Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 19. Sept. 2014 - 7 K 8148/13

ECLI:ECLI:DE:VGD:2014:0919.7K8148.13.00
bei uns veröffentlicht am19.09.2014

Tenor

Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 4. Oktober 2013 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 19. Sept. 2014 - 7 K 8148/13

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 19. Sept. 2014 - 7 K 8148/13 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 5 Irreführende geschäftliche Handlungen


(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. (2) Eine

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 95 Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung


(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in de

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2012 - I ZR 104/10

bei uns veröffentlicht am 18.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 104/10 Verkündet am: 18. Januar 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 14. Juli 2011 - 1 BvR 407/11

bei uns veröffentlicht am 14.07.2011

Tenor 1. Das Urteil des Bezirksberufsgerichts für Zahnärzte in Stuttgart vom 26. August 2009 - BG 1/09 - sowie das Urteil des Landesberufsgerichts für Zahnärzte in Stuttgart vom 23. Oktober 2

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 104/10 Verkündet am:
18. Januar 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Neurologisch/Vaskuläres Zentrum
Ein Bedeutungswandel beim Begriff "Zentrum" ist nicht im selben Maß wie beim
Begriff "Center" festzustellen. Der Begriff "Zentrum" weist im Grundsatz nach
wie vor auf eine besondere Bedeutung und Größe eines Unternehmens hin
oder wird jedenfalls vom Verkehr auf einen solchen Tatsachenkern zurückgeführt.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 104/10 - OLG Rostock
LG Rostock
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 5. Mai 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags zu I 1 und der darauf rückbezogenen Klageanträge zu II und III zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock, 8. Zivilkammer als 3. Kammer für Handelssachen, vom 11. Dezember 2009 zurückgewiesen. Die Kosten des landgerichtlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Gerichtskosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens trägt die Klägerin, die Gerichtskosten der Revision hat die Beklagte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und der Revision tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien betreiben in Mecklenburg-Vorpommern Kliniken. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen einer Werbung mit dem Begriff „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ auf Unterlassung in Anspruch.
2
Die von den Parteien betriebenen Kliniken, die ihre Dienstleistungen auf dem Gebiet der Krankenhausversorgung im Wesentlichen gegenüber demselben Personenkreis anbieten, liegen etwa 35 km voneinander entfernt. Sie werden mit verschiedenen Fachabteilungen im Krankenhausplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern aufgeführt. Für die von der Beklagten betriebene Klinik ist eine neurologische Fachabteilung im Landeskrankenhausplan nicht verzeichnet. Die Beklagte richtete im Herbst 2008 als Unterabteilung der Fachabteilungen für innere Medizin und für Frührehabilitation ein „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ ein, das von einem Neurologen als Chefarzt geleitet wird. Darauf wies sie in ihrem Internetauftritt und in einem Newsletter vom 21. Januar 2009 hin.
3
Die Klägerin hat die Werbung der Beklagten mit der in Rede stehenden Bezeichnung als wettbewerbswidrig beanstandet, weil der angesprochene Verkehr über den Zulassungs- und Befähigungsstatus der Beklagten getäuscht werde. Darüber hinaus entstehe der unzutreffende Eindruck, die Abteilung der Beklagten übertreffe in ihrer Größe, Bedeutung und besonderen Spezialisierung sonstige Krankenhäuser mit einer neurologischen Fachabteilung, weil der Begriff „Zentrum“ auf eine hochspezialisierte Abteilung hindeute, deren Fachkompetenz und Erfahrung erheblich über dem Durchschnitt liege.
4
Die Beklagte hat demgegenüber vor allem geltend gemacht, der angesprochene Verkehr werde durch die Verwendung des Begriffs „Zentrum“ nicht irregeführt. Im Zusammenhang mit der Bezeichnung einer Dienstleistungslokalität habe der Begriff einen Bedeutungswandel erfahren. Er setze keine herausragende Qualität mehr voraus und unterscheide sich insoweit nicht von einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis.
5
Das Landgericht hat die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit dem Bestehen eines „Neurologisch/Vaskulären Zentrums“ an der Asklepios Klinik zu werben.
6
Darüber hinaus hat es die Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt und die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten festgestellt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
7
Mit der insoweit vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des der Klage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die beanstandete Werbeaussage sei nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG irreführend, da sie keine zur Täuschung geeigneten Angaben über die Person oder die Rechte der Beklagten als Unternehmerin enthalte. Der Begriff „Zentrum“ habe - ähnlich wie die mittlerweile modische Bezeichnung „Center“ - einen Bedeutungswandel erfahren. Der Sinn des Wortes beschränke sich nach heutigem Sprachgebrauch auf die namentliche Bezeichnung einer Einrichtung, ohne dass daraus auf deren Größe oder besondere Bedeutung geschlossen werden könne. Dies gelte auch, wenn das Wort „Zentrum“ im Zusammenhang mit der stationären Krankenhausversorgung gebraucht werde.
9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und in diesem Umfang zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
10
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts werden die angesprochenen Verkehrskreise durch die Verwendung der beanstandeten Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ gemäß §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG in erheblicher Weise irregeführt, weil die Beklagte damit eine für die Nachfrageentscheidung der Werbeadressaten relevante unzutreffende Vorstellung über die besondere Qualifikation ihrer Klinik hervorruft.
11
a) Eine Werbung ist irreführend, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über das Angebot hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen. Die wettbewerbliche Erheblichkeit ist ein dem Irreführungstatbestand immanentes, spezifisches Relevanzerfordernis, das als eigenständige Bagatellschwelle eine zusätzliche Erheblichkeitsprüfung nach § 3 UWG überflüssig macht (BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 219/06, GRUR 2009, 888 Rn. 18 = WRP 2009, 1080 - Thermoroll, mwN; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 5 Rn. 2.20 f., Rn. 2.169).
12
Für die Beurteilung der Frage, ob eine Werbeaussage irreführend ist, kommt es maßgeblich darauf an, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung versteht. Das vom Berufungsgericht festgestellte Verkehrsverständnis der Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ entspricht nicht der Lebenserfahrung, die im Revisionsverfahren uneingeschränkt über- prüft werden kann. Die Feststellung des Berufungsgerichts kann daher keinen Bestand haben (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2001 - I ZR 318/98, GRUR 2002, 182, 184 = WRP 2002, 74 - Das Beste jeden Morgen, mwN).
13
b) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass sich die beanstandete Werbung der Beklagten sowohl an Ärzte als auch an potentielle Patienten richtet. Ein unterschiedliches Verkehrsverständnis ist damit nicht verbunden, weil nicht ersichtlich ist, dass diese Kreise der Werbeaussage voneinander abweichende Sinngehalte beimessen. Es ist auch davon auszugehen, dass die fachliche Ausrichtung oder Spezialisierung zu den wesentlichen Entscheidungsgesichtspunkten bei der Wahl eines Krankenhauses gehören.
14
c) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angesprochenen Verkehrskreise verstünden den Begriff „Zentrum“ in der beanstandeten Bezeichnung nicht als Hinweis auf eine beson- dere Größe oder fachliche Qualifikation der von der Beklagten in ihrer Klinik betriebenen Unterabteilung.
15
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, in seinem ursprünglichen Sinn sei der Begriff „Zentrum“ zwar als Hinweis auf die besondere Größe und Bedeutung einer Einrichtung verstanden worden, die über den Durchschnitt gleichartiger Betriebe hinausrage. Das Wort „Zentrum“ habe jedoch einen Bedeutungswandel erfahren. Nach heutigem Sprachgebrauch werde der Begriff „Zentrum“ - insbesondere im Dienstleistungsbereich - für sich allein nicht mehr als Hinweis auf die Größe und besondere Bedeutung einer Einrichtung verstanden. Dass die stationäre Krankenhausversorgung von diesem Bedeutungswandel ausgenommen sei, sei nicht erkennbar; dies belege unter anderem auch die Verwendung des Begriffs „Medizinisches Versorgungszentrum“ in § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Auch hier werde mit dem Wort „Zentrum“ nicht auf eine besondere Größe oder eine überdurchschnittliche Fachkompetenz hingewiesen. Ein „Medizinisches Versorgungszentrum“ sei vielmehr lediglich eine fachübergrei- fende ärztlich geleitete Einrichtung, in der Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig seien und die an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilnehme. In einem vergleichbaren Sinn sei auch die beanstandete Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ zu verstehen. Damit sei nur die institutiona- lisierte Zusammenarbeit von Nervenärzten und Internisten gemeint.
16
bb) Dieser Beurteilung vermag der Senat nicht beizutreten. Bei der Feststellung , wie der angesprochene Verkehr die Werbung mit der Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ versteht, ist auf den Gesamteindruck abzu- stellen, den die werbliche Darstellung vermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - I ZR 73/07, GRUR 2010, 352 Rn. 11 = WRP 2010, 636 - Hier spiegelt sich Erfahrung). Hiervon ist im Grundsatz auch das Berufungsgericht ausgegangen.
17
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheidet vor diesem Hintergrund jedoch eine generalisierende Betrachtung eines etwaigen Verkehrsverständnisses des Begriffs „Zentrum“ aus, zumal ein Bedeutungswandel dieses Begriffs jedenfalls nicht in demselben Maße festzustellen ist, wie er sich bei dem Begriff „Center“ vollzogen hat. Vielmehr wird der Begriff im Grundsatz als Charakterisierung für ein Unternehmen nach Bedeutung und Größe verstanden oder jedenfalls vom Verkehr auf einen entsprechenden Tatsachenkern zurückgeführt , wobei allerdings auf die jeweiligen Einzelfallumstände abzustellen ist (vgl. OLG München, GRUR-RR 2005, 59; OLG Köln, MD 2008, 807; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 5.46; MünchKomm.UWG/Busche, § 5 Rn. 672; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 5 Rn. 629; Fezer/ Peifer, UWG, 2. Aufl., § 5 Rn. 390; Harte/Henning/Dreyer, UWG, 2. Aufl., § 5 E Rn. 137, Stichwort „Zentrum“; A. Nordemann in Götting/Nordemann, UWG, § 5 Rn. 3.88; aA Lehmler, UWG, § 5 Rn. 265).
18
cc) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, für die Verwendung des Begriffs „Zentrum“ im Zusammenhang mit der Einrichtung einer (Unter-)Abteilung in einem Krankenhaus ergebe sich nichts anderes, ist danach erfahrungswidrig und kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da sich die Werbung der Beklagten auch an potentielle Patienten richtet und das Berufungsgericht seine Würdigung unter Heranziehung der Lebenserfahrung vorgenommen hat, kann der Senat abschließend selbst beurteilen, wie die Werbung mit der Bezeichnung „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ von den in Betracht kommenden Verkehrskreisen aufgefasst wird (vgl. BGH, GRUR 2002, 182, 184 - Das Beste jeden Morgen, mwN).
19
Die mit der Werbung angesprochenen Verkehrskreise werden aufgrund der verwendeten Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ annehmen, die von der Beklagten eingerichtete Unterabteilung habe besondere Bedeutung und damit auch eine jedenfalls über den Durchschnitt hinausgehende Kompetenz , Ausstattung und Erfahrung auf dem von der Beklagten genannten Gebiet. Es ist nicht ersichtlich, dass der Begriff „Zentrum“ von zahlreichen Krankenhäusern generell im Zusammenhang mit den darin vorhandenen Fachabteilungen verwendet wird.
20
dd) Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch nicht aus dem Umstand, dass das Wort „Zentrum“ in § 95 SGB V als Bestandteil des zusammengesetzten Begriffs der „Medizinischen Versorgungszentren“ verwendet wird. Dabei handelt es sich um „fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte … als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind“ (§ 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Vielmehr deutet die Verwendung des Wortes „Zentrum“ in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Leistungen eines medizinischen Zentrums über das Leistungsangebot eines von den Krankenkassen zugelassenen niedergelassenen Arztes hinausgehen müssen. Eine Einrichtung ist erst dann fachübergreifend, wenn in ihr Ärzte mit verschiedenen Facharzt- oder Schwerpunktbezeichnungen tätig sind (§ 95 Abs. 1 Satz 4 SGB V). Damit gehen die ärztlichen Leistungen eines Medizinischen Zentrums im Sinne von § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V erheblich über das Leistungsangebot hinaus, das ein einzelner niedergelassener (Fach-)Arzt erbringen kann. Die enge fachliche Kooperation unterschiedlicher ärztlicher Fachrichtungen bei niedergelassenen Ärzten untereinander sowie mit nichtärztlichen Leistungserbringern war gerade ein Grund für die Möglichkeit der Einrichtung von Medizinischen Versorgungszentren im Sinne des § 95 SGB V (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz -, BT-Drucks. 15/ 1525, S. 108).
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ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten verstehen die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ nicht nur als bloßen internen Behandlungsschwerpunkt. Denn die Beklagte stellt die aus ihrer Sicht besonderen Leistungen dieses „Zentrums“ im Rahmen eines eigenständigen Fachbereichs dar. Eine derartige Hervorhebung unterstreicht die besondere Bedeutung, die über eine einfache Organisationseinheit erheblich hinausgeht.
22
Die Beklagte verfügt unstreitig nicht über eine überdurchschnittliche Ausstattung oder Erfahrung auf dem Gebiet der Behandlung neurologischer Erkrankungen.
23
d) Die Werbung mit der unzutreffenden Bezeichnung „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ hat auch wettbewerbsrechtliche Relevanz, weil sie geeignet ist, das Marktverhalten der angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen. Diese werden, sofern Behandlungsbedarf wegen einer neurologischen oder vaskulären Erkrankung besteht, aufgrund der Darstellung der Beklagten auf ihrer Internetseite veranlasst, die Klinik der Beklagten aufzusuchen, um dort eine Behandlung durchführen zu lassen.
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2. Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich zugleich, dass auch ein Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung nach § 9 Satz 1 UWG und auf Erteilung der begehrten Auskunft gemäß § 242 BGB besteht, weil die Beklagte den Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG jedenfalls fahrlässig begangen hat.
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III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es den Klageantrag zu I 1 und die darauf rückbezogenen Anträge zu II und III auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht abgewiesen hat. In diesem Umfang ist die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.
26
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm Pokrant Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Rostock, Entscheidung vom 11.12.2009 - 8 O 86/09 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 05.05.2010 - 2 U 2/10 -

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

1. Das Urteil des Bezirksberufsgerichts für Zahnärzte in Stuttgart vom 26. August 2009 - BG 1/09 - sowie das Urteil des Landesberufsgerichts für Zahnärzte in Stuttgart vom 23. Oktober 2010 - LNs 7/09 - verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Das Urteil des Landesberufsgerichts für Zahnärzte in Stuttgart wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landesberufsgericht für Zahnärzte zurückverwiesen.

2. ...

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 12.000 € (in Worten: zwölftausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die berufsgerichtlichen Verurteilungen mehrerer Zahnärzte wegen der Verwendung der Bezeichnung "Zahnärztehaus".

2

1. Die §§ 29 ff. des baden-württembergischen Gesetzes über das Berufsrecht und die Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Heilberufe-Kammergesetz ) vom 31. Mai 1976 in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1995 (GBl S. 314 ff.) regeln die Berufspflichten der Angehörigen der aufgeführten Heilberufe und sehen zugleich vor, dass die weiteren Einzelheiten in den jeweiligen Berufsordnungen zu normieren sind.

3

Auf dieser Grundlage erließ die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg in Form einer Satzung die Berufsordnung für Zahnärzte vom 21. Dezember 2005 (im Folgenden: BO a.F.). § 21 BO a.F. lautet auszugsweise:

4

(1) Dem Zahnarzt sind sachliche Informationen über seine Berufstätigkeit gestattet. Berufswidrige Werbung ist dem Zahnarzt untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung. ...

5

(2) und (3) ...

6

(4) Eine Einzelpraxis sowie eine Berufsausübungsgemeinschaft darf nicht als Akademie, Institut, Poliklinik, Zentrum, Ärztehaus oder als ein Unternehmen mit Bezug zu einem gewerblichen Betrieb bezeichnet werden.

7

Diese Berufsordnung wurde zwischenzeitlich durch die Berufsordnung vom 10. September 2010 abgelöst. Bei § 21 BO haben sich, abgesehen von einer veränderten Zählung wegen des Einschubs eines weiteren Absatzes - § 21 Abs. 4 ist nunmehr § 21 Abs. 5 - und der Herausnahme des Begriffs "Zentrum" aus der Aufzählung der verbotenen Bezeichnungen, keine inhaltlichen Änderungen ergeben.

8

2. a) Die Beschwerdeführer sind approbierte Zahnärzte, die Beschwerdeführerin zu 3) ist zusätzlich Fachzahnärztin für Kieferorthopädie. Die Beschwerdeführer zu 2), 3), 4) und 5) betreiben eine "Gemeinschaftspraxis für Zahnheilkunde und Kieferorthopädie", zu der bis zu seinem Ausscheiden im Sommer 2009 auch der Beschwerdeführer zu 1) gehörte. Die Beschwerdeführerin zu 6) betreibt eine "Privatpraxis für Endodontie" und nutzt hierbei dieselben Räumlichkeiten wie die Gemeinschaftspraxis. Die Beschwerdeführer beschäftigen zusammen mehr als 20 Mitarbeiter. In dem circa 450 qm großen Haus, in dem sie ihre Praxen betreiben, befindet sich noch ein zahnärztliches Labor, das ganz überwiegend für die Beschwerdeführer tätig ist. Das Gebäude liegt in einer Gemeinde mit circa 8.200 Einwohnern, in der es noch eine weitere, von einem einzelnen Zahnarzt betriebene Zahnarztpraxis gibt.

9

b) Bereits mit Urteil vom 7. Dezember 2006 verurteilte das Bezirksberufsgericht die Beschwerdeführer jeweils zu einer Geldbuße von 500 €, weil sie im Rahmen ihres Internetauftritts und bei einer im April 2006 veröffentlichten Zeitschriftenanzeige den Begriff "Zahnärztehaus I..." verwendet sowie als Internetadresse die Formulierung "www.daszahnaerztehaus.de" benutzt hatten. Der Gebrauch der Bezeichnungen sei berufsrechtswidrig, denn er verstoße gegen § 21 Abs. 4 BO a.F. Das Landesberufsgericht verwarf die Berufungen der Beschwerdeführer mit Urteil vom 13. Oktober 2007 als unbegründet.

10

3. a) Die Beschwerdeführer änderten trotz der berufsgerichtlichen Verurteilung ihre bisherige Internetadresse nicht und benutzten auch im Rahmen ihres Internetauftritts weiterhin die Bezeichnung "Zahnärztehaus I...". Dieser Begriff befand sich zudem im Briefkopf eines vom 1. Juli 2008 datierenden Schreibens des Beschwerdeführers zu 4) an die Bezirkszahnärztekammer. Auch im sonstigen Geschäftsverkehr verwendeten die Beschwerdeführer in dieser Weise gestaltetes Briefpapier.

11

b) Mit Urteil vom 26. August 2009 verurteilte das Berufsbezirksgericht die Beschwerdeführer daraufhin jeweils zu einer Geldbuße von 1.000 €, weil sie erneut gegen § 21 Abs. 4 BO a.F. und die §§ 29 und 55 Abs. 2 Satz 1 HBKG verstoßen hätten. Aus § 21 Abs. 4 BO a.F. ergebe sich eindeutig, dass eine Berufsausübungsgemeinschaft nicht als Ärzte- oder Zahnärztehaus bezeichnet werde dürfe.

12

c) Das Landesberufsgericht verwarf die Berufungen der Beschwerdeführer mit Urteil vom 23. Oktober 2010 als unbegründet. § 21 Abs. 4 BO a.F. verbiete die Verwendung des Begriffs "Zahnärztehaus" zur Werbung für eine Einzelpraxis beziehungsweise für die Berufsausübungsgemeinschaft mehrerer Zahnärzte. Der Begriff "Ärztehaus" sei als "Zahnärztehaus" zu verstehen, denn die Benutzung der Bezeichnung "Ärztehaus" sei Zahnärzten auch schon ohne Regelung in der Berufsordnung verwehrt. Überdies ergebe sich diese Auslegung aus der Ausrichtung der Berufsordnung auf die Berufstätigkeit der Zahnärzte, durch die Begrenzung der Regelungsbefugnis der Zahnärztekammer sowie durch das allgemeine Verständnis der Berufsangehörigen für die zutreffende Bezeichnung von Ärzten und Zahnärzten. Darüber hinaus sei die Verwendung des Wortes "Zahnärztehaus" auch irreführende Werbung im Sinne von § 21 Abs. 1 BO. Die Beschwerdeführer bildeten eine Berufsausübungsgemeinschaft und seien daher nicht als voneinander unabhängige Zahnärzte tätig. Sie seien damit nicht anders einzuschätzen als ein einzelner Zahnarzt in seiner Praxis. Ein "Ärztehaus" beziehungsweise "Zahnärztehaus" sei im allgemeinen Sprachgebrauch ein Haus, in dem mehrere Ärzte oder Zahnärzte unabhängig voneinander ihre Praxis ausübten. Daneben könne ein Zahnärztehaus auch als ein Haus der Vertretung der Zahnärzte oder der zentralen Dienstleistungen für sie verstanden werden. Keinesfalls bezeichne der Begriff aber eine einzelne zahnärztliche Praxis, selbst wenn sie aus mehreren Zahnärzten bestehe. Die Beschwerdeführer erzeugten daher mit ihrer Formulierung bei einem Behandlung suchenden Interessenten einen Irrtum über die zu erwartenden Verhältnisse, denn er finde in dem genutzten Haus keine weitere Praxis vor. Überdies rufe der Gebrauch der Bezeichnung die Annahme hervor, es handele sich um eine Zusammenfassung der Zahnärzte des Ortes nach der Art einer Poliklinik. Dies vertiefe die Irreführung noch. Der Sachverhalt sei bereits in dem Urteil vom 13. Oktober 2007, auf das verwiesen werde, umfassend gewürdigt worden.

13

In der dortigen Entscheidung hatte das Gericht zusätzlich ausgeführt, als Ärzte- beziehungsweise Zahnärztehaus träten Ärzte beziehungsweise Zahnärzte in verschiedenen kleineren und größeren Städten auf. Auch Immobilienunternehmen verwendeten den Begriff häufig. Schon bei der Errichtung des Hauses werde mit der Bezeichnung um Mieter oder Käufer der vorgesehenen Praxisräume geworben. Verwaltungsunternehmen böten dazu verschiedene Dienstleistungen an, die den einzelnen Berufsausübenden Kostenersparnis oder gesteigerte Nutzungsmöglichkeiten bringen sollten. Für das Verständnis des Wortes stehe danach fest, dass es nicht eine einzelne zahnärztliche Praxis bezeichne. Eine Praxis, die sich als Zahnärztehaus bezeichne, erzeuge bei den interessierten Patienten demzufolge einen Irrtum über die zu erwartenden Sachverhalte, weil er keine Mehrzahl von Zahnärzten in voneinander unabhängiger Tätigkeit vorfinde. So finde er zum Beispiel keinen weiteren Zahnarzt, von dem er eine unabhängige Zweitmeinung zu der Behandlung eines anderen Zahnarztes einholen könne. Bei einer kleinen Gemeinde erwecke der Begriff zudem den Eindruck, es handele sich um das "Kompetenzzentrum" der Zahnheilkunde am Ort, was ebenfalls irreführend sei.

14

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2, Art. 12 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 2 GG.

15

5. Dem Justizministerium des Landes Baden-Württemberg, der Bundeszahnärztekammer, der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, dem Freien Verband Deutscher Zahnärzte e.V. und dem GKV-Spitzenverband der Krankenkassen wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten der Ausgangsverfahren waren beigezogen.

II.

16

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführer aus Art. 12 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 76, 171 <184 f.>; 85, 248 <256>; 94, 372 <389>; 111, 366 <373>). Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.

17

1. Die angegriffenen berufsgerichtlichen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit.

18

a) Die Auferlegung der Geldbußen greift in die Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführer ein, denn durch sie wird ein der Berufsausübung zuzurechnendes Verhalten sanktioniert. Bei der Benutzung der Bezeichnung "Zahnärztehaus I..." auf Briefbögen im geschäftlichen Verkehr und im Rahmen des Internetauftritts sowie bei der Verwendung der Internetadresse "www.daszahnaerztehaus.de" handelt es sich um werbende Tätigkeiten, die mit der zahnärztlichen Betätigung der Beschwerdeführer eng zusammenhängen und dieser dienen. Solches Verhalten ist vom Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit umfasst (vgl. BVerfGE 85, 248 <256>; 111, 366 <373>).

