Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 24. Feb. 2016 - 2 M 159/15

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2016:0224.2M159.15.0A
bei uns veröffentlicht am24.02.2016

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Ausbau eines Dachgeschosses mit Errichtung von Dachgauben und Balkon.

2

Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks A-Straße in A-Stadt. Der Beigeladene ist Eigentümer des südlich angrenzenden Nachbargrundstücks S-Straße. Auf diesen Grundstücken wurde ein Doppelhaus errichtet. Die Doppelhaushälften verfügen jeweils über zwei Geschosse sowie ein Dachgeschoss mit Dachgauben. Die Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich der Stadt A.. Die Umgebung wird durch eine straßenbegleitende Bebauung geprägt. Im Gebiet befinden sich überwiegend zweigeschossige Wohngebäude, entlang der S-Straße mehrere Doppelhäuser, mit teilweise ausgebauten Dachgeschossen. Im rückwärtigen Bereich der an der S-Straße liegenden Häuser befinden sich zum Teil bis in den zweiten Stock Balkone, im Bereich der angrenzenden B-Straße sind Balkone auch bis zur dritten Etage vorhanden.

3

Mit Baugenehmigung vom 30.06.2015 genehmigte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen den Ausbau des Dachgeschosses auf dem Grundstück S-Straße. Insbesondere wurde die Errichtung von vier Dachgauben genehmigt, straßenseitig zwei zurückgesetzte Dachgauben mit einer Breite von 2,50 m, zum südlichen Nachbarn eine zurückgesetzte Dachgaube mit einer Breite von 2,50 m und hofseitig eine Dachgaube, die bis zur vorhandenen Traufe reicht, mit eine Breite von 6,17 m und einen hieran anschließenden, 2,00 m tiefen und 6,17 m breiten grenzständigen Balkon.

4

Mit Beschluss vom 12.10.2015 – 2 B 180/15 HAL – hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 30.06.2015 angeordnet und zur Begründung ausgeführt, der geplante Umbau des rückseitigen Bereichs des Doppelhauses verstoße hinsichtlich der nördlichen Grenze des Baugrundstücks des Beigeladenen gegen einzuhaltende Abstandsvorschriften des § 6 BauO LSA. Die geplante Balkonanlage, die grenzständig zur seitlichen Grundstücksgrenze zur nördlichen Doppelhaushälfte der Antragsteller errichtet werden solle, bleibe nicht gemäß § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA als hervortretender Vorbau außer Betracht. Auch § 6 Abs. 6 Nr. 3 BauO LSA sei nicht einschlägig, da die Vorschrift nur für die nach § 6 Abs. 6 Nr. 1 und 2 BauO LSA privilegierten Vorbauten gelte, da andernfalls die Regelungen über Abstandsflächen und deren Privilegierung leer liefen. Vorbauten lösten demnach, wenn sie die festgelegten Obergrenzen überschritten, als unselbständige Bauteile der Außenwand Abstandsflächen aus. So liege es hier, da die geplante Balkonanlage 2,00 m tief sei, also mehr als 1,50 m von der rückwärtigen Außenwand hervorspringe, und eine Breite von 6,20 m habe, während die Außenwand 10,23 m breit sei. Die Balkonanlage dürfe auch nicht aus planungsrechtlichen Gründen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA grenzständig errichtet werden. Die hier in Rede stehende Balkonanlage des Beigeladenen überschreite den von der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen und löse bodenrechtliche Spannungen aus. Eine Balkonanlage in dem in Rede stehenden Ausmaß würde die bisherige Situation deutlich verdichten und durch die Offenheit des Balkons Unruhe in die rückwärtigen Wohnbereiche bringen. Die Erweiterung von rückwärtiger, grenzständiger Hauptwohnnutzung würde ungebremst fortschreiten. Die von Doppel- und Reihenhäusern geprägte Umgebung würde mithin in Bewegung gesetzt. Aus dem Umstand, dass Balkone wohntypisch seien, folge nicht, dass sie sich in jeglicher Breite und Tiefe ohne Einhaltung von Grenzabständen stets in die nähere Umgebung einfügten. Zwar seien kleine Balkonanlagen vorhanden. Diese dürften hinsichtlich ihres Ausmaßes unter die Privilegierung von § 6 Abs. 6 BauO LSA fallen, mithin insoweit einen Rahmen i.S.d. § 34 BauGB bilden. Dass die Balkone der S-Straße hinsichtlich ihrer Ausmaße nicht unter die oben genannte Privilegierung des § 6 Abs. 6 BauO LSA fielen, sei nicht ersichtlich. Zudem sei nicht erkennbar, ob sie überhaupt grenzständig errichtet seien.

II.

5

Die Beschwerden der Antragsgegnerin und des Beigeladenen haben Erfolg. Die innerhalb der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, gebieten die Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6

1. Das Verwaltungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 30.06.2015 nachbarschützende Vorschriften über die Abstandsflächen verletzt. Die Baugenehmigung ist mit den bauordnungsrechtlichen Vorschriften über Abstandsflächen vereinbar. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts muss die genehmigte Balkonanlage keinen seitlichen Abstand zu dem nördlich angrenzenden Grundstück der Antragsteller einhalten.

