zu 19.000,00 EUR.
bb.
72 
Bei erstinstanzlicher Abweisung der Stufenklage und zweitinstanzlicher Verurteilung zur Auskunft und Zurückverweisung im Übrigen beschränkt sich ferner die Revisionsbeschwer der Beklagten auf die Verurteilung zur Auskunft. Das Interesse der Beklagten an einem abschließenden, ihr günstigen Sachurteil rechtfertigt nicht die Annahme einer höheren Beschwer. Denn mangels sachlicher Entscheidung der weiteren Stufen ist noch nicht ersichtlich, ob mit der Zurückverweisung eine für die Beklagte letztlich ungünstige Entscheidung vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - das Landgericht ursprünglich die Stufenklage insgesamt abgewiesen hatte (vgl. BGH MDR 2002, 1390; Schneider/Herget a.a.O. Rn. 5116).
73 
Da der Wert des Leistungsanspruchs lediglich bis 19.000,00 EUR beträgt, kann die Revisionsbeschwer der Beklagten, die sich auf die Auskunftsstufe beschränkt, nicht höher liegen.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2016 - 7 U 35/16

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2016 - 7 U 35/16

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2016 - 7 U 35/16 zitiert 10 §§.

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(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

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(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

(1) Arbeitnehmer im Sinne der §§ 1 bis 16 sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten; ein Berufsausbildungsverhältnis steht einem Arbeitsverhältnis gleich. Die §§ 1 bis 16 gelten entsprechend für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Arbeitnehmer im Sinne von § 1a Abs. 1 sind nur Personen nach den Sätzen 1 und 2, soweit sie aufgrund der Beschäftigung oder Tätigkeit bei dem Arbeitgeber, gegen den sich der Anspruch nach § 1a richten würde, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.

(2) Die §§ 7 bis 15 gelten nicht für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen das Insolvenzverfahren nicht zulässig ist, und solche juristische Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert.

(3) Gesetzliche Regelungen über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung werden unbeschadet des § 18 durch die §§ 1 bis 16 und 26 bis 30 nicht berührt.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10. Juni 2014 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen geändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt,

a) dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang sämtlicher bildlicher Verwertungshandlungen betreffend der nachstehend aufgeführten Folgen der Filmproduktion „Derrick“

(1) „Ein Mörder zu wenig“

(2) „Kamillas junger Freund“,

(3) „Tote Vögel singen nicht“,

(4) „Schock“,

(5) „Hals in der Schlinge“

(6) „Offene Rechnung“,

(7) „Das Kuckucksei“,

(8) „Tod eines Fans“

(9) „Ein Hinterhalt“,

(10) „Kaffee mit Beate“,

(11) „Die verlorenen Sekunden“,

(12) „Lissas Vater“,

(13) „Ein unheimliches Haus“,

(14) „Das dritte Opfer“,

(15) „Ein Todesengel“,

(16) „Zeuge Yurowski“,

(17) „Pricker“,

(18) „Das sechste Streichholz“,

(19) „Tod im See“,

(20) „Die Fahrt nach Lindau“,

(21) „Das Alibi“,

(22) „Der Mann aus Kiel“,

(23) „Geheimnisse der Nacht“,

(24) „Drei atemlose Tage“,

(25) „Tödlicher Ausweg“

(26) „Gangster haben andere Spielregeln“,

(27) „Naujocks Ende“

(28) „Das absolute Ende“

nämlich über den Abschluss von Lizenz-, Unterlizenz- und/oder Gestattungsverträgen mit in- oder ausländischen Lizenz- und/oder Unterlizenznehmern (unter Angabe von vollständigen Namen und Anschriften) und Vorlage entsprechender Verträge sowie Übergabe geordneter Auflistungen, die den jeweiligen räumlichen, zeitlichen und inhaltlichen (z. B. Fernseh-, SuperSur-8-Film/ Videokassette/DVD/Bluray-auswertung) Nutzungsumfang der Produktion bezeichnen, die jeweiligen Ausstrahlungszeiten der Produktion im Fernsehen (einschließlich Wiederholungssendungen), auch durch Lizenz- und Unterlizenznehmer, sowie die mit der Verwertung erzielten Erträge und/oder Vorteile, nämlich Bruttovergütungen (ohne Abzug von Herstellungs- Vertriebs- und Unkosten oder sonstigen Aufwendungen), der entsprechenden Gegenwerte bei Bartergeschäften (z. B. Tauschverträge) und/oder sonstigen Transaktionen (z. B. Gegengeschäfte, Filmtausch), einschließlich vereinbarter und/oder erhaltener Provisionen, Garantiesummen, Vorauszahlungen, Beteiligungen, Gebühren, Förder- Fonds-, Werbe-, Sponsoringentgelte oder sonstiger Finanzierungshilfen, sowie über die mit der Produktion betriebene Werbung - einschließlich Trailer, Filmausschnitte oder Filmbilder - unter Angabe der Werbeträger, Erscheinungs-/Sendezeiten, Verbreitungsgebiete und Auflagenhöhen sowie Art, Umfang (Bezeichnung der Internetseiten unter Angabe der Internetadressen sowie der jeweiligen Visits und Pageviews) und Zeitraum einer Nutzung über das Internet, mit der Einschränkung, dass Auskunft über Unterlizenzverträge (und Unterlizenznehmer) nur dann zu erteilen ist, wenn die Beklagte diese Verträge kennt oder sie eine rechtliche Handhabe hat, um gegen ihre Lizenznehmer oder deren Unterlizenznehmer auf eine Vorlage solcher Unterlizenzverträge hinzuwirken (z. B. gegenüber gesellschaftsrechtlich verbundenen Unternehmen).

b) dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang sämtlicher bildlicher Verwertungshandlungen betreffend der nachstehend aufgeführten Folgen der Filmproduktion „Der Alte“,

