Sozialgericht Detmold Urteil, 02. Sept. 2013 - S 29 R 77/12

ECLI:ECLI:DE:SGDT:2013:0902.S29R77.12.00
bei uns veröffentlicht am02.09.2013

Tenor

Der Bescheid vom 13.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 wird für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis zum 29.07.2010 aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 01.07.2009 bis zum 29.07.2010 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig in der Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 87 % der Kosten des Verfahrens und die Beklagte trägt 13 % der Kosten.


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Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Detmold Urteil, 02. Sept. 2013 - S 29 R 77/12

Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Detmold Urteil, 02. Sept. 2013 - S 29 R 77/12

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Sozialgericht Detmold Urteil, 02. Sept. 2013 - S 29 R 77/12 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 623 Schriftform der Kündigung


Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 19. Apr. 2013 - L 4 R 2078/11

bei uns veröffentlicht am 19.04.2013

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.Die Revision wird zugelassen. Tatbestand

Bundessozialgericht Urteil, 29. Aug. 2012 - B 12 KR 25/10 R

bei uns veröffentlicht am 29.08.2012

Tenor Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspfli

Referenzen

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitgegenstand ist die im Anschluss an eine Betriebsprüfung bei der B. H. Versandservice GmbH (im Folgenden: Beigeladene zu 1)) gegenüber der Klägerin getroffene Feststellung, diese sei seit dem 1. Januar 2005 als Buchhalterin versicherungspflichtig zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Die Klägerin ist gelernte Wirtschaftsassistentin, Industriekauffrau und Bilanzbuchhalterin. Sie hat vier in den Jahren 1990, 2000, 2004 und 2006 geborene Kinder. Seit 1. Dezember 1993 hat sie ein Gewerbe Büroservice angemeldet. Bis Ende März 2001 war sie bei der Beigeladenen zu 1) als Buchhalterin/Lohnbuchhalterin in Teilzeit (20 Stunden wöchentlich) abhängig beschäftigt. Am 15. Dezember 2001 mietete sie einen 9 m² großen Büroraum unter ihrer Wohnanschrift von ihrem Ehemann zu einer monatlichen Miete von EUR 87,64 einschließlich Nebenkosten ab 1. Januar 2002 an. Außerdem ist sie Autorin des Buches „Zeitfalle Kind“, das sie selbst vermarktet. Sie ist freiwillig versichertes Mitglied bei der zu 2) beigeladenen Krankenkasse.
Während ihrer abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) und noch im Anschluss bis 2004 hatte die Klägerin mehrere andere Auftraggeber. Bei der Beigeladenen zu 1) erledigte sie dieselben Aufgaben wie zuvor. Als abhängig Beschäftigte erledigte sie diese allein mit einem Auszubildenden. Aufgrund familiärer Verpflichtungen beendete sie die übrigen Auftragsverhältnisse 2004 und schränkte auch ihre Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) von zuvor 20 auf nunmehr noch 15 bis 16 Stunden wöchentlich ein. Die von ihr abgegebenen Aufgaben, z.B. Zahlungserinnerungen, Mahnungen, erledigt seitdem ein bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigter Bürokaufmann, der ihr insoweit zuarbeitet. Zwei- bis dreimal pro Woche - je nach Arbeitsanfall - arbeitet die Klägerin in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1) jeweils von ca. 9.00 Uhr/9.30 Uhr bis 12 Uhr. Dort tauscht sie Belege und Unterlagen aus, bespricht Änderungen und Sonderfälle, besonders im Personalbereich, und erledigt besonders dringende Angelegenheiten. Sie nutzt dort das auf den Betrieb abgestimmte Lexware-Buchhaltungsprogramm in der jeweils aktuellen Version, über das sie selbst nicht verfügt. Mit der Beigeladenen zu 1) rechnet sie vereinbarungsgemäß meist einen monatlichen Pauschalbetrag von EUR 1.500,00 ab. Je nach Arbeitsanfall liegen die Rechnungssummen darüber oder darunter. Abweichende Beträge werden bei Mutterschutz, Urlaub o.ä., oder bei höherem Arbeitsanfall, z.B. wegen Prüfungen durch das Finanzamt, in Rechnung gestellt. Die Rechnungen stellt sie meist zu Anfang des jeweiligen Monats, jedenfalls weit überwiegend in der ersten Hälfte des Monats. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) machte bis 2004 ca. 88 % des Gesamtumsatzes der selbstständigen Tätigkeit der Klägerin aus, 2005 97,5 %, 2006 100 %, 2007 bis 2008 99 %. 2009 akquirierte sie einen neuen Auftraggeber und erledigt seitdem zusätzlich die Buchhaltung ihres Ehemannes, der neben einer abhängigen Beschäftigung in Vollzeit nebenberuflich eine Landwirtschaft betreibt. Die Klägerin beschäftigte vom 13. Februar bis 31. März 2006 D. K. (im Folgenden: K.) versicherungspflichtig und C. S. (im Folgenden: S.) vom 1. Januar 2005 bis 31. Oktober 2005 geringfügig und vom 1. Juli 2007 bis 31. Oktober 2008 im Haushaltsscheckverfahren, anfänglich mit Bürotätigkeiten, anschließend im Haushalt. Im II. und III. Quartal 2008 beauftragte sie den H. Buchhaltungs- und Büroservice mit Buchhaltungsarbeiten für die Beigeladene zu 1), der ihr am 24. September 2008 für 7,5 Stunden EUR 225,00 zzgl. MWSt. und am 3. Oktober 2008 für sechs Stunden EUR 240,00 zzgl. MWSt. in Rechnung stellte.
Die Beklagte führte bei der Beigeladenen zu 1) am 3. und 4. März 2005 eine Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2004 durch. Mit Bescheid vom 27. April 2005 forderte die Beklagte von der Beigeladenen zu 1) Beiträge aufgrund von Beanstandungen betreffend Beschäftigte in der Gleitzone und bei Kurzarbeit nach und erstattete zu viel entrichtete Beiträge für vermögenswirksame Leistungen während Krankengeldbezuges. Der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin ist nicht Gegenstand des Betriebsprüfungsbescheides.
Am 12. Februar und 30. April 2009 führte die Beklagte erneut eine Betriebsprüfung bei der Beigeladenen zu 1) für den Prüfzeitraum 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 durch. Diese führte - nach Anhörung - zu einer Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen sowie den Umlagen U1 und U2 mit Bescheid vom 22. Dezember 2009 gegenüber der Beigeladenen zu 1) in Höhe von EUR 31.846,36, die zu einem geringem Teil aus der Nichtberücksichtigung einer Beitragsänderung zur Krankenkasse für einen anderen Arbeitnehmer, weit überwiegend aber aus der Feststellung folgte, dass die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) eine abhängige Beschäftigung sei und der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der Umlagepflicht zu den Umlagen U1 und U2 unterliege. Der Widerspruch der Beigeladenen zu 1) wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 zurückgewiesen, auf ihren Antrag wurde die Vollziehung der Beitragsforderung ausgesetzt. Das von der Beigeladenen zu 1) angestrengte Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (S 25 R 4174/10) ruht im Hinblick auf den Ausgang des hiesigen Verfahrens.
Mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 stellte die Beklagte - nach Anhörung - gegenüber der Klägerin fest, dass diese seit dem 1. Januar 2005 als Buchhalterin versicherungspflichtig zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sei. Die Beurteilung der Frage, ob eine abhängige Beschäftigung vorliege, richte sich in erster Linie nach dem Recht der Sozialversicherung und erst nachrangig nach dem Parteiwillen. Maßgebend seien die tatsächlichen Verhältnisse, hinter denen die vertragliche Ausgestaltung bei deren Abweichen zurücktrete. Dabei sei eine Gesamtwürdigung anhand der Merkmale Weisungsgebundenheit, Eingliederung in den Betrieb oder unternehmerisches Auftreten am Markt vorzunehmen. Es werde nicht bezweifelt, dass die Klägerin - wie von ihr angegeben - weisungsfrei arbeite. Gleichwohl könne dem Grunde nach ein Weisungsrecht bestehen. Dieses sei nach der Rechtsprechung bei Diensten höherer Art zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe verfeinert. Die Klägerin unterliege zwar keinen direkten zeitlichen Weisungen. Weitgehende Freiheit der Zeiteinteilung gebe es jedoch auch bei Arbeitnehmern. Gerade bei Teilzeitkräften könne der Arbeitgeber nicht davon ausgehen, dass sie im selben Maß wie Vollzeitkräfte zur Verfügung stünden, so dass es sinnvoll sei, sie entscheiden zu lassen, wann sie arbeiten wollten. Eine Eingliederung in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers liege vor, wenn der Beschäftigte die Arbeitsleistung in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation erbringe, in die Hierarchie mit Vorgesetzten und/oder Arbeitnehmern eingeordnet sei und/oder betriebliche Arbeitsmittel oder Einrichtungen der Fremdfirma nutze. Nach Angaben der Klägerin arbeite diese zumindest teilweise in den Räumen der Beigeladenen zu 1) und nutze dort technische Geräte und auf Wunsch der Beigeladenen zu 1) das Lohnbuchhaltungsprogramm Lexware. Sie sei Ansprechpartner für Dritte, z.B. bei Betriebsprüfungen. Ein selbstständiger Unternehmer arbeite mit eigenen Hilfsmitteln. Die Klägerin bekomme bei der Beigeladenen zu 1) einen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt und arbeite mit Arbeitnehmern der Beigeladenen zu 1) zusammen. Weiteres Indiz für die Eingliederung sei, dass die Klägerin dieselbe Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) bis Ende März 2001 als abhängig Beschäftigte verrichtet habe. Auch trage die Klägerin kein Unternehmerrisiko, woran weder die Stellung von Rechnungen noch die von der Klägerin vorgetragene Kalkulation ihres Aufwandes etwas ändere. Das Risiko, bei Entzug des Auftrages nicht arbeitslosenversichert zu sein, und keine weitere Entlohnung zu erhalten, ebenso wie das Fehlen von Urlaubsanspruch und Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit, sei kein Unternehmerrisiko, sondern nur Folge der gewählten Gestaltung. Letztere Ansprüche entstünden vielmehr kraft Gesetzes, wenn die Kriterien abhängiger Beschäftigung vorlägen. Selbst finanzierte Weiterbildungen seien auch bei Arbeitnehmern nicht unüblich. Da jedes Beschäftigungsverhältnis getrennt zu beurteilen sei, begründe das Vorhandensein mehrerer Auftraggeber nicht zwangsläufig eine selbstständige Tätigkeit, ebenso wenig wie die Gewerbeanmeldung.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 20. Januar 2010 Widerspruch. Sie sei lediglich nebenberuflich selbstständig tätig, im Hauptberuf sei sie Mutter von vier Kindern. Sie könne nicht genauso eingestuft werden wie Männer, deren Ehefrau die Kinder erziehe oder Frauen ohne Kinder oder mit wenigen Kindern. Die Höhe des Kindergeldes und der Unterhalt von ihrem Ehemann seien wesentliches Einkommen aus anderer Quelle. Sie bekomme wegen der Kindererziehung Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gutgeschrieben. Das diesen zugrunde gelegte Einkommen übersteige ihr nebenberufliches Einkommen mehrfach. Auch bei der Beigeladenen zu 2) sei sie als nebenberuflich Selbstständige (bis 16 Stunden) gewinnabhängig freiwillig versichert. Sie sei als Bilanzbuchhalterin, nicht als einfache Buchhalterin tätig und müsse daher behandelt werden wie ein Steuerberater, dessen Selbstständigkeit nicht bezweifelt werde. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer würden sich ebenfalls zeitweilig in den Räumen ihrer Auftraggeber aufhalten, z.B. bei Betriebsprüfungen. Da das Gesetz über die Scheinselbstständigkeit bereits 2003 wieder abgeschafft worden sei, dürfe die Beklagte keine anderen Sozialversicherungspflichten als die zur Rentenversicherung prüfen. Die Beklagte habe nicht die Beigeladene zu 2) für sie als Krankenkasse wählen dürfen, nur weil sie bei dieser zuletzt versichert gewesen sei. Da sie freiwillig versichert sei, könne nicht korrekt sein, dass sie zusätzliche, also im Ergebnis doppelte Krankenversicherungsbeiträge abführen müsse. Im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses hätte sie mit vier Kindern nicht arbeiten können. Die Beigeladene zu 1) hätte ihr keine Sonderrechte gegenüber anderen Arbeitnehmern einräumen dürfen. Sie könne sich bei Arbeiten vertreten lassen, habe ein eigenes Büro, trage geschäftliche Unkosten selbst, zahle ihre Hilfskräfte selbst, sie arbeite länger an ihrem eigenen Arbeitsplatz als an dem bei der Beigeladenen zu 1). Natürlich müsse auch sie als Selbstständige Termine mit dem Kunden für Besprechungen und Übernahme von Unterlagen vereinbaren. Bezüglich der Nutzung des Lexware-Programmes erfülle sie nur den Wunsch der Beklagten, das Programm koste nicht viel. Sie habe betriebliche Kosten, wie aus ihren Steuerbescheiden ersichtlich sei. Sehr viele andere Kunden könne sie nicht bedienen. Unternehmerisches Risiko sei der Verlust der Beigeladenen zu 1) durch dieses Verfahren als Kunden, Unklarheiten bezüglich der Sozialversicherung, unbezahlter Zeitaufwand für das Anwerben von Neukunden sowie Beauftragung von Aushilfen und einer Fremdfirma. Auf den eigenen „heimatnahen“ Büroraum sei sie angewiesen, ihre Fortbildung zur Bilanzbuchhalterin sei im Verhältnis zu ihren Einkünften kostspielig gewesen, sie habe einen Kredit aufnehmen müssen. Sie verwies auch auf ihre vorangegangene Stellungnahme vom 24. Juni 2009 zur Anhörung, in welcher sie u.a. ausführte, sie sei ausreichend abgesichert, habe einen Anspruch auf einen Anteil der Rentenversicherung ihres Ehemannes im Falle der Trennung und auf Witwenrente bei dessen Ableben. Die Arbeitslosenversicherung sei angesichts der heutzutage eingeschränkten Leistungen für sie nicht von Vorteil, zumal sie mit vier Kindern nicht jede angebotene Arbeit annehmen könne und ihr Ehemann zu viel verdiene, als dass sie Arbeitslosengeld II erhalten könne. Sie habe den Wunsch gehabt, auch für andere