19

b) Die Gründe, auf die die Berufsgerichte ihre Entscheidung stützen, sind nicht geeignet, den Grundrechtseingriff zu rechtfertigen.

20

aa) Ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit bedarf nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen an grundrechtseinschränkende Gesetze genügt (vgl. BVerfGE 94, 372 <389 f.>; 111, 366 <373>; stRspr). Darüber hinaus sind Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar treffen (vgl. BVerfGE 7, 377 <405 f.>; 85, 248 <259>), also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.

21

bb) Werbebeschränkende Vorschriften in ärztlichen Berufsordnungen sind hiernach nur verfassungsgemäß, sofern sie nicht jede, sondern lediglich die berufswidrige Werbung untersagen (vgl. BVerfGE 71, 162 <174>; 85, 248 <257, 260 f.>). Für interessengerechte und sachangemessene, insbesondere das notwendige Vertrauensverhältnis zu Patienten nicht gefährdende Informationen, die keinen Irrtum erregen, muss dagegen im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr Raum bleiben (vgl. BVerfGE 82, 18 <28>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. April 2004 - 1 BvR 649/04 -, NJW 2004, S. 2659; BVerfGK 6, 46 <49 f.>). Die Verwendung der Bezeichnung "Zahnärztehaus" für eine in einem Haus tätige zahnärztliche Gemeinschaftspraxis kann somit nicht als solche, sondern erst dann berufswidrig sein, wenn dies als irreführende oder als sachlich unangemessene Werbung einzustufen ist.

22

cc) Die Berufsgerichte haben in den angegriffenen Entscheidungen nicht in verfassungsrechtlich vertretbarer Weise dargelegt, dass das Verhalten der Beschwerdeführer die Grenzen einer interessengerechten und sachangemessenen Information überschreitet.

23

(1) Das Berufsgericht verkennt schon dadurch, dass es die Berufswidrigkeit alleine auf die Verwendung der Bezeichnung "Zahnärztehaus" stützt, ohne die Frage der Irreführung oder sachlichen Unangemessenheit zu erörtern, die zugrunde zu legenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe. Auch seine begründungslose Gleichsetzung der Begriffe "Ärztehaus" und "Zahnärztehaus" bei der Subsumtion des Sachverhalts unter § 21 Abs. 4 BO a.F. genügt den grundrechtlichen Anforderungen nicht.

24

(2) Das Landesberufsgericht prüft zwar die Frage der Irreführung, bejaht diese aber nicht mit nachvollziehbaren und damit nicht mit verfassungsrechtlich tragfähigen Argumenten. Bedeutung und Tragweite der freien Berufsausübung erfordern die Nachvollziehbarkeit der fachgerichtlichen Bewertung einer Werbemaßnahme als berufswidrig (vgl. BVerfGE 111, 366 <380>).

25

(a) Bereits seine Annahme, ein "Zahnärztehaus" liege nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nur vor bei einem Haus, in dem mehrere Zahnärzte "unabhängig voneinander" ihre Praxis ausübten, begründet das Gericht nicht in nachvollziehbarer Weise. Soweit es in dem Urteil vom 13. Oktober 2007, auf das es sich in den Gründen der angegriffenen Entscheidung bezieht, feststellt, bereits bei der Errichtung eines Gebäudes werde mit der Formulierung "Zahnärztehaus" um Mieter beziehungsweise Käufer geworben und Verwaltungsunternehmen böten zur Effizienzsteigerung verschiedene Dienstleistungen an, ergeben sich daraus gerade keinerlei Anhaltspunkte für die Art der gegenseitigen Rechtsbeziehungen der Zahnärzte, die dann später in einem solchen Haus tätig sind. Sonstige Belege dafür, dass üblicherweise lediglich ein Haus, in dem voneinander unabhängige Zahnärzte tätig sind, als Zahnärztehaus bezeichnet wird, nennt das Gericht nicht. Solche sind auch nicht zu erkennen.

26

(b) Auch, soweit sich das Landesberufsgericht auf den Begriff des "Ärztehauses" bezieht, genügt seine Begründung nicht den sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen. Es fehlt schon eine hinreichende Auseinandersetzung mit der Frage, inwiefern das Vorhandensein mehrerer rechtlich unabhängiger Praxen überhaupt zum zwingenden Bedeutungsinhalt der Bezeichnung gehört. Im Übrigen wird nicht einmal ansatzweise erörtert, ob sämtliche Merkmale, die ein "Ärztehaus" ausmachen, auch für ein "Zahnärztehaus" begriffsbestimmend sind, obwohl eine undifferenzierte inhaltliche Gleichsetzung beider Bezeichnungen gerade nicht nahe liegend ist. Denn während es für einzelne Ärzte verschiedener Fachrichtungen durchaus Sinn macht, sich mit ihren unterschiedlichen Praxen in einem gemeinsamen Gebäude anzusiedeln, weil sie durch Nutzung gemeinsamer Einrichtungen (z.B. eines zentralen Empfangs) Kosten sparen können und die besondere Infrastruktur eines solchen Hauses (kurze Wege für den Patienten von einem Facharzt zum anderen) zudem Wettbewerbsvorteile bringen kann, dürfte eine solche räumliche Nähe bei rechtlich selbständigen Zahnarztpraxen in der Regel weit weniger vorteilhaft sein. Wie nämlich die Landeszahnärztekammer in ihrer Stellungnahme zu Recht angemerkt hat, sind Zahnärzte, selbst wenn sie eine Gebietsbezeichnung führen, von ihrer Ausbildung her Generalisten und damit typischerweise, anders als Fachärzte unterschiedlicher Fachrichtungen, in überschneidenden Bereichen tätig, so dass sie in viel stärkerem Maße miteinander konkurrieren. Bereits deswegen dürfte bei Zahnärzten, die an einem gemeinsamen Ort praktizieren - was die Konkurrenzsituation zwangsläufig verstärkt - die Organisation als Gemeinschaftspraxis mit ihren Synergieeffekten und besseren Abstimmungsmöglichkeiten weit eher den Bedürfnissen entsprechen, als dies bei Ärzten verschiedener Fachgebiete der Fall ist. Auf diese strukturellen Unterschiede geht das Gericht mit keinem Wort ein.

27

(c) Noch weniger ersichtlich ist, dass - wie das Landesberufsgericht meint - mit dem Begriff "Zahnärztehaus" im allgemeinen Sprachgebrauch die Vorstellung verbunden sein könnte, es handele sich um eine Zusammenfassung aller Zahnärzte des Ortes nach Art einer Poliklinik. Dass der Bezeichnung ein solcher weiterer Bedeutungsgehalt zukommt, ist weder erkennbar noch vertretbar dargelegt worden. Gleiches gilt für die noch in der Entscheidung vom 13. Oktober 2007 geäußerte Vorstellung des Gerichts, der Ausdruck "Zahnärztehaus" enthalte die Behauptung, dieses Haus sei das "Kompetenzzentrum" des Ortes.

28

(d) Dass sich daraus, dass die Beschwerdeführer die Formulierung "Zahnärztehaus" in Verbindung mit dem geographischen Zusatz "I..." verwenden, die Gefahr einer Irreführung ergeben könnte, ist ebenfalls weder ersichtlich noch in den angegriffenen Entscheidungen nachvollziehbar dargetan. Es bestehen schon Bedenken, ob sich die Kombination beider Begriffe dahingehend interpretieren lässt, dass die Beschwerdeführer mit der Anfügung der Ortsbezeichnung für sich in Anspruch nehmen, das einzige Zahnärztehaus in I... zu betreiben. Selbst wenn man aber eine entsprechende Aussage aus der Verbindung der Ausdrücke ableitet, ist diese Behauptung nicht irreführend, denn es gibt in I... neben dem von den Beschwerdeführern betriebenen kein weiteres "Zahnärztehaus" - im Sinne eines Hauses, in dem eine Mehrzahl von Zahnärzten praktizieren - sondern nur eine weitere, von einem einzelnen Zahnarzt betriebene Praxis. Dagegen ist nicht erkennbar, dass - wie der Freie Verband Deutscher Zahnärzte e.V. befürchtet - die Beschwerdeführer mit der Benutzung der verbundenen Bezeichnungen zugleich behaupten, ihnen komme eine "Spitzenstellung" unter den Zahnärzten innerhalb des Ortes zu, oder dass die Begriffe suggerieren könnten, in I... gebe es sonst keine Zahnärzte. Einen derartigen weitergehenden Inhalt haben die Wörter - auch in ihrer Verknüpfung - nicht.