(1) „Blütenträume“,

(2) „Zwei Mörder“,

(3) „Verena und Annabella“,

(4) „Erkältung im Sommer“,

(5) „Bumerang“,

(6) „Die Sträflingsfrau“,

(7) „Marholms Erben“,

(8) „Mordanschlag“,

(9) „Teufelsbrut“,

(10) „Die tote Hand“,

(11) „Freispruch“

(12) „Bis dass der Tod uns scheidet“

nämlich über den Abschluss von Lizenz-, Unterlizenz- und/oder Gestattungsverträgen mit in- oder ausländischen Lizenz- und/oder Unterlizenznehmern (unter Angabe von vollständigen Namen und Anschriften) und Vorlage entsprechender Verträge sowie Übergabe geordneter Auflistungen, die den jeweiligen räumlichen, zeitlichen und inhaltlichen (z. B. Fernseh-, Super-8-Film/Videokassette/ DVD/Bluray-auswertung) Nutzungsumfang der Produktion bezeichnen, die jeweiligen Ausstrahlungszeiten der Produktion im Fernsehen (einschließlich Wiederholungssendungen), auch durch Lizenz- und Unterlizenznehmer, sowie die mit der Verwertung erzielten Erträge und/oder Vorteile, nämlich Bruttovergütungen (ohne Abzug von Herstellungs- Vertriebs- und Unkosten oder sonstigen Aufwendungen), der entsprechenden Gegenwerte bei Bartergeschäften (z. B. Tauschverträge) und/oder sonstigen Transaktionen (z. B. Gegengeschäfte, Filmtausch), einschließlich vereinbarter und/oder erhaltener Provisionen, Garantiesummen, Vorauszahlungen, Beteiligungen, Gebühren, Förder- Fonds-, Werbe-, Sponsoringentgelte oder sonstiger Finanzierungshilfen, sowie über die mit der Produktion betriebene Werbung - einschließlich Trailer, Filmausschnitte oder Filmbilder - unter Angabe der Werbeträger, Erscheinungs-/Sendezeiten, Verbreitungsgebiete und Auflagenhöhen sowie Art, Umfang (Bezeichnung der Internetseiten unter Angabe der Internetadressen sowie der jeweiligen Visits und Pageviews) und Zeitraum einer Nutzung über das Internet, mit der Einschränkung, dass Auskunft über Unterlizenzverträge (und Unterlizenznehmer) nur dann zu erteilen ist, wenn die Beklagte diese Verträge kennt oder sie eine rechtliche Handhabe hat, um gegen ihre Lizenznehmer oder deren Unterlizenznehmer auf eine Vorlage solcher Unterlizenzverträge hinzuwirken (z. B. gegenüber gesellschaftsrechtlich verbundenen Unternehmen).

2. Die Klage auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten (Klageantrag Nr. 3) wird abgewiesen.

II. Der Rechtsstreit wird zur Verhandlung und Entscheidung über den im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer sich nach Erteilung der Auskunft ergebenden weiteren angemessenen Beteiligung des Urhebers (§ 32 a UrhG) sowie über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist der Erbe des im Februar 1986 verstorbenen Regisseurs und Drehbuchautors A… V… (im Folgenden Erblasser genannt). Der Erblasser wirkte ab den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts als Regisseur an 28 Episoden der TV-Serie „Derrick“ und zwölf Episoden der TV-Serie „Der Alte“ mit. Für vier weitere Sendungen war er als Drehbuchautor tätig. Den jeweiligen Tätigkeiten des Erblassers als Regisseur oder Drehbuchautor lagen Mitarbeiterverträge zugrunde, welche er mit den jeweiligen Produktionsgesellschaften, der T… F… und F… Gesellschaft mbH (im Folgenden Fa. T… genannt) und der Fa. N… M… F… GmbH (im Folgenden Fa. M… F… genannt) abgeschlossen hatte. In den jeweiligen Regisseurverträgen war vereinbart, dass der Erblasser ein Honorar erhalten sollte; ein Wiederholungshonorar sollte er „nur für die Wiederholungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlins“ erhalten. In den Verträgen räumte der Erblasser der beklagten öffentlich-rechtlichen Fernsehsendeanstalt gemäß den „Allgemeinen Bedingungen zum Mitwirkungsvertrag“ als Urheber die ausschließlichen sowie zeitlich und räumlich unbeschränkten Nutzungsrechte ein, einschließlich dem Recht, die Rechte und Befugnisse ganz oder teilweise auf Dritte weiterzuübertragen oder diesen Nutzungsrechte einzuräumen (Serie „Derrick“ ). Bezüglich der Serie „Der Alte“ enthielt der Vertrag individualvertraglich bezüglich des Wiederholungshonorars eine vergleichbare Vereinbarung, ebenso die Allgemeinen Bedingungen zum Mitwirkungsvertrag. Teilweise waren den Verträgen auch „Allgemeine Vertragsbedingungen“ beigefügt, in welchen der Erblasser den jeweiligen Produktionsgesellschaften (ebenfalls) das Recht zur „ausschließlichen Verwertung aller Urheber-, Eigentums- oder sonstigen Rechte …“ an seinem Werk übertrug, insbesondere die Sendungen „Auf der ganzen Welt“ bzw. „Im In- und Ausland“ auszustrahlen.

2

Beide Fernsehreihen entwickelten sich zu den erfolgreichsten Krimiserien der Beklagten und wurden von dieser von Beginn an im In- und Ausland vermarktet. Bezüglich der Fernsehserie „Der Alte“ erhielt die Beklagte die Auslandsrechte von der Produktionsfirma M... Fernsehproduktion im Jahre 1984 „auch rückwirkend“ zurück. Beide Serien wurden von der Beklagten in über 100 Ländern verwertet. Der Erblasser erhielt von der Beklagten für seine Regisseurtätigkeiten die in den Produktionsverträgen vorgesehenen Vergütungen für die Inlandsausstrahlung. Am 15. Januar 1979 schloss er mit der Beklagten eine Vereinbarung über eine Honorierung seiner Autorentätigkeit für Auslandsübertragungen (Anlage B 42). Ansonsten erhielt der Erblasser für die Auslandsverwertung der durch seine Regisseurleistungen hergestellten Filme keine Vergütung.

3

Auf Anfrage des Klägers übermittelte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 28. September 1999 eine Liste aller Filme, an welchen der Erblasser als Regisseur beteiligt war, darunter auch weitere Filme, die nicht zu den Serien „Derrick“ bzw. „Der Alte“ gehörten. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 23. August 2011 forderte der Kläger die Beklagte zur Auskunft über das konkrete Ausmaß der Verwertung der vom Erblasser als Regisseur mithergestellten Filme auf, wobei er darauf hinwies, dass eine Vergütung für Auslandsverwertungen nicht erfolgt sei. In der Folgezeit entwickelte sich ein Schriftverkehr zwischen den Parteien. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 (Anlage K 11) teilte die Beklagte dem Kläger schließlich mit, dass sie der Auffassung sei, dass diesem keine weiteren Ansprüche zustünden.