Kunden tätig zu sein. Vorübergehend ließen ihr aber ihre Kinder nicht die Zeit für endlos viele Auftraggeber und eine Vollzeit-Selbstständigkeit. Wenn im September (2009) alle Kinder im Kindergarten seien und sie nicht mehr auf deren Beaufsichtigung durch ihre Eltern angewiesen sei, werde sich ihre Anwesenheit in den Räumen der Beigeladenen zu 1) deutlich reduzieren. Sie trete mit der Vermarktung ihres Buches am Markt auf, dies beanspruche in den letzten Jahren einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsauschuss den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Beigeladene zu 1) habe der Klägerin Art und Umfang der zu leistenden Arbeiten im Rahmen einer mündlichen Vereinbarung vorgegeben. Die Klägerin habe alle in diesem Zusammenhang anfallenden Arbeiten erledigt, offensichtlich auch nach konkreter Einzelweisung. Nach Angaben der Klägerin seien immer wieder Rücksprachen zu bestimmten Sachverhalten notwendig gewesen. Bei fachlich qualifizierten Tätigkeiten würden generell Weisungen nur in geringem Umfang erteilt. Dies bedeute keine fachlichen Freiheiten, die über die abhängig Beschäftigten gleicher Qualifikation eingeräumten hinausgingen. Es bestehe auch keine unbeschränkte Weisungsfreiheit in zeitlicher Hinsicht. Die in den Räumen der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeiten machten es notwendig, zumindest teilweise zu den betriebsüblichen Zeiten zu arbeiten. Soweit die Klägerin zuhause arbeite, habe sie zwar zeitliche Gestaltungsspielräume. Jedoch gebe es auch bei Arbeitnehmern - insbesondere im Bürobereich - verbreitet flexible Arbeitszeitmodelle. Freie Zeiteinteilung gebe es bei Heimarbeitern und Telearbeit. Weitgehend freie Zeiteinteilung sei daher kein schwerwiegendes Indiz für selbstständige Tätigkeit. Hinsichtlich der örtlichen Weisungsgebundenheit sei jedenfalls ein Teil der Tätigkeit in den Räumen der Beigeladenen zu 1) verrichtet worden. Es liege auch betriebliche Integration vor, denn zumindest teilweise habe die Klägerin die Betriebseinrichtung der Beigeladenen zu 1) genutzt. Zwar sei die Klägerin nicht zu persönlicher Arbeitsleistung verpflichtet gewesen, doch habe sie die Arbeiten fast ausschließlich selbst erbracht. Er (der Widerspruchsausschuss) gehe davon aus, dass angesichts der Umstände, die zur Änderung der Ausgestaltung der Tätigkeit im Jahr 2001 geführt hätten, die Beigeladene zu 1) Wert darauf gelegt habe, dass die Arbeit im Wesentlichen von der Klägerin verrichtet werde. Der Einsatz eigener Mitarbeiter sei schwach ausgeprägt gewesen. K. sei nur sechs Wochen beschäftigt worden, S. wenige Monate geringfügig im Jahr 2005 und 2007/2008 unter der Betriebsnummer des Privathaushalts. Die Beauftragung des HK Buchhaltungs- und Büroservices sei ebenfalls in äußerst geringem Umfang erfolgt. Die Anmietung des Büroraumes beinhalte angesichts der geringen Kosten und der Tatsache, dass der Raum im eigenen Haus ohnehin vorhanden gewesen sei, ein nur geringes Risiko. PC und Faxgerät seien auch in Privathaushalten üblich und bedeuteten nur geringen Aufwand. Die geringen Kosten seien mithin überwiegend dem Privatbereich zuzuordnen ohne tatsächliches Verlustrisiko. Die Gewerbeanmeldung habe angesichts der Tatsache, dass die Gewerbeämter das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht prüfen dürften, allenfalls deklaratorische Bedeutung. Auch die Veranlagung beim Finanzamt als Selbstständiger erfolge zunächst aufgrund der Angaben des Betroffenen und werde nur in Ausnahmefällen nachgeprüft. Zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) liege kein Werkvertrag vor, denn die Klägerin sei nicht zur Lieferung eines abgegrenzten Werkes verpflichtet, sondern zur Erledigung verschiedener Arbeiten, die offensichtlich mit dem Inhalt der bis Ende März 2001 ausgeübten abhängigen Beschäftigung weitgehend übereinstimmten. Der genaue Umfang und Inhalt der Arbeiten habe sich aus den betrieblichen Abläufen und Anweisungen der Beigeladenen zu 1) ergeben. Die Aufgabenzuweisung entspreche den Regelungen in einem Arbeitsvertrag. Der Erfolg des Arbeitseinsatzes sei nicht ungewiss gewesen. Die Bezahlung sei nicht nach Erfolg, sondern pauschal nach vorher festgelegtem Satz, orientiert am Arbeitsumfang, erfolgt. Ohne Bedeutung sei, ob die Beschäftigung haupt- oder nebenberuflich ausgeübt werde und die Klägerin aufgrund der Kindererziehung nicht zu einem größeren Arbeitsumfang für andere Auftraggeber imstande gewesen sei. Eine Gleichbehandlung mit Steuerberatern, die im Übrigen auch nicht grundsätzlich als Selbstständige anzusehen seien, sei nicht gerechtfertigt. Gegenstand sei hier nicht die umgangssprachliche Scheinselbständigkeit, sondern die sozialversicherungsrechtliche Statusfeststellung. Trotz des Vorliegens von Anhaltspunkten für eine Selbstständigkeit überwögen in der Gesamtschau die Kriterien für eine abhängige Beschäftigung. Bei Vorliegen der Voraussetzungen trete Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ein, auch wenn eine freiwillige Versicherung bestehe. Sei das freiwillige Versicherungsverhältnis zu Unrecht durchgeführt worden, sei es rückwirkend aufzuheben.
Die Klägerin erhob am 5. Juli 2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung wiederholte sie ihren Vortrag im Verwaltungsverfahren und ergänzte, sie sei im Prüfzeitraum nur aus privaten Gründen nicht am Markt aufgetreten. Bei einer Betriebsprüfung 2005 habe die Beklagte ihre Selbstständigkeit für den Zeitraum 2001 bis 2004 nicht beanstandet. Sie (die Klägerin) könne Personal beschäftigen und Aufträge ablehnen. Die einzigen Vorgaben seien, dass Monatsabschluss und Gehaltsabrechnungen den gesetzlichen Vorschriften entsprechen müssten. Termine würden nur vom Finanzamt gesetzt. Das Lexware-Programm sei von ihr eingestellt worden. Der Wert des von ihr eingebrachten geistigen Eigentums übersteige den Anschaffungswert um ein Vielfaches. Im Vergleich zum anerkanntermaßen selbstständigen Versicherungsmakler sei sie weitaus selbstständiger.
10 
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Bescheid vom 23. Dezember 2009 und Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 entgegen.
11 
Das SG hörte die Klägerin und den Geschäftsführer der mit Beschluss vom 4. November 2010 Beigeladenen zu 1) an. Die mit Beschluss des SG vom 14. April 2011 Beigeladene zu 2) äußerte sich nicht.
12 
