Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 17. Juni 2014 - S 13 SB 1323/13

bei uns veröffentlicht am17.06.2014

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Herabstufung des GdB auf 40 und begehrt die Feststellung eines GdB von mindestens 50 über den 4. Oktober 2012 hinaus.
Bei dem Kläger hatte das Landratsamt zuletzt mit Bescheid vom 13. August 2007 einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit dem 12. Juni 2006 anerkannt. In der dem Bescheid zugrunde liegenden Stellungnahme hatte der versorgungsmedizinische Dienst die Gesundheitsstörungen des Klägers wie folgt bewertet:
1.01   
Hauterkrankung in Heilungsbewährung
Einzel-GdB 50
1.02   
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule,
        
        
Polyarthrose, Teilamputation der 1. Zehe rechts 
Einzel-GdB 20
1.03   
Asbestose
Einzel-GdB 10
Am 5. Juni 2012 beantragte er beim LRA, den GdB neu festzustellen. Das LRA zog Untersuchungsbefunde der behandelnden Ärzte bei und hörte den Kläger mit Schreiben vom 2. August 2012 zu einer Herabstufung des GdB auf 40 an. Hierzu trug der Kläger vor, er sei aufgrund seiner Tumorerkrankung ein Hochrisikopatient. Er müsse sich bei seinem Hautarzt weiterhin engmaschig untersuchen lassen. Die Heilungsbewährung sei daher auf unbestimmte Zeit zu verlängern.
Der Beklagte stellte durch Bescheid vom 1. Oktober 2012 einen GdB von 40 seit dem 4. Oktober 2012 fest. In der dem Bescheid zugrundeliegende Stellungnahme berücksichtigte der versorgungsmedizinische Dienst folgende Gesundheitsstörungen:
1.01   
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule,
        
        
Polyarthrose, Teilamputation der 1. Zehe rechts 
Einzel-GdB 30
1.02   
Schwerhörigkeit beidseits
Einzel-GdB 20
1.03   
Asbestose
Einzel-GdB 10
1.04   
Teilverlust des Dickdarms, Divertikulose
Einzel-GdB 10
Zur Begründung seines hiergegen erhobenen Widerspruchs verwies der Kläger nochmals auf seinen Vortrag im Anhörungsverfahren.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2013 stellte der Beklagte im Rahmen eines Antrags gem. § 44 SGB X für die Zeit vom 12. Juni 2007 bis 13. Oktober 2012 einen Grad der Behinderung von 80 fest. Die Hauterkrankung in Heilungsbewährung habe in diesem Zeitraum mit einem GdB von 80 bewertet werden müssen.
Das LRA hörte erneut seinen ärztlichen Dienst an, der an seinen bisherigen Feststellungen festhielt. Der Beklagte wies den Widerspruch daraufhin durch Widerspruchsbescheid vom 19. März 2013 als unbegründet zurück.
10 
Aus diesem Grund hat der Kläger am 10. April 2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Die Klägerbevollmächtigte trägt zur Begründung vor, die Schwerhörigkeit des Klägers sei mit einem Teil- GdB von 30 und die Divertikulose mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Die Gesundheitsbeeinträchtigungen würden im Gesamten mindestens einen GdB von 50 rechtfertigen.
11 
Die Klägerbevollmächtigte beantragt,
12 
den Bescheid vom 19. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 1. Oktober 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, beim Kläger über den 4. Oktober 2012 hinaus mindestens einen GdB von 50 festzustellen.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Er stützt sich auf die im Gerichtsverfahren vorgelegte versorgungsmedizinische Stellungnahmen und hält die angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig.
16 
Das Gericht hat im Rahmen der Beweiserhebung die vom Kläger genannten Mediziner als sachverständige Zeugen befragt. Auf die schriftlichen Aussagen wird Bezug genommen.
17 
Das Gericht hat anschließend die Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Orthopädie Dr. C. veranlasst. Dieser hat in seinem unter dem 20. Dezember 2013 erstatteten Gutachten folgende Diagnosen mitgeteilt: endgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule, Spannungskopfschmerz, mittelgradige Funktionseinschränkungen der BWS, chronische Lumbalgie, mittelgradige Funktionseinschränkungen der rechten Schulter, Teilverlust der rechten Großzehe. Der Gutachter ist von einer Verschlechterung der rechten Schulter ab Juni 2013 ausgegangen und hat den Gesamt-GdB ab diesem Zeitpunkt mit 50 eingeschätzt.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten und die Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid des Landratsamts vom 19. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums vom 1. Oktober 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
20 
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Insbesondere ist die nach § 24 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) erforderliche Anhörung zu einer beabsichtigten Aufhebung des Grads der Behinderung von 50 mit Wirkung für die Zukunft mit Schreiben vom 2. August 2012 erfolgt.
21 
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Im Schwerbehindertenrecht liegt eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse vor, wenn sich der Gesundheitszustand des Behinderten durch das Hinzutreten neuer oder den Wegfall bestehender Funktionsstörungen oder durch eine Änderung der anerkannten Funktionsstörungen verschlechtert oder verbessert.
22 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Feststellung und Bewertung des GdB ist § 69 Abs. 1 SGB IX, wonach die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden (Versorgungsämter und Landesversorgungsämter) auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB feststellen. Die Feststellung des GdB richtet sich seit dem 01. Januar 2009 nach den Bewertungsmaßstäben der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV), die aufgrund der Ermächtigung in § 30 Abs. 17 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erlassen worden sind (§ 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX) und den medizinischen Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergeben.
23 
Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 S. 4 SGB IX). Der Begriff des GdB bezieht sich auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Verursachung, wobei die üblichen seelischen Begleiterscheinungen und Schmerzen mitberücksichtigt sind.
24 
Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn der veränderte Gesundheitszustand mehr als sechs Monate angehalten hat oder voraussichtlich anhalten wird und wenn sich der Gesamt-Grad der Behinderung (Gesamt-GdB) um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen medizinischen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden (BSG Urteil vom 15.08.1996, Az. 9 RVs 10/94, juris Rn. 11, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010, Az. L 8 SB 1549/10, juris Rn. 22). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen.
25 
Für die Feststellung des GdB sind dabei in einem ersten Schritt die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus ergebenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. In einem zweiten Schritt sind diese den in der Anlage zu § 2 der VersMedV genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann - ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB - der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Urteil vom 24.04.2008, Az. B 9/9a SB 10/06 R, juris Rn. 23). Bei der Ermittlung des Gesamt-GdB sind jegliche Rechenmethoden für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Maßgebend sind die Auswirkungen der gesamten Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen (Teil A. Nr. 3 der Anlage zu § 2 der VersMedV).
26 
Vorliegend ist eine wesentliche Änderung durch Ablauf der Heilungsbewährung in Bezug auf das maligne Melanom eingetreten. Nach Teil B Nr. 17.13 der VersMedV beträgt diese 5 Jahre. Die Zeitdauer von fünf Jahren basiert auf Erkenntnissen über die Gefahr des Auftretens einer Rezidiverkrankung in den ersten fünf Jahren nach der Erstbehandlung sowie der regelmäßig vorhandenen subjektiven Befürchtung vor einem Rezidiv. Danach ist der GdB nur noch anhand der verbliebenen Funktionseinschränkungen zu bewerten.Die Heilungsbewährung erfasst darüber hinaus auch die vielfältigen Auswirkungen, die mit der Feststellung, der Beseitigung und der Nachbehandlung eines Tumors in allen Lebensbereichen verbunden sind. Dies rechtfertigt es nach der sozialmedizinischen Erfahrung, bei Krebserkrankungen zunächst nicht nur den Organverlust zu bewerten. Vielmehr ist hier zunächst für einen gewissen Zeitraum unterschiedslos der Schwerbehindertenstatus zu gewähren. Die pauschale, umfassende Berücksichtigung körperlicher und seelischer Auswirkungen der Erkrankung kann jedoch nicht auf Dauer Bestand haben. Da nach der medizinischen Erfahrung nach rückfallfreiem Ablauf von fünf Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit die Krebserkrankung überwunden ist und außerdem neben der unmittelbaren Lebensbedrohung auch die vielfältigen Auswirkungen der Krankheit auf die gesamte Lebensführung entfallen sind, ist der GdB dann nur noch anhand der noch verbliebenen Funktionseinschränkungen zu bewerten (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 1995, 9 RVs 14/94, nach juris). Der Tumor ist bei Kläger im April 2007 festgestellt und entfernt worden. Bislang ist es nach Auskunft des behandelnden Hautarztes nicht zu einem Rezidiv gekommen. Das beim Kläger im November 2011 entfernte Basalzellcarcinom ist keine Rezidiverkrankung und löst für sich alleine genommen keine Heilungsbewährung nach der VersMedV aus. Allein der Umstand noch weiterhin regelmäßig, halbjährlich eine Nachsorgeuntersuchung durchführen lassen zu müssen und das erhöhte Risiko im Vergleich zu gesunden Personen einer erneuten Erkrankung, rechtfertigen nicht die Verlängerung der Heilungsbewährung.
27 
Dadurch hat sich der Gesundheitszustand des Klägers ab dem 4. Oktober 2012 wesentlich geändert.
28 
Die beim Kläger bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen sind nach den oben genannten Maßstäben ab dem 4. Oktober 2012 mit einem Gesamt-GdB von 40 zu bewerten.
29 
Für diese Überzeugung stützt sich das erkennende Gericht auf die sachverständige Zeugenaussage von Dr. H., das Gutachten von Dr. C. sowie die versorgungsmedizinischen Stellungnahmen von Dr. R. und macht sich deren Einschätzung nach eigener kritischer Urteils- und Überzeugungsbildung zu eigen.
30 
1. Der Kläger leidet auf orthopädischem Fachgebiet unter folgenden Gesundheitsstörungen: endgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule, mittelgradige Funktionseinschränkungen der BWS, chronische Lumbalgie, mittelgradige Funktionseinschränkungen der rechten Schulter, Teilverlust der rechten Großzehe. Nach Überzeugung des Gerichts bedingen die Beschwerden an der Wirbelsäule insgesamt einen Teil-GdB von 20. Dr. C. hat im Rahmen der Begutachtung eine endgradige Bewegungseinschränkung an der Halswirbelsäule hinsichtlich der Rotation auf 50 Grad, eine mittelgradige Einschränkung der Brustwirbelsäule hinsichtlich der Re/-Inklination auf 10 Grad sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule hinsichtlich der Seitneigung feststellen können. Das Zeichen nach Ott hat 30/31 cm, das Schoberzeichen 10/14,5 cm betragen. Damit liegen nach den Grundsätzen der VersMedV an einem Wirbelsäulenabschnitt, nämlich der Brustwirbelsäule eine mittelgradige Funktionsauswirkung, an den übrigen Abschnitten eine geringgradige Funktionsauswirkungen vor.
31 
Die Teilamputation der rechten Großzehe rechtfertigt einen Einzel-GdB von 20. Im Rahmen der Begutachtung hat Dr. C. beobachtet, dass sich der Verlust der Großzehe auf das Gehvermögen des Klägers auswirkt und eine Muskelschwäche an der rechten Wade entstanden ist.
32 
Die Beschwerden des Klägers am rechten Schultergelenk sind ab Juni 2013 mit einem Einzel-GdB von 20 zu werten. Dr. B. hat am 17. Juni 2013 eine erhebliche Einschränkung der Elevation auf maximal 80 Grad feststellen können. Auch Dr. C. hat eine Einschränkung der Elevation auf 90 Grad, hinsichtlich der Drehung auf 50/0/40 und dem Abspreitzen auf 80/0/20 vermerkt. Hierbei handelt es sich um eine schwere Bewegungseinschränkung des Schultergelenks nach den Grundsätzen der VersMedV. Diese ist aber frühestens ab Juni 2013 objektiviert.
33 
2. Der Kläger leidet unter einer beidseitigen Innenschwerhörigkeit sowie einer Lärmschwerhörigkeit. Nach der Tabelle A zur Ermittlung des prozentualen Hörverlustes aus dem Sprachaudiogramm aus dem Jahr 2007 ergibt sich auf beiden Ohren ein prozentualer Hörverlust von 30 Prozent. Das Sprachaudiogramm ist vorrangig im Vergleich zu einem Tonaudiogramm heranzuziehen, da zumindest bei gering bis mittelgradigen prozentualen Hörverlusten die Ergebnisse des Sprachaudiogramms genauer sind. Das ebenfalls in diesem Jahr eingeholte Tonaudiogramm sowie die in den Jahren 2010 und 2012 eingeholten lassen keine wesentliche Verschlechterung des Hörvermögens erkennen. So hat 2007 der prozentuale Hörverlust am rechten Ohr 40 %, am linken 53 %, 2010 rechts 43 % und links 51 % und 2012 rechts 39 % und links 50 %. Der vom Beklagten angenommenen GdB Wert für die Schwerhörigkeit beidseits in Höhe von 20 ist ausreichend.
34 
3. Die Gesundheitsbeeinträchtigung in Form der Divertikulose sowie des Teilverlust des Dickdarm bedingt keinen höheren GdB als 10. Nach Teil B Nr. 10.2.2 der VersMedV würde eine Höherbewertung stärkere und häufig rezidivierende oder anhaltende Symptome wie beispielsweise Durchfälle oder Spasmen voraussetzen. Der Kläger hat lediglich am 25. März 2013 einmalig bei seinem Hausarzt Dr. B. ein immer mal wieder auftretendes Ziehen im Unterbauch erwähnt und im April 2013 diese ebenso bei der Internistin Dr. W. beklagt. Durchfälle oder sonstige häufig auftretenden Symptome sind ausweislich der vorhandenen Befundunterlagen nicht dokumentiert.
35 
Weitere Gesundheitsstörungen, die einem anderen Funktionssystem zuzuordnen sind und zumindest einen Einzelbehinderungsgrad von 10 bedingen, sind nicht festzustellen.
36 
Ausgehend von der obigen Beurteilung der einzelnen Beeinträchtigungen des Klägers entsprechen seine Behinderungen einem Gesamt-GdB in Höhe von 40 ab dem 4. Oktober 2012.
37 
Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der Versorgungsmedizin-Verordnung in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10, Juris Rn. 25 m.w.N.). Die einzelnen GdB-Werte dürfen für die Bildung des Gesamt-GdB weder addiert, noch mit anderen Rechenmethoden gebildet werden. Ausschlaggebend sind stattdessen die Auswirkungen aller Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen. Ein Einzel-GdB in Höhe von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung und auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB in Höhe von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3d der Anlage zu § 2 VersMedV).
38 
Aus den Einzel-GdB-Werten von einmal 4 mal 20 und einmal 10 ist unter Berücksichtigung des oben beschriebenen Maßstabs ein Gesamt-GdB in Höhe von 40 zu bilden. Das Gericht schließt sich der überzeugenden Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Januar 2014, L 8 SB 211/13; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. März 2011, L 8 SB 4762/08) an und geht davon aus, dass es, von Ausnahmefällen abgesehen, nicht möglich ist bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Einzel-GdB von 20 einen Gesamt GdB von 50 festzustellen.
39 
„Eine solche Wertigkeit kommt den vom Verordnungsgeber als leichte Behinderungen eingestuften Funktionseinschränkungen in der Regel nicht zu.“ (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Januar 2014, L 8 SB 211/13, Rn. 34 nach juris)
40 
Nicht folgen kann das Gericht der Einschätzung des Gesamt-GdB durch den Gutachter Dr. C.. Da es aber Aufgabe des Gerichts und nicht den Gutachters ist, die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen anhand der VersMedV zu bewerten und einen Gesamt-GdB zu bilden, ist dies nicht entscheidend. Dr. C. ist jeweils von Einzel-GdB Werten in Höhe von 20 ausgegangen, hieraus einen Gesamt-GdB zu bilden, ist Aufgabe des Gerichts. Hierbei hat sich das Gericht an den zuvor dargestellten rechtlichen Erwägungen orientiert.
41 
Aus diesem Grund sind die Bescheide des LRA und des Beklagten rechtmäßig. Demgemäß war die Klage abzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe

 
19 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid des Landratsamts vom 19. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums vom 1. Oktober 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
20 
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Insbesondere ist die nach § 24 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) erforderliche Anhörung zu einer beabsichtigten Aufhebung des Grads der Behinderung von 50 mit Wirkung für die Zukunft mit Schreiben vom 2. August 2012 erfolgt.
21 
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Im Schwerbehindertenrecht liegt eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse vor, wenn sich der Gesundheitszustand des Behinderten durch das Hinzutreten neuer oder den Wegfall bestehender Funktionsstörungen oder durch eine Änderung der anerkannten Funktionsstörungen verschlechtert oder verbessert.
22 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Feststellung und Bewertung des GdB ist § 69 Abs. 1 SGB IX, wonach die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden (Versorgungsämter und Landesversorgungsämter) auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB feststellen. Die Feststellung des GdB richtet sich seit dem 01. Januar 2009 nach den Bewertungsmaßstäben der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV), die aufgrund der Ermächtigung in § 30 Abs. 17 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erlassen worden sind (§ 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX) und den medizinischen Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergeben.
23 
Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 S. 4 SGB IX). Der Begriff des GdB bezieht sich auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Verursachung, wobei die üblichen seelischen Begleiterscheinungen und Schmerzen mitberücksichtigt sind.
24 
Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn der veränderte Gesundheitszustand mehr als sechs Monate angehalten hat oder voraussichtlich anhalten wird und wenn sich der Gesamt-Grad der Behinderung (Gesamt-GdB) um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen medizinischen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden (BSG Urteil vom 15.08.1996, Az. 9 RVs 10/94, juris Rn. 11, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010, Az. L 8 SB 1549/10, juris Rn. 22). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen.
25 
Für die Feststellung des GdB sind dabei in einem ersten Schritt die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus ergebenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. In einem zweiten Schritt sind diese den in der Anlage zu § 2 der VersMedV genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann - ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB - der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Urteil vom 24.04.2008, Az. B 9/9a SB 10/06 R, juris Rn. 23). Bei der Ermittlung des Gesamt-GdB sind jegliche Rechenmethoden für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Maßgebend sind die Auswirkungen der gesamten Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen (Teil A. Nr. 3 der Anlage zu § 2 der VersMedV).
26 
Vorliegend ist eine wesentliche Änderung durch Ablauf der Heilungsbewährung in Bezug auf das maligne Melanom eingetreten. Nach Teil B Nr. 17.13 der VersMedV beträgt diese 5 Jahre. Die Zeitdauer von fünf Jahren basiert auf Erkenntnissen über die Gefahr des Auftretens einer Rezidiverkrankung in den ersten fünf Jahren nach der Erstbehandlung sowie der regelmäßig vorhandenen subjektiven Befürchtung vor einem Rezidiv. Danach ist der GdB nur noch anhand der verbliebenen Funktionseinschränkungen zu bewerten.Die Heilungsbewährung erfasst darüber hinaus auch die vielfältigen Auswirkungen, die mit der Feststellung, der Beseitigung und der Nachbehandlung eines Tumors in allen Lebensbereichen verbunden sind. Dies rechtfertigt es nach der sozialmedizinischen Erfahrung, bei Krebserkrankungen zunächst nicht nur den Organverlust zu bewerten. Vielmehr ist hier zunächst für einen gewissen Zeitraum unterschiedslos der Schwerbehindertenstatus zu gewähren. Die pauschale, umfassende Berücksichtigung körperlicher und seelischer Auswirkungen der Erkrankung kann jedoch nicht auf Dauer Bestand haben. Da nach der medizinischen Erfahrung nach rückfallfreiem Ablauf von fünf Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit die Krebserkrankung überwunden ist und außerdem neben der unmittelbaren Lebensbedrohung auch die vielfältigen Auswirkungen der Krankheit auf die gesamte Lebensführung entfallen sind, ist der GdB dann nur noch anhand der noch verbliebenen Funktionseinschränkungen zu bewerten (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 1995, 9 RVs 14/94, nach juris). Der Tumor ist bei Kläger im April 2007 festgestellt und entfernt worden. Bislang ist es nach Auskunft des behandelnden Hautarztes nicht zu einem Rezidiv gekommen. Das beim Kläger im November 2011 entfernte Basalzellcarcinom ist keine Rezidiverkrankung und löst für sich alleine genommen keine Heilungsbewährung nach der VersMedV aus. Allein der Umstand noch weiterhin regelmäßig, halbjährlich eine Nachsorgeuntersuchung durchführen lassen zu müssen und das erhöhte Risiko im Vergleich zu gesunden Personen einer erneuten Erkrankung, rechtfertigen nicht die Verlängerung der Heilungsbewährung.
27 
Dadurch hat sich der Gesundheitszustand des Klägers ab dem 4. Oktober 2012 wesentlich geändert.
28 
Die beim Kläger bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen sind nach den oben genannten Maßstäben ab dem 4. Oktober 2012 mit einem Gesamt-GdB von 40 zu bewerten.
29 
Für diese Überzeugung stützt sich das erkennende Gericht auf die sachverständige Zeugenaussage von Dr. H., das Gutachten von Dr. C. sowie die versorgungsmedizinischen Stellungnahmen von Dr. R. und macht sich deren Einschätzung nach eigener kritischer Urteils- und Überzeugungsbildung zu eigen.
30 
1. Der Kläger leidet auf orthopädischem Fachgebiet unter folgenden Gesundheitsstörungen: endgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule, mittelgradige Funktionseinschränkungen der BWS, chronische Lumbalgie, mittelgradige Funktionseinschränkungen der rechten Schulter, Teilverlust der rechten Großzehe. Nach Überzeugung des Gerichts bedingen die Beschwerden an der Wirbelsäule insgesamt einen Teil-GdB von 20. Dr. C. hat im Rahmen der Begutachtung eine endgradige Bewegungseinschränkung an der Halswirbelsäule hinsichtlich der Rotation auf 50 Grad, eine mittelgradige Einschränkung der Brustwirbelsäule hinsichtlich der Re/-Inklination auf 10 Grad sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule hinsichtlich der Seitneigung feststellen können. Das Zeichen nach Ott hat 30/31 cm, das Schoberzeichen 10/14,5 cm betragen. Damit liegen nach den Grundsätzen der VersMedV an einem Wirbelsäulenabschnitt, nämlich der Brustwirbelsäule eine mittelgradige Funktionsauswirkung, an den übrigen Abschnitten eine geringgradige Funktionsauswirkungen vor.
31 
Die Teilamputation der rechten Großzehe rechtfertigt einen Einzel-GdB von 20. Im Rahmen der Begutachtung hat Dr. C. beobachtet, dass sich der Verlust der Großzehe auf das Gehvermögen des Klägers auswirkt und eine Muskelschwäche an der rechten Wade entstanden ist.
32 
Die Beschwerden des Klägers am rechten Schultergelenk sind ab Juni 2013 mit einem Einzel-GdB von 20 zu werten. Dr. B. hat am 17. Juni 2013 eine erhebliche Einschränkung der Elevation auf maximal 80 Grad feststellen können. Auch Dr. C. hat eine Einschränkung der Elevation auf 90 Grad, hinsichtlich der Drehung auf 50/0/40 und dem Abspreitzen auf 80/0/20 vermerkt. Hierbei handelt es sich um eine schwere Bewegungseinschränkung des Schultergelenks nach den Grundsätzen der VersMedV. Diese ist aber frühestens ab Juni 2013 objektiviert.
33 
2. Der Kläger leidet unter einer beidseitigen Innenschwerhörigkeit sowie einer Lärmschwerhörigkeit. Nach der Tabelle A zur Ermittlung des prozentualen Hörverlustes aus dem Sprachaudiogramm aus dem Jahr 2007 ergibt sich auf beiden Ohren ein prozentualer Hörverlust von 30 Prozent. Das Sprachaudiogramm ist vorrangig im Vergleich zu einem Tonaudiogramm heranzuziehen, da zumindest bei gering bis mittelgradigen prozentualen Hörverlusten die Ergebnisse des Sprachaudiogramms genauer sind. Das ebenfalls in diesem Jahr eingeholte Tonaudiogramm sowie die in den Jahren 2010 und 2012 eingeholten lassen keine wesentliche Verschlechterung des Hörvermögens erkennen. So hat 2007 der prozentuale Hörverlust am rechten Ohr 40 %, am linken 53 %, 2010 rechts 43 % und links 51 % und 2012 rechts 39 % und links 50 %. Der vom Beklagten angenommenen GdB Wert für die Schwerhörigkeit beidseits in Höhe von 20 ist ausreichend.
34 
3. Die Gesundheitsbeeinträchtigung in Form der Divertikulose sowie des Teilverlust des Dickdarm bedingt keinen höheren GdB als 10. Nach Teil B Nr. 10.2.2 der VersMedV würde eine Höherbewertung stärkere und häufig rezidivierende oder anhaltende Symptome wie beispielsweise Durchfälle oder Spasmen voraussetzen. Der Kläger hat lediglich am 25. März 2013 einmalig bei seinem Hausarzt Dr. B. ein immer mal wieder auftretendes Ziehen im Unterbauch erwähnt und im April 2013 diese ebenso bei der Internistin Dr. W. beklagt. Durchfälle oder sonstige häufig auftretenden Symptome sind ausweislich der vorhandenen Befundunterlagen nicht dokumentiert.
35 
Weitere Gesundheitsstörungen, die einem anderen Funktionssystem zuzuordnen sind und zumindest einen Einzelbehinderungsgrad von 10 bedingen, sind nicht festzustellen.
36 
Ausgehend von der obigen Beurteilung der einzelnen Beeinträchtigungen des Klägers entsprechen seine Behinderungen einem Gesamt-GdB in Höhe von 40 ab dem 4. Oktober 2012.
37 
Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der Versorgungsmedizin-Verordnung in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10, Juris Rn. 25 m.w.N.). Die einzelnen GdB-Werte dürfen für die Bildung des Gesamt-GdB weder addiert, noch mit anderen Rechenmethoden gebildet werden. Ausschlaggebend sind stattdessen die Auswirkungen aller Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen. Ein Einzel-GdB in Höhe von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung und auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB in Höhe von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3d der Anlage zu § 2 VersMedV).
38 
Aus den Einzel-GdB-Werten von einmal 4 mal 20 und einmal 10 ist unter Berücksichtigung des oben beschriebenen Maßstabs ein Gesamt-GdB in Höhe von 40 zu bilden. Das Gericht schließt sich der überzeugenden Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Januar 2014, L 8 SB 211/13; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. März 2011, L 8 SB 4762/08) an und geht davon aus, dass es, von Ausnahmefällen abgesehen, nicht möglich ist bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Einzel-GdB von 20 einen Gesamt GdB von 50 festzustellen.
39 
„Eine solche Wertigkeit kommt den vom Verordnungsgeber als leichte Behinderungen eingestuften Funktionseinschränkungen in der Regel nicht zu.“ (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Januar 2014, L 8 SB 211/13, Rn. 34 nach juris)
40 
Nicht folgen kann das Gericht der Einschätzung des Gesamt-GdB durch den Gutachter Dr. C.. Da es aber Aufgabe des Gerichts und nicht den Gutachters ist, die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen anhand der VersMedV zu bewerten und einen Gesamt-GdB zu bilden, ist dies nicht entscheidend. Dr. C. ist jeweils von Einzel-GdB Werten in Höhe von 20 ausgegangen, hieraus einen Gesamt-GdB zu bilden, ist Aufgabe des Gerichts. Hierbei hat sich das Gericht an den zuvor dargestellten rechtlichen Erwägungen orientiert.
41 
Aus diesem Grund sind die Bescheide des LRA und des Beklagten rechtmäßig. Demgemäß war die Klage abzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 17. Juni 2014 - S 13 SB 1323/13

Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 17. Juni 2014 - S 13 SB 1323/13

Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach
Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 17. Juni 2014 - S 13 SB 1323/13 zitiert 10 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft m

Bundesversorgungsgesetz - BVG | § 30


(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereich

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 69 Kontinuität der Bemessungsgrundlage


Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnun

Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV | § 2 Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“


Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung#F1_771649als deren Bestandteil festgelegt.

Referenzen - Urteile

Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 17. Juni 2014 - S 13 SB 1323/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 17. Juni 2014 - S 13 SB 1323/13 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 24. Jan. 2014 - L 8 SB 211/13

bei uns veröffentlicht am 24.01.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbestand  1 Zwischen den Beteiligten ist

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Dez. 2010 - L 8 SB 1549/10

bei uns veröffentlicht am 17.12.2010

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Februar 2010 abgeändert. Die Klage des Klägers wird abgewiesen, soweit die Feststellung des Grads der Behinderung von über 40 seit dem 25.02.2006 begehrt wird

Referenzen

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Februar 2010 abgeändert. Die Klage des Klägers wird abgewiesen, soweit die Feststellung des Grads der Behinderung von über 40 seit dem 25.02.2006 begehrt wird.

Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel seiner Kosten im Klageverfahren zu erstatten. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) wegen Heilungsbewährung streitig.
Dem am …1967 geborenen Kläger wurde am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hoden entfernt (Bericht der Kreiskliniken R. vom 21.03.2000). Er stellte am 03.04.2000 beim Versorgungsamt R. einen Antrag auf Feststellung des GdB. Mit Bescheid vom 21.07.2000 stellte das Versorgungsamt R. beim Kläger wegen einer Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung) den GdB mit 50 seit 01.01.2000 fest.
Am 18.09.2000 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt R. die Erhöhung des GdB. Er machte geltend, durch die Chemotherapie sei sein linker Fuß geschädigt worden. Weiter habe er auf einer Geschäftsreise den rechten Fuß verletzt. Der Kläger legte den radiologischen Befundbericht von Dr. T. vom 16.08.2000, den Befundbericht von Dr. U. vom 04.12.2000, ein Gutachten des Dr. B. vom 13.11.2000 sowie einen Bescheid der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft vom 14.12.1993 vor. Das Versorgungsamt holte den Befundbericht von Dr. H. vom 26.09.2000 ein, der sich unter Vorlage weiterer medizinischer Unterlagen äußerte. Nach Auswertung durch die Vertragsärztin W. (Stellungnahme vom 03.01.2001) stellte das Versorgungsamt R. mit Bescheid vom 08.01.2001 beim Kläger wegen der Erkrankung des linken Hodens in (Heilungsbewährung) - Teil-GdB 60 -, der BG-Unfallfolgen am Handgelenk - Teil-GdB 10 - und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie einer Gebrauchseinschränkung des linken Fußes - Teil-GdB 20 - den GdB mit 70 seit dem 01.01.2000 neu fest.
Im Februar 2005 leitete das zwischenzeitlich zuständige Landratsamt R. -Kreissozialamt - Versorgungsamt- (VA) ein Nachprüfungsverfahren ein. Das VA holte den Bericht der Kreiskliniken R. vom 22.04.2005 ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (gutachtliche Stellungnahme Dr. S. vom 21.07.2005, in der wegen der BG-anerkannten Unfallfolgen der Teil-GdB mit 10, der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und der Gebrauchseinschränkung des linken Fußes der Teil-GdB mit 20 und wegen des Verlustes des linken Hodens nach eingetretener Heilungsbewährung und einer seelischen Störung der Teil-GdB mit 10 und der Gesamt-GdB mit 20 vorgeschlagen wurde), stellte das VA - nach Anhörung des Klägers (Anhörungsschreiben vom 19.12.2005) - mit Bescheid vom 17.02.2006 unter Aufhebung des Bescheides vom 08.01.2001 den GdB mit 20 ab 25.02.2006 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 06.03.2006 Widerspruch ein. Er machte geltend, die Begründung des Bescheides sei nicht nachvollziehbar. Ungeachtet dessen habe sich seine gesundheitliche Verfassung nicht geändert. Nach Einholung der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. F. vom 25.09.2006 wurde der Widerspruch vom Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.11.2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er trug zur Begründung vor, die Auffassung des Beklagten sei unzutreffend. Seine psychische Belastung habe sich zwar seit dem Jahr 2001 reduziert, allerdings sei sie nach wie vor in erheblichem Maße vorhanden. Bereits durch geringfügig erscheinende körperliche Reaktionen erleide er mehrwöchige Angstzustände, dass die Erkrankung erneut entstanden sei. Durch die für ihn täglich sichtbaren Folgen der Operation werde er immer wieder mit der Krebserkrankung konfrontiert. Der nicht vollständig ausgeheilte Bruch am rechten Handgelenk, der ihn beeinträchtige, bliebe unberücksichtigt. Die Beschwerden am rechten oberen Sprunggelenk, am linken Fuß und am rechten Handgelenk hätten sich verstärkt. Der GdB betrage nach wie vor 70.
Das SG hörte den Allgemeinarzt Dr. Sp. und den Urologen Dr. K. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. Sp. teilte in seiner Stellungnahme vom 31.01.2007 den Behandlungsverlauf und die Befunde mit. Er habe den Kläger in den letzten 3 bis 4 Jahren nicht mehr gesehen, weshalb er den GdB nur eingeschränkt beurteilen könne. Dr. Sp. schätzte den GdB auf 20 bis 30 ein. Dr. K. teilte in seiner Stellungnahme vom 13.03.2007 unter Vorlage eines Befundberichts der Kreiskliniken R. vom 02.08.2005 den Behandlungsverlauf mit. Auf urologisch-onkologischem Gebiet schätzte er den GdB auf 20 ein.
Das SG holte auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das nervenärztliche Gutachten des Dr. N. vom 30.09.2008 ein. Dr. N. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Beurteilung, als verbliebene Folgen auf psychiatrischem Gebiet seien hervorzuheben, eine durch erheblich entstellende große mediale Laparatomienarbe mit hieraus resultierender narzisstischer Kränkung, eine stetige Angst vor einem Tumorrezidiv mit Uminterpretierung harmloser Beschwerden als mögliche Anzeichen einer erneuten Tumorerkrankung sowie eine kompensatorisch erhöhtes, teilweise auch krankhaft und zwanghaft erlebtes Bedürfnis nach sexuellen Kontakten. Dr. N. diagnostizierte eine Krankheitsfehlverarbeitung mit im Vordergrund stehender karzinophobischer Störung, eine depressiv getrübte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierte Persönlichkeit im Rahmen einer Hodenkarzinomerkrankung (Teil-GdB 40), eine Läsion des linken Plexus lumbosacralis mit zusätzlicher Sympatikusläsion und hierdurch bedingten trophischen Störungen im Bereich des linken Fußes (Teil-GdB 20) sowie eine Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung (Teil-GdB 20). Den Gesamt-GdB schätzte Dr. N. auf 50.
Anschließend legte der Kläger den Bescheid der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft vom 27.08.2004, mit dem ihm ab 07.09.2001 wegen einer Bewegungseinschränkung im Handgelenk mit Belastungsschmerzen Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v.H. bewilligt wurde, sowie Lichtbilder hinsichtlich der Operationsnarbe vor. Der Beklagte unterbreitete daraufhin dem Kläger ein Vergleichsangebot, wegen einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes (Teil-GdB 20), der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk (Teil-GdB 20) und dem Verlust des linken Hodens sowie seelischer Störung (Teil-GdB 20) den GdB mit 40 und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils seit 25.02.2006 festzustellen und legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 09.09.2009 vor. Dieses Vergleichsangebot nahm der Kläger nicht an.
10 
Mit Urteil vom 11.02.2010 verurteilte das SG den Beklagten, beim Kläger den GdB mit 50 seit 25.02.2006 festzustellen. Es führte zur Begründung aus, die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigten die Bewertung mit einem GdB von 50. Bei der von Dr. N. beschriebenen psychischen Störung handele es sich um eine seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Behandlung des Klägers nicht erfolge und seine Lebensgestaltung äußerlich unbeeinträchtigt erscheine, sei mindestens ein GdB von 30 für die seelische Störung gerechtfertigt. Bei Berücksichtigung eines Teil-GdB von 30 für die seelische Störung betrage unter zusätzlicher Berücksichtigung der Funktionsbeeinträchtigung im Bereich des rechten Handgelenkes mit einem Teil-GdB von 20 und die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich des linken Fußes mit einem Teil-GdB von 20 der Gesamt-GdB 50.
11 
Gegen das dem Beklagten am 12.03.2010 zugestellte Urteil hat er am 01.04.2010 Berufung eingelegt. Der Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, der Ansicht des SG, für die seelische Störung sei ein Teil-GdB von wenigstens 30 anzunehmen, könne nicht gefolgt werden. Der im Gutachten von Dr. N. beschriebene Tagesablauf des Klägers und die angegebenen Hobbys ließen in keiner Weise erkennen, inwieweit eine stärker behindernde Störung bestehen solle. Der Kläger benötige auch keine fachärztliche Hilfe zur Behandlung seiner seelischen Störung. Bei einer psychischen Beeinträchtigung, die einen GdB von wenigstens 30 bedinge, müsse eine engmaschige fachärztliche Betreuung erfolgen. Der Umstand, dass dies nicht der Fall sei, spreche gegen eine stärker behindernde Störung. Der für die psychische Beeinträchtigung angenommene Teil-GdB von 20 sei völlig ausreichend. Bei Teil-GdB-Werten von 20 - 20 - 20 lasse sich die Schwerbehinderteneigenschaft nicht rechtfertigen. Der Beklagte hat die versorgungsärztlicher Stellungnahme von Dr. Wo. vom 23.03.2010 vorgelegt.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11.02.2010 abzuändern und die Klage des Klägers abzuweisen, soweit die Feststellung des Grades der Behinderung von über 40 seit dem 25.02.2006 begehrt wird.
14 
Der Kläger beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er hat zur Begründung vorgetragen, die von Dr. N. getroffenen Feststellungen seien in sich stimmig und schlüssig. Die vom Beklagten erhobenen Einwendungen seien unzutreffend. Soweit zur Beurteilung der Frage, wie hoch der GdB liege, überhaupt auf den Umfang der Arbeitstätigkeit und der ausgeübten Freizeitbeschäftigungen abgestellt werden könne, sei keinesfalls die nach der aufgetretenen Krebserkrankungen eingetretene Situation isoliert betrachtet maßgeblich. Entscheidend sei vielmehr ein Vergleich der entsprechenden Situationen vor Eintritt der Erkrankung und nach Eintritt der Erkrankung. Er sei vor Eintritt der Erkrankung in einem weitaus umfangreicherem Maße arbeitstätig gewesen. Seine günstige Verfassung habe sich seit Eintritt der Krebserkrankungen nachhaltig gravierend verschlechtert. Maßgeblich sei seine tatsächlich bestehende äußerst schlechte psychische Verfassung. Der Umstand, dass er dies nicht unmittelbar äußere und er auf sein relativ hohes Arbeitspensum und seine Freizeitgestaltung verweise, sei auf seine narzisstische Neigung zurückzuführen. Diese Neigung führe dazu, dass er seine Leistungsfähigkeit geschönt, d.h. unrealistisch positiv darstelle. Seine vor dem Hintergrund der narzisstischen Neigung erfolgten Äußerungen ließen somit nicht einen Rückschluss auf seine tatsächlich bestehende psychische Verfassung zu. Daraus, dass er sich wegen seiner schwerwiegenden psychischen Beeinträchtigungen nicht in eine ärztliche Behandlung begeben habe, könne nicht der Rückschluss gezogen werden, dass er nicht unter einer starken psychischen Beeinträchtigung leide. Fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen. Eine von ihm beabsichtigte Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung habe bereits im ersten Termin abgebrochen werden müssen.
17 
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in der nichtöffentlichen Sitzung am 12.11.2010 mit den Beteiligten erörtert worden. Auf die Niederschrift vom 12.11.2010 wird Bezug genommen.
18 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
19 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf eine Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und mit dem vom Beklagten gestellten Berufungsantrag in der Sache begründet, weil eine wesentliche Änderung gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 08.01.2001 eingetreten ist, die die Herabsetzung des GdB auf 40 seit dem 25.02.2006 rechtfertigt.
21 
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht formell rechtswidrig. Der Kläger ist vor dem Erlass der streitgegenständlichen Bescheide ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Der Bescheid vom 17.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2006 lässt auch hinreichend erkennen, wegen welcher Funktionsbeeinträchtigungen (zunächst) nur noch von einem GdB von 20 ausgegangen wurde, wie auch das Klagevorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 15.11.2006 zeigt. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.
22 
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 08.01.2001 wegen der Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung), der BG-Unfallfolgen am Handgelenk und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie Gebrauchseinschränkung des linken Fußes mit einem GdB von 70 bewertete Behinderungszustand des Klägers.
23 
Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen beurteilt sich die Begründetheit der gegen die Aufhebung erhobenen Anfechtungsklage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens, hier dem Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006. Danach eingetretene Änderungen sind nicht zu berücksichtigten (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, SozR 3-3870 § 3 Nr. 7).
24 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 -SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
25 
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der Gesamt-GdB ist vorliegend noch unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Im Übrigen hat die seit 01.01.2009 an die Stelle AHP getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
26 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers und den sich daraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 08.01.2001 zugrunde lagen, eine Heilungsbewährung eingetreten ist. Seinerzeit war nach der am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hodens erfolgten Operation eine Erkrankung des Hodens im Stadium der Heilungsbewährung als Funktionsbeeinträchtigung anerkannt worden. Bei Erkrankungen, die - wie bei einem Krebsleiden - zu Rezidiven neigen, ist abzuwarten, ob es im Stadium der Heilungsbewährung zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Erkrankung kommt. Im Zustand der Heilungsbewährung ist der GdB höher eingeschätzt, als er dem tatsächlichen Zustand entspricht (AHP Nr. 18 Abs. 7). Nach Eintritt der Heilungsbewährung ist bei der Bewertung - im Unterschied zur Erstfeststellung - nur noch die bestehende Funktionsbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Das Stadium der Heilungsbewährung war vorliegend nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist von fünf Jahren (vgl. AHP Nr. 26.1 Abs. 3) im Januar 2006 beendet, da es nicht zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Tumorerkrankung gekommen ist, wie sich aus dem Bericht des Klinikums R. vom 22.04.2005 an das VA und der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. K. vom 13.03.2007 an das SG ergibt. Etwas anderes wird vom Kläger im Übrigen auch nicht vorgetragen. Der Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, eine Neufeststellung der Behinderung des Klägers wegen einer wesentlicher Änderung der Verhältnisse vorzunehmen.
27 
Die verbliebenen Funktionsstörungen des Klägers bedingen jedenfalls zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids keinen höheren GdB als 40. Der davon abweichenden Ansicht des SG schließt sich der Senat nicht an.
28 
Allein der Verlust des (linken) Hodens rechtfertigt nach den AHP noch keinen GdB (vgl. Teil A Nr. 26.13).
29 
Die beim Kläger auf psychiatrischem Gebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mit einem GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Den abweichenden Bewertungen von Dr. N. und dem SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Nach den AHP (Teil A Nr. 26.3) sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 und schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Dass beim Kläger stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit oder gar schwere Störungen vorliegen, kann zur Überzeugung des Senats nicht angenommen werden.
30 
Zwar liegt beim Kläger nach den Ausführungen von Dr. N. in seinem Gutachten vom 30.09.2008 eine Krankheitsfehlverarbeitung mit karzinophobischer Störung, eine depressiv getönte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierter Persönlichkeit vor. Nach dem psychischen Befund waren unterschwellig nachdenkliche, ernste, teilweise auch ängstliche Stimmungsanteile sowie Verunsicherung und Labilisierung insbesondere in Bezug auf gesundheitliche Belange spürbar. Der Kläger war um eine Kontrolle seiner Emotionalität und um mögliche optimale Anpassung bemüht. Das inhaltliche Denken war teilweise von den psychischen und körperlichen Folgen der Erkrankung geprägt. Die Selbstwertregulation war beeinträchtigt. Es bestand eine deutlich verminderte Empfindlichkeit gegenüber Kritik und Zurücksetzung in Verbindung mit sthenischem Ehrgeiz. Diese bewirken nach den im Gutachten von Dr. N. mitgeteilten Angaben des Klägers jedoch nur leichtere psychovegetative oder psychische Störungen hinsichtlich seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. So hat sich der Kläger im Jahre 2005 als Geschäftsführer eines Personaldienstleistungsunternehmens selbstständig gemacht. Intern beschäftigt er zwei Mitarbeiter. Hinzu kommen zwischen 50 und 100 Leiharbeiter, die an Kunden verliehen werden. Weiterhin betreibt der Kläger eine eigene Unternehmensberatung bezüglich Prozessabläufe, Marketing und Management. Zum Tagesablauf hat der Kläger bei der Begutachtung angegeben, zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr aufzustehen. Nach dem Frühstück versucht der mit Leiharbeitern direkt bei seinen Kunden zu erscheinen und diese persönlich zu übergeben. Anschließend geht der Kläger in sein Büro. Dort hat er den ganzen Tag viel zu tun. Gegen 17:30 Uhr geht er nach Hause und versucht sich etwas zu entspannen. Dann wird gemeinsam zu Abend gegessen. Anschließend versucht er sich mit den Kindern zu beschäftigen. Nach seinen Angaben geht der Kläger gerne mit seiner Frau aus. Einmal in der Woche hat er einen Männerabend. Als Hobby hat der Kläger Motorradfahren und gemeinsame Aktivitäten mit der Familie angegeben. Dem Kläger ist ein Hauptanliegen, auch die Freizeit genießen zu können. Weiter bestehen nach den Angaben des Klägers keine Schlafstörungen, ein guter Appetit und eine stark vorhandene Libido. Nach dem psychologischen Befund war der Kläger bei klarem Bewusstsein und allseits orientiert. Er war im Kontakt freundlich und zugewandt, offen. Es fanden sich keine Anhalte für Störungen des formalen Denkens, der Wahrnehmung sowie auf kognitive Beeinträchtigungen. Stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liegen danach beim Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Kläger nach dem Gutachten von Dr. N. über mögliche Ursachen seiner Tumorerkrankung nachgrübelt und eine Angst vor potentiellen schädlichen Belastungen entwickelt hat, die ihm beschäftigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Allein die narzisstische Persönlichkeitsstruktur des Klägers rechtfertigt keinen höheren GdB. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft tatsächlich beeinträchtigt ist. Dass die im Gutachten von Dr. N. wiedergegebenen Angaben des Klägers zu seinen beruflichen Aktivitäten und Freizeitaktivitäten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, ist nicht ersichtlich. Dr. N. hat in seinem Gutachten Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Angaben des Klägers nicht geäußert. Auch ist eine Richtigstellung durch den Kläger nicht erfolgt.
31 
Zudem befindet sich der Kläger wegen seiner seelische Störung nicht in ärztlicher Behandlung. Ob dem Berufungsvorbringen des Beklagten, seelische Störungen, die einen GdB von wenigstens 30 bedingten, bedürften einer engmaschigen fachärztlichen Betreuung, zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung des Senats. Denn aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann jedenfalls - zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum - nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellte. Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten ist, findet sich nach den Ausführungen von Dr. N. in dessen Gutachten vom 30.09.2008 nicht. Der Kläger hatte bei der Untersuchung vielmehr angegeben, dass er seine Probleme nicht gerne nach außen trage, weil er seine Familie damit auch nicht belasten wolle. Insofern versuche er die Dinge mit sich selbst auszutragen und habe deshalb auch keine Behandlung in Anspruch genommen. Dies verdeutlicht, dass der Kläger seine Probleme als nicht so gravierend beurteilt, dass er sie nicht selbst bewältigen kann. Seine Erkrankung unter der Diagnose des Tumors sieht er nach eigenen Angaben rückschauend zwar als schweren Einschnitt in seinem Leben, der aber seinem Leben auch eine von ihm als positiv empfundene Wendung gegeben hatte. Mit der durch die Erkrankung angestoßenen beruflichen Veränderung zur Selbstständigkeit hatte er sich nach seiner Einschätzung beruflich komplett selbst verwirklicht und auch eine neue Lebenseinstellung gewonnen, da er die Erkenntnis erlangt habe, sich etwas gönnen zu müssen. Er sei spontaner und einsatzfreudiger geworden. Das nicht näher substantiierte Vorbringen des Klägers, fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen, belegt daher nicht eine gebotene Behandlungsbedürftigkeit und schon gar nicht eine tatsächlich fehlende Behandlungsoption.
32 
Die durch die Operation hervorgerufene Bauchnarbe des Klägers rechtfertigt nach den AHP keinen GdB, der bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen ist. Dass die Bauchnarbe beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen hervorruft, ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht.
33 
Zu Gunsten des Klägers ist eine wesentliche Änderung hinsichtlich der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk zu berücksichtigen, nach dem die Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 27.08.2004 die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 20 v.H. festgestellt hat (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Dieser Feststellung hat der Beklagte durch sein Vergleichsangebot wie auch seinen Berufungsantrag Rechnung getragen. Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht erhoben.
34 
Hinsichtlich der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes des Klägers ist eine rechtlich wesentliche Änderung (Verschlimmerung) nicht ersichtlich. Dr. N. hat beim Kläger den Teil-GdB wegen der Läsion des linken Plexus lumbosacralis sowie der Kahnbeinfraktur und der Sprunggelenksverletzung jeweils mit 20 bewertet. Eine solche Änderung wird vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen.
35 
Sonstige Funktionsbeeinträchtigungen, die bei der Neufeststellung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, bestehen beim Kläger nicht.
36 
Ausgehend von den beim Kläger bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigenden Teil-GdB-Werten (Verlust des linken Hodens und seelische Störung, BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk, Läsion des linken Plexus sowie Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung jeweils mit einem Teil-GdB von 20), ist nach der Rechtsprechung des Senats die Feststellung der vom Kläger angestrebten Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50) nicht gerechtfertigt. Die schwerwiegendste Funktionsstörung ist hier eines der vier mit einem GdB von 20 bewerteten Leiden. Ein höherer GdB als 20 bedingt keine davon. Wenn mit einem GdB 20 bewertete Behinderungen nach den AHP es vielfach nicht rechtfertigen, den Gesamt-GdB zu erhöhen, ist es grundsätzlich nicht geboten, aus einer Häufung solcher Behinderungen die Schwerbehinderteneigenschaft zu folgern. Ein GdB von 50 kann daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ohne zumindest eine mit einem GdB von 30 bewertete einzelne Funktionsstörung in der Regel nicht angenommen werden (vgl. Urt. des Senats vom 21.05.2010 - L 8 SB 2171/08 -).
37 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die Ermittlungen des SG und die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geklärt.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
20 
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und mit dem vom Beklagten gestellten Berufungsantrag in der Sache begründet, weil eine wesentliche Änderung gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 08.01.2001 eingetreten ist, die die Herabsetzung des GdB auf 40 seit dem 25.02.2006 rechtfertigt.
21 
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht formell rechtswidrig. Der Kläger ist vor dem Erlass der streitgegenständlichen Bescheide ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Der Bescheid vom 17.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2006 lässt auch hinreichend erkennen, wegen welcher Funktionsbeeinträchtigungen (zunächst) nur noch von einem GdB von 20 ausgegangen wurde, wie auch das Klagevorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 15.11.2006 zeigt. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.
22 
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 08.01.2001 wegen der Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung), der BG-Unfallfolgen am Handgelenk und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie Gebrauchseinschränkung des linken Fußes mit einem GdB von 70 bewertete Behinderungszustand des Klägers.
23 
Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen beurteilt sich die Begründetheit der gegen die Aufhebung erhobenen Anfechtungsklage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens, hier dem Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006. Danach eingetretene Änderungen sind nicht zu berücksichtigten (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, SozR 3-3870 § 3 Nr. 7).
24 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 -SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
25 
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der Gesamt-GdB ist vorliegend noch unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Im Übrigen hat die seit 01.01.2009 an die Stelle AHP getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
26 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers und den sich daraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 08.01.2001 zugrunde lagen, eine Heilungsbewährung eingetreten ist. Seinerzeit war nach der am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hodens erfolgten Operation eine Erkrankung des Hodens im Stadium der Heilungsbewährung als Funktionsbeeinträchtigung anerkannt worden. Bei Erkrankungen, die - wie bei einem Krebsleiden - zu Rezidiven neigen, ist abzuwarten, ob es im Stadium der Heilungsbewährung zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Erkrankung kommt. Im Zustand der Heilungsbewährung ist der GdB höher eingeschätzt, als er dem tatsächlichen Zustand entspricht (AHP Nr. 18 Abs. 7). Nach Eintritt der Heilungsbewährung ist bei der Bewertung - im Unterschied zur Erstfeststellung - nur noch die bestehende Funktionsbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Das Stadium der Heilungsbewährung war vorliegend nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist von fünf Jahren (vgl. AHP Nr. 26.1 Abs. 3) im Januar 2006 beendet, da es nicht zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Tumorerkrankung gekommen ist, wie sich aus dem Bericht des Klinikums R. vom 22.04.2005 an das VA und der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. K. vom 13.03.2007 an das SG ergibt. Etwas anderes wird vom Kläger im Übrigen auch nicht vorgetragen. Der Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, eine Neufeststellung der Behinderung des Klägers wegen einer wesentlicher Änderung der Verhältnisse vorzunehmen.
27 
Die verbliebenen Funktionsstörungen des Klägers bedingen jedenfalls zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids keinen höheren GdB als 40. Der davon abweichenden Ansicht des SG schließt sich der Senat nicht an.
28 
Allein der Verlust des (linken) Hodens rechtfertigt nach den AHP noch keinen GdB (vgl. Teil A Nr. 26.13).
29 
Die beim Kläger auf psychiatrischem Gebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mit einem GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Den abweichenden Bewertungen von Dr. N. und dem SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Nach den AHP (Teil A Nr. 26.3) sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 und schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Dass beim Kläger stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit oder gar schwere Störungen vorliegen, kann zur Überzeugung des Senats nicht angenommen werden.
30 
Zwar liegt beim Kläger nach den Ausführungen von Dr. N. in seinem Gutachten vom 30.09.2008 eine Krankheitsfehlverarbeitung mit karzinophobischer Störung, eine depressiv getönte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierter Persönlichkeit vor. Nach dem psychischen Befund waren unterschwellig nachdenkliche, ernste, teilweise auch ängstliche Stimmungsanteile sowie Verunsicherung und Labilisierung insbesondere in Bezug auf gesundheitliche Belange spürbar. Der Kläger war um eine Kontrolle seiner Emotionalität und um mögliche optimale Anpassung bemüht. Das inhaltliche Denken war teilweise von den psychischen und körperlichen Folgen der Erkrankung geprägt. Die Selbstwertregulation war beeinträchtigt. Es bestand eine deutlich verminderte Empfindlichkeit gegenüber Kritik und Zurücksetzung in Verbindung mit sthenischem Ehrgeiz. Diese bewirken nach den im Gutachten von Dr. N. mitgeteilten Angaben des Klägers jedoch nur leichtere psychovegetative oder psychische Störungen hinsichtlich seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. So hat sich der Kläger im Jahre 2005 als Geschäftsführer eines Personaldienstleistungsunternehmens selbstständig gemacht. Intern beschäftigt er zwei Mitarbeiter. Hinzu kommen zwischen 50 und 100 Leiharbeiter, die an Kunden verliehen werden. Weiterhin betreibt der Kläger eine eigene Unternehmensberatung bezüglich Prozessabläufe, Marketing und Management. Zum Tagesablauf hat der Kläger bei der Begutachtung angegeben, zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr aufzustehen. Nach dem Frühstück versucht der mit Leiharbeitern direkt bei seinen Kunden zu erscheinen und diese persönlich zu übergeben. Anschließend geht der Kläger in sein Büro. Dort hat er den ganzen Tag viel zu tun. Gegen 17:30 Uhr geht er nach Hause und versucht sich etwas zu entspannen. Dann wird gemeinsam zu Abend gegessen. Anschließend versucht er sich mit den Kindern zu beschäftigen. Nach seinen Angaben geht der Kläger gerne mit seiner Frau aus. Einmal in der Woche hat er einen Männerabend. Als Hobby hat der Kläger Motorradfahren und gemeinsame Aktivitäten mit der Familie angegeben. Dem Kläger ist ein Hauptanliegen, auch die Freizeit genießen zu können. Weiter bestehen nach den Angaben des Klägers keine Schlafstörungen, ein guter Appetit und eine stark vorhandene Libido. Nach dem psychologischen Befund war der Kläger bei klarem Bewusstsein und allseits orientiert. Er war im Kontakt freundlich und zugewandt, offen. Es fanden sich keine Anhalte für Störungen des formalen Denkens, der Wahrnehmung sowie auf kognitive Beeinträchtigungen. Stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liegen danach beim Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Kläger nach dem Gutachten von Dr. N. über mögliche Ursachen seiner Tumorerkrankung nachgrübelt und eine Angst vor potentiellen schädlichen Belastungen entwickelt hat, die ihm beschäftigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Allein die narzisstische Persönlichkeitsstruktur des Klägers rechtfertigt keinen höheren GdB. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft tatsächlich beeinträchtigt ist. Dass die im Gutachten von Dr. N. wiedergegebenen Angaben des Klägers zu seinen beruflichen Aktivitäten und Freizeitaktivitäten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, ist nicht ersichtlich. Dr. N. hat in seinem Gutachten Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Angaben des Klägers nicht geäußert. Auch ist eine Richtigstellung durch den Kläger nicht erfolgt.
31 
Zudem befindet sich der Kläger wegen seiner seelische Störung nicht in ärztlicher Behandlung. Ob dem Berufungsvorbringen des Beklagten, seelische Störungen, die einen GdB von wenigstens 30 bedingten, bedürften einer engmaschigen fachärztlichen Betreuung, zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung des Senats. Denn aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann jedenfalls - zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum - nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellte. Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten ist, findet sich nach den Ausführungen von Dr. N. in dessen Gutachten vom 30.09.2008 nicht. Der Kläger hatte bei der Untersuchung vielmehr angegeben, dass er seine Probleme nicht gerne nach außen trage, weil er seine Familie damit auch nicht belasten wolle. Insofern versuche er die Dinge mit sich selbst auszutragen und habe deshalb auch keine Behandlung in Anspruch genommen. Dies verdeutlicht, dass der Kläger seine Probleme als nicht so gravierend beurteilt, dass er sie nicht selbst bewältigen kann. Seine Erkrankung unter der Diagnose des Tumors sieht er nach eigenen Angaben rückschauend zwar als schweren Einschnitt in seinem Leben, der aber seinem Leben auch eine von ihm als positiv empfundene Wendung gegeben hatte. Mit der durch die Erkrankung angestoßenen beruflichen Veränderung zur Selbstständigkeit hatte er sich nach seiner Einschätzung beruflich komplett selbst verwirklicht und auch eine neue Lebenseinstellung gewonnen, da er die Erkenntnis erlangt habe, sich etwas gönnen zu müssen. Er sei spontaner und einsatzfreudiger geworden. Das nicht näher substantiierte Vorbringen des Klägers, fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen, belegt daher nicht eine gebotene Behandlungsbedürftigkeit und schon gar nicht eine tatsächlich fehlende Behandlungsoption.
32 
Die durch die Operation hervorgerufene Bauchnarbe des Klägers rechtfertigt nach den AHP keinen GdB, der bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen ist. Dass die Bauchnarbe beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen hervorruft, ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht.
33 
Zu Gunsten des Klägers ist eine wesentliche Änderung hinsichtlich der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk zu berücksichtigen, nach dem die Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 27.08.2004 die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 20 v.H. festgestellt hat (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Dieser Feststellung hat der Beklagte durch sein Vergleichsangebot wie auch seinen Berufungsantrag Rechnung getragen. Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht erhoben.
34 
Hinsichtlich der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes des Klägers ist eine rechtlich wesentliche Änderung (Verschlimmerung) nicht ersichtlich. Dr. N. hat beim Kläger den Teil-GdB wegen der Läsion des linken Plexus lumbosacralis sowie der Kahnbeinfraktur und der Sprunggelenksverletzung jeweils mit 20 bewertet. Eine solche Änderung wird vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen.
35 
Sonstige Funktionsbeeinträchtigungen, die bei der Neufeststellung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, bestehen beim Kläger nicht.
36 
Ausgehend von den beim Kläger bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigenden Teil-GdB-Werten (Verlust des linken Hodens und seelische Störung, BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk, Läsion des linken Plexus sowie Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung jeweils mit einem Teil-GdB von 20), ist nach der Rechtsprechung des Senats die Feststellung der vom Kläger angestrebten Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50) nicht gerechtfertigt. Die schwerwiegendste Funktionsstörung ist hier eines der vier mit einem GdB von 20 bewerteten Leiden. Ein höherer GdB als 20 bedingt keine davon. Wenn mit einem GdB 20 bewertete Behinderungen nach den AHP es vielfach nicht rechtfertigen, den Gesamt-GdB zu erhöhen, ist es grundsätzlich nicht geboten, aus einer Häufung solcher Behinderungen die Schwerbehinderteneigenschaft zu folgern. Ein GdB von 50 kann daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ohne zumindest eine mit einem GdB von 30 bewertete einzelne Funktionsstörung in der Regel nicht angenommen werden (vgl. Urt. des Senats vom 21.05.2010 - L 8 SB 2171/08 -).
37 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die Ermittlungen des SG und die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geklärt.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Februar 2010 abgeändert. Die Klage des Klägers wird abgewiesen, soweit die Feststellung des Grads der Behinderung von über 40 seit dem 25.02.2006 begehrt wird.

Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel seiner Kosten im Klageverfahren zu erstatten. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) wegen Heilungsbewährung streitig.
Dem am …1967 geborenen Kläger wurde am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hoden entfernt (Bericht der Kreiskliniken R. vom 21.03.2000). Er stellte am 03.04.2000 beim Versorgungsamt R. einen Antrag auf Feststellung des GdB. Mit Bescheid vom 21.07.2000 stellte das Versorgungsamt R. beim Kläger wegen einer Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung) den GdB mit 50 seit 01.01.2000 fest.
Am 18.09.2000 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt R. die Erhöhung des GdB. Er machte geltend, durch die Chemotherapie sei sein linker Fuß geschädigt worden. Weiter habe er auf einer Geschäftsreise den rechten Fuß verletzt. Der Kläger legte den radiologischen Befundbericht von Dr. T. vom 16.08.2000, den Befundbericht von Dr. U. vom 04.12.2000, ein Gutachten des Dr. B. vom 13.11.2000 sowie einen Bescheid der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft vom 14.12.1993 vor. Das Versorgungsamt holte den Befundbericht von Dr. H. vom 26.09.2000 ein, der sich unter Vorlage weiterer medizinischer Unterlagen äußerte. Nach Auswertung durch die Vertragsärztin W. (Stellungnahme vom 03.01.2001) stellte das Versorgungsamt R. mit Bescheid vom 08.01.2001 beim Kläger wegen der Erkrankung des linken Hodens in (Heilungsbewährung) - Teil-GdB 60 -, der BG-Unfallfolgen am Handgelenk - Teil-GdB 10 - und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie einer Gebrauchseinschränkung des linken Fußes - Teil-GdB 20 - den GdB mit 70 seit dem 01.01.2000 neu fest.
Im Februar 2005 leitete das zwischenzeitlich zuständige Landratsamt R. -Kreissozialamt - Versorgungsamt- (VA) ein Nachprüfungsverfahren ein. Das VA holte den Bericht der Kreiskliniken R. vom 22.04.2005 ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (gutachtliche Stellungnahme Dr. S. vom 21.07.2005, in der wegen der BG-anerkannten Unfallfolgen der Teil-GdB mit 10, der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und der Gebrauchseinschränkung des linken Fußes der Teil-GdB mit 20 und wegen des Verlustes des linken Hodens nach eingetretener Heilungsbewährung und einer seelischen Störung der Teil-GdB mit 10 und der Gesamt-GdB mit 20 vorgeschlagen wurde), stellte das VA - nach Anhörung des Klägers (Anhörungsschreiben vom 19.12.2005) - mit Bescheid vom 17.02.2006 unter Aufhebung des Bescheides vom 08.01.2001 den GdB mit 20 ab 25.02.2006 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 06.03.2006 Widerspruch ein. Er machte geltend, die Begründung des Bescheides sei nicht nachvollziehbar. Ungeachtet dessen habe sich seine gesundheitliche Verfassung nicht geändert. Nach Einholung der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. F. vom 25.09.2006 wurde der Widerspruch vom Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.11.2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er trug zur Begründung vor, die Auffassung des Beklagten sei unzutreffend. Seine psychische Belastung habe sich zwar seit dem Jahr 2001 reduziert, allerdings sei sie nach wie vor in erheblichem Maße vorhanden. Bereits durch geringfügig erscheinende körperliche Reaktionen erleide er mehrwöchige Angstzustände, dass die Erkrankung erneut entstanden sei. Durch die für ihn täglich sichtbaren Folgen der Operation werde er immer wieder mit der Krebserkrankung konfrontiert. Der nicht vollständig ausgeheilte Bruch am rechten Handgelenk, der ihn beeinträchtige, bliebe unberücksichtigt. Die Beschwerden am rechten oberen Sprunggelenk, am linken Fuß und am rechten Handgelenk hätten sich verstärkt. Der GdB betrage nach wie vor 70.
Das SG hörte den Allgemeinarzt Dr. Sp. und den Urologen Dr. K. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. Sp. teilte in seiner Stellungnahme vom 31.01.2007 den Behandlungsverlauf und die Befunde mit. Er habe den Kläger in den letzten 3 bis 4 Jahren nicht mehr gesehen, weshalb er den GdB nur eingeschränkt beurteilen könne. Dr. Sp. schätzte den GdB auf 20 bis 30 ein. Dr. K. teilte in seiner Stellungnahme vom 13.03.2007 unter Vorlage eines Befundberichts der Kreiskliniken R. vom 02.08.2005 den Behandlungsverlauf mit. Auf urologisch-onkologischem Gebiet schätzte er den GdB auf 20 ein.
Das SG holte auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das nervenärztliche Gutachten des Dr. N. vom 30.09.2008 ein. Dr. N. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Beurteilung, als verbliebene Folgen auf psychiatrischem Gebiet seien hervorzuheben, eine durch erheblich entstellende große mediale Laparatomienarbe mit hieraus resultierender narzisstischer Kränkung, eine stetige Angst vor einem Tumorrezidiv mit Uminterpretierung harmloser Beschwerden als mögliche Anzeichen einer erneuten Tumorerkrankung sowie eine kompensatorisch erhöhtes, teilweise auch krankhaft und zwanghaft erlebtes Bedürfnis nach sexuellen Kontakten. Dr. N. diagnostizierte eine Krankheitsfehlverarbeitung mit im Vordergrund stehender karzinophobischer Störung, eine depressiv getrübte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierte Persönlichkeit im Rahmen einer Hodenkarzinomerkrankung (Teil-GdB 40), eine Läsion des linken Plexus lumbosacralis mit zusätzlicher Sympatikusläsion und hierdurch bedingten trophischen Störungen im Bereich des linken Fußes (Teil-GdB 20) sowie eine Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung (Teil-GdB 20). Den Gesamt-GdB schätzte Dr. N. auf 50.
Anschließend legte der Kläger den Bescheid der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft vom 27.08.2004, mit dem ihm ab 07.09.2001 wegen einer Bewegungseinschränkung im Handgelenk mit Belastungsschmerzen Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v.H. bewilligt wurde, sowie Lichtbilder hinsichtlich der Operationsnarbe vor. Der Beklagte unterbreitete daraufhin dem Kläger ein Vergleichsangebot, wegen einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes (Teil-GdB 20), der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk (Teil-GdB 20) und dem Verlust des linken Hodens sowie seelischer Störung (Teil-GdB 20) den GdB mit 40 und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils seit 25.02.2006 festzustellen und legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 09.09.2009 vor. Dieses Vergleichsangebot nahm der Kläger nicht an.
10 
Mit Urteil vom 11.02.2010 verurteilte das SG den Beklagten, beim Kläger den GdB mit 50 seit 25.02.2006 festzustellen. Es führte zur Begründung aus, die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigten die Bewertung mit einem GdB von 50. Bei der von Dr. N. beschriebenen psychischen Störung handele es sich um eine seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Behandlung des Klägers nicht erfolge und seine Lebensgestaltung äußerlich unbeeinträchtigt erscheine, sei mindestens ein GdB von 30 für die seelische Störung gerechtfertigt. Bei Berücksichtigung eines Teil-GdB von 30 für die seelische Störung betrage unter zusätzlicher Berücksichtigung der Funktionsbeeinträchtigung im Bereich des rechten Handgelenkes mit einem Teil-GdB von 20 und die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich des linken Fußes mit einem Teil-GdB von 20 der Gesamt-GdB 50.
11 
Gegen das dem Beklagten am 12.03.2010 zugestellte Urteil hat er am 01.04.2010 Berufung eingelegt. Der Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, der Ansicht des SG, für die seelische Störung sei ein Teil-GdB von wenigstens 30 anzunehmen, könne nicht gefolgt werden. Der im Gutachten von Dr. N. beschriebene Tagesablauf des Klägers und die angegebenen Hobbys ließen in keiner Weise erkennen, inwieweit eine stärker behindernde Störung bestehen solle. Der Kläger benötige auch keine fachärztliche Hilfe zur Behandlung seiner seelischen Störung. Bei einer psychischen Beeinträchtigung, die einen GdB von wenigstens 30 bedinge, müsse eine engmaschige fachärztliche Betreuung erfolgen. Der Umstand, dass dies nicht der Fall sei, spreche gegen eine stärker behindernde Störung. Der für die psychische Beeinträchtigung angenommene Teil-GdB von 20 sei völlig ausreichend. Bei Teil-GdB-Werten von 20 - 20 - 20 lasse sich die Schwerbehinderteneigenschaft nicht rechtfertigen. Der Beklagte hat die versorgungsärztlicher Stellungnahme von Dr. Wo. vom 23.03.2010 vorgelegt.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11.02.2010 abzuändern und die Klage des Klägers abzuweisen, soweit die Feststellung des Grades der Behinderung von über 40 seit dem 25.02.2006 begehrt wird.
14 
Der Kläger beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er hat zur Begründung vorgetragen, die von Dr. N. getroffenen Feststellungen seien in sich stimmig und schlüssig. Die vom Beklagten erhobenen Einwendungen seien unzutreffend. Soweit zur Beurteilung der Frage, wie hoch der GdB liege, überhaupt auf den Umfang der Arbeitstätigkeit und der ausgeübten Freizeitbeschäftigungen abgestellt werden könne, sei keinesfalls die nach der aufgetretenen Krebserkrankungen eingetretene Situation isoliert betrachtet maßgeblich. Entscheidend sei vielmehr ein Vergleich der entsprechenden Situationen vor Eintritt der Erkrankung und nach Eintritt der Erkrankung. Er sei vor Eintritt der Erkrankung in einem weitaus umfangreicherem Maße arbeitstätig gewesen. Seine günstige Verfassung habe sich seit Eintritt der Krebserkrankungen nachhaltig gravierend verschlechtert. Maßgeblich sei seine tatsächlich bestehende äußerst schlechte psychische Verfassung. Der Umstand, dass er dies nicht unmittelbar äußere und er auf sein relativ hohes Arbeitspensum und seine Freizeitgestaltung verweise, sei auf seine narzisstische Neigung zurückzuführen. Diese Neigung führe dazu, dass er seine Leistungsfähigkeit geschönt, d.h. unrealistisch positiv darstelle. Seine vor dem Hintergrund der narzisstischen Neigung erfolgten Äußerungen ließen somit nicht einen Rückschluss auf seine tatsächlich bestehende psychische Verfassung zu. Daraus, dass er sich wegen seiner schwerwiegenden psychischen Beeinträchtigungen nicht in eine ärztliche Behandlung begeben habe, könne nicht der Rückschluss gezogen werden, dass er nicht unter einer starken psychischen Beeinträchtigung leide. Fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen. Eine von ihm beabsichtigte Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung habe bereits im ersten Termin abgebrochen werden müssen.
17 
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in der nichtöffentlichen Sitzung am 12.11.2010 mit den Beteiligten erörtert worden. Auf die Niederschrift vom 12.11.2010 wird Bezug genommen.
18 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
19 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf eine Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und mit dem vom Beklagten gestellten Berufungsantrag in der Sache begründet, weil eine wesentliche Änderung gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 08.01.2001 eingetreten ist, die die Herabsetzung des GdB auf 40 seit dem 25.02.2006 rechtfertigt.
21 
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht formell rechtswidrig. Der Kläger ist vor dem Erlass der streitgegenständlichen Bescheide ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Der Bescheid vom 17.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2006 lässt auch hinreichend erkennen, wegen welcher Funktionsbeeinträchtigungen (zunächst) nur noch von einem GdB von 20 ausgegangen wurde, wie auch das Klagevorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 15.11.2006 zeigt. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.
22 
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 08.01.2001 wegen der Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung), der BG-Unfallfolgen am Handgelenk und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie Gebrauchseinschränkung des linken Fußes mit einem GdB von 70 bewertete Behinderungszustand des Klägers.
23 
Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen beurteilt sich die Begründetheit der gegen die Aufhebung erhobenen Anfechtungsklage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens, hier dem Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006. Danach eingetretene Änderungen sind nicht zu berücksichtigten (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, SozR 3-3870 § 3 Nr. 7).
24 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 -SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
25 
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der Gesamt-GdB ist vorliegend noch unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Im Übrigen hat die seit 01.01.2009 an die Stelle AHP getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
26 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers und den sich daraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 08.01.2001 zugrunde lagen, eine Heilungsbewährung eingetreten ist. Seinerzeit war nach der am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hodens erfolgten Operation eine Erkrankung des Hodens im Stadium der Heilungsbewährung als Funktionsbeeinträchtigung anerkannt worden. Bei Erkrankungen, die - wie bei einem Krebsleiden - zu Rezidiven neigen, ist abzuwarten, ob es im Stadium der Heilungsbewährung zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Erkrankung kommt. Im Zustand der Heilungsbewährung ist der GdB höher eingeschätzt, als er dem tatsächlichen Zustand entspricht (AHP Nr. 18 Abs. 7). Nach Eintritt der Heilungsbewährung ist bei der Bewertung - im Unterschied zur Erstfeststellung - nur noch die bestehende Funktionsbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Das Stadium der Heilungsbewährung war vorliegend nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist von fünf Jahren (vgl. AHP Nr. 26.1 Abs. 3) im Januar 2006 beendet, da es nicht zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Tumorerkrankung gekommen ist, wie sich aus dem Bericht des Klinikums R. vom 22.04.2005 an das VA und der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. K. vom 13.03.2007 an das SG ergibt. Etwas anderes wird vom Kläger im Übrigen auch nicht vorgetragen. Der Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, eine Neufeststellung der Behinderung des Klägers wegen einer wesentlicher Änderung der Verhältnisse vorzunehmen.
27 
Die verbliebenen Funktionsstörungen des Klägers bedingen jedenfalls zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids keinen höheren GdB als 40. Der davon abweichenden Ansicht des SG schließt sich der Senat nicht an.
28 
Allein der Verlust des (linken) Hodens rechtfertigt nach den AHP noch keinen GdB (vgl. Teil A Nr. 26.13).
29 
Die beim Kläger auf psychiatrischem Gebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mit einem GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Den abweichenden Bewertungen von Dr. N. und dem SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Nach den AHP (Teil A Nr. 26.3) sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 und schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Dass beim Kläger stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit oder gar schwere Störungen vorliegen, kann zur Überzeugung des Senats nicht angenommen werden.
30 
Zwar liegt beim Kläger nach den Ausführungen von Dr. N. in seinem Gutachten vom 30.09.2008 eine Krankheitsfehlverarbeitung mit karzinophobischer Störung, eine depressiv getönte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierter Persönlichkeit vor. Nach dem psychischen Befund waren unterschwellig nachdenkliche, ernste, teilweise auch ängstliche Stimmungsanteile sowie Verunsicherung und Labilisierung insbesondere in Bezug auf gesundheitliche Belange spürbar. Der Kläger war um eine Kontrolle seiner Emotionalität und um mögliche optimale Anpassung bemüht. Das inhaltliche Denken war teilweise von den psychischen und körperlichen Folgen der Erkrankung geprägt. Die Selbstwertregulation war beeinträchtigt. Es bestand eine deutlich verminderte Empfindlichkeit gegenüber Kritik und Zurücksetzung in Verbindung mit sthenischem Ehrgeiz. Diese bewirken nach den im Gutachten von Dr. N. mitgeteilten Angaben des Klägers jedoch nur leichtere psychovegetative oder psychische Störungen hinsichtlich seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. So hat sich der Kläger im Jahre 2005 als Geschäftsführer eines Personaldienstleistungsunternehmens selbstständig gemacht. Intern beschäftigt er zwei Mitarbeiter. Hinzu kommen zwischen 50 und 100 Leiharbeiter, die an Kunden verliehen werden. Weiterhin betreibt der Kläger eine eigene Unternehmensberatung bezüglich Prozessabläufe, Marketing und Management. Zum Tagesablauf hat der Kläger bei der Begutachtung angegeben, zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr aufzustehen. Nach dem Frühstück versucht der mit Leiharbeitern direkt bei seinen Kunden zu erscheinen und diese persönlich zu übergeben. Anschließend geht der Kläger in sein Büro. Dort hat er den ganzen Tag viel zu tun. Gegen 17:30 Uhr geht er nach Hause und versucht sich etwas zu entspannen. Dann wird gemeinsam zu Abend gegessen. Anschließend versucht er sich mit den Kindern zu beschäftigen. Nach seinen Angaben geht der Kläger gerne mit seiner Frau aus. Einmal in der Woche hat er einen Männerabend. Als Hobby hat der Kläger Motorradfahren und gemeinsame Aktivitäten mit der Familie angegeben. Dem Kläger ist ein Hauptanliegen, auch die Freizeit genießen zu können. Weiter bestehen nach den Angaben des Klägers keine Schlafstörungen, ein guter Appetit und eine stark vorhandene Libido. Nach dem psychologischen Befund war der Kläger bei klarem Bewusstsein und allseits orientiert. Er war im Kontakt freundlich und zugewandt, offen. Es fanden sich keine Anhalte für Störungen des formalen Denkens, der Wahrnehmung sowie auf kognitive Beeinträchtigungen. Stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liegen danach beim Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Kläger nach dem Gutachten von Dr. N. über mögliche Ursachen seiner Tumorerkrankung nachgrübelt und eine Angst vor potentiellen schädlichen Belastungen entwickelt hat, die ihm beschäftigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Allein die narzisstische Persönlichkeitsstruktur des Klägers rechtfertigt keinen höheren GdB. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft tatsächlich beeinträchtigt ist. Dass die im Gutachten von Dr. N. wiedergegebenen Angaben des Klägers zu seinen beruflichen Aktivitäten und Freizeitaktivitäten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, ist nicht ersichtlich. Dr. N. hat in seinem Gutachten Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Angaben des Klägers nicht geäußert. Auch ist eine Richtigstellung durch den Kläger nicht erfolgt.
31 
Zudem befindet sich der Kläger wegen seiner seelische Störung nicht in ärztlicher Behandlung. Ob dem Berufungsvorbringen des Beklagten, seelische Störungen, die einen GdB von wenigstens 30 bedingten, bedürften einer engmaschigen fachärztlichen Betreuung, zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung des Senats. Denn aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann jedenfalls - zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum - nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellte. Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten ist, findet sich nach den Ausführungen von Dr. N. in dessen Gutachten vom 30.09.2008 nicht. Der Kläger hatte bei der Untersuchung vielmehr angegeben, dass er seine Probleme nicht gerne nach außen trage, weil er seine Familie damit auch nicht belasten wolle. Insofern versuche er die Dinge mit sich selbst auszutragen und habe deshalb auch keine Behandlung in Anspruch genommen. Dies verdeutlicht, dass der Kläger seine Probleme als nicht so gravierend beurteilt, dass er sie nicht selbst bewältigen kann. Seine Erkrankung unter der Diagnose des Tumors sieht er nach eigenen Angaben rückschauend zwar als schweren Einschnitt in seinem Leben, der aber seinem Leben auch eine von ihm als positiv empfundene Wendung gegeben hatte. Mit der durch die Erkrankung angestoßenen beruflichen Veränderung zur Selbstständigkeit hatte er sich nach seiner Einschätzung beruflich komplett selbst verwirklicht und auch eine neue Lebenseinstellung gewonnen, da er die Erkenntnis erlangt habe, sich etwas gönnen zu müssen. Er sei spontaner und einsatzfreudiger geworden. Das nicht näher substantiierte Vorbringen des Klägers, fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen, belegt daher nicht eine gebotene Behandlungsbedürftigkeit und schon gar nicht eine tatsächlich fehlende Behandlungsoption.
32 
Die durch die Operation hervorgerufene Bauchnarbe des Klägers rechtfertigt nach den AHP keinen GdB, der bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen ist. Dass die Bauchnarbe beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen hervorruft, ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht.
33 
Zu Gunsten des Klägers ist eine wesentliche Änderung hinsichtlich der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk zu berücksichtigen, nach dem die Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 27.08.2004 die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 20 v.H. festgestellt hat (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Dieser Feststellung hat der Beklagte durch sein Vergleichsangebot wie auch seinen Berufungsantrag Rechnung getragen. Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht erhoben.
34 
Hinsichtlich der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes des Klägers ist eine rechtlich wesentliche Änderung (Verschlimmerung) nicht ersichtlich. Dr. N. hat beim Kläger den Teil-GdB wegen der Läsion des linken Plexus lumbosacralis sowie der Kahnbeinfraktur und der Sprunggelenksverletzung jeweils mit 20 bewertet. Eine solche Änderung wird vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen.
35 
Sonstige Funktionsbeeinträchtigungen, die bei der Neufeststellung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, bestehen beim Kläger nicht.
36 
Ausgehend von den beim Kläger bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigenden Teil-GdB-Werten (Verlust des linken Hodens und seelische Störung, BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk, Läsion des linken Plexus sowie Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung jeweils mit einem Teil-GdB von 20), ist nach der Rechtsprechung des Senats die Feststellung der vom Kläger angestrebten Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50) nicht gerechtfertigt. Die schwerwiegendste Funktionsstörung ist hier eines der vier mit einem GdB von 20 bewerteten Leiden. Ein höherer GdB als 20 bedingt keine davon. Wenn mit einem GdB 20 bewertete Behinderungen nach den AHP es vielfach nicht rechtfertigen, den Gesamt-GdB zu erhöhen, ist es grundsätzlich nicht geboten, aus einer Häufung solcher Behinderungen die Schwerbehinderteneigenschaft zu folgern. Ein GdB von 50 kann daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ohne zumindest eine mit einem GdB von 30 bewertete einzelne Funktionsstörung in der Regel nicht angenommen werden (vgl. Urt. des Senats vom 21.05.2010 - L 8 SB 2171/08 -).
37 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die Ermittlungen des SG und die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geklärt.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
20 
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und mit dem vom Beklagten gestellten Berufungsantrag in der Sache begründet, weil eine wesentliche Änderung gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 08.01.2001 eingetreten ist, die die Herabsetzung des GdB auf 40 seit dem 25.02.2006 rechtfertigt.
21 
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht formell rechtswidrig. Der Kläger ist vor dem Erlass der streitgegenständlichen Bescheide ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Der Bescheid vom 17.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2006 lässt auch hinreichend erkennen, wegen welcher Funktionsbeeinträchtigungen (zunächst) nur noch von einem GdB von 20 ausgegangen wurde, wie auch das Klagevorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 15.11.2006 zeigt. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.
22 
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 08.01.2001 wegen der Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung), der BG-Unfallfolgen am Handgelenk und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie Gebrauchseinschränkung des linken Fußes mit einem GdB von 70 bewertete Behinderungszustand des Klägers.
23 
Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen beurteilt sich die Begründetheit der gegen die Aufhebung erhobenen Anfechtungsklage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens, hier dem Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006. Danach eingetretene Änderungen sind nicht zu berücksichtigten (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, SozR 3-3870 § 3 Nr. 7).
24 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 -SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
25 
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der Gesamt-GdB ist vorliegend noch unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Im Übrigen hat die seit 01.01.2009 an die Stelle AHP getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
26 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers und den sich daraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 08.01.2001 zugrunde lagen, eine Heilungsbewährung eingetreten ist. Seinerzeit war nach der am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hodens erfolgten Operation eine Erkrankung des Hodens im Stadium der Heilungsbewährung als Funktionsbeeinträchtigung anerkannt worden. Bei Erkrankungen, die - wie bei einem Krebsleiden - zu Rezidiven neigen, ist abzuwarten, ob es im Stadium der Heilungsbewährung zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Erkrankung kommt. Im Zustand der Heilungsbewährung ist der GdB höher eingeschätzt, als er dem tatsächlichen Zustand entspricht (AHP Nr. 18 Abs. 7). Nach Eintritt der Heilungsbewährung ist bei der Bewertung - im Unterschied zur Erstfeststellung - nur noch die bestehende Funktionsbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Das Stadium der Heilungsbewährung war vorliegend nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist von fünf Jahren (vgl. AHP Nr. 26.1 Abs. 3) im Januar 2006 beendet, da es nicht zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Tumorerkrankung gekommen ist, wie sich aus dem Bericht des Klinikums R. vom 22.04.2005 an das VA und der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. K. vom 13.03.2007 an das SG ergibt. Etwas anderes wird vom Kläger im Übrigen auch nicht vorgetragen. Der Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, eine Neufeststellung der Behinderung des Klägers wegen einer wesentlicher Änderung der Verhältnisse vorzunehmen.
27 
Die verbliebenen Funktionsstörungen des Klägers bedingen jedenfalls zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids keinen höheren GdB als 40. Der davon abweichenden Ansicht des SG schließt sich der Senat nicht an.
28 
Allein der Verlust des (linken) Hodens rechtfertigt nach den AHP noch keinen GdB (vgl. Teil A Nr. 26.13).
29 
Die beim Kläger auf psychiatrischem Gebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mit einem GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Den abweichenden Bewertungen von Dr. N. und dem SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Nach den AHP (Teil A Nr. 26.3) sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 und schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Dass beim Kläger stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit oder gar schwere Störungen vorliegen, kann zur Überzeugung des Senats nicht angenommen werden.
30 
Zwar liegt beim Kläger nach den Ausführungen von Dr. N. in seinem Gutachten vom 30.09.2008 eine Krankheitsfehlverarbeitung mit karzinophobischer Störung, eine depressiv getönte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierter Persönlichkeit vor. Nach dem psychischen Befund waren unterschwellig nachdenkliche, ernste, teilweise auch ängstliche Stimmungsanteile sowie Verunsicherung und Labilisierung insbesondere in Bezug auf gesundheitliche Belange spürbar. Der Kläger war um eine Kontrolle seiner Emotionalität und um mögliche optimale Anpassung bemüht. Das inhaltliche Denken war teilweise von den psychischen und körperlichen Folgen der Erkrankung geprägt. Die Selbstwertregulation war beeinträchtigt. Es bestand eine deutlich verminderte Empfindlichkeit gegenüber Kritik und Zurücksetzung in Verbindung mit sthenischem Ehrgeiz. Diese bewirken nach den im Gutachten von Dr. N. mitgeteilten Angaben des Klägers jedoch nur leichtere psychovegetative oder psychische Störungen hinsichtlich seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. So hat sich der Kläger im Jahre 2005 als Geschäftsführer eines Personaldienstleistungsunternehmens selbstständig gemacht. Intern beschäftigt er zwei Mitarbeiter. Hinzu kommen zwischen 50 und 100 Leiharbeiter, die an Kunden verliehen werden. Weiterhin betreibt der Kläger eine eigene Unternehmensberatung bezüglich Prozessabläufe, Marketing und Management. Zum Tagesablauf hat der Kläger bei der Begutachtung angegeben, zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr aufzustehen. Nach dem Frühstück versucht der mit Leiharbeitern direkt bei seinen Kunden zu erscheinen und diese persönlich zu übergeben. Anschließend geht der Kläger in sein Büro. Dort hat er den ganzen Tag viel zu tun. Gegen 17:30 Uhr geht er nach Hause und versucht sich etwas zu entspannen. Dann wird gemeinsam zu Abend gegessen. Anschließend versucht er sich mit den Kindern zu beschäftigen. Nach seinen Angaben geht der Kläger gerne mit seiner Frau aus. Einmal in der Woche hat er einen Männerabend. Als Hobby hat der Kläger Motorradfahren und gemeinsame Aktivitäten mit der Familie angegeben. Dem Kläger ist ein Hauptanliegen, auch die Freizeit genießen zu können. Weiter bestehen nach den Angaben des Klägers keine Schlafstörungen, ein guter Appetit und eine stark vorhandene Libido. Nach dem psychologischen Befund war der Kläger bei klarem Bewusstsein und allseits orientiert. Er war im Kontakt freundlich und zugewandt, offen. Es fanden sich keine Anhalte für Störungen des formalen Denkens, der Wahrnehmung sowie auf kognitive Beeinträchtigungen. Stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liegen danach beim Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Kläger nach dem Gutachten von Dr. N. über mögliche Ursachen seiner Tumorerkrankung nachgrübelt und eine Angst vor potentiellen schädlichen Belastungen entwickelt hat, die ihm beschäftigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Allein die narzisstische Persönlichkeitsstruktur des Klägers rechtfertigt keinen höheren GdB. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft tatsächlich beeinträchtigt ist. Dass die im Gutachten von Dr. N. wiedergegebenen Angaben des Klägers zu seinen beruflichen Aktivitäten und Freizeitaktivitäten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, ist nicht ersichtlich. Dr. N. hat in seinem Gutachten Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Angaben des Klägers nicht geäußert. Auch ist eine Richtigstellung durch den Kläger nicht erfolgt.
31 
Zudem befindet sich der Kläger wegen seiner seelische Störung nicht in ärztlicher Behandlung. Ob dem Berufungsvorbringen des Beklagten, seelische Störungen, die einen GdB von wenigstens 30 bedingten, bedürften einer engmaschigen fachärztlichen Betreuung, zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung des Senats. Denn aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann jedenfalls - zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum - nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellte. Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten ist, findet sich nach den Ausführungen von Dr. N. in dessen Gutachten vom 30.09.2008 nicht. Der Kläger hatte bei der Untersuchung vielmehr angegeben, dass er seine Probleme nicht gerne nach außen trage, weil er seine Familie damit auch nicht belasten wolle. Insofern versuche er die Dinge mit sich selbst auszutragen und habe deshalb auch keine Behandlung in Anspruch genommen. Dies verdeutlicht, dass der Kläger seine Probleme als nicht so gravierend beurteilt, dass er sie nicht selbst bewältigen kann. Seine Erkrankung unter der Diagnose des Tumors sieht er nach eigenen Angaben rückschauend zwar als schweren Einschnitt in seinem Leben, der aber seinem Leben auch eine von ihm als positiv empfundene Wendung gegeben hatte. Mit der durch die Erkrankung angestoßenen beruflichen Veränderung zur Selbstständigkeit hatte er sich nach seiner Einschätzung beruflich komplett selbst verwirklicht und auch eine neue Lebenseinstellung gewonnen, da er die Erkenntnis erlangt habe, sich etwas gönnen zu müssen. Er sei spontaner und einsatzfreudiger geworden. Das nicht näher substantiierte Vorbringen des Klägers, fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen, belegt daher nicht eine gebotene Behandlungsbedürftigkeit und schon gar nicht eine tatsächlich fehlende Behandlungsoption.
32 
Die durch die Operation hervorgerufene Bauchnarbe des Klägers rechtfertigt nach den AHP keinen GdB, der bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen ist. Dass die Bauchnarbe beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen hervorruft, ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht.
33 
Zu Gunsten des Klägers ist eine wesentliche Änderung hinsichtlich der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk zu berücksichtigen, nach dem die Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 27.08.2004 die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 20 v.H. festgestellt hat (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Dieser Feststellung hat der Beklagte durch sein Vergleichsangebot wie auch seinen Berufungsantrag Rechnung getragen. Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht erhoben.
34 
Hinsichtlich der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes des Klägers ist eine rechtlich wesentliche Änderung (Verschlimmerung) nicht ersichtlich. Dr. N. hat beim Kläger den Teil-GdB wegen der Läsion des linken Plexus lumbosacralis sowie der Kahnbeinfraktur und der Sprunggelenksverletzung jeweils mit 20 bewertet. Eine solche Änderung wird vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen.
35 
Sonstige Funktionsbeeinträchtigungen, die bei der Neufeststellung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, bestehen beim Kläger nicht.
36 
Ausgehend von den beim Kläger bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigenden Teil-GdB-Werten (Verlust des linken Hodens und seelische Störung, BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk, Läsion des linken Plexus sowie Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung jeweils mit einem Teil-GdB von 20), ist nach der Rechtsprechung des Senats die Feststellung der vom Kläger angestrebten Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50) nicht gerechtfertigt. Die schwerwiegendste Funktionsstörung ist hier eines der vier mit einem GdB von 20 bewerteten Leiden. Ein höherer GdB als 20 bedingt keine davon. Wenn mit einem GdB 20 bewertete Behinderungen nach den AHP es vielfach nicht rechtfertigen, den Gesamt-GdB zu erhöhen, ist es grundsätzlich nicht geboten, aus einer Häufung solcher Behinderungen die Schwerbehinderteneigenschaft zu folgern. Ein GdB von 50 kann daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ohne zumindest eine mit einem GdB von 30 bewertete einzelne Funktionsstörung in der Regel nicht angenommen werden (vgl. Urt. des Senats vom 21.05.2010 - L 8 SB 2171/08 -).
37 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die Ermittlungen des SG und die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geklärt.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1947 geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehörigkeit und im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung. Bei dem Kläger stellte das Versorgungsamt H., in Ausführung eines im Klageverfahren S 1 SB 2927/03 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) geschlossenen Vergleichs, wegen einer koronaren Herzkrankheit, abgelaufenem Herzinfarkt, Stentimplantation und Bluthockdruck (Teil-GdB 30), Schwerhörigkeit beidseits (Teil-GdB 20) und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Teil-GdB 10) mit Bescheid vom 03.08.2004 den GdB mit 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz jeweils seit dem 02.07.2002 fest.
Am 21.07.2009 beantragte der Kläger beim nunmehr zuständigen Landratsamt H. - Versorgungsamt - (LRA) die Neufeststellung des GdB wegen Verschlimmerung der berücksichtigten Gesundheitsstörungen. Das LRA holte Befundangaben von Dr. H. vom 03.08.2009 sowie Dr. D. vom 29.07.2009 ein und nahm weitere medizinische Befundunterlagen zu den Akten (Berichte Dr. G. vom 15.07.2009, Diagnosen: Geringe Skoliose, Spondylose der LWS, Spondylarthrose der unteren LWS, Hohlkreuz mit Facettensyndrom; Dr. W./Dr. v. M. vom 23.06.2009, Diagnosen: KHK, 1-Gefäßerkrankung, Zustand nach Vorderwandinfarkt). Nach Auswertung der medizinischen Unterlagen schlug die Versorgungsärztin S. in ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 10.08.2009 wegen einer koronaren Herzkrankheit, abgelaufenem Herzinfarkt, Stentimplantation und Bluthockdruck (Teil-GdB 30), Schwerhörigkeit beidseitig (Teil-GdB 20) und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (Teil-GdB 10) den GdB weiterhin mit 40 vor.
Mit Bescheid vom 11.08.2009 entsprach das LRA dem Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB nicht. Hiergegen legte der Kläger am 07.09.2009 Widerspruch ein. Er machte geltend, seine Wirbelsäulenbeschwerden, Kopfschmerzen, ein sehr wechselhafter Blutdruck und eine deutliche Depressivität seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das LRA holte den Befundbericht von Dr. G. vom 15.12.2009 ein (Diagnosen: Geringe Skoliose, Spondylose der LWS, Spondylarthrose der unteren LWS, Hohlkreuz mit Facettensyndrom). In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme vom 11.03.2010 schlug die Versorgungsärztin R. - unter Berücksichtigung von degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und Wirbelsäulenverformung mit einem Teil-GdB von 20 - den GdB weiterhin mit 40 vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2010 wies das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 11.08.2009 zurück. Eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könne, lasse sich nicht feststellen.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.04.2010 Klage beim SG. Er machte zur Begründung geltend, mit der Bewertung der LWS bestehe Einverständnis. Bei den vorliegenden Teil-GdB von 30 für die Herzkrankheit und die Bluthochdruckerkrankung sowie jeweils 20 für die Schwerhörigkeit und die Wirbelsäulenerkrankung sei die Schwerbehinderteneigenschaft erreicht. Insoweit habe sich auch sein gesundheitliche Situation nicht verändert. Er sei bereits mehrfach zur psychiatrischen Untersuchung und Behandlung gewesen. Es sei von einer mittelschweren psychischen Erkrankung mit einem Teil-GdB von 30 auszugehen. Er habe Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01.07.2010 beantragt. Der Kläger legte ein Tonaudiogramm des Dr. H. vom 02.06.2010 vor.
Das SG hörte vom Kläger benannte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an.
Der Internist und Kardiologe Dr. v. M. teilte in seiner Stellungnahme vom 15.09.2010 den Behandlungsverlauf und die erhobenen Befunde mit. Durch den abgelaufenem Herzinfarkt sei der Kläger in seiner Belastbarkeit nur leichtgradig eingeschränkt. Er stimmte hinsichtlich der kardialen Erkrankung und des Bluthochdrucks der Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten zu. Dr. v. M. legte Befundberichte vom 20.08.2010 und 23.06.2009 vor.
Die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. R. d. L. teilte in ihren Stellungnahmen vom 16.09.2010 und 14.04.2011 den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit (Angst und depressive Störung gemischt). Aufgrund der psychischen Erkrankung sei der Kläger leichtgradig beeinträchtigt. Dr. R. d. L. schätzte den GdB auf 20 und unter Berücksichtigung der übrigen Ansätze (Herzerkrankung und Bluthockdruck Teil-GdB 30, Wirbelsäule Teil-GdB 20 und Schwerhörigkeit Teil-GdB 20) den Gesamt-GdB auf 50 ein. Dr. R. d. L. legte Befundberichte vor.
10 
Der HNO-Arzt Dr. H. teilte in seiner Stellungnahme vom 05.10.2010 den Behandlungsverlauf und die Befunde (an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts, mittelgradige Schwerhörigkeit links) mit und schätzte den GdB auf 40 ein. Er legte das Tonaudiogramm vom 02.06.2010 vor.
11 
Der Beklagte trat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. B. vom 10.03.2011 und 02.05.2011, der wegen einer koronaren Herzkrankheit, abgelaufenem Herzinfarkt, Stentimplantation und Bluthockdruck (Teil-GdB 20), Schwerhörigkeit beidseitig (Teil-GdB 20), degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (Teil-GdB 10) und seelische Störung (Teil-GdB 20) den Gesamt-GdB weiterhin mit 40 vorschlug, entgegen. Der von Dr. v. M. am 20.08.2010 erhobene Befund (Belastbarkeit bis 150 Watt über 6 Minuten) rechtfertige nicht länger den bislang festgestellten GdB von 30.
12 
Das SG holte von Amts wegen das HNO-ärztliche Gutachten von Dr. R. vom 06.07.2011 ein. Der Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, nach dem einfachen Gesamtwortverstehen ergebe sich ein Hörverlust für das rechte Ohr von 80 % und für das linke Ohr von 30 %. Weiter bestehe ein Tinnitus aurium mit leichter Verdeckbarkeit und fehlender Dekompensation. Er bewertete den GdB mit 30 und unter Berücksichtigung der anderweitigen Ansätze den Gesamt-GdB mit 40.
13 
Der Beklagte erhob gegen das Gutachten von Dr. R. unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. W. vom 20.07.2011 und 10.08.2011 Einwendungen. Der angegebene Hörverlust für das rechte Ohr von 80 % sei nicht nachvollziehbar. Es bestehe allenfalls ein Hörverlust von 70 % für das rechte Ohr, was bei einem Hörverlust von 30 % für das linke Ohr einen Teil-GdB von 20 rechtfertige. Hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens betrage der Teil-GdB 20 und der Gesamt-GdB weiterhin 40. Auf kardiologischem Gebiet sei allenfalls ein Teil-GdB von 20 begründbar.
14 
Das SG holte die ergänzende gutachtliche Stellungnahme des Dr. R. vom 14.06.2012 ein. In dieser Stellungnahme nahm Dr. R. eine Neubewertung des prozentualen Hörverlustes beider Ohren vor und gelangte in Abweichung zu seinem Gutachten vom 06.07.2011 nunmehr zu dem Ergebnis, dass der korrekte Hörverlust rechts 70 % und links 30 % betrage. Auf dieser Grundlage bewertete Dr. R. - in Zustimmung zu den Ausführungen von Dr. W. - den GdB nunmehr mit 20 und den Gesamt-GdB weiterhin mit 40.
15 
Die Beteiligten trugen weiter streitig vor (Schriftsatz des Klägers vom 09.08.2012 und des Beklagten vom 29.08.2012).
16 
Mit Gerichtsbescheid vom 11.12.2012 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, ein höherer GdB als 40 liege nicht vor. Die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, die Herzerkrankung und der Bluthochdruck, die psychische Erkrankung sowie die Schwerhörigkeit und der Tinnitus seien mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Davon ausgehend sei die Einschätzung des Gesamt-GdB mit 40 angemessen und leidensgerecht. Beim Kläger lägen keine dauernden Funktionseinschränkungen vor, die mit den nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) einen Gesamt-GdB von 50 bedingenden Funktionseinschränkungen vergleichbar wären.
17 
Gegen den den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14.12.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 11.01.2013 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, das SG sei hinsichtlich des maßgebenden Zeitpunkts für die Bewertung der Einzelgrade der Behinderung von einem unzutreffenden Zeitpunkt ausgegangen und habe die Grundsätze der Bildung des Gesamtgrades der Behinderung verkannt. Das SG habe zu Unrecht für die komplexe Herz- und Bluthochdruckerkrankung einem Teil-GdB von 20 zugrunde gelegt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung sei der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin der Widerspruchsbescheid. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beklagte zutreffend der Ansicht gewesen, dass eine wesentliche Änderung bezüglich der Herzkreislauferkrankung nicht eingetreten sei und sei zutreffend aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen. Eine Verbesserung sei nicht eingetreten. Zudem sei im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, selbst bei unterstellter gesundheitlicher Verbesserung, nicht von einem Teil-GdB von 20, sondern von 30 auszugehen. Eine Änderung des Gesundheitszustandes sei erst ab der Untersuchung durch Dr. v. M. am 18.08.2010 dokumentiert. Bis dahin würden die entsprechenden Einschränkungen und Bewertungen der bisherigen Befundberichte, die zutreffend einen Teil-GdB von 30 zu Grunde gelegt hätten, gelten. Unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 30 und drei Teil-GdB von 20 sei ein Gesamt-GdB von 50 zu bilden.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Dezember 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von 50 ab dem 14. Juli 2009 festzustellen.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Er hat zur Begründung vorgetragen, der klägerischen Argumentation könne nicht gefolgt werden. Den für die Feststellung des Gesamt-GdB zugrunde gelegten Einzelgraden komme keine Bindungswirkung zu. Dies bedeute, dass eine wesentliche Besserung der Herz-Kreislauferkrankung zu berücksichtigen sei bzw. aktuelle Befunde auszuwerten und der Beurteilung zugrunde zu legen seien. Zeitpunkt für die Beurteilung sei nicht der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, sondern der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Gerichtsentscheidung. Unter Berücksichtigung der von Dr. v. M. am 20.08.2010 erhobenen Befunde sei für die Herzkreislauferkrankung allenfalls ein Teil-GdB von 20 begründbar. Eine Verschlimmerung sei bislang nicht geltend gemacht worden. Da auch bezüglich der übrigen Funktionseinschränkungen kein höherer Teil-GdB als jeweils 20 angenommen werden könne, sei es grundsätzlich nicht möglich, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden.
23 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
24 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Gerichtsakten des SG S 1 SB 2927/03 sowie einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 11.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
26 
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Es hat weiter ausführlich und zutreffend begründet, dass ein höherer GdB als 40 nicht vorliegt. Die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, die Herzerkrankung und der Bluthochdruck, die psychische Erkrankung sowie die Schwerhörigkeit und der Tinnitus sind jeweils mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Davon ausgehend ist die Einschätzung des Gesamt-GdB mit 40 angemessen und leidensgerecht. Beim Kläger liegen keine dauernden Funktionseinschränkungen vor, die mit den nach den VG einen Gesamt-GdB von 50 bedingenden Funktionseinschränkungen vergleichbar wären. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zu demselben Ergebnis. Er nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Gerichtbescheid vollumfänglich Bezug, die er sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
27 
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:
28 
Das (rechtliche) Vorbringen des Klägers, maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung sei der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin der Widerspruchsbescheid, steht nicht im Einklang mit der einheitlichen und gefestigten sozialgerichtlichen Rechtsprechung. Bei einer Klage auf Neufeststellung eines höheren GdB, wie sie der Kläger erhoben hat, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Gerichtsentscheidung, worauf der Beklagte in seiner Berufungserwiderung zutreffend hinweist. Ein Ausnahmefall liegt nicht vor.
29 
Allerdings ist dem Vorbringen des Klägers insoweit zu folgen, dass für den Fall einer wesentlichen Änderung im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens, die wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage gegebenenfalls für einen Teil-Zeitraum zu berücksichtigen wäre. Dies bedeutet vorliegend, dass dann, wenn erstmals durch den Befundbericht des Dr. v. M. vom 20.08.2010 eine Besserung der Herzkreislauferkrankung des Klägers dokumentiert wäre, diese Besserung erst ab der Befunderhebung (18.08.2010) zu berücksichtigen wäre, falls ein früherer Zeitpunkt der Besserung nicht nachgewiesen ist, worauf der Kläger zur Begründung seiner Berufung maßgeblich abstellt. Unter diesen Voraussetzungen käme vorliegend in Betracht, unter Berücksichtigung von Teil-GdB-Werten von 30 für die Herzerkrankung und den Bluthochdruck, sowie von jeweils 20 für die Schwerhörigkeit und Tinnitus, das Wirbelsäulenleiden und die seelische Störung den Gesamt-GdB mit 50 bis 17.08.2010 festzustellen. Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch nicht vor. Nach dem bereits im Klageverfahren S 1 SB 2927/03 vom SG eingeholten Befundbericht des Dr. v. M. vom 05.12.2003 konnte der Kläger eine Ergometrie bis 150 Watt beschwerdefrei und ohne Ischämiereaktion absolvieren. Der von SG im Verfahren S 1 SB 2927/03 schriftlich als sachverständige Zeuge gehörte Internist Dr. D. bestätigte in seiner Stellungnahme vom 01.03.2004 diese Befunde (für den 18.11.2003). Damit ist eine wesentliche Besserung der Herzerkrankung des Klägers erst ab dem 18.08.2010 nicht belegt. Nach dem Befundbericht von Dr. v. M. vom 20.08.2010 war der Kläger am 18.08.2010 ebenfalls bis 150 Watt über 6 Minuten belastbar, wobei der Abbruch wegen peripherer Erschöpfung ohne ischämieverdächtige Veränderungen unter Belastung und in der Nachbelastungsphase erfolgte. Dr. v. M. bestätigt in seinem Befundbericht vom 20.08.2010 einen unveränderten kardialen Befund. Dem entsprechen auch die Befundangaben von Dr. v. M. im Befundbericht vom 23.06.2009. Eine wesentliche Besserung der Herzerkrankung erst im Verlauf des Klageverfahrens kann der Kläger damit nicht mit Erfolg geltend machen.
30 
Die dargestellten kardiologischen Befunde rechtfertigen hinsichtlich der Herzerkrankung des Klägers nach den vom SG zutreffend dargestellten Bewertungsvorgaben der VG einen Teil-GdB von 0 bis 10. Nach den VG Teil B 9.1.1 ist erst bei einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten) ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt. Eine solche Leistungsbeeinträchtigung ist beim Kläger im vorliegend streitigen Zeitraum ab dem 14.07.2009 - wie bereits ausgeführt - nicht belegt. Auch der zusätzlich zu berücksichtigende Bluthochdruck des Klägers rechtfertigt keinen Teil-GdB von 30. Nach den VG Teil B 9.3 beträgt bei einer Hypertonie (Bluthochdruck) leichter Form keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) der GdB 0 bis 10 und bei mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung der GdB 20 bis 40. Eine Bluthochdruckerkrankung mittelschwerer Form mit Organbeteiligung ist beim Kläger nicht belegt. Zwar sind beim Kläger mehrfach diastolische Blutdruckwerte von über 100 trotz medikamentöser Behandlung dokumentiert (Befundberichte Dr. v. M. vom 20.08.2010 RR 150/110 mmHg und vom 23.06.2009 RR 180/110 mmHg). Eine Organbeteiligung leichten oder mittleren Grades ist jedoch beim Kläger nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht. Danach kann hinsichtlich des Bluthochdrucks des Klägers allenfalls von einem schwachen Teil-GdB von 20 ausgegangen werden, der sich durch die geringgradigen Auswirkungen der Herzerkrankung nicht auf über 20 erhöht.
31 
Dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2010 hinsichtlich der Herzerkrankung sowie des Bluthochdrucks von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen ist (zuletzt versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. R. vom 11.03.2010) und erst im Klageverfahren, gestützt auf den Befundbericht von Dr. v. M. vom 20.08.2010, nunmehr den Teil-GdB lediglich mit 20 angenommen hat (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. B. vom 10.03.2011), rechtfertigt keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. An die ursprüngliche Bewertung des Teil-GdB für die Herz- und Bluthochdruckerkrankung mit einem Teil-GdB von 30 ist der Beklagte, wie das Gericht, nicht gebunden. Denn die den einzelnen Behinderungen zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich vielmehr nur um einen Bewertungsfaktor, der wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegt (vgl. auch z.B. Urteil des Senats vom 20.09.2013 - L 8 SB 1640/12 - S. 9, nicht veröffentlich).
32 
Dr. R. hat in seiner sein Gutachten vom 06.07.2011 ergänzenden Stellungnahme vom 14.06.2012 nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass auf der Grundlage des Sprachaudiogramms entgegen seiner ursprünglichen Bewertung im Gutachten vom 06.07.2011 hinsichtlich des rechten Ohrs des Klägers lediglich von einem Hörverlust von 70 % (und nicht wie ursprünglich angenommen von 80 %) ausgegangen werden kann, was unter Berücksichtigung eines Hörverlustes von 30 % für das linke Ohr nach den VG Teil B 5.2.4 einen Teil-GdB von 20 (statt 30) rechtfertigt. Dr. R. hat sich damit den vom Beklagten gegen die Bewertung des Teil-GdB im Gutachten vom 06.07.2011 erhobenen Einwendungen (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. W. vom 20.07.2011) angeschlossen. Die von Dr. R. korrigierte Bewertung des Teil-GdB für die Hörstörung entspricht den rechtlichen Vorgaben der VG, der sich der Senat anschließt. Einwendungen hat der Kläger hiergegen im Übrigen auch nicht erhoben. Die Bewertung des Teil-GdB für die Hörstörung auf der Grundlage eines Tonaudiogramms ist vorliegend nicht möglich. Nach den VG Teil B 5 richtet sich der GdB für eine Störung der Hörfähigkeit grundsätzlich nach der Herabsetzung des Sprachgehörs ohne Hörhilfe (Sprachaudiogramm). Nur sofern ein Sprachaudiogramm z.B. aufgrund sprachlicher Probleme nicht erhoben werden kann, kann ein Tonaudiogramm nach VG Teil B 5.2.2 zugrunde gelegt werden (Rechtsprechung des Senats, Urteil vom 19.04.2013 - L 8 SB 3009/11 - S. 12, nicht veröffentlicht). Ein solcher Ausnahmefall liegt beim Kläger nicht vor. Der Tinnitus aurium ist nach den VG Teil B 5.3 mit einem Teil-GdB von 0 bis 10 zu bewerten. Ein höherer Teil-GdB wäre nur bei erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen des Tinnitus möglich, was beim Kläger jedoch nicht gegeben ist. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. R. in seinem Gutachten löst das Tinnitusleiden beim Kläger keine psychosozialen Fehlreaktionen aus und ist als geringfügig einzustufen. Dem schließt sich der Senat an. Damit ist eine Erhöhung des Teil-GdB von 20 für die Hörstörung durch den Tinnitus nicht gerechtfertigt. Der abweichenden Bewertung von Dr. H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.10.2010 (GdB 40) kann nicht gefolgt werden, wie Dr. R. in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat. Zudem stützt Dr. H. seine Bewertung auf tonaudiometrische Messungen, was nicht den rechtlichen Vorgaben der VG entspricht.
33 
Gesichtspunkte, die entgegen der Ansicht des SG hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens sowie der seelischen Störung einen höheren Teil-GdB als 20 rechtfertigen, sind nicht ersichtlich und hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht dargetan.
34 
Unter Berücksichtigung der Teil-GdB-Werte von jeweils 20 für die Herzerkrankung und den Bluthochdruck, die Schwerhörigkeit beidseitig und Tinnitus, die Wirbelsäulenerkrankung und die seelische Störung ist die Feststellung des Gesamt-GdB von 50 beim Kläger nicht gerechtfertigt. Nach den vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellten Grundsätzen zu Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. Urteile vom 25.03.2011 - L 8 SB 4762/08 - und 05.03.2010 - L 8 SB 5038/08 -, m.w.N., jeweils unveröffentlicht) ist es daher - von seltenen Ausnahmefällen abgesehen, z.B. bei gegenseitiger, die Lebensqualität erheblich beeinträchtigender Verstärkung - nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies beim Kläger zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen. Eine solche Wertigkeit kommt den vom Verordnungsgeber als leichte Behinderungen eingestuften Funktionseinschränkungen in der Regel nicht zu. Hierauf hat der Beklagte in der Berufungsbegründung zutreffend hingewiesen. Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen beim Kläger nicht vor.
35 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der für die Entscheidung relevante Sachverhalt durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen geklärt. Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, hat der Kläger nicht aufgezeigt.
36 
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
37 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
38 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.