4

Mit seiner der Beklagten am 3. Februar 2014 zugestellten Stufenklage begehrt der Kläger von dieser als „Dritter“ i.S.v. § 32 a Abs. 2 UrhG erststufig Auskunft über den Umfang sämtlicher Verwertungshandlungen betreffend die im Einzelnen aufgeführten Episoden der Fernsehserien „Derrick“ und „Der Alte“, an welchen der Erblasser als Regisseur mitgewirkt hat, sowie nachgehend eine noch zu beziffernde angemessene weitere Beteiligung, wobei es dem Kläger nach den Ausführungen in der Klagebegründung um eine Vergütung wegen der Auslandsverwertungen geht sowie die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

5

Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Inhalt zur Ergänzung der Sachdarstellung gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) die Klage wegen Verjährung und Verwirkung abgewiesen.

6

Mit seiner Berufung bekämpft der Kläger das Urteil in vollem Umfang. Er rügt die Rechtsauffassung des Landgerichts, wobei er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.

7

Er beantragt,

8

das angefochtene Urteil zu ändern und
die Beklagte zu verurteilen,

1.

9

a) dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang sämtlicher bildlicher Verwertungshandlungen betreffend der nachstehend aufgeführten Folgen der Filmproduktion „Derrick“

10

(1) „Ein Mörder zu wenig“
(2) „Kamillas junger Freund“,
(3) „Tote Vögel singen nicht“,
(4) „Schock“,
(5) „Hals in der Schlinge“
(6) „Offene Rechnung“,
(7) „Das Kuckucksei“,
(8) „Tod eines Fans“
(9) „Ein Hinterhalt“,
(10) „Kaffee mit Beate“,
(11) „Die verlorenen Sekunden“,
(12) „Lissas Vater“,
(13) „Ein unheimliches Haus“,
(14) „Das dritte Opfer“,
(15) „Ein Todesengel“,
(16) „Zeuge Yurowski“,
(17) „Pricker“,
(18) „Das sechste Streichholz“,
(19) „Tod im See“,
(20) „Die Fahrt nach Lindau“,
(21) „Das Alibi“,
(22) „Der Mann aus Kiel“,
(23) „Geheimnisse der Nacht“,
(24) „Drei atemlose Tage“,
(25) „Tödlicher Ausweg“
(26) „Gangster haben andere Spielregeln“,
(27) „Naujocks Ende“
(28) „Das absolute Ende“

11

nämlich über den Abschluss von Lizenz-, Unterlizenz- und/oder Gestattungsverträgen mit in- oder ausländischen Lizenz- und/oder Unterlizenznehmern (unter Angabe von vollständigen Namen und Anschriften) und Vorlage entsprechender Verträge sowie Übergabe geordneter Auflistungen, die den jeweiligen räumlichen, zeitlichen und inhaltlichen (z. B. Fernseh-, Super-8-Film/Videokassette/DVD/Blurayauswertung) Nutzungsumfang der Produktion bezeichnen, die jeweiligen Ausstrahlungszeiten der Produktion im Fernsehen (einschließlich Wiederholungssendungen), auch durch Lizenz- und Unterlizenznehmer, sowie die mit der Verwertung erzielten Erträge und/oder Vorteile, nämlich Bruttovergütungen (ohne Abzug von Herstellungs- Vertriebs- und Unkosten oder sonstigen Aufwendungen), der entsprechenden Gegenwerte bei Bartergeschäften (z. B. Tauschverträge) und/oder sonstigen Transaktionen (z. B. Gegengeschäfte, Filmtausch), einschließlich vereinbarter und/oder erhaltener Provisionen, Garantiesummen, Vorauszahlungen, Beteiligungen, Gebühren, Förder- Fonds-, Werbe-, Sponsoringentgelte oder sonstiger Finanzierungshilfen, sowie über die mit der Produktion betriebene Werbung - einschließlich Trailer, Filmausschnitte oder Filmbilder - unter Angabe der Werbeträger, Erscheinungs-/Sendezeiten, Verbreitungsgebiete und Auflagenhöhen sowie Art, Umfang (Bezeichnung der Internetseiten unter Angabe der Internetadressen sowie der jeweiligen Visits und Pageviews) und Zeitraum einer Nutzung über das Internet, mit der Einschränkung, dass Auskunft über Unterlizenzverträge (und Unterlizenznehmer) nur dann zu erteilen ist, wenn die Beklagte diese Verträge kennt oder sie eine rechtliche Handhabe hat, um gegen ihre Lizenznehmer oder deren Unterlizenznehmer auf eine Vorlage solcher Unterlizenzverträge hinzuwirken (z. B. gegenüber gesellschaftsrechtlich verbundenen Unternehmen).

12

b) an den Kläger eine betragsmäßig noch festzusetzende weitere angemessene Beteiligung zuzüglich Mehrwertsteuer sowie Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 20. September 2011 als Fairnessausgleich aus der Auswertung der unter 1. a) genannten Folgen der Filmproduktion „Derrick“ zu zahlen;

2.

13

a) dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang sämtlicher bildlicher Verwertungshandlungen betreffend der nachstehend aufgeführten Folgen der Filmproduktion „Der Alte“,

14

(1) „Blütenträume“,
(2) „Zwei Mörder“,
(3) „Verena und Annabella“,
(4) „Erkältung im Sommer“,
(5) „Bumerang“,
(6) „Die Sträflingsfrau“,
(7) „Marholms Erben“,
(8) „Mordanschlag“,
(9) „Teufelsbrut“,
(10) „Die tote Hand“,
(11) „Freispruch“
(12) „Bis dass der Tod uns scheidet“

