Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 13. Sept. 2016 - 3 K 7695/15

ECLI:ECLI:DE:VGD:2016:0913.3K7695.15.00
bei uns veröffentlicht am13.09.2016

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der  außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.


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Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 13. Sept. 2016 - 3 K 7695/15

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 13. Sept. 2016 - 3 K 7695/15

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 13. Sept. 2016 - 3 K 7695/15 zitiert 24 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 73 Anhörungsverfahren


(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundst

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen: 1. Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach a) dem Gesetz

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 2 Rechtsbehelfe von Vereinigungen


(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,2. Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,3. Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,4. kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie5.

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 41 Vorschriftzeichen


(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen. (2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeich

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 3 Anerkennung von Vereinigungen


(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung 1. nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorüber

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 47 Luftreinhaltepläne, Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen, Landesverordnungen


(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maß

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 39 Verkehrszeichen


(1) Angesichts der allen Verkehrsteilnehmern obliegenden Verpflichtung, die allgemeinen und besonderen Verhaltensvorschriften dieser Verordnung eigenverantwortlich zu beachten, werden örtliche Anordnungen durch Verkehrszeichen nur dort getroffen, wo

Personenbeförderungsgesetz - PBefG | § 39 Beförderungsentgelte und -bedingungen


(1) Beförderungsentgelte und deren Änderung bedürfen der Zustimmung der Genehmigungsbehörde. Mit der Zustimmung sind die Beförderungsentgelte allgemein verbindlich. Soweit die Beförderungsentgelte Gegenstand eines öffentlichen Dienstleistungsauftrage

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 48a Rechtsverordnungen über Emissionswerte und Immissionswerte


(1) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Festsetzung von Immissions- und

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 40 Verkehrsbeschränkungen


(1) Die zuständige Straßenverkehrsbehörde beschränkt oder verbietet den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absat

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 45 Verbesserung der Luftqualität


(1) Die zuständigen Behörden ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um die Einhaltung der durch eine Rechtsverordnung nach § 48a festgelegten Immissionswerte sicherzustellen. Hierzu gehören insbesondere Pläne nach § 47. (2) Die Maßnahmen nach Ab

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 13. Sept. 2016 - 3 K 7695/15 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 13. Sept. 2016 - 3 K 7695/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 21. Juni 2016 - M 1 K 15.5714

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Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 05. Nov. 2014 - 9 K 1280/13

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Tenor Die Beklagte wird verurteilt, den derzeit in seiner Fassung der 1. Fortschreibung vom 28. Dezember 2012 gültigen Luftreinhalteplan für die Freie und Hansestadt Hamburg so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstm

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 22. Okt. 2014 - 1 K 154/12

bei uns veröffentlicht am 22.10.2014

Tenor Der Beklagte wird verurteilt, den für Reutlingen geltenden Teilplan des Luftreinhalteplans für den Regierungsbezirk Tübingen so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gem
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2017 - 22 C 16.1427

bei uns veröffentlicht am 27.02.2017

Tenor I. Das Verfahren wird hinsichtlich der Beschwerde des Klägers eingestellt. II. Auf die Beschwerde des Beklagten hin erhält die Nummer I des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juni 2016 folgende

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 15. Nov. 2018 - 8 K 5254/15

bei uns veröffentlicht am 15.11.2018

Tenor Der Beklagte wird verurteilt, den für das Stadtgebiet der Beigeladenen geltenden Luftreinhalteplan – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten – bis zum 1. April 2019 so zu

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 15. Nov. 2018 - 8 K 5068/15

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Tenor Der Beklagte wird verurteilt, den für das Stadtgebiet der Beigeladenen geltenden Luftreinhalteplan – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten – bis zum 1. April 2019 so zu

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 26. Juli 2017 - 13 K 5412/15

bei uns veröffentlicht am 26.07.2017

Tenor Der Beklagte wird verurteilt, den am 01.01.2006 in Kraft getretenen und derzeit in seiner Fassung der 1. und 2. Fortschreibung vom Februar 2010 bzw. Oktober 2014 geltenden Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart des Luftreinhalteplans für den Regi

Referenzen

(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung

1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert,
2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen,
4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und
5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen; dabei sind insbesondere anzugeben, ob die Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, sowie der räumliche Bereich, auf den sich die Anerkennung bezieht. Die Anerkennung kann, auch nachträglich, mit der Auflage verbunden werden, dass Satzungsänderungen mitzuteilen sind. Sie ist von der zuständigen Behörde im Internet zu veröffentlichen.

(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.

(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Die zuständigen Behörden ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um die Einhaltung der durch eine Rechtsverordnung nach § 48a festgelegten Immissionswerte sicherzustellen. Hierzu gehören insbesondere Pläne nach § 47.

(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1

a)
müssen einem integrierten Ansatz zum Schutz von Luft, Wasser und Boden Rechnung tragen;
b)
dürfen nicht gegen die Vorschriften zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz verstoßen;
c)
dürfen keine erheblichen Beeinträchtigungen der Umwelt in anderen Mitgliedstaaten verursachen.

(1) Beförderungsentgelte und deren Änderung bedürfen der Zustimmung der Genehmigungsbehörde. Mit der Zustimmung sind die Beförderungsentgelte allgemein verbindlich. Soweit die Beförderungsentgelte Gegenstand eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages sind, hat die zuständige Behörde der Genehmigungsbehörde dies anzuzeigen; in diesem Fall gilt die Zustimmung als erteilt.

(2) Die Genehmigungsbehörde hat die Beförderungsentgelte insbesondere daraufhin zu prüfen, ob sie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmers, einer ausreichenden Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und der notwendigen technischen Entwicklung angemessen sind. Die Zustimmung zu einer Änderung der Beförderungsentgelte wird in der Regel nicht erteilt, wenn diese einer verbindlichen Zusicherung nach § 12 Absatz 1a widerspricht.

(3) Die nach Absatz 1 festgestellten Beförderungsentgelte dürfen nicht über- oder unterschritten werden; sie sind gleichmäßig anzuwenden. Ermäßigungen, die nicht unter gleichen Bedingungen jedermann zugute kommen, sind verboten und nichtig.

(4) Die Zustimmung zu den Beförderungsentgelten kann von der Genehmigungsbehörde nach Anhörung des Unternehmers widerrufen werden, wenn die für die Bildung der Beförderungsentgelte maßgebenden Umstände sich wesentlich geändert haben; in diesem Falle kann die Genehmigungsbehörde nach Anhörung des Unternehmers die Beförderungsentgelte anderweitig festsetzen.

(5) Eine Erhöhung der Beförderungsentgelte tritt frühestens am siebenten Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.

(6) Die Beförderungsbedingungen sind vor ihrer Einführung der Genehmigungsbehörde zur Zustimmung vorzulegen, soweit sie von den Allgemeinen Beförderungsbedingungen (§ 57 Abs. 1 Nr. 5) für das Unternehmen im Einzelfalle abweichen (Besondere Beförderungsbedingungen). Das gleiche gilt für Änderungen der Besonderen Beförderungsbedingungen. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend. Die Genehmigungsbehörde kann eine Änderung der Beförderungsbedingungen verlangen, wenn die für ihre Festsetzung maßgebenden Umstände sich wesentlich geändert haben oder sich für die bessere Ausgestaltung des Verkehrs in einem Gebiet neue Gesichtspunkte ergeben, denen durch eine Änderung der Besonderen Beförderungsbedingungen Rechnung getragen werden kann. Zuständig ist die Genehmigungsbehörde, in deren Bezirk der Unternehmer seinen Betriebssitz hat.

(7) Die Beförderungsentgelte und die Besonderen Beförderungsbedingungen sind vom Unternehmer vor ihrer Einführung ortsüblich bekanntzumachen; die Bekanntmachung ist in den zum Aufenthalt der Fahrgäste bestimmten Räumen auszuhängen.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.

(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.

(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.

(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.

(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist;
2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind;
3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann;
4.
dass
a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können,
b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
Nicht ortsansässige Betroffene, deren Person und Aufenthalt bekannt sind oder sich innerhalb angemessener Frist ermitteln lassen, sollen auf Veranlassung der Anhörungsbehörde von der Auslegung mit dem Hinweis nach Satz 2 benachrichtigt werden.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.

(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.

(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.

(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

(1) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Festsetzung von Immissions- und Emissionswerten einschließlich der Verfahren zur Ermittlung sowie Maßnahmen zur Einhaltung dieser Werte und zur Überwachung und Messung erlassen. In den Rechtsverordnungen kann auch geregelt werden, wie die Bevölkerung zu unterrichten ist.

(1a) Über die Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union hinaus kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Festlegung von Immissionswerten für weitere Schadstoffe einschließlich der Verfahren zur Ermittlung sowie Maßnahmen zur Einhaltung dieser Werte und zur Überwachung und Messung erlassen. In den Rechtsverordnungen kann auch geregelt werden, wie die Bevölkerung zu unterrichten ist.

(2) Die in Rechtsverordnungen nach Absatz 1 festgelegten Maßnahmen sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen; soweit planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen sind, haben die zuständigen Planungsträger zu befinden, ob und inwieweit Planungen in Betracht zu ziehen sind.

(3) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates in Rechtsverordnungen von Behörden zu erfüllende Pflichten begründen und ihnen Befugnisse zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einräumen, soweit diese für die Beurteilung und Kontrolle der in den Beschlüssen gestellten Anforderungen erforderlich sind.