29

(e) Im Übrigen wird auch die pauschale Betrachtungsweise, die das Landesberufsgericht bei der Prüfung, ob eine Irreführung gegeben ist, an den Tag legt, den Erfordernissen des Art. 12 Abs. 1 GG nicht gerecht. So fehlen jegliche Darlegungen dazu, inwiefern gerade das konkrete Verhalten der Beschwerdeführer, das Gegenstand des berufsgerichtlichen Verfahrens war (die Verwendung der Bezeichnung "Zahnärztehaus I..." im Rahmen des Internetauftritts und auf dem Briefkopf sowie die Nutzung der Internetadresse "www.zahnaerztehaus.de"), irreführend ist. Insbesondere geht das Gericht weder auf die spezifische Gestaltung der Internetseiten der Beschwerdeführer, auf denen die Begriffe "Zahnärztehaus" beziehungsweise "Zahnärztehaus I..." auftauchen, noch auf die Aufmachung des Briefkopfes ein. Die sich in diesem Zusammenhang aufdrängende Frage, wie ein durchschnittlicher Internetbenutzer über die rechtlichen Beziehungen der im "Zahnärztehaus I..." tätigen Zahnärzte getäuscht werden kann, wenn diese Beziehungen auf der gleichen Seite, auf der die Bezeichnung verwandt wird, im Einzelnen aufgeschlüsselt worden sind, bleibt damit unbeantwortet. Warum ein solcher Nutzer weiter annehmen sollte, über die auf der Internetseite genannten Personen hinaus praktizierten in dem Haus noch weitere Zahnärzte, erschließt sich ebenfalls nicht.

30

(f) Im konkreten Fall sind auf Grundlage des in den angefochtenen Entscheidungen festgestellten Sachverhalts auch keine Gründe des Gemeinwohls erkennbar, die es rechtfertigen könnten, zumindest der - außerhalb der Gemeinschaftspraxis stehenden - Beschwerdeführerin zu 6) die Benutzung der Formulierung "Zahnärztehaus" zu verbieten. Zwar ist eine solche Bezeichnung für eine Einzelpraxis in aller Regel irreführend, weil sie den - unzutreffenden - Eindruck erweckt, in dieser Praxis sei mehr als ein Zahnarzt tätig. Hinreichende Anzeichen dafür, dass die Beschwerdeführerin zu 6) den Ausdruck verwendet, um damit ihre Praxis allein zu bezeichnen, gibt es hier jedoch nicht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie den Begriff, zusammen mit den Beschwerdeführern zu 1) bis 5), für die gemeinsame Beschreibung aller in dem Haus tätigen Zahnärzte nutzt. Unter dieser Voraussetzung ist die Gefahr einer Irreführung nicht zu sehen und in den angegriffenen Entscheidungen auch nicht plausibel dargelegt worden.

31

(g) Inwieweit die Formulierung "Zahnärztehaus", über ihren reinen Wortlaut hinaus, bei einem durchschnittlich informierten und verständigen (potentiellen) Patienten zu der Annahme führt, es sei eine größere Anzahl an Zahnärzten mit besonderen Spezialisierungen vorhanden, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn man dem Begriff eine solche weitere Bedeutung zumisst, ist für eine Irreführung hier nichts ersichtlich, weil die Beschwerdeführer sowohl von ihrer Anzahl her als auch unter Berücksichtigung der zahnärztlichen Gebiete, die sie mit ihren Leistungen abdecken, diese weiteren Anforderungen erfüllen.

32

dd) Die Formulierung "Zahnärztehaus" für eine Mehrzahl von Zahnärzten, die in der Art und Weise, wie dies bei den Beschwerdeführern der Fall ist, gemeinsam in einem Gebäude tätig sind, ist auch sachlich angemessen, insbesondere weder marktschreierisch noch übertrieben anpreisend. Dass die Verwendung des Ausdrucks sonstige Gemeinwohlbelange verletzten könnte, ist ebenfalls nicht zu sehen und wird in den berufsgerichtlichen Entscheidungen auch nicht nachvollziehbar behauptet.

33

ee) Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass die berufsgerichtliche Verurteilung auch nicht in verfassungsrechtlich vertretbarer Weise mit einem Verstoß gegen das allgemeine Verbot berufswidriger Werbung in § 21 Abs. 1 BO a.F. begründet werden kann.

34

2. Die berufsgerichtlichen Entscheidungen beruhen auf den festgestellten Verstößen gegen Art. 12 Abs. 1 GG.

35

Es erscheint angezeigt, gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG lediglich das Urteil des Landesberufsgerichts aufzuheben und die Sache dorthin zurückzuverweisen. Das dient dem Interesse der Beschwerdeführer, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung zu erhalten.

36

3. Da schon die Rüge des Art. 12 Abs. 1 GG durchgreift, kommt es auf die Frage, ob auch Verstöße gegen Art. 5 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 2 GG vorliegen, nicht mehr an. Insbesondere ergeben sich aus diesen Grundrechten im konkreten Fall keine weitergehenden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen als aus Art. 12 Abs. 1 GG.

