Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2016 - V ZR 96/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:190216UVZR96.15.0
bei uns veröffentlicht am19.02.2016
vorgehend
Landgericht Kaiserslautern, 3 O 447/10, 13.12.2013
Landgericht Zweibrücken, 6 U 3/14, 09.04.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 96/15 Verkündet am:
19. Februar 2016
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
LSchlG RP § 1 Abs. 1 Nr. 1; EGZPO § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
In Rheinland-Pfalz unterliegen Zahlungsansprüche nicht der obligatorischen
Streitschlichtung für Nachbarrechtsstreitigkeiten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG RP.
BGH, Urteil vom 19. Februar 2016 - V ZR 96/15 - OLG Zweibrücken
LG Kaiserslautern
ECLI:DE:BGH:2016:190216UVZR96.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2016 durch die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Brückner und Weinland, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger werden das Urteil des 6. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 9. April 2015 und das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 13. Dezember 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Landgericht Kaiserslautern zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Nachbarn. Ihre Grundstücke werden in Verlängerung der Wand des klägerischen Hauses durch eine Mauer getrennt, die im Bereich des ersten Obergeschosses aus Glasbausteinen gebildet ist. Die an dem Haus des Beklagten befindliche Regenrinne war undicht. Die Beklagten erneuerten sie erst nach wiederholter Aufforderung seitens der Kläger. Diese verlangen von den Beklagten, soweit noch von Interesse, Schadensersatz für die Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden an der Glasbausteinwand in Höhe von 1.376,56 €. Sie haben ohne vorheriges Güteverfahren nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Landesschlichtungsgesetzes des Landes Rheinland-Pfalz (vom 10. September 2008, GVBl. 2008 S. 204, nachfolgend: LSchlG RP) Klage erhoben.
2
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hält die Klage für unzulässig, weil der zwingend vorgeschriebene Schlichtungsversuch nach dem Landesschlichtungsgesetz nicht stattgefunden habe. Dem Schlichtungserfordernis nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EGZPO i.V.m. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 LSchlG RP unterfielen auch Zahlungsansprüche, die sich aus einem Verstoß gegen nachbarrechtliche Bestimmungen ergäben. Um solche gehe es hier, insbesondere komme die Anwendung des § 37 des Landesnachbargesetzes des Landes Rheinland-Pfalz (nachfolgend: LNRG RP) in Betracht. Ein Schlichtungsverfahren sei für alle Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche wegen im Nachbarrechtsgesetz geregelter Rechte vorgeschrieben. Der Bundesgerichtshof habe zwar für die wortgleichen Regelungen in den Schlichtungsgesetzen der Länder Hessen und NordrheinWestfalen angenommen, dass dort ein Schlichtungsversuch für Zahlungsklagen generell nicht notwendig sei, auch wenn die Zahlungsansprüche aus den in den Nachbarrechtsgesetzen dieser Länder geregelten Rechten abgeleitet würden. Das sei in Rheinland-Pfalz aber anders. Hier sei ein Schlichtungsversuch für vermögensrechtliche Ansprüche von vornherein nicht vorgesehen worden, sondern nur für Nachbarrechts- und Ehrverletzungsstreitigkeiten. Dass davon Zahlungsansprüche ausgenommen seien, ergebe weder der Wortlaut noch die Gesetzesbegründung.

II.

4
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
1. Die Erhebung einer Klage zu den ordentlichen Gerichten in Streitigkeiten über „Ansprüche wegen der im Landesnachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte“ ist, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt, in Rheinland-Pfalz erst zulässig, nachdem versucht worden ist, die Streitigkeit vor einer zugelassenen Gütestelle einvernehmlich zu regeln (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe e LSchlG RP). Die Kläger haben einen solchen Schlichtungsversuch nicht unternommen. Ihre Klage wäre deshalb unzulässig, wenn es sich hierbei um eine solche handelte.
6
2. Das Berufungsgericht nimmt noch zutreffend an, dass die Rechtssache Ansprüche wegen der im Nachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe e LSchlG RP betrifft. Die Kläger stützen ihren Schadensersatzanspruch auf die Verletzung der nachbarrechtlichen Vorschrift des § 37 Abs. 1 LNRG RP. Ob daneben für den von ihnen geltend gemachten Schadensersatzanspruch sonstige Anspruchsgrundlagen von Bedeutung sein können, ist für die Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe e LSchlG RP ohne Belang (vgl. Senat, Urteil vom 22. Oktober 2004 - V ZR 47/04, NJW-RR 2005, 501, 503 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe e BadWürttSchlG).
7
3. Nicht gefolgt werden kann aber dem Berufungsgericht darin, dass § 1 Abs. 1 Nr.1 LSchlG RP auch Zahlungsklagen erfasst, die auf die Verletzung nachbarrechtlicher Bestimmungen gestützt sind.
8
a) Die Vorschrift wird allerdings von den beiden Oberlandesgerichten des Landes Rheinland-Pfalz in diesem Punkt unterschiedlich ausgelegt. Das Oberlandesgericht Zweibrücken nimmt in ständiger Rechtsprechung an, die Vorschrift erfasse auch Zahlungsansprüche (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 9. Juli 2012 - 7 U 302/11, juris Rn. 76 zu einem Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 BGB analog). Demgegenüber ist das Oberlandesgericht Koblenz der Ansicht, für eine auf § 823 Abs. 1 BGB gestützte Klage gelte der obligatorische Schlichtungsversuch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe e LSchlG RP nicht (OLG Koblenz, MDR 2013, 399). In dem zuletzt genannten Sinne wird die Vorschrift auch im Schrifttum verstanden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 15a EGZPO Rn. 5; Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Aufl., 5. Teil, Rn. 18; vgl. auch Deckenbrock/Jordans, MDR 2013, 945, 946; MüKoZPO/Gruber, 4. Aufl., § 15a EGZPO Rn. 33).
9
b) Die zuletzt genannte Ansicht ist richtig.
10
aa) Ob die bundesrechtliche Ermächtigung in § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGZPO, deren Tatbestand der rheinland-pfälzische Gesetzgeber in das Landesrecht übernommen hat, die Einführung eines obligatorischen Schlichtungsversuchs nicht nur für Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach den landesgesetzlichen Vorschriften im Sinne des Artikel 124 EGBGB, sondern auch für Zahlungsansprüche erlaubt, die auf solche Vorschriften gestützt werden, ist umstritten. Nach überwiegender Ansicht ist das der Fall (OLG Zweibrücken, Urteil vom 9. Juli 2012 - 7 U 302/11, juris Rn. 75; OLG Saarbrücken, NJW 2007, 1292; MüKoZPO/Gruber, 4. Aufl., § 15a EGZPO Rn. 32; Prütting/Gehrlein/Barth, ZPO, 7. Aufl., § 15a EGZPO Rn. 4; Staudinger/Albrecht, BGB [2012], Art. 124 EGBGB Rn. 44; ähnlich auch BVerfGK 15, 127, 133). Nach anderer Auffassung ist § 15a EGBGB eng auszulegen, mit der Folge, dass ein Schlichtungsversuch für nachbarrechtliche Zahlungsklagen nicht vorgeschrieben werden dürfte (Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 15a EGZPO, Rn. 7; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 15a EGZPO Rn. 7). Der Senat hat die Frage bislang offen gelassen (vgl. Urteil vom 10. Juli 2009 - V ZR 69/08, NJW-RR 2009, 1238 Rn. 9; Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 169/11, NZM 2012, 435 Rn. 7). Sie muss auch hier nicht entschieden werden.
11
bb) Auf den Streit kommt es nicht an, weil § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG RP einen Schlichtungsversuch vor der Erhebung der Klage zu den ordentlichen Gerichten für eine Zahlungsklage nicht vorschreibt, auch wenn sie im Zusammenhang mit einem Nachbarrechtstreit steht. Diese Einschränkung findet zwar im Wortlaut der Vorschrift keinen ausdrücklichen Niederschlag. Sie ergibt sich aber aus der Entstehungsgeschichte der Norm.
12
(1) Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG RP entspricht wörtlich den Bestimmungen des hessischen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 HSchlG) und des nordrheinwestfälischen (§ 53 Abs. 1 Nr. 1 JustG NRW) Landesrechts. Diese Vorschriften legt der Senat eng in dem Sinne aus, dass ein Schlichtungsversuch in beiden Bundesländern für eine auf Zahlung gerichtete Klage auch dann nicht vorgeschrieben ist, wenn der Anspruch aus dem Nachbarrecht hergeleitet wird (Urteil vom 10. Juli 2009 - V ZR 69/08, NJW-RR 2009, 1238 Rn. 10; Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 169/11, NZM 2012, 435 Rn. 9). Zu dieser Auslegung ist der Senat auf Grund der jeweiligen Entstehungsgeschichte der beiden Normen gelangt. In Hessen und Nordrhein-Westfalen hatte der Gesetzgeber zunächst von der Ermächtigung des § 15a EGZPO umfassend Gebrauch gemacht, das Erfordernis einer obligatorischen Streitschlichtung für vermögensrechtliche Ansprüche (§ 15a Abs. 1 Nr. 1 EGZPO) jedoch später wieder aufgehoben (Hessen: Gesetz vom 1. Dezember 2005, Hess.GVBl I 2005 S. 782; NordrheinWestfalen : Gesetz vom 20. November 2007, GV.NRW 2007 S. 583). Dem lag in beiden Bundesländern die Erwägung zu Grunde, dass sich die obligatorische Streitschlichtung für vermögensrechtliche Ansprüche nicht bewährt hatte, weil das Mahnverfahren nach § 15a Abs. 2 EGZPO schlichtungsfrei bleiben musste und sich der an sich vorgeschriebene Schlichtungsversuch deshalb durch Geltendmachung des Zahlungsanspruchs im Mahnverfahren vermeiden ließ (vgl. Hessen: LT-Drucks. 16/4132 S. 10 f.; Nordrhein-Westfalen: LT-Drucks. 14/4975 S. 8). Der Gesetzgeber wollte in beiden Ländern als Konsequenz hieraus Geldforderungen schlechthin, auch bei einer nachbarrechtlichen Grundlage, schlichtungsfrei stellen.
13
(2) Die Entstehungsgeschichte des § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG RP ist zwar anders verlaufen als die der parallelen Vorschriften der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen. Ein abweichendes Verständnis der wortgleichen Normen folgt daraus nicht.
14
(a) Der Gesetzgeber des Landes Rheinland-Pfalz hat von der Ermächtigung in § 15a EGZPO, als Voraussetzung für bestimmte Klagen einen Schlichtungsversuch vorzuschreiben, zunächst keinen Gebrauch gemacht. Er hat vielmehr die Erfahrungen der anderen Bundesländer, die Evaluation der dort erlassenen Schlichtungsgesetze und die Bewertung dieser Regelungen in dem Abschlussbericht einer damit befassten Bund-Länder-Arbeitsgruppe durch die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 28./29. Juni 2007 abgewartet. Mit dem am 1. Dezember 2008 in Kraft getretenen Landesschlichtungsgesetz hat er in Rheinland-Pfalz eine obligatorische Streitschlichtung von vornherein nur für die Sachgebiete einführen wollen, in denen sie sich nach den Erfahrungen der anderen Bundesländer bewährt hatte, nicht dagegen in denen, in denen sie keine Entlastungseffekte ausgelöst hatte. Das ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien. Schon im Vorblatt des Gesetzesentwurfs verweist die Landesregierung ausdrücklich darauf, dass die Justizministerinnen und Justizminister hierzu den erwähnten Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf ihrer 78. Konferenz am 28./29. Juni 2007 zustimmend zur Kenntnis genommen haben. Aus den bisherigen Erfahrungen der Bundesländer, die Schlichtungsgesetze erlassen hätten, und den vorliegenden „Begleituntersuchungen“ lasse sich die Schlussfolgerung ableiten, dass eine Umsetzung des § 15a EGZPO in Rheinland-Pfalz insbesondere in den Bereichen der Nachbarrechtsstreitigkeiten und der Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre erfolgversprechend erscheine (LT-Drucks. 15/2248 S. 1). In dem allgemeinen Teil der Begründung des Entwurfs wird dieser Hinweis aufgegriffen und hinzugefügt, bezogen auf die unterschiedlichen Streitgegenstände ergebe sich, dass die Vergleichsquote bei den Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre am höchsten sei, gefolgt von den Nachbarrechtsstreitigkeiten. Hingegen liege die Vergleichsquote bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten wesentlich niedriger (LT-Drucks. 15/2248 S. 6). In der abschließenden Lesung im Landtag hat der Berichterstatter als Ergebnis der Beratung des federführenden Rechtsausschusses des Landtags mitgeteilt, dass der obligatorische Schlichtungsversuch nach Maßgabe von § 15a EGZPO in Rheinland-Pfalz für Nachbarstreitigkeiten und für Ehrverletzungsstreitigkeiten eingeführt werden soll, bei denen er sich nach den Erfahrungen der Länder, die ihn früher eingeführt hatten, bewährt habe (Pl-Prot. 15/49 S. 3004).
15
(b) Die nahezu wörtliche Übereinstimmung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG RP einerseits und von § 1 Abs. 1 Nr. 1 HSchlG und § 53 Abs. 1 Nr. 1 JustG NRW andererseits ist danach nicht zufällig, sondern gewollt. Der rheinlandpfälzische Landesgesetzgeber wollte die Erfahrungen dieser und anderer Bundesländer - zu denen außer Hessen und Nordrhein-Westfalen noch Bayern (Gesetz vom 24. Dezember 2005, GVBl. 2005 S. 655) und Brandenburg (Gesetz vom 18. Dezember 2006, GVBl. I 2006 S. 186) zählen - aufgreifen und das neue Schlichtungsgesetz von vorherein wie diese Bundesländer gestalten. Die Vorschrift ist deshalb auch im gleichen Sinne zu verstehen, wie es der Senat für Hessen und Nordrhein-Westfalen entschieden hat.
16
(c) An diesem Befund ändert es nichts, dass nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 LSchlG RP ein Schlichtungsverfahren für die Durchführung des streitigen Verfahrens nicht vorgesehen ist, wenn ein Anspruch im Mahnverfahren geltend gemacht worden ist. Dem Berufungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass es dieser Regelung angesichts der Freistellung aller Zahlungsklagen von dem obligatorischen Schlichtungsversuch inhaltlich nicht bedurft hätte. Ausweislich der Einzelbegründung der Vorschrift hat der Landesgesetzgeber mit § 1 Abs. 2 LSchlG RP lediglich den zwingenden Ausschlusskatalog des § 15a Abs. 2 Nr. 5 EGZPO übernehmen und entsprechend der bundesrechtlichen Ermächtigung um die Regelungen in § 1 Abs. 2 Nr. 7 und 8 LSchlG RP erweitern wollen (LTDrucks. 15/2248 S. 6). Dass es angesichts der beschränkten Einführung des obligatorischen Schlichtungsversuchs einer Ausnahmeregelung für das Mahnverfahren nicht bedurft hätte und auf eine solchen Tatbestand auch hätte verzichtet werden können, ohne mit den bundesrechtlichen Vorgaben in Konflikt zu geraten, ist dem Gesetzgeber ganz offensichtlich entgangen. Den Rückschluss auf ein weitergehendes Verständnis von § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG RP erlaubt diese Regelungsredundanz jedenfalls nicht. Sie ist ein Redaktionsversehen.
17
4. Setzte die Erhebung der Klage die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nicht voraus, durfte die Klage nicht als unzulässig abgewiesen werden.

III.


18
Das Urteil des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif, weil sich das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - mit dem geltend gemachten Anspruch nicht in der Sache befasst hat.
19
Die Sache ist hier zur neuen Verhandlung und Entscheidung nicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, sondern an das Landgericht. Das Revisionsgericht kann die Sache unmittelbar an das erstinstanzliche Gericht zurückverweisen, wenn die Zurückverweisung an dieses Gericht auch nach einer neuen Verhandlung die nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ermessensgerechte Entscheidung des Berufungsgerichts wäre (Senat, Urteil vom 16. Oktober 2015 - V ZR 120/14, NJW 2016, 409 Rn. 14). So liegt es hier. Die Kläger haben die Zurückverweisung an das Landgericht schon im Berufungsverfahren und unter Aufgreifen dieser Anträge im Revisionsverfahren vor dem Senat beantragt. Die Beklagten haben nicht auf einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht bestanden; ihr Prozessbevollmächtigter hat die - sachgerechte - Zurückverweisung an das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst angeregt.
Dann ist es ermessensgerecht, wenn das Revisionsgericht, um den Parteien nicht die erste Instanz zu nehmen, die Sache unmittelbar an das Landgericht zurückverweist. Von dieser Möglichkeit macht der Senat Gebrauch.
Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Kaiserslautern, Entscheidung vom 13.12.2013 - 3 O 447/10 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 09.04.2015 - 6 U 3/14 -

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(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d
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Bundesgerichtshof Urteil, 02. März 2012 - V ZR 169/11

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 169/11 Verkündet am: 2. März 2012 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2015 - V ZR 120/14

bei uns veröffentlicht am 16.10.2015

Tenor Auf die Revision des Klägers werden der Beschluss des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 28. April 2014 und das Urteil der 12. Zivilkammer des La

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 09. Juli 2012 - 7 U 302/11

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Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 47/04 Verkündet am:
22. Oktober 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 513, 281
§ 513 Abs. 2 ZPO hindert das Berufungsgericht, den Rechtsstreit unter Aufhebung des
angefochtenen Urteils gemäß § 281 ZPO an ein anderes erstinstanzliches Gericht zu verweisen.
ZPO (2002) § 513; EGZPO § 15a; BadWürttSchlG § 1 Abs. 1 Satz 1
§ 513 Abs. 2 ZPO schränkt nicht die Nachprüfung der Anwendung von Normen ein, die
anderen Zwecken als der Festlegung des zuständigen Gerichts dienen und dabei an die
Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts lediglich anknüpfen.
ZPO §§ 263, 264; EGZPO § 15a; BadWürttSchlG § 1 Abs. 1 Satz 1
Ist ein nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BadWürttSchlG vorgeschriebenes Schlichtungsverfahren
vor Klageerhebung durchgeführt worden, macht eine im Verlauf des Rechtsstreits erfolgte
zulässige Klageerweiterung oder –änderung einen neuen außergerichtlichen Schlichtungsversuch
nicht erforderlich.
EGZPO § 15a; BadWürttSchlG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2e
Eine Rechtsstreitigkeit über Ansprüche wegen im Nachbarrechtsgesetz geregelter Rechte
im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2e BadWürttSchlG ist gegeben, wenn das Nachbarrechtsgesetz
Regelungen enthält, die für den Interessenkonflikt der Nachbarn von Bedeutung
sind.
BGH, Urt. v. 22. Oktober 2004 - V ZR 47/04 - LG Karlsruhe
AG Bruchsal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Oktober 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Februar 2004 wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß für die neue Verhandlung und Entscheidung das Amtsgericht Bruchsal zuständig ist.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Im Bereich ihrer gemeinsamen Grundstücksgrenze trennen eine von der Beklagten im Jahr 2001 erneuerte höhere Mauer, eine niedrige Mauer mit darauf befindlichem Zaun sowie ein Drahtzaun die Grundstücke voneinander.
Mit der Behauptung, Mauern und Zaun stünden fast vollständig auf ihrem Grundstück, verlangen die Kläger deren Beseitigung. Ferner machen sie 313,30 € für Vermessungskosten geltend. Ein von den Klägern vor Klageerhe-
bung eingeleitetes außergerichtliches Schlichtungsverfahren ist infolge Nichterscheinens der Beklagten erfolglos geblieben.
In der ersten Instanz haben die Kläger ihre Anträge neu gefaßt und die Klage erweitert. Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die geänderte Klage eine erneute Streitschlichtung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2e des baden-württembergischen Gesetzes zur obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung (BadWürttSchlG) erfordere. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht (erstinstanzliche Zivilkammer) zurückverwiesen.
Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Kläger beantragen die Verwerfung, hilfsweise die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, eine weitere außergerichtliche Streitschlichtung sei schon deshalb entbehrlich, weil das Landesschlichtungsgesetz nur auf vor dem Amtsgericht zu erhebende Klagen Anwendung finde, vorliegend jedoch das Landgericht erstinstanzlich zuständig sei. Das Amtsgericht habe den – auf 2.500 € festgesetzten - Wert des Streitgegenstands zwar in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und
Literatur nach dem klägerischen Interesse an der Rechtsverfolgung bestimmt. Diese Auffassung überzeuge jedoch nicht. Bei unterschiedlich hohem Streitinteresse der Parteien sei das jeweils höhere maßgeblich, hier also das mit 12.000 € zu bewertende Interesse der Beklagten, die Mauer- und Zaunanlage nicht beseitigen zu müssen. Im Berufungsurteil sei daher sogleich die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht (Zivilkammer erster Instanz) auszusprechen gewesen.

II.


1. Die hiergegen erhobene Revision ist zulässig.

a) Die Beklagte ist durch die zurückverweisende Entscheidung des Berufungsgerichts beschwert, da ihrem Antrag auf sachliche Entscheidung nicht entsprochen worden ist (vgl. BGHZ 31, 358, 361; 59, 82, 83; BGH, Urt. v. 19. Oktober 1989, I ZR 22/88, NJW-RR 1990, 480, 481).

b) Die Revisionsbegründung entspricht den Anforderungen des § 551 Abs. 3 ZPO. Gegen eine kassatorische Entscheidung kann mit der Revision nur geltend gemacht werden, daß die ausgesprochene Aufhebung und Zurückverweisung gegen das Gesetz verstößt (BGH, Urt. v. 24. Februar 1983, IX ZR 35/82, NJW 1984, 495; Urt. v. 18. Februar 1997, XI ZR 317/95, NJW 1997, 1710). Dabei kann die Rüge zulässigerweise dahin gehen, daß die Aufhebung und Zurückverweisung fehlerhaft ist, weil das Berufungsgericht bei korrekter Rechtsanwendung selbst in der Sache hätte entscheiden müssen (BGH, Urt. v. 18. Februar 1997, XI ZR 317/95, aaO; Urt. v. 22. Mai 2001, VI ZR 74/00, NJW
2001, 2550). Dem genügt die auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils gerichtete Revision, indem sie geltend macht, bei richtiger Rechtsanwendung hätte das Berufungsgericht die Berufung der Kläger zurückweisen müssen , da das Amtsgericht die Klage wegen Nichtdurchführung des außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens zu Recht als unzulässig abgewiesen habe.

c) Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Revisionsbeklagten, die Revision sei gemäß § 545 Abs. 2 ZPO unzulässig. Da die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt, dieses also verteidigt, wird die Revision nicht darauf gestützt, daß das Gericht des ersten Rechtszuges – nur auf dieses stellt § 545 Abs. 2 ZPO ab (vgl. MünchKommZPO /Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 545 Rdn. 15; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 545 Rdn. 12) - seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.
2. Die Revision ist jedoch unbegründet, denn die Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits in die erste Instanz sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht insoweit den Regelungsgehalt des § 513 Abs. 2 ZPO nicht verkannt. Zwar hindert die Vorschrift, nach der die Berufung nicht darauf gestützt werden kann, daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat, das Berufungsgericht, die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts zu prüfen (vgl. MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl., Aktualisierungsband , § 513 Rdn. 19). Der Umstand, daß § 1 Abs. 1 BadWürttSchlG eine vor dem Amtsgericht zu erhebende Klage voraussetzt und deshalb von dem
Amtsgericht nur angewendet werden konnte, wenn es seine Zuständigkeit bejahte , entzieht die Entscheidung - auch hinsichtlich der Frage der Zuständigkeit – jedoch nicht der Nachprüfung durch das Berufungsgericht. Nach seinem Zweck, Rechtsmittelstreitigkeiten auszuschließen, die allein die Frage der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts zum Gegenstand haben (vgl. RegE BT-Drucks. 14/4722, S. 94), schränkt § 513 Abs. 2 ZPO die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung nämlich nur ein, soweit allein der Festlegung des zuständigen Gerichts dienende Vorschriften in Rede stehen (vgl. MünchKommZPO /Rimmelspacher, aaO, § 513 Rdn. 22). Die Anwendung sonstiger Normen, die – wie § 1 Abs. 1 Satz 1 BadWürttSchlG – einen anderen Zweck verfolgen und dabei an die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts lediglich anknüpfen, ist dagegen nach allgemeinen Grundsätzen zu überprüfen.

b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, das baden-württembergische Schlichtungsgesetz sei vorliegend nicht anwendbar, weil der Wert des Streitgegenstandes 12.000 € übersteige und der Rechtsstreit damit in die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts falle (§ 71 Abs. 1 iVm § 23 Nr. 1 GVG), ist rechtsfehlerhaft.
Die für die Anwendung des Landesschlichtungsgesetzes erforderliche Feststellung, ob eine Klage vor dem Amts- oder vor dem Landgericht zu erheben ist, richtet sich nach den für die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwerts maßgeblichen Grundsätzen. Ist die Feststellung – wie hier – auf der Grundlage von § 3 ZPO, also nach freiem Ermessen, getroffen worden, so kann sie von dem Revisionsgericht zwar nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder das Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. BGH, Urt. v. 20. September 1983, VI ZR
111/82, VersR 1983, 1160, 1161; Beschl. v. 10. Juli 1996, XII ZB 15/96, FamRZ 1996, 1543 f.; Beschl. v. 27. Juni 2001, IV ZB 3/01, NJW-RR 2001, 1571 für die Bewertung des Rechtsmittelinteresses). Einer solchen Prüfung hält die angefochtene Entscheidung jedoch nicht stand. Die Bewertung des Zuständigkeitsstreitwerts mit über 12.000 € überschreitet die durch § 3 ZPO vorgegebenen Grenzen des Ermessens.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß sich der Streitwert bei unterschiedlich zu bewertenden Interessen der klagenden und der beklagten Partei nach dem höheren Interesse richte, steht mit den für die Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts maßgeblichen, an dem Wert des Streitgegenstands ausgerichteten §§ 2 und 3 ZPO nicht in Einklang. Unzutreffend ist bereits der gedankliche Ausgangspunkt, das Gesetz knüpfe über den Begriff des Streitgegenstands an die sich „im Streit“ befindlichen Interessen beider Parteien an. Was Streitgegenstand ist, wird durch den Antrag des Klägers bestimmt (GrSZ, BGHZ 59, 17, 18; BGHZ 117, 1, 5; Senat, BGHZ 124, 313, 317). Sein Rechtsschutzbegehren , konkretisiert durch den Klageantrag und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt, bildet den Gegenstand des Rechtsstreits (BGHZ 117, 1, 5). Einwendungen des Beklagten sind für den Streitgegenstand grundsätzlich ohne Bedeutung (GrSZ, aaO). Auch das Gebot der prozessualen Waffengleichheit , auf das sich das Berufungsgericht maßgeblich stützt, steht einer Bewertung des Zuständigkeitsstreitswerts nach dem Interesse des Klägers nicht entgegen (vgl. Senat, BGHZ 124, 313, 319).
Der Zuständigkeitsstreitswert ist deshalb nach dem - von de m Amtsgericht mit 2.500 € bewerteten - klägerischen Interesse an einem Erfolg der Klage zu bestimmen. Daß die Kläger - wie die Revisionserwiderung meint - ihr Inter-
esse ebenfalls mit 12.000 € beziffert hätten, trifft nicht zu. Insbesondere folgt dies nicht aus ihrem nur hilfsweise gestellten Antrag, den Rechtsstreit nach einer Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils an das Landgericht zurückzuverweisen.

c) Die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
Die Klage durfte von dem Amtsgericht nicht als unzulässig abgewiesen werden, denn die Änderung der Klageanträge während des erstinstanzlichen Verfahrens machte keinen erneuten Schlichtungsversuch gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BadWürttSchlG erforderlich. Der Senat kann die Anwendung dieser Vorschrift durch die Vorinstanzen überprüfen, da ihr räumlicher Geltungsbereich ganz Baden-Württemberg erfaßt und sich damit über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt (§ 545 Abs. 1 ZPO).
aa) Zutreffend ist das Amtsgericht allerdings davon ausgegangen, daß das Verfahren in den Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2e BadWürttSchlG fällt. Nach dieser – auf der Öffnungsklausel des § 15a EGZPO beruhenden - Vorschrift ist die Klageerhebung vor den Amtsgerichten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche wegen der im Nachbarrechtsgesetz (BadWürttNRG) geregelten Nachbarrechte, sofern es sich nicht um Einwirkungen eines gewerblichen Betriebs handelt, erst nach einem außergerichtlichen Schlichtungsversuch zulässig.
Eine Rechtsstreitigkeit über Ansprüche wegen im Nachbarrechtsgesetz geregelter Rechte ist gegeben, wenn dieses Gesetz Regelungen enthält, die für den Interessenkonflikt der Nachbarn im konkreten Fall von Bedeutung sind. Erst durch die Zusammenschau aller gesetzlichen Regelungen des Nachbarrechts , das sich als Bundesrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch findet (§§ 906 ff. BGB) und in den Rechtsvorschriften der landesrechtlichen Nachbargesetze enthalten ist, werden nämlich Inhalt und Schranken der Eigentümerstellung bestimmt. Nur in dem hiernach gegebenen Rahmen kann ein Eigentümer sich gegen eine von dem Nachbargrundstück ausgehende Beeinträchtigung zur Wehr setzen oder verpflichtet sein, diese zu dulden (vgl. Senat, Urt. v. 12. November 1999, V ZR 229/98, NJW-RR 2000, 537 f.; vgl. auch Schmidt, DAR 2001, 481, 482).
Die Rechtssache der Parteien betrifft hiernach Ansprüche wegen der im Nachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2e BadWürttSchlG. Die Parteien streiten in erster Linie, ob die vorhandene, ihre Grundstücke trennende Mauer- und Zaunanlage an der jetzigen Stelle verbleiben kann. Da sich § 11 BadWürttNRG mit dem zulässigen Standort für Einfriedungen befaßt, sind dessen Regelungen zur Bestimmung von Inhalt und Umfang eines Beseitigungsanspruchs der Kläger heranzuziehen. Ob daneben mit den für Grenzanlagen geltenden §§ 921, 922 BGB, die allerdings nur die Benutzung und Unterhaltung solcher Anlagen regeln, nicht dagegen eine Duldungspflicht des Nachbarn begründen (Senat, BGHZ 91, 282, 286; Senat, Urt. v. 11. Oktober 1996, V ZR 3/96, NJW-RR 1997, 16), auch bundesrechtliche Vorschriften von Bedeutung sein können, ist für die Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2e BadWürttSchlG ohne Belang.
bb) Die Kläger haben den Versuch unternommen, die Streitigkeit mittels eines Schlichtungsverfahrens einvernehmlich beizulegen und mit der Klage die gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 BadWürttSchlG erforderliche Bescheinigung hierüber vorgelegt. Ihre somit zulässige Klage ist durch die im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgte Umstellung der Klageanträge nicht unzulässig geworden.
Dabei kann dahinstehen, inwieweit die Kläger den im Schlichtungsverfahren zugrunde gelegten, in erster Linie auf die Entfernung und Zurücksetzung einer ca. 45 m langen Mauer/Zaunanlage gerichteten Antrag durch den erstinstanzlich zuletzt gestellten Antrag, welcher zwischen dem im Vorderbereich der Grundstücke befindlichen Drahtzaun, der auf einer Länge von 32,3 m im Gartenbereich stehenden niedrigen Mauer mit Drahtzaun und der höheren Mauer unterscheidet und mit dem nun auch die Reduzierung der höheren Mauer auf 1,5 m verlangt wird, geändert, erweitert oder bloß präzisiert haben. In keinem Fall erforderte die Veränderung der Anträge ein erneutes außergerichtliches Schlichtungsverfahren.
Ziel des dem Landesschlichtungsgesetz zugrunde liegenden Gesetzes zur Förderung der außergerichtlichen Streitschlichtung vom 15. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2400) ist die Entlastung der Zivilgerichte (BT-Drucks. 14/980 S. 5). Zu diesem Zweck wurde es den Ländern durch die Öffnungsklausel des § 15a EGZPO ermöglicht, die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Klage in bestimmten Fällen von der vorherigen Durchführung eines außergerichtlichen Schlichtungsversuchs abhängig zu machen. Hierdurch sollen geeignete Streitigkeiten ohne Einschaltung der Gerichte beigelegt werden. Dieses Ziel läßt sich indessen nicht mehr erreichen, wenn die Schlichtung erfolglos geblieben
und die Streitigkeit bei Gericht anhängig geworden ist. Das Gerichtsverfahren ist deshalb wie jedes andere Verfahren nach den allgemeinen Vorschriften durchzuführen. Insbesondere kann die klagende Partei die Klage erweitern (§ 264 Nr. 2 ZPO) oder nach Maßgabe von § 263 ZPO ändern, ohne daß hierdurch die Zulässigkeit der Klage nachträglich entfiele. Dies folgt im übrigen auch daraus, daß § 15a EGZPO die Länder in den in Abs. 1 Nr. 1 bis 3 genannten Fällen nur ermächtigt, die Klageerhebung, nicht aber auch eine Klageerweiterung oder -änderung von der vorherigen Durchführung eines Schlichtungsverfahrens abhängig zu machen.
Eine andere Auslegung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BadWürttSchlG führte zudem zu unnötigem Zeitverzug und Kosten in Form eines weiteren Schlichtungsversuchs. Dieser Aufwand ließe sich entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch dann nicht rechtfertigen, wenn die veränderte Fassung der Anträge die Einigungsbereitschaft der Parteien und damit die Chance einer nicht streitigen Erledigung der Sache erhöht hat. In einem solchen Fall hat das Gericht, das in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits bedacht sein soll (§ 278 Abs. 1 ZPO), die Einigungschance selbst zu ergreifen und auf eine vergleichsweise Regelung hinzuwirken.
Ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn sich eine Klageänderung als rechtsmißbräuchlich darstellt (vgl. LG Kassel, NJW 2002, 2256; LG München I, MDR 2003, 1313 für den Fall, daß der Klageerhebung kein Schlichtungsverfahren vorausging), bedarf keiner Entscheidung, weil eine solche Annahme hier fern liegt. Im übrigen dürfte der klagenden Partei, die ein Schlichtungsverfahren durchgeführt hat, kaum jemals vorzuwerfen sein, daß sie eine
Klageänderung nur vornimmt, um das Erfordernis einer obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung zu umgehen.

d) Das amtsgerichtliche Urteil konnte daher keinen Bestand haben. Die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ist allerdings insoweit verfahrensfehlerhaft, als das Berufungsgericht die Möglichkeit einer eigenen Sachentscheidung nicht erwogen, also von dem ihm durch § 538 ZPO eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. Senat, Urt. v. 30. März 2001, V ZR 461/99, NJW 2001, 2551 m.w.N.). Mangels einer entsprechenden Verfahrensrüge ist der Senat jedoch an die Entscheidung des Berufungsgerichts, die Sache in die erste Instanz zurückzuverweisen , gebunden (§ 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
3. Zu Recht rügt die Revision aber, daß die mit der Zurückverweisung in die erste Instanz verbundene Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht (erstinstanzliche Zivilkammer) gegen § 513 Abs. 2 ZPO verstößt.

a) Im Rechtsmittelverfahren ist eine – die gleichzeitige Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils erfordernde (vgl. BGHZ 10, 155, 163, BGH, Beschl. v. 15. Juni 1988, I ARZ 331/88, NJW-RR 1988, 1405) – Verweisung des Rechtsstreits an das örtlich oder sachlich zuständige Gericht erster Instanz nur möglich, sofern die Unzuständigkeit des Erstgerichts noch geltend gemacht werden kann (BGHZ 16, 339, 345). Das war hier nicht der Fall. Nach § 513 Abs. 2 ZPO in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Die Vorschrift entzieht dem Berufungsgericht die Nachprüfung
des angefochtenen Urteils insoweit, als das Erstgericht seine Zuständigkeit - wie hier - bejaht hat. Der umfassende, der Verfahrensbeschleunigung und Entlastung der Berufungsgerichte dienende Prüfungsausschluß (vgl. MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 513 Rdn. 3; Musielak /Ball, ZPO, 4. Aufl., § 513 Rdn. 6 f.) hindert das Berufungsgericht auch, die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts mit Blick auf § 281 ZPO zu prüfen. Ihm fehlt damit die Kompetenz, den Rechtsstreit an ein anderes erstinstanzliches Gericht zu verweisen. Eine im Berufungsurteil dennoch ausgesprochene Verweisung unterliegt - sofern gegen das Urteil in zulässiger Weise Revision eingelegt worden ist – der Aufhebung durch das Revisionsgericht.

b) Da das Amtsgericht schon aus diesem Grund für die neue Verhandlung und Entscheidung der Sache zuständig geblieben ist, kommt es nicht darauf an, daß das Verfahren des Berufungsgerichts auch deshalb fehlerhaft war, weil eine Berufungskammer des Landgerichts den Rechtsstreit nicht an eine erstinstanzliche Kammer desselben Gerichts verweisen kann (RGZ 119, 379, 384; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 281 Rdn. 9).
4. In der Sache bleibt die Revision allerdings ohne Erfolg und ist daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Wenzel Krüger Klein RiBGH Dr. Gaier ist mit seiner Ernennung zum RiBVerfG ausgeschieden und an der Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 2.11.2004 Wenzel Stresemann

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Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das Teilendurteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 28. November 2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Zwangsvollstreckung des Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Kläger begehren Ersatz für Schäden an ihrem Hausgrundstück, die durch Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück entstanden sind.

2

Die Kläger und der Beklagte zu 1) sind Grundstücksnachbarn in 6... Sch..., M...straße 4 und 6. Ihre Grundstücke bildeten ursprünglich eine Einheit, die zu einem nicht näher benannten Zeitpunkt geteilt wurde. Der ursprüngliche Eigentümer veräußerte im Jahr 2005 das Grundstück M...straße 4 mit dem ca. 1979 erbauten Haus an die Kläger. Später erwarb der Beklagte zu 1) den unbebauten zweiten Grundstücksteil (M...straße 6).

3

Im Jahr 2006 begann der Beklagte zu 1) mit dem Bau eines Wohnhauses. Anschließend beauftragte er im Jahr 2007 den Beklagten zu 2), Inhaber eines Baubetriebs in Sch..., mit der Erstellung des Rohbaus für eine an das Wohnhaus anschließende Garage einschließlich der hierzu notwendigen Bodenarbeiten.

4

Der Beklagte zu 2) führte die Arbeiten im November 2007 aus. Während der Ausschachtungsarbeiten entdeckten seine Mitarbeiter ein graues PVC-Rohr, welches in Richtung des klägerischen Grundstücks in ca. 20 bis 30 cm Tiefe lag. Die Mitarbeiter des Beklagten zu 2) untersuchten das Rohr, indem sie eine Eisenstange einführten, und gingen, als sie in Richtung des klägerischen Grundstücks auf Widerstand stießen, irrig davon aus, dass das Rohr hier ende bzw. durch einen Florwallring abgedichtet sei.

5

Tatsächlich endete das Rohr jedoch nicht, sondern knickte rechtwinklig nach unten ab und führte unter der Stützmauer zwischen den Grundstücken hindurch in das Abwassersystem des klägerischen Hausanwesens.

6

Die Mitarbeiter des Beklagten zu 2) deckten das aufgefundene Rohr lediglich mit einem Brett ab. Als sie die Betonarbeiten für die Garage auf dem Grundstück des Beklagten zu 1) ausführten, verschob sich das Brett, und es drang Beton in das Rohr ein. Der Beton lief in das Kanalsystem der Kläger und verstopfte schließlich ein Abwasserrohr vollständig. In der Folge funktionierte die Entwässerung des klägerischen Grundstücks nicht mehr, die im Bereich des Lichthofes vor der Kellerwohnung über einen Gully erfolgt und auch die Dachentwässerung umfasst. Mitte Dezember 2007 drang deshalb gestautes Wasser, das vom Lichthof nicht mehr abfließen konnte, in die klägerischen Kellerräume ein. Das Wasser stand im Kellerflur und im Gästezimmer, wobei der Estrich im Gästezimmer und im Vorflur nass wurde und der Laminatbelag im Gästezimmer beschädigt wurde.

7

Wegen der Beschädigungen durch den Beton mussten die Entwässerungsleitungen und der Gully im Lichthof des klägerischen Anwesens erneuert werden.

8

Die W... Versicherung AG, Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 2), wies unter dem 1. Februar 2008 gegenüber den Klägern Schadensersatzansprüche zurück, weil keine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) erkennbar sei.

9

Am 4. Februar 2008 teilte das für die W... Versicherung tätige Versicherungsbüro A... und G... GmbH dieser mit, dass der Beklagte zu 2) das Rohr nicht ordentlich verschlossen und den Schaden verschuldet habe.

10

Der Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 2) rechnete daraufhin mit Schreiben vom 2. April 2008 (Anlage K12, Anlagenband) eine Entschädigung ab. Darin ermittelte er einen Gesamtschaden von 11.111,00 €. Unter Anrechnung eines Mitverschuldens der Kläger von 60 % zahlte er diesen einen Betrag von 4.444,00 € aus.

11

Die Kläger haben erstinstanzlich geltend gemacht:

12

beide Beklagte seien für den Schaden an ihrem Anwesen verantwortlich.

13

Der Beklagte zu 1) habe seine Sorgfaltspflichten als Bauherr verletzt. Denn er habe Kenntnis von der Freilegung der Kunststoffleitung gehabt und dennoch den Beklagten zu 2) nicht beauftragt, das Rohr näher zu untersuchen oder sicher zu verschließen. Vielmehr habe er dessen Mitarbeitern die falsche Auskunft erteilt, dass die Leitung nicht mehr benutzt werde.

14

Der Beklagte zu 2) habe gewusst, dass die Rohrleitung auf das Klägergrundstück führte. Zudem habe er bei den Bauarbeiten in unmittelbarer Nähe zur Grundstücksgrenze nicht die erforderliche Sorgfalt angewandt. Er habe die freigelegte Rohrleitung ungeachtet der Auskunft des Beklagten zu 1), die Leitung sei „tot“, näher untersuchen und geeignete Maßnahmen zur Schadensabwehr ergreifen müssen.

15

Die Kläger haben ihren Schaden zuletzt mit insg. 17.125,87 € beziffert. Unter Abzug der Versicherungsleistung von 4.444,00 € berechnen sie ihren Anspruch mit 12.681,87 €. Bezüglich der Zusammensetzung der Schadensforderung wird auf den Schriftsatz der Kläger vom 15. November 2010, Bl. 287 f d. A., verwiesen. Den größten Posten bilden die Kosten für das neue Entwässerungssystem, das im Laufe des Rechtsstreits errichtet wurde (10.295,67 €, s. Anl. K15, Bl. 210 d. A., sowie das Angebot Anl. K14, Bl. 146 d. A.).

16

Darüber hinaus begehren sie die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner ihnen den weiteren Schaden zu ersetzen haben. Erstinstanzlich haben sie diesen Antrag auf Schäden durch eine etwaige Schimmelkontaminierung der Wärmedämmvorsatzschale auf der Innenseite der Außenwand im Untergeschoss ihres Hauses bezogen.

17

Die Kläger wehren sich gegen den Vorwurf des Mitverschuldens: Einer etwaigen Schimmelkontaminierung hätten sie wegen der erforderlichen Schadensbegutachtung nicht durch frühere Trocknungsmaßnahmen entgegenwirken können.

18

Nach Reduzierung des Zahlungsantrags (ursprünglich 13.272,10 € nebst Zinsen) mit Schriftsatz vom 15.11.2010 (Bl. 287 d. A.) haben die Kläger zuletzt beantragt:

19

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 12.681,87 € nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

20

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern sämtlichen Schaden zu ersetzen, welcher durch eine etwaige Schimmelkontaminierung der Wärmedämmvorsatzschale auf der Innenseite der Außenwand im Untergeschoss der Immobilie der Kläger entstanden ist.

21

Die Beklagten haben beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Der Beklagte zu 1) hat vorgetragen,

24

er habe mit der Beauftragung einer anerkannten Fachfirma die ihm obliegenden Sorgfaltsmaßnahmen getroffen und sich darauf verlassen können, dass der Beklagte zu 2) die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen ergreife. Er habe von der Leitung nichts gewusst und auch nicht die Auskunft erteilt, die Leitung sei tot.

25

Die Kläger treffe erhebliches Mitverschulden, weil sie mit schadensmindernden Maßnahmen im Hinblick auf die Regulierung durch den Haftpflichtversicherer abgewartet hätten.

26

Darüber hinaus bestreitet der Beklagte zu 1) die Angemessenheit der Schadensbeseitigungskosten und die Ersatzfähigkeit von Eigenleistungen.

27

Der Beklagte zu 2) hat unter anderem vorgetragen,

28

seine Mitarbeiter hätten von dem Beklagten zu 1) die Information erhalten, dass das bei der Ausschachtung aufgefundene Rohr nicht mehr gebraucht würde.

29

Die Kläger haben vor Einreichung ihrer Klage vom 8. Dezember 2008, eingegangen am 9. Dezember 2008 und dem Beklagten zu 1) zugestellt am 30. Dezember 2008, kein Mahnverfahren und kein Schlichtungsverfahren durchgeführt.

30

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 9. Juli 2009 darauf hingewiesen, dass der Beklagte zu 1) in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB haften könne. Es hat sodann den Beklagten zu 2) als Partei und die Zeugen K.-H. W., T. Sch. und V. Sch. vernommen und ein bautechnisches Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing (FH) B. H. vom 8. April 2010 sowie ein Ergänzungsgutachten vom 25. Februar 2011 eingeholt (Gutachten siehe Anlagen). Die Zeugenvernehmung ist nach Richterwechsel in der mündlichen Verhandlung vom 09. August 2011 wiederholt worden.

31

Der Einzelrichter der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau hat nach Zustimmung der Parteien am 11. Oktober 2011 das schriftliche Verfahren angeordnet. Mit Teilendurteil vom 28. November 2011, auf das im Übrigen zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wie auch wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung Bezug genommen wird, hat er die Klage gegen den Beklagten zu 1) als unzulässig abgewiesen.

32

Zur Begründung hat der Erstrichter im Wesentlichen ausgeführt, das obligatorische Schlichtungsverfahren nach § 15 a EGZPO und §§1, 2 Landesschlichtungsgesetz Rheinland-Pfalz sei nicht durchgeführt worden. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 e LSchlG sei die Schlichtung Voraussetzung für eine Klage über Ansprüche wegen der im Nachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte. Die Parteien stritten über einen Anspruch wegen der Beeinträchtigung einer gemeinschaftlichen Versorgungsleitung, deren Nutzung die §§ 26 bis 32 LNRG regelten, die nicht auf das Leitungsnotwegerecht beschränkt seien. Es handele sich um eine gemeinsame Leitung, auch wenn erst die nachträgliche Grundstücksteilung zum Nachbarschaftsverhältnis hinsichtlich der Leitung geführt habe. In die Prüfung sei zumindest § 31 LNRG mit einzubeziehen. Es genüge, dass die Vorschrift aus dem Nachbarrecht für den Interessenkonflikt von Bedeutung sei. Die subjektive Klagehäufung stehe der Notwendigkeit der außergerichtlichen Schlichtung im Verhältnis zu dem Beklagten zu 1) nicht entgegen.

33

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge gegen den Beklagten zu 1) weiterverfolgen.

34

Die Kläger tragen vor:

35

Die angegriffene Entscheidung beruhe auf einer Rechtsverletzung, weil das Landgericht irrig von der Unzulässigkeit der gegen den Beklagten zu 1) gerichteten Klage ausgegangen sei. Ein Schlichtungsverfahren sei nicht durchzuführen gewesen, weil es sich nicht um eine nachbarrechtliche Streitigkeit handele.

36

Insbesondere sei die Leitung keine gemeinsame Versorgungsleitung im Sinne der §§ 26 ff. LNRG gewesen. Es habe sich lediglich um ein nicht genutztes Leerrohr gehandelt. §§ 26 ff. LNRG erfassten zudem nur Leitungsnotwege für Wasserversorgungs- und Entwässerungsleitungen. Die Vorschrift des § 31 LNRG sei nicht einschlägig. Auch habe das Gericht in seinem Hinweisbeschluss vom 31.08.2011 hierauf nicht hingewiesen.

37

Schließlich sei ein Schlichtungsverfahren wegen § 3 Abs. 1 LSchlG in Verbindung mit der Schiedsamtsordnung nicht erforderlich gewesen. § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO sehe die Ablehnung des Sühneversuchs vor, wenn für die Klageerhebung die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründet wäre.

38

Die Kläger beantragen,

39

1. unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des LG Landau in der Pfalz vom 28. November 2011 (Az.: 2 O 385/08) den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

40

2. im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts das angefochtene Teil-Endurteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 28. November 2011 (Az.: 2 O 385/08) abzuändern und wie folgt zu entscheiden:

41

a) Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Kläger 12.681,87 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

42

b) Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den Klägern sämtlichen Schaden zu ersetzen, welcher durch die Einleitung von Beton am 14. Dezember 2007 in das auf dem Grundstück der Kläger befindliche Rohrleitungssystem entstanden ist.

43

Der Beklagte zu 1) beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe und betont, dass das betroffene Leerrohr eine wesentliche Funktion hinsichtlich der Entwässerung der Grundstücke, insbesondere des Kellergeschosses des klägerischen Anwesens innegehabt habe.

II.

46

Die Berufung der Kläger gegen den Beklagten zu 1) ist zulässig, führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.

A.

47

Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

48

Das Feststellunginteresse für den Feststellungsantrag Ziff. 2 ist gegeben. Dem Vorrang der Leistungsklage ist entgegenzuhalten, dass eine Bezifferung des Anspruchs ohne eine aufwendige Begutachtung (Öffnung der Wärmedämm-Vorsatzschale) nicht möglich ist.

49

Auch die Klageänderung hinsichtlich des Feststellungsantrags Ziff. 2 ist zulässig. Es liegt eine Antragsänderung vor, wobei der Streitgegenstand lediglich ergänzt wird durch die Erstreckung der begehrten Feststellung auch auf andere als mögliche Schimmelschäden. Somit kommt es auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Einwilligung oder Sachdienlichkeit (§ 533 Nr. 1 ZPO) wegen § 264 Ziff. 2 ZPO nicht an. Die gemäß § 533 Nr. 2 ZPO zu erfüllenden Voraussetzungen des § 529 ZPO sind gegeben; der Feststellungsantrag bzgl. des auf dieselben Tatsachen gestützten Schadensersatzanspruchs ist lediglich weniger einschränkend gefasst worden.

B.

50

Die Berufung ist unbegründet.

51

Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage gegen den Beklagten zu 1) unzulässig ist, weil die Kläger das zwingend vorzuschaltende Schlichtungsverfahren nach dem Landesschlichtungsgesetz Rheinland-Pfalz (LSchlG) vor Klageerhebung nicht durchgeführt haben.

52

Nach §§ 15 a Abs. 1 S. 1 EGZPO in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1, 2 LSchlG RP ist, wenn die Parteien ihren Wohnsitz in Rheinland-Pfalz innerhalb desselben Landgerichtsbezirks haben, die Erhebung einer Klage u.a. dann erst nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zulässig, wenn es sich um nachbarrechtliche Streitigkeiten der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG genannten Art handelt.

I.

53

Allerdings dürfte sich das Schlichtungserfordernis vorliegend nicht aus § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 e) LSchlG ergeben, wie es das Erstgericht angenommen hat. Die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche unterfallen nicht § 1 Abs. 1 Nr. 1 e) LSchlG, weil die Parteien nicht um -Ansprüche wegen der im Landesnachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte- streiten.

54

1. Eine Rechtsstreitigkeit über Ansprüche wegen im Nachbarrechtsgesetz geregelter Rechte ist gegeben, wenn dieses Gesetz Regelungen enthält, die für den Interessenkonflikt der Nachbarn im konkreten Fall von Bedeutung sind (BGH NJW-RR 2005, 501). Denn erst durch die Zusammenschau aller gesetzlichen Regelungen des Nachbarrechts, das sich als Bundesrecht im BGB findet (§§ 906 ff. BGB) und in den Rechtsvorschriften der landesrechtlichen Nachbargesetze enthalten ist, werden Inhalt und Schranken der Eigentümerstellung bestimmt (BGH a.a.O.; NJW-RR 2000, 537). Nur in dem hiernach gegebenen Rahmen kann ein Eigentümer sich gegen eine von einem Nachbargrundstück ausgehende Beeinträchtigung zur Wehr setzen oder verpflichtet sein, diese zu dulden (BGH NJW-RR 2005, 501; NJW-RR 2000, 537). Die auf Grundlage von Art. 124 EGBGB erlassenen landesrechtlichen Vorschriften ergänzen insofern die Eigentumsbeschränkungen des BGB.

55

2. Allein der Umstand, dass der bei den Bauarbeiten auf dem Grundstück des Beklagten zu 1) abgelaufene Beton durch ein Rohr floss, das auf beiden Grundstücken der Parteien verlief und mit der Entwässerung des klägerischen Anwesens verbunden war, führt noch nicht dazu, dass die Streitigkeit zwischen den Parteien aus einer Vorschrift des LNRG resultiert.

56

In Betracht kommt zwar die Anwendung der §§ 26 ff. LNRG, die die Duldung von Versorgungsleitungen und somit ein Leitungsnotwegerecht für Wasserversorgungs- und Entwässerungsleitungen regeln (vgl. Hülbusch, Kommentar zum Nachbarrechtsgesetz Rheinland-Pfalz, 6. Aufl. 2005, Einführung §§ 26-33 Rn. 2; Reich, Landesnachbarrechtsgesetz für Rheinland-Pfalz, 2007, § 26 Rn. 1).

57

Allerdings steht eine Duldungspflicht hinsichtlich einer Wasserversorgungs- bzw. Abwasserleitung hier nicht zur Diskussion. Ebensowenig geht es um einen Verstoß des Beklagten zu 1) gegen §§ 26 ff. LNRG. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Leitungsnotrechts, wie sie in §§ 26 ff. LNRG geregelt sind (vgl. Dehner, Nachbarrecht, B § 27, V. 3. c), durch eine der Parteien sind weder ersichtlich noch dargetan. Auch das Erstgericht geht nicht von einem Leitungsnotwegerecht aus.

58

a) Eine Duldungspflicht der Kläger bezüglich des Rohres ist für den Rechtsstreit unerheblich, insbesondere für eine Pflicht zur Duldung von Einwirkungen durch eindringenden Beton. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Verlegung der Leitung auf dem Grundstück der Kläger zum Anschluss des Beklagtengrundstücks an das Versorgungs- oder Entwässerungsnetz erforderlich gewesen wäre.

59

b) Eine Duldungspflicht des Beklagten zu 1) aus §§ 26 ff. LNRG kommt ebenfalls nicht in Betracht.

60

Zwar kann die nachtägliche Parzellierung eines Gesamtgrundstücks zu einem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis führen, in dem sich Rechte und Pflichten nach den §§ 26 ff. LNRG ergeben, beispielsweise wenn dadurch vorhandene Gebäude rechtlich von ihrer bisherigen Abwasserversorgung abgeschnitten werden (vgl. Hülbusch, a.a.O., § 26 Rn. 1 unter Hinweis auf BGH NJW 2003, 1392).

61

Eine Leitung nach § 26 LNRG liegt jedoch nicht vor. Dass der Anschluss des klägerischen Grundstücks an das Wasserversorgungs- oder Entwässerungsnetz eine Leitung durch das (jetzige) Grundstück des Beklagten zu 1) erfordert hätte, wird nicht behauptet und ist nicht ersichtlich: Weder erfolgte die Wasserversorgung noch die Abwasserentsorgung des klägerischen Grundstücks über das Beklagtengrundstück, insbesondere nicht durch das streitgegenständliche Leerrohr. Allein dass ein Rohr, das auf dem Beklagtengrundstück liegt, an die Entwässerungsleitungen des klägerischen Anwesens angeschlossen ist, führt noch nicht zu Duldungspflichten nach §§ 26 ff. LNRG, auch wenn die §§ 26 ff. LNRG auch für die Duldung bereits vorhandener Leitungen gelten (vgl. Reich, a.a.O., § 26 Rn.1).

62

Zudem steht kein Anspruch auf Duldung des Anschlusses an bereits vorhandene Leitungen nach § 26 Abs. 2 LNRG in Rede. Ein solcher kommt in Betracht, wenn auf dem betroffenen Grundstück bereits Leitungen liegen, die auch zur Versorgung des berechtigten Grundstücks ausreichen würden. Denn der Anschluss nach § 26 Abs. 2 LNRG ist lediglich die - unter den gleichen, hier nicht erfüllten Voraussetzungen stehende - zwingende Alternative zu einem Hindurchführen der Versorgungsleitung durch das betroffene Grundstück nach § 26 Abs. 1 LNRG.

63

Schließlich scheidet auch ein Anschlussrecht des Duldungspflichtigen nach § 29 Abs. 1 LNRG aus, der danach seinerseits an Leitungen anschließen darf, die er zu dulden verpflichtet ist. Denn § 29 Abs. 1 LNRG knüpft an den Tatbestand des § 26 Abs. 1 LNRG an und gewährt dem Eigentümer zum Ausgleich der Duldungspflicht aus § 26 LNRG gewisse Anschlussmöglichkeiten (vgl. Hülbusch, a.a.O., § 29 Rn. 1 und 2).

64

c) Handelt es sich aber schon gar nicht um nach § 26 Abs. 1 LNRG verlegte Leitungen, nach § 26 Abs. 2 LNRG hergestellte Anschlussleitungen oder um den Anschluss an bereits verlegte Leitungen nach § 29 Abs. 1 LNRG, kommt auch ein Anspruch nach § 31 LNRG nicht in Betracht (vgl. Hülbusch, a.a.O., § 31 Rn. 2). Dieser gewährt u.a. ein Beseitigungsrecht beim nachträglichen Auftreten von erheblichen Belästigungen durch die auf fremdem Grund verlaufenden Leitungen.

65

Es steht auch nicht in Rede, dass es sich bei den schädigenden Ereignissen um Beseitigungsmaßnahmen nach § 31 Abs. 2 LNRG gehandelt hätte.

66

3. Danach sind die Vorschriften des LNRG für den Interessenkonflikt zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 1) nicht von Bedeutung.

II.

67

Der Rechtsstreit zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 1) ist dem obligatorischen Schlichtungsverfahren jedoch nach § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) LSchlG unterworfen. Danach ist ein Güteversuch auch in Streitigkeiten über Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen erforderlich, soweit es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt.

68

1. Um Einwirkungen aus einem gewerblichen Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) LSchlG geht es vorliegend nicht, da die Einwirkungen nicht von dem Beklagten zu 1) als Gewerbetreibendem ausgingen. Dass der ausführende Bauunternehmer, der Beklagte zu 2), gewerblich gehandelt hat, ist unerheblich. Denn der Grund für den Ausschluss entsprechender gewerblicher Einwirkungen vom Nachbargrundstück von der Notwendigkeit der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens liegt darin, dass dabei der persönliche Aspekt zwischen den Prozessparteien, der die nachbarlichen Beziehungen prägt, in der Regel keine Rolle spielt (vgl. MüKoZPO-Gruber, 3. Aufl. 2008, § 15 a EGZPO Rn. 22; dazu auch Erdel, MDR 2005, 721, 723).

69

2. Zwar handelt es sich bei den Einwirkungen auf das klägerische Grundstück durch Eindringen von Beton in das Abwassersystem nicht um von § 906 BGB direkt erfasste Immissionen. Denn § 906 BGB erfasst keine größeren festkörperlichen Gegenstände („Grobimmissionen“, z.B. BGH NJW 1990, 1910: Schrotblei), sondern mit Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch und Erschütterungen solche Immissionen, die in ihrer Ausbreitung weitgehend unkontrollierbar und unbeherrschbar sind.

70

„Ähnliche Einwirkungen“ müssen demnach auf der Zuführung unkörperlicher oder leichter körperlicher Stoffe beruhen (Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 6. Aufl. 2011, § 906 Rn. 6 f.). Die Zufuhr von Beton als grobkörperlicher Masse kann hierunter nicht gefasst werden.

71

Somit können die Kläger ihr Begehren nicht auf § 906 BGB stützen, auch wenn diese Vorschrift in Abs. 2 S. 2 einen Entschädigungsanspruch als Ausgleich für den durch die Duldungspflicht ausgeschlossenen Abwehranspruch gewährt.

72

3. Vorliegend kommt als Grundlage der klägerischen Ansprüche gegen den Beklagten zu 1) allerdings ein nachbarlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog in Betracht („Aufopferungsentschädigungsanspruch“). Dieser greift auch bei anderen Einwirkungen als denen nach § 906 BGB ein, so bei Grobimmissionen, wenn der Betroffene aus besonderen Gründen gehindert war, die Störung zu unterbinden, beispielsweise aus „faktischem Duldungszwang“.

73

Ob die Ermächtigung des § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO eine entsprechend weite Auslegung ihres Anwendungsbereichs und der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, hier § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG, deckt und nicht nur dem Wortlaut des § 15 a EGZPO folgend, Ansprüche und nach § 906 BGB im Sinne der in den genannten Vorschriften selbst normierten Ansprüche erfasst, sondern auch solche Ansprüche, die sich aus einem Verstoß gegen die genannten Bestimmungen ergeben, sodass neben Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen auch Schadensersatzansprüche nach § 823 BGB, Aufwendungsersatzansprüche nach § 812 Abs. 1 BGB oder aus GoA in Verbindung mit den aufgeführten Vorschriften und ebenso der nachbarliche Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog der Schlichtung unterliegen könnten, ist streitig (vgl. zum Streitstand betreffend Ansprüche aus dem Nachbarrecht nach §§ 910, 911 BGB - BGH NJW-RR 2009, 1238 m.w.N.; Auslegung des § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO dort wie auch in BGH NZM 2012, 435 offen gelassen).

74

a) Daraus, dass die in § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGZPO genannten Vorschriften (§§ 910, 911, 923, 906 BGB sowie landesrechtliche Vorschriften im dortigen Sinne) nicht durchweg Ansprüche enthalten, wird in weiter Auslegung der Norm überwiegend gefolgert, dass die genannten nachbarrechtlichen Streitigkeiten unabhängig von der jeweiligen materiellrechtlichen Anspruchsgrundlage unter § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGZPO fallen (vgl. MüKoZPO-Gruber, a.a.O., Rn. 23).

75

Somit können Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche ebenso wie bereicherungsrechtliche oder deliktische Ansprüche, die mit der nachbarrechtlichen Streitigkeit eng verbunden sind, grundsätzlich dem Schlichtungserfordernis unterfallen (vgl. BGH a.a.O.; BVerfG NJW-RR 2009, 1026 unter billigendem Hinweis auf die Begründung in OLG Frankfurt, OLGR 2008, 814; OLG Köln, OLGR 2006, 406; AG Nürnberg, MDR 2002, 1189; Prütting/Gehrlein-Wegen/Barth, ZPO, 3. Aufl. 2011, § 15 a EGZPO Rn. 4; Prütting-Schmidt, Außergerichtliche Streitschlichtung, 2003, Rn. 121 ff.; a.A. bzgl. deliktischer Ansprüche Zöller-Heßler, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 15 a EGZPO Rn. 5).

76

Mithin können auch solche vermögensrechtlichen Ansprüche der Schlichtung unterworfen werden, die aus den nachbarrechtlichen Vorschriften erwachsen.

77

b) Für die Einbeziehung auch der Ansprüche nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog in die Auslegung des Anspruchs nach § 906 BGB bzw. der Streitigkeiten über Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen spricht, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht, den Nachbarstreit insgesamt und einheitlich der Schlichtung zu unterwerfen (vgl. Götz, MittBayNot 2000, Sonderheft zu Ausg. 4, S. 37 ff., 39, 40; Prütting-Schmidt, a.a.O., Rn. 121-123).

78

Zudem wäre der Anwendungsbereich der nachbarrechtlichen Streitschlichtung nach § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO sonst eher begrenzt. Auch bezeichnet bereits die Gesetzesbegründung die Streitigkeiten, die der Schlichtung unterfallen sollen, mit der gleichen Formulierung wie die umsetzenden Landesgesetze als Streitigkeiten wegen Überwuchses nach § 910 BGB und wegen der in § 906 geregelten Einwirkungen (BT-Drs. 14/980 vom 04.05.1999). Dies macht deutlich, dass der Gesetzeswortlaut Ansprüche nach mehr umfasst als die in den jeweiligen Vorschriften enthaltenen Anspruchsgrundlagen (vgl. auch Prütting-Schmidt, a.a.O. Rn. 121).

79

c) Danach kann als Anspruch wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen nicht nur der Entschädigungsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB gelten, sondern darüber hinaus neben Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen nach § 1004 Abs. 1 BGB und Schadensersatzansprüchen gemäß § 823 BGB ebenso der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB (vgl. Prütting-Schmidt, a.a.O. Rn. 121; das Erfordernis eines Schlichtungsverfahrens bejahend auch OLG Saarbrücken, Urt. v. 30.08.2011 - 4 U 424/10).

80

Soweit das LG Mannheim für die entsprechende Vorschrift im baden-württembergischen Schlichtungsgesetz (§ 1 Abs. 1 S. 2 a BWSchlG: Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen) ein Schlichtungserfordernis für den Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog ablehnt (LG Mannheim, Urt. v. 20.01.2006 - 1 S 178/05, zit. n. juris), weil kein besonderes Bedürfnis bestehe, durch die analoge Anwendung den Ausgleich eines eingetretenen Schadens zwischen Nachbarn einer obligatorischen Streitschlichtung zuzuführen, würde sich diese Argumentation gegen jedwede Einbeziehung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen in die obligatorische Streitschlichtung richten und überzeugt vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen nicht.

81

Schließlich dient die analoge Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB auf rechtswidrige Grobimmissionen, die aus tatsächlichen Gründen nicht rechtzeitig abgewehrt werden können, wie die unmittelbare Anwendung der Vorschrift dem Ausgleich gleichrangiger Nachbarinteressen als Ausdruck der Situationsgebundenheit der Grundstücke und beruht auf dem Gedanken, dass im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis der betroffene Eigentümer oder Nutzer bei einer nicht abwehrbaren, vom Nachbargrundstück ausgehenden rechtswidrigen Einwirkung auf sein Grundstück nicht schlechter stehen darf als bei einer rechtmäßigen Einwirkung (BGH Urt. v. 30.05.2003 - V ZR 37/02, juris Rn. 11). In solchen „technischen Unfallschadensfällen“ geht es um die Haftung für rechtswidrige Störungen aus einer bestimmungsmäßigen Grundstücksnutzung, die von dem beeinträchtigten Nachbarn aus tatsächlichen Gründen nicht abgewehrt werden können, und damit - entgegen der Auffassung der Kläger - durchaus um einen typisch nachbarrechtlichen Nutzungskonflikt, der zwar in § 906 Abs. 2 BGB nicht geregelt ist, aber vom Regelungsplan des Gesetzgebers her zum gleichen Abwägungsergebnis geführt hätte (BGH a.a.O., juris Rn. 12).

82

4. Die Durchführung einer vorherigen Schlichtung ist auch nicht deswegen entbehrlich, weil über eine Zahlungsklage zu entscheiden ist. Dass für Rheinland-Pfalz ein Schlichtungsversuch für Zahlungsansprüche generell nicht erforderlich ist, lässt sich entgegen der Auffassung der Kläger dem LSchlG nicht entnehmen.

83

a) Dies folgt nicht aus den Urteilen des 5. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 10. Juli 2009 (NJW-RR 2009, 1238) und vom 2. März 2012 (NZM 2012, 435). Danach gilt die Anordnung der obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung in Hessen und in Nordrhein-Westfalen generell nicht für Zahlungsansprüche, auch wenn es sich um Ansprüche aus dem Nachbarrecht handelt.

84

Hintergrund ist, dass im HessSchlG a.F. wie auch im GüSchlG NRW a.F. zunächst auch von der Ermächtigung des § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGZPO Gebrauch gemacht und die Schlichtung in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche im Wert bis 750,00 € (bzw. bis 600,00 € in NRW) angeordnet worden war.

85

Diesen Passus hat der hessische Gesetzgeber im Jahre 2005 aufgehoben mit der Begründung, dass durch Herausnahme der Zahlungsansprüche das Ausweichen in das Mahnverfahren, durch das eine weitgehende Umgehung der Schlichtung erfolgt sei, nicht länger ermöglicht werden solle (Hessischer Landtag, Drs. 16/4132, Begründung A. und B.).

86

Auch der nordrhein-westfälische Gesetzgeber hat durch Gesetz vom 20. November 2007 die obligatorische Streitschlichtung für vermögensrechtliche Streitigkeiten über Ansprüche mit geringem Streitwert aufgehoben.

87

Entsprechend hat das OLG Hamm mit Urteil vom 06.06.2011 (BeckRS 2011, 21895) für das Gütestellen- und Schlichtungsgesetz NRW entschieden, dass die Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GüSchlG NRW, die wie die Streichung der entsprechenden Vorschrift in Hessen die vermögensrechtlichen Streitigkeiten aus dem Anwendungsbereich des Ausführungsgesetzes zu § 15 a EGZPO herausnehmen sollte, dazu führe, dass bei der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen auch im Nachbarrecht keine obligatorische Streitschlichtung mehr stattzufinden habe.

88

Der Bundesgerichtshof geht für Nordrhein-Westfalen von derselben Rechtslage aus , wie er sie für Hessen herausgearbeitet hat (BGH MDR 2012, 579; NJW-RR 2008, 1662), nämlich dass ein Schlichtungsversuch nicht für Zahlungsklagen vorgesehen sei, weil der Landesgesetzgeber mit der gleichen Begründung wie in Hessen die Regelung zur Einbeziehung der vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert bis zu 600,00 € aufgehoben habe.

89

b) Zum einen hat allerdings der nordrhein-westfälische Gesetzgeber in seiner Begründung B. der Änderung des Ausführungsgesetzes zu § 15 a EGZPO auch ausgeführt, dass durch die Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GüSchlG NRW fürallgemeine vermögensrechtliche Streitigkeiten in Zukunft keine obligatorische Streitschlichtung mehr vorgesehen sei (LT-Drs. 14/4975 S. 9). Dies ließe auch die Interpretation zu, dass vermögensrechtliche Streitigkeiten im Bereich des der Schlichtung unterworfenen Nachbarrechts weiterhin schlichtungsbedürftig sein sollten.

90

c) Zum anderen findet sich in Rheinland-Pfalz eine andere Ausgangslage. Hier ist von vornherein von der durch § 15 a Abs. 1 Nr. 1 EGZPO eröffneten Möglichkeit, die Schlichtung -für vermögensrechtliche Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 750 Euro nicht übersteigt - vorzusehen, kein Gebrauch gemacht worden.

91

Daraus dürfte nach Auffassung des Senates nicht der Schluss zu ziehen sein, dass wie in Hessen oder NRW hier Zahlungsansprüche per se der Schlichtung entzogen werden sollten.

92

Dem Wortlaut des LSchlG allein lässt sich dies nicht entnehmen. So hat auch erst die Änderung der beiden o.g. Landesgesetze und deren Begründung die Gerichte zu der oben erwähnten Interpretation veranlasst.

93

In der Begründung des Gesetzentwurfes zum LSchlG Rheinland-Pfalz (LT-Drs. 15/2248 vom 27.05.2008) findet sich ebenfalls kein Hinweis darauf, dass diese Folge, der Ausschluss sämtlicher Zahlungsklagen aus dem Schichtungsverfahren, bezweckt war. Zwar ist zu beachten, dass das rheinland-pfälzische Schlichtungsgesetz erst im Jahre 2008 verabschiedet wurde und damit nach Einführung und insbesondere nach Abänderung der beiden vergleichsweise herangezogenen Landesgesetze. Die Begründung des rheinland-pfälzischen Gesetzentwurfs (LT-Drs. 15/2248) nimmt ausdrücklich Bezug auf die bisherigen Erfahrungen der anderen Bundesländer und insbesondere darauf, dass sich die Einführung der Schlichtung insbesondere in den Bereichen Nachbarrecht und Ehrverletzung bewährt habe. Auch die von § 15 a EGZPO unberührt gelassene Möglichkeit, über das Mahnverfahren an einen Vollstreckungstitel zu gelangen, wurde allerdings gesehen (LT-Drs. 15/2248 S. 6), ohne dass damit eine generelle Ausklammerung von Zahlungsklagen aus der Schlichtung begründet worden wäre. Die in der Gesetzesbegründung erfolgte Gegenüberstellung der Vergleichsquoten bei Nachbarrechtsstreitigkeiten und Ehrverletzungsstreitigkeiten einerseits und bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten andererseits (LT-Drs. 15/2248 S. 6) lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass jegliche vermögensrechtliche Streitigkeit aus dem Anwendungsbereich der Schlichtung herausgenommen werden sollte.

94

Insofern ist die Schlussfolgerung, ein Schlichtungsverfahren sei für auf Zahlung gerichtete Klagen generell nicht durchzuführen, wenn das Landesschlichtungsgesetz für vermögensrechtliche Ansprüche kein Schlichtungserfordernis enthalte (vgl. in diese Richtung Deckenbrock/Jordans, MDR 2009, 1202, 1205), zu pauschal.

95

Dies dürfte nur dann zutreffen, wenn aus den Umständen, vor allem der Gesetzesbegründung, eindeutig hervorgeht, dass sämtliche Zahlungsklagen, auch solche, die aus nachbarrechtlichen Streitigkeiten erwachsen, der obligatorischen Schlichtung entzogen sein sollen.

96

5. Somit unterliegt die vorliegende Streitigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) LSchlG der obligatorischen Streitschlichtung.

III.

97

Entgegen der Auffassung der Kläger war ein Schlichtungsverfahren nicht wegen der sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts für die Klage entbehrlich.

98

1. Der sachliche Anwendungsbereich der obligatorischen Streitschlichtung nach § 15 a EGZPO ist nicht auf Streitigkeiten beschränkt, die in die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts fallen. Auch das LSchlG RP sieht eine derartige Beschränkung nicht vor.

99

2. Das Schlichtungserfordernis ist auch nicht wegen § 31 Abs. 3 Schiedsamtsordnung (SchO) entfallen. Diese Vorschrift gewährt der Schiedsperson die Möglichkeit („soll“), die Durchführung des Schiedsverfahrens abzulehnen, wenn für eine Klage die Zuständigkeit des Landgerichts gegeben wäre (§ 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO). Unter den Voraussetzungen des Abs. 3 darf die Schiedsperson nicht verhandeln (PdK Rh-Pf-Schmidt, Stand: März 2005, § 31 SchO Erl. 4.).

100

Zwar wurde durch § 3 LSchlG unter anderem der Schiedsperson das Schlichtungsverfahren übertragen, welche dieses nach Maßgabe der für sie geltenden Verfahrensordnung durchführt. § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO soll jedoch auf das obligatorische Streitschlichtungsverfahren ausweislich der Gesetzesbegründung keine Anwendung finden (vgl. LT-Drs. 15/2248 S. 7). Denn die Schlichtung erfasst sämtliche Streitigkeiten des § 1 Abs. 1 LSchlG unabhängig davon, ob sie in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Amts- oder des Landgerichts fallen.

101

Zudem hätte die Ablehnung der Durchführung eines Schiedsverfahrens unter Verweis auf § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO zur Folge, dass auch keine Erfolglosigkeitsbescheinigung gem. § 4 LSchlG ausgestellt würde, von deren Einreichung nach § 15 a Abs. 1 S. 2 EGZPO die Zulässigkeit der Klage abhängt (vgl. BGH WuM 2010, 43; gegen die Anwendbarkeit von § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO auf das obligatorische Schlichtungsverfahren mit dieser Argumentation auch Treese, SchAZtg 2011, 220 ff.).

IV.

102

Das am 19. September 2008 verkündete LSchlG ist gem. § 5 LSchlG am 1. Dezember 2008 in Kraft getreten, so dass das Gesetz auf die am 30. Dezember 2008 erhobene Klage gegen den Beklagten zu 1) Anwendung findet.

V.

103

Die subjektive Klagehäufung lässt die Notwendigkeit der Schlichtung im Verhältnis zu dem Beklagten zu 1) nicht entfallen, wie der Erstrichter zutreffend ausgeführt hat.

104

Die Zielsetzung der Öffnungsklausel des § 15 a EGZPO, angesichts des ständig steigenden Geschäftsanfalls bei den Gerichten Institutionen zu fördern, die im Vorfeld der Gerichte Konflikte beilegen, und neben der Entlastung der Justiz durch eine Inanspruchnahme von Schlichtungsstellen Konflikte rascher und kostengünstiger zu bereinigen, kann nur erreicht werden, wenn § 15 a EGZPO konsequent derart ausgelegt wird, dass die Rechtsuchenden und die Anwaltschaft in den durch Landesgesetz vorgegebenen Fällen vor Anrufung der Gerichte auch tatsächlich den Weg zu den Schlichtungsstellen beschreiten müssen (BGH NJW 2005, 437; NJW-RR 2009, 1239).

105

Gemäß dieser Überlegung entfällt auch das Schlichtungserfordernis nicht, wenn ein schlichtungsbedürftiger Antrag im Wege der objektiven Klagehäufung mit einem nicht schlichtungsbedürftigen Antrag verbunden wird (BGH NJW-RR 2009, 1239).

106

Dieselben Überlegungen wie bei der objektiven Klagehäufung sind maßgeblich für die Frage, ob das Schlichtungserfordernis aufgrund einer subjektiven Klagehäufung entfallen kann (BGH NJW-RR 2010, 1725). Infolgedessen muss jedenfalls im Falle der einfachen Streitgenossenschaft der Beklagten, zu denen jeweils ein gesondertes Prozessrechtsverhältnis besteht, die besondere Prozessvoraussetzung eines obligatorischen Streitschlichtungsverfahrens hinsichtlich des einzelnen Streitgenossen vorliegen (BGH a.a.O.).

VI.

107

Demnach war die Klage gegen den Beklagten zu 1) wegen Fehlens der besonderen Prozessvoraussetzung eines vorangegangenen Schlichtungsversuchs als unzulässig abzuweisen. Eine Nachholmöglichkeit nach Klageerhebung ist aufgrund des Wortlauts und der Zielsetzung des § 15 a EGZPO sowie nach Sinn und Zweck des obligatorischen Schlichtungsverfahrens, durch eine konsequente Inanspruchnahme der Schlichtungsstellen Konflikte außergerichtlich rascher und kostengünstiger zu bereinigen und so auch die Entlastung der Justiz zu fördern, ausgeschlossen (BGH NJW 2005, 437; NJW-RR 2010, 1725).

VII.

108

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 100 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

VIII.

109

Die Zulassung der Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO geboten.

110

Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da die Erforderlichkeit landesrechtlich vorgesehener Schlichtungsverfahren bei Zahlungsklagen in den letzten Jahren verschiedentlich Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen war und weitere Entscheidungen zu diesem Thema zu erwarten sind.

111

Die Frage, ob die bundesrechtliche Ermächtigung in § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGZPO Zahlungsansprüche überhaupt und nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche gem. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB im Speziellen erfasst, ist obergerichtlich bisher noch nicht geklärt. Dies konnte in den bisherigen Entscheidungen (BGH Urt. vom 10. Juli 2009, Az.: V ZR 69/08; Urt. vom 2. März 2012, Az.: V ZR 169/11) offen bleiben.

112

Im Hinblick auf derartige Zahlungsklagen sind weitere Verfahren zu erwarten, so dass auch zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich erscheint.

113

Streitwertbeschluss

114

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 14.681,87 EUR festgesetzt.

115

Davon entfallen 12.681,87 EUR auf den Zahlungsantrag Ziff. 1 und 2.000,00 EUR auf den Feststellungsantrag Ziff. 2.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

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Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das Teilendurteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 28. November 2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Zwangsvollstreckung des Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Kläger begehren Ersatz für Schäden an ihrem Hausgrundstück, die durch Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück entstanden sind.

2

Die Kläger und der Beklagte zu 1) sind Grundstücksnachbarn in 6... Sch..., M...straße 4 und 6. Ihre Grundstücke bildeten ursprünglich eine Einheit, die zu einem nicht näher benannten Zeitpunkt geteilt wurde. Der ursprüngliche Eigentümer veräußerte im Jahr 2005 das Grundstück M...straße 4 mit dem ca. 1979 erbauten Haus an die Kläger. Später erwarb der Beklagte zu 1) den unbebauten zweiten Grundstücksteil (M...straße 6).

3

Im Jahr 2006 begann der Beklagte zu 1) mit dem Bau eines Wohnhauses. Anschließend beauftragte er im Jahr 2007 den Beklagten zu 2), Inhaber eines Baubetriebs in Sch..., mit der Erstellung des Rohbaus für eine an das Wohnhaus anschließende Garage einschließlich der hierzu notwendigen Bodenarbeiten.

4

Der Beklagte zu 2) führte die Arbeiten im November 2007 aus. Während der Ausschachtungsarbeiten entdeckten seine Mitarbeiter ein graues PVC-Rohr, welches in Richtung des klägerischen Grundstücks in ca. 20 bis 30 cm Tiefe lag. Die Mitarbeiter des Beklagten zu 2) untersuchten das Rohr, indem sie eine Eisenstange einführten, und gingen, als sie in Richtung des klägerischen Grundstücks auf Widerstand stießen, irrig davon aus, dass das Rohr hier ende bzw. durch einen Florwallring abgedichtet sei.

5

Tatsächlich endete das Rohr jedoch nicht, sondern knickte rechtwinklig nach unten ab und führte unter der Stützmauer zwischen den Grundstücken hindurch in das Abwassersystem des klägerischen Hausanwesens.

6

Die Mitarbeiter des Beklagten zu 2) deckten das aufgefundene Rohr lediglich mit einem Brett ab. Als sie die Betonarbeiten für die Garage auf dem Grundstück des Beklagten zu 1) ausführten, verschob sich das Brett, und es drang Beton in das Rohr ein. Der Beton lief in das Kanalsystem der Kläger und verstopfte schließlich ein Abwasserrohr vollständig. In der Folge funktionierte die Entwässerung des klägerischen Grundstücks nicht mehr, die im Bereich des Lichthofes vor der Kellerwohnung über einen Gully erfolgt und auch die Dachentwässerung umfasst. Mitte Dezember 2007 drang deshalb gestautes Wasser, das vom Lichthof nicht mehr abfließen konnte, in die klägerischen Kellerräume ein. Das Wasser stand im Kellerflur und im Gästezimmer, wobei der Estrich im Gästezimmer und im Vorflur nass wurde und der Laminatbelag im Gästezimmer beschädigt wurde.

7

Wegen der Beschädigungen durch den Beton mussten die Entwässerungsleitungen und der Gully im Lichthof des klägerischen Anwesens erneuert werden.

8

Die W... Versicherung AG, Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 2), wies unter dem 1. Februar 2008 gegenüber den Klägern Schadensersatzansprüche zurück, weil keine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) erkennbar sei.

9

Am 4. Februar 2008 teilte das für die W... Versicherung tätige Versicherungsbüro A... und G... GmbH dieser mit, dass der Beklagte zu 2) das Rohr nicht ordentlich verschlossen und den Schaden verschuldet habe.

10

Der Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 2) rechnete daraufhin mit Schreiben vom 2. April 2008 (Anlage K12, Anlagenband) eine Entschädigung ab. Darin ermittelte er einen Gesamtschaden von 11.111,00 €. Unter Anrechnung eines Mitverschuldens der Kläger von 60 % zahlte er diesen einen Betrag von 4.444,00 € aus.

11

Die Kläger haben erstinstanzlich geltend gemacht:

12

beide Beklagte seien für den Schaden an ihrem Anwesen verantwortlich.

13

Der Beklagte zu 1) habe seine Sorgfaltspflichten als Bauherr verletzt. Denn er habe Kenntnis von der Freilegung der Kunststoffleitung gehabt und dennoch den Beklagten zu 2) nicht beauftragt, das Rohr näher zu untersuchen oder sicher zu verschließen. Vielmehr habe er dessen Mitarbeitern die falsche Auskunft erteilt, dass die Leitung nicht mehr benutzt werde.

14

Der Beklagte zu 2) habe gewusst, dass die Rohrleitung auf das Klägergrundstück führte. Zudem habe er bei den Bauarbeiten in unmittelbarer Nähe zur Grundstücksgrenze nicht die erforderliche Sorgfalt angewandt. Er habe die freigelegte Rohrleitung ungeachtet der Auskunft des Beklagten zu 1), die Leitung sei „tot“, näher untersuchen und geeignete Maßnahmen zur Schadensabwehr ergreifen müssen.

15

Die Kläger haben ihren Schaden zuletzt mit insg. 17.125,87 € beziffert. Unter Abzug der Versicherungsleistung von 4.444,00 € berechnen sie ihren Anspruch mit 12.681,87 €. Bezüglich der Zusammensetzung der Schadensforderung wird auf den Schriftsatz der Kläger vom 15. November 2010, Bl. 287 f d. A., verwiesen. Den größten Posten bilden die Kosten für das neue Entwässerungssystem, das im Laufe des Rechtsstreits errichtet wurde (10.295,67 €, s. Anl. K15, Bl. 210 d. A., sowie das Angebot Anl. K14, Bl. 146 d. A.).

16

Darüber hinaus begehren sie die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner ihnen den weiteren Schaden zu ersetzen haben. Erstinstanzlich haben sie diesen Antrag auf Schäden durch eine etwaige Schimmelkontaminierung der Wärmedämmvorsatzschale auf der Innenseite der Außenwand im Untergeschoss ihres Hauses bezogen.

17

Die Kläger wehren sich gegen den Vorwurf des Mitverschuldens: Einer etwaigen Schimmelkontaminierung hätten sie wegen der erforderlichen Schadensbegutachtung nicht durch frühere Trocknungsmaßnahmen entgegenwirken können.

18

Nach Reduzierung des Zahlungsantrags (ursprünglich 13.272,10 € nebst Zinsen) mit Schriftsatz vom 15.11.2010 (Bl. 287 d. A.) haben die Kläger zuletzt beantragt:

19

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 12.681,87 € nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

20

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern sämtlichen Schaden zu ersetzen, welcher durch eine etwaige Schimmelkontaminierung der Wärmedämmvorsatzschale auf der Innenseite der Außenwand im Untergeschoss der Immobilie der Kläger entstanden ist.

21

Die Beklagten haben beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Der Beklagte zu 1) hat vorgetragen,

24

er habe mit der Beauftragung einer anerkannten Fachfirma die ihm obliegenden Sorgfaltsmaßnahmen getroffen und sich darauf verlassen können, dass der Beklagte zu 2) die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen ergreife. Er habe von der Leitung nichts gewusst und auch nicht die Auskunft erteilt, die Leitung sei tot.

25

Die Kläger treffe erhebliches Mitverschulden, weil sie mit schadensmindernden Maßnahmen im Hinblick auf die Regulierung durch den Haftpflichtversicherer abgewartet hätten.

26

Darüber hinaus bestreitet der Beklagte zu 1) die Angemessenheit der Schadensbeseitigungskosten und die Ersatzfähigkeit von Eigenleistungen.

27

Der Beklagte zu 2) hat unter anderem vorgetragen,

28

seine Mitarbeiter hätten von dem Beklagten zu 1) die Information erhalten, dass das bei der Ausschachtung aufgefundene Rohr nicht mehr gebraucht würde.

29

Die Kläger haben vor Einreichung ihrer Klage vom 8. Dezember 2008, eingegangen am 9. Dezember 2008 und dem Beklagten zu 1) zugestellt am 30. Dezember 2008, kein Mahnverfahren und kein Schlichtungsverfahren durchgeführt.

30

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 9. Juli 2009 darauf hingewiesen, dass der Beklagte zu 1) in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB haften könne. Es hat sodann den Beklagten zu 2) als Partei und die Zeugen K.-H. W., T. Sch. und V. Sch. vernommen und ein bautechnisches Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing (FH) B. H. vom 8. April 2010 sowie ein Ergänzungsgutachten vom 25. Februar 2011 eingeholt (Gutachten siehe Anlagen). Die Zeugenvernehmung ist nach Richterwechsel in der mündlichen Verhandlung vom 09. August 2011 wiederholt worden.

31

Der Einzelrichter der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau hat nach Zustimmung der Parteien am 11. Oktober 2011 das schriftliche Verfahren angeordnet. Mit Teilendurteil vom 28. November 2011, auf das im Übrigen zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wie auch wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung Bezug genommen wird, hat er die Klage gegen den Beklagten zu 1) als unzulässig abgewiesen.

32

Zur Begründung hat der Erstrichter im Wesentlichen ausgeführt, das obligatorische Schlichtungsverfahren nach § 15 a EGZPO und §§1, 2 Landesschlichtungsgesetz Rheinland-Pfalz sei nicht durchgeführt worden. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 e LSchlG sei die Schlichtung Voraussetzung für eine Klage über Ansprüche wegen der im Nachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte. Die Parteien stritten über einen Anspruch wegen der Beeinträchtigung einer gemeinschaftlichen Versorgungsleitung, deren Nutzung die §§ 26 bis 32 LNRG regelten, die nicht auf das Leitungsnotwegerecht beschränkt seien. Es handele sich um eine gemeinsame Leitung, auch wenn erst die nachträgliche Grundstücksteilung zum Nachbarschaftsverhältnis hinsichtlich der Leitung geführt habe. In die Prüfung sei zumindest § 31 LNRG mit einzubeziehen. Es genüge, dass die Vorschrift aus dem Nachbarrecht für den Interessenkonflikt von Bedeutung sei. Die subjektive Klagehäufung stehe der Notwendigkeit der außergerichtlichen Schlichtung im Verhältnis zu dem Beklagten zu 1) nicht entgegen.

33

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge gegen den Beklagten zu 1) weiterverfolgen.

34

Die Kläger tragen vor:

35

Die angegriffene Entscheidung beruhe auf einer Rechtsverletzung, weil das Landgericht irrig von der Unzulässigkeit der gegen den Beklagten zu 1) gerichteten Klage ausgegangen sei. Ein Schlichtungsverfahren sei nicht durchzuführen gewesen, weil es sich nicht um eine nachbarrechtliche Streitigkeit handele.

36

Insbesondere sei die Leitung keine gemeinsame Versorgungsleitung im Sinne der §§ 26 ff. LNRG gewesen. Es habe sich lediglich um ein nicht genutztes Leerrohr gehandelt. §§ 26 ff. LNRG erfassten zudem nur Leitungsnotwege für Wasserversorgungs- und Entwässerungsleitungen. Die Vorschrift des § 31 LNRG sei nicht einschlägig. Auch habe das Gericht in seinem Hinweisbeschluss vom 31.08.2011 hierauf nicht hingewiesen.

37

Schließlich sei ein Schlichtungsverfahren wegen § 3 Abs. 1 LSchlG in Verbindung mit der Schiedsamtsordnung nicht erforderlich gewesen. § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO sehe die Ablehnung des Sühneversuchs vor, wenn für die Klageerhebung die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründet wäre.

38

Die Kläger beantragen,

39

1. unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des LG Landau in der Pfalz vom 28. November 2011 (Az.: 2 O 385/08) den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

40

2. im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts das angefochtene Teil-Endurteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 28. November 2011 (Az.: 2 O 385/08) abzuändern und wie folgt zu entscheiden:

41

a) Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Kläger 12.681,87 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

42

b) Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den Klägern sämtlichen Schaden zu ersetzen, welcher durch die Einleitung von Beton am 14. Dezember 2007 in das auf dem Grundstück der Kläger befindliche Rohrleitungssystem entstanden ist.

43

Der Beklagte zu 1) beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe und betont, dass das betroffene Leerrohr eine wesentliche Funktion hinsichtlich der Entwässerung der Grundstücke, insbesondere des Kellergeschosses des klägerischen Anwesens innegehabt habe.

II.

46

Die Berufung der Kläger gegen den Beklagten zu 1) ist zulässig, führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.

A.

47

Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

48

Das Feststellunginteresse für den Feststellungsantrag Ziff. 2 ist gegeben. Dem Vorrang der Leistungsklage ist entgegenzuhalten, dass eine Bezifferung des Anspruchs ohne eine aufwendige Begutachtung (Öffnung der Wärmedämm-Vorsatzschale) nicht möglich ist.

49

Auch die Klageänderung hinsichtlich des Feststellungsantrags Ziff. 2 ist zulässig. Es liegt eine Antragsänderung vor, wobei der Streitgegenstand lediglich ergänzt wird durch die Erstreckung der begehrten Feststellung auch auf andere als mögliche Schimmelschäden. Somit kommt es auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Einwilligung oder Sachdienlichkeit (§ 533 Nr. 1 ZPO) wegen § 264 Ziff. 2 ZPO nicht an. Die gemäß § 533 Nr. 2 ZPO zu erfüllenden Voraussetzungen des § 529 ZPO sind gegeben; der Feststellungsantrag bzgl. des auf dieselben Tatsachen gestützten Schadensersatzanspruchs ist lediglich weniger einschränkend gefasst worden.

B.

50

Die Berufung ist unbegründet.

51

Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage gegen den Beklagten zu 1) unzulässig ist, weil die Kläger das zwingend vorzuschaltende Schlichtungsverfahren nach dem Landesschlichtungsgesetz Rheinland-Pfalz (LSchlG) vor Klageerhebung nicht durchgeführt haben.

52

Nach §§ 15 a Abs. 1 S. 1 EGZPO in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1, 2 LSchlG RP ist, wenn die Parteien ihren Wohnsitz in Rheinland-Pfalz innerhalb desselben Landgerichtsbezirks haben, die Erhebung einer Klage u.a. dann erst nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zulässig, wenn es sich um nachbarrechtliche Streitigkeiten der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG genannten Art handelt.

I.

53

Allerdings dürfte sich das Schlichtungserfordernis vorliegend nicht aus § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 e) LSchlG ergeben, wie es das Erstgericht angenommen hat. Die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche unterfallen nicht § 1 Abs. 1 Nr. 1 e) LSchlG, weil die Parteien nicht um -Ansprüche wegen der im Landesnachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte- streiten.

54

1. Eine Rechtsstreitigkeit über Ansprüche wegen im Nachbarrechtsgesetz geregelter Rechte ist gegeben, wenn dieses Gesetz Regelungen enthält, die für den Interessenkonflikt der Nachbarn im konkreten Fall von Bedeutung sind (BGH NJW-RR 2005, 501). Denn erst durch die Zusammenschau aller gesetzlichen Regelungen des Nachbarrechts, das sich als Bundesrecht im BGB findet (§§ 906 ff. BGB) und in den Rechtsvorschriften der landesrechtlichen Nachbargesetze enthalten ist, werden Inhalt und Schranken der Eigentümerstellung bestimmt (BGH a.a.O.; NJW-RR 2000, 537). Nur in dem hiernach gegebenen Rahmen kann ein Eigentümer sich gegen eine von einem Nachbargrundstück ausgehende Beeinträchtigung zur Wehr setzen oder verpflichtet sein, diese zu dulden (BGH NJW-RR 2005, 501; NJW-RR 2000, 537). Die auf Grundlage von Art. 124 EGBGB erlassenen landesrechtlichen Vorschriften ergänzen insofern die Eigentumsbeschränkungen des BGB.

55

2. Allein der Umstand, dass der bei den Bauarbeiten auf dem Grundstück des Beklagten zu 1) abgelaufene Beton durch ein Rohr floss, das auf beiden Grundstücken der Parteien verlief und mit der Entwässerung des klägerischen Anwesens verbunden war, führt noch nicht dazu, dass die Streitigkeit zwischen den Parteien aus einer Vorschrift des LNRG resultiert.

56

In Betracht kommt zwar die Anwendung der §§ 26 ff. LNRG, die die Duldung von Versorgungsleitungen und somit ein Leitungsnotwegerecht für Wasserversorgungs- und Entwässerungsleitungen regeln (vgl. Hülbusch, Kommentar zum Nachbarrechtsgesetz Rheinland-Pfalz, 6. Aufl. 2005, Einführung §§ 26-33 Rn. 2; Reich, Landesnachbarrechtsgesetz für Rheinland-Pfalz, 2007, § 26 Rn. 1).

57

Allerdings steht eine Duldungspflicht hinsichtlich einer Wasserversorgungs- bzw. Abwasserleitung hier nicht zur Diskussion. Ebensowenig geht es um einen Verstoß des Beklagten zu 1) gegen §§ 26 ff. LNRG. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Leitungsnotrechts, wie sie in §§ 26 ff. LNRG geregelt sind (vgl. Dehner, Nachbarrecht, B § 27, V. 3. c), durch eine der Parteien sind weder ersichtlich noch dargetan. Auch das Erstgericht geht nicht von einem Leitungsnotwegerecht aus.

58

a) Eine Duldungspflicht der Kläger bezüglich des Rohres ist für den Rechtsstreit unerheblich, insbesondere für eine Pflicht zur Duldung von Einwirkungen durch eindringenden Beton. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Verlegung der Leitung auf dem Grundstück der Kläger zum Anschluss des Beklagtengrundstücks an das Versorgungs- oder Entwässerungsnetz erforderlich gewesen wäre.

59

b) Eine Duldungspflicht des Beklagten zu 1) aus §§ 26 ff. LNRG kommt ebenfalls nicht in Betracht.

60

Zwar kann die nachtägliche Parzellierung eines Gesamtgrundstücks zu einem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis führen, in dem sich Rechte und Pflichten nach den §§ 26 ff. LNRG ergeben, beispielsweise wenn dadurch vorhandene Gebäude rechtlich von ihrer bisherigen Abwasserversorgung abgeschnitten werden (vgl. Hülbusch, a.a.O., § 26 Rn. 1 unter Hinweis auf BGH NJW 2003, 1392).

61

Eine Leitung nach § 26 LNRG liegt jedoch nicht vor. Dass der Anschluss des klägerischen Grundstücks an das Wasserversorgungs- oder Entwässerungsnetz eine Leitung durch das (jetzige) Grundstück des Beklagten zu 1) erfordert hätte, wird nicht behauptet und ist nicht ersichtlich: Weder erfolgte die Wasserversorgung noch die Abwasserentsorgung des klägerischen Grundstücks über das Beklagtengrundstück, insbesondere nicht durch das streitgegenständliche Leerrohr. Allein dass ein Rohr, das auf dem Beklagtengrundstück liegt, an die Entwässerungsleitungen des klägerischen Anwesens angeschlossen ist, führt noch nicht zu Duldungspflichten nach §§ 26 ff. LNRG, auch wenn die §§ 26 ff. LNRG auch für die Duldung bereits vorhandener Leitungen gelten (vgl. Reich, a.a.O., § 26 Rn.1).

62

Zudem steht kein Anspruch auf Duldung des Anschlusses an bereits vorhandene Leitungen nach § 26 Abs. 2 LNRG in Rede. Ein solcher kommt in Betracht, wenn auf dem betroffenen Grundstück bereits Leitungen liegen, die auch zur Versorgung des berechtigten Grundstücks ausreichen würden. Denn der Anschluss nach § 26 Abs. 2 LNRG ist lediglich die - unter den gleichen, hier nicht erfüllten Voraussetzungen stehende - zwingende Alternative zu einem Hindurchführen der Versorgungsleitung durch das betroffene Grundstück nach § 26 Abs. 1 LNRG.

63

Schließlich scheidet auch ein Anschlussrecht des Duldungspflichtigen nach § 29 Abs. 1 LNRG aus, der danach seinerseits an Leitungen anschließen darf, die er zu dulden verpflichtet ist. Denn § 29 Abs. 1 LNRG knüpft an den Tatbestand des § 26 Abs. 1 LNRG an und gewährt dem Eigentümer zum Ausgleich der Duldungspflicht aus § 26 LNRG gewisse Anschlussmöglichkeiten (vgl. Hülbusch, a.a.O., § 29 Rn. 1 und 2).

64

c) Handelt es sich aber schon gar nicht um nach § 26 Abs. 1 LNRG verlegte Leitungen, nach § 26 Abs. 2 LNRG hergestellte Anschlussleitungen oder um den Anschluss an bereits verlegte Leitungen nach § 29 Abs. 1 LNRG, kommt auch ein Anspruch nach § 31 LNRG nicht in Betracht (vgl. Hülbusch, a.a.O., § 31 Rn. 2). Dieser gewährt u.a. ein Beseitigungsrecht beim nachträglichen Auftreten von erheblichen Belästigungen durch die auf fremdem Grund verlaufenden Leitungen.

65

Es steht auch nicht in Rede, dass es sich bei den schädigenden Ereignissen um Beseitigungsmaßnahmen nach § 31 Abs. 2 LNRG gehandelt hätte.

66

3. Danach sind die Vorschriften des LNRG für den Interessenkonflikt zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 1) nicht von Bedeutung.

II.

67

Der Rechtsstreit zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 1) ist dem obligatorischen Schlichtungsverfahren jedoch nach § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) LSchlG unterworfen. Danach ist ein Güteversuch auch in Streitigkeiten über Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen erforderlich, soweit es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt.

68

1. Um Einwirkungen aus einem gewerblichen Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) LSchlG geht es vorliegend nicht, da die Einwirkungen nicht von dem Beklagten zu 1) als Gewerbetreibendem ausgingen. Dass der ausführende Bauunternehmer, der Beklagte zu 2), gewerblich gehandelt hat, ist unerheblich. Denn der Grund für den Ausschluss entsprechender gewerblicher Einwirkungen vom Nachbargrundstück von der Notwendigkeit der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens liegt darin, dass dabei der persönliche Aspekt zwischen den Prozessparteien, der die nachbarlichen Beziehungen prägt, in der Regel keine Rolle spielt (vgl. MüKoZPO-Gruber, 3. Aufl. 2008, § 15 a EGZPO Rn. 22; dazu auch Erdel, MDR 2005, 721, 723).

69

2. Zwar handelt es sich bei den Einwirkungen auf das klägerische Grundstück durch Eindringen von Beton in das Abwassersystem nicht um von § 906 BGB direkt erfasste Immissionen. Denn § 906 BGB erfasst keine größeren festkörperlichen Gegenstände („Grobimmissionen“, z.B. BGH NJW 1990, 1910: Schrotblei), sondern mit Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch und Erschütterungen solche Immissionen, die in ihrer Ausbreitung weitgehend unkontrollierbar und unbeherrschbar sind.

70

„Ähnliche Einwirkungen“ müssen demnach auf der Zuführung unkörperlicher oder leichter körperlicher Stoffe beruhen (Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 6. Aufl. 2011, § 906 Rn. 6 f.). Die Zufuhr von Beton als grobkörperlicher Masse kann hierunter nicht gefasst werden.

71

Somit können die Kläger ihr Begehren nicht auf § 906 BGB stützen, auch wenn diese Vorschrift in Abs. 2 S. 2 einen Entschädigungsanspruch als Ausgleich für den durch die Duldungspflicht ausgeschlossenen Abwehranspruch gewährt.

72

3. Vorliegend kommt als Grundlage der klägerischen Ansprüche gegen den Beklagten zu 1) allerdings ein nachbarlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog in Betracht („Aufopferungsentschädigungsanspruch“). Dieser greift auch bei anderen Einwirkungen als denen nach § 906 BGB ein, so bei Grobimmissionen, wenn der Betroffene aus besonderen Gründen gehindert war, die Störung zu unterbinden, beispielsweise aus „faktischem Duldungszwang“.

73

Ob die Ermächtigung des § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO eine entsprechend weite Auslegung ihres Anwendungsbereichs und der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, hier § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG, deckt und nicht nur dem Wortlaut des § 15 a EGZPO folgend, Ansprüche und nach § 906 BGB im Sinne der in den genannten Vorschriften selbst normierten Ansprüche erfasst, sondern auch solche Ansprüche, die sich aus einem Verstoß gegen die genannten Bestimmungen ergeben, sodass neben Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen auch Schadensersatzansprüche nach § 823 BGB, Aufwendungsersatzansprüche nach § 812 Abs. 1 BGB oder aus GoA in Verbindung mit den aufgeführten Vorschriften und ebenso der nachbarliche Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog der Schlichtung unterliegen könnten, ist streitig (vgl. zum Streitstand betreffend Ansprüche aus dem Nachbarrecht nach §§ 910, 911 BGB - BGH NJW-RR 2009, 1238 m.w.N.; Auslegung des § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO dort wie auch in BGH NZM 2012, 435 offen gelassen).

74

a) Daraus, dass die in § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGZPO genannten Vorschriften (§§ 910, 911, 923, 906 BGB sowie landesrechtliche Vorschriften im dortigen Sinne) nicht durchweg Ansprüche enthalten, wird in weiter Auslegung der Norm überwiegend gefolgert, dass die genannten nachbarrechtlichen Streitigkeiten unabhängig von der jeweiligen materiellrechtlichen Anspruchsgrundlage unter § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGZPO fallen (vgl. MüKoZPO-Gruber, a.a.O., Rn. 23).

75

Somit können Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche ebenso wie bereicherungsrechtliche oder deliktische Ansprüche, die mit der nachbarrechtlichen Streitigkeit eng verbunden sind, grundsätzlich dem Schlichtungserfordernis unterfallen (vgl. BGH a.a.O.; BVerfG NJW-RR 2009, 1026 unter billigendem Hinweis auf die Begründung in OLG Frankfurt, OLGR 2008, 814; OLG Köln, OLGR 2006, 406; AG Nürnberg, MDR 2002, 1189; Prütting/Gehrlein-Wegen/Barth, ZPO, 3. Aufl. 2011, § 15 a EGZPO Rn. 4; Prütting-Schmidt, Außergerichtliche Streitschlichtung, 2003, Rn. 121 ff.; a.A. bzgl. deliktischer Ansprüche Zöller-Heßler, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 15 a EGZPO Rn. 5).

76

Mithin können auch solche vermögensrechtlichen Ansprüche der Schlichtung unterworfen werden, die aus den nachbarrechtlichen Vorschriften erwachsen.

77

b) Für die Einbeziehung auch der Ansprüche nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog in die Auslegung des Anspruchs nach § 906 BGB bzw. der Streitigkeiten über Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen spricht, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht, den Nachbarstreit insgesamt und einheitlich der Schlichtung zu unterwerfen (vgl. Götz, MittBayNot 2000, Sonderheft zu Ausg. 4, S. 37 ff., 39, 40; Prütting-Schmidt, a.a.O., Rn. 121-123).

78

Zudem wäre der Anwendungsbereich der nachbarrechtlichen Streitschlichtung nach § 15 a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO sonst eher begrenzt. Auch bezeichnet bereits die Gesetzesbegründung die Streitigkeiten, die der Schlichtung unterfallen sollen, mit der gleichen Formulierung wie die umsetzenden Landesgesetze als Streitigkeiten wegen Überwuchses nach § 910 BGB und wegen der in § 906 geregelten Einwirkungen (BT-Drs. 14/980 vom 04.05.1999). Dies macht deutlich, dass der Gesetzeswortlaut Ansprüche nach mehr umfasst als die in den jeweiligen Vorschriften enthaltenen Anspruchsgrundlagen (vgl. auch Prütting-Schmidt, a.a.O. Rn. 121).

79

c) Danach kann als Anspruch wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen nicht nur der Entschädigungsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB gelten, sondern darüber hinaus neben Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen nach § 1004 Abs. 1 BGB und Schadensersatzansprüchen gemäß § 823 BGB ebenso der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB (vgl. Prütting-Schmidt, a.a.O. Rn. 121; das Erfordernis eines Schlichtungsverfahrens bejahend auch OLG Saarbrücken, Urt. v. 30.08.2011 - 4 U 424/10).

80

Soweit das LG Mannheim für die entsprechende Vorschrift im baden-württembergischen Schlichtungsgesetz (§ 1 Abs. 1 S. 2 a BWSchlG: Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen) ein Schlichtungserfordernis für den Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog ablehnt (LG Mannheim, Urt. v. 20.01.2006 - 1 S 178/05, zit. n. juris), weil kein besonderes Bedürfnis bestehe, durch die analoge Anwendung den Ausgleich eines eingetretenen Schadens zwischen Nachbarn einer obligatorischen Streitschlichtung zuzuführen, würde sich diese Argumentation gegen jedwede Einbeziehung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen in die obligatorische Streitschlichtung richten und überzeugt vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen nicht.

81

Schließlich dient die analoge Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB auf rechtswidrige Grobimmissionen, die aus tatsächlichen Gründen nicht rechtzeitig abgewehrt werden können, wie die unmittelbare Anwendung der Vorschrift dem Ausgleich gleichrangiger Nachbarinteressen als Ausdruck der Situationsgebundenheit der Grundstücke und beruht auf dem Gedanken, dass im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis der betroffene Eigentümer oder Nutzer bei einer nicht abwehrbaren, vom Nachbargrundstück ausgehenden rechtswidrigen Einwirkung auf sein Grundstück nicht schlechter stehen darf als bei einer rechtmäßigen Einwirkung (BGH Urt. v. 30.05.2003 - V ZR 37/02, juris Rn. 11). In solchen „technischen Unfallschadensfällen“ geht es um die Haftung für rechtswidrige Störungen aus einer bestimmungsmäßigen Grundstücksnutzung, die von dem beeinträchtigten Nachbarn aus tatsächlichen Gründen nicht abgewehrt werden können, und damit - entgegen der Auffassung der Kläger - durchaus um einen typisch nachbarrechtlichen Nutzungskonflikt, der zwar in § 906 Abs. 2 BGB nicht geregelt ist, aber vom Regelungsplan des Gesetzgebers her zum gleichen Abwägungsergebnis geführt hätte (BGH a.a.O., juris Rn. 12).

82

4. Die Durchführung einer vorherigen Schlichtung ist auch nicht deswegen entbehrlich, weil über eine Zahlungsklage zu entscheiden ist. Dass für Rheinland-Pfalz ein Schlichtungsversuch für Zahlungsansprüche generell nicht erforderlich ist, lässt sich entgegen der Auffassung der Kläger dem LSchlG nicht entnehmen.

83

a) Dies folgt nicht aus den Urteilen des 5. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 10. Juli 2009 (NJW-RR 2009, 1238) und vom 2. März 2012 (NZM 2012, 435). Danach gilt die Anordnung der obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung in Hessen und in Nordrhein-Westfalen generell nicht für Zahlungsansprüche, auch wenn es sich um Ansprüche aus dem Nachbarrecht handelt.

84

Hintergrund ist, dass im HessSchlG a.F. wie auch im GüSchlG NRW a.F. zunächst auch von der Ermächtigung des § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGZPO Gebrauch gemacht und die Schlichtung in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche im Wert bis 750,00 € (bzw. bis 600,00 € in NRW) angeordnet worden war.

85

Diesen Passus hat der hessische Gesetzgeber im Jahre 2005 aufgehoben mit der Begründung, dass durch Herausnahme der Zahlungsansprüche das Ausweichen in das Mahnverfahren, durch das eine weitgehende Umgehung der Schlichtung erfolgt sei, nicht länger ermöglicht werden solle (Hessischer Landtag, Drs. 16/4132, Begründung A. und B.).

86

Auch der nordrhein-westfälische Gesetzgeber hat durch Gesetz vom 20. November 2007 die obligatorische Streitschlichtung für vermögensrechtliche Streitigkeiten über Ansprüche mit geringem Streitwert aufgehoben.

87

Entsprechend hat das OLG Hamm mit Urteil vom 06.06.2011 (BeckRS 2011, 21895) für das Gütestellen- und Schlichtungsgesetz NRW entschieden, dass die Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GüSchlG NRW, die wie die Streichung der entsprechenden Vorschrift in Hessen die vermögensrechtlichen Streitigkeiten aus dem Anwendungsbereich des Ausführungsgesetzes zu § 15 a EGZPO herausnehmen sollte, dazu führe, dass bei der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen auch im Nachbarrecht keine obligatorische Streitschlichtung mehr stattzufinden habe.

88

Der Bundesgerichtshof geht für Nordrhein-Westfalen von derselben Rechtslage aus , wie er sie für Hessen herausgearbeitet hat (BGH MDR 2012, 579; NJW-RR 2008, 1662), nämlich dass ein Schlichtungsversuch nicht für Zahlungsklagen vorgesehen sei, weil der Landesgesetzgeber mit der gleichen Begründung wie in Hessen die Regelung zur Einbeziehung der vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert bis zu 600,00 € aufgehoben habe.

89

b) Zum einen hat allerdings der nordrhein-westfälische Gesetzgeber in seiner Begründung B. der Änderung des Ausführungsgesetzes zu § 15 a EGZPO auch ausgeführt, dass durch die Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GüSchlG NRW fürallgemeine vermögensrechtliche Streitigkeiten in Zukunft keine obligatorische Streitschlichtung mehr vorgesehen sei (LT-Drs. 14/4975 S. 9). Dies ließe auch die Interpretation zu, dass vermögensrechtliche Streitigkeiten im Bereich des der Schlichtung unterworfenen Nachbarrechts weiterhin schlichtungsbedürftig sein sollten.

90

c) Zum anderen findet sich in Rheinland-Pfalz eine andere Ausgangslage. Hier ist von vornherein von der durch § 15 a Abs. 1 Nr. 1 EGZPO eröffneten Möglichkeit, die Schlichtung -für vermögensrechtliche Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 750 Euro nicht übersteigt - vorzusehen, kein Gebrauch gemacht worden.

91

Daraus dürfte nach Auffassung des Senates nicht der Schluss zu ziehen sein, dass wie in Hessen oder NRW hier Zahlungsansprüche per se der Schlichtung entzogen werden sollten.

92

Dem Wortlaut des LSchlG allein lässt sich dies nicht entnehmen. So hat auch erst die Änderung der beiden o.g. Landesgesetze und deren Begründung die Gerichte zu der oben erwähnten Interpretation veranlasst.

93

In der Begründung des Gesetzentwurfes zum LSchlG Rheinland-Pfalz (LT-Drs. 15/2248 vom 27.05.2008) findet sich ebenfalls kein Hinweis darauf, dass diese Folge, der Ausschluss sämtlicher Zahlungsklagen aus dem Schichtungsverfahren, bezweckt war. Zwar ist zu beachten, dass das rheinland-pfälzische Schlichtungsgesetz erst im Jahre 2008 verabschiedet wurde und damit nach Einführung und insbesondere nach Abänderung der beiden vergleichsweise herangezogenen Landesgesetze. Die Begründung des rheinland-pfälzischen Gesetzentwurfs (LT-Drs. 15/2248) nimmt ausdrücklich Bezug auf die bisherigen Erfahrungen der anderen Bundesländer und insbesondere darauf, dass sich die Einführung der Schlichtung insbesondere in den Bereichen Nachbarrecht und Ehrverletzung bewährt habe. Auch die von § 15 a EGZPO unberührt gelassene Möglichkeit, über das Mahnverfahren an einen Vollstreckungstitel zu gelangen, wurde allerdings gesehen (LT-Drs. 15/2248 S. 6), ohne dass damit eine generelle Ausklammerung von Zahlungsklagen aus der Schlichtung begründet worden wäre. Die in der Gesetzesbegründung erfolgte Gegenüberstellung der Vergleichsquoten bei Nachbarrechtsstreitigkeiten und Ehrverletzungsstreitigkeiten einerseits und bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten andererseits (LT-Drs. 15/2248 S. 6) lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass jegliche vermögensrechtliche Streitigkeit aus dem Anwendungsbereich der Schlichtung herausgenommen werden sollte.

94

Insofern ist die Schlussfolgerung, ein Schlichtungsverfahren sei für auf Zahlung gerichtete Klagen generell nicht durchzuführen, wenn das Landesschlichtungsgesetz für vermögensrechtliche Ansprüche kein Schlichtungserfordernis enthalte (vgl. in diese Richtung Deckenbrock/Jordans, MDR 2009, 1202, 1205), zu pauschal.

95

Dies dürfte nur dann zutreffen, wenn aus den Umständen, vor allem der Gesetzesbegründung, eindeutig hervorgeht, dass sämtliche Zahlungsklagen, auch solche, die aus nachbarrechtlichen Streitigkeiten erwachsen, der obligatorischen Schlichtung entzogen sein sollen.

96

5. Somit unterliegt die vorliegende Streitigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) LSchlG der obligatorischen Streitschlichtung.

III.

97

Entgegen der Auffassung der Kläger war ein Schlichtungsverfahren nicht wegen der sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts für die Klage entbehrlich.

98

1. Der sachliche Anwendungsbereich der obligatorischen Streitschlichtung nach § 15 a EGZPO ist nicht auf Streitigkeiten beschränkt, die in die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts fallen. Auch das LSchlG RP sieht eine derartige Beschränkung nicht vor.

99

2. Das Schlichtungserfordernis ist auch nicht wegen § 31 Abs. 3 Schiedsamtsordnung (SchO) entfallen. Diese Vorschrift gewährt der Schiedsperson die Möglichkeit („soll“), die Durchführung des Schiedsverfahrens abzulehnen, wenn für eine Klage die Zuständigkeit des Landgerichts gegeben wäre (§ 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO). Unter den Voraussetzungen des Abs. 3 darf die Schiedsperson nicht verhandeln (PdK Rh-Pf-Schmidt, Stand: März 2005, § 31 SchO Erl. 4.).

100

Zwar wurde durch § 3 LSchlG unter anderem der Schiedsperson das Schlichtungsverfahren übertragen, welche dieses nach Maßgabe der für sie geltenden Verfahrensordnung durchführt. § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO soll jedoch auf das obligatorische Streitschlichtungsverfahren ausweislich der Gesetzesbegründung keine Anwendung finden (vgl. LT-Drs. 15/2248 S. 7). Denn die Schlichtung erfasst sämtliche Streitigkeiten des § 1 Abs. 1 LSchlG unabhängig davon, ob sie in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Amts- oder des Landgerichts fallen.

101

Zudem hätte die Ablehnung der Durchführung eines Schiedsverfahrens unter Verweis auf § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO zur Folge, dass auch keine Erfolglosigkeitsbescheinigung gem. § 4 LSchlG ausgestellt würde, von deren Einreichung nach § 15 a Abs. 1 S. 2 EGZPO die Zulässigkeit der Klage abhängt (vgl. BGH WuM 2010, 43; gegen die Anwendbarkeit von § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchO auf das obligatorische Schlichtungsverfahren mit dieser Argumentation auch Treese, SchAZtg 2011, 220 ff.).

IV.

102

Das am 19. September 2008 verkündete LSchlG ist gem. § 5 LSchlG am 1. Dezember 2008 in Kraft getreten, so dass das Gesetz auf die am 30. Dezember 2008 erhobene Klage gegen den Beklagten zu 1) Anwendung findet.

V.

103

Die subjektive Klagehäufung lässt die Notwendigkeit der Schlichtung im Verhältnis zu dem Beklagten zu 1) nicht entfallen, wie der Erstrichter zutreffend ausgeführt hat.

104

Die Zielsetzung der Öffnungsklausel des § 15 a EGZPO, angesichts des ständig steigenden Geschäftsanfalls bei den Gerichten Institutionen zu fördern, die im Vorfeld der Gerichte Konflikte beilegen, und neben der Entlastung der Justiz durch eine Inanspruchnahme von Schlichtungsstellen Konflikte rascher und kostengünstiger zu bereinigen, kann nur erreicht werden, wenn § 15 a EGZPO konsequent derart ausgelegt wird, dass die Rechtsuchenden und die Anwaltschaft in den durch Landesgesetz vorgegebenen Fällen vor Anrufung der Gerichte auch tatsächlich den Weg zu den Schlichtungsstellen beschreiten müssen (BGH NJW 2005, 437; NJW-RR 2009, 1239).

105

Gemäß dieser Überlegung entfällt auch das Schlichtungserfordernis nicht, wenn ein schlichtungsbedürftiger Antrag im Wege der objektiven Klagehäufung mit einem nicht schlichtungsbedürftigen Antrag verbunden wird (BGH NJW-RR 2009, 1239).

106

Dieselben Überlegungen wie bei der objektiven Klagehäufung sind maßgeblich für die Frage, ob das Schlichtungserfordernis aufgrund einer subjektiven Klagehäufung entfallen kann (BGH NJW-RR 2010, 1725). Infolgedessen muss jedenfalls im Falle der einfachen Streitgenossenschaft der Beklagten, zu denen jeweils ein gesondertes Prozessrechtsverhältnis besteht, die besondere Prozessvoraussetzung eines obligatorischen Streitschlichtungsverfahrens hinsichtlich des einzelnen Streitgenossen vorliegen (BGH a.a.O.).

VI.

107

Demnach war die Klage gegen den Beklagten zu 1) wegen Fehlens der besonderen Prozessvoraussetzung eines vorangegangenen Schlichtungsversuchs als unzulässig abzuweisen. Eine Nachholmöglichkeit nach Klageerhebung ist aufgrund des Wortlauts und der Zielsetzung des § 15 a EGZPO sowie nach Sinn und Zweck des obligatorischen Schlichtungsverfahrens, durch eine konsequente Inanspruchnahme der Schlichtungsstellen Konflikte außergerichtlich rascher und kostengünstiger zu bereinigen und so auch die Entlastung der Justiz zu fördern, ausgeschlossen (BGH NJW 2005, 437; NJW-RR 2010, 1725).

VII.

108

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 100 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

VIII.

109

Die Zulassung der Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO geboten.

110

Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da die Erforderlichkeit landesrechtlich vorgesehener Schlichtungsverfahren bei Zahlungsklagen in den letzten Jahren verschiedentlich Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen war und weitere Entscheidungen zu diesem Thema zu erwarten sind.

111

Die Frage, ob die bundesrechtliche Ermächtigung in § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGZPO Zahlungsansprüche überhaupt und nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche gem. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB im Speziellen erfasst, ist obergerichtlich bisher noch nicht geklärt. Dies konnte in den bisherigen Entscheidungen (BGH Urt. vom 10. Juli 2009, Az.: V ZR 69/08; Urt. vom 2. März 2012, Az.: V ZR 169/11) offen bleiben.

112

Im Hinblick auf derartige Zahlungsklagen sind weitere Verfahren zu erwarten, so dass auch zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich erscheint.

113

Streitwertbeschluss

114

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 14.681,87 EUR festgesetzt.

115

Davon entfallen 12.681,87 EUR auf den Zahlungsantrag Ziff. 1 und 2.000,00 EUR auf den Feststellungsantrag Ziff. 2.

7
a) Das könnte sich schon daraus ergeben, dass die bundesrechtliche Ermächtigung in § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGZPO, deren Tatbestand der nordrhein -westfälische Landesgesetzgeber wörtlich in das Landesrecht übernommen hat, nur Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, aber keine Zahlungsansprüche erfasst. Ob das der Fall ist, ist umstritten (Nachweise im Senatsurteil vom 10. Juli 2009 – V ZR 69/08, NJW-RR 2009, 1238, Rn. 9). Der Senat hat die Frage in der zitierten Entscheidung offen gelassen. Sie muss auch hier nicht entschieden werden.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden der Beschluss des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 28. April 2014 und das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 13. Dezember 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Landgericht Kiel zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Mit notariellem Vertrag vom 15. Dezember 2010 kaufte der in Deutschland ansässige Kläger von den in Dänemark ansässigen Beklagten ein Hausgrundstück in Schleswig-Holstein für 114.000 € unter Ausschluss einer Haftung für Sachmängel. Er erfuhr im Juli 2011 von einem Nachbarn, dass dieser sich im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit dem verstorbenen Vater der Beklagten auf die Erlaubnis, an das Haus auf dem Grundstück des Klägers anzubauen und auf einen Ausgleich in Höhe von 10.000 € geeinigt habe, wovon die Beklagten gewusst hätten. Er sieht sich von ihnen arglistig getäuscht und verlangt Ersatz für Aufwendungen und Nachteile, die ihm als Folge des Anbaus entstanden seien (Kostenermittlung 535,50 €, Renovierungskosten 19.249,50 €, Mietausfall 24.365 €, Kosten für den Hinzuerwerb einer Fläche von 1 m² für 250 €). Davon verlangt er Zahlung eines erstrangigen Teilbetrags von 19.499,50 € nebst Zinsen sowie Feststellung der gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Beklagten, ihm alle weiteren Aufwendungen „von der Hand zu halten, hilfsweise zu erstatten“, die ihm aus dem Anbau entstehen.

2

Das Landgericht hat die Klage mangels internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte als unzulässig abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht durch Beschluss zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht begründet die Abweisung der Klage als unzulässig mit der Erwägung, der einzige in Betracht zu ziehende Gerichtsstand in Deutschland, nämlich der Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach Art. 5 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 (ABl. EG Nr. L 12 S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 280/2009 vom 6. April 2009, ABl. EU Nr. L 93 S. 13 - EuGVVO alt) sei nicht begründet. Zwar gelte dieser Gerichtsstand auch für Sekundäransprüche. Dabei sei aber nicht auf den ursprünglichen Erfüllungsanspruch abzustellen, sondern auf die konkret streitige Verpflichtung. Das sei ein Zahlungsanspruch, so dass die Gerichte am Wohnsitz der Beklagten international zuständig seien.

II.

4

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die deutschen Gerichte sind international zuständig.

5

1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bestimmt sich im vorliegenden Fall noch nach den Bestimmungen der bisherigen Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (EuGVVO alt). Diese Verordnung ist im Verhältnis zum Königreich Dänemark auf Grund von Art. 2 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 19. Oktober 2005 (ABl. EU Nr. L 299 S. 62) anwendbar. Das gilt nach Art. 3 Abs. 1 des Abkommens nicht für Änderungen der genannten Verordnung wie die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EU Nr. L 351 S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 2015/281 vom 26. November 2014, ABl. EU Nr. L 54 S. 1 - EuGVVO neu). Sie werden nach Art. 3 Abs. 2 des Abkommens erst nach einer entsprechenden Entscheidung Dänemarks anwendbar. Eine solche Entscheidung änderte indessen nach Art. 61 EuGVVO neu nichts an der Geltung der bisherigen Verordnung (EG) Nr. 44/2001, weil diese auf vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 eingeleitete Gerichtsverfahren wie das vorliegende weiterhin anzuwenden ist.

6

2. Die deutschen Gerichte sind für den geltend gemachten Anspruch auf Schadenersatz wegen Sachmängeln aus dem Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach Art. 5 Nr. 1 Buchstabe a EuGVVO alt international zuständig.

7

a) Diese Vorschrift begründet zwar nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union keinen einheitlichen Gerichtsstand für alle Verpflichtungen aus einem Vertrag etwa an dem Ort, an dem die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen wäre (EuGH, Urteile vom 15. Januar 1987 - Rs. C-266/85 - Shenavai/Kreischer, ECLI:EU:C:1987:11 Rn. 17 f. und vom 5. Oktober 1999 - Rs. C-420/97 - Leathertex, ECLI:EU:C:1999:483 Rn. 36). In Abhängigkeit von den Orten, an denen sie zu erfüllen sind, können sich danach unterschiedliche Gerichtsstände für die einzelnen Primärverpflichtungen ergeben. Das bedeutet aber nicht, dass auch für die Primärverpflichtung und die aus ihrer Verletzung abgeleiteten Sekundärverpflichtungen unterschiedliche Gerichtsstände bestünden. Vielmehr bestimmt sich der Gerichtsstand solcher Ansprüche nicht danach, wo diese selbst zu erfüllen wären, sondern danach, wo der Primäranspruch, an den sie anknüpfen, zu erfüllen war oder erfüllt wurde (EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1976 - Rs. C-14/76 - de Bloos, ECLI:EU:C:1976, 134 Rn. 15/17, vom 15. Januar 1987 - Rs. C-266/85- Shenavai/Kreischer, ECLI:EU:C:1987:11 Rn. 9 und vom 5. Oktober 1999 - Rs. C-420/97 - Leathertex, ECLI:EU:C:1999:483 Rn. 31; BGH, Urteile vom 11. Dezember 1996 - VIII ZR 154/96, BGHZ 134, 201, 205 und vom 7. Dezember 2000 - VII ZR 404/99, WM 2001 904, 905; öst. OGH, Beschluss 27. Januar 1998 - 7 Ob 375/97s, www.ris.bka.gr.at; Czernich/Kodek/Mayr, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, Art. 7 EuGVVO [neu] Rn. 30; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 EuGVVO [alt] Rn. 37). Diese Rechtsprechung ist zwar zu dem Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungs-Übereinkommen und dem Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ergangen. Der Gerichtshof hat aber entschieden, dass die hier noch anzuwendende bisherige Verordnung Nr. 44/2001 genauso auszulegen ist, ausgenommen nur den hier nicht gegebenen Fall, dass der Verordnungsgeber bewusst von dem Übereinkommen abgewichen ist (Urteil vom 23. April 2009 - Rs. C-533/07 - Falco, ECLI:EU:C:2009:257 Rn. 54 f.). Für den hier geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz wegen Sachmängeln ist deshalb der Erfüllungsort der Primärleistung des Verkäufers - der Verpflichtung zur Verschaffung von Eigentum und Besitz an dem verkauften Grundstück - maßgeblich. Dieser bestimmt sich gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchstabe c VO (EG) Nr. 593/2008 (vom 17. Juni 2008, ABl. EU Nr. L 177 S. 6 - sog. Rom I-Verordnung) bei Grundstückskaufverträgen nach dem Belegenheitsstatut, hier also nach deutschem Recht. Danach liegt der Erfüllungsort in Deutschland.

8

b) Das von dem Berufungsgericht angeführte Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Besix/WABAG (Rs. 256/00, ECLI:EU:C:2002, 99) ergibt nichts anderes. Danach ist zwar ein einheitlicher Erfüllungsort zu bestimmen, wenn eine vertragliche Primärverpflichtung an einer Vielzahl von Orten zu erfüllen ist, nämlich derjenige, zu dem der Streitgegenstand die engste Verknüpfung aufweist (aaO Rn. 32). Um eine solche Fallgestaltung geht es hier aber nicht. Der Schadensersatzanspruch wird aus der Verletzung der Primärverpflichtung abgeleitet, das verkaufte Grundstück in vertragsgemäßem Zustand zu übereignen und zu übergeben. Diese Verpflichtung ist nur in Deutschland zu erfüllen.

9

c) Unbehelflich ist auch die Berufung auf die Urteile des OLG Saarbrücken vom 16. Februar 2011 (1 U 574/09, IPRax 2013, 74 Rn. 72 f.) und des OLG Köln vom 16. Dezember 2008 (9 U 47/07, juris Rn. 38, 44). Beide folgen der dargestellten Rechtsprechung des Gerichtshofs.

10

3. Auch für den weiter geltend gemachten, materiell-rechtlich konkurrierenden Anspruch des Klägers aus der Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten ist ein Gerichtsstand in Deutschland gegeben.

11

a) Es spricht viel dafür, dass der Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach Art. 5 Nr. 1 EuGVVO alt auch für solche Schadensersatzansprüche gegeben ist. Zwar können Ansprüche auf Schadensersatz wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil vom 17. September 2001 - Rs. C-334/00 - Tacconi, ECLI:EU:C:2002:499 Rn. 23, 27) nicht in diesem Gerichtsstand, sondern nur im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO alt verfolgt werden, wenn es z. B. wegen Abbruchs der Vertragsverhandlungen nicht zum Vertragsschluss kommt (Beispiel: öst. OGH, JBl 2007, 800, 803) oder eine vertragsfremde Person, z.B. ein Vertreter ohne Vertretungsmacht, in Anspruch genommen werden soll (Beispiel: öst. OGH, ZfRV 2007, 112). Grund für die Zuordnung solcher Ansprüche zu dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ist aber der Umstand, dass es in solchen Fällen an einer „freiwillig eingegangenen Verpflichtung“ fehlt (EuGH, Urteil vom 17. September 2001 - Rs. C-334/00 - Tacconi, ECLI:EU:C:2002:499 Rn. 23). Es liegt daher nicht fern anzunehmen, dass der Gerichtsstand des Erfüllungsorts der Primärleistung maßgeblich ist, auf die sich die verletzte vorvertragliche Pflicht bezieht, wenn - wie hier - der Vertrag tatsächlich zustande kommt und der Vertragspartner in Anspruch genommen wird (in diesem Sinne etwa: EuGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - Rs. C-180/06 - Ilsinger, ECLI:EU:C:2009:303 Rn. 57 allerdings obiter zu einer Gewinnzusage; Czernich/Kodek/Mayr, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, Art. 7 EuGVVO [neu] Rn. 24; Leible in Rauscher, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 5 Brüssel I Verordnung [EuGVVO alt] Rn. 27 aE; Mankowski in Magnus/Mankowski, Brussels I Regulation, 2. Aufl., Art. 5 Rn. 55; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO [alt] Rn. 5; Jault-Seseke/Weller in Simons/Hausmann, Brüssel-I-Verordnung, dt. Ausgabe, Art. 5 Rn. 19; in diesem Punkt unklar: Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO [alt] Rn. 205; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 5 EuGVVO alt Rn. 75). Abschließend entschieden werden muss die Frage nicht, weil die deutschen Gerichte hier in einem wie im anderen Fall international zuständig sind.

12

b) Können Ansprüche wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten im Gerichtstand des Erfüllungsorts geltend gemacht werden, käme es - ebenso wie bei Sekundäransprüchen - nicht auf den Ort an, an dem der aus der Verletzung folgende Anspruch zu erfüllen ist, sondern auf den Ort, an dem die Primärpflicht aus dem zustande gekommenen Vertrag zu erfüllen ist, auf die sich die verletzte Aufklärungspflicht bezieht. Denn die Zuständigkeit ist insoweit umfassend (Czernich/Kodek/Mayr, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, Art. 7 EuGVVO [neu] Rn. 30). Das ist hier die in Deutschland zu erfüllende Eigentumsverschaffungspflicht. Müsste der aus der verletzten Aufklärungspflicht abgeleitete Anspruch im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung verfolgt werden, käme es nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO alt darauf an, wo das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Das sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort (Urteile vom 16. Mai 2013 - Rs. C-228/11 - Melzer, ECLI:EU:C:2013:305 Rn. 25 und vom 3. Oktober 2013 Rs. C-170/12 - Pinckney, ECLI:EU:C:2013, 635 Rn. 26). Beide liegen hier in Deutschland. Aufklärungspflichten sollen im Inland verletzt worden sein. Auch der Schaden ist im Inland eingetreten, da das Grundstück hier liegt und der Kläger hier ansässig ist.

III.

13

Der Beschluss des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben. Weil sich die Vorinstanzen - bei ihrem Ausgangspunkt konsequent - mit den geltend gemachten Ansprüchen nicht inhaltlich befasst und die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen haben, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif.

14

Der Beschluss des Berufungsgerichts ist aufzuheben. Die Sache ist hier zur neuen Verhandlung und Entscheidung nicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, sondern an das Landgericht. Eine solche Möglichkeit hat der Bundesgerichtshof bislang für den Fall anerkannt, dass das Berufungsgericht auf Grund der neuen Verhandlung die Sache an das Landgericht zurückverweisen müsste (Urteil vom 24. September 1998 - IX ZR 371/97, BGHZ 139, 325, 333). Eine gesetzliche Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht nach geltendem Recht zwar nicht mehr. Die Zurückverweisung stünde nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO im Ermessen des Berufungsgerichts. Das Revisionsgericht kann die Sache aber unmittelbar an das erstinstanzliche Gericht zurückverweisen, wenn die Zurückverweisung an dieses Gericht auch nach einer neuen Verhandlung die ermessensgerechte Entscheidung des Berufungsgerichts wäre. So liegt es hier. Der Kläger hat die Zurückverweisung an das Landgericht schon im Berufungsverfahren und im Revisionsverfahren vor dem Senat beantragt. Die Beklagten haben nicht auf einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht bestanden und nichts dafür vorgebracht, was es rechtfertigen würde, dem Kläger die erste Tatsacheninstanz zu nehmen. Dann ist es ermessengerecht, wenn das Revisionsgericht die Sache unmittelbar an das Landgericht zurückverweist. Von dieser Möglichkeit macht der Senat Gebrauch.

Stresemann                    Schmidt-Räntsch                    Czub

                     Kazele                                  Göbel