15

nämlich über den Abschluss von Lizenz-, Unterlizenz- und/oder Gestattungsverträgen mit in- oder ausländischen Lizenz- und/oder Unterlizenznehmern (unter Angabe von vollständigen Namen und Anschriften) und Vorlage entsprechender Verträge sowie Übergabe geordneter Auflistungen, die den jeweiligen räumlichen, zeitlichen und inhaltlichen (z. B. Fernseh-, Super-8-Film/Vidiokassette/DVD/Blurayauswertung) Nutzungsumfang der Produktion bezeichnen, die jeweiligen Ausstrahlungszeiten der Produktion im Fernsehen (einschließlich Wiederholungssendungen), auch durch Lizenz- und Unterlizenznehmer, sowie die mit der Verwertung erzielten Erträge und/oder Vorteile, nämlich Bruttovergütungen (ohne Abzug von Herstellungs- Vertriebs- und Unkosten oder sonstigen Aufwendungen), der entsprechenden Gegenwerte bei Bartergeschäften (z. B. Tauschverträge) und/oder sonstigen Transaktionen (z. B. Gegengeschäfte, Filmtausch), einschließlich vereinbarter und/oder erhaltener Provisionen, Garantiesummen, Vorauszahlungen, Beteiligungen, Gebühren, Förder- Fonds-, Werbe-, Sponsoringentgelte oder sonstiger Finanzierungshilfen, sowie über die mit der Produktion betriebene Werbung - einschließlich Trailer, Filmausschnitte oder Filmbilder - unter Angabe der Werbeträger, Erscheinungs-/Sendezeiten, Verbreitungsgebiete und Auflagenhöhen sowie Art, Umfang (Bezeichnung der Internetseiten unter Angabe der Internetadressen sowie der jeweiligen Visits und Pageviews) und Zeitraum einer Nutzung über das Internet, mit der Einschränkung, dass Auskunft über Unterlizenzverträge (und Unterlizenznehmer) nur dann zu erteilen ist, wenn die Beklagte diese Verträge kennt oder sie eine rechtliche Handhabe hat, um gegen ihre Lizenznehmer oder deren Unterlizenznehmer auf eine Vorlage solcher Unterlizenzverträge hinzuwirken (z. B. gegenüber gesellschaftsrechtlich verbundenen Unternehmen).

16

b) an den Kläger eine betragsmäßig noch festzusetzende weitere angemessene Beteiligung zuzüglich Mehrwertsteuer sowie Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 20. September 2011 als Fairnessausgleich aus der Auswertung der unter 2. a) genannten Folgen der Filmproduktion „Der Alte“ zu zahlen;

17

3. an den Kläger weitere 1 379,80 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 20. September 2011 zu zahlen.

18

Die Beklagte hat der Fa. T... den Streit verkündet. Diese ist daraufhin dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelferin beigetreten.

19

Der Kläger hat ebenfalls der Streithelferin der Beklagten den Streit verkündet.

20

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung, wobei sie im Wesentlichen den erstinstanzlichen Vortrag wiederholen.

23

Auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.

II.

24

Die zulässige Berufung des Klägers führt auf der ersten Stufe der erhobenen Stufenklage zum Erfolg. Das weitergehende Rechtsmittel gegen die Abweisung des auf die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Klagebegehrens ist unbegründet.

A.

25

Dem Kläger steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch nach § 242 BGB als Hilfsanspruch zur Vorbereitung der Bezifferung eines möglichen Zahlungsanspruchs auf „Fairnessausgleich“ zu. Die mit der Klage insoweit geltend gemachten Ansprüche sind weder verjährt noch verwirkt.

26

Der Kläger macht als Rechtsnachfolger (Erbe) seines 1986 verstorbenen Vaters gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines sog. „Fairnessausgleichs“ nach § 32 a Abs. 2 UrhG geltend. Er begehrt eine weitere Beteiligung an der Verwertung der in den Klageanträgen bezeichneten TV-Episoden im Ausland, bei welchen der Erblasser unstreitig aufgrund im Einzelnen mit den Produktionsgesellschaften abgeschlossener Verträge Regie geführt hat. Hinsichtlich der Fernsehserie „Derrick“ erfolgte die Verwertung im Ausland offenbar von Anfang an durch die Beklagte und bezüglich der Serie „Der Alte“ seit 1984, nachdem sie damals von der Produktionsgesellschaft Fa. M... Fernsehproduktion die entsprechenden Verwertungsrechte „auch rückwirkend“ zurückübertragen erhalten hatte.

27

Das Landgericht hat angenommen, dass die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede begründet sei; ferner sei der Anspruch verwirkt, weil bereits der Erblasser Kenntnis von der Auslandsverwertung und dem überragenden Erfolg der Fernsehserien gehabt habe; der Erblasser habe darum insbesondere deshalb gewusst, weil ihm bereits 1979 für eine Episode aus der Serie „Der Alte“ wegen seiner Autorentätigkeit Auslandsvergütungen zugesagt worden seien (Vereinbarung vom 15. Januar 1979, Anlage B 42).

28

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Wie die Berufung mit Recht geltend macht, konnte ein Anspruch des Klägers als Rechtsnachfolger des Urhebers auf Zahlung einer weiteren angemessenen Beteiligung (§ 32 a UrhG) frühestens am 28. März 2002 entstehen, so dass vorher weder eine Verjährungs- noch eine Verwirkungsfrist anlaufen konnte.

29

1. Nach der Vorschrift des am 1. Juli 2002 in Kraft getretenen § 132 Abs. 3 Satz 2 UrhG (n. F.) kann der Urheber eine angemessene weitere Beteiligung nach § 32 a UrhG nur wegen Sachverhalten beanspruchen, die nach dem 28. März 2002 entstanden sind. Bis dahin standen den Mitwirkenden an der Herstellung von Filmen (§ 89 Abs. 1 UrhG a. F.) ein Vergütungsanspruch wegen eines groben oder unverhältnismäßigen Missverhältnisses nach § 36 UrhG a. F. nicht zu (§ 90 Satz 2 UrhG a. F.) Aufgrund dieser Rechtslage stellt sich im Streitfall die Frage einer Verwirkung oder Verjährung erst für die Zeit ab 28. März 2002 (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2011 - I ZR 127/10 - Das Boot; OLG Köln, Urteil vom 17. Januar 2014 - 26 U 86/13 - Alarm für Cobra 11). Deshalb kommt es nicht darauf an, was der 1986 verstorbene Erblasser zu Lebzeiten darüber wusste, dass die Beklagte die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Episoden der beiden Fernsehserien auch im Ausland verwertete, weil er damals einen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung aus Rechtsgründen nicht hätte geltend machen können. Ein Recht kann nicht bereits verwirkt sein, bevor es überhaupt zur Entstehung gelangt.

30

2. Nach dem 28. März 2002 ist eine Verjährung nicht eingetreten.

31

a) Der vorbereitende Auskunftsanspruch aus § 242 BGB verjährt im Verhältnis zum Hauptanspruch selbständig nach § 195 BGB innerhalb von drei Jahren (BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 - I ZR 145/11 - Fluch der Karibik). Er kann allerdings nach der Verjährung des Hauptanspruchs wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses nicht mehr durchgesetzt werden (vgl. OLG Köln aaO).

32

Für den Beginn der Verjährung des Auskunftsanspruchs kommt es nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von greifbaren Anhaltspunkten an, die auf ein auffälliges Missverhältnis aus den Erträgen und Vorteilen der Beklagten aus der Filmverwertung im Sinne von § 32 a Abs. 2 Satz 1 UrhG schließen lassen. Dabei genügt jede Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von einer überdurchschnittlich erfolgreichen Filmverwertung (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 aaO).

33

b) Auf den frühestens am 28. März 2002 entstandenen Anspruch des Klägers auf weitere angemessene Beteiligung finden nach § 102 UrhG die Verjährungsvorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Der Anspruch verjährt deshalb nach § 195 BGB innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist, die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in welchem der Gläubiger von den den (entstandenen) Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Ohne Rücksicht auf diese Kenntnis beträgt die Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 4 BGB zehn Jahre von der Entstehung des Anspruchs an.

34

Der Kläger hat im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 23. August 2011 (Anlage K 8), worin er den Beteiligungsanspruch gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat, vorgetragen, er habe „kürzlich“ erfahren, dass verschiedene Produktionen, bei welchen sein Vater mitgewirkt habe, im italienischen Fernsehen ausgestrahlt worden seien. Er hat vorgetragen, erst dadurch von der Auslandsverwertung Kenntnis erlangt zu haben. Das ist nicht widerlegt. Die am 3. Februar 2014 zugestellte Klage ist somit vor Ablauf der Verjährungsfrist in verjährungshemmender Weise zugestellt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

35

aa) Eine frühere verjährungsschädliche Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers konnte die dafür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte (vgl. hierzu Palandt/Ellenberger BGB 75. Aufl., vor § 194 Rdnr. 24 und § 199 Rdnr. 50) nicht nachweisen.

36

bb) Auf eine etwaige Kenntnis des im Jahre 1986 verstorbenen Erblassers, dessen Kenntnisstand sich der Kläger als Erbe zwar grundsätzlich zurechnen lassen muss, kommt es vorliegend nicht an, weil - wie bereits ausgeführt - zur Zeit des Erbfalls ein Anspruch auf eine weitere angemessene Beteiligung kraft Gesetzes nicht bestand und ein Wissen des Rechtsvorgängers mithin nicht geeignet war, die Verjährung in Lauf zu setzen (vgl. BGH NJW 2014, 2492). Unabhängig davon steht aber auch nicht fest, dass der Vater des Klägers zu Lebzeiten Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von einer überdurchschnittlich erfolgreichen Auslandsverwertung der streitgegenständlichen TV-Episoden gehabt hätte.

37

cc) Dass der Kläger früher als von ihm behauptet Kenntnis von der Auslandsverwertung durch die Beklagte und insbesondere auch von deren tatsächlichem Umfang und besonderem wirtschaftlichem Erfolg erlangt hätte, kann nicht angenommen werden.

38

Die Beklagte kann sich für die behauptete Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers weder auf ihre Jahrbücher berufen, welche der Erblasser erhalten und in denen sie sich über die außerordentlichen Erfolge der Fernsehserien „Derrick“ und „Der Alte“ geäußert hat, noch auf eine Kenntnis des Erblassers aufgrund dessen Tätigkeit in der Filmbranche, weil - wie ausgeführt - bis zum Jahre 2002 ein Anspruch auf eine weitere angemessene Beteiligung nicht existierte. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob der Erblasser für vier Episoden der Serie „Der Alte“ für seine Drehbuchautorentätigkeit im Jahre 1979 eine Vergütung vereinbart hat. Für den Gläubiger müssen wenigstens konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines Anspruchs ersichtlich sein (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 -), auch wenn es auf die zutreffende rechtliche Würdigung nicht ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 aaO). An konkreten Anhaltspunkten für das Bestehen eines Anspruchs fehlt es jedoch, wenn ein Anspruch gar nicht existiert.

39

Hinzu kommt, dass der Kläger, auf dessen Kenntnis es mithin alleine ankommt, unstreitig seit 1998 in Italien lebt. Er übte zu keinem Zeitpunkt einen Beruf in der Filmbranche aus. In Deutschland war er als Kaufmann tätig, in Italien vermietet er Fremdenzimmer. Ihn traf auch hinsichtlich der Verwertung der Filme keine Marktbeobachtungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 aaO; OLG Köln, aaO), so dass für eine Kenntniserlangung oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers vor dem von ihm eingeräumten Zeitraum keine Anhaltspunkte vorliegen.

40

Auch der Hauptanspruch auf weitere angemessene Beteiligung (§ 32 a UrhG) ist nach dem vorstehend Ausgeführten nicht nach § 195 BGB verjährt, weil der Kläger vor dem Jahre 2011 ohne grobe Fahrlässigkeit keine Kenntnis von der Auslandsverwertung der Filme hatte.

41

3. Der Auskunfts- und der Hauptanspruch sind auch nicht nach § 199 Abs. 4 BGB wegen Ablaufs der kenntnisunabhängigen Zehnjahresfrist verjährt.

42

Der Lauf der Verjährungsfrist konnte gemäß § 199 Abs. 4 BGB frühestens am 29. März 2002 beginnen, weil der geltend gemachte Anspruch - wie ausgeführt - erst nach dem 28. März 2002 entstehen konnte (§ 132 Abs. 3 Satz 2 UrhG). Die Verjährungsfrist konnte somit frühestens am 29. März 2012 (vor Klageerhebung) ablaufen.