37

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

38

5. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 104/10 Verkündet am:
18. Januar 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Neurologisch/Vaskuläres Zentrum
Ein Bedeutungswandel beim Begriff "Zentrum" ist nicht im selben Maß wie beim
Begriff "Center" festzustellen. Der Begriff "Zentrum" weist im Grundsatz nach
wie vor auf eine besondere Bedeutung und Größe eines Unternehmens hin
oder wird jedenfalls vom Verkehr auf einen solchen Tatsachenkern zurückgeführt.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 104/10 - OLG Rostock
LG Rostock
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 5. Mai 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags zu I 1 und der darauf rückbezogenen Klageanträge zu II und III zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock, 8. Zivilkammer als 3. Kammer für Handelssachen, vom 11. Dezember 2009 zurückgewiesen. Die Kosten des landgerichtlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Gerichtskosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens trägt die Klägerin, die Gerichtskosten der Revision hat die Beklagte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und der Revision tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien betreiben in Mecklenburg-Vorpommern Kliniken. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen einer Werbung mit dem Begriff „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ auf Unterlassung in Anspruch.
2
Die von den Parteien betriebenen Kliniken, die ihre Dienstleistungen auf dem Gebiet der Krankenhausversorgung im Wesentlichen gegenüber demselben Personenkreis anbieten, liegen etwa 35 km voneinander entfernt. Sie werden mit verschiedenen Fachabteilungen im Krankenhausplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern aufgeführt. Für die von der Beklagten betriebene Klinik ist eine neurologische Fachabteilung im Landeskrankenhausplan nicht verzeichnet. Die Beklagte richtete im Herbst 2008 als Unterabteilung der Fachabteilungen für innere Medizin und für Frührehabilitation ein „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ ein, das von einem Neurologen als Chefarzt geleitet wird. Darauf wies sie in ihrem Internetauftritt und in einem Newsletter vom 21. Januar 2009 hin.
3
Die Klägerin hat die Werbung der Beklagten mit der in Rede stehenden Bezeichnung als wettbewerbswidrig beanstandet, weil der angesprochene Verkehr über den Zulassungs- und Befähigungsstatus der Beklagten getäuscht werde. Darüber hinaus entstehe der unzutreffende Eindruck, die Abteilung der Beklagten übertreffe in ihrer Größe, Bedeutung und besonderen Spezialisierung sonstige Krankenhäuser mit einer neurologischen Fachabteilung, weil der Begriff „Zentrum“ auf eine hochspezialisierte Abteilung hindeute, deren Fachkompetenz und Erfahrung erheblich über dem Durchschnitt liege.
4
Die Beklagte hat demgegenüber vor allem geltend gemacht, der angesprochene Verkehr werde durch die Verwendung des Begriffs „Zentrum“ nicht irregeführt. Im Zusammenhang mit der Bezeichnung einer Dienstleistungslokalität habe der Begriff einen Bedeutungswandel erfahren. Er setze keine herausragende Qualität mehr voraus und unterscheide sich insoweit nicht von einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis.
5
Das Landgericht hat die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit dem Bestehen eines „Neurologisch/Vaskulären Zentrums“ an der Asklepios Klinik zu werben.
6
Darüber hinaus hat es die Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt und die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten festgestellt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
7
Mit der insoweit vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des der Klage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die beanstandete Werbeaussage sei nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG irreführend, da sie keine zur Täuschung geeigneten Angaben über die Person oder die Rechte der Beklagten als Unternehmerin enthalte. Der Begriff „Zentrum“ habe - ähnlich wie die mittlerweile modische Bezeichnung „Center“ - einen Bedeutungswandel erfahren. Der Sinn des Wortes beschränke sich nach heutigem Sprachgebrauch auf die namentliche Bezeichnung einer Einrichtung, ohne dass daraus auf deren Größe oder besondere Bedeutung geschlossen werden könne. Dies gelte auch, wenn das Wort „Zentrum“ im Zusammenhang mit der stationären Krankenhausversorgung gebraucht werde.
9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und in diesem Umfang zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
10
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts werden die angesprochenen Verkehrskreise durch die Verwendung der beanstandeten Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ gemäß §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG in erheblicher Weise irregeführt, weil die Beklagte damit eine für die Nachfrageentscheidung der Werbeadressaten relevante unzutreffende Vorstellung über die besondere Qualifikation ihrer Klinik hervorruft.
11
a) Eine Werbung ist irreführend, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über das Angebot hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen. Die wettbewerbliche Erheblichkeit ist ein dem Irreführungstatbestand immanentes, spezifisches Relevanzerfordernis, das als eigenständige Bagatellschwelle eine zusätzliche Erheblichkeitsprüfung nach § 3 UWG überflüssig macht (BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 219/06, GRUR 2009, 888 Rn. 18 = WRP 2009, 1080 - Thermoroll, mwN; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 5 Rn. 2.20 f., Rn. 2.169).
12
Für die Beurteilung der Frage, ob eine Werbeaussage irreführend ist, kommt es maßgeblich darauf an, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung versteht. Das vom Berufungsgericht festgestellte Verkehrsverständnis der Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ entspricht nicht der Lebenserfahrung, die im Revisionsverfahren uneingeschränkt über- prüft werden kann. Die Feststellung des Berufungsgerichts kann daher keinen Bestand haben (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2001 - I ZR 318/98, GRUR 2002, 182, 184 = WRP 2002, 74 - Das Beste jeden Morgen, mwN).
13
b) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass sich die beanstandete Werbung der Beklagten sowohl an Ärzte als auch an potentielle Patienten richtet. Ein unterschiedliches Verkehrsverständnis ist damit nicht verbunden, weil nicht ersichtlich ist, dass diese Kreise der Werbeaussage voneinander abweichende Sinngehalte beimessen. Es ist auch davon auszugehen, dass die fachliche Ausrichtung oder Spezialisierung zu den wesentlichen Entscheidungsgesichtspunkten bei der Wahl eines Krankenhauses gehören.
14
c) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angesprochenen Verkehrskreise verstünden den Begriff „Zentrum“ in der beanstandeten Bezeichnung nicht als Hinweis auf eine beson- dere Größe oder fachliche Qualifikation der von der Beklagten in ihrer Klinik betriebenen Unterabteilung.
15
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, in seinem ursprünglichen Sinn sei der Begriff „Zentrum“ zwar als Hinweis auf die besondere Größe und Bedeutung einer Einrichtung verstanden worden, die über den Durchschnitt gleichartiger Betriebe hinausrage. Das Wort „Zentrum“ habe jedoch einen Bedeutungswandel erfahren. Nach heutigem Sprachgebrauch werde der Begriff „Zentrum“ - insbesondere im Dienstleistungsbereich - für sich allein nicht mehr als Hinweis auf die Größe und besondere Bedeutung einer Einrichtung verstanden. Dass die stationäre Krankenhausversorgung von diesem Bedeutungswandel ausgenommen sei, sei nicht erkennbar; dies belege unter anderem auch die Verwendung des Begriffs „Medizinisches Versorgungszentrum“ in § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Auch hier werde mit dem Wort „Zentrum“ nicht auf eine besondere Größe oder eine überdurchschnittliche Fachkompetenz hingewiesen. Ein „Medizinisches Versorgungszentrum“ sei vielmehr lediglich eine fachübergrei- fende ärztlich geleitete Einrichtung, in der Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig seien und die an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilnehme. In einem vergleichbaren Sinn sei auch die beanstandete Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ zu verstehen. Damit sei nur die institutiona- lisierte Zusammenarbeit von Nervenärzten und Internisten gemeint.
16
bb) Dieser Beurteilung vermag der Senat nicht beizutreten. Bei der Feststellung , wie der angesprochene Verkehr die Werbung mit der Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ versteht, ist auf den Gesamteindruck abzu- stellen, den die werbliche Darstellung vermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - I ZR 73/07, GRUR 2010, 352 Rn. 11 = WRP 2010, 636 - Hier spiegelt sich Erfahrung). Hiervon ist im Grundsatz auch das Berufungsgericht ausgegangen.
17
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheidet vor diesem Hintergrund jedoch eine generalisierende Betrachtung eines etwaigen Verkehrsverständnisses des Begriffs „Zentrum“ aus, zumal ein Bedeutungswandel dieses Begriffs jedenfalls nicht in demselben Maße festzustellen ist, wie er sich bei dem Begriff „Center“ vollzogen hat. Vielmehr wird der Begriff im Grundsatz als Charakterisierung für ein Unternehmen nach Bedeutung und Größe verstanden oder jedenfalls vom Verkehr auf einen entsprechenden Tatsachenkern zurückgeführt , wobei allerdings auf die jeweiligen Einzelfallumstände abzustellen ist (vgl. OLG München, GRUR-RR 2005, 59; OLG Köln, MD 2008, 807; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 5.46; MünchKomm.UWG/Busche, § 5 Rn. 672; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 5 Rn. 629; Fezer/ Peifer, UWG, 2. Aufl., § 5 Rn. 390; Harte/Henning/Dreyer, UWG, 2. Aufl., § 5 E Rn. 137, Stichwort „Zentrum“; A. Nordemann in Götting/Nordemann, UWG, § 5 Rn. 3.88; aA Lehmler, UWG, § 5 Rn. 265).
18
cc) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, für die Verwendung des Begriffs „Zentrum“ im Zusammenhang mit der Einrichtung einer (Unter-)Abteilung in einem Krankenhaus ergebe sich nichts anderes, ist danach erfahrungswidrig und kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da sich die Werbung der Beklagten auch an potentielle Patienten richtet und das Berufungsgericht seine Würdigung unter Heranziehung der Lebenserfahrung vorgenommen hat, kann der Senat abschließend selbst beurteilen, wie die Werbung mit der Bezeichnung „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ von den in Betracht kommenden Verkehrskreisen aufgefasst wird (vgl. BGH, GRUR 2002, 182, 184 - Das Beste jeden Morgen, mwN).
19
Die mit der Werbung angesprochenen Verkehrskreise werden aufgrund der verwendeten Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ annehmen, die von der Beklagten eingerichtete Unterabteilung habe besondere Bedeutung und damit auch eine jedenfalls über den Durchschnitt hinausgehende Kompetenz , Ausstattung und Erfahrung auf dem von der Beklagten genannten Gebiet. Es ist nicht ersichtlich, dass der Begriff „Zentrum“ von zahlreichen Krankenhäusern generell im Zusammenhang mit den darin vorhandenen Fachabteilungen verwendet wird.
20
dd) Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch nicht aus dem Umstand, dass das Wort „Zentrum“ in § 95 SGB V als Bestandteil des zusammengesetzten Begriffs der „Medizinischen Versorgungszentren“ verwendet wird. Dabei handelt es sich um „fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte … als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind“ (§ 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Vielmehr deutet die Verwendung des Wortes „Zentrum“ in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Leistungen eines medizinischen Zentrums über das Leistungsangebot eines von den Krankenkassen zugelassenen niedergelassenen Arztes hinausgehen müssen. Eine Einrichtung ist erst dann fachübergreifend, wenn in ihr Ärzte mit verschiedenen Facharzt- oder Schwerpunktbezeichnungen tätig sind (§ 95 Abs. 1 Satz 4 SGB V). Damit gehen die ärztlichen Leistungen eines Medizinischen Zentrums im Sinne von § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V erheblich über das Leistungsangebot hinaus, das ein einzelner niedergelassener (Fach-)Arzt erbringen kann. Die enge fachliche Kooperation unterschiedlicher ärztlicher Fachrichtungen bei niedergelassenen Ärzten untereinander sowie mit nichtärztlichen Leistungserbringern war gerade ein Grund für die Möglichkeit der Einrichtung von Medizinischen Versorgungszentren im Sinne des § 95 SGB V (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz -, BT-Drucks. 15/ 1525, S. 108).
21
ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten verstehen die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ nicht nur als bloßen internen Behandlungsschwerpunkt. Denn die Beklagte stellt die aus ihrer Sicht besonderen Leistungen dieses „Zentrums“ im Rahmen eines eigenständigen Fachbereichs dar. Eine derartige Hervorhebung unterstreicht die besondere Bedeutung, die über eine einfache Organisationseinheit erheblich hinausgeht.
22
Die Beklagte verfügt unstreitig nicht über eine überdurchschnittliche Ausstattung oder Erfahrung auf dem Gebiet der Behandlung neurologischer Erkrankungen.
23
d) Die Werbung mit der unzutreffenden Bezeichnung „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ hat auch wettbewerbsrechtliche Relevanz, weil sie geeignet ist, das Marktverhalten der angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen. Diese werden, sofern Behandlungsbedarf wegen einer neurologischen oder vaskulären Erkrankung besteht, aufgrund der Darstellung der Beklagten auf ihrer Internetseite veranlasst, die Klinik der Beklagten aufzusuchen, um dort eine Behandlung durchführen zu lassen.
24
2. Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich zugleich, dass auch ein Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung nach § 9 Satz 1 UWG und auf Erteilung der begehrten Auskunft gemäß § 242 BGB besteht, weil die Beklagte den Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG jedenfalls fahrlässig begangen hat.
25
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es den Klageantrag zu I 1 und die darauf rückbezogenen Anträge zu II und III auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht abgewiesen hat. In diesem Umfang ist die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.
26
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm Pokrant Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Rostock, Entscheidung vom 11.12.2009 - 8 O 86/09 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 05.05.2010 - 2 U 2/10 -

