Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 27. Juni 2007 - 3 Q 164/06

bei uns veröffentlicht am27.06.2007

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. Oktober 2006 - 1 K 64/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12.10.2006 - 1 K 64/05 -, mit dem das Verwaltungsgericht das Presseauskunftsbegehren des Klägers gegen den Beklagten auf Offenlegung der Gründe politischer Untätigkeit zurückgewiesen hat, kann nicht entsprochen werden.

Der Kläger problematisiert im Rahmen des Zulassungsbegehrens, ob das Urteil des Verwaltungsgerichts auf mehrere tragende Begründungen gestützt ist. Das Verwaltungsgericht hat sich zwar mit der Abgrenzung von Auskunftsansprüchen für die Presse einerseits und für eine PR-Tätigkeit andererseits befasst, indessen ohne abschließende gerichtliche Stellungnahme (Urteil S. 24). Selbstständig tragend für die Klageabweisung ist dagegen die Begründung des Verwaltungsgerichts, dass die Presseanfrage hier auf innerlich gebliebene Motive gerichtet ist (zur Auslegung des Auskunftsbegehrens S. 25 im Sinnzusammenhang mit S. 23 des Urteils) und damit die rechtlichen Grenzen einer Presseauskunft überschritten sind, die sich danach auf Tatsachen richtet, indessen nicht auf innerlich gebliebene Motive.

Mithin sind die geltend gemachten Zulassungsgründe nur insoweit entscheidungserheblich, als sie sich gegen den tragenden Teil der Begründung des Verwaltungsgerichts richten

vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.9.1990 - 9 B 107/90 -, wonach gegen jede selbstständig tragende Begründung ein Zulassungsgrund geltend gemacht werden und auch vorliegen muss.

Mit Blick auf die danach tragende Begründung macht der Kläger die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie einen wesentlichen Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) geltend.

Mit Blick auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel stellt der Kläger sowohl die Auslegung der Presseanfrage durch das Verwaltungsgericht als auch die Begrenzung des Presseauskunftsanspruchs auf Tatsachen unter Ausschluss innerer Tatsachen und Motive in Frage.

Dem Verwaltungsgericht hält der Kläger eine reine Wortauslegung der Anfrage vor. Das Verwaltungsgericht habe allein aus der Formulierung der beiden Pressefragen „Warum“ und „Weshalb“ gefolgert, es werde deshalb nach innerlich gebliebenen Motiven geforscht. Solche Fragen zielten nicht zwangsläufig auf innere Absichten, sondern schlicht auf die Gründe der Untätigkeit. Der Grund für ein Unterlassen der Verwaltung stelle an sich eine objektive Tatsache dar. Darum gehe es auch bei der Presseanfrage.

Die Angriffe gegen die Auslegung des Verwaltungsgerichts überzeugen weder methodisch noch im Ergebnis. Methodisch hat sich das Verwaltungsgericht nicht etwa mit einer Wortauslegung begnügt. Das Verwaltungsgericht hat es als geboten angesehen (S. 23 des Urteils), zur Auslegung auch die beiden Anlagen der Presseanfrage einzubeziehen, und zwar die Schreiben der Vertriebsleute und des Firmengründers der von der vorgetragenen Untätigkeit betroffenen Firma. Erkennbar entspricht das Vorgehen des Verwaltungsgerichts der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach empfangsbedürftige Willenserklärungen im öffentlichen Recht entsprechend zivilrechtlichen Grundsätzen nach dem objektiven Erklärungswert aus der Empfängersicht auszulegen sind unter Berücksichtigung aller erkennbarer Umstände

BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, zitiert nach Juris.

Auch inhaltlich ist das Auslegungsergebnis des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, wonach das Auskunftsbegehren letztlich auf die Erforschung und anschließende Bekanntgabe innerlich gebliebener Motive gerichtet ist. Mit Blick auf die Auslegung hat das Verwaltungsgericht hervorgehoben, dass bereits die Presseanfrage selbst die wertende Formulierung enthält, nach den vorliegenden Informationen sei die Firma in den Ruin getrieben worden, was nach der Ansicht des Verwaltungsgerichts den Vorwurf einer Schädigungsabsicht der Finanzbehörden enthält. Bei der nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlichen Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände sind auch die ausdrücklich beigefügten Anlagen zur der Presseanfrage in die Auslegung miteinzubeziehen, wie es auch das Verwaltungsgericht getan hat. Bestätigend und bestärkend dazu zielen nach der Ansicht des Senats die Formulierungen in der Anlage 1 „persönliche Abneigung“, „Sturheit und Arroganz“ sowie in der Anlage 2 „übermächtige machthungrige Fiaskobeamte“ und „die Absicht Ihrer besessenen Beamten“ erkennbar auf innere Motive der Untätigkeit und nicht zugleich auf eine Objektivierung im Sinne objektiver Gründe. Der in der Zulassungsbegründung hervorgehobene Gesichtspunkt, die Ursache eines Unterlassens der Verwaltung stelle an sich eine objektive Tatsache dar, findet in der Presseanfrage nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont keinen Anhaltspunkt. In der Presseanfrage und den Anlagen sind die inneren Motive, um die es geht, sogar ausdrücklich benannt. Deshalb ist die Gegenauslegung des Klägers, es ginge auch und gerade um objektive Tatsachen als Gründe, doch sehr fern liegend. Sie genügt jedenfalls nicht, um ernstliche Zweifel an dem hier gefundenen Auslegungsergebnis des Verwaltungsgerichts zu begründen.

Mit seinem weiteren Zulassungsvorbringen stellt der Kläger die Rechtsgrenzen des Presseauskunftsrechts, so wie sie das Verwaltungsgericht im Anschluss an das Urteil des OVG Münster vom 23.5.1995 - 5 A 2875/92 - bestimmt hat, in Frage. Nach der Rechtsauffassung des Klägers gilt der Presseauskunftsanspruch nach § 5 SMG (nunmehr in der Fassung vom 25.4.2007, Amtsbl. S. 1062) ohne Einschränkung für die Ursachen des Handelns und Unterlassens von Politikern. Die Bürger in der Demokratie interessiere es gerade, warum und weshalb die von ihnen gewählten Politiker entsprechend gehandelt bzw. nicht gehandelt hätten. Dieses erhebliche Informationsinteresse sei verfassungsrechtlich durch die Pressefreiheit und Informationsfreiheit des Art. 5 GG geschützt. Ohne einen solchen uneingeschränkten Informationsanspruch und eine entsprechende Informationsverbreitung könne eine Demokratie und damit auch die Kontrolle staatlicher Stellen durch die Presse nicht funktionieren. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund enthalte der Gesetzestext des § 5 SMG keine Einschränkung im Sinne des Verwaltungsgerichts und es gebe auch keinen Grund für eine solche Einschränkung.

Dem Kläger ist durchaus einzuräumen, dass es um ein wesentliches Anliegen der Presse geht. Das öffentliche Interesse, nicht nur die Unterlassungen der Politiker aufzudecken, sondern darüber hinaus auch deren innere Motive zu erforschen, ist ganz erheblich. Das Informationsinteresse der Presse hat auch verfassungsrechtlich großes Gewicht und für den Kontrollauftrag der Presse. Deshalb hätte die Erstreckung des Presseauskunftsanspruchs auf innere Tatsachen und Vorgänge eine bedeutende Verstärkung der Kontrollfunktion der Presse zur Folge.

Indessen kann das Anliegen des Klägers nach der Gesetzes -und vor allem der Verfassungsrechtslage keinen Erfolg haben.

Das Verwaltungsgericht hat sich (Urteil S. 24) in vollem Umfang der Rechtsprechung des OVG Münster zum Verhältnis von Presseauskunftsrecht und inneren Tatsachen angeschlossen

OVG Münster, Urteil vom 23.5.1995 - 5 A 2875/92 -, zitiert nach Juris, dort insbesondere Rn. 14 und 22.

Nach dieser Rechtsprechung beschränkt sich das Presseauskunftsrecht auf Tatsachen. Dazu gehören aber nicht innere Tatsachen wie Absichten, Motive und sonstige Überlegungen. Die Behörden könnten solchen Auskunftsersuchen „naturgemäß“ nur nachkommen, wenn diese inneren Vorgänge sich im amtlichen Raum manifestiert hätten. Eine behördliche Erforschung innerlich gebliebener Motive von Amtsträgern scheide schon wegen der zu schützenden Persönlichkeitssphäre der Betroffenen von vornherein aus. Mithin erstreckt sich ein Presseauskunftsanspruch nach der Rechtsprechung des OVG Münster nicht auf innerlich gebliebene Tatsachen und Vorgänge.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts und des OVG Münster stimmt mit der derzeitigen Gesetzeslage und vor allem eindeutig mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Presserecht und zum Persönlichkeitsrecht überein und überzeugt auch den Senat.

§ 5 SMG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 25.4.2007 (Amtsbl. S. 1062) verpflichtet in Absatz 1 Behörden dazu, Vertreterinnen und Vertretern der Medien die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Eine gesetzliche Einschränkung enthält § 5 Abs. 2 Nr. 3 SMG für den Fall der Verletzung eines schutzwürdigen privaten Interesses. Der Gesetzestext öffnet sich mithin für eine verfassungskonforme Auslegung, die letztlich über die Einbeziehung oder den Ausschluss innerer Tatsachen und Vorgänge mit Blick auf den Auskunftsanspruch entscheidet.

Mit Blick auf die Würdigung der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) sowie der zugehörigen Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) einerseits und des Persönlichkeitsrechts nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG andererseits geht der Senat von der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, die zu einer eindeutigen Lösung im vorliegenden Fall führt.

Die Presse- und Informationsfreiheit hat einen hohen Rang. Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich

BVerfG, Beschluss vom 24.5.2005 - 1 BvR 1072/01 -, zitiert nach Juris, Rn. 51; ebenso schon grundlegend „Spiegel-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts vom 5.8.1966 - 1 BvR 586/62 -.

Die Presse hat eine kritische Funktion und stellt ein Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern dar

zum ersteren BVerfG, Beschluss vom 28.5.1999 - 1 BvR 77/99 -; zum letzteren BVerfG, Spiegel-Urteil vom 5.8.1966 - 1 BvR 586/62 -.

Die Presse-, Rundfunk- und Informationsfreiheit schützt auch die Beschaffung der Information

umfassend zur Presse-, Rundfunk- und Informationsfreiheit BVerfG, Urteil vom 24.1.2001 - 1 BvR 2623/95 - „Politbürourteil“, zitiert nach Juris, Rn. 54-56; zur Informationsbeschaffung der Presse bereits Urteil des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 1.4.1998 - 8 R 27/96 -.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats ist die Presseauskunftspflicht eine prinzipielle Folgerung aus der Pressefreiheit

so sinngemäß BGH, Urteil vom 10.2.2005 - III ZR 294/04 -, zitiert nach Juris und ausdrücklich Urteil des OVG des Saarlandes vom 1.4.1998 - 8 R 27/96 -, S. 12 des Umdr..

Insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Klägers versetzt erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen

BVerfG, Beschluss vom 14.7.1994 - 1 BvR 1595/92 -, zitiert nach Juris, Rn. 34.

Der funktionsgemäß erforderliche Umfang der Presseauskunft bestimmt sich auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung nach einer „Geschehnisformel“. Danach soll der Informationsanspruch der Presse die Wahrnehmung ihrer Aufgabe dadurch ermöglichen, dass sie umfassend und wahrheitsgetreu Informationen über Geschehnissen von öffentlichem Interesse erhält

BGH, Urteil vom 10.2.2005 - III ZR 294/04 -, zitiert nach Juris, Rn. 10; inhaltsgleich BayVGH, Urteil vom 7.8.2006 - 7 BV 05.2582 -, zitiert nach Juris, Rn. 35.

Die dargelegte „Geschehnisformel“ enthält keinen Hinweis darauf, dass zu den Geschehnissen von öffentlichem Interesse auch innere Vorgänge gehören könnten, die sich lediglich im Kopf von Politikern oder Amtsträgern abspielen. In Wirklichkeit könnte eine solche Auskunft auch nicht nach amtlichen Unterlagen erteilt werden, vielmehr müsste der Auskunft gebende Staat seinerseits in solche inneren Tatsachen und Vorgänge eindringen. Zugunsten des Presseauskunftsanspruchs würde also eine Informationsquelle eröffnet, die offensichtlich nicht allgemein zugänglich ist.

Ein starkes Interesse der Öffentlichkeit und auch der Presse an der Eröffnung einer solchen Informationsquelle ist für den Senat klar ersichtlich.

Entscheidend ist, dass mit der Eröffnung einer solchen neuartigen Informationsquelle nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Schutzbereich der Presse-, Rundfunk- und Informationsfreiheit überschritten wird. In seinem Urteil vom 24.1.2001 - 1 BvR 2623/95 - (Politbürourteil) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden (Juris-Ausdruck, Rn. 55):

Zu deren Schutzbereich gehört aber ebenso wenig wie zu dem der Informationsfreiheit ein Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle.

Die verfassungsrechtliche Informationsfreiheit bezieht sich nur auf allgemein zugängliche Informationsquellen

BVerfG, Urteil vom 24.1.2001 - 1 BvR 2623/95 -, Juris-Ausdruck, Rn. 55.

Erst recht - und damit wird das Ergebnis der Fallentscheidung eindeutig - gilt dies für ein Presserecht auf Eröffnung einer Informationsquelle, die zum unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit gehört. Innere Vorgänge gehören nach der Verfassungsrechtsprechung zum unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit, in die der Staat nicht eindringen darf

BVerfG, Urteil vom 3.3.2004 - 1 BvR 2378/98 -, Urteil zum „großen Lauschangriff“, zitiert nach Juris, Rn. 122 und 124, wobei dort weiter gehend nach näherer Maßgabe auch innere Vorgänge zum unantastbaren Kernbereich gezählt werden, die nicht innerlich geblieben, sondern im Schutz der Privatwohnung geäußert wurden.

Diese Verfassungsrechtsprechung wurde auch nach dem neuesten Stand von 2007 bestätigt

BVerfG, Beschluss vom 11.5.2007 - 2 BvR 543/06 -, zitiert nach Juris, Rn. 39 unter Anerkennung eines Verbots staatlicher Eingriffe in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung.

Der Staat darf mithin nach der neuen Verfassungsrechtsprechung zu keinem Zweck- und damit auch nicht zugunsten der Presse - in den unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit eindringen. Innere Vorgänge genießen mithin nach der neueren Verfassungsrechtsprechung genau den absoluten Schutz, den bereits das OVG Münster der Presseauskunft als Grenze setzt.

Auf der Grundlage dieser Verfassungsrechtsprechung scheidet ein vor Gericht durchsetzbarer und vollstreckbarer Anspruch auf eine Presseauskunft über innere Vorgänge, die sich allein im Kopf von Politikern abspielen, aus.

Die Folgen dieser Verfassungsrechtslage für die Funktion der Pressefreiheit sind sodann in den Blick zu nehmen.

Die der Presse von der Verfassung übertragende Aufgabe der Information und der kritischen Kontrolle des Staates wird durch die vorgenommene Einschränkung des Informationsanspruchs nicht schwer wiegend behindert. Im Bereich der inneren Tatsachen und Vorgänge ist die Presse auf freiwillige Informanten, freiwillige Interviews oder die häufige freiwillige Selbstdarstellung betroffener Politiker und Amtsträger angewiesen, um das starke Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerade an solchen inneren Vorgängen zu befriedigen. Mit dem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen ist dies bereits deshalb vereinbar, weil das Persönlichkeitsrecht die freiwillige Offenbarung innerer Vorgänge einschließt.

Die kritische Kontrollfunktion der Presse gegenüber dem Staat wird in keinem Fall ernsthaft behindert. Dies zeigt ein konkret vom Bundesverfassungsgericht 2003 entschiedener Fall, der zugleich das Verhältnis von Untätigkeit der Politiker und inneren Vorgängen in ihrem Kopf klärt

BVerfG, Beschluss vom 17.9.2003 - 1 BvR 825/99 -.

In dem dortigen Fall ging es um den Zugang eines türkischen Fußballvereins zu kommunalen Sportplätzen. In einer Pressedarstellung hieß es, der Bürgermeister tue nichts um den türkischen Fußballspielern zu einem Fußballplatz zu verhelfen, und weiter hieß es:

Der Bürgermeister trägt die Ausgrenzung im Kopf.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Gegendarstellungsrechtsstreit die Zeitungsäußerung zur Untätigkeit als gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung angesehen, die Ausführungen zu den inneren Motiven im Kopf des Bürgermeisters dagegen ausdrücklich als wertende Äußerungen eingeordnet, die nicht gegendarstellungsfähig sind.

