Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 05. Juni 2014 - 4 K 13.01856

bei uns veröffentlicht am05.06.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der Kläger wurde am ... im Irak geboren und gelangte am 10. Februar 2007 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland. Seinem Asylantrag wurde mit Bescheid vom 30. Mai 2007 stattgegeben. In der Folgezeit wurden ihm ab 20. Juni 2007 Fiktionsbescheinigungen bzw. Aufenthaltserlaubnisse erteilt. Seit 30. Juni 2011 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis.

Mit Schreiben vom 21. Mai 2013 stellte der Kläger über seine Bevollmächtigten einen Antrag auf Einbürgerung, in welchem er auf den Bezug von Sozialleistungen verwies. Weiter wurde ein Bescheid über Blindengeld und ein weiterer Bescheid über laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch 12. Buch (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) und eine auf einen seiner Söhne ausgestellte Generalvollmacht für den Kläger vorgelegt. Deutschkenntnisse wurden nicht nachgewiesen, ein Einbürgerungstest und ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht abgelegt.

Nachdem eine Überprüfung der Unterlagen durch die Regierung von Mittelfranken am 24. September 2013 ergeben hatte, dass keine Möglichkeit für eine Einbürgerung nach § 8 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) bestehe und dies dem Kläger durch die Stadt... mit Schreiben vom 30. September 2013 mitgeteilt worden war, erhob der Kläger am 22. Oktober 2013 Untätigkeitsklage.

Mit Bescheid vom 12. März 2014 lehnte die Regierung von Mittelfranken den Einbürgerungsantrag des Klägers ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, da der Kläger erst seit sieben Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe, sei eine Einbürgerung nach § 10 StAG nicht möglich. Auch eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG komme nicht in Betracht. Eine Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG bestehe nicht, weil der Kläger derzeit Leistungen nach dem SGB XII erhalte und daher nicht imstande sei, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Im Rahmen des § 8 StAG spiele es keine Rolle, wenn der Kläger seine Bedürftigkeit nicht zu vertreten habe. Ein Fall, in dem Gründe des öffentlichen Interesses oder die Vermeidung einer besonderen Härte i. S.v. § 8 Abs. 2 StAG die Einbürgerung trotz Fehlens einer der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG ermöglichten, sei nicht gegeben. Insbesondere werde der Kläger durch die Versagung der Einbürgerung nicht staatenlos. Auch habe der Kläger aufgrund seiner Anerkennung als Asylberechtigter einen sicheren Aufenthalt in Deutschland und werde von seiner Familie versorgt. Der Wunsch, seinen Sohn auf Geschäftsreisen zu begleiten und nach ... zu seinem anderen Sohn zu reisen, sei kein maßgeblicher Grund des öffentlichen Interesses. Auch sei nicht davon auszugehen, dass er nur vorübergehend auf Leistungen des SGB XII angewiesen sein werde.

Weiter müsse der Einbürgerungsbewerber sich auch in die deutschen Lebensverhältnisse eingeordnet haben und über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache sowie Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügen. Bei der Ermessenseinbürgerung seien die Integrationsanforderungen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht grundsätzlich niedriger anzusetzen als bei einer Anspruchseinbürgerung. Einen Nachweis über Deutschkenntnisse habe der Kläger nicht erbracht, sondern vielmehr vortragen lassen, dass er nur Arabisch spreche und es für ihn aufgrund seiner Behinderung nicht möglich und nicht notwendig sei, sich deutsche Sprachkenntnisse und Kenntnisse über die staatliche Ordnung Deutschlands anzueignen. Eine Ausnahme vom Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse und Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse sei hier nicht in dem Sinne offenkundig, dass dies auf die Behinderung des Klägers zurückzuführen sei. Ein entsprechendes fachärztliches Attest sei nicht vorgelegt worden.

Mit einem am 24. März 2014 eingegangenen Schriftsatz stellte der Kläger den Antrag,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 12. März 2014 zu verpflichten, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen geltend gemacht, der Kläger sei fast 79 Jahre alt und vollkommen erblindet, wie sich aus einem beigefügten Schwerbehindertenausweis und dem Bescheid über Blindengeld ergebe. Aufgrund seines Alters sei der Kläger nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Er lebe bei der Familie des Sohnes und werde von dessen Familie zum größten Teil unterstützt und auch umfassend betreut, so dass insbesondere auch keine Pflegekosten anfielen. Weiter sei er nicht in der Lage, deutsche Sprachkenntnisse oder andere Kenntnisse über die staatliche Ordnung sich anzueignen. Er sei 24 Stunden täglich bei seinem Sohn und dessen Familie. Dieser sei als Juwelier selbstständig tätig. Tagsüber sei der Kläger in den Geschäftsräumen und „warte den Tag ab“. Jegliche Unterhaltung des Klägers bestehe mit seinem Sohn und dessen Familie, weshalb sie auf Arabisch erfolge. Der Kläger sei auch nie allein unterwegs, sondern werde von der Familie des Sohnes oder diesem selbst begleitet. Er könne sich wegen seiner vollständigen Erblindung weder alleine bewegen noch irgendwelche Rechtsgeschäfte tätigen. Mit einem Flüchtlingspass sei es dem Kläger in vielen Ländern verwehrt, zu Besuch einzureisen. Einer der Söhne sei in Dubai, wo eine derartige Einreise nicht möglich sei. Aufgrund einer entsprechenden Einladung des jüngsten Sohnes in Dubai sei dem Kläger die Erteilung eines Visums für Dubai verweigert worden. Nur mit einem deutschen Reisepass sei dort eine Einreise möglich. Darüber hinaus befinde sich der Sohn des Klägers oftmals auf Geschäftsreisen, auch im außereuropäischen Raum. Auch dort sei meistens eine Einreise mit einem Flüchtlingsausweis nicht möglich. Der Lebensinhalt des Klägers bestehe aber ausschließlich darin, tagsüber mit seinem Sohn zusammen zu sein. Wenn er diesen bei seinen Geschäftsreisen begleiten könnte, würde dies zu einer nicht zu beschreibenden Erhöhung der Lebensqualität des Klägers führen. Darüber hinaus sei es für den Kläger wesentlich, seinen jüngsten Sohn, ebenfalls in Begleitung seines in ... lebenden Sohnes, zu besuchen und wiedersehen zu können. Ob dies später nach einer 15jährigen Aufenthaltsdauer in Deutschland, der Kläger wäre dann schon 86 Jahre alt, überhaupt noch möglich sei, sei zu bezweifeln. Aus humanitären Gründen sei es daher geboten, den Kläger ohne weitere Voraussetzungen einzubürgern.

Aufgrund des Alters des Klägers, der Tatsache der vollständigen Behinderung wegen seiner Erblindung, weiter wegen des gesicherten Aufenthalts für Deutschland und der Tatsache, dass er sich seit über sieben Jahren rechtmäßig in Deutschland aufhalte, sei die Voraussetzung der Öffnungsklausel nach Nr. 2.5 der vorläufigen Hinweise Staatsangehörigkeitsrecht in Zusammenhang mit dem Zuwanderungsgesetz gegeben. Auch sei nicht zu erkennen, wann jemals eine außergewöhnliche Härte i. S.v. § 8 Abs. 2 StAG vorliegen solle, wenn nicht im Falle des Klägers.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Sitzungsniederschrift und die beigezogene Behördenakte der Regierung von Mittelfranken, die Einbürgerungsakte und die Ausländerakte der Stadt ... Bezug genommen.

Gründe

Die nach Erlass des ablehnenden Bescheids des Beklagten in zulässiger Weise als Verpflichtungsklage fortgesetzte Klage war abzuweisen, weil sie unbegründet ist. Dass der Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid vom 12. März 2014 die Einbürgerung versagt hat, ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Gemäß § 8 Abs. 1 StAG kann ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf seinen Antrag eingebürgert werden. Die Einbürgerung steht auch bei Erfüllung der in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StAG bezeichneten Mindestvoraussetzungen (handlungsfähig, im Wesentlichen straffrei, eigene Wohnung oder Unterkommen, Fähigkeit sich und seine Angehörigen zu ernähren) sowie - zusätzlich - dem Fehlen von Ausschlussgründen nach § 11 StAG im grundsätzlich weiten Ermessen der Einbürgerungsbehörde.

Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an der Mindestvoraussetzung nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, wonach der Ausländer imstande sein muss, sich und seine Angehörigen zu ernähren. Der Kläger bezieht jedoch laufende Leistungen nach dem SGB XII, nämlich Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von 358,00 EUR monatlich. Diese Leistungen dienen der Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts, so dass ihr Bezug die Annahme ausschließt, der Kläger sei in der Lage, sich selbst zu ernähren. Dass der Kläger zusätzlich noch Blindengeld in Höhe von 535,00 EUR monatlich bezieht, ändert hieran nichts, weil es nicht als eigenes Einkommen berücksichtigungsfähig ist und daher auch nicht auf die Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB XII angerechnet werden kann. Im Unterschied zur Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG (vgl. dort § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) ist es im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG nach der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung unerheblich, aus welchen Gründen der Betroffene nicht in der Lage ist, sich selbst zu ernähren (vgl. BVerwG, B.v. 6.2.2013

- 5 PKH 13/12 - juris Rn. 6; OVG des Saarlandes, U.v. 28.6.2012 - 1A35/12 - juris Rn. 35 m. w. N.), so dass sich der Kläger nicht auf sein Alter und seine Erblindung berufen kann.

Zwar kann nach § 8 Abs. 2 StAG von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 2 und 4 aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden. Diese beiden Voraussetzungen, die hier alternativ für ein Absehen von der Voraussetzung des Absatzes 1 Nr. 4 gegeben sein müssen, sind jedoch zu verneinen.

I.

„Gründe des öffentlichen Interesses“ im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG sind nach der übereinstimmenden und überzeugenden obergerichtlichen Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, nur dann gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens nach § 8 Abs. 1 StAG abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit einzubürgern. Nur wenn ein solches durch staatliche Belange vorgegebenes öffentliches Interesse besteht, verlangt die Regelung eine Betätigung des Einbürgerungsermessens durch die Behörde (vgl. OVG des Saarlandes, U.v. 28.6.2012 - 1A35/12 - juris Rn. 61; Niedersächsisches OVG, B.v. 7.1.2013 - 13PA 243/12 - juris Rn. 4; U.v. 13.11.2013 13 - LB 99/12 - juris Rn. 73; U.v. 13.2.2013 - 13 LC 33/11 juris Rn. 46; VGH Baden-Württemberg, U.v. 6.11.2013 InfAuslR 2014, 60, 62; U.v. 22.1.2014 - 1S 923/13 - juris Rn.62).