7

Gemäß § 6 Abs. 6 Nr. 3 der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt (BauO LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.09.2013 (GVBl. S. 440) bleiben bei der Bemessung der Abstandsflächen bei Gebäuden an der Grundstücksgrenze die Seitenwände von Vorbauten und Dachaufbauten außer Betracht, auch wenn sie nicht an der Grundstücksgrenze errichtet werden. Nach dieser Vorschrift müssen Vorbauten und Dachaufbauten von an der Grundstücksgrenze errichteten Gebäuden seitlich keine eigenen Abstandsflächen einhalten (Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger, BauO LSA, § 6 RdNr. 157 und 166a). Vorbauten im Sinne dieser Vorschrift sind auch Balkone. Ein Balkon ist ein nach drei Seiten offener Vorbau (Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger, a.a.O., § 6 RdNr. 162). Die Vorschrift ist auch auf Balkone anzuwenden, die nicht aus der Wand vorkragen, sondern auf Stützen/Stelzen vor die Gebäudewand gestellt werden (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 22.01.2014 – 1 ME 220/13 –, juris RdNr. 16 zu § 5 Abs. 3 der Niedersächsischen Bauordnung vom 03.04.2012, Nds. GVBl. S. 46).

8

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts besteht kein Anlass, die Regelung des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA auf die nach § 6 Abs. 6 Nr. 3 BauO LSA privilegierten Vorbauten entsprechend anzuwenden. § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA erfasst Vorbauten, wenn sie

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a) insgesamt nicht mehr als ein Drittel der Breite der jeweiligen Außenwand in Anspruch nehmen,

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b) nicht mehr als 1,50 m vor diese Außenwand vortreten und

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c) mindestens 2 m von der gegenüberliegenden Nachbargrenze entfernt bleiben.

12

Wie der Senat bereits entschieden hat, wollte der Gesetzgeber mit dem Merkmal des "Gegenüberliegens" i.S.d. § 6 Abs. 6 Nr. 2 Buchst. c BauO LSA zum Ausdruck bringen, dass nicht nur die Grundstücksgrenze zur Straße hin, sondern auch die seitlichen Nachbargrenzen von dem Erfordernis eines Mindestabstandes von 2 m ausgenommen sein sollen. Das Merkmal des "Gegenüberliegens" im Sinne des § 6 Abs. 6 Nr. 2 Buchst. c BauO LSA bezieht sich nicht auf die Seitenwände des Vorbaus, sondern auf die dem Vorbau zugehörige Gebäudeaußenwand, so dass die Vorbauten selbst seitlich keine Abstandfläche einhalten müssen (Beschl. d. Senats v. 16.03.2006 – 2 M 83/06 –, juris RdNr. 6 zu § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA i.d.F. des Gesetzes vom 20.12.2005, GVBl. S. 769; vgl. auch LT-Drs. 4/2252, S. 212 f.). Die Anforderungen des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA gelten demzufolge nur für Vorbauten, die in Richtung des Nachbargrundstücks weisen. Für die nach § 6 Abs. 6 Nr. 3 BauO LSA privilegierten Vorbauten gelten sie nicht.

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Auch nach Sinn und Zweck des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA ist es nicht gerechtfertigt, diese Bestimmungen im Rahmen des § 6 Abs. 6 Nr. 3 BauO LSA entsprechend auf Balkone anzuwenden, die nicht in Richtung des Nachbargrundstücks ausgerichtet sind, sondern im 90°-Winkel dazu in den eigenen Gartenbereich weisen. Der Sinn des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA besteht darin, den Nachbarn vor übergroßer Belastung durch untergeordnete, in Richtung seiner entsprechenden Hausflanke vortretende Gebäudeteile zu schützen. Soweit der Gebäudeteil nicht zur gemeinsamen Grenze hin aus dem Bauwerk ragt, spielt insbesondere die Beschränkung des § 6 Abs. 6 Nr. 2 Buchst. a BauO LSA auf ein Drittel der (von dort gar nicht sichtbaren) Gebäudewand keine Rolle. § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA ist allein auf die Frontalstellung der mit einer Balkonanlage versehenen Gebäudeseite zur seitlichen Grundstücksgrenze zugeschnitten, d. h. den Fall, dass beide Nachbarn (Austauschverhältnis) in diesem Bereich zur gemeinsamen Grundstücksgrenze hin ausreichend Licht, Sonne und Luft erhalten sollen. Für die geschlossene Bauweise – auch zwischen Doppelhaushälften – ergibt sich, dass für die Etagenwohnungen die Möglichkeiten, sich einen „Austritt in freie Luft und Besonnung“ zu verschaffen, reduziert sind. Es besteht kein Anlass, die verbliebenen Möglichkeiten an die Einschränkungen des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA zu binden. Im Austauschverhältnis der Grundstücksnachbarn von Doppelhaushälften liegt es vielmehr, die durch § 6 Abs. 6 Nr. 3 BauO LSA privilegierten Balkone als Gebäudeteile, von denen aus frische Luft und Besonnung genossen werden können, in auskömmlichem Umfang unterbringen zu können, ohne Einwendungen des Nachbarn ausgesetzt zu sein. Die Balkonlänge kann von dessen Grundstück nicht bzw. nur dann überblickt werden, wenn er seinerseits von dem Privileg des § 6 Abs. 6 Nr. 3 BauO LSA Gebrauch gemacht hat. Im erstgenannten Fall (kein eigener Balkon - jedenfalls nicht auf dieser Etage) werden seine Interessen an Belüftung und Besonnung nicht/allenfalls ganz untergeordnet zurückgestellt. Im zweiten stehen die konkurrierenden Nutzungsbelange selbst dann im Gleichgewicht, wenn die Abstände von der Grundstücksgrenze einander nicht vollständig entsprechen und der Balkon größer ist, als dies nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA bei "Frontalstellung" reglementiert wird (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 22.01.2014 – 1 ME 220/13 –, a.a.O. RdNr. 18 ff. zu § 5 Abs. 3 NBauO).