BVerfG, Beschluss vom 17.9.2003 - 1 BvR 825/99 -, zitiert nach Juris, Rn. 22 zur Tatsachenbehauptung und Rn. 23 zu den Motiven der Untätigkeit.

Der entschiedene Fall zeigt hinreichend klar, dass die Presse ihre Kontrollfunktion bei Untätigkeit von Politikern auch dann wahrnehmen kann, wenn diese nicht in die Offensive gehen und ihre inneren Vorgänge offen legen etwa in Interviews, die von der Presse ausgewertet werden können. In jedem Fall bleibt der Presse die Möglichkeit einer scharfen Kritik an der Untätigkeit und eine eigene Bewertung der maßgebenden Gründe der Untätigkeit. Insbesondere kann eine Pressekampagne gegen die Untätigkeit von Politikern durchaus im Sinne einer Kontrolle zu einer geänderten Politik führen, so dass die Funktion der Demokratie auch bei der erforderlichen Beachtung des Persönlichkeitsrechts mit Blick auf innere Vorgänge nicht ernsthaft in Frage steht.

Nach allem scheitert die vom Kläger befürwortete Ausdehnung des Auskunftsanspruchs auf innere Tatsachen und Vorgänge daran, dass der absolut geschützte Kernbereich der Persönlichkeit nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von 2004 und 2007 dem Staat ein Eindringen in diesem Bereich eindeutig verbietet. Das OVG Münster hat in seiner Rechtsprechung, der das Verwaltungsgericht gefolgt ist, diese Einschränkung des Presseauskunftsanspruchs bereits als „naturgemäß“ angesehen, ist mithin davon ausgegangen, dass das Ergebnis keinen Zweifeln unterliegt

OVG Münster, Urteil vom 23.5.1995 - 5 A 2875/92 -, zitiert nach Juris, Rn. 14.

Der Senat ist derselben Auffassung, dass die dargelegte Begrenzung des Presseauskunftsrechts aufgrund der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen ernstlichen Zweifeln unterliegt.

Mithin ist der in erster Linie geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel für die tragenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht gegeben.

Weiterhin hat der Fall nach Auffassung des Klägers grundsätzliche Bedeutung, die er mit drei Grundsatzrügen zur Entscheidung des Senats stellt.

Eine erste Grundsatzrüge betrifft die vom Verwaltungsgericht angesprochene Abgrenzung von Journalismus und PR; diese Abgrenzung ist aber wie dargelegt rechtlich nicht tragend und deshalb auch für den Senat nicht entscheidungserheblich.

Die zweite Grundsatzrüge zielt auf die Auslegung von Presseanfragen. Insoweit stellt der Kläger zur Entscheidung des Senats die beiden Alternativen, ob eine Konkretisierung der Presseanfrage auf innerlich gebliebene Motive im Wege der Auslegung unterstellt werden könne oder nur bei zwangsläufigen Schlussfolgerungen anzunehmen sei. Diese Grundsatzrüge bleibt erfolglos. Zum einen hat das Verwaltungsgericht eine Einzelfallwürdigung aufgrund des emotionalen Gehalts der Presseanfrage und der Anlagen vorgenommen. Beruht das Urteil indessen tragend auf einer Einzelfallwürdigung, kann es nach der Rechtsprechung des Senats insoweit nicht mit der Grundsatzrüge angegriffen werden

Beschluss des Senats vom 1.6.2007 - 3 Q 110/06 -, S. 7 des Umdrucks.

Unabhängig davon besteht für die vom Kläger angenommenen Auslegungsalternativen der bloßen Unterstellung oder zwangsläufiger Schlüsse kein grundsätzlicher Klärungsbedarf. Beides trifft nicht zu. Vielmehr steht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung fest, dass auch für empfangsbedürftige Willenserklärungen im öffentlichen Recht die Grundsätze des Zivilrechts entsprechend gelten und es mithin auf den objektiven Erklärungswert aus der Sicht des Empfängers ankommt unter Berücksichtigung aller erkennbarer Umstände

BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, zitiert nach Juris, S. 5.

Mit seiner dritten Grundsatzrüge stellt der Kläger allgemein zur Entscheidung des Senats, wann Presseauskünfte mit Blick auf Wertungen oder innere Tatsachen verweigert werden dürfen. Entscheidungserheblich ist hier allein die Grenze des Presseauskunftsrechts bei inneren Vorgängen wie innerlich gebliebenen Motiven. Insoweit ist die Verfassungsrechtslage aber eindeutig geklärt. Das OVG Münster hält in seinem Urteil vom 23.5.1995 - 5 A 2875/92 - die vom Senat bereits dargelegte Rechtsgrenze für „naturgemäß“, mithin keiner weiteren Klärung für bedürftig. Eindeutig ist auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach innere Vorgänge zum unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung gehören, in den der Staat nicht eindringen darf

BVerfG, Urteil vom 3.3.2004 - 1 BvR 2378/98 -, Rdnr. 124, sowie bestätigend BVerfG, Beschluss vom 11.5.2007 - 2 BvR 543/06 -.

Nach der insoweit neuesten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Mai 2007 ist dieser Kernbereich der inneren Vorgänge auch „absolut“ geschützt, mithin keiner relativierenden Abwägung mit anderen Rechtsgütern wie der Pressefreiheit zugänglich. Da dies nach der eindeutigen und aktuellen Verfassungsrechtsprechung geklärt ist, bedarf die Frage des absoluten Schutzes innerer Vorgänge keiner weiteren Klärung. Mangels Klärungsbedarfs bleibt mithin auch die dritte Grundsatzrüge erfolglos.

Weiterhin macht der Kläger den Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten geltend. Im Ansatz zu Recht geht er davon aus, der Begründungsaufwand der erstinstanzlichen Entscheidung könne ein Indiz für besondere rechtliche Schwierigkeiten sein

Beschluss des Senats vom 1.6.2007 - 3 Q 110/06 -, S. 27 des Umdrucks.

Insoweit setzt der Kläger aber die Gesamtlänge der Entscheidungsgründe von elf Seiten an. Der Zulassungsgrund muss sich indessen nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die tragende Begründung des Urteils beziehen

BVerwG, Beschuss vom 28.9.1990 - 9 B 107/90 -.

Tragend für die Klageabweisung sind aber im Wesentlichen nur die Ausführungen zur Auslegung der Presseanfrage (S. 23 und S. 25 des Urteils) sowie die Rechtsausführungen zur Grenze des presserechtlichen Auskunftsrechts bei inneren Tatsachen (S. 24 bis S. 26 des Urteils), insgesamt also nur vier Seiten. Die Abhandlung einer Verfassungsrechtsfrage auf rund vier Seiten indiziert keinen besonderen Begründungsaufwand im Sinne besonderer Schwierigkeiten. Weiterhin meint der Kläger, auch in der Sache selbst ergäben sich besondere Schwierigkeiten bei den Anforderungen an die Formulierung einer presserechtlichen Anfrage. Das überzeugt nicht. Aus der Sicht der Presse bereitet es keine Schwierigkeiten, klar unterscheidbar nach den objektivierten Gründen oder den Motiven der behördlichen Untätigkeit zu fragen. Im vorliegenden Fall bereitet die Einzelfallauslegung aufgrund des emotionalen Gehalts der Presseanfrage und der Anlagen keine besonderen Schwierigkeiten.

Weiterhin nimmt der Kläger an, die Rechtssache weise besondere rechtliche Schwierigkeiten mit Blick auf die Grenzen des Presseauskunftsanspruchs bei Fragen nach inneren Tatsachen auf. Bei Abgrenzungen des Presseauskunftsrechts können durchaus komplizierte, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschiedene Fragen auftreten, die dann einen Zulassungsgrund bedeuten. Im vorliegenden Fall liegt es aber anders. Der Senat zieht mit dem absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit im vorliegenden Fall nur die Konsequenzen aus einer aktuellen Verfassungsrechtsprechung aus dem Jahr 2007. Wegen der Eindeutigkeit und Aktualität dieser Rechtsprechung bereitet dies keine besonderen Schwierigkeiten.

Mithin scheidet für die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts auch der Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten aus.

Abschließend macht der Kläger geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe auf einem wesentlichen Verfahrensmangel. Das Gericht habe den mündlichen Vortrag des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2006 über eine Sitzung im Finanzministerium übergangen. Stattdessen habe es in den Entscheidungsgründen des Urteils festgestellt (Urteil S. 25):

Weder hat es der Kläger behauptet noch ist es für die Kammer aus sonstigen Umständen ersichtlich, dass die Gründe für das Untätigbleiben des Beklagten in irgendeiner Weise innerbehördlich dokumentiert worden sein könnten.

Darin liege sowohl eine Verletzung des rechtlichen Gehörs als auch der Aufklärungspflicht nach § 86 VwGO. Ergänzend trägt der Kläger dazu in dem Schriftsatz vom 6.5.2007 vor, für die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht bedürfe es weder eines Beweisantrags noch einer zuvor erfolgten Protokollierung erster Instanz, zumal Selbstverständlichkeiten nicht protokolliert werden müssten.

Die Verfahrensrüge muss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfolglos bleiben.

Soweit es um Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil über den Parteivortrag in der mündlichen Verhandlung geht, kann eine angeblich Unrichtigkeit dieser Feststellungen nicht mit der Verfahrensrüge, sondern gemäß § 119 Abs. 1 VwGO nur mit dem fristgebundenen Antrag auf Berichtigung geltend gemacht werden

BVerwG, Beschluss vom 15.4.1998 - 2 B 26/98 -, Jurisausdruck Rdnr. 3, dort als ständige Rechtsprechung bezeichnet.

Dabei geht die Berichtigungsregelung des § 119 Abs. 1 VwGO von einem funktionalen Tatbestandsbegriff aus und umfasst alle Tatsachen in der Entscheidung unabhängig davon, in welchem Entscheidungsteil sie angesiedelt sind

Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 119 Rn. 2 m.w.N.

An einem solchen fristgerechten Tatbestandberichtigungsantrag fehlt es hier ausweislich der Akten. Auf die weiteren Ausführungen des Klägers dazu, ob eine Protokollierung beziehungsweise eine Protokollberichtigung hier überflüssig war, kommt es mithin nicht mehr an

vgl. aber zum Vorrang der Protokollberichtigung vor der Verfahrensrüge Beschluss des Senats vom 24.4.2006 - 3 Q 60/05 -, S. 6 des Umdrucks.

Da eine Verfahrensrüge nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erhoben werden kann, scheidet sie sowohl in Form der Gehörsrüge als auch der Aufklärungsrüge aus. Mithin greift keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe gegen die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts durch.

Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist danach kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus den §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 27. Juni 2007 - 3 Q 164/06

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 27. Juni 2007 - 3 Q 164/06

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 27. Juni 2007 - 3 Q 164/06 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

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(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden. (2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluß. Der Beschlu

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(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 294/04
Verkündet am:
10. Februar 2005
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
NdsPresseG § 4
Der Auskunftspflicht nach § 4 Abs. 1 NdsPresseG (bzw. den entsprechenden
Bestimmungen in den Pressegesetzen der anderen Bundesländer) unterliegen
auch Betriebe der kommunalen Daseinsvorsorge, die in Form von
Gesellschaften mit beschränkter Haftung geführt werden, aber unter beherrschendem
Einfluß der öffentlichen Hand stehen.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - III ZR 294/04 - LG Bückeburg
AG Bückeburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 18. Mai 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die durch die Anrufung des Verwaltungsgerichts Hannover verursachten Mehrkosten, einschließlich derjenigen des Rechtswegbeschwerdeverfahrens, den Klägern auferlegt werden.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger zu 1, der Bund der Steuerzahler Niedersachs en und Bremen e.V., ist Herausgeber der Zeitschrift "BdSt-Nachrichten Niedersachsen und Bremen", der Landesbeilage zur Mitgliederzeitschrift des Bundes der Steuerzahler "Der Steuerzahler". Die Landesbeilage erscheint alle zwei Monate in einer Auflage von 50.000 Exemplaren. Der Kläger zu 2 ist der verantwortliche Redakteur der Landesbeilage. Die Kläger sehen deren Aufgabe darin, sich kri-
tisch mit Vorgängen der öffentlichen Finanzen und der öffentlichen Haushaltswirtschaft auseinanderzusetzen.
Die Beklagte ist eine GmbH, die Aufgaben der kommunal en Energieversorgung wahrnimmt. An ihrem Stammkapital von insgesamt 6.805.700 € sind die Bückeburger Bäder GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt Bückeburg ist, mit einem Kapitalanteil von 3.575.300 €, die Wirtschaftsbetriebe Stadthagen GmbH mit einem Kapitalanteil von 1.799.300 €, die Elektrizitätswerk Minden-Ravensberg GmbH (EMR) mit einem Kapitalanteil von 1.087.400 € und die Stadt Obernkirchen mit einem Kapitalanteil von 343.700 € beteiligt. Die Kapitalanteile der Gesellschafterin EMR werden ihrerseits zu 50,65 % von der E.ON Energie AG gehalten.
Nach Presseberichten über eine angebliche Vervierfachung der Sitzungsgelder des Aufsichtsrats der Beklagten begehren die Kläger, gestützt auf § 4 des Niedersächsischen Pressegesetzes (NdsPresseG), mit der vorliegenden Klage von der Beklagten Auskunft zu folgenden Fragen:
1. Ist es zutreffend, daß die Sitzungsgelder für die Mitglieder des Aufsichtsrates der Beklagten zum 1. Januar 2002 angehoben worden sind? Wenn ja, auf welche Höhe?
2. Wie häufig tritt der Aufsichtsrat der Beklagten zusammen und wie ist der Aufsichtsrat im einzelnen besetzt (wie viele Mitglieder, Vorsitzender , Stellvertreter)?
3. Auf welche Höhe belaufen sich insgesamt die jeweils bislang gezahlten Sitzungsgelder für die Mitglieder des Aufsichtsrates der Beklagten ? Welche zusätzlichen Belastungen entstehen durch eine etwaige Erhöhung der Sitzungsgelder ab dem 1. Januar 2002?
Das Amtsgericht, an welches der Rechtsstreit durch das ursprü nglich angerufene Verwaltungsgericht Hannover verwiesen worden ist, hat die Klage abgewiesen; das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Auskunftserteilung verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet.
Den Klägern steht nach § 4 Abs. 1 NdsPresseG der mit der Klage geltend gemachte Auskunftsanspruch gegen die Beklagte zu.
1. Nach dieser Vorschrift sind Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse, zu denen insbesondere (auch) Herausgeber und Redakteure gehören können (Löffler/Wenzel, Presserecht, 4. Aufl. 1997 § 4 LPresseG Rn. 42, 43; Soehring, Presserecht, 3. Aufl. 2000 Rn. 4.10), die für die Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Dieser Informationsanspruch soll der Presse die Wahrnehmung ihrer Aufgabe im Rahmen der demokratischen Meinungs- und Willensbildung dadurch ermöglichen, daß sie umfassend und wahrheitsgetreu Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Inter-
esse erhält und dadurch in die Lage versetzt wird, die Öffentlichkeit entsprechend zu unterrichten (vgl. VG des Saarlandes, AfP 1997, 837, 839; OVG des Saarlandes, AfP 1998, 426, 427). Auf diese Weise kann der Staatsbürger zutreffende und umfassende Informationen über tatsächliche Vorgänge und Verhältnisse , Mißstände, Meinungen und Gefahren erhalten, die ihm sonst verborgen bleiben würden, die aber Bedeutung für eine abgewogene Beurteilung der für seine Meinungsbildung essentiellen Fragen haben können. Erst diese für eine möglichst unverfälschte Erkenntnis notwendige Übersicht über Tatsachen und Meinungen, Absichten und Erklärungen ermöglicht eine eigene Willensbildung und damit die Teilnahme am demokratischen Entscheidungsprozeß überhaupt (vgl. BVerfGE 20, 162, 174 f; 83, 238, 295 f; 97, 228, 257 f). Die Vorschrift des § 4 NdsPresseG weist daher enge Bezüge nicht nur zur Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, sondern auch zur Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und zu Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auf. Hieran müssen sich die Auslegung des Art. 4 Abs. 1 NdsPresseG und insbesondere auch die Grundsätze zur Bestimmung des im konkreten Falle Auskunftsverpflichteten orientieren.
2. Unter diesem Gesichtspunkt ist den Landespressegesetzen ein eigenständiger Behördenbegriff zu eigen, der auch juristische Personen wie eine GmbH erfaßt, deren die öffentliche Hand sich zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bedient (OVG des Saarlandes aaO). Dabei ist nicht erforderlich, daß sich die GmbH vollständig - unmittelbar oder mittelbar - in öffentlicher (kommunaler) Hand befindet (so die Fallkonstellation bei VG und OVG des Saarlandes aaO). Es reicht aus, daß die GmbH von der öffentlichen Hand beherrscht wird (im Ergebnis wohl ebenso Löffler/Wenzel aaO Rn. 57; Löffler/Ricker, Handbuch
des Presserechts, 4. Aufl. 2000 Kap. 19 Rn. 10; Meier, NZG 1999, 196, 197; Endter, Der Städtetag 1998, 780, 781).

