Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Okt. 2016 - 1 K 237/15

bei uns veröffentlicht am26.10.2016

Tenor

Die Baueinstellungsverfügung der Beklagten vom 09.01.2014 und die Ablehnungsverfügung der Beklagten vom 06.02.2014 sowie die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Freiburg vom 08.01.2015 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die beantragte Genehmigung zur Nutzungsänderung des Speichers über Garage und Carport zu einer Wohnung sowie zur Errichtung eines Balkons auf seinem Grundstück ... Straße ..., Flst.-Nr. ..., Gemarkung ... zu erteilen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beigeladenen (als Gesamtschuldner) und die Beklagte je zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten behalten die Beigeladenen und die Beklagte auf sich.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine Baueinstellungsverfügung der Beklagten und begehrt zugleich die Erteilung einer Baugenehmigung zur Umnutzung von Speicherräumen zu Wohnraum.
Dem Kläger wurde von der Beklagten unter dem 14.11.2001 eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Garage mit Carport und darüber liegenden Speicherräumen auf seinem Grundstück ... Straße ... (Flst.-Nr. ..., Gemarkung ...) an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen erteilt. Gegen die Baugenehmigung legten die Beigeladenen am 14.11.2001 Widerspruch ein, den diese im November 2009 nach mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem Kläger zurücknahmen.
In der Folgezeit errichtete der Kläger das Gebäude. Die Gebäudeteile wurden versetzt errichtet, wobei sich die Rückwand des Garagengebäudeteils auf der Grundstücksgrenze befindet und der Bereich des Carports einen Grenzabstand von 2,55 m zum Grundstück der Beigeladenen aufweist. Das Treppenhaus, durch das die Speicherräume im Dachgeschoss erreicht werden, befindet sich im Bereich der Garage. Während der Bauphase fanden auf Veranlassung der Beigeladenen mehrfach Baukontrollen auf dem klägerischen Grundstück statt. Aufgrund der Erhöhung der Firsthöhe um 29 cm wurde dem Kläger auf seinen Antrag hin am 20.03.2012 eine Nachtragsbaugenehmigung erteilt.
Bei einer nach Fertigstellungsanzeige vorgenommenen Baubesichtigung am 06.12.2013 wurde seitens der Beklagten festgestellt, dass mit dem Ausbau des Speichers begonnen und dabei Fenster mit hochwertiger Isolierverglasung einschließlich Rollladen, Balkontür, Wärmedämmung und Entwässerungsleitungen eingebaut wurden sowie eine Zwischenwand eingezogen wurde.
Der Kläger stellte am 23.12.2013 einen Antrag auf Nutzungsänderung des Speichers zu Wohnnutzung sowie auf Errichtung eines Balkons. Mit Schreiben vom 09.01.2014 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die gewünschte Umnutzung nicht mehr privilegiert sei und wegen fehlender Abstandsflächen zum Nachbargrundstück daher nicht zulässig sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 09.01.2014 verfügte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Einstellung der Bautätigkeiten. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Obergeschoss als Speicher genehmigt worden sei. Ein Ausbau zu Wohnzwecken sei nicht genehmigt worden. Die Nutzungsänderung sei auch nicht verfahrensfrei, da lediglich Garagen privilegiert seien. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 19.01.2014 Widerspruch ein.
Weiter stellte der Kläger am 03.02.2014 einen Antrag auf eine Abweichungsentscheidung nach § 56 LBO.
Mit dem in diesem Verfahren ebenfalls angefochtenen Bescheid vom 06.02.2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Nutzungsänderung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass dem Kläger eine Baugenehmigung zur Errichtung von Garage, Carport und darüber liegenden Speicherräumen erteilt worden sei. Garage und Carport seien als einheitliches Bauvorhaben beantragt, genehmigt und errichtet worden.
Die Garage befinde sich an der Grenze zum Nachbargrundstück. Der Carport als Gebäudeteil halte für sich gesehen zwar den erforderlichen Grenzabstand ein, jedoch erstrecke sich die geplante Wohnnutzung über den gesamten Gebäudekomplex. Mit einer Umnutzung der Speicherräume in Wohnraum entfalle die Privilegierung nach § 6 LBO insgesamt und unabhängig davon, welche Teile der Wohnnutzung im Grenzbereich angesiedelt werden. Denn es wäre jederzeit möglich. die nicht als Aufenthaltsräume deklarierten Räume einer anderen Funktion zuzuführen. Unter Berücksichtigung des langwierigen Nachbarrechtsstreites und wegen Bedenken des Brandschutzes bei einer Wohnung im Grenzbereich könnten keine geringeren Abstandsflächen nach § 6 Abs. 3 LBO zugelassen werden. Eine unbillige Härte i.S.v. § 56 Abs. 2 Ziff. 1 LBO läge ebenfalls nicht vor. Das Gebäude könne weiter wie genehmigt benutzt werden; eine Erforderlichkeit zur Wohnnutzung bestünde nicht.
10 
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 25.02.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es nicht Aufgabe der Baurechtsbehörde sei, die Nutzung eines Raumes zu hinterfragen. Bei den geplanten Räumen oberhalb der Garage handele es sich nicht um Aufenthaltsräume und daher seien diese abstandsflächenrechtlich zulässig. Zudem gebe es in seiner Umgebung zahlreiche Wohnnutzungen über Grenzgaragen.
11 
Mit Widerspruchsbescheiden vom 08.01.2015 wies das Regierungspräsidium Freiburg die Widersprüche des Klägers zurück.
12 
Am 04.02.2015 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass die ihm in der Baueinstellungsverfügung vorgeworfenen Rechtsverstöße unzutreffend seien. Er könne nicht erkennen, dass es unzulässig sei, hochwertige Fenster einzubauen. Der Einbau von Zwischenwänden und Wärmedämmung diene der Statik des Gebäudes und sei zudem verfahrensfrei. Zudem sei es unwahr, dass die Entwässerungsleitungen für Küche und Bad bereits verlegt seien. Vielmehr seien nur HT-Rohre im Bereich der Garage bis zur Oberkante Garage verlegt. Ein Anschluss an das öffentliche Netz bestehe nicht. Die Balkontür sei bereits genehmigt worden. Er könne zur Zeit aufgrund der Baueinstellungsverfügung noch nicht einmal Elektroarbeiten in der Garage ausführen und diese fertig stellen. Diese hätten jedoch mit der geplanten Nutzungsänderung des Speichers nichts zu tun. Weiter habe er nicht vor, über der Garage Aufenthaltsräume zu errichten, dort seien nur Treppenhaus, Bad, Abstellraum und ein Hobby-/Bügelzimmer geplant. Das Zimmer über der Garage wahre einen Grenzabstand von 2,50 m. Es sei im Übrigen nicht Aufgabe der Baurechtsbehörde, die Nutzung eines Raumes zu hinterfragen. Die Zweckbestimmung eines Raumes obliege dem Bauherren. Inwieweit seinem Vorhaben Brandschutzbestimmungen entgegenstehen würden, könne er nicht erkennen. Zudem seien im Ort bereits mehrere Wohnnutzungen über Grenzgaragen genehmigt worden.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Baueinstellungsverfügung der Beklagten vom 09.01.2014 und die Ablehnungsverfügung der Beklagten vom 06.02.2014 sowie die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Freiburg vom 08.01.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die begehrte Genehmigung zur Nutzungsänderung des Speichers über Garage und Carport zu einer Wohnung sowie zur Errichtung eines Balkons auf seinem Grundstück ... Straße ..., Flst.-Nr. ..., Gemarkung ... zu erteilen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass durch die Umnutzung des Speichers in Wohnraum die Privilegierung des Vorhabens insgesamt entfallen sei. Es handele sich insgesamt um ein Gebäude mit Aufenthaltsräumen. Die Errichtung von sog. „Nichtaufenthaltsräumen“ im Grenzbereich könne nicht zu einer Zulassung der Wohnnutzung im Grenzbereich führen, da sonst die Vorschrift des § 6 LBO entbehrlich wäre. Die Zulässigkeit der Nutzungsänderung nach § 56 LBO könne vorliegend nicht angenommen werden, da öffentliche Belange - Brandschutz - und auch der nachbarliche Friede erheblich gestört würden. Die Baueinstellung sei erforderlich gewesen, um zu verhindern, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden würden, nachdem mit den Vorbereitungen zur Nutzungsänderung bereits begonnen worden sei. Die Durchführung weiterer Umbauarbeiten sei durch die erteilte Baugenehmigung nicht mehr gedeckt gewesen, weshalb die Bauarbeiten zumindest formell rechtswidrig gewesen seien.
18 
Nachdem das Gericht zunächst den Antrag der Nachbarn des Klägers auf Beiladung abgelehnt hatte (Beschluss vom 27.04.2015), sind sie mit Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 23.06.2015 auf ihre Beschwerde hin zum Verfahren beigeladen worden (Az. 3 S 1097/15).
19 
Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,
20 
die Klage abzuweisen.
21 
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (2 Hefte) und des Regierungspräsidiums Freiburg (2 Hefte) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage i.S.v. § 42 Abs. 1 VwGO zulässig und auch begründet.
1.
23 
Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Änderung der Nutzung der Speicherräume zu Wohnzwecken. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 06.02.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 08.01.2015 sind rechtwidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
a.
24 
Der Ausbau und die Nutzung der Speicherräume zu Wohnzwecken stellt ein genehmigungspflichtiges Vorhaben i.S.v. § 49 LBO dar.
25 
Das geplante Vorhaben - die Umnutzung des Speichers über Garage und Carport - ist dabei als ein einheitliches Vorhaben anzusehen. Die Errichtung einer (!) Wohnung im Obergeschoss stellt ein einheitliches genehmigungspflichtiges Gesamtvorhaben dar, welches nur dann genehmigt werden kann, wenn es insgesamt genehmigungsfähig ist. An sich ist es zwar Sache des Bauherrn, durch seinen Bauantrag festzulegen, was das Vorhaben und damit der zu beurteilende Verfahrensgegenstand sein soll, allerdings kann dieses nicht willkürlich in Einzelteile zerlegt werden (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.11.2009 - 8 S 2038/08 -). Entgegen der Auffassung des Klägers können daher die beiden Gebäudehälften nicht selbständig voneinander betrachtet werden, sondern als ein Gebäude. Dementsprechend kommt es auch nicht auf die in den zum Bauantrag eingereichten Bauzeichnungen angegebene Raumaufteilung an. Soweit der Kläger also meint, in dem Wohnungsteil, der direkt an die Grenze des Grundstücks der Beigeladenen grenzt, nur „Nicht-Aufenthaltsräume“ i.S.v. § 2 Abs. 7 LBO zu planen, kann er daraus keine rechtlichen Vorteile ziehen. Sein Argument, dass die Räume in dem Wohnungsteil, der direkt an die Grenze des Grundstücks der Beigeladenen grenzt, unter die Privilegierung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO fallen, dringt nicht durch. Soweit dort Gebäude ohne Aufenthaltsräume privilegiert sind, ist das Privileg auf selbständige Gebäude beschränkt; Gebäudeteile müssen hingegen Abstandsflächen einhalten, auch wenn sie keine Aufenthaltsräume enthalten (Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 3. Aufl. Stand Februar 2016, § 6 Rn. 13). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als hier die vom Kläger in den Bauunterlagen eingezeichneten Räume oberhalb der Garage denen der Wohnnutzung im Gebäudeteil oberhalb des Carports funktional zugeordnet sind. Mithin handelt es sich nicht um privilegierte Vorhaben i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO und hat das Vorhaben daher grundsätzlich die Abstandsflächen gem. § 5 Abs. 7 LBO einzuhalten.
b.
26 
Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Erteilung einer Abweichungsentscheidung nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO.
aa.
27 
Die für alle Vorschriften in den §§ 4 bis 37 LBO sowie für Vorschriften aufgrund der Landesbauordnung geltende generelle Abweichungsregelung in § 56 Abs. 2 LBO wird durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO nicht verdrängt, sondern gilt ergänzend. Sie privilegiert bestimmte Sonderbauvorhaben und begründet einen Rechtsanspruch auf Abweichung („sind zuzulassen“), wenn die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO erfasst insoweit Vorhaben zur Modernisierung von Wohnungen und Wohngebäuden, zur Teilung von Wohnungen sowie zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches, wenn die Baugenehmigung mindestens fünf Jahre zurückliegt und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Mit dieser Regelung sollen „Wohnbauvorhaben im Bestand“ privilegiert werden (LT-Drucksache 11/5337). Aufgrund dieser Zielsetzung dürfte der Begriff „zusätzlicher Wohnraum“ den Anwendungsbereich der Norm nicht allein auf (Nutzungs-) Änderungen an bereits bestehenden Wohngebäuden beschränken, sondern auch (Nutzungs-)Änderungen an bislang nicht wohnlich genutzten Bestandsgebäuden begünstigen, wenn damit erstmals neuer Wohnraum geschaffen wird. Das hier der Fall. Der Kläger plant nach seinen Angaben eine reine Wohnnutzung und nicht etwa Ferien- oder Zweitwohnnutzung (diese wären von § 56 LBO nicht erfasst).
28 
Ausgehend von dem gesetzgeberischen Willen, Bauen im Bestand zu erleichtern, kommt es vorliegend auch nicht darauf, ob und in welchem Umfang das Bestandsgebäude bisher genutzt wurde und in welchem Zustand es sich befindet. Der Wortlaut des § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO stellt insoweit nur auf die Erteilung der Baugenehmigung ab und nicht auf den Bestandsbau selbst. Mithin sind von der Vorschrift auch - wie hier - Rohbauten, die bisher nicht oder nur teilweise genutzt wurden, erfasst.
bb.
29 
Zu dem hier für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist auch die Fünf-Jahres-Frist i.S.d. § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO verstrichen. Dabei ist hier auf den Eintritt der Bestandskraft der Baugenehmigung vom 14.11.2001, mit der das Garagen-/Carportvorhaben als solches genehmigt wurde, abzustellen. Nach Mitteilung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 02.11.2009 (Bl. 517 der Verwaltungsakten der Beklagten) wurde der Widerspruch der Beigeladenen gegen die Baugenehmigung zurückgenommen. Mithin ist die Baugenehmigung wohl im Oktober 2009, spätestens am 02.11.2009 bestandskräftig geworden. Auf die Nachtragsbaugenehmigung vom 20.03.2012 kommt es dagegen für die Frage des Ablaufs der Fünf-Jahres-Frist nicht an, da sie nur unmaßgebliche Ergänzungen zur Dachhöhe um 29 cm enthält, ohne dass das ursprünglich genehmigte Bauvorhaben nochmals geprüft wird. Insbesondere kommt es entgegen dem vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung gebrachten Einwurf auch nicht darauf an, ob mit der durch die Nachtragsbaugenehmigung genehmigten Erhöhung des Daches erstmals die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen für Wohnraum (Deckenhöhe) geschaffen worden sind. Unabhängig davon, dass nach den vorliegenden Bauplänen die bauordnungsrechtlich erforderliche Deckenhöhe wohl schon mit der ursprünglichen Baugenehmigung vorlag, setzt § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO seinem Wortlaut und auch dem Normzweck nach gerade nicht voraus, dass bereits in dem Bestandsgebäude Wohnen baurechtlich möglich war.
cc.
30 
Die für die Integration der Außenwand des „Alt“gebäudes des Klägers erforderliche Abweichung von § 5 LBO ist auch mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
(1).
31 
Soweit von den Beklagtenvertretern und dem Beigeladenenvertreter in der mündlichen Verhandlung aus Gründen des Brandschutzes Zweifel an der Zulässigkeit des geplanten Vorhaben vorgetragen wurden, kann diesen nicht gefolgt werden. Zwar muss die auf der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen stehende Gebäudemauer eine Brandwand i.S.v. § 27 Abs. 4 LBO i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 LBOAVO sein. Nach dem glaubhaften und von den übrigen Beteiligten auch nicht substantiiert in Frage gestellten Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung besteht die Wand unten aus 30 cm dicken Beton und oben aus 30 cm dicken Ziegelsteinen und enthält keine Öffnungen. Sie dürfte in dieser Ausführung den Anforderungen an eine Brandwand entsprechen, was auch der Beklagtenvertreter bestätigte.
(2).
32 
Die Prüfung des Bauvorhabens auf Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen schließt auch den Schutz von Rechten Dritter nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO ein. Allerdings ermöglicht § 56 Abs. 2 LBO insoweit jedoch anders als § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO auch bei einer erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange eine Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.01.2010 - 8 S 1977/09 -, zit. in Juris Landesrecht BW Rn. 11). Diese Interessenabwägung fällt hier zugunsten des Klägers aus. Denn die durch die Abstandsflächenregelung geschützten Belange werden faktisch nicht zusätzlich beeinträchtigt. Das Grundstück der Beigeladenen ist durch den bisherigen Rohbau bezüglich Belichtung und Belüftung bereits vorgeprägt, und diese Vorprägung ändert sich nicht durch die Nutzungsänderung. Das Bauvorhaben des Klägers befindet sich auf der nordöstlichen Seite des Wohnhauses der Beigeladenen. Die natürliche Sonneneinstrahlung aus dieser Richtung ist deshalb von vorneherein eingeschränkt. Zwar werden in der Umsetzung des Bauvorhabens auch Fenster der Wohnung in Richtung des Grundstücks der Beigeladenen abgehen und wird daher die Wohnnutzung für die Beigeladenen bemerkbar. Allerdings handelt es sich dabei lediglich um Dachfenster von Nebenräumen (Bad, Treppenaufgang), so dass nicht erkennbar ist, inwieweit hier die Beigeladenen gestört werden können.
dd.
33 
Dem Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung unter Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO steht auch nicht das Rücksichtnahmegebot des § 34 Abs. 1 BauGB entgegen.
34 
Trotz Einhaltung des aus seiner Umgebung ableitbaren Rahmens kann ein Vorhaben sich dann nicht in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB einfügen, wenn es die gebotene Rücksichtnahme, insbesondere auf die unmittelbar in der Nähe vorhandene Bebauung vermissen lässt. Dieses Gebot der Rücksichtnahme auf die unmittelbare Umgebung des Baugrundstücks ist objektiv-rechtlich in dem Begriff des Sich-Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB enthalten. Es ist verletzt, wenn durch das Vorhaben bewältigungsbedürftige bodenrechtliche Spannungen im Sinne des Rechtsgedankens des § 15 Abs. 1 BauNVO hervorgerufen werden (Hessischer VGH, Beschl. v.09.10.2015 - 4 B 1353/15 -, zit. in Juris m.w.N.). Erforderlich ist eine mehr als geringfügige, d. h. eine abweichende, störende Überschreitung des vorhandenen Maßes der baulichen Nutzung und ein erhebliches, krasses Herausfallen aus der näheren Umgebung, das nicht auflösbare Probleme verursacht, die auf diese abgewälzt werden. Dies ist hier nicht der Fall. Eine objektiv unzumutbare Beeinträchtigung der Beigeladenen ist nicht erkennbar. Die Außenhaut des Gebäudes wird bis auf die beiden Dachfenster nicht verändert. Insbesondere wird keine Einsichtsmöglichkeit geschaffen, die die Beigeladenen nicht mehr hinzunehmen hätte (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.04.2009 - 3 S 569/09 -, BRS 74 Nr. 89 m. w. N.). Die Dachfenster befinden sich - wie bereits erwähnt - lediglich in Bad und Treppenaufgang und damit in Nebenräumen, die gewöhnlich nur selten am Tag und nur in geringem zeitlichen Umfang aufgesucht werden. Zudem sind Dachfenster für gewöhnlich Richtung Himmel gerichtet und kann von diesen nicht ohne weiteres auf Nachbarhäuser geblickt werden. Dies ist auch hier der Fall. Im Übrigen vermittelt das öffentliche Baunachbarrecht, insbesondere das Gebot der Rücksichtnahme in der Regel keinen Schutz vor fremder Einsichtnahme auf das eigene Grundstück (st. Rspr. vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 03.01.1983 - 4 B 224.83 4 -, BRS 40 Nr. 192). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn durch die von dem streitgegenständlichen Bauvorhaben ausgelöste Einsichtnahmemöglichkeit ein letzter intimer, der privaten Lebensgestaltung des Nachbarn zugeordneter Raum zerstört wird. Davon kann hier aber keine Rede sein. Wie bereits ausgeführt eröffnet sich von Dachliegefenstern keine bzw. nur eine sehr eingeschränkte Einsichtsmöglichkeit auf das Anwesens der Beigeladenen. Betroffen wäre lediglich die Nord-Ost-Seite des Wohnhauses der Beigeladenen und die davor liegende kleine Rasenfläche. Eine weitere Einsichtnahmemöglichkeit besteht nicht.
2.
35 
Die Baueinstellungsverfügung vom 06.02.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 08.01.2015 sind ebenfalls rechtswidrig (geworden) und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
36 
Nach § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO kann die Baurechtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen werden. Dies gilt nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO insbesondere, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens von der erteilten Baugenehmigung abgewichen wird, es sei denn die Abweichung ist nach § 50 verfahrensfrei. In diesem Fall sichert die Baueinstellung die strikte Durchsetzung der formellen Genehmigungspflicht nach § 49 LBO und die damit bezweckte Ordnungsfunktion des Genehmigungsverfahrens. Zugleich beugt sie der Schaffung vollendeter Tatsachen vor. Anlass für ihre Anordnung kann mithin der bloße Verstoß gegen die formelle Genehmigungspflicht sein, ohne dass die Baurechtsbehörde verpflichtet ist, auch die materielle Rechtmäßigkeit des Bauens zu prüfen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.05.2011 - 8 S 93/11 -; zit. in Juris; Sauter, a.a.O., § 64 Rn. 1 m.w.N.). Ausreichend ist ein durch Tatsachen belegter „Anfangsverdacht". Es genügt, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass ein mit der Rechtsordnung unvereinbarer Zustand geschaffen wird. Die Errichtung einer formell baurechtswidrigen (ungenehmigten) Anlage darf demgemäß vorbeugend gestoppt werden, wenn ihre Genehmigungsbedürftigkeit jedenfalls ernstlich zweifelhaft ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.12.1993 - 3 S 507/93 - VBlBW 1994, 196; Beschl. v. 20.09.1988 - 8 S 2171/88 - zit. in Juris und Beschl. v. 11.05.2011, a.a.O.).
37 
Bei der Baueinstellungsverfügung nach § 64 LBO handelt es sich um einen belastenden Dauerverwaltungsakt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.06.2016 - 3 S 968/16 -, zit. in Juris und Beschl. v. 10.12.1993 - 3 S 507/93 -, zit. in Juris, BayVGH, Beschl. v. 10.05.2005 - 14 ZB 04.2407 -, zit. in Juris). Sie enthält das fortlaufende (vollstreckungs- und bußgeldbewehrte) Verbot, die Bauarbeiten an der betroffenen Anlage fortzuführen. Ob und wie lange die Voraussetzungen einer Baueinstellungsverfügung vorliegen, muss die Baurechtsbehörde von sich aus prüfen. Sie muss die Baueinstellungsverfügung verfahrensmäßig unter Kontrolle halten. Maßgeblich ist die jeweils aktuelle Sach- und Rechtslage (dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.12.1993, a.a.O.).
38 
Hinsichtlich der "Prüfungsdichte" sind dabei verschiedene Zeiträume zu unterscheiden. Wegen des präventivpolizeilichen Zwecks (Gefahrenabwehr, Verhinderung vollendeter Tatsachen) reicht für den Erlass der Baueinstellung - wie bereits ausgeführt - schon ein durch Tatsachen belegter "Anfangsverdacht" eines Rechtsverstoßes aus. Im nachfolgenden Zeitraum muss die Behörde jedoch prüfen, ob der Anfangsverdacht berechtigt war, d.h. ob die in Rede stehende Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstößt. Diese Prüfung hat von Amts wegen und nicht etwa nur auf Antrag des betroffenen Bauherrn zu erfolgen (vgl. § 22 S. 2 Nr. 2 LVwVfG). Der maßgebliche Sachverhalt ist im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes mit den erforderlichen Beweismitteln und unter Mitwirkung des Bauherrn aufzuklären (vgl. §§ 24 Abs. 1, 26 LVwVfG). Die Behörde muss sich an der jeweils aktuellen Sach- und Rechtslage orientieren und darf sich nicht mit dem Hinweis auf frühere Verhältnisse begnügen. Vom Ausgang dieser Prüfung hängt es ab, ob die Baueinstellung aufrechterhalten werden darf oder aufzuheben ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.12.1993, a.a.O. m.w.N.).
39 
Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO waren zwar zum Zeitpunkt des Erlasses der Baueinstellungsverfügung vorliegend erfüllt. Der Kläger ist bei der Ausführung seines Vorhabens von der Baugenehmigung vom 14.11.2001 abgewichen und diese abweichende Bauausführung ist auch nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei. Der Kläger verfügt bisher nur über eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Garagen- und Carportgebäudes mit darüber liegenden Speicherräumen. Ein Ausbau des Speichers zu Wohnzwecken ist von der Baugenehmigung nicht gedeckt und es besteht zwischen beiden Vorhaben auch keine Identität.
40 
Allerdings hat die Beklagte in der Folgezeit gegen ihre vorgenannte Prüfungspflicht verstoßen. Sie durfte sich während des gerichtlichen Verfahrens nicht ohne weiteres mit dem Hinweis auf die Sach- und Rechtslage im Verwaltungsverfahren und die damals bestehenden begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Nutzungsänderung begnügen, sondern hätte von sich aus berücksichtigen müssen, dass mittlerweile ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung auf Nutzungsänderung des Speichers besteht. Wie bereits unter Ziff. 1 der Entscheidungsgründe ausgeführt wurde, ist dem Kläger mittlerweile nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO für das konkrete Vorhaben - Nutzung des Speichers zu Wohnzwecken - eine Abweichungsentscheidung zu § 5 LBO zu erteilen. Dies hätte bei der Widerspruchentscheidung vom 08.01.2015 und spätestens jetzt im gerichtlichen Verfahren Berücksichtigung finden müssen.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO i.V.m. § 159 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.

Gründe

 
22 
Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage i.S.v. § 42 Abs. 1 VwGO zulässig und auch begründet.
1.
23 
Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Änderung der Nutzung der Speicherräume zu Wohnzwecken. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 06.02.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 08.01.2015 sind rechtwidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
a.
24 
Der Ausbau und die Nutzung der Speicherräume zu Wohnzwecken stellt ein genehmigungspflichtiges Vorhaben i.S.v. § 49 LBO dar.
25 
Das geplante Vorhaben - die Umnutzung des Speichers über Garage und Carport - ist dabei als ein einheitliches Vorhaben anzusehen. Die Errichtung einer (!) Wohnung im Obergeschoss stellt ein einheitliches genehmigungspflichtiges Gesamtvorhaben dar, welches nur dann genehmigt werden kann, wenn es insgesamt genehmigungsfähig ist. An sich ist es zwar Sache des Bauherrn, durch seinen Bauantrag festzulegen, was das Vorhaben und damit der zu beurteilende Verfahrensgegenstand sein soll, allerdings kann dieses nicht willkürlich in Einzelteile zerlegt werden (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.11.2009 - 8 S 2038/08 -). Entgegen der Auffassung des Klägers können daher die beiden Gebäudehälften nicht selbständig voneinander betrachtet werden, sondern als ein Gebäude. Dementsprechend kommt es auch nicht auf die in den zum Bauantrag eingereichten Bauzeichnungen angegebene Raumaufteilung an. Soweit der Kläger also meint, in dem Wohnungsteil, der direkt an die Grenze des Grundstücks der Beigeladenen grenzt, nur „Nicht-Aufenthaltsräume“ i.S.v. § 2 Abs. 7 LBO zu planen, kann er daraus keine rechtlichen Vorteile ziehen. Sein Argument, dass die Räume in dem Wohnungsteil, der direkt an die Grenze des Grundstücks der Beigeladenen grenzt, unter die Privilegierung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO fallen, dringt nicht durch. Soweit dort Gebäude ohne Aufenthaltsräume privilegiert sind, ist das Privileg auf selbständige Gebäude beschränkt; Gebäudeteile müssen hingegen Abstandsflächen einhalten, auch wenn sie keine Aufenthaltsräume enthalten (Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 3. Aufl. Stand Februar 2016, § 6 Rn. 13). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als hier die vom Kläger in den Bauunterlagen eingezeichneten Räume oberhalb der Garage denen der Wohnnutzung im Gebäudeteil oberhalb des Carports funktional zugeordnet sind. Mithin handelt es sich nicht um privilegierte Vorhaben i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO und hat das Vorhaben daher grundsätzlich die Abstandsflächen gem. § 5 Abs. 7 LBO einzuhalten.
b.
26 
Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Erteilung einer Abweichungsentscheidung nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO.
aa.
27 
Die für alle Vorschriften in den §§ 4 bis 37 LBO sowie für Vorschriften aufgrund der Landesbauordnung geltende generelle Abweichungsregelung in § 56 Abs. 2 LBO wird durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO nicht verdrängt, sondern gilt ergänzend. Sie privilegiert bestimmte Sonderbauvorhaben und begründet einen Rechtsanspruch auf Abweichung („sind zuzulassen“), wenn die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO erfasst insoweit Vorhaben zur Modernisierung von Wohnungen und Wohngebäuden, zur Teilung von Wohnungen sowie zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches, wenn die Baugenehmigung mindestens fünf Jahre zurückliegt und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Mit dieser Regelung sollen „Wohnbauvorhaben im Bestand“ privilegiert werden (LT-Drucksache 11/5337). Aufgrund dieser Zielsetzung dürfte der Begriff „zusätzlicher Wohnraum“ den Anwendungsbereich der Norm nicht allein auf (Nutzungs-) Änderungen an bereits bestehenden Wohngebäuden beschränken, sondern auch (Nutzungs-)Änderungen an bislang nicht wohnlich genutzten Bestandsgebäuden begünstigen, wenn damit erstmals neuer Wohnraum geschaffen wird. Das hier der Fall. Der Kläger plant nach seinen Angaben eine reine Wohnnutzung und nicht etwa Ferien- oder Zweitwohnnutzung (diese wären von § 56 LBO nicht erfasst).
28 
Ausgehend von dem gesetzgeberischen Willen, Bauen im Bestand zu erleichtern, kommt es vorliegend auch nicht darauf, ob und in welchem Umfang das Bestandsgebäude bisher genutzt wurde und in welchem Zustand es sich befindet. Der Wortlaut des § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO stellt insoweit nur auf die Erteilung der Baugenehmigung ab und nicht auf den Bestandsbau selbst. Mithin sind von der Vorschrift auch - wie hier - Rohbauten, die bisher nicht oder nur teilweise genutzt wurden, erfasst.
bb.
29 
Zu dem hier für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist auch die Fünf-Jahres-Frist i.S.d. § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO verstrichen. Dabei ist hier auf den Eintritt der Bestandskraft der Baugenehmigung vom 14.11.2001, mit der das Garagen-/Carportvorhaben als solches genehmigt wurde, abzustellen. Nach Mitteilung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 02.11.2009 (Bl. 517 der Verwaltungsakten der Beklagten) wurde der Widerspruch der Beigeladenen gegen die Baugenehmigung zurückgenommen. Mithin ist die Baugenehmigung wohl im Oktober 2009, spätestens am 02.11.2009 bestandskräftig geworden. Auf die Nachtragsbaugenehmigung vom 20.03.2012 kommt es dagegen für die Frage des Ablaufs der Fünf-Jahres-Frist nicht an, da sie nur unmaßgebliche Ergänzungen zur Dachhöhe um 29 cm enthält, ohne dass das ursprünglich genehmigte Bauvorhaben nochmals geprüft wird. Insbesondere kommt es entgegen dem vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung gebrachten Einwurf auch nicht darauf an, ob mit der durch die Nachtragsbaugenehmigung genehmigten Erhöhung des Daches erstmals die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen für Wohnraum (Deckenhöhe) geschaffen worden sind. Unabhängig davon, dass nach den vorliegenden Bauplänen die bauordnungsrechtlich erforderliche Deckenhöhe wohl schon mit der ursprünglichen Baugenehmigung vorlag, setzt § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO seinem Wortlaut und auch dem Normzweck nach gerade nicht voraus, dass bereits in dem Bestandsgebäude Wohnen baurechtlich möglich war.
cc.
30 
Die für die Integration der Außenwand des „Alt“gebäudes des Klägers erforderliche Abweichung von § 5 LBO ist auch mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
(1).
31 
Soweit von den Beklagtenvertretern und dem Beigeladenenvertreter in der mündlichen Verhandlung aus Gründen des Brandschutzes Zweifel an der Zulässigkeit des geplanten Vorhaben vorgetragen wurden, kann diesen nicht gefolgt werden. Zwar muss die auf der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen stehende Gebäudemauer eine Brandwand i.S.v. § 27 Abs. 4 LBO i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 LBOAVO sein. Nach dem glaubhaften und von den übrigen Beteiligten auch nicht substantiiert in Frage gestellten Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung besteht die Wand unten aus 30 cm dicken Beton und oben aus 30 cm dicken Ziegelsteinen und enthält keine Öffnungen. Sie dürfte in dieser Ausführung den Anforderungen an eine Brandwand entsprechen, was auch der Beklagtenvertreter bestätigte.
(2).
32 
Die Prüfung des Bauvorhabens auf Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen schließt auch den Schutz von Rechten Dritter nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO ein. Allerdings ermöglicht § 56 Abs. 2 LBO insoweit jedoch anders als § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO auch bei einer erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange eine Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.01.2010 - 8 S 1977/09 -, zit. in Juris Landesrecht BW Rn. 11). Diese Interessenabwägung fällt hier zugunsten des Klägers aus. Denn die durch die Abstandsflächenregelung geschützten Belange werden faktisch nicht zusätzlich beeinträchtigt. Das Grundstück der Beigeladenen ist durch den bisherigen Rohbau bezüglich Belichtung und Belüftung bereits vorgeprägt, und diese Vorprägung ändert sich nicht durch die Nutzungsänderung. Das Bauvorhaben des Klägers befindet sich auf der nordöstlichen Seite des Wohnhauses der Beigeladenen. Die natürliche Sonneneinstrahlung aus dieser Richtung ist deshalb von vorneherein eingeschränkt. Zwar werden in der Umsetzung des Bauvorhabens auch Fenster der Wohnung in Richtung des Grundstücks der Beigeladenen abgehen und wird daher die Wohnnutzung für die Beigeladenen bemerkbar. Allerdings handelt es sich dabei lediglich um Dachfenster von Nebenräumen (Bad, Treppenaufgang), so dass nicht erkennbar ist, inwieweit hier die Beigeladenen gestört werden können.
dd.
33 
Dem Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung unter Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO steht auch nicht das Rücksichtnahmegebot des § 34 Abs. 1 BauGB entgegen.
34 
Trotz Einhaltung des aus seiner Umgebung ableitbaren Rahmens kann ein Vorhaben sich dann nicht in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB einfügen, wenn es die gebotene Rücksichtnahme, insbesondere auf die unmittelbar in der Nähe vorhandene Bebauung vermissen lässt. Dieses Gebot der Rücksichtnahme auf die unmittelbare Umgebung des Baugrundstücks ist objektiv-rechtlich in dem Begriff des Sich-Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB enthalten. Es ist verletzt, wenn durch das Vorhaben bewältigungsbedürftige bodenrechtliche Spannungen im Sinne des Rechtsgedankens des § 15 Abs. 1 BauNVO hervorgerufen werden (Hessischer VGH, Beschl. v.09.10.2015 - 4 B 1353/15 -, zit. in Juris m.w.N.). Erforderlich ist eine mehr als geringfügige, d. h. eine abweichende, störende Überschreitung des vorhandenen Maßes der baulichen Nutzung und ein erhebliches, krasses Herausfallen aus der näheren Umgebung, das nicht auflösbare Probleme verursacht, die auf diese abgewälzt werden. Dies ist hier nicht der Fall. Eine objektiv unzumutbare Beeinträchtigung der Beigeladenen ist nicht erkennbar. Die Außenhaut des Gebäudes wird bis auf die beiden Dachfenster nicht verändert. Insbesondere wird keine Einsichtsmöglichkeit geschaffen, die die Beigeladenen nicht mehr hinzunehmen hätte (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.04.2009 - 3 S 569/09 -, BRS 74 Nr. 89 m. w. N.). Die Dachfenster befinden sich - wie bereits erwähnt - lediglich in Bad und Treppenaufgang und damit in Nebenräumen, die gewöhnlich nur selten am Tag und nur in geringem zeitlichen Umfang aufgesucht werden. Zudem sind Dachfenster für gewöhnlich Richtung Himmel gerichtet und kann von diesen nicht ohne weiteres auf Nachbarhäuser geblickt werden. Dies ist auch hier der Fall. Im Übrigen vermittelt das öffentliche Baunachbarrecht, insbesondere das Gebot der Rücksichtnahme in der Regel keinen Schutz vor fremder Einsichtnahme auf das eigene Grundstück (st. Rspr. vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 03.01.1983 - 4 B 224.83 4 -, BRS 40 Nr. 192). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn durch die von dem streitgegenständlichen Bauvorhaben ausgelöste Einsichtnahmemöglichkeit ein letzter intimer, der privaten Lebensgestaltung des Nachbarn zugeordneter Raum zerstört wird. Davon kann hier aber keine Rede sein. Wie bereits ausgeführt eröffnet sich von Dachliegefenstern keine bzw. nur eine sehr eingeschränkte Einsichtsmöglichkeit auf das Anwesens der Beigeladenen. Betroffen wäre lediglich die Nord-Ost-Seite des Wohnhauses der Beigeladenen und die davor liegende kleine Rasenfläche. Eine weitere Einsichtnahmemöglichkeit besteht nicht.
2.
35 
Die Baueinstellungsverfügung vom 06.02.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 08.01.2015 sind ebenfalls rechtswidrig (geworden) und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
36 
Nach § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO kann die Baurechtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen werden. Dies gilt nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO insbesondere, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens von der erteilten Baugenehmigung abgewichen wird, es sei denn die Abweichung ist nach § 50 verfahrensfrei. In diesem Fall sichert die Baueinstellung die strikte Durchsetzung der formellen Genehmigungspflicht nach § 49 LBO und die damit bezweckte Ordnungsfunktion des Genehmigungsverfahrens. Zugleich beugt sie der Schaffung vollendeter Tatsachen vor. Anlass für ihre Anordnung kann mithin der bloße Verstoß gegen die formelle Genehmigungspflicht sein, ohne dass die Baurechtsbehörde verpflichtet ist, auch die materielle Rechtmäßigkeit des Bauens zu prüfen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.05.2011 - 8 S 93/11 -; zit. in Juris; Sauter, a.a.O., § 64 Rn. 1 m.w.N.). Ausreichend ist ein durch Tatsachen belegter „Anfangsverdacht". Es genügt, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass ein mit der Rechtsordnung unvereinbarer Zustand geschaffen wird. Die Errichtung einer formell baurechtswidrigen (ungenehmigten) Anlage darf demgemäß vorbeugend gestoppt werden, wenn ihre Genehmigungsbedürftigkeit jedenfalls ernstlich zweifelhaft ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.12.1993 - 3 S 507/93 - VBlBW 1994, 196; Beschl. v. 20.09.1988 - 8 S 2171/88 - zit. in Juris und Beschl. v. 11.05.2011, a.a.O.).
37 
Bei der Baueinstellungsverfügung nach § 64 LBO handelt es sich um einen belastenden Dauerverwaltungsakt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.06.2016 - 3 S 968/16 -, zit. in Juris und Beschl. v. 10.12.1993 - 3 S 507/93 -, zit. in Juris, BayVGH, Beschl. v. 10.05.2005 - 14 ZB 04.2407 -, zit. in Juris). Sie enthält das fortlaufende (vollstreckungs- und bußgeldbewehrte) Verbot, die Bauarbeiten an der betroffenen Anlage fortzuführen. Ob und wie lange die Voraussetzungen einer Baueinstellungsverfügung vorliegen, muss die Baurechtsbehörde von sich aus prüfen. Sie muss die Baueinstellungsverfügung verfahrensmäßig unter Kontrolle halten. Maßgeblich ist die jeweils aktuelle Sach- und Rechtslage (dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.12.1993, a.a.O.).
38 
Hinsichtlich der "Prüfungsdichte" sind dabei verschiedene Zeiträume zu unterscheiden. Wegen des präventivpolizeilichen Zwecks (Gefahrenabwehr, Verhinderung vollendeter Tatsachen) reicht für den Erlass der Baueinstellung - wie bereits ausgeführt - schon ein durch Tatsachen belegter "Anfangsverdacht" eines Rechtsverstoßes aus. Im nachfolgenden Zeitraum muss die Behörde jedoch prüfen, ob der Anfangsverdacht berechtigt war, d.h. ob die in Rede stehende Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstößt. Diese Prüfung hat von Amts wegen und nicht etwa nur auf Antrag des betroffenen Bauherrn zu erfolgen (vgl. § 22 S. 2 Nr. 2 LVwVfG). Der maßgebliche Sachverhalt ist im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes mit den erforderlichen Beweismitteln und unter Mitwirkung des Bauherrn aufzuklären (vgl. §§ 24 Abs. 1, 26 LVwVfG). Die Behörde muss sich an der jeweils aktuellen Sach- und Rechtslage orientieren und darf sich nicht mit dem Hinweis auf frühere Verhältnisse begnügen. Vom Ausgang dieser Prüfung hängt es ab, ob die Baueinstellung aufrechterhalten werden darf oder aufzuheben ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.12.1993, a.a.O. m.w.N.).
39 
Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO waren zwar zum Zeitpunkt des Erlasses der Baueinstellungsverfügung vorliegend erfüllt. Der Kläger ist bei der Ausführung seines Vorhabens von der Baugenehmigung vom 14.11.2001 abgewichen und diese abweichende Bauausführung ist auch nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei. Der Kläger verfügt bisher nur über eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Garagen- und Carportgebäudes mit darüber liegenden Speicherräumen. Ein Ausbau des Speichers zu Wohnzwecken ist von der Baugenehmigung nicht gedeckt und es besteht zwischen beiden Vorhaben auch keine Identität.
40 
Allerdings hat die Beklagte in der Folgezeit gegen ihre vorgenannte Prüfungspflicht verstoßen. Sie durfte sich während des gerichtlichen Verfahrens nicht ohne weiteres mit dem Hinweis auf die Sach- und Rechtslage im Verwaltungsverfahren und die damals bestehenden begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Nutzungsänderung begnügen, sondern hätte von sich aus berücksichtigen müssen, dass mittlerweile ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung auf Nutzungsänderung des Speichers besteht. Wie bereits unter Ziff. 1 der Entscheidungsgründe ausgeführt wurde, ist dem Kläger mittlerweile nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO für das konkrete Vorhaben - Nutzung des Speichers zu Wohnzwecken - eine Abweichungsentscheidung zu § 5 LBO zu erteilen. Dies hätte bei der Widerspruchentscheidung vom 08.01.2015 und spätestens jetzt im gerichtlichen Verfahren Berücksichtigung finden müssen.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO i.V.m. § 159 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Okt. 2016 - 1 K 237/15

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Okt. 2016 - 1 K 237/15

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi
Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Okt. 2016 - 1 K 237/15 zitiert 7 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 159


Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Okt. 2016 - 1 K 237/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Okt. 2016 - 1 K 237/15 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 30. Juni 2016 - 3 S 968/16

bei uns veröffentlicht am 30.06.2016

Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. April 2016 - 6 K 165/16 - geändert.Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 20. Augus

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 11. Mai 2011 - 8 S 93/11

bei uns veröffentlicht am 11.05.2011

Tenor Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Dezember 2010 - 13 K 4360/10 - geändert. Der Antrag wird abgelehnt Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. De

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 14. Jan. 2010 - 8 S 1977/09

bei uns veröffentlicht am 14.01.2010

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. August 2009 - 6 K 2312/09 - wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens ein

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Apr. 2009 - 3 S 569/09

bei uns veröffentlicht am 29.04.2009

Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.01.2009 - 5 K 2450/08 - wird zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließl

Referenzen

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. August 2009 - 6 K 2312/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die zulässige (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerde ist nicht begründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten es nicht, den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 13.05.2009 anzuordnen, abgelehnt, weil die angefochtene Baugenehmigung nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich keine Rechte der Antragstellerin verletzt. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach wie vor zulässig ist. Mögliche Bedenken in Bezug auf das Vorliegen des Rechtsschutzinteresses nach Fertigstellung des Rohbaus des genehmigten Vorhabens (vgl. Senatsbeschluss vom 12.01.2005 - 8 S 2720/04 - BauR 2005, 1762 m.w.N.) sind für die Entscheidung über die Beschwerde nicht erheblich.
Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung ist das Vorhaben der Beigeladenen, ein am 02.06.1950 vom Landratsamt Göppingen als Kfz-Werkstatt mit einer nördlichen Außenwand im Abstand von 2,3 m zur Grenze des Nachbargrundstücks der Antragstellerin genehmigtes Gebäude auf dem - im unbeplanten Innenbereich gelegenen - Grundstück Flst.Nr. ... in ein Wohnhaus umzubauen. Nach den genehmigten Bauvorlagen sollen das im Lageplan mit 2,32 m bis 2,34 m tatsächlichem Abstand zum Nachbargrundstück der Antragstellerin eingezeichnete Altgebäude im Inneren umgebaut, Fenster verkleinert oder zugemauert, an die Westseite ein Abstellraum und an die Ostseite ein Treppenhaus mit jeweils mehr als 2,5 m Abstand zum Nachbargrundstück angebaut, an die Südseite ein Raum für Gartengeräte angebaut sowie im Südwesten ein Carport errichtet werden. Ferner soll auf die Außenfassade eine Wärmedämmung von 16 cm, an der dem Nachbargrundstück der Antragstellerin zugewandten Nordseite jedoch von nur 6 cm aufgebracht werden. In der Baugenehmigung wird für die integrierte nördliche Außenwand des Altgebäudes eine geringere Tiefe der Abstandsfläche nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO und für die Aufbringung der Wärmedämmung eine Abweichung nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 LBO mit der Auflage zugelassen, dass sie an der Nordseite des Wohnhauses aus nicht brennbaren Stoffen bestehen muss.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung abgelehnt, das Vorhaben verletze voraussichtlich keine das Nachbargrundstück der Antragstellerin schützenden Vorschriften. Weder das Rücksichtnahmegebot nach § 34 Abs. 1 BauGB noch bauordnungsrechtliche Vorschriften mit drittschützender Wirkung seien verletzt. Zwar unterschreite die Nordseite des Altgebäudes die nachbarschützende Mindestabstandsflächentiefe von 2,5 m nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO. Insoweit sei aber eine Abweichung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen. Nachbarliche Belange würden nicht erheblich beeinträchtigt, weil hinsichtlich des Nachbargrundstücks ein Sondersituation vorliege, welche seine Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit abstandsflächenrechtlich deutlich mindere. Denn der Nachbar habe das die Mindestabstandsflächentiefe unterschreitende genehmigte Altgebäude längere Zeit unbeanstandet hingenommen, so dass auch die Aufbringung der Wärmedämmung nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO zuzulassen sei. Bei der Abwägung sei auch zu berücksichtigen, dass das Wohnhaus auf dem Grundstück der Antragstellerin etwa 14 m vom Bauvorhaben der Beigeladenen entfernt liege. Die durch § 5 LBO geschützten Belange seien insoweit wohl schon tatsächlich nicht betroffen. Die durch die 6 cm starke Wärmedämmung eintretende Abstandsflächenverringerung werde vom Grundstück der Antragstellerin optisch kaum wahrnehmbar sein. Die dagegen mit der Beschwerdebegründung dargelegten Einwendungen greifen nicht durch.
1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin verstößt das Vorhaben nicht gegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, soweit diese Vorschrift über das im Begriff des Einfügens aufgehende Gebot der Rücksichtnahme Drittschutz vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354). Das hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss eingehend und überzeugend begründet. Dem schließt sich der Senat an und weist die Beschwerde insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Insoweit ist zur Beschwerdebegründung ergänzend auszuführen:
Die Antragstellerin rügt, das Bauvorhaben wirke erdrückend und einmauernd, weil die in Richtung der etwa 22 m langen gemeinsamen Grundstücksgrenze vorhandene Länge des Gebäudes auf dem Baugrundstück durch die genehmigten Anbauten von ca. 9,66 m auf 16,98 m mit der Folge erweitert werde, dass sich das Bild einer “geschlossenen Mauer“ ergebe. Das trifft nicht zu. Wie auch die Antragstellerin selbst einräumt, werden auf dem Baugrundstück nahe der gemeinsamen Grundstücksgrenze insgesamt ca. 5 m frei von Bebauung sein. Von einer durch das Bauvorhaben bewirkten “geschlossenen Mauer“ kann damit keine Rede sein. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nur das im Osten anzubauende Treppenhaus die gleiche Höhe wie das ohnehin nur eingeschossige Altgebäude von ca. 6,75 m erreicht, während der im Westen vorgesehene Abstellraum lediglich 3 m hoch sein wird, so dass das umgebaute Gebäude - wie die Nordansicht in den genehmigten Bauvorlagen verdeutlicht - entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze nicht als einheitlicher massiver Baukörper in Erscheinung tritt. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang meint, die erdrückende Wirkung schlage sich auch in der von ihr im einzelnen dargelegten Überschreitung des nach § 17 Abs. 1, § 19 Abs. 4, § 21 a Abs. 3 Satz 1 BauNVO zulässigen Maßes der baulichen Nutzung nieder, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Vorschriften für das im unbeplanten Innenbereich i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB gelegene Baugrundstück nicht unmittelbar gelten. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung richtet sich vielmehr allein danach, ob es sich nach den konkreten Verhältnissen der umgebenden Bebauung in deren Eigenart einfügt. Zwar kann zur Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich auf die in der Baunutzungsverordnung verwendeten Begriffsmerkmale zurückgegriffen werden. Das bedeutet aber nicht, dass die Maßbestimmungsfaktoren des § 16 Abs. 2 BauNVO - unterschiedslos und möglicherweise gar mit allen Berechnungsregeln der Baunutzungsverordnung - wie Festsetzungen eines Bebauungsplans rechtssatzartig heranzuziehen wären. Für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung und eine das Gebot der Rücksichtnahme verletzende er-drückende Wirkung kommt es daher entgegen der Beschwerdebegründung nicht auf die an die Art der baulichen Nutzung anknüpfenden Berechnungsregeln in § 17 BauNVO für die zulässige Grund- oder Geschossfläche (GRZ, GFZ) an. Entscheidend ist allein, ob sich das Gebäude als solches, insbesondere nach seiner Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, wobei der daraus zu gewinnende Maßstab notwendigerweise grob und ungenau ist (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277; Beschluss vom 21.06.2007 - 4 B 8.07 - BauR 2007, 1691). Insoweit legt die Beschwerdebegründung jedoch nichts für eine Rücksichtslosigkeit i. S. einer erdrückenden bzw. einmauernden Wirkung zu Lasten des Nachbargrundstücks dar. Auch ist nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht das genehmigte Vorhaben gerade wegen seines Maßes der baulichen Nutzung die Nutzung ihres Nachbargrundstücks konkret und unzumutbar beeinträchtigt.
2. Die Antragstellerin rügt des Weiteren sinngemäß, das genehmigte Vorhaben verstoße gegen die auch dem Schutz ihres Nachbargrundstücks dienende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 7 Satz 3 LBO, weil die Außenwand des Altgebäudes und die darauf aufgebrachte Wärmedämmung den nachbarschützenden Teil der Abstandstiefe unterschritten. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO als erfüllt angesehen. Die danach erforderliche Sondersituation auf dem Nachbargrundstück liege nicht vor. Die Kfz.-Werkstatt sei weder von der Antragstellerin noch von ihren Eltern als Voreigentümer des Nachbargrundstücks längere Zeit unbeanstandet hingenommen worden. Vielmehr seien schon im Baugenehmigungsverfahren im Jahr 1950 als auch im Zuge einer 1979 erfolgten Aufstockung der Kfz.-Werkstatt Einwendungen in Bezug auf den Grenzabstand vorgebracht worden. § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO entbinde nicht von einer Abwägung der nachbarlichen Belange. Die Abstandsflächenunterschreitung werde auch nicht durch den Bestandsschutz des Altgebäudes gerechtfertigt, weil dessen bauliche Änderung die Genehmigungsfrage neu aufwerfe. Auch diese Einwände führen nicht zum Erfolg der Beschwerde.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 LBO müssen vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen liegen, die von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind und die auf dem Baugrundstück selbst liegen müssen. Deren Tiefe beträgt allgemein 0,6, deren nachbarschützender Teil 0,4 der Wandhöhe, mindestens jedoch 2,5 m, bei Wänden bis 5 m Breite mindestens 2 m (§ 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 LBO). Bei Wänden mit einer Länge bis zu 16 m genügt der nachbarschützende Teil der Abstandstiefen nach § 5 Abs. 7 LBO, mindestens jedoch 2,5 m, bei Wänden bis 5 m Breite mindestens 2 m (§ 5 Abs. 8 LBO). Diese Abstandsflächenregelung gilt nicht nur für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes, sondern auch für Vorhaben, welche die - der Errichtung gleichstehende (§ 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO) - bauliche Änderung oder die Nutzungsänderung eines Gebäudes zum Gegenstand haben, wenn sich solche Änderungen auf abstandsflächenrelevante Tatbestandsmerkmale wie die Wandhöhe oder -länge oder nachteilig auf die Nachbargrundstücke in einem der durch § 5 LBO geschützten Belange auswirken können (Sauter, LBO, Kommentar, § 5 Rn. 23 ff.; Senatsbeschluss vom 10.09.1998 - 8 S 2137/98 - VBlBW 1999, 26).
Zwar spricht einiges dafür, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen insgesamt abstandsflächenrechtlich relevant ist, weil es nicht lediglich eine Nutzungsänderung und einen Innenumbau des bestandsgeschützten Altgebäudes, sondern mit den neuen Anbauten im Westen und Osten sowie der Aufbringung einer Wärmedämmung auch bauliche Änderungen zum Gegenstand hat, die sich auf abstandsflächenrelevante Merkmale auswirken können. Denn durch diese baulichen Änderungen entsteht bei natürlicher Betrachtungsweise - trotz der durch die mit größerem Grenzabstand vorgesehenen neuen Anbauten bedingten zwei Rücksprünge in der Fassade - eine dem Nachbargrundstück der Antragstellerin zugewandte längere nördliche Außenwand. Das dürfte abstandsflächenrechtlich grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung des neuen Wohngebäudes erfordern, auch wenn das Altgebäude aufgrund der Baugenehmigung vom 02.06.1950 Bestandsschutz genießt (vgl. auch SächsOVG, Beschluss vom 25.03.2009 - 1 B 250/08 - NVwZ-RR 2009, 633 m.w.N.). Die neue nördliche Außenwand des Wohngebäudes hält den das Nachbargrundstück der Antragstellerin schützenden Teil der vorgeschriebenen Abstandstiefe von 2,5 m nur mit den neuen Anbauten, nicht aber insoweit ein, als sie die Außenwand des Altgebäudes integriert und dort mit der Wärmedämmung versehen wird. Gleichwohl dürfte die Antragstellerin dadurch nicht in ihren Rechten als Nachbarin verletzt sein, weil für die integrierte Außenwand des Altgebäudes eine geringere Tiefe der Abstandsfläche nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO, zumindest aber nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO eine Abweichung von der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO zuzulassen ist (a)), und weil für die Aufbringung einer Wärmedämmung von 6 cm Stärke nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO eine Abweichung von der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO zuzulassen ist (b)).
a) Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig vorliegt, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist. Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 06.06.2008 - 8 S 18/07 - VBlBW 2008, 483; Urteil des 5. Senats vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 - BauR 2003, 1201; Urteil des 3. Senats vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 - VBlBW 2008, 190). Solche Besonderheiten können sich - und werden sich zumeist - aus den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Nachbargrundstück ergeben. Daneben können aber auch rechtliche Besonderheiten, die beim Nachbargrundstück im Verhältnis zum Bauvorhaben vorliegen und dessen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit abstandsflächenrechtlich deutlich mindern, eine “erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen ausschließen, etwa bei einer rechtlichen Vorbelastung des Nachbargrundstücks, wenn z.B. das Abwehrrecht des Nachbarn in Bezug auf Auswirkungen einer für den Wiederaufbau eines Gebäudes verwendeten, auf dem Baugrundstück bereits existierenden Außenmauer ausgeschlossen (Urteil vom 27.10.2000 - 8 S 445/00 - VBlBW 2001, 144) oder in Bezug auf ein nachträglich genehmigtes Vorhaben verwirkt ist (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 - VBlBW 2008, 190), oder bei einer Bebauung von Baugrundstück und Nachbargrundstück mit einem Doppelhaus (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.04.2009 - 3 S 569/09 -) oder wenn sich dem Regelungsregime der Abstandsflächenvorschriften eindeutig entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber die konkrete Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks für zumutbar hält (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - VBlBW 2009, 65).
10 
Solche rechtliche Besonderheiten liegen hier in Bezug auf die integrierte Außenwand des Altgebäudes vor, weil das Nachbargrundstück der Antragstellerin insoweit abstandsflächenrechtlich vorbelastet ist. Denn ein Abwehrrecht der Antragstellerin in Bezug auf die Auswirkungen der Außenwand des Altgebäudes ist aufgrund der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 02.06.1950 ausgeschlossen. Ob die Antragstellerin oder ihre Rechtsvorgänger im Eigentum vor Erteilung dieser Genehmigung - oder auch späterer Änderungsgenehmigungen - Einwendungen in Bezug auf den Grenzabstand erhoben haben, ist insoweit nicht erheblich. Auch werden die durch § 5 LBO geschützten nachbarlichen Belange einer ausreichenden Besonnung, Belichtung und Belüftung sowie eines ausreichenden Brandschutzes des Nachbargrundstücks der Antragstellerin allein durch die Integration der Außenwand des Altgebäudes nicht zusätzlich beeinträchtigt. Insoweit ändert sich die Situation auf dem Teil des Nachbargrundstücks, welcher der integrierten Außenwand des Altgebäudes gegenüberliegt und derzeit als Hausgarten genutzt wird, faktisch nicht. Das gilt auch für den Belang des störungsfreien Wohnens, sofern dieser überhaupt zu den Schutzgütern der gesetzlichen Abstandsflächenregelung gehören sollte (bejahend im Urteil des 3. Senats vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 - VBlBW 1997, 266), was der erkennende Senat allerdings seit seinem Beschluss vom 10.09.1998 - 8 S 2137/98 - (VBlBW 1999, 26) in ständiger Rechtsprechung verneint. Insoweit verbessert sich die Situation eher tendenziell, weil durch die Schließung eines Fensters und die Verkleinerung anderer Fenster in der integrierten nördlichen Außenwand des Altgebäudes Einsichtsmöglichkeiten auf das Nachbargrundstück der Antragstellerin verringert werden. Mit der Nutzungsänderung in ein Wohnhaus entfallen zudem die bislang von der Antragstellerin beklagten und bekämpften Immissionen durch den Kfz-Werkstattbetrieb.
11 
Aber selbst für den Fall, dass eine Sondersituation in Bezug auf das Nachbargrundstück der Antragstellerin zu verneinen und deshalb nachbarliche Belange i. S. des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO als erheblich beeinträchtigt anzusehen wären, schiede eine Rechtsverletzung der Antragstellerin nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 7 Satz 3 LBO voraussichtlich jedenfalls deshalb aus, weil nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO eine Abweichung von § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO zuzulassen sein dürfte. Die für alle Vorschriften in den §§ 4 bis 37 LBO sowie für Vorschriften aufgrund der Landesbauordnung geltende generelle Abweichungsregelung in § 56 Abs. 2 LBO wird durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO nicht verdrängt, sondern gilt ergänzend. Sie privilegiert bestimmte Sonderbauvorhaben und begründet einen Rechtsanspruch auf Abweichung („sind zuzulassen“), wenn die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO erfasst insoweit Vorhaben zur Modernisierung von Wohnungen und Wohngebäuden, zur Teilung von Wohnungen sowie zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches, wenn die Baugenehmigung mindestens fünf Jahre zurückliegt und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Mit dieser Regelung sollen “Wohnbauvorhaben im Bestand“ privilegiert werden (LT-Drucksache 11/5337). Aufgrund dieser Zielsetzung dürfte der Begriff „zusätzlicher Wohnraum“ den Anwendungsbereich der Norm nicht allein auf (Nutzungs-)Änderungen an bereits bestehenden Wohngebäuden beschränken, sondern auch (Nutzungs-)Änderungen an bislang nicht wohnlich genutzten Bestandsgebäuden begünstigen, wenn damit erstmals neuer Wohnraum geschaffen wird. Das ist hier der Fall. Die für die Integration der Außenwand des Altgebäudes der Beigeladenen erforderliche Abweichung von § 5 LBO dürfte im Hinblick darauf, dass die durch die Abstandsflächenregelung geschützten Belange faktisch nicht zusätzlich beeinträchtigt werden (s.o.), auch i. S. der Vorschrift mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein. Das schließt zwar auch den Schutz von Rechten Dritter nach der betreffenden Norm ein (vgl. Sauter a.a.O. § 56 Rn. 13), hier also den Nachbarschutz nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO. Insoweit ermöglicht § 56 Abs. 2 LBO jedoch anders als § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO auch bei einer erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange eine Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.01.1999 - 5 S 2971/98 - VBlBW 1999, 347). Diese Interessenabwägung dürfte aus den zu § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO im angefochtenen Beschluss sowie oben dargelegten Gründen mit hoher Wahrscheinlichkeit zugunsten der Beigeladenen ausfallen. Da § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO einen Rechtsanspruch des Bauherrn begründet, ist es auch unschädlich, dass die angefochtene Baugenehmigung insoweit keine ausdrückliche Abweichungsentscheidung enthält.
12 
b) Hinsichtlich der mit einer Brandschutzauflage genehmigten Aufbringung einer Wärmedämmung sind die Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Zulassung einer Abweichung von der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO erfüllt. Die Abweichung ist insbesondere mit den öffentlichen Belangen einschließlich des Nachbarrechts der Antragstellerin nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO vereinbar. Das wird in der Begründung der angefochtenen Baugenehmigung unter Nr. 2 d) sowie im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zutreffend begründet. Darauf nimmt der Senat Bezug, zumal die Beschwerdebegründung sich insoweit nur in der allgemeinen Rüge erschöpft, nachbarliche Belange der Antragstellerin seien bei der Anwendung des § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO nicht hinreichend abgewogen worden, ohne zu konkretisieren, inwiefern die Aufbringung der Wärmedämmung im nachbarschützenden Teil der Abstandsfläche (auf der Nordseite des Altgebäudes) zu einer nennenswerten zusätzlichen Beeinträchtigung der von § 5 LBO geschützten nachbarliche Belange führt.
II.
13 
Mit der Zurückweisung der Beschwerde erledigt sich zugleich der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs einstweilen bis zur Entscheidung über die Beschwerde anzuordnen. Dieses wohl als Antrag i. S. des § 173 VwGO i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO zu qualifizierende Begehren hätte ungeachtet dessen, inwieweit eine vorläufige Anordnung des Beschwerdegerichts auf dieser Rechtsgrundlage bei der Ablehnung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO möglich ist (vgl. zum Streitstand Kopp, VwGO, 16. Auflage, § 149 Rn. 3), aus den unter I. genannten Gründen zudem keinen Erfolg haben können.
III.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus den § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
15 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.01.2009 - 5 K 2450/08 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.01.2009 ist fristgerecht erhoben und begründet; sie genügt auch inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren grundsätzlich zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat es das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 23.07.2008 zum Anbau einer 11,08 m hohen, 3,16 m tiefen und 3,98 m breiten Balkonanlage an der Gartenseite ihrer im unbeplanten Innenbereich gelegenen Doppelhaushälfte anzuordnen.
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das private Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (vgl. § 212a Abs. 1 BauGB) das gegenläufige private Interesse der Antragsteller überwiegt, vorläufig vom Vollzug der Baugenehmigung verschont zu bleiben. Denn nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird der Widerspruch der Antragsteller voraussichtlich keinen Erfolg haben, weil - worauf es allein ankommt - die von ihnen angegriffene Baugenehmigung nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller zu dienen bestimmt sind.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Verwirklichung des Vorhabens verletze nicht zu Lasten der Antragsteller das in § 34 Abs. 1 BauGB im Begriff des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Die Balkone entfalteten weder eine erdrückende Wirkung, noch würden Belichtung, Belüftung und Besonnung ihres Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Die Schaffung von Einsichtsmöglichkeiten sei Folge der funktionsgerechten Ausgestaltung eines als solches planungsrechtlich zulässigen Wohnbauvorhabens und namentlich in städtischen Baugebieten grundsätzlich hinzunehmen. Ein Ausnahmefall liege insoweit nicht vor. Nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts seien ebenfalls nicht verletzt. Das Vorhaben dürfe nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO an der Grenze errichtet werden. Dass das Vorhaben mit einem Abstand von 0,665 m im Erdgeschoss bzw. 2,35 m im 1. und 2. Obergeschoss errichtet werden solle, stehe der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen.
Dagegen wenden die Antragsteller ein, das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme sei zu ihren Lasten verletzt, weil unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten in ihre Räumlichkeiten geschaffen würden und die Balkonanlage aufgrund ihrer Größe und der Nähe zu ihrem Wohngebäude erdrückende Wirkung entfalte. Die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO sei ausgeschlossen, weil der Umgebung keine eindeutige planungsrechtliche Vorgabe für eine Grenzbebauung zu entnehmen sei und die Vorschrift nur eine grenzständige Errichtung eines Vorhabens oder eine Errichtung unter Einhaltung der vollen Tiefe der Abstandsflächen zulasse. Das Vorhaben könne auch nicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zugelassen werden, weil nach ständiger Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg jede Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächen eine erhebliche Beeinträchtigung des Nachbarn darstelle. Die in der Baugenehmigung erteilte Befreiung nach § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO sei rechtswidrig, denn es fehle die erforderliche grundstücksbezogene Härte. Sie seien auch in ihren Rechten verletzt, weil durch die Balkone Einsichtsmöglichkeiten in ihre sensiblen Lebensbereiche eröffnet würden.
Dieser Vortrag vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Den Antragstellern steht weder ein bauplanungsrechtliches noch ein bauordnungsrechtliches Abwehrrecht gegen das geplante Vorhaben zu.
1. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht zu Lasten der Antragsteller verletzt ist. Nach Aktenlage ist das Verwaltungsgericht zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB einfügt. Insbesondere hält es sich im Rahmen der in der Umgebung vorhandenen offenen Bauweise nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, bei der die Gebäude als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen mit seitlichem Grenzabstand errichtet werden. Bei den Gebäuden der Antragsteller und der Beigeladenen handelt es sich um ein Doppelhaus im Sinne dieser Vorschrift. Daran wird auch der geplante Anbau nichts ändern. Ein Doppelhaus ist dadurch gekennzeichnet, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken zu einer Einheit derart zusammengefügt werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Eine solche Einheit kann jedoch nur entstehen, wenn die beiden Gebäude in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis der baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element. Nicht erforderlich ist jedoch, dass die beiden Haushälften vollständig deckungsgleich aneinandergebaut sind. Sie können auch zueinander versetzt oder gestaffelt an der Grenze errichtet werden (vgl. zu all dem BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, NVwZ 2000, 1055, 1056). Darüber hinaus erfordert ein Doppelhaus nicht, dass sämtliche parallel zur gemeinsamen Grundstücksgrenze verlaufenden Gebäudeaußenwände an der dem Doppelhausnachbarn zugewandten Seite eines Hauses an der Grenze errichtet werden. Namentlich verliert eine bauliche Anlage nicht den Charakter eines Doppelhauses, wenn Gebäudeteile mit einem Rücksprung zur gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtet werden, solange die beiden Gebäude noch im Sinne der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu einem wesentlichen Teil aneinandergebaut sind.
Die Errichtung der Balkonanlage mit einem Abstand zur Grenze der Antragsteller zerstört somit nicht von vornherein die Doppelhauseigenschaft der beiden Gebäude. Die Balkonanlage verstößt aber auch nicht gegen das Erfordernis der verträglichen und abgestimmten Errichtung der beiden Haushälften, denn sie beeinträchtigt die Antragsteller nicht unzumutbar. Durch die vorgesehenen Balkone werden insbesondere keine Einsichtsmöglichkeiten geschaffen, die die Antragsteller nicht mehr hinzunehmen hätten (vgl. dazu Bayer. VGH, Beschluss vom 10.11.2000 - 26 Cs 99.2102 -, BauR 2001, 372). Denn die erhöhte Nutzbarkeit der Grundstücke der Antragsteller und der Beigeladenen wurde durch den Verzicht auf seitliche Grenzabstände und damit auf Freiflächen, die dem Wohnfrieden dienen „erkauft“ (BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, NVwZ 2000, 1055, 1056). Dieser Verzicht umfasst auch den seitlichen Grenzabstand von Balkonen an der rückwärtigen Gebäudewand, von denen naturgemäß von der Seite in die Räume des Nachbarn eingesehen werden kann. Da im vorliegenden Fall die Balkonanlage nicht direkt an der Grenze sondern mit Grenzabstand errichtet werden soll, verringern sich die Einsichtsmöglichkeiten, so dass erst recht nicht von einer unzumutbaren Beeinträchtigung auszugehen ist. Die von den Antragstellern zum Beleg ihrer gegenteiligen Auffassung zitierten Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 22.08.2005 - 10 A 3611/03 -, BauR 2006, 342) und des Thüringer OVG (Urteil vom 26.02.2002 - 1 KO 305/99 -, BRS 65 Nr. 130) gebieten keine andere Beurteilung, denn der diesen Entscheidungen zugrundeliegende Sachverhalt stimmt mit dem vorliegenden nicht überein. Im Fall des OVG Nordrhein-Westfalen überschritt der geplante Balkon die im Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze, im Fall des Thüringer OVG fügte sich die vorgesehene Dachterrasse nach der überbauten Grundstücksfläche ebenfalls bereits objektiv-rechtlich nicht in die nähere Umgebung ein. Dies trifft hier nicht zu. Vielmehr reicht die Bebauung der Grundstücke ... ... und ... deutlich tiefer in das jeweilige Grundstück hinein, als es bei der hier vorgesehenen Bebauung der Fall sein wird. Das Bauvorhaben hält sich somit auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, innerhalb des in der näheren Umgebung vorhandenen Rahmens. Unerheblich ist, ob die übrigen Häuser mit rückwärtigen Balkonen versehen sind. Denn das Vorhandensein von Balkonen lässt sich keinem der nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Kriterien des Einfügens zuordnen. Balkone sind vielmehr Teil des Gebäudes, das sich in seiner Gesamtheit nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss. Dies ist hier der Fall, so dass eine Verletzung des in § 34 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots ausgeschlossen ist. Denn das Rücksichtnahmegebot ist keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht (BVerwG, Beschluss vom 11.01.1999 - 4 B 128/98 -, NVwZ 1999, 879, 880).
2. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis auch zu Recht entschieden, dass zu Lasten der Antragsteller wohl keine nachbarschützenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften verletzt sind. Das Vorhaben dürfte nach Aktenlage nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen sein. Dafür sind folgende Überlegungen maßgebend:
10 
a) Die geplante Balkonanlage könnte nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO direkt an der Grenze errichtet werden, denn nach planungsrechtlichen Vorschriften darf an die Grenze gebaut werden und es ist öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Nach Aktenlage wurden zwar nur die Gebäude der Antragsteller und der Beigeladenen als Doppelhaus - und damit grenzständig - errichtet, während die übrigen Häuser in der näheren Umgebung seitlichen Grenzabstand zueinander aufweisen. Die beiden bereits vor mehr als hundert Jahren errichteten Gebäude prägen jedoch die nähere Umgebung mit. Die Errichtung von Gebäuden mit Grenzabstand ist demnach planungsrechtlich ebenso wenig zwingend wie eine Grenzbebauung; vielmehr ist beides möglich. Würde die Balkonanlage grenzständig errichtet, hielte sie sich somit im vorhandenen Rahmen der Bebauung und wäre bauplanungsrechtlich zulässig. Darüber hinaus wäre öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs ist diese Voraussetzung auch ohne Übernahme einer Baulast erfüllt, wenn das Nachbargrundstück - wie hier - bereits an der Grenze bebaut ist. Unerheblich ist insoweit, dass die Häuser der Antragsteller und der Beigeladenen nach dem Anbau nicht mehr deckungsgleich wären (vgl. VGH Baden-Württ., Beschluss vom 12.02.2007 - 5 S 2826/06 -, VBlBW 2007, 383, 385).
11 
Ohne Erfolg berufen sich die Antragsteller zum Beleg ihrer gegenteiligen Ansicht auf das Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2002 (- 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201). Denn der dort entschiedene Fall ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Nach Auffassung des 5. Senats durfte der in jenem Verfahren geplante Dachbalkon nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO an der Grenze errichtet werden, weil die besonderen Regelungen über die Deckungsgleichheit von Gruppenbauten der dort anzuwendenden Bauordnung für die Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe aus dem Jahr 1898 dies nicht zuließen. Vergleichbare Regelungen enthält die zum Zeitpunkt der Errichtung der Gebäude der Antragsteller und der Beigeladenen geltende Bauordnung der Antragsgegnerin aus dem Jahr 1889 jedoch nicht.
12 
b) Hätten aber die Antragsteller nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO selbst die Errichtung einer Balkonanlage an der Grenze hinzunehmen, können sie nicht aus Gründen des Nachbarschutzes verlangen, dass die Balkonanlage unter Einhaltung des vollen nachbarschützenden Teils der Abstandstiefen errichtet wird. Denn der vorgesehene Grenzabstand vermindert die Beeinträchtigungen der Antragsteller im Hinblick auf Belichtung, Belüftung und Besonnung gegenüber einer Grenzbebauung und auch die Einsichtsmöglichkeiten - so sie überhaupt als Schutzgut der Abstandsflächenvorschriften zu betrachten sind (vgl. dazu einerseits Beschlüsse des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlVW 2008, 147, 149 und vom 26.11.1993 - 3 S 2606/93 -, juris und andererseits Beschluss des 8. Senats vom 03.03.2008 - 8 S 2165/07 -, VBlBW 2008, 345, 346 m.w.N. der Rspr.) - werden verringert. Der vorgesehene Standort schafft zudem keinen Zustand, der die Antragsteller in der baulichen Ausnutzung ihres eigenen Grundstücks behindern würde.
13 
Allerdings folgt dies nicht bereits aus § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO, denn nach dieser Vorschrift dürfen bauliche Anlagen grundsätzlich nur entweder grenzständig oder unter Einhaltung des vollen nach § 5 Abs. 7 LBO erforderlichen Grenzabstandes errichtet werden (vgl. aber zur Zulässigkeit einer Bebauung mit einem Grenzabstand von 0,50 m nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO - allerdings ohne nähere Begründung - VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.02.2007 - 5 S 2826/06 -, a.a.O.). Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor den Außenwänden an den Grundstücksgrenzen, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften das Gebäudean die Grenze gebaut werden darf und öffentlich rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Bereits nach dem Wortsinn kann ein Gebäude nur dann „an der Grenze“ errichtet sein, wenn es direkt an der Grenze, ohne jeglichen Abstand zu dieser steht. Ein Gebäude mit geringem Grenzabstand steht nicht mehr „an“ der Grenze, sondern allenfalls „nahe“ der Grenze. Der Begriff „an der Grenze“ ist jedoch auch zu unterscheiden von dem Begriff „auf der Grenze“. Denn ein Bau auf der Grenze überbaut diese. Da die Grenze lediglich eine Linie und keine Fläche darstellt, kann „auf“ ihr nur einmal gebaut werden. Abgesehen davon, dass ein Bauherr zu einem solchen Grenzüberbau nicht ohne weiters berechtigt ist, kann die in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO beschriebene Situation bei einem Bau „auf“ der Grenze nicht eintreten, da die bereits überbaute Grenze kein weiteres Mal durch den Nachbarn überbaut werden kann.
14 
Das vom Verwaltungsgericht zum Beleg seiner im Ergebnis gegenteiligen Ansicht zitierte Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13.05.2002 (- 3 S 2259/01 -, BauR 2003, 1860) steht dieser Auslegung nicht entgegen, denn es betraf eine andere Fallkonstellation. Aufgrund der dort in der näheren Umgebung vorherrschenden abweichenden Bauweise mit Traufgassen musste wegen des insofern geltenden Vorrangs der bauplanungsrechtlichen Bestimmungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2Nr. 1 LBO mit verringertem Grenzabstand gebaut werden. Ließe man aber auch in den Fällen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO die Errichtung von baulichen Anlagen mit verringertem Grenzabstand zu, fehlte den Baurechtsbehörden ein Steuerungselement, um beispielsweise die Entstehung sogenannter Schmutzwinkel zu verhindern, weil der Bauherr sein Gebäude auch mit sehr geringem Abstand zu einem bereits vorhandenen grenzständigen Gebäuden errichten dürfte. Denn der Tatbestand der Vorschrift enthält kein Merkmal, der es den Baurechtsbehörden erlaubte, bestimmte Grenzabstände zu fordern. Die Entscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO steht auch nicht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, sondern ist zwingendes Recht; eine Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Interessen findet daher nicht statt. Schließlich lässt sich auch aus dem Zweck der Vorschrift eine in diesem Sinne einschränkende Auslegung nicht herleiten. Denn die Vorschrift verfolgt keine spezifisch bauordnungsrechtlichen Ziele, wie z.B. die Verhinderung von „Schmutzwinkeln“, sondern dient dazu, den Vorrang des Bauplanungsrechts vor dem Bauordnungsrecht zu sichern (vgl. Sauter, LBO, § 5 Rn. 35).
15 
bb) Die geplante Balkonanlage ist aber nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zulässig. Nach dieser Vorschrift sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 LBO unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs (vgl. z.B. Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, VBlBW 2008, 190, 191 f.) stellt allerdings eine Abstandsflächentiefe, die - wie hier - den nachbarschützenden Teil unterschreitet, regelmäßig eine erhebliche, vom betroffenen Nachbarn nicht hinzunehmende Beeinträchtigung dar, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder nur geringfügig ist. Nachbarliche Belange sind mithin nur dann nicht „erheblich“ beeinträchtigt, wenn auf dem Nachbargrundstück besondere Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen, weil die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbar an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, VBlBW 1997, 266, 267 und vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, juris sowie Beschluss vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 -, BauR 1997, 92, 95; kritisch hierzu Sauter, LBO § 6 Rn. 48b). Solche Besonderheiten können sich (und werden sich zumeist) aus den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Nachbargrundstück ergeben. Hierzu können nach der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs etwa unterschiedliche Höhenlagen oder sonstige signifikanten topografischen Unterschiede gehören. Ferner kann ein ungewöhnlicher Zuschnitt des Nachbargrundstücks oder die Tatsache ausschlaggebend sein, dass die vorhandene oder die planungsrechtlich zulässige Bebauung auf dem Nachbargrundstück durch das in Rede stehende grenznahe Vorhaben nur unerheblich tangiert wird (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Sauter, LBO, Rn. 48c zu § 6 LBO). Neben diesen besonderen tatsächlichen Gegebenheiten können aber auch rechtliche Besonderheiten vorliegen, welche die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Nachbarn in abstandsflächenrechtlicher Hinsicht deutlich mindern und deshalb eine „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO ausschließen (vgl. zum Fall der Verwirkung des materiellen Abwehrrechts gegen den Standort eines Gebäudes Senatsbeschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, a.a.O.).
16 
Eine solche rechtliche Sondersituation kann auch vorliegen, wenn das Baugrundstück und das Nachbargrundstück - wie hier - mit einem Doppelhaus bebaut sind. Bei dieser Art der Bebauung verzichten die Bauherrn zugunsten der erhöhten Nutzbarkeit ihrer Grundstücke grundsätzlich auf seitliche Grenzabstände und damit auf Freiflächen, die dem Wohnfrieden dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, a.a.O.). Dieser Verzicht mindert auch das Maß ihrer Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO. Der Umfang des bauordnungsrechtlichen nachbarlichen Schutzanspruchs kann insoweit nicht anders zu beurteilen sein, als der des bauplanungsrechtlichen, zumal das Bauplanungsrecht dem Bauordnungsrecht vorgeht, soweit es - wie hier - Grenzbebauung ohne Abstandsflächen zulässt. Denn in beiderlei Hinsicht geht es um die Frage, wie viel Abstand ein Nachbar zum Schutz seiner nachbarlichen Belange verlangen kann bzw. wie viel Nähe er hinzunehmen hat. Allerdings wären wohl auch bei einer Doppelhausbebauung nachbarliche Interessen jedenfalls dann erheblich beeinträchtigt, wenn durch ein grenznahes Vorhaben die Bebaubarkeit des Nachbargrundstücks beeinträchtigt würde. Grundsätzlich bleibt zwar dem Nachbarn trotz eines solchen Vorhabens die Möglichkeit erhalten, auf dem eigenen Grundstück einen grenzständigen Anbau zu errichten. Die damit möglicherweise einhergehende Verschattung der zuvor mit geringem Grenzabstand errichteten baulichen Anlage hätte jener Bauherr dann hinzunehmen. Anders stellte sich die Situation jedoch wohl dar, wenn ein Anbau mit sehr geringem Grenzabstand errichtet würde, der es dem Nachbarn verwehrte, am eigenen Haus einen grenzständigen Anbau zu errichten, weil sonst z.B. ein „Schmutzwinkel“ entstünde. Diese Konstellation liegt hier allerdings nicht vor. Denn der vorgesehene Abstand der Balkonanlage zur gemeinsamen Grundstücksgrenze (65 cm für den 1 m tiefen Austritt im Erdgeschoss, 2,35 m für die Balkonanlage in den Obergeschossen) lässt bauordnungsrechtlich weiterhin die Errichtung eines grenzständigen Anbaus an das Gebäude der Antragsteller zu.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
18 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Dezember 2010 - 13 K 4360/10 - geändert. Der Antrag wird abgelehnt

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks, das im Geltungsbereich der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin vom 25.06.1935 (Baustaffel 8) sowie einer Erhaltungssatzung für Gebiete der Städtebaulichen Gesamtanlagen vom 16.06.1988 liegt. Es ist mit einer 2½ geschossigen “Stadtvilla“ bebaut, deren Errichtung eine Baugenehmigung vom 04.08.1908 mit Nachtragsbaugenehmigung vom 22.01.1909 zugrunde liegt. In den damals genehmigten Bauzeichnungen reicht das Erdgeschoss an der Rückseite des Gebäudes teilweise über das Obergeschoss hinaus (Anbau); daneben sind eine überdachte Veranda und eine Terrasse eingezeichnet. Am 02.11.1992 erteilte die Antragsgegnerin unter Befreiung von Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe und Nutzungsart eine Baugenehmigung zur Nutzung und zum Umbau als städtisches Chemisches Institut einschließlich einer Erweiterung des Anbaus auf den Flächen der ehemals genehmigten Veranda und Terrasse. Am 03.07.2001 erteilte sie ihre Zustimmung und eine Genehmigung nach der Erhaltungssatzung zur Erweiterung und zum Umbau des Gebäudes im ersten Obergeschoss, insbesondere durch Aufstockung des Anbaus mit einem verglasten “Pausenraum“ nebst Balkon.
Der Antragsteller hat das Grundstück 2008 von der Antragsgegnerin erworben und möchte das Gebäude als Rechtsanwaltskanzlei nutzen. Auf seinen Bauantrag vom 25.02.2009 erteilt die Antragsgegnerin ihm am 21.07.2009 unter Abweichung von § 5 Abs. 1 LBO sowie Befreiung von Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe und -höhe und Summe der Seitenabstände sowie unter verschiedenen Auflagen und Bedingungen für den Baubeginn eine Baugenehmigung sowie eine Genehmigung nach der Erhaltungssatzung für Umbau und Nutzungsänderung in ein Wohn-/Bürogebäude mit zehn Kfz-Stellplätzen. Im genehmigten Grundriss des Erdgeschosses sind eine Innenwand und die drei Außenwände des Anbaus, soweit sie nicht durch Fenster und Türen unterbrochen werden, grau und rot dargestellt. In den Grundrissen für das Ober- und Dachgeschoss sind im Anbau ein vergrößerter “Pausenraum“ nebst Balkon und darüber ein weiterer Balkon vorgesehen. Durch Wegfall von Dachschrägen soll der Anbau außerdem erhöht werden. Nachdem der von der Antragsgegnerin mit der bautechnischen Prüfung beauftragte Ingenieur am 11.03.2010 u.a. bestätigt hatte, dass die vom Bauherrn vorgelegte Ausführungsplanung der Baugenehmigung entspreche, erteilte die Antragsgegnerin am 12.03.2010 den Baufreigabeschein.
In einem Aktenvermerk über eine Ortsbesichtigung am 13.04.2010 stellte die Antragsgegnerin fest, der Anbau sei komplett abgerissen und teilweise seien neue Außenwände errichtet worden. Mit Bescheid vom selben Tag verfügte sie daraufhin gegenüber dem Antragsteller die Einstellung der Bauarbeiten im Bereich des Anbaus auf der Ostseite des Gebäudes. Ferner drohte sie dem Antragsteller für den Fall der Fortsetzung der Bauarbeiten die Versiegelung der Baustelle an und gab ihm auf, die zur Beurteilung des begonnenen Vorhabens notwendigen Bauvorlagen vorzulegen. Der Abbruch des Anbaus weiche von der Baugenehmigung ab. Die Abweichung sei nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei und verstoße nach vorläufiger Prüfung gegen Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe sowie Summe der Seitenabstände und gegen § 5 LBO. Mit seinem Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist, macht der Antragsteller unter Hinweis auf Schreiben seines Architekten vom 28.04. und 23.06.2010 sowie eine gutachtliche Stellungnahme eines anderen Architekten vom 16.09.2010 geltend, der Anbau sei nicht vollständig abgebrochen worden. Sein Unterbau mit Fundament, Bodenplatte und Sockelmauerwerk sei weiterhin vorhanden und lediglich saniert worden. Nur aufsteigende Außenwände seien erneuert worden, weil sie infolge Durchfeuchtung und Alterung ihrer Bauteile keine ausreichende Tragfähigkeit für die genehmigte Aufstockung des Anbaus hätten. Die Erneuerung der Außenwände sei in den Plänen dargestellt, die dem Prüfingenieur vorgelegen hätten.
Auf Antrag des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.12.2010 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet. Der Antrag sei zulässig und begründet. Es bestünden erhebliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Baueinstellung. Zwar sei der Antragsteller von der erteilten Baugenehmigung insoweit abgewichen, als die in den Planunterlagen als Bestand eingetragenen Wände des Anbaus mit der Decke abgebrochen und die Wände fast vollständig neu errichtet worden seien. Diese Abweichung sei bei summarischer Prüfung aber verfahrensfrei, weil es sich um Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO handele. Damit entfalle auch die Grundlage für die Androhung der Versiegelung der Baustelle.
Mit ihrer Beschwerde beantragt die Antragsgegnerin,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09.12.2010 - 13 K 4360/10 - zu ändern und den Antrag abzulehnen.
Abbruch und Erneuerung der Außenwände seien nicht verfahrensfrei, insbesondere keine Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO. Dagegen spreche schon, dass mit dem Abbruch des Anbaus der Bestandsschutz dieses selbständigen Gebäudeteils entfallen sei.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
10 
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss. Der Anbau könne nicht isoliert betrachtet werden, da er in den Umbau des Gesamtgebäudes einbezogen sei und für sich allein baulich nicht bestehen könnte.
11 
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
12 
A. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO) und begründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe zwingen zur Änderung des angegriffenen Beschlusses und zur Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung, soweit sie Gegenstand des Eilverfahrens ist (1.), das entgegenstehende Aufschubinteresse des Antragstellers, weil diese Verfügung insoweit mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist (2.).
13 
1. Die Verfügung vom 13.04.2010 ist bei sachdienlicher Auslegung des Antragsbegehrens (§ 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO) nur insoweit Gegenstand des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO, als sie die Einstellung der Bauarbeiten anordnet und für den Fall der Fortsetzung dieser Arbeiten die Versiegelung der Baustelle androht. Denn nur insoweit entfällt kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 3 LBO, § 12 LVwVG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs. In Bezug auf die - nicht schon kraft Gesetzes vollziehbare - weitere Anordnung, die zur Beurteilung des begonnenen Vorhabens notwendigen Bauvorlagen vorzulegen, ist die sofortige Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) nicht angeordnet. Der Antragsteller hat insoweit auch keinen faktischen Vollzug geltend gemacht.
14 
2. Die Einstellung der Bauarbeiten (a)) und die Androhung der Versiegelung (b)) sind mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig.
15 
a) Nach § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO kann die Baurechtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen werden. Dies gilt nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO insbesondere, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens von der erteilten Baugenehmigung abgewichen wird, es sei denn die Abweichung ist nach § 50 verfahrensfrei. In diesem Fall sichert die Baueinstellung die strikte Durchsetzung der formellen Genehmigungspflicht nach § 49 LBO und die damit bezweckte Ordnungsfunktion des Genehmigungsverfahrens. Zugleich beugt sie der Schaffung vollendeter Tatsachen vor. Anlass für ihre Anordnung kann mithin der bloße Verstoß gegen die formelle Genehmigungspflicht sein, ohne dass die Baurechtsbehörde verpflichtet ist, auch die materielle Rechtmäßigkeit des Bauens zu prüfen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.07.1970 - II 274/67 - BRS 23 Nr. 203; Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 3. Auflage, § 64 Rn. 1 m.w.N.). Ausreichend ist ein durch Tatsachen belegter "Anfangsverdacht". Es genügt, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass ein mit der Rechtsordnung unvereinbarer Zustand geschaffen wird. Die Errichtung einer formell baurechtswidrigen (ungenehmigten) Anlage darf demgemäß vorbeugend gestoppt werden, wenn ihre Genehmigungsbedürftigkeit jedenfalls ernstlich zweifelhaft ist (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.12.1993 - 3 S 507/93 - VBlBW 1994, 196; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 20.09.1988 - 8 S 2171/88 - juris und vom 28.06.2010 - 8 S 708/10 - ESVGH 61, 34 ). Die Anordnung der Baueinstellung steht im Entschließungs- und Auswahlermessen der Baurechtsbehörde, das sie pflichtgemäß (§ 40 LVwVfG) auszuüben hat.
16 
aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO sind erfüllt. Der Antragsteller ist bei der Ausführung seines Vorhabens von der am 21.07.2009 erteilten Baugenehmigung abgewichen und diese abweichende Bauausführung ist nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei.
17 
aaa) Die Abweichung liegt darin, dass der Antragsteller eine Innenwand, die drei Außenwände und die Decke des Anbaus abgebrochen und damit begonnen hat, neue Wände zu errichten. Diese Baumaßnahmen sind weder Gegenstand des Bauantrags vom 25.02.2009 noch der Baugenehmigung vom 21.07.2009. Im genehmigten Grundriss des Erdgeschosses vom 18.02.2009 sind eine Innenwand und die drei Außenwände des Anbaus, soweit sie nicht durch Fenster und Türen unterbrochen werden, grau und rot dargestellt, also als vorhandene (bleibende) Bauteile sowie als neues Mauerwerk (§ 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 3 LBOVVO in der bei Einreichung und Genehmigung des Bauantrags noch geltenden a.F.). Lediglich das durch Vergrößerung alter oder Einbau neuer Fenster wegfallende Mauerwerk der alten Außenwände und eine weitere Innenwand (zwischen “Spülküche“ und “Chemielager“ des ehemaligen Chemischen Instituts) sind als zu beseitigende Bauteile gelb dargestellt (§ 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LBOVVO). Der Einwand des Antragstellers, die Erneuerung der Außenwände sei in den Konstruktionsplänen dargestellt, die nach Erteilung der Baugenehmigung zur Erteilung des Baufreigabescheins eingereicht worden seien und dem Prüfingenieur vorgelegen hätten, greift schon deshalb nicht durch, weil für diese abweichende Ausführung des Bauvorhabens keine (Nachtrags-/Änderungs-) Baugenehmigung erteilt worden ist. Eine solche Genehmigung liegt insbesondere nicht in der Erteilung des Baufreigabescheins (§ 59 Abs. 1 LBO). Denn damit wird lediglich festgestellt, dass die in der Baugenehmigung für den Baubeginn enthaltenen Auflagen und Bedingungen erfüllt sind (§ 59 Abs. 1 Satz 2 LBO), und die Ausführung des Bauvorhabens - durch Aufhebung des mit der Genehmigungspflicht verbundenen präventiven Bauverbots - nur im Umfang der zuvor erteilten Baugenehmigung freigegeben. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin den Baufreigabeschein erteilt, nachdem der beauftragte Prüfingenieur am 11.03.2010 u.a. bestätigt hatte, dass die Ausführungsplanung der Baugenehmigung entspricht. Ob diese Bestätigung unzutreffend war - darauf könnte evtl. die Telefonnotiz über ein Gespräch mit dem Büro des Prüfingenieurs (Bauakte, Blatt 56) hindeuten, in der es heißt “In Schalplan sind neue Wände eingetragen als KSV-Wände“ - kann deshalb offen bleiben.
18 
bbb) Die abweichende Bauausführung ist, wie die Beschwerdebegründung im Ansatz zutreffend einwendet, nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei, insbesondere nicht als Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO.
19 
(1) Fraglich erscheint bereits, ob die mit der abweichenden Bauausführung verbundenen Baumaßnahmen überhaupt als Instandhaltungsarbeiten i.S. des § 50 Abs. 4 LBO angesehen werden können, wie der Antragsteller und ihm folgend das Verwaltungsgericht annehmen.
20 
Der mit der LBO-Novelle 1995 in Anlehnung an die Musterbauordnung, die Bauproduktenrichtlinie sowie § 5 BauPG übernommene Begriff “Instandhalten“ (§ 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO) umfasst die bis dahin in der Landesbauordnung verwendeten Begriffe Instandsetzung und Unterhaltung (LT-Drucks. 11/5337 S. 78). Dies sind bauliche Maßnahmen zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer Anlage oder ihrer baulichen Substanz, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüsse entstandenen baulichen und sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen, ohne die Identität der Anlage einschließlich ihres Nutzungszwecks zu ändern (Senatsurteil vom 27.01.1987 - 8 S 3427/86 - juris sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.12.1983 - 3 S 2040/83 - juris; Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 130 sowie § 50 Rn. 227; vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.01.2009 - 3 L 124/08 - NordÖR 2009, 134 und 179). Daran fehlt es, wenn die Baumaßnahmen ihrer Qualität nach so intensiv sind, dass sie die Standfestigkeit der Anlage berühren, so dass eine statische Nachberechnung der gesamten Anlage erforderlich wird, oder wenn der Arbeitsaufwand seiner Quantität nach den für eine neue Anlage erreicht oder gar übersteigt. Dabei kann auch das teilweise Auswechseln tragender Gebäudeteile im Einzelfall eine Instandsetzungs- oder Unterhaltungsmaßnahme sein, etwa wenn beschädigte Mauerteile eines Gebäudes nur zu einem Viertel bis einem Drittel der alten Bausubstanz erneuert werden (Senatsurteil vom 27.01.1987, a.a.O.). Instandhaltungsarbeiten sind zudem von der “Errichtung“ und dem “Ändern“ (§ 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO) einer baulichen Anlage abzugrenzen, also insbesondere vom Wiederaufbau nach Zerstörung sowie von An- und Umbauten oder Abweichungen im äußeren Erscheinungsbild (vgl. Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 126, 128).
21 
Gemessen daran erscheint zweifelhaft, ob Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke noch als Instandhaltungsarbeiten angesehen werden können. Zwar mag es sein, dass das Mauerwerk der Wände wegen Durchfeuchtung und Alterung zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs des Anbaus und seiner baulichen Substanz erneuerungsbedürftig war, wie dies in den Stellungnahmen des Architekten des Antragstellers beschrieben wird. Auch könnte sich der Umfang des erneuerten Mauerwerks möglicherweise noch in dem vom Senat im Urteil vom 27.01.1987 (a.a.O.) bezeichneten Rahmen von einem Viertel bis zu einem Drittel alter Bausubstanz halten. Bezugsanlage dürfte insoweit nicht nur - wie die Antragsgegnerin meint - der Anbau, sondern das Hauptgebäude zusammen mit dem Anbau sein, da die Räume des Anbaus nach den in der Vergangenheit erteilten Baugenehmigungen funktional in das Hauptgebäude integriert waren, der Anbau also gerade kein selbständiges Gebäude (§ 2 Abs. 2 LBO) war (vgl. Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 37). Zudem hat die Antragsgegnerin eingeräumt, dass die Erneuerung der Außenwände des Anbaus keine statische Neuberechnung des Gesamtgebäudes erfordert. Gleichwohl dürfte die Identität des Gesamtgebäudes nicht mehr gewahrt sein. Zum einen führt der vollständige Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Außenwände des Anbaus zu Abweichungen im äußeren Erscheinungsbild. Zum anderen spricht gegen eine bloße Instandhaltung der in den Stellungnahmen des Architekten des Antragstellers angedeutete Umstand, dass die Erneuerung der Außenwände gerade auch durch die genehmigten Änderungen und Umbauten im Ober- und Dachgeschoss und die damit einhergehende, jedoch offenbar erst nachträglich erkannte Notwendigkeit bedingt ist, die Tragfähigkeit der Außenwände des Anbaus im Erdgeschoss zu erhöhen. Denn damit bezweckt die Erneuerung der Außenwände qualitativ wohl mehr als nur den Erhalt der baulichen Substanz des Anbaus in seiner bisherigen Bestimmung.
22 
(2) Aber selbst wenn es sich um Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO handeln sollte, wären sie hier jedenfalls deshalb nicht i. S. des § 64 Abs. 1 Nr. 3 a) LBO “nach § 50 verfahrensfrei“, weil sie als unselbständiger Teil einer gleichzeitig ausgeführten genehmigungspflichtigen Änderung des gesamten Gebäudes und nicht als selbständiges Vorhaben ausgeführt werden sollen, das auch noch nach Fertigstellung des genehmigten Bauvorhabens jederzeit verfahrensfrei vorgenommen werden könnte (vgl. Sauter, a.a.O: § 64 Rn. 12).
23 
Die Genehmigungsplicht eines Vorhabens nach § 49 Abs. 1 LBO erstreckt sich auch auf verfahrensfreie Anlagen oder Einrichtungen, soweit sie unselbständige Teile dieses Vorhabens sind. Denn handelt es sich tatsächlich um ein einheitliches Vorhaben, dann ist auch in rechtlicher Hinsicht nur eine einheitliche Behandlung und Entscheidung möglich (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.09.1979 - III 1553/79 - juris; Sauter, a.a.O. § 49 Rn. 21). Dementsprechend erfasst die Verfahrensfreiheit nach § 50 Abs. 1 LBO nur selbständige Einzelvorhaben (Sauter, a.a.O. § 50 Rn. 4 m.w.N.). Für Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO kann grundsätzlich nichts Anderes gelten, da auch insoweit nur eine einheitliche Behandlung und Entscheidung möglich ist. Sie sind deshalb ebenfalls genehmigungspflichtig, wenn sie unselbständiger Teil eines einheitlichen genehmigungspflichtigen Gesamtvorhabens sind (so auch schon Senatsurteil vom 27.01.1987, a.a.O.). Zwar ist es an sich Sache des Bauherrn, durch seinen Bauantrag festzulegen, was das Vorhaben und damit der zu beurteilende Verfahrensgegenstand sein soll (vgl. § 29 baugb> BVerwG, Urteil vom 04.07.1980 - 4 C 99.77 - DÖV 1980, 921; im Anschluss daran auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.06.2007 - 3 L 368/04 - NordÖR 2007, 458). Unter diesem Blickwinkel könnte man die Äußerungen des Antragstellers im Widerspruchs- und Eilverfahren möglicherweise so verstehen, dass er Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke als gesondertes eigenständiges Vorhaben abtrennen möchte. Eine derartige subjektive Trennung ist materiell-rechtlich jedoch nur erheblich, wenn ihr objektive Gegebenheiten nicht entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.1980, a. a. O.). Mit anderen Worten, was nach objektiven Kriterien baulich und funktional zusammengehört, kann nicht willkürlich auf Grund einer Willensentscheidung des Bauantragstellers in Einzelteile zerlegt werden (Senatsurteil vom 25.11.2009 - 8 S 2038/08 -; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.07.1998 - 3 S 1935/98 - juris). So liegt es hier. Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke sind objektiv sowohl baulich als auch funktional Teil der genehmigungspflichtigen (Nutzungs-)Änderung des gesamten Gebäudes, insbesondere der beabsichtigten Aufstockung des Anbaus. Sie sollen und können nicht unabhängig von der Fertigstellung des genehmigten Gesamtvorhabens ausgeführt werden.
24 
Die Frage, ob die abweichend von der Baugenehmigung ausgeführten und noch auszuführenden Baumaßnahmen aus Gründen des Bestandsschutzes als Reparatur-, Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.03.1981 - 4 B 195.80 - NVwZ 1982, 38 m.w.N.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 17.01.1986 - 4 C 80.82 - BVerwGE 72, 362 <363> m.w.N.) rechtmäßig sind, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn sie ist eine solche des materiellen und nicht auch des formellen (Bau-)Rechts. Insbesondere gebietet Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht, solche noch vom Bestandsschutz umfassten Baumaßnahmen von vornherein verfahrensfrei zu stellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.12.1983, a.a.O.).
25 
bb) Die Baueinstellung dürfte auch ermessensfehlerfrei, insbesondere nicht unverhältnismäßig sein. Sie stützt sich tragend auf den Gesichtspunkt der formellen Illegalität sowie die Erwägung, dass die abweichende Bauausführung nach vorläufiger Prüfung zu Verstößen gegen Vorschriften der Ortsbausatzung sowie § 5 LBO führe, so dass die Fortsetzung der Bauarbeiten einen rechtswidrigen Zustand verfestigen und Rechtsschutzmöglichkeiten des Angrenzers verkürzen könnte. Dies alles entspricht dem Zweck von § 64 LBO und erscheint auch sonst sachgerecht. Zwar ist derzeit nicht völlig auszuschließen, dass sich die abweichende Bauausführung bei weiterer Überprüfung doch noch als Reparatur-, Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahme herausstellt, auch wenn dafür aus den oben genannten Gründen derzeit wenig spricht. In diesem Fall könnte sie sich trotz der von der Antragsgegnerin bezeichneten Rechtsverstöße aus Gründen des Bestandsschutzes möglicherweise als genehmigungsfähig erweisen. Zu einer solchen abschließenden Prüfung der materiellen Rechtslage ist die Antragsgegnerin vor Erlass der Baueinstellung aber nicht verpflichtet. Dem ist - ebenso wie der zugleich aufgeworfenen Frage, ob die erteilte Baugenehmigung, soweit sie (nur) Umbau und Aufstockung des alten Anbaus zulässt, durch den Abbruch der aufsteigenden Außenwände und der Decke des Anbaus möglicherweise gegenstandslos geworden ist (vgl. Sauter, a.a.O. § 64 Rn. 13) - im Verfahren zur Erteilung einer (Änderungs-/Nachtrags-) Baugenehmigung nachzugehen.
26 
b) Die Androhung der Versiegelung der Baustelle nach § 64 Abs. 2 LBO als spezialgesetzlich geregelter Fall der Anwendung unmittelbaren Zwangs (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.09.1981 - 3 S 1274/81 - juris) findet ihre Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 2 Nr. 2 LVwVG sowie § 64 Abs. 1 Satz 3 LBO. Rechtliche Bedenken sind insoweit weder geltend gemacht noch ersichtlich.
27 
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG (entsprechend der Wertfestsetzung in erster Instanz).
28 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. April 2016 - 6 K 165/16 - geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 20. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 16. Dezember 2015 wird angeordnet.

Der Antragsgegner und die Beigeladenen tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte. Die Beigeladenen haften für die von ihnen zu tragende Hälfte der Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin erstrebt die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die vom Antragsgegner verfügte Einstellung der Arbeiten zum Bau einer Grenzgarage.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. ..., ... ... ..., auf Gemarkung Sinzheim. An dieses grenzt im Nordosten das im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück Flst.-Nr. ..., ... ... ... Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“ - ... - der Gemeinde Sinzheim vom 12.12.2012, der für das Plangebiet ein allgemeines Wohngebiet festsetzt und eine Garage an der Grundstücksgrenze der Beteiligten nicht ausschließt. Der Bebauungsplan betrifft ein ehemaliges Militärgebiet, dessen Geländeoberfläche im Zuge der Planaufstellung zwecks Herstellung der Bebaubarkeit durch umfangreiche Erdarbeiten verändert wurde.
Bedingt durch die Lage der Grundstücke an einem Nordhang, fällt das Geländeniveau an der gemeinsamen, knapp 24 m langen Grenze von Südosten nach Nordwesten um insgesamt rund 5 m ab. Ein vergleichbares Gefälle besteht von Südwesten nach Nordosten entlang der die Grundstücke nordwestlich erschließenden Straße im Feil.
Am 28.10.2013 erteilte das Landratsamt Rastatt den Beigeladenen die mit einer Reihe von Befreiungen (u. a. Überschreitung der Traufhöhe talseits und bergseits sowie Überschreitung der Höhe der Stützmauern und Unterschreitung Abstandes derselben untereinander) sowie einer Ausnahme (Überschreitung der Grundflächenzahl) von den Festsetzungen des Bebauungsplans verbundene Baugenehmigung und in der Folge die Nachtragsbaugenehmigung vom 10.3.2014 für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... Nach den genehmigten Plänen liegt der Erdgeschossfußboden des mit einem Keller versehenen Gebäudes 2,6 m unterhalb der im Bebauungsplan ausdrücklich allein für dieses Grundstück angehobenen maximalen Höhe und ist das Erdgeschoss in Teilen unter das bestehende Geländeniveau abgesenkt. Ferner ergeben sich aus den Plänen Geländeabsenkungen auf Erdgeschossfußbodenniveau im 4,5 m breiten Bereich zwischen dem Gebäude und der Grundstücksgrenze zur Antragstellerin sowie bis auf Straßenniveau in dem davor gelegenen Bereich.
Im März 2014 begannen die Beigeladenen mit der Errichtung des Einfamilienhauses. Hierzu nahmen sie die oben dargestellten Abgrabungen in Teilen bis an die Grenze zum Grundstück der Antragstellerin vor. Stützmauern errichteten sie im vorderen und mittleren Bereich des Grundstücks nicht.
Ende des Jahres 2014 reichte die Antragstellerin zur Durchführung des Kenntnisgabeverfahrens Bauvorlagen für den Neubau eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... ein. Nach den am 18.2.2015 berichtigten und ergänzten Plänen ist an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen und in einer Entfernung von 5,4 m zur Straße eine Garage mit einer Länge von 8,99 m sowie einer Höhe von bis zu 4,52 m vorgesehen. Diese soll nach dem zeichnerisch dargestellten vorhandenen Geländeverlauf gegenüber dem Grundstück der Beigeladenen mit einer Höhe von unter 2,50 m und einer Fläche von weniger als 25 m² in Erscheinung treten. Unmittelbar anschließend an die Außenwand der Garage ist ferner an der Grundstücksgrenze eine rund 4,3 m lange Stützwand vorgesehen, die in Höhe der Oberkante der Garage abschließt und zur Hangsicherung mehrfach im Gebäude rückverankert ist.
Im Januar 2015 nahm die Antragstellerin die Bauarbeiten auf. Dabei grub sie unter anderem den für die Garage vorgesehenen Grenzbereich bis auf die Höhe des von den Beigeladenen auf ihrem Grundstück abgesenkten Geländes ab.
Nachdem die Antragstellerin Anfang Juni 2015 die Grenzbebauung hergestellt hatte, wandten sich die Beigeladenen an den Antragsgegner und baten um baubehördliches Einschreiten gegen die zu ihrem Grundstück nahezu in vollem Ausmaß in Erscheinung tretende Garagenwand nebst Stützmauer. Dies lehnte der Antragsgegner auf der Grundlage von am 10.6. und am 6.8.2015 erfolgten Baukontrollen zunächst mehrmals ab, da die Sichtbarkeit der Außenwände und die Stützmauern auf die von den Beigeladenen vorgenommenen Abgrabungen zurückzuführen seien.
Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen Widerspruch, worauf der Antragsgegner erneut Ermittlungen durchführte. Mit Schreiben vom 19.8.2015 teilte er der Antragstellerin unter Hinweis auf eine gesondert erfolgende Baueinstellung für die Garage mit, die eingereichten Bauvorlagen berücksichtigten die baurechtlich genehmigte Abgrabung auf dem Nachbargrundstück nicht. Insoweit liege ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO vor, weil die Wandfläche der Garage an der Grundstücksgrenze deutlich mehr als 25 m² betrage. Dabei sei nach der Rechtsprechung die von der Nachbarschaft sichtbare Fläche inklusive Sockel bzw. Stützmauern zu berücksichtigen.
10 
Durch Verfügung vom 20.8.2015 ordnete der Antragsgegner sodann die sofortige Einstellung der Arbeiten an der Garage auf dem Grundstück der Antragstellerin an. Zur Begründung führte er aus, die Wandhöhe (gemeint: Wandfläche) der Garage gegenüber dem Nachbargrundstück der Beigeladenen liege über 25 m². Die Herstellung der Garage weiche infolge dessen von den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen ab. Damit widerspreche die Errichtung der Anlage öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Nur durch die Einstellung der Arbeiten werde eine Nichtbeachtung der Rechtsvorschriften wirksam unterbunden und gleichzeitig eine unterschiedliche Handhabung gleich- oder ähnlich gelagerter Fälle ebenso vermieden wie die Schaffung vollendeter Tatsachen.
11 
Die Antragstellerin erhob Widerspruch und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, das von Seiten der Beigeladenen abgegrabene Gelände könne der Ermittlung der Wandfläche ihrer Garage nicht zu Grunde gelegt werden. Vielmehr sei der von ihr in den Bauvorlagen zutreffend dargestellte ursprüngliche Geländeverlauf maßgeblich.
12 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe nahm die Grundstücke der Beteiligten in Augenschein und zog Unterlagen zur Ermittlung des dort vor Aufnahme der Bautätigkeit vorhandenen Geländeverlaufs bei. Auf dieser Grundlage kam es zu dem Ergebnis, die Bauvorlagen der Beteiligten seien widersprüchlich und ließen daher keinen sicheren Schluss auf den ursprünglichen Geländeverlauf zu. Die im Zuge des Widerspruchsverfahrens erhobenen Daten aus dem Geoinformationssystem entsprächen eher den Angaben der Beigeladenen. Der danach rekonstruierte Geländeverlauf ergebe eine Wandfläche von ca. 31 m². Darüber hinaus sei die von Seiten der Beigeladenen erfolgte Abgrabung wohl nicht zu beanstanden. Dies wurde den Beteiligten am 19.11.2015 im Rahmen einer Besprechung dargelegt. Hierbei und in der Folgezeit machte die Antragstellerin geltend, die Daten aus dem Geoinformationssystem berücksichtigten die im Rahmen der Erschließung erfolgten erheblichen Geländeveränderungen nicht und seien daher auch nicht geeignet, den vorhandenen Geländeverlauf bei Aufnahme der Bauarbeiten darzustellen.
13 
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2015 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch der Antragstellerin im Wesentlichen aus den Gründen der Ausgangsentscheidung zurück. Ergänzend wurde ausgeführt, die für eine Grenzgarage höchstzulässige Wandfläche von 25 m² werde durch die in der jetzigen Form errichtete Wand um rund 15 m² überschritten.
14 
Am 18.1.2016 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und zugleich die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes begehrt. Zur Begründung hat sie sich erneut darauf berufen, der Ermittlung der Wandfläche sei das vorhandene Gelände zu Grunde zu legen. Dieser sei von den Beigeladenen auch wiederherzustellen.
15 
Der Antragsgegner und die Beigeladenen sind dem entgegengetreten. Zur Begründung haben sie vorgetragen, maßgeblich sei der nach erfolgter Abgrabung vorhandene und den Beigeladenen auch genehmigte Geländeverlauf auf deren Grundstück. Im Übrigen sei auch der von der Antragstellerin angenommene ursprüngliche Geländeverlauf nicht zutreffend.
16 
Mit Beschluss vom 14.4.2016 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. In den Gründen hat es ausgeführt, das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Baueinstellung überwiege das gegenläufige private Interesse der Antragstellerin, da sich die Verfügung des Antragsgegners aller Voraussicht nach als rechtmäßig darstelle. Für den Erlass einer Baueinstellung genüge schon ein durch Tatsachen belegter Anfangsverdacht eines formellen oder materiellen Rechtsverstoßes. Ein solcher liege vor, da die Grenzgarage der Antragstellerin nach den vorliegenden Unterlagen derart errichtet werde, dass sie entgegen den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen wohl nicht privilegiert sei. Ob eine Verpflichtung der Beigeladenen bestehe, die vorgenommenen Abgrabungen wieder rückgängig zu machen, bedürfe der Prüfung und Aufklärung durch die Baurechtsbehörde. Allerdings spreche einiges dafür, dass die Abgrabungen in zulässiger Weise vorgenommen worden seien. Darüber hinaus werde zu prüfen sein, ob die Überschreitung der maximal zulässigen Wandfläche zugelassen werden könne oder eine Rückbauverfügung zu ergehen habe. Dabei werde die Baurechtsbehörde noch eine Datenerhebung und eine Auswertung vornehmen. Bei dieser Sachlage sei es gerechtfertigt, eine Baueinstellung zu verfügen, um eine vom Fortgang der Bauarbeiten unbeeinflusste Prüfung zu ermöglichen. Schließlich sei die Baueinstellungsverfügung voraussichtlich auch nicht unverhältnismäßig. Denn die Antragstellerin habe in ihren Bauvorlagen und bei Beginn der Bauarbeiten die bereits zuvor vorgenommenen Abgrabungen auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht berücksichtigt. Diese Entscheidung ist der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 25.4.2016 zugestellt worden.
17 
Am 9.5.2016 hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und ihr Aussetzungsbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung macht sie geltend, die Grenzgarage werde nicht abweichend von den Angaben im Kenntnisgabeverfahren errichtet. Vielmehr hätten die Beigeladenen ihr Grundstück durch Abgrabungen verändert. Bei ihren Angaben im Kenntnisgabeverfahren habe sie von den verbindlichen Höhenangaben des Bebauungsplans ausgehen dürfen. Im Übrigen lasse sich die Baueinstellung jedenfalls nicht mehr mit einem Anfangsverdacht begründen. Denn es sei ausreichend Zeit vergangen, um abschließend über die Rechtmäßigkeit ihrer Grenzgarage zu entscheiden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es Sache des Antragsgegners sei, die Baueinstellungsverfügung verfahrensmäßig unter Kontrolle zu halten und zu prüfen, ob die Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstoße. Die maßgebliche vorhandene Geländeoberfläche könne aus den Unterlagen der Firma ... Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Rastatt, abgeleitet werden. Diese Firma habe die Bodenarbeiten zum Zwecke der Herstellung der Bebaubarkeit des Plangebiets durchgeführt. Hieraus ergebe sich die Richtigkeit des in ihren Bauvorlagen dargestellten Geländeprofils, das auf eigenen Höhenaufnahmen beruhe, die vor Beginn der Bauarbeiten der Beigeladenen erfolgt seien. Selbst unter Zugrundelegung der Höhenangaben im Bauantrag der Beigeladenen ergebe sich nur unter Einbeziehung der für die Wandfläche der Grenzgarage nicht maßgeblichen Stützwand eine geringfügige Überschreitung der maximalen Fläche von 25 m². Zur Bestätigung ihrer Angaben hat die Antragstellerin Geländeschnitte der Firma ... vom 17.7.2013 vorgelegt und diese maßstäblich auf den Grenzbereich zum Grundstück der Beigeladenen übertragen sowie Zeichnungen des Geländeverlaufs und der Fläche von Grenzgarage und Stützwand unter Zugrundelegung verschiedener Höhenangaben eingereicht.
18 
Der Antragsgegner und die Beigeladenen beantragen die Zurückweisung der Beschwerde. Sie sind weiterhin der Auffassung, der Beurteilung sei der durch die erfolgte Abgrabung auf dem Grundstück der Beigeladenen geschaffene Geländeverlauf zu Grunde zu legen. Im Übrigen ergebe sich auch aus den vorgelegten Geländeschnitten, dass der in den Bauvorlagen der Antragstellerin dargestellte Geländeverlauf nicht zutreffend sei. Die Beigeladenen rügen darüber hinaus, die Antragstellerin habe die Stützmauer durch eine Betondecke mit dem Hauptgebäude verbunden und dadurch eine Terrasse geschaffen. Auch hierdurch weiche sie von den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen ab.
II.
19 
Die fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig und begründet. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren innerhalb der Monatsfrist des §§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, ist der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und der Antragstellerin vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz zu gewähren.
20 
Die im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene Abwägung ergibt, dass das private Interesse der Antragstellerin, vom Vollzug der im Klageverfahren angegriffenen Verfügung vom 20.8.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2015 einstweilen verschont zu bleiben, dass gegenläufige öffentliche Interesse und das private Interesse der Beigeladenen überwiegt. Denn die von der Antragsgegnerin verfügte Einstellung der Arbeiten an der Garage auf dem Grundstück der Antragstellerin - deren sofortige Vollziehung gesetzlich angeordnet ist (§ 64 Abs. 1 Satz 3 LBO) - erweist sich aus den von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründen nach derzeitigem Erkenntnisstand als voraussichtlich zu ihren Lasten rechtswidrig.
21 
In den Blick zu nehmen ist dabei allein die Errichtung der Garage der Antragstellerin. Denn nur auf diese bezieht sich die Baueinstellung nach dem eindeutigen und durch den Widerspruchsbescheid nicht veränderten Tenor der Verfügung vom 20.8.2015.
22 
Nicht zu der Garage zählt die im Südosten an diese anschließende grenzständige Stützwand der Antragstellerin. Vielmehr ist diese als eigenständige bauliche Anlage anzusehen, da sie dem Garagengebäude nicht als Fundament dient; sie ist damit auch nicht in die Berechnung der im vorliegenden Verfahren streitigen Wandfläche nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO einzubeziehen (vgl. zur insoweit gleichgelagerten Ermittlung der Wandhöhe VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.3.2014 - 8 S 1938/12 - VBlBW 2015, 31 ff., Urt. v. 2.4.1992 - 3 S 2431/91 - juris -, Urt. v. 27.6.1989 - 8 S 2985/88 - BRS 49 Nr. 138). Dass der Antragsgegner die Stützwand der Antragstellerin gleichwohl als Teil der Garage in die Baueinstellungsverfügung einbeziehen wollte, ergibt sich aus der Begründung der Baueinstellungsverfügung nicht und lässt sich auch nicht mit hinreichender Deutlichkeit aus dem an die Antragstellerin gerichteten Schreiben vom 19.8.2015 ableiten. Denn das genannte Schreiben enthält insoweit lediglich den in seiner Allgemeinheit zutreffenden Hinweis darauf, dass nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für die Wandfläche i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO die von der Nachbarschaft sichtbare Fläche inklusive Sockel bzw. Stützmauern zu berücksichtigen ist.
23 
Mangels Einbeziehung der Stützwand in die Baueinstellungsverfügung kommt es auf die von den Beigeladenen aufgeworfene Frage, ob die Errichtung dieser Wand von den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen abweicht, weil sie - was nach den eingereichten Plänen nicht vorgesehen war - durch eine Betondecke mit dem Hauptgebäude verbunden wurde, im vorliegenden Verfahren nicht an.
24 
Rechtsgrundlage der Baueinstellungsverfügung ist § 64 Abs. 1 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlich Vorschriften errichtet oder abgebrochen werden (Satz 1). Das gilt - unter anderem - dann, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens im Kenntnisgabeverfahren von den eingereichten Bauvorlagen abgewichen wird, es sei denn die Abweichung ist nach § 50 LBO verfahrensfrei (Satz 2 Nr. 3 Buchst. b).
25 
Diese Voraussetzungen lagen jedenfalls im für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage der Antragstellerin maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2015 voraussichtlich nicht (mehr) vor.
26 
1. Zwar dürften die Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 LBO zunächst deshalb erfüllt gewesen sein, weil für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt - bereits ein durch Tatsachen belegter Anfangsverdacht eines formellen oder materiellen Rechtsverstoßes genügt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.2.2005 - 8 S 2834/04 - VBlBW 2005, 238 f., Beschl. v. 10.12.1993 - 3 S 507/93 - VBlBW 1994, 196 f.) und ein solcher Verdacht wohl auch vorlag. Zum einen wichen nämlich die von der Antragstellerin eingereichten Bauvorlagen hinsichtlich der Darstellung des vorhandenen Geländes an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen von den tatsächlichen Verhältnissen nach der im März 2014 - also deutlich vor Einleitung des Kenntnisgabeverfahrens durch die Antragstellerin - erfolgten Abgrabung ab. Das begründete den Verdacht eines formellen Rechtsverstoßes durch Einreichung unzutreffender Bauvorlagen im Kenntnisgabeverfahren bzw. durch Abweichung der Bauausführung von den eingereichten Unterlagen. Zum anderen bestand der Verdacht einer vor den §§ 5 f. LBO materiell-rechtlich unzulässigen Grenzbebauung. Denn unter Zugrundelegung des von den Beigeladenen - wohl im Einklang mit der ihnen erteilten Baugenehmigung - durch Abgrabung geschaffenen Geländeniveaus an der Grenze des Grundstücks der Antragstellerin überschreitet die grenzständige Außenwand der Garage die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO für eine Bebauung ohne Einhaltung der Abstandsflächen nach § 5 LBO höchstzulässige Wandfläche von 25 m²; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht in Streit.
27 
Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen, sie habe in ihren Bauvorlagen von den verbindlichen Höhenangaben im Bebauungsplan ausgehen dürfen, darüber hinaus sei nicht ihr Bau, sondern die von den Beigeladenen vorgenommene Abgrabung rechtswidrig, greifen gegenüber diesem Anfangsverdacht nicht durch. Denn der Bebauungsplan „Schleifgarten“ - 1. Änderung - enthält keine Höhenangaben für den Grenzbereich der in Rede stehenden Grundstücke. Ferner betrifft die Frage der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der beidseits der Grundstücksgrenze vorgenommenen Abgrabungen nicht die Grundlage des oben angeführten Verdachts, also die Divergenz zwischen den Bauvorlagen der Antragstellerin und den tatsächlichen Verhältnissen, sondern das Ergebnis der durch die Baueinstellung gerade bezweckten abschließenden Prüfung eines Rechtsverstoßes.
28 
2. Indes vermag dieser Anfangsverdacht eine Baueinstellung nicht auf Dauer zu tragen. Vielmehr obliegt es - worauf die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung zutreffend hingewiesen hat - der Baurechtsbehörde, in der Zeit nach Erlass der Baueinstellungsverfügung zu prüfen, ob der Anfangsverdacht sich bestätigt, also die in Rede stehende Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstößt. Dabei hat sie den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären sowie die (aktuelle) Sach- und Rechtslage sorgfältig zu prüfen (vgl. auch hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.12.1993, a. a. O.). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier mit Blick auf die Frage des zu berücksichtigenden Geländeverlaufs - die formellen und die materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Anlage im Wesentlichen identisch sind.
29 
Auf der Grundlage einer danach erforderlichen Sachverhaltsaufklärung und Prüfung dürfte eine weitere Baueinstellung jedenfalls bezogen auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nicht mehr durch § 64 Abs. 1 LBO gerechtfertigt sein. Denn es ließ (und lässt) sich nicht feststellen, dass die eingereichten Bauvorlagen hinsichtlich der Darstellung des vorhandenen Geländes an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen mehr als nur unwesentlich (vgl. zu diesem Gesichtspunkt VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.2.1992 - 5 S 144/92 -, VBlBW 1992, 262 f.) von den hier maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen abweichen. Vielmehr dürfte die Grenzgarage der Antragstellerin die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO höchstzulässige Wandfläche von 25 m² einhalten.
30 
2.1 Bei dieser Beurteilung geht der Senat davon aus, dass sich die Zulässigkeit der hier streitigen Grenzgarage nicht nach der Wandfläche oberhalb des durch Abgrabung auf dem Grundstück der Beigeladenen entstandenen Geländes bestimmt, sondern nach der Größe der Wandfläche, die sich unter Zugrundelegung des vor Aufnahme der Bautätigkeit auf dem Grundstück der Antragstellerin vorhandenen Geländes an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen errechnet.
31 
2.1.1 Anders als der Antragsgegner meint, ist für die Bestimmung der Wandfläche der Grenzgarage von den Geländeverhältnissen auf dem Baugrundstück und nicht von denjenigen auf dem Nachbargrundstück auszugehen. Dieser räumliche Bezug entspricht der ständigen Rechtsprechung der Bausenate des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur insoweit gleichgelagerten Ermittlung der Wandhöhe von Grenzgaragen und gilt auch dann, wenn - wie hier - die Geländeoberfläche auf dem Baugrundstück höher liegt, als die des Nachbargrundstücks (vgl. Beschl. v. 08.10.2014 - 3 S 1279/14 -BRS 82 Nr. 131, m. w. N.; Urt. v. 24.3.2014 - 8 S 1938/12 - VBlBW 2015, 31 ff.; Beschl. v. 18.4.2013 - 5 S 343/13 -). Er rechtfertigt sich sowohl für die Ermittlung der Wandhöhe als auch für diejenige der Wandfläche daraus, dass nur bei einem Anknüpfen an die Geländeverhältnisse auf dem Baugrundstück die Einhaltung der gesetzlichen Höhen- und Flächenbegrenzung verlässlich sicherzustellen ist, da bei Maßgeblichkeit der Geländeverhältnisse auf dem Nachbargrundstück dort unter Umständen durchgeführte Abgrabungen zum Entstehen objektiv rechtswidriger Grenzgaragen führen könnten. Die Einhaltung der maximal zulässigen Wandhöhe und -fläche hinge demnach letztlich nicht vom Bauherrn, sondern vom Verhalten des Nachbarn ab. Zudem würde eine Bestimmung der Garagenwandhöhe und -fläche vom Nachbargelände aus bei dort vorhandenem niedrigeren Geländeniveau dazu führen, dass der Bauherr ein Garagengebäude in den ihm nach der gesetzlichen Regelung zugestandenen Abmessungen ohne Vornahme von - von ihm möglicherweise aus guten Gründen nicht gewünschten - Abgrabungen auf dem eigenen Grundstück nicht realisieren könnte (vgl. zur Ermittlung der Wandhöhe OVG Saarland, Urt. v. 23.4.2002 - 2 R 7/01 - BRS 65 Nr. 118).
32 
2.1.2 Der danach auf dem Baugrundstück selbst zu ermittelnden Fläche der grenzständigen Wand der Garage ist die tatsächlich vorhandene Geländeoberfläche vor Aufnahme der Bauarbeiten auf dem Grundstück der Antragstellerin zu Grunde zu legen.
33 
2.1.2.1 Für die Ermittlung der Wandhöhe ist nunmehr durch den am 1.3.2015 in Kraft getretenen § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO (i. d. F. v. 11.11.2014, GBl. S. 501) legal definiert, welche Geländeoberfläche auf dem Baugrundstück maßgebend ist. Auszugehen ist danach von der tatsächlichen Geländeoberfläche nach Ausführung des Bauvorhabens, soweit sie nicht zur Verringerung der Abstandsflächen angelegt wird oder wurde. § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO ist hier in zeitlicher Hinsicht anwendbar, da die streitige Grenzgarage bei Inkrafttreten der Vorschrift noch nicht errichtet war (vgl. hierzu § 76 Abs. 1 LBO).
34 
2.1.2.2 Allerdings beansprucht § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO unmittelbar nur Geltung für die Ermittlung der Wandhöhe im Rahmen der Berechnung der durch ein Bauvorhaben einzuhaltenden Tiefe der Abstandsfläche. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus dem Wortlaut der Regelung, der den Bezug zu den Abstandsflächen ausdrücklich herstellt. Dem entsprechen ihre systematische Stellung in § 6 Abs. 4 LBO, der Bestimmungen zur Berechnung der Abstandsflächen enthält, und die mit Erlass der Vorschrift verfolgte gesetzgeberische Intention, klarzustellen, wie die maßgebliche Geländeoberfläche bei der Ermittlung der Wandhöhe, von der die einzuhaltende Tiefe der Abstandsfläche abhängt, zu bestimmen ist (vgl. hierzu die Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drucks.15/5294 S. 17).
35 
2.1.2.3 Auf die Ermittlung der Wandfläche einer entlang der Grundstücksgrenze errichteten Außenwand einer Garage nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 LBO (oder einer sonstigen baulichen Anlage nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 LBO) lässt sich die in § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO getroffene Regelung nicht uneingeschränkt übertragen. Denn sie zielt als Bestimmung zur Ermittlung der Abstandsflächentiefe auf Fallgestaltungen, in denen die Außenwand von der Grundstücksgrenze abgesetzt ist, also auch nach Ausführung des Bauvorhabens entlang der Wand bzw. an deren Eckpunkten (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 4 LBO) eine auf dem Baugrundstück selbst gelegene Geländeoberfläche - als unterer Bezugspunkt der Wandhöhenermittlung - vorhanden ist. Eine von dieser Regelung vorausgesetzte tatsächliche Geländeoberfläche ist aber auf dem Baugrundstück nach Herstellung einer Grenzgarage entlang der grenzständigen Wand gerade nicht mehr vorhanden.
36 
Das nach Ausführung des Bauvorhabens tatsächlich vorhandene Gelände seitlich der Grenzwand kann der Wandflächenberechnung nicht zu Grunde gelegt werden. Denn dieses vermag die Geländeoberfläche entlang der Wand nicht abzubilden sondern allenfalls die beiden äußersten unteren Begrenzungspunkte der Wand zu markieren. Insbesondere bei - wie hier - unebenen Gelände ließe sich damit die tatsächliche Wandfläche nicht ermitteln. Das Gelände unterhalb der Grenzwand kommt als maßgebliche Geländeoberfläche ebenfalls nicht in Betracht. Andernfalls wäre nämlich selbst bei einer zur Gänze in den Untergrund versenkten Tiefgarage die gesamte, wenn auch nicht sichtbare Fläche der Grenzwand in die Berechnung der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO höchstzulässigen Wandfläche von 25 m² einzustellen.
37 
2.1.2.4 Scheidet mithin eine Bestimmung der grenzständigen Wandfläche der Garage anhand der tatsächlichen Geländeoberfläche nach Ausführung des Bauvorhabens aus, so ist die Flächenermittlung unter weitestmöglicher Berücksichtigung der in § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung anhand der auf dem Baugrundstück tatsächlich vorhandenen Geländeoberfläche vor Aufnahme der Bauarbeiten vorzunehmen. Das gilt in Anwendung des Rechtsgedankens des § 5 Abs. 4 Satz 5 a. E. - zur Vermeidung von Missbrauch - jedenfalls insoweit, als diese Geländeoberfläche nicht zur Verringerung der grenzständigen Wandfläche angelegt wurde. Damit bleiben Lagevorteile sowie Lagenachteile von Grundstücken erhalten und sind missbräuchliche Geländeveränderungen auf dem Baugrundstück vor Aufnahme der eigentlichen Bautätigkeit ausgeschlossen.
38 
Dies ist unter Berücksichtigung der oben (vgl. Nr. 2.1.1) dargelegten Gründe sachgerecht und auch im vorliegenden Fall von den Beigeladenen, die ihr Wohnhaus deutlich unterhalb der nach dem Bebauungsplan zulässigen Höhenlage errichtet und hierzu das Geländeniveau auf ihrem Grundstück erheblich abgesenkt haben, hinzunehmen.
39 
2.2 Gemessen hieran hat die Antragstellerin in den eingereichten Bauvorlagen zu Recht das vor Aufnahme der Bautätigkeit auf ihrem Grundstück bestehende Gelände an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen als maßgebliches vorhandenes Gelände dargestellt.
40 
2.3. Für den Senat ist nicht zu erkennen, dass die vorgenannte zeichnerische Darstellung wesentliche Unterschiede zu den tatsächlichen Verhältnissen vor Aufnahme der Bautätigkeit aufweist. Denn die sich aus dem dargestellten vorhandenen Geländeverlauf ergebende Wandfläche der Garagenwand von deutlich weniger als 25 m² dürfte den genannten tatsächlichen Verhältnissen im Ergebnis entsprechen.
41 
Die in Rede stehenden tatsächlichen Verhältnisse lassen sich angesichts der beiderseits der Grundstücksgrenze erfolgten erheblichen Abgrabungen nur noch anhand der vorhandenen Messdaten und Lichtbilder rekonstruieren. Da die Messdaten in Teilen voneinander abweichen, ist eine solche Rekonstruktion nur noch näherungsweise möglich.
42 
Von wesentlicher Bedeutung sind dabei die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgelegten Geländeschnitte der Firma ... vom 17.7.2013. Denn in diesen ist der nach Durchführung der Bodenarbeiten zum Zwecke der Herstellung der Bebaubarkeit des Plangebiets vorhandene Geländeverlauf parallel zur Grenze der Grundstücke der Antragstellerin und der Beigeladenen dargestellt. Den Geodaten des Regierungspräsidiums Karlsruhe misst der Senat demgegenüber keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Diese weichen nämlich von den Darstellungen Firma ... sowie denjenigen der Antragstellerin und der Beigeladenen in den Bauvorlagen deutlich ab, was den von der Antragstellerin schon aufgrund der Eintragung der Höhenlinien in veraltete Luftaufnahmen geäußerten Verdacht nährt, dass die Daten vor Durchführung der umfangreichen Bodenarbeiten erhoben wurden und mithin die tatsächlichen Verhältnissen bei Aufnahme der Bauarbeiten nicht wiedergeben.
43 
Angesichts des nur geringen Abstands des rund 2 m südwestlich der Grenze über das Grundstück der Antragstellerin verlaufenden Geländeschnitts 0+041.500 und des rund 3 m nordöstlich der Grenze über das Grundstück der Beigeladenen verlaufenden Geländeschnitts 0+046.500 der Firma ... lässt sich der Grundstücksverlauf an der Grenze durch Bildung von Mittelwerten annäherungsweise bestimmen. Hieraus ergibt sich eine Wandfläche von knapp 18 m². Selbst unter Hinzurechnung des in den Bauvorlagen der Beigeladenen dargestellten stärkeren Geländegefälles im nordöstlichen Bereich der Grundstücksgrenze, der auch auf den vorliegenden Lichtbildern des Grenzbereichs aus der Zeit der Aufnahme der Abgrabungen auf dem Grundstück der Beigeladenen erkennbar ist und von deren Architekten mit Schreiben vom 3.12.2015 an den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen bestätigt wurde, bliebe die Wandfläche unter 22 m².
44 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 i. V. mit § 159 VwGO.
45 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz, 53 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i. V. mit den Nrn. 1.5, 9.4. des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. August 2009 - 6 K 2312/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die zulässige (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerde ist nicht begründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten es nicht, den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 13.05.2009 anzuordnen, abgelehnt, weil die angefochtene Baugenehmigung nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich keine Rechte der Antragstellerin verletzt. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach wie vor zulässig ist. Mögliche Bedenken in Bezug auf das Vorliegen des Rechtsschutzinteresses nach Fertigstellung des Rohbaus des genehmigten Vorhabens (vgl. Senatsbeschluss vom 12.01.2005 - 8 S 2720/04 - BauR 2005, 1762 m.w.N.) sind für die Entscheidung über die Beschwerde nicht erheblich.
Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung ist das Vorhaben der Beigeladenen, ein am 02.06.1950 vom Landratsamt Göppingen als Kfz-Werkstatt mit einer nördlichen Außenwand im Abstand von 2,3 m zur Grenze des Nachbargrundstücks der Antragstellerin genehmigtes Gebäude auf dem - im unbeplanten Innenbereich gelegenen - Grundstück Flst.Nr. ... in ein Wohnhaus umzubauen. Nach den genehmigten Bauvorlagen sollen das im Lageplan mit 2,32 m bis 2,34 m tatsächlichem Abstand zum Nachbargrundstück der Antragstellerin eingezeichnete Altgebäude im Inneren umgebaut, Fenster verkleinert oder zugemauert, an die Westseite ein Abstellraum und an die Ostseite ein Treppenhaus mit jeweils mehr als 2,5 m Abstand zum Nachbargrundstück angebaut, an die Südseite ein Raum für Gartengeräte angebaut sowie im Südwesten ein Carport errichtet werden. Ferner soll auf die Außenfassade eine Wärmedämmung von 16 cm, an der dem Nachbargrundstück der Antragstellerin zugewandten Nordseite jedoch von nur 6 cm aufgebracht werden. In der Baugenehmigung wird für die integrierte nördliche Außenwand des Altgebäudes eine geringere Tiefe der Abstandsfläche nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO und für die Aufbringung der Wärmedämmung eine Abweichung nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 LBO mit der Auflage zugelassen, dass sie an der Nordseite des Wohnhauses aus nicht brennbaren Stoffen bestehen muss.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung abgelehnt, das Vorhaben verletze voraussichtlich keine das Nachbargrundstück der Antragstellerin schützenden Vorschriften. Weder das Rücksichtnahmegebot nach § 34 Abs. 1 BauGB noch bauordnungsrechtliche Vorschriften mit drittschützender Wirkung seien verletzt. Zwar unterschreite die Nordseite des Altgebäudes die nachbarschützende Mindestabstandsflächentiefe von 2,5 m nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO. Insoweit sei aber eine Abweichung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen. Nachbarliche Belange würden nicht erheblich beeinträchtigt, weil hinsichtlich des Nachbargrundstücks ein Sondersituation vorliege, welche seine Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit abstandsflächenrechtlich deutlich mindere. Denn der Nachbar habe das die Mindestabstandsflächentiefe unterschreitende genehmigte Altgebäude längere Zeit unbeanstandet hingenommen, so dass auch die Aufbringung der Wärmedämmung nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO zuzulassen sei. Bei der Abwägung sei auch zu berücksichtigen, dass das Wohnhaus auf dem Grundstück der Antragstellerin etwa 14 m vom Bauvorhaben der Beigeladenen entfernt liege. Die durch § 5 LBO geschützten Belange seien insoweit wohl schon tatsächlich nicht betroffen. Die durch die 6 cm starke Wärmedämmung eintretende Abstandsflächenverringerung werde vom Grundstück der Antragstellerin optisch kaum wahrnehmbar sein. Die dagegen mit der Beschwerdebegründung dargelegten Einwendungen greifen nicht durch.
1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin verstößt das Vorhaben nicht gegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, soweit diese Vorschrift über das im Begriff des Einfügens aufgehende Gebot der Rücksichtnahme Drittschutz vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354). Das hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss eingehend und überzeugend begründet. Dem schließt sich der Senat an und weist die Beschwerde insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Insoweit ist zur Beschwerdebegründung ergänzend auszuführen:
Die Antragstellerin rügt, das Bauvorhaben wirke erdrückend und einmauernd, weil die in Richtung der etwa 22 m langen gemeinsamen Grundstücksgrenze vorhandene Länge des Gebäudes auf dem Baugrundstück durch die genehmigten Anbauten von ca. 9,66 m auf 16,98 m mit der Folge erweitert werde, dass sich das Bild einer “geschlossenen Mauer“ ergebe. Das trifft nicht zu. Wie auch die Antragstellerin selbst einräumt, werden auf dem Baugrundstück nahe der gemeinsamen Grundstücksgrenze insgesamt ca. 5 m frei von Bebauung sein. Von einer durch das Bauvorhaben bewirkten “geschlossenen Mauer“ kann damit keine Rede sein. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nur das im Osten anzubauende Treppenhaus die gleiche Höhe wie das ohnehin nur eingeschossige Altgebäude von ca. 6,75 m erreicht, während der im Westen vorgesehene Abstellraum lediglich 3 m hoch sein wird, so dass das umgebaute Gebäude - wie die Nordansicht in den genehmigten Bauvorlagen verdeutlicht - entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze nicht als einheitlicher massiver Baukörper in Erscheinung tritt. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang meint, die erdrückende Wirkung schlage sich auch in der von ihr im einzelnen dargelegten Überschreitung des nach § 17 Abs. 1, § 19 Abs. 4, § 21 a Abs. 3 Satz 1 BauNVO zulässigen Maßes der baulichen Nutzung nieder, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Vorschriften für das im unbeplanten Innenbereich i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB gelegene Baugrundstück nicht unmittelbar gelten. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung richtet sich vielmehr allein danach, ob es sich nach den konkreten Verhältnissen der umgebenden Bebauung in deren Eigenart einfügt. Zwar kann zur Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich auf die in der Baunutzungsverordnung verwendeten Begriffsmerkmale zurückgegriffen werden. Das bedeutet aber nicht, dass die Maßbestimmungsfaktoren des § 16 Abs. 2 BauNVO - unterschiedslos und möglicherweise gar mit allen Berechnungsregeln der Baunutzungsverordnung - wie Festsetzungen eines Bebauungsplans rechtssatzartig heranzuziehen wären. Für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung und eine das Gebot der Rücksichtnahme verletzende er-drückende Wirkung kommt es daher entgegen der Beschwerdebegründung nicht auf die an die Art der baulichen Nutzung anknüpfenden Berechnungsregeln in § 17 BauNVO für die zulässige Grund- oder Geschossfläche (GRZ, GFZ) an. Entscheidend ist allein, ob sich das Gebäude als solches, insbesondere nach seiner Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, wobei der daraus zu gewinnende Maßstab notwendigerweise grob und ungenau ist (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277; Beschluss vom 21.06.2007 - 4 B 8.07 - BauR 2007, 1691). Insoweit legt die Beschwerdebegründung jedoch nichts für eine Rücksichtslosigkeit i. S. einer erdrückenden bzw. einmauernden Wirkung zu Lasten des Nachbargrundstücks dar. Auch ist nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht das genehmigte Vorhaben gerade wegen seines Maßes der baulichen Nutzung die Nutzung ihres Nachbargrundstücks konkret und unzumutbar beeinträchtigt.
2. Die Antragstellerin rügt des Weiteren sinngemäß, das genehmigte Vorhaben verstoße gegen die auch dem Schutz ihres Nachbargrundstücks dienende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 7 Satz 3 LBO, weil die Außenwand des Altgebäudes und die darauf aufgebrachte Wärmedämmung den nachbarschützenden Teil der Abstandstiefe unterschritten. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO als erfüllt angesehen. Die danach erforderliche Sondersituation auf dem Nachbargrundstück liege nicht vor. Die Kfz.-Werkstatt sei weder von der Antragstellerin noch von ihren Eltern als Voreigentümer des Nachbargrundstücks längere Zeit unbeanstandet hingenommen worden. Vielmehr seien schon im Baugenehmigungsverfahren im Jahr 1950 als auch im Zuge einer 1979 erfolgten Aufstockung der Kfz.-Werkstatt Einwendungen in Bezug auf den Grenzabstand vorgebracht worden. § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO entbinde nicht von einer Abwägung der nachbarlichen Belange. Die Abstandsflächenunterschreitung werde auch nicht durch den Bestandsschutz des Altgebäudes gerechtfertigt, weil dessen bauliche Änderung die Genehmigungsfrage neu aufwerfe. Auch diese Einwände führen nicht zum Erfolg der Beschwerde.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 LBO müssen vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen liegen, die von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind und die auf dem Baugrundstück selbst liegen müssen. Deren Tiefe beträgt allgemein 0,6, deren nachbarschützender Teil 0,4 der Wandhöhe, mindestens jedoch 2,5 m, bei Wänden bis 5 m Breite mindestens 2 m (§ 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 LBO). Bei Wänden mit einer Länge bis zu 16 m genügt der nachbarschützende Teil der Abstandstiefen nach § 5 Abs. 7 LBO, mindestens jedoch 2,5 m, bei Wänden bis 5 m Breite mindestens 2 m (§ 5 Abs. 8 LBO). Diese Abstandsflächenregelung gilt nicht nur für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes, sondern auch für Vorhaben, welche die - der Errichtung gleichstehende (§ 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO) - bauliche Änderung oder die Nutzungsänderung eines Gebäudes zum Gegenstand haben, wenn sich solche Änderungen auf abstandsflächenrelevante Tatbestandsmerkmale wie die Wandhöhe oder -länge oder nachteilig auf die Nachbargrundstücke in einem der durch § 5 LBO geschützten Belange auswirken können (Sauter, LBO, Kommentar, § 5 Rn. 23 ff.; Senatsbeschluss vom 10.09.1998 - 8 S 2137/98 - VBlBW 1999, 26).
Zwar spricht einiges dafür, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen insgesamt abstandsflächenrechtlich relevant ist, weil es nicht lediglich eine Nutzungsänderung und einen Innenumbau des bestandsgeschützten Altgebäudes, sondern mit den neuen Anbauten im Westen und Osten sowie der Aufbringung einer Wärmedämmung auch bauliche Änderungen zum Gegenstand hat, die sich auf abstandsflächenrelevante Merkmale auswirken können. Denn durch diese baulichen Änderungen entsteht bei natürlicher Betrachtungsweise - trotz der durch die mit größerem Grenzabstand vorgesehenen neuen Anbauten bedingten zwei Rücksprünge in der Fassade - eine dem Nachbargrundstück der Antragstellerin zugewandte längere nördliche Außenwand. Das dürfte abstandsflächenrechtlich grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung des neuen Wohngebäudes erfordern, auch wenn das Altgebäude aufgrund der Baugenehmigung vom 02.06.1950 Bestandsschutz genießt (vgl. auch SächsOVG, Beschluss vom 25.03.2009 - 1 B 250/08 - NVwZ-RR 2009, 633 m.w.N.). Die neue nördliche Außenwand des Wohngebäudes hält den das Nachbargrundstück der Antragstellerin schützenden Teil der vorgeschriebenen Abstandstiefe von 2,5 m nur mit den neuen Anbauten, nicht aber insoweit ein, als sie die Außenwand des Altgebäudes integriert und dort mit der Wärmedämmung versehen wird. Gleichwohl dürfte die Antragstellerin dadurch nicht in ihren Rechten als Nachbarin verletzt sein, weil für die integrierte Außenwand des Altgebäudes eine geringere Tiefe der Abstandsfläche nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO, zumindest aber nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO eine Abweichung von der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO zuzulassen ist (a)), und weil für die Aufbringung einer Wärmedämmung von 6 cm Stärke nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO eine Abweichung von der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO zuzulassen ist (b)).
a) Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig vorliegt, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist. Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 06.06.2008 - 8 S 18/07 - VBlBW 2008, 483; Urteil des 5. Senats vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 - BauR 2003, 1201; Urteil des 3. Senats vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 - VBlBW 2008, 190). Solche Besonderheiten können sich - und werden sich zumeist - aus den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Nachbargrundstück ergeben. Daneben können aber auch rechtliche Besonderheiten, die beim Nachbargrundstück im Verhältnis zum Bauvorhaben vorliegen und dessen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit abstandsflächenrechtlich deutlich mindern, eine “erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen ausschließen, etwa bei einer rechtlichen Vorbelastung des Nachbargrundstücks, wenn z.B. das Abwehrrecht des Nachbarn in Bezug auf Auswirkungen einer für den Wiederaufbau eines Gebäudes verwendeten, auf dem Baugrundstück bereits existierenden Außenmauer ausgeschlossen (Urteil vom 27.10.2000 - 8 S 445/00 - VBlBW 2001, 144) oder in Bezug auf ein nachträglich genehmigtes Vorhaben verwirkt ist (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 - VBlBW 2008, 190), oder bei einer Bebauung von Baugrundstück und Nachbargrundstück mit einem Doppelhaus (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.04.2009 - 3 S 569/09 -) oder wenn sich dem Regelungsregime der Abstandsflächenvorschriften eindeutig entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber die konkrete Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks für zumutbar hält (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - VBlBW 2009, 65).
10 
Solche rechtliche Besonderheiten liegen hier in Bezug auf die integrierte Außenwand des Altgebäudes vor, weil das Nachbargrundstück der Antragstellerin insoweit abstandsflächenrechtlich vorbelastet ist. Denn ein Abwehrrecht der Antragstellerin in Bezug auf die Auswirkungen der Außenwand des Altgebäudes ist aufgrund der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 02.06.1950 ausgeschlossen. Ob die Antragstellerin oder ihre Rechtsvorgänger im Eigentum vor Erteilung dieser Genehmigung - oder auch späterer Änderungsgenehmigungen - Einwendungen in Bezug auf den Grenzabstand erhoben haben, ist insoweit nicht erheblich. Auch werden die durch § 5 LBO geschützten nachbarlichen Belange einer ausreichenden Besonnung, Belichtung und Belüftung sowie eines ausreichenden Brandschutzes des Nachbargrundstücks der Antragstellerin allein durch die Integration der Außenwand des Altgebäudes nicht zusätzlich beeinträchtigt. Insoweit ändert sich die Situation auf dem Teil des Nachbargrundstücks, welcher der integrierten Außenwand des Altgebäudes gegenüberliegt und derzeit als Hausgarten genutzt wird, faktisch nicht. Das gilt auch für den Belang des störungsfreien Wohnens, sofern dieser überhaupt zu den Schutzgütern der gesetzlichen Abstandsflächenregelung gehören sollte (bejahend im Urteil des 3. Senats vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 - VBlBW 1997, 266), was der erkennende Senat allerdings seit seinem Beschluss vom 10.09.1998 - 8 S 2137/98 - (VBlBW 1999, 26) in ständiger Rechtsprechung verneint. Insoweit verbessert sich die Situation eher tendenziell, weil durch die Schließung eines Fensters und die Verkleinerung anderer Fenster in der integrierten nördlichen Außenwand des Altgebäudes Einsichtsmöglichkeiten auf das Nachbargrundstück der Antragstellerin verringert werden. Mit der Nutzungsänderung in ein Wohnhaus entfallen zudem die bislang von der Antragstellerin beklagten und bekämpften Immissionen durch den Kfz-Werkstattbetrieb.
11 
Aber selbst für den Fall, dass eine Sondersituation in Bezug auf das Nachbargrundstück der Antragstellerin zu verneinen und deshalb nachbarliche Belange i. S. des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO als erheblich beeinträchtigt anzusehen wären, schiede eine Rechtsverletzung der Antragstellerin nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 7 Satz 3 LBO voraussichtlich jedenfalls deshalb aus, weil nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO eine Abweichung von § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO zuzulassen sein dürfte. Die für alle Vorschriften in den §§ 4 bis 37 LBO sowie für Vorschriften aufgrund der Landesbauordnung geltende generelle Abweichungsregelung in § 56 Abs. 2 LBO wird durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO nicht verdrängt, sondern gilt ergänzend. Sie privilegiert bestimmte Sonderbauvorhaben und begründet einen Rechtsanspruch auf Abweichung („sind zuzulassen“), wenn die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO erfasst insoweit Vorhaben zur Modernisierung von Wohnungen und Wohngebäuden, zur Teilung von Wohnungen sowie zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches, wenn die Baugenehmigung mindestens fünf Jahre zurückliegt und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Mit dieser Regelung sollen “Wohnbauvorhaben im Bestand“ privilegiert werden (LT-Drucksache 11/5337). Aufgrund dieser Zielsetzung dürfte der Begriff „zusätzlicher Wohnraum“ den Anwendungsbereich der Norm nicht allein auf (Nutzungs-)Änderungen an bereits bestehenden Wohngebäuden beschränken, sondern auch (Nutzungs-)Änderungen an bislang nicht wohnlich genutzten Bestandsgebäuden begünstigen, wenn damit erstmals neuer Wohnraum geschaffen wird. Das ist hier der Fall. Die für die Integration der Außenwand des Altgebäudes der Beigeladenen erforderliche Abweichung von § 5 LBO dürfte im Hinblick darauf, dass die durch die Abstandsflächenregelung geschützten Belange faktisch nicht zusätzlich beeinträchtigt werden (s.o.), auch i. S. der Vorschrift mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein. Das schließt zwar auch den Schutz von Rechten Dritter nach der betreffenden Norm ein (vgl. Sauter a.a.O. § 56 Rn. 13), hier also den Nachbarschutz nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO. Insoweit ermöglicht § 56 Abs. 2 LBO jedoch anders als § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO auch bei einer erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange eine Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.01.1999 - 5 S 2971/98 - VBlBW 1999, 347). Diese Interessenabwägung dürfte aus den zu § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO im angefochtenen Beschluss sowie oben dargelegten Gründen mit hoher Wahrscheinlichkeit zugunsten der Beigeladenen ausfallen. Da § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO einen Rechtsanspruch des Bauherrn begründet, ist es auch unschädlich, dass die angefochtene Baugenehmigung insoweit keine ausdrückliche Abweichungsentscheidung enthält.
12 
b) Hinsichtlich der mit einer Brandschutzauflage genehmigten Aufbringung einer Wärmedämmung sind die Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Zulassung einer Abweichung von der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO erfüllt. Die Abweichung ist insbesondere mit den öffentlichen Belangen einschließlich des Nachbarrechts der Antragstellerin nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO vereinbar. Das wird in der Begründung der angefochtenen Baugenehmigung unter Nr. 2 d) sowie im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zutreffend begründet. Darauf nimmt der Senat Bezug, zumal die Beschwerdebegründung sich insoweit nur in der allgemeinen Rüge erschöpft, nachbarliche Belange der Antragstellerin seien bei der Anwendung des § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO nicht hinreichend abgewogen worden, ohne zu konkretisieren, inwiefern die Aufbringung der Wärmedämmung im nachbarschützenden Teil der Abstandsfläche (auf der Nordseite des Altgebäudes) zu einer nennenswerten zusätzlichen Beeinträchtigung der von § 5 LBO geschützten nachbarliche Belange führt.
II.
13 
Mit der Zurückweisung der Beschwerde erledigt sich zugleich der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs einstweilen bis zur Entscheidung über die Beschwerde anzuordnen. Dieses wohl als Antrag i. S. des § 173 VwGO i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO zu qualifizierende Begehren hätte ungeachtet dessen, inwieweit eine vorläufige Anordnung des Beschwerdegerichts auf dieser Rechtsgrundlage bei der Ablehnung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO möglich ist (vgl. zum Streitstand Kopp, VwGO, 16. Auflage, § 149 Rn. 3), aus den unter I. genannten Gründen zudem keinen Erfolg haben können.
III.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus den § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
15 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.01.2009 - 5 K 2450/08 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.01.2009 ist fristgerecht erhoben und begründet; sie genügt auch inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren grundsätzlich zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat es das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 23.07.2008 zum Anbau einer 11,08 m hohen, 3,16 m tiefen und 3,98 m breiten Balkonanlage an der Gartenseite ihrer im unbeplanten Innenbereich gelegenen Doppelhaushälfte anzuordnen.
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das private Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (vgl. § 212a Abs. 1 BauGB) das gegenläufige private Interesse der Antragsteller überwiegt, vorläufig vom Vollzug der Baugenehmigung verschont zu bleiben. Denn nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird der Widerspruch der Antragsteller voraussichtlich keinen Erfolg haben, weil - worauf es allein ankommt - die von ihnen angegriffene Baugenehmigung nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller zu dienen bestimmt sind.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Verwirklichung des Vorhabens verletze nicht zu Lasten der Antragsteller das in § 34 Abs. 1 BauGB im Begriff des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Die Balkone entfalteten weder eine erdrückende Wirkung, noch würden Belichtung, Belüftung und Besonnung ihres Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Die Schaffung von Einsichtsmöglichkeiten sei Folge der funktionsgerechten Ausgestaltung eines als solches planungsrechtlich zulässigen Wohnbauvorhabens und namentlich in städtischen Baugebieten grundsätzlich hinzunehmen. Ein Ausnahmefall liege insoweit nicht vor. Nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts seien ebenfalls nicht verletzt. Das Vorhaben dürfe nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO an der Grenze errichtet werden. Dass das Vorhaben mit einem Abstand von 0,665 m im Erdgeschoss bzw. 2,35 m im 1. und 2. Obergeschoss errichtet werden solle, stehe der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen.
Dagegen wenden die Antragsteller ein, das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme sei zu ihren Lasten verletzt, weil unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten in ihre Räumlichkeiten geschaffen würden und die Balkonanlage aufgrund ihrer Größe und der Nähe zu ihrem Wohngebäude erdrückende Wirkung entfalte. Die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO sei ausgeschlossen, weil der Umgebung keine eindeutige planungsrechtliche Vorgabe für eine Grenzbebauung zu entnehmen sei und die Vorschrift nur eine grenzständige Errichtung eines Vorhabens oder eine Errichtung unter Einhaltung der vollen Tiefe der Abstandsflächen zulasse. Das Vorhaben könne auch nicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zugelassen werden, weil nach ständiger Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg jede Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächen eine erhebliche Beeinträchtigung des Nachbarn darstelle. Die in der Baugenehmigung erteilte Befreiung nach § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO sei rechtswidrig, denn es fehle die erforderliche grundstücksbezogene Härte. Sie seien auch in ihren Rechten verletzt, weil durch die Balkone Einsichtsmöglichkeiten in ihre sensiblen Lebensbereiche eröffnet würden.
Dieser Vortrag vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Den Antragstellern steht weder ein bauplanungsrechtliches noch ein bauordnungsrechtliches Abwehrrecht gegen das geplante Vorhaben zu.
1. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht zu Lasten der Antragsteller verletzt ist. Nach Aktenlage ist das Verwaltungsgericht zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB einfügt. Insbesondere hält es sich im Rahmen der in der Umgebung vorhandenen offenen Bauweise nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, bei der die Gebäude als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen mit seitlichem Grenzabstand errichtet werden. Bei den Gebäuden der Antragsteller und der Beigeladenen handelt es sich um ein Doppelhaus im Sinne dieser Vorschrift. Daran wird auch der geplante Anbau nichts ändern. Ein Doppelhaus ist dadurch gekennzeichnet, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken zu einer Einheit derart zusammengefügt werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Eine solche Einheit kann jedoch nur entstehen, wenn die beiden Gebäude in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis der baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element. Nicht erforderlich ist jedoch, dass die beiden Haushälften vollständig deckungsgleich aneinandergebaut sind. Sie können auch zueinander versetzt oder gestaffelt an der Grenze errichtet werden (vgl. zu all dem BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, NVwZ 2000, 1055, 1056). Darüber hinaus erfordert ein Doppelhaus nicht, dass sämtliche parallel zur gemeinsamen Grundstücksgrenze verlaufenden Gebäudeaußenwände an der dem Doppelhausnachbarn zugewandten Seite eines Hauses an der Grenze errichtet werden. Namentlich verliert eine bauliche Anlage nicht den Charakter eines Doppelhauses, wenn Gebäudeteile mit einem Rücksprung zur gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtet werden, solange die beiden Gebäude noch im Sinne der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu einem wesentlichen Teil aneinandergebaut sind.
Die Errichtung der Balkonanlage mit einem Abstand zur Grenze der Antragsteller zerstört somit nicht von vornherein die Doppelhauseigenschaft der beiden Gebäude. Die Balkonanlage verstößt aber auch nicht gegen das Erfordernis der verträglichen und abgestimmten Errichtung der beiden Haushälften, denn sie beeinträchtigt die Antragsteller nicht unzumutbar. Durch die vorgesehenen Balkone werden insbesondere keine Einsichtsmöglichkeiten geschaffen, die die Antragsteller nicht mehr hinzunehmen hätten (vgl. dazu Bayer. VGH, Beschluss vom 10.11.2000 - 26 Cs 99.2102 -, BauR 2001, 372). Denn die erhöhte Nutzbarkeit der Grundstücke der Antragsteller und der Beigeladenen wurde durch den Verzicht auf seitliche Grenzabstände und damit auf Freiflächen, die dem Wohnfrieden dienen „erkauft“ (BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, NVwZ 2000, 1055, 1056). Dieser Verzicht umfasst auch den seitlichen Grenzabstand von Balkonen an der rückwärtigen Gebäudewand, von denen naturgemäß von der Seite in die Räume des Nachbarn eingesehen werden kann. Da im vorliegenden Fall die Balkonanlage nicht direkt an der Grenze sondern mit Grenzabstand errichtet werden soll, verringern sich die Einsichtsmöglichkeiten, so dass erst recht nicht von einer unzumutbaren Beeinträchtigung auszugehen ist. Die von den Antragstellern zum Beleg ihrer gegenteiligen Auffassung zitierten Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 22.08.2005 - 10 A 3611/03 -, BauR 2006, 342) und des Thüringer OVG (Urteil vom 26.02.2002 - 1 KO 305/99 -, BRS 65 Nr. 130) gebieten keine andere Beurteilung, denn der diesen Entscheidungen zugrundeliegende Sachverhalt stimmt mit dem vorliegenden nicht überein. Im Fall des OVG Nordrhein-Westfalen überschritt der geplante Balkon die im Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze, im Fall des Thüringer OVG fügte sich die vorgesehene Dachterrasse nach der überbauten Grundstücksfläche ebenfalls bereits objektiv-rechtlich nicht in die nähere Umgebung ein. Dies trifft hier nicht zu. Vielmehr reicht die Bebauung der Grundstücke ... ... und ... deutlich tiefer in das jeweilige Grundstück hinein, als es bei der hier vorgesehenen Bebauung der Fall sein wird. Das Bauvorhaben hält sich somit auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, innerhalb des in der näheren Umgebung vorhandenen Rahmens. Unerheblich ist, ob die übrigen Häuser mit rückwärtigen Balkonen versehen sind. Denn das Vorhandensein von Balkonen lässt sich keinem der nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Kriterien des Einfügens zuordnen. Balkone sind vielmehr Teil des Gebäudes, das sich in seiner Gesamtheit nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss. Dies ist hier der Fall, so dass eine Verletzung des in § 34 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots ausgeschlossen ist. Denn das Rücksichtnahmegebot ist keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht (BVerwG, Beschluss vom 11.01.1999 - 4 B 128/98 -, NVwZ 1999, 879, 880).
2. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis auch zu Recht entschieden, dass zu Lasten der Antragsteller wohl keine nachbarschützenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften verletzt sind. Das Vorhaben dürfte nach Aktenlage nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen sein. Dafür sind folgende Überlegungen maßgebend:
10 
a) Die geplante Balkonanlage könnte nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO direkt an der Grenze errichtet werden, denn nach planungsrechtlichen Vorschriften darf an die Grenze gebaut werden und es ist öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Nach Aktenlage wurden zwar nur die Gebäude der Antragsteller und der Beigeladenen als Doppelhaus - und damit grenzständig - errichtet, während die übrigen Häuser in der näheren Umgebung seitlichen Grenzabstand zueinander aufweisen. Die beiden bereits vor mehr als hundert Jahren errichteten Gebäude prägen jedoch die nähere Umgebung mit. Die Errichtung von Gebäuden mit Grenzabstand ist demnach planungsrechtlich ebenso wenig zwingend wie eine Grenzbebauung; vielmehr ist beides möglich. Würde die Balkonanlage grenzständig errichtet, hielte sie sich somit im vorhandenen Rahmen der Bebauung und wäre bauplanungsrechtlich zulässig. Darüber hinaus wäre öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs ist diese Voraussetzung auch ohne Übernahme einer Baulast erfüllt, wenn das Nachbargrundstück - wie hier - bereits an der Grenze bebaut ist. Unerheblich ist insoweit, dass die Häuser der Antragsteller und der Beigeladenen nach dem Anbau nicht mehr deckungsgleich wären (vgl. VGH Baden-Württ., Beschluss vom 12.02.2007 - 5 S 2826/06 -, VBlBW 2007, 383, 385).
11 
Ohne Erfolg berufen sich die Antragsteller zum Beleg ihrer gegenteiligen Ansicht auf das Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2002 (- 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201). Denn der dort entschiedene Fall ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Nach Auffassung des 5. Senats durfte der in jenem Verfahren geplante Dachbalkon nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO an der Grenze errichtet werden, weil die besonderen Regelungen über die Deckungsgleichheit von Gruppenbauten der dort anzuwendenden Bauordnung für die Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe aus dem Jahr 1898 dies nicht zuließen. Vergleichbare Regelungen enthält die zum Zeitpunkt der Errichtung der Gebäude der Antragsteller und der Beigeladenen geltende Bauordnung der Antragsgegnerin aus dem Jahr 1889 jedoch nicht.
12 
b) Hätten aber die Antragsteller nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO selbst die Errichtung einer Balkonanlage an der Grenze hinzunehmen, können sie nicht aus Gründen des Nachbarschutzes verlangen, dass die Balkonanlage unter Einhaltung des vollen nachbarschützenden Teils der Abstandstiefen errichtet wird. Denn der vorgesehene Grenzabstand vermindert die Beeinträchtigungen der Antragsteller im Hinblick auf Belichtung, Belüftung und Besonnung gegenüber einer Grenzbebauung und auch die Einsichtsmöglichkeiten - so sie überhaupt als Schutzgut der Abstandsflächenvorschriften zu betrachten sind (vgl. dazu einerseits Beschlüsse des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlVW 2008, 147, 149 und vom 26.11.1993 - 3 S 2606/93 -, juris und andererseits Beschluss des 8. Senats vom 03.03.2008 - 8 S 2165/07 -, VBlBW 2008, 345, 346 m.w.N. der Rspr.) - werden verringert. Der vorgesehene Standort schafft zudem keinen Zustand, der die Antragsteller in der baulichen Ausnutzung ihres eigenen Grundstücks behindern würde.
13 
Allerdings folgt dies nicht bereits aus § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO, denn nach dieser Vorschrift dürfen bauliche Anlagen grundsätzlich nur entweder grenzständig oder unter Einhaltung des vollen nach § 5 Abs. 7 LBO erforderlichen Grenzabstandes errichtet werden (vgl. aber zur Zulässigkeit einer Bebauung mit einem Grenzabstand von 0,50 m nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO - allerdings ohne nähere Begründung - VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.02.2007 - 5 S 2826/06 -, a.a.O.). Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor den Außenwänden an den Grundstücksgrenzen, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften das Gebäudean die Grenze gebaut werden darf und öffentlich rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Bereits nach dem Wortsinn kann ein Gebäude nur dann „an der Grenze“ errichtet sein, wenn es direkt an der Grenze, ohne jeglichen Abstand zu dieser steht. Ein Gebäude mit geringem Grenzabstand steht nicht mehr „an“ der Grenze, sondern allenfalls „nahe“ der Grenze. Der Begriff „an der Grenze“ ist jedoch auch zu unterscheiden von dem Begriff „auf der Grenze“. Denn ein Bau auf der Grenze überbaut diese. Da die Grenze lediglich eine Linie und keine Fläche darstellt, kann „auf“ ihr nur einmal gebaut werden. Abgesehen davon, dass ein Bauherr zu einem solchen Grenzüberbau nicht ohne weiters berechtigt ist, kann die in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO beschriebene Situation bei einem Bau „auf“ der Grenze nicht eintreten, da die bereits überbaute Grenze kein weiteres Mal durch den Nachbarn überbaut werden kann.
14 
Das vom Verwaltungsgericht zum Beleg seiner im Ergebnis gegenteiligen Ansicht zitierte Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13.05.2002 (- 3 S 2259/01 -, BauR 2003, 1860) steht dieser Auslegung nicht entgegen, denn es betraf eine andere Fallkonstellation. Aufgrund der dort in der näheren Umgebung vorherrschenden abweichenden Bauweise mit Traufgassen musste wegen des insofern geltenden Vorrangs der bauplanungsrechtlichen Bestimmungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2Nr. 1 LBO mit verringertem Grenzabstand gebaut werden. Ließe man aber auch in den Fällen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO die Errichtung von baulichen Anlagen mit verringertem Grenzabstand zu, fehlte den Baurechtsbehörden ein Steuerungselement, um beispielsweise die Entstehung sogenannter Schmutzwinkel zu verhindern, weil der Bauherr sein Gebäude auch mit sehr geringem Abstand zu einem bereits vorhandenen grenzständigen Gebäuden errichten dürfte. Denn der Tatbestand der Vorschrift enthält kein Merkmal, der es den Baurechtsbehörden erlaubte, bestimmte Grenzabstände zu fordern. Die Entscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO steht auch nicht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, sondern ist zwingendes Recht; eine Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Interessen findet daher nicht statt. Schließlich lässt sich auch aus dem Zweck der Vorschrift eine in diesem Sinne einschränkende Auslegung nicht herleiten. Denn die Vorschrift verfolgt keine spezifisch bauordnungsrechtlichen Ziele, wie z.B. die Verhinderung von „Schmutzwinkeln“, sondern dient dazu, den Vorrang des Bauplanungsrechts vor dem Bauordnungsrecht zu sichern (vgl. Sauter, LBO, § 5 Rn. 35).
15 
bb) Die geplante Balkonanlage ist aber nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zulässig. Nach dieser Vorschrift sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 LBO unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs (vgl. z.B. Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, VBlBW 2008, 190, 191 f.) stellt allerdings eine Abstandsflächentiefe, die - wie hier - den nachbarschützenden Teil unterschreitet, regelmäßig eine erhebliche, vom betroffenen Nachbarn nicht hinzunehmende Beeinträchtigung dar, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder nur geringfügig ist. Nachbarliche Belange sind mithin nur dann nicht „erheblich“ beeinträchtigt, wenn auf dem Nachbargrundstück besondere Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen, weil die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbar an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, VBlBW 1997, 266, 267 und vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, juris sowie Beschluss vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 -, BauR 1997, 92, 95; kritisch hierzu Sauter, LBO § 6 Rn. 48b). Solche Besonderheiten können sich (und werden sich zumeist) aus den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Nachbargrundstück ergeben. Hierzu können nach der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs etwa unterschiedliche Höhenlagen oder sonstige signifikanten topografischen Unterschiede gehören. Ferner kann ein ungewöhnlicher Zuschnitt des Nachbargrundstücks oder die Tatsache ausschlaggebend sein, dass die vorhandene oder die planungsrechtlich zulässige Bebauung auf dem Nachbargrundstück durch das in Rede stehende grenznahe Vorhaben nur unerheblich tangiert wird (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Sauter, LBO, Rn. 48c zu § 6 LBO). Neben diesen besonderen tatsächlichen Gegebenheiten können aber auch rechtliche Besonderheiten vorliegen, welche die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Nachbarn in abstandsflächenrechtlicher Hinsicht deutlich mindern und deshalb eine „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO ausschließen (vgl. zum Fall der Verwirkung des materiellen Abwehrrechts gegen den Standort eines Gebäudes Senatsbeschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, a.a.O.).
16 
Eine solche rechtliche Sondersituation kann auch vorliegen, wenn das Baugrundstück und das Nachbargrundstück - wie hier - mit einem Doppelhaus bebaut sind. Bei dieser Art der Bebauung verzichten die Bauherrn zugunsten der erhöhten Nutzbarkeit ihrer Grundstücke grundsätzlich auf seitliche Grenzabstände und damit auf Freiflächen, die dem Wohnfrieden dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, a.a.O.). Dieser Verzicht mindert auch das Maß ihrer Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO. Der Umfang des bauordnungsrechtlichen nachbarlichen Schutzanspruchs kann insoweit nicht anders zu beurteilen sein, als der des bauplanungsrechtlichen, zumal das Bauplanungsrecht dem Bauordnungsrecht vorgeht, soweit es - wie hier - Grenzbebauung ohne Abstandsflächen zulässt. Denn in beiderlei Hinsicht geht es um die Frage, wie viel Abstand ein Nachbar zum Schutz seiner nachbarlichen Belange verlangen kann bzw. wie viel Nähe er hinzunehmen hat. Allerdings wären wohl auch bei einer Doppelhausbebauung nachbarliche Interessen jedenfalls dann erheblich beeinträchtigt, wenn durch ein grenznahes Vorhaben die Bebaubarkeit des Nachbargrundstücks beeinträchtigt würde. Grundsätzlich bleibt zwar dem Nachbarn trotz eines solchen Vorhabens die Möglichkeit erhalten, auf dem eigenen Grundstück einen grenzständigen Anbau zu errichten. Die damit möglicherweise einhergehende Verschattung der zuvor mit geringem Grenzabstand errichteten baulichen Anlage hätte jener Bauherr dann hinzunehmen. Anders stellte sich die Situation jedoch wohl dar, wenn ein Anbau mit sehr geringem Grenzabstand errichtet würde, der es dem Nachbarn verwehrte, am eigenen Haus einen grenzständigen Anbau zu errichten, weil sonst z.B. ein „Schmutzwinkel“ entstünde. Diese Konstellation liegt hier allerdings nicht vor. Denn der vorgesehene Abstand der Balkonanlage zur gemeinsamen Grundstücksgrenze (65 cm für den 1 m tiefen Austritt im Erdgeschoss, 2,35 m für die Balkonanlage in den Obergeschossen) lässt bauordnungsrechtlich weiterhin die Errichtung eines grenzständigen Anbaus an das Gebäude der Antragsteller zu.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
18 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Dezember 2010 - 13 K 4360/10 - geändert. Der Antrag wird abgelehnt

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks, das im Geltungsbereich der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin vom 25.06.1935 (Baustaffel 8) sowie einer Erhaltungssatzung für Gebiete der Städtebaulichen Gesamtanlagen vom 16.06.1988 liegt. Es ist mit einer 2½ geschossigen “Stadtvilla“ bebaut, deren Errichtung eine Baugenehmigung vom 04.08.1908 mit Nachtragsbaugenehmigung vom 22.01.1909 zugrunde liegt. In den damals genehmigten Bauzeichnungen reicht das Erdgeschoss an der Rückseite des Gebäudes teilweise über das Obergeschoss hinaus (Anbau); daneben sind eine überdachte Veranda und eine Terrasse eingezeichnet. Am 02.11.1992 erteilte die Antragsgegnerin unter Befreiung von Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe und Nutzungsart eine Baugenehmigung zur Nutzung und zum Umbau als städtisches Chemisches Institut einschließlich einer Erweiterung des Anbaus auf den Flächen der ehemals genehmigten Veranda und Terrasse. Am 03.07.2001 erteilte sie ihre Zustimmung und eine Genehmigung nach der Erhaltungssatzung zur Erweiterung und zum Umbau des Gebäudes im ersten Obergeschoss, insbesondere durch Aufstockung des Anbaus mit einem verglasten “Pausenraum“ nebst Balkon.
Der Antragsteller hat das Grundstück 2008 von der Antragsgegnerin erworben und möchte das Gebäude als Rechtsanwaltskanzlei nutzen. Auf seinen Bauantrag vom 25.02.2009 erteilt die Antragsgegnerin ihm am 21.07.2009 unter Abweichung von § 5 Abs. 1 LBO sowie Befreiung von Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe und -höhe und Summe der Seitenabstände sowie unter verschiedenen Auflagen und Bedingungen für den Baubeginn eine Baugenehmigung sowie eine Genehmigung nach der Erhaltungssatzung für Umbau und Nutzungsänderung in ein Wohn-/Bürogebäude mit zehn Kfz-Stellplätzen. Im genehmigten Grundriss des Erdgeschosses sind eine Innenwand und die drei Außenwände des Anbaus, soweit sie nicht durch Fenster und Türen unterbrochen werden, grau und rot dargestellt. In den Grundrissen für das Ober- und Dachgeschoss sind im Anbau ein vergrößerter “Pausenraum“ nebst Balkon und darüber ein weiterer Balkon vorgesehen. Durch Wegfall von Dachschrägen soll der Anbau außerdem erhöht werden. Nachdem der von der Antragsgegnerin mit der bautechnischen Prüfung beauftragte Ingenieur am 11.03.2010 u.a. bestätigt hatte, dass die vom Bauherrn vorgelegte Ausführungsplanung der Baugenehmigung entspreche, erteilte die Antragsgegnerin am 12.03.2010 den Baufreigabeschein.
In einem Aktenvermerk über eine Ortsbesichtigung am 13.04.2010 stellte die Antragsgegnerin fest, der Anbau sei komplett abgerissen und teilweise seien neue Außenwände errichtet worden. Mit Bescheid vom selben Tag verfügte sie daraufhin gegenüber dem Antragsteller die Einstellung der Bauarbeiten im Bereich des Anbaus auf der Ostseite des Gebäudes. Ferner drohte sie dem Antragsteller für den Fall der Fortsetzung der Bauarbeiten die Versiegelung der Baustelle an und gab ihm auf, die zur Beurteilung des begonnenen Vorhabens notwendigen Bauvorlagen vorzulegen. Der Abbruch des Anbaus weiche von der Baugenehmigung ab. Die Abweichung sei nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei und verstoße nach vorläufiger Prüfung gegen Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe sowie Summe der Seitenabstände und gegen § 5 LBO. Mit seinem Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist, macht der Antragsteller unter Hinweis auf Schreiben seines Architekten vom 28.04. und 23.06.2010 sowie eine gutachtliche Stellungnahme eines anderen Architekten vom 16.09.2010 geltend, der Anbau sei nicht vollständig abgebrochen worden. Sein Unterbau mit Fundament, Bodenplatte und Sockelmauerwerk sei weiterhin vorhanden und lediglich saniert worden. Nur aufsteigende Außenwände seien erneuert worden, weil sie infolge Durchfeuchtung und Alterung ihrer Bauteile keine ausreichende Tragfähigkeit für die genehmigte Aufstockung des Anbaus hätten. Die Erneuerung der Außenwände sei in den Plänen dargestellt, die dem Prüfingenieur vorgelegen hätten.
Auf Antrag des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.12.2010 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet. Der Antrag sei zulässig und begründet. Es bestünden erhebliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Baueinstellung. Zwar sei der Antragsteller von der erteilten Baugenehmigung insoweit abgewichen, als die in den Planunterlagen als Bestand eingetragenen Wände des Anbaus mit der Decke abgebrochen und die Wände fast vollständig neu errichtet worden seien. Diese Abweichung sei bei summarischer Prüfung aber verfahrensfrei, weil es sich um Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO handele. Damit entfalle auch die Grundlage für die Androhung der Versiegelung der Baustelle.
Mit ihrer Beschwerde beantragt die Antragsgegnerin,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09.12.2010 - 13 K 4360/10 - zu ändern und den Antrag abzulehnen.
Abbruch und Erneuerung der Außenwände seien nicht verfahrensfrei, insbesondere keine Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO. Dagegen spreche schon, dass mit dem Abbruch des Anbaus der Bestandsschutz dieses selbständigen Gebäudeteils entfallen sei.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
10 
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss. Der Anbau könne nicht isoliert betrachtet werden, da er in den Umbau des Gesamtgebäudes einbezogen sei und für sich allein baulich nicht bestehen könnte.
11 
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
12 
A. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO) und begründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe zwingen zur Änderung des angegriffenen Beschlusses und zur Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung, soweit sie Gegenstand des Eilverfahrens ist (1.), das entgegenstehende Aufschubinteresse des Antragstellers, weil diese Verfügung insoweit mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist (2.).
13 
1. Die Verfügung vom 13.04.2010 ist bei sachdienlicher Auslegung des Antragsbegehrens (§ 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO) nur insoweit Gegenstand des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO, als sie die Einstellung der Bauarbeiten anordnet und für den Fall der Fortsetzung dieser Arbeiten die Versiegelung der Baustelle androht. Denn nur insoweit entfällt kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 3 LBO, § 12 LVwVG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs. In Bezug auf die - nicht schon kraft Gesetzes vollziehbare - weitere Anordnung, die zur Beurteilung des begonnenen Vorhabens notwendigen Bauvorlagen vorzulegen, ist die sofortige Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) nicht angeordnet. Der Antragsteller hat insoweit auch keinen faktischen Vollzug geltend gemacht.
14 
2. Die Einstellung der Bauarbeiten (a)) und die Androhung der Versiegelung (b)) sind mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig.
15 
a) Nach § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO kann die Baurechtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen werden. Dies gilt nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO insbesondere, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens von der erteilten Baugenehmigung abgewichen wird, es sei denn die Abweichung ist nach § 50 verfahrensfrei. In diesem Fall sichert die Baueinstellung die strikte Durchsetzung der formellen Genehmigungspflicht nach § 49 LBO und die damit bezweckte Ordnungsfunktion des Genehmigungsverfahrens. Zugleich beugt sie der Schaffung vollendeter Tatsachen vor. Anlass für ihre Anordnung kann mithin der bloße Verstoß gegen die formelle Genehmigungspflicht sein, ohne dass die Baurechtsbehörde verpflichtet ist, auch die materielle Rechtmäßigkeit des Bauens zu prüfen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.07.1970 - II 274/67 - BRS 23 Nr. 203; Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 3. Auflage, § 64 Rn. 1 m.w.N.). Ausreichend ist ein durch Tatsachen belegter "Anfangsverdacht". Es genügt, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass ein mit der Rechtsordnung unvereinbarer Zustand geschaffen wird. Die Errichtung einer formell baurechtswidrigen (ungenehmigten) Anlage darf demgemäß vorbeugend gestoppt werden, wenn ihre Genehmigungsbedürftigkeit jedenfalls ernstlich zweifelhaft ist (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.12.1993 - 3 S 507/93 - VBlBW 1994, 196; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 20.09.1988 - 8 S 2171/88 - juris und vom 28.06.2010 - 8 S 708/10 - ESVGH 61, 34 ). Die Anordnung der Baueinstellung steht im Entschließungs- und Auswahlermessen der Baurechtsbehörde, das sie pflichtgemäß (§ 40 LVwVfG) auszuüben hat.
16 
aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO sind erfüllt. Der Antragsteller ist bei der Ausführung seines Vorhabens von der am 21.07.2009 erteilten Baugenehmigung abgewichen und diese abweichende Bauausführung ist nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei.
17 
aaa) Die Abweichung liegt darin, dass der Antragsteller eine Innenwand, die drei Außenwände und die Decke des Anbaus abgebrochen und damit begonnen hat, neue Wände zu errichten. Diese Baumaßnahmen sind weder Gegenstand des Bauantrags vom 25.02.2009 noch der Baugenehmigung vom 21.07.2009. Im genehmigten Grundriss des Erdgeschosses vom 18.02.2009 sind eine Innenwand und die drei Außenwände des Anbaus, soweit sie nicht durch Fenster und Türen unterbrochen werden, grau und rot dargestellt, also als vorhandene (bleibende) Bauteile sowie als neues Mauerwerk (§ 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 3 LBOVVO in der bei Einreichung und Genehmigung des Bauantrags noch geltenden a.F.). Lediglich das durch Vergrößerung alter oder Einbau neuer Fenster wegfallende Mauerwerk der alten Außenwände und eine weitere Innenwand (zwischen “Spülküche“ und “Chemielager“ des ehemaligen Chemischen Instituts) sind als zu beseitigende Bauteile gelb dargestellt (§ 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LBOVVO). Der Einwand des Antragstellers, die Erneuerung der Außenwände sei in den Konstruktionsplänen dargestellt, die nach Erteilung der Baugenehmigung zur Erteilung des Baufreigabescheins eingereicht worden seien und dem Prüfingenieur vorgelegen hätten, greift schon deshalb nicht durch, weil für diese abweichende Ausführung des Bauvorhabens keine (Nachtrags-/Änderungs-) Baugenehmigung erteilt worden ist. Eine solche Genehmigung liegt insbesondere nicht in der Erteilung des Baufreigabescheins (§ 59 Abs. 1 LBO). Denn damit wird lediglich festgestellt, dass die in der Baugenehmigung für den Baubeginn enthaltenen Auflagen und Bedingungen erfüllt sind (§ 59 Abs. 1 Satz 2 LBO), und die Ausführung des Bauvorhabens - durch Aufhebung des mit der Genehmigungspflicht verbundenen präventiven Bauverbots - nur im Umfang der zuvor erteilten Baugenehmigung freigegeben. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin den Baufreigabeschein erteilt, nachdem der beauftragte Prüfingenieur am 11.03.2010 u.a. bestätigt hatte, dass die Ausführungsplanung der Baugenehmigung entspricht. Ob diese Bestätigung unzutreffend war - darauf könnte evtl. die Telefonnotiz über ein Gespräch mit dem Büro des Prüfingenieurs (Bauakte, Blatt 56) hindeuten, in der es heißt “In Schalplan sind neue Wände eingetragen als KSV-Wände“ - kann deshalb offen bleiben.
18 
bbb) Die abweichende Bauausführung ist, wie die Beschwerdebegründung im Ansatz zutreffend einwendet, nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei, insbesondere nicht als Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO.
19 
(1) Fraglich erscheint bereits, ob die mit der abweichenden Bauausführung verbundenen Baumaßnahmen überhaupt als Instandhaltungsarbeiten i.S. des § 50 Abs. 4 LBO angesehen werden können, wie der Antragsteller und ihm folgend das Verwaltungsgericht annehmen.
20 
Der mit der LBO-Novelle 1995 in Anlehnung an die Musterbauordnung, die Bauproduktenrichtlinie sowie § 5 BauPG übernommene Begriff “Instandhalten“ (§ 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO) umfasst die bis dahin in der Landesbauordnung verwendeten Begriffe Instandsetzung und Unterhaltung (LT-Drucks. 11/5337 S. 78). Dies sind bauliche Maßnahmen zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer Anlage oder ihrer baulichen Substanz, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüsse entstandenen baulichen und sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen, ohne die Identität der Anlage einschließlich ihres Nutzungszwecks zu ändern (Senatsurteil vom 27.01.1987 - 8 S 3427/86 - juris sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.12.1983 - 3 S 2040/83 - juris; Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 130 sowie § 50 Rn. 227; vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.01.2009 - 3 L 124/08 - NordÖR 2009, 134 und 179). Daran fehlt es, wenn die Baumaßnahmen ihrer Qualität nach so intensiv sind, dass sie die Standfestigkeit der Anlage berühren, so dass eine statische Nachberechnung der gesamten Anlage erforderlich wird, oder wenn der Arbeitsaufwand seiner Quantität nach den für eine neue Anlage erreicht oder gar übersteigt. Dabei kann auch das teilweise Auswechseln tragender Gebäudeteile im Einzelfall eine Instandsetzungs- oder Unterhaltungsmaßnahme sein, etwa wenn beschädigte Mauerteile eines Gebäudes nur zu einem Viertel bis einem Drittel der alten Bausubstanz erneuert werden (Senatsurteil vom 27.01.1987, a.a.O.). Instandhaltungsarbeiten sind zudem von der “Errichtung“ und dem “Ändern“ (§ 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO) einer baulichen Anlage abzugrenzen, also insbesondere vom Wiederaufbau nach Zerstörung sowie von An- und Umbauten oder Abweichungen im äußeren Erscheinungsbild (vgl. Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 126, 128).
21 
Gemessen daran erscheint zweifelhaft, ob Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke noch als Instandhaltungsarbeiten angesehen werden können. Zwar mag es sein, dass das Mauerwerk der Wände wegen Durchfeuchtung und Alterung zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs des Anbaus und seiner baulichen Substanz erneuerungsbedürftig war, wie dies in den Stellungnahmen des Architekten des Antragstellers beschrieben wird. Auch könnte sich der Umfang des erneuerten Mauerwerks möglicherweise noch in dem vom Senat im Urteil vom 27.01.1987 (a.a.O.) bezeichneten Rahmen von einem Viertel bis zu einem Drittel alter Bausubstanz halten. Bezugsanlage dürfte insoweit nicht nur - wie die Antragsgegnerin meint - der Anbau, sondern das Hauptgebäude zusammen mit dem Anbau sein, da die Räume des Anbaus nach den in der Vergangenheit erteilten Baugenehmigungen funktional in das Hauptgebäude integriert waren, der Anbau also gerade kein selbständiges Gebäude (§ 2 Abs. 2 LBO) war (vgl. Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 37). Zudem hat die Antragsgegnerin eingeräumt, dass die Erneuerung der Außenwände des Anbaus keine statische Neuberechnung des Gesamtgebäudes erfordert. Gleichwohl dürfte die Identität des Gesamtgebäudes nicht mehr gewahrt sein. Zum einen führt der vollständige Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Außenwände des Anbaus zu Abweichungen im äußeren Erscheinungsbild. Zum anderen spricht gegen eine bloße Instandhaltung der in den Stellungnahmen des Architekten des Antragstellers angedeutete Umstand, dass die Erneuerung der Außenwände gerade auch durch die genehmigten Änderungen und Umbauten im Ober- und Dachgeschoss und die damit einhergehende, jedoch offenbar erst nachträglich erkannte Notwendigkeit bedingt ist, die Tragfähigkeit der Außenwände des Anbaus im Erdgeschoss zu erhöhen. Denn damit bezweckt die Erneuerung der Außenwände qualitativ wohl mehr als nur den Erhalt der baulichen Substanz des Anbaus in seiner bisherigen Bestimmung.
22 
(2) Aber selbst wenn es sich um Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO handeln sollte, wären sie hier jedenfalls deshalb nicht i. S. des § 64 Abs. 1 Nr. 3 a) LBO “nach § 50 verfahrensfrei“, weil sie als unselbständiger Teil einer gleichzeitig ausgeführten genehmigungspflichtigen Änderung des gesamten Gebäudes und nicht als selbständiges Vorhaben ausgeführt werden sollen, das auch noch nach Fertigstellung des genehmigten Bauvorhabens jederzeit verfahrensfrei vorgenommen werden könnte (vgl. Sauter, a.a.O: § 64 Rn. 12).
23 
Die Genehmigungsplicht eines Vorhabens nach § 49 Abs. 1 LBO erstreckt sich auch auf verfahrensfreie Anlagen oder Einrichtungen, soweit sie unselbständige Teile dieses Vorhabens sind. Denn handelt es sich tatsächlich um ein einheitliches Vorhaben, dann ist auch in rechtlicher Hinsicht nur eine einheitliche Behandlung und Entscheidung möglich (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.09.1979 - III 1553/79 - juris; Sauter, a.a.O. § 49 Rn. 21). Dementsprechend erfasst die Verfahrensfreiheit nach § 50 Abs. 1 LBO nur selbständige Einzelvorhaben (Sauter, a.a.O. § 50 Rn. 4 m.w.N.). Für Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO kann grundsätzlich nichts Anderes gelten, da auch insoweit nur eine einheitliche Behandlung und Entscheidung möglich ist. Sie sind deshalb ebenfalls genehmigungspflichtig, wenn sie unselbständiger Teil eines einheitlichen genehmigungspflichtigen Gesamtvorhabens sind (so auch schon Senatsurteil vom 27.01.1987, a.a.O.). Zwar ist es an sich Sache des Bauherrn, durch seinen Bauantrag festzulegen, was das Vorhaben und damit der zu beurteilende Verfahrensgegenstand sein soll (vgl. § 29 baugb> BVerwG, Urteil vom 04.07.1980 - 4 C 99.77 - DÖV 1980, 921; im Anschluss daran auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.06.2007 - 3 L 368/04 - NordÖR 2007, 458). Unter diesem Blickwinkel könnte man die Äußerungen des Antragstellers im Widerspruchs- und Eilverfahren möglicherweise so verstehen, dass er Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke als gesondertes eigenständiges Vorhaben abtrennen möchte. Eine derartige subjektive Trennung ist materiell-rechtlich jedoch nur erheblich, wenn ihr objektive Gegebenheiten nicht entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.1980, a. a. O.). Mit anderen Worten, was nach objektiven Kriterien baulich und funktional zusammengehört, kann nicht willkürlich auf Grund einer Willensentscheidung des Bauantragstellers in Einzelteile zerlegt werden (Senatsurteil vom 25.11.2009 - 8 S 2038/08 -; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.07.1998 - 3 S 1935/98 - juris). So liegt es hier. Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke sind objektiv sowohl baulich als auch funktional Teil der genehmigungspflichtigen (Nutzungs-)Änderung des gesamten Gebäudes, insbesondere der beabsichtigten Aufstockung des Anbaus. Sie sollen und können nicht unabhängig von der Fertigstellung des genehmigten Gesamtvorhabens ausgeführt werden.
24 
Die Frage, ob die abweichend von der Baugenehmigung ausgeführten und noch auszuführenden Baumaßnahmen aus Gründen des Bestandsschutzes als Reparatur-, Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.03.1981 - 4 B 195.80 - NVwZ 1982, 38 m.w.N.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 17.01.1986 - 4 C 80.82 - BVerwGE 72, 362 <363> m.w.N.) rechtmäßig sind, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn sie ist eine solche des materiellen und nicht auch des formellen (Bau-)Rechts. Insbesondere gebietet Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht, solche noch vom Bestandsschutz umfassten Baumaßnahmen von vornherein verfahrensfrei zu stellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.12.1983, a.a.O.).
25 
bb) Die Baueinstellung dürfte auch ermessensfehlerfrei, insbesondere nicht unverhältnismäßig sein. Sie stützt sich tragend auf den Gesichtspunkt der formellen Illegalität sowie die Erwägung, dass die abweichende Bauausführung nach vorläufiger Prüfung zu Verstößen gegen Vorschriften der Ortsbausatzung sowie § 5 LBO führe, so dass die Fortsetzung der Bauarbeiten einen rechtswidrigen Zustand verfestigen und Rechtsschutzmöglichkeiten des Angrenzers verkürzen könnte. Dies alles entspricht dem Zweck von § 64 LBO und erscheint auch sonst sachgerecht. Zwar ist derzeit nicht völlig auszuschließen, dass sich die abweichende Bauausführung bei weiterer Überprüfung doch noch als Reparatur-, Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahme herausstellt, auch wenn dafür aus den oben genannten Gründen derzeit wenig spricht. In diesem Fall könnte sie sich trotz der von der Antragsgegnerin bezeichneten Rechtsverstöße aus Gründen des Bestandsschutzes möglicherweise als genehmigungsfähig erweisen. Zu einer solchen abschließenden Prüfung der materiellen Rechtslage ist die Antragsgegnerin vor Erlass der Baueinstellung aber nicht verpflichtet. Dem ist - ebenso wie der zugleich aufgeworfenen Frage, ob die erteilte Baugenehmigung, soweit sie (nur) Umbau und Aufstockung des alten Anbaus zulässt, durch den Abbruch der aufsteigenden Außenwände und der Decke des Anbaus möglicherweise gegenstandslos geworden ist (vgl. Sauter, a.a.O. § 64 Rn. 13) - im Verfahren zur Erteilung einer (Änderungs-/Nachtrags-) Baugenehmigung nachzugehen.
26 
b) Die Androhung der Versiegelung der Baustelle nach § 64 Abs. 2 LBO als spezialgesetzlich geregelter Fall der Anwendung unmittelbaren Zwangs (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.09.1981 - 3 S 1274/81 - juris) findet ihre Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 2 Nr. 2 LVwVG sowie § 64 Abs. 1 Satz 3 LBO. Rechtliche Bedenken sind insoweit weder geltend gemacht noch ersichtlich.
27 
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG (entsprechend der Wertfestsetzung in erster Instanz).
28 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. April 2016 - 6 K 165/16 - geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 20. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 16. Dezember 2015 wird angeordnet.

Der Antragsgegner und die Beigeladenen tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte. Die Beigeladenen haften für die von ihnen zu tragende Hälfte der Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin erstrebt die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die vom Antragsgegner verfügte Einstellung der Arbeiten zum Bau einer Grenzgarage.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. ..., ... ... ..., auf Gemarkung Sinzheim. An dieses grenzt im Nordosten das im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück Flst.-Nr. ..., ... ... ... Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“ - ... - der Gemeinde Sinzheim vom 12.12.2012, der für das Plangebiet ein allgemeines Wohngebiet festsetzt und eine Garage an der Grundstücksgrenze der Beteiligten nicht ausschließt. Der Bebauungsplan betrifft ein ehemaliges Militärgebiet, dessen Geländeoberfläche im Zuge der Planaufstellung zwecks Herstellung der Bebaubarkeit durch umfangreiche Erdarbeiten verändert wurde.
Bedingt durch die Lage der Grundstücke an einem Nordhang, fällt das Geländeniveau an der gemeinsamen, knapp 24 m langen Grenze von Südosten nach Nordwesten um insgesamt rund 5 m ab. Ein vergleichbares Gefälle besteht von Südwesten nach Nordosten entlang der die Grundstücke nordwestlich erschließenden Straße im Feil.
Am 28.10.2013 erteilte das Landratsamt Rastatt den Beigeladenen die mit einer Reihe von Befreiungen (u. a. Überschreitung der Traufhöhe talseits und bergseits sowie Überschreitung der Höhe der Stützmauern und Unterschreitung Abstandes derselben untereinander) sowie einer Ausnahme (Überschreitung der Grundflächenzahl) von den Festsetzungen des Bebauungsplans verbundene Baugenehmigung und in der Folge die Nachtragsbaugenehmigung vom 10.3.2014 für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... Nach den genehmigten Plänen liegt der Erdgeschossfußboden des mit einem Keller versehenen Gebäudes 2,6 m unterhalb der im Bebauungsplan ausdrücklich allein für dieses Grundstück angehobenen maximalen Höhe und ist das Erdgeschoss in Teilen unter das bestehende Geländeniveau abgesenkt. Ferner ergeben sich aus den Plänen Geländeabsenkungen auf Erdgeschossfußbodenniveau im 4,5 m breiten Bereich zwischen dem Gebäude und der Grundstücksgrenze zur Antragstellerin sowie bis auf Straßenniveau in dem davor gelegenen Bereich.
Im März 2014 begannen die Beigeladenen mit der Errichtung des Einfamilienhauses. Hierzu nahmen sie die oben dargestellten Abgrabungen in Teilen bis an die Grenze zum Grundstück der Antragstellerin vor. Stützmauern errichteten sie im vorderen und mittleren Bereich des Grundstücks nicht.
Ende des Jahres 2014 reichte die Antragstellerin zur Durchführung des Kenntnisgabeverfahrens Bauvorlagen für den Neubau eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... ein. Nach den am 18.2.2015 berichtigten und ergänzten Plänen ist an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen und in einer Entfernung von 5,4 m zur Straße eine Garage mit einer Länge von 8,99 m sowie einer Höhe von bis zu 4,52 m vorgesehen. Diese soll nach dem zeichnerisch dargestellten vorhandenen Geländeverlauf gegenüber dem Grundstück der Beigeladenen mit einer Höhe von unter 2,50 m und einer Fläche von weniger als 25 m² in Erscheinung treten. Unmittelbar anschließend an die Außenwand der Garage ist ferner an der Grundstücksgrenze eine rund 4,3 m lange Stützwand vorgesehen, die in Höhe der Oberkante der Garage abschließt und zur Hangsicherung mehrfach im Gebäude rückverankert ist.
Im Januar 2015 nahm die Antragstellerin die Bauarbeiten auf. Dabei grub sie unter anderem den für die Garage vorgesehenen Grenzbereich bis auf die Höhe des von den Beigeladenen auf ihrem Grundstück abgesenkten Geländes ab.
Nachdem die Antragstellerin Anfang Juni 2015 die Grenzbebauung hergestellt hatte, wandten sich die Beigeladenen an den Antragsgegner und baten um baubehördliches Einschreiten gegