Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 09. Juli 2012 - 7 U 302/11

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2012:0709.7U302.11.0A
bei uns veröffentlicht am09.07.2012

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert



Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das Teilendurteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 28. November 2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Zwangsvollstreckung des Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Kläger begehren Ersatz für Schäden an ihrem Hausgrundstück, die durch Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück entstanden sind.

2

Die Kläger und der Beklagte zu 1) sind Grundstücksnachbarn in 6... Sch..., M...straße 4 und 6. Ihre Grundstücke bildeten ursprünglich eine Einheit, die zu einem nicht näher benannten Zeitpunkt geteilt wurde. Der ursprüngliche Eigentümer veräußerte im Jahr 2005 das Grundstück M...straße 4 mit dem ca. 1979 erbauten Haus an die Kläger. Später erwarb der Beklagte zu 1) den unbebauten zweiten Grundstücksteil (M...straße 6).

3

Im Jahr 2006 begann der Beklagte zu 1) mit dem Bau eines Wohnhauses. Anschließend beauftragte er im Jahr 2007 den Beklagten zu 2), Inhaber eines Baubetriebs in Sch..., mit der Erstellung des Rohbaus für eine an das Wohnhaus anschließende Garage einschließlich der hierzu notwendigen Bodenarbeiten.

4

Der Beklagte zu 2) führte die Arbeiten im November 2007 aus. Während der Ausschachtungsarbeiten entdeckten seine Mitarbeiter ein graues PVC-Rohr, welches in Richtung des klägerischen Grundstücks in ca. 20 bis 30 cm Tiefe lag. Die Mitarbeiter des Beklagten zu 2) untersuchten das Rohr, indem sie eine Eisenstange einführten, und gingen, als sie in Richtung des klägerischen Grundstücks auf Widerstand stießen, irrig davon aus, dass das Rohr hier ende bzw. durch einen Florwallring abgedichtet sei.

5

Tatsächlich endete das Rohr jedoch nicht, sondern knickte rechtwinklig nach unten ab und führte unter der Stützmauer zwischen den Grundstücken hindurch in das Abwassersystem des klägerischen Hausanwesens.

6

Die Mitarbeiter des Beklagten zu 2) deckten das aufgefundene Rohr lediglich mit einem Brett ab. Als sie die Betonarbeiten für die Garage auf dem Grundstück des Beklagten zu 1) ausführten, verschob sich das Brett, und es drang Beton in das Rohr ein. Der Beton lief in das Kanalsystem der Kläger und verstopfte schließlich ein Abwasserrohr vollständig. In der Folge funktionierte die Entwässerung des klägerischen Grundstücks nicht mehr, die im Bereich des Lichthofes vor der Kellerwohnung über einen Gully erfolgt und auch die Dachentwässerung umfasst. Mitte Dezember 2007 drang deshalb gestautes Wasser, das vom Lichthof nicht mehr abfließen konnte, in die klägerischen Kellerräume ein. Das Wasser stand im Kellerflur und im Gästezimmer, wobei der Estrich im Gästezimmer und im Vorflur nass wurde und der Laminatbelag im Gästezimmer beschädigt wurde.

7

Wegen der Beschädigungen durch den Beton mussten die Entwässerungsleitungen und der Gully im Lichthof des klägerischen Anwesens erneuert werden.

8

Die W... Versicherung AG, Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 2), wies unter dem 1. Februar 2008 gegenüber den Klägern Schadensersatzansprüche zurück, weil keine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) erkennbar sei.

9

Am 4. Februar 2008 teilte das für die W... Versicherung tätige Versicherungsbüro A... und G... GmbH dieser mit, dass der Beklagte zu 2) das Rohr nicht ordentlich verschlossen und den Schaden verschuldet habe.

10

Der Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 2) rechnete daraufhin mit Schreiben vom 2. April 2008 (Anlage K12, Anlagenband) eine Entschädigung ab. Darin ermittelte er einen Gesamtschaden von 11.111,00 €. Unter Anrechnung eines Mitverschuldens der Kläger von 60 % zahlte er diesen einen Betrag von 4.444,00 € aus.

11

Die Kläger haben erstinstanzlich geltend gemacht:

12

beide Beklagte seien für den Schaden an ihrem Anwesen verantwortlich.

13

Der Beklagte zu 1) habe seine Sorgfaltspflichten als Bauherr verletzt. Denn er habe Kenntnis von der Freilegung der Kunststoffleitung gehabt und dennoch den Beklagten zu 2) nicht beauftragt, das Rohr näher zu untersuchen oder sicher zu verschließen. Vielmehr habe er dessen Mitarbeitern die falsche Auskunft erteilt, dass die Leitung nicht mehr benutzt werde.

14

Der Beklagte zu 2) habe gewusst, dass die Rohrleitung auf das Klägergrundstück führte. Zudem habe er bei den Bauarbeiten in unmittelbarer Nähe zur Grundstücksgrenze nicht die erforderliche Sorgfalt angewandt. Er habe die freigelegte Rohrleitung ungeachtet der Auskunft des Beklagten zu 1), die Leitung sei „tot“, näher untersuchen und geeignete Maßnahmen zur Schadensabwehr ergreifen müssen.

15

Die Kläger haben ihren Schaden zuletzt mit insg. 17.125,87 € beziffert. Unter Abzug der Versicherungsleistung von 4.444,00 € berechnen sie ihren Anspruch mit 12.681,87 €. Bezüglich der Zusammensetzung der Schadensforderung wird auf den Schriftsatz der Kläger vom 15. November 2010, Bl. 287 f d. A., verwiesen. Den größten Posten bilden die Kosten für das neue Entwässerungssystem, das im Laufe des Rechtsstreits errichtet wurde (10.295,67 €, s. Anl. K15, Bl. 210 d. A., sowie das Angebot Anl. K14, Bl. 146 d. A.).

16

Darüber hinaus begehren sie die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner ihnen den weiteren Schaden zu ersetzen haben. Erstinstanzlich haben sie diesen Antrag auf Schäden durch eine etwaige Schimmelkontaminierung der Wärmedämmvorsatzschale auf der Innenseite der Außenwand im Untergeschoss ihres Hauses bezogen.

17

Die Kläger wehren sich gegen den Vorwurf des Mitverschuldens: Einer etwaigen Schimmelkontaminierung hätten sie wegen der erforderlichen Schadensbegutachtung nicht durch frühere Trocknungsmaßnahmen entgegenwirken können.

18

Nach Reduzierung des Zahlungsantrags (ursprünglich 13.272,10 € nebst Zinsen) mit Schriftsatz vom 15.11.2010 (Bl. 287 d. A.) haben die Kläger zuletzt beantragt:

19

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 12.681,87 € nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

20

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern sämtlichen Schaden zu ersetzen, welcher durch eine etwaige Schimmelkontaminierung der Wärmedämmvorsatzschale auf der Innenseite der Außenwand im Untergeschoss der Immobilie der Kläger entstanden ist.

21

Die Beklagten haben beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Der Beklagte zu 1) hat vorgetragen,

24

er habe mit der Beauftragung einer anerkannten Fachfirma die ihm obliegenden Sorgfaltsmaßnahmen getroffen und sich darauf verlassen können, dass der Beklagte zu 2) die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen ergreife. Er habe von der Leitung nichts gewusst und auch nicht die Auskunft erteilt, die Leitung sei tot.

25

Die Kläger treffe erhebliches Mitverschulden, weil sie mit schadensmindernden Maßnahmen im Hinblick auf die Regulierung durch den Haftpflichtversicherer abgewartet hätten.

26

Darüber hinaus bestreitet der Beklagte zu 1) die Angemessenheit der Schadensbeseitigungskosten und die Ersatzfähigkeit von Eigenleistungen.

27

Der Beklagte zu 2) hat unter anderem vorgetragen,

28

seine Mitarbeiter hätten von dem Beklagten zu 1) die Information erhalten, dass das bei der Ausschachtung aufgefundene Rohr nicht mehr gebraucht würde.

29

Die Kläger haben vor Einreichung ihrer Klage vom 8. Dezember 2008, eingegangen am 9. Dezember 2008 und dem Beklagten zu 1) zugestellt am 30. Dezember 2008, kein Mahnverfahren und kein Schlichtungsverfahren durchgeführt.

30

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 9. Juli 2009 darauf hingewiesen, dass der Beklagte zu 1) in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB haften könne. Es hat sodann den Beklagten zu 2) als Partei und die Zeugen K.-H. W., T. Sch. und V. Sch. vernommen und ein bautechnisches Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing (FH) B. H. vom 8. April 2010 sowie ein Ergänzungsgutachten vom 25. Februar 2011 eingeholt (Gutachten siehe Anlagen). Die Zeugenvernehmung ist nach Richterwechsel in der mündlichen Verhandlung vom 09. August 2011 wiederholt worden.

31

Der Einzelrichter der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau hat nach Zustimmung der Parteien am 11. Oktober 2011 das schriftliche Verfahren angeordnet. Mit Teilendurteil vom 28. November 2011, auf das im Übrigen zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wie auch wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung Bezug genommen wird, hat er die Klage gegen den Beklagten zu 1) als unzulässig abgewiesen.

32

Zur Begründung hat der Erstrichter im Wesentlichen ausgeführt, das obligatorische Schlichtungsverfahren nach § 15 a EGZPO und §§1, 2 Landesschlichtungsgesetz Rheinland-Pfalz sei nicht durchgeführt worden. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 e LSchlG sei die Schlichtung Voraussetzung für eine Klage über Ansprüche wegen der im Nachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte. Die Parteien stritten über einen Anspruch wegen der Beeinträchtigung einer gemeinschaftlichen Versorgungsleitung, deren Nutzung die §§ 26 bis 32 LNRG regelten, die nicht auf das Leitungsnotwegerecht beschränkt seien. Es handele sich um eine gemeinsame Leitung, auch wenn erst die nachträgliche Grundstücksteilung zum Nachbarschaftsverhältnis hinsichtlich der Leitung geführt habe. In die Prüfung sei zumindest § 31 LNRG mit einzubeziehen. Es genüge, dass die Vorschrift aus dem Nachbarrecht für den Interessenkonflikt von Bedeutung sei. Die subjektive Klagehäufung stehe der Notwendigkeit der außergerichtlichen Schlichtung im Verhältnis zu dem Beklagten zu 1) nicht entgegen.

33

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge gegen den Beklagten zu 1) weiterverfolgen.

34

Die Kläger tragen vor:

35

Die angegriffene Entscheidung beruhe auf einer Rechtsverletzung, weil das Landgericht irrig von der Unzulässigkeit der gegen den Beklagten zu 1) gerichteten Klage ausgegangen sei. Ein Schlichtungsverfahren sei nicht durchzuführen gewesen, weil es sich nicht um eine nachbarrechtliche Streitigkeit handele.

36

Insbesondere sei die Leitung keine gemeinsame Versorgungsleitung im Sinne der §§ 26 ff. LNRG gewesen. Es habe sich lediglich um ein nicht genutztes Leerrohr gehandelt. §§ 26 ff. LNRG erfassten zudem nur Leitungsnotwege für Wasserversorgungs- und Entwässerungsleitungen. Die Vorschrift des § 31 LNRG sei nicht einschlägig. Auch habe das Gericht in seinem Hinweisbeschluss vom 31.08.2011 hierauf nicht hingewiesen.