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, den für Reutlingen geltenden Teilplan des Luftreinhalteplans für den Regierungsbezirk Tübingen so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerts für NO2 in Höhe von 40 μg/m³ und des über den Tag gemittelten Immissionsgrenzwertes für Feinstaub PM10 von 50 μg/m³ bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr im Stadtgebiet von Reutlingen enthält.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die außergerichtlichen Kosten des Klägers und die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte; ihre außergerichtlichen Kosten behalten sie auf sich.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
1.
Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger Umweltschutzverband, der nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannt ist. Er begehrt den Erlass eines Luftreinhalteplans für die Stadt Reutlingen, der auch die Einhaltung der Werte der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung für Stickstoffdioxid (Jahresmittelwert) und für Feinstaub PM10 (zulässige Überschreitung des Tagesmittelwertes) gewährleistet.
In der Vergangenheit wurden diese Werte jedenfalls in der Lederstraße in Reutlingen nicht eingehalten. Der gemessene Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid (NO2) belief sich in der Lederstraße in Reutlingen in den Jahren 2008 bis 2013 auf 88, 91, 88, 84, 79 bzw. 72 μg/m³ (= Mikrogramm je Kubikmeter Luft) bei erlaubten 40 μg/m³. Der gemessene Tagesgrenzwert für Feinstaub PM10 von 50 μg/m³ wurde in den Jahren 2008 bis 2013 an 51, 57, 82, 67, 61 bzw. 79 Tagen überschritten, bei zulässigen 35 Überschreitungen(Quelle: www.rp-tuebingen.de/servlet/PB/1327649_pdrucken/drucken.htm, Zugriff 28.07.14).
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 13.12.2011 beim Regierungspräsidium Tübingen, den für die Stadt Reutlingen geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der in der 39. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz geregelten Grenzwerte für Feinstaub-PM10 und Stickstoffdioxid (NO2) im gesamten Stadtgebiet enthält und setzte dem Beklagten dafür eine Frist bis zum 13.01.2012. Zur Begründung führte er aus, die für das Stadtgebiet Reutlingen ergriffenen Maßnahmen seien offenkundig nicht ausreichend, um eine Grenzwertüberschreitung bei Stickstoffdioxid und Feinstaub zu verhindern. Auch mit der aktuellen Fortschreibung des Luftreinhalteplans werde nicht in Aussicht gestellt, dass die Einhaltung der Grenzwerte mit den darin aktuell befürworteten Maßnahmen gelingen werde.
Im Zeitpunkt der Antragstellung waren der Luftreinhalteplan/Aktionsplan für den Regierungsbezirk Tübingen, Städte Reutlingen und Tübingen, vom Dezember 2005, und der Luftreinhalteplan/Aktionsplan für den Regierungsbezirk Tübingen, Städte Reutlingen und Tübingen, Planänderung Reutlingen vom November 2007 (= 1. Fortschreibung), in Kraft. Die 2. Fortschreibung befand sich in der Aufstellungsphase.
Mit Schreiben vom 19.01.2012 teilte das Regierungspräsidium Tübingen dem Kläger mit, es habe mit der aktuellen Fortschreibung im Rahmen des tatsächlich und rechtlich Möglichen Maßnahmen festgesetzt, die geeignet seien, den Zeitraum einer Überschreitung der PM10- sowie NO2-Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten. Momentan würden die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Einwendungen und Anregungen geprüft und bewertet. Es sei das Ziel des Regierungspräsidiums, die aktuelle Fortschreibung so bald wie möglich abzuschließen. Die Fortschreibung des Plans solle im ersten Quartal 2012 mit verbindlichen Maßnahmen beschlossen werden. Nach Abschluss der Fortschreibung handele es sich dann auch nicht mehr um „Maßnahme-Optionen“, sondern um verbindlich festgelegte Maßnahmen. Die im aktuellen Plan festzusetzenden Maßnahmen seien geeignet, die Luftqualität zu verbessern, sie reichten aber insbesondere bezüglich NO2 nicht aus, um die Grenzwerteinhaltung zu gewährleisten. Hier stelle sich die Frage, ob dies mit verhältnismäßigen Maßnahmen im Rahmen der Luftreinhalteplanung auf lokaler Ebene überhaupt gelingen könne, oder ob insbesondere die dominierenden NO2-Emissionen aus Kraftfahrzeugen nicht quellenbezogene Maßnahmen auf anderer Ebene erforderten.
Hinsichtlich der Feinstaub(PM10)-Belastungswerte sei an der Reutlinger Spotmessstelle im Jahr 2010 entgegen der ursprünglichen Erwartung ein Anstieg zu verzeichnen. Dem sei mit einem mehrstufigen Fortschreibungsverfahren begegnet worden. Der Plan enthalte im Kapitel 2.2 die Maßnahmen, die nach Abschluss der jetzigen Fortschreibung umgesetzt würden. Weiter benenne die Fortschreibung bereits eine Auswahl von in Betracht kommenden und derzeit untersuchten Maßnahmen. Sie seien im Kapitel 2.3 der aktuellen Planfortschreibung beschrieben. Dies zeige, dass nach der jetzigen Fortschreibung direkt im Anschluss eine weitere Fortschreibung folge, die auch die neu identifizierten Bereiche mit NO2-Überschreitungen beinhalten werde.
Im März 2012 ist die 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Regierungsbezirk Tübingen, Teilplan Stadt Reutlingen, in Kraft getreten. Der Beklagte führt darin aus, dass auch die Maßnahmen der 2. Fortschreibung nicht zur Einhaltung der Grenzwerte führe und äußert darin Vorstellungen zum Inhalt einer 3. Fortschreibung.
Die 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Regierungsbezirk Tübingen, Teilplan Stadt Reutlingen mit Eningen unter Achalm, vom Oktober 2014 befand sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Auslegungsphase (vgl. § 47 Abs. 5a Satz 7 Bundesimmissionsschutzgesetz - BImSchG). Diese dauert bis einschließlich zum 27.10.2014 an. Auch die Umsetzung der Maßnahmen der 3. Fortschreibung führt nicht an allen Orten in der Stadt Reutlingen zur Einhaltung der streitigen Werte für Stickstoffdioxid und Feinstaub PM10. Die 3. Fortschreibung geht davon aus, dass der zulässige Tagesmittelwert für Feinstaub im Jahr 2013 in der Lederstraße an 88 Tagen überschritten wird. Die festgelegten Maßnahmen sollen auf der Basis des Jahres 2013 zu einer Reduzierung der Überschreitungen um 5 Tage führen. Für Stickstoffdioxid geht die 3. Fortschreibung im Jahr 2013 in der Lederstraße von 81,7 μg/m³ und einer Reduzierung durch die Maßnahmen auf 78,6 μg/m³ aus. Die gesetzlichen Grenzwerte werden damit nicht eingehalten. Die 3. Fortschreibung enthält ebenso wie die vorausgegangenen Pläne keine Aussage dazu, wann mit der Einhaltung der Grenzwerte gerechnet werden kann. Sie trifft auch keine Aussage dazu, wie sich die Fertigstellung des Scheibengipfeltunnels, die für das Jahr 2017 vorgesehen ist, auf die Prognose der 3. Fortschreibung auswirkt.
2.
Der Kläger hat bereits am 27.01.2012 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben.
10 
Er trägt vor, er sei als anerkannter Umweltschutzverband klagebefugt. Dies habe das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren 7 C 21.12, an dem der Kläger ebenfalls beteiligt gewesen sei, durch Urteil vom 05.09.2013 entschieden. Danach sei die allgemeine Leistungsklage auch die richtige Klageart.
11 
Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Änderung/Fortschreibung des für Reutlingen geltenden Luftreinhalteplans zu. Er könne wie eine Person, die von einer Grenzwertüberschreitung betroffen sei, die Aufstellung eines Luftreinhalteplans verlangen, der Maßnahmen enthalte, die geeignet seien, auf einen Wert unterhalb der Grenzwerte zurückzukehren (vgl. zum Anspruch einer betroffenen Person während der Geltung der Richtlinie 96/62/EG des Rates über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität: Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 25.07.2008 - C-237/07 - „Janecek“). Diesen Anforderungen werde der Luftreinhalteplan des Beklagten nicht gerecht. Dies ergebe sich daraus, dass der Plan für die Schadstoffe Feinstaub und Stickstoffdioxid keine Maßnahmen aufzeige, die geeignet seien, die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 BImSchG zu erfüllen. Danach müssten die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Auch die 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans liefere schlichtweg keine Prognose dafür, wann dies bei Verwirklichung welcher Maßnahmen jemals der Fall sein solle.
12 
Der streitige Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid sei seit dem 01.01.2010 einzuhalten. Die Inanspruchnahme einer Fristverlängerung nach Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG sei gescheitert. Die Europäische Kommission habe gegen die Verlängerung der Frist für den Jahresmittelwert bis zum 31.12.2014 mit Beschluss vom 20.02.2013 Bedenken geäußert und sie damit abgelehnt.
13 
Der Beklagte verkenne die rechtliche Situation. Ein Ermessen dahingehend, dass ein Luftreinhalteplan aufgestellt werde, bei dem trotz Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen immer noch die Grenzwerte gerissen würden, bestehe nicht. Dies sei bereits nach alter Rechtslage so gewesen und entspreche auch dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Sache „Janecek“. Ein Umsetzungsermessen stehe dem Beklagten nicht zu. Er habe lediglich ein Auswahlermessen zur Wahl der zur Zielerfüllung geeigneten Maßnahmen. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip bestehe nur bei der Auswahl der zu treffenden Maßnahmen, nicht aber bei der Frage, ob ein Luftreinhalteplan überhaupt Maßnahmen enthalte, die eine Grenzwerteinhaltung in kürzest möglicher Zeit gewährleisteten. Dem werde der Plan nicht gerecht, was auch die Klageerwiderung nachdrücklich bestätige.
14 
Ein Vorgehen in „Trippelschritten“, bei dem der Grenzwert für Feinstaub nach fast zehn Jahren und der Grenzwert für Stickstoffdioxid nach fünf Jahren nach seinem Inkrafttreten überschritten seien, sei mit dem Wortlaut der Richtlinie 2008/50/EG unvereinbar. Nach Art. 23 Richtlinie 2008/50/EG müssten Maßnahmen ergriffen werden, mit denen der Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten werden könne. Entsprechendes habe der Gerichtshof der Europäischen Union in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien (Urteil vom 19.12.2012 - C 68/11 -) festgestellt. Das von der Beklagten vorgelegte Gutachten L. vom April/August 2012 bestätige, dass der Kläger nichts objektiv Unmögliches verlange. Eine Grenzwerteinhaltung sowohl bei Stickstoffdioxid als auch bei Feinstaub PM10 sei mit den darin aufgezeigten strengen Maßnahmen (Konzept L. „SG-Tunnel, Eingriff-SZ, ZU-ST3M.B-STR“) möglich. Dagegen benenne der Beklagte in seinen Fortschreibungen jeweils nur Maßnahmen, die er aktuell als opportun ansehe.
15 
Nur Fälle höherer Gewalt könnten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Nichteinhaltung der Grenzwerte rechtfertigen. Die Notwendigkeit der Aufwendung erheblicher finanzieller Mittel gehöre dazu nicht. Höhere Gewalt liege nach dem Urteil vom 17.10.2013 - C-203/12 - nur dann vor, wenn sich der Mitgliedstaat auf äußere Ursachen berufen könne, deren Folgen unvermeidbar und unausweichlich seien und die zur Folge hätten, dass dem Mitgliedstaat die Einhaltung seiner Verpflichtung objektiv unmöglich werde.
16 
Neben der Durchführung des Konzepts L. kämen folgende Maßnahmen in Betracht: Vollständige Ausstattung der kommunalen Busflotte mit SRCT-Filtern, Anschaffung neuer Busse mit Euro 6-Standard, Systeme der Verkehrssteuerung, kostenfreier ÖPNV, Einführung eines Bürgertickets, bundesweite Einführung einer „blauen Plakette“, Umrüstung der Taxiflotte auf Erdgas- bzw. Benzinhybridtaxen, deutlich schnellerer Ausbau der Fahrradmobilität.
17 
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, sein Ziel sei nicht die Verlagerung des Verkehrs von der Lederstraße in die Oststadt. Mit Fantasie könne die Oststadt von zusätzlichem Verkehr freigehalten werden. Jedenfalls nach der Fertigstellung des Scheibengipfeltunnels sei Verkehr in der Lederstraße dort durch zusätzliche Maßnahmen weiter zu vermindern.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
den Beklagten zu verurteilen, den für Reutlingen geltenden Teilplan des Luftreinhalteplans für den Regierungsbezirk Tübingen so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Emissionsgrenzwerts für NO2 in Höhe von 40 μg/m³ und des über den Tag gemittelten Emissionsgrenzwertes für Feinstaub PM10 von 50 μg/m³ bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr im Stadtgebiet von Reutlingen enthält,
20 
hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so zu bescheiden, dass eine Änderung des für Reutlingen geltenden Luftreinhalteplans die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 in Höhe von 40 μg/m³i und des über den Tag gemittelten Immissionsgrenzwertes für Feinstaub PM10 von 50 μg/m³ bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr im Stadtgebiet Reutlingen enthält.
21 
Der Beklagte beantragt,
22 
die Klage abzuweisen.
23 
In der Klageerwiderung macht der Beklagte detaillierte Ausführungen zu den streitigen Grenzwerten in der Lederstraße in Reutlingen. Hauptverursacher sei der Straßenverkehr (auf die Klageerwiderung wird insoweit verwiesen). Der Beklagte habe von der Möglichkeit der Fristverlängerung für Feinstaub PM10 bis zum 11.06.2011 Gebrauch gemacht. Mit Entscheidung vom 26.11.2009 habe die EU-Kommission hinsichtlich des Tagesgrenzwertes für Feinstaub die entsprechende Fristverlängerung zugestanden.
24 
Die Klage sei nicht begründet. Nach EU-Recht seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die die Grenzwertüberschreitungen auf ein Minimum verringerten, um schrittweise die Unterschreitung dieser Werte zu erreichen. Die Auswahl der Maßnahmen habe entsprechend § 47 Abs. 4 BImSchG nach planerischen Gesichtspunkten zu erfolgen. Hierbei stehe dem Beklagten ein Gestaltungsspielraum zu, der lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliege. Dies gelte auch im Hinblick auf den Zeitpunkt der Einhaltung der Grenzwerte. Die Luftreinhaltebehörde habe zwischen den Belangen der von den Immissionen Betroffenen und den Belangen der durch die Maßnahme belasteten Verkehrsanlieger, Verkehrsteilnehmer und den allgemeinen Verkehrsbedürfnissen abzuwägen. Dabei sei neben dem Umweltschutz auch der Grundsatz des freien Warenverkehrs nach dem Europarecht zu berücksichtigen. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssten die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung so kurz wie möglich zu halten. Bewusst habe der Gesetzgeber angesichts der Umsetzbarkeit nicht die Formulierung schnellstmöglich gewählt, wohlwissend, dass die Luftreinhalteplanung ein langjähriger Prozess sei, der angesichts der Komplexität nicht von heute auf morgen bewältigt werden könne. Infolgedessen bestehe auch kein Anspruch des Klägers darauf, dass es zu keinerlei Überschreitungen mehr komme.
25 
Nach anerkannter Ansicht könnte an einen Luftreinhalteplan nicht der Anspruch gestellt werden, das Problem der Luftverunreinigung kurzfristig vollständig zu lösen. Im Einzelfall könne eine derart geforderte Gewährleistung tatsächlich unmöglich und rechtlich unverhältnismäßig sein. So liege der Fall hier. Der Handlungsspielraum der zuständigen Regierungspräsidien sei eingeschränkt, da sie allenfalls Maßnahmen auf lokaler und regionaler Ebene veranlassen könnten. Die EU-Vorschriften über den Schadstoffausstoß von Kraftfahrzeugen hinkten den Anforderungen, die die Richtlinie 2008/50/EG an die Luftqualität stelle, hinterher. Für die Beschränkung des Ausstoßes von Feuerungsanlagen sei der Bund zuständig, der die entsprechenden Grenzwerte in der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung regele. Lokale und regionale Gebietskörperschaften könnten die Verbesserung der Luftqualität vor Ort nur räumlich begrenzt beeinflussen. Aufgrund der besonderen örtlichen Gegebenheiten habe bislang keine anderweitige Lösungsmöglichkeit realisiert werden können. Insbesondere habe die Verkehrsbelastung der Lederstraße nicht durch generelle Fahrverbote (z.B. Lkw-Durchfahrtsverbote) gemindert werden können. Bei der Lederstraße handele es sich um eine Verkehrsleistung von rund 54.000 Fahrzeugen am Tag und damit um eine zentrale Verkehrsachse. Eine Umfahrungsmöglichkeit bestehe nicht. Eine solche Verkehrsachse könne nicht kurzfristig in drastischer Weise in ihrer Verkehrsleistung beschränkt werden.
26 
Es werde nicht verkannt, dass die Luftreinhaltebehörde unabhängig von diesen Erwägungen verpflichtet sei, die Luftqualität durch lokale Maßnahmen schrittweise und zeitnah unter Beachtung von Eignung und Wirkung und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit weiter zu verbessern. Im Einzelnen handele es sich um die Maßnahmen, die in der 2. und 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen festgeschrieben seien.
27 
Der Vorwurf des Klägers, seitens des Beklagten bestehe kein Konzept, wie einer Einhaltung der Grenzwerte nähergekommen werde, sei unbegründet. Dies könne am Beispiel Stickstoffdioxid verdeutlicht werden. Der Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid habe im Jahr 2005 bei 55 μg/m³ gelegen. Mit den Maßnahmen der Fahrverbotsstufe 1 bis 3 und dem Verkehrsentwicklungsplan sei ein Minderungspotenzial von 13 bis 14 μg/m³ erschließbar. Für die Maßnahme Scheibengipfeltunnel seien zusätzlich weitere 13 bis 14 μg/m³ zu erwarten, so dass durchaus ein Konzept bestanden habe, wie eine Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoff realisiert werden konnte. Allerdings hätten sich durch eine Reihe nicht beeinflussbarer Effekte gegenläufige Entwicklungen ergeben. Zu nennen seien in diesem Zusammenhang der seit 2005 zu beobachtende verstärkte Trend zu dieselbetriebenen Kraftfahrzeugen, weiter steigende Fahrleistungen, generell festgestellte Differenzen zwischen den Prognosen zugrunde liegenden Emissionsfaktoren der Fahrzeuge bei Prüfstandsversuchen und den Emissionen der Fahrzeuge im realen Verkehr. Weiter habe in der Reutlinger Lederstraße eine Rolle gespielt, dass die seitherige Messstation abgebaut und an einer stärker exponierten Stelle neu errichtet worden sei. Zusammenfassend könne daher gesagt werden, dass die angespannte Situation hinsichtlich der Luftschadstoffe Feinstaub PM10 und Stickstoffdioxid für den Beklagten Anlass sei, weitere mögliche Maßnahmen zu prüfen. Es seien aufwändige Verfahren notwendig, die einen gewissen zeitlichen Rahmen erforderten.
28 
Nach dem Gutachten L. könne der Grenzwert in der Lederstraße nur eingehalten werden, wenn der Verkehr um 60% vermindert werde. Dies hätte aber massivste Eingriffe in den Straßenverkehr zur Folge (Rückbau der B312/313 von zwei Fahrspuren pro Richtung auf einen Fahrstreifen pro Richtung, die Einführung einer Busspur sowie Umsetzung und konsequente Durchsetzung von Tempo 30 auf dieser Straße und zusätzlich auch die Inbetriebnahme des im Bau befindlichen Scheibengipfeltunnels sowie ein ganzjähriges Fahrverbot in der Umweltzone Reutlingen inklusive Bundesstraßen für Kraftfahrzeuge der Schadstoffgruppe 3 und ein Lkw-Durchfahrtsverbot auf der B312/313). Die damit verbundene Verkehrsverlagerung würde jedoch zu einer erheblichen zusätzlichen Belastung in das nachgeordnete städtische Straßennetz mit den Wohnstraßen führen, das bereits heute schon stark belastet sei. Ein solches Extremszenario, welches zwar punktuell an der Lederstraße die Einhaltung des NO2-Grenzwertes mit 39,5 μg/m³ ermöglichen könne, jedoch auch zu weiteren und zusätzlichen Überschreitungen an anderen Stellen im Stadtgebiet führe, sei nicht verhältnismäßig.
29 
Für die vom Kläger zuletzt vorgeschlagenen Maßnahmen fehle dem Beklagten die Kompetenz. Im Ergebnis sei somit festzuhalten, dass der Beklagte alle ihm aktuell zur Verfügung stehenden und geeigneten Maßnahmen ausgeschöpft habe.
30 
Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, das Lkw-Durchfahrtsverbot in der Eberhardstraße und in der Karlstraße, das aus der 3. Veröffentlichung der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen wieder ausgeklammert worden sei, werde durchgesetzt. Das fehlende Einvernehmen der Beigeladenen mit dieser Maßnahme werde ersetzt werden. Das Lkw-Durchfahrtsverbot diene in erster Linie den Personen, die in diesen Straßen wohnten, nicht der Entlastung der Lederstraße.
31 
Die Beigeladene beantragt,
32 
die Klage abzuweisen.
33 
Zur Begründung schildert die Beigeladene die Geschichte der Luftreinhaltepläne für Reutlingen seit dem Jahr 2005 einschließlich der laufenden 3. Fortschreibung und benennt weitere Maßnahmen. Sie zählt die Maßnahmen, die bereits umgesetzt wurden, auf.
34 
Im Wesentlichen befasst sich die Beigeladene mit dem vom Kläger favorisierten Konzept L. „SG-Tunnel (=Scheibengipfel-Tunnel) + Konzept mit extremer Grenzwerteinhaltung“. Kernpunkt dieses Konzepts ist die Einziehung jeweils einer Fahrspur in beide Richtungen in der Lederstraße für den allgemeinen Verkehr und die Reservierung der „eingezogenen“ Fahrspur für den öffentlichen Nahverkehr. Die Beigeladene wendet sich gegen diese Maßnahme insbesondere vor der Eröffnung des Scheibengipfeltunnels und trägt vor, die Maßnahme habe mehr als eine Halbierung des Verkehrs in der Lederstraße zum Ziel. Eine Ausweichtrasse entstehe aber erst mit der Eröffnung des Scheibengipfeltunnels. Folge sei eine Verlagerung des Durchgangsverkehrs vor allem in die Oststadt Reutlingens, welche aus verschiedenen Gründen (erhebliche Verkehrszunahme in der Oststadt und dadurch Gefährdung der Verkehrssicherheit, insbesondere für Fußgänger, und Zunahme des Verkehrslärms) unzumutbar sei. Das Ziel der Beigeladenen in der Vergangenheit sei vielmehr eine Bündelung des Verkehrs in der Lederstraße, wo relativ wenig Leute wohnten, und eine Entlastung der Oststadt gewesen, wo aber dennoch bereits jetzt ein erheblicher Straßenverkehr stattfinde.
35 
Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung nochmals das Interesse der Beigeladenen hervorgehoben, den Verkehr nicht von der Lederstraße in andere innerstädtische Straßen zu verlagern. Die Fertigstellung des Scheibengipfeltunnels sei abzuwarten. Bis dahin sei auch besser abzusehen, wie sich andere in den Luftreinhalteplänen festgesetzte und umgesetzte Maßnahmen und insbesondere auch die Modernisierung der Fahrzeugflotte (Stichwort Euro-6 Norm) auswirkten.
36 
Der Kammer haben die Akten des Beklagten aus der Aufstellung der Luftreinhaltepläne für Reutlingen (einschließlich 2. Fortschreibung), 3 Bände Beiakten, das Gutachten L. (April/August 2012) zur 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans, die 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans nebst Gutachten L. (Dezember 2012/Mai 2013) und das Abwägungsdokument vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird darauf sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
37 
Die Klage ist zulässig.
38 
Die Klagebefugnis des Klägers sowie die Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage und des gestellten Antrags sind durch Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2013 - 7 C 21.22 - juris (RdNr. 38 ff: Klagebefugnis; RdNr. 52 ff: Bestimmtheit des Klageantrags) wird verwiesen.
39 
Die Klage ist auch begründet.
40 