Die Kriterien in Nr. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 der vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern vom 17. April 2009 (im Folgenden: Anwendungshinweise), die das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Rahmen einer nach § 8 Abs. 1 StAG zu treffenden Ermessensentscheidung bestimmen, genügen hierfür jedenfalls dann nicht, wenn sie nicht staatlichen Interessen dienen, sondern vorrangig besonderen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Ausländers angemessen Rechnung tragen sollen, wie etwa die Nr. 8.1.3.7 der Anwendungshinweise (vgl. insbesondere OVG des Saarlandes, U.v. 28.6.2012 - 1A35/12 - juris Rn. 54 ff.). Nach § 8 Abs. 1 StAG ist für eine Ermessensentscheidung über eine Einbürgerung nämlich vorausgesetzt, dass die Mindestvoraussetzungen der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG erfüllt sind und für eine stattgebende Ermessensentscheidung zusätzlich die Kriterien vorliegen, von deren Vorliegen nach den Anwendungshinweisen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt. Wollte man diese Kriterien zugleich für die Annahme von Gründen des öffentlichen Interesses i. S.v. § 8 Abs. 2 StAG genügen lassen, hätte dies aber zur Folge, dass bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien eine Ermessenseinbürgerung ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StAG nicht erfüllt, also allein die in den Anwendungshinweisen genannten, das Ermessen steuernde Kriterien für das Vorliegen eines öffentlichen Interesses gegeben sind. Dies kann in Anbetracht der gesetzlichen Regelung, die die Gründe des öffentlichen Interesses als Ausnahmetatbestand von den grundsätzlich erforderlichen Mindestvoraussetzungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StAG vorsehen, mit der Einfügung des § 8 Abs. 2 StAG nicht beabsichtigt gewesen sein. Vielmehr würden bei einem derart weitgehenden Verständnis von „Gründen des öffentlichen Interesses“ die in § 8 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StAG genannten Voraussetzungen ihre Funktion als Tatbestandsvoraussetzungen weitgehend verlieren (ebenso OVG des Saarlandes, U.v. 28.6. 2012 - 1A35/12 - juris Rn. 54 ff.). Nach der Gesetzesbegründung sollten aber entsprechend den Härteregelungen zu den Voraussetzungen für eine Anspruchseinbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG mit § 8 Abs. 2 StAG Härten vermieden werden, die dadurch entstehen, dass etwa die ausländische Ehefrau aufgrund einer zur Durchführung eines Entlassungsverfahrens erteilten Einbürgerungszusicherung aus ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit ausgeschieden ist, nun aber ihrer Einbürgerung - auch bei unverschuldet eingetretener Arbeitslosigkeit ihres deutschen Ehegatten - mangelnde Unterhaltsfähigkeit entgegensteht und sie dadurch staatenlos geworden ist (BT-Drs. 15/420 S. 116). Dies zeigt, dass § 8 Abs. 2 StAG nur Korrekturen in Ausnahmefällen bezweckt und, wie weiter der Hinweis auf die zu § 10 Abs. 1 StAG bestehenden Härteregelungen zu §§ 10 Abs. 1 Satz 2, 10 Abs. 6 StAG belegt, nicht zu einer weitgehenden Bedeutungslosigkeit der grundsätzlich zu erfüllenden gesetzlichen Voraussetzungen führen soll. Dem entspricht es, wenn das Bundesverwaltungsgericht für den alternativ im Gesetz vorgesehenen Tatbestand „zur Vermeidung einer besonderen Härte“ in § 8 Abs. 2 StAG atypische Umstände des Einzelfalls fordert, die eine solche Härte bedingen, also Umstände, die nicht schon im Regelfall eines Fehlens der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StAG vorliegen. Dem entspricht es auch, wenn das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf noch zu ermittelnde mögliche „Gründe des öffentliches Interesses“ in dem ihm vorgelegten Fall sich auf ein durch staatliche Belange vorgegebenes öffentliches Interesse im konkreten Fall bezieht, nämlich ein möglicherweise vorliegendes Erfüllen einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik im Ausland, die mit der beruflichen Stellung verknüpft ist (BVerwG, U.v. 20.3.2012 - 5 C 5/11- juris Rn. 40).

Anhaltspunkte für das Vorliegen eines sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbewerbers abhebenden spezifisch staatlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers in dem Sinne, dass seine Einbürgerung aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesichtspunkte trotz Fehlens der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG erwünscht wäre, sind nicht ersichtlich. Einbürgerungserleichterungen für ältere oder behinderte Personen erfüllen den Tatbestand eines durch spezifische staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses nicht. Diese hätteferner auch zur Voraussetzung, dass sich der konkrete Fall in einer besonderen Weise von der in der Mehrzahl der Zuwandererfamilien zu beobachtenden Integration positiv abhebt (OVG des Saarlandes, U.v. 28.6.2012 - 1A35/12), was beim Kläger, der sich nach Aktenlage mündlich in deutscher Sprache nicht verständigen kann, vielmehr nur Arabisch spricht, nicht der Fall ist.

Ein gruppentypisches Schicksal, wie im Falle eines Wohlwollensgebots nach Art. 34 der Genfer Konvention, mit dem persönlichen Lebensumständen einer Gruppe Rechnung getragen werden soll, begründet kein spezifisches staatliches Interesse in einem konkreten Einzelfall (vgl. Niedersächsisches OVG, U.v. 13.2.2013 - 13 LC 33/11 juris Rn. 46, 49 ff.).

II.

Auch eine „besondere Härte“ als Voraussetzung für ein Absehen von der Mindestvoraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG ist zu verneinen.

Eine solche Härte muss nämlich durch atypische Umstände des Einzelfalles bedingt sein und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können (BVerwG, U.v. 20.3.2012 - 5 C 5.11 - a. a. O. Rn. 39; HessVGH, B.v. 21.10.2008 - 5 A 1820/08.Z -; VGH Baden-Württemberg, U.v. 6.5.2009 - 13 S 2428/08 -; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 11.6.2009 - OVG 5 M 30.08 -; OVG des Saarlandes, B.v. 10.6.2010 - 1 A 88/10 -; alle in juris). Dass der Kläger durch Alter und Behinderung außer Stande ist, am Angewiesensein auf Sozialleistungen noch etwas zu ändern, wird aber weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte dieser Umstand durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Weiter hat der Kläger einen sicheren Aufenthalt in Deutschland und ist auch bei Abwesenheit seines Sohnes, in dessen Familie er lebt, versorgt. Allein der Umstand, dass er diesen ohne deutschen Reisepass nicht überall begleiten kann und seinen weiteren Sohn gerade in ... nur mit einem Flüchtlingsausweis nicht besuchen kann, führt nicht zu einer besonderen Härte. Solche Einschränkungen der Reisemöglichkeit sind keine atypischen Einzelfallumstände sondern für alle im Inland lebende Ausländer, die nur im Besitz eines Flüchtlingsausweises sind, typisch. Auch würde der Kläger bei der Ablehnung seines Einbürgerungsantrags nicht staatenlos.

Aus der gesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 2 StAG ergibt sich daher nicht, dass der Beklagte vom Vorliegen der Mindestvoraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG absehen konnte.

Dass der Beklagte die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 StAG verneint hat, verletzt auch nicht Art. 3 GG. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die in den Vorläufigen Hinweisen zum Vollzug der Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht durch das Zuwanderungsgesetz in Nr. 2.5. enthaltene Öffnungsklausel verweist, nach denen u. a. in den möglichen Fallgruppen mit besonderen humanitären Gesichtspunkten (z. B. Einbürgerung Behinderter, Pflegekinder) und älterer Personen mit langem Inlandsaufenthalt bejaht werden kann, wird dies nach der Mitteilung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in ständiger Behördenpraxis so angewendet, dass ein Mindestaufenthalt im Inland von 12 Jahren erforderlich ist. Die genannten Vorläufigen Hinweise steuern das Ermessen innerdienstlich. Im Verhältnis zum Einbürgerungsbewerber können sie Wirkung nur deshalb entfalten, weil die Verwaltung zur Wahrung des Gleichheitssatzes verpflichtet ist und sich demgemäß durch pflichtgemäße Anwendung der Richtlinien selbst bindet (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 11.10.1985, InfAuslR 1986, 4). Da maßgeblich die behördliche Praxis ist (BVerwG, U.v. 23.4.2003, DVBl 2004, 126, 127) und bloße verwaltungsinterne Richtlinien vom Gericht nicht wie ein Gesetz ausgelegt werden können, konnte der Beklagte wegen des noch nicht einmal acht Jahre währenden Aufenthalts des Klägers im Inland ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG die Voraussetzungen der Öffnungsklausel verneinen.

III.

Unabhängig davon, dass der Kläger schon die Mindestvoraussetzungen des § 8 StAG nicht erfüllt, hat der Beklagte eine Einbürgerung nach § 8 StAG auch ermessensfehlerfrei abgelehnt. Dabei wiederum (soweit also der Ermessensbereich bei § 8 StAG betroffen ist) ist maßgeblicher Zeitpunkt der der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 13.4.1992 - 1 B 118/91 -, bei Kemper, NVwZ 1993, 752 zur entsprechenden Vorgängerregelung in § 8 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes - RuStAG - ). Ferner ist es zulässig, wenn der Beklagte auch aus Ermessensgründen eine Einbürgerung nach § 8 StAG ablehnt, auch wenn schon die Mindestvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Es ist geklärt, dass die Frage nach den Mindestvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG - noch weitergehend - dahingestellt bleiben kann, wenn die Behörde zutreffend der Ansicht ist, dass die Einbürgerung aus Ermessensgründen versagt werden kann (BVerwG, U.v. 27.9.1989, DVBl 1989, 252, 253; BVerwGE 67, 177, 179).

Nach dem Zweck des § 8 StAG, denjenigen in den deutschen Staatsverband aufzunehmen, an dessen Einbürgerung ein staatliches Interesse besteht, hat die Behörde bei der Ausübung des ihr grundsätzlich zustehenden weiten Ermessens darauf abzustellen, ob die Einbürgerung nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten erwünscht ist. Eine Abwägung mit den Interessen des Bewerbers findet nicht statt (BVerwG, U.v. 21.10.1986, InfAuslR 1987, 41 ff.; BVerwGE 67, 177, 179; zuletzt BVerwG, U.v. 27.5.2010, InfAuslR 2010, 387, 389 m. w. N.). Dieser zu § 8 RuStAG entwickelte Grundsatz ist auch bei § 8 StAG (sowohl in der jetzigen als auch in der Vorgängerfassung) anwendbar. Denn es sind keine Gesichtspunkte erkennbar (etwa aus der Entstehungsgeschichte oder dem Wortlaut der Vorschrift) aus denen sich ableiten ließe, dass der genannte Grundsatz, dass keine Abwägung mit den Interessen des Bewerbers stattfindet, in den Fassungen des § 8 StAG ab 1. Januar 2000 keine Gültigkeit mehr hätte.

Dass im vorliegenden Fall eine Ausnahme vom grundsätzlich sehr weiten Ermessensspielraum der Behörde durch eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben sein könnte, ist nicht ersichtlich.

Eine Ermessensreduzierung auf Null würde bei einemEinbürgerungsantragnach § 8 StAG, nämlichneben einem fortgeschrittenen Lebensalter des Einbürgerungsbewerbers, auch einen langen ununterbrochenen Aufenthalt im Inland und eine langjährige bestehende Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen voraussetzen (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.1988, InfAuslR 1989, 91im Falle eines 26jährigen Aufenthalts und einer 12 Jahre dauernden und fortbestehenden Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen und beruflicher Verwurzelung im Inland). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Der grundsätzlich sehr weite Ermessensbereich des Beklagten ist hier allerdings durch ein so genanntes, im öffentlichen Interesse gesetzlich geregeltes „Wohlwollensgebot“ (BVerwG, U.v. 27.9.1988 a. a. O.) eingeschränkt, nämlich eine Flüchtlingsanerkennung i. S.v. Art. 34 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Konvention). Damit ist zwar ein besonderes Interesse an der Einbürgerung präjudiziert. Gleichwohl können andere öffentliche Interessen einer Einbürgerung entgegenstehen. Dass bei Vorliegen eines Wohlwollensgebots eine Einbürgerung nur abgelehnt werden darf, wenn andere öffentliche Interessen überwiegen, gilt nur für den Fall, dass der Betroffene in die hiesigen Lebensverhältnisse eingegliedert ist, bzw. dies gewährleistet erscheint (vgl. zu allem BVerwGE 49, 44, 48). Dies ist aber beim Kläger, der keinerlei deutsche Sprachkenntnisse und keine nachgewiesenen hinreichenden Kenntnisse der hiesigen Lebensverhältnisse hat, worauf der Beklagte zutreffend im angegriffenen Bescheid hingewiesen hat, gerade nicht der Fall, so dass eine Ermessensentscheidung zu treffen war, bei dem es dem Beklagten offenstand, wegen entgegenstehender anderer öffentlicher Interessen eine Einbürgerung abzulehnen.

Die Ermessensentscheidung des Beklagten ist, soweit sie nach § 114 Satz 1 VwGO überprüft werden kann, nicht danach nicht zu beanstanden. Sie entspricht dem Zweck des § 8 StAG. Im öffentlichen Interesse liegt es nämlich nicht, denjenigen als neuen Staatsangehörigen aufzunehmen, der noch nicht hinreichend in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert ist.