37

Schließlich sei ein Schlichtungsverfahren wegen § 3 Abs. 1 LSchlG in Verbindung mit der Schiedsamtsordnung nicht erforderlich gewesen. § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO sehe die Ablehnung des Sühneversuchs vor, wenn für die Klageerhebung die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründet wäre.

38

Die Kläger beantragen,

39

1. unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des LG Landau in der Pfalz vom 28. November 2011 (Az.: 2 O 385/08) den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

40

2. im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts das angefochtene Teil-Endurteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 28. November 2011 (Az.: 2 O 385/08) abzuändern und wie folgt zu entscheiden:

41

a) Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Kläger 12.681,87 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

42

b) Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den Klägern sämtlichen Schaden zu ersetzen, welcher durch die Einleitung von Beton am 14. Dezember 2007 in das auf dem Grundstück der Kläger befindliche Rohrleitungssystem entstanden ist.

43

Der Beklagte zu 1) beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe und betont, dass das betroffene Leerrohr eine wesentliche Funktion hinsichtlich der Entwässerung der Grundstücke, insbesondere des Kellergeschosses des klägerischen Anwesens innegehabt habe.

II.

46

Die Berufung der Kläger gegen den Beklagten zu 1) ist zulässig, führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.

A.

47

Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

48

Das Feststellunginteresse für den Feststellungsantrag Ziff. 2 ist gegeben. Dem Vorrang der Leistungsklage ist entgegenzuhalten, dass eine Bezifferung des Anspruchs ohne eine aufwendige Begutachtung (Öffnung der Wärmedämm-Vorsatzschale) nicht möglich ist.

49

Auch die Klageänderung hinsichtlich des Feststellungsantrags Ziff. 2 ist zulässig. Es liegt eine Antragsänderung vor, wobei der Streitgegenstand lediglich ergänzt wird durch die Erstreckung der begehrten Feststellung auch auf andere als mögliche Schimmelschäden. Somit kommt es auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Einwilligung oder Sachdienlichkeit (§ 533 Nr. 1 ZPO) wegen § 264 Ziff. 2 ZPO nicht an. Die gemäß § 533 Nr. 2 ZPO zu erfüllenden Voraussetzungen des § 529 ZPO sind gegeben; der Feststellungsantrag bzgl. des auf dieselben Tatsachen gestützten Schadensersatzanspruchs ist lediglich weniger einschränkend gefasst worden.

B.

50

Die Berufung ist unbegründet.

51

Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage gegen den Beklagten zu 1) unzulässig ist, weil die Kläger das zwingend vorzuschaltende Schlichtungsverfahren nach dem Landesschlichtungsgesetz Rheinland-Pfalz (LSchlG) vor Klageerhebung nicht durchgeführt haben.

52

Nach §§ 15 a Abs. 1 S. 1 EGZPO in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1, 2 LSchlG RP ist, wenn die Parteien ihren Wohnsitz in Rheinland-Pfalz innerhalb desselben Landgerichtsbezirks haben, die Erhebung einer Klage u.a. dann erst nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zulässig, wenn es sich um nachbarrechtliche Streitigkeiten der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG genannten Art handelt.

I.

53

Allerdings dürfte sich das Schlichtungserfordernis vorliegend nicht aus § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 e) LSchlG ergeben, wie es das Erstgericht angenommen hat. Die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche unterfallen nicht § 1 Abs. 1 Nr. 1 e) LSchlG, weil die Parteien nicht um -Ansprüche wegen der im Landesnachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte- streiten.

54

1. Eine Rechtsstreitigkeit über Ansprüche wegen im Nachbarrechtsgesetz geregelter Rechte ist gegeben, wenn dieses Gesetz Regelungen enthält, die für den Interessenkonflikt der Nachbarn im konkreten Fall von Bedeutung sind (BGH NJW-RR 2005, 501). Denn erst durch die Zusammenschau aller gesetzlichen Regelungen des Nachbarrechts, das sich als Bundesrecht im BGB findet (§§ 906 ff. BGB) und in den Rechtsvorschriften der landesrechtlichen Nachbargesetze enthalten ist, werden Inhalt und Schranken der Eigentümerstellung bestimmt (BGH a.a.O.; NJW-RR 2000, 537). Nur in dem hiernach gegebenen Rahmen kann ein Eigentümer sich gegen eine von einem Nachbargrundstück ausgehende Beeinträchtigung zur Wehr setzen oder verpflichtet sein, diese zu dulden (BGH NJW-RR 2005, 501; NJW-RR 2000, 537). Die auf Grundlage von Art. 124 EGBGB erlassenen landesrechtlichen Vorschriften ergänzen insofern die Eigentumsbeschränkungen des BGB.

55

2. Allein der Umstand, dass der bei den Bauarbeiten auf dem Grundstück des Beklagten zu 1) abgelaufene Beton durch ein Rohr floss, das auf beiden Grundstücken der Parteien verlief und mit der Entwässerung des klägerischen Anwesens verbunden war, führt noch nicht dazu, dass die Streitigkeit zwischen den Parteien aus einer Vorschrift des LNRG resultiert.

56

In Betracht kommt zwar die Anwendung der §§ 26 ff. LNRG, die die Duldung von Versorgungsleitungen und somit ein Leitungsnotwegerecht für Wasserversorgungs- und Entwässerungsleitungen regeln (vgl. Hülbusch, Kommentar zum Nachbarrechtsgesetz Rheinland-Pfalz, 6. Aufl. 2005, Einführung §§ 26-33 Rn. 2; Reich, Landesnachbarrechtsgesetz für Rheinland-Pfalz, 2007, § 26 Rn. 1).

57

Allerdings steht eine Duldungspflicht hinsichtlich einer Wasserversorgungs- bzw. Abwasserleitung hier nicht zur Diskussion. Ebensowenig geht es um einen Verstoß des Beklagten zu 1) gegen §§ 26 ff. LNRG. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Leitungsnotrechts, wie sie in §§ 26 ff. LNRG geregelt sind (vgl. Dehner, Nachbarrecht, B § 27, V. 3. c), durch eine der Parteien sind weder ersichtlich noch dargetan. Auch das Erstgericht geht nicht von einem Leitungsnotwegerecht aus.

58

a) Eine Duldungspflicht der Kläger bezüglich des Rohres ist für den Rechtsstreit unerheblich, insbesondere für eine Pflicht zur Duldung von Einwirkungen durch eindringenden Beton. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Verlegung der Leitung auf dem Grundstück der Kläger zum Anschluss des Beklagtengrundstücks an das Versorgungs- oder Entwässerungsnetz erforderlich gewesen wäre.

59

b) Eine Duldungspflicht des Beklagten zu 1) aus §§ 26 ff. LNRG kommt ebenfalls nicht in Betracht.

60

Zwar kann die nachtägliche Parzellierung eines Gesamtgrundstücks zu einem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis führen, in dem sich Rechte und Pflichten nach den §§ 26 ff. LNRG ergeben, beispielsweise wenn dadurch vorhandene Gebäude rechtlich von ihrer bisherigen Abwasserversorgung abgeschnitten werden (vgl. Hülbusch, a.a.O., § 26 Rn. 1 unter Hinweis auf BGH NJW 2003, 1392).

61

Eine Leitung nach § 26 LNRG liegt jedoch nicht vor. Dass der Anschluss des klägerischen Grundstücks an das Wasserversorgungs- oder Entwässerungsnetz eine Leitung durch das (jetzige) Grundstück des Beklagten zu 1) erfordert hätte, wird nicht behauptet und ist nicht ersichtlich: Weder erfolgte die Wasserversorgung noch die Abwasserentsorgung des klägerischen Grundstücks über das Beklagtengrundstück, insbesondere nicht durch das streitgegenständliche Leerrohr. Allein dass ein Rohr, das auf dem Beklagtengrundstück liegt, an die Entwässerungsleitungen des klägerischen Anwesens angeschlossen ist, führt noch nicht zu Duldungspflichten nach §§ 26 ff. LNRG, auch wenn die §§ 26 ff. LNRG auch für die Duldung bereits vorhandener Leitungen gelten (vgl. Reich, a.a.O., § 26 Rn.1).

62

Zudem steht kein Anspruch auf Duldung des Anschlusses an bereits vorhandene Leitungen nach § 26 Abs. 2 LNRG in Rede. Ein solcher kommt in Betracht, wenn auf dem betroffenen Grundstück bereits Leitungen liegen, die auch zur Versorgung des berechtigten Grundstücks ausreichen würden. Denn der Anschluss nach § 26 Abs. 2 LNRG ist lediglich die - unter den gleichen, hier nicht erfüllten Voraussetzungen stehende - zwingende Alternative zu einem Hindurchführen der Versorgungsleitung durch das betroffene Grundstück nach § 26 Abs. 1 LNRG.

63

Schließlich scheidet auch ein Anschlussrecht des Duldungspflichtigen nach § 29 Abs. 1 LNRG aus, der danach seinerseits an Leitungen anschließen darf, die er zu dulden verpflichtet ist. Denn § 29 Abs. 1 LNRG knüpft an den Tatbestand des § 26 Abs. 1 LNRG an und gewährt dem Eigentümer zum Ausgleich der Duldungspflicht aus § 26 LNRG gewisse Anschlussmöglichkeiten (vgl. Hülbusch, a.a.O., § 29 Rn. 1 und 2).

64

c) Handelt es sich aber schon gar nicht um nach § 26 Abs. 1 LNRG verlegte Leitungen, nach § 26 Abs. 2 LNRG hergestellte Anschlussleitungen oder um den Anschluss an bereits verlegte Leitungen nach § 29 Abs. 1 LNRG, kommt auch ein Anspruch nach § 31 LNRG nicht in Betracht (vgl. Hülbusch, a.a.O., § 31 Rn. 2). Dieser gewährt u.a. ein Beseitigungsrecht beim nachträglichen Auftreten von erheblichen Belästigungen durch die auf fremdem Grund verlaufenden Leitungen.

65

Es steht auch nicht in Rede, dass es sich bei den schädigenden Ereignissen um Beseitigungsmaßnahmen nach § 31 Abs. 2 LNRG gehandelt hätte.

66

3. Danach sind die Vorschriften des LNRG für den Interessenkonflikt zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 1) nicht von Bedeutung.

II.

67

Der Rechtsstreit zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 1) ist dem obligatorischen Schlichtungsverfahren jedoch nach § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) LSchlG unterworfen. Danach ist ein Güteversuch auch in Streitigkeiten über Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen erforderlich, soweit es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt.