14

Die Balkontiefe bildet ebenfalls keinen durchgreifenden Grund, § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA entsprechend heranzuziehen. Es mag zwar sein, dass die Tiefe der Balkonwange nachbarliche Interessen tangiert. Insoweit wird der Nachbar aber durch das Gebot der Rücksichtnahme ausreichend geschützt (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 22.01.2014 – 1 ME 220/13 –, a.a.O. RdNr. 30).

15

Nach diesen Grundsätzen ist von der genehmigten – grenzständigen – Balkonanlage kein seitlicher Abstand zu dem Grundstück der Antragsteller einzuhalten, da dessen Seitenwände gemäß § 6 Abs. 6 Nr. 3 BauO LSA bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht bleiben.

16

2. Die Baugenehmigung verletzt auch keine nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungsrechts. Die Errichtung des Balkons ist mit § 34 Abs. 1 BauGB vereinbar.

17

Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn eine angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt (BVerwG, Urt. v. 05.12.2013 – BVerwG 4 C 5.12 –, juris RdNr. 21 m.w.N.). Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme setzt dabei einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus. Er kann vorliegen, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach seinem Maß der baulichen Nutzung, seiner Bauweise oder seiner überbauten Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann auch vorliegen, wenn ein Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (BVerwG, Urt. v. 05.12.2013 – BVerwG 4 C 5.12 –, a.a.O.). Das Rücksichtnahmegebot ist dabei zumindest aus tatsächlichen Gründen im Regelfall nicht verletzt, wenn die Abstandsvorschriften eingehalten sind (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999 – BVerwG 4 B 128.98 –, juris RdNr. 4). So liegt es hier. Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften des § 6 BauO LSA über die Abstandsflächen sind – wie oben ausgeführt – nicht verletzt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass das Vorhaben des Beigeladenen gleichwohl mit dem Gebot der Rücksichtnahme nicht vereinbar ist.

18

a) Eine Verletzung das Rücksichtnahmegebot lässt sich hier nicht damit begründen, dass durch die Errichtung der Balkonanlage die Doppelhauseigenschaft des auf den Grundstücken der Antragsteller und des Beigeladenen vorhandenen Baukörpers verloren ginge. Zwar fügt sich ein Vorhaben im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäude ein Doppelhaus zu bilden, grundsätzlich nicht nach der Bauweise in die Eigenart der näheren Umgebung ein, soweit ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut ist, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen im Sinne von § 22 Abs. 2 BauNVO den maßgeblichen Rahmen bilden. Ein solches Vorhaben verstößt gegenüber dem Eigentümer der bisher bestehenden Doppelhaushälfte grundsätzlich gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme. Ein Vorhaben, dessen Verwirklichung nicht (mehr) zu einem Doppelhaus, sondern zu einer einseitig grenzständigen Bebauung führt, für das es in der Umgebung an Vorbildern fehlt, fügt sich in den Rahmen der Umgebungsbebauung nicht ein (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.2013 – BVerwG 4 C 5.12 –, a.a.O. RdNr. 17; Urt. v. 19.03.2015 – BVerwG 4 C 12.14 –, juris RdNr. 11). Für die Frage, ob grenzständige Gebäude (noch) ein Doppelhaus bilden, kommt es auf die wechselseitige Verträglichkeit dieser Gebäude an. Es geht um eine spezifische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes, die darin liegt, dass das Doppelhaus den Gesamteindruck einer offenen, aufgelockerten Bebauung nicht stört, eben weil es als ein Gebäude erscheint (BVerwG, Urt. v. 19.03.2015 – BVerwG 4 C 12.14 –, a.a.O. RdNr. 19). Die einseitige Errichtung einer grenzständigen Balkonanlage im rückwärtigen Bereich eines Doppelhauses zerstört die Doppelhauseigenschaft der Gebäude nicht, solange diese noch zu einem wesentlichen Teil aneinandergebaut sind (vgl. VGH BW, Beschl. v. 29.04.2009 – 3 S 569/09 –, juris RdNr. 8; Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 22 BauNVO RdNr. 28). Hiernach wird die Doppelhaueigenschaft des auf den Grundstücken der Antragsteller und des Beigeladenen vorhandenen Baukörpers durch die Errichtung der Balkonanlage nicht zerstört. Die Doppelhaushälften bleiben auch hiernach noch im Wesentlichen wechselseitig verträglich aneinandergebaut und erscheinen weiterhin als ein Gebäude.