Der Tatbestand gibt den protokollierten Antrag des Klägers wieder, in dem sich das Wort „Emissionsgrenzwert“ findet. Die Kammer legt den Antrag entsprechend dem schriftsätzlich gestellten Antrag in dem Sinne aus, dass es dem Kläger um die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte geht. Auf den Berichtigungsbeschluss der Kammer vom 13.11.2012, der im Urteilstenor das Wort „Emissionsgrenzwert“ durch das Wort „Immissionsgrenzwert“ ersetzt, wird verwiesen.
41 
Die Klage ist bereits mit ihrem Hauptantrag begründet, weil der Beklagte seinen Verpflichtungen aus § 47 Abs. 1 BImSchG, deren Erfüllung der Kläger einfordern kann, mit den bestehenden Luftreinhalteplänen noch nicht nachgekommen ist. Der Hauptantrag ist als Antrag im Sinne eines Bescheidungsantrags zu verstehen, da der Kläger nicht die Verurteilung des Beklagten zur Aufnahme bestimmter Maßnahmen in einen Luftreinhalteplan verlangt. Die vom Kläger in seiner Begründung genannten Maßnahmen dienen nur der Verdeutlichung, dass der Beklagte das Erforderliche noch nicht getan hat und Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte noch in Betracht kommen (vgl. zur Einordnung eines inhaltsgleichen Antrags als Bescheidungsantrag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.22 - juris RdNr. 56). Mit diesem Bescheidungsantrag beachtet der Kläger das Planungsermessen, das der Beklagte bei der Auswahl der Maßnahmen für die Einhaltung der Grenzwerte hat.
42 
Maßgeblich ist der Stand der Luftreinhalteplanung der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen. Zwar befand sich die 3. Fortschreibung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch in der Auslegungsphase und war damit noch nicht rechtsverbindlich. Ihr Inhalt stand aber bei der Entscheidung der Kammer bereits verbindlich fest und für ihr Wirksamwerden war außer dem Zeitablauf der Auslegung nichts Weiteres mehr erforderlich. Die 3. Fortschreibung tritt am 28.10.2014 in Kraft.
43 
Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die Werte der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung auch bei Umsetzung der Maßnahmen, die noch Gegenstand der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen sind, nicht überall in Reutlingen eingehalten werden. Dies ist in der Lederstraße, der Karlstraße, der Konrad-Adenauer-Straße und der Mittnachtstraße beim Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 39. BImSchV) der Fall (vgl. Tabelle auf Seite 25 der 3. Fortschreibung). In der Lederstraße wird dieser Wert von 40 μg/m³ nach der Prognose für das Referenzjahr 2013 und Umsetzung der Maßnahmen bezogen auf dieses Jahr beinahe um das Doppelte (78,6 μg/m³) überschritten. In den übrigen Straßen ist die prognostizierte Grenzwertüberschreitung (49,3 μg/m³, 41,7 μg/m³ und 41.7 μg/m³) weniger gravierend. Beim Immissionsgrenzwert für Partikel (= Feinstaub) (PM10) liegt eine Überschreitung der zugelassenen Überschreitungen des Tagesgrenzwertes (§ 4 Abs. 1 39. BImSchV) in der Lederstraße vor. Die 3. Fortschreibung geht von 83 Überschreitungen des Tagesgrenzwertes von 50 μg/m³ bezogen auf den Referenzfall 2013 und bei Umsetzung der Maßnahmen bezogen auf das Referenzjahr 2013 aus, bei 35 zulässigen Überschreitungen. Bei den übrigen untersuchten Straßen kommt es nicht zu Überschreitungen des Feinstaubwerts (vgl. Tabelle 5 auf Seite 9 des Gutachtens L. Dezember 2012/Mai 2013).
44 
Damit ist den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG nicht ausreichend Rechnung getragen. Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen enthält, wenn die Immissionsgrenzwerte einer Rechtsverordnung nach § 48a BImSchG (hier: 39. Bundesimmissionsschutzverordnung) überschritten werden. Nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
45 
Die Werte für Feinstaub sind nach Ausschöpfung der Verlängerungsmöglichkeiten seit dem 11.06.2011 einzuhalten. Der hier streitige Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid ist seit dem 01.01.2010 auch in Reutlingen verbindlich. Den Verlängerungsantrag der Bundesrepublik Deutschland für die Einhaltung dieses Wertes erst nach dem 31.12.2014 hat die EU-Kommission durch Beschluss vom 20.02.2013 abgelehnt.
46 
Zu § 47 Abs. 1 BImSchG hat das Bundesverwaltungsgerichts in seinem bereits angesprochenen Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.22 - juris RdNr. 59f das Folgende ausgeführt, das auch die Kammer ihrer Entscheidung zugrunde legt:
47 
„[59] § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG normiert in Übereinstimmung mit Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 RL 2008/50/EG eine zeitliche Vorgabe für die Erreichung des in § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BImSchG festgelegten Ziels der Einhaltung der Grenzwerte. Die Schadstoffbelastung der Luft soll im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes möglichst schnell auf das ausweislich des Immissionsgrenzwerts als noch zumutbar erachtete Ausmaß zurückgeführt werden. An diesem Minimierungsgebot muss sich die Entscheidung der Behörde ausrichten; es ist zugleich rechtlicher Maßstab für die angesichts der Gestaltungsspielräume der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Das Gebot, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte möglichst schnell zu beenden, fordert eine Bewertung der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele. Daraus kann sich eine Einschränkung des planerischen Ermessens ergeben, wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lässt (vgl. Köck/Lehmann, a.a.O. S. 70 f.). Auch insoweit wird aber nicht vorausgesetzt, dass die zu ergreifenden Maßnahmen auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; vielmehr kann auch hier - nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitgrundsatzes - ein Vorgehen in mehreren Stufen vorgesehen werden (Köck/Lehmann, a.a.O. S. 71). Dem trägt das Verwaltungsgericht dadurch Rechnung, dass es im Entscheidungsausspruch nicht zu einer sofortigen, sondern ausdrücklich nur zur schnellstmöglichen Zielerreichung verpflichtet.
48 
[60] bb) Der Beklagte kann sich zur Stützung seiner abweichenden Rechtsauffassung, wonach es schon ausreiche, dass ein Luftreinhalteplan die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte jedenfalls schrittweise anstrebe, auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 25. Juli 2008 in der Rechtssache C-237/07, nicht berufen. Denn diese Entscheidung ist zu einer insoweit anderen Rechtslage ergangen. Sie bezieht sich auf Aktionspläne nach Art. 7 Abs. 3 RL 96/62/EG. Abgesehen von der unterschiedlichen Zielsetzung von Luftreinhalteplänen und Aktionsplänen bzw. Plänen für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen ist in der genannten Vorschrift im Unterschied zu Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 RL 2008/50/EG der ausdrückliche Hinweis auf die Eignung der zu ergreifenden Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts nicht enthalten; die Maßnahmen sollen nach Art. 7 Abs. 3 RL 96/62/EG lediglich dazu dienen, die Gefahr der Überschreitung zu verringern und die Dauer der Überschreitung zu beschränken. Der Europäische Gerichtshof hat aus dem Aufbau der Richtlinie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten entnommen, Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Dauer der Überschreitung unter Berücksichtigung aller Umstände auf ein Minimum zu reduzieren (Urteil vom 25. Juli 2008 a.a.O. Rn. 45). Wenn hiernach auch insoweit ein Minimierungsgebot gilt, ist der Entscheidung nicht etwa zu entnehmen, dass die Möglichkeit zur schrittweisen Erreichung der Grenzwerte voraussetzungslos eingeräumt sein soll. Vielmehr muss sich die Maßnahme auch unter Berücksichtigung des zeitlichen Moments rechtfertigen lassen“.
49 
Aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 BImSchG und aus seiner Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht folgt zur Überzeugung der Kammer, dass die Erstellung eines Luftreinhalteplans erforderlich ist, der auf das Ziel der Einhaltung der Grenzwerte in möglichst kurzer Zeit ausgerichtet ist. Aus dem Zusammenhang von § 47 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG folgt, dass der Plan (alle) Maßnahmen enthalten muss, die für die Zielerreichung erforderlich sind und dass der Zeitraum, der für die Einhaltung der Grenzwerte benötigt wird, so kurz wie möglich zu halten ist. Der Zeitraum, der erforderlich ist, um die Überschreitung so kurz wie möglich zu halten, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Er hängt von jeweiligen örtlichen Umständen und den erforderlichen Maßnahmen ab. Der Zeitraum kann kürzer oder länger sein, je nachdem, wieviel Zeit die Umsetzung der Maßnahmen im Einzelfall erfordert. Ob die zuständige Behörde ihren Verpflichtungen nachgekommen ist, lässt sich aber nur dann feststellen, wenn hinter der Planung ein Gesamtkonzept steht, das die Einhaltung der Werte zum Ziel hat. Es reicht nicht aus, sich in der Planung nur mit einzelnen Maßnahmen zu beschäftigen und dabei offen zu lassen, wann das Gesamtziel aufgrund welcher Maßnahmen erreicht sein wird. Der Bürger und stellvertretend für ihn der Kläger kann nur dann prüfen, ob seinem Anspruch auf Aufstellung eines effektiven Luftreinhalteplans Genüge getan ist, wenn der Luftreinhalteplan entsprechende Aussagen enthält. Sollte es punktuell mittelfristig rechtlich oder tatsächlich nicht möglich sein, das Ziel zu erreichen, wäre auch das in einem Luftreinhalteplan darzustellen. Denn der Bürger bzw. der Kläger soll schon im Vorfeld einer Klage erkennen können, ob sein Anspruch erfüllt ist oder nicht, damit er sein Verhalten danach ausrichten kann.
50 
Diesen Anforderungen genügen die 2. und die 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen nicht. Ob die genannten Anforderungen in diesem Umfang schon an den ursprünglichen Luftreinhalte- und Aktionsplan aus dem Jahr 2005 und seine erste Fortschreibung zu stellen waren, kann offen bleiben. Letztere wurden unter der Geltung anderer rechtlicher Voraussetzungen aufgestellt. Damals waren noch die Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27.09.1996 mit ihren später erlassenen Tochterrichtlinien und die entsprechenden nationalrechtlichen Vorschriften maßgeblich.
51 
Die 2. und die 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen bauen zwar auf den vorangegangen Plänen auf. Sie dienen aber in erster Linie der Rechtfertigung der in ihnen zusätzlich festgelegten Maßnahmen und lassen ein Gesamtkonzept vermissen. Es bleibt in ihnen offen, welche Maßnahmen aus dem Ursprungsplan noch aktuell sind. So scheint der als Teil-Maßnahme „RT-1“ bestimmte Bau der Dietwegtrasse aufgegeben worden sein, ohne diese Maßnahme aus der Planung zu streichen und die Streichung nachvollziehbar zu machen. Es wird in der 2. und 3. Fortschreibung auch nicht erkennbar, ob zusätzlich zu den beschlossenen Maßnahmen aus früher beschlossenen Maßnahmen noch ein Potential zur Verminderung der Grenzwerte besteht, das neben den aktuell beschlossenen Maßnahmen dazu kommt. Der sich im Bau befindliche Scheibengipfeltunnel ist zwar durchweg ein Thema. Es wird aber aus den Fortschreibungen nicht deutlich, in welchem Umfang er sich zusammen mit den neu beschlossenen Maßnahmen positiv auswirkt.
52 
Der Bau des Scheibengipfeltunnels ist nach der Umsetzung bereits früher beschlossener und verwirklichter Maßnahmen und neben den neuen Maßnahmen der 3. Fortschreibung zwar eine zentrale Maßnahme zur Einhaltung der Grenzwerte. Es ist aber nicht erkennbar, dass die Grenzwerte nach der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels eingehalten werden. Dies gilt jedenfalls für die Einhaltung der Grenzwerte in der Lederstraße. Nach dem Gutachten L. April/August 2012 (Seite 32 und 36) reicht die Entlastung durch den Bau des Scheibengipfeltunnels zusammen mit anderen Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte nur dann aus, wenn zusätzlich der Verkehr in der Lederstraße beschränkt wird. Für Stickstoffdioxid wird im Falle von Verkehrsbeschränkungen in der Lederstraße auf der Basis des Referenzfalls 2015 ein Jahresmittelwert von 39,5 μg/m³ und damit die Einhaltung des Grenzwertes prognostiziert. Für Feinstaub PM10 geht das Gutachten von einem Jahresmittelwert von 25,2 μg/m³ aus. Dieser Wert spricht bei einem Schwellenwert von 28,0 μg/m³ für die Einhaltung der zulässigen Überschreitungstage für den Tagesmittelwert 50,0 μg/m³. Das bedeutet, dass der Beklagte im Hinblick auf die Lederstraße zusammen mit anderen bereits beschlossenen Maßnahmen noch nicht genug veranlasst hat, um die Einhaltung der Grenzwerte sicherzustellen, da weitere noch nicht beschlossene Maßnahmen erforderlich sind - dies obwohl der Beklagte und die Beigeladene bereits umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität umgesetzt haben.
53 
Die Kammer ist zwar zu der Überzeugung gekommen, dass vor der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels eine Verminderung der Leistungsfähigkeit der Lederstraße nicht in Betracht kommt, dass sie aber als Objekt einer Maßnahme nicht ausscheidet, wenn nach der Eröffnung des Scheibengipfeltunnels andere verhältnismäßige Maßnahmen für die Einhaltung der Grenzwerte nicht zur Verfügung stehen. Die Verlagerung des Verkehrs weg von der Lederstraße schon vor der Eröffnung des Scheibengipfeltunnels würde nicht nur dazu führen, dass sich der Verkehr in andere innerstädtische Straßen der Stadt Reutlingen verlagern würde. Auch der Durchgangsverkehr durch die Stadt Eningen wurde sich merklich, nämlich um 3100 Fahrzeuge täglich, erhöhen (vgl. Gutachten L. April/August 2012, Anhang A3, Schaubild ‚„Differenz „Planfall 1 zu Bestand“ Gesamtstadt“‘). Der Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid liegt aber bereits heute nicht unerheblich über dem Grenzwert, wie der Abbildung 4.8 auf Seite 44 des Gutachtens L., Dezember 2012/Mai 2013 zu entnehmen ist. Auf der Basis des Referenzfalls 2013 liegt er bei mehr oder weniger 50 μg/m³ und sinkt bei Erstreckung der Umweltzone auch auf Eningen nur auf ca. 49 μg/m³. Maßnahmen zur Entlastung einer Straße, die zwangsläufig dazu führen, dass der Grenzwert an anderer Stelle noch weiter als bisher überschritten wird, sind unzulässig.
54 
Gleiches würde wohl für die Oststadt nicht gelten, da nach dem Gutachten L. April/August 2012 die Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub PM10 dort noch erheblich unterschritten werden und auch bei Entstehung zusätzlichen Verkehrs die Grenzwerte nicht überschritten würden. Anders als vom Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen vorgetragen, ist die Verlagerung von Verkehr zur Einhaltung der Grenzwerte der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung auch nicht von vornherein unzulässig. So führt auch der zweifellos rechtmäßige Bau des Scheibengipfeltunnels zu nichts anderem als einer, in dem Fall dann aber erwünschten, Verkehrsverlagerung. Die Kammer geht aber davon aus, dass derzeit eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Lederstraße aufgrund der Folgen, die sich vor der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels einstellen würden, unverhältnismäßig wäre (vgl. zum Erfordernis der Verhältnismäßigkeit: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.22 - juris RdNr. 59, Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, 10. Auflage 2013, § 47 RdNr. 16). Die Frage der Verhältnismäßigkeit steht in einem Spannungsverhältnis zu der uneingeschränkten Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzwerte und ist im Lichte dieser Verpflichtung auszulegen. Führt das Unterlassen einer denkbaren Maßnahme nur zu einer Verzögerung der Einhaltung der Grenzwerte und schließt es die Einhaltung der Grenzwerte nicht auf erhebliche Zeit oder gar auf Dauer aus, kann es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtfertigen, die Maßnahme zu unterlassen, wenn bereits eine andere Maßnahme auf den Weg gebracht ist, die nach ihrer Verwirklichung die fragliche Maßnahme zum großen Teil wieder überflüssig machen würde. Die Unverhältnismäßigkeit liegt derzeit darin begründet, dass aufgrund der erheblichen Verkehrszunahme in den Straßen, die parallel zur Lederstraße liegen, erhebliche Folgemaßnahmen durchzuführen wären, um die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten und um relevante Unzuträglichkeiten für die dortigen Anwohner zu vermindern. Diese Maßnahmen, die sich auch nicht von heute auf morgen umsetzten ließen, könnten aber mit der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels zumindest teilweise wieder obsolet werden, weil dieser nach der vorliegenden Gutachtenlage zu einer erheblichen Entlastungswirkung für die Reutlinger Innenstadt führen wird. Nach dem Vergleich der Darstellungen im Gutachten L. April/August 2012 (Anhang A3, Schaubild ‚„Differenz „Planfall 1 zu Bestand“ Innenstadt“‘ einerseits und ‚„Differenz „Planfall 2 zu Bestand“ Innenstadt“‘) würde sich der Ausweichverkehr in der Innenstadt Reutlingen wieder erheblich reduzieren. In der Albstraße geht die Prognose ohne Scheibengipfeltunnel von zusätzlichen 4900 Fahrzeugen und mit Scheibengipfeltunnel von zusätzlichen 1900 Fahrzeugen aus. In der Gartenstraße betragen die entsprechenden Werte zwischen 2200 und 1800 Fahrzeuge bzw. zwischen 500 und 300 bei etwa 11000 Fahrzeugen, die heute dort schon verkehren.
55 
Nach der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit der Reduzierung der Leistungsfähigkeit der Lederstraße wegen des dann reduzierten Verkehrs wieder neu. Es reicht dann aber nicht aus, lediglich die Probleme aufzuzählen, die entstehen, wenn nach der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels die Leistungsfähigkeit der Lederstraße vermindert wird, wie es der Beklagte und die Beigeladene bislang getan haben. Vielmehr ist es bereits heute im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans erforderlich, ernsthaft zu untersuchen, wie den Folgen einer zwar nicht unerheblichen, aber gleichwohl zur Einhaltung der Grenzwerte unzureichenden Verkehrsverlagerung nach Eröffnung des Scheibengipfeltunnels durch planerische und verkehrslenkende Maßnahmen entgegengewirkt werden soll. Da der Zeitraum der Überschreitung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten ist, ist es Aufgabe des Beklagten, bereits jetzt Maßnahmen zu untersuchen, die zusammen mit der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels zur Einhaltung der Grenzwerte führen können. Ein Zuwarten bis nach Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels verbietet sich aufgrund der durch die gesetzlichen Vorschriften vorgegebenen zeitlichen Komponente zur Einhaltung der Grenzwerte. Nach Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels kann es nur noch um eine Feinsteuerung der erforderlichen Maßnahmen gehen.
56 
Sofern der Beklagte (wie er vorträgt) mit Maßnahmen in seiner eigenen Kompetenz eine Einhaltung der Grenzwerte nicht gewährleisten kann, ist er auch verpflichtet, konsensuale Lösungen mit der Beigeladenen und anderen Entscheidungsträgern zu suchen, mit denen eine weitere Reduzierung der NO2- und Feinstaub PM10-Werte erreicht werden kann. Solche Maßnahmen waren teilweise auch schon im ersten Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgenommen worden und sind auch in der 3. Fortschreibung erwähnt (vgl. S. 49 der 3. Fortschreibung). Dies betrifft einerseits flankierende Maßnahmen im Falle der Verkehrsreduzierung in der Lederstraße, sofern dann in der Oststadt verkehrslenkende bzw. straßenrechtliche Maßnahmen durch die Beigeladene erforderlich sind. Andererseits wird der Beklagte auch zu erwägen haben, ob er durch finanzielle Anreize Maßnahmen der Beigeladenen oder anderer Entscheidungsträger anstoßen oder vorantreiben kann, die ebenfalls zu einer Reduzierung der überschrittenen Werte beitragen können (z.B. Ausbau/Umgestaltung der Parkraumbewirtschaftung, Förderung des Baus der Stadtbahn, kostenloses oder verbilligtes ÖPNV-Ticket etc.). Ob und welche Maßnahmen sinnvoll und verhältnismäßig sind, kann der Beklagte ggf. vorab durch Einholung von Gutachten klären lassen.
57 
Für die Karlstraße, die Konrad-Adenauer-Straße und die Mittnachtstraße sieht die Situation auch ohne zusätzliche Beschränkung des Verkehrs in der Lederstraße besser aus. Jedenfalls nach dem Gutachten L. April/August 2012 kann mit einer Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid gerechnet werden (vgl. Seite 32, Tabelle 4.5, vorletzte Zeile). Die Ausgangswerte für Stickstoffdioxid beziehen sich im Gutachten L. Dezember 2012/Mai 2013 (vgl. Seite 5, Tabelle 1, Zeile 1) auf ein anderes Referenzjahr, das Jahr 2013, und liegen über denen aus dem Gutachten April/August 2012. Auf der Basis des abweichenden Gutachtens Dezember 2012/Mai 2013 kann nicht festgestellt werden, ob Grenzwerte nach der Fertigstellung des Scheibengipfeltunnels auf der Basis dessen Daten ohne zusätzliche Maßnahmen an der Lederstraße auch in Bezug auf die zuletzt genannten Straßen eingehalten werden können. Eine entsprechende Berechnung fehlt. Mit einer Überschreitung der Feinstaubwerte ist aber in beiden Fällen nicht zu rechnen (vgl. Gutachten L. April/August 2012 Seite 36, Tabelle 4.6, vorletzte Zeile, Gutachten L. Dezember 2012/Mai 2013, Tabelle 5).
58 
Auch für die Eberhardstraße und die Karlstraße sind die Aussichten nach der Fertigstellung des Scheibengipfeltunnels günstiger. Dies bedeutet aber nicht, dass das Lkw-Durchfahrtverbot für diese Straßen nicht weiter zu verfolgen wäre. Maßnahmen, die zu einer Reduzierung der Überschreitung der Grenzwerte führen und die einfach umzusetzen sind, dürfen nicht aufgeschoben werden, wenn die Umsetzung anderer wirkungsvoller Maßnahmen noch Jahre in Anspruch nimmt.
59 
Der Beklagte schuldet somit (zusammengefasst) eine weitere Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen,
60 
- der die noch aktuellen Maßnahmen aus den vorangegangenen Plänen darstellt,
- ein Gesamtkonzept der Maßnahmen und ihrer Auswirkungen umfasst, die für die Einhaltung der Grenzwerte erforderlich sind,
- einen Zeitpunkt benennt, in dem die Grenzwerte prognostisch eingehalten werden,
- und der auf die Zeit nach der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels ausgerichtet ist
- sowie für den Fall, dass die punktuelle Einhaltung der Grenzwerte mittelfristig rechtlich und tatsächlich nicht möglich ist, dafür eine ausführliche Begründung enthält.
61 
Diese Anforderungen stehen einem Vorziehen einzelner Maßnahmen wie dem wie Lkw-Durchfahrtsverbot in der Eberhardstraße und der Karlstraße nicht entgegen.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO. § 708 Nr. 11 Alternative 2 ZPO ist nicht anwendbar, da eine Vollstreckung von Kosten von mehr als 1.500,00 EUR möglich ist.
63 
Die Berufung ist nach § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Rechtssache hat wegen der Fragen der Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei der Einhaltung von Grenzwerten nach der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung und der inhaltlichen Anforderungen an einen Luftreinhalteplan grundsätzliche Bedeutung.

Gründe

 
37 
Die Klage ist zulässig.
38 
Die Klagebefugnis des Klägers sowie die Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage und des gestellten Antrags sind durch Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2013 - 7 C 21.22 - juris (RdNr. 38 ff: Klagebefugnis; RdNr. 52 ff: Bestimmtheit des Klageantrags) wird verwiesen.
39 
Die Klage ist auch begründet.
40 
Der Tatbestand gibt den protokollierten Antrag des Klägers wieder, in dem sich das Wort „Emissionsgrenzwert“ findet. Die Kammer legt den Antrag entsprechend dem schriftsätzlich gestellten Antrag in dem Sinne aus, dass es dem Kläger um die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte geht. Auf den Berichtigungsbeschluss der Kammer vom 13.11.2012, der im Urteilstenor das Wort „Emissionsgrenzwert“ durch das Wort „Immissionsgrenzwert“ ersetzt, wird verwiesen.
41 
Die Klage ist bereits mit ihrem Hauptantrag begründet, weil der Beklagte seinen Verpflichtungen aus § 47 Abs. 1 BImSchG, deren Erfüllung der Kläger einfordern kann, mit den bestehenden Luftreinhalteplänen noch nicht nachgekommen ist. Der Hauptantrag ist als Antrag im Sinne eines Bescheidungsantrags zu verstehen, da der Kläger nicht die Verurteilung des Beklagten zur Aufnahme bestimmter Maßnahmen in einen Luftreinhalteplan verlangt. Die vom Kläger in seiner Begründung genannten Maßnahmen dienen nur der Verdeutlichung, dass der Beklagte das Erforderliche noch nicht getan hat und Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte noch in Betracht kommen (vgl. zur Einordnung eines inhaltsgleichen Antrags als Bescheidungsantrag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.22 - juris RdNr. 56). Mit diesem Bescheidungsantrag beachtet der Kläger das Planungsermessen, das der Beklagte bei der Auswahl der Maßnahmen für die Einhaltung der Grenzwerte hat.
42 
Maßgeblich ist der Stand der Luftreinhalteplanung der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen. Zwar befand sich die 3. Fortschreibung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch in der Auslegungsphase und war damit noch nicht rechtsverbindlich. Ihr Inhalt stand aber bei der Entscheidung der Kammer bereits verbindlich fest und für ihr Wirksamwerden war außer dem Zeitablauf der Auslegung nichts Weiteres mehr erforderlich. Die 3. Fortschreibung tritt am 28.10.2014 in Kraft.
43 
Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die Werte der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung auch bei Umsetzung der Maßnahmen, die noch Gegenstand der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen sind, nicht überall in Reutlingen eingehalten werden. Dies ist in der Lederstraße, der Karlstraße, der Konrad-Adenauer-Straße und der Mittnachtstraße beim Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 39. BImSchV) der Fall (vgl. Tabelle auf Seite 25 der 3. Fortschreibung). In der Lederstraße wird dieser Wert von 40 μg/m³ nach der Prognose für das Referenzjahr 2013 und Umsetzung der Maßnahmen bezogen auf dieses Jahr beinahe um das Doppelte (78,6 μg/m³) überschritten. In den übrigen Straßen ist die prognostizierte Grenzwertüberschreitung (49,3 μg/m³, 41,7 μg/m³ und 41.7 μg/m³) weniger gravierend. Beim Immissionsgrenzwert für Partikel (= Feinstaub) (PM10) liegt eine Überschreitung der zugelassenen Überschreitungen des Tagesgrenzwertes (§ 4 Abs. 1 39. BImSchV) in der Lederstraße vor. Die 3. Fortschreibung geht von 83 Überschreitungen des Tagesgrenzwertes von 50 μg/m³ bezogen auf den Referenzfall 2013 und bei Umsetzung der Maßnahmen bezogen auf das Referenzjahr 2013 aus, bei 35 zulässigen Überschreitungen. Bei den übrigen untersuchten Straßen kommt es nicht zu Überschreitungen des Feinstaubwerts (vgl. Tabelle 5 auf Seite 9 des Gutachtens L. Dezember 2012/Mai 2013).
44 
Damit ist den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG nicht ausreichend Rechnung getragen. Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen enthält, wenn die Immissionsgrenzwerte einer Rechtsverordnung nach § 48a BImSchG (hier: 39. Bundesimmissionsschutzverordnung) überschritten werden. Nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
45 
Die Werte für Feinstaub sind nach Ausschöpfung der Verlängerungsmöglichkeiten seit dem 11.06.2011 einzuhalten. Der hier streitige Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid ist seit dem 01.01.2010 auch in Reutlingen verbindlich. Den Verlängerungsantrag der Bundesrepublik Deutschland für die Einhaltung dieses Wertes erst nach dem 31.12.2014 hat die EU-Kommission durch Beschluss vom 20.02.2013 abgelehnt.
46 
Zu § 47 Abs. 1 BImSchG hat das Bundesverwaltungsgerichts in seinem bereits angesprochenen Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.22 - juris RdNr. 59f das Folgende ausgeführt, das auch die Kammer ihrer Entscheidung zugrunde legt:
47 
„[59] § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG normiert in Übereinstimmung mit Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 RL 2008/50/EG eine zeitliche Vorgabe für die Erreichung des in § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BImSchG festgelegten Ziels der Einhaltung der Grenzwerte. Die Schadstoffbelastung der Luft soll im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes möglichst schnell auf das ausweislich des Immissionsgrenzwerts als noch zumutbar erachtete Ausmaß zurückgeführt werden. An diesem Minimierungsgebot muss sich die Entscheidung der Behörde ausrichten; es ist zugleich rechtlicher Maßstab für die angesichts der Gestaltungsspielräume der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Das Gebot, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte möglichst schnell zu beenden, fordert eine Bewertung der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele. Daraus kann sich eine Einschränkung des planerischen Ermessens ergeben, wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lässt (vgl. Köck/Lehmann, a.a.O. S. 70 f.). Auch insoweit wird aber nicht vorausgesetzt, dass die zu ergreifenden Maßnahmen auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; vielmehr kann auch hier - nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitgrundsatzes - ein Vorgehen in mehreren Stufen vorgesehen werden (Köck/Lehmann, a.a.O. S. 71). Dem trägt das Verwaltungsgericht dadurch Rechnung, dass es im Entscheidungsausspruch nicht zu einer sofortigen, sondern ausdrücklich nur zur schnellstmöglichen Zielerreichung verpflichtet.
48 
[60] bb) Der Beklagte kann sich zur Stützung seiner abweichenden Rechtsauffassung, wonach es schon ausreiche, dass ein Luftreinhalteplan die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte jedenfalls schrittweise anstrebe, auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 25. Juli 2008 in der Rechtssache C-237/07, nicht berufen. Denn diese Entscheidung ist zu einer insoweit anderen Rechtslage ergangen. Sie bezieht sich auf Aktionspläne nach Art. 7 Abs. 3 RL 96/62/EG. Abgesehen von der unterschiedlichen Zielsetzung von Luftreinhalteplänen und Aktionsplänen bzw. Plänen für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen ist in der genannten Vorschrift im Unterschied zu Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 RL 2008/50/EG der ausdrückliche Hinweis auf die Eignung der zu ergreifenden Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts nicht enthalten; die Maßnahmen sollen nach Art. 7 Abs. 3 RL 96/62/EG lediglich dazu dienen, die Gefahr der Überschreitung zu verringern und die Dauer der Überschreitung zu beschränken. Der Europäische Gerichtshof hat aus dem Aufbau der Richtlinie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten entnommen, Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Dauer der Überschreitung unter Berücksichtigung aller Umstände auf ein Minimum zu reduzieren (Urteil vom 25. Juli 2008 a.a.O. Rn. 45). Wenn hiernach auch insoweit ein Minimierungsgebot gilt, ist der Entscheidung nicht etwa zu entnehmen, dass die Möglichkeit zur schrittweisen Erreichung der Grenzwerte voraussetzungslos eingeräumt sein soll. Vielmehr muss sich die Maßnahme auch unter Berücksichtigung des zeitlichen Moments rechtfertigen lassen“.
49 
Aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 BImSchG und aus seiner Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht folgt zur Überzeugung der Kammer, dass die Erstellung eines Luftreinhalteplans erforderlich ist, der auf das Ziel der Einhaltung der Grenzwerte in möglichst kurzer Zeit ausgerichtet ist. Aus dem Zusammenhang von § 47 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG folgt, dass der Plan (alle) Maßnahmen enthalten muss, die für die Zielerreichung erforderlich sind und dass der Zeitraum, der für die Einhaltung der Grenzwerte benötigt wird, so kurz wie möglich zu halten ist. Der Zeitraum, der erforderlich ist, um die Überschreitung so kurz wie möglich zu halten, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Er hängt von jeweiligen örtlichen Umständen und den erforderlichen Maßnahmen ab. Der Zeitraum kann kürzer oder länger sein, je nachdem, wieviel Zeit die Umsetzung der Maßnahmen im Einzelfall erfordert. Ob die zuständige Behörde ihren Verpflichtungen nachgekommen ist, lässt sich aber nur dann feststellen, wenn hinter der Planung ein Gesamtkonzept steht, das die Einhaltung der Werte zum Ziel hat. Es reicht nicht aus, sich in der Planung nur mit einzelnen Maßnahmen zu beschäftigen und dabei offen zu lassen, wann das Gesamtziel aufgrund welcher Maßnahmen erreicht sein wird. Der Bürger und stellvertretend für ihn der Kläger kann nur dann prüfen, ob seinem Anspruch auf Aufstellung eines effektiven Luftreinhalteplans Genüge getan ist, wenn der Luftreinhalteplan entsprechende Aussagen enthält. Sollte es punktuell mittelfristig rechtlich oder tatsächlich nicht möglich sein, das Ziel zu erreichen, wäre auch das in einem Luftreinhalteplan darzustellen. Denn der Bürger bzw. der Kläger soll schon im Vorfeld einer Klage erkennen können, ob sein Anspruch erfüllt ist oder nicht, damit er sein Verhalten danach ausrichten kann.
50 
Diesen Anforderungen genügen die 2. und die 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen nicht. Ob die genannten Anforderungen in diesem Umfang schon an den ursprünglichen Luftreinhalte- und Aktionsplan aus dem Jahr 2005 und seine erste Fortschreibung zu stellen waren, kann offen bleiben. Letztere wurden unter der Geltung anderer rechtlicher Voraussetzungen aufgestellt. Damals waren noch die Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27.09.1996 mit ihren später erlassenen Tochterrichtlinien und die entsprechenden nationalrechtlichen Vorschriften maßgeblich.
51 
Die 2. und die 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen bauen zwar auf den vorangegangen Plänen auf. Sie dienen aber in erster Linie der Rechtfertigung der in ihnen zusätzlich festgelegten Maßnahmen und lassen ein Gesamtkonzept vermissen. Es bleibt in ihnen offen, welche Maßnahmen aus dem Ursprungsplan noch aktuell sind. So scheint der als Teil-Maßnahme „RT-1“ bestimmte Bau der Dietwegtrasse aufgegeben worden sein, ohne diese Maßnahme aus der Planung zu streichen und die Streichung nachvollziehbar zu machen. Es wird in der 2. und 3. Fortschreibung auch nicht erkennbar, ob zusätzlich zu den beschlossenen Maßnahmen aus früher beschlossenen Maßnahmen noch ein Potential zur Verminderung der Grenzwerte besteht, das neben den aktuell beschlossenen Maßnahmen dazu kommt. Der sich im Bau befindliche Scheibengipfeltunnel ist zwar durchweg ein Thema. Es wird aber aus den Fortschreibungen nicht deutlich, in welchem Umfang er sich zusammen mit den neu beschlossenen Maßnahmen positiv auswirkt.
52 
Der Bau des Scheibengipfeltunnels ist nach der Umsetzung bereits früher beschlossener und verwirklichter Maßnahmen und neben den neuen Maßnahmen der 3. Fortschreibung zwar eine zentrale Maßnahme zur Einhaltung der Grenzwerte. Es ist aber nicht erkennbar, dass die Grenzwerte nach der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels eingehalten werden. Dies gilt jedenfalls für die Einhaltung der Grenzwerte in der Lederstraße. Nach dem Gutachten L. April/August 2012 (Seite 32 und 36) reicht die Entlastung durch den Bau des Scheibengipfeltunnels zusammen mit anderen Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte nur dann aus, wenn zusätzlich der Verkehr in der Lederstraße beschränkt wird. Für Stickstoffdioxid wird im Falle von Verkehrsbeschränkungen in der Lederstraße auf der Basis des Referenzfalls 2015 ein Jahresmittelwert von 39,5 μg/m³ und damit die Einhaltung des Grenzwertes prognostiziert. Für Feinstaub PM10 geht das Gutachten von einem Jahresmittelwert von 25,2 μg/m³ aus. Dieser Wert spricht bei einem Schwellenwert von 28,0 μg/m³ für die Einhaltung der zulässigen Überschreitungstage für den Tagesmittelwert 50,0 μg/m³. Das bedeutet, dass der Beklagte im Hinblick auf die Lederstraße zusammen mit anderen bereits beschlossenen Maßnahmen noch nicht genug veranlasst hat, um die Einhaltung der Grenzwerte sicherzustellen, da weitere noch nicht beschlossene Maßnahmen erforderlich sind - dies obwohl der Beklagte und die Beigeladene bereits umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität umgesetzt haben.
53 
Die Kammer ist zwar zu der Überzeugung gekommen, dass vor der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels eine Verminderung der Leistungsfähigkeit der Lederstraße nicht in Betracht kommt, dass sie aber als Objekt einer Maßnahme nicht ausscheidet, wenn nach der Eröffnung des Scheibengipfeltunnels andere verhältnismäßige Maßnahmen für die Einhaltung der Grenzwerte nicht zur Verfügung stehen. Die Verlagerung des Verkehrs weg von der Lederstraße schon vor der Eröffnung des Scheibengipfeltunnels würde nicht nur dazu führen, dass sich der Verkehr in andere innerstädtische Straßen der Stadt Reutlingen verlagern würde. Auch der Durchgangsverkehr durch die Stadt Eningen wurde sich merklich, nämlich um 3100 Fahrzeuge täglich, erhöhen (vgl. Gutachten L. April/August 2012, Anhang A3, Schaubild ‚„Differenz „Planfall 1 zu Bestand“ Gesamtstadt“‘). Der Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid liegt aber bereits heute nicht unerheblich über dem Grenzwert, wie der Abbildung 4.8 auf Seite 44 des Gutachtens L., Dezember 2012/Mai 2013 zu entnehmen ist. Auf der Basis des Referenzfalls 2013 liegt er bei mehr oder weniger 50 μg/m³ und sinkt bei Erstreckung der Umweltzone auch auf Eningen nur auf ca. 49 μg/m³. Maßnahmen zur Entlastung einer Straße, die zwangsläufig dazu führen, dass der Grenzwert an anderer Stelle noch weiter als bisher überschritten wird, sind unzulässig.
54 
Gleiches würde wohl für die Oststadt nicht gelten, da nach dem Gutachten L. April/August 2012 die Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub PM10 dort noch erheblich unterschritten werden und auch bei Entstehung zusätzlichen Verkehrs die Grenzwerte nicht überschritten würden. Anders als vom Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen vorgetragen, ist die Verlagerung von Verkehr zur Einhaltung der Grenzwerte der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung auch nicht von vornherein unzulässig. So führt auch der zweifellos rechtmäßige Bau des Scheibengipfeltunnels zu nichts anderem als einer, in dem Fall dann aber erwünschten, Verkehrsverlagerung. Die Kammer geht aber davon aus, dass derzeit eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Lederstraße aufgrund der Folgen, die sich vor der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels einstellen würden, unverhältnismäßig wäre (vgl. zum Erfordernis der Verhältnismäßigkeit: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.22 - juris RdNr. 59, Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, 10. Auflage 2013, § 47 RdNr. 16). Die Frage der Verhältnismäßigkeit steht in einem Spannungsverhältnis zu der uneingeschränkten Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzwerte und ist im Lichte dieser Verpflichtung auszulegen. Führt das Unterlassen einer denkbaren Maßnahme nur zu einer Verzögerung der Einhaltung der Grenzwerte und schließt es die Einhaltung der Grenzwerte nicht auf erhebliche Zeit oder gar auf Dauer aus, kann es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtfertigen, die Maßnahme zu unterlassen, wenn bereits eine andere Maßnahme auf den Weg gebracht ist, die nach ihrer Verwirklichung die fragliche Maßnahme zum großen Teil wieder überflüssig machen würde. Die Unverhältnismäßigkeit liegt derzeit darin begründet, dass aufgrund der erheblichen Verkehrszunahme in den Straßen, die parallel zur Lederstraße liegen, erhebliche Folgemaßnahmen durchzuführen wären, um die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten und um relevante Unzuträglichkeiten für die dortigen Anwohner zu vermindern. Diese Maßnahmen, die sich auch nicht von heute auf morgen umsetzten ließen, könnten aber mit der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels zumindest teilweise wieder obsolet werden, weil dieser nach der vorliegenden Gutachtenlage zu einer erheblichen Entlastungswirkung für die Reutlinger Innenstadt führen wird. Nach dem Vergleich der Darstellungen im Gutachten L. April/August 2012 (Anhang A3, Schaubild ‚„Differenz „Planfall 1 zu Bestand“ Innenstadt“‘ einerseits und ‚„Differenz „Planfall 2 zu Bestand“ Innenstadt“‘) würde sich der Ausweichverkehr in der Innenstadt Reutlingen wieder erheblich reduzieren. In der Albstraße geht die Prognose ohne Scheibengipfeltunnel von zusätzlichen 4900 Fahrzeugen und mit Scheibengipfeltunnel von zusätzlichen 1900 Fahrzeugen aus. In der Gartenstraße betragen die entsprechenden Werte zwischen 2200 und 1800 Fahrzeuge bzw. zwischen 500 und 300 bei etwa 11000 Fahrzeugen, die heute dort schon verkehren.
55 
Nach der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit der Reduzierung der Leistungsfähigkeit der Lederstraße wegen des dann reduzierten Verkehrs wieder neu. Es reicht dann aber nicht aus, lediglich die Probleme aufzuzählen, die entstehen, wenn nach der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels die Leistungsfähigkeit der Lederstraße vermindert wird, wie es der Beklagte und die Beigeladene bislang getan haben. Vielmehr ist es bereits heute im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans erforderlich, ernsthaft zu untersuchen, wie den Folgen einer zwar nicht unerheblichen, aber gleichwohl zur Einhaltung der Grenzwerte unzureichenden Verkehrsverlagerung nach Eröffnung des Scheibengipfeltunnels durch planerische und verkehrslenkende Maßnahmen entgegengewirkt werden soll. Da der Zeitraum der Überschreitung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten ist, ist es Aufgabe des Beklagten, bereits jetzt Maßnahmen zu untersuchen, die zusammen mit der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels zur Einhaltung der Grenzwerte führen können. Ein Zuwarten bis nach Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels verbietet sich aufgrund der durch die gesetzlichen Vorschriften vorgegebenen zeitlichen Komponente zur Einhaltung der Grenzwerte. Nach Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels kann es nur noch um eine Feinsteuerung der erforderlichen Maßnahmen gehen.
56 
Sofern der Beklagte (wie er vorträgt) mit Maßnahmen in seiner eigenen Kompetenz eine Einhaltung der Grenzwerte nicht gewährleisten kann, ist er auch verpflichtet, konsensuale Lösungen mit der Beigeladenen und anderen Entscheidungsträgern zu suchen, mit denen eine weitere Reduzierung der NO2- und Feinstaub PM10-Werte erreicht werden kann. Solche Maßnahmen waren teilweise auch schon im ersten Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgenommen worden und sind auch in der 3. Fortschreibung erwähnt (vgl. S. 49 der 3. Fortschreibung). Dies betrifft einerseits flankierende Maßnahmen im Falle der Verkehrsreduzierung in der Lederstraße, sofern dann in der Oststadt verkehrslenkende bzw. straßenrechtliche Maßnahmen durch die Beigeladene erforderlich sind. Andererseits wird der Beklagte auch zu erwägen haben, ob er durch finanzielle Anreize Maßnahmen der Beigeladenen oder anderer Entscheidungsträger anstoßen oder vorantreiben kann, die ebenfalls zu einer Reduzierung der überschrittenen Werte beitragen können (z.B. Ausbau/Umgestaltung der Parkraumbewirtschaftung, Förderung des Baus der Stadtbahn, kostenloses oder verbilligtes ÖPNV-Ticket etc.). Ob und welche Maßnahmen sinnvoll und verhältnismäßig sind, kann der Beklagte ggf. vorab durch Einholung von Gutachten klären lassen.
57 
Für die Karlstraße, die Konrad-Adenauer-Straße und die Mittnachtstraße sieht die Situation auch ohne zusätzliche Beschränkung des Verkehrs in der Lederstraße besser aus. Jedenfalls nach dem Gutachten L. April/August 2012 kann mit einer Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid gerechnet werden (vgl. Seite 32, Tabelle 4.5, vorletzte Zeile). Die Ausgangswerte für Stickstoffdioxid beziehen sich im Gutachten L. Dezember 2012/Mai 2013 (vgl. Seite 5, Tabelle 1, Zeile 1) auf ein anderes Referenzjahr, das Jahr 2013, und liegen über denen aus dem Gutachten April/August 2012. Auf der Basis des abweichenden Gutachtens Dezember 2012/Mai 2013 kann nicht festgestellt werden, ob Grenzwerte nach der Fertigstellung des Scheibengipfeltunnels auf der Basis dessen Daten ohne zusätzliche Maßnahmen an der Lederstraße auch in Bezug auf die zuletzt genannten Straßen eingehalten werden können. Eine entsprechende Berechnung fehlt. Mit einer Überschreitung der Feinstaubwerte ist aber in beiden Fällen nicht zu rechnen (vgl. Gutachten L. April/August 2012 Seite 36, Tabelle 4.6, vorletzte Zeile, Gutachten L. Dezember 2012/Mai 2013, Tabelle 5).
58 
Auch für die Eberhardstraße und die Karlstraße sind die Aussichten nach der Fertigstellung des Scheibengipfeltunnels günstiger. Dies bedeutet aber nicht, dass das Lkw-Durchfahrtverbot für diese Straßen nicht weiter zu verfolgen wäre. Maßnahmen, die zu einer Reduzierung der Überschreitung der Grenzwerte führen und die einfach umzusetzen sind, dürfen nicht aufgeschoben werden, wenn die Umsetzung anderer wirkungsvoller Maßnahmen noch Jahre in Anspruch nimmt.
59 
Der Beklagte schuldet somit (zusammengefasst) eine weitere Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen,
60 
- der die noch aktuellen Maßnahmen aus den vorangegangenen Plänen darstellt,
- ein Gesamtkonzept der Maßnahmen und ihrer Auswirkungen umfasst, die für die Einhaltung der Grenzwerte erforderlich sind,
- einen Zeitpunkt benennt, in dem die Grenzwerte prognostisch eingehalten werden,
- und der auf die Zeit nach der Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels ausgerichtet ist
- sowie für den Fall, dass die punktuelle Einhaltung der Grenzwerte mittelfristig rechtlich und tatsächlich nicht möglich ist, dafür eine ausführliche Begründung enthält.
61 
Diese Anforderungen stehen einem Vorziehen einzelner Maßnahmen wie dem wie Lkw-Durchfahrtsverbot in der Eberhardstraße und der Karlstraße nicht entgegen.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO. § 708 Nr. 11 Alternative 2 ZPO ist nicht anwendbar, da eine Vollstreckung von Kosten von mehr als 1.500,00 EUR möglich ist.
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Die Berufung ist nach § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Rechtssache hat wegen der Fragen der Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei der Einhaltung von Grenzwerten nach der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung und der inhaltlichen Anforderungen an einen Luftreinhalteplan grundsätzliche Bedeutung.

Tenor

I.

Der Beklagte wird verpflichtet, den für die Landeshauptstadt München geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 μg/cbm im Stadtgebiet München enthält.

II.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, ein nach § 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG) anerkannter Umweltschutzverband, begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Änderung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München mit dem Ziel, weitere Maßnahmen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO-) in diesen aufzunehmen.

Für das Gebiet der Beigeladenen wurde erstmals am 28. Dezember 2004 ein Luftreinhalteplan aufgestellt. Auf diesen Plan und seine Datengrundlage beziehen sich die 1. Fortschreibung vom Oktober 2007, die 2. Fortschreibung vom August 2008 und die 4. Fortschreibung vom September 2010. Die 3. Fortschreibung vom April 2012 beinhaltet eine Beteiligung des Umlandes. Im Mai 2014 trat die 5. Fortschreibung, im Dezember 2015 die 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Gebiet der Beigeladenen in Kraft.

Am 18. Dezember 2015 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, den für die Landeshauptstadt München geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 μg/cbm im Stadtgebiet München enthält.

Er sei als anerkannter Umweltschutzverband klagebefugt. Der für NO- seit 1. Januar 2010 einzuhaltende Grenzwert im Jahresmittel von 40 μg/cbm werde an mehreren Orten im Stadtgebiet überschritten. Der Beklagte komme seiner sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG) i. V. m. § 27 Abs. 2 der Neununddreißigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) ergebenden Verpflichtung nicht nach. Die bisher ergriffenen Maßnahmen seien nicht geeignet, die Grenzwertüberschreitung so kurz wie möglich zu halten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Luftreinhalteplan seien alle umsetzbaren Maßnahmen aufgeführt. Die Prüfung weiterführender Maßnahmen sei Gegenstand der Maßnahme M 1 der 6. Fortschreibung, wobei das besondere Augenmerk auf den rechtlich, verkehrstechnisch und räumlich möglichen Maßnahmen und deren lufthygienischer Wirksamkeit liege. Die vom Kläger geforderten weiteren Maßnahmen seien mehrfach geprüft und bewertet worden. Die Probleme der momentanen NO-Situation würden durch divergierende Regelungen der EU zu Emissionen und Immissionen verursacht. Die Emissionsgrenzwerte für Euro-6-Dieselfahrzeuge im tatsächlichen Fahrbetrieb würden nicht eingehalten. Hinzu kämen legale und illegale Manipulationen bei Abgasminderungssystemen von Dieselfahrzeugen. Um diese Probleme zu lösen, seien wirksame Anforderungen an das Emissionsverhalten von Dieselfahrzeugen auf europäischer Ebene erforderlich. Nach derzeitigem Stand würden die europäischen Instrumente nicht vor dem Jahr 2020 wirksam werden. So lange politische Grundsatzentscheidungen hierzu nicht vorlägen, könnten die Immissionsgrenzwerte in München nicht eingehalten werden.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei mangels Klagebefugnis schon unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. An der Messstation Landshuter Allee träten aufgrund der Bebauungsstruktur, der Verkehrsstärke und der meteorologischen Randbedingungen die höchsten Konzentrationen auf. In den zur Landshuter Allee führenden Seitenstraßen könne ab einer Entfernung von etwa 50 m davon ausgegangen werden, dass der NO-Grenzwert für das Jahresmittel unterschritten sei. Daher seien die an der Landshuter Allee gemessenen NO-Konzentrationen weder auf den gesamten Mittleren Ring noch auf das Stadtgebiet München übertragbar. Müsste der NO-Grenzwert im Bereich des am höchsten belasteten Straßenabschnitts des Mittleren Rings kurzfristig eingehalten werden, dann müsste die derzeitige Verkehrsmenge auf dem Mittleren Ring entweder um mindestens 80% reduziert oder jeglicher Lastkraftverkehr verboten und zudem sämtliche Dieselfahrzeuge durch Benzinfahrzeuge ersetzt werden. Der Minderungseffekt durch die auf europäischer Ebene festgelegten Emissionsbegrenzungen für Kraftfahrzeugemissionen der Abgasnormen Euro-5 und Euro-6 sei nicht in dem erwarteten Maße eingetreten. Die akute Bedeutung der verkehrsbedingten Schadstoffe, insbesondere von NO-, beruhe nicht auf einer Zunahme der Luftbelastung, sondern auf dem planmäßigen Absenken der Grenzwerte, so dass eine Grenzwertüberschreitung keineswegs eine Zunahme der Gefahr durch Luftschadstoffe bedeute. Die Belastung durch Immissionen aus dem Straßenverkehr könne ohne verschärfte europäische Produktnormen und deren korrekte Überwachung nicht bewältigt werden. Die europäischen und bundesrechtlichen Normen über die Luftreinhalteplanung würden einen konzeptionellen Widerspruch des europäischen Rechts beweisen. Produktrechtliche Regelungen für Kraftfahrzeuge würden für dieselbetriebene Kraftfahrzeuge erst mit langfristigen Zeitplänen Verbesserungen vorsehen. Im Rahmen der Luftreinhalteplanung der Beigeladenen sei eine umfassende Prüfung der möglichen Maßnahmen zur Reduzierung der Luftschadstoffbelastung durchgeführt worden, geeignete Maßnahmen seien umgesetzt worden.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 10. Mai 2016 sowie auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die Entscheidung kann ohne weitere mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind, § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klage hat Erfolg, da sie zulässig (I.) und begründet (II.) ist.

I.

Die Klage ist zulässig.

1. Bei pflichtwidrigem Unterlassen einer Luftreinhalteplanung ist die allgemeine Leistungsklage statthafte Klageart (vgl. VG München, U. v. 9.10.2012 - M 1 K 12.1046 - juris Rn. 18; BayVGH, U. v. 18.5.2006 - 22 BV 05.2462 - juris Rn. 15; BVerwG, U. v. 5.9.2013 - 7 C 21.12 - juris Rn. 18).

2. Der Kläger ist als nach § 3 UmwRG anerkannter Umweltschutzverband entgegen dem Vortrag der Beigeladenen klagebefugt.

Die Klagebefugnis folgt aus § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO, der auch im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage Anwendung findet (Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 62, 371). Der Kläger kann geltend machen, durch die unzureichende Fortschreibung des Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i. V. m. § 27 der 39. BImSchV nicht genügt, in seinen Rechten verletzt zu sein. § 47 Abs. 1 BImSchG räumt nämlich nicht nur unmittelbar betroffenen natürlichen Personen, sondern auch nach § 3 UmwRG anerkannten Umweltverbänden das Recht ein, die Aufstellung eines den Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans zu verlangen. Zwar kann der Kläger als juristische Person in seiner Gesundheit nicht betroffen sein und die Verletzung eines aus der Gewährleistung der körperlichen Unversehrtheit folgenden subjektiven Rechts auf Einhaltung der Immissionsgrenzwerte nicht geltend machen. Nach dem hergebrachten Begriffsverständnis des subjektiven Rechts würde außerdem Entsprechendes gelten, soweit das Luftqualitätsrecht dem Schutz der Umwelt als solcher und damit einem Allgemeininteresse dient. Jedoch gebietet das Unionsrecht eine erweiternde Auslegung der aus dem Luftqualitätsrecht folgenden subjektiven Rechtspositionen. § 47 Abs. 1 BImSchG ist im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 8. März 2011 (C-240/09 - juris, NVwZ 2011, 673 ff.) dahingehend auszulegen, dass auch Umweltverbände das Recht haben, die Einhaltung der zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts zu verlangen. Allerdings ist nicht jedem Umweltverband ein Recht auf Einhaltung der Vorschriften bei Aufstellung eines Luftreinhalteplans zu gewähren. Umweltverbände können nur dann Träger von materiellen subjektiven Rechten sein, wenn sie nicht nur Teil der allgemeinen Öffentlichkeit, sondern der „betroffenen Öffentlichkeit“ sind. Dies ist bezüglich nichtstaatlicher Organisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, zu bejahen. Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen, da er nach § 3 UmwRG anerkannt ist. Dieser Norm ist die Grundentscheidung zu entnehmen, dass nur die hiernach anerkannten Umweltverbände berechtigt sein sollen, die Verletzung von dem Umweltschutz dienenden Rechtsvorschriften vor Gericht geltend zu machen. Weitere Voraussetzungen für dieses den Umweltverbänden eingeräumte Recht sind nicht ersichtlich (ausführlich zur Klagebefugnis BVerwG, U. v. 5.9.2013 - 7 C 21.12 - juris Rn. 17-50).

II.

Die Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Änderung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München in dem Sinne, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 μg/cbm enthalten muss.

Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, der Art. 23 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/50/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa in nationales Recht umsetzt, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

1. Nach Art. 13 Abs. 1 i. V. m. Anhang XI Buchstabe B der RL 2008/50/EG, der durch § 48a Abs. 1 BImSchG i. V. m. § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV in nationales Recht umgesetzt wird, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO- 40 μg/cbm. Die Frist zur Einhaltung dieses Grenzwerts ist nach Art. 13 Abs. 1 i. V. m. Anhang XI Buchstabe B der RL 2008/50/EG seit 1. Januar 2010 abgelaufen.

2. Die NO2-Belastung in München (Jahresmittelwert) lag an den Messstellen Landshuter Allee (83 μg/cbm) und Stachus (62 μg/cbm) im Kalenderjahr 2014 über dem zulässigen über das Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwert von 40 μg/cbm. Gleiches gilt für das Kalenderjahr 2015, in dem die Werte an der Messstelle Landshuter Allee bei 84 μg/cbm und an der Messstelle Stachus bei 64 μg/cbm lagen (Umweltbundesamt, „Stickstoffdioxid (NO-) im Jahr 2015“ - http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/358/dokumente/no2_2015_1.pdf, S. 5). Der Vortrag der Beigeladenen, dass der Immissionsgrenzwert in einiger Entfernung zur Messstation an der Landshuter Allee eingehalten sei, ändert nichts an der Überschreitung des Grenzwerts an den beiden genannten Messstationen und damit an der Nichteinhaltung der Vorgaben von Art. 13 Abs. 1 i. V. m. Anhang XI Buchstabe B der RL 2008/50/EG und § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV.

3. Da die zulässigen Immissionsgrenzwerte überschritten sind, ergibt sich aus Art. 23 Abs. 1 Satz 2 RL 2008/50/EG, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BImSchG und § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 39. BImSchV die Pflicht des Beklagten, in den Luftreinhalteplan geeignete Maßnahmen aufzunehmen, um den Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich zu halten. Die Einhaltung der Grenzwerte soll also durch geeignete Maßnahmen schnellstmöglich erfolgen.

An dieser Pflicht ändert der Vortrag der Beigeladenen, dass die Grenzwertüberschreitung von NO- nicht eine Zunahme der Gefahr durch Luftschadstoffe bedeute, sondern auf der Absenkung der jeweiligen Grenzwerte beruhe, nichts. Denn die Verpflichtung zur Aufstellung eines Luftreinhalteplans mit geeigneten Maßnahmen ergibt sich aus den zitierten gesetzlichen Regelungen und der derzeit vorhandenen Überschreitung der geltenden Grenzwerte. Es kommt auf die Grenzwertüberschreitung an sich und nicht darauf an, ob die Luftbelastung im Stadtgebiet der Beigeladenen zunimmt oder sinkt.

4. Den unter 3. beschriebenen Anforderungen genügt die 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans nicht. Daher ist der Beklagte weiterhin zur Aufstellung eines Luftreinhalteplans mit zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung geeigneten Maßnahmen verpflichtet.

a) Die Maßnahmen der 6. Fortschreibung sind schon nach dem eigenen Vortrag des Beklagten nicht zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung geeignet. Mindestanforderung an die Geeignetheit einer Maßnahme ist, dass sie der Beklagte als Verantwortlicher für die Aufstellung des Luftreinhalteplans selbst für geeignet hält. Dem wird die 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans nicht gerecht, denn der Beklagte selbst erwartet ohne zusätzliche Maßnahmen keine Einhaltung des NO-Immissionsgrenzwerts an der Messstation Landshuter Allee vor 2030 und an der Messstation Stachus vor 2025 (S. 76 der 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans).

b) Die Maßnahmen der 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans sind nicht geeignet, um die vorgegebenen Grenzwerte schnellstmöglich einhalten zu können.

aa) Nach den gesetzlichen Vorgaben müssen die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans geeignet sein, den Überschreitungszeitraum so kurz wie möglich zu halten. Dabei bedeutet „schnellstmöglich“ nicht sofort. Es ist aber eine zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele anzustreben (vgl. auch BVerwG, U. v. 5.9.2013 - 7 C 21.12 - juris Rn. 59). Die vom Beklagten in der 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans (S. 76) aufgestellte Prognose, dass eine Einhaltung des NO-Immissionsgrenzwerts für das Jahresmittel an der Messstation Landshuter Allee ohne zusätzliche Maßnahmen voraussichtlich erst nach 2030 möglich und an der Messstation Stachus nicht vor 2025 zu erwarten ist, genügt nicht den gesetzlichen Vorgaben an eine schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung. Vielmehr wurde in dem am 9. Oktober 2012 entschiedenen Verfahren zum Luftreinhalteplan München (M 1 K 12.1046 - juris) schon eine Grenzwerteinhaltung in den Jahren 2015 bzw. 2020 nicht mehr als „schnellstmöglich“ betrachtet.

(1) Die bekanntgewordene Problematik betreffend die Emissionen von Dieselkraftfahrzeugen führt auch unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit nicht dazu, dass ein Erreichen des Immissionsgrenzwerts ab 2025 bzw. 2030 als „schnellstmöglich“ im Rechtssinne angesehen werden kann. Bekanntlich können Dieselfahrzeuge die Vorgaben der Euro-5- und Euro-6-Normen, die unter den vorgesehenen Testbedingungen gemessen wurden, im tatsächlichen Fahrbetrieb nicht einhalten. Darüber hinaus wurde offenbar von einigen Herstellern von Dieselfahrzeugen die Software der Fahrzeuge dergestalt beeinflusst, dass die Fahrzeuge Testläufe erkennen können und damit zwar in Testmessungen, nicht aber im Realbetrieb die Vorgaben der Euro-5- und Euro-6-Normen einhalten.

Dieser Sachverhalt ist für die Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzwerte irrelevant, da die Luftschadstoffgrenzwerte auf Europarecht, nämlich auf Art. 13 Abs. 1 i. V. m. Anhang XI Buchstabe B der RL 2008/50/EG, beruhen und deshalb im Rahmen der nationalen Rechtsanwendung nicht relativiert werden können. Mit dem Vorbringen, eine Lösung der Luftreinhalteproblematik könne nur unter Berücksichtigung des tatsächlichen Schadstoffausstoßes von Dieselfahrzeugen auf europäischer Ebene erfolgen, können sich der Beklagte und die Beigeladene deshalb nicht der Pflicht entziehen, durch eine effiziente Luftreinhalteplanung zu einer schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung beizutragen.

Allerdings ist die Problematik um die Dieselemissionen bei der Bestimmung des Begriffs „schnellstmöglich“ zu berücksichtigen. Im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte und die Beigeladene ebenso wie der Gesetzgeber bei der Grenzwertfestlegung davon ausgehen durften, dass die Vorgaben der Euro-5- und Euro-6-Normen durch Dieselfahrzeuge auch im Echtbetrieb eingehalten würden. Nachdem der hierdurch zu erwartende Beitrag zur Schadstoffreduzierung sich nun nicht zeitnah realisiert, kann eine „schnellstmögliche“ Grenzwerteinhaltung nicht in den ursprünglich prognostizierten Zeiträumen erwartet werden. Ein Hinausschieben bis über das Jahr 2030 rechtfertigt sich hieraus indes nicht.

Die vom Beklagten und der Beigeladenen zusätzlich ins Feld geführten sog. “Softwaremanipulationen“ haben keine Auswirkungen auf die Frage, ob die in der 6. Fortschreibung getroffene Prognose den Anforderungen an eine schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung genügt. Denn die Prognose wurde unabhängig von den bekanntgewordenen „Softwaremanipulationen“ getroffen. Der Beklagte trägt selbst vor, eine Abschätzung der Auswirkungen der Manipulationen auf die Luftqualität könne erst dann erfolgen, wenn der Sachverhalt aufgeklärt sei.

(2) Ferner ist bei der Frage nach der „schnellstmöglichen“ Grenzwerteinhaltung auch zu berücksichtigen, dass nach Art. 13 Abs. 1 i. V. m. Anhang XI Buchstabe B der RL 2008/50/EG die Einhaltung der Grenzwerte bereits seit 2010 verpflichtend ist. Wegen der andauernden Grenzwertüberschreitungen in verschiedenen Städten Deutschlands hat die Europäische Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Auch wurde der Beklagte schon im Jahr 2012 gerichtlich zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans mit zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung geeigneten Maßnahmen verpflichtet (VG München, U. v. 9.10.2012 - M 1 K 12.1046 - juris).

(3) Vor diesem Hintergrund, dass eine schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung aufgrund der Diesel-Problematik wohl nicht (mehr) - wie zunächst angenommen (VG München, U. v. 9.10.2012 - M 1 K 12.1046 - juris) - vor dem Jahr 2020 erreicht werden kann, andererseits der Schutz hochrangiger Rechtsgüter, nämlich der menschlichen Gesundheit und der Umwelt, im Raum stehen und die Grenzwertüberschreitung schon seit 2010 behoben sein müsste, wird die Prognose des Beklagten, dass eine Grenzwerteinhaltung nicht vor 2025 bzw. 2030 möglich ist, nicht den gesetzlichen Vorgaben an eine schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung gerecht. Der Beklagte ist verpflichtet, Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufzunehmen, die es ermöglichen, die von ihm in der 6. Fortschreibung getroffene zeitliche Prognose zur Grenzwerteinhaltung deutlich nach unten zu korrigieren.

bb) Dem Beklagten ist es dabei auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. auch VG Hamburg, U. v. 5.11.2014 - 9 K 1280/13 - juris Rn. 30 ff.; BVwerG, U. v. 5.9.2013 - 7 C 21.12 - juris Rn. 59) möglich, geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung in den Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. BVerwG v. 29.3.2007 - 7 C 9.06 - juris Rn. 18). Denn es stehen weitere, effektive Maßnahmen im Raum, die geeignet wären, eine schnellere als die vom Beklagten angestrebte Grenzwerteinhaltung zu erreichen. Insofern sind die in der 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufgenommenen Maßnahmen nicht einschneidend genug.

(1) Die Maßnahmen M 2 bis M 20 der 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans können zwar ggfs. einen Beitrag zur Grenzwerteinhaltung leisten, sind aber für sich genommen keine Maßnahmen, die zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung im Sinn der § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, § 27 Abs. 2 der 39. BImSchV geeignet wären. Die Maßnahme M 2 „Anpassungen der bestehenden Umweltzone zur Reduzierung der NO-Belastung“ hat die Prüfung der Verschärfung der bisherigen Bedingungen für die Einfahrt in die Umweltzone zum Ziel und soll realisiert werden, sobald die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind. Ein Minderungspotential wird nicht benannt. Auch wenn eine eventuelle Verschärfung der Bedingungen für die Einfahrt in die Umweltzone an der Hauptemissionsquelle - den Dieselfahrzeugen - ansetzen mag, so ist die Maßnahme M 2, die in ihrer derzeitigen Form keine unmittelbaren Auswirkungen auf die NO-Belastung erwarten lässt, viel zu unkonkret, um effektiv zur Grenzwerteinhaltung beizutragen. Die Maßnahmen M 3a bis M 20 können - abgesehen davon, dass sie überwiegend schon allein aufgrund des nicht festgeschriebenen Minderungspotentials im Ungefähren bleiben - unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die anhaltende Grenzwertüberschreitung hauptsächlich von Dieselfahrzeugen verursacht wird, nicht in einer Weise effektiv zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte beitragen, dass sie im Sinne der Anforderungen der § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, § 27 Abs. 2 der 39. BImSchV geeignet wären und der Beklagte damit seiner gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen wäre.

(2) Die Maßnahme M 1, auf die der Beklagte als zentrale Maßnahme verweist, wird beschrieben als „Gutachterliche Ermittlung der verkehrlichen Bedingungen und Auswirkungen verkehrssteuernder Maßnahmen mit dem Ziel der Minderung der Verkehrsmenge auf besonders belasteten Abschnitten sowie deren Stickstoffdioxid-Minderungspotentials und sonstiger Auswirkungen auf die Luftqualität“. Sie ist nicht - auch nicht in Zusammenschau mit den anderen in der 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans festgeschriebenen Maßnahmen - geeignet zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung.

Im Luftreinhalteplan selbst wird das Ziel des Gutachtens sehr allgemein dahingehend beschrieben, dass die rechtlich, verkehrstechnisch und räumlich möglichen Maßnahmen zur Verkehrslenkung und Verkehrssteuerung sowie deren praktische Umsetzbarkeit und die lufthygienische Wirkung insbesondere auf die NO-Belastung geprüft werden sollen. Ein Minderungspotential wird nicht angegeben, da dieses erst durch das Gutachten, dessen Fertigstellung im Jahr 2017 geplant ist, ermittelt werden soll. Diese abstrakte, allgemeine Zielsetzung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen des Art. 23 RL 2008/50/EG, des § 47 Abs. 1 BImSchG und des § 27 der 39. BImSchV, aus denen sich ergibt, dass es effektiver Maßnahmen zur Grenzwerteinhaltung bedarf. Unter Berücksichtigung des Schutzes von Gesundheit und Umwelt sind im Falle der Nichteinhaltung von Grenzwerten einschneidende Maßnahmen erforderlich, um die Überschreitung schnellstmöglich zu beenden (vgl. auch VG München, U. v. 10.2012 - M 1 K 12.1046 - juris Rn. 32 f.). Der Gutachtensauftrag stellt jedoch keine Maßnahme dar, die die Emissionen reduzieren und damit unmittelbar zur Grenzwerteinhaltung beitragen könnte. Vielmehr dient das Gutachten bestenfalls zur Vorbereitung weiterer Maßnahmen. Hierzu mag es geeignet sein, zur Grenzwerteinhaltung an sich nicht, da es hierfür einer Vielzahl an weiteren ungewissen Zwischenschritten - nämlich der Aufnahme konkreter geeigneter Maßnahmen in den Luftreinhalteplan - bedürfte.

Darüber hinaus lässt auch die vom Beklagten vorgelegte funktionale Leistungsbeschreibung zu der Maßnahme M 1 nicht erkennen, dass damit konkrete Prüfaufträge für konkrete, ggfs. auch verkehrsbeschränkende Maßnahmen verbunden wären. Es fehlt ihr schon unter formellen Gesichtspunkten an der Verbindlichkeit. Es sind weder ein „Kopf“ noch ein Datum vorhanden. Auch die Unterschrift fehlt, so dass keine Aussage zum Urheber der Leistungsbeschreibung getroffen werden kann. Ferner ist unklar, ob es sich um eine für den Gutachter verbindliche Vorgabe oder um rein unverbindliche Anhaltspunkte handeln soll. Aber auch abgesehen von den formellen Mängeln bleibt die Leistungsbeschreibung zu unkonkret, um aus der Maßnahme M 1 eine einschneidende im Sinne der gesetzlichen Vorgaben zu machen. Die bloße Prüfung „möglicher Maßnahmen“ genügt auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht der Verpflichtung zur schnellstmöglichen Erreichung des Grenzwerts. In der sog. funktionalen Leistungsbeschreibung werden keine konkreten verkehrsbeschränkenden Maßnahmen, welche zur Grenzwerteinhaltung besonders geeignet wären, erwähnt. Ob unter „Verringerung der Verkehrsmenge“ auch einschneidende - etwa verkehrsbeschränkende - Maßnahmen oder nur weniger effektive verkehrssteuernde Maßnahmen zu fassen sind, ergibt sich nicht. Zwar werden an anderer Stelle einige einschneidendere Maßnahmen wie etwa die City-Maut oder die Umweltzone als Beispiele erwähnt, es werden aber keine konkreten Vorgaben dazu gemacht, welche Maßnahmen durch den Gutachter zu überprüfen sind, so dass er diesbezüglich völlig frei bleibt und sich erst im Nachhinein herausstellen wird, ob einschneidende Maßnahmen zur Grenzwerteinhaltung überhaupt Eingang in das Gutachten gefunden haben.

Es mag der Beigeladenen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zuzugestehen sein, dass sie nicht ohne gutachterliche Untersuchung, quasi „ins Blaue hinein“ einschneidende und auch die Rechte Dritter massiv betreffende verkehrliche Maßnahmen ergreift, zumal bereits mit den bisherigen Fortschreibungen des Luftreinhalteplans Verkehrsbeschränkungen einhergingen, die für die Beigeladene relativ tiefgreifend waren. Eine gutachterliche Untersuchung hätte aber jedenfalls die Prüfung konkreter verkehrslenkender oder -beschränkender Maßnahmen zum Inhalt haben und weit zeitnäher zur Vorbereitung der Fortschreibung des Luftreinhalteplans in Auftrag gegeben werden müssen. Dem Auftrag liegt kein hinreichendes Konzept zugrunde, aus dem die Entwicklung eines Katalogs an einschneidenden Maßnahmen zu erwarten wäre.

(3) Dem Beklagten sind Maßnahmen, die über die in der 6. Fortschreibung aufgenommenen hinausgehen, rechtlich und tatsächlich möglich. So wäre es ohne weiteres möglich, ein konkretes Gutachten, in dem einschneidende Maßnahmen benannt und zur Überprüfung gestellt werden, in Auftrag zu geben. Darüber hinaus lässt sich dem klägerischen Vortrag eine Vielzahl an möglichen einschneidenden Maßnahmen entnehmen. Die „Blaue Plakette“, die „City-Maut“ oder Verkehrsbeschränkungen für besonders belastete Bereiche sind nur einige davon. Auch temporäre Maßnahmen wären ggfs. denkbar.

5. Mit der Antragsformulierung geht der Kläger nicht über das ihm Zustehende hinaus. Bei der Auswahl der Maßnahmen und der von ihnen negativ Betroffenen verfügt die Behörde nämlich über einen Gestaltungsspielraum, der einen Anspruch des von einer Überschreitung des Immissionsgrenzwerts Betroffenen ebenso wie eines Umweltverbandes auf Ergreifen einer bestimmten Maßnahme regelmäßig - so auch vorliegend - ausschließt (vgl. VG München, U. v. 9.10.2012 - M 1 K 12.1046 - juris Rn. 34 m. w. N.). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Aufnahme einer konkreten Maßnahme in den Luftreinhalteplan. Er hat jedoch angesichts der fortdauernden Grenzwertüberschreitung einen Anspruch darauf, dass der Beklagte zur schnellstmöglichen, zeitnahen Grenzwerteinhaltung geeignete, einschneidende Maßnahmen prüft und zur weiteren Verringerung der Werte in sein Luftreinhaltekonzept aufnimmt. Neben den vom Kläger benannten Möglichkeiten wie etwa der „Blauen Plakette“ und der „City-Maut“ sind eine Vielzahl weiterer Optionen denkbar.

6. Die von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2016 bedingt gestellten Beweisanträgen waren abzulehnen.

a) Der Antrag, zum Beweis der Tatsache, dass in Seitenstraßen, die zur Landshuter Allee führen, ab einer Entfernung von etwa 50 m zur Einmündung in die Landshuter Allee davon ausgegangen werden kann, dass der NO-Grenzwert für das Jahresmittel unterschritten ist und die an der Landshuter Allee als stärkstem Belastungspunkt gemessenen NO-Konzentrationen weder auf den gesamten Verlauf des Mittleren Rings noch auf das Stadtgebiet München übertragbar sind, ein Sachverständigengutachten einzuholen, war abzulehnen. Denn die unter Beweis gestellten Tatsachen sind nicht entscheidungserheblich (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 86 Rn. 25). Selbst wenn man sie als wahr unterstellt, ändern sie nichts am Verpflichtungsanspruch des Klägers. Denn auch wenn die Messungen an der Landshuter Allee nicht für das gesamte Stadtgebiet München repräsentativ sind, so sind sie dennoch Beweis dafür, dass die Grenzwerte nicht im gesamten Stadtgebiet eingehalten sind, so dass die Verpflichtung zur Aufstellung eines Luftreinhalteplans mit geeigneten Maßnahmen besteht. Hinzu kommt, dass der Grenzwert nicht nur an der Messstation Landshuter Allee, sondern auch an der Messstation Stachus überschritten ist. Daher würde die tenorierte Verpflichtung des Beklagten auch dann bestehen, wenn die Messung an der Station Landshuter Allee bei der Beurteilung außen vor bliebe.

b) Der Antrag, zum Beweis der Tatsache, dass die derzeitige Verkehrsmenge auf dem Mittleren Ring entweder um insgesamt 80% reduziert werden müsste oder jeglicher Lastkraftverkehr auf dem Mittleren Ring verboten werden müsste und zusätzlich sämtliche Diesel-Personenkraftwagen durch Benzin-Personenkraftwagen auf dem Mittleren Ring ersetzt werden müssten, wenn der geltende NO-Immissionsgrenzwert im Bereich des am höchsten belasteten Straßenabschnitts des Mittleren Rings kurzfristig eingehalten werden müsste, ein Sachverständigengutachten einzuholen, war ebenfalls abzulehnen. Unterstellt, der Beweisantrag sollte dazu dienen, eine Konkretisierung des Begriffs „kurzfristig“ als Synonym zu „schnellstmöglich“ zu erlangen, wäre er unzulässig, weil es sich hierbei um einen durch richterliche Ausfüllung zu klärenden Begriff handelt. Würde man zugunsten der Beigeladenen annehmen, dass sie mit der „kurzfristigen“ Einhaltung die „sofortige“ Einhaltung der Immissionsgrenzwerte meinte, so könnte man die unter Beweis gestellte Tatsache als wahr unterstellen und sie wäre dennoch nicht entscheidungserheblich. Denn die Tatsache, dass eine sofortige Einhaltung der Grenzwerte nur durch die von der Beigeladenen beschriebenen drastischen Maßnahmen erreicht werden könnte, verdeutlicht umso mehr, dass der vom Beklagten zu erstellende Luftreinhalteplan einschneidende Maßnahmen enthalten muss, um das Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung zu erreichen. Am Verfahrensausgang würde also auch diese von der Beigeladenen vorgebrachte Tatsache nichts ändern. Überdies bedeutet „schnellstmöglich“ gerade nicht „sofort“, so dass das von der Beigeladenen plakativ beschriebene Szenario so nicht zur Umsetzung kommen muss.

c) Der Antrag, zum Beweis der Tatsache, dass eine absehbare Grenzwertüberschreitung für die durch den Kraftfahrzeugverkehr emittierten Schadstoffe, insbesondere Stickoxide, nicht eine Zunahme der Gefahr durch Luftschadstoffe bedeutet, ein Sachverständigengutachten einzuholen, war abzulehnen, da es hierauf ebenfalls nicht entscheidungserheblich ankommt. Diese Behauptung kann als wahr unterstellt werden. Denn die Verpflichtung zur Aufstellung eines Luftreinhalteplans mit geeigneten Maßnahmen ergibt sich aus den gesetzlichen Vorgaben der Art. 23 Abs. 1 Satz 2 RL 2008/50/EG, § 47 Abs. 1 BImSchG und § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 39. BImSchV i. V. m. der derzeitigen Überschreitung der geltenden Grenzwerte und nicht daraus, dass die Luftbelastung im Stadtgebiet der Beigeladenen zunehmen würde. Die Luftreinhaltung hat entsprechend nicht allein zum Ziel, eine Zunahme der Gefahr durch Luftschadstoffe zu verhindern, sondern gerade die bestehende Gefahr durch Luftschadstoffe zu reduzieren, womit die von der Beklagten monierte Absenkung der Grenzwerte einhergeht.

d) Schließlich hat die Beigeladene beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass eine Einbeziehung des Mittleren Rings in die Umweltzone weder straßenverkehrsrechtlich noch straßentechnisch möglich wäre und dass, um den Mittleren Ring in die Umweltzone einzubeziehen, vorher Umkehrmöglichkeiten geschaffen werden müssten, wozu es weder die straßenmäßigen noch die räumlichen Voraussetzungen in München gäbe, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Auch dieser Beweisantrag war abzulehnen. Selbst wenn man diesen Vortrag als wahr unterstellte, wäre er nicht entscheidungserheblich: Angesichts der Vielzahl an in Betracht kommenden einschneidenden Maßnahmen hätte allein die Unmöglichkeit, die Umweltzone auf den Mittleren Ring auszudehnen, nicht zugleich die Unmöglichkeit einer Effektivierung des Luftreinhalteplans zur Folge. Selbst wenn sämtliche einschneidenden Möglichkeiten derzeit nicht durchführbar wären, wäre es dem Beklagten immerhin noch möglich, über die unzureichende Maßnahme M 1 hinaus einen konkreten Gutachtensauftrag zur Überprüfung und Ermöglichung explizit benannter einschneidender - auch verkehrsbeschränkender - Maßnahmen in Auftrag zu geben. Überdies ist nicht ersichtlich, warum die Ausdehnung der Umweltzone exakt am Mittleren Ring enden muss und kein anderer Umgriff ins Auge gefasst werden kann.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf Euro 10.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Die zuständige Straßenverkehrsbehörde beschränkt oder verbietet den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 dies vorsehen. Die Straßenverkehrsbehörde kann im Einvernehmen mit der für den Immissionsschutz zuständigen Behörde Ausnahmen von Verboten oder Beschränkungen des Kraftfahrzeugverkehrs zulassen, wenn unaufschiebbare und überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern.

(2) Die zuständige Straßenverkehrsbehörde kann den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften auf bestimmten Straßen oder in bestimmten Gebieten verbieten oder beschränken, wenn der Kraftfahrzeugverkehr zur Überschreitung von in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerten beiträgt und soweit die für den Immissionsschutz zuständige Behörde dies im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse für geboten hält, um schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen zu vermindern oder deren Entstehen zu vermeiden. Hierbei sind die Verkehrsbedürfnisse und die städtebaulichen Belange zu berücksichtigen. § 47 Absatz 6 Satz 1 bleibt unberührt.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln, dass Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise ausgenommen sind oder ausgenommen werden können, sowie die hierfür maßgebenden Kriterien und die amtliche Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge festzulegen. Die Verordnung kann auch regeln, dass bestimmte Fahrten oder Personen ausgenommen sind oder ausgenommen werden können, wenn das Wohl der Allgemeinheit oder unaufschiebbare und überwiegende Interessen des Einzelnen dies erfordern.

(1) Angesichts der allen Verkehrsteilnehmern obliegenden Verpflichtung, die allgemeinen und besonderen Verhaltensvorschriften dieser Verordnung eigenverantwortlich zu beachten, werden örtliche Anordnungen durch Verkehrszeichen nur dort getroffen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist.

(1a) Innerhalb geschlossener Ortschaften ist abseits der Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) mit der Anordnung von Tempo 30-Zonen (Zeichen 274.1) zu rechnen.

(1b) Innerhalb geschlossener Ortschaften ist abseits der Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) mit der Anordnung von Fahrradzonen (Zeichen 244.3) zu rechnen.

(2) Regelungen durch Verkehrszeichen gehen den allgemeinen Verkehrsregeln vor. Verkehrszeichen sind Gefahrzeichen, Vorschriftzeichen und Richtzeichen. Als Schilder stehen sie regelmäßig rechts. Gelten sie nur für einzelne markierte Fahrstreifen, sind sie in der Regel über diesen angebracht.

(3) Auch Zusatzzeichen sind Verkehrszeichen. Zusatzzeichen zeigen auf weißem Grund mit schwarzem Rand schwarze Sinnbilder, Zeichnungen oder Aufschriften, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie sind unmittelbar, in der Regel unter dem Verkehrszeichen, auf das sie sich beziehen, angebracht.

(4) Verkehrszeichen können auf einer weißen Trägertafel aufgebracht sein. Abweichend von den abgebildeten Verkehrszeichen können in Wechselverkehrszeichen die weißen Flächen schwarz und die schwarzen Sinnbilder und der schwarze Rand weiß sein, wenn diese Zeichen nur durch Leuchten erzeugt werden.

(5) Auch Markierungen und Radverkehrsführungsmarkierungen sind Verkehrszeichen. Sie sind grundsätzlich weiß. Nur als vorübergehend gültige Markierungen sind sie gelb; dann heben sie die weißen Markierungen auf. Gelbe Markierungen können auch in Form von Markierungsknopfreihen, Markierungsleuchtknopfreihen oder als Leitschwellen oder Leitborde ausgeführt sein. Leuchtknopfreihen gelten nur, wenn sie eingeschaltet sind. Alle Linien können durch gleichmäßig dichte Markierungsknopfreihen ersetzt werden. In verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen (§ 45 Absatz 1d) können Fahrbahnbegrenzungen auch mit anderen Mitteln, insbesondere durch Pflasterlinien, ausgeführt sein. Schriftzeichen und die Wiedergabe von Verkehrszeichen auf der Fahrbahn dienen dem Hinweis auf ein angebrachtes Verkehrszeichen.

(6) Verkehrszeichen können an einem Fahrzeug angebracht sein. Sie gelten auch während das Fahrzeug sich bewegt. Sie gehen den Anordnungen der ortsfest angebrachten Verkehrszeichen vor.

(7) Werden Sinnbilder auf anderen Verkehrszeichen als den in den Anlagen 1 bis 3 zu den §§ 40 bis 42 dargestellten gezeigt, so bedeuten die Sinnbilder:

Kraftwagen und
sonstige mehrspurige
Kraftfahrzeuge
Kraftfahrzeuge mit einer
zulässigen Gesamtmasse
über 3,5 t, einschließlich
ihrer Anhänger, und
Zugmaschinen,
ausgenommen
Personenkraftwagen und
Kraftomnibusse
RadverkehrFahrrad zum Transport
von Gütern oder Personen
– Lastenfahrrad
FußgängerReiterViehtrieb
StraßenbahnKraftomnibusPersonenkraftwagenPersonenkraftwagen oder
Krafträder mit Beiwagen, die mit
mindestens drei Personen besetzt sind –
mehrfachbesetzte Personenkraftwagen
Personenkraftwagen
mit Anhänger
Lastkraftwagen mit
Anhänger
WohnmobilKraftfahrzeuge und Züge,
die nicht schneller als
25 km/h fahren können
oder dürfen
Krafträder, auch mit
Beiwagen, Kleinkrafträder
und Mofas
MofasEinsitzige zweirädrige Kleinkrafträder
mit elektrischem Antrieb,
der sich auf eine bauartbedingte Geschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h selbsttätig abregelt
– E-Bikes –
Elektrokleinstfahrzeug im Sinne der
Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV)
Gespannfuhrwerke

(8) Bei besonderen Gefahrenlagen können als Gefahrzeichen nach Anlage 1 auch die Sinnbilder „Viehtrieb“ und „Reiter“ und Sinnbilder mit folgender Bedeutung angeordnet sein:

Schnee- oder EisglätteSteinschlagSplitt, Schotter
Bewegliche BrückeUferFußgängerüberweg
AmphibienwanderungUnzureichendes LichtraumprofilFlugbetrieb

(9) Die in den Anlagen 1 bis 4 abgebildeten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen können auch mit den im Verkehrszeichenkatalog dargestellten Varianten angeordnet sein. Der Verkehrszeichenkatalog wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Verkehrsblatt veröffentlicht.

(10) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge kann das Sinnbild

als Inhalt eines Zusatzzeichens angeordnet sein. Zur Unterstützung einer Parkflächenvorhaltung für elektrisch betriebene Fahrzeuge kann das Sinnbild zusätzlich auf der Parkfläche aufgebracht sein. Elektrisch betriebene Fahrzeuge sind die nach § 11 Absatz 2 und 4, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 5, der Fahrzeug-Zulassungsverordnung gekennzeichneten Fahrzeuge.

(11) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen kann das Sinnbild

Carsharing
als Inhalt eines Zusatzzeichens zu Zeichen 314 oder 315 angeordnet sein. Carsharingfahrzeuge sind Fahrzeuge im Sinne des § 2 Nummer 1 und des § 4 Absatz 1 und 2 des Carsharinggesetzes, in denen die Plakette
deutlich sichtbar auf der Innenseite der Windschutzscheibe anzubringen ist.

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

(1) Die zuständige Straßenverkehrsbehörde beschränkt oder verbietet den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 dies vorsehen. Die Straßenverkehrsbehörde kann im Einvernehmen mit der für den Immissionsschutz zuständigen Behörde Ausnahmen von Verboten oder Beschränkungen des Kraftfahrzeugverkehrs zulassen, wenn unaufschiebbare und überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern.

(2) Die zuständige Straßenverkehrsbehörde kann den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften auf bestimmten Straßen oder in bestimmten Gebieten verbieten oder beschränken, wenn der Kraftfahrzeugverkehr zur Überschreitung von in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerten beiträgt und soweit die für den Immissionsschutz zuständige Behörde dies im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse für geboten hält, um schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen zu vermindern oder deren Entstehen zu vermeiden. Hierbei sind die Verkehrsbedürfnisse und die städtebaulichen Belange zu berücksichtigen. § 47 Absatz 6 Satz 1 bleibt unberührt.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln, dass Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise ausgenommen sind oder ausgenommen werden können, sowie die hierfür maßgebenden Kriterien und die amtliche Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge festzulegen. Die Verordnung kann auch regeln, dass bestimmte Fahrten oder Personen ausgenommen sind oder ausgenommen werden können, wenn das Wohl der Allgemeinheit oder unaufschiebbare und überwiegende Interessen des Einzelnen dies erfordern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, den derzeit in seiner Fassung der 1. Fortschreibung vom 28. Dezember 2012 gültigen Luftreinhalteplan für die Freie und Hansestadt Hamburg so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ enthält.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Verpflichtung der Beklagten, den Luftreinhalteplan der Freien und Hansestadt Hamburg so zu ändern, dass der Grenzwert (Jahresmittelwert) nach der Luftqualitätsrichtlinie, Richtlinie 2008/50/EG bzw. § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV für Stickstoffdioxid eingehalten wird.

2

Die Beklagte hat im Oktober 2004 einen Luftreinhalteplan erlassen (http://www.hamburg. de/contentblob/143556/data/luftreinhalteplan.pdf) sowie im Dezember 2005 einen Aktionsplan gegen Belastungen durch Feinstaub Hamburg/Habichtstraße (http://www.ham-burg.de/contentblob/143558/data/aktionsplan-feinstaub.pdf). Nachdem sich im Zuge der Planungen für eine Fortschreibung der Maßnahmen zur Verminderung der Feinstaubbelastung der Partikelgröße PM10 herausgestellt hatte, dass auch die europa- und bundesrechtlich vorgegebenen Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) nicht eingehalten werden konnten, begann die Beklagte mit einer Fortschreibung eines integrierten Luftreinhalteplans. Die Fortschreibung erfolgte nach der Beteiligung von Behörden und anderen öffentlichen Stellen, der öffentlichen Auslegung und Bearbeitung der acht eingegangenen Stellungnahmen von Privaten und Verbänden sowie der Beteiligung der Bürgerschaft im Dezember 2012 (Amtl. Anz. vom 28.12.2012 – im Folgenden: Fortschreibung – http://www.hamburg.de/contentblob/3744850/data/fortschreibung-luftreinhalteplan.pdf). In der Fortschreibung werden die Rechtslage, die aktuellere Luftschadstoffbelastung in Hamburg, die bislang ergriffenen Maßnahmen auf nationaler und Hamburger Ebene, die mit der Fortschreibung vorgesehenen Maßnahmen sowie – soweit quantifizierbar – deren erwarteter Effekt und die Prognose zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte dargestellt. Die Fortschreibung sieht zur Reduzierung der NO2-Belastung und weiterer Luftschadstoffbelastungen insgesamt 80 Maßnahmen auf den Gebieten der Mobilität (38 Maßnahmen), der Schifffahrt (7 Maßnahmen) und der Energie (35 Maßnahmen) vor. Zugleich wird in der Fortschreibung (S. 70 f, 87) ausgeführt, dass allein mit den Hamburg zur Verfügung stehenden Maßnahmen die Immissionsgrenzwerte bis 2015, dem Ende der möglichen Verlängerungsfrist nach der Luftqualitätsrichtlinie für die Einhaltung der Grenzwerte, nicht eingehalten werden können. Es wird weiter auf die Regelungsmöglichkeiten auf nationaler und europäischer Ebene wie auch auf die vergleichbaren Probleme in anderen Großstädten Bezug genommen.

3

Die Europäische Kommission erhob mit Beschluss vom 20. Februar 2013 in Kenntnis der Fortschreibung des Luftreinhalteplans gegen die von der Bundesrepublik Deutschland mitgeteilte Verlängerung der Frist gemäß Anhang XI der Richtlinie 2008/50/EG für die Einhaltung von Immissionsgrenzwerten u.a. insoweit Einwände, als für die Beklagte mitgeteilt worden war, dass die Frist für die Einhaltung des Jahresgrenzwertes für NO2 bis zum Jahr 2015 verlängert werde. Hinsichtlich der Verlängerung der Frist zur Einhaltung des Stundengrenzwertes im Gebiet der Beklagten erhob die Kommission dagegen keine Einwände.

4

Die Kläger haben am 5. April 2013 Klage erhoben.

5

Der Kläger zu 1) wohnt in der Max-Brauer-Allee. Er macht geltend, an seinem Wohnort und auf dem mit dem Fahrrad bewältigten Weg zur Arbeitsstätte in der A-Straße (entlang der Max-Brauer-Allee, B-Straße, C-Straße) werde der Immissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ mit einem Wert von 65 µg/m³ im Jahresmittel (Max-Brauer-Allee 92) erheblich überschritten. Seine Gesundheit sei durch die andauernden NO2-Immissionen gefährdet. Mit den nach der Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen sei nach den Feststellungen der Beklagten eine Reduzierung der Immissionen bis auf den gesetzlichen Grenzwert selbst bis zum Jahr 2026 nicht zu erreichen. Ihm stehe daher ein Anspruch aus § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. §§ 27, 3 der 39. BImSchV auf Aufnahme schneller wirkender und wirksamerer Maßnahmen in den Luftreinhalteplan zu. Seine Klagebefugnis als Betroffener sei in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie der deutschen Verwaltungsgerichte anerkannt. Nichts anderes ergebe sich aus einem Urteil des OVG Münster, in dem eine Klagebefugnis für eine Klage auf sogenannte planunabhängige Maßnahmen zur Verminderung der Luftschadstoffimmissionen gemäß § 45 BImSchG anerkannt werde. Die Möglichkeit zur Durchsetzung derartiger Maßnahmen stehe einer Klagebefugnis im Hinblick auf planabhängige Maßnahmen aufgrund des als drittschützend anerkannten § 47 BImSchG nicht entgegen. Auch fehle es insoweit nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis, denn er könne sein Rechtsschutzziel mit planunabhängigen Maßnahmen nicht auf eindeutig einfachere Weise erreichen. Auch hinsichtlich dieser Maßnahmen stehe der Beklagten Ermessen zu. Zudem setze ein Einschreiten nach § 45 BImSchG nach wohl herrschender Auffassung voraus, dass die erforderliche Abhilfe bei Grenzwertüberschreitungen nicht über Pläne erreicht werden könne. Auch gehe die Beklagte selbst davon aus, dass die Einhaltung der Grenzwerte nur durch eine Vielzahl aufeinander abgestimmter Maßnahmen erreicht werden könne. Dies setze eine Planung voraus.

6

Der Kläger zu 2) ist ein anerkannter Umweltverband. Er beruft sich auf sein Recht, in den Fällen, in denen durch Unionsrecht substanziell verfahrensrechtliches und materiellrechtliches Umweltschutzrecht gesetzt worden sei, dessen Einhaltung gegenüber dem Staat gerichtlich durchzusetzen. Die Klagebefugnis von Umweltverbänden auf Erlass geeigneter Luftreinhaltepläne habe das Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ausdrücklich anerkannt.

7

Die Kläger berufen sich auf einen Anspruch auf Ergreifung wirksamer Maßnahmen zum schnellstmöglichen Ausschluss der Überschreitung von Grenzwerten. Dieser ergebe sich aus Art. 23 Abs. 1 Satz 1 und 2 RL 2008/50 EG. Sie machen geltend, die Beklagte verletze Unionsrecht und dessen Umsetzung in innerstaatliches Recht (§ 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. §§ 27, 3 der 39. BImSchV), indem sie nicht alle Maßnahmen ergriffen habe, die möglich und verhältnismäßig seien, damit die Immissionsgrenzwerte für NO2 (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) spätestens bis zum Ende des Jahres 2015 im Gebiet der Beklagten eingehalten werden. Sowohl aus dem Luftreinhalteplan selbst, als auch aus einer Rüge durch die Europäische Kommission ergebe sich, dass die Beklagte ihren immissionsschutzrechtlichen Pflichten nicht genügt habe. Die Überschreitung des Jahresmittelwertes für NO2 ergebe sich zudem aus einem von der Beklagten selbst in Auftrag gegebenen Gutachten des Ingenieurbüros L. GmbH & Co KG (Berechnung Kfz-bedingter Schadstoffemissionen und Immissionen in Hamburg), das die Messwerte des Hamburger Luftmessnetzes nach den eigenen Angaben der Beklagten bestätige. Dem Anspruch stünden die Schwierigkeiten, die Grenzwerte einzuhalten, nicht entgegen. Diese seien bei der Novellierung des europäischen Luftreinhalterechts bekannt gewesen und hätten dazu geführt, dass in Art. 22 RL 2008/50 EG die Möglichkeit zur Verlängerung der Fristen für die Einhaltung der Grenzwerte normiert worden sei. Davon sei auch Gebrauch gemacht worden.

8

Die Kläger vertreten die Auffassung, es stünden wirksamere Mittel zur Verminderung der NO2-Belastung zur Verfügung, wie etwa die Einführung einer City-Maut, einer Umweltzone und der Bau der Stadtbahn. Die City-Maut und die Umweltzonen seien in anderen Städten eingeführt worden und seien zur Minderung derartiger Immissionen – auch von Gerichten - allgemein anerkannt. Die Beklagte verwerfe derartige Maßnahmen ohne eingehende Diskussion als unverhältnismäßig. Die Kläger erkennen an, dass ihnen angesichts der Vielzahl möglicher Maßnahmen zur Luftreinhaltung kein Anspruch auf die Aufnahme bestimmter Maßnahmen in den Luftreinhalteplan zustehe. Die Beklagte könne sich aber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie bereits eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen habe. Der Anspruch der Kläger richte sich nicht nur auf die Einführung von Maßnahmen zur Luftreinhaltung, sondern auf die Einführung von Maßnahmen, mit denen sich die Einhaltung der Grenzwerte erreichen lasse. Dazu seien die bislang von der Beklagten geplanten Maßnahmen nach deren eigenen Feststellungen in der Fortschreibung nicht ausreichend. Die Beklagte könne sich weiter nicht darauf berufen, dass die tatsächlich gemessenen Luftverunreinigungen hinter den der Luftreinhalteplanung zugrunde gelegten Luftverunreinigungen zurückblieben. Das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffbelastung und -prognose sei in §§ 13 ff der 39. BImSchV verbindlich vorgegeben. Die Grenzwertbildung und die Methodik der Erhebung seien als rechtliche Einheit zu betrachten. Soweit die Beklagte sich auf die Berücksichtigung getroffener, in ihren Auswirkungen aber nicht quantifizierbarer Maßnahmen berufe, gehe dies fehl, weil sich eben nicht feststellen lasse, dass diese Maßnahmen tatsächlich einen berücksichtigungsfähigen Effekt hätten. Die Beklagte könne schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, dass Maßnahmen wie die Einführung einer Umweltzone unverhältnismäßig seien. Einerseits verlangten sie nicht die Einführung einer Umweltzone, deren Einführung im Übrigen in allen Städten, in denen sie bislang Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen geworden sei, für rechtmäßig gehalten worden sei. Standortspezifische Besonderheiten seien nicht erkennbar. Zwar sei nicht zu verkennen, dass ein Teil der Immissionen aus dem Hafenbetrieb stamme. Könne dieser Anteil jedoch nicht hinreichend schnell verringert werden, müsse auf andere Maßnahmen zurückgegriffen werden. Andererseits ergebe sich aus der 1. Fortschreibung des Luftreinhalteplans, dass die NO2-Belastung in den hauptbetroffenen Stadtteilen durch den straßenbezogenen Verkehr verursacht sei.

9

Die Kläger beantragen,

10

die Beklagte zu verpflichten, den derzeit in seiner Fassung der 1. Fortschreibung vom 28. Dezember 2012 gültigen Luftreinhalteplan für die Freie und Hansestadt Hamburg so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ enthält,

11

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so zu bescheiden, dass eine Änderung des gültigen Luftreinhalteplans die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des genannten Immissionswertes enthält.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Sie ist der Auffassung, die Klagen seien bereits unzulässig. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht mittlerweile anerkannt, dass Umweltverbänden aufgrund europäischen Rechts eine Klagebefugnis hinsichtlich des Erlasses von Luftreinhalteplänen zukomme. Auch sei § 47 BImSchG wohl nach der Rechtsprechung als drittschützend anzusehen. Die Klage des Klägers zu 1) sei mit dem angekündigten Klageantrag jedoch unzulässig, weil er der Sache nach ein Recht auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans aus Gründen des Gesundheitsschutzes geltend mache und daher darauf beschränkt sei, Maßnahmen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 in dem Bereich zu verlangen, in dem seine Gesundheit aktuell gefährdet sei. Ihm fehle es auch an einem Rechtsschutzinteresse, weil er Maßnahmen zu seinem Gesundheitsschutz einfacher durch eine Forderung von planunabhängigen Maßnahmen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG verfolgen könne. Die Klage beider Kläger sei mit den angekündigten Anträgen unzulässig, weil diese zu unbestimmt seien. Der Tenor einer Leistungsklage müsse grundsätzlich einen vollstreckbaren Inhalt haben. Daran fehle es, wenn – wie hier – nur das mit der eingeklagten Ergänzung des Luftreinhalteplans zu erreichende Ziel der Klage, nicht aber eine konkrete Maßnahme begehrt werde. Eine solche Tenorierung führe dazu, dass die sachliche Auseinandersetzung über die Geeignetheit und Hinlänglichkeit einer jeden Maßnahme in das Vollstreckungsverfahren verlagert werde, wenn die Kläger nach einem Erfolg ihrer Klage im Vollstreckungsverfahren jede von der Beklagten getroffene (oder unterlassene) Maßnahme prüfen lassen könnten.

15

Die Klagen seien auch unbegründet. Den Klägern stehe kein Anspruch auf Aufnahme bestimmter Maßnahmen in den Luftreinhalteplan zu. Der Anspruch beschränke sich darauf, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der Maßnahmen enthalte, mit denen die Immissionsgrenzwerte in möglichst kurzer Zeit erreicht werden könnten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordere das entsprechende Gebot eine Bewertung der zur Immissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf die zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele. Daraus könne sich eine Einschränkung des planerischen Ermessens ergeben, wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lasse. Auch insoweit werde aber nicht vorausgesetzt, dass die zu ergreifenden Maßnahmen auf einen Schlag zur Zielerreichung führen. Vielmehr könne nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein Vorgehen in mehreren Stufen vorgesehen werden. Diesen Anforderungen genüge die Fortschreibung. Ein weitergehender Anspruch der Kläger sei weder der Anspruchsgrundlage zu entnehmen, noch mit dem planerischen Charakter der Luftreinhalteplanung vereinbar. Sie sei durch Rechtsnormen lediglich auf das Ziel der möglichst zeitnahen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte verpflichtet, die Wahl der Mittel bleibe ihr überlassen. Sie habe alle denkbaren und verhältnismäßigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte in ihren Luftreinhalteplan aufgenommen. Die Zielerreichung hänge allerdings auch von Faktoren ab, auf die sie keinen Einfluss habe. Die Grenzwertüberschreitungen zeigten sich in Hamburg ausschließlich an den Standorten der verkehrsnahen Messstationen direkt am Straßenrand in 1,5 m Messhöhe, so auch in der Max-Brauer-Allee auf dem Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen. Bereits in wenigen Metern Entfernung in den Seitenstraßen nehme die NO2-Belastung so weit ab, dass sie nur noch geringfügig über der Hintergrundbelastung und deutlich unter den Grenzwerten liege. Es sei daher fraglich, ob die Prognose, die der Fortschreibung zugrunde liege, nicht von zu hohen Immissionswerten ausgehe. Zugleich habe sich die Luftqualität in Hamburg in den vergangenen Jahren stetig verbessert. Eine aktuelle Veröffentlichung des Umweltbundesamtes aus dem Mai 2014 gehe davon aus, dass der NO2-Jahresmittelgrenzwert in Hamburg auch ohne die nach der Fortschreibung vorgesehenen Minderungsmaßnahmen im Jahr 2020 an den Verkehrsmessstationen eingehalten werde (http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_35_2014_komplett.pdf, S. 295 - 302). Ursache für die bislang anhaltend hohe NO2-Belastung bei im Übrigen rückläufiger Schadstoffbelastung der Luft in den Städten seien vor allem die Zunahme an dieselgetriebenen Fahrzeugen und die Partikelfilterung, die teilweise mit einer erheblichen Zunahme des NO2-Ausstoßes einhergehe. Zwar werde bei der Nutzung von Dieselfahrzeugen, die die Euro-6-Norm erfüllen, die NO2-Belastung abnehmen. Die Umstellung auf die Euro-6-Norm für Dieselfahrzeuge werde aber erhebliche Zeiträume in Anspruch nehmen und sei von ihr kaum zu beeinflussen. Sie habe jedoch ein umfangreiches Paket an Maßnahmen in die Fortschreibung aufgenommen, darunter Maßnahmen zur Verschiebung des Modal Split durch Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Personennahverkehrs, Ausbau der Fahrradinfrastruktur, Ausbau von Mobilitätsservicepunkten mit Sharing-Angeboten und anderes. Auch habe sie Maßnahmen zur Fahrzeugflottenerneuerung mit NO2-armen Antrieben und zur Verkehrsverstetigung und damit zur Verminderung der Anfahr- und Beschleunigungsvorgänge vorgesehen. Der Umsetzungsstand der Maßnahmen werde in einem Monitoringprozess überwacht. Die Beklagte führt insoweit näher zum Stand der Umsetzung der geplanten Maßnahmen aus. Sie weist weiter darauf hin, dass neben den Maßnahmen, aufgrund derer bei Erstellung der Fortschreibung von einer konkret bezifferten Minderung der NO2-Belastung ausgegangen worden sei, durch einen erheblichen Teil der geplanten Maßnahmen eine Verminderung der NO2-Belastung eintreten werde, die noch nicht habe beziffert werden können, weil die Auswirkungen der Maßnahmen nicht hinreichend quantifizierbar gewesen seien, um nach den gesetzlichen Vorgaben in die Prognoseberechnung einbezogen werden zu können.

16

Abschließend vertritt die Beklagte die Auffassung, die von den Klägern ins Feld geführten weiteren Maßnahmen zur NO2-Reduzierung seien nicht zu ergreifen. Dem Anspruch der Kläger werde mit den geplanten Maßnahmen genügt. Den von den Klägern, insbesondere dem Geschäftsführer der Klägerin zu 2) in einer Anhörung in der Hamburgischen Bürgerschaft genannten Maßnahmen – auf die sich die Beklagte angesichts der mangelnden Fassbarkeit aller denkbaren Maßnahmen beschränke – stünden Bedenken entgegen. Die Einführung einer nach der geltenden Gesetzeslage auf die Feinstaubreduzierung ausgerichteten Umweltzone sei ein ungeeignetes Mittel. Die stark NO2-emittierenden Fahrzeuge der Normen Euro-3 (mit Partikelfilter), Euro-4 und Euro-5 bekämen eine grüne Plakette und könnten durch die Einführung einer Umweltzone nicht an der Teilnahme am Straßenverkehr in Hamburg gehindert werden. Die mangelnde Eignung der Umweltzonen zur Verminderung der NO2-Immissionen habe letztlich auch der Geschäftsführer der Klägerin zu 2) zugestanden. Die Einführung einer blauen Plakette in der 35. BImSchV, die mit einer NO2-Reduzierung einhergehen würde, stehe nicht in der Macht der Beklagten und sei daher gemäß § 47 Abs. 6 BImSchG nicht in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Die Einführung einer City-Maut, deren Ausgestaltung im Übrigen noch unklar sei, bedürfe ebenfalls einer bundesrechtlichen Grundlage und könne daher gemäß § 47 Abs. 6 BImSchG nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden. Zur Reduzierung hafenbezogener Emissionen habe sie, die Beklagte bereits die wesentlichen Maßnahmen vorgesehen. Sie bemühe sich um die Landstromversorgung von Schiffen und um den Einsatz privater sogenannter „LNG-Bargen“ (Bargen, die über mit Flüssiggas betriebene Stromerzeuger verfügen), durch die im Hafen liegende Schiffe während der Liegezeit emissionsarm mit Strom versorgt werden können. Zur Stärkung des Radverkehrs unternehme sie bereits erhebliche Anstrengungen mit einem deutlichen Ausbau des „StadtRAD Hamburg – Systems“ und der geplanten Einführung der Alsterrouten. Den Bau einer Straßenbahn/Stadtbahn als drittes schienengebundenes Verkehrsmittel neben der S- und U-Bahn halte sie nicht für sinnvoll. Sie stärke allerdings den ÖPNV mit der Metro-Buslinie 5, die im Dezember 2014 den Betrieb aufnehme und mit der Planung einer U-Bahnlinie 5 sowie dem Ausbau bestehender Linien. Ob eine generelle Beschränkung der zulässigen Geschwindigkeit auf 30 km/h auch auf den Hauptverkehrsstrecken überhaupt zu einer Verminderung der NO2-Belastung führen würde, sei nach den jüngsten Studien des Umweltbundesamtes (http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikation-en/texte_26_2014_komplett_23.5.2014_0.pdf - Bestandsaufnahme und Wirksamkeit von Maßnahmen der Luftreinhaltung) sowie der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/23231/aviso-bericht-wirkung-tempo30-2012.pdf?command=downloadContent&filename=aviso-bericht-wirkung -tempo30-2012.pdf - Ersteinschätzung der Wirkung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen auf die NOx- und PM10-Emissionen) nicht klar. Eine Herabsetzung der NO2-Emissionen könne durch eine solche Maßnahme nur erreicht werden, wenn sie zur Verstetigung des Verkehrsflusses führe. Das sei für die Hauptverkehrszeiten nicht erkennbar. Zudem berge die Tempoverminderung auf den Hauptverkehrsstraßen das Risiko, dass die Bündelungswirkung der Hauptverkehrsstraßen verloren gehe und es zu Verlagerungseffekten in das nachgeordnete Netz der bestehenden Tempo-30-Zonen komme. Das sei mit dem Gebot des § 26 der 39. BImSchV zur Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität nicht vereinbar. Eine flächendeckende Gewichtsbeschränkung der Fahrzeuge im Sinne eines „LKW-Fahrverbotes“ sei gegenwärtig kein realisierbares Konzept, weil keine alternativen Transportkapazitäten für den Wirtschaftsverkehr zur Verfügung stünden. Lokale Einschränkungen des Verkehrs würden nach den Erfahrungen mit Baustellen lediglich zu einer Umlagerung des Verkehrs führen, nicht aber zu einer flächendeckenden Verminderung des Verkehrs. Eine Landesförderung für Euro-6-Fahrzeuge könne, selbst wenn man sie im Ergebnis befürworte, obwohl sie nach dem Beihilferecht der Europäischen Union nicht (mehr) vorgesehen sei, nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden. Zu ihrer Einführung bedürfe es einer gesetzlichen Grundlage, zu deren Schaffung sie nicht durch einen Luftreinhalteplan verpflichtet werden könne.

17

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung wurden die von der Beklagten übersandten 11 Leitzordner Sachakten gemacht.

Entscheidungsgründe

18

Die von den Klägern erhobene Klage ist zulässig (I.) und hat auch in der Sache Erfolg (II.).

I.

19

Die Klage ist zulässig.

20

Sie ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Begehren des Klägers auf die Vornahme einer nicht als Verwaltungsakt zu qualifizierenden Amtshandlung der Verwaltung gerichtet ist (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., Vorb § 40 Rn. 8a). So liegt der Fall hier, denn der Luftreinhalteplan, dessen Änderung die Kläger begehren, ist kein Verwaltungsakt, sondern seiner Rechtsnatur nach einer Verwaltungsvorschrift ähnlich (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.9.2013, 7 C 21/12, E 147, 312 m.w.N.).

21

Der von den Klägern gestellte Klageantrag ist hinreichend bestimmt und genügt damit den Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Dem Antrag ist zu entnehmen, welches konkrete Klageziel die Kläger erstreben, nämlich den Erlass eines Luftreinhalteplans, dessen Maßnahmen dazu führen, dass der Jahresmittelgrenzwert für NO2 so schnell wie möglich eingehalten wird. Allerdings ist der Beklagten zuzugeben, dass die Vollstreckung eines stattgebenden Urteils Schwierigkeiten bereiten kann, wenn lediglich das Ziel der Luftreinhaltungsmaßnahmen durch das Urteil vorgegeben wird, nicht aber die zur Erreichung des Ziels von der Beklagten zu treffenden Maßnahmen. Die Benennung allein des Ziels der Luftreinhaltung spiegelt jedoch die planerische Gestaltungsfreiheit wider, die das Gesetz der Beklagten einräumt (BVerwG, Urt. v.5.9.2013, a.a.O., m.w.N).

22

Die Kläger sind klagebefugt. Für den Kläger zu 1) ergibt sich die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche (BVerwG, Urt. v. 5.9.2013, a.a.O.) Klagebefugnis daraus, dass er als Anwohner der Max-Brauer-Allee von der an der Messstation Max-Brauer-Allee 92 gemessenen Überschreitung des über ein Jahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 betroffen ist. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 96/62 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität in der Fassung der Verordnung Nr. 1882/2003 müssen von Grenzwertüberschreitungen Betroffene die Möglichkeit haben, die zuständigen nationalen Behörden dazu zu bringen, einen Aktionsplan zu erstellen (Urt. v. 25.7.2008, C-237/07, juris). Diese aus Art. 249 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und früheren Judikaten abgeleitete, zu der Vorgängerrichtlinie der im vorliegenden Fall anwendbaren Richtlinie 2008/50/EG ergangene Rechtsprechung ist auf die Befugnis zur Klage auf Luftreinhaltepläne nach der aktuell geltenden Richtlinie und – in deren Umsetzung – nach § 47 Abs. 1 BImSchG, übertragbar. Die Luftqualitätspläne nach Art. 23 der Richtlinie 2008/50/EG bzw. Luftreinhaltepläne gemäß § 47 Abs. 1 BImSchG sind an die Stelle der Aktionspläne nach Art. 7 Abs. 3 der Vorgängerrichtlinie getreten. Anhaltspunkte dafür, dass Individualrechtsschutz in Bezug auf Luftqualitätspläne nach der Richtlinie 2008/50/EG abweichend von der Vorgängernorm hätte ausgeschlossen werden sollen, liegen nicht vor. Auch den Regelungen zum Luftreinhalteplan nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ist nicht zu entnehmen, dass der Bundesgesetzgeber den Individualrechtsschutz bei der Umsetzung der Richtlinie hätte begrenzen wollen.

23

Hinsichtlich der Klagebefugnis des Klägers zu 2), eines anerkannten Umweltverbandes, folgt das Gericht aus Gründen der Vereinheitlichung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 5.9.2013, a.a.O.). Danach können anerkannte Umweltverbände aus eigenem Recht Luftreinhaltepläne einklagen.

24

Den Klägern steht schließlich auch ein Rechtsschutzinteresse zur Seite. Daran fehlt es regelmäßig nur bei Vorliegen besonderer Umstände, die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreits entfallen lassen (Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. § 42 Rn. 335). An solchen Umständen fehlt es hier. Das Rechtsschutzinteresse ist insbesondere nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte (schon vor Klageerhebung) im Dezember 2012 eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans erlassen hat, in der die Maßnahmen bezeichnet werden, die sie zur Verminderung der NO2-Belastung zu ergreifen beabsichtigt. Dem Begehren der Kläger ist damit nicht bereits entsprochen. Sie berühmen sich eines Rechtes auf den Erlass des Luftreinhalteplans, der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresmittelgrenzwertes für diesen Luftschadstoff enthält und machen geltend, die aktuelle Fortschreibung genüge dem nicht. Ob das geltend gemachte Recht tatsächlich gegeben ist, ist eine Frage der Begründetheit der Klage.

II.

25

Die Klage hat in der Sache Erfolg. Den Klägern steht ein Anspruch auf Erlass eines Luftreinhalteplans zu, der Maßnahmen vorsieht, die zur baldigen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ führen.

26

Anspruchsgrundlage für dieses Begehren ist § 47 Abs. 1 BImSchG. Nach dieser Vorschrift, mit der Deutschland Art. 23 Abs. 1 RL 2008/50/EG umsetzt, hat die zuständige Behörde dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 BImSchG festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Die Beklagte war danach verpflichtet, den Luftreinhalteplan aufzustellen bzw. den bestehenden Luftreinhalteplan fortzuschreiben (dazu 1.). Die Fortschreibung ist formell fehlerfrei erfolgt (dazu 2.). Inhaltlich genügt der fortgeschriebene Luftreinhalteplan jedoch nicht den Anforderungen (dazu 3.). Die Beklagte war daher zu verurteilen, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt (dazu 4.).

27

1. Die Beklagte war gemäß § 47 Abs. 1 BImSchG verpflichtet, den bestehenden Luftreinhalteplan aus dem Jahr 2004 fortzuschreiben oder einen neuen Plan zu erlassen, weil der durch die 39. BImSchV festgelegte Immissionsgrenzwert für die NO2-Belastung im Jahresmittel nicht eingehalten wurde. Die aufgrund von § 48a Abs.1 BImSchG erlassene Neununddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV) vom 2. August 2010 dient der Umsetzung der Richtlinien 2008/50/EG und 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe. Gemäß § 27 Abs. 1 der 39. BImSchV ist ein Luftreinhalteplan für ein Gebiet oder einen Ballungsraum aufzustellen, wenn der Immissionsgrenzwert für einen Schadstoff in der Luft zuzüglich einer dafür geltenden Toleranzmarge in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum überschritten wird. Danach war die Beklagte verpflichtet, einen Luftreinhalteplan für NO2 aufzustellen, weil der Jahresmittelgrenzwert dafür selbst unter Berücksichtigung einer Toleranzmarge überschritten wurde. Nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV beträgt der zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgelegte über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 40 μg/m3. Dieser Grenzwert war gemäß Anlage 11 B der 39. BImSchV ab dem 1. Januar 2010 einzuhalten. Die Toleranzmarge beträgt 50 %, gilt aber nur im Zusammenhang mit einer nach § 21 der 39. BImSchV gewährten Fristverlängerung und es ist gemäß § 21 Abs. 4 Satz 2 der 39. BImSchV sicherzustellen, dass die Toleranzmarge eingehalten wird. Die Inanspruchnahme einer solchen Fristverlängerung hat die Beklagte zwar gemäß § 21 Abs. 2 der 39. BImSchV durch die Bundesregierung der Kommission mitgeteilt. Die Kommission hat dagegen jedoch innerhalb der neunmonatigen Frist nach § 21 Abs. 4 Satz 1 der 39. BImSchV im Hinblick auf den Jahresmittelgrenzwert Einwände erhoben, so dass die Fristverlängerung und damit die Toleranzmarge nicht gelten. Selbst unter Berücksichtigung der Toleranzmarge war aber ein Luftreinhalteplan für NO2 aufzustellen, weil der Jahresmittelgrenzwert in den Jahren bis einschließlich 2011 an drei der vier Verkehrsmessstellen (Habichtstraße 2010: 60 μg/m3, 2011: 61 μg/m3, Max-Brauer-Allee 2010: 70 μg/m3, 2011: 67 μg/m3, Stresemannstraße 2010: 66 μg/m3, 2011: 61 μg/m3) oberhalb von 60 µg/m3 und damit oberhalb der Toleranzmarge lag.

28

2. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung zur Aufstellung des Luftreinhalteplans formell fehlerfrei nachgekommen. Sie hat den Luftreinhalteplan gemäß § 27 Abs. 4 der 39. BImSchV als integrierten Luftreinhalteplan aufgestellt, weil neben dem Jahresmittelgrenzwert für NO2 im Jahr 2010 an einer Messstation auch der Stundenmittelgrenzwert für NO2 und im Jahr 2011 die zulässige Zahl der Überschreitungen der Grenzwerte für die Feinstaubbelastung (PM10) überschritten worden waren. Die Fortschreibung enthält die nach Anlage 13 zur 39. BImSchV erforderlichen Angaben. Das Verfahren zum Erlass der Fortschreibung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die nach § 47 Abs. 5 a) BImSchG vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt und sind die fristgemäß eingegangenen Stellungnahmen bei der Erstellung des Plans berücksichtigt worden. Der Plan ist im Amtsblatt veröffentlicht und einen Monat öffentlich ausgelegt worden und der Öffentlichkeit im Internet zugänglich.

29

3. Inhaltlich genügt der fortgeschriebene Luftreinhalteplan jedoch nicht den Anforderungen.

30

a) Nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Gemäß § 47 Abs. 4 BImSchG sind die Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.

31

Die in dem Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen müssen dementsprechend nicht zu einer vollständigen und sofortigen Verhinderung der Überschreitung von Immissionsgrenzwerten führen (vgl. Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 47 Rn. 14). Diese Vorgabe entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu dem Inhalt von Aktionsplänen nach Art. 7 Abs. 3 RL 96/62 und ist auf die dem aktuellen Recht zugrunde liegende Vorschrift des Art. 23 RL 2008/50 EG übertragbar. Der Europäische Gerichtshof hat in der genannten Entscheidung weiter konkretisierend ausgeführt (Urt. v. 25.7.2008, C-237/07, Rn. 45 – 47, juris), aus dem Aufbau der Richtlinie, die eine integrierte Verminderung der Luftverschmutzung bezwecke, ergebe sich, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen zu ergreifen haben, die geeignet sind, die Gefahr einer Überschreitung und ihre Dauer unter Berücksichtigung aller zur gegebenen Zeit vorliegenden Umstände und der betroffenen Interessen auf ein Minimum zu reduzieren. Unter diesem Aspekt sei darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten über einen Ermessensspielraum verfügen, dass Art. 7 Abs. 3 RL 96/62 aber die Ausübung dieses Ermessens hinsichtlich der Ausrichtung der Maßnahmen, die der Aktionsplan enthalten muss, am Ziel der Verringerung der Gefahr der Überschreitung und der Beschränkung ihrer Dauer unter Berücksichtigung des Ausgleichs, der zwischen diesem Ziel und den verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen sicherzustellen ist, Grenzen setzt. Den Mitgliedstaaten obliege nur die Verpflichtung, im Rahmen eines Aktionsplans und kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände und aller betroffenen Interessen auf ein Minimum zu verringern und schrittweise zu einem Stand unterhalb dieser Werte oder Schwellen zurückzukehren.

32

Aus diesen Ausführungen lässt sich zunächst entnehmen, dass es für die Beurteilung, ob ein Luftreinhalteplan den Anforderungen des § 47 BImSchG und des zugrundeliegenden europäischen Rechts genügt, auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung ankommt. Denn der Europäische Gerichtshof stellt ausdrücklich auf die Berücksichtigung aller zur gegebenen Zeit vorliegenden Umstände und betroffenen Interessen ab. Dies kann sich nur auf den genannten Zeitpunkt beziehen, weil die zur Aufstellung des Luftreinhalteplans verpflichtete Behörde nur bis zu diesem Zeitpunkt in der Lage ist, die vorliegenden Umstände und betroffenen Interessen in ihre Entscheidung mit einzubeziehen. Die Wahl dieses Zeitpunktes als für die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit des Luftreinhalteplans maßgeblich trägt auch dem Umstand Rechnung, dass das Gericht allein zur Kontrolle des von der Behörde erstellten Luftreinhalteplans berufen und in der Lage ist, nicht aber zur Ausübung eigenen planerischen Ermessens.

33

Den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs ist weiter zu entnehmen, dass nach europäischem Recht bei der Entscheidung über die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte abzustellen ist, sondern dass die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen zu geschehen hat und dass das Ziel der Luftreinhaltung zu einem Ausgleich mit jenen Interessen zu bringen ist. Ein solcher Ausgleich findet zwar nicht ausdrücklich in § 47 BImSchG und der 39. BImSchV seine Entsprechung. § 47 Abs. 4 BImSchG, der auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abstellt, betrifft lediglich die Verteilung der Belastung auf die unterschiedlichen Emittenten entsprechend ihrem Anteil an der Luftschadstoffbelastung. Das Gebot des Interessenausgleichs ist jedoch in der Vorgabe des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG enthalten, Maßnahmen zu treffen, die die Grenzwertüberschreitung so kurz wie möglich halten. Die Anbindung an das Mögliche ist im Hinblick auf das in Art. 20 Abs. 3 GG vorgegebene Rechtsstaatsprinzip und den daraus folgenden, im deutschen Recht staatliches Handeln beschränkenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel dahingehend zu verstehen, dass bei der Auswahl der Maßnahmen, die in den Luftreinhalteplan aufzunehmen sind, auch die entgegenstehenden Interessen zu berücksichtigen sind, soweit mit den zu planenden Maßnahmen in Rechte Dritter eingegriffen werden kann. Die Beschränkung auf das Mögliche bedeutet in gleicher Weise aber auch, dass die Behörde bei der Planung von Luftreinhaltemaßnahmen entgegenstehende öffentliche Interessen zu berücksichtigen hat. Die Luftreinhaltung zum Schutz der menschlichen Gesundheit (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) stellt ein sehr gewichtiges, aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen (und staatlichen Aufgaben) genießendes Ziel dar. Allerdings geht das Gericht davon aus, dass dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen bei dem vorzunehmenden Ausgleich umso mehr an Gewicht zukommt, je gravierender die Gesundheitsgefährdung ist und je länger diese andauert.

34

b) Diesen Maßstäben genügen die von der Beklagten in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen nicht.

35

aa) Die Maßnahmen, die von der Beklagten in den Luftreinhalteplan aufgenommen und in ihrer Wirkung quantifiziert worden sind – Luftgütepartnerschaft, Erneuerung der Busflotte, Verschiebung des Modal-Splits zugunsten des Umweltverbundes – sowie die prognostizierte Flottenerneuerung des Kfz-Bestandes in Hamburg führen nicht zur Einhaltung des Grenzwertes nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV. Nach den eigenen Erwartungen der Beklagten (Fortschreibung, S. 87) ist der Jahresmittelgrenzwert an der Max-Brauer-Allee, dem Wohnort des Klägers zu 1), mit den vorgesehenen Maßnahmen bis zum Ende des Prognosezeitraums im Jahr 2026 nicht einzuhalten, während die Einhaltung des Grenzwertes an den Verkehrsmessstationen Kieler Straße (2017/2018), Stresemannstraße (2023) und Habichtstraße (2025) früher erreicht werden soll.

36

bb) Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, bei einer noch regelkonformen Positionierung der Messinstrumente an den Verkehrsmessstationen entsprechend der Anlage 3 der 39. BImSchV (10 m entfernt vom Fahrbahnrand in 4 m Höhe, statt am Fahrbahnrand in 1,5 m Höhe) würde sich eine deutlich geringere NO2-Belastung ergeben. Dies gelte besonders für die Verkehrsmessstation an der Max-Brauer-Allee, die auf dem Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen aufgestellt sei. Die Beklagte hat die Aufstellungsorte selbst und regelkonform gewählt und auf die ermittelten Werte ihre Luftreinhalteplanung und die Immissionsprognosen gestützt. Die Wahl der Standorte für die Immissionsmessungen liegt – im Rahmen der rechtlichen Vorgaben– im Ermessen der Beklagten. Dieses hat sie fehlerfrei ausgeübt. Das Gericht hat weder einen Anlass noch das Recht zu prüfen, ob eine andere Wahl der Verkehrsmessstationen zu für die Beklagte günstigeren Werten der NO2-Belastung führen würde. Einer Beweiserhebung bedarf es insoweit nicht.

37

Ebenso wenig kann die Beklagte mit Erfolg geltend machen, in die Immissionsprognosen seien die zahlreichen in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans nicht quantifizierten Maßnahmen zur Luftreinhaltung nicht mit eingeflossen, es sei daher davon auszugehen, dass sich die NO2-Belastung stärker reduzieren werde, als dies prognostiziert worden sei. Einer Berücksichtigung dieser Annahme steht schon entgegen, dass es die Aufgabe der Beklagten bei der Erstellung der Fortschreibung des Luftreinhalteplans gewesen wäre, die quantifizierbaren Auswirkungen der geplanten Luftreinhaltemaßnahmen auch tatsächlich zu quantifizieren und in die Prognosen einzustellen. Soweit nicht hinreichend konkret absehbar war, dass und in welchem Umfang die Maßnahmen zu einer Verminderung der Luftschadstoffbelastung führen würden und der Aufwand einer weiteren Konkretisierung oder die damit verbundenen Festlegungen nicht erbracht werden konnten und sollten, war es konsequent, diese Maßnahmen – wie geschehen – bei der Prognose der Entwicklung der Schadstoffbelastung unberücksichtigt zu lassen. Das Gericht ist nicht dazu berufen, die der Planungshoheit der Beklagten unterliegende Entscheidung, welche Maßnahmen bei der von ihr zu treffenden Immissionsprognose Berücksichtigung finden sollen, durch eigene Erwägungen zu ersetzen. Im Übrigen lassen die nach Erlass der Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgenommenen Messungen auch nicht erkennen, dass sich die Belastung an den Verkehrsmessstationen erheblich günstiger entwickelt hat, als dies prognostiziert worden ist. Die Beklagte hat die Ergebnisse der Messungen an den Verkehrsmessstationen bis einschließlich 2013 vorgelegt (Bl. 511 der Prozessakte). Daraus ergibt sich im Vergleich zur Prognose in der Fortschreibung (S. 87) an der Verkehrsmessstation Kieler Straße eine geringfügig günstigere tatsächliche Entwicklung im Vergleich zur Prognose, während die Prognose für die Habichtstraße in etwa eingetreten ist und die prognostizierte NO2-Verminderung an der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße nicht ganz erreicht worden ist. Nichts entscheidend anderes ergibt sich aus den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Diagrammen, die auch die NO2-Belastung an den Verkehrsmessstationen zum Ende des dritten Quartals 2014 wiedergeben (Bl. 748 der Prozessakte).

38

Die Beklagte kann sich schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Umweltbundesamt in seiner im August 2014 veröffentlichten Studie (Texte 35/2014, Luftqualität 2020/2030: Weiterentwicklung von Prognosen für Luftschadstoffe unter Berücksichtigung von Klimastrategien, S. 301, 302) zu dem Ergebnis kommt, nach dem zugrunde gelegten Szenario werde an allen vier Verkehrsmessstationen der Jahresmittelgrenzwert für NO2 im Jahr 2020 eingehalten werden. Unabhängig davon, dass diese Studie im für die Beurteilung der Fortschreibung maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht existierte, weist sie erhebliche Unsicherheiten in der Berechnung der Schadstoffbelastung für die Verkehrsmessstationen auf. Die Studie selbst geht von einem Unsicherheitsbereich von 5 µg/m3 aus, was bei den Verkehrsmessstationen Max-Brauer-Allee und Habichtstraße für das Jahr 2020 zu einer Grenzwertüberschreitung führen würde.

39

cc) Der Fortschreibung des Luftreinhalteplans und den vorgelegten Sachakten ist zu entnehmen, dass die geplanten Maßnahmen zur Verminderung der NO2-Immissionen nicht alle verhältnismäßigen Maßnahmen umfassen, um den zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgesetzten Jahresmittelgrenzwert für diese Luftschadstoffe möglichst zeitnah einzuhalten. Der von der Beklagten vorgenommene Ausgleich der widerstreitenden Ziele und Interessen berücksichtigt das Gewicht des Schutzes der menschlichen Gesundheit nicht hinreichend.

40

Von einer Gesundheitsgefährdung war hier nach den nicht in Zweifel zu ziehenden Ausführungen der Beklagten im Luftreinhalteplan auszugehen, weil Stickoxide in einen Zusammenhang mit Atemwegs- und Herz-/Kreislauferkrankungen gebracht werden und es bereits im Bereich des Jahresmittelgrenzwertes von 40 μg/m3 zu einer verzögerten Lungenentwicklung von Kindern kommen soll (Fortschreibung, S. 5, 6). Dieser Grenzwert wurde an allen vier Verkehrsmessstationen weit überschritten.

41

Dem Schutz der menschlichen Gesundheit durch Verminderung der Luftschadstoffbelastung dienen die von der Beklagten geplanten Maßnahmen.

42

Es ist im Grundsatz auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei ihrer Auswahl den Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung im Bereich des Straßenverkehrs gelegt hat. Gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Da die NO2-Belastung vorwiegend durch den Straßenverkehr und – in geringerem Maß durch den Schiffsverkehr und sonstige Emittenten wie Industrie und Hausbrand – verursacht wird (Fortschreibung S. 49) waren nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorwiegend Maßnahmen im Bereich des Straßenverkehrs zu treffen.

43

Es ist von der Planungshoheit der Beklagten auch gedeckt und mit dem Ziel des § 47 Abs. 1 BImSchG vereinbar, dass die Beklagte von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen abgesehen hat. Zwar geht das Gericht davon aus, dass verkehrsbeschränkende Maßnahmen, wie etwa Durchfahrtverbote durch besonders belastete Bereiche kurzfristig zu einer Minderung der NO2-Belastung hätten führen können. Die Beklagte hat dazu jedoch in nachvollziehbarer Weise unter Bezugnahme auf Untersuchungen für München ausgeführt, dass eine drastische Beschränkung des Verkehrs erforderlich gewesen wäre, um einen ausreichenden Minderungseffekt bei den NO2-Immissionen herbeizuführen und dass dann mit einer Verlagerung des Verkehrs zu rechnen gewesen wäre.

44

Gleichfalls nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte auf die Einführung einer Umweltzone im Hinblick auf den geringen zu erwartenden Effekt und die erheblichen wirtschaftlichen Belastungen, die mit einer Umweltzone verbunden sind, verzichtet hat (Fortschreibung S. 73 – 75). Aus dem von ihr eingeholten Gutachten des Planungsbüros SVU vom 6.5.2010 zur verkehrlichen Bewertung der Auswirkungen der Einrichtung einer Umweltzone ergibt sich, dass die Einführung einer Umweltzone in anderen Städten zu einer deutlichen Abnahme der Rußkonzentration an den verkehrsbelasteten Messorten und im Gefolge in anderen Stadtgebieten geführt hat und dass dies in Zusammenhang mit einer durch die Umweltzone beschleunigten Erneuerung der Fahrzeugflotten sowohl bei PKW als auch bei Nutzfahrzeugen zu bringen war. Aus dem ebenfalls von der Beklagten eingeholten Gutachten des Ingenieurbüros L. vom Dezember 2010 (Berechnung Kfz-bedingter Schadstoffemissionen und Immissionen in Hamburg) ergibt sich jedoch, dass die Einführung einer Umweltzone die NO2-Emissionen lediglich um maximal 1,9 µg/m3 mindern würde. In einem weiteren Gutachten (Berechnung Kfz-bedingter Schadstoffemissionen und Immissionen in Hamburg Auswirkung Flottenveränderung 2015 vom September 2012) hatte das Gutachterbüro L. dargestellt, dass bei Diesel-PKW mit einer strengeren EURO-Norm bis EURO 4 die NO2Emissionen technologiebedingt aufgrund der verwendeten Dieselpartikelfiltersysteme teilweise ansteigen und erst ab der EURO 5-Norm sinken würden.

45

Auf die Einführung einer City-Maut hat die Beklagte ebenfalls fehlerfrei verzichtet. Dabei kann offen bleiben, ob eine City-Maut zur Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Ziele zulässig wäre (zweifelnd: Schröer, Kullick, Auf dem Weg zur City-Maut, NZBau 2012, 760). Die Beklagte hat sich mit der City-Maut auseinandergesetzt und ihre Entscheidung ermessensfehlerfrei darauf gestützt, dass die City-Maut im Bereich des Güterverkehrs kaum Verminderungen bringen würde sowie, dass sich der PKW-Verkehr lediglich in andere dann stärker immissionsbelastete Bereiche verlagern würde. Außerdem stünden gegenüber verkehrsbeschränkenden Maßnahmen mildere Mittel zur Verfügung, nämlich der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, die verstärkte Verwendung emissionsarmer und -freier Antriebe in Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs, im motorisierten Individualverkehr und im innerstädtischen Wirtschaftsverkehr, die Verbesserung des Mobilitätsmanagements und der Ausbau des Verkehrsmanagements, die Verminderung der Emissionen des Schiffsverkehrs durch Landstrom und emissionsärmere Schiffsantriebe sowie die Umsetzung der Energiewende durch Ausbau der Erneuerbaren Energien, neue emissionsärmere Kraftwerke und den Ausbau der emissionsfreien Fernwärme.

46

Nicht zu beanstanden ist weiterhin, dass die Beklagte davon abgesehen hat, im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet gewesen wären, die NO2-Belastung gezielt an den Verkehrsmessstationen kurzfristig zu senken, um so einen formal gesetzeskonformen Luftreinhalteplan zu erstellen. Es entspricht der Ratio der Richtlinie 2008/50 EG sowie von § 47 Abs. 1 BImSchG und der 39. BImSchV, die Luftschadstoffbelastung in dem gesamten Plangebiet auf die festgesetzten Grenzwerte zu beschränken. Die Regelungen dienen dem Gesundheitsschutz der Menschen in der betroffenen Region. Dem wird der Ansatz der Beklagten gerecht. Die Verkehrsmessstationen stellen lediglich ein Hilfsmittel zur Kontrolle der Einhaltung der Grenzwerte dar.

47

Fehlerhaft ist die Fortschreibung des Luftreinhalteplans jedoch deswegen, weil die Beklagte die nicht verkehrsbeschränkenden Maßnahmen, die in ihrem Verantwortungsbereich möglich sind, nicht erkennbar mit dem gebotenen Nachdruck verfolgt hat, um eine zeitnahe Verminderung der NO2-Belastung zu erreichen. Da sie verkehrsbeschränkende Maßnahmen einerseits nicht in die Fortschreibung aufnehmen wollte, andererseits aber verpflichtet war, zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung die Verminderung der NO2-Immissionen bis auf den Jahresmittelgrenzwert so zeitnah wie möglich zu erreichen, hätte es besonderer Anstrengungen im Bereich der sonstigen Maßnahmen bedurft. Dass solche Anstrengungen nicht unternommen worden sind, deutet sich bereits in der Vorgabe der Finanzbehörde vom 8. August 2012 und der darauf Bezug nehmenden Stellungnahme der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation vom 17. August 2012 (Band 3 der Sachakte) an. Die Finanzbehörde hat in ihrer Stellungnahme mitgeteilt, dass die im Luftreinhalteplan dargestellten Maßnahmen im Rahmen der Obergrenzen der jeweiligen Einzelpläne zu finanzieren seien. Zusätzliche Mittel für Maßnahmen zur Luftreinhaltung sollten also nicht zur Verfügung gestellt werden. Darauf hat die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in ihrer Stellungnahme Bezug genommen, in der sie ausgeführt hat, auch auf erneute Nachfrage der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt könnten keine weiteren Maßnahmen benannt werden. Solche seien entweder politisch nicht gewollt oder bedürften erheblicher Finanzmittel, was die Finanzbehörde in ihrer Stellungnahme ausgeschlossen habe. Damit hat die beklagte Freie und Hansestadt Hamburg den Blickwinkel für die Ermittlung von in die Fortschreibung aufzunehmenden Maßnahmen von vornherein auf solche Maßnahmen verengt, die aus den vor Erlass der Fortschreibung bereits vorliegenden Einzelplänen finanzierbar waren. Dementsprechend fehlen in der Fortschreibung Erwägungen dazu, aus welchen Gründen bei einem erhöhten Mitteleinsatz keine schneller greifenden Maßnahmen möglich oder verhältnismäßig gewesen wären. Dies betrifft beispielsweise den Flottenaustausch im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs und des Stadtrundfahrtverkehrs, von dem die Beklagte ausweislich der Maßnahmeblätter M 28 – 30 eine deutliche Reduzierung des Stickoxidausstoßes erwartet hat, der nach der Planung aber vorwiegend im Rahmen des kontinuierlichen Fahrzeugaustausches aus Eigenmitteln der betroffenen Betriebe erfolgen soll. In gleicher Weise gilt dies für den Flottenaustausch der behördeneigenen Fahrzeuge (Maßnahmeblatt M 27). Auch bei der Förderung des Radverkehrs (Maßnahmeblatt M 14) ist nicht erkennbar, dass die Beklagte über die ohnehin bereits vor der Befassung mit der Fortschreibung geplanten Maßnahmen hinaus weitergehende oder beschleunigte Anstrengungen in die Planung mit eingestellt hat. Für die Förderung des „Bike + Ride“ (Maßnahmeblatt 15) enthält die Fortschreibung sogar nur Maßnahmen, die bei Erlass der Fortschreibung schon abgeschlossen waren.

48

c) Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass im Bereich anderer Rechtsträger, insbesondere der Europäischen Union und des Bundes, zu treffende Maßnahmen zur Begrenzung des Schadstoffausstoßes von Kraftfahrzeugen einen schnelleren und größeren Effekt auf die Entwicklung der Luftschadstoffbelastung haben könnten, als die der Beklagten möglichen Maßnahmen. Dieser Umstand kann Berücksichtigung finden, wenn die Beklagte es trotz Ausschöpfung aller möglichen und verhältnismäßigen Maßnahmen nicht vermag, die Einhaltung der Grenzwerte für Luftschadstoffe nach der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung sicherzustellen. Dies hat sie jedoch – wie ausgeführt – mit der Fortschreibung nicht unternommen. Die bloße Möglichkeit, dass andere Rechtsträger effektiver und schneller zur Einhaltung der Grenzwerte beizutragen vermögen, mindert die Anforderungen an die Beklagte nicht.

49

4. Die Beklagte war daher zu verurteilen, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt. Dabei ist das Gericht wegen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Beklagten darauf beschränkt, sie zu verpflichten Maßnahmen zu treffen, mit denen die schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsschutzziele gewährleistet wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.9.2013, 7 C 21/12, E 147, 312; VG München, Urt. v. 9.10.2012, M 1 K 12.1046, juris; vgl. auch EuGH, Urt. v. 19.11.2014, C-404/13, juris), wie es dem Antrag der Kläger entspricht. Eine gerichtliche Vorgabe einzelner Maßnahmen kommt nur in Betracht, wenn eine richtlinien- und gesetzeskonforme Änderung des Luftreinhalteplans ohne diese Maßnahmen nicht denkbar erscheint. Für die Beurteilung, welche Anforderungen bei der vorzunehmenden Änderung des Luftreinhalteplans an die darin aufzunehmenden Maßnahmen zu stellen sind, ist zudem auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung abzustellen, denn die Verurteilung der Beklagten ist zukunftsgerichtet. Sie dient nicht dazu zu klären, welche Maßnahmen in der Vergangenheit zweckmäßigerweise hätten getroffen werden können oder müssen, sondern allein dazu, die Luftschadstoffbelastung in möglichst naher Zukunft auf die vorgegebenen Grenzwerte zu beschränken.

50

Im Hinblick auf dieses Ziel wird die Beklagte zu prüfen haben, welche Maßnahmen ihr technisch, wirtschaftlich und rechtlich überhaupt möglich sind, um die NO2-Belastung in Hamburg möglichst kurzfristig auf den Jahresmittelgrenzwert nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV abzusenken und mit welchem Zeithorizont sie umsetzbar sind. Dabei wird sie Maßnahmen anderer Rechtsträger, von denen nicht sicher ist, ob und wann sie ergriffen werden und wie sie sich gegebenenfalls auswirken, nicht berücksichtigen können. Hinsichtlich der so zu ermittelnden Maßnahmen, zu denen ausdrücklich auch verkehrsbeschränkende Maßnahmen gehören können, wird sie zu gewichten haben, welche Maßnahmen unter Berücksichtigung ihres Beitrags zur Luftschadstoffverminderung und damit zum Gesundheitsschutz sowie im Hinblick auf die damit verbundene Beeinträchtigung anderer öffentlicher oder privater Interessen in die Planung aufgenommen werden sollen. Bei dieser Gewichtung ist dem gesetzlich vorgegebenen und dem Gesundheitsschutz dienenden Ziel der NO2-Verminderung angesichts des seit nunmehr bereits annähernd fünf Jahren verbindlich einzuhaltenden Grenzwertes ein hoher Stellenwert einzuräumen. Dementsprechend wird es einer konkret nachvollziehbaren Begründung bedürfen, wenn effektive Minderungsmaßnahmen aus finanziellen, wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen nicht ergriffen werden sollen.

51

Vorsorglich weist das Gericht allerdings darauf hin, dass die Beklagte nicht verpflichtet sein wird, Gesetzesinitiativen zur Schaffung des rechtlichen Rahmens für die Einführung einer City-Maut, wie es die Kläger vorschlagen, oder mit dem Ziel einer Aktualisierung der 35. Bundesimmissionsschutzverordnung, durch die die Voraussetzungen für eine auch heute noch effektive Umweltzone geschaffen werden könnten, in den zu ändernden Luftreinhalteplan aufzunehmen. Zu derartigen Bemühungen um ein legislatives Tätigwerden kann die Beklagte nicht verpflichtet werden. Eine an den Bund gerichtete Gesetzesinitiative ist nicht geeignet, das Ziel der Luftreinhalteplanung unmittelbar zu erreichen. Ebenfalls vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die Einführung einer Umweltzone nach § 40 BImSchG in Verbindung mit der 35. BImSchV gegenwärtig wohl nicht als verhältnismäßig anzusehen sein wird, weil ihre Wirkung vornehmlich darin besteht, zu einem beschleunigten Flottenaustausch bei Kraftfahrzeugen zu führen, die unter der geltenden 35. BImSchV durchsetzbare Beschaffung von Fahrzeugen der Schadstoffklasse 4 aber bis zur Einführung einer Umweltzone ohnehin weitgehend erfolgt sein dürfte und jedenfalls bei Diesel-PKW nicht zu einer Verminderung des NO2-Ausstoßes führen würde (s.o. Nr. 2.b) cc)). Ob die Einführung einer von den Klägern erwogenen Stadtbahn angesichts des damit verbundenen Aufwandes sowie der Dauer bis zu einer damit möglicherweise zu erreichenden NO2-Verminderung und der schon nach dem bisherigen Luftreinhalteplan in der Fassung der 1. Fortschreibung vorgesehenen Ausrüstung des Öffentlichen Personennahverkehrs mit schadstofffreien Fahrzeugen ein verhältnismäßiges und damit zwingend in den zu ändernden Luftreinhalteplan aufzunehmendes Mittel zur Luftschadstoffminderung darstellen würde, scheint dem Gericht schließlich ebenfalls nicht festzustehen.

52

5. Da die Klage mit dem Hauptantrag vollen Umfangs erfolgreich ist, bedurfte es einer Entscheidung über den Hilfsantrag nicht mehr.

III.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit war entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO auf die Kosten zu beschränken, weil der geänderte Luftreinhalteplan, der aufgrund des Urteils zu erlassen ist, Maßnahmen enthalten wird, die nach § 47 Abs. 6 BImSchG durchzusetzen sind. Damit entspricht die vorliegende Konstellation derjenigen einer Verpflichtungsklage, die auf den Erlass eines - durchzusetzenden – Verwaltungsaktes gerichtet ist und für die gemäß § 167 Abs. 2 VwGO die vorläufige Vollstreckbarkeit auf die Kosten beschränkt ist (vgl. auch Sodan/Ziekow, a.a.O. § 167 Rn. 20 ff.).

54

Die Berufung war gemäß §§ 124 Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Maßstäbe für die gerichtliche Beurteilung von Luftreinhalteplänen zuzulassen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.