68

1. Um Einwirkungen aus einem gewerblichen Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) LSchlG geht es vorliegend nicht, da die Einwirkungen nicht von dem Beklagten zu 1) als Gewerbetreibendem ausgingen. Dass der ausführende Bauunternehmer, der Beklagte zu 2), gewerblich gehandelt hat, ist unerheblich. Denn der Grund für den Ausschluss entsprechender gewerblicher Einwirkungen vom Nachbargrundstück von der Notwendigkeit der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens liegt darin, dass dabei der persönliche Aspekt zwischen den Prozessparteien, der die nachbarlichen Beziehungen prägt, in der Regel keine Rolle spielt (vgl. MüKoZPO-Gruber, 3. Aufl. 2008, § 15 a EGZPO Rn. 22; dazu auch Erdel, MDR 2005, 721, 723).

69

2. Zwar handelt es sich bei den Einwirkungen auf das klägerische Grundstück durch Eindringen von Beton in das Abwassersystem nicht um von § 906 BGB direkt erfasste Immissionen. Denn § 906 BGB erfasst keine größeren festkörperlichen Gegenstände („Grobimmissionen“, z.B. BGH NJW 1990, 1910: Schrotblei), sondern mit Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch und Erschütterungen solche Immissionen, die in ihrer Ausbreitung weitgehend unkontrollierbar und unbeherrschbar sind.

70

„Ähnliche Einwirkungen“ müssen demnach auf der Zuführung unkörperlicher oder leichter körperlicher Stoffe beruhen (Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 6. Aufl. 2011, § 906 Rn. 6 f.). Die Zufuhr von Beton als grobkörperlicher Masse kann hierunter nicht gefasst werden.

71

Somit können die Kläger ihr Begehren nicht auf § 906 BGB stützen, auch wenn diese Vorschrift in Abs. 2 S. 2 einen Entschädigungsanspruch als Ausgleich für den durch die Duldungspflicht ausgeschlossenen Abwehranspruch gewährt.

72

3. Vorliegend kommt als Grundlage der klägerischen Ansprüche gegen den Beklagten zu 1) allerdings ein nachbarlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog in Betracht („Aufopferungsentschädigungsanspruch“). Dieser greift auch bei anderen Einwirkungen als denen nach § 906 BGB ein, so bei Grobimmissionen, wenn der Betroffene aus besonderen Gründen gehindert war, die Störung zu unterbinden, beispielsweise aus „faktischem Duldungszwang“.

73

Ob die Ermächtigung des § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO eine entsprechend weite Auslegung ihres Anwendungsbereichs und der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, hier § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG, deckt und nicht nur dem Wortlaut des § 15 a EGZPO folgend, Ansprüche und nach § 906 BGB im Sinne der in den genannten Vorschriften selbst normierten Ansprüche erfasst, sondern auch solche Ansprüche, die sich aus einem Verstoß gegen die genannten Bestimmungen ergeben, sodass neben Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen auch Schadensersatzansprüche nach § 823 BGB, Aufwendungsersatzansprüche nach § 812 Abs. 1 BGB oder aus GoA in Verbindung mit den aufgeführten Vorschriften und ebenso der nachbarliche Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog der Schlichtung unterliegen könnten, ist streitig (vgl. zum Streitstand betreffend Ansprüche aus dem Nachbarrecht nach §§ 910, 911 BGB - BGH NJW-RR 2009, 1238 m.w.N.; Auslegung des § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO dort wie auch in BGH NZM 2012, 435 offen gelassen).

74

a) Daraus, dass die in § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGZPO genannten Vorschriften (§§ 910, 911, 923, 906 BGB sowie landesrechtliche Vorschriften im dortigen Sinne) nicht durchweg Ansprüche enthalten, wird in weiter Auslegung der Norm überwiegend gefolgert, dass die genannten nachbarrechtlichen Streitigkeiten unabhängig von der jeweiligen materiellrechtlichen Anspruchsgrundlage unter § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGZPO fallen (vgl. MüKoZPO-Gruber, a.a.O., Rn. 23).

75

Somit können Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche ebenso wie bereicherungsrechtliche oder deliktische Ansprüche, die mit der nachbarrechtlichen Streitigkeit eng verbunden sind, grundsätzlich dem Schlichtungserfordernis unterfallen (vgl. BGH a.a.O.; BVerfG NJW-RR 2009, 1026 unter billigendem Hinweis auf die Begründung in OLG Frankfurt, OLGR 2008, 814; OLG Köln, OLGR 2006, 406; AG Nürnberg, MDR 2002, 1189; Prütting/Gehrlein-Wegen/Barth, ZPO, 3. Aufl. 2011, § 15 a EGZPO Rn. 4; Prütting-Schmidt, Außergerichtliche Streitschlichtung, 2003, Rn. 121 ff.; a.A. bzgl. deliktischer Ansprüche Zöller-Heßler, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 15 a EGZPO Rn. 5).

76

Mithin können auch solche vermögensrechtlichen Ansprüche der Schlichtung unterworfen werden, die aus den nachbarrechtlichen Vorschriften erwachsen.

77

b) Für die Einbeziehung auch der Ansprüche nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog in die Auslegung des Anspruchs nach § 906 BGB bzw. der Streitigkeiten über Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen spricht, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht, den Nachbarstreit insgesamt und einheitlich der Schlichtung zu unterwerfen (vgl. Götz, MittBayNot 2000, Sonderheft zu Ausg. 4, S. 37 ff., 39, 40; Prütting-Schmidt, a.a.O., Rn. 121-123).

78

Zudem wäre der Anwendungsbereich der nachbarrechtlichen Streitschlichtung nach § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO sonst eher begrenzt. Auch bezeichnet bereits die Gesetzesbegründung die Streitigkeiten, die der Schlichtung unterfallen sollen, mit der gleichen Formulierung wie die umsetzenden Landesgesetze als Streitigkeiten wegen Überwuchses nach § 910 BGB und wegen der in § 906 geregelten Einwirkungen (BT-Drs. 14/980 vom 04.05.1999). Dies macht deutlich, dass der Gesetzeswortlaut Ansprüche nach mehr umfasst als die in den jeweiligen Vorschriften enthaltenen Anspruchsgrundlagen (vgl. auch Prütting-Schmidt, a.a.O. Rn. 121).

79

c) Danach kann als Anspruch wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen nicht nur der Entschädigungsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB gelten, sondern darüber hinaus neben Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen nach § 1004 Abs. 1 BGB und Schadensersatzansprüchen gemäß § 823 BGB ebenso der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB (vgl. Prütting-Schmidt, a.a.O. Rn. 121; das Erfordernis eines Schlichtungsverfahrens bejahend auch OLG Saarbrücken, Urt. v. 30.08.2011 - 4 U 424/10).

80

Soweit das LG Mannheim für die entsprechende Vorschrift im baden-württembergischen Schlichtungsgesetz (§ 1 Abs. 1 S. 2 a BWSchlG: Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen) ein Schlichtungserfordernis für den Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog ablehnt (LG Mannheim, Urt. v. 20.01.2006 - 1 S 178/05, zit. n. juris), weil kein besonderes Bedürfnis bestehe, durch die analoge Anwendung den Ausgleich eines eingetretenen Schadens zwischen Nachbarn einer obligatorischen Streitschlichtung zuzuführen, würde sich diese Argumentation gegen jedwede Einbeziehung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen in die obligatorische Streitschlichtung richten und überzeugt vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen nicht.

81

Schließlich dient die analoge Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB auf rechtswidrige Grobimmissionen, die aus tatsächlichen Gründen nicht rechtzeitig abgewehrt werden können, wie die unmittelbare Anwendung der Vorschrift dem Ausgleich gleichrangiger Nachbarinteressen als Ausdruck der Situationsgebundenheit der Grundstücke und beruht auf dem Gedanken, dass im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis der betroffene Eigentümer oder Nutzer bei einer nicht abwehrbaren, vom Nachbargrundstück ausgehenden rechtswidrigen Einwirkung auf sein Grundstück nicht schlechter stehen darf als bei einer rechtmäßigen Einwirkung (BGH Urt. v. 30.05.2003 - V ZR 37/02, juris Rn. 11). In solchen „technischen Unfallschadensfällen“ geht es um die Haftung für rechtswidrige Störungen aus einer bestimmungsmäßigen Grundstücksnutzung, die von dem beeinträchtigten Nachbarn aus tatsächlichen Gründen nicht abgewehrt werden können, und damit - entgegen der Auffassung der Kläger - durchaus um einen typisch nachbarrechtlichen Nutzungskonflikt, der zwar in § 906 Abs. 2 BGB nicht geregelt ist, aber vom Regelungsplan des Gesetzgebers her zum gleichen Abwägungsergebnis geführt hätte (BGH a.a.O., juris Rn. 12).

82

4. Die Durchführung einer vorherigen Schlichtung ist auch nicht deswegen entbehrlich, weil über eine Zahlungsklage zu entscheiden ist. Dass für Rheinland-Pfalz ein Schlichtungsversuch für Zahlungsansprüche generell nicht erforderlich ist, lässt sich entgegen der Auffassung der Kläger dem LSchlG nicht entnehmen.

83

a) Dies folgt nicht aus den Urteilen des 5. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 10. Juli 2009 (NJW-RR 2009, 1238) und vom 2. März 2012 (NZM 2012, 435). Danach gilt die Anordnung der obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung in Hessen und in Nordrhein-Westfalen generell nicht für Zahlungsansprüche, auch wenn es sich um Ansprüche aus dem Nachbarrecht handelt.

84

Hintergrund ist, dass im HessSchlG a.F. wie auch im GüSchlG NRW a.F. zunächst auch von der Ermächtigung des § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGZPO Gebrauch gemacht und die Schlichtung in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche im Wert bis 750,00 € (bzw. bis 600,00 € in NRW) angeordnet worden war.

85

Diesen Passus hat der hessische Gesetzgeber im Jahre 2005 aufgehoben mit der Begründung, dass durch Herausnahme der Zahlungsansprüche das Ausweichen in das Mahnverfahren, durch das eine weitgehende Umgehung der Schlichtung erfolgt sei, nicht länger ermöglicht werden solle (Hessischer Landtag, Drs. 16/4132, Begründung A. und B.).

86

Auch der nordrhein-westfälische Gesetzgeber hat durch Gesetz vom 20. November 2007 die obligatorische Streitschlichtung für vermögensrechtliche Streitigkeiten über Ansprüche mit geringem Streitwert aufgehoben.

87

Entsprechend hat das OLG Hamm mit Urteil vom 06.06.2011 (BeckRS 2011, 21895) für das Gütestellen- und Schlichtungsgesetz NRW entschieden, dass die Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GüSchlG NRW, die wie die Streichung der entsprechenden Vorschrift in Hessen die vermögensrechtlichen Streitigkeiten aus dem Anwendungsbereich des Ausführungsgesetzes zu § 15 a EGZPO herausnehmen sollte, dazu führe, dass bei der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen auch im Nachbarrecht keine obligatorische Streitschlichtung mehr stattzufinden habe.

88

Der Bundesgerichtshof geht für Nordrhein-Westfalen von derselben Rechtslage aus , wie er sie für Hessen herausgearbeitet hat (BGH MDR 2012, 579; NJW-RR 2008, 1662), nämlich dass ein Schlichtungsversuch nicht für Zahlungsklagen vorgesehen sei, weil der Landesgesetzgeber mit der gleichen Begründung wie in Hessen die Regelung zur Einbeziehung der vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert bis zu 600,00 € aufgehoben habe.

89

b) Zum einen hat allerdings der nordrhein-westfälische Gesetzgeber in seiner Begründung B. der Änderung des Ausführungsgesetzes zu § 15 a EGZPO auch ausgeführt, dass durch die Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GüSchlG NRW fürallgemeine vermögensrechtliche Streitigkeiten in Zukunft keine obligatorische Streitschlichtung mehr vorgesehen sei (LT-Drs. 14/4975 S. 9). Dies ließe auch die Interpretation zu, dass vermögensrechtliche Streitigkeiten im Bereich des der Schlichtung unterworfenen Nachbarrechts weiterhin schlichtungsbedürftig sein sollten.

90

c) Zum anderen findet sich in Rheinland-Pfalz eine andere Ausgangslage. Hier ist von vornherein von der durch § 15 a Abs. 1 Nr. 1 EGZPO eröffneten Möglichkeit, die Schlichtung -für vermögensrechtliche Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 750 Euro nicht übersteigt - vorzusehen, kein Gebrauch gemacht worden.

91

Daraus dürfte nach Auffassung des Senates nicht der Schluss zu ziehen sein, dass wie in Hessen oder NRW hier Zahlungsansprüche per se der Schlichtung entzogen werden sollten.

92

Dem Wortlaut des LSchlG allein lässt sich dies nicht entnehmen. So hat auch erst die Änderung der beiden o.g. Landesgesetze und deren Begründung die Gerichte zu der oben erwähnten Interpretation veranlasst.

93

In der Begründung des Gesetzentwurfes zum LSchlG Rheinland-Pfalz (LT-Drs. 15/2248 vom 27.05.2008) findet sich ebenfalls kein Hinweis darauf, dass diese Folge, der Ausschluss sämtlicher Zahlungsklagen aus dem Schichtungsverfahren, bezweckt war. Zwar ist zu beachten, dass das rheinland-pfälzische Schlichtungsgesetz erst im Jahre 2008 verabschiedet wurde und damit nach Einführung und insbesondere nach Abänderung der beiden vergleichsweise herangezogenen Landesgesetze. Die Begründung des rheinland-pfälzischen Gesetzentwurfs (LT-Drs. 15/2248) nimmt ausdrücklich Bezug auf die bisherigen Erfahrungen der anderen Bundesländer und insbesondere darauf, dass sich die Einführung der Schlichtung insbesondere in den Bereichen Nachbarrecht und Ehrverletzung bewährt habe. Auch die von § 15 a EGZPO unberührt gelassene Möglichkeit, über das Mahnverfahren an einen Vollstreckungstitel zu gelangen, wurde allerdings gesehen (LT-Drs. 15/2248 S. 6), ohne dass damit eine generelle Ausklammerung von Zahlungsklagen aus der Schlichtung begründet worden wäre. Die in der Gesetzesbegründung erfolgte Gegenüberstellung der Vergleichsquoten bei Nachbarrechtsstreitigkeiten und Ehrverletzungsstreitigkeiten einerseits und bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten andererseits (LT-Drs. 15/2248 S. 6) lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass jegliche vermögensrechtliche Streitigkeit aus dem Anwendungsbereich der Schlichtung herausgenommen werden sollte.

94

Insofern ist die Schlussfolgerung, ein Schlichtungsverfahren sei für auf Zahlung gerichtete Klagen generell nicht durchzuführen, wenn das Landesschlichtungsgesetz für vermögensrechtliche Ansprüche kein Schlichtungserfordernis enthalte (vgl. in diese Richtung Deckenbrock/Jordans, MDR 2009, 1202, 1205), zu pauschal.

95

Dies dürfte nur dann zutreffen, wenn aus den Umständen, vor allem der Gesetzesbegründung, eindeutig hervorgeht, dass sämtliche Zahlungsklagen, auch solche, die aus nachbarrechtlichen Streitigkeiten erwachsen, der obligatorischen Schlichtung entzogen sein sollen.

96

5. Somit unterliegt die vorliegende Streitigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) LSchlG der obligatorischen Streitschlichtung.

III.

97

Entgegen der Auffassung der Kläger war ein Schlichtungsverfahren nicht wegen der sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts für die Klage entbehrlich.

98

1. Der sachliche Anwendungsbereich der obligatorischen Streitschlichtung nach § 15 a EGZPO ist nicht auf Streitigkeiten beschränkt, die in die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts fallen. Auch das LSchlG RP sieht eine derartige Beschränkung nicht vor.

99

2. Das Schlichtungserfordernis ist auch nicht wegen § 31 Abs. 3 Schiedsamtsordnung (SchO) entfallen. Diese Vorschrift gewährt der Schiedsperson die Möglichkeit („soll“), die Durchführung des Schiedsverfahrens abzulehnen, wenn für eine Klage die Zuständigkeit des Landgerichts gegeben wäre (§ 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO). Unter den Voraussetzungen des Abs. 3 darf die Schiedsperson nicht verhandeln (PdK Rh-Pf-Schmidt, Stand: März 2005, § 31 SchO Erl. 4.).

100

Zwar wurde durch § 3 LSchlG unter anderem der Schiedsperson das Schlichtungsverfahren übertragen, welche dieses nach Maßgabe der für sie geltenden Verfahrensordnung durchführt. § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO soll jedoch auf das obligatorische Streitschlichtungsverfahren ausweislich der Gesetzesbegründung keine Anwendung finden (vgl. LT-Drs. 15/2248 S. 7). Denn die Schlichtung erfasst sämtliche Streitigkeiten des § 1 Abs. 1 LSchlG unabhängig davon, ob sie in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Amts- oder des Landgerichts fallen.

101

Zudem hätte die Ablehnung der Durchführung eines Schiedsverfahrens unter Verweis auf § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO zur Folge, dass auch keine Erfolglosigkeitsbescheinigung gem. § 4 LSchlG ausgestellt würde, von deren Einreichung nach § 15 a Abs. 1 S. 2 EGZPO die Zulässigkeit der Klage abhängt (vgl. BGH WuM 2010, 43; gegen die Anwendbarkeit von § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO auf das obligatorische Schlichtungsverfahren mit dieser Argumentation auch Treese, SchAZtg 2011, 220 ff.).

IV.

102

Das am 19. September 2008 verkündete LSchlG ist gem. § 5 LSchlG am 1. Dezember 2008 in Kraft getreten, so dass das Gesetz auf die am 30. Dezember 2008 erhobene Klage gegen den Beklagten zu 1) Anwendung findet.

V.

103

Die subjektive Klagehäufung lässt die Notwendigkeit der Schlichtung im Verhältnis zu dem Beklagten zu 1) nicht entfallen, wie der Erstrichter zutreffend ausgeführt hat.

104

Die Zielsetzung der Öffnungsklausel des § 15 a EGZPO, angesichts des ständig steigenden Geschäftsanfalls bei den Gerichten Institutionen zu fördern, die im Vorfeld der Gerichte Konflikte beilegen, und neben der Entlastung der Justiz durch eine Inanspruchnahme von Schlichtungsstellen Konflikte rascher und kostengünstiger zu bereinigen, kann nur erreicht werden, wenn § 15 a EGZPO konsequent derart ausgelegt wird, dass die Rechtsuchenden und die Anwaltschaft in den durch Landesgesetz vorgegebenen Fällen vor Anrufung der Gerichte auch tatsächlich den Weg zu den Schlichtungsstellen beschreiten müssen (BGH NJW 2005, 437; NJW-RR 2009, 1239).

105

Gemäß dieser Überlegung entfällt auch das Schlichtungserfordernis nicht, wenn ein schlichtungsbedürftiger Antrag im Wege der objektiven Klagehäufung mit einem nicht schlichtungsbedürftigen Antrag verbunden wird (BGH NJW-RR 2009, 1239).

106

Dieselben Überlegungen wie bei der objektiven Klagehäufung sind maßgeblich für die Frage, ob das Schlichtungserfordernis aufgrund einer subjektiven Klagehäufung entfallen kann (BGH NJW-RR 2010, 1725). Infolgedessen muss jedenfalls im Falle der einfachen Streitgenossenschaft der Beklagten, zu denen jeweils ein gesondertes Prozessrechtsverhältnis besteht, die besondere Prozessvoraussetzung eines obligatorischen Streitschlichtungsverfahrens hinsichtlich des einzelnen Streitgenossen vorliegen (BGH a.a.O.).

VI.

107

Demnach war die Klage gegen den Beklagten zu 1) wegen Fehlens der besonderen Prozessvoraussetzung eines vorangegangenen Schlichtungsversuchs als unzulässig abzuweisen. Eine Nachholmöglichkeit nach Klageerhebung ist aufgrund des Wortlauts und der Zielsetzung des § 15 a EGZPO sowie nach Sinn und Zweck des obligatorischen Schlichtungsverfahrens, durch eine konsequente Inanspruchnahme der Schlichtungsstellen Konflikte außergerichtlich rascher und kostengünstiger zu bereinigen und so auch die Entlastung der Justiz zu fördern, ausgeschlossen (BGH NJW 2005, 437; NJW-RR 2010, 1725).

VII.

108

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 100 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

VIII.

109

Die Zulassung der Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO geboten.

110

Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da die Erforderlichkeit landesrechtlich vorgesehener Schlichtungsverfahren bei Zahlungsklagen in den letzten Jahren verschiedentlich Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen war und weitere Entscheidungen zu diesem Thema zu erwarten sind.

111

Die Frage, ob die bundesrechtliche Ermächtigung in § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGZPO Zahlungsansprüche überhaupt und nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche gem. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB im Speziellen erfasst, ist obergerichtlich bisher noch nicht geklärt. Dies konnte in den bisherigen Entscheidungen (BGH Urt. vom 10. Juli 2009, Az.: V ZR 69/08; Urt. vom 2. März 2012, Az.: V ZR 169/11) offen bleiben.

112

Im Hinblick auf derartige Zahlungsklagen sind weitere Verfahren zu erwarten, so dass auch zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich erscheint.

113

Streitwertbeschluss

114

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 14.681,87 EUR festgesetzt.

115

Davon entfallen 12.681,87 EUR auf den Zahlungsantrag Ziff. 1 und 2.000,00 EUR auf den Feststellungsantrag Ziff. 2.

Urteilsbesprechung zu Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 09. Juli 2012 - 7 U 302/11

Urteilsbesprechungen zu Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 09. Juli 2012 - 7 U 302/11

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 09. Juli 2012 - 7 U 302/11 zitiert 17 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Zivilprozessordnung - ZPO | § 533 Klageänderung; Aufrechnungserklärung; Widerklage


Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 906 Zuführung unwägbarer Stoffe


(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 910 Überhang


(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachb

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 923 Grenzbaum


(1) Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen. (2) Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes verlangen. Die Kosten der Beseitigung fallen den Nac

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 911 Überfall


Früchte, die von einem Baume oder einem Strauche auf ein Nachbargrundstück hinüberfallen, gelten als Früchte dieses Grundstücks. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn das Nachbargrundstück dem öffentlichen Gebrauch dient.

Referenzen - Urteile

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 09. Juli 2012 - 7 U 302/11 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 09. Juli 2012 - 7 U 302/11 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 02. März 2012 - V ZR 169/11

bei uns veröffentlicht am 02.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 169/11 Verkündet am: 2. März 2012 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Mai 2003 - V ZR 37/02

bei uns veröffentlicht am 30.05.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 37/02 Verkündet am: 30. Mai 2003 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR

Landgericht Mannheim Urteil, 20. Jan. 2006 - 1 S 178/05

bei uns veröffentlicht am 20.01.2006

Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 16.09.2005 - 12 C 500/04 - aufgehoben und zur Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - zurückverwiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelasse
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 09. Juli 2012 - 7 U 302/11.

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2016 - V ZR 96/15

bei uns veröffentlicht am 19.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 96/15 Verkündet am: 19. Februar 2016 Weschenfelder, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

Referenzen

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

Früchte, die von einem Baume oder einem Strauche auf ein Nachbargrundstück hinüberfallen, gelten als Früchte dieses Grundstücks. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn das Nachbargrundstück dem öffentlichen Gebrauch dient.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

Früchte, die von einem Baume oder einem Strauche auf ein Nachbargrundstück hinüberfallen, gelten als Früchte dieses Grundstücks. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn das Nachbargrundstück dem öffentlichen Gebrauch dient.

(1) Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen.

(2) Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes verlangen. Die Kosten der Beseitigung fallen den Nachbarn zu gleichen Teilen zur Last. Der Nachbar, der die Beseitigung verlangt, hat jedoch die Kosten allein zu tragen, wenn der andere auf sein Recht an dem Baume verzichtet; er erwirbt in diesem Falle mit der Trennung das Alleineigentum. Der Anspruch auf die Beseitigung ist ausgeschlossen, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und den Umständen nach nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann.

(3) Diese Vorschriften gelten auch für einen auf der Grenze stehenden Strauch.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 16.09.2005 - 12 C 500/04 - aufgehoben und zur Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - zurückverwiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

 
Die zulässige Berufung ist begründet.
Die Klage ist zulässig. Dem steht insbesondere nicht § 1 Abs. 1 S. 2 a BWSchlG entgegen.
Nach der genannten Vorschrift ist eine Klage in Streitigkeiten über Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen erst nach einem Streitschlichtungsverfahren im Sinne des Gesetzes zulässig, wenn es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt. Die mit der Klage verfolgte Forderung ist keine solche Streitigkeit.
§ 906 BGB regelt die Zulässigkeit von Emissionen, zu denen auch Erschütterungen gehören. Der Begriff der „Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen“ ist jedoch dahin zu verstehen, dass damit die in § 906 BGB selbst geregelten Ansprüche auf Geldausgleich oder Abwehransprüche gegen künftige Immissionen gemeint sind. Hierunter fällt der Anspruch auf Ersatz der durch die Erschütterungen am Grundstück des Klägers eingetretenen Schäden nicht.
Mit der Zahlungsklage macht der Kläger einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend, der in ständiger Rechtsprechung in Analogie zu § 906 Abs. 2 BGB entwickelt wurde und dann gegeben ist, „...wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muß, aus besonderen Gründen jedoch nicht gem. §§ 1004 I, 862 I BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen...“ (BGH NJW 2003, 2377f. m.w.N.), insbesondere dann, wenn durch die Einwirkungen bereits Schäden entstanden sind. Die Rechtsprechung hat diese verschuldensunabhängige Haftung insbesondere deshalb entwickelt, um einem geschädigten Eigentümer das Risiko der Ermittlung des handelnden Schädigers und des Verschuldensnachweises zu ersparen.
Diese aus Billigkeitserwägungen vorgenommene Analogie zu § 906 Abs. 2 BGB ist im Rahmen des Streitschlichtungsgesetzes für die Zulässigkeit einer Klage nicht heranzuziehen. Weder gibt es ein besonderes Bedürfnis, den Ausgleich eines eingetretenen Schadens zwischen Nachbarn einer obligatorischen Streitschlichtung zuzuführen, noch entstünde ohne eine solche Analogie eine unbillige prozessuale Lage...

Gründe

 
Die zulässige Berufung ist begründet.
Die Klage ist zulässig. Dem steht insbesondere nicht § 1 Abs. 1 S. 2 a BWSchlG entgegen.
Nach der genannten Vorschrift ist eine Klage in Streitigkeiten über Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen erst nach einem Streitschlichtungsverfahren im Sinne des Gesetzes zulässig, wenn es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt. Die mit der Klage verfolgte Forderung ist keine solche Streitigkeit.
§ 906 BGB regelt die Zulässigkeit von Emissionen, zu denen auch Erschütterungen gehören. Der Begriff der „Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen“ ist jedoch dahin zu verstehen, dass damit die in § 906 BGB selbst geregelten Ansprüche auf Geldausgleich oder Abwehransprüche gegen künftige Immissionen gemeint sind. Hierunter fällt der Anspruch auf Ersatz der durch die Erschütterungen am Grundstück des Klägers eingetretenen Schäden nicht.
Mit der Zahlungsklage macht der Kläger einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend, der in ständiger Rechtsprechung in Analogie zu § 906 Abs. 2 BGB entwickelt wurde und dann gegeben ist, „...wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muß, aus besonderen Gründen jedoch nicht gem. §§ 1004 I, 862 I BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen...“ (BGH NJW 2003, 2377f. m.w.N.), insbesondere dann, wenn durch die Einwirkungen bereits Schäden entstanden sind. Die Rechtsprechung hat diese verschuldensunabhängige Haftung insbesondere deshalb entwickelt, um einem geschädigten Eigentümer das Risiko der Ermittlung des handelnden Schädigers und des Verschuldensnachweises zu ersparen.
Diese aus Billigkeitserwägungen vorgenommene Analogie zu § 906 Abs. 2 BGB ist im Rahmen des Streitschlichtungsgesetzes für die Zulässigkeit einer Klage nicht heranzuziehen. Weder gibt es ein besonderes Bedürfnis, den Ausgleich eines eingetretenen Schadens zwischen Nachbarn einer obligatorischen Streitschlichtung zuzuführen, noch entstünde ohne eine solche Analogie eine unbillige prozessuale Lage...

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 37/02 Verkündet am:
30. Mai 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Wird durch den Bruch einer von den Stadtwerken privatrechtlich betriebenen
Wasserversorgungsleitung das benachbarte Grundstück überschwemmt, so haben
die Stadtwerke für die Schäden des Eigentümers oder Grundstücksnutzers
einen angemessenen Ausgleich in Geld zu leisten (Bestätigung der bisherigen
Senatsrechtsprechung).

b) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch wird durch die Anlagenhaftung gemäß
§ 2 Abs. 1 Satz 1 HaftpflG nicht ausgeschlossen.
BGH, Urt. v. 30. Mai 2003 - V ZR 37/02 - OLG Hamm
LG Essen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. November 2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Feststellung getroffen worden ist, daß die Beklagte der Klägerin schadensersatzpflichtig ist.
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 3. Dezember 1999 abgeändert.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, alle weiteren Schäden aus dem Ereignis vom 19. Mai 1992 angemessen auszugleichen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszugs werden gegeneinander aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Am 19. Mai 1992 brach die unter der Straße L. in E. - St. verlegte Hauptwasserleitung. Die Leitung ist Teil des örtlichen Wasserversorgungsnetzes , das die Beklagte, eine Aktiengesellschaft, unterhält. Das ausfließende Wasser überflutete u.a. das Grundstück H. H. 30/30a und richtete an dem Grundstück, dem aufstehenden Gebäude und den in dem Gebäude aufgestellten Maschinen erheblichen Schaden an. Eigentümerin des Grundstücks ist der Ehemann der Klägerin. Er hatte Grundstück, Gebäude und Maschinen der Klägerin zum Betrieb eines Textilveredelungsunternehmens verpachtet. Durch das Schadensereignis kam es zu erheblichen Beeinträchtigungen des von der Klägerin betriebenen Unternehmens. Zum Ausgleich des der Klägerin, ihrem Ehemann und weiteren Geschädigten entstandenen Schadens leistete die Beklagte im Rahmen der Höchstbetragsregelung von § 10 HaftPflG a.F. Ersatz.
Die Klägerin hat aus eigenem und von ihrem Ehemann abgetretenem Recht beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 463.780,71 DM zuzüglich Zinsen zu verurteilen und festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr alle weiteren Schäden aus dem Ereignis vom 19. Mai 1992 zu ersetzen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin den Zahlungsantrag in Höhe von 215.851,33 DM zuzüglich Zinsen und den Feststellungsantrag weiter verfolgt. Das Oberlandesgericht hat den Anträgen mit Ausnahme eines Teils der verlangten Zinsen stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht sieht das Zahlungsverlangen der Klägerin in Höhe des verlangten Betrages als begründet an. Es meint, die Beklagte habe auch die über die Haftungsgrenze von § 10 HaftPflG hinausgehenden Schäden der Klägerin und ihres Ehemanns aus dem Ereignis vom 19. Mai 1992 zu ersetzen. Das folge zwar nicht aus §§ 823, 836 BGB; die Beklagte sei jedoch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zahlungspflichtig. Das Entstehen weiterer Schäden sei nicht auszuschließen.
Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung im wesentlichen stand.

II.


1. Die Revision nimmt die Feststellung des Berufungsgerichts als ihr günstig hin, daß eine Haftung der Beklagten wegen Verschuldens am Eintritt des Schadensereignisses nicht in Betracht kommt. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Entgegen der Meinung der Revision ist die Beklagte der Klägerin jedoch nach den Grundsätzen des verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB verantwortlich.

a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch steht ihr einerseits aufgrund der erfolgten Abtretung wegen der ihrem
Ehemann als Eigentümer des Grundstücks und der Betriebseinrichtung entstandenen Beeinträchtigung zu. Andererseits ist die Klägerin wegen der Beeinträchtigung ihres pachtrechtlichen Besitzrechts aus eigenem Recht anspruchsberechtigt. Wie der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, erstreckt sich der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch sowohl bei unmittelbarer als auch bei entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf den Besitzer (BGHZ 70, 212, 220; Senat, BGHZ 147, 45, 50 m. w. Nachw.). Denn der Ausgleichsanspruch dient als Kompensation für den Ausschluß primärer Abwehransprüche (Senat, BGHZ 111, 158, 162; 122, 283, 284; 144, 200, 209), die auch dem Besitzer zustehen (§ 862 Abs. 1 BGB) und ihm einen den Rechten des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB ähnlichen Schutz gegen Störungen bieten (MünchKomm-BGB/Joost, 3. Aufl., § 862 Rdn. 1).

b) Die Beklagte ist als Nutzerin des Straßengrundstücks passivlegitimiert. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch richtet sich nämlich nicht nur gegen den Eigentümer des beeinträchtigenden Grundstücks, sondern auch gegen den Nutzer als denjenigen, der die Nutzungsart dieses Grundstücks bestimmt (Senat, BGHZ 113, 384, 392; Senat, Urt. v. 20. November 1998, V ZR 411/97, NJW 1999, 1029; Urt. v. 24. Januar 2003, V ZR 172/02, Umdruck S. 10; Staudinger/Roth, BGB [2001], § 906 Rdn. 70; Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 906, Rdn. 35). Wird ein Grundstück von mehreren Personen zu unterschiedlichen Zwecken genutzt, dann richtet sich der Ausgleichsanspruch ebenso wie der Abwehranspruch, an dessen Stelle er tritt, gegen den für die beeinträchtigende Nutzungsart Verantwortlichen. Es kommt daher entgegen der Meinung der Revision nicht darauf an, ob die Nutzung des Straßengrundstücks durch die von der Beklagten unterhaltene Wasserleitung "geprägt“
wurde. Entscheidend ist vielmehr, daß die Nutzung des Straßengrundstücks der Beklagten überlassen worden ist, soweit sie die Verlegung und Unterhaltung der Rohrleitung zum Gegenstand hat, und allein die Beklagte darüber zu befinden hatte, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machte. Denn Störer ist auch derjenige, der die Anlage hält, von der die Einwirkung ausgeht (Senatsurt. v. 24. Januar 2003, V ZR 172/02, Umdruck S. 10).

c) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muß, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (BGHZ 58, 149, 158; Senat, BGHZ 62, 361, 366 f.; 72, 289, 291; 85, 375, 384; 90, 255, 262; 111, 158, 162 f.; 142, 66, 67; BGHZ 142, 227, 235; Senat, BGHZ 147, 45, 49 f.).
aa) Unter diesen Voraussetzungen gewährt die Rechtsprechung den Ausgleichsanspruch über die Immissionsfälle des § 906 BGB hinaus außer bei Vertiefungen (vgl. Senat, BGHZ 72, 289, 292; 85, 375, 384; 90, 255, 262; 147, 45, 50) auch bei Grobimmissionen (vgl. Senat, BGHZ 111, 158, 162 - Schrotblei ; Urt. v. 19. April 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041 - Wasserrohrbruch). Der Anspruch ist jedoch wie in den Fällen des § 906 BGB subsidiär, setzt also voraus, daß der Eigentümer oder Besitzer aus besonderen Gründen gehindert ist, die Einwirkungen gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden. Ein faktischer Duldungszwang genügt. Er kann sich u. a. daraus
ergeben, daß der Betroffene die abzuwehrende Gefahr nicht rechtzeitig erkannt hat und auch nicht erkennen konnte (Senat, BGHZ 111, 158, 163).
Die analoge Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf rechtswidrige Grobimmissionen, die aus tatsächlichen Gründen nicht rechtzeitig abgewehrt werden können, dient wie die unmittelbare Anwendung der Vorschrift dem Ausgleich gleichrangiger Nachbarinteressen als Ausdruck der Situationsgebundenheit der Grundstücke und beruht auf dem Gedanken, daß im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis der betroffene Eigentümer oder Nutzer bei einer nicht abwehrbaren, vom Nachbargrundstück ausgehenden rechtswidrigen Einwirkung auf sein Grundstück nicht schlechter stehen darf als bei einer rechtmäßigen Einwirkung. Deswegen hat der Senat sowohl die durch einen technischen Defekt an elektrischen Leitungen verursachten Brandschäden an dem benachbarten Haus (Senatsurt. v. 11. Juni 1999, V ZR 377/98, NJW 1999, 2896, 2897) als auch die Wasserschäden infolge eines Rohrbruchs auf dem Nachbargrundstück (Senatsurt. v. 19. Mai 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041) für ausgleichspflichtig angesehen.
bb) An dieser Rechtsprechung hält der Senat gegen die kritischen Stimmen in der Literatur (vgl. Littbarski, EWiR 1999, 947, 948; Roth, in: Roth/Lemke/Krohn, Der bürgerlich-rechtliche Aufopferungsanspruch als Problem der Systemgerechtigkeit im Schadensersatzrecht, 2001, S. 1, 23 ff.; ders. LM BGB § 906 Nr. 101; Schimikowski, r+s 1999, 409) fest. Es geht in diesen "technischen Unfallschadensfällen" von der Interessenlage her nicht um die Einführung einer Gefährdungshaftung für eine gefährliche Einrichtung im Verhältnis zwischen Nachbarn (so aber Roth aaO S. 25), also nicht um das Einstehen für Schäden, die allein auf das rechtmäßige Vorhandensein einer Anla-
ge oder eine erlaubte Tätigkeit zurückzuführen sind, sondern um die Haftung für rechtswidrige Störungen aus einer bestimmungsgemäßen Grundstücksnutzung , die von dem beeinträchtigten Nachbarn aus tatsächlichen Gründen nicht abgewehrt werden können. Dieser typisch nachbarrechtliche Nutzungskonflikt ist in § 906 Abs. 2 BGB nicht geregelt, hätte aber vom Regelungsplan des Gesetzgebers her zu dem gleichen Abwägungsergebnis geführt. Daß der Wasserrohrbruch auch von § 2 Satz 2 HPflG erfaßt wird, steht dem ebenso wenig entgegen wie die Verschuldenshaftung. Denn für die Frage einer Gesetzesanalogie zu § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist es nicht von Bedeutung, ob auch noch ein nach Voraussetzung und Rechtsfolge anders gelagerter Haftungstatbestand erfüllt ist. In dem für das private Nachbarrecht maßgeblichen dreiteiligen Haftungsrecht von Gefährdungshaftung, Verschuldenshaftung und verschuldensunabhängiger Störerhaftung kann das Bestehen einer Gesetzeslücke in dem einen Haftungstatbestand nicht damit verneint werden, daß ein anderer Haftungstatbestand eingreift. Entscheidend ist vielmehr, daß die verschuldensunabhängige Störerhaftung in dem Regelungssystem des § 906 BGB eine Lücke enthält, die durch eine entsprechende Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 zu schließen ist. Davon zu trennen ist die andere Frage, ob § 2 HaftPflG für Schäden aus Rohrleitungsbrüchen die verschuldensunabhängige Störerhaftung ausschließt (dazu unter 4).
cc) Der analogen Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf Wasserrohrbruchschäden steht auch nicht entgegen, daß der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes bei dem Bruch einer öffentlich-rechtlich betriebenen Wasserleitung eine verschuldensunabhängige Haftung unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs abgelehnt und allein die Verschuldenshaftung gemäß § 836 BGB für anwendbar gehalten hat (BGHZ 55, 229, 231; 125,
19, 21). Zwar steht der an privatrechtliche Einwirkungen anknüpfende nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nach Inhalt und Funktion den Ansprüchen aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff durch hoheitliche Maßnahmen nahe (Senat, Urt. v. 18. November 1994, V ZR 98/93, NJW 1995, 714, 715). Er ist jedoch seinen Voraussetzungen nach mit diesen Ansprüchen nicht identisch (Senat, BGHZ 62, 361, 366). Während es im öffentlich-rechtlichen Entschädigungsrecht bei der wertenden Zurechnung der Schadensfolgen nach Verantwortungsbereichen und Risikosphären (BGHZ 125, 19, 21) wesentlich auf die Unmittelbarkeit des Eingriffs ankommt, stellt das Haftungssystem des privaten Nachbarrechts auf die Störereigenschaft im Sinne der §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB ab. Diese folgt nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht allein aus dem Eigentum oder dem Besitz an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht, und setzt auch keinen unmittelbaren Eingriff voraus. Vielmehr ist ausreichend, aber auch erforderlich, daß die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden (Senat, BGHZ 142, 66, 69; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634, jeweils m. w. Nachw.). Entscheidend ist, ob es jeweils Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer oder Nutzer die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (Senat, BGHZ 142, 66, 69 f.).
Dies hat der Senat im Fall des Eindringens von Wasser infolge eines Rohrbruchs im Duschraum des Nachbarhauses aus § 836 BGB abgeleitet (Senat , Urt. v. 19. April 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041; zustimmend Palandt /Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 1004 Rdn. 22), weil der Bruch als "Ablösung von Teilen“ eines mit dem Grundstück verbundenen Werks im Sinne dieser
Bestimmung anzusehen ist (BGHZ 55, 229, 235; BGH, Urt. v. 17. März 1983, III ZR 116/81, VersR 1983, 588). Das ist bei einer in einem Straßengrundstück verlegten Wasserleitung nicht anders. Ein Rohrbruch und die hierdurch verursachte Überschwemmung ist vermeidbar und nicht die Folge eines von niemandem zu beherrschenden Naturereignisses (vgl. Senat, BGHZ 122, 283, 284 f. - Sturmschaden durch umstürzende Bäume; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634 - Wolläuse). Der Betreiber muß nur für einen Zustand sorgen, der eine von seinem Grundstück ausgehende Überschwemmung des Nachbargrundstücks oder ein Übergreifen des Brands verhindert. Insoweit besteht kein Unterschied zum Niederschlagswasserfall (Senat, BGHZ 90, 255; dazu Roth, aaO, S. 15 f.). Der gefährdete Nachbar dürfte jeweils die Immission im Wege einer vorbeugenden Unterlassungsklage in dem Augenblick abwehren, in dem objektiv die drohende Gefahr eines die Immission ermöglichenden Defekts sich konkret abzeichnet und ein Einschreiten erfordert. Da er diese Gefahr aber nicht erkennen kann und deswegen die Einwirkung dulden muß, steht ihm der Anspruch auf angemessenen Ausgleich für die erlittenen Schäden zu. Daß der Unterlassungsanspruch mit dem Abschluß des Geschehens aus dem Wasserrohrbruch erlischt, ist unerheblich (a.A. Roth aaO S. 28). Der Ausgleich wird dafür geschuldet, daß der primäre Abwehranspruch nicht verfolgt werden konnte. Daher sprechen auch die Gesichtspunkte der Veranlassung, der Gefahrenbeherrschung und der Vorteilsziehung dafür, die Beklagte als Störerin anzusehen und ihr eine an die Stelle der faktisch undurchsetzbaren primären Abwehransprüche gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB tretende Ausgleichspflicht aufzuerlegen (vgl. Hagen, in: Festschrift für Hermann Lange, 1992, S. 483, 501).
3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die aus dem Wasserrohrbruch entstandenen Schäden angemessen auszugleichen. Sie und ihr Ehemann hatten tatsächlich keine Möglichkeit, die durch den Wasserrohrbruch verursachte Überschwemmung des Grundstücks H. H. 30/30a durch die Geltendmachung von Abwehransprüchen gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB zu verhindern. Die hierdurch an dem Grundstück, dem Gebäude und an der Betriebseinrichtung verursachten Sachschäden belaufen sich - ohne Berücksichtigung des der Klägerin entstandenen Verdienstausfallschadens - nach den insoweit nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts auf 205.041,85 DM und übersteigen damit das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Einwirkung. Die Beeinträchtigung beruht auch auf einer privatwirtschaftlichen Nutzung des Straßengrundstücks. Die Beklagte nimmt als Trägerin der örtlichen Wasserversorgung zwar eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge war, sie ist als Aktiengesellschaft aber privatrechtlich organisiert. Damit ist ihre Tätigkeit insgesamt dem Privatrecht zuzurechnen (vgl. Senat, Beschl. v. 21. November 1996, V ZB 19/96, NJW 1997, 744; Filthaut, VersR 1992, 150, 156).
4. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht schließlich darin, daß der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht durch die Anlagenhaftung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG ausgeschlossen wird (ebenso OLG Düsseldorf, VersR 1992, 326, 327; Filthaut, VersR 1992, 150, 152; ders., Haftpflichtgesetz, 5. Aufl., § 12 Rdn. 244; Staudinger /Kohler, BGB [2001], § 2 HaftPflG Rdn. 41).