19

b) Die Balkonanlage fügt sich auch im Übrigen sowohl nach der Bauweise als auch nach dem Maß der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein.

20

Die geplante grenzständige Balkonanlage fügt sich hinsichtlich der Bauweise in die nähere Umgebung ein, da sie auf der Grenze zwischen zwei Doppelhaushälften errichtet werden soll. Im unbeplanten Innenbereich dürfen nach Planungsrecht Gebäude ohne Grenzabstand errichtet werden, wenn sich die Grenzbebauung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB insbesondere hinsichtlich der Bauweise in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (vgl. Dirnberger in: Jäde/Dirnberger, a.a.O., § 6 RdNr. 65a). Die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks ist hier durch eine Bebauung mit Doppelhäusern sowie Häusergruppen entlang der S- sowie der B-Straße geprägt. Dies lässt sich auf dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Luftbild aus "Bing-Maps" (GA Bl. 173) gut erkennen. Derartige Doppelhäuser oder Hausgruppen prägen die planungsrechtlich typisierte Bauform der offenen Bauweise (vgl. § 22 Abs. 2 BauNVO). Planungsrechtlich ist maßgebend, dass die offene Bauweise unter Doppelhäusern und Hausgruppen die bauliche Einheit „Doppelhaus“ und „Hausgruppe“ versteht, auf die sich in der offenen Bauweise der seitliche Grenzabstand bezieht, während innerhalb der Einheiten in der geschlossenen Bauweise zu bauen ist (Beschl. d. Senats v. 12.11.2010 – 2 M 142/10 –, juris RdNr. 14). Die Grundstücksgrenze, an der die streitige Balkonanlage errichtet werden soll, verläuft zwischen den auf den Grundstücken der Antragsteller und des Beigeladenen vorhandenen Doppelhaushälften und damit im Bereich der geschlossenen Bauweise. Im unbeplanten Innenbereich strahlt die Geschlossenheit allerdings nicht auf die (gesamten) unbebauten Flächen vor und hinter den Gebäudefronten aus (vgl. Beschl. d. Senats v. 12.11.2010 – 2 M 142/10 –, a.a.O. RdNr. 15; Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 7. Aufl., § 8 RdNr. 8). Dort steuern auch die Kriterien über das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubaren Grundstücksflächen den Bereich, der einer grenzständigen Bebauung offensteht; dies gilt auch für Doppelhäuser (vgl. Dhom in: Simon/Busse, BayBauO, Art. 6 RdNr. 49, 50). Für die Zulässigkeit eines Anbaus an ein grenzständig errichtetes Wohngebäude kommt es daher – in bauplanungsrechtlicher Hinsicht – maßgeblich darauf an, ob der Anbau in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubare Grundstücksfläche den Rahmen nicht überschreitet, den die Umgebungsbebauung vorgibt (vgl. Beschl. d. Senats v. 12.11.2010 – 2 M 142/10 –, a.a.O. RdNr. 15). Im vorliegenden Fall ergeben sich im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubare Grundstücksfläche keine rechtlichen Bedenken.

21

Für die Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich ist eine konkrete, am tatsächlich Vorhandenen ausgerichtete Betrachtung maßgeblich. In erster Linie ist auf solche Maße abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung setzen lassen. Ihre (absolute) Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche, prägen das Bild der maßgebenden Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen an (BVerwG, Beschl. v. 03.04.2014 – BVerwG 4 B 12.14 –, juris RdNr. 3 m.w.N.). Hiernach ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Balkonanlage hinsichtlich ihres Maßes der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung einfügt. Diese wird, wie auf dem Luftbild aus "Bing-Maps" (GA Bl. 173) gut zu erkennen ist, durch zwei- bis dreistöckige Balkonanlagen im rückwärtigen Bereich der entlang der S- und B-Straße errichteten Gebäude geprägt. Die geplante dreistöckige Balkonanlage bewegt sich innerhalb dieses Rahmens.

22

Bei dem Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche handelt es sich um die räumliche Lage des Vorhabens innerhalb der vorhandenen Bebauung. Es geht um den Standort des Vorhabens im Sinne von § 23 BauNVO. Bei der Frage, ob eine rückwärtige Bebauung eines Grundstücks nach der überbaubaren Grundstücksfläche zulässig ist, kommt es regelmäßig darauf an, in welchem Umfang die den Maßstab bildenden umliegenden Grundstücke eine rückwärtige Bebauung aufweisen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 06.11.1997 – BVerwG 4 B 172.97 –, juris RdNr. 7). Auch hiernach unterliegt die geplante Balkonanlage keinen rechtlichen Bedenken. Auf dem genannten Luftbild ist zu erkennen, dass die umliegenden Grundstücke regelmäßig eine rückwärtige Bebauung mit Balkonanlagen aufweisen. Dieser Rahmen wird von dem hier streitigen Vorhaben nicht überschritten.