Mit Urteil vom 14. April 2011 hob das SG den Bescheid vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 auf und stellte fest, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2005 bei der Beigeladenen zu 1) nicht gesamtsozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Zur Begründung führt es aus, die Klägerin sei bei ihrer Tätigkeit nicht in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Sie führe ihre Tätigkeit eigenverantwortlich ohne inhaltliche Vorgaben aus. Von der Tätigkeit einer Arbeitnehmerin unterscheide sich die Tätigkeit der Klägerin zum einen in der freien Gestaltung der Arbeitszeit. Sie arbeite nur deswegen zweimal wöchentlich am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1), weil sie dort ihrer Mutter das betreuungsbedürftige Kind anvertrauen könne. Die Fristengebundenheit der zu erledigenden Vorgänge resultiere nicht aus zeitlichen Vorgaben der Beigeladenen zu 1), sondern ergebe sich aufgrund steuer- und sozialversicherungsrechtlich einzuhaltender Fristen. Weisungsgebundenheit lasse sich nicht damit begründen, dass die Klägerin z.B. zur Erfassung der Buchhaltung und des Personalabrufs gezwungen sei, teilweise in den Räumen der Beigeladenen zu 1) zu arbeiten. Von besonderer Bedeutung für die Abwägung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände sei, dass erhebliche Gründe, die Erziehung der vier Kinder und Mithilfe in der Landwirtschaft des Ehemannes, die Klägerin veranlasst hätten, für die Beigeladene zu 1) die nicht zeitgebundene und im Übrigen weisungsfreie Tätigkeit der Bilanzbuchhalterin zu verrichten. Demgegenüber träten der geringe Kapitaleinsatz, das Fehlen einer sonstigen eigenen Betriebsstätte und die Vereinbarung einer pauschalen Vergütung zurück. § 7 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) nenne ausdrücklich die Eingliederung und Tätigkeit nach Weisungen. Diese Gesichtspunkte, die vorliegend für die selbstständige Tätigkeit sprächen, seien für den Gesetzgeber damit offensichtlich von besonderer Bedeutung.
13 
Gegen das ihr am 9. Mai 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Mai 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht sie sich auf ihren Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte überwögen. Die Klägerin sei seit 1993 selbstständig tätig, auch neben der Teilzeitbeschäftigung für die Beigeladene zu 1) bis Ende März 2001. Den Büroraum habe sie erst zum 1. Januar 2002 angemietet. Fraglich sei auch, ob ihr Ehemann den Büroraum für den Geschäftsverkehr im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes ebenfalls nutze, was das ohnehin geringe Unternehmerrisiko weiter relativieren würde. Da die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) mit einer Pauschale vergütet werde, werde sie für die Dauer des Arbeitseinsatzes und nicht für einen bestimmten Erfolg bezahlt. Die Klägerin stelle der Beigeladenen zu 1) ihre Arbeitskraft genauso wie zuvor im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung, ein unternehmerischer Gestaltungsspielraum mit dem Risiko der Fehlkalkulation sei nicht erkennbar. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) begründe ihre wesentliche Einkommensquelle, von einem Ablehnungsrecht habe sie nie Gebrauch gemacht, so dass es sich dabei um eine nur theoretische Möglichkeit handele. Die vorgelegten Rechnungen ergäben das Bild einer regelmäßigen und auch auf Dauer angelegten Dienstleistung. Die Rechnungsstellung zu Beginn des Monats oder zur Monatsmitte - also vor der Leistungserbringung - deute darauf hin, dass die Parteien von einem gleichmäßigen Arbeitspensum ausgingen und widerspreche dem Vorbringen der Klägerin, den Arbeitsumfang den familiären Erfordernissen anzupassen, weil diese, z.B. Krankheiten der Kinder, sich gerade nicht im Voraus planen ließen. Ein wirtschaftlich denkender Auftraggeber würde den Vergütungsanspruch erst erfüllen, wenn der Auftrag zur Zufriedenheit erfüllt sei. Der Einsatz von Hilfskräften sei nur sporadisch und in geringem Umfang erfolgt, so dass dies der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht zwingend entgegen stehe. Die Klägerin sei auch in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert, da sie zweimal wöchentlich vormittags an einem ihr dort zur Verfügung gestellten Schreibtisch und PC wie alle anderen Arbeitnehmer arbeite, das firmeneigene Buchhaltungsprogramm nutze und als Ansprechpartnerin zur Verfügung stehe. Der einzige Unterschied zur Teilzeittätigkeit bis Ende März 2001 bestehe in der Flexibilisierung der Arbeitszeit und darin, dass bestimmte Arbeiten zu Hause erledigt werden könnten. Die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gelte auch bei Arbeitnehmern. Die Klägerin trete nicht nach außen als Unternehmerin auf. Der Telefonbucheintrag weise nicht auf ihre Dienste hin, bei der Suche nach ihrem Namen finde man sie nur als Buchautorin. Ihre Angaben, im Internet und mit Google-Anzeigen für ihre berufliche Tätigkeit zu werben, seien daher nicht nachzuvollziehen. Die Nutzung eines eigenen Buchhaltungsprogrammes erscheine unabdingbar für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit, und - entgegen dem Vorbringen der Klägerin - angesichts der Notwendigkeit der Pflege und ständigen Aktualisierung mit nicht unerheblichem betrieblichen Aufwand verbunden.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
16 
hilfsweise die Revision zuzulassen.
17 
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Wegen ihrer persönlichen Lebensumstände sei für sie nur die Selbstständigkeit oder keine weitere Berufstätigkeit in Betracht gekommen. Sie habe drei Kinder und zwei pflegebedürftige Angehörige zu versorgen und arbeite in der Landwirtschaft mit. Für eine angestellte Tätigkeit bleibe da kein Raum. Bevor sie den Büroraum gemietet habe, habe sie an einem Arbeitsbereich in der Wohnung gearbeitet. Ihr Ehemann habe einen eigenen Büroraum und es existiere ein weiterer, privat genutzter PC. Der landwirtschaftliche Betrieb mit den zugehörigen Geschäftsunterlagen habe eine andere Anschrift. Sie habe insoweit von ihrem Ablehnungsrecht Gebrauch gemacht, als sie ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) von 20 auf 16 Stunden eingeschränkt habe. Sie habe selbstverständlich auch sonst Aufträge abgelehnt, die nicht in ihr Zeitfenster gepasst hätten. Sie sei in Google-Anzeigen nicht zu finden, weil sie Direktakquise betreibe, denn sie suche nur nach ihrem eigenen Bedarf neue Auftraggeber. Sie verzichte auf Werbung, weil sie keine weiteren Kapazitäten habe.
20 
Mit Beschluss vom 9. April 2013 ist die Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Beigeladene zu 3)) zum Verfahren notwendig beigeladen worden. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
21 
Die frühere Berichterstatterin hat die Klägerin und den Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011 angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift verwiesen. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.
22 
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, insbesondere die Niederschriften der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 14. April 2011 und des Erörterungstermins vom 30. November 2011 und auf den Verwaltungsvorgang der Beklagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

24 
I. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Sie ist auch statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben.
25 
II. Die Berufung ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 zu Recht festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchhalterin bei der Beigeladenen zu 1) als abhängig Beschäftigte ab 1. Januar 2005 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterliegt.
26 
Rechtsgrundlage ist § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
27 
Diese Befugnis der Beklagten schließt die Rechtsmacht ein, einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu erlassen und damit rechtsgestaltend im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in die Rechtssphäre des Arbeitnehmers (hier der Klägerin) als Drittbetroffener einzugreifen. Die Beklagte kann somit entweder den an den Arbeitgeber gerichteten Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen mit dem Hinweis, dass dieser berechtigt sei, Rechtsbehelfe einzulegen, bekanntgeben. Sie kann aber ebenso unter Bezugnahme auf die Betriebsprüfung einen zwar formell, aber nicht materiell eigenständigen Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen, hier der Klägerin, erlassen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. August 2002 - L 1 KR 66/02 -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6b; jeweils m.w.N.; anderer Ansicht: Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p SGB IV, Rn. 139, der lediglich die Bekanntgabe des an den Arbeitgeber gerichteten Bescheids für zulässig hält).
28 
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
29 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -; in juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris; zum Ganzen zuletzt BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R m.w.N.- ; in juris).
30 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 -; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 -; beide in juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSGE, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - ; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R -; jeweils m.w.N.; alle in juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris).
31 
Ausgehend hiervon hat die Beklagte die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) zutreffend als abhängige Beschäftigung angesehen. Auch nach Auffassung des Senats überwiegen bei einer Gesamtbetrachtung die Umstände, die für ein abhängiges und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) sprechen.
32 
Die Klägerin ist in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Sie verrichtet dieselben Tätigkeiten wie zuvor bis Ende März 2001. Da sie aufgrund der reduzierten Arbeitszeit nicht mehr alle Arbeiten verrichten konnte, übernahm diese ein abhängig Beschäftigter, der der Klägerin insoweit zuarbeitet (Einlassung des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011; vgl. Niederschrift vom selben Tag). Sie arbeitet also mit Angestellten der Beigeladenen zu 1) zusammen. Sie verrichtet diese Tätigkeiten nach eigenem Bekunden an zwei Vormittagen pro Woche, nach dem Vorbringen des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011 je nach Arbeitsanfall auch an drei Vormittagen in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1). Dort wird ihr ein Arbeitsplatz mit einem PC zur Verfügung gestellt. Nur dort kann sie den Teil der Arbeiten ausführen, der die Nutzung des Buchhaltungsprogrammes Lexware in der aktuellen Version erfordert. Der Austausch von Belegen und Unterlagen, Besprechungen von Änderungen und Sonderfällen, besonders im Personalbereich (Kündigung, Krankheit, Kur etc.), erfordern ihre Anwesenheit. Sie erledigt bei der Beigeladenen zu 1) auch variabel besonders dringende Angelegenheiten gleich (vgl. Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 22. Januar 2010). Das Ausmaß der Anwesenheit der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1) übersteigt das bei z.B. einem Steuerberater anlässlich einer Betriebsprüfung Übliche bei weitem.
33 
Nach diesem eigenen Vorbringen hält es der Senat für widerlegt, dass die Klägerin lediglich aus privaten Gründen die Geschäftsräume der Beigeladenen zu 1) nutzt, wenn sie ihr Kleinkind von ihrer in der Nähe lebenden Mutter betreuen lassen kann. Zum einen erscheint es widersprüchlich, die große Entfernung zum Betriebssitz als Grund gegen die Fortsetzung der abhängigen Beschäftigung anzugeben, den Betriebssitz dann aber regelmäßig zwei- bis dreimal pro Woche angeblich ohne betriebliche Notwendigkeit zu Zwecken der Kinderbetreuung weiter aufzusuchen. Zum anderen hatte die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren 2009 angekündigt, wenn ihre Kinder im September (2009) alle im Kindergarten seien, nicht mehr am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1) zu arbeiten, diese Übung aber beibehalten (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14. April 2011), obwohl das im Oktober 2006 geborene Kind zu diesem Zeitpunkt das Kindergartenalter erreicht hatte.
34 
Da die Klägerin somit regelmäßig einen Teil ihrer Arbeitszeit im Betrieb der Beigeladenen zu 1) verrichtet, jeweils vormittags nach Absprache, ist sie nicht vollständig weisungsfrei im Hinblick auf ihre Arbeitszeit. Dass sie regelmäßig Teile ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) außerhalb des Betriebes verrichten kann, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Telearbeit und Heimarbeit zu frei gewählten Zeiten ist in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gerade bei Bürotätigkeiten nicht unüblich. Ob die Beigeladene zu 1) zu entsprechenden Vereinbarungen im Rahmen eines Arbeitsvertrages bereit gewesen wäre, ist nicht entscheidungserheblich.
35 
Fehlende inhaltliche Einzelweisungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit der Klägerin in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) und ihre „dienende Teilhabe“ am Arbeitsprozess in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache, der Gestaltungsspielraum aus der qualifizierten Tätigkeit der Bilanzbuchhalterin.
36 
Die Klägerin trägt kein nennenswertes unternehmerisches Risiko, was nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (vgl. dazu z.B. Urteile des Senats vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - und 30. März 2012 - L 4 R 2043/10 -, beide in juris, vom 6. Dezember 2012 - L 4 R 314/12 -, nicht veröffentlicht und zuletzt vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 -; zur Veröffentlichung vorgesehen). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -; in juris).
37 
Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat geringe Betriebsausgaben in Form einer monatlichen Miete von EUR 87,64, die zudem an ihren Ehemann geht. An Betriebsmitteln hat sie nur einen PC und ein veraltetes Buchhaltungsprogramm, nicht jedoch das aktuelle Buchhaltungsprogramm, das sie für die Arbeit bei der Beigeladenen zu 1) zwingend benötigt. Sie hat auch keine laufenden Personalausgaben für Angestellte. Sie erhält seit Jahren monatlich ca. EUR 1.500,00 von der Beigeladenen zu 1), ohne die Möglichkeit, diese Einkünfte durch unternehmerisches Geschick zu steigern, aber auch ohne nennenswertes Risiko, diese Einkünfte im nächsten Monat nicht zu erzielen. Sie erhält das Entgelt in der Regel im Voraus. Die Klägerin tritt - wie sie selbst einräumt - nicht am Markt auf und erzielt ihre gesamten Einkünfte aus ihrer Tätigkeit fast ausschließlich aus der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1).
38 
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie hätte Aufträge ablehnen können, gibt dies für die Statusbeurteilung nichts her. Da im Falle der Ablehnung kein Anspruch auf weitere Aufträge bestand, entspricht die Situation der einer Angestellten, die bei Ablehnung einer Arbeit ebenso dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes ausgesetzt ist (Urteil des Senats vom 19. Oktober 2012 - L 4 KR 761/11 -; in juris). Sie hat auch keine Aufträge der Beigeladenen zu 1) abgelehnt, sondern lediglich 2004 die regelmäßige Arbeitszeit auf 16 Stunden pro Woche reduziert.
39 
Das zeitweilige Delegieren der Tätigkeit an eigene Beschäftigte oder beauftragte Selbstständige führt hier zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann grundsätzlich die Frage, ob eine höchstpersönliche Leistung geschuldet ist oder die Erbringung der Leistung delegiert werden darf, ein gewichtiges Merkmal für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein. Dennoch ist es nur eines unter vielen, die in die Gesamtbewertung einzustellen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang Dritte eingeschaltet werden. Es kann hier dahinstehen, ob die ständige Beschäftigung eigener Beschäftigter zur Annahme der Selbstständigkeit führen würde. Die Klägerin hat nämlich nur in geringem Umfang Tätigkeiten nicht selbst ausgeführt. Die Beschäftigung der K. umfasste nur sechs Wochen. S. sollte von der Klägerin dauerhaft beschäftigt werden, arbeitete nach dem Scheitern des Versuchs, ihr die erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln, aber im Haushalt der Klägerin und beaufsichtigte die Kinder, während die Klägerin für die Beigeladene zu 1) tätig war. Angesichts der nach dem Vorbringen der Klägerin hochqualifizierten Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin, die nach ihrem Bekunden mehrere Aus- und Weiterbildungen erforderte und zu mehreren Abschlüssen führte, kann die völlig fachfremde S. wohl ohnehin nur Hilfstätigkeiten verrichtet haben. Die Beauftragung des HK Buchhaltungsservices umfasste nach den vorgelegten Rechnungen vom 24. September und 3. Oktober 2008 im II. und II. Quartal 2008 insgesamt nur 13,5 Stunden und führt schon deswegen nicht zu einer abweichenden Bewertung. Die Weitergabe der Arbeiten an den HK-Buchhaltungs- und Büroservice konnte bereits aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf Dauer erfolgen. Umgerechnet wurden von dort netto EUR 30,00 pro Stunde (Rechnung vom 24. September 2008) bzw. EUR 40,00 (Rechnung vom 3. Oktober 2008) in Rechnung gestellt, während die Klägerin selbst von der Beigeladenen zu 1) monatlich EUR 1.500,00 für 60 Stunden Arbeit, mithin EUR 25,00 pro Stunde erhielt.
40 
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs oder eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Letztlich ist dies ebenso wie die Gewerbeanmeldung und die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, die ebenfalls auf der Tatsache beruhen, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, nicht entscheidend. Vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 -; beide in juris).
41 
Nicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist das fehlende wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Sozialversicherung. Dabei lässt es der Senat dahingestellt, ob die Einschätzung der Klägerin, aufgrund der rentenrechtlichen Berücksichtigung der Kindererziehung und ihrer familienrechtlichen Ansprüche keinen Vorteil aus dem Status als sozialversicherte Beschäftigte zu haben, richtig ist. Die Ersparnis der Beiträge zur Sozialversicherung steht nämlich gerade nicht zur Disposition der Beteiligten.
42 
Die Feststellung, dass die Klägerin abhängig Beschäftigte und gesamtsozialversicherungspflichtig ist, steht nicht im Widerspruch zu Feststellungen aus der vorangegangenen Betriebsprüfung am 3. und 4. März 2005. Ausweislich des Bescheides vom 27. April 2005 war der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin nicht Gegenstand der Prüfung und diesbezüglich wurden in dem Betriebsprüfungsbescheid keine Feststellungen getroffen. Beschäftigte können aus den Ergebnissen früherer Prüfungen nur Rechte herleiten, wenn bei der Betriebsprüfung Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6 a). Die Tatsache, dass keine Beanstandung bezüglich der Einordnung der Tätigkeit der Klägerin erfolgte, genügt nicht.
43 
Die Klägerin ist nicht versicherungsfrei in den Zweigen der Sozialversicherung. Denn sie erhält für ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) überwiegend ein Arbeitsentgelt von ca. EUR 1.500,00 monatlich und liegt damit über der Grenze der Entgeltgeringfügigkeit von EUR 400,00, seit 1. Januar 2013 von EUR 450,00.
44 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
45 
IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Hinsichtlich des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung bei zeitweiligem Delegieren von Tätigkeiten an Dritte gibt es - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des BSG.

Gründe

24 
I. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Sie ist auch statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben.
25 
II. Die Berufung ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 zu Recht festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchhalterin bei der Beigeladenen zu 1) als abhängig Beschäftigte ab 1. Januar 2005 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterliegt.
26 
Rechtsgrundlage ist § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
27 
Diese Befugnis der Beklagten schließt die Rechtsmacht ein, einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu erlassen und damit rechtsgestaltend im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in die Rechtssphäre des Arbeitnehmers (hier der Klägerin) als Drittbetroffener einzugreifen. Die Beklagte kann somit entweder den an den Arbeitgeber gerichteten Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen mit dem Hinweis, dass dieser berechtigt sei, Rechtsbehelfe einzulegen, bekanntgeben. Sie kann aber ebenso unter Bezugnahme auf die Betriebsprüfung einen zwar formell, aber nicht materiell eigenständigen Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen, hier der Klägerin, erlassen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. August 2002 - L 1 KR 66/02 -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6b; jeweils m.w.N.; anderer Ansicht: Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p SGB IV, Rn. 139, der lediglich die Bekanntgabe des an den Arbeitgeber gerichteten Bescheids für zulässig hält).
28 
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
29 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -; in juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris; zum Ganzen zuletzt BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R m.w.N.- ; in juris).
30 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 -; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 -; beide in juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSGE, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - ; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R -; jeweils m.w.N.; alle in juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris).
31 
Ausgehend hiervon hat die Beklagte die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) zutreffend als abhängige Beschäftigung angesehen. Auch nach Auffassung des Senats überwiegen bei einer Gesamtbetrachtung die Umstände, die für ein abhängiges und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) sprechen.
32 
Die Klägerin ist in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Sie verrichtet dieselben Tätigkeiten wie zuvor bis Ende März 2001. Da sie aufgrund der reduzierten Arbeitszeit nicht mehr alle Arbeiten verrichten konnte, übernahm diese ein abhängig Beschäftigter, der der Klägerin insoweit zuarbeitet (Einlassung des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011; vgl. Niederschrift vom selben Tag). Sie arbeitet also mit Angestellten der Beigeladenen zu 1) zusammen. Sie verrichtet diese Tätigkeiten nach eigenem Bekunden an zwei Vormittagen pro Woche, nach dem Vorbringen des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011 je nach Arbeitsanfall auch an drei Vormittagen in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1). Dort wird ihr ein Arbeitsplatz mit einem PC zur Verfügung gestellt. Nur dort kann sie den Teil der Arbeiten ausführen, der die Nutzung des Buchhaltungsprogrammes Lexware in der aktuellen Version erfordert. Der Austausch von Belegen und Unterlagen, Besprechungen von Änderungen und Sonderfällen, besonders im Personalbereich (Kündigung, Krankheit, Kur etc.), erfordern ihre Anwesenheit. Sie erledigt bei der Beigeladenen zu 1) auch variabel besonders dringende Angelegenheiten gleich (vgl. Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 22. Januar 2010). Das Ausmaß der Anwesenheit der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1) übersteigt das bei z.B. einem Steuerberater anlässlich einer Betriebsprüfung Übliche bei weitem.
33 
Nach diesem eigenen Vorbringen hält es der Senat für widerlegt, dass die Klägerin lediglich aus privaten Gründen die Geschäftsräume der Beigeladenen zu 1) nutzt, wenn sie ihr Kleinkind von ihrer in der Nähe lebenden Mutter betreuen lassen kann. Zum einen erscheint es widersprüchlich, die große Entfernung zum Betriebssitz als Grund gegen die Fortsetzung der abhängigen Beschäftigung anzugeben, den Betriebssitz dann aber regelmäßig zwei- bis dreimal pro Woche angeblich ohne betriebliche Notwendigkeit zu Zwecken der Kinderbetreuung weiter aufzusuchen. Zum anderen hatte die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren 2009 angekündigt, wenn ihre Kinder im September (2009) alle im Kindergarten seien, nicht mehr am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1) zu arbeiten, diese Übung aber beibehalten (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14. April 2011), obwohl das im Oktober 2006 geborene Kind zu diesem Zeitpunkt das Kindergartenalter erreicht hatte.
34 
Da die Klägerin somit regelmäßig einen Teil ihrer Arbeitszeit im Betrieb der Beigeladenen zu 1) verrichtet, jeweils vormittags nach Absprache, ist sie nicht vollständig weisungsfrei im Hinblick auf ihre Arbeitszeit. Dass sie regelmäßig Teile ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) außerhalb des Betriebes verrichten kann, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Telearbeit und Heimarbeit zu frei gewählten Zeiten ist in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gerade bei Bürotätigkeiten nicht unüblich. Ob die Beigeladene zu 1) zu entsprechenden Vereinbarungen im Rahmen eines Arbeitsvertrages bereit gewesen wäre, ist nicht entscheidungserheblich.
35 
Fehlende inhaltliche Einzelweisungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit der Klägerin in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) und ihre „dienende Teilhabe“ am Arbeitsprozess in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache, der Gestaltungsspielraum aus der qualifizierten Tätigkeit der Bilanzbuchhalterin.
36 
Die Klägerin trägt kein nennenswertes unternehmerisches Risiko, was nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (vgl. dazu z.B. Urteile des Senats vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - und 30. März 2012 - L 4 R 2043/10 -, beide in juris, vom 6. Dezember 2012 - L 4 R 314/12 -, nicht veröffentlicht und zuletzt vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 -; zur Veröffentlichung vorgesehen). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -; in juris).
37 
Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat geringe Betriebsausgaben in Form einer monatlichen Miete von EUR 87,64, die zudem an ihren Ehemann geht. An Betriebsmitteln hat sie nur einen PC und ein veraltetes Buchhaltungsprogramm, nicht jedoch das aktuelle Buchhaltungsprogramm, das sie für die Arbeit bei der Beigeladenen zu 1) zwingend benötigt. Sie hat auch keine laufenden Personalausgaben für Angestellte. Sie erhält seit Jahren monatlich ca. EUR 1.500,00 von der Beigeladenen zu 1), ohne die Möglichkeit, diese Einkünfte durch unternehmerisches Geschick zu steigern, aber auch ohne nennenswertes Risiko, diese Einkünfte im nächsten Monat nicht zu erzielen. Sie erhält das Entgelt in der Regel im Voraus. Die Klägerin tritt - wie sie selbst einräumt - nicht am Markt auf und erzielt ihre gesamten Einkünfte aus ihrer Tätigkeit fast ausschließlich aus der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1).
38 
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie hätte Aufträge ablehnen können, gibt dies für die Statusbeurteilung nichts her. Da im Falle der Ablehnung kein Anspruch auf weitere Aufträge bestand, entspricht die Situation der einer Angestellten, die bei Ablehnung einer Arbeit ebenso dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes ausgesetzt ist (Urteil des Senats vom 19. Oktober 2012 - L 4 KR 761/11 -; in juris). Sie hat auch keine Aufträge der Beigeladenen zu 1) abgelehnt, sondern lediglich 2004 die regelmäßige Arbeitszeit auf 16 Stunden pro Woche reduziert.
39 
Das zeitweilige Delegieren der Tätigkeit an eigene Beschäftigte oder beauftragte Selbstständige führt hier zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann grundsätzlich die Frage, ob eine höchstpersönliche Leistung geschuldet ist oder die Erbringung der Leistung delegiert werden darf, ein gewichtiges Merkmal für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein. Dennoch ist es nur eines unter vielen, die in die Gesamtbewertung einzustellen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang Dritte eingeschaltet werden. Es kann hier dahinstehen, ob die ständige Beschäftigung eigener Beschäftigter zur Annahme der Selbstständigkeit führen würde. Die Klägerin hat nämlich nur in geringem Umfang Tätigkeiten nicht selbst ausgeführt. Die Beschäftigung der K. umfasste nur sechs Wochen. S. sollte von der Klägerin dauerhaft beschäftigt werden, arbeitete nach dem Scheitern des Versuchs, ihr die erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln, aber im Haushalt der Klägerin und beaufsichtigte die Kinder, während die Klägerin für die Beigeladene zu 1) tätig war. Angesichts der nach dem Vorbringen der Klägerin hochqualifizierten Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin, die nach ihrem Bekunden mehrere Aus- und Weiterbildungen erforderte und zu mehreren Abschlüssen führte, kann die völlig fachfremde S. wohl ohnehin nur Hilfstätigkeiten verrichtet haben. Die Beauftragung des HK Buchhaltungsservices umfasste nach den vorgelegten Rechnungen vom 24. September und 3. Oktober 2008 im II. und II. Quartal 2008 insgesamt nur 13,5 Stunden und führt schon deswegen nicht zu einer abweichenden Bewertung. Die Weitergabe der Arbeiten an den HK-Buchhaltungs- und Büroservice konnte bereits aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf Dauer erfolgen. Umgerechnet wurden von dort netto EUR 30,00 pro Stunde (Rechnung vom 24. September 2008) bzw. EUR 40,00 (Rechnung vom 3. Oktober 2008) in Rechnung gestellt, während die Klägerin selbst von der Beigeladenen zu 1) monatlich EUR 1.500,00 für 60 Stunden Arbeit, mithin EUR 25,00 pro Stunde erhielt.
40 
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs oder eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Letztlich ist dies ebenso wie die Gewerbeanmeldung und die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, die ebenfalls auf der Tatsache beruhen, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, nicht entscheidend. Vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 -; beide in juris).
41 
Nicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist das fehlende wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Sozialversicherung. Dabei lässt es der Senat dahingestellt, ob die Einschätzung der Klägerin, aufgrund der rentenrechtlichen Berücksichtigung der Kindererziehung und ihrer familienrechtlichen Ansprüche keinen Vorteil aus dem Status als sozialversicherte Beschäftigte zu haben, richtig ist. Die Ersparnis der Beiträge zur Sozialversicherung steht nämlich gerade nicht zur Disposition der Beteiligten.
42 
Die Feststellung, dass die Klägerin abhängig Beschäftigte und gesamtsozialversicherungspflichtig ist, steht nicht im Widerspruch zu Feststellungen aus der vorangegangenen Betriebsprüfung am 3. und 4. März 2005. Ausweislich des Bescheides vom 27. April 2005 war der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin nicht Gegenstand der Prüfung und diesbezüglich wurden in dem Betriebsprüfungsbescheid keine Feststellungen getroffen. Beschäftigte können aus den Ergebnissen früherer Prüfungen nur Rechte herleiten, wenn bei der Betriebsprüfung Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6 a). Die Tatsache, dass keine Beanstandung bezüglich der Einordnung der Tätigkeit der Klägerin erfolgte, genügt nicht.
43 
Die Klägerin ist nicht versicherungsfrei in den Zweigen der Sozialversicherung. Denn sie erhält für ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) überwiegend ein Arbeitsentgelt von ca. EUR 1.500,00 monatlich und liegt damit über der Grenze der Entgeltgeringfügigkeit von EUR 400,00, seit 1. Januar 2013 von EUR 450,00.
44 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
45 
IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Hinsichtlich des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung bei zeitweiligem Delegieren von Tätigkeiten an Dritte gibt es - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des BSG.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 betrifft.

In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.

2

Der am 1961 geborene Kläger arbeitete aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 11.2.1986 zunächst als Schlosser und nach Ablegen der Meisterprüfung noch im selben Jahr als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1., einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Rührwerksbau". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war bis zu seinem Tod am 11.5.2001 der Vater des Klägers. Die Geschäftsanteile erbte dessen Ehefrau; der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 31.8.2001 zum Geschäftsführer bestellt. Bereits am 30.4.1996 hatte der Vater des Klägers "gemäß § 48 Abs 2 GmbHG" folgende Niederschrift verfasst:

        

"… Aus gesundheitlichen Gründen werden meine Kinder S. und M. die Leitung des Unternehmens übernehmen. Mein Sohn wird aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens übernehmen, meine Tochter den kaufmännischen Teil, aufgrund ihrer Ausbildung beim Steuerberater. Die entsprechenden Vollmachten werden beiden Kindern umgehend erteilt. Ab sofort nehmen die Kinder am betrieblichen Erfolg mit einer Gewinntantieme teil und sind vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Auf das Weisungsrecht meinerseits verzichte ich. Arbeits- und Urlaubszeit kann nach Lage der Gesellschaft frei bestimmt und gestaltet werden."

3

Der Kläger war bis 30.11.1999 Mitglied der beklagten Krankenkasse, seit 1.1.1996 aufgrund freiwilliger Versicherung. Nachdem eine neu gewählte Krankenkasse festgestellt hatte, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. für spätere Zeiträume nicht versicherungspflichtig in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 14.9.2005 eine entsprechende Beurteilung auch für den (nun streitigen) Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 durch die Beklagte als Einzugsstelle. Diese stellte mit Bescheid vom 23.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.2006 fest, dass der Kläger in diesem Zeitraum bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Das SG hat die auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.11.2008).

4

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG unter Aufhebung des Urteils des SG und der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe (Urteil vom 22.9.2010): Für eine Beschäftigung sprächen ua die fehlende Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung des Klägers, die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags und die begrenzte Befugnis des Klägers, die Geschicke "der Firma" rechtsverbindlich zu gestalten. Demgegenüber sprächen die tatsächlichen Verhältnisse gegen eine Beschäftigung. So habe sein Vater dem Kläger mit der Niederschrift vom 30.4.1996 unter Verzicht auf sein Weisungsrecht die Unternehmensleitung übertragen. Dadurch habe der Kläger zusammen mit seiner Schwester nach eigenem Gutdünken frei "schalten und walten" können. Durch Übernahme einer Bürgschaft über 100 000 DM habe er ein wirtschaftliches Risiko getragen und sei am Gewinn der Firma beteiligt gewesen. Er habe die alleinigen Branchenkenntnisse in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte gehabt, sei vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen und habe Kundengespräche geführt, Angebote eingeholt sowie Kalkulationen erstellt, ohne sich im Einzelnen mit seinem Vater abzusprechen. Diesen tatsächlichen Verhältnissen komme bei der rechtlichen Beurteilung Vorrang gegenüber den vertraglichen Regelungen zu.

5

Mit der allein vom ihm eingelegten Revision rügt der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG seit dem Jahr 2006 (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da das LSG sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit einer formlosen Abbedingung vorgehen bzw. auch dann, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich nicht möglich ist". Das LSG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger am Stammkapital der zu 1. beigeladenen GmbH nicht beteiligt gewesen sei und bezogen auf die Gesellschaft keinerlei "Rechtsmacht" besessen habe. Diese Rechtsmacht habe trotz des Verzichts auf ein Weisungsrecht bei dessen Vater, dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1., gelegen. Zudem habe der Kläger die Beigeladene zu 1. nicht wie ein Alleininhaber, sondern nur zusammen mit seiner Schwester geleitet.

6

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben, soweit dieses unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 festgestellt hat, der Kläger habe in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen,
ferner, insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei mit der Niederschrift vom 30.4.1996 bereits die Bevollmächtigung beider Kinder durch ihren Vater erfolgt, der zugleich auf sein Weisungsrecht sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter verzichtet habe. Darauf, dass die Unternehmensleitung gemeinsam mit der - im Übrigen als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuften - Schwester erfolgte, komme es nicht an.

9

Die Beklagte und die zu 3. beigeladene Bundesagentur für Arbeit schließen sich der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2. an, die Beigeladene zu 3. ohne einen Antrag zu stellen.

10

Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.

Entscheidungsgründe

11

Die auf die angefochtene Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten sind bezogen darauf rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem Umfang aufzuheben und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.

12

1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Vorliegend lässt das Revisionsvorbringen noch hinreichend deutlich erkennen, dass die Beigeladene zu 2. die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den tatsächlichen Verhältnissen generell Vorrang gegenüber den gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Regelungen zu, und dass sie dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.

13

2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.

14

Zu Unrecht hat das LSG hier die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Bescheide der Beklagten sowie das SG-Urteil insoweit aufgehoben. Dabei ist das LSG zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Tatbestand der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen; es hat jedoch die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Wiederum zutreffend hat das LSG eine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorausgesetzt und den "Anstellungsvertrag" des Klägers zum Ausgangspunkt der weiteren Prüfung und seiner Tatsachenfeststellungen gemacht (hierzu b). Im Ergebnis keinen Bestand haben indes die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des LSG sowie seine davon ausgehende Bewertung des Gesamtbildes der Erwerbstätigkeit (hierzu c). Dabei steht der Einordnung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. als (abhängige) Beschäftigung die Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit in Familiengesellschaften nicht entgegen (hierzu d).

15

a) In den Jahren 1996 bis 1999, die hier in Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der RV der Versicherungspflicht (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI; ab 1.1.1998 idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

16

Zutreffend weist die Beigeladene zu 2. in ihrer Revisionsbegründung darauf hin, dass zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-25).

17

Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier zwar von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu unten c). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des Anstellungsvertrags überhaupt abdingbar waren.

18

b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.

19

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 11.2.1986, der deren Vertragsverhältnis zunächst ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG - lückenhaft - festgestellten Inhalt - regelmäßiges Entgelt, feste wöchentliche Arbeitszeit, Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Nach abgelegter Meisterprüfung wurde der Kläger sodann als Betriebsleiter eingesetzt; hiermit evtl verbundene rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" hat das LSG aber ebenso wenig festgestellt, wie es Feststellungen zur Frage dafür einzuhaltender möglicher Formerfordernisse bei Vertragsänderungen getroffen hat.

20

Eine weitere Änderung der Stellung des Klägers erfolgte aufgrund der als Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) auszulegenden Niederschrift seines Vaters vom 30.4.1996 mit der Übertragung der "Leitung" des technischen und gewerblichen Bereichs der GmbH an ihn. Dieser Beschluss enthielt gleichzeitig eine Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot und einen Verzicht seines Vater - des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1. - auf ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Zudem wurde dem Kläger eine Gewinntantieme zugesagt und das Recht eingeräumt, über seine eigene Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass dies auch der betrieblichen Praxis entsprach. So führte der Kläger fortan die Kundengespräche, holte Angebote ein und stellte Kalkulationen auf, ohne im Einzelnen Rücksprache mit seinem Vater zu nehmen. Der Kläger war Ansprechpartner für Kunden und für Mitarbeiter. Zumindest einen Mitarbeiter stellte er ein, wenn auch der Arbeitsvertrag auf Seiten der Beigeladenen zu 1. vom Vater des Klägers unterschrieben wurde. Der Vater hatte sich - obwohl täglich im Betrieb anwesend - nach den Feststellungen des LSG "nicht mehr eingemischt" und nahm auch auf die Einstellung von Personal keinen Einfluss mehr.

21

Offenbleiben kann vorliegend, ob die in der Niederschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 erwähnten Vollmachten für den Kläger zu diesem Zeitpunkt oder später tatsächlich erteilt wurden und ob die Beigeladene zu 2. insoweit eine zulässige Sachrüge erhoben hat. Denn auch für den Fall, dass dem Kläger die zur Leitung des technischen und gewerblichen Teils der Beigeladenen zu 1. erforderlichen Vollmachten erteilt wurden, tragen die vom LSG festgestellten Umstände nicht dessen rechtlichen Schluss, dass sich mit der Niederschrift vom 30.4.1996 der Charakter der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. dahingehend wandelte, dass der Kläger nunmehr selbstständig tätig sein sollte.

22

c) Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 1. auch in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.

23

Eine Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - etwa in Form eines freien Dienstverhältnisses - ergibt sich nicht daraus, dass der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. durch Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 auf "das Weisungsrecht" gegenüber dem Kläger verzichtete und diesem das Recht einräumte, seine Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Zwar unterlag der Kläger dadurch nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd durch den weiterhin allein als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH im Handelsregister eingetragenen Vater - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (wie das LSG im vorliegenden Fall anhand der Aussage des Zeugen R. festgestellt hat).

24

Eine solche noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes bestand bei dem Kläger auch nach dem 30.4.1996. Durch den Gesellschafterbeschluss erlangte er die Stellung eines Angestellten, der nach den Feststellungen des LSG auch in der betrieblichen Praxis den technischen und gewerblichen Teil der Beigeladenen zu 1. mit "entsprechenden Vollmachten" eigenverantwortlich zu leiten hatte. Dennoch blieb der Kläger weiterhin in die durch die Beigeladene zu 1. bzw ihren gesellschaftsrechtlich maßgebenden Geschäftsführer (= Vater des Klägers) vorgegebene Organisation eingebunden, da seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war, während die Leitung des kaufmännischen Teils der Beigeladenen zu 1. ausschließlich seiner Schwester oblag. Die Vollmacht, diese Entscheidung zur konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation auf der Leitungsebene zu ändern, besaß der Kläger nicht. Selbst innerhalb des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs war seine Vertretungsbefugnis rechtlich zwingend auf den Umfang einer rechtsgeschäftlichen Handlungsvollmacht iS von § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) begrenzt, die sich zwar auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, die jedoch nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet war(BGH Urteil vom 20.10.2008 - II ZR 107/07 - NJW 2009, 293, 294 mwN). Schon von Gesetzes wegen (§ 54 Abs 2 HGB) waren jedenfalls die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen und die Prozessführung von der Bevollmächtigung ausgenommen. Die anderenfalls notwendige besondere Erteilung der Vollmacht auch für diese Befugnisse hat das LSG nicht festgestellt. Darüber hinaus unterlag der Kläger selbst in dem ihm danach zugewiesenen eingeschränkten Vollmachtsrahmen zwingend der Kontrolle des GmbH-Geschäftsführers (vgl zu dessen Stellung allgemein zB Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl 2010, § 35 RdNr 76 mwN). Soweit der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der Beigeladenen zu 1. diese Kontrolle tatsächlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausübte, etwa weil - wie das LSG herausstellt - er sich darauf verließ, dass der Kläger die einzelnen Aufträge ordnungsgemäß einholte und durchführte, ist dies für die hier vorzunehmende Abgrenzung ebenso unbeachtlich, wie ein auch die zur Ausübung dieser Kontrolle notwendigen Weisungen umfassender Verzicht auf das Weisungsrecht, denn insoweit wären die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten (hierzu bereits oben a). Im Übrigen deutet sogar die Feststellung des LSG, der Zeuge R. sei "von dem Kläger eingestellt worden", den Arbeitsvertrag habe jedoch der Vater unterschrieben, darauf hin, dass die dem Kläger erteilten Vollmachten auch in der betrieblichen Praxis nicht umfassend, sondern begrenzt waren.

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Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. Gleichzeitig blieb seine Position innerhalb des Unternehmens ohnehin deutlich hinter der organschaftlich begründeten Stellung eines Geschäftsführers - als solcher wurde er trotz der vorgenommenen Änderungen (weiterhin) nicht bestellt, sondern erst nach dem Tod des Vaters Ende August 2001 - zurück. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448 S 253).

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Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f), doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die am 5.2.1994 für die Beigeladene zu 1. übernommene Bürgschaft des Klägers über 100 000 DM ihm eine solche Einflussnahme ermöglichte. Aus diesem Grunde war der durch den Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 erfolgte, in seinem Umfang ohnehin begrenzte Verzicht auf das Weisungsrecht nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich im Konfliktfall jederzeit widerrufbar, ohne dass der Kläger dieses hätte verhindern können.

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Für eine fortbestehende Eingliederung in eine vorgegebene betriebliche Ordnung trotz des - wie aufgezeigt - begrenzten Verzichts auf ein Weisungsrecht spricht auch die im Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 festgelegte Bindung der vom Kläger im Übrigen frei selbst zu bestimmenden Arbeits- und Urlaubszeit an die "Lage der Gesellschaft" (in diesem Sinne zur Bindung der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse der Geschäftsführung BSG SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 17). Dass der Kläger im Rahmen der ihm erteilten begrenzten Vollmachten vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer einer kleineren GmbH bereits entschieden hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1, RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17)- nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

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Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass die Gewährung einer Tantieme als solche nicht genügt, um eine Beschäftigung auszuschließen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53). Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 18 mwN). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl zB BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG Urteil vom 28.4.1982 - 12 RK 12/80 - Die Beiträge 1982, 382 = USK 8244), ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering. Wie die Gewichtung beispielsweise bei einer Tätigkeit in einem Einzelunternehmen zu beurteilen ist, wenn die Tätigkeit im fremden oder im (auch) eigenen Betrieb in Frage steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1., einer GmbH, an deren Stammkapital der Kläger nicht beteiligt war, aus (vgl oben unter b). Daher ist es auch unschädlich, dass das LSG die konkrete Höhe der Tantieme und Anlass, zu sicherndes Risiko sowie Fortbestand der Bürgschaft während des streitigen Zeitraums nicht festgestellt hat und somit das Ausmaß des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Klägers am Erfolg der Beigeladenen zu 1. nicht einmal genau feststeht.

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Soweit das LSG im Hinblick auf die Bürgschaft über ein wirtschaftliches Eigeninteresse hinaus auch ein "typisches Unternehmerrisiko" des Klägers angenommen und als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet hat, erfasst es die Bedeutung dieses Merkmals im vorliegenden Kontext nicht zutreffend. So kann eine Bürgschaft wie die des Klägers für die Beigeladene zu 1., bei der er die hier streitige Tätigkeit ausübt, in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem - wie oben dargelegt zweifellos - fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering. Denn diese Bürgschaft begründete kein mit der Tätigkeit - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung sind vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl hierzu allgemein Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 153). Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm nach den Feststellungen des LSG auch nach dem 30.4.1996 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf "die Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes" zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen.

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d) Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. kann schließlich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von in Familiengesellschaften verrichteten Tätigkeiten gestützt werden.

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Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings : BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).

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Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür Einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, größere Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, aaO, § 7 RdNr 124). Eine solche "SchönwetterSelbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).

33

Auf die dargestellte Frage kommt es vorliegend nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger habe seit April 1996 die Geschäfte der Beigeladenen zu 1. "nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten" können (vgl dazu BSG <11. Senat> BSGE 66, 168, 171 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4), nicht tragen. So hat das LSG seine Schlussfolgerung bereits selbst dahin eingeschränkt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1. "mit seiner Schwester allein" geführt habe (Seite 15 des Urteils) bzw nur zusammen mit ihr habe führen können. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, dass das LSG keine Feststellungen zum Umfang des Einvernehmens zwischen dem Kläger und seiner Schwester getroffen hat. Denn auch bei großzügiger Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 war die Leitungsmacht des Klägers ausschließlich auf "den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens" beschränkt. Nur die darauf bezogenen "entsprechenden Vollmachten" wurden erteilt oder sollten noch erteilt werden. Die Leitung der Beigeladenen zu 1. insgesamt war dem Kläger damit nicht übertragen worden. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Schwester und den - wenn auch zunehmend nur noch der Form halber - weiterhin an der Unternehmensleitung mitwirkenden Vater derart dominiert hätte, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Gesamtleitung der Beigeladenen zu 1. allein durch den Kläger vorgelegen hätte. Vielmehr hat auch das LSG alleinige Branchenkenntnisse des Klägers nicht in allumfassender Weise, sondern nur in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte festgestellt. Die Leitung des kaufmännischen Teils des Unternehmens hatte der Vater des Klägers gerade mit Rücksicht auf deren durch eine Ausbildung bei einem Steuerberater erworbenen Kenntnisse der Schwester des Klägers übertragen. Zudem verfügte der Vater des Klägers über langjährige Erfahrung in der Leitung des Gesamtunternehmens, die er als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt innehatte, bevor der Kläger die Meisterprüfung ablegte und zum Betriebsleiter bestellt wurde. Zugleich spricht der Umstand, dass der Kläger und seine Schwester trotz Übertragung bereichsbezogener Leitungsfunktionen und eines Verzichts des Vaters auf "das Weisungsrecht" nicht zu Geschäftsführern berufen wurden, dafür, dass sich der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Kontrolle und Letztentscheidungsbefugnis zumindest bezüglich grundlegender unternehmerischer Entscheidungen vorbehalten wollte. Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. im Erbgang an die Mutter und nicht den Kläger und seine Schwester fiel, dafür, dass ihr Vater das Unternehmen trotz seiner fortschreitenden Krankheit jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums noch nicht vollständig an seine Kinder übergeben hatte.

34

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Anteil der zu erstattenden Kosten entspricht dem Verhältnis der im streitigen Zeitraum für den Kläger zur gesetzlichen RV und zur Arbeitsförderung entrichteten Beiträge.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).