Gründe

 
25 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 11.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
26 
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Es hat weiter ausführlich und zutreffend begründet, dass ein höherer GdB als 40 nicht vorliegt. Die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, die Herzerkrankung und der Bluthochdruck, die psychische Erkrankung sowie die Schwerhörigkeit und der Tinnitus sind jeweils mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Davon ausgehend ist die Einschätzung des Gesamt-GdB mit 40 angemessen und leidensgerecht. Beim Kläger liegen keine dauernden Funktionseinschränkungen vor, die mit den nach den VG einen Gesamt-GdB von 50 bedingenden Funktionseinschränkungen vergleichbar wären. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zu demselben Ergebnis. Er nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Gerichtbescheid vollumfänglich Bezug, die er sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
27 
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:
28 
Das (rechtliche) Vorbringen des Klägers, maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung sei der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin der Widerspruchsbescheid, steht nicht im Einklang mit der einheitlichen und gefestigten sozialgerichtlichen Rechtsprechung. Bei einer Klage auf Neufeststellung eines höheren GdB, wie sie der Kläger erhoben hat, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Gerichtsentscheidung, worauf der Beklagte in seiner Berufungserwiderung zutreffend hinweist. Ein Ausnahmefall liegt nicht vor.
29 
Allerdings ist dem Vorbringen des Klägers insoweit zu folgen, dass für den Fall einer wesentlichen Änderung im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens, die wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage gegebenenfalls für einen Teil-Zeitraum zu berücksichtigen wäre. Dies bedeutet vorliegend, dass dann, wenn erstmals durch den Befundbericht des Dr. v. M. vom 20.08.2010 eine Besserung der Herzkreislauferkrankung des Klägers dokumentiert wäre, diese Besserung erst ab der Befunderhebung (18.08.2010) zu berücksichtigen wäre, falls ein früherer Zeitpunkt der Besserung nicht nachgewiesen ist, worauf der Kläger zur Begründung seiner Berufung maßgeblich abstellt. Unter diesen Voraussetzungen käme vorliegend in Betracht, unter Berücksichtigung von Teil-GdB-Werten von 30 für die Herzerkrankung und den Bluthochdruck, sowie von jeweils 20 für die Schwerhörigkeit und Tinnitus, das Wirbelsäulenleiden und die seelische Störung den Gesamt-GdB mit 50 bis 17.08.2010 festzustellen. Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch nicht vor. Nach dem bereits im Klageverfahren S 1 SB 2927/03 vom SG eingeholten Befundbericht des Dr. v. M. vom 05.12.2003 konnte der Kläger eine Ergometrie bis 150 Watt beschwerdefrei und ohne Ischämiereaktion absolvieren. Der von SG im Verfahren S 1 SB 2927/03 schriftlich als sachverständige Zeuge gehörte Internist Dr. D. bestätigte in seiner Stellungnahme vom 01.03.2004 diese Befunde (für den 18.11.2003). Damit ist eine wesentliche Besserung der Herzerkrankung des Klägers erst ab dem 18.08.2010 nicht belegt. Nach dem Befundbericht von Dr. v. M. vom 20.08.2010 war der Kläger am 18.08.2010 ebenfalls bis 150 Watt über 6 Minuten belastbar, wobei der Abbruch wegen peripherer Erschöpfung ohne ischämieverdächtige Veränderungen unter Belastung und in der Nachbelastungsphase erfolgte. Dr. v. M. bestätigt in seinem Befundbericht vom 20.08.2010 einen unveränderten kardialen Befund. Dem entsprechen auch die Befundangaben von Dr. v. M. im Befundbericht vom 23.06.2009. Eine wesentliche Besserung der Herzerkrankung erst im Verlauf des Klageverfahrens kann der Kläger damit nicht mit Erfolg geltend machen.
30 
Die dargestellten kardiologischen Befunde rechtfertigen hinsichtlich der Herzerkrankung des Klägers nach den vom SG zutreffend dargestellten Bewertungsvorgaben der VG einen Teil-GdB von 0 bis 10. Nach den VG Teil B 9.1.1 ist erst bei einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten) ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt. Eine solche Leistungsbeeinträchtigung ist beim Kläger im vorliegend streitigen Zeitraum ab dem 14.07.2009 - wie bereits ausgeführt - nicht belegt. Auch der zusätzlich zu berücksichtigende Bluthochdruck des Klägers rechtfertigt keinen Teil-GdB von 30. Nach den VG Teil B 9.3 beträgt bei einer Hypertonie (Bluthochdruck) leichter Form keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) der GdB 0 bis 10 und bei mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung der GdB 20 bis 40. Eine Bluthochdruckerkrankung mittelschwerer Form mit Organbeteiligung ist beim Kläger nicht belegt. Zwar sind beim Kläger mehrfach diastolische Blutdruckwerte von über 100 trotz medikamentöser Behandlung dokumentiert (Befundberichte Dr. v. M. vom 20.08.2010 RR 150/110 mmHg und vom 23.06.2009 RR 180/110 mmHg). Eine Organbeteiligung leichten oder mittleren Grades ist jedoch beim Kläger nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht. Danach kann hinsichtlich des Bluthochdrucks des Klägers allenfalls von einem schwachen Teil-GdB von 20 ausgegangen werden, der sich durch die geringgradigen Auswirkungen der Herzerkrankung nicht auf über 20 erhöht.
31 
Dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2010 hinsichtlich der Herzerkrankung sowie des Bluthochdrucks von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen ist (zuletzt versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. R. vom 11.03.2010) und erst im Klageverfahren, gestützt auf den Befundbericht von Dr. v. M. vom 20.08.2010, nunmehr den Teil-GdB lediglich mit 20 angenommen hat (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. B. vom 10.03.2011), rechtfertigt keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. An die ursprüngliche Bewertung des Teil-GdB für die Herz- und Bluthochdruckerkrankung mit einem Teil-GdB von 30 ist der Beklagte, wie das Gericht, nicht gebunden. Denn die den einzelnen Behinderungen zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich vielmehr nur um einen Bewertungsfaktor, der wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegt (vgl. auch z.B. Urteil des Senats vom 20.09.2013 - L 8 SB 1640/12 - S. 9, nicht veröffentlich).
32 
Dr. R. hat in seiner sein Gutachten vom 06.07.2011 ergänzenden Stellungnahme vom 14.06.2012 nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass auf der Grundlage des Sprachaudiogramms entgegen seiner ursprünglichen Bewertung im Gutachten vom 06.07.2011 hinsichtlich des rechten Ohrs des Klägers lediglich von einem Hörverlust von 70 % (und nicht wie ursprünglich angenommen von 80 %) ausgegangen werden kann, was unter Berücksichtigung eines Hörverlustes von 30 % für das linke Ohr nach den VG Teil B 5.2.4 einen Teil-GdB von 20 (statt 30) rechtfertigt. Dr. R. hat sich damit den vom Beklagten gegen die Bewertung des Teil-GdB im Gutachten vom 06.07.2011 erhobenen Einwendungen (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. W. vom 20.07.2011) angeschlossen. Die von Dr. R. korrigierte Bewertung des Teil-GdB für die Hörstörung entspricht den rechtlichen Vorgaben der VG, der sich der Senat anschließt. Einwendungen hat der Kläger hiergegen im Übrigen auch nicht erhoben. Die Bewertung des Teil-GdB für die Hörstörung auf der Grundlage eines Tonaudiogramms ist vorliegend nicht möglich. Nach den VG Teil B 5 richtet sich der GdB für eine Störung der Hörfähigkeit grundsätzlich nach der Herabsetzung des Sprachgehörs ohne Hörhilfe (Sprachaudiogramm). Nur sofern ein Sprachaudiogramm z.B. aufgrund sprachlicher Probleme nicht erhoben werden kann, kann ein Tonaudiogramm nach VG Teil B 5.2.2 zugrunde gelegt werden (Rechtsprechung des Senats, Urteil vom 19.04.2013 - L 8 SB 3009/11 - S. 12, nicht veröffentlicht). Ein solcher Ausnahmefall liegt beim Kläger nicht vor. Der Tinnitus aurium ist nach den VG Teil B 5.3 mit einem Teil-GdB von 0 bis 10 zu bewerten. Ein höherer Teil-GdB wäre nur bei erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen des Tinnitus möglich, was beim Kläger jedoch nicht gegeben ist. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. R. in seinem Gutachten löst das Tinnitusleiden beim Kläger keine psychosozialen Fehlreaktionen aus und ist als geringfügig einzustufen. Dem schließt sich der Senat an. Damit ist eine Erhöhung des Teil-GdB von 20 für die Hörstörung durch den Tinnitus nicht gerechtfertigt. Der abweichenden Bewertung von Dr. H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.10.2010 (GdB 40) kann nicht gefolgt werden, wie Dr. R. in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat. Zudem stützt Dr. H. seine Bewertung auf tonaudiometrische Messungen, was nicht den rechtlichen Vorgaben der VG entspricht.
33 
Gesichtspunkte, die entgegen der Ansicht des SG hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens sowie der seelischen Störung einen höheren Teil-GdB als 20 rechtfertigen, sind nicht ersichtlich und hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht dargetan.
34 
Unter Berücksichtigung der Teil-GdB-Werte von jeweils 20 für die Herzerkrankung und den Bluthochdruck, die Schwerhörigkeit beidseitig und Tinnitus, die Wirbelsäulenerkrankung und die seelische Störung ist die Feststellung des Gesamt-GdB von 50 beim Kläger nicht gerechtfertigt. Nach den vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellten Grundsätzen zu Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. Urteile vom 25.03.2011 - L 8 SB 4762/08 - und 05.03.2010 - L 8 SB 5038/08 -, m.w.N., jeweils unveröffentlicht) ist es daher - von seltenen Ausnahmefällen abgesehen, z.B. bei gegenseitiger, die Lebensqualität erheblich beeinträchtigender Verstärkung - nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies beim Kläger zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen. Eine solche Wertigkeit kommt den vom Verordnungsgeber als leichte Behinderungen eingestuften Funktionseinschränkungen in der Regel nicht zu. Hierauf hat der Beklagte in der Berufungsbegründung zutreffend hingewiesen. Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen beim Kläger nicht vor.
35 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der für die Entscheidung relevante Sachverhalt durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen geklärt. Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, hat der Kläger nicht aufgezeigt.
36 
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
37 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
38 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Februar 2010 abgeändert. Die Klage des Klägers wird abgewiesen, soweit die Feststellung des Grads der Behinderung von über 40 seit dem 25.02.2006 begehrt wird.

Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel seiner Kosten im Klageverfahren zu erstatten. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) wegen Heilungsbewährung streitig.
Dem am …1967 geborenen Kläger wurde am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hoden entfernt (Bericht der Kreiskliniken R. vom 21.03.2000). Er stellte am 03.04.2000 beim Versorgungsamt R. einen Antrag auf Feststellung des GdB. Mit Bescheid vom 21.07.2000 stellte das Versorgungsamt R. beim Kläger wegen einer Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung) den GdB mit 50 seit 01.01.2000 fest.
Am 18.09.2000 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt R. die Erhöhung des GdB. Er machte geltend, durch die Chemotherapie sei sein linker Fuß geschädigt worden. Weiter habe er auf einer Geschäftsreise den rechten Fuß verletzt. Der Kläger legte den radiologischen Befundbericht von Dr. T. vom 16.08.2000, den Befundbericht von Dr. U. vom 04.12.2000, ein Gutachten des Dr. B. vom 13.11.2000 sowie einen Bescheid der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft vom 14.12.1993 vor. Das Versorgungsamt holte den Befundbericht von Dr. H. vom 26.09.2000 ein, der sich unter Vorlage weiterer medizinischer Unterlagen äußerte. Nach Auswertung durch die Vertragsärztin W. (Stellungnahme vom 03.01.2001) stellte das Versorgungsamt R. mit Bescheid vom 08.01.2001 beim Kläger wegen der Erkrankung des linken Hodens in (Heilungsbewährung) - Teil-GdB 60 -, der BG-Unfallfolgen am Handgelenk - Teil-GdB 10 - und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie einer Gebrauchseinschränkung des linken Fußes - Teil-GdB 20 - den GdB mit 70 seit dem 01.01.2000 neu fest.
Im Februar 2005 leitete das zwischenzeitlich zuständige Landratsamt R. -Kreissozialamt - Versorgungsamt- (VA) ein Nachprüfungsverfahren ein. Das VA holte den Bericht der Kreiskliniken R. vom 22.04.2005 ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (gutachtliche Stellungnahme Dr. S. vom 21.07.2005, in der wegen der BG-anerkannten Unfallfolgen der Teil-GdB mit 10, der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und der Gebrauchseinschränkung des linken Fußes der Teil-GdB mit 20 und wegen des Verlustes des linken Hodens nach eingetretener Heilungsbewährung und einer seelischen Störung der Teil-GdB mit 10 und der Gesamt-GdB mit 20 vorgeschlagen wurde), stellte das VA - nach Anhörung des Klägers (Anhörungsschreiben vom 19.12.2005) - mit Bescheid vom 17.02.2006 unter Aufhebung des Bescheides vom 08.01.2001 den GdB mit 20 ab 25.02.2006 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 06.03.2006 Widerspruch ein. Er machte geltend, die Begründung des Bescheides sei nicht nachvollziehbar. Ungeachtet dessen habe sich seine gesundheitliche Verfassung nicht geändert. Nach Einholung der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. F. vom 25.09.2006 wurde der Widerspruch vom Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.11.2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er trug zur Begründung vor, die Auffassung des Beklagten sei unzutreffend. Seine psychische Belastung habe sich zwar seit dem Jahr 2001 reduziert, allerdings sei sie nach wie vor in erheblichem Maße vorhanden. Bereits durch geringfügig erscheinende körperliche Reaktionen erleide er mehrwöchige Angstzustände, dass die Erkrankung erneut entstanden sei. Durch die für ihn täglich sichtbaren Folgen der Operation werde er immer wieder mit der Krebserkrankung konfrontiert. Der nicht vollständig ausgeheilte Bruch am rechten Handgelenk, der ihn beeinträchtige, bliebe unberücksichtigt. Die Beschwerden am rechten oberen Sprunggelenk, am linken Fuß und am rechten Handgelenk hätten sich verstärkt. Der GdB betrage nach wie vor 70.
Das SG hörte den Allgemeinarzt Dr. Sp. und den Urologen Dr. K. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. Sp. teilte in seiner Stellungnahme vom 31.01.2007 den Behandlungsverlauf und die Befunde mit. Er habe den Kläger in den letzten 3 bis 4 Jahren nicht mehr gesehen, weshalb er den GdB nur eingeschränkt beurteilen könne. Dr. Sp. schätzte den GdB auf 20 bis 30 ein. Dr. K. teilte in seiner Stellungnahme vom 13.03.2007 unter Vorlage eines Befundberichts der Kreiskliniken R. vom 02.08.2005 den Behandlungsverlauf mit. Auf urologisch-onkologischem Gebiet schätzte er den GdB auf 20 ein.
Das SG holte auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das nervenärztliche Gutachten des Dr. N. vom 30.09.2008 ein. Dr. N. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Beurteilung, als verbliebene Folgen auf psychiatrischem Gebiet seien hervorzuheben, eine durch erheblich entstellende große mediale Laparatomienarbe mit hieraus resultierender narzisstischer Kränkung, eine stetige Angst vor einem Tumorrezidiv mit Uminterpretierung harmloser Beschwerden als mögliche Anzeichen einer erneuten Tumorerkrankung sowie eine kompensatorisch erhöhtes, teilweise auch krankhaft und zwanghaft erlebtes Bedürfnis nach sexuellen Kontakten. Dr. N. diagnostizierte eine Krankheitsfehlverarbeitung mit im Vordergrund stehender karzinophobischer Störung, eine depressiv getrübte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierte Persönlichkeit im Rahmen einer Hodenkarzinomerkrankung (Teil-GdB 40), eine Läsion des linken Plexus lumbosacralis mit zusätzlicher Sympatikusläsion und hierdurch bedingten trophischen Störungen im Bereich des linken Fußes (Teil-GdB 20) sowie eine Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung (Teil-GdB 20). Den Gesamt-GdB schätzte Dr. N. auf 50.
Anschließend legte der Kläger den Bescheid der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft vom 27.08.2004, mit dem ihm ab 07.09.2001 wegen einer Bewegungseinschränkung im Handgelenk mit Belastungsschmerzen Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v.H. bewilligt wurde, sowie Lichtbilder hinsichtlich der Operationsnarbe vor. Der Beklagte unterbreitete daraufhin dem Kläger ein Vergleichsangebot, wegen einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes (Teil-GdB 20), der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk (Teil-GdB 20) und dem Verlust des linken Hodens sowie seelischer Störung (Teil-GdB 20) den GdB mit 40 und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils seit 25.02.2006 festzustellen und legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 09.09.2009 vor. Dieses Vergleichsangebot nahm der Kläger nicht an.
10 
Mit Urteil vom 11.02.2010 verurteilte das SG den Beklagten, beim Kläger den GdB mit 50 seit 25.02.2006 festzustellen. Es führte zur Begründung aus, die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigten die Bewertung mit einem GdB von 50. Bei der von Dr. N. beschriebenen psychischen Störung handele es sich um eine seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Behandlung des Klägers nicht erfolge und seine Lebensgestaltung äußerlich unbeeinträchtigt erscheine, sei mindestens ein GdB von 30 für die seelische Störung gerechtfertigt. Bei Berücksichtigung eines Teil-GdB von 30 für die seelische Störung betrage unter zusätzlicher Berücksichtigung der Funktionsbeeinträchtigung im Bereich des rechten Handgelenkes mit einem Teil-GdB von 20 und die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich des linken Fußes mit einem Teil-GdB von 20 der Gesamt-GdB 50.
11 
Gegen das dem Beklagten am 12.03.2010 zugestellte Urteil hat er am 01.04.2010 Berufung eingelegt. Der Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, der Ansicht des SG, für die seelische Störung sei ein Teil-GdB von wenigstens 30 anzunehmen, könne nicht gefolgt werden. Der im Gutachten von Dr. N. beschriebene Tagesablauf des Klägers und die angegebenen Hobbys ließen in keiner Weise erkennen, inwieweit eine stärker behindernde Störung bestehen solle. Der Kläger benötige auch keine fachärztliche Hilfe zur Behandlung seiner seelischen Störung. Bei einer psychischen Beeinträchtigung, die einen GdB von wenigstens 30 bedinge, müsse eine engmaschige fachärztliche Betreuung erfolgen. Der Umstand, dass dies nicht der Fall sei, spreche gegen eine stärker behindernde Störung. Der für die psychische Beeinträchtigung angenommene Teil-GdB von 20 sei völlig ausreichend. Bei Teil-GdB-Werten von 20 - 20 - 20 lasse sich die Schwerbehinderteneigenschaft nicht rechtfertigen. Der Beklagte hat die versorgungsärztlicher Stellungnahme von Dr. Wo. vom 23.03.2010 vorgelegt.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11.02.2010 abzuändern und die Klage des Klägers abzuweisen, soweit die Feststellung des Grades der Behinderung von über 40 seit dem 25.02.2006 begehrt wird.
14 
Der Kläger beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er hat zur Begründung vorgetragen, die von Dr. N. getroffenen Feststellungen seien in sich stimmig und schlüssig. Die vom Beklagten erhobenen Einwendungen seien unzutreffend. Soweit zur Beurteilung der Frage, wie hoch der GdB liege, überhaupt auf den Umfang der Arbeitstätigkeit und der ausgeübten Freizeitbeschäftigungen abgestellt werden könne, sei keinesfalls die nach der aufgetretenen Krebserkrankungen eingetretene Situation isoliert betrachtet maßgeblich. Entscheidend sei vielmehr ein Vergleich der entsprechenden Situationen vor Eintritt der Erkrankung und nach Eintritt der Erkrankung. Er sei vor Eintritt der Erkrankung in einem weitaus umfangreicherem Maße arbeitstätig gewesen. Seine günstige Verfassung habe sich seit Eintritt der Krebserkrankungen nachhaltig gravierend verschlechtert. Maßgeblich sei seine tatsächlich bestehende äußerst schlechte psychische Verfassung. Der Umstand, dass er dies nicht unmittelbar äußere und er auf sein relativ hohes Arbeitspensum und seine Freizeitgestaltung verweise, sei auf seine narzisstische Neigung zurückzuführen. Diese Neigung führe dazu, dass er seine Leistungsfähigkeit geschönt, d.h. unrealistisch positiv darstelle. Seine vor dem Hintergrund der narzisstischen Neigung erfolgten Äußerungen ließen somit nicht einen Rückschluss auf seine tatsächlich bestehende psychische Verfassung zu. Daraus, dass er sich wegen seiner schwerwiegenden psychischen Beeinträchtigungen nicht in eine ärztliche Behandlung begeben habe, könne nicht der Rückschluss gezogen werden, dass er nicht unter einer starken psychischen Beeinträchtigung leide. Fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen. Eine von ihm beabsichtigte Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung habe bereits im ersten Termin abgebrochen werden müssen.
17 
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in der nichtöffentlichen Sitzung am 12.11.2010 mit den Beteiligten erörtert worden. Auf die Niederschrift vom 12.11.2010 wird Bezug genommen.
18 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
19 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf eine Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und mit dem vom Beklagten gestellten Berufungsantrag in der Sache begründet, weil eine wesentliche Änderung gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 08.01.2001 eingetreten ist, die die Herabsetzung des GdB auf 40 seit dem 25.02.2006 rechtfertigt.
21 
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht formell rechtswidrig. Der Kläger ist vor dem Erlass der streitgegenständlichen Bescheide ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Der Bescheid vom 17.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2006 lässt auch hinreichend erkennen, wegen welcher Funktionsbeeinträchtigungen (zunächst) nur noch von einem GdB von 20 ausgegangen wurde, wie auch das Klagevorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 15.11.2006 zeigt. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.
22 
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 08.01.2001 wegen der Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung), der BG-Unfallfolgen am Handgelenk und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie Gebrauchseinschränkung des linken Fußes mit einem GdB von 70 bewertete Behinderungszustand des Klägers.
23 
Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen beurteilt sich die Begründetheit der gegen die Aufhebung erhobenen Anfechtungsklage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens, hier dem Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006. Danach eingetretene Änderungen sind nicht zu berücksichtigten (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, SozR 3-3870 § 3 Nr. 7).
24 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 -SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
25 
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der Gesamt-GdB ist vorliegend noch unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Im Übrigen hat die seit 01.01.2009 an die Stelle AHP getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
26 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers und den sich daraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 08.01.2001 zugrunde lagen, eine Heilungsbewährung eingetreten ist. Seinerzeit war nach der am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hodens erfolgten Operation eine Erkrankung des Hodens im Stadium der Heilungsbewährung als Funktionsbeeinträchtigung anerkannt worden. Bei Erkrankungen, die - wie bei einem Krebsleiden - zu Rezidiven neigen, ist abzuwarten, ob es im Stadium der Heilungsbewährung zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Erkrankung kommt. Im Zustand der Heilungsbewährung ist der GdB höher eingeschätzt, als er dem tatsächlichen Zustand entspricht (AHP Nr. 18 Abs. 7). Nach Eintritt der Heilungsbewährung ist bei der Bewertung - im Unterschied zur Erstfeststellung - nur noch die bestehende Funktionsbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Das Stadium der Heilungsbewährung war vorliegend nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist von fünf Jahren (vgl. AHP Nr. 26.1 Abs. 3) im Januar 2006 beendet, da es nicht zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Tumorerkrankung gekommen ist, wie sich aus dem Bericht des Klinikums R. vom 22.04.2005 an das VA und der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. K. vom 13.03.2007 an das SG ergibt. Etwas anderes wird vom Kläger im Übrigen auch nicht vorgetragen. Der Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, eine Neufeststellung der Behinderung des Klägers wegen einer wesentlicher Änderung der Verhältnisse vorzunehmen.
27 
Die verbliebenen Funktionsstörungen des Klägers bedingen jedenfalls zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids keinen höheren GdB als 40. Der davon abweichenden Ansicht des SG schließt sich der Senat nicht an.
28 
Allein der Verlust des (linken) Hodens rechtfertigt nach den AHP noch keinen GdB (vgl. Teil A Nr. 26.13).
29 
Die beim Kläger auf psychiatrischem Gebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mit einem GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Den abweichenden Bewertungen von Dr. N. und dem SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Nach den AHP (Teil A Nr. 26.3) sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 und schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Dass beim Kläger stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit oder gar schwere Störungen vorliegen, kann zur Überzeugung des Senats nicht angenommen werden.
30 
Zwar liegt beim Kläger nach den Ausführungen von Dr. N. in seinem Gutachten vom 30.09.2008 eine Krankheitsfehlverarbeitung mit karzinophobischer Störung, eine depressiv getönte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierter Persönlichkeit vor. Nach dem psychischen Befund waren unterschwellig nachdenkliche, ernste, teilweise auch ängstliche Stimmungsanteile sowie Verunsicherung und Labilisierung insbesondere in Bezug auf gesundheitliche Belange spürbar. Der Kläger war um eine Kontrolle seiner Emotionalität und um mögliche optimale Anpassung bemüht. Das inhaltliche Denken war teilweise von den psychischen und körperlichen Folgen der Erkrankung geprägt. Die Selbstwertregulation war beeinträchtigt. Es bestand eine deutlich verminderte Empfindlichkeit gegenüber Kritik und Zurücksetzung in Verbindung mit sthenischem Ehrgeiz. Diese bewirken nach den im Gutachten von Dr. N. mitgeteilten Angaben des Klägers jedoch nur leichtere psychovegetative oder psychische Störungen hinsichtlich seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. So hat sich der Kläger im Jahre 2005 als Geschäftsführer eines Personaldienstleistungsunternehmens selbstständig gemacht. Intern beschäftigt er zwei Mitarbeiter. Hinzu kommen zwischen 50 und 100 Leiharbeiter, die an Kunden verliehen werden. Weiterhin betreibt der Kläger eine eigene Unternehmensberatung bezüglich Prozessabläufe, Marketing und Management. Zum Tagesablauf hat der Kläger bei der Begutachtung angegeben, zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr aufzustehen. Nach dem Frühstück versucht der mit Leiharbeitern direkt bei seinen Kunden zu erscheinen und diese persönlich zu übergeben. Anschließend geht der Kläger in sein Büro. Dort hat er den ganzen Tag viel zu tun. Gegen 17:30 Uhr geht er nach Hause und versucht sich etwas zu entspannen. Dann wird gemeinsam zu Abend gegessen. Anschließend versucht er sich mit den Kindern zu beschäftigen. Nach seinen Angaben geht der Kläger gerne mit seiner Frau aus. Einmal in der Woche hat er einen Männerabend. Als Hobby hat der Kläger Motorradfahren und gemeinsame Aktivitäten mit der Familie angegeben. Dem Kläger ist ein Hauptanliegen, auch die Freizeit genießen zu können. Weiter bestehen nach den Angaben des Klägers keine Schlafstörungen, ein guter Appetit und eine stark vorhandene Libido. Nach dem psychologischen Befund war der Kläger bei klarem Bewusstsein und allseits orientiert. Er war im Kontakt freundlich und zugewandt, offen. Es fanden sich keine Anhalte für Störungen des formalen Denkens, der Wahrnehmung sowie auf kognitive Beeinträchtigungen. Stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liegen danach beim Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Kläger nach dem Gutachten von Dr. N. über mögliche Ursachen seiner Tumorerkrankung nachgrübelt und eine Angst vor potentiellen schädlichen Belastungen entwickelt hat, die ihm beschäftigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Allein die narzisstische Persönlichkeitsstruktur des Klägers rechtfertigt keinen höheren GdB. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft tatsächlich beeinträchtigt ist. Dass die im Gutachten von Dr. N. wiedergegebenen Angaben des Klägers zu seinen beruflichen Aktivitäten und Freizeitaktivitäten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, ist nicht ersichtlich. Dr. N. hat in seinem Gutachten Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Angaben des Klägers nicht geäußert. Auch ist eine Richtigstellung durch den Kläger nicht erfolgt.
31 
Zudem befindet sich der Kläger wegen seiner seelische Störung nicht in ärztlicher Behandlung. Ob dem Berufungsvorbringen des Beklagten, seelische Störungen, die einen GdB von wenigstens 30 bedingten, bedürften einer engmaschigen fachärztlichen Betreuung, zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung des Senats. Denn aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann jedenfalls - zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum - nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellte. Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten ist, findet sich nach den Ausführungen von Dr. N. in dessen Gutachten vom 30.09.2008 nicht. Der Kläger hatte bei der Untersuchung vielmehr angegeben, dass er seine Probleme nicht gerne nach außen trage, weil er seine Familie damit auch nicht belasten wolle. Insofern versuche er die Dinge mit sich selbst auszutragen und habe deshalb auch keine Behandlung in Anspruch genommen. Dies verdeutlicht, dass der Kläger seine Probleme als nicht so gravierend beurteilt, dass er sie nicht selbst bewältigen kann. Seine Erkrankung unter der Diagnose des Tumors sieht er nach eigenen Angaben rückschauend zwar als schweren Einschnitt in seinem Leben, der aber seinem Leben auch eine von ihm als positiv empfundene Wendung gegeben hatte. Mit der durch die Erkrankung angestoßenen beruflichen Veränderung zur Selbstständigkeit hatte er sich nach seiner Einschätzung beruflich komplett selbst verwirklicht und auch eine neue Lebenseinstellung gewonnen, da er die Erkenntnis erlangt habe, sich etwas gönnen zu müssen. Er sei spontaner und einsatzfreudiger geworden. Das nicht näher substantiierte Vorbringen des Klägers, fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen, belegt daher nicht eine gebotene Behandlungsbedürftigkeit und schon gar nicht eine tatsächlich fehlende Behandlungsoption.
32 
Die durch die Operation hervorgerufene Bauchnarbe des Klägers rechtfertigt nach den AHP keinen GdB, der bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen ist. Dass die Bauchnarbe beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen hervorruft, ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht.
33 
Zu Gunsten des Klägers ist eine wesentliche Änderung hinsichtlich der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk zu berücksichtigen, nach dem die Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 27.08.2004 die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 20 v.H. festgestellt hat (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Dieser Feststellung hat der Beklagte durch sein Vergleichsangebot wie auch seinen Berufungsantrag Rechnung getragen. Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht erhoben.
34 
Hinsichtlich der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes des Klägers ist eine rechtlich wesentliche Änderung (Verschlimmerung) nicht ersichtlich. Dr. N. hat beim Kläger den Teil-GdB wegen der Läsion des linken Plexus lumbosacralis sowie der Kahnbeinfraktur und der Sprunggelenksverletzung jeweils mit 20 bewertet. Eine solche Änderung wird vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen.
35 
Sonstige Funktionsbeeinträchtigungen, die bei der Neufeststellung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, bestehen beim Kläger nicht.
36 
Ausgehend von den beim Kläger bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigenden Teil-GdB-Werten (Verlust des linken Hodens und seelische Störung, BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk, Läsion des linken Plexus sowie Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung jeweils mit einem Teil-GdB von 20), ist nach der Rechtsprechung des Senats die Feststellung der vom Kläger angestrebten Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50) nicht gerechtfertigt. Die schwerwiegendste Funktionsstörung ist hier eines der vier mit einem GdB von 20 bewerteten Leiden. Ein höherer GdB als 20 bedingt keine davon. Wenn mit einem GdB 20 bewertete Behinderungen nach den AHP es vielfach nicht rechtfertigen, den Gesamt-GdB zu erhöhen, ist es grundsätzlich nicht geboten, aus einer Häufung solcher Behinderungen die Schwerbehinderteneigenschaft zu folgern. Ein GdB von 50 kann daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ohne zumindest eine mit einem GdB von 30 bewertete einzelne Funktionsstörung in der Regel nicht angenommen werden (vgl. Urt. des Senats vom 21.05.2010 - L 8 SB 2171/08 -).
37 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die Ermittlungen des SG und die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geklärt.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
20 
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und mit dem vom Beklagten gestellten Berufungsantrag in der Sache begründet, weil eine wesentliche Änderung gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 08.01.2001 eingetreten ist, die die Herabsetzung des GdB auf 40 seit dem 25.02.2006 rechtfertigt.
21 
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht formell rechtswidrig. Der Kläger ist vor dem Erlass der streitgegenständlichen Bescheide ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Der Bescheid vom 17.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2006 lässt auch hinreichend erkennen, wegen welcher Funktionsbeeinträchtigungen (zunächst) nur noch von einem GdB von 20 ausgegangen wurde, wie auch das Klagevorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 15.11.2006 zeigt. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.
22 
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 08.01.2001 wegen der Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung), der BG-Unfallfolgen am Handgelenk und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie Gebrauchseinschränkung des linken Fußes mit einem GdB von 70 bewertete Behinderungszustand des Klägers.
23 
Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen beurteilt sich die Begründetheit der gegen die Aufhebung erhobenen Anfechtungsklage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens, hier dem Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006. Danach eingetretene Änderungen sind nicht zu berücksichtigten (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, SozR 3-3870 § 3 Nr. 7).
24 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 -SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
25 
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der Gesamt-GdB ist vorliegend noch unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Im Übrigen hat die seit 01.01.2009 an die Stelle AHP getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
26 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers und den sich daraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 08.01.2001 zugrunde lagen, eine Heilungsbewährung eingetreten ist. Seinerzeit war nach der am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hodens erfolgten Operation eine Erkrankung des Hodens im Stadium der Heilungsbewährung als Funktionsbeeinträchtigung anerkannt worden. Bei Erkrankungen, die - wie bei einem Krebsleiden - zu Rezidiven neigen, ist abzuwarten, ob es im Stadium der Heilungsbewährung zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Erkrankung kommt. Im Zustand der Heilungsbewährung ist der GdB höher eingeschätzt, als er dem tatsächlichen Zustand entspricht (AHP Nr. 18 Abs. 7). Nach Eintritt der Heilungsbewährung ist bei der Bewertung - im Unterschied zur Erstfeststellung - nur noch die bestehende Funktionsbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Das Stadium der Heilungsbewährung war vorliegend nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist von fünf Jahren (vgl. AHP Nr. 26.1 Abs. 3) im Januar 2006 beendet, da es nicht zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Tumorerkrankung gekommen ist, wie sich aus dem Bericht des Klinikums R. vom 22.04.2005 an das VA und der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. K. vom 13.03.2007 an das SG ergibt. Etwas anderes wird vom Kläger im Übrigen auch nicht vorgetragen. Der Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, eine Neufeststellung der Behinderung des Klägers wegen einer wesentlicher Änderung der Verhältnisse vorzunehmen.
27 
Die verbliebenen Funktionsstörungen des Klägers bedingen jedenfalls zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids keinen höheren GdB als 40. Der davon abweichenden Ansicht des SG schließt sich der Senat nicht an.
28 
Allein der Verlust des (linken) Hodens rechtfertigt nach den AHP noch keinen GdB (vgl. Teil A Nr. 26.13).
29 
Die beim Kläger auf psychiatrischem Gebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mit einem GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Den abweichenden Bewertungen von Dr. N. und dem SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Nach den AHP (Teil A Nr. 26.3) sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 und schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Dass beim Kläger stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit oder gar schwere Störungen vorliegen, kann zur Überzeugung des Senats nicht angenommen werden.
30 
Zwar liegt beim Kläger nach den Ausführungen von Dr. N. in seinem Gutachten vom 30.09.2008 eine Krankheitsfehlverarbeitung mit karzinophobischer Störung, eine depressiv getönte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierter Persönlichkeit vor. Nach dem psychischen Befund waren unterschwellig nachdenkliche, ernste, teilweise auch ängstliche Stimmungsanteile sowie Verunsicherung und Labilisierung insbesondere in Bezug auf gesundheitliche Belange spürbar. Der Kläger war um eine Kontrolle seiner Emotionalität und um mögliche optimale Anpassung bemüht. Das inhaltliche Denken war teilweise von den psychischen und körperlichen Folgen der Erkrankung geprägt. Die Selbstwertregulation war beeinträchtigt. Es bestand eine deutlich verminderte Empfindlichkeit gegenüber Kritik und Zurücksetzung in Verbindung mit sthenischem Ehrgeiz. Diese bewirken nach den im Gutachten von Dr. N. mitgeteilten Angaben des Klägers jedoch nur leichtere psychovegetative oder psychische Störungen hinsichtlich seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. So hat sich der Kläger im Jahre 2005 als Geschäftsführer eines Personaldienstleistungsunternehmens selbstständig gemacht. Intern beschäftigt er zwei Mitarbeiter. Hinzu kommen zwischen 50 und 100 Leiharbeiter, die an Kunden verliehen werden. Weiterhin betreibt der Kläger eine eigene Unternehmensberatung bezüglich Prozessabläufe, Marketing und Management. Zum Tagesablauf hat der Kläger bei der Begutachtung angegeben, zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr aufzustehen. Nach dem Frühstück versucht der mit Leiharbeitern direkt bei seinen Kunden zu erscheinen und diese persönlich zu übergeben. Anschließend geht der Kläger in sein Büro. Dort hat er den ganzen Tag viel zu tun. Gegen 17:30 Uhr geht er nach Hause und versucht sich etwas zu entspannen. Dann wird gemeinsam zu Abend gegessen. Anschließend versucht er sich mit den Kindern zu beschäftigen. Nach seinen Angaben geht der Kläger gerne mit seiner Frau aus. Einmal in der Woche hat er einen Männerabend. Als Hobby hat der Kläger Motorradfahren und gemeinsame Aktivitäten mit der Familie angegeben. Dem Kläger ist ein Hauptanliegen, auch die Freizeit genießen zu können. Weiter bestehen nach den Angaben des Klägers keine Schlafstörungen, ein guter Appetit und eine stark vorhandene Libido. Nach dem psychologischen Befund war der Kläger bei klarem Bewusstsein und allseits orientiert. Er war im Kontakt freundlich und zugewandt, offen. Es fanden sich keine Anhalte für Störungen des formalen Denkens, der Wahrnehmung sowie auf kognitive Beeinträchtigungen. Stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liegen danach beim Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Kläger nach dem Gutachten von Dr. N. über mögliche Ursachen seiner Tumorerkrankung nachgrübelt und eine Angst vor potentiellen schädlichen Belastungen entwickelt hat, die ihm beschäftigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Allein die narzisstische Persönlichkeitsstruktur des Klägers rechtfertigt keinen höheren GdB. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft tatsächlich beeinträchtigt ist. Dass die im Gutachten von Dr. N. wiedergegebenen Angaben des Klägers zu seinen beruflichen Aktivitäten und Freizeitaktivitäten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, ist nicht ersichtlich. Dr. N. hat in seinem Gutachten Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Angaben des Klägers nicht geäußert. Auch ist eine Richtigstellung durch den Kläger nicht erfolgt.
31 
Zudem befindet sich der Kläger wegen seiner seelische Störung nicht in ärztlicher Behandlung. Ob dem Berufungsvorbringen des Beklagten, seelische Störungen, die einen GdB von wenigstens 30 bedingten, bedürften einer engmaschigen fachärztlichen Betreuung, zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung des Senats. Denn aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann jedenfalls - zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum - nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellte. Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten ist, findet sich nach den Ausführungen von Dr. N. in dessen Gutachten vom 30.09.2008 nicht. Der Kläger hatte bei der Untersuchung vielmehr angegeben, dass er seine Probleme nicht gerne nach außen trage, weil er seine Familie damit auch nicht belasten wolle. Insofern versuche er die Dinge mit sich selbst auszutragen und habe deshalb auch keine Behandlung in Anspruch genommen. Dies verdeutlicht, dass der Kläger seine Probleme als nicht so gravierend beurteilt, dass er sie nicht selbst bewältigen kann. Seine Erkrankung unter der Diagnose des Tumors sieht er nach eigenen Angaben rückschauend zwar als schweren Einschnitt in seinem Leben, der aber seinem Leben auch eine von ihm als positiv empfundene Wendung gegeben hatte. Mit der durch die Erkrankung angestoßenen beruflichen Veränderung zur Selbstständigkeit hatte er sich nach seiner Einschätzung beruflich komplett selbst verwirklicht und auch eine neue Lebenseinstellung gewonnen, da er die Erkenntnis erlangt habe, sich etwas gönnen zu müssen. Er sei spontaner und einsatzfreudiger geworden. Das nicht näher substantiierte Vorbringen des Klägers, fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen, belegt daher nicht eine gebotene Behandlungsbedürftigkeit und schon gar nicht eine tatsächlich fehlende Behandlungsoption.
32 
Die durch die Operation hervorgerufene Bauchnarbe des Klägers rechtfertigt nach den AHP keinen GdB, der bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen ist. Dass die Bauchnarbe beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen hervorruft, ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht.
33 
Zu Gunsten des Klägers ist eine wesentliche Änderung hinsichtlich der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk zu berücksichtigen, nach dem die Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 27.08.2004 die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 20 v.H. festgestellt hat (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Dieser Feststellung hat der Beklagte durch sein Vergleichsangebot wie auch seinen Berufungsantrag Rechnung getragen. Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht erhoben.
34 
Hinsichtlich der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes des Klägers ist eine rechtlich wesentliche Änderung (Verschlimmerung) nicht ersichtlich. Dr. N. hat beim Kläger den Teil-GdB wegen der Läsion des linken Plexus lumbosacralis sowie der Kahnbeinfraktur und der Sprunggelenksverletzung jeweils mit 20 bewertet. Eine solche Änderung wird vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen.
35 
Sonstige Funktionsbeeinträchtigungen, die bei der Neufeststellung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, bestehen beim Kläger nicht.
36 
Ausgehend von den beim Kläger bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigenden Teil-GdB-Werten (Verlust des linken Hodens und seelische Störung, BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk, Läsion des linken Plexus sowie Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung jeweils mit einem Teil-GdB von 20), ist nach der Rechtsprechung des Senats die Feststellung der vom Kläger angestrebten Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50) nicht gerechtfertigt. Die schwerwiegendste Funktionsstörung ist hier eines der vier mit einem GdB von 20 bewerteten Leiden. Ein höherer GdB als 20 bedingt keine davon. Wenn mit einem GdB 20 bewertete Behinderungen nach den AHP es vielfach nicht rechtfertigen, den Gesamt-GdB zu erhöhen, ist es grundsätzlich nicht geboten, aus einer Häufung solcher Behinderungen die Schwerbehinderteneigenschaft zu folgern. Ein GdB von 50 kann daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ohne zumindest eine mit einem GdB von 30 bewertete einzelne Funktionsstörung in der Regel nicht angenommen werden (vgl. Urt. des Senats vom 21.05.2010 - L 8 SB 2171/08 -).
37 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die Ermittlungen des SG und die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geklärt.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Februar 2010 abgeändert. Die Klage des Klägers wird abgewiesen, soweit die Feststellung des Grads der Behinderung von über 40 seit dem 25.02.2006 begehrt wird.

Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel seiner Kosten im Klageverfahren zu erstatten. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) wegen Heilungsbewährung streitig.
Dem am …1967 geborenen Kläger wurde am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hoden entfernt (Bericht der Kreiskliniken R. vom 21.03.2000). Er stellte am 03.04.2000 beim Versorgungsamt R. einen Antrag auf Feststellung des GdB. Mit Bescheid vom 21.07.2000 stellte das Versorgungsamt R. beim Kläger wegen einer Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung) den GdB mit 50 seit 01.01.2000 fest.
Am 18.09.2000 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt R. die Erhöhung des GdB. Er machte geltend, durch die Chemotherapie sei sein linker Fuß geschädigt worden. Weiter habe er auf einer Geschäftsreise den rechten Fuß verletzt. Der Kläger legte den radiologischen Befundbericht von Dr. T. vom 16.08.2000, den Befundbericht von Dr. U. vom 04.12.2000, ein Gutachten des Dr. B. vom 13.11.2000 sowie einen Bescheid der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft vom 14.12.1993 vor. Das Versorgungsamt holte den Befundbericht von Dr. H. vom 26.09.2000 ein, der sich unter Vorlage weiterer medizinischer Unterlagen äußerte. Nach Auswertung durch die Vertragsärztin W. (Stellungnahme vom 03.01.2001) stellte das Versorgungsamt R. mit Bescheid vom 08.01.2001 beim Kläger wegen der Erkrankung des linken Hodens in (Heilungsbewährung) - Teil-GdB 60 -, der BG-Unfallfolgen am Handgelenk - Teil-GdB 10 - und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie einer Gebrauchseinschränkung des linken Fußes - Teil-GdB 20 - den GdB mit 70 seit dem 01.01.2000 neu fest.
Im Februar 2005 leitete das zwischenzeitlich zuständige Landratsamt R. -Kreissozialamt - Versorgungsamt- (VA) ein Nachprüfungsverfahren ein. Das VA holte den Bericht der Kreiskliniken R. vom 22.04.2005 ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (gutachtliche Stellungnahme Dr. S. vom 21.07.2005, in der wegen der BG-anerkannten Unfallfolgen der Teil-GdB mit 10, der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und der Gebrauchseinschränkung des linken Fußes der Teil-GdB mit 20 und wegen des Verlustes des linken Hodens nach eingetretener Heilungsbewährung und einer seelischen Störung der Teil-GdB mit 10 und der Gesamt-GdB mit 20 vorgeschlagen wurde), stellte das VA - nach Anhörung des Klägers (Anhörungsschreiben vom 19.12.2005) - mit Bescheid vom 17.02.2006 unter Aufhebung des Bescheides vom 08.01.2001 den GdB mit 20 ab 25.02.2006 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 06.03.2006 Widerspruch ein. Er machte geltend, die Begründung des Bescheides sei nicht nachvollziehbar. Ungeachtet dessen habe sich seine gesundheitliche Verfassung nicht geändert. Nach Einholung der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. F. vom 25.09.2006 wurde der Widerspruch vom Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.11.2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er trug zur Begründung vor, die Auffassung des Beklagten sei unzutreffend. Seine psychische Belastung habe sich zwar seit dem Jahr 2001 reduziert, allerdings sei sie nach wie vor in erheblichem Maße vorhanden. Bereits durch geringfügig erscheinende körperliche Reaktionen erleide er mehrwöchige Angstzustände, dass die Erkrankung erneut entstanden sei. Durch die für ihn täglich sichtbaren Folgen der Operation werde er immer wieder mit der Krebserkrankung konfrontiert. Der nicht vollständig ausgeheilte Bruch am rechten Handgelenk, der ihn beeinträchtige, bliebe unberücksichtigt. Die Beschwerden am rechten oberen Sprunggelenk, am linken Fuß und am rechten Handgelenk hätten sich verstärkt. Der GdB betrage nach wie vor 70.
Das SG hörte den Allgemeinarzt Dr. Sp. und den Urologen Dr. K. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. Sp. teilte in seiner Stellungnahme vom 31.01.2007 den Behandlungsverlauf und die Befunde mit. Er habe den Kläger in den letzten 3 bis 4 Jahren nicht mehr gesehen, weshalb er den GdB nur eingeschränkt beurteilen könne. Dr. Sp. schätzte den GdB auf 20 bis 30 ein. Dr. K. teilte in seiner Stellungnahme vom 13.03.2007 unter Vorlage eines Befundberichts der Kreiskliniken R. vom 02.08.2005 den Behandlungsverlauf mit. Auf urologisch-onkologischem Gebiet schätzte er den GdB auf 20 ein.
Das SG holte auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das nervenärztliche Gutachten des Dr. N. vom 30.09.2008 ein. Dr. N. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Beurteilung, als verbliebene Folgen auf psychiatrischem Gebiet seien hervorzuheben, eine durch erheblich entstellende große mediale Laparatomienarbe mit hieraus resultierender narzisstischer Kränkung, eine stetige Angst vor einem Tumorrezidiv mit Uminterpretierung harmloser Beschwerden als mögliche Anzeichen einer erneuten Tumorerkrankung sowie eine kompensatorisch erhöhtes, teilweise auch krankhaft und zwanghaft erlebtes Bedürfnis nach sexuellen Kontakten. Dr. N. diagnostizierte eine Krankheitsfehlverarbeitung mit im Vordergrund stehender karzinophobischer Störung, eine depressiv getrübte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierte Persönlichkeit im Rahmen einer Hodenkarzinomerkrankung (Teil-GdB 40), eine Läsion des linken Plexus lumbosacralis mit zusätzlicher Sympatikusläsion und hierdurch bedingten trophischen Störungen im Bereich des linken Fußes (Teil-GdB 20) sowie eine Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung (Teil-GdB 20). Den Gesamt-GdB schätzte Dr. N. auf 50.
Anschließend legte der Kläger den Bescheid der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft vom 27.08.2004, mit dem ihm ab 07.09.2001 wegen einer Bewegungseinschränkung im Handgelenk mit Belastungsschmerzen Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v.H. bewilligt wurde, sowie Lichtbilder hinsichtlich der Operationsnarbe vor. Der Beklagte unterbreitete daraufhin dem Kläger ein Vergleichsangebot, wegen einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes (Teil-GdB 20), der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk (Teil-GdB 20) und dem Verlust des linken Hodens sowie seelischer Störung (Teil-GdB 20) den GdB mit 40 und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils seit 25.02.2006 festzustellen und legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 09.09.2009 vor. Dieses Vergleichsangebot nahm der Kläger nicht an.
10 
Mit Urteil vom 11.02.2010 verurteilte das SG den Beklagten, beim Kläger den GdB mit 50 seit 25.02.2006 festzustellen. Es führte zur Begründung aus, die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigten die Bewertung mit einem GdB von 50. Bei der von Dr. N. beschriebenen psychischen Störung handele es sich um eine seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Behandlung des Klägers nicht erfolge und seine Lebensgestaltung äußerlich unbeeinträchtigt erscheine, sei mindestens ein GdB von 30 für die seelische Störung gerechtfertigt. Bei Berücksichtigung eines Teil-GdB von 30 für die seelische Störung betrage unter zusätzlicher Berücksichtigung der Funktionsbeeinträchtigung im Bereich des rechten Handgelenkes mit einem Teil-GdB von 20 und die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich des linken Fußes mit einem Teil-GdB von 20 der Gesamt-GdB 50.
11 
Gegen das dem Beklagten am 12.03.2010 zugestellte Urteil hat er am 01.04.2010 Berufung eingelegt. Der Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, der Ansicht des SG, für die seelische Störung sei ein Teil-GdB von wenigstens 30 anzunehmen, könne nicht gefolgt werden. Der im Gutachten von Dr. N. beschriebene Tagesablauf des Klägers und die angegebenen Hobbys ließen in keiner Weise erkennen, inwieweit eine stärker behindernde Störung bestehen solle. Der Kläger benötige auch keine fachärztliche Hilfe zur Behandlung seiner seelischen Störung. Bei einer psychischen Beeinträchtigung, die einen GdB von wenigstens 30 bedinge, müsse eine engmaschige fachärztliche Betreuung erfolgen. Der Umstand, dass dies nicht der Fall sei, spreche gegen eine stärker behindernde Störung. Der für die psychische Beeinträchtigung angenommene Teil-GdB von 20 sei völlig ausreichend. Bei Teil-GdB-Werten von 20 - 20 - 20 lasse sich die Schwerbehinderteneigenschaft nicht rechtfertigen. Der Beklagte hat die versorgungsärztlicher Stellungnahme von Dr. Wo. vom 23.03.2010 vorgelegt.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11.02.2010 abzuändern und die Klage des Klägers abzuweisen, soweit die Feststellung des Grades der Behinderung von über 40 seit dem 25.02.2006 begehrt wird.
14 
Der Kläger beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er hat zur Begründung vorgetragen, die von Dr. N. getroffenen Feststellungen seien in sich stimmig und schlüssig. Die vom Beklagten erhobenen Einwendungen seien unzutreffend. Soweit zur Beurteilung der Frage, wie hoch der GdB liege, überhaupt auf den Umfang der Arbeitstätigkeit und der ausgeübten Freizeitbeschäftigungen abgestellt werden könne, sei keinesfalls die nach der aufgetretenen Krebserkrankungen eingetretene Situation isoliert betrachtet maßgeblich. Entscheidend sei vielmehr ein Vergleich der entsprechenden Situationen vor Eintritt der Erkrankung und nach Eintritt der Erkrankung. Er sei vor Eintritt der Erkrankung in einem weitaus umfangreicherem Maße arbeitstätig gewesen. Seine günstige Verfassung habe sich seit Eintritt der Krebserkrankungen nachhaltig gravierend verschlechtert. Maßgeblich sei seine tatsächlich bestehende äußerst schlechte psychische Verfassung. Der Umstand, dass er dies nicht unmittelbar äußere und er auf sein relativ hohes Arbeitspensum und seine Freizeitgestaltung verweise, sei auf seine narzisstische Neigung zurückzuführen. Diese Neigung führe dazu, dass er seine Leistungsfähigkeit geschönt, d.h. unrealistisch positiv darstelle. Seine vor dem Hintergrund der narzisstischen Neigung erfolgten Äußerungen ließen somit nicht einen Rückschluss auf seine tatsächlich bestehende psychische Verfassung zu. Daraus, dass er sich wegen seiner schwerwiegenden psychischen Beeinträchtigungen nicht in eine ärztliche Behandlung begeben habe, könne nicht der Rückschluss gezogen werden, dass er nicht unter einer starken psychischen Beeinträchtigung leide. Fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen. Eine von ihm beabsichtigte Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung habe bereits im ersten Termin abgebrochen werden müssen.
17 
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in der nichtöffentlichen Sitzung am 12.11.2010 mit den Beteiligten erörtert worden. Auf die Niederschrift vom 12.11.2010 wird Bezug genommen.
18 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
19 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf eine Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und mit dem vom Beklagten gestellten Berufungsantrag in der Sache begründet, weil eine wesentliche Änderung gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 08.01.2001 eingetreten ist, die die Herabsetzung des GdB auf 40 seit dem 25.02.2006 rechtfertigt.
21 
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht formell rechtswidrig. Der Kläger ist vor dem Erlass der streitgegenständlichen Bescheide ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Der Bescheid vom 17.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2006 lässt auch hinreichend erkennen, wegen welcher Funktionsbeeinträchtigungen (zunächst) nur noch von einem GdB von 20 ausgegangen wurde, wie auch das Klagevorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 15.11.2006 zeigt. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.
22 
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 08.01.2001 wegen der Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung), der BG-Unfallfolgen am Handgelenk und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie Gebrauchseinschränkung des linken Fußes mit einem GdB von 70 bewertete Behinderungszustand des Klägers.
23 
Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen beurteilt sich die Begründetheit der gegen die Aufhebung erhobenen Anfechtungsklage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens, hier dem Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006. Danach eingetretene Änderungen sind nicht zu berücksichtigten (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, SozR 3-3870 § 3 Nr. 7).
24 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 -SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
25 
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der Gesamt-GdB ist vorliegend noch unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Im Übrigen hat die seit 01.01.2009 an die Stelle AHP getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
26 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers und den sich daraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 08.01.2001 zugrunde lagen, eine Heilungsbewährung eingetreten ist. Seinerzeit war nach der am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hodens erfolgten Operation eine Erkrankung des Hodens im Stadium der Heilungsbewährung als Funktionsbeeinträchtigung anerkannt worden. Bei Erkrankungen, die - wie bei einem Krebsleiden - zu Rezidiven neigen, ist abzuwarten, ob es im Stadium der Heilungsbewährung zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Erkrankung kommt. Im Zustand der Heilungsbewährung ist der GdB höher eingeschätzt, als er dem tatsächlichen Zustand entspricht (AHP Nr. 18 Abs. 7). Nach Eintritt der Heilungsbewährung ist bei der Bewertung - im Unterschied zur Erstfeststellung - nur noch die bestehende Funktionsbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Das Stadium der Heilungsbewährung war vorliegend nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist von fünf Jahren (vgl. AHP Nr. 26.1 Abs. 3) im Januar 2006 beendet, da es nicht zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Tumorerkrankung gekommen ist, wie sich aus dem Bericht des Klinikums R. vom 22.04.2005 an das VA und der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. K. vom 13.03.2007 an das SG ergibt. Etwas anderes wird vom Kläger im Übrigen auch nicht vorgetragen. Der Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, eine Neufeststellung der Behinderung des Klägers wegen einer wesentlicher Änderung der Verhältnisse vorzunehmen.
27 
Die verbliebenen Funktionsstörungen des Klägers bedingen jedenfalls zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids keinen höheren GdB als 40. Der davon abweichenden Ansicht des SG schließt sich der Senat nicht an.
28 
Allein der Verlust des (linken) Hodens rechtfertigt nach den AHP noch keinen GdB (vgl. Teil A Nr. 26.13).
29 
Die beim Kläger auf psychiatrischem Gebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mit einem GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Den abweichenden Bewertungen von Dr. N. und dem SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Nach den AHP (Teil A Nr. 26.3) sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 und schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Dass beim Kläger stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit oder gar schwere Störungen vorliegen, kann zur Überzeugung des Senats nicht angenommen werden.
30 
Zwar liegt beim Kläger nach den Ausführungen von Dr. N. in seinem Gutachten vom 30.09.2008 eine Krankheitsfehlverarbeitung mit karzinophobischer Störung, eine depressiv getönte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierter Persönlichkeit vor. Nach dem psychischen Befund waren unterschwellig nachdenkliche, ernste, teilweise auch ängstliche Stimmungsanteile sowie Verunsicherung und Labilisierung insbesondere in Bezug auf gesundheitliche Belange spürbar. Der Kläger war um eine Kontrolle seiner Emotionalität und um mögliche optimale Anpassung bemüht. Das inhaltliche Denken war teilweise von den psychischen und körperlichen Folgen der Erkrankung geprägt. Die Selbstwertregulation war beeinträchtigt. Es bestand eine deutlich verminderte Empfindlichkeit gegenüber Kritik und Zurücksetzung in Verbindung mit sthenischem Ehrgeiz. Diese bewirken nach den im Gutachten von Dr. N. mitgeteilten Angaben des Klägers jedoch nur leichtere psychovegetative oder psychische Störungen hinsichtlich seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. So hat sich der Kläger im Jahre 2005 als Geschäftsführer eines Personaldienstleistungsunternehmens selbstständig gemacht. Intern beschäftigt er zwei Mitarbeiter. Hinzu kommen zwischen 50 und 100 Leiharbeiter, die an Kunden verliehen werden. Weiterhin betreibt der Kläger eine eigene Unternehmensberatung bezüglich Prozessabläufe, Marketing und Management. Zum Tagesablauf hat der Kläger bei der Begutachtung angegeben, zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr aufzustehen. Nach dem Frühstück versucht der mit Leiharbeitern direkt bei seinen Kunden zu erscheinen und diese persönlich zu übergeben. Anschließend geht der Kläger in sein Büro. Dort hat er den ganzen Tag viel zu tun. Gegen 17:30 Uhr geht er nach Hause und versucht sich etwas zu entspannen. Dann wird gemeinsam zu Abend gegessen. Anschließend versucht er sich mit den Kindern zu beschäftigen. Nach seinen Angaben geht der Kläger gerne mit seiner Frau aus. Einmal in der Woche hat er einen Männerabend. Als Hobby hat der Kläger Motorradfahren und gemeinsame Aktivitäten mit der Familie angegeben. Dem Kläger ist ein Hauptanliegen, auch die Freizeit genießen zu können. Weiter bestehen nach den Angaben des Klägers keine Schlafstörungen, ein guter Appetit und eine stark vorhandene Libido. Nach dem psychologischen Befund war der Kläger bei klarem Bewusstsein und allseits orientiert. Er war im Kontakt freundlich und zugewandt, offen. Es fanden sich keine Anhalte für Störungen des formalen Denkens, der Wahrnehmung sowie auf kognitive Beeinträchtigungen. Stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liegen danach beim Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Kläger nach dem Gutachten von Dr. N. über mögliche Ursachen seiner Tumorerkrankung nachgrübelt und eine Angst vor potentiellen schädlichen Belastungen entwickelt hat, die ihm beschäftigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Allein die narzisstische Persönlichkeitsstruktur des Klägers rechtfertigt keinen höheren GdB. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft tatsächlich beeinträchtigt ist. Dass die im Gutachten von Dr. N. wiedergegebenen Angaben des Klägers zu seinen beruflichen Aktivitäten und Freizeitaktivitäten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, ist nicht ersichtlich. Dr. N. hat in seinem Gutachten Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Angaben des Klägers nicht geäußert. Auch ist eine Richtigstellung durch den Kläger nicht erfolgt.
31 
Zudem befindet sich der Kläger wegen seiner seelische Störung nicht in ärztlicher Behandlung. Ob dem Berufungsvorbringen des Beklagten, seelische Störungen, die einen GdB von wenigstens 30 bedingten, bedürften einer engmaschigen fachärztlichen Betreuung, zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung des Senats. Denn aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann jedenfalls - zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum - nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellte. Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten ist, findet sich nach den Ausführungen von Dr. N. in dessen Gutachten vom 30.09.2008 nicht. Der Kläger hatte bei der Untersuchung vielmehr angegeben, dass er seine Probleme nicht gerne nach außen trage, weil er seine Familie damit auch nicht belasten wolle. Insofern versuche er die Dinge mit sich selbst auszutragen und habe deshalb auch keine Behandlung in Anspruch genommen. Dies verdeutlicht, dass der Kläger seine Probleme als nicht so gravierend beurteilt, dass er sie nicht selbst bewältigen kann. Seine Erkrankung unter der Diagnose des Tumors sieht er nach eigenen Angaben rückschauend zwar als schweren Einschnitt in seinem Leben, der aber seinem Leben auch eine von ihm als positiv empfundene Wendung gegeben hatte. Mit der durch die Erkrankung angestoßenen beruflichen Veränderung zur Selbstständigkeit hatte er sich nach seiner Einschätzung beruflich komplett selbst verwirklicht und auch eine neue Lebenseinstellung gewonnen, da er die Erkenntnis erlangt habe, sich etwas gönnen zu müssen. Er sei spontaner und einsatzfreudiger geworden. Das nicht näher substantiierte Vorbringen des Klägers, fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen, belegt daher nicht eine gebotene Behandlungsbedürftigkeit und schon gar nicht eine tatsächlich fehlende Behandlungsoption.
32 
Die durch die Operation hervorgerufene Bauchnarbe des Klägers rechtfertigt nach den AHP keinen GdB, der bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen ist. Dass die Bauchnarbe beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen hervorruft, ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht.
33 
Zu Gunsten des Klägers ist eine wesentliche Änderung hinsichtlich der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk zu berücksichtigen, nach dem die Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 27.08.2004 die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 20 v.H. festgestellt hat (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Dieser Feststellung hat der Beklagte durch sein Vergleichsangebot wie auch seinen Berufungsantrag Rechnung getragen. Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht erhoben.
34 
Hinsichtlich der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes des Klägers ist eine rechtlich wesentliche Änderung (Verschlimmerung) nicht ersichtlich. Dr. N. hat beim Kläger den Teil-GdB wegen der Läsion des linken Plexus lumbosacralis sowie der Kahnbeinfraktur und der Sprunggelenksverletzung jeweils mit 20 bewertet. Eine solche Änderung wird vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen.
35 
Sonstige Funktionsbeeinträchtigungen, die bei der Neufeststellung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, bestehen beim Kläger nicht.
36 
Ausgehend von den beim Kläger bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigenden Teil-GdB-Werten (Verlust des linken Hodens und seelische Störung, BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk, Läsion des linken Plexus sowie Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung jeweils mit einem Teil-GdB von 20), ist nach der Rechtsprechung des Senats die Feststellung der vom Kläger angestrebten Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50) nicht gerechtfertigt. Die schwerwiegendste Funktionsstörung ist hier eines der vier mit einem GdB von 20 bewerteten Leiden. Ein höherer GdB als 20 bedingt keine davon. Wenn mit einem GdB 20 bewertete Behinderungen nach den AHP es vielfach nicht rechtfertigen, den Gesamt-GdB zu erhöhen, ist es grundsätzlich nicht geboten, aus einer Häufung solcher Behinderungen die Schwerbehinderteneigenschaft zu folgern. Ein GdB von 50 kann daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ohne zumindest eine mit einem GdB von 30 bewertete einzelne Funktionsstörung in der Regel nicht angenommen werden (vgl. Urt. des Senats vom 21.05.2010 - L 8 SB 2171/08 -).
37 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die Ermittlungen des SG und die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geklärt.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
20 
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und mit dem vom Beklagten gestellten Berufungsantrag in der Sache begründet, weil eine wesentliche Änderung gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 08.01.2001 eingetreten ist, die die Herabsetzung des GdB auf 40 seit dem 25.02.2006 rechtfertigt.
21 
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht formell rechtswidrig. Der Kläger ist vor dem Erlass der streitgegenständlichen Bescheide ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Der Bescheid vom 17.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2006 lässt auch hinreichend erkennen, wegen welcher Funktionsbeeinträchtigungen (zunächst) nur noch von einem GdB von 20 ausgegangen wurde, wie auch das Klagevorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 15.11.2006 zeigt. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.
22 
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 08.01.2001 wegen der Erkrankung des linken Hodens (in Heilungsbewährung), der BG-Unfallfolgen am Handgelenk und einer Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks sowie Gebrauchseinschränkung des linken Fußes mit einem GdB von 70 bewertete Behinderungszustand des Klägers.
23 
Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen beurteilt sich die Begründetheit der gegen die Aufhebung erhobenen Anfechtungsklage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens, hier dem Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006. Danach eingetretene Änderungen sind nicht zu berücksichtigten (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, SozR 3-3870 § 3 Nr. 7).
24 
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 -SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
25 
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der Gesamt-GdB ist vorliegend noch unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Im Übrigen hat die seit 01.01.2009 an die Stelle AHP getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
26 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers und den sich daraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 08.01.2001 zugrunde lagen, eine Heilungsbewährung eingetreten ist. Seinerzeit war nach der am 08.02.2000 wegen eines malignen Teratoms der linke Hodens erfolgten Operation eine Erkrankung des Hodens im Stadium der Heilungsbewährung als Funktionsbeeinträchtigung anerkannt worden. Bei Erkrankungen, die - wie bei einem Krebsleiden - zu Rezidiven neigen, ist abzuwarten, ob es im Stadium der Heilungsbewährung zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Erkrankung kommt. Im Zustand der Heilungsbewährung ist der GdB höher eingeschätzt, als er dem tatsächlichen Zustand entspricht (AHP Nr. 18 Abs. 7). Nach Eintritt der Heilungsbewährung ist bei der Bewertung - im Unterschied zur Erstfeststellung - nur noch die bestehende Funktionsbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Das Stadium der Heilungsbewährung war vorliegend nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist von fünf Jahren (vgl. AHP Nr. 26.1 Abs. 3) im Januar 2006 beendet, da es nicht zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Tumorerkrankung gekommen ist, wie sich aus dem Bericht des Klinikums R. vom 22.04.2005 an das VA und der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. K. vom 13.03.2007 an das SG ergibt. Etwas anderes wird vom Kläger im Übrigen auch nicht vorgetragen. Der Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, eine Neufeststellung der Behinderung des Klägers wegen einer wesentlicher Änderung der Verhältnisse vorzunehmen.
27 
Die verbliebenen Funktionsstörungen des Klägers bedingen jedenfalls zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids keinen höheren GdB als 40. Der davon abweichenden Ansicht des SG schließt sich der Senat nicht an.
28 
Allein der Verlust des (linken) Hodens rechtfertigt nach den AHP noch keinen GdB (vgl. Teil A Nr. 26.13).
29 
Die beim Kläger auf psychiatrischem Gebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mit einem GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Den abweichenden Bewertungen von Dr. N. und dem SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Nach den AHP (Teil A Nr. 26.3) sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 und schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Dass beim Kläger stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit oder gar schwere Störungen vorliegen, kann zur Überzeugung des Senats nicht angenommen werden.
30 