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 104/10 Verkündet am:
18. Januar 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Neurologisch/Vaskuläres Zentrum
Ein Bedeutungswandel beim Begriff "Zentrum" ist nicht im selben Maß wie beim
Begriff "Center" festzustellen. Der Begriff "Zentrum" weist im Grundsatz nach
wie vor auf eine besondere Bedeutung und Größe eines Unternehmens hin
oder wird jedenfalls vom Verkehr auf einen solchen Tatsachenkern zurückgeführt.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 104/10 - OLG Rostock
LG Rostock
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 5. Mai 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags zu I 1 und der darauf rückbezogenen Klageanträge zu II und III zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock, 8. Zivilkammer als 3. Kammer für Handelssachen, vom 11. Dezember 2009 zurückgewiesen. Die Kosten des landgerichtlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Gerichtskosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens trägt die Klägerin, die Gerichtskosten der Revision hat die Beklagte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und der Revision tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien betreiben in Mecklenburg-Vorpommern Kliniken. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen einer Werbung mit dem Begriff „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ auf Unterlassung in Anspruch.
2
Die von den Parteien betriebenen Kliniken, die ihre Dienstleistungen auf dem Gebiet der Krankenhausversorgung im Wesentlichen gegenüber demselben Personenkreis anbieten, liegen etwa 35 km voneinander entfernt. Sie werden mit verschiedenen Fachabteilungen im Krankenhausplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern aufgeführt. Für die von der Beklagten betriebene Klinik ist eine neurologische Fachabteilung im Landeskrankenhausplan nicht verzeichnet. Die Beklagte richtete im Herbst 2008 als Unterabteilung der Fachabteilungen für innere Medizin und für Frührehabilitation ein „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ ein, das von einem Neurologen als Chefarzt geleitet wird. Darauf wies sie in ihrem Internetauftritt und in einem Newsletter vom 21. Januar 2009 hin.
3
Die Klägerin hat die Werbung der Beklagten mit der in Rede stehenden Bezeichnung als wettbewerbswidrig beanstandet, weil der angesprochene Verkehr über den Zulassungs- und Befähigungsstatus der Beklagten getäuscht werde. Darüber hinaus entstehe der unzutreffende Eindruck, die Abteilung der Beklagten übertreffe in ihrer Größe, Bedeutung und besonderen Spezialisierung sonstige Krankenhäuser mit einer neurologischen Fachabteilung, weil der Begriff „Zentrum“ auf eine hochspezialisierte Abteilung hindeute, deren Fachkompetenz und Erfahrung erheblich über dem Durchschnitt liege.
4
Die Beklagte hat demgegenüber vor allem geltend gemacht, der angesprochene Verkehr werde durch die Verwendung des Begriffs „Zentrum“ nicht irregeführt. Im Zusammenhang mit der Bezeichnung einer Dienstleistungslokalität habe der Begriff einen Bedeutungswandel erfahren. Er setze keine herausragende Qualität mehr voraus und unterscheide sich insoweit nicht von einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis.
5
Das Landgericht hat die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit dem Bestehen eines „Neurologisch/Vaskulären Zentrums“ an der Asklepios Klinik zu werben.
6
Darüber hinaus hat es die Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt und die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten festgestellt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
7
Mit der insoweit vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des der Klage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die beanstandete Werbeaussage sei nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG irreführend, da sie keine zur Täuschung geeigneten Angaben über die Person oder die Rechte der Beklagten als Unternehmerin enthalte. Der Begriff „Zentrum“ habe - ähnlich wie die mittlerweile modische Bezeichnung „Center“ - einen Bedeutungswandel erfahren. Der Sinn des Wortes beschränke sich nach heutigem Sprachgebrauch auf die namentliche Bezeichnung einer Einrichtung, ohne dass daraus auf deren Größe oder besondere Bedeutung geschlossen werden könne. Dies gelte auch, wenn das Wort „Zentrum“ im Zusammenhang mit der stationären Krankenhausversorgung gebraucht werde.
9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und in diesem Umfang zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
10
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts werden die angesprochenen Verkehrskreise durch die Verwendung der beanstandeten Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ gemäß §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG in erheblicher Weise irregeführt, weil die Beklagte damit eine für die Nachfrageentscheidung der Werbeadressaten relevante unzutreffende Vorstellung über die besondere Qualifikation ihrer Klinik hervorruft.
11
a) Eine Werbung ist irreführend, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über das Angebot hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen. Die wettbewerbliche Erheblichkeit ist ein dem Irreführungstatbestand immanentes, spezifisches Relevanzerfordernis, das als eigenständige Bagatellschwelle eine zusätzliche Erheblichkeitsprüfung nach § 3 UWG überflüssig macht (BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 219/06, GRUR 2009, 888 Rn. 18 = WRP 2009, 1080 - Thermoroll, mwN; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 5 Rn. 2.20 f., Rn. 2.169).
12
Für die Beurteilung der Frage, ob eine Werbeaussage irreführend ist, kommt es maßgeblich darauf an, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung versteht. Das vom Berufungsgericht festgestellte Verkehrsverständnis der Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ entspricht nicht der Lebenserfahrung, die im Revisionsverfahren uneingeschränkt über- prüft werden kann. Die Feststellung des Berufungsgerichts kann daher keinen Bestand haben (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2001 - I ZR 318/98, GRUR 2002, 182, 184 = WRP 2002, 74 - Das Beste jeden Morgen, mwN).
13
b) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass sich die beanstandete Werbung der Beklagten sowohl an Ärzte als auch an potentielle Patienten richtet. Ein unterschiedliches Verkehrsverständnis ist damit nicht verbunden, weil nicht ersichtlich ist, dass diese Kreise der Werbeaussage voneinander abweichende Sinngehalte beimessen. Es ist auch davon auszugehen, dass die fachliche Ausrichtung oder Spezialisierung zu den wesentlichen Entscheidungsgesichtspunkten bei der Wahl eines Krankenhauses gehören.
14
c) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angesprochenen Verkehrskreise verstünden den Begriff „Zentrum“ in der beanstandeten Bezeichnung nicht als Hinweis auf eine beson- dere Größe oder fachliche Qualifikation der von der Beklagten in ihrer Klinik betriebenen Unterabteilung.
15
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, in seinem ursprünglichen Sinn sei der Begriff „Zentrum“ zwar als Hinweis auf die besondere Größe und Bedeutung einer Einrichtung verstanden worden, die über den Durchschnitt gleichartiger Betriebe hinausrage. Das Wort „Zentrum“ habe jedoch einen Bedeutungswandel erfahren. Nach heutigem Sprachgebrauch werde der Begriff „Zentrum“ - insbesondere im Dienstleistungsbereich - für sich allein nicht mehr als Hinweis auf die Größe und besondere Bedeutung einer Einrichtung verstanden. Dass die stationäre Krankenhausversorgung von diesem Bedeutungswandel ausgenommen sei, sei nicht erkennbar; dies belege unter anderem auch die Verwendung des Begriffs „Medizinisches Versorgungszentrum“ in § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Auch hier werde mit dem Wort „Zentrum“ nicht auf eine besondere Größe oder eine überdurchschnittliche Fachkompetenz hingewiesen. Ein „Medizinisches Versorgungszentrum“ sei vielmehr lediglich eine fachübergrei- fende ärztlich geleitete Einrichtung, in der Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig seien und die an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilnehme. In einem vergleichbaren Sinn sei auch die beanstandete Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ zu verstehen. Damit sei nur die institutiona- lisierte Zusammenarbeit von Nervenärzten und Internisten gemeint.
16
bb) Dieser Beurteilung vermag der Senat nicht beizutreten. Bei der Feststellung , wie der angesprochene Verkehr die Werbung mit der Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ versteht, ist auf den Gesamteindruck abzu- stellen, den die werbliche Darstellung vermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - I ZR 73/07, GRUR 2010, 352 Rn. 11 = WRP 2010, 636 - Hier spiegelt sich Erfahrung). Hiervon ist im Grundsatz auch das Berufungsgericht ausgegangen.
17
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheidet vor diesem Hintergrund jedoch eine generalisierende Betrachtung eines etwaigen Verkehrsverständnisses des Begriffs „Zentrum“ aus, zumal ein Bedeutungswandel dieses Begriffs jedenfalls nicht in demselben Maße festzustellen ist, wie er sich bei dem Begriff „Center“ vollzogen hat. Vielmehr wird der Begriff im Grundsatz als Charakterisierung für ein Unternehmen nach Bedeutung und Größe verstanden oder jedenfalls vom Verkehr auf einen entsprechenden Tatsachenkern zurückgeführt , wobei allerdings auf die jeweiligen Einzelfallumstände abzustellen ist (vgl. OLG München, GRUR-RR 2005, 59; OLG Köln, MD 2008, 807; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 5.46; MünchKomm.UWG/Busche, § 5 Rn. 672; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 5 Rn. 629; Fezer/ Peifer, UWG, 2. Aufl., § 5 Rn. 390; Harte/Henning/Dreyer, UWG, 2. Aufl., § 5 E Rn. 137, Stichwort „Zentrum“; A. Nordemann in Götting/Nordemann, UWG, § 5 Rn. 3.88; aA Lehmler, UWG, § 5 Rn. 265).
18
cc) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, für die Verwendung des Begriffs „Zentrum“ im Zusammenhang mit der Einrichtung einer (Unter-)Abteilung in einem Krankenhaus ergebe sich nichts anderes, ist danach erfahrungswidrig und kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da sich die Werbung der Beklagten auch an potentielle Patienten richtet und das Berufungsgericht seine Würdigung unter Heranziehung der Lebenserfahrung vorgenommen hat, kann der Senat abschließend selbst beurteilen, wie die Werbung mit der Bezeichnung „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ von den in Betracht kommenden Verkehrskreisen aufgefasst wird (vgl. BGH, GRUR 2002, 182, 184 - Das Beste jeden Morgen, mwN).
19
Die mit der Werbung angesprochenen Verkehrskreise werden aufgrund der verwendeten Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ annehmen, die von der Beklagten eingerichtete Unterabteilung habe besondere Bedeutung und damit auch eine jedenfalls über den Durchschnitt hinausgehende Kompetenz , Ausstattung und Erfahrung auf dem von der Beklagten genannten Gebiet. Es ist nicht ersichtlich, dass der Begriff „Zentrum“ von zahlreichen Krankenhäusern generell im Zusammenhang mit den darin vorhandenen Fachabteilungen verwendet wird.
20
dd) Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch nicht aus dem Umstand, dass das Wort „Zentrum“ in § 95 SGB V als Bestandteil des zusammengesetzten Begriffs der „Medizinischen Versorgungszentren“ verwendet wird. Dabei handelt es sich um „fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte … als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind“ (§ 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Vielmehr deutet die Verwendung des Wortes „Zentrum“ in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Leistungen eines medizinischen Zentrums über das Leistungsangebot eines von den Krankenkassen zugelassenen niedergelassenen Arztes hinausgehen müssen. Eine Einrichtung ist erst dann fachübergreifend, wenn in ihr Ärzte mit verschiedenen Facharzt- oder Schwerpunktbezeichnungen tätig sind (§ 95 Abs. 1 Satz 4 SGB V). Damit gehen die ärztlichen Leistungen eines Medizinischen Zentrums im Sinne von § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V erheblich über das Leistungsangebot hinaus, das ein einzelner niedergelassener (Fach-)Arzt erbringen kann. Die enge fachliche Kooperation unterschiedlicher ärztlicher Fachrichtungen bei niedergelassenen Ärzten untereinander sowie mit nichtärztlichen Leistungserbringern war gerade ein Grund für die Möglichkeit der Einrichtung von Medizinischen Versorgungszentren im Sinne des § 95 SGB V (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz -, BT-Drucks. 15/ 1525, S. 108).
21
ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten verstehen die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung „Neurologisch/Vaskuläres Zentrum“ nicht nur als bloßen internen Behandlungsschwerpunkt. Denn die Beklagte stellt die aus ihrer Sicht besonderen Leistungen dieses „Zentrums“ im Rahmen eines eigenständigen Fachbereichs dar. Eine derartige Hervorhebung unterstreicht die besondere Bedeutung, die über eine einfache Organisationseinheit erheblich hinausgeht.
22
Die Beklagte verfügt unstreitig nicht über eine überdurchschnittliche Ausstattung oder Erfahrung auf dem Gebiet der Behandlung neurologischer Erkrankungen.
23
d) Die Werbung mit der unzutreffenden Bezeichnung „Neurologisch/ Vaskuläres Zentrum“ hat auch wettbewerbsrechtliche Relevanz, weil sie geeignet ist, das Marktverhalten der angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen. Diese werden, sofern Behandlungsbedarf wegen einer neurologischen oder vaskulären Erkrankung besteht, aufgrund der Darstellung der Beklagten auf ihrer Internetseite veranlasst, die Klinik der Beklagten aufzusuchen, um dort eine Behandlung durchführen zu lassen.
24
2. Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich zugleich, dass auch ein Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung nach § 9 Satz 1 UWG und auf Erteilung der begehrten Auskunft gemäß § 242 BGB besteht, weil die Beklagte den Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG jedenfalls fahrlässig begangen hat.
25
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es den Klageantrag zu I 1 und die darauf rückbezogenen Anträge zu II und III auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht abgewiesen hat. In diesem Umfang ist die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.
26
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm Pokrant Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Rostock, Entscheidung vom 11.12.2009 - 8 O 86/09 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 05.05.2010 - 2 U 2/10 -

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.