43

Der Ablauf der Verjährungsfrist wurde jedoch am 23. August 2011 gemäß § 203 BGB nach Verstreichen eines Zeitraumes von rund neun Jahren und fünf Monaten dadurch gehemmt, dass die Parteien über den geltend gemachten Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung verhandelt haben. Die Parteien haben im Anschluss an das Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. August 2011 über den Anspruch umfangreich korrespondiert (vgl. Bl. 32 ff und 359 ff d.A.). Dabei haben sie Erörterungen darüber ausgetauscht, ob und welche Ansprüche dem Kläger u.a. wegen der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden, im Ausland ausgestrahlten TV-Episoden zustehen. Die Beklagte hat in dieser Korrespondenz mit Schreiben vom 7. November 2011 (zunächst) eine Vergütungsbereitschaft signalisiert. Frühestens mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 hat sie sich darauf berufen, dass ein Anspruch des Klägers nicht bestehe und die geltend gemachten Ansprüche abgelehnt. Da bei Ende der Verjährungshemmung zu diesem Zeitpunkt noch ein Verjährungszeitraum von knapp sieben Monaten zur Verfügung stand, der Kläger jedoch bereits drei Monate und elf Tage später die vorliegende Klage erhoben hat, welche der Beklagten am 3. Februar 2014 zugestellt worden ist, wurde der Lauf der Verjährungsfrist rechtzeitig erneut gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.

44

4. a) Der Kläger ist für den geltend gemachten Anspruch aktiv legitimiert. Das Urheberrecht des Erblassers, welches vererblich ist (§ 28 Abs. 1 UrhG), ist gemäß § 1922 BGB auf den Kläger als Alleinerbe übergegangen. Es ging als Ganzes auf ihn über. Die Vererbung umfasste insbesondere auch die Urheberverwertungsrechte (vgl. Wandtke/Bullinger Urheberrecht 4. Aufl. § 28 Rdnrn. 3, 4). Der Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung ist Ausfluss des im Erbgang bereits 1986 auf den Kläger übergegangenen Urheberrechtes, so dass dem Kläger der Anspruch zusteht, obwohl dieser erst im Jahr 2002 nach dem Tode des Erblassers gesetzlich begründet worden ist.

45

b) Der Auskunftsanspruch besteht.

46

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass der Erblasser in seinen mit den Produktionsfirmen abgeschlossenen Mitarbeiterverträgen individualvertraglich vereinbart hat, dass ein Wiederholungshonorar nur für Wiederholungen der Filme im Inland bezahlt werde bzw. mit dem bezahlten Honorar auch Auslandsverwertungen abgegolten seien.

47

Zwar geht das Urheberrecht nur so über, wie der Erblasser es hinterlassen hat (vgl. Wandtke/Bullinger aaO, § 28 Rdnr. 5). Der Erblasser hat in den von ihm abgeschlossenen Mitarbeiterverträgen jedoch nicht auf den jetzt geltend gemachten Anspruch verzichtet.

48

Zum einen gab es nach der damaligen Rechtslage keinen Anspruch auf Fairnessausgleich, so dass nicht angenommen werden kann, dass die Vertragsschließenden seinerzeit einen solchen Anspruch ausschließen wollten, zumal der Erfolg der Fernsehserien nicht absehbar war. Darüber hinaus wäre auch damals ein Verzicht auf Ansprüche auf eine angemessene Vergütung nach § 36 Abs. 3 Satz 1 UrhG a. F. unwirksam gewesen. Zum anderen ist ein Vorausverzicht auf einen Anspruch nach § 32 a UrhG auch nach § 32 a Abs. 3 Satz 1 UrhG unwirksam. Aber selbst wenn man die Vereinbarungen in den Mitarbeiterverträgen für wirksam halten und darin eine pauschale Abgeltung auch für Auslandsverwertungen sehen wollte, könnte diese nicht dahin ausgelegt werden, dass es im Falle einer fortgesetzten Nutzung mit (unvorhersehbar) besonderem Auswertungserfolg nicht zu einem Missverhältnis zwischen der Vergütung des Urhebers und dem Ertrag des Werkes kommen konnte (vgl. OLG Köln, aaO Rdnrn. 37 f).

49

Ebenso wenig steht dem Anspruch des Klägers entgegen, dass die Vertragspartner des Erblassers die Produktionsfirmen T... und M... Fernsehproduktion waren. Die Beklagte hat die Serie „Derrick“ von Anfang an ausgestrahlt, wobei ihr der Erblasser sämtliche Nutzungsrechte an den Filmen, die unter seiner Mitwirkung entstanden waren, übertragen hatte. Gleiches war bei der Serie „Der Alte“ aufgrund der Allgemeinen Bedingungen zum Mitwirkungsvertrag der Fall. Zudem hatte die Produktionsfirma M... Fernsehproduktion der Beklagten im Jahre 1984 alle Nutzungsrechte „auch rückwirkend“ übertragen. Ergibt sich das auffällige Missverhältnis aus den Erträgen und Vorteilen eines Dritten, so haftet der Dritte dem Urheber nach § 32 a Abs. 2 Satz 1 UrhG unmittelbar (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 aaO Rdnr. 37). Es handelt sich um einen Fall der unmittelbaren gesetzlichen Durchgriffshaftung (vgl. Wandtke/Bullinger aaO § 32 a Rdnr. 26; BeckOK UrhR/Soppe UrhG § 32 a Rdnr. 45).

50

5. Der Rechtsvorgänger des Klägers ist als Regisseur der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Serienepisoden Miturheber der Filmwerke. Das steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

51

Auch wenn Miturhebern nach § 8 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz UrhG das Recht auf Veröffentlichung und Verwertung des Werkes zur gesamten Hand zusteht, so dass sie es nur gemeinsam veröffentlichen und verwerten dürfen, ist ein Miturheber berechtigt, den Anspruch nach § 32 a UrhG allein geltend zu machen. Denn der Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung beinhaltet keinen einheitlichen Anspruch der Miturheber, sondern kann von Miturheber zu Miturheber unterschiedlich sein (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2011 aaO).

52

6. Als Regisseur hat der Erblasser nicht nur einen unerheblichen Beitrag zu dem Filmwerk geschaffen, so dass seine Leistung auch ursächlich für die Erträge und Vorteile ist, welche die Beklagte aus der Nutzung der Werke gezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2012, aaO).

53

7. Der Kläger hat aufgrund nachprüfbarer Umstände klare Tatsachen für den Anspruch nach § 32 a Abs. 2 Satz 1 UrhG vorgetragen.

54

Der Auskunftsanspruch setzt voraus, dass aufgrund solcher Tatsachen nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ein Anspruch auf Anpassung des Vertrages an veränderte Verhältnisse besteht. Ein Anspruch auf Anpassung des Vertrages kommt nur in Betracht, wenn anders ein unerträgliches mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbares Ergebnis nicht zu vermeiden wäre. Ein auffälliges Missverhältnis in diesem Sinne liegt vor, wenn die vereinbarte Vergütung nur die Hälfte der angemessenen Vergütung beträgt. Da die gesamten Beziehungen des Urhebers zum Verwerter zu berücksichtigen sind, können nach Maßgabe der Umstände auch bereits geringe Abweichungen ein auffälliges Missverhältnis begründen (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2011 aaO). Das setzt zunächst die Feststellung der mit dem Urheber vereinbarten Vergütung und der vom Verwerter erzielten Erträge und Vorteile voraus. Sodann ist die Vergütung zu bestimmen, die im Nachhinein betrachtet, insbesondere unter Berücksichtigung der erzielten Erträge und Vorteile angemessen im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG ist. Schließlich ist zu prüfen, ob die vereinbarte Vergütung im Blick auf diese angemessene Vergütung in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen steht (BGH, Urteil vom 22. September 2011 aaO; 10. Mai 2012 aaO). In Bezug auf den Grund eines Anspruchs, insbesondere den Auskunftsanspruch ist es unerheblich, ob das auffällige Missverhältnis im Sinne von § 32 a Abs. 1, Abs. 2 UrhG erst nach dem 28. März 2002 entstanden ist oder ob es bereits vorher bestand und nach dem Stichtag (28. März 2002) fortbestanden hat. Bei der Prüfung, ob ein auffälliges Missverhältnis besteht, sind daher auch die vor dem 28. März 2002 angefallenen Erträgnisse zu berücksichtigen, weil unstreitig für die Auslandsverwertung bezüglich der Regiearbeiten des Erblassers keine Vergütung bezahlt wurde (vgl. auch BGH, Urteil vom 22. September 2011 aaO; OLG Köln aaO).

55

a) Die Beklagte hat vorgetragen, dass der Erblasser bzw. später der Kläger für die 28 Episoden der Serie „Derrick“ für die Inlandsverwertung ein Honorar von 333 895,73 € (vgl. Bl. 129, 130 d.A.) und für die 12 Episoden der Serie „Der Alte“ für die Inlandsverwertung ein Honorar von 122 841,62 € (Bl. 135, 136) erhalten habe. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.

56

b) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass beide Serien von Anfang an in über 100 Ländern ausgestrahlt wurden. Die Beklagte bezeichnet beide Serien als mit zu ihren erfolgreichsten Produktionen gehörend und als „Exportschlager“.

57

c) Unter diesen Umständen liegt es nahe, dass die in den Ausgangsverträgen dem Erblasser zugesagten Honorare für eine Inlandsausstrahlung der Filme in keinem angemessenen Verhältnis mehr zu den von der Beklagten mit der Auslandsverwertung der Serien erzielten Erträgen stehen. Die genannten Umstände lassen zwar für sich genommen noch keinen verlässlichen Rückschluss auf den wirklichen Umfang der Auslandsverwertung gerade derjenigen Serienfolgen zu, an welchen der Erblasser als Regisseur beteiligt war; sie sind aber konkrete Indizien für eine überdurchschnittliche Auswertung dieser Folgen (vgl. hierzu auch OLG Köln aaO).

58

d) Dieses Ergebnis wird nicht durch die von der Beklagten vorgelegten (eigenen) Berechnungen in Frage gestellt, wonach eine Erlösbeteiligung des Klägers an der Auslandsverwertung das bereits bezahlte Honorar nur um wenige Prozentpunkte übersteigen würde. Die Honorarberechnung der Beklagten ist beschränkt auf die Zeit ab dem Jahre 2011, so dass die - wie ausgeführt - zu berücksichtigende Gesamtverwertungszeit, also auch die vor dem 28. März 2002 angefallenen Erträgnisse daraus nicht hergeleitet werden können. Darüber hinaus ist die Abrechnung - wie der Kläger mit Recht geltend macht - nicht nachprüfbar, weil nähere Angaben darüber, welche Erlöse in den jeweiligen Ländern erzielt wurden, fehlen.

59

Da der Erblasser bzw. der Kläger für die Auslandsverwertung überhaupt keine Vergütung erhielten, sind die an den Kläger bzw. Erblasser bisher bezahlten Vergütungen (für die Inlandsverwertung) nicht gemäß § 36 UrhG zu berücksichtigen, so dass frühere Ansprüche nicht „verbraucht“ sind (vgl. zur Berücksichtigung der Erträge vor dem 28. März 2002 BGH, Urteil vom 22. September 2011 aaO; OLG Köln aaO).

60

e) Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sie, um eine Beurteilung zu ermöglichen, ob ein unverhältnismäßiges Missverhältnis entstanden ist, auch Auskunft über die Verwertung der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Episoden im Inland erteilen. Denn bei der Prüfung, ob aufgrund konkreter Tatsachen klare Anhaltspunkte für ein auffälliges Missverhältnis vorliegen, sind (ohne zeitliche Begrenzung) sämtliche Erträge und Vorteile aus der Nutzung des Werkes und die gesamte Vergütung des Urhebers zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2011 aaO), so dass eine Beschränkung nur auf die Auslandsverwertung nicht angezeigt ist (vgl. OLG Köln aaO). Denn die Frage, ob durch die Auslandsausstrahlung ein Missverhältnis entstanden ist, kann nur entschieden werden, wenn auch die Erträge der Beklagten aus der (vergüteten) Inlandsverwertung bekannt sind.

61

f) Dass - für einen Auskunftsanspruch - ausreichende Anhaltspunkte für ein grobes Missverhältnis vorliegen, steht auch nicht deswegen in Frage, weil die Erträgnisse der Beklagten durch Aufwendungen, die ihr z. B. für die Darsteller oder „innerhalb der Lizenzkette“ entstanden sind, gemindert wurden. Zwar trifft zu, dass gewinnschmälernde Auswirkungen auf Seiten der Beklagten bei der Prüfung, ob ein Missverhältnis besteht, zu berücksichtigen sind. Für die Frage der Auskunftserteilung ist jedoch zunächst auf den Bruttoerlös, nicht auf die Gewinne der Beklagten abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2011 aaO; OLG Köln aaO).