23

c) Der auf dem Grundstück des Beigeladenen geplante Balkon verstößt auch sonst nicht gegen das Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme. Eine objektiv unzumutbare Beeinträchtigung der Antragsteller ist nicht erkennbar. Insbesondere mindert der Balkon des Beigeladenen nicht die ausreichende Belichtung von Aufenthaltsräumen der Antragsteller. Auch wird keine Einsichtsmöglichkeit geschaffen, die die Antragsteller nicht mehr hinzunehmen hätte. Denn die erhöhte Nutzbarkeit des Grundstücks der Antragsteller und des Beigeladenen durch die Bebauung mit einem Doppelhaus wird durch den Verzicht auf seitliche Grenzabstände und damit auf Freiflächen, die dem Wohnfrieden dienen, "erkauft" (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.02.2000 – BVerwG 4 C 12.98 –, juris RdNr. 21). Einen Schutz vor fremder Einsichtnahme auf das eigene Grundstück vermittelt das öffentliche Baunachbarrecht, insbesondere das Gebot der Rücksichtnahme, in der Regel nicht (vgl. Beschl. d. Senats v. 10.06.2015 – 2 M 115/14 – ständige Rechtsprechung). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn durch die von dem streitgegenständlichen Bauvorhaben ausgelöste Einsichtnahmemöglichkeit ein letzter intimer, der privaten Lebensgestaltung des Nachbarn zugeordneter Raum zerstört wird (vgl. HessVGH, Beschl. v. 09.10.2015 – 4 B 1353/15 – juris RdNr. 10). Davon kann hier aber keine Rede sein.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

25

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen.


Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 24. Feb. 2016 - 2 M 159/15

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 24. Feb. 2016 - 2 M 159/15

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


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Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


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Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.01.2009 - 5 K 2450/08 - wird zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließl

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.01.2009 - 5 K 2450/08 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.01.2009 ist fristgerecht erhoben und begründet; sie genügt auch inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren grundsätzlich zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat es das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 23.07.2008 zum Anbau einer 11,08 m hohen, 3,16 m tiefen und 3,98 m breiten Balkonanlage an der Gartenseite ihrer im unbeplanten Innenbereich gelegenen Doppelhaushälfte anzuordnen.
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das private Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (vgl. § 212a Abs. 1 BauGB) das gegenläufige private Interesse der Antragsteller überwiegt, vorläufig vom Vollzug der Baugenehmigung verschont zu bleiben. Denn nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird der Widerspruch der Antragsteller voraussichtlich keinen Erfolg haben, weil - worauf es allein ankommt - die von ihnen angegriffene Baugenehmigung nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller zu dienen bestimmt sind.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Verwirklichung des Vorhabens verletze nicht zu Lasten der Antragsteller das in § 34 Abs. 1 BauGB im Begriff des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Die Balkone entfalteten weder eine erdrückende Wirkung, noch würden Belichtung, Belüftung und Besonnung ihres Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Die Schaffung von Einsichtsmöglichkeiten sei Folge der funktionsgerechten Ausgestaltung eines als solches planungsrechtlich zulässigen Wohnbauvorhabens und namentlich in städtischen Baugebieten grundsätzlich hinzunehmen. Ein Ausnahmefall liege insoweit nicht vor. Nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts seien ebenfalls nicht verletzt. Das Vorhaben dürfe nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO an der Grenze errichtet werden. Dass das Vorhaben mit einem Abstand von 0,665 m im Erdgeschoss bzw. 2,35 m im 1. und 2. Obergeschoss errichtet werden solle, stehe der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen.
Dagegen wenden die Antragsteller ein, das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme sei zu ihren Lasten verletzt, weil unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten in ihre Räumlichkeiten geschaffen würden und die Balkonanlage aufgrund ihrer Größe und der Nähe zu ihrem Wohngebäude erdrückende Wirkung entfalte. Die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO sei ausgeschlossen, weil der Umgebung keine eindeutige planungsrechtliche Vorgabe für eine Grenzbebauung zu entnehmen sei und die Vorschrift nur eine grenzständige Errichtung eines Vorhabens oder eine Errichtung unter Einhaltung der vollen Tiefe der Abstandsflächen zulasse. Das Vorhaben könne auch nicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zugelassen werden, weil nach ständiger Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg jede Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächen eine erhebliche Beeinträchtigung des Nachbarn darstelle. Die in der Baugenehmigung erteilte Befreiung nach § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO sei rechtswidrig, denn es fehle die erforderliche grundstücksbezogene Härte. Sie seien auch in ihren Rechten verletzt, weil durch die Balkone Einsichtsmöglichkeiten in ihre sensiblen Lebensbereiche eröffnet würden.
Dieser Vortrag vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Den Antragstellern steht weder ein bauplanungsrechtliches noch ein bauordnungsrechtliches Abwehrrecht gegen das geplante Vorhaben zu.
1. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht zu Lasten der Antragsteller verletzt ist. Nach Aktenlage ist das Verwaltungsgericht zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB einfügt. Insbesondere hält es sich im Rahmen der in der Umgebung vorhandenen offenen Bauweise nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, bei der die Gebäude als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen mit seitlichem Grenzabstand errichtet werden. Bei den Gebäuden der Antragsteller und der Beigeladenen handelt es sich um ein Doppelhaus im Sinne dieser Vorschrift. Daran wird auch der geplante Anbau nichts ändern. Ein Doppelhaus ist dadurch gekennzeichnet, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken zu einer Einheit derart zusammengefügt werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Eine solche Einheit kann jedoch nur entstehen, wenn die beiden Gebäude in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis der baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element. Nicht erforderlich ist jedoch, dass die beiden Haushälften vollständig deckungsgleich aneinandergebaut sind. Sie können auch zueinander versetzt oder gestaffelt an der Grenze errichtet werden (vgl. zu all dem BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, NVwZ 2000, 1055, 1056). Darüber hinaus erfordert ein Doppelhaus nicht, dass sämtliche parallel zur gemeinsamen Grundstücksgrenze verlaufenden Gebäudeaußenwände an der dem Doppelhausnachbarn zugewandten Seite eines Hauses an der Grenze errichtet werden. Namentlich verliert eine bauliche Anlage nicht den Charakter eines Doppelhauses, wenn Gebäudeteile mit einem Rücksprung zur gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtet werden, solange die beiden Gebäude noch im Sinne der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu einem wesentlichen Teil aneinandergebaut sind.
Die Errichtung der Balkonanlage mit einem Abstand zur Grenze der Antragsteller zerstört somit nicht von vornherein die Doppelhauseigenschaft der beiden Gebäude. Die Balkonanlage verstößt aber auch nicht gegen das Erfordernis der verträglichen und abgestimmten Errichtung der beiden Haushälften, denn sie beeinträchtigt die Antragsteller nicht unzumutbar. Durch die vorgesehenen Balkone werden insbesondere keine Einsichtsmöglichkeiten geschaffen, die die Antragsteller nicht mehr hinzunehmen hätten (vgl. dazu Bayer. VGH, Beschluss vom 10.11.2000 - 26 Cs 99.2102 -, BauR 2001, 372). Denn die erhöhte Nutzbarkeit der Grundstücke der Antragsteller und der Beigeladenen wurde durch den Verzicht auf seitliche Grenzabstände und damit auf Freiflächen, die dem Wohnfrieden dienen „erkauft“ (BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, NVwZ 2000, 1055, 1056). Dieser Verzicht umfasst auch den seitlichen Grenzabstand von Balkonen an der rückwärtigen Gebäudewand, von denen naturgemäß von der Seite in die Räume des Nachbarn eingesehen werden kann. Da im vorliegenden Fall die Balkonanlage nicht direkt an der Grenze sondern mit Grenzabstand