Zwar liegt beim Kläger nach den Ausführungen von Dr. N. in seinem Gutachten vom 30.09.2008 eine Krankheitsfehlverarbeitung mit karzinophobischer Störung, eine depressiv getönte Einschränkung der Erlebnisfähigkeit sowie eine hypochondrische Störung bei narzisstisch akzentuierter Persönlichkeit vor. Nach dem psychischen Befund waren unterschwellig nachdenkliche, ernste, teilweise auch ängstliche Stimmungsanteile sowie Verunsicherung und Labilisierung insbesondere in Bezug auf gesundheitliche Belange spürbar. Der Kläger war um eine Kontrolle seiner Emotionalität und um mögliche optimale Anpassung bemüht. Das inhaltliche Denken war teilweise von den psychischen und körperlichen Folgen der Erkrankung geprägt. Die Selbstwertregulation war beeinträchtigt. Es bestand eine deutlich verminderte Empfindlichkeit gegenüber Kritik und Zurücksetzung in Verbindung mit sthenischem Ehrgeiz. Diese bewirken nach den im Gutachten von Dr. N. mitgeteilten Angaben des Klägers jedoch nur leichtere psychovegetative oder psychische Störungen hinsichtlich seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. So hat sich der Kläger im Jahre 2005 als Geschäftsführer eines Personaldienstleistungsunternehmens selbstständig gemacht. Intern beschäftigt er zwei Mitarbeiter. Hinzu kommen zwischen 50 und 100 Leiharbeiter, die an Kunden verliehen werden. Weiterhin betreibt der Kläger eine eigene Unternehmensberatung bezüglich Prozessabläufe, Marketing und Management. Zum Tagesablauf hat der Kläger bei der Begutachtung angegeben, zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr aufzustehen. Nach dem Frühstück versucht der mit Leiharbeitern direkt bei seinen Kunden zu erscheinen und diese persönlich zu übergeben. Anschließend geht der Kläger in sein Büro. Dort hat er den ganzen Tag viel zu tun. Gegen 17:30 Uhr geht er nach Hause und versucht sich etwas zu entspannen. Dann wird gemeinsam zu Abend gegessen. Anschließend versucht er sich mit den Kindern zu beschäftigen. Nach seinen Angaben geht der Kläger gerne mit seiner Frau aus. Einmal in der Woche hat er einen Männerabend. Als Hobby hat der Kläger Motorradfahren und gemeinsame Aktivitäten mit der Familie angegeben. Dem Kläger ist ein Hauptanliegen, auch die Freizeit genießen zu können. Weiter bestehen nach den Angaben des Klägers keine Schlafstörungen, ein guter Appetit und eine stark vorhandene Libido. Nach dem psychologischen Befund war der Kläger bei klarem Bewusstsein und allseits orientiert. Er war im Kontakt freundlich und zugewandt, offen. Es fanden sich keine Anhalte für Störungen des formalen Denkens, der Wahrnehmung sowie auf kognitive Beeinträchtigungen. Stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liegen danach beim Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Kläger nach dem Gutachten von Dr. N. über mögliche Ursachen seiner Tumorerkrankung nachgrübelt und eine Angst vor potentiellen schädlichen Belastungen entwickelt hat, die ihm beschäftigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Allein die narzisstische Persönlichkeitsstruktur des Klägers rechtfertigt keinen höheren GdB. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft tatsächlich beeinträchtigt ist. Dass die im Gutachten von Dr. N. wiedergegebenen Angaben des Klägers zu seinen beruflichen Aktivitäten und Freizeitaktivitäten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, ist nicht ersichtlich. Dr. N. hat in seinem Gutachten Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Angaben des Klägers nicht geäußert. Auch ist eine Richtigstellung durch den Kläger nicht erfolgt.
31 
Zudem befindet sich der Kläger wegen seiner seelische Störung nicht in ärztlicher Behandlung. Ob dem Berufungsvorbringen des Beklagten, seelische Störungen, die einen GdB von wenigstens 30 bedingten, bedürften einer engmaschigen fachärztlichen Betreuung, zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung des Senats. Denn aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann jedenfalls - zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum - nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellte. Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten ist, findet sich nach den Ausführungen von Dr. N. in dessen Gutachten vom 30.09.2008 nicht. Der Kläger hatte bei der Untersuchung vielmehr angegeben, dass er seine Probleme nicht gerne nach außen trage, weil er seine Familie damit auch nicht belasten wolle. Insofern versuche er die Dinge mit sich selbst auszutragen und habe deshalb auch keine Behandlung in Anspruch genommen. Dies verdeutlicht, dass der Kläger seine Probleme als nicht so gravierend beurteilt, dass er sie nicht selbst bewältigen kann. Seine Erkrankung unter der Diagnose des Tumors sieht er nach eigenen Angaben rückschauend zwar als schweren Einschnitt in seinem Leben, der aber seinem Leben auch eine von ihm als positiv empfundene Wendung gegeben hatte. Mit der durch die Erkrankung angestoßenen beruflichen Veränderung zur Selbstständigkeit hatte er sich nach seiner Einschätzung beruflich komplett selbst verwirklicht und auch eine neue Lebenseinstellung gewonnen, da er die Erkenntnis erlangt habe, sich etwas gönnen zu müssen. Er sei spontaner und einsatzfreudiger geworden. Das nicht näher substantiierte Vorbringen des Klägers, fachärztliche Betreuung sei in seinem Fall nicht geeignet, eine Minderung der Beeinträchtigungen zu erreichen, belegt daher nicht eine gebotene Behandlungsbedürftigkeit und schon gar nicht eine tatsächlich fehlende Behandlungsoption.
32 
Die durch die Operation hervorgerufene Bauchnarbe des Klägers rechtfertigt nach den AHP keinen GdB, der bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen ist. Dass die Bauchnarbe beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen hervorruft, ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht.
33 
Zu Gunsten des Klägers ist eine wesentliche Änderung hinsichtlich der BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk zu berücksichtigen, nach dem die Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 27.08.2004 die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 20 v.H. festgestellt hat (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Dieser Feststellung hat der Beklagte durch sein Vergleichsangebot wie auch seinen Berufungsantrag Rechnung getragen. Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht erhoben.
34 
Hinsichtlich der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenks und Gebrauchseinschränkung des linken Fußes des Klägers ist eine rechtlich wesentliche Änderung (Verschlimmerung) nicht ersichtlich. Dr. N. hat beim Kläger den Teil-GdB wegen der Läsion des linken Plexus lumbosacralis sowie der Kahnbeinfraktur und der Sprunggelenksverletzung jeweils mit 20 bewertet. Eine solche Änderung wird vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen.
35 
Sonstige Funktionsbeeinträchtigungen, die bei der Neufeststellung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, bestehen beim Kläger nicht.
36 
Ausgehend von den beim Kläger bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigenden Teil-GdB-Werten (Verlust des linken Hodens und seelische Störung, BG-anerkannten Unfallfolgen am rechten Handgelenk, Läsion des linken Plexus sowie Kahnbeinfraktur und Sprunggelenksverletzung jeweils mit einem Teil-GdB von 20), ist nach der Rechtsprechung des Senats die Feststellung der vom Kläger angestrebten Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50) nicht gerechtfertigt. Die schwerwiegendste Funktionsstörung ist hier eines der vier mit einem GdB von 20 bewerteten Leiden. Ein höherer GdB als 20 bedingt keine davon. Wenn mit einem GdB 20 bewertete Behinderungen nach den AHP es vielfach nicht rechtfertigen, den Gesamt-GdB zu erhöhen, ist es grundsätzlich nicht geboten, aus einer Häufung solcher Behinderungen die Schwerbehinderteneigenschaft zu folgern. Ein GdB von 50 kann daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ohne zumindest eine mit einem GdB von 30 bewertete einzelne Funktionsstörung in der Regel nicht angenommen werden (vgl. Urt. des Senats vom 21.05.2010 - L 8 SB 2171/08 -).
37 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die Ermittlungen des SG und die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geklärt.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1947 geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehörigkeit und im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung. Bei dem Kläger stellte das Versorgungsamt H., in Ausführung eines im Klageverfahren S 1 SB 2927/03 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) geschlossenen Vergleichs, wegen einer koronaren Herzkrankheit, abgelaufenem Herzinfarkt, Stentimplantation und Bluthockdruck (Teil-GdB 30), Schwerhörigkeit beidseits (Teil-GdB 20) und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Teil-GdB 10) mit Bescheid vom 03.08.2004 den GdB mit 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz jeweils seit dem 02.07.2002 fest.
Am 21.07.2009 beantragte der Kläger beim nunmehr zuständigen Landratsamt H. - Versorgungsamt - (LRA) die Neufeststellung des GdB wegen Verschlimmerung der berücksichtigten Gesundheitsstörungen. Das LRA holte Befundangaben von Dr. H. vom 03.08.2009 sowie Dr. D. vom 29.07.2009 ein und nahm weitere medizinische Befundunterlagen zu den Akten (Berichte Dr. G. vom 15.07.2009, Diagnosen: Geringe Skoliose, Spondylose der LWS, Spondylarthrose der unteren LWS, Hohlkreuz mit Facettensyndrom; Dr. W./Dr. v. M. vom 23.06.2009, Diagnosen: KHK, 1-Gefäßerkrankung, Zustand nach Vorderwandinfarkt). Nach Auswertung der medizinischen Unterlagen schlug die Versorgungsärztin S. in ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 10.08.2009 wegen einer koronaren Herzkrankheit, abgelaufenem Herzinfarkt, Stentimplantation und Bluthockdruck (Teil-GdB 30), Schwerhörigkeit beidseitig (Teil-GdB 20) und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (Teil-GdB 10) den GdB weiterhin mit 40 vor.
Mit Bescheid vom 11.08.2009 entsprach das LRA dem Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB nicht. Hiergegen legte der Kläger am 07.09.2009 Widerspruch ein. Er machte geltend, seine Wirbelsäulenbeschwerden, Kopfschmerzen, ein sehr wechselhafter Blutdruck und eine deutliche Depressivität seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das LRA holte den Befundbericht von Dr. G. vom 15.12.2009 ein (Diagnosen: Geringe Skoliose, Spondylose der LWS, Spondylarthrose der unteren LWS, Hohlkreuz mit Facettensyndrom). In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme vom 11.03.2010 schlug die Versorgungsärztin R. - unter Berücksichtigung von degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und Wirbelsäulenverformung mit einem Teil-GdB von 20 - den GdB weiterhin mit 40 vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2010 wies das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 11.08.2009 zurück. Eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könne, lasse sich nicht feststellen.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.04.2010 Klage beim SG. Er machte zur Begründung geltend, mit der Bewertung der LWS bestehe Einverständnis. Bei den vorliegenden Teil-GdB von 30 für die Herzkrankheit und die Bluthochdruckerkrankung sowie jeweils 20 für die Schwerhörigkeit und die Wirbelsäulenerkrankung sei die Schwerbehinderteneigenschaft erreicht. Insoweit habe sich auch sein gesundheitliche Situation nicht verändert. Er sei bereits mehrfach zur psychiatrischen Untersuchung und Behandlung gewesen. Es sei von einer mittelschweren psychischen Erkrankung mit einem Teil-GdB von 30 auszugehen. Er habe Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01.07.2010 beantragt. Der Kläger legte ein Tonaudiogramm des Dr. H. vom 02.06.2010 vor.
Das SG hörte vom Kläger benannte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an.
Der Internist und Kardiologe Dr. v. M. teilte in seiner Stellungnahme vom 15.09.2010 den Behandlungsverlauf und die erhobenen Befunde mit. Durch den abgelaufenem Herzinfarkt sei der Kläger in seiner Belastbarkeit nur leichtgradig eingeschränkt. Er stimmte hinsichtlich der kardialen Erkrankung und des Bluthochdrucks der Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten zu. Dr. v. M. legte Befundberichte vom 20.08.2010 und 23.06.2009 vor.
Die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. R. d. L. teilte in ihren Stellungnahmen vom 16.09.2010 und 14.04.2011 den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit (Angst und depressive Störung gemischt). Aufgrund der psychischen Erkrankung sei der Kläger leichtgradig beeinträchtigt. Dr. R. d. L. schätzte den GdB auf 20 und unter Berücksichtigung der übrigen Ansätze (Herzerkrankung und Bluthockdruck Teil-GdB 30, Wirbelsäule Teil-GdB 20 und Schwerhörigkeit Teil-GdB 20) den Gesamt-GdB auf 50 ein. Dr. R. d. L. legte Befundberichte vor.
10 
Der HNO-Arzt Dr. H. teilte in seiner Stellungnahme vom 05.10.2010 den Behandlungsverlauf und die Befunde (an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts, mittelgradige Schwerhörigkeit links) mit und schätzte den GdB auf 40 ein. Er legte das Tonaudiogramm vom 02.06.2010 vor.
11 
Der Beklagte trat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. B. vom 10.03.2011 und 02.05.2011, der wegen einer koronaren Herzkrankheit, abgelaufenem Herzinfarkt, Stentimplantation und Bluthockdruck (Teil-GdB 20), Schwerhörigkeit beidseitig (Teil-GdB 20), degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (Teil-GdB 10) und seelische Störung (Teil-GdB 20) den Gesamt-GdB weiterhin mit 40 vorschlug, entgegen. Der von Dr. v. M. am 20.08.2010 erhobene Befund (Belastbarkeit bis 150 Watt über 6 Minuten) rechtfertige nicht länger den bislang festgestellten GdB von 30.
12 
Das SG holte von Amts wegen das HNO-ärztliche Gutachten von Dr. R. vom 06.07.2011 ein. Der Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, nach dem einfachen Gesamtwortverstehen ergebe sich ein Hörverlust für das rechte Ohr von 80 % und für das linke Ohr von 30 %. Weiter bestehe ein Tinnitus aurium mit leichter Verdeckbarkeit und fehlender Dekompensation. Er bewertete den GdB mit 30 und unter Berücksichtigung der anderweitigen Ansätze den Gesamt-GdB mit 40.
13 
Der Beklagte erhob gegen das Gutachten von Dr. R. unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. W. vom 20.07.2011 und 10.08.2011 Einwendungen. Der angegebene Hörverlust für das rechte Ohr von 80 % sei nicht nachvollziehbar. Es bestehe allenfalls ein Hörverlust von 70 % für das rechte Ohr, was bei einem Hörverlust von 30 % für das linke Ohr einen Teil-GdB von 20 rechtfertige. Hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens betrage der Teil-GdB 20 und der Gesamt-GdB weiterhin 40. Auf kardiologischem Gebiet sei allenfalls ein Teil-GdB von 20 begründbar.
14 
Das SG holte die ergänzende gutachtliche Stellungnahme des Dr. R. vom 14.06.2012 ein. In dieser Stellungnahme nahm Dr. R. eine Neubewertung des prozentualen Hörverlustes beider Ohren vor und gelangte in Abweichung zu seinem Gutachten vom 06.07.2011 nunmehr zu dem Ergebnis, dass der korrekte Hörverlust rechts 70 % und links 30 % betrage. Auf dieser Grundlage bewertete Dr. R. - in Zustimmung zu den Ausführungen von Dr. W. - den GdB nunmehr mit 20 und den Gesamt-GdB weiterhin mit 40.
15 
Die Beteiligten trugen weiter streitig vor (Schriftsatz des Klägers vom 09.08.2012 und des Beklagten vom 29.08.2012).
16 
Mit Gerichtsbescheid vom 11.12.2012 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, ein höherer GdB als 40 liege nicht vor. Die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, die Herzerkrankung und der Bluthochdruck, die psychische Erkrankung sowie die Schwerhörigkeit und der Tinnitus seien mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Davon ausgehend sei die Einschätzung des Gesamt-GdB mit 40 angemessen und leidensgerecht. Beim Kläger lägen keine dauernden Funktionseinschränkungen vor, die mit den nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) einen Gesamt-GdB von 50 bedingenden Funktionseinschränkungen vergleichbar wären.
17 
Gegen den den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14.12.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 11.01.2013 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, das SG sei hinsichtlich des maßgebenden Zeitpunkts für die Bewertung der Einzelgrade der Behinderung von einem unzutreffenden Zeitpunkt ausgegangen und habe die Grundsätze der Bildung des Gesamtgrades der Behinderung verkannt. Das SG habe zu Unrecht für die komplexe Herz- und Bluthochdruckerkrankung einem Teil-GdB von 20 zugrunde gelegt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung sei der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin der Widerspruchsbescheid. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beklagte zutreffend der Ansicht gewesen, dass eine wesentliche Änderung bezüglich der Herzkreislauferkrankung nicht eingetreten sei und sei zutreffend aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen. Eine Verbesserung sei nicht eingetreten. Zudem sei im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, selbst bei unterstellter gesundheitlicher Verbesserung, nicht von einem Teil-GdB von 20, sondern von 30 auszugehen. Eine Änderung des Gesundheitszustandes sei erst ab der Untersuchung durch Dr. v. M. am 18.08.2010 dokumentiert. Bis dahin würden die entsprechenden Einschränkungen und Bewertungen der bisherigen Befundberichte, die zutreffend einen Teil-GdB von 30 zu Grunde gelegt hätten, gelten. Unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 30 und drei Teil-GdB von 20 sei ein Gesamt-GdB von 50 zu bilden.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Dezember 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von 50 ab dem 14. Juli 2009 festzustellen.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Er hat zur Begründung vorgetragen, der klägerischen Argumentation könne nicht gefolgt werden. Den für die Feststellung des Gesamt-GdB zugrunde gelegten Einzelgraden komme keine Bindungswirkung zu. Dies bedeute, dass eine wesentliche Besserung der Herz-Kreislauferkrankung zu berücksichtigen sei bzw. aktuelle Befunde auszuwerten und der Beurteilung zugrunde zu legen seien. Zeitpunkt für die Beurteilung sei nicht der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, sondern der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Gerichtsentscheidung. Unter Berücksichtigung der von Dr. v. M. am 20.08.2010 erhobenen Befunde sei für die Herzkreislauferkrankung allenfalls ein Teil-GdB von 20 begründbar. Eine Verschlimmerung sei bislang nicht geltend gemacht worden. Da auch bezüglich der übrigen Funktionseinschränkungen kein höherer Teil-GdB als jeweils 20 angenommen werden könne, sei es grundsätzlich nicht möglich, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden.
23 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
24 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Gerichtsakten des SG S 1 SB 2927/03 sowie einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 11.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
26 
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Es hat weiter ausführlich und zutreffend begründet, dass ein höherer GdB als 40 nicht vorliegt. Die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, die Herzerkrankung und der Bluthochdruck, die psychische Erkrankung sowie die Schwerhörigkeit und der Tinnitus sind jeweils mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Davon ausgehend ist die Einschätzung des Gesamt-GdB mit 40 angemessen und leidensgerecht. Beim Kläger liegen keine dauernden Funktionseinschränkungen vor, die mit den nach den VG einen Gesamt-GdB von 50 bedingenden Funktionseinschränkungen vergleichbar wären. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zu demselben Ergebnis. Er nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Gerichtbescheid vollumfänglich Bezug, die er sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
27 
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:
28 
Das (rechtliche) Vorbringen des Klägers, maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung sei der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin der Widerspruchsbescheid, steht nicht im Einklang mit der einheitlichen und gefestigten sozialgerichtlichen Rechtsprechung. Bei einer Klage auf Neufeststellung eines höheren GdB, wie sie der Kläger erhoben hat, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Gerichtsentscheidung, worauf der Beklagte in seiner Berufungserwiderung zutreffend hinweist. Ein Ausnahmefall liegt nicht vor.
29 
Allerdings ist dem Vorbringen des Klägers insoweit zu folgen, dass für den Fall einer wesentlichen Änderung im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens, die wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage gegebenenfalls für einen Teil-Zeitraum zu berücksichtigen wäre. Dies bedeutet vorliegend, dass dann, wenn erstmals durch den Befundbericht des Dr. v. M. vom 20.08.2010 eine Besserung der Herzkreislauferkrankung des Klägers dokumentiert wäre, diese Besserung erst ab der Befunderhebung (18.08.2010) zu berücksichtigen wäre, falls ein früherer Zeitpunkt der Besserung nicht nachgewiesen ist, worauf der Kläger zur Begründung seiner Berufung maßgeblich abstellt. Unter diesen Voraussetzungen käme vorliegend in Betracht, unter Berücksichtigung von Teil-GdB-Werten von 30 für die Herzerkrankung und den Bluthochdruck, sowie von jeweils 20 für die Schwerhörigkeit und Tinnitus, das Wirbelsäulenleiden und die seelische Störung den Gesamt-GdB mit 50 bis 17.08.2010 festzustellen. Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch nicht vor. Nach dem bereits im Klageverfahren S 1 SB 2927/03 vom SG eingeholten Befundbericht des Dr. v. M. vom 05.12.2003 konnte der Kläger eine Ergometrie bis 150 Watt beschwerdefrei und ohne Ischämiereaktion absolvieren. Der von SG im Verfahren S 1 SB 2927/03 schriftlich als sachverständige Zeuge gehörte Internist Dr. D. bestätigte in seiner Stellungnahme vom 01.03.2004 diese Befunde (für den 18.11.2003). Damit ist eine wesentliche Besserung der Herzerkrankung des Klägers erst ab dem 18.08.2010 nicht belegt. Nach dem Befundbericht von Dr. v. M. vom 20.08.2010 war der Kläger am 18.08.2010 ebenfalls bis 150 Watt über 6 Minuten belastbar, wobei der Abbruch wegen peripherer Erschöpfung ohne ischämieverdächtige Veränderungen unter Belastung und in der Nachbelastungsphase erfolgte. Dr. v. M. bestätigt in seinem Befundbericht vom 20.08.2010 einen unveränderten kardialen Befund. Dem entsprechen auch die Befundangaben von Dr. v. M. im Befundbericht vom 23.06.2009. Eine wesentliche Besserung der Herzerkrankung erst im Verlauf des Klageverfahrens kann der Kläger damit nicht mit Erfolg geltend machen.
30 
Die dargestellten kardiologischen Befunde rechtfertigen hinsichtlich der Herzerkrankung des Klägers nach den vom SG zutreffend dargestellten Bewertungsvorgaben der VG einen Teil-GdB von 0 bis 10. Nach den VG Teil B 9.1.1 ist erst bei einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten) ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt. Eine solche Leistungsbeeinträchtigung ist beim Kläger im vorliegend streitigen Zeitraum ab dem 14.07.2009 - wie bereits ausgeführt - nicht belegt. Auch der zusätzlich zu berücksichtigende Bluthochdruck des Klägers rechtfertigt keinen Teil-GdB von 30. Nach den VG Teil B 9.3 beträgt bei einer Hypertonie (Bluthochdruck) leichter Form keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) der GdB 0 bis 10 und bei mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung der GdB 20 bis 40. Eine Bluthochdruckerkrankung mittelschwerer Form mit Organbeteiligung ist beim Kläger nicht belegt. Zwar sind beim Kläger mehrfach diastolische Blutdruckwerte von über 100 trotz medikamentöser Behandlung dokumentiert (Befundberichte Dr. v. M. vom 20.08.2010 RR 150/110 mmHg und vom 23.06.2009 RR 180/110 mmHg). Eine Organbeteiligung leichten oder mittleren Grades ist jedoch beim Kläger nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht. Danach kann hinsichtlich des Bluthochdrucks des Klägers allenfalls von einem schwachen Teil-GdB von 20 ausgegangen werden, der sich durch die geringgradigen Auswirkungen der Herzerkrankung nicht auf über 20 erhöht.
31 
Dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2010 hinsichtlich der Herzerkrankung sowie des Bluthochdrucks von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen ist (zuletzt versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. R. vom 11.03.2010) und erst im Klageverfahren, gestützt auf den Befundbericht von Dr. v. M. vom 20.08.2010, nunmehr den Teil-GdB lediglich mit 20 angenommen hat (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. B. vom 10.03.2011), rechtfertigt keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. An die ursprüngliche Bewertung des Teil-GdB für die Herz- und Bluthochdruckerkrankung mit einem Teil-GdB von 30 ist der Beklagte, wie das Gericht, nicht gebunden. Denn die den einzelnen Behinderungen zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich vielmehr nur um einen Bewertungsfaktor, der wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegt (vgl. auch z.B. Urteil des Senats vom 20.09.2013 - L 8 SB 1640/12 - S. 9, nicht veröffentlich).
32 
Dr. R. hat in seiner sein Gutachten vom 06.07.2011 ergänzenden Stellungnahme vom 14.06.2012 nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass auf der Grundlage des Sprachaudiogramms entgegen seiner ursprünglichen Bewertung im Gutachten vom 06.07.2011 hinsichtlich des rechten Ohrs des Klägers lediglich von einem Hörverlust von 70 % (und nicht wie ursprünglich angenommen von 80 %) ausgegangen werden kann, was unter Berücksichtigung eines Hörverlustes von 30 % für das linke Ohr nach den VG Teil B 5.2.4 einen Teil-GdB von 20 (statt 30) rechtfertigt. Dr. R. hat sich damit den vom Beklagten gegen die Bewertung des Teil-GdB im Gutachten vom 06.07.2011 erhobenen Einwendungen (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. W. vom 20.07.2011) angeschlossen. Die von Dr. R. korrigierte Bewertung des Teil-GdB für die Hörstörung entspricht den rechtlichen Vorgaben der VG, der sich der Senat anschließt. Einwendungen hat der Kläger hiergegen im Übrigen auch nicht erhoben. Die Bewertung des Teil-GdB für die Hörstörung auf der Grundlage eines Tonaudiogramms ist vorliegend nicht möglich. Nach den VG Teil B 5 richtet sich der GdB für eine Störung der Hörfähigkeit grundsätzlich nach der Herabsetzung des Sprachgehörs ohne Hörhilfe (Sprachaudiogramm). Nur sofern ein Sprachaudiogramm z.B. aufgrund sprachlicher Probleme nicht erhoben werden kann, kann ein Tonaudiogramm nach VG Teil B 5.2.2 zugrunde gelegt werden (Rechtsprechung des Senats, Urteil vom 19.04.2013 - L 8 SB 3009/11 - S. 12, nicht veröffentlicht). Ein solcher Ausnahmefall liegt beim Kläger nicht vor. Der Tinnitus aurium ist nach den VG Teil B 5.3 mit einem Teil-GdB von 0 bis 10 zu bewerten. Ein höherer Teil-GdB wäre nur bei erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen des Tinnitus möglich, was beim Kläger jedoch nicht gegeben ist. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. R. in seinem Gutachten löst das Tinnitusleiden beim Kläger keine psychosozialen Fehlreaktionen aus und ist als geringfügig einzustufen. Dem schließt sich der Senat an. Damit ist eine Erhöhung des Teil-GdB von 20 für die Hörstörung durch den Tinnitus nicht gerechtfertigt. Der abweichenden Bewertung von Dr. H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.10.2010 (GdB 40) kann nicht gefolgt werden, wie Dr. R. in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat. Zudem stützt Dr. H. seine Bewertung auf tonaudiometrische Messungen, was nicht den rechtlichen Vorgaben der VG entspricht.
33 
Gesichtspunkte, die entgegen der Ansicht des SG hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens sowie der seelischen Störung einen höheren Teil-GdB als 20 rechtfertigen, sind nicht ersichtlich und hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht dargetan.
34 
Unter Berücksichtigung der Teil-GdB-Werte von jeweils 20 für die Herzerkrankung und den Bluthochdruck, die Schwerhörigkeit beidseitig und Tinnitus, die Wirbelsäulenerkrankung und die seelische Störung ist die Feststellung des Gesamt-GdB von 50 beim Kläger nicht gerechtfertigt. Nach den vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellten Grundsätzen zu Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. Urteile vom 25.03.2011 - L 8 SB 4762/08 - und 05.03.2010 - L 8 SB 5038/08 -, m.w.N., jeweils unveröffentlicht) ist es daher - von seltenen Ausnahmefällen abgesehen, z.B. bei gegenseitiger, die Lebensqualität erheblich beeinträchtigender Verstärkung - nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies beim Kläger zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen. Eine solche Wertigkeit kommt den vom Verordnungsgeber als leichte Behinderungen eingestuften Funktionseinschränkungen in der Regel nicht zu. Hierauf hat der Beklagte in der Berufungsbegründung zutreffend hingewiesen. Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen beim Kläger nicht vor.
35 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der für die Entscheidung relevante Sachverhalt durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen geklärt. Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, hat der Kläger nicht aufgezeigt.
36 
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
37 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
38 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.