a) Der Behördenbegriff des Presserechts ist nicht organisa torischverwaltungstechnisch , sondern funktionell-teleologisch zu begreifen. Sinn und Zweck des § 4 NdsPresseG ist es, der Presse die ihr durch Art. 5 GG garantierte und in § 3 NdsPresseG manifestierte Funktion im Rahmen der demokratischen Meinungs- und Willensbildung zu gewährleisten und es ihr so zu ermöglichen , ihre Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse umfassend und wahrheitsgetreu zu erhalten. Die Berichterstattung der Presse über Vorgänge im staatlichen Bereich beschränkt sich nicht lediglich auf die staatliche Eingriffsverwaltung, die typische Form staatlichen Handelns. Vielmehr nimmt die Verwaltung eine Fülle sonstiger Aufgaben gerade im Bereich der Leistungsverwaltung wahr. Überall dort, wo zur Wahrnehmung staatlicher Aufgaben öffentliche Mittel eingesetzt werden, von deren konkreter Verwendung Kenntnis zu erlangen ein berechtigtes öffentliches Interesse besteht, wird auch ein Informationsbedürfnis der Presse und der Bevölkerung begründet. Auf dieses Bedürfnis hat es keinen Einfluß, ob sich die Exekutive zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im Einzelfall einer privatrechtlichen Organisationsform bedient (VG des Saarlandes aaO).

b) Als eine der Wasser- und Energieversorgung dienende Gesellschaft erfüllt die Beklagte Aufgaben der Daseinsvorsorge. Die Daseinsvorsorge ist Gegenstand der Leistungsverwaltung zur Schaffung und Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen und stellt einen Schwerpunkt der kommunalen Tätigkeit zum Wohle der Gemeindebewohner dar, wobei die Gemeinden das Recht haben , im örtlichen Bereich Aufgaben der Daseinsvorsorge eigenverantwortlich
aufzunehmen und niederzulegen (Endter aaO S. 781; Waechter, Kommunalrecht 2. Aufl. Rn. 104). Dieses kommunale Selbstverwaltungsrecht wird durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützt. Unter den Begriff der Daseinsvorsorge sind alle zur Befriedigung der Grundbedürfnisse der Bürger erforderlichen Leistungen der Verwaltung zu fassen (Meier aaO S. 196; Köhler, BayVBl. 2001, 1, 6). Traditionell gehören gerade die Strom-, Gas- und Wasserversorgung zu den typischen kommunalen Aufgaben (vgl. BVerfG, NJW 1990, 1783; BGH, Urteil vom 14. November 2003 - 2 StR 124/03 = NJW 2004, 693; Senatsurteil BGHZ 91, 84, 86; Senatsurteil vom 24. September 1987 - III ZR 91/86 = NVwZ-RR 1989, 388 f).

c) Zwar ist die Beklagte als GmbH mit eigener Rechtspersö nlichkeit rechtlich, organisatorisch und rechnungsmäßig gegenüber den sie tragenden Kommunen verselbständigt. Es handelt sich auch um eine Gesellschaft, an der nicht nur unmittelbar oder mittelbar Gemeinden beteiligt sind. Gleichwohl wird sie faktisch von der öffentlichen Hand beherrscht. Der Anteil der Bückeburger Bäder GmbH, die zu 100 % in kommunaler Hand liegt, am Gesellschaftsvermögen der Beklagten beträgt 53 %, der der Wirtschaftsbetriebe Stadthagen GmbH 26 %, der der EMR 16 % und der der Stadt Obernkirchen 5 %. Selbst wenn die privatrechtliche E.ON AG Mehrheitsgesellschafterin der EMR ist, ergibt sich, daß der Einfluß der öffentlichen Hand auf die Beklagte insgesamt wenigstens bei über 70, wenn nicht sogar bei über 80 % liegt. Der bestimmende Einfluß der öffentlichen Hand wird auch an der Zusammensetzung des 15-köpfigen Aufsichtsrats der Beklagten deutlich, dem laut Gesellschaftsvertrag umfassende Befugnisse zukommen. So sind die Hauptverwaltungsbeamten der Städte Bückeburg, Stadthagen und Obernkirchen kraft Amtes Mitglied. Vier weitere Aufsichtsratsmitglieder werden vom Rat der Stadt Bückeburg und
drei weitere vom Rat der Stadt Stadthagen entsandt. Der Vorsitz im Aufsichtsrat soll alternierend von Vertretern der Städte Bückeburg und Stadthagen wahrgenommen werden.

d) Die hier einschlägige niedersächsische Gemeindeordnung - andere Gemeindeordnungen enthalten vergleichbare Regelungen - läßt eine wirtschaftliche Betätigung der Kommunen ohnehin nur zu, wenn sie durch einen öffentlichen Zweck gerechtfertigt bzw. gefordert ist (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 NGO). Dies gilt unabhängig davon, ob diese Betätigung in Form eines Eigenbetriebs (§ 108 Abs. 2 Nr. 1 NGO), in Form einer (öffentlichrechtlich oder privatrechtlich organisierten) Eigengesellschaft (§ 108 Abs. 2 Nr. 2 NGO) - d.h. eines Unternehmens, dessen sämtlichen Anteile der Gemeinde gehören - oder aber, wie hier, dergestalt erfolgt, daß sich Gemeinden oder "kommunale" Gesellschaften mit beschränkter Haftung an einer (weiteren) GmbH beteiligen (vgl. § 109 Abs. 1 und 2 NGO). Den Gemeinden steht insoweit die - gerichtlich nur in beschränktem Maße überprüfbare - Einschätzungsprärogative zu (BVerwGE 39, 329, 334). Ob die öffentliche Hand bzw. das von ihr beherrschte Unternehmen im Bereich der erbrachten Leistungen ein Monopol innehat oder auch rein private Unternehmen vergleichbare Leistungen erbringen und insoweit in Konkurrenz zu den öffentlichen oder öffentlich beherrschten Einrichtungen stehen, ist dabei ohne entscheidende Bedeutung.
3. Die hier vorgenommene Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 4 Abs. 1 NdsPresseG verstößt weder gegen Art. 72 GG, noch führt sie zu einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Schlechterstellung der Beklagten gegenüber konkurrierenden "privaten" Gesellschaften.


a) Das Gesellschaftsrecht ist Teil der konkurrierenden Geset zgebung des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Nach Art. 72 Abs. 1 GG haben die Länder in diesem Bereich die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung enthält keine Vorschriften, die sich mit der Beteiligung der öffentlichen Hand an der Gesellschaft befassen. Eine ausdrückliche Regelung einer Auskunftsverpflichtung findet sich nur in § 51a GmbHG. Weder diese, allein das Innenverhältnis zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern betreffende noch andere Bestimmungen des Gesetzes stehen einer Auskunftspflicht im Sinne des § 4 Abs. 1 NdsPresseG entgegen.

b) Da die Beklagte bei der Erfüllung ihrer öffentli chen Aufgaben unter richtungsweisendem Einfluß der öffentlichen Hand steht, ist sie nicht in jeder Hinsicht mit einem Unternehmen (völlig oder überwiegend) in privater Hand zu vergleichen. Deswegen ist es gerechtfertigt, die Beklagte Auskunftspflichten zu unterwerfen, denen ihre etwaigen privat beherrschten Mitbewerber nicht unterliegen. Soweit bei "gemischtwirtschaftlichen Gesellschaften", wie hier, auch "private (Minderheits-)Gesellschafter" von der Auskunftspflicht tangiert werden, haben deren private Interessen - vorbehaltlich eines Auskunftsverweigerungsrechts (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 NdsPresseG) - hinter den überwiegenden öffentlichen Interessen zurückzutreten.

c) Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die Offenl egung der Sitzungsgelder nicht in schützenswerte Interessen der Aufsichtsratsmitglieder der Beklagten eingreift, wird von der Revision nicht angegriffen. Auch im übrigen
ist für das Vorliegen etwaiger Auskunftsverweigerungsgründe nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 NdsPresseG nichts dargetan oder sonst ersichtlich.
4. Die vom Berufungsgericht unterlassene Entscheidung, die durch die Anrufung des Verwaltungsgerichts Hannover entstandenen Mehrkosten, ein-
schließlich derjenigen des Rechtswegbeschwerdeverfahrens, den obsiegenden Klägern aufzuerlegen (§ 17b Abs. 2 Satz 2 GVG), war in der Revisionsinstanz von Amts wegen nachzuholen (§ 308 Abs. 2 ZPO).
Schlick Wurm Streck
Galke Herrmann

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 10.3.2006 - 1 K 15/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Mit dem angefochtenen Urteil vom 10.3.2006 - 1 K 15/04 - hat das Verwaltungsgericht die immissionsschutzrechtliche Drittanfechtungsklage des Klägers als Vollerwerbslandwirt abgewiesen, mit der er Lärmschutz gegen den Windpark aus fünf Windenergieanlagen der Beigeladenen begehrt. Das Urteil ist im Wesentlichen auf die Beurteilung der Vorfrage gestützt, dass dem Kläger als Schutzniveau nur der nächtliche Immissionsrichtwert für Dorfgebiete von 45 dB (A) zusteht sowie auf die Entscheidung der Hauptfrage, dass dieser nächtliche Immissionsrichtwert nach der nachvollziehbaren Gutachtenlage auch tatsächlich eingehalten wird. Sowohl die Entscheidung der Vorfrage als auch die der Hauptfrage hat der Kläger mit mehreren Zulassungsrügen angegriffen, die indessen insgesamt keinen Erfolg haben.

I.

Gegenüber der Entscheidung der Vorfrage zum Schutzniveau hat der Kläger die Zulassungsrügen der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) erhoben.

Entgegen der Meinung des Klägers unterliegt das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis im Sinne eines Schutzniveaus gemäß einem nächtlichen Immissionsrichtwert von 45 dB (A) keinen ernstlichen Zweifeln. Rechtsgrundlage ist das Schutzprinzip des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG insoweit in der Bekanntmachung vom 26.9.2002 (BGBl. I S. 3830) i.V.m. Nr. 6.1 TA Lärm vom 26.8.1998 zur Festsetzung der Immissionsrichtwerte.

Mehrere vom Kläger im Zulassungsverfahren vorgebrachte Einwände verfehlen bereits diese normative Grundlage. Soweit sich der Kläger auf eine günstigere Regelung des Schutzniveaus in dem von ihm in vollem Umfang angefochtenen Genehmigungsbescheid vom 19.12.2002 beruft - was zur Begründung eines vollständigen Aufhebungsanspruchs nicht einleuchtet - liegt eine solche günstigere Bescheidregelung in Wirklichkeit nicht vor. Auf Seite 3 des Genehmigungsbescheides wird der in der Nachtzeit einzuhaltende Immissionsrichtwert für Wohngebiete auf 40 dB (A) festgelegt, dagegen für näher genannte Anwesen und eine Gaststätte auf 45 dB (A). Der Landwirtschaftsbetrieb des Klägers wird weder ausdrücklich noch sinngemäß genannt, sodass es allein auf die wirkliche Rechtslage ankommt. Noch weniger kann es auf die frühere gegebenenfalls einhellige Rechtsmeinung der Beteiligten über ein höheres Schutzniveau ankommen, da sie sich nicht gegenüber der wirklichen Rechtslage durchsetzt. Darüber hinaus sind die im zusammenfassenden Schriftsatz des Klägers vom 24.4.2007 dargestellten neuesten Planungsabsichten der Gemeinde aus dem Jahr 2007 rechtlich bereits deshalb irrelevant, weil es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungsklagen auf die Rechts- und Sachlage im Zeitpunkt der Genehmigung beziehungsweise des Widerspruchsbescheides - hier vom 26.1.2004 - ankommt

BVerwG, Beschluss vom 11.1.1991 - 7 B 102.90 -, UPR 1991, 235.

Ausgehend von dem maßgebenden Zeitpunkt besteht unstreitig ein Flächennutzungsplan, der die nähere Umgebung des Anwesens des Klägers als allgemeines Wohngebiet (WA) im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO darstellt. Indessen enthält der Flächennutzungsplan als bloß vorbereitender Bauleitplan nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB rechtlich allein eine Darstellung der sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebenden Bodennutzung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB), die im Gegensatz zu den rechtsverbindlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BauGB mangels Normqualität nicht aus sich heraus unmittelbare Rechtswirkung gegenüber Dritten entfaltet. Unstreitig existiert für das hier einschlägige Gebiet kein Bebauungsplan. Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm verweist allein auf die Festlegung der Bebauungspläne. Fehlt es wie hier an solchen rechtsverbindlichen Festsetzungen, sind Gebiete und Einrichtungen entsprechend ihrer faktischen Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. In seiner tatsächlichen Beurteilung geht das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil (S. 10) davon aus, dass sich in dem einschlägigen Gebiet abgesehen von dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers unmittelbar vorgelagert ein weiterer landwirtschaftlicher Betrieb befindet und ansonsten Wohnhäuser vorhanden sind. Diese tatsächliche Grundstruktur ist im Zulassungsverfahren unstreitig, denn auch der Kläger geht davon aus, dass in dem einschlägigen Gebiet zwei landwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe an Wohnbebauung im Übrigen angrenzen und belegt dies mit einem Luftbild (Bl. 388 der Akte).

Allerdings will der Kläger aus dieser tatsächlichen Situation andere Konsequenzen ziehen als das Verwaltungsgericht. Er meint zum einen, es komme auf die Quantität der Nutzung an, so dass die überwiegende Wohnnutzung allein maßgebend sei und ein allgemeines Wohngebiet vorliege. Das überzeugt nicht. In einem allgemeinen Wohngebiet sind nach § 4 Abs. 3 BauNVO landwirtschaftliche Betriebe nicht einmal ausnahmsweise zulässig, während sie in einem Dorfgebiet nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 zur zulässigen Nutzung gehören. Da die beiden wohngebietsfremden landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebe den Gebietscharakter mitbestimmen, scheidet die Annahme eines gebietsreinen allgemeinen Wohngebiets aus. Mithin überzeugt dieser Gesichtspunkt nicht.

Weiter beruft sich der Kläger gegenüber der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf ein seiner Ansicht nach abweichendes Urteil des OVG Koblenz vom 24.7.2003 - 1 A 10708/02.OVG -. Nach seinem zusammenfassenden Schriftsatz vom 24.4.2007 meint der Kläger, das OVG Koblenz habe klar entschieden, dass selbst die Existenz eines einzelnen Landwirtschaftsbetriebs die Qualifikation als allgemeines Wohngebiet nicht hindert. Ausweislich der vorgelegten Entscheidung des OVG Koblenz liegt dort aber ein wesentlich anderer Sachverhalt vor als der hier zu entscheidende. Nach Seite 6 des Urteils des OVG Koblenz waren in dem dort entschiedenen Fall Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe nicht vorhanden. Sodann folgt der Satz (S. 6 des Urteils):

Sollten solche Wirtschaftsstellen früher einmal bestanden haben, werden sie jedenfalls seit so langer Zeit nicht mehr betrieben, dass die Umgebung nicht mehr im Sinne eines Dorfgebiets geprägt ist.

Dieser ohne weiteres einleuchtende Rechtssatz bezieht sich mithin auf aufgegebene landwirtschaftliche Wirtschaftsstellen, nicht aber wie hier auf voll betriebene Landwirtschaftsstellen. Eine unterschiedliche Beurteilung der Gebietsprägung durch aufgegebene und voll betriebene Landwirtschaftsstellen liegt auf der Hand, was keiner weiteren Darlegung bedarf. Mithin hat der Kläger keinen Gesichtspunkt vorgetragen, der das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis der Schutzbedürftigkeit nur nach Maßgabe eines Dorfgebiets ernstlich in Zweifel ziehen könnte.

Vielmehr lässt sich das Ergebnis des VG noch durch einen weiteren Gesichtspunkt aus der Systematik der TA Lärm bestärken. Nach dieser Systematik kann einem landwirtschaftlichen Betrieb - als Einrichtung betrachtet - jedenfalls nicht die Schutzbedürftigkeit eines Wohngebiets zustehen. Nr. 1 Abs. 2 der TA Lärm stellt immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen wie hier weiteren emissionsträchtigen Anlagen wie Freizeitanlagen, Schießplätzen oder Tagebauen gleich, für deren eigene Emissionen aus besonderen Gründen die allgemeine Anwendung der TA Lärm nicht gegeben ist, vielmehr der Schutz der Nachbarn nach dem Schutzprinzip des BImSchG in anderer Weise erfolgen muss. Daraus ergibt sich hinreichend deutlich, dass der Vorschriftengeber der TA Lärm landwirtschaftliche Anlagen als emissionsträchtig ansieht und damit erkennbar nicht der Schutzbedürftigkeit eines Wohngebiets gleichstellen will. Vielmehr ergibt sich dann aus der systematischen Würdigung der Schutzbedürftigkeit nach Nr. 6.6 i.V.m. Nr. 1 TA Lärm, dass landwirtschaftliche Anlagen schon wegen ihrer eigenen Emissionsträchtigkeit in der Schutzbedürftigkeit nur einem Dorfgebiet nach Nr. 6.1 c gleichgestellt werden können, was wiederum zu dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Schutzniveau von 45 dB (A) nachts führt. An dem vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnis kann bei zusätzlicher immissionsschutzrechtlicher Wertung kein ernstlicher Zweifel bestehen. Deshalb überzeugt der erste gegen die Entscheidung des Schutzniveaus vorgebrachte Zulassungsgrund nicht.

Zum Schutzniveau macht der Kläger weitergehend geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Auf welcher grundsätzlichen Feststellung die Gebietseinstufung durch das Verwaltungsgericht beruht, sagt der Kläger selbst nicht. Stattdessen trägt er vor (Zulassungsbegründung S. 8), das Verwaltungsgericht „rette sich“ in die Begründung, hier sei eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Beruht aber ein Urteil wie hier tragend auf eine Einzelfallwürdigung, kann es nach der Rechtsprechung des Senats insoweit nicht mit der Grundsatzrüge angegriffen werden

Beschluss des Senats vom 7.3.2007 - 3 Q 166/06 -, S. 5 des Umdrucks.

Mithin bleibt die Grundsatzrüge erfolglos.

Schließlich macht der Kläger mit Blick auf die Gebietseinstufung eine Divergenzrüge geltend. Er nimmt an, das Urteil des Verwaltungsgerichts weiche von dem bereits behandelten Urteil des OVG Koblenz vom 24.7.2003 - 1 A 10708/02.OVG - in der Frage der Einordnung als allgemeines Wohngebiet ab. Abgesehen davon, dass nach der Regelung des § 124 Abs.2 Nr. 4 VwGO bereits abstrakt nur eine Divergenz zu dem Oberverwaltungsgericht desselben Instanzenzugs ausreicht, liegt auch inhaltlich keine Divergenz vor. Wie bereits dargelegt, betrifft das Urteil des OVG Koblenz (S. 6 des Urteils) ein Gebiet mit aufgegebenen landwirtschaftlichen Wirtschaftsstellen, das hier angefochtene Urteil indessen ein Gebiet mit voll betriebenen Landwirtschaftsstellen. Angesichts des wesentlich unterschiedlichen Sachverhalts kann von einer divergierenden Behandlung gleichgelagerter Sachverhalte keine Rede sein.

Nach allem haben die gegen die Gebietseinstufung des Verwaltungsgerichts als Dorfgebiet vorgetragenen Zulassungsgründe keinen Erfolg.

II.

Ausgehend von dem danach geltenden nächtlichen Immissionsrichtwert von 45 dB (A) hat das Verwaltungsgericht aufgrund der Beweiserhebung, insbesondere der Einholung des Gerichtsgutachtens Pies, die tatsächliche Einhaltung dieses Nachtwerts durch den Windpark festgestellt. Gegen diese Feststellung macht der Kläger die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend.

Unter dem Blickpunkt ernstlicher Zweifel erhebt der Kläger zahlreiche Gutachtenrügen, die aber insgesamt die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht fragwürdig erscheinen lassen.

Zu diesem Maßstab Beschluss des Senats vom 5.9.2005 - 3 Q 47/04 - sowie des 1. Senats des OVG des Saarlandes vom 9.9.2004 - 1 Q 53/04.

Klarzustellen ist, dass der Gerichtsgutachter Pies der Sache nach ein Obergutachten für das Gericht erstellt hat und dabei das Prognosegutachten Kötter vom 6.9.2001 und das Immissionsmessgutachten Windtest Grevenbroich (im folgenden: Windtest) vom 29.4.2004 - beides anerkannte Messstellen nach § 26 BImSchG - gewürdigt hat. Alle drei Gutachten kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass bei dem landwirtschaftlichen Anwesen des Klägers ein Nachtimmissionsrichtwert von 45 dB (A) durch den Windpark eingehalten wird. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auf dieser Grundlage, die nach Auffassung des Senats auch in Kenntnis der in zahlreiche detaillierte Einzelpunkte aufgespaltenen Gutachtenrügen des Klägers und seiner allgemeinen Kritik zur Unsicherheit der Gutachten nicht fragwürdig ist.

Mit einem ersten Einwand in seiner Zulassungsbegründung und dem zusammenfassenden Schriftsatz vom 24.4.2007 macht der Kläger geltend, es sei immissionsbezogen keine Langzeitmessung durchgeführt worden, sondern lediglich eine einzige Messung; Aufschluss über Schallimmissionen erhalte man aber nur durch Messung über einen langen Zeitraum bei verschiedenen Windgeschwindigkeiten und vor allem auch bei verschiedenen Windrichtungen. Diese Einwendung würde allenfalls im System der TA Luft zutreffen, indes nicht im System der einschlägigen TA Lärm. Die TA Luft enthält langfristig einen Immissions-Jahreswert und kurzfristig einen Immissions-Tageswert und Immissions-Stundenwert.

Nr. 4.7.1, 4.7.2 und 4.7.3 TA Luft vom 24.7.2002.

Demgegenüber enthält die TA Lärm gegenüber der TA Luft einen wesentlich verkürzten zeitlichen Horizont der Messungen. Kurzzeitwerte sind als Geräuschspitzen jeweils auf eine Taktzeit von 5 Sekunden bezogen

Nr. 2.8 und Nr. 2.9 TA Lärm vom 26.8.1998.

Demgegenüber bezieht sich der Mittelungspegel nach Nr. 2.7 TA Lärm im Fall des hier allein kritischen Nachtwerts auf eine volle Nachtstunde. Insoweit heißt es in Nr. 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm:

Maßgebend für die Beurteilung der Nacht ist die volle Nachtstunde (z.B. 1.00 bis 2.00 Uhr) mit dem höchsten Beurteilungspegel, zu dem die zu beurteilende Anlage relevant beiträgt.

Beurteilungszeit ist mithin die lauteste Nachtstunde.

Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 48 Rdnr. 19.

Dem entspricht das Immissionsmessgutachten Windtest, das auf Messungen in einem Zeitraum von knapp zwei Nachtstunden (S. 8 des Gutachtens) beruht.

Dem durchaus berechtigten Gesichtspunkt des Klägers, dass verschiedene Windgeschwindigkeiten und verschiedene Windrichtungen mit einer Messung nicht insgesamt erfasst werden, tragen die Regelung der TA Lärm und deren sachkundige Auslegung für Windenergieanlagen Rechnung.

Für die Windrichtung bestimmt Nr. A.3.3.3 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. der Anwendungsvorschrift des Satz 3 TA Lärm ausdrücklich:

Bei Abständen zwischen maßgeblichem Immissionsort und diesen Anlagen ( d.H. Anlagen mit wesentlichen Beiträgen ) ab 200 m (hier sind es etwa 650 m) sind die Messungen in der Regel bei Mitwind durchzuführen.

Diese Vorgabe ist eingehalten, denn nach dem Immissionsmessgutachten Windtest (S. 8) befand sich der Immissionsmesspunkt während der Messung in Mitwindbedingungen (Wind von den Windenergieanlagen zum betroffenen Anwesen); unter diesen Bedingungen ergab sich ein Beurteilungspegel am Fenster des Anwesens des Klägers von 40,0 dB (A) (Tabelle 4, S. 18 des Windtestgutachtens).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage der Auswirkungen bei verschiedenen Windrichtungen lässt sich aus dem Gerichtsgutachten Pies, Anhang 11, mit dem dort wiedergegebenes Diagramm der VDI-Richtlinie 2714 leicht beantworten. Gegenüber einer mittleren Mitwindwetterlage führt im hier einschlägigen Abstand zwischen 500 und 1000 m Querwind zu einem um 5 - 10 dB (A) niedrigeren Schalldruck am Immissionsort und Gegenwind zu einem um etwa 15 dB (A) niedrigeren Schalldruckpegel. Daraus folgt, dass die Systematik der TA Lärm mit Blick auf die Windrichtungen auf der sicheren Seite liegt.

Vgl. zu dem Gesichtspunkt, dass Immissionswerte auf der sicheren Seite liegen, bereits BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 - 7 C 8/82 - zitiert nach Juris, dort für die TA Luft.

Die Frage der Windgeschwindigkeit bei der Mitwindlage ist in der TA Lärm nicht ausdrücklich geregelt. Für Windenergieanlagen wird unter Beachtung technischen Sachverstands von einer standardisierten Windgeschwindigkeit von 10 m/s ausgegangen.

Fachbericht des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen 2002, Materialien Nr. 63, Windenergieanlagen und Immissionsschutz, S. 13, unter Herleitung aus dem Regelwerk der DIN EN 61.400-11, Windenergieanlagen, sowie der technischen Richtlinien für Windenergieanlagen, vgl. Fachbericht S. 10, Fachbericht enthalten in der Beiakte 3, Blatt 34; dem Fachbericht folgend OVG Koblenz, Urteil vom 24.7.2003 - 1 A 10708/02.OVG , S. 7 des Umdrucks.

Diese standardisierte Windgeschwindigkeit ist bereits auf die modernen - auch hier vorliegenden - pitch-gesteuerten Anlagen mit dynamischer Blattwinkelverstellung abgestellt. Bei solchen Anlagen kann typischerweise davon ausgegangen werden, dass die betriebliche Geräuschemission bis zu einer Windgeschwindigkeit von etwa 10 m/s ansteigt und ab dann durch die pitch-gesteuerte Abbremsung der Anlage im Wesentlichen gleichmäßig verläuft. Das entspricht allgemeiner technischer Erfahrung

vgl. dazu das Bild 1 auf S. 8 des Fachberichts des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen 2002.

Konkret ist dies für die vorliegenden Windenergieanlagen des Typs E-66/18.70 aber auch durch den Kurzbericht der Windtest vom 31.5.2005 über Emissionsmessungen (in der Gerichtsakte, Bl. 147) festgestellt. Dort ist für den Betriebszustand von 1800 kW in der Tabelle 2 die Schallleistung von Betriebsgeräuschen und Windgeräuschen abhängig von der Windgeschwindigkeit in Nahentfernung (105 m) gemessen. Während die Hintergrundgeräusche des Windes zwischen 10 m/s und 12 m/s erwartungsgemäß ansteigen, bleiben die Betriebsgeräusche der Anlage (dargestellt als kreisförmige Symbole) bei Windgeschwindigkeiten zwischen 10 m/s und 13 m/s praktisch konstant. Qualitativ handelt es sich bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s um eine frische Brise und bei 13 m/s um starken Wind

vgl. Windtabelle in Brockhaus Naturwissenschaften und Technik, 2003, Tabelle in Band 3, S. 2186.

Konsequenterweise genügt bei den konkreten typgleichen Anlagen eine festgestellte Windstärke bereits von 10 m/s, um den höchsten Betriebslärm zu erfassen.

Mit der standardisierten Windgeschwindigkeit ist damit auch dem Gebot von Nr. 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm Rechnung getragen, dass der höchste Beurteilungspegel maßgebend ist, zu dem die zu beurteilende Anlage beiträgt.

Ebenso Fachbericht des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen 2002, S. 13.

Auch dieser Anforderung wird das Immissionsmessgutachten Windtest gerecht, denn die Windgeschwindigkeit hat während der Messung am Anwesen des Klägers sogar bis zu 14 m/s betragen (S. 12 des Gutachtens) und ging damit zeitweise deutlich über die standardisierte Windgeschwindigkeit von 10 m/s hinaus. Zur qualitativen Betrachtung ist darauf hinzuweisen, dass 10 m/s einer frischen Brise, Geschwindigkeiten ab 13,9 m/s bereits steifem Wind entsprechen

vgl. die Windstärketabelle in Brockhaus Naturwissenschaften und Technik, 2003, Tabelle in Band 3, S. 2186.

Auch insoweit liegt die Messung bei bis zu steifem Mitwind auf der sicheren Seite. Mithin ist das im Gerichtsgutachten beurteilte Immissionsmessgutachten Windtest auch mit Blick auf den Einwand des Klägers nicht nur tragfähig, sondern liegt nach den konkreten Windverhältnissen bei bis zu steifem Mitwind auf der sicheren Seite. Dies hat auch Bedeutung für die Würdigung der nachfolgenden Einwendungen des Klägers zur Pitch-Steuerung, zur reduzierten elektrischen Leistung und zur Rotorblattdrehzahl.

In seinem zusammenfassenden Schriftsatz vom 24.4.2007 hat der Kläger hervorgehoben, die Anlage sei im Zeitpunkt der Messung gepitcht gewesen und dementsprechend sei keine ordnungsgemäße Messung erfolgt; dem entspricht der vorausgehende rechtzeitige Vortrag in der Zulassungsbegründung, die Rotorblattstellung der Pitch-Steuerung sei bei der Messung zu gering gewesen und dies habe die Schallimmissionen verringert.

Dieser weitere Einzelpunkt der Gutachtenkritik beruht auf einem grundlegenden Missverständnis des bestimmungsgemäßen Anlagenbetriebs. Den immissionsschutzrechtlichen Berechnungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats der bestimmungsgemäße Betrieb der Anlage zugrundezulegen.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19/02 -, „Nano-Anlagenurteil“, zitiert nach Juris, Rdnr. 19; ebenso Urteil des Senats vom 16.9.2005 - 3 M 2/04 -, S. 21 des Umdrucks, dort zu der maximalen Emission eines Kraftwerks im Rahmen des bestimmungsgemäßen Betriebs der Anlage.

Der Einwand des Klägers legt es nahe, in der „Pitchung“ der Anlagen liege ein Eingriff in den bestimmungsgemäßen Anlagenbetrieb, der die Messungen unzulässig mache. In Wirklichkeit gehört die autarke Pitch-Steuerung nach den Antragsunterlagen zum bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlagen und ist auch so genehmigt. Bereits in der Kurzbeschreibung in den Antragsunterlagen ist ausgeführt, dass die Windenergieanlagen eine aktive Blattverstellung und damit eine Pitch-Regelung besitzen

Kurzbeschreibung S. 1 im Ordner 4, Registerteil 3.

Für die Pitch-Steuerung der Blattverstellung heißt es in den technischen Hauptdaten, dass je Rotorblatt ein autarkes Stellsystem mit zugeordneter Notversorgung besteht

Technische Hauptdaten in der Anlagenbeschreibung im Ordner 4, Registerteil 13.

Nach der Sicherheitstechnik der Anlagen dienen als Bremssystem drei autarke Blattverstellantriebe (Pitch-Antriebe), die das Rotorblatt um etwa 90° drehen können und damit den aerodynamischen Auftrieb regeln; unabhängig davon enthält die Sicherheitstechnik noch ein rein mechanisch wirkendes Sicherheitssystem im Sinne eines Überdrehzahlschalters

Antragsunterlagen Sicherheitstechnik, im Ordner 4, Registerteil 7.

Die für die moderne Pitch-Steuerung charakteristische Abbremsung der Anlage mit positiven Folgen für die Geräuschemissionen erfolgt mithin bei den streitigen Anlagen autark und automatisch und ist gegen Störungen gesichert. Sie ist so genehmigt und gehört damit zum bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlagen, der für alle immissionsschutzrechtlichen Berechnungen maßgebend ist. Die Immissionsmessung fand mithin mit der Rotorblattstellung statt, die der genehmigten autarken Steuerung und damit dem bestimmungsgemäßen Betrieb entsprach. Messungen bei Ausfall der Pitch-Steuerung würden sich dagegen in Wirklichkeit auf den Fall einer Betriebsstörung beziehen, für die störfallrechtlich hinreichend Vorsorge getroffen ist, die aber rechtlich keinesfalls den Immissionsschutzberechnungen für den bestimmungsgemäßen Betrieb zugrunde gelegt werden darf. Letztlich verkennt der Einwand den bestimmungsgemäßen Betrieb der mit autarker Blatteinstellung genehmigten Anlagen.

Weiterhin trägt der Kläger in seiner Zulassungsbegründung und der Zusammenfassung als weiteren Einzelpunkt vor, die Messung sei nur mit reduzierter elektrischer Leistung durchgeführt worden und dadurch werde das Messergebnis verfälscht. Eine korrekte Messung erfordere die Vollleistung der Anlage mit 1800 kW. Dieser Einwand ist von der grundsätzlichen Systematik des Immissionsschutzrechts her richtig, berücksichtigt aber nicht die konkreten Besonderheiten der pitch-gesteuerten Anlagen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats ist für herkömmliche Kraftwerke die genehmigte elektrische Vollleistung für die immissionsschutzrechtlichen Berechnungen selbst dann maßgebend, wenn sie selten gefahren wird

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 - 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371 - 374; dem folgend der Senat in dem Urteil vom 16.9.2005 - 3 M 2/04 -, S. 22 des Umdrucks.

Die fünf Anlagen des Windparks werden derzeit mit einer Einspeisebegrenzung von jeweils 1450 kW gefahren

Gerichtsgutachten Pies, S. 4.

Dagegen haben die Anlagen nach den technischen Hauptdaten der Anlagenbeschreibung eine Nennleistung von je1800 kW

Technische Hauptdaten in der Anlagenbeschreibung, Ordner 4, Registerteil 13

und sind auch für diese elektrische Leistung genehmigt. Bei konventionellen Kraftwerken liegt es auf der Hand, dass die höchste Schadstoffmenge bei höchster elektrischer Leistung und damit bei höchstem Einsatz des Brennmaterials emittiert wird. Denn die Filteranlagen sind naturgemäß nicht in der Lage, bei immer höherer Leistung den Schadstoff überproportional herauszufiltern und damit einen weiteren Schadstoffanstieg zu verhindern. Im Vergleich dazu arbeitet die Pitch-Steuerung der Windenergieanlagen mit Blick auf Geräuschemissionen effektiver. Bei den ursprünglichen „stall-geregelten“ Windkraftanlagen wuchsen zwar elektrische Leistung und Lärmauswirkung immer weiter proportional mit der Windstärke an

vgl. dazu das Bild 2 auf Seite 9 des Fachberichts des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen 2002, im Ordner 2, Blatt 34.

Dagegen wächst bei den modernen pitch-gesteuerten Anlagen mit Rotor-Bremsung die betriebsbezogene Geräuschemission nach Erreichung einer bestimmten Windgeschwindigkeit von etwa 10 m/s nicht mehr nennenswert weiter an

vgl. Bild 1 zum Geräuschverhalten einer pitch-gesteuerten Windenergieanlage auf Seite 8 des Fachberichts des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen 2002, in der Beiakte 3, Blatt 34.

Darüber hinaus kann die Einspeiseleistung in das elektrische Netz durch eine elastische Kopplung der Einspeiseeinheit mit dem Generator exakt zwischen 30 kW und der Nennleistung von 1800 kW geregelt werden

so Kurzbeschreibung S. 6 i.V.m. S. 2, im Ordner 4, Registerteil 3; vgl. dazu auch das Gerichtsgutachten Pies, S. 4, zur derzeitigen Einspeisebegrenzung auf 1450 kW.

Diese Besonderheiten der Pitch-Steuerung können im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken zu überproportional günstigen Emissionsergebnissen führen. Konkret ist dies auch der Fall. Nach dem Gerichtsgutachten wurde das Emissionsverhalten bei Nennlast von 1800 kW und bei der begrenzten Anlagenleistung von 1450 kW verglichen. Danach war der emittierte Schallleistungspegel bei der niedrigen Anlagenleistung von 1450 kW mit 104,3 dB (A) geringfügig höher als bei der Nennleistung von 1800 kW mit einem Schallpegel von 104,0 dB (A).

Gerichtsgutachten, S. 16, und Kurzbericht der Windtest vom 31.5.2005, Gerichtsakte Bl. 147, S. 7 und S. 10, dort Tabellen 2 und 5.

Die höchste elektrische Leistung ist im Immissionsschutzrecht mithin nur ein regelmäßig zutreffendes Indiz für die höchste Emission, das hier aber widerlegt ist. Konkret betrachtet kommt es nach Nr. 6. 4 Abs. 2 Satz 2 der TA Lärm auf den Anlagenzustand mit dem höchsten Beurteilungspegel an. Nach der dargelegten technischen Prüfung kann von einer praktisch unveränderten Geräuschauswirkung zwischen einer Anlagenleistung von 1450 kW und 1800 kW ausgegangen werden. Deshalb ist es konkret kein Fehler, dass bei der nächtlichen Immissionsmessung des Windtestgutachtens die elektrische Wirkleistung der Anlagen auf 1450 kW reduziert war

vgl. Tabelle 3 auf Seite 12 des Immissionsmessgutachtens Windtest, in einer Zusatzmappe in den Gerichtsakten; weitere Erläuterung in der Nachstellungnahme der Windtest vom 10.8.2006, Gerichtsakte Bl. 373.

Die nächtliche Immissionsmessung an dem Anwesen des Klägers ist also auch insoweit konkret übereinstimmend mit den Anforderungen der TA Lärm durchgeführt worden. Der Einwand überzeugt nicht.

Weiter wendet der Kläger ein, das Gerichtsgutachten berücksichtige nicht die Gesamtauswirkung aller Anlagen, sondern nur von zwei Anlagen. Ausweislich des Gerichtsgutachtens Pies (S. 20) wurden bei den Immissionsmessungen alle fünf Anlagen des Windparks betrieben; dabei wirkte nach dem Gutachten (S. 17) lediglich die Anlage 4 ohne Abschirmung ein, während die Anlage 5 durch Gebäudeabschirmung und die übrigen Anlagen durch den Geländeverlauf abgeschirmt waren. In der Nachstellungnahme der Windtest vom 10.8.2006 (Gerichtsakte Bl. 373) wird ausdrücklich hervorgehoben (S. 3), dass während der Immissionsmessungen alle fünf Windenergieanlagen des Windparks in Betrieb waren. Es wurden damit eindeutig am Anwesen des Klägers auch die Schallimmissionen aller fünf Windenergieanlagen gemessen. Der Einwand ist unzutreffend.

Mit einem weiteren Punkt seiner Detailkritik macht der Kläger geltend, aus dem Gerichtsgutachten sei keine Rotorblattdrehzahl ersichtlich; diese sei jedoch ein wichtiges Kriterium.

Der Einwand trifft insofern zu, als für die Immissionsmessung selbst keine entsprechenden Daten vorliegen.

Nachstellungnahme der Windtest vom 10.8.2006, Gerichtsakte Bl. 373, dort S. 4.

Die Zuordnung von Rotorblattdrehzahl und elektrischer Leistung ist aber auf der Grundlage der Anlagenbeschreibung und der Emissionsmessungen der Windtest in dem Kurzbericht festgestellt. Aus der Anlagenbeschreibung ergibt sich, dass die Nenndrehzahl 10 bis 22 U/min beträgt und aus der Kurzbeschreibung, dass die Höchstdrehzahl von 22 U/min die Nennleistung von 1800 kW liefert

Technische Hauptdaten in der Anlagenbeschreibung in der Beiakte 4, Registerteil 13; Kurzbeschreibung S. 2 in der Beiakte 4, Registerteil 3.

Die Gutachterin Windtest hat bei ihren Emissionsmessungen die Drehzahlen für die beiden Betriebszustände von 1450 kW und 1800 kW exemplarisch bestimmt und dabei identische Drehzahlen jeweils zwischen 22,2 U/min bis 22,4 U/min. ausgezählt.

Nachstellungnahme Windtest vom 10.8.2006, S. 4, in der Gerichtsakte Bl. 373.

Die Höchstdrehzahl von rund 22 U/min wird mithin schon bei dem Betriebszustand von 1450 kW erreicht. Bei der Immissionsmessung der Gutachterin Windtest wurde während der gesamten Messzeit die Nennleistung von 1450 kW erreicht

Immissionsmessgutachten der Windtest vom 29.4.2004, in einer Zusatzmappe in den Gerichtsakten, dort Zusammenfassung S. 26 sowie Tabelle 5.

Damit ist technisch davon auszugehen, dass auch während der ausschlaggebenden Immissionsmessung die Maximaldrehzahl der Anlagen vorlag.

Für die Erreichung der maximalen Drehzahl bei der entscheidenden Immissionsmessung spricht weiter ein ganz einfacher Gesichtspunkt. Die Maximaldrehzahl wurde bei den Emissionsmessungen der Firma Windtest gemessen bei Windgeschwindigkeiten von 8 bis 13 m/s

zur Drehzahlauszählung selbst Nachstellungnahme der Windtest vom 10.8.2006, Gerichtsakte Bl. 373, dort S. 4; zur Windgeschwindigkeit von 8 bis 13 m/s bei den Emissionsmessungen Kurzbericht der Windtest vom 31.5.2005, Gerichtsakte Bl. 147, dort Tabelle 1.

Dagegen war die Windgeschwindigkeit bei der ausschlaggebenden Immissionsmessung am Anwesen des Klägers unter Mitwindbedingungen mit 8 bis 14 m/s nochmals etwas höher als während der Auszählung der Rotationsgeschwindigkeit bei 8 bis 13 m/s.

Immissionsgutachten der Windtest vom 29.4.2004, S. 19, dort Tabelle 5.

Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, dass die bereits bei Windgeschwindigkeiten bis zu 13 m/s (starker Wind) erreichte Höchstdrehzahl bei einer noch etwas höheren Windgeschwindigkeit von 14 m/s (steifer Wind) nicht mehr erreicht werden soll. Nach allem hat der vorgebrachte Gegengesichtspunkt keine Überzeugungskraft.

Mit einem weiteren Einzelpunkt seiner Gutachtenkritik (Zulassungsbegründung S. 6) rügt der Kläger:

Des Weiteren wurde kein Messabschlag vorgenommen. Erfahrungsgemäß erhöht ein Messabschlag die tatsächlich vorhandene Immission um ca. 3 dB (A).

Dieser Einwand ist nicht haltbar, denn er kehrt den Sinn des Messabschlags in sein Gegenteil um. Nach Nr. 6.9 TA Lärm wird für die Überwachung der Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte bei Berechnung des Beurteilungspegels nach der TA Lärm bestimmt, dass zum Vergleich mit den Immissionsrichtwerten nach Nr. 6 ein um 3 dB (A) verminderter Beurteilungspegel heranzuziehen ist. Der Kläger meint offenbar, der tatsächlich gemessene Beurteilungspegel von 40 dB (A) müsse um 3 dB (A) auf 43 dB (A) erhöht werden. In Wirklichkeit handelt es sich um einen Messabschlag, wie Jarass unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erläutert.

Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 48 Rdnr. 19; BVerwG, Beschluss vom 22.10.1996 - BVerwG 7 B 132.96 -, S. 3/4 des Umdrucks für den inhaltsgleichen Messabschlag von 3 dB (A) nach der vorausgehenden Fassung der TA Lärm.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geht es bei dem Messabschlag um eine Toleranz zugunsten der Anlage, die untrennbarer Bestandteil des in der TA Lärm vorgeschriebenen Mess- und Berechnungsverfahrens ist.

BVerwG, Beschluss vom 22.10.1996 - BVerwG 7 B 132.96 -, S. 4 des Umdrucks.

In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war ein Wirkpegel von 58 dB (A) gemessen worden, der aufgrund der vorgeschriebenen Toleranz von 3 dB (A) nur mit einem Beurteilungspegel von 55 dB (A) angesetzt wurde, was exakt zur Einhaltung des Immissionsrichtwerts von tags 55 dB (A) im entschiedenen Fall ausreichte

BVerwG, Beschluss vom 22.10.1996 - BVerwG 7 B 132.96 -, S. 2 und 3 des Umdrucks.

Ein solcher Messabschlag wurde in dem Immissionsmessgutachten Windtest nicht gemacht, wie aus Tabelle 4 (S. 18 des Gutachtens) folgt, die keinen Abschlag von 3 dB (A) enthält und wie sich auch aus der Nachstellungnahme der Windtest vom 10.8.2006 (S. 4) ergibt, wonach der Messabschlag zu einem Immissionspegel von nur 37,0 dB (A) am Fenster des Anwesens des Klägers geführt hätte. Der Messabschlag ist nicht zur Anwendung gekommen, und dies wirkt sich allein zugunsten des Klägers aus. Im Übrigen war die Nichtansetzung des Messabschlags wohl korrekt, da sich der Messabschlag nach der Regelung der Nr. 6.9 TA Lärm auf das Überwachungsverfahren, aber nicht auf das Genehmigungsverfahren bezieht

ebenso OVG Koblenz, Urteil vom 24.7.2003 - 1 A 10708/02.OVG -, S. 7.

Die vom Kläger vorgetragene Erhöhungspflicht der Messwerte durch einen Messabschlag verfehlt die Rechtslage.

Sodann macht der Kläger als weiteren Punkt der detaillierten Gutachtenkritik geltend, die Tallage des Messortes sei übersehen. Sowohl das Gericht als auch das gerichtlich angeordnete Gutachten ließen die vorhandene Tallage des Ortes, also auch des Anwesens des Klägers, völlig außer Acht; hier müsse eine Prüfung im Sonderfall erfolgen, da sich Immissionen in Tallagen regelrecht aufrollten und mithin zu einer erhöhten Dauerbelastung führten. Dieser Einwand geht bereits von tatsächlich unrichtigen Voraussetzungen aus und hat keine Überzeugungskraft. Das Verwaltungsgericht stützt sich in dem angefochtenen Urteil (S. 15) voll umfänglich auf die Begründung des Gerichtsgutachtens. Das Gerichtsgutachten beschreibt bereits in den Grundlagen (S. 3) die Höhenverhältnisse der Schalleinwirkung und stellt einen Höhenunterschied zwischen den Windkraftanlagen und dem Anwesen des Klägers von 90 bis 105 m je nach Anlage fest. Damit ist die Tallage erkannt und nicht außer Acht gelassen. Vor allem geht die Tallage des Anwesens notwendig in das dem Gerichtsgutachten zugrunde liegende Immissionsmessgutachten Windtest vom 29.4.2004 ein. Auch dort ist der Höhenunterschied erkannt und es wird ausdrücklich ausgeführt, der Immissionsmesspunkt beim Kläger befinde sich in einer Kessellage (S. 7 des Immissionsmessgutachtens Windtest). Weiterhin ist in dem Gutachten die konkrete Auswirkung der Talkessellage insbesondere auf Fremdgeräusche dargelegt (S. 12 des Immissionsmessgutachtens Windtest). Jedenfalls ist die Tallage notwendig in die tatsächlichen Messungen eingegangen.

Was den vom Kläger vorgetragenen Aufrolleffekt angeht, führt die fachkundige Nachstellungnahme Windtest vom 10.8.2006 (S. 6) dazu aus, das beschriebene „Aufrollen“ der Immissionen sei unverständlich und dem Gutachter nicht bekannt. Dieser fachkundigen Stellungnahme hat der Kläger in späteren Schriftsätzen nicht mehr widersprochen. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Tallage in der tatsächlichen Immissionsmessung notwendig berücksichtigt ist und dass darüber hinaus nichts für die Existenz des vorgetragenen Aufrolleffekts spricht.

Mit einem weiteren Einzelpunkt seiner Argumentation macht der Kläger geltend, die Anlagen erwiesen sich möglicherweise bei dem genehmigten Zustand als impulshaltig. Die Möglichkeit, dass Windenergieanlagen impulshaltige Geräusche verursachen, besteht

Fachbericht des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen 2002, Windenergieanlagen und Immissionsschutz, S. 10; vgl. auch zu atypischen Geräuscheinwirkungen aus dem Getriebe von Windenergieanlagen Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, S. 20 des Umdrucks.

Der Einwand wird aber der Gutachtenlage nicht gerecht. In dem Immissionsmessgutachten der Windtest vom 29.4.2004 (S. 19) heißt es dazu:

Geräuschspitzen und andere Auffälligkeiten wie z.B. Ton- oder Impulshaltigkeiten wurden nicht festgestellt.

Mit den konkreten Feststellungen dieses Gutachtens hat der Kläger sich nicht auseinandergesetzt. Damit spricht nichts für eine andere Beweiswürdigung.

Mit einem weiteren Punkt seiner Gutachtenkritik macht der Kläger geltend, der Schallleistungspegel sei in der Immissionsprognose mit etwa 102 dB (A) angegeben; selbst das Gerichtsgutachten komme aber zu dem Ergebnis, dass der Schallleistungspegel mit 104,3 dB (A) deutlich überschritten werde. Die vom Beklagten der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zugrunde gelegte Prognose liege danach nicht auf der sicheren Seite.

In der Sache macht der Kläger geltend, im Prognoseverfahren sei die von den Anlagen ausgehende Schallleistung niedriger angesetzt worden als dies den tatsächlichen späteren Emissionsmessungen entspreche. Richtig an dem Einwand ist nur der Ansatzpunkt. In dem Prognosegutachten Kötter wird der Schallleistungspegel der einschlägigen Anlagen in den Ausgangsdaten der Berechnung zunächst mit 102,7 dB (A) angegeben.

Immissionsgutachten Kötter vom 6.9.2001, S. 9, Abschnitt 5, Ausgangsdaten der Berechnung.

Entscheidend ist aber, dass das Gutachten Kötter in der Beurteilung der Immissionsrichtwerte (S. 18) ausdrücklich ausführt, dass die Schallleistungspegel bei der detaillierten Prognoseberechnung einen in Abschnitt 5 erläuterten Sicherheitszuschlag von 2,2 dB (A) enthalten. Nach Abschnitt 5, S. 11 des Prognosegutachtens beträgt der als immissionsrelevant angesetzte Schallleistungspegel 102,7 dB (A) + 2,2 dB (A) = 104,9 dB (A). Der Prognosewert der Immission beruht mithin aus Sicherheitsgründen auf einem Schallleistungspegel von 104,9 dB (A).

Dieser prognostisch hoch angesetzte Schallleistungspegel wird in den späteren tatsächlichen Emissionsmessungen noch unterschritten. Der Kläger trägt insoweit einen gemessenen Schallleistungspegel von 104,3 dB (A) vor. Nach dem Kurzbericht der Windtest vom 31.5.2005 (S. 7 und S. 10) beträgt der gemessene Schallleistungspegel der Anlage im 1800 kW-Betriebszustand sogar nur 104,0 dB (A) und liegt für den 1450 kW-Betriebszustand wie vom Kläger vorgetragen bei 104,3 dB (A). Auch mit dem Höchstwert des gemessenen Schallleistungspegels von 104,3 dB (A) liegt die tatsächliche Emissionsmessung noch immer etwas unterhalb des im Prognosegutachten aus Sicherheitsgründen angenommenen prognostischen Schallleistungspegels von 104,9 dB (A). Mithin bleibt die Prognose auch mit Blick auf die Schallleistung entgegen der Meinung des Klägers auf der sicheren Seite. Der Einwand trifft eindeutig nicht zu.

Bei der damit abgeschlossenen Würdigung der detaillierten zahlreichen Einzelpunkte der Gegenargumentation des Klägers gegen die vorliegenden Gutachten ist der Senat davon überzeugt, dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts auf fundierten Gutachten einschließlich des gerichtlichen Obergutachtens beruht. In keinem der zahlreichen Einzelpunkte sind die vom Verwaltungsgericht übernommenen Gutachterfeststellungen fragwürdig. Ein weiterer Klärungsbedarf für den Senat ist in keinem einzigen Einzelpunkt ersichtlich.

Auf der Grundlage seiner detaillierten Einzelkritik in zahlreichen Punkten hat der Kläger auch eine Gesamtwürdigung der Gutachten aus seiner Sicht vorgenommen, die danach keine gesicherten Aussagen enthalten und jedenfalls nicht auf der sicheren Seite liegen. Diese zusammenfassende negative Würdigung der Gutachten auf Seite 6 der Zulassungsbegründung überzeugt den Senat insgesamt nicht, wie im Einzelnen auszuführen ist.

Der Kläger meint zusammenfassend, dass der gerichtlich bestellte Gutachter Pies nach eigenen Angaben keine gesicherte Aussage über die Einhaltung des Nachtimmissionswertes machen könne; deshalb sei die angefochtene Genehmigung rechtswidrig, denn die alleinige Vorgabe der Einhaltung von Richtwerten genüge nicht, um die Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen hinreichend sicherzustellen.

Das Gerichtsgutachten enthält zwei Feststellungen, die klar voneinander zu trennen sind. Zum einen enthält das Gutachten die vom Kläger zitierte Darlegung (S. 21 des Gutachtens), Überschreitungen des Nachtimmissionsrichtwertes eines allgemeinen Wohngebietes von 40 dB (A) seien nicht auszuschließen; insoweit könne eine gesicherte Aussage nicht gemacht werden. Dieser Gutachtenteil ist aber vom Standpunkt des Verwaltungsgerichts und auch des Senats rechtsunerheblich, da das Verwaltungsgericht die mit Zulassungsrügen nicht durchgreifend angegriffene Feststellung getroffen hat, dass für den Landwirtschaftsbetrieb des Klägers ein Nachtimmissionsrichtwert von 45 dB (A) als maßgebendes Schutzniveau einzuhalten ist. Für diesen allein einschlägigen Nachtimmissionsrichtwert enthält das Gerichtsgutachten auf Seite 20 die Feststellung:

Auch unter Beachtung aller Unwägbarkeiten ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Nachtimmissionsrichtwert von 45 dB (A) durch die fünf Windenergieanlagen eingehalten wird.

Sodann hat der Gerichtsgutachter in seiner Nachstellungnahme vom 2.8.2006 (Gerichtsakte Bl. 360) in Kenntnis der Einwendungen des Klägers im Zulassungsverfahren daran festgehalten, dass der Nachtimmissionsrichtwert von 45 dB (A) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingehalten wird.

Damit liegt im konkreten Fall sogar ein größeres Maß an Sicherheit vor, als es die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Genehmigungsvoraussetzung verlangt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19/02 -, Nano-Anlagenurteil, Juris-Ausdruck Rdnr. 12; ebenso Senat, Urteil vom 16.9.2005 - 3 M 2/04 -, S. 20 des Umdrucks.

Der Ausschluss schädlicher Umwelteinwirkungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird mithin als Rechtsvoraussetzung der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht einmal verlangt. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr auf die - sicher richtige - Feststellung des Klägers an, die alleinige Vorgabe der Einhaltung von Richtwerten genüge nicht als Genehmigungsvoraussetzung.

Mit einem weiteren Punkt seiner Gutachtenargumentation macht der Kläger geltend, das Kötter-Gutachten sei lediglich eine Prognose, die seitens der Beigeladenen als Windkraftbetreiberin bezahlt und der Behörde vorgelegt worden sei; solche Betreiberprognosen entsprächen regelmäßig nicht dem Rechtsprechungserfordernis, dass die Schallprognose auf der sicheren Seite liegen müsse.

Vorweg ist dazu zu bemerken, dass das Ingenieurbüro Kötter ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2004, S. 31 (in der Beiakte 3), eine nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle ist. Mit der Würdigung eines immissionsschutzrechtlichen Betreibergutachtens durch einen nach § 26 BImSchG benannte Stelle hat der Senat sich in einem den Prozessbevollmächtigen des Klägers bekannten Beschluss vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, S. 18/19 des Umdrucks, eingehend befasst. Entgegen der Meinung des Klägers ist bei den bekannt gegebenen Stellen im Verständnis des § 26 BImSchG zumindest prinzipiell von der erforderlichen Objektivität und Unabhängigkeit auszugehen. Materielle Voraussetzungen einer solchen Bekanntgabe nach § 26 BImSchG sind Fachkunde, Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit

Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, S. 18 des Umdrucks; ebenso Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 26 Rdnr. 28.

Diese festgestellte Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit werden grundsätzlich nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Immissionsprognose entsprechend den Vorgaben des Immissionsschutzrechts von dem Betreiber in Auftrag gegeben und auch bezahlt wird

Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, S. 18 des amtl. Umdrucks.

Zu den Vorgaben des Immissionsschutzrechts ist noch festzustellen, dass die Unterlagen im Genehmigungsverfahren regelmäßig eine Immissionsprognose nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 der 9. BImSchV enthalten müssen, da anderenfalls nach Maßgabe des § 10 Abs. 2 der 9. BImSchV ein Genehmigungshindernis vorliegt

Urteil des Senats vom 16.9.2005 - 3 M 2/04 -, S. 46 des Umdrucks.

Der Normgeber geht also erkennbar von der grundsätzlichen Verwertbarkeit der vom Betreiber vorgelegten Immissionsprognose aus. Dies gilt erst recht, wenn sie wie hier von einer nach § 26 BImSchG benannten Stelle erarbeitet worden ist. Entgegen der Meinung des Klägers sind solche Immissionsprognosen nicht regelmäßig unverwertbar, sondern regelmäßig und so auch hier verwertbar.

Unabhängig von der hier angestellten allgemeinen Betrachtung hat der Senat bereits konkret dargelegt, dass das Prognosegutachten Kötter für die Schallleistungspegel der Anlagen einen Sicherheitszuschlag angesetzt hat, der mit dem so erhöhten Schallleistungspegel noch über den späteren tatsächlichen Messungen lag. Auch konkret liegt das Kötter-Gutachten ungeachtet der Einwendungen auf der sicheren Seite.

Die Einwendungen zur Sicherheit der Gutachten sind also insgesamt nicht überzeugend; unsubstanziiert sind sie, soweit dem Verwaltungsgericht eine falsche Wertung des Gutachtens vorgeworfen ist.

Nach allem ist die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht fragwürdig; der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel greift nicht durch.

Weiterhin macht der Kläger mit Blick auf die Gutachtenwürdigung den Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und trägt dazu vor, für eine gerichtliche Entscheidung bedürfe es der Erstellung eines korrekten Gutachtens und hierzu gehöre die in der Tat schwierige Auswertung eines solchen Gutachtens. Dazu verweist der Kläger auf die Einzelpunkte seiner bereits behandelten Gutachtenangriffe.

Der Gesichtspunkt der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten ist ausgehend von dem vom Verwaltungsgericht bereits erreichten Aufklärungsstand aus zu beantworten. Das Verwaltungsgericht hat durch die Beweisaufnahme eine klare Beweislage geschaffen, wonach Kötterprognose, Windtestmessgutachten und Gerichtsgutachten konvergent zu dem Ergebnis führen, dass der hier maßgebende nächtliche Immissionsrichtwert von 45 dB (A) eindeutig eingehalten wird. Für die Frage der tatsächlichen Schwierigkeiten kann auch auf den Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils abgestellt werden.

BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458/1459.

Übereinstimmend mit der klaren Beweislage hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil (S. 15) als Begründungsaufwand lediglich die sehr kurze Darstellung benötigt, dass der maßgebliche Immissionsrichtwert von 45 dB (A) für die Nachtzeit nach der nachvollziehbar begründeten Darlegung des Gerichtssachverständigen eingehalten wird und die Kammer dessen schriftlicher Stellungnahme folgt. Diese sehr kurze Darstellung entspricht der klaren Beweislage ohne besondere tatsächliche Schwierigkeiten.

Der Senat sieht durchaus, dass der eigene Begründungsaufwand im vorliegenden Zulassungsverfahren höher als derjenige des Verwaltungsgerichts ist. Dies liegt aber nicht an einer Komplexität der Beweislage selbst, sondern an dem formellen Gebot des rechtlichen Gehörs. Unter Wahrung des rechtlichen Gehörs des Klägers hat der Senat die sehr zahlreichen Kritikpunkte gegen das klare Beweisergebnis, die insgesamt und zwar eindeutig nicht überzeugen, einzeln abgearbeitet. Die Abarbeitung der sehr zahlreichen Einzelpunkte führt notwendigerweise zu einem höheren Begründungsaufwand. In der Sache selbst ändert sich an dem klaren Beweisergebnis nichts, denn der Senat geht mit dem Sachverständigen in seiner Nachstellungnahme vom 2.8.2006 (Gerichtsakte Bl. 360/361) in Kenntnis aller Gutachteneinwendungen davon aus, dass der Immissionsrichtwert von 45 dB (A) nachts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingehalten wird.

Mithin verbleibt es bei der bereits vom Verwaltungsgericht erreichten klaren Beweislage, für die der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten nicht einschlägig ist.

Damit greift gegen die grundlegenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts zum Schutzniveau und zur Schutzeinhaltung nach dem Ergebnis der Überprüfung des Senats keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe durch.

Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist danach kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung auf 15.000 EUR ergibt sich aus den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG unter Mitberücksichtigung von Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8.7.2004 für die Klage drittbetroffener Privater gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.

(2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluß. Der Beschluß ist unanfechtbar. Bei der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die beim Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so entscheidet bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden. Der Berichtigungsbeschluß wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 220/05 – wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben; die außergerichtlichen Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

Dem gemäß den §§ 124 Abs. 1, 124 a Abs. 4 VwGO statthaften Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil vom 18.11.2005, mit dem es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger, der in der in Rede stehenden Zeit Bauingenieurwesen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft studierte, unter Aufhebung der dies ablehnenden Verwaltungsentscheidungen für den Bewilligungszeitraum von April 2002 bis März 2003 Ausbildungsförderung nach den gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen, kann nicht entsprochen werden.

Das Vorbringen des Klägers in der Begründung seines Berufungszulassungsantrages, das den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in dem vorliegenden Verfahren begrenzt, gibt keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung der Nachprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen.

Der von dem Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist bereits nicht in einer den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargetan. Wird der Zulassungsantrag auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützt, so muss dargelegt werden, dass von der Entscheidung über die Berufung die Beantwortung einer Rechtsfrage zu erwarten ist, die klärungsbedürftig und klärungsfähig ist. Erforderlich hierfür ist, dass die – abstrakte – Rechtsfrage herausgearbeitet und außerdem dargetan wird, warum aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts ein über den Einzelfall hinaus weisendes Allgemeininteresse an der Klärung dieser Frage besteht, vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.9.1999 – 2 Q 32/99 – m.w.N..

Bereits die erste Anforderung ist hier nicht erfüllt. Der Kläger beschränkt sich darauf, den Tatbestand des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO anzuführen und macht außerdem geltend, die Beklagte sei sich selbst lange über die Behandlung der Angelegenheit im Unklaren gewesen und habe gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten ihr Interesse an einer Musterentscheidung für künftige Fälle bekundet. Eine konkrete Rechtsfrage, die der Kläger für grundsätzlich bedeutsam hält, ist indes weder herausgearbeitet noch formuliert.

Auch auf der Grundlage von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist für die Zulassung der Berufung kein Raum. Die von dem Kläger erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Verwaltungsgericht die ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Sachaufklärungspflicht nicht dadurch verletzt, dass es über die Frage des Bestehens einer Pflicht des Klägers, den aus der Veräußerung seines Hauses erlösten Betrag an seine Mutter zurückzugewähren, entschieden hat, ohne die Mutter des Klägers als Zeugin zu vernehmen. Das Verwaltungsgericht verletzt seine Sachaufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer weiteren Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht förmlich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Eine Aufklärungsrüge im Berufungszulassungsverfahren kann demgemäß grundsätzlich nicht dazu dienen, solche Beweisanträge zu ersetzen, vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschluss vom 18.3.2004 – 1 Q 2/04 – m.w.N..

Einen Antrag auf Vernehmung seiner Mutter als Zeugin hat der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2005 indes ausweislich des insoweit maßgeblichen Sitzungsprotokolls nicht gestellt.

Eine solche Beweiserhebung musste sich dem Verwaltungsgericht von seinem insoweit maßgeblichen rechtlichen Ansatz her auch nicht aufdrängen. Das Verwaltungsgericht hat nämlich zur Beantwortung der nach seinem Entscheidungsgang erheblichen Frage, ob eine rechtliche Verpflichtung zur „Weitergabe“ des durch Veräußerung des Wohnanwesens des Klägers erlösten Betrages an seine Mutter bestand, zum einen auf Grundsätze zurückgegriffen, die in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung für die steuerrechtliche Anerkennung von so genannten Angehörigendarlehen entwickelt worden sind, und diesen so genannten Fremdvergleich deshalb für notwendig erachtet, „um eine auf äußerlich erkennbare Beweisanzeichen gestützte Beurteilung sicher zu stellen, die allein aufgrund übereinstimmender Behauptung von Eltern und Kindern regelmäßig nicht möglich ist.“. Kam es für das Verwaltungsgericht danach von seinem rechtlichen Ansatz her entscheidend auf objektive Anhaltspunkte für das Bestehen einer Zahlungsverpflichtung des Klägers an, musste sich ihm die Vernehmung der Mutter des Klägers als Zeugin nicht aufdrängen. Zum anderen hat es auf die im Verwaltungsverfahren von dem Kläger selbst abgegebenen Erklärungen abgestellt und diese – wenn auch nicht mit dem vom Kläger gewünschten Ergebnis – gewürdigt. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die Beteiligten keinen Anspruch darauf haben, dass zur Klärung des Sachverhaltes bestimmte Ermittlungen und Beweiserhebungen durchgeführt werden und dass der Entscheidungsfindung bestimmte Erkenntnisquellen zugrunde gelegt werden

vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschluss vom 12.3.2001 – 2 Q 18/00 -.

Ebenfalls keinen Verfahrensfehler zeigt die Rüge des Klägers auf, das Verwaltungsgericht habe sein Vorbringen, die Angaben in dem Antragsformular zu bestehenden Schulden beruhten auf einem Missverständnis, ohne weitere Sachaufklärung als bloße Schutzbehauptung bewertet. Die Sachaufklärungspflicht des Gerichts bezieht sich auf Tatsachen als Grundlage der richterlichen Entscheidungsfindung und nicht auf die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes, vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.9.2004 – 3 Q 61/03 -.

Vorliegend hat das Verwaltungsgericht nicht nur auf die Angaben in den Antragsvordrucken abgestellt, sondern seine rechtliche Würdigung damit begründet, dass der Kläger außerdem in seinem Schreiben vom 14.3.2001 an die Beklagte erklärt habe, seine Mutter habe „ihm“ (dem Kläger) ein Einfamilien-Reihenhaus gekauft und er sei nicht verschuldet, und erst nach bestandskräftiger Ablehnung von Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum 04/2001 bis 03/2002 im Zusammenhang mit dem Förderungsantrag für den anschließenden Förderzeitraum geltend gemacht habe, seine Mutter habe ihm das Geld für den Kauf des Hauses geliehen. Das Verwaltungsgericht hat demnach Folgerungen aus der seiner Ansicht nach gegebenen Widersprüchlichkeit der von dem Kläger abgegebenen Erklärungen gezogen und damit eine Beurteilung des ihm vorliegenden Tatsachenmaterials vorgenommen (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dass diese rechtliche Würdigung der vom Kläger abgegebenen Erklärungen auf einem Verfahrensfehler beruhen könnte, ist weder aufgezeigt noch erkennbar.

Auch die Einwände des Klägers gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, sein Vorbringen sei jedenfalls nicht geeignet, die nach der dargelegten höchstrichterlichen Rechtsprechung hier anzunehmende Vermutung der Rechtsmissbräuchlichkeit zu widerlegen, betreffen nicht die Ermittlungen des Sachverhalts als Entscheidungsgrundlage, sondern die rechtliche Würdigung des vom Gericht angenommenen Sachverhaltes und beschreiben keinen Verfahrensfehler, vgl. zum Beispiel BVerwG, Beschluss vom 2.11.1995 – 9 B 710/94 – NVwZ-RR 1996, 359.

Gleiches gilt für die Beanstandung der Ausführungen des Verwaltungsgerichts, es komme auf die Frage, welchen Zweck die Mutter des Klägers verfolgt (habe), als sie dem Kläger ein Haus gekauft habe beziehungsweise die Mittel für den Hauskauf zur Verfügung gestellt habe, unter diesen Umständen ebenso wenig an, wie auf die Frage der sich daraus ergebenden kondiktionsrechtlichen Konsequenzen.

Zutreffend ist allerdings der Einwand des Klägers, er habe bereits in der Klageschrift und nicht – wie vom Verwaltungsgericht angenommen – erstmals in der mündlichen Verhandlung und nach Hinweis auf die Rechtsprechung zum Fremdvergleich die Überlassung der Mittel für den Hauserwerb als unbenannte Zuwendung bezeichnet. Selbst wenn in dieser unzutreffenden Annahme ein Verfahrensfehler liegen sollte, könnte die Entscheidung hierauf nicht im Verständnis von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beruhen, da das Verwaltungsgericht im weiteren Gang seiner Begründung das Vorliegen einer Schenkung oder einer unbenannten Zuwendung unterstellt – „… wenn es sich nicht um ein Darlehen, sondern um eine Schenkung oder um eine unbenannte Zuwendung gehandelt haben sollte…“ -, indes die Auffassung vertreten hat, es lägen keine substantiierten Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger zur Rückzahlung des Betrages rechtlich verpflichtet gewesen sei (siehe Seite 20 unten des Urteilsabdruckes). Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass die Frage, wann sich der Kläger erstmals auf das Vorliegen einer unbenannten Zuwendung berufen hat, für das Verwaltungsgericht keine entscheidungstragende Bedeutung hatte.

Soweit der Kläger ferner geltend macht, sein Vorbringen und das seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung seien weder protokolliert noch in dem Urteil vollständig und richtig wiedergegeben worden, ist zu bemerken, dass eine fehlerhafte Protokollierung nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beanstandet werden kann, sondern nur mit einem Antrag auf Protokollberichtigung (§§ 105 VwGO, 164 ZPO), vgl. zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 124 Rdnr. 69.

Dass das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 18.11.2005 die nach den §§ 105 VwGO, 160 Abs. 1 bis 3 ZPO vorgeschriebenen Feststellungen nicht enthielte beziehungsweise eine oder mehrere dieser Feststellungen fehlerhaft seien, macht der Kläger im übrigen nicht, jedenfalls nicht unter konkreter Angabe, welche Feststellungen unzutreffend seien oder fehlten, geltend. Er vermisst vielmehr ganz allgemein die Protokollierung seines Vorbringens und des Vorbringens seiner Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung. Auf die Aufnahme dieses Vorbringens in die Sitzungsniederschrift hätte der anwaltlich vertretene Antragsteller indes mit einem Antrag nach den §§ 105 VwGO, 160 Abs. 4 ZPO hinwirken können. Das ist indes ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht geschehen

vgl. zum Beispiel OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.2.1989 – 22 U 40/88 – NJW-RR 1990, 123, wonach ein Antrag, bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufzunehmen, nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden kann.

Hat der anwaltlich vertretene Kläger davon abgesehen, die Aufnahme seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung in die Sitzungsniederschrift zu beantragen, kann er die unterlassene Protokollierung nicht mit Erfolg als Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO rügen.

Der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe sein Vorbringen und dasjenige seines Prozessbevollmächtigten unzutreffend im Urteil wiedergegeben, ist pauschal und unsubstantiiert und genügt deshalb schon nicht den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO an die Darlegung eines Verfahrensmangels. Es wäre insoweit Sache des Klägers gewesen, im Einzelnen aufzuzeigen, welche seiner Äußerungen oder der Bekundungen seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom Verwaltungsgericht im Urteil unzutreffend wiedergegeben wurden. Daran fehlt es hier.

Ebenso wenig wie danach der Zulassungstatbestand des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist unter Zugrundelegung des diesbezüglichen Vorbringens des Klägers derjenige des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erfüllt. Die Argumentation des Klägers, der die Einstufung der Rechtssache als tatsächlich und/oder rechtlich besonders schwierig aus dem Umstand herleiten will, dass die Kammer das Verfahren entgegen einer von ihm seinerzeit gegebenen Anregung nicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen hat, übersieht, dass die letztgenannte Vorschrift eine Sollvorschrift für den Regelfall darstellt und nicht den (Umkehr-)Schluss erlaubt, jede von der Kammer entschiedene Sache ohne rechtsgrundsätzliche Bedeutung weise besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf

vgl. auch Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 124 Rdnr. 37 m.w.N. aus der Rechtsprechung, die sogar davon ausgehen, dass ein Antragsteller kaum erfolgreich „besondere Schwierigkeiten“ geltend machen kann, wenn er der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter ausdrücklich zugestimmt hat.

Zudem kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts an und können anfängliche tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten einer Sache durch eine entsprechende Klärung im erstinstanzlichen Verfahren entfallen sein.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten werden ferner nicht durch den Umstand aufgezeigt, dass die Beklagte sich über ihre eigene Beurteilung der Angelegenheit zunächst im Unklaren war. Der Ablauf der internen Entscheidungsfindung bei der Beklagten, der dadurch gekennzeichnet war, dass offensichtlich die Sachbearbeiterin zunächst vorgeschlagen hatte, dem Widerspruch des Klägers abzuhelfen, während sich der Abteilungsleiter in einem Aktenvermerk für eine Zurückweisung des Widerspruchs ausgesprochen hat, kann die verschiedensten Gründe haben, belegt indessen nicht zwingend besondere Schwierigkeiten der Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht. Erforderlich gewesen wäre, dass der Kläger selbst anhand konkreter Passagen des angefochtenen Urteils erläutert hätte, aus welchen Gründen sich die besondere tatsächliche und/oder rechtliche Schwierigkeit der Sache ergibt; zum Beispiel indem er aufgezeigt hätte, dass die Rechtssache Fragen aufwirft, die sich im Rahmen des Zulassungsverfahrens nicht eindeutig entscheiden lassen, sondern einer näheren Klärung und Würdigung in einem Berufungsverfahren bedürfen. Das ist indes hier nicht geschehen.

Rechtfertigt das der Beurteilung zugrunde zu legende Vorbringen des Klägers in der Begründung seines Zulassungsantrages danach nicht die erstrebte Rechtsmittelzulassung auf der Grundlage von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, so ist die Berufung im weiteren entgegen der Ansicht des Klägers nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Der Kläger zeigt nämlich in seinem Vorbringen keine Umstände auf, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils im Sinne einer nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes zu fordernden überwiegenden Wahrscheinlichkeit seiner Fehlerhaftigkeit nicht nur in einzelnen Elementen der Entscheidungsgründe, sondern in seinem Ergebnis begründen

vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 6.11.2002 – 2 Q 16/02 -, vom 18.3.2004 – 1 Q 2/04 -, wonach die Frage des Vorliegens ernstlicher Zweifel am Maßstab der Ergebnisfehlerhaftigkeit zu beurteilen ist und eine Prognose dahin erfordert, ob das angestrebte Rechtsmittel voraussichtlich Erfolg haben wird; vgl. außerdem Bader u.a. VwGO, 3. Auflage 2005, § 124 Rdnr. 22 m.w.N., zum Stand der Rechtsprechung.

Vorliegend spricht nach dem Ergebnis der insoweit vorzunehmenden prognostischen Beurteilung unter Berücksichtigung des diesbezüglichen Vorbringens des Klägers im Berufungszulassungsverfahren allenfalls wenig dafür, dass er mit seinem Begehren in dem erstrebten Rechtsmittelverfahren Erfolg hätte. Zunächst liegt auf der Hand, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in dem dargelegten Sinne nicht schon dadurch begründet werden, dass die Sachbearbeiterin der Beklagten die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Klägers anders beurteilt hat als der Abteilungsleiter. Denn der Ablauf der internen Entscheidungsfindung bei der Beklagten erlaubt keinerlei Schlüsse auf die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung.

Klarzustellen ist ferner, dass es hier nicht um die Frage geht, ob es sich bei dem im Jahre 2001 veräußerten Wohnanwesen des Klägers um ein kleines Hausgrundstück gehandelt hat, dessen Verlust als Wohnstatt bei einer förderungsrechtlichen Berücksichtigung als anrechenbares Vermögen zu besorgen gewesen wäre, sondern dass es hier um die förderungsrechtliche Berücksichtigung des Erlöses geht, der infolge der von dem Kläger selbst veranlassten Veräußerung des Anwesens angefallen ist.

Das Verwaltungsgericht hat bei der Beurteilung der Frage, ob dem Kläger der an seine Mutter gezahlte Erlös aus der Veräußerung seines Hauses in Höhe von 287.000,-- DM bei der Entscheidung über die Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum von 04/2002 bis 03/2003 nach näherer Maßgabe der §§ 27-30 BAFöG als anzurechnendes Vermögen anzusetzen ist, im Einklang mit der von ihm angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend darauf abgestellt, dass ein Auszubildender, der Vermögen unentgeltlich einem Dritten, auch einem Elternteil überträgt, anstatt es für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung einzusetzen, rechtsmissbräuchlich handelt und förderungsrechtlich so zu behandeln ist, als stehe ihm das übertragene Vermögen noch zur Bedarfsdeckung zur Verfügung. Dieser rechtliche Ansatz wird von dem Kläger nicht in Frage gestellt. Im Rahmen der Prüfung der Frage der Unentgeltlichkeit der Übertragung des Veräußerungserlöses auf die Mutter hat das Verwaltungsgericht sodann das Vorbringen des Klägers aufgegriffen, bei der Leistung an seine Mutter habe es sich um die Tilgung eines Darlehens gehandelt, das diese ihm im Jahre 2000 zum Bestreiten der Kosten des Erwerbs und der Herrichtung seines im Jahre 2000 erworbenen und im September 2001 wieder veräußerten Wohnanwesens gewährt habe. Es hat dabei in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass in Fallkonstellationen, in denen geltend gemacht wird, die Vermögensverfügung sei zur Tilgung von Schulden bei den Eltern erfolgt und wegen der hierdurch erreichten Befreiung von der Verbindlichkeit nicht unentgeltlich gewesen, die gleichen Grundsätze Anwendung finden, wie nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAFöG bei dem Abzug bestehender Schulden und Lasten vom Vermögen, das heißt, es muss eine rechtliche Verpflichtung zur Begleichung der Forderung bestehen, und es muss ernstlich mit der Geltendmachung der Schuld durch den Gläubiger zu rechnen sein, vgl zum Beispiel VGH Mannheim, Urteil vom 21.2.1994 – 7 S 197/93 – FamRZ 1995, 62, VG Karlsruhe, Urteil vom 23.3.2005 – 10 K 4181/03 – NJW 2005, 2874.

Auch hier gegen erhebt der Kläger keine Einwände.

Zur Klärung der Frage, ob die Überlassung der Mittel zum Erwerb und zur Herrichtung des Wohnanwesens des Klägers im Jahre 2000 durch dessen Mutter darlehensweise erfolgt ist, hat das Verwaltungsgericht die in der steuerrechtlichen Rechtsprechung insbesondere des Bundesfinanzhofs entwickelten Grundsätze des so genannten Fremdvergleichs herangezogen

so auch VG Karlsruhe, Urteil vom 23.3.2005 – 10 K 4181/03 – NJW 2005, 2874.

Danach sind Verträge unter nahen Angehörigen der Besteuerung grundsätzlich nur dann zugrunde zu legen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht

vgl. zum Beispiel BFH, Beschluss vom 4.7.2001 – IV B 108/00 -, und Urteil vom 9.10.2001 – VIII R 5/01 -, beide zitiert nach Juris.

Vereinbarung und Durchführung eines Darlehensvertrages zwischen nahen Angehörigen entsprechen danach regelmäßig nur dann dem zwischen Fremden Üblichen, wenn im Rahmen einer zivilrechtlich wirksamen Absprache eine Vereinbarung auch über die Laufzeit und Art sowie Zeit der Rückzahlung des Darlehens getroffen worden ist, die Zinsen zu den Fälligkeitszeitpunkten entrichtet werden und der Rückzahlungsanspruch bei langfristiger Laufzeit, das heißt jedenfalls bei einer Gesamtlaufzeit von mehr als vier Jahren, ausreichend gesichert ist

BFH, Urteil vom 28.1.1993 – IV ZR 109/91 – zitiert nach Juris.

Allerdings ist dieser Fremdvergleich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in erster Linie bei so genannten „Umwandlungsfällen“ geboten, die dadurch gekennzeichnet sind, dass betriebliches Vermögen entnommen und einem nahen Angehörigen zugewendet wird, der es wiederum dem Betrieb als Darlehen zur Verfügung stellt, und in vergleichbaren Fallkonstellationen, in denen ein Gestaltungsmissbrauch nahe liegt. Ansonsten lässt es der Bundesfinanzhof für die steuerliche Anerkennung von Bau- und Anschaffungsdarlehen unter Angehörigen ausreichen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen und klar und eindeutig, auch anhand der tatsächlichen Durchführung von einer Unterhaltsgewährung oder von einer verschleierten Schenkung abgrenzbar sind

vgl. hierzu BFH, Urteil vom 4.6.1991 – IX R 150/85 – zitiert nach Juris, und an diese Rechtsprechung anknüpfend VG Bremen, Urteil vom 25.5.2005 – 1 K 1477/03 – zitiert nach Juris zur ausbildungsförderungsrechtlichen Anerkennung von Darlehensverträgen unter Angehörigen.

Dass das Verwaltungsgericht diese Einschränkung der Anwendbarkeit der Grundsätze des Fremdvergleichs in der steuerrechtlichen Rechtsprechung in seiner rechtlichen Würdigung nicht anführt, begründet jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in ihrem Ergebnis. Denn aus den Ausführungen in den Entscheidungsgründen (siehe dort S. 18) ergibt sich zum einen, dass das Verwaltungsgericht die förderungsrechtliche Anerkennung eines Darlehensvertrages unter Angehörigen selbst nicht davon abhängig macht, dass dieser strikt in jeder Hinsicht dem entspricht, was bei der Darlehensgewährung unter Fremden üblich ist. Es lässt es nämlich – einschränkend – ausreichen, wenn Vertrag und Durchführung „in allen wesentlichen Punkten“ dem Fremdüblichen entsprechen, und verlangt in diesem Zusammenhang „lediglich“ für den Regelfall eine Vereinbarung auch über Laufzeit und Art der Rückzahlung und eine ausreichende Sicherung des Rückzahlungsanspruches. Zum anderen fordern auch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 4.6.1991 (a.a.O) und ihm folgend das VG Bremen in seinem Urteil vom 25.5.2005 (a.a.O) für die Anerkennung eines Angehörigendarlehens die klare und eindeutige Abgrenzbarkeit der Darlehensgewährung von einer verschleierten Schenkung oder Unterhaltsgewährung auf der Grundlage einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles. In diesem Zusammenhang stellt das VG Bremen in der zitierten Entscheidung darauf ab, dass es dem Auszubildenden obliegt darzulegen, dass ein Darlehen und keine Schenkung vorliegt, und dass ohne hinreichende Anhaltspunkte nicht von Darlehensverbindlichkeiten unter Familienangehörigen ausgegangen werden kann. Eine solche Einzelfallwürdigung – „Gesamtbildbetrachtung“ (siehe Seiten 18 und 19 der Entscheidungsgründe) – hat das Verwaltungsgericht indes vorliegend vorgenommen. Im Rahmen dieser Einzelfallbeurteilung hat das Verwaltungsgericht zunächst, teils mit entsprechenden eigenen Erwägungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, teils unter Bezugnahme auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid (§ 117 Abs. 5 VwGO, siehe Seite 14 des Urteilsabdrucks) darauf abgestellt, dass objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen des behaupteten Darlehens wie schriftliche Darlehensvereinbarung, Abreden über Tilgungszeitpunkt und Tilgungsraten sowie eine Sicherung der Rückzahlungsverpflichtung fehlen. Soweit der Kläger demgegenüber auf das intakte Vertrauensverhältnis zu seiner Mutter verweist, das eine darlehensweise Überlassung des Geldes auch ohne schriftliche Vereinbarung ermöglicht habe, und ferner geltend macht, eine Sicherung der Rückzahlungspflicht sei nicht zwingend, vermag dies bei den vorliegenden Gegebenheiten nicht zu überzeugen. Zwar trifft es zu, dass Schriftform, mit Blick auf die Möglichkeit einer Darlehenskündigung auch das Vorliegen von Tilgungsabreden und ferner die Sicherung der Rückzahlungsverpflichtung keine zwingenden rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Darlehensvereinbarung sind. Auch mag es sein, dass Darlehen unter Angehörigen wegen des insoweit in aller Regel bestehenden Vertrauensverhältnisses oder mit Blick auf die ihnen zugrunde liegenden familienrechtlichen Beziehungen vielfach ohne derartige Festlegungen gewährt werden. Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass es hier nicht um die Überlassung von einigen tausend Euro, sondern – was das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Größenordnung des überlassenen Betrages mit Recht der Sache nach anspricht – um einen Betrag von 287.000,-- DM geht, dessen Ausfall – sollte er darlehensweise gewährt worden sein – für den Darlehensgeber durchaus ins Gewicht fiele, möglicherweise sogar in wirtschaftlicher Hinsicht von existentieller Bedeutung wäre. Hinzu kommt, dass der Kläger, als ihm der Betrag im Jahre 2000 überlassen wurde, noch am Beginn seines Studiums stand und nach seinen Angaben in den Förderungsanträgen außer über eine Waisenrente über keinerlei eigene Einkünfte verfügte. Das bedeutet, das „ob“ und der Zeitpunkt einer Rückzahlung waren, weil abhängig von einem späteren beruflichen und wirtschaftlichen Erfolg des Klägers, völlig ungewiss. Bei dieser Ausgangslage ist dem Verwaltungsgericht darin beizupflichten, das es auch unter Angehörigen eher fern liegt, dass ein Darlehen in dieser Größenordnung ohne nähere Festschreibung der Rückzahlungspflicht gewährt wird. Nichts anderes gilt mit Blick auf die fehlende Sicherung, wobei in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen ist, dass die Bestellung einer Sicherheit gerade in den Fällen, in denen wie hier die Mittel zum Erwerb eines – unbelastet bleibenden - Wohnanwesens verwendet wurden, nicht nur das (Ver-trauens)Verhältnis zwischen dem Kläger und seiner Mutter berührt, sondern auch der Absicherung des – hier behaupteten – Rückzahlungsanspruches gegenüber Forderungen Dritter im Falle eines nicht auszuschließenden wirtschaftlichen Misserfolges des Klägers diente. Bei diesen Gegebenheiten kann der Gesichtspunkt des Fehlens einer Sicherung des Rückzahlungsanspruches nicht als mit Blick auf das familiäre Vertrauensverhältnis entbehrlicher Selbstzweck abgetan werden

vgl. in diesem Zusammenhang BFH, Urteil vom 9.10.2001 – VIII R 5/01 – zitiert nach Juris betreffend eine Fallkonstellation, in der ein Vater seinem noch studierenden Sohn 100.000,-- DM zum Erwerb von Geschäftsanteilen einer GmbH überlassen hatte.

Vielmehr spricht das Fehlen einer Sicherung mit Gewicht gegen das Vorliegen einer Darlehensgewährung.

Im übrigen ist anzumerken, dass das Fehlen von Schriftform, Abreden über die Tilgung und Sicherung der Rückzahlungsverpflichtung zwar das Vorliegen einer Darlehensabrede nicht zwingend ausschließt, für die Darlegungspflicht des Klägers jedoch bedeutet, das es keine objektiven Anhaltspunkte für das Vorliegen der behaupteten Darlehensabrede gibt.

Das Verwaltungsgericht hat zudem seine Gesamtbildbetrachtung nicht auf die Prüfung des Vorliegens von Merkmalen wie Schriftform, Tilgungsabrede und Sicherungen beschränkt, sondern hat außerdem die Erklärungen des Klägers in seine Würdigung einbezogen und durchaus nachvollziehbar Widersprüchlichkeiten seines Vorbringens festgestellt. So hat der Kläger in seinem am 16.3.2001 eingegangenen Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsförderung sein damaliges Wohnanwesen mit dem Einheitswert als Vermögen angegeben, die Felder des Vordruckes zur Angabe von Schulden und Lasten hingegen gestrichen. Das ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, wenn eine Verpflichtung zur Rückzahlung des ihm von seiner Mutter überlassenen Geldes für Erwerb und Herrichtung des Anwesens bestanden haben sollte. Soweit der Kläger demgegenüber geltend macht, die Streichung beruhe auf einem Missverständnis, er habe lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass er keine Verbindlichkeiten gegenüber Banken und Kreditinstituten habe, vermag das jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation nicht zu überzeugen. Denn der Kläger hat, was das Verwaltungsgericht zutreffend angeführt hat, nicht nur – was für sich gesehen vielleicht noch mit einem Missverständnis erklärt werden könnte - die betreffenden Antragsfelder über Schulden in dem Antragsvordruck gestrichen, sondern außerdem in einem Begleitschreiben vom 14.3.2001 erklärt, er habe von seiner Mutter nach dem Tode seines Vaters ein Einfamilien-Reihenhaus gekauft (bekommen). Ferner hat er in diesem Schreiben ausgeführt, er habe zwar das Glück ein eigenes Heim zu besitzen, bei dem er keine Miete zahlen müsse und nicht verschuldet sei… . Diese Äußerungen sprechen in einer Gesamtschau mit den Angaben im Formblatt mit Gewicht gegen eine lediglich darlehensweise Überlassung der Mittel zum Erwerb und zur Herrichtung des Anwesens und lassen sich auch mit einem Missverständnis bezüglich der Fragestellung in dem Antragsvordruck nicht erklären. Gerade die Formulierung – „… bekam ich … von meiner Mutter ein Einfamilien-Reihenhaus gekauft …“ – deutet auf eine Schenkung oder eine unbenannte Zuwendung hin und ist zusammen mit der Bekundung, er habe keine Schulden, unverständlich, wenn die Mutter dem Kläger die Mittel zum Erwerb des Hauses lediglich gegen Rückzahlungsverpflichtung vorgestreckt haben sollte.

Auf das Vorliegen eines Darlehens hat sich der Kläger dann unter Beifügung einer entsprechenden Erklärung seiner Mutter erstmals im Februar 2002 nach bestandskräftiger Ablehnung des Förderungsantrages für den Bewilligungszeitraum 04/2001 bis 03/2002 und Veräußerung seines Wohnanwesens sowie Auszahlung des erlösten Kaufpreises an seine Mutter berufen. Gegen die Richtigkeit dieser Angabe sprechen nicht nur – wie bereits dargelegt - das Fehlen objektiver Anhaltspunkte für eine Darlehensgewährung und die Erklärung des Klägers im Zusammenhang mit seinem Förderungsantrag im März 2001. Sie vermag auch nicht mit Blick auf das Widerspruchsvorbringen des Klägers einzuleuchten, die Mittel seien ihm zweckgebunden zum Erwerb eines Wohnhauses für ihn und seine damalige Verlobte zur Verfügung gestellt worden und nach Auflösung des Verlöbnisses wegen Zweckfortfalls zurückzugewähren gewesen. Das gilt insbesondere mit Blick auf den weiteren Vortrag des Klägers, seine Mutter habe sich selbst wegen der Überlassung der Mittel verschulden müssen. Denn letztlich würde das, den Fortbestand des Verlöbnisses und eine anschließende Ehe einmal unterstellt, bedeuten, dass es auf ungewisse Zeit nicht zu einer Rückgewähr des Geldes gekommen wäre und die Mutter des Klägers ihre angeblich zur Bereitstellung der dem Kläger überlassenen Mittel eingegangene Verschuldung ebenfalls nicht hätte zurückführen können. Das Verwaltungsgericht hat indes mit Recht darauf verwiesen, dass die Mutter des Klägers das von ihr aufgenommene Darlehen in Höhe von 120.000,-- DM, das mit dem Erlös aus dem Verkauf des Wohnanwesens des Klägers zurückgeführt wurde, erst im Juli 2001 und damit nach Überlassung der Mittel zum Erwerb des Hauses im Jahre 2000 aufgenommen hat.

Die auf die gebotene Würdigung der Fallumstände gestützten Annahmen des Verwaltungsgerichts, das behauptete Darlehen könne nicht als Schuld und die vorgetragene Tilgung nicht als gleichwertige Gegenleistung im Rahmen der Beurteilung des „Rechtsmissbrauchs“ anerkannt werden, begegnet danach mit Blick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungszulassungsverfahren keinen die erstrebte Rechtsmittelzulassung rechtfertigenden Zweifeln.

Nichts anderes gilt mit Blick auf die vom Kläger behauptete Rückgewährverpflichtung für den Fall, dass von einer Schenkung oder einer unbenannten Zuwendung auszugehen ist. Zwar kommen bei derartigen Rechtsgeschäften Rückgewähransprüche bei Zweckfortfall in Betracht, wobei im Ergebnis dahinstehen kann, ob die Rückabwicklung bereicherungsrechtlich oder nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu erfolgen hat

vgl. zum Beispiel Sefrin in Juris – Praxiskommentar zum BGB, 2. Auflage 2004, § 516 Rdnr. 50, 51 zur Zweckschenkung sowie Rdnrn. 73, 74 zur unbenannten Zuwendung an Kinder jeweils m.w.N.

Jedoch ist bereits in der vom Verwaltungsgericht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO in Bezug genommenen Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides eingehend und zutreffend dargelegt (siehe dort S. 7), dass das Vorbringen des Klägers, er sei nach dem Scheitern der Beziehung zu seiner Verlobten zur Rückgewähr des ihm von seiner Mutter überlassenen Geldes verpflichtet gewesen, nicht überzeugt. Der Senat macht sich die diesbezüglichen Ausführungen zu Eigen. Es leuchtet in der Tat nicht ein, dass gerade wenn, wie der Kläger hervorhebt, ein enges Vertrauensverhältnis besteht, eine Mutter das eigene Kind vor die Notwendigkeit stellen könnte, ein kürzlich erst erworbenes und mit beträchtlichem Aufwand hergerichtetes Wohnanwesen zu veräußern, weil eine Beziehung zu einem Dritten in die Brüche gegangen ist. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass der Kläger mit Schreiben vom 14.3.2001 gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht hat, ohne Ausbildungsförderung fehlten ihm die Mittel, sein Haus zu erhalten, und mit am 15.2.2002 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben erklärt hat, er habe sein Haus aus finanziellen Gründen verkaufen müssen. Das weist darauf hin, dass der Kläger sein Haus veräußert hat, weil er die mit dem Eigentum und dem Wohnen verbundenen Lasten nicht (mehr) tragen konnte und nicht, um einen Rückgewährsanspruch seiner Mutter wegen „Zweckfortfalls“ erfüllen zu können.

Soweit der Kläger außerdem für den Fall der Annahme einer Schenkung auf § 528 BGB verweist, ist zu bemerken, dass das von seiner Mutter aufgenommene Darlehen sich auf 120.000,-- DM belief, während ihr vom Kläger 287.000,-- DM zurückgewährt wurden. Im Hinblick hierauf hätte es im Rahmen der dem Kläger obliegenden Darlegungspflicht zumindest substantiierter Ausführungen dazu bedurft, dass auch die Zahlung des 120.000,-- DM übersteigenden Betrages erforderlich war, um eine Notlage der Schenkerin abzuwenden

vgl. zum Beispiel Sefrin in Juris-Praxiskommentar zum BGB, § 528 Rdnr. 17, wonach bei Teilbarkeit des Geschenks nur die zur Unterhaltssicherung des Schenkers notwendigen Teile zurückgefordert werden dürfen.

Auch daran fehlt es hier.

Im Übrigen leuchtet es – was ebenfalls bereits das Verwaltungsgericht angesprochen hat – mit Blick auf das Gebot der eindeutigen Bestimmbarkeit der Grundlage der Rückzahlungspflicht und die den Kläger insoweit treffende Darlegungspflicht nicht ein, dass er zum einen das Bestehen einer Darlehensverbindlichkeit behauptet, zum anderen – falls ihm Beklagte und Gericht insoweit nicht folgen sollten – das Vorliegen einer Schenkung oder unbenannten Zuwendung mit Rückzahlungsverpflichtungen aus unterschiedlichen Lebenssachverhalten (Zweckverfehlung und Verarmung der Schenkerin) geltend macht.

Zeigt danach der Kläger in seiner Antragsbegründung keine Umstände auf, die die Richtigkeit der Beurteilung des Verwaltungsgerichts, er habe den Erlös aus der Veräußerung seines Anwesens ohne dahingehende rechtliche Verpflichtung und damit rechtsmissbräuchlich im förderungsrechtlichen Sinne seiner Mutter zukommen lassen, in Frage stellen, so ist insoweit für die erstrebte Rechtsmittelzulassung auf der Grundlage von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kein Raum.

Gleiches gilt, soweit der Kläger sich gegen die Würdigung des Sachverhaltes unter dem Gesichtspunkt der Härtefallregelung des § 29 Abs. 3 BAFöG wendet. Der Kläger tritt dieser Würdigung des Verwaltungsgerichts zwar entgegen, zeigt aber keine Gründe auf, die Veranlassung geben könnten, ihre Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.

Da auch sonst keiner der Zulassungstatbestände des § 124 Abs. 2 VwGO dargetan und erfüllt ist, kann seinem Zulassungsbegehren nicht entsprochen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 188 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.