Der Beklagte hat sein Ermessen unter Hinweis auf die Verwaltungsvorschriften zum Staatsangehörigkeitsrecht (vom 13.12.2000 GMBl 2001, 121 - VwV-StAR )ausgeübt. Solche Richtlinien steuern, wie oben ausgeführt, das Ermessen innerdienstlich und können im Verhältnis zum Einbürgerungsbewerber Wirkung nur deshalb entfalten, weil die Verwaltung zur Wahrung des Gleichheitssatzes verpflichtet ist und sich demgemäß durch pflichtgemäße Anwendung der Richtlinien selbst bindet (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 11.10.1985, InfAuslR 1986, 4). Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass der Beklagte hier sein Ermessen anders als sonst in einem von den VwV-StAR erfassten Fall ausgeübt haben könnte. Insoweit hat der Beklagte auf Nr. 8.1.2.1.1 VwV-StAR Bezug genommen, wonach es zur Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gehört, dass der Betroffene über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, was bei älteren Personen erfordere, dass sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben in deutsche Sprache sprachlich mündlich verständigen können (Nr. 8.1.3.7 VwV-StAR sowie Nr. 8.1.3.7 der nicht verbindlichen Anwendungshinweise). Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm das als Blinden und wegen seines Alters nicht möglich und zumutbar ist. Er hat dies aber nicht durch entsprechende ärztliche Atteste belegen können.

Der Beklagte hat daher zutreffend ausgeführt, dass sich bislang nichts dafür ergibt, dass der Kläger entsprechend Nr. 8.1.2.1.1 Satz 4 VwV-StAR, der inhaltlich § 10 Abs. 6 StAG umfasst, gerade wegen seines Gesundheitszustands oder wegen seines Alters die Voraussetzungen hinreichender Sprachkenntnisse nicht erfüllen kann.

Somit ist nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte ausreichende deutsche Sprachkenntnisse oder Gründe für einen möglichen Ausnahmefall nach § 10 Abs. 6 StAG nicht feststellen konnte und daher auch mangels hinreichender Integration in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland eine Einbürgerung abgelehnt hat.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Von einem Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit und den Vollstreckungsschutz hat das Gericht in Anbetracht der nur geringfügigen Kosten des Beklagten abgesehen.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 05. Juni 2014 - 4 K 13.01856

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
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eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.

2

Der 1977 in Bagdad geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger. Er reiste im Dezember 2000 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Das Bundesamt stellte auf diesen Antrag im Februar 2001 Abschiebungshindernisse fest. Der Kläger erhielt fortan Aufenthaltstitel, zuletzt im Dezember 2007 eine Niederlassungserlaubnis.

3

Das Amtsgericht verurteilte den Kläger Anfang 2004 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen.

4

Im Dezember 2007 beantragte der Kläger seine Einbürgerung. Auf dem Formblatt der Beklagten füllte er die Rubrik für Strafverurteilungen nicht aus, sondern kreuzte das Feld "keine Straftaten" an. Ferner gab er an, seit September 2006 als freier Journalist bei der D. tätig zu sein, wobei sein journalistischer Arbeitsbereich den Nahen Osten betreffe. Er habe eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland.

5

Mit Bescheid vom 16. Juni 2008 lehnte die Beklagte den Einbürgerungsantrag des Klägers ab, weil seine Strafverurteilung die Unbedenklichkeitsgrenze von 90 Tagessätzen mehr als geringfügig übersteige.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Einbürgerung mit Urteil vom 10. Februar 2010 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 14. März 2011 die Entscheidung der Vorinstanz geändert und die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides verpflichtet, den Einbürgerungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Der Kläger habe weder einen Einbürgerungsanspruch aus § 10 Abs. 1 StAG noch aus § 8 Abs. 1 StAG, weil er die Voraussetzung der Straffreiheit nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG nicht erfülle und die Bagatellgrenze des § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG (Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen) nicht einhalte. Er habe jedoch einen Anspruch auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags aus § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG, da die gegen ihn verhängte Geldstrafe von 120 Tagessätzen den Rahmen von 90 Tagessätzen nur geringfügig übersteige. Das Tatbestandsmerkmal "geringfügig" im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG sei so auszulegen, dass es bei einer Überschreitung der Bagatellgrenze um nicht mehr als 30 Tagessätze Geldstrafe oder einen Monat Freiheitsstrafe noch erfüllt sei. Andernfalls werde der Vorschrift kein ausreichendes praktisches Anwendungsspektrum insbesondere bei Freiheitsstrafen belassen. Denn eine oberhalb der Bagatellgrenze von drei Monaten liegende Verurteilung zu einer Einzelfreiheitsstrafe betrage in der Praxis fast immer mindestens vier Monate, weil die Strafgerichte nahezu ausschließlich nach Monaten bemessene Einzelstrafen verhängten. Wenn demnach eine Überschreitung um einen Monat Freiheitsstrafe geringfügig sei, müsse dies auch für eine Überschreitung um 30 Tagessätze gelten. Denn die Geringfügigkeitsgrenze müsse für Geld- und Freiheitsstrafen einheitlich festgelegt werden.

7

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG. Bereits der Wortsinn des Merkmals "geringfügig" schließe es aus, dieses im Fall des Überschreitens der Bagatellgrenze um ein Drittel - wie hier - als erfüllt anzusehen. Was unter dem unbestimmten Rechtsbegriff geringfügig zu verstehen sei, sei nach dem Willen des Gesetzgebers der Präzisierung in einer Verwaltungsvorschrift, nämlich den Vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern, zu entnehmen. Deshalb sei eine Überschreitung nur geringfügig, wenn die Strafe oder die Summe der Strafen die Bagatellgrenze um nicht mehr als 21 Tagessätze Geldstrafe bzw. drei Wochen Freiheitsstrafe übersteige.

8

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Rechtsansicht der Beklagten an.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) nicht in Einklang. Weil der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entscheiden kann, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

10

Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger kein Anspruch auf Einbürgerung aus § 10 Abs. 1 StAG zusteht, weil er die Einbürgerungsvoraussetzung der Straffreiheit nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG nicht erfüllt und seine Verurteilung zu 120 Tagessätzen Geldstrafe nicht nach § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG unbeachtlich ist. Es hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass der Kläger einen Anspruch auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG besitzt, weil die Überschreitung des Rahmens um 30 Tagessätze noch geringfügig im Sinne dieser Vorschrift sei (1.). Ob dem Kläger ein Anspruch auf eine Ermessensentscheidung der Beklagten nach § 8 Abs. 2 StAG zusteht, kann auf der Grundlage der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilt werden, so dass die Sache der Zurückverweisung bedarf (2.).

11

1. Die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung der Beklagten nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Verurteilung außer Betracht bleiben kann, wenn die Strafe oder die Summe der Strafen geringfügig den Rahmen nach den Sätzen 1 und 2 übersteigt. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts hier nicht erfüllt.

12

a) Bei dem Merkmal geringfügig handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Soweit sich die Verwaltungspraxis - auch der Beklagten - auf die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 5. Februar 2009 Stand: 17. April 2009 - VAH-StAG -) stützt, nach deren Ziffer 12a.1.3 eine geringfügige Überschreitung vorliegt, wenn die Strafe oder die Summe der Strafen die Bagatellgrenze um nicht mehr als 21 Tagessätze bzw. drei Wochen Freiheitsstrafe übersteigt, ist dies für die Gerichte nicht bindend. Daran vermag auch der Hinweis in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 23. April 2007 (BTDrucks 16/5065 S. 230) zur neu gefassten Regelung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG, dass der unbestimmte Rechtsbegriff geringfügig durch Verwaltungsvorschriften präzisiert werde, nichts zu ändern. Zwar ist damit nicht ausgeschlossen, dass die in Ziffer 12a.1.3 VAH-StAG genannte Zahl von 21 Tagessätzen (bzw. 3 Wochen Freiheitsstrafe) eine gesetzeskonforme Bestimmung dieses Rechtsbegriffs enthält. Ob dies zutrifft, bedarf jedoch keiner Entscheidung, weil jedenfalls die hier in Rede stehende Überschreitung des gesetzlichen Rahmens bei Geldstrafen um 30 Tagessätze nicht mehr geringfügig ist.

13

b) Eine Strafverurteilung, welche die gesetzliche Unbeachtlichkeitsgrenze von Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten (§ 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 StAG) um ein Drittel überschreitet, übersteigt diese nicht "geringfügig" im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG. Das ergibt sich aus einer Gesamtschau von Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck dieser Gesetzesbestimmung.

14

aa) Bereits der Wortlaut des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG weist deutlich in die Richtung, dass eine Verurteilung zu 120 Tagessätzen nicht vernachlässigt werden darf. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Wort geringfügig in seinem Bedeutungsgehalt mit den Worten unbedeutend, unwesentlich, nicht ins Gewicht fallend und belanglos umschrieben; dementsprechend wird das Substantiv Geringfügigkeit mit Unbedeutendheit, Belanglosigkeit, Kleinigkeit und unwesentliche Sache gleichgesetzt (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006, S. 676; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 9. Aufl. 2011, S. 603.). Daran gemessen spricht ganz Überwiegendes dagegen, dass die Überschreitung eines vorgegebenen Rahmens um ein Drittel noch als geringfügig angesehen werden kann. 30 Tagessätze Geldstrafe (mehr) erweisen sich im Verhältnis zu dem Bezugsrahmen von 90 Tagessätzen nicht als eine Kleinigkeit, als unbedeutend oder als unwesentlich.

15

Diese Bewertung entspricht der Bedeutung, die dem Begriff "geringfügig" in Vorschriften beigemessen wird, in denen das Wort - wie in § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG - auf eine quantitativ bestimmte oder bestimmbare Größe bezogen ist. So wird etwa für die Frage, ob eine Zuvielforderung kostenrechtlich noch verhältnismäßig "geringfügig" im Sinne von § 92 Abs. 2 ZPO ist, allgemein davon ausgegangen, dass die Grenze der Geringfügigkeit bei 10 % der Bezugsgröße verläuft (s. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl. 2011, § 92 Rn. 8; Schneider, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl. 2011, § 92 Rn. 8; vgl. auch Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 20. November 2000 - Vf. 14-VI-00 - juris Rn. 6, 14 m.w.N.; vgl. ferner die weiteren Nachweise und Beispiele im Urteil des erstinstanzlich entscheidenden VG Köln vom 10. Februar 2010 - 10 K 4788/08 - juris Rn. 32 f.).

16

Die klare Tendenz der Wortlautauslegung, dass eine Überschreitung um ein Drittel nicht mehr geringfügig ist, wird durch die Anwendung weiterer Auslegungskriterien bestätigt.

17

bb) Dies gilt zunächst für die Auslegung am Maßstab der Gesetzessystematik. § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG steht in einem engen Kontext mit § 12a Abs. 1 Satz 1 und 2 StAG sowie mit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG. Die zuletzt genannte Vorschrift statuiert den Grundsatz, dass Ausländer, die wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt worden sind, keinen Anspruch auf Einbürgerung haben. Eine Ausnahme macht das Gesetz in § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 StAG, indem es die sog. Bagatellgrenzen konkretisiert und anordnet, dass Verurteilungen von bis zu 90 Tagessätzen Geldstrafe oder 3 Monaten Freiheitsstrafe bei der Einbürgerung außer Acht bleiben. Werden diese Grenzen nicht eingehalten, so lässt § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG eine weitere Ausnahme zu, indem die Vorschrift noch eine Einzelfallprüfung ermöglicht; dies jedoch nur unter der einschränkenden Voraussetzung, dass die Überschreitung des Rahmens geringfügig ist. Diese systematische Stellung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG als (weitere) Ausnahme spricht dagegen, den Bedeutungsgehalt des Wortes geringfügig entgegen dem Befund der grammatikalischen Auslegung weit zu fassen.