a) Die Gefährdungshaftung nach dem Haftpflichtgesetz bezweckt den Schutz der Öffentlichkeit vor den von bestimmten Anlagen und Einrichtungen
ausgehenden Gefahren und greift daher grundsätzlich zugunsten jedes Geschädigten Platz (Amtliche Begründung zum Gesetz zur Änderung des Reichshaftpflichtgesetzes vom 15. August 1943 [RGBl. I S. 489], DJ 1943, 430). Um das mit dieser weiten Ausdehnung der Haftung verbundene Risiko für den Schädiger überschaubar zu halten, sind die Schadensersatzansprüche gemäß § 10 HaftPflG der Höhe nach beschränkt (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 8/108, S. 6). Dagegen steht der auf Entschädigung nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen gerichtete (Senat, BGHZ 90, 255, 263 m. w. Nachw.) nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nur den Eigentümern und Besitzern der von schädigenden Einwirkungen betroffenen Grundstücke wegen solcher die Zumutbarkeitsschwelle überschreitender Schäden zu, die an dem Grundstück selbst entstanden sind oder sich aus der Beeinträchtigung der Substanz oder der Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickelt haben (BGHZ 92, 143, 145; 147, 45, 50). Da er der Kompensation für den Ausschluß an sich gegebener , aber undurchsetzbarer primärer Abwehransprüche dient (Senat, BGHZ 147, 45, 50), fehlt es an einem Grund für eine Haftungsbegrenzung.

b) Im Hinblick auf die persönlichen und sachlichen Beschränkungen, denen der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch unterliegt, führt seine Anwendung neben der Ersatzpflicht aus § 2 HaftPflG nicht dazu, daß die gesetzliche Anlagenhaftung bedeutungslos wäre. Auch der Schutzzweck des Haftpflichtgesetzes steht der Anerkennung konkurrierender Anspruchsgrundlagen nicht entgegen. Allerdings ist der Gesetzgeber bei der zum 1. Januar 1978 in Kraft getretenen Neufassung von § 2 HaftPflG im Hinblick auf das Urteil BGHZ 55, 229 ff. davon ausgegangen, daß ein Ersatzanspruch wegen der durch den Bruch einer Wasserrohrleitung verursachten Schäden nur aus § 836 BGB her-
geleitet werden könne und daß die Geltendmachung dieses Anspruchs wegen der Möglichkeit des Entlastungsbeweises vielfach erfolglos bleibe. Diese Schutzlücke sollte durch die Einführung einer allgemeinen Gefährdungshaftung für Rohrleitungsschäden geschlossen werden (BT-Drucks. 8/108, S. 11 f.). Erkennt man für den Bereich privatwirtschaftlich genutzter Wasserrohrleitungen einen verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch an, ist die Schutzlücke zwar kleiner als vom Gesetzgeber angenommen. Die Anerkennung eines solchen Anspruchs neben § 2 HaftPflG entspricht aber gerade der vom Gesetzgeber verfolgten Absicht eines möglichst umfassenden Opferschutzes (vgl. BT-Drucks. 8/108, S. 7, 14).

c) Das kommt insbesondere durch § 12 HaftPflG deutlich zum Ausdruck. Das Reichshaftpflichtgesetz vom 7. Juni 1871 begründete eine verschuldensunabhängige Haftung zunächst nur für Personenschäden, die auf den Betrieb einer Eisenbahn zurückgehen (§ 1 RHaftPflG 1871). Ziel des Gesetzes war es, die Ersatzansprüche der Geschädigten gegenüber den landesrechtlichen Vorschriften zu erweitern. Soweit ein Geschädigter auch nach diesen Vorschriften Ersatz verlangen konnte, blieben die so begründeten Ansprüche daher unberührt (§ 9 RHaftPflG 1871). Die Aufhebung des Landesrechts mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs änderte hieran nur insoweit etwas, als an die Stelle der nach § 9 RHaftPflG unberührt bleibenden landesrechtlichen Gesetze "die gesetzlichen Vorschriften" traten (Biermann, Reichshaftpflichtgesetz, § 9 Anm. I). Soweit die Haftung des Betreibers einer Eisenbahn nach reichsgesetzlichen Vorschriften über die Haftung nach dem Reichshaftpflichtgesetz hinausging, sollte diese Haftung keine Einschränkung erfahren (Biermann, aaO.).
Dieser Grundsatz wurde bei der Einbeziehung der Ersatzpflicht für Personenschäden und bei der Erstreckung der Haftung auf Sachschäden aus dem Betrieb von elektrischen oder Gasleitungen nicht eingeschränkt. Auch nach § 9 a RHaftPflG 1943 blieb die Haftung der Inhaber der Energieversorgungsanlagen nach anderen "reichsgesetzlichen Vorschriften" von der Haftung nach dem Reichshaftpflichtgesetz "unberührt".
Die 1978 erfolgte Novellierung des Haftpflichtgesetzes hat hieran nichts geändert. Die Einbeziehung weiterer gefahrenträchtiger Sachverhalte in die Haftung diente allein dazu, den als unzureichend empfundenen Schutz der Geschädigten für Rohrleitungsschäden durch § 836 BGB zu erweitern (BTDrucks. 8/108 S. 11 f). §§ 9, 9 a RHaftPflG 1943 wurden zu § 12 HaftPflG zusammengeführt. Eine abschließende Regelung der Haftung für derartige Schäden durch das Haftpflichtgesetz sollte nicht erfolgen. Insoweit verhält es sich anders als in den Fällen der wasserrechtlichen Anlagenhaftung gemäß § 22 Abs. 2 WHG (BGHZ 142, 227, 236) und der Verpflichtung zum Ersatz von Bergschäden gemäß §§ 114 ff. BBergG (BGHZ 148, 39, 53).

d) Etwas anderes folgt auch nicht aus der summenmäßigen Begrenzung der Anlagenhaftung gemäß § 10 HaftPflG. Der Erwägung, die Haftungsbegrenzung sei Voraussetzung dafür, das Risiko zu kalkulieren und zu tragbaren Bedingungen abzusichern, ist bereits der Gesetzgeber mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, daß eine an den Haftungshöchstgrenzen orientierte Versicherung lediglich das Risiko aus der Gefährdungshaftung abdecke, während für die vielfach daneben bestehenden Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die keine summenmäßige Beschränkung kennen, ohnehin Vorsorge getroffen werden müsse. Darüber hinaus sähen ausländische Rechtsordnungen eine
summenmäßige Haftungsbegrenzung im allgemeinen nicht vor, ohne daß dies zu unüberwindlichen Schwierigkeiten geführt habe (BT-Drucks. 8/108, S. 7). Angesichts der vom Gesetzgeber selbst geäußerten Zweifel an der Berechtigung einer Haftungsbegrenzung und des ausdrücklichen Hinweises darauf, daß die in § 10 HaftPflG normierte Haftungsbegrenzung nur gelte, soweit Ansprüche ausschließlich aus dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung hergeleitet werden könnten (BT-Drucks. 8/108, S. 6), kann keine Rede davon sein, die entsprechende Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unterlaufe die vom Gesetzgeber gewollte Haftungsbegrenzung.

III.


1. Der Senat hat die Angriffe der Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe durch die Überschwemmung ihrer Betriebsräume bis zur Aufgabe des Geschäftsbetriebs einen Verdienstausfallschaden in Höhe von 179.930 DM erlitten, geprüft. Die Rügen der Revision sind nicht begründet. Von der Darstellung wird gemäß § 565 a ZPO a.F. abgesehen.
2. Dem Berufungsgericht kann jedoch insoweit nicht gefolgt werden, als es die Feststellung trifft, die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin Schadensersatz zu leisten, soweit das Schadensereignis vom 19. Mai 1992 zu weiteren Schäden führe. Die Anspruch der Klägerin aus eigenem Recht und der ihr abgetretene Anspruch gehen nicht auf Schadensersatz, sondern auf Ausgleich der Beeinträchtigung, den die Klägerin bzw. ihr Ehemann aufgrund des Ereignisses vom 19. Mai 1992 erlitten haben oder noch erleiden können.
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist auf eine angemessene Entschädigung in Geld gerichtet. Seine Höhe ist nach den Grundsätzen über die Enteignungsentschädigung zu bestimmen (Senat, BGHZ 85, 375, 386; 90, 255, 263; Urt. v. 18. November 1994, V ZR 98/93, NJW 1995, 714, jeweils m. w. Nachw.). Besteht die Einwirkung in einer Substanzschädigung, kann der Entschädigungsanspruch auf vollen Schadensersatz gehen (Senat, BGHZ 142, 66, 70 f.; Senat, Urt. v. 19. April 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041; Urt. v. 4. Juli 1997, V ZR 48/96, NJW-RR 1997, 1374 m. w. Nachw.) und den Ausgleich der Folgen umfassen, die sich aus der Beeinträchtigung der Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickeln (BGHZ 58, 149, 161; 92, 143, 145).
Dies ist bei der Beeinträchtigung der gewerblichen Nutzung eines Grundstücks, um die es hier geht, regelmäßig die Ertragseinbuße, die aus dem Schadensereignis folgt (Senat, BGHZ 147, 45, 53 m. w. Nachw.). Auch in diesem Fall ist die Verpflichtung zur Ausgleichsleistung nach den Grundsätzen des Nachbarrechts mit einem Schadensersatzanspruch jedoch nicht notwendig deckungsgleich. Es besteht vielmehr Raum für eine wertende Entscheidung, die zu einem Zurückbleiben des Ausgleichsanspruchs hinter einem Anspruch auf Schadensersatz führen kann. Das muß im Tenor des Feststellungsausspruchs Berücksichtigung finden.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1, 92, 269 Abs. 3 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 169/11 Verkündet am:
2. März 2012
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGZPO § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, GüSchlG NRW § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a
In Nordrhein-Westfalen unterliegen Zahlungsansprüche nicht der obligatorischen
Streitschlichtung für Nachbarrechtsstreitigkeiten nach § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGZPO
und § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a GüSchlG NRW (= § 53 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe
a JustG NRW).
BGH, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 169/11 - OLG Köln
LG Köln
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner
und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Juni 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Kläger verlangen von der Beklagten in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB Geldausgleich für einen durch Hausschwamm entstandenen Schaden an ihrem an der Grundstücksgrenze stehenden Fachwerkhaus. Die Beklagte soll auf ihrem Grundstück Erdreich so abgelagert haben , dass es an der mit Schiefer verkleideten Wand des Fachwerkhauses anliegt und Feuchtigkeit in diese Wand leitet. Die Kläger haben nach dem Scheitern einer außergerichtlichen Einigung ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt und anschließend ohne vorheriges Güteverfahren nach der da- mals geltenden Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GüSchl NRW (heute: § 53 JustG NRW) Klage erhoben. Das Landgericht hat die Beklagte unter Zurück- weisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 49.208,88 € nebst Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision streben die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils an. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I.