62

8. Dass der Kläger seine Klage hinsichtlich der begehrten Auskünfte bezüglich der Unterlizenzverträge und Unterlizenznehmer dahin eingeschränkt hat, dass die Beklagte nur zur Auskunft verpflichtet ist, soweit sie diese Verträge kennt oder eine rechtliche Handhabe gegen die Lizenznehmer hat, auf Vorlage solcher Unterlizenzverträge hinzuwirken, entspricht der Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 22. September 2011, aaO m.w.N.).

63

9. Unter den vorgenannten Umständen ist erst Recht für die vom Landgericht angenommene Verwirkung nichts ersichtlich. Das gilt insbesondere für das - neben dem Zeitablauf - ebenfalls erforderliche sog. Umstandsmoment, wonach der Verpflichtete sich darauf eingerichtet haben muss, dass der Berechtigte sein Recht in Zukunft nicht mehr ausüben werde (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13 - m.w.N.). Hierfür sind Umstände weder vorgetragen noch ersichtlich.

B.

64

Die Berufung ist bezüglich des erhobenen Anspruchs auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten (1 379,80 €) für die Geltendmachung des Auskunftsbegehrens unbegründet. Das Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 23. August 2011 beinhaltet eine nicht erstattungsfähige Erstmahnung (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB 75. Aufl., § 286 Rdn. 44).

C.

65

1. Auf Antrag des Klägers verweist der Senat den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Höhe der möglichen Ansprüche des Klägers entsprechend § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurück (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2006 - VIII ZR 168/05 -).

66

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Es ist nicht ersichtlich, dass der finanzielle Aufwand für die Erteilung der ausgeurteilten Auskünfte aus bei ihr archiviertem Wissen die Beklagte mit mehr als 20 000,00 € beschwert.

67

3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

68

Beschluss

69

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50 000,00 € festgesetzt.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.

(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.

Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken:

1.
wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist;
2.
wenn die Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die einstweilige Einstellung der Vollstreckung oder einer Vollstreckungsmaßregel angeordnet ist oder dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf;
3.
wenn eine öffentliche Urkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die zur Abwendung der Vollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt ist;
4.
wenn eine öffentliche Urkunde oder eine von dem Gläubiger ausgestellte Privaturkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass der Gläubiger nach Erlass des zu vollstreckenden Urteils befriedigt ist oder Stundung bewilligt hat;
5.
wenn der Einzahlungs- oder Überweisungsnachweis einer Bank oder Sparkasse vorgelegt wird, aus dem sich ergibt, dass der zur Befriedigung des Gläubigers erforderliche Betrag zur Auszahlung an den Gläubiger oder auf dessen Konto eingezahlt oder überwiesen worden ist.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 62/14
vom
4. Februar 2015
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Februar 2015 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters
und Reiter

beschlossen:
Die Gegenvorstellung des Klägers gegen die Streitwertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage um auf einen GmbHGeschäftsanteil ab 19. November 1996 entfallende Gewinnansprüche. Mit Beschluss vom 18. Dezember 2014 hat der Senat, nachdem der Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das am 28. Januar 2014 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (6 U 133/12) im Hinblick auf die Beklagte zu 2 zurückgenommen hat, den Kläger dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt und im Übrigen die Beschwerde des Klägers bezüglich des Beklagten zu 1 zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Senat dem Kläger auferlegt und den Streitwert auf 1.793.495,39 € festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Gegenvorstellung des Klägers.
2
Die Gegenvorstellung ist nicht begründet. Zwar verweist der Kläger zu Recht darauf, dass der Streitwert eines Auskunftsanspruchs nur mit einem nach § 3 ZPO zu schätzenden Teilwert der Hauptsache zu bewerten ist (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 1997 - XII ZR 307/95, NJW 1997, 1016 und vom 25. Januar 2006 - IV ZR 195/04, FamRZ 2006, 619). Zu Unrecht meint der Kläger jedoch, dass lediglich der Auskunftsanspruch in die dritte Instanz gelangt sei. Das Berufungsgericht hat ausweislich der Entscheidungsgründe die Klage insgesamt abgewiesen, da kein Anspruch auf Zahlung bestehe. Wird eine Stufenklage aber wegen Fehlens einer materiell-rechtlichen Grundlage für die mit ihr verfolgten Leistungsansprüche insgesamt abgewiesen, ist nicht der Wert der Auskunft, sondern der Wert des Leistungsanspruchs selbst maßgeblich (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 12. März 1992 - I ZR 296/91, MDR 1992, 1091, 1092 und vom 1. Oktober 2001 - II ZR 217/01, NJW 2002, 71; siehe auch Schneider/ Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 5107). Die Bewertung dieses Leistungsanspruchs richtet sich über § 48 Abs. 1 GKG nach den §§ 3 ff ZPO. Wertbestimmend ist das klägerische Interesse, wobei es - da der Leistungsanspruch bei Einreichung der Stufenklage mangels Auskunft nicht exakt beziffert werden kann - einer Schätzung nach § 3 ZPO bedarf. Diese geschieht nach objektiven Anhaltspunkten, wobei anhand des Tatsachenvortrags des Klägers danach zu fragen ist, welche Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 31. März 1993 - XII ZR 67/92, FamRZ 1993, 1189 und Beschluss vom 19. September 2007 - IV ZR 226/06, juris Rn. 5). Eine Grenze bilden nur nicht nachvollziehbare Wunschvorstellungen eines Klägers, die in seinem Tatsachenvortrag keine Grundlage finden (vgl. hierzu Schneider/Herget, aaO Rn. 5084 f mwN). Der Kläger hat sich anhand der Geschäftsberichte der Beklagten zu 2 aus den Jahren 1997 bis 2002 einen anteiligen Gewinn von 1.793.495,39 € errechnet. Dieser Betrag war daher dem Verfahren zugrunde zu legen, wie es im Übrigen auch der Prozessbevollmäch- tigte des Klägers in seiner Nichtzulassungsbeschwerdebegründung ausdrücklich geltend gemacht hat.
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Reiter
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 16.08.2012 - 2 O 396/11 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 28.01.2014 - 6 U 133/12 -