18

Die Gesetzessystematik streitet ferner dagegen, das Merkmal der Geringfügigkeit einer auf den Einzelfall bezogenen wertenden Betrachtung zu unterziehen (vgl. aber Berlit, in: GK-StAR, Stand: November 2010, § 12a Rn. 42; Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 12a StAG Rn. 9). Zum einen liefe dies darauf hinaus, bereits bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Geringfügigkeit eine Interessenabwägung vorzunehmen, wie sie erst für die Ermessensentscheidung geboten ist. Hierdurch würde die oben beschriebene Normstruktur des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG durchbrochen. Zum anderen bezieht sich die Vorschrift mit ihrer Verweisung auf den Rahmen der Sätze 1 und 2 gerade auf die dort vorgegebenen Quantitäten (nämlich die in § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 StAG genannten 90 Tagessätze Geldstrafe bzw. 3 Monate Freiheitsstrafe). Diese Bezugnahme spricht dafür, auch den Begriff geringfügig in quantitativer Weise zu bestimmen. Der bei einer solchen Betrachtungsweise nahe liegende Schluss, dass jedenfalls eine Überschreitung der Bezugsgröße um ein Drittel nicht mehr geringfügig ist, trägt überdies auch dem im Staatsangehörigkeitsrecht bedeutsamen Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung (vgl. dazu Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 28.10 - DVBl 2012, 106 Rn. 20).

19

cc) Die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt diese Auslegung. § 12a StAG hat seine hier anwendbare und seit dem 28. August 2007 geltende Fassung durch das Änderungsgesetz vom 19. August 2007 erhalten (Art. 5 Nr. 10 des EU-Richtlinienumsetzungsgesetzes - BGBl I S. 1970). Mit diesem Gesetz ist die Regelung in dreifacher Hinsicht verschärft worden. Zunächst sind die Grenzwerte für Bagatellstraftaten in § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 StAG deutlich herabgesetzt worden. Nach der bis August 2007 geltenden Fassung des Gesetzes blieben noch Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen und zu Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten außer Betracht. Des Weiteren ist eine Verschärfung gegenüber der alten Rechtslage herbeigeführt worden, indem der Gesetzgeber im neu gefassten § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG die Zusammenrechnung von Bagatellstraftaten vorgesehen hat, und zwar auch dann, wenn das Strafgericht keine Gesamtstrafe gebildet hat. Eine dritte und hier ebenfalls bedeutsame Verschärfung ist im Hinblick auf das Nichtberücksichtigungsermessen bei Verurteilungen zu einer höheren als der in Bezug genommenen Strafe eingetreten. Während nach der früheren Regelung (§ 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F.) bei allen Überschreitungen eine Ermessensentscheidung zu treffen war, ob die Straftat im Einzelfall außer Betracht bleiben konnte, ordnet der Gesetzgeber nach dem nunmehr geltenden § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG nur noch dann eine Ermessensentscheidung über das Absehen von einer Verurteilung an, wenn die Strafe oder die Summe der Strafen den genannten Rahmen geringfügig überschreitet. Diese vom Gesetzgeber bewusst angestrebten Verschärfungen würden in ihrer Wirkung umso stärker relativiert werden, je weiter das Merkmal geringfügig ausgelegt wird. Deshalb gebietet es die in der Verschärfung zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Intention, die Anzahl der Fälle, in denen trotz Überschreitung der Unbeachtlichkeitsgrenze noch eine Ermessensentscheidung über die Nichtberücksichtigung der Verurteilung nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG zu treffen ist, auf ein solches Maß zu beschränken, wie es der Wortlaut nahe legt.

20

Der dahin gehende gesetzgeberische Wille kommt auch in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck. In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BTDrucks 16/5065 S. 229 f.) heißt es zur Änderung des Satzes 1 von § 12a Abs. 1 StAG, dass die bisherigen Grenzen für Bagatellstraftaten, die nicht einbürgerungshinderlich sind, als zu hoch angesehen werden und deshalb um die Hälfte gesenkt werden sollen. Dies entspreche auch einer Anregung der Innenministerkonferenz vom Mai 2006. Der damit in Bezug genommene Beschluss Nr. 7 der 180. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder stellte fest, dass die bisherigen Bagatellgrenzen, innerhalb derer Straftaten die Einbürgerung nicht hindern, unverhältnismäßig hoch seien. Um die Rechtstreue des Einbürgerungsbewerbers sicherzustellen, solle "in der Regel künftig bereits eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen die Einbürgerung ausschließen". Wenn sich der Gesetzgeber durch diese Bezugnahme die Forderung der Innenministerkonferenz zu eigen gemacht hat, dass "in der Regel" bereits eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen die Einbürgerung ausschließen soll, darf die im Gesetz vorgesehene Ausnahmeregelung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG (Einzelfallprüfung bei geringfügiger Überschreitung) nicht entgegen dem Ergebnis der Wortlautinterpretation weit verstanden werden.

21

dd) Auch der Sinn und Zweck der Regelung steht einem weiten Verständnis entgegen.

22

Mit dem grundsätzlichen Erfordernis der Straffreiheit in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG will der Gesetzgeber zum einen demjenigen Einbürgerungsbewerber keinen Anspruch auf Einbürgerung einräumen, der ein Rechtsgut verletzt hat, das die Bundesrepublik Deutschland als der Staat, in den er eingebürgert werden will, für so wesentlich hält, dass dessen Verletzung mit Strafe bewehrt ist. Zum anderen stellt der Gesetzgeber damit klar, dass es nicht Aufgabe der Einbürgerungsbehörde ist, selbst festzustellen, ob der Ausländer eine Straftat begangen hat. Erforderlich aber auch hinreichend ist, dass der Verstoß gegen ein Strafgesetz in einer strafgerichtlichen Entscheidung festgestellt worden ist (Urteil vom 29. März 2007 - BVerwG 5 C 33.05 - BVerwGE 128, 271 Rn. 18). Mit der Regelung in § 12a Abs. 1 Satz 1 StAG über die Unbeachtlichkeit sog. Bagatellstraftaten wird dabei im Interesse der Rechtssicherheit eine klare Grenze vorgegeben, welche Straftaten bei der Entscheidung über die Einbürgerung unbeachtlich sind und welche nicht. Dies erleichtert zugleich den Verwaltungsvollzug, zumal die Einbürgerungsbehörden und im Streitfall die Verwaltungsgerichte grundsätzlich von der Richtigkeit der (rechtskräftigen) Verurteilung und des Strafmaßes ausgehen dürfen (vgl. Beschluss vom 16. Juli 2010 - BVerwG 5 B 2.10 - juris Rn. 18).

23

Der Zweck des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG besteht vor diesem Hintergrund darin, in "Grenzfällen" eine (weitere) Ausnahme durch die Möglichkeit einer Einzelfallprüfung zuzulassen. Diese individuelle Prüfung soll aber - wie sich insbesondere aus der bewussten Verschärfung der Vorschrift durch die Einfügung des Merkmals der Geringfügigkeit ergibt - nur bei unbedeutenden bzw. marginalen Abweichungen von der Unbeachtlichkeitsgrenze stattfinden. Dieser Zwecksetzung entspricht das schon durch den allgemeinen Wortsinn nahe gelegte Auslegungsergebnis, dass eine Überschreitung der Bezugsgröße um 30 Tagessätze - also um ein Drittel - nicht mehr geringfügig ist.

24

c) Das im Wege der grammatikalischen, systematischen, genetischen und teleologischen Auslegung gewonnene Ergebnis wird durch die Begründung des Berufungsgerichts nicht in Frage gestellt. Seinem hiergegen vorgebrachten Argument, dass der Vorschrift wegen der Praxis der Strafgerichte, Einzelfreiheitsstrafen nahezu ausschließlich in monatlicher Stufung zu verhängen, kein genügendes praktisches Anwendungsspektrum belassen werde (UA S. 11), vermag der Senat nicht zu folgen.

25

Dabei geht der Senat für die revisionsgerichtliche Prüfung von der tatsächlichen Feststellung des Berufungsgerichts aus, dass die Strafgerichte in der Praxis "nahezu ausschließlich" nach Monaten bemessene (Einzel-)Freiheitsstrafen verhängen. Es bedarf insoweit keiner abschließenden Entscheidung, ob diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend ist, weil es sich um eine Tatsachenfeststellung im Sinne von § 137 Abs. 2 VwGO handelt, die von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden ist. Auch wenn es sich - wofür Überwiegendes spricht - bei den Erhebungen zur Strafzumessungspraxis der Strafgerichte um generelle, der allgemeinen Auslegung der materiellrechtlichen Rechtsnorm (hier des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG) dienende Tatsachen (sog. legal facts) handelt, die von § 137 Abs. 2 VwGO nicht erfasst werden und vom Revisionsgericht im Zweifel selbst aufgeklärt werden dürften (vgl. Urteil vom 6. November 2002 - BVerwG 6 C 8.02 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 89 S. 24 f.; Beschluss vom 2. Februar 2011 - BVerwG 6 B 37.10 - juris Rn. 11), kann sie der Senat hier zugrunde legen. Denn die Feststellung des Berufungsgerichts über die Strafzumessungspraxis der Strafgerichte bei Freiheitsstrafen steht weder zwischen den Beteiligten im Streit noch ergeben sich sonst aufklärungsbedürftige Zweifel an ihrem Wahrheitsgehalt.

26

aa) Im Hinblick auf die hier in Rede stehende Regelung über Geldstrafen liegt die Gefahr eines praktischen Leerlaufens des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG aber auch dann nicht vor, wenn eine Überschreitung um 30 Tagessätze nicht mehr als geringfügig angesehen wird. Das Berufungsgericht hat nämlich nicht festgestellt, dass die Strafgerichte Geldstrafen nur in Stufen von 30 Tagessätzen verhängen. Hierfür gibt es auch sonst keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr kann es - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert und zwischen den Beteiligten unstreitig - als offenkundig angesehen werden, dass in der Strafpraxis auch Abstufungen in geringeren Schritten (etwa von 10 Tagessätzen) häufig sind (vgl. VG Ansbach, Urteile vom 18. Mai 2011 - AN 15 K 10.01673 - juris Rn. 27 und vom 16. März 2011 - AN 15 K 10.02233 - juris Rn. 25). Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass die Geldstrafe mindestens 5 Tagessätze beträgt (§ 40 Abs. 1 Satz 2 StGB).

27

bb) Ebenso wenig besteht die Gefahr, dass bei Zugrundelegung der Auslegung des Senats die Regelung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG insgesamt leerläuft. Das Berufungsgericht hat nämlich auch nicht festgestellt, dass für das Merkmal der Geringfügigkeit im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG (insgesamt) kein praktischer Anwendungsbereich vorhanden sei. Neben den Anwendungsfällen im Hinblick auf Geldstrafen verbleibt ein solcher, wie auch das Berufungsgericht (UA S. 11) einräumt, sowohl im Hinblick auf die Bildung von Gesamtstrafen als auch auf diejenigen Fälle, in denen mehrere Geldstrafen oder Freiheitsstrafen und Geldstrafen gemäß § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG zusammenzurechnen sind.

28

cc) Dem Oberverwaltungsgericht ist auch nicht deshalb zu folgen, weil bei isolierter Betrachtung der Verurteilungen zu Freiheitsstrafe dem § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG insoweit nur dann ein ins Gewicht fallender praktischer Anwendungsbereich verbleibt, wenn die Geringfügigkeitsgrenze auf vier Monate festgesetzt wird. Zweifelhaft ist bereits, ob dem Hinweis auf die Strafzumessungspraxis der Strafgerichte bei Freiheitsstrafen überhaupt durchgreifende Bedeutung für die Auslegung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG zukommen kann. Es begegnet nicht unerheblichen Bedenken, die Bestimmung des Inhalts von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG maßgeblich an der Verfahrensweise der Strafgerichte auszurichten, die von Gesetzes wegen nicht gehalten sind, (kürzere) Freiheitsstrafen allein in Monatsschritten zu verhängen. § 39 StGB sieht nämlich eine Bemessung der Freiheitsstrafe unter einem Jahr nach vollen Wochen und Monaten vor, weshalb in der Rechtspraxis auch Stufungen in Wochen vorgekommen und für zulässig erachtet worden sind (vgl. BayObLG, Urteil vom 10. Juni 1976 - RReg 2 St 73/76 - NJW 1976, 1951 f.; KG Berlin, Beschluss vom 15. November 2005 - (3) 1 Ss 398/05 - juris Rn. 3).

29

Selbst wenn man unter Zurückstellung dieser Bedenken dem Ansatz des Berufungsgerichts folgt, greift seine Argumentation nicht durch. Aus seiner Feststellung zum praktischen Anwendungsbereich des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG im Hinblick auf (Einzel-)Freiheitsstrafen folgt nicht, dass etwa aus teleologischen Gründen eine Auslegung geboten ist, welche eine Überschreitung des Bezugsrahmens um ein Drittel (also um einen Monat Freiheitsstrafe) noch als geringfügig im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG ansieht. Soweit aus der genannten Feststellung zu schließen ist, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift bei (Einzel-)Freiheitsstrafen numerisch deutlich kleiner ist als bei Geldstrafen, steht dies mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerade in Einklang.

30

Denn die Freiheitsstrafe ist, auch wenn ihre Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, gegenüber der Geldstrafe kein geringeres Übel (BGH, Urteil vom 17. Januar 1989 - 1 StR 730/88 - JR 1989, 425 f.), sondern regelmäßig die schwerere Strafe (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 1997 - 2 StR 464/97 - wistra 1998, 58; Häger, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. 2007, Vor § 38 Rn. 39 m.w.N.). Sie darf gerade bei kurzen Freiheitsstrafen nur unter besonderen Voraussetzungen angeordnet werden. Diese Wertung kommt insbesondere in § 47 Abs. 1 StGB zum Ausdruck, wonach das Gericht eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten nur verhängen darf, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Der zurückhaltende Gebrauch von der Freiheitsstrafe, die grundsätzlich nur als ultima ratio verhängt werden soll, ergibt sich im Verhältnis zur Geldstrafe als Folge des Grundsatzes, das zugefügte Übel möglichst gering zu halten (Theune, in: Leipziger Kommentar zum StGB, § 47 Rn. 2). Wenn aber die Freiheitsstrafe im Verhältnis zur Geldstrafe regelmäßig die schwerere Strafe ist, darf sie wegen der oben erörterten Zwecksetzung des § 12a Abs. 1 StAG im Hinblick auf die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze nach Satz 3 nicht großzügiger behandelt werden als die Geldstrafe. Vielmehr ist die Ein-Drittel-Grenze für (Einzel-)Freiheitsstrafen - auch wenn es insoweit rechtstatsächlich nur wenige praktische Anwendungsfälle geben mag - erst recht anzuwenden.

31

Diesem Ergebnis lässt sich - anders als das Berufungsgericht meint - nicht entgegenhalten, dass im Falle der Zusammenrechnung von Straftaten nach der Umrechnungsvorschrift des § 12a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 StAG einem Tagessatz Geldstrafe ein Tag Freiheitsstrafe entspricht. Diese Regel findet ihre Vorbilder in den Umrechnungsregelungen des Strafgesetzbuchs (vgl. etwa § 54 Abs. 3, § 51 Abs. 4 Satz 1, § 47 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2, § 43 Satz 2 StGB). Dieser Umrechnungsfaktor liegt auch der Regelung des § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 StAG zugrunde, weil die Bagatellgrenzen für Freiheits- und Geldstrafen im Verhältnis zueinander dem Umrechnungsmaßstab entsprechen (90 Tagessätze = 3 Monate Freiheitsstrafe). Aus diesem systematischen Zusammenhang lässt sich zwar folgern, dass eine abstrakte Festlegung, wann eine Überschreitung bei Freiheitsstrafen einerseits und bei Geldstrafen andererseits noch geringfügig ist, der Umrechnungsregel entsprechen sollte. Dem wird jedoch gerade auch dadurch Rechnung getragen, dass eine Überschreitung des jeweiligen Rahmens um ein Drittel entsprechend dieser Regel sowohl für die Geldstrafe als auch für die Freiheitsstrafe als nicht mehr geringfügig anzusehen ist.

32

Diese Begrenzung führt schließlich auch nicht zu vom Gesetz nicht gewollten Härtefällen. In zeitlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass einem Einbürgerungsbewerber die im Bundeszentralregister erfassten Straftaten nur solange entgegengehalten werden dürfen, wie die Tilgungsfristen noch laufen und das Verwertungsverbot des § 51 BZRG nicht eingreift (vgl. Urteil vom 20. März 2012 - BVerwG 5 C 1.11 - UA S. 37 ff., zur Veröffentlichung vorgesehen). Überdies können im Rahmen einer Entscheidung über die Ermessenseinbürgerung (§ 8 Abs. 1 StAG) - auch wenn Verurteilungen vorliegen, die den Rahmen mehr als geringfügig übersteigen - etwaige Besonderheiten des Einzelfalles nach § 8 Abs. 2 StAG (im Falle eines "öffentlichen Interesses" an der Einbürgerung oder "zur Vermeidung einer besonderen Härte") berücksichtigt werden.

33

d) Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen hatte die Beklagte hier keine Ermessensentscheidung nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG zu treffen, weil die Tatbestandsvoraussetzung des geringfügigen Übersteigens im Fall des Klägers wegen seiner Verurteilung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen nicht erfüllt ist.

34

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist weiterhin die Prüfung der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG (a). Der Senat kann jedoch hierüber auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht selbst abschließend entscheiden (b).

35

a) Ein Einbürgerungsbegehren ist grundsätzlich hinsichtlich aller in Betracht kommender Einbürgerungsgrundlagen zu prüfen (Urteile vom 17. März 2004 - BVerwG 1 C 5.03 - NVwZ 2004, 997; vom 20. April 2004 - BVerwG 1 C 16.03 - BVerwGE 120, 305 <308> und vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 5 C 8.05 - BVerwGE 124, 268 <276>). Etwas anderes kann zwar ausnahmsweise gelten, wenn der Einbürgerungsbewerber seinen Antrag auf die Prüfung der Anspruchsnorm des § 10 StAG begrenzt. Für eine solche Begrenzung des Begehrens, die eine Prüfung der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG ausnimmt, bedürfte es jedoch eindeutiger Hinweise (vgl. Urteil vom 20. März 2012 - BVerwG 5 C 1.11 - UA S. 13 f., zur Veröffentlichung vorgesehen). Daran fehlt es hier. Der Kläger hat seinen Antrag, wovon - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren in dieser Weise beschränkt.

36

b) Ob eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht kommt, lässt sich mangels genügender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen.

37

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG insofern nicht vorliegen, als der Kläger die Einbürgerungsvoraussetzung der Straffreiheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG nicht erfüllt. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass - wie das Berufungsgericht (UA S. 7) ebenfalls zutreffend ausführt - die Regelung des § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG in ihrer seit August 2007 geltenden Fassung ausweislich ihres klaren Wortlauts nicht mehr nur bei der Anspruchseinbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG, sondern auch bei der Ermesseneinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG Anwendung findet (so zutreffend OVG Saarlouis, Beschluss vom 10. Juni 2010 - 1 A 88/10 - juris Rn. 6 ff.; Marx, in: GK-StAR, Stand: Oktober 2009, § 8 Rn. 93; Berlit, in: GK-StAR, Stand: November 2010, § 12a Rn. 13.3). Denn die Verurteilung des Klägers zu 120 Tagessätzen Geldstrafe ist - wie bereits dargelegt - nicht nach § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG unbeachtlich.

38

Das Berufungsgericht hat hingegen nicht geprüft, ob die Beklagte verpflichtet war, eine Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 2 StAG zu treffen. Nach dieser Vorschrift kann im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte von der Voraussetzung der Straffreiheit in § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG abgesehen werden. § 8 Abs. 2 StAG ist auch dann noch anwendbar, wenn - wie hier - die Grenze der Bagatellstraftaten mehr als geringfügig im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG überschritten worden ist (vgl. OVG Saarlouis, Beschluss vom 10. Juni 2010 a.a.O. Rn. 10 ff.; Berlit, InfAuslR 2007, 457 <465>).

39

Zwar lässt sich auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen eine "besondere Härte" im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG nicht annehmen. Denn eine solche Härte muss durch atypische Umstände des Einzelfalles bedingt sein und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können (so zutreffend etwa OVG Saarlouis, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 1 A 246/11 - juris Rn. 79; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Juni 2009 - 5 M 30.08 - juris Rn. 2 m.w.N.). Für solche Umstände, deren Vorbringen der Mitwirkungsobliegenheit des Einbürgerungsbewerbers unterfällt, gibt es nach den bisherigen Feststellungen keinen Anhalt.

40

Der Senat kann aber jedenfalls deshalb nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehlt, ob ein öffentliches Interesse im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG besteht. Das Berufungsgericht (UA S. 4) hat lediglich auf den Vortrag des Klägers im Verwaltungsverfahren Bezug genommen, dass sein journalistischer Arbeitsplatz bei der D. den Nahen Osten betreffe und er eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland erfülle. Es hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob und inwieweit dieser Vortrag zutrifft, und es hat nicht geprüft, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten sind. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

41

Sollte das Berufungsgericht im Anschluss an die nachzuholende Prüfung zu der Einschätzung gelangen, dass der Kläger die Tatbestandsvoraussetzung des § 8 Abs. 2 StAG erfüllt und dementsprechend eine Ermessensentscheidung nach dieser Vorschrift zu treffen war, wird es im Rahmen der Kontrolle dieser Entscheidung zum einen zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Stellung des Einbürgerungsantrags im Dezember 2007 wie auch ihrer Entscheidung hierüber (am 16. Juni 2008) für die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG noch nicht zuständig war (vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Zuständigkeit in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten vom 5. Oktober 2004 - GVBl I S. 612), sondern diese Zuständigkeit erst ab 1. Juli 2008 erlangt hat (vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Zuständigkeit in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten vom 3. Juni 2008 - GVBl NRW I S. 468). Insoweit weist der Senat darauf hin, dass es § 114 Satz 2 VwGO in Fällen, in denen es für die Prüfung der Rechtmäßigkeit auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt, nicht ausschließt, dass die Behörde eine Ermessensentscheidung erstmals im gerichtlichen Verfahren trifft und zur gerichtlichen Überprüfung stellt, wenn sich aufgrund neuer Umstände die Notwendigkeit einer Ermessensausübung erst nach Klageerhebung ergibt (Urteil vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 1 C 14.10 - juris Rn. 8). Zum anderen wird das Berufungsgericht - worauf es im Zusammenhang mit § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG bereits eingegangen ist (UA S. 15) - im Fall einer etwaigen Kontrolle der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 2 StAG zu berücksichtigen haben, dass die Behörde auch im Rahmen dieser Entscheidung als gewichtigen Gesichtspunkt zu Lasten des Klägers in Ansatz bringen darf, dass er die Strafverurteilung in seinem Einbürgerungsantrag verschwiegen hat.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der am … 1971 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo. Er kam Ende 1991 in das Bundesgebiet und stellte einen Asylantrag. Nachdem er am 01.09.1995 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet hatte, nahm er seinen Asylantrag zurück. In der Folgezeit erhielt er fortlaufend verlängerte Aufenthaltserlaubnisse, zuletzt bis 06.12.2002. Seit 21.05.2002 ist der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, jetzt Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt nach wie vor in ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen. Aus dieser Ehe sind mittlerweile zwei Kinder hervorgegangen, die ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit haben.
Nach einer aktuellen Auskunft aus dem Zentralregister vom 11.03.2009 wurde der Kläger bestraft durch
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1993 (2 C 222/93) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts S. vom 29.03.1994 (11 CS 156/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit einer wiederholten Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 29.09.1994 (2 DS 166/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen je 45,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 19.01.1995 (2 DS 316/94) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 20.07.1995 (2 DS 18/95) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 19.01.1995 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Monaten und zwei Wochen, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1996 (2 DS 61/96) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der Verurteilungen vom 19.01.1995 und 20.07.1995 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
10 
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 14.05.1998 (2 DS 23938/98 1248 VRS) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wobei eine Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt und schließlich mit Wirkung vom 03.11.2002 erlassen wurde;
11 
- Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 14.02.2008 (5 Cs 12 Js 9814/07) wegen Betrugs zu einer Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen je 30,- EUR.
12 
Am 07.02.2003 beantragte der Kläger beim Landratsamt Schwäbisch Hall, ihn in den deutschen Staatsverband einzubürgern, nachdem er einen ersten Einbürgerungsantrag im Jahre 2000 zurückgenommen hatte.
13 
Am 19.09.2003 erteilte der Beklagte dem Kläger eine bis 18.09.2005 gültige Einbürgerungszusicherung. Darin wird dem Kläger die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde.
14 
In der Folgezeit zog sich die Ausstellung serbisch-montenegrinischer Dokumente durch das Generalkonsulat vom Serbien-Montenegro hin.
15 
Im April 2005 verweigerte das Regierungspräsidium Stuttgart seine Zustimmung zur Einbürgerung. Da die letzte Verurteilung des Klägers im Jahre 1998 nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, sondern lediglich ein Strafrest nach Teilverbüßung dieser Haftstrafe, sei die Grundlage für eine Ermessensentscheidung schon nicht gegeben. Mit Erlass vom 19.05.2005 wies das Regierungspräsidium Stuttgart das Landratsamt auf eine seit dem 10.03.2005 geänderte Erlasslage für serbisch-montenegrinische Staatsangehörige hin, wonach erst dann eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erfolgen könne, wenn von Seiten der serbisch-montenegrinischen Behörden nicht innerhalb eines Zeitraumes von nunmehr zwei Jahren über einen entsprechenden Antrag des Einbürgerungsbewerbers auf Ausstellung eines Reisepasses, eines Staatsangehörigkeitsnachweises bzw. auf Nachregistrierung entschieden sei.
16 
Das Landratsamt hörte daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 07.07.2005 zu einer beabsichtigten Ablehnung seines Einbürgerungsantrages an. Zur Begründung wurde auf seine im Bundeszentralregister eingetragenen Vorstrafen verwiesen, die erst im Jahre 2013 Tilgungsreife erreichten.
17 
Daraufhin beantragte der Kläger beim Generalbundesanwalt die vorzeitige Tilgung sämtlicher Freiheitsstrafen, die über ihn im Bundeszentralregister geführt werden. Diesen Antrag lehnte der Generalbundesanwalt ab unter Hinweis darauf, damit würde im Fall des Klägers eine Voraussetzung für seine Einbürgerung erst geschaffen. Dies liefe aber im Ergebnis auf eine Entscheidung des Generalbundesanwalts anstelle der eigentlich zuständigen Behörde über den Einbürgerungsantrag des Klägers hinaus. Dies sei kein zweckentsprechender Gebrauch der Tilgungsmöglichkeit des § 49 Abs. 1 BZRG.
18 
Mit Verfügung vom 19.01.2006 lehnte das Landratsamt Schwäbisch Hall den Einbürgerungsantrag ab und führte zur Begründung aus: Der noch unter Geltung des § 85 AuslG gestellte Einbürgerungsantrag sei nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 01.01.2005 nach den Vorschriften des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu bescheiden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setze ein Einbürgerungsanspruch voraus, dass der Einbürgerungsbewerber nicht wegen einer Straftat verurteilt sei. Ausnahmen von dieser Regelung ergäben sich aus § 12 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StAG sowie in Einzelfällen aus Satz 2 dieser Vorschrift. Vorliegend ergebe sich, dass die nach der Auskunft aus dem Bundeszentralregister beim Kläger vorliegenden strafrechtlichen Verurteilungen Nr. 5 und 6 eine Ermessensentscheidung der Einbürgerungsbehörde über ihre Berücksichtigung erforderten. Diese führe im jetzigen Zeitpunkt unter Abwägung des Für und Wider dazu, dass diese nicht außer Betracht bleiben könnten. Hinsichtlich der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang im Jahre 1998 lägen noch nicht einmal die Voraussetzungen einer Einzelfallentscheidung vor. Die damalige Freiheitsstrafe von sechs Monaten sei nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden. Der Kläger könne auch nicht nach § 8 StAG eingebürgert werden. Voraussetzung hierfür sei, dass der Einbürgerungsbewerber keinen Ausweisungsgrund nach den §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfülle. Mit den abgeurteilten Straftaten lägen bei ihm aber Rechtsverstöße vor, die weder vereinzelt noch geringfügig gewesen seien. Wie lange ihm danach eine Straftat im Einbürgerungsverfahren auch nach § 8 StAG vorgeworfen werden könne, richte sich mangels eigener Regelungen nach den Eintragungen im Bundeszentralregister. Da die Tilgungsreife frühestens im Jahre 2013 eintreten könne, sei eine Einbürgerung auch nach § 8 StAG derzeit nicht möglich.
19 
Gegen diesen ihm am 23.01.2006 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 23.02.2006 Widerspruch ein.
20 
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2006 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde nach Bezugnahme auf den Bescheid des Landratsamts ergänzend ausgeführt: Zwar werde nicht verkannt, dass beim Kläger in letzter Zeit eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Er lebe seit einigen Jahren straffrei in Deutschland mit Frau und Kindern. Das öffentliche Interesse, die Einbürgerung bei fehlender strafrechtlicher Unbescholtenheit grundsätzlich zu versagen, überlagere jedoch seine Interessen. Vor Ablauf der Tilgungsfrist im Bundeszentralregister sei eine Einbürgerung daher nicht möglich. Auch die leichteren Reisemöglichkeiten mit einem deutschen Pass, die Schwierigkeiten bei der Erlangung eines serbisch-montenegrinischen Reisepasses für Kosovaren und schließlich eine dem Kläger in Aussicht gestellte Arbeitsstelle bei einer Schweizer Firma rechtfertigten keinen Ausnahmetatbestand.
21 
Der Kläger hat am 18. August 2006 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und ausgeführt: Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles müssten auch die gegen ihn am 20.07.1995 und am 09.05.1996 verhängten Freiheitsstrafen, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden seien, außer Betracht bleiben. Er lebe nunmehr seit acht Jahren straffrei in der Bundesrepublik Deutschland. Bei den abgeurteilten Straftaten habe es sich ausschließlich um Straßenverkehrsdelikte gehandelt. Er sei auf die Einbürgerung dringend angewiesen, um die ihm angebotene Arbeitsstelle in der Schweiz anzunehmen und dadurch für seine Familie den Unterhalt zu sichern. Sämtliche anderen Familienmitglieder, die Ehefrau und zwei Kinder, besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit.
22 
Der Kläger ist im laufenden Verfahren in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Waldshut verzogen. Mit Schreiben vom 28.08.2007 erteilte das Landratsamts Waldshut gemäß § 3 Abs. 3 LVwVfG seine Zustimmung zur Fortsetzung des Verfahrens durch das Landratsamt Schwäbisch Hall.
23 
Durch Urteil vom 26.11.2007 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, über den Einbürgerungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es den weitergehenden Verpflichtungsantrag abgewiesen.
24 
Zur Begründung hat es ausgeführt: Gemäß § 40c StAG in der seit 28.08.2007 geltenden Fassung seien auf Einbürgerungsanträge, die - wie hier - vor dem 30.03.2007 gestellt worden seien, die §§ 8 bis 14 StAG in ihrer vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese günstigere Bestimmungen enthielten. Da dies für die hier in Rede stehenden Rechtsfragen sämtlich der Fall sei, kämen für die begehrte Einbürgerung als Rechtsgrundlage daher die §§ 8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 zur Anwendung.
25 
Zutreffend gehe der Beklagte allerdings davon aus, dass dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. habe versagt werden dürfen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fehle es zumindest an der Voraussetzung nach Nr. 5 der Norm, da der Kläger bereits mehrfach wegen einer Straftat verurteilt worden sei. Für diesen Fall bestimme § 12 a StAG a.F., dass Strafen bis zu einer bestimmten Höhe außer Betracht zu bleiben hätten und darüber hinausgehend, dass die Einbürgerungsbehörde im Einzelfall nach Ermessen zu entscheiden habe, ob eine Straftat außer Betracht bleiben könne, wenn der Einbürgerungsbewerber zu einer höheren Strafe verurteilt worden sei. Das Gericht könne sich nicht der Rechtsansicht des Beklagten anschließen, die letzte gegen den Kläger ausgesprochene Verurteilung vom 14.05.1998 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung stelle eine Straftat dar, die in keinem Fall im Ermessenswege infolge einer Entscheidung der Einbürgerungsbehörde außer Betracht bleiben könne. Soweit sich der Beklagte auf den Standpunkt stelle, eine das „Nichtberücksichtigungsermessen“ gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffnende „höhere Strafe“ könne nur eine Strafe sein, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, gehe dies fehl. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Wortlaut nicht eindeutig. Das der Einbürgerungsbehörde eingeräumte Nichtberücksichtigungsermessen könne hinsichtlich jedweder Strafe ausgeübt werden, die, weil sie ein einzelnes Merkmal überschreite, nicht unter Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 der Vorschrift falle. Auch angesichts der Weite des nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eingeräumten Nichtberücksichtigungsermessens bestehe kein überzeugender Grund, die Strafaussetzung zur Bewährung bereits als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in Abs. 1 Satz 2 „hineinzuinterpretieren“, indem bei kurzzeitigen Freiheitsstrafen , die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden seien, eine Ermessensmöglichkeit schon von vorneherein verneint werde. Gleichwohl ergebe sich daraus nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung, dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG a.F. zu versagen. Denn zu Recht habe der Beklagte erkannt, schon wegen Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der beiden zur Bewährung ausgesetzten Verurteilungen nach Nr. 5 und Nr. 6 des Strafregisterauszuges treffen zu müssen. Diese Ermessensentscheidung sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. i.V.m. § 12 a Abs. 1 StAG a. F. sei bei der Prüfung, ob eine strafrechtliche Verurteilung den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers aus § 10 StAG a.F. hindere, eine jeweils einzelne Betrachtung geboten. Lägen (eine oder mehrere) strafrechtliche Verurteilungen vor, die nicht generell gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 StAG a. F. außer Betracht bleiben müssten, so erfolge nicht etwa eine generelle Ermessensprüfung, ob der Betreffende gleichwohl eingebürgert werden könne. Die Ermessensprüfung orientiere sich vielmehr an jeder einzelnen strafrechtlichen Verurteilung. Entscheide sich die Einbürgerungsbehörde in Ausübung des ihr so eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens, auch nur hinsichtlich einer einzigen insoweit zu prüfenden strafrechtlichen Verurteilung, diese nicht außer Betracht zu lassen und sei ihr jedenfalls insoweit kein Ermessensfehler anzulasten, scheide eine Einbürgerung in Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. aus. So liege es hier. Der Beklagte habe erkannt, dass die strafrechtlichen Verurteilungen nach Nr. 5 und nach Nr. 6 des Strafregisterauszuges des Klägers nicht generell nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. außer Betracht bleiben könnten, da der Strafausspruch jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Die Ermessensbetätigung der Behörden, diese beiden strafrechtlichen Verurteilungen einbürgerungsrechtlich nicht unberücksichtigt zu lassen, sei nicht zu beanstanden. Es komme hinsichtlich der zu prüfenden Ermessensbetätigung auf die letzte behördliche Entscheidung, also auf den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 an. Dessen Ausführungen berücksichtigten zutreffend alle mit den strafrechtlichen Verurteilungen in Zusammenhang stehenden Umstände und hätten diese in nicht zu beanstandender Weise abgewogen. Es sei nicht zu verkennen, dass - wie dort ausgeführt - eine Verurteilung zu einer, wenn auch zur Bewährung ausgesetzten, Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen bereits eine erhebliche Strafe darstelle. Ebenfalls habe vom Beklagten negativ berücksichtigt werden dürfen, dass der Kläger immer wieder wegen desselben Deliktes strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und daher eine gewisse Renitenz in der Missachtung der Rechtsordnung aufgewiesen habe. Soweit demgegenüber der angegriffene Ausgangsbescheid des Beklagten im Rahmen der Betätigung des Nichtberücksichtigungsermessens möglicherweise die persönlichen Interessen des Klägers zu wenig berücksichtigt habe, sei dieser Mangel jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 geheilt worden. Dort seien die in letzter Zeit offenbar eingetretene charakterliche Stabilisierung des Klägers, seine familiären Umstände, seine Arbeitsplatzsituation, die mit einem deutschen Pass verbundenen besseren Reisemöglichkeiten sowie allgemein die Passproblematik serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo berücksichtigt worden.
26 
Der Kläger erfülle aber die wesentlichen Voraussetzungen für einen Einbürgerungsanspruch nach den §§ 8 und 9 StAG a.F. Auch insoweit finde gemäß § 40 c StAG die bis zum 28.08.2007 geltende Fassung des § 9 StAG Anwendung, da diese für den Kläger günstiger sei. Die maßgeblichen Voraussetzungen für die Einbürgerung des Klägers lägen insoweit auch vor. Soweit § 9 StAG a.F. auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 StAG a. F. verweise, seien auch diese erfüllt. Für die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 StAG a. F. sei dies zwischen den Beteiligten unstrittig. Dies gelte aber auch für die Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F., da der Kläger, jedenfalls derzeit, keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes mehr erfülle. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. sei durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.06.1993 neu gefasst worden. Mit der Gesetzesänderung habe der Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels" durch wesentlich konkretere Kriterien ersetzt werden sollen, nämlich das Vorliegen bestimmter Ausweisungsgründe im Zeitpunkt der Entscheidung über das Einbürgerungsbegehren. Die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. enthalte ebenso wenig wie vergleichbare ausländerrechtliche Vorschriften (vgl. etwa §§ 5 Abs. 1 Nr. 2; 28 Abs. 2 AufenthG) eine zeitlich genau bestimmbare Grenze für die Erfüllung bzw. das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes. Allerdings ergebe sich bereits aus der Verwendung der jeweiligen Präsens-Form, dass es sich jedenfalls um eine aktuelle Betrachtungsweise und nicht um die Berücksichtigung historischer Vorgänge („...erfüllt hat.“ bzw. „... vorgelegen haben.“) handeln müsse. Wann ein Ausweisungsgrund nicht mehr aktuell vorliege und daher nicht mehr herangezogen werden dürfe, lasse sich nicht allgemein festlegen; hierzu komme es auf die Art und den Inhalt des jeweiligen Ausweisungsgrundes an.
27 
Nicht überzeugend sei die vom Beklagten vertretene Auffassung, die aus den Jahren 1993 bis 1998 herrührenden Ausweisungsgründe stünden einer Einbürgerung des Klägers bis zur Tilgung im Bundeszentralregister entgegen. Der Beklagte stelle damit auf das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG ab. Das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG markiere auch für Einbürgerungsverfahren grundsätzlich - von der vorliegend nicht einschlägigen Ausnahme des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG abgesehen - die äußerste zeitliche Grenze einer im Rechtsverkehr möglichen Verwertung. Aus dem Verwertungsverbot lasse sich jedoch nicht - aufgrund eines Umkehrschlusses - auf die rechtlich gebotene Verwertbarkeit der Eintragung vor Ablauf der Tilgungsfrist schließen. Denn es könne nicht übersehen werden, dass die Tilgungsfristen in § 46 Abs. 1 Nr. 1 - 4 BZRG - fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre, gegebenenfalls erhöht um die jeweils ausgesprochene Freiheitsstrafe - äußerst pauschal gehalten seien und mit ihren Fünf-Jahres-Sprüngen auch vergleichsweise wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Dies möge für ein Registergesetz im Sinne einer Verwaltungspraktikabilität hinnehmbar sein. Um den früher in § 8 Abs. 1 StAG verwendeten Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels“ durch wesentlich konkretere Kriterien zu ersetzen, was ausdrücklich Sinn der gesetzgeberischen Reform des Jahres 1993 gewesen sei, erscheine ein generelles Abstellen auf noch nicht getilgte Eintragungen im Bundeszentralregister zur Beantwortung der Frage, ob ein Einbürgerungsbewerber aktuell einen Ausweisungsgrund erfülle, daher eher ungeeignet. Insbesondere, wenn ein Einbürgerungsbewerber etwa die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) - c) BZRG nur geringfügig überschreite, sei es kaum zu rechtfertigen, ihm deshalb die Möglichkeit einer Einbürgerung statt für zehn Jahre sogleich für fünfzehn Jahre zu versagen. Bei der Frage, wie lange eine Straftat nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. als Ausweisungsgrund einem Einbürgerungsbewerber entgegengehalten werden dürfe, seien vielmehr Sinn und Zweck des jeweiligen Ausweisungsgrundes von maßgeblicher Bedeutung. Liege dem Ausweisungsgrund eine Straftat zugrunde, so seien das der Verurteilung zugrunde liegende Verhalten zu berücksichtigen, die Schwere und Eigenart des Delikts sowie die ausgesprochene Strafhöhe. Lägen die vorwerfbaren Taten mehrere Jahre zurück, so sei von Bedeutung, wie sich der Ausländer in der Folgezeit verhalten habe und auch, welche künftige Rückfallprognose dem Einbürgerungsbewerber noch ausgestellt werden müsse. Danach könne heute nicht mehr davon ausgegangen werden, der Kläger erfülle noch einen Ausweisungsgrund. Bei den vom Kläger in den Jahren 1993 bis 1998 begangenen Straftaten handele es sich jeweils um Straßenverkehrsdelikte, nahezu ausschließlich um Fahren ohne Fahrerlaubnis. Eigentums- oder gar Gewaltkriminalität sei dem Kläger nicht vorzuwerfen. Innerhalb der Biografie des Klägers nähmen sich diese Straftaten „episodenhaft“ aus. Seit 1998 sei der Kläger nicht mehr auffällig geworden. Nachdem er zwischenzeitlich im Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis sei, könne nahezu ausgeschlossen werden, dass sich bei ihm Vergleichbares wiederhole. Zwar habe der Kläger in dem genannten Zeitraum eine auffällige Renitenz zur Missachtung der Rechtsordnung an den Tag gelegt, in dem er sich zahlreichen jeweils vorangegangenen Urteilen wegen einer Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht gebeugt, sondern sein Verhalten zunächst fortgesetzt habe. Allerdings habe der Kläger offenkundig dieses Verhalten lediglich auf diesem einen Rechtsgebiet gezeigt. Eine anderweitige Neigung zur Missachtung der Rechtsordnung sei beim Kläger weder in dem genannten Zeitraum zu Tage getreten, noch habe sich solches in den vergangenen beinahe 10 Jahren anderweitig gezeigt. Nachdem der Kläger zwischenzeitlich mit einer deutschen Staatsangehörigen eine Familie gegründet habe, sei ersichtlich, dass bei ihm eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Die vor beinahe 10 Jahren teilweise und kurzzeitig verbüßte Haftstrafe habe offenkundig beim Kläger in seinem Verhalten eine Zäsur bewirkt. Es könne daher heute nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger aktuell noch einen Ausweisungsgrund erfülle. Unabhängig von Vorstehendem lägen beim Kläger die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StAG a. F. aber auch noch aus einem weiteren Grund vor. Der Kläger erfülle schon deshalb keinen Ausweisungsgrund nach §§ 54 Nr. 1, 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG mehr, weil diese ursprünglich gegebenen Ausweisungsgründe zwischenzeitlich staatsangehörigkeitsrechtlich „verbraucht“ seien. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass ein Ausweisungsgrund in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegengehalten werden dürfe, als er noch „aktuell" und nicht „verbraucht“ sei bzw. die zuständige Behörde auf seine Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent "verzichtet" habe. Ein solcher Verbrauch der beim Kläger ursprünglich vorliegenden Ausweisungsgründe sei im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier durch die dem Kläger am 19.09.2003 erteilte Einbürgerungszusicherung eingetreten. Nachdem der Beklagte nach Erkennen seines Fehlers insoweit die vorangegangene Einbürgerungszusicherung auch nicht etwa zurückgenommen habe, liege zum jetzigen Zeitpunkt ein Ausweisungsgrund, der dem Kläger gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a. F. entgegengehalten werden könnte, nicht mehr vor. Der Kläger habe somit einen Anspruch darauf, dass der Beklagte sein Einbürgerungsbegehren nach §§ 8, 9 StAG a. F. neu bescheide.
28 
Das Urteil wurde dem Beklagten am 20.03.2008 zugestellt. Auf den von ihm am 15.04.2008 gestellten und am 15.05.2008 begründeten Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 25.08.2008 die Berufung zugelassen.
29 
Am 23.09.2008 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung wie folgt begründet:
30 
Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht § 8 StAG in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung angewandt. Der nach § 40c StAG anzustellende Günstigkeitsvergleich, der für jede Einbürgerungsvoraussetzung anzustellen sei, führe zu den Ergebnis, dass die neue Fassung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG die günstigere Bestimmung sei. Denn während es nach der alten Fassung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf das bloße Vorliegen von bestimmten Ausweisungsgründen angekommen sei und daher auch strafrechtlich unerhebliches Verhalten der Einbürgerung habe entgegen stehen können, seien jetzt nur noch Verurteilungen wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe oder die Anordnung einer Maßregel relevant, soweit die in § 12a Abs. 1 Nr. 1 StAG genannten Bagatellgrenzen überschritten würden. Derartige Verurteilungen, welche die Grenze des § 12a Abs. 1 StAG überstiegen, seien auch unter den Begriff der vereinzelten und geringfügigen Rechtsversstöße nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG zu rechnen und stellten daher regelmäßig einen Ausweisungsgrund dar, machten jedoch nur eine Teilmenge aller denkbaren Ausweisungsgründe aus, weshalb die neue Fassung günstiger sei. Bei Anwendung des neuen Rechts stünden die vom Kläger begangenen Straftaten, die nicht getilgt seien, einer Einbürgerung entgegen und seien auch im Rahmen des durch § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffneten Ermessens zu Recht unberücksichtigt geblieben und auch nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG n.F. nicht zu berücksichtigen. Die Taten könnten auch ausnahmslos berücksichtigt werden, da gem. § 46 Abs. 1 Nr. 2 BZRG Tilgungsreife erst im Jahre 2013 eintreten werde.
31 
Die Entscheidung sei allerdings auch dann unrichtig, wenn man § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG in der alten Fassung anwende. Denn der Kläger erfülle einen Ausweisungsgrund, der nicht verbraucht sei. Für die Frage, ob ein Ausweisungsgrund vorliege, komme es allein darauf an, ob dieser erfüllt sei, nicht jedoch darauf, ob tatsächlich eine Ausweisung erfolgen könne. Im vorliegenden Fall sei der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG einschlägig, weil der Kläger insgesamt wegen desselben Vergehens zu erheblichen Freiheitsstrafen verurteilt worden sei. Beim Kläger habe ein unbelehrbares Verhalten vorgelegen. Die Verstöße seien weder vereinzelt noch geringfügig gewesen. Die Vorwerfbarkeit sei auch nicht nachträglich entfallen. In Ermangelung einschlägiger Regelungen in den §§ 8 und 9 StAG könne hinsichtlich der Verwertbarkeit strafrechtlicher Verurteilungen auf die Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes zurückgegriffen werden. Der Ausweisungsgrund wäre daher nur dann unbeachtlich, wenn die zugrunde liegenden Straftaten getilgt wären, was jedoch nicht der Fall sei. Entgegen der früheren Rechtslage, nach der auf einen „unbescholtenen Lebenswandel“ abgestellt worden sei, sei nunmehr auch aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit keine umfassende Abwägungsentscheidung mehr zu treffen, sofern festgestellt worden sei, dass der Verstoß weder vereinzelt noch geringfügig gewesen sei. Im Übrigen könne der Sichtweise des Verwaltungsgerichts auch aus systematischen Erwägungen nicht gefolgt werden. Denn in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung sei eine Abwägungsentscheidung bei Straftaten auf den Fall des § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG beschränkt gewesen. Wäre bei § 8 Abs. 1 Nr. 1 StAG auch eine solche Abwägungsentscheidung gewollt gewesen, so hätte es nahe gelegen, in § 8 Abs. 2 nicht nur die Möglichkeit eines Dispenses von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 vorzusehen, sondern dort auch auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 Bezug zu nehmen. Erst die neue Fassung des § 8 Abs. 2 habe eine Erweiterung um den Fall des Abs. 1 Nr. 2 vorgenommen. Wäre die Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtig, so hätte es dieser Anpassung nicht bedurft.
32 
Die vom Kläger begangenen Straftaten seien auch nicht durch die Einbürgerungszusicherung verbraucht. Mit der Einbürgerungszusicherung nach § 38 LVwVfG werde dem Einbürgerungsbewerber die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass er den Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit nachweise. Mit Ablauf der Frist von zwei Jahren habe deren Wirkung geendet, eine Verlängerung sei nicht erfolgt. Hätte die Einbürgerungszusicherung die ihr vom Verwaltungsgericht beigemessene Wirkung, so nähme sie im Hinblick auf sämtliche Einzelfragen der Einbürgerung mit Ausnahme der Hinnahme der Mehrstaatigkeit die endgültige Entscheidung über den Einbürgerungsantrag verbindlich vorweg und wäre ein vorgezogener Ausschnitt aus der umfassenderen Einbürgerung und als solcher eine Art feststellender Verwaltungsakt. Ihre Wirkungen glichen denjenigen des Vorbescheids im Baurecht. Dies entspreche jedoch nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die Einbürgerungszusicherung nehme nicht einen Abschnitt des später erlassenen Verwaltungsakts vorweg, sondern sage lediglich dessen Erlass zu. Dies habe zur Folge, dass die Zusicherung mit Ablauf der Frist ihre Wirkungen verliere. Zwar könne es ausnahmsweise Fälle geben, in denen die Behörde nach Treu und Glauben sich nicht auf einen Fristablauf berufen könne, wenn der Einbürgerungsbewerber die einzige Bedingung erfüllt habe, sich die Behörde jedoch gleichwohl geweigert habe, die Einbürgerung vorzunehmen und deshalb die Frist abgelaufen sei. So lägen die Dinge hier jedoch nicht. Ein schutzwürdiges Vertrauen und Interesse des Klägers bestehe daher nicht.
33 
Der Beklagte beantragt,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
35 
Der Kläger beantragt,
36 
die Berufung zurückzuweisen.
37 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt noch aus: Der vom Beklagten befürwortete Rückgriff auf die Regelungen des Bundeszentralregistergesetz finde im Gesetz keine Stütze und sei nicht sachgerecht. Das Verwaltungsgericht führe richtigerweise aus, dass die Tilgungsfristen wegen der großen Zeitsprünge wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Es müsse berücksichtigt werden, dass er die Taten nicht mehr begehen könne, weil er seit 2002 einen Führerschein besitze. Er lebe seit 10 Jahren völlig straffrei. Seine aktuelle Arbeitslosigkeit stehe der Einbürgerung nicht entgegen. Er habe Leistungen der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung erworben, die mindestens 12 Monate bezahlt würden. Durch eine zusätzliche Tätigkeit bei Mc Donalds werde er rund 200,00 EUR hinzuverdienen. Er habe auch seit Januar eine Stelle in der Schweiz erhalten. Er sei Grenzgänger, was aber auf Dauer nur möglich sei, wenn er deutscher Staatsangehöriger sei. Ansonsten könne er nur mit einem Visum zwischen den Ländern verkehren. Ohne die deutsche Staatsangehörigkeit werde er die Stelle wieder verlieren. Er habe sich im Übrigen bei verschiedenen Zeitarbeitsfirmen beworben.
38 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf deren Schriftsätze verwiesen.
39 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Schwäbisch Hall, die Widerspruchakten des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Strafakten des Amtsgerichts Backnang und Waldshut-Tiengen und die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Gründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 530/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist irakischer Staatsangehöriger. Er lebt seit dem Jahre 2000 in der Bundesrepublik Deutschland. Am 17.4.2003 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige. Die am 23.1.2004 geborene Tochter besitzt ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit.

Der Kläger ist wegen Urkundenfälschung, Verletzung der Buchführungspflicht und mehrfachen Betrugs vorbestraft (vgl. im Einzelnen die Auflistung auf S. 3/4 des erstinstanzlichen Urteils). Zuletzt verurteilte ihn das Amtsgericht Nürnberg am 13.9.2007 wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungsfrist endet am 12.9.2010.

Den am 10.1.2008 gestellten Einbürgerungsantrag des Klägers wies der Beklagte durch Bescheid vom 12.5.2009 mit Blick auf dessen Vorstrafen zurück. Die anschließende Klage hat das Verwaltungsgericht durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9.2.2010 ergangenes Urteil abgewiesen. Dagegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Berufungszulassungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die in der Antragsbegründung vom 16.4.2010 angeführten Gründe, die allein der Senat zu prüfen hat (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO), geben keine Veranlassung, die Berufung gegen das Urteil vom 9.2.2010 zuzulassen. Insbesondere ergeben sich daraus im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat, ohne dass eine Frage von besonderer rechtlicher und/oder tatsächlicher Schwierigkeit oder von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten wäre (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 VwGO).

a) Ein Anspruch des Klägers auf Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG scheitert an seinen Vorstrafen. Das ist in dem angegriffenen Urteil - ausgehend von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG - unter ausführlicher Würdigung sowohl der Unbeachtlichkeitsschwelle des § 12 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 StAG als auch der Nichtberücksichtigungsregelung des § 12 a Abs. 1 Satz 3 StAG dargelegt. Nach der „Umrechnungsformel“ des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG ergeben die weiterhin berücksichtigungsfähigen Vorstrafen des Klägers eine Freiheitsstrafe von insgesamt 16 Monaten. Dass damit die bei drei Monaten liegende „Bagatellgrenze“ des § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG mehr als nur „geringfügig“ überschritten ist, liegt auf der Hand. Ergänzende Ausführungen sind nicht veranlasst.

b) Eine Kann-Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG scheitert - auch bei der nach Auffassung des Senats

ebenso Marx in StAR - Gemeinschaftskommentar - Stand: April 2010 -, § 8 Rdnrn. 93 und 95/96, und Nr. 8.1.1.2 Abs. 2 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern - VAH - vom 17.4.2009, abgedruckt in StAR - Gemeinschaftskommentar, VII-3; a.A. Berlit, Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht durch das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz, InfAuslR 2007, 457 (465),

schon vom Wortlaut der Bestimmung her („bei der Einbürgerung“) gebotenen unmittelbaren Anwendung des § 12 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 StAG - ebenfalls an den Vorstrafen des Klägers (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG).

Allerdings eröffnet § 8 Abs. 2 StAG die Möglichkeit („kann“), im Einzelfall von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG „aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abzusehen“. Darauf, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein solcher Härtefall vorliegt, zielt ersichtlich die Begründung des Berufungszulassungsantrags des Klägers. Dem kann indes nicht gefolgt werden.

Zustimmung verdient allerdings die Auffassung, dass § 8 Abs. 2 StAG auch nach der gebotenen unmittelbaren Anwendung des § 12 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 StAG „einen Restbestand an Flexibilität in Bezug auf das Unbescholtenheitserfordernis gewährt“

so die Formulierung bei Berlit, a.a.O., S. 465, linke Spalte unten,

das allerdings durch das Merkmal der Vermeidung einer besonderen Härte „tatbestandlich gebunden“ ist

so Berlit, a.a.O., rechte Spalte oben.

Dieses Tatbestandsmerkmal ist, wie der Kontext, in dem es steht, und die gesetzgeberische Entscheidung, die § 12 a Abs. 1 Sätze 1 bis 3 StAG enthält, belegen, eng auszulegen. Deshalb fällt an dieser Stelle - erneut - das beträchtliche Maß ins Gewicht, in dem die Vorstrafen des Klägers die „Bagatellgrenze“ des § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG überschreiten. Hinzu kommt, dass die aus der letzten Vorstrafe resultierende Bewährungszeit noch nicht abgelaufen ist (vgl. § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG). Ob dies allein bereits ausreicht, eine Anwendung des § 8 Abs. 2 StAG auszuschließen

so die Verwaltungspraxis; kritisch dazu Marx, a.a.O., § 8 Rdnr. 104,

liegt zwar nahe, lässt der Senat aber ebenso wie das Verwaltungsgericht letztlich offen. Den Ausschlag gibt jedenfalls, dass die in § 8 Abs. 2 StAG geforderte „besondere Härte“ durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und zudem gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss, also - mit anderen Worten - durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert würde

so die einschlägige Rechtsprechung, u.a. HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820/08.Z -, juris Rdnr. 5; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 9.10.2009 - 13 S 1609/09 -, juris Rdnr. 45, und OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.6.2009 - 5 M 30.08 -, juris Rdnr. 2.

Daran fehlt es hier selbst unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers. Ganz in den Vordergrund stellt dieser in seinem Schriftsatz vom 16.4.2010, seine im Irak lebenden Eltern und Verwandten akzeptierten seine europäische Ehefrau nicht und bedrohten deshalb sowohl sein Leben als auch das seiner Ehefrau und seiner Tochter, wobei in diesem Zusammenhang auch der christliche Glaube seiner Ehefrau eine Rolle spiele. Was an dieser Problematik eine Einbürgerung des Klägers ändern würde, erschließt sich dem Senat nicht und wird vom Kläger auch nicht aufgezeigt. Dessen weiter ins Feld geführten, ebenfalls nicht näher konkretisierten Schwierigkeiten bei der Ausübung seines selbständigen Gewerbes dürften ihre Ursache zumindest ganz überwiegend in seinen zahlreichen gewerbebezogenen Vorstrafen, weniger dagegen in seiner Staatsangehörigkeit haben. Was das dann noch angesprochene Misstrauen beziehungsweise Vorurteil gegen ihn wegen von Irakern ausgehenden Terrorgefahren anlangt, dürfte Anknüpfungspunkt hierfür eher ein möglicherweise fremdländisches Aussehen als seine sich nicht ohne Weiteres erschließende Staatsangehörigkeit sein. Vor allem aber trifft das Argument des Verwaltungsgerichts zu, dass die angeführten Umstände eine Vielzahl anderer Einbürgerungsbewerber in gleicher Weise treffen und deshalb ungeeignet sind, gerade den Fall des Klägers zu einem besonderen Härtefall zu machen, in dem trotz der Zahl und des Gewichtes seiner Vorstrafen durch Einbürgerung Abhilfe zu schaffen wäre.

c) Aus der Sonderregelung des § 9 StAG über die Einbürgerung von mit Deutschen verheirateten Ausländern kann der Kläger ebenfalls nichts zu seinen Gunsten herleiten. Diese Bestimmung verstärkt lediglich für den darin genannten Personenkreis den Kann-Anspruch des § 8 Abs. 1 StAG zu einem Soll-Anspruch, setzt dabei aber voraus, dass die Voraussetzungen des § 8 StAG erfüllt sind. Gerade daran fehlt es indes fallbezogen.

d) Schließlich ist es nicht Aufgabe des Senats, im vorliegenden Zusammenhang den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem der Kläger frühestens eingebürgert werden kann. Vielmehr genügt an dieser Stelle die Feststellung, dass sich jedenfalls derzeit eine Einbürgerung verbietet.

Nach allem ist der Zulassungsantrag zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung rechtfertigt sich aus den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 3 GKG in Verbindung mit der Empfehlung Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.