2
Das Berufungsgericht ist der Meinung, im Land Nordrhein-Westfalen seien Klagen aus § 906 BGB gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a GüSchlG NRW (heute: § 53 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a JustG NRW) nur nach einem vorausgegangenen Schlichtungsverfahren zulässig. Die nahezu wortgleiche Regelung des Landes Hessen erfasse zwar nach der Auslegung durch den Bundesgerichtshof nur Beseitigungs- und Unterlassungsklagen, die auf § 906 BGB gestützt werden, nicht Zahlungsklagen. Die Regelung in Nordrhein-Westfalen sei aber anders zu verstehen. Das ergebe sich daraus, dass der Gesetzgeber dieses Landes ein obligatorisches Schlichtungsverfahren auch für Klagen nach dem Abschnitt 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vorgeschrieben habe, der mit § 21 Abs. 2 AGG auch eine Schadensersatznorm umfasse. Dass der Bundesgerichtshof die nordrhein-westfälische Regelung dessen ungeachtet wie die hessische verstehe, sei nicht tragend und deshalb nicht verbindlich.

II.


3
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4
1. Die Erhebung einer Klage in Streitigkeiten über Ansprüche „wegen der in § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelten Einwirkungen“ ist im Land Nordrhein-Westfalen nach § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGZPO und der bei Erhebung der vorliegenden Klage noch geltenden Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a GüSchlG erst zulässig, nachdem versucht worden ist, die Streitigkeit vor einer zugelassenen Gütestelle einvernehmlich zu regeln. Daran hat sich durch die in dem laufenden Rechtsstreit mit sofortiger Wirkung eingetretene Ersetzung des § 10 GüSchlG NRW durch § 53 JustG NRW nichts geändert. Beide Vorschriften sind wortgleich. Außerdem könnte eine spätere Gesetzesänderung wegen des aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Rückwirkungsverbots nur eine unzulässige Klage zulässig (Senatsurteil vom 10. Juli 2009 – V ZR 69/08, NJW-RR 2009, 1238, 1239 Rn. 11 aE), nicht aber eine zulässige Klage nachträglich unzulässig machen.
5
2. Die Kläger haben einen solchen Schlichtungsversuch nicht unternommen. Ihre Klage wäre deshalb unzulässig, wenn es sich hierbei um eine Streitigkeit „wegen der in § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelten Einwirkungen“ handelte. Dass das Landgericht die Klage als zulässig behandelt und in der Sache entschieden hat, änderte daran nichts (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2004 – VI ZR 336/03, BGHZ 161, 145, 149 f.).
6
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist eine Klage auf Zahlung eines angemessenen Ausgleichs in Geld in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, um die es hier geht, keine Streitigkeit wegen der in § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelten Einwirkungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a GüSchlG NRW (heute: § 53 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a JustG NRW).
7
a) Das könnte sich schon daraus ergeben, dass die bundesrechtliche Ermächtigung in § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGZPO, deren Tatbestand der nordrhein -westfälische Landesgesetzgeber wörtlich in das Landesrecht übernommen hat, nur Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, aber keine Zahlungsansprüche erfasst. Ob das der Fall ist, ist umstritten (Nachweise im Senatsurteil vom 10. Juli 2009 – V ZR 69/08, NJW-RR 2009, 1238, Rn. 9). Der Senat hat die Frage in der zitierten Entscheidung offen gelassen. Sie muss auch hier nicht entschieden werden.
8
b) Mit § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a GüSchlG NRW (heute: § 53 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a JustG NRW) wird ein Schlichtungsversuch vor der Erhebung der Klage zu den ordentlichen Gerichten nicht für Zahlungsklagen, sondern nur für andere Streitigkeiten über Ansprüche aus den in § 906 BGB geregelten Einwirkungen vorgeschrieben.
9
aa) Diese Einschränkung findet allerdings im Wortlaut sowohl des hier noch maßgeblichen § 10 Abs. 1 GüSchlG NRW als auch des heute geltenden § 53 Abs. 1 JustG NRW keinen ausdrücklichen Niederschlag. Sie ergibt sich aber zwingend aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Der Senat hat das für die wortgleiche Vorschrift des hessischen Landesrechts entschieden (Urteil vom 10. Juli 2009 – V ZR 69/08, NJW-RR 2009, 1238 f. Rn. 10 ff.). Der Bundesgerichtshof ist, ohne das näher auszuführen, für das Land NordrheinWestfalen von einer übereinstimmenden Rechtslage ausgegangen (Urteil vom 8. Juli 2008 – VI ZR 221/07, NJW-RR 2008, 1662, 1663 Rn. 13). Die Erwägung des Berufungsgerichts, der Gesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen verstehe seine mit der hessischen Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a hess. SchlichtG wörtlich übereinstimmende Regelung anders als jene, trifft nicht zu. Die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen ist bei den Zahlungsklagen nicht anders als die in Hessen.
10
bb) Das nordrhein-westfälische Landesrecht sah – wie das hessische Landesrecht - den obligatorischen Schlichtungsversuch ursprünglich nicht nur für die heute in § 53 Abs. 1 Nr. 1 und 2 JustG bezeichneten Streitigkeiten, sondern auch für die in § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGZPO bezeichneten vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche mit geringem Streitwert vor. Der Unterschied bestand nur darin, dass die bundesrechtliche Ermächtigung, die eine Einbeziehung von Streitigkeiten bis zu einem Wert von 750 € erlaubt, in Nordrhein-Westfalen, anders als in Hessen, nicht voll- ständig, sondern nur für Streitigkeiten mit einem Streitwert bis zu 600 € ausgenutzt worden war. Diese Regelung hat der nordrhein-westfälische Gesetzgeber durch Gesetz vom 20. November 2007 (GV.NRW S. 583) aufgehoben. Er hat die Aufhebung mit der gleichen Erwägung begründet wie der hessische Gesetzgeber die zwei Jahre zuvor erfolgte Aufhebung der entsprechenden Regelung in Hessen. In der Entwurfsbegründung heißt es dazu, die Regelung habe sich nicht bewährt. Das habe die Evaluation der Regelungen durch eine BundLänder -Arbeitsgruppe, aber auch eine Evaluation speziell der Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen durch ein Sachverständigengutachten ergeben (NRW LTDrs. 14/4975 S. 7 f.). Dazu wird auf einen Bericht des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 1. März 2005 (3180 – II. 29, NRW LTVorlage 13/3254) Bezug genommen, in dem eine Aufgabe der obligatorischen Streitschlichtung empfohlen wird. Der Bericht hebt hervor, dass die obligatorische Streitschlichtung in diesem Bereich ihre Funktion nicht erfüllen könne, weil das Mahnverfahren schlichtungsfrei genutzt werden könne und die Mahnverfahren seit Einführung der obligatorischen Streitschlichtung um etwa 20 Prozentpunkte gestiegen seien (NRW LT-Vorlage 13/3254 S. 5). Der Bericht kommt zu folgender Bewertung (NRW LT-Vorlage 13/3254 S. 9): „Insgesamt kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass es nahe liegt, auf die obligatorische Streitschlichtung für Geldforderungen zu verzichten. Ohne die Geldforderungen bleiben für die obligatorische Streitschlichtung in erster Linie die Ehrschutzsachen und die Nachbarstreitigkeiten. Beide Streitgegenstände zusammen machen schon jetzt zwei Drittel der obligatorischen Güteverfahren aus.“
11
Diese Empfehlung sollte mit der Aufgabe der obligatorischen Streitschlichtung in vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis 600 € umgesetzt werden (NRW LT-Drs. 14/4975 S. 8). Die zitierte Stelle der Empfehlung zeigt unmissverständlich , dass der Gesetzgeber mit dem federführenden Justizministerium des Landes davon ausging, dass die obligatorische Streitschlichtung in den Nachbarstreitigkeiten keine Zahlungsklagen umfasst. Wie der Gesetzgeber in Hessen, auf dessen Beispiel sich die Entwurfsbegründung ausdrücklich bezieht (NRW LT-Drs. 14/4975 S. 8), wollte auch der Gesetzgeber in NordrheinWestfalen alle Geldforderungen schlichtungsfrei stellen. Das gilt ohne Einschränkungen und damit auch für Ansprüche in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB.
12
cc) An diesem Befund ändert es nichts, dass der Gesetzgeber in Nordrhein -Westfalen, anders als der des Landes Hessen, bei dieser Gelegenheit eine obligatorische Streitschlichtung auch für Streitigkeiten über Ansprüche nach Abschnitt 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes eingeführt hat. Die Landesregierung begründet die Erweiterung mit der Erwägung, dass sich diese Streitigkeiten „vergleichbar der [sic] Ehrschutz- und Nachbarrechtsstrei- tigkeiten“ für eine Schlichtung eigneten (NRW LT-Drs. 14/4975 S. 8). Unter Ehrschutz- und Nachbarrechtsstreitigkeiten versteht der Gesetzgeber aber nicht alle Streitigkeiten aus diesem Gebiet, sondern nur solche, die nicht auf Geldzahlung gerichtet sind. Anhaltspunkte dafür, dass er das bei den Streitigkeiten nach dem Abschnitt 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes anders gesehen hat, fehlen. Die Ausführungen zu den Kostenbelastungen der (die Schiedsämter unterhaltenden) Kommunen im Vorblatt des Gesetzentwurfs belegen das Gegenteil. Dort wird nämlich erläutert, dass sich eine nennenswerte Mehrbelastung nicht ergeben werde, weil die zusätzliche Belastung durch den Fortfall der vermögenrechtlichen Streitigkeiten kompensiert werde. Das konnte nur zutreffen, wenn alle Geldforderungen aus der obligatorischen Schlichtung ausgenommen werden sollten.
13
4. Die Erhebung der Klage setzte deshalb nicht die Durchführung eines Schlichtungsversuchs voraus. Die Klage durfte nicht als unzulässig abgewiesen werden. Auf die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob das Urteil ohnehin nach § 547 Nr. 6 ZPO aufzuheben wäre, weil die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vergessen hat, den Beglaubigungsvermerk auf der Aktenausfertigung des – im Original ordnungsgemäß unterzeichneten – Urteils zu unterschreiben , kommt es nicht an.

III.


14
Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif, weil sich das Berufungsgericht – aus seiner Sicht folgerichtig – mit dem geltend gemachten Anspruch nicht in der Sache befasst hat. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hierfür weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Klage, anders als das Berufungsgericht offen- bar meint, gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband gerichtet und dass dies nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG auch in der Sache richtig ist (Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 10 Rn. 266; Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 10 Rn. 421 Stichwort „Ansprüche eines Nachbarn“; Wenzel, ZWE 2006, 462, 468). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 13.08.2010 - 24 O 509/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.06.2011 - 24 U 128/10 -