errichtet werden soll, verringern sich die Einsichtsmöglichkeiten, so dass erst recht nicht von einer unzumutbaren Beeinträchtigung auszugehen ist. Die von den Antragstellern zum Beleg ihrer gegenteiligen Auffassung zitierten Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 22.08.2005 - 10 A 3611/03 -, BauR 2006, 342) und des Thüringer OVG (Urteil vom 26.02.2002 - 1 KO 305/99 -, BRS 65 Nr. 130) gebieten keine andere Beurteilung, denn der diesen Entscheidungen zugrundeliegende Sachverhalt stimmt mit dem vorliegenden nicht überein. Im Fall des OVG Nordrhein-Westfalen überschritt der geplante Balkon die im Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze, im Fall des Thüringer OVG fügte sich die vorgesehene Dachterrasse nach der überbauten Grundstücksfläche ebenfalls bereits objektiv-rechtlich nicht in die nähere Umgebung ein. Dies trifft hier nicht zu. Vielmehr reicht die Bebauung der Grundstücke ... ... und ... deutlich tiefer in das jeweilige Grundstück hinein, als es bei der hier vorgesehenen Bebauung der Fall sein wird. Das Bauvorhaben hält sich somit auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, innerhalb des in der näheren Umgebung vorhandenen Rahmens. Unerheblich ist, ob die übrigen Häuser mit rückwärtigen Balkonen versehen sind. Denn das Vorhandensein von Balkonen lässt sich keinem der nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Kriterien des Einfügens zuordnen. Balkone sind vielmehr Teil des Gebäudes, das sich in seiner Gesamtheit nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss. Dies ist hier der Fall, so dass eine Verletzung des in § 34 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots ausgeschlossen ist. Denn das Rücksichtnahmegebot ist keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht (BVerwG, Beschluss vom 11.01.1999 - 4 B 128/98 -, NVwZ 1999, 879, 880).
2. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis auch zu Recht entschieden, dass zu Lasten der Antragsteller wohl keine nachbarschützenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften verletzt sind. Das Vorhaben dürfte nach Aktenlage nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen sein. Dafür sind folgende Überlegungen maßgebend:
10 
a) Die geplante Balkonanlage könnte nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO direkt an der Grenze errichtet werden, denn nach planungsrechtlichen Vorschriften darf an die Grenze gebaut werden und es ist öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Nach Aktenlage wurden zwar nur die Gebäude der Antragsteller und der Beigeladenen als Doppelhaus - und damit grenzständig - errichtet, während die übrigen Häuser in der näheren Umgebung seitlichen Grenzabstand zueinander aufweisen. Die beiden bereits vor mehr als hundert Jahren errichteten Gebäude prägen jedoch die nähere Umgebung mit. Die Errichtung von Gebäuden mit Grenzabstand ist demnach planungsrechtlich ebenso wenig zwingend wie eine Grenzbebauung; vielmehr ist beides möglich. Würde die Balkonanlage grenzständig errichtet, hielte sie sich somit im vorhandenen Rahmen der Bebauung und wäre bauplanungsrechtlich zulässig. Darüber hinaus wäre öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs ist diese Voraussetzung auch ohne Übernahme einer Baulast erfüllt, wenn das Nachbargrundstück - wie hier - bereits an der Grenze bebaut ist. Unerheblich ist insoweit, dass die Häuser der Antragsteller und der Beigeladenen nach dem Anbau nicht mehr deckungsgleich wären (vgl. VGH Baden-Württ., Beschluss vom 12.02.2007 - 5 S 2826/06 -, VBlBW 2007, 383, 385).
11 
Ohne Erfolg berufen sich die Antragsteller zum Beleg ihrer gegenteiligen Ansicht auf das Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2002 (- 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201). Denn der dort entschiedene Fall ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Nach Auffassung des 5. Senats durfte der in jenem Verfahren geplante Dachbalkon nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO an der Grenze errichtet werden, weil die besonderen Regelungen über die Deckungsgleichheit von Gruppenbauten der dort anzuwendenden Bauordnung für die Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe aus dem Jahr 1898 dies nicht zuließen. Vergleichbare Regelungen enthält die zum Zeitpunkt der Errichtung der Gebäude der Antragsteller und der Beigeladenen geltende Bauordnung der Antragsgegnerin aus dem Jahr 1889 jedoch nicht.
12 
b) Hätten aber die Antragsteller nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO selbst die Errichtung einer Balkonanlage an der Grenze hinzunehmen, können sie nicht aus Gründen des Nachbarschutzes verlangen, dass die Balkonanlage unter Einhaltung des vollen nachbarschützenden Teils der Abstandstiefen errichtet wird. Denn der vorgesehene Grenzabstand vermindert die Beeinträchtigungen der Antragsteller im Hinblick auf Belichtung, Belüftung und Besonnung gegenüber einer Grenzbebauung und auch die Einsichtsmöglichkeiten - so sie überhaupt als Schutzgut der Abstandsflächenvorschriften zu betrachten sind (vgl. dazu einerseits Beschlüsse des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlVW 2008, 147, 149 und vom 26.11.1993 - 3 S 2606/93 -, juris und andererseits Beschluss des 8. Senats vom 03.03.2008 - 8 S 2165/07 -, VBlBW 2008, 345, 346 m.w.N. der Rspr.) - werden verringert. Der vorgesehene Standort schafft zudem keinen Zustand, der die Antragsteller in der baulichen Ausnutzung ihres eigenen Grundstücks behindern würde.
13 
Allerdings folgt dies nicht bereits aus § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO, denn nach dieser Vorschrift dürfen bauliche Anlagen grundsätzlich nur entweder grenzständig oder unter Einhaltung des vollen nach § 5 Abs. 7 LBO erforderlichen Grenzabstandes errichtet werden (vgl. aber zur Zulässigkeit einer Bebauung mit einem Grenzabstand von 0,50 m nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO - allerdings ohne nähere Begründung - VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.02.2007 - 5 S 2826/06 -, a.a.O.). Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor den Außenwänden an den Grundstücksgrenzen, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften das Gebäudean die Grenze gebaut werden darf und öffentlich rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Bereits nach dem Wortsinn kann ein Gebäude nur dann „an der Grenze“ errichtet sein, wenn es direkt an der Grenze, ohne jeglichen Abstand zu dieser steht. Ein Gebäude mit geringem Grenzabstand steht nicht mehr „an“ der Grenze, sondern allenfalls „nahe“ der Grenze. Der Begriff „an der Grenze“ ist jedoch auch zu unterscheiden von dem Begriff „auf der Grenze“. Denn ein Bau auf der Grenze überbaut diese. Da die Grenze lediglich eine Linie und keine Fläche darstellt, kann „auf“ ihr nur einmal gebaut werden. Abgesehen davon, dass ein Bauherr zu einem solchen Grenzüberbau nicht ohne weiters berechtigt ist, kann die in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO beschriebene Situation bei einem Bau „auf“ der Grenze nicht eintreten, da die bereits überbaute Grenze kein weiteres Mal durch den Nachbarn überbaut werden kann.
14 
Das vom Verwaltungsgericht zum Beleg seiner im Ergebnis gegenteiligen Ansicht zitierte Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13.05.2002 (- 3 S 2259/01 -, BauR 2003, 1860) steht dieser Auslegung nicht entgegen, denn es betraf eine andere Fallkonstellation. Aufgrund der dort in der näheren Umgebung vorherrschenden abweichenden Bauweise mit Traufgassen musste wegen des insofern geltenden Vorrangs der bauplanungsrechtlichen Bestimmungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2Nr. 1 LBO mit verringertem Grenzabstand gebaut werden. Ließe man aber auch in den Fällen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO die Errichtung von baulichen Anlagen mit verringertem Grenzabstand zu, fehlte den Baurechtsbehörden ein Steuerungselement, um beispielsweise die Entstehung sogenannter Schmutzwinkel zu verhindern, weil der Bauherr sein Gebäude auch mit sehr geringem Abstand zu einem bereits vorhandenen grenzständigen Gebäuden errichten dürfte. Denn der Tatbestand der Vorschrift enthält kein Merkmal, der es den Baurechtsbehörden erlaubte, bestimmte Grenzabstände zu fordern. Die Entscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO steht auch nicht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, sondern ist zwingendes Recht; eine Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Interessen findet daher nicht statt. Schließlich lässt sich auch aus dem Zweck der Vorschrift eine in diesem Sinne einschränkende Auslegung nicht herleiten. Denn die Vorschrift verfolgt keine spezifisch bauordnungsrechtlichen Ziele, wie z.B. die Verhinderung von „Schmutzwinkeln“, sondern dient dazu, den Vorrang des Bauplanungsrechts vor dem Bauordnungsrecht zu sichern (vgl. Sauter, LBO, § 5 Rn. 35).
15 
bb) Die geplante Balkonanlage ist aber nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zulässig. Nach dieser Vorschrift sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 LBO unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs (vgl. z.B. Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, VBlBW 2008, 190, 191 f.) stellt allerdings eine Abstandsflächentiefe, die - wie hier - den nachbarschützenden Teil unterschreitet, regelmäßig eine erhebliche, vom betroffenen Nachbarn nicht hinzunehmende Beeinträchtigung dar, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder nur geringfügig ist. Nachbarliche Belange sind mithin nur dann nicht „erheblich“ beeinträchtigt, wenn auf dem Nachbargrundstück besondere Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen, weil die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbar an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, VBlBW 1997, 266, 267 und vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, juris sowie Beschluss vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 -, BauR 1997, 92, 95; kritisch hierzu Sauter, LBO § 6 Rn. 48b). Solche Besonderheiten können sich (und werden sich zumeist) aus den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Nachbargrundstück ergeben. Hierzu können nach der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs etwa unterschiedliche Höhenlagen oder sonstige signifikanten topografischen Unterschiede gehören. Ferner kann ein ungewöhnlicher Zuschnitt des Nachbargrundstücks oder die Tatsache ausschlaggebend sein, dass die vorhandene oder die planungsrechtlich zulässige Bebauung auf dem Nachbargrundstück durch das in Rede stehende grenznahe Vorhaben nur unerheblich tangiert wird (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Sauter, LBO, Rn. 48c zu § 6 LBO). Neben diesen besonderen tatsächlichen Gegebenheiten können aber auch rechtliche Besonderheiten vorliegen, welche die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Nachbarn in abstandsflächenrechtlicher Hinsicht deutlich mindern und deshalb eine „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO ausschließen (vgl. zum Fall der Verwirkung des materiellen Abwehrrechts gegen den Standort eines Gebäudes Senatsbeschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, a.a.O.).
16 
Eine solche rechtliche Sondersituation kann auch vorliegen, wenn das Baugrundstück und das Nachbargrundstück - wie hier - mit einem Doppelhaus bebaut sind. Bei dieser Art der Bebauung verzichten die Bauherrn zugunsten der erhöhten Nutzbarkeit ihrer Grundstücke grundsätzlich auf seitliche Grenzabstände und damit auf Freiflächen, die dem Wohnfrieden dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, a.a.O.). Dieser Verzicht mindert auch das Maß ihrer Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO. Der Umfang des bauordnungsrechtlichen nachbarlichen Schutzanspruchs kann insoweit nicht anders zu beurteilen sein, als der des bauplanungsrechtlichen, zumal das Bauplanungsrecht dem Bauordnungsrecht vorgeht, soweit es - wie hier - Grenzbebauung ohne Abstandsflächen zulässt. Denn in beiderlei Hinsicht geht es um die Frage, wie viel Abstand ein Nachbar zum Schutz seiner nachbarlichen Belange verlangen kann bzw. wie viel Nähe er hinzunehmen hat. Allerdings wären wohl auch bei einer Doppelhausbebauung nachbarliche Interessen jedenfalls dann erheblich beeinträchtigt, wenn durch ein grenznahes Vorhaben die Bebaubarkeit des Nachbargrundstücks beeinträchtigt würde. Grundsätzlich bleibt zwar dem Nachbarn trotz eines solchen Vorhabens die Möglichkeit erhalten, auf dem eigenen Grundstück einen grenzständigen Anbau zu errichten. Die damit möglicherweise einhergehende Verschattung der zuvor mit geringem Grenzabstand errichteten baulichen Anlage hätte jener Bauherr dann hinzunehmen. Anders stellte sich die Situation jedoch wohl dar, wenn ein Anbau mit sehr geringem Grenzabstand errichtet würde, der es dem Nachbarn verwehrte, am eigenen Haus einen grenzständigen Anbau zu errichten, weil sonst z.B. ein „Schmutzwinkel“ entstünde. Diese Konstellation liegt hier allerdings nicht vor. Denn der vorgesehene Abstand der Balkonanlage zur gemeinsamen Grundstücksgrenze (65 cm für den 1 m tiefen Austritt im Erdgeschoss, 2,35 m für die Balkonanlage in den Obergeschossen) lässt bauordnungsrechtlich weiterhin die Errichtung eines grenzständigen Anbaus an das Gebäude der Antragsteller zu.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
18 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.