Gründe

 
25 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 11.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
26 
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Es hat weiter ausführlich und zutreffend begründet, dass ein höherer GdB als 40 nicht vorliegt. Die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, die Herzerkrankung und der Bluthochdruck, die psychische Erkrankung sowie die Schwerhörigkeit und der Tinnitus sind jeweils mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Davon ausgehend ist die Einschätzung des Gesamt-GdB mit 40 angemessen und leidensgerecht. Beim Kläger liegen keine dauernden Funktionseinschränkungen vor, die mit den nach den VG einen Gesamt-GdB von 50 bedingenden Funktionseinschränkungen vergleichbar wären. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zu demselben Ergebnis. Er nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Gerichtbescheid vollumfänglich Bezug, die er sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
27 
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:
28 
Das (rechtliche) Vorbringen des Klägers, maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung sei der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin der Widerspruchsbescheid, steht nicht im Einklang mit der einheitlichen und gefestigten sozialgerichtlichen Rechtsprechung. Bei einer Klage auf Neufeststellung eines höheren GdB, wie sie der Kläger erhoben hat, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Gerichtsentscheidung, worauf der Beklagte in seiner Berufungserwiderung zutreffend hinweist. Ein Ausnahmefall liegt nicht vor.
29 
Allerdings ist dem Vorbringen des Klägers insoweit zu folgen, dass für den Fall einer wesentlichen Änderung im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens, die wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage gegebenenfalls für einen Teil-Zeitraum zu berücksichtigen wäre. Dies bedeutet vorliegend, dass dann, wenn erstmals durch den Befundbericht des Dr. v. M. vom 20.08.2010 eine Besserung der Herzkreislauferkrankung des Klägers dokumentiert wäre, diese Besserung erst ab der Befunderhebung (18.08.2010) zu berücksichtigen wäre, falls ein früherer Zeitpunkt der Besserung nicht nachgewiesen ist, worauf der Kläger zur Begründung seiner Berufung maßgeblich abstellt. Unter diesen Voraussetzungen käme vorliegend in Betracht, unter Berücksichtigung von Teil-GdB-Werten von 30 für die Herzerkrankung und den Bluthochdruck, sowie von jeweils 20 für die Schwerhörigkeit und Tinnitus, das Wirbelsäulenleiden und die seelische Störung den Gesamt-GdB mit 50 bis 17.08.2010 festzustellen. Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch nicht vor. Nach dem bereits im Klageverfahren S 1 SB 2927/03 vom SG eingeholten Befundbericht des Dr. v. M. vom 05.12.2003 konnte der Kläger eine Ergometrie bis 150 Watt beschwerdefrei und ohne Ischämiereaktion absolvieren. Der von SG im Verfahren S 1 SB 2927/03 schriftlich als sachverständige Zeuge gehörte Internist Dr. D. bestätigte in seiner Stellungnahme vom 01.03.2004 diese Befunde (für den 18.11.2003). Damit ist eine wesentliche Besserung der Herzerkrankung des Klägers erst ab dem 18.08.2010 nicht belegt. Nach dem Befundbericht von Dr. v. M. vom 20.08.2010 war der Kläger am 18.08.2010 ebenfalls bis 150 Watt über 6 Minuten belastbar, wobei der Abbruch wegen peripherer Erschöpfung ohne ischämieverdächtige Veränderungen unter Belastung und in der Nachbelastungsphase erfolgte. Dr. v. M. bestätigt in seinem Befundbericht vom 20.08.2010 einen unveränderten kardialen Befund. Dem entsprechen auch die Befundangaben von Dr. v. M. im Befundbericht vom 23.06.2009. Eine wesentliche Besserung der Herzerkrankung erst im Verlauf des Klageverfahrens kann der Kläger damit nicht mit Erfolg geltend machen.
30 
Die dargestellten kardiologischen Befunde rechtfertigen hinsichtlich der Herzerkrankung des Klägers nach den vom SG zutreffend dargestellten Bewertungsvorgaben der VG einen Teil-GdB von 0 bis 10. Nach den VG Teil B 9.1.1 ist erst bei einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten) ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt. Eine solche Leistungsbeeinträchtigung ist beim Kläger im vorliegend streitigen Zeitraum ab dem 14.07.2009 - wie bereits ausgeführt - nicht belegt. Auch der zusätzlich zu berücksichtigende Bluthochdruck des Klägers rechtfertigt keinen Teil-GdB von 30. Nach den VG Teil B 9.3 beträgt bei einer Hypertonie (Bluthochdruck) leichter Form keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) der GdB 0 bis 10 und bei mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung der GdB 20 bis 40. Eine Bluthochdruckerkrankung mittelschwerer Form mit Organbeteiligung ist beim Kläger nicht belegt. Zwar sind beim Kläger mehrfach diastolische Blutdruckwerte von über 100 trotz medikamentöser Behandlung dokumentiert (Befundberichte Dr. v. M. vom 20.08.2010 RR 150/110 mmHg und vom 23.06.2009 RR 180/110 mmHg). Eine Organbeteiligung leichten oder mittleren Grades ist jedoch beim Kläger nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht. Danach kann hinsichtlich des Bluthochdrucks des Klägers allenfalls von einem schwachen Teil-GdB von 20 ausgegangen werden, der sich durch die geringgradigen Auswirkungen der Herzerkrankung nicht auf über 20 erhöht.
31 
Dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2010 hinsichtlich der Herzerkrankung sowie des Bluthochdrucks von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen ist (zuletzt versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. R. vom 11.03.2010) und erst im Klageverfahren, gestützt auf den Befundbericht von Dr. v. M. vom 20.08.2010, nunmehr den Teil-GdB lediglich mit 20 angenommen hat (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. B. vom 10.03.2011), rechtfertigt keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. An die ursprüngliche Bewertung des Teil-GdB für die Herz- und Bluthochdruckerkrankung mit einem Teil-GdB von 30 ist der Beklagte, wie das Gericht, nicht gebunden. Denn die den einzelnen Behinderungen zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich vielmehr nur um einen Bewertungsfaktor, der wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegt (vgl. auch z.B. Urteil des Senats vom 20.09.2013 - L 8 SB 1640/12 - S. 9, nicht veröffentlich).
32 
Dr. R. hat in seiner sein Gutachten vom 06.07.2011 ergänzenden Stellungnahme vom 14.06.2012 nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass auf der Grundlage des Sprachaudiogramms entgegen seiner ursprünglichen Bewertung im Gutachten vom 06.07.2011 hinsichtlich des rechten Ohrs des Klägers lediglich von einem Hörverlust von 70 % (und nicht wie ursprünglich angenommen von 80 %) ausgegangen werden kann, was unter Berücksichtigung eines Hörverlustes von 30 % für das linke Ohr nach den VG Teil B 5.2.4 einen Teil-GdB von 20 (statt 30) rechtfertigt. Dr. R. hat sich damit den vom Beklagten gegen die Bewertung des Teil-GdB im Gutachten vom 06.07.2011 erhobenen Einwendungen (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. W. vom 20.07.2011) angeschlossen. Die von Dr. R. korrigierte Bewertung des Teil-GdB für die Hörstörung entspricht den rechtlichen Vorgaben der VG, der sich der Senat anschließt. Einwendungen hat der Kläger hiergegen im Übrigen auch nicht erhoben. Die Bewertung des Teil-GdB für die Hörstörung auf der Grundlage eines Tonaudiogramms ist vorliegend nicht möglich. Nach den VG Teil B 5 richtet sich der GdB für eine Störung der Hörfähigkeit grundsätzlich nach der Herabsetzung des Sprachgehörs ohne Hörhilfe (Sprachaudiogramm). Nur sofern ein Sprachaudiogramm z.B. aufgrund sprachlicher Probleme nicht erhoben werden kann, kann ein Tonaudiogramm nach VG Teil B 5.2.2 zugrunde gelegt werden (Rechtsprechung des Senats, Urteil vom 19.04.2013 - L 8 SB 3009/11 - S. 12, nicht veröffentlicht). Ein solcher Ausnahmefall liegt beim Kläger nicht vor. Der Tinnitus aurium ist nach den VG Teil B 5.3 mit einem Teil-GdB von 0 bis 10 zu bewerten. Ein höherer Teil-GdB wäre nur bei erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen des Tinnitus möglich, was beim Kläger jedoch nicht gegeben ist. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. R. in seinem Gutachten löst das Tinnitusleiden beim Kläger keine psychosozialen Fehlreaktionen aus und ist als geringfügig einzustufen. Dem schließt sich der Senat an. Damit ist eine Erhöhung des Teil-GdB von 20 für die Hörstörung durch den Tinnitus nicht gerechtfertigt. Der abweichenden Bewertung von Dr. H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.10.2010 (GdB 40) kann nicht gefolgt werden, wie Dr. R. in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat. Zudem stützt Dr. H. seine Bewertung auf tonaudiometrische Messungen, was nicht den rechtlichen Vorgaben der VG entspricht.
33 
Gesichtspunkte, die entgegen der Ansicht des SG hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens sowie der seelischen Störung einen höheren Teil-GdB als 20 rechtfertigen, sind nicht ersichtlich und hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht dargetan.
34 
Unter Berücksichtigung der Teil-GdB-Werte von jeweils 20 für die Herzerkrankung und den Bluthochdruck, die Schwerhörigkeit beidseitig und Tinnitus, die Wirbelsäulenerkrankung und die seelische Störung ist die Feststellung des Gesamt-GdB von 50 beim Kläger nicht gerechtfertigt. Nach den vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellten Grundsätzen zu Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. Urteile vom 25.03.2011 - L 8 SB 4762/08 - und 05.03.2010 - L 8 SB 5038/08 -, m.w.N., jeweils unveröffentlicht) ist es daher - von seltenen Ausnahmefällen abgesehen, z.B. bei gegenseitiger, die Lebensqualität erheblich beeinträchtigender Verstärkung - nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies beim Kläger zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen. Eine solche Wertigkeit kommt den vom Verordnungsgeber als leichte Behinderungen eingestuften Funktionseinschränkungen in der Regel nicht zu. Hierauf hat der Beklagte in der Berufungsbegründung zutreffend hingewiesen. Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen beim Kläger nicht vor.
35 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der für die Entscheidung relevante Sachverhalt durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen geklärt. Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, hat der Kläger nicht aufgezeigt.
36 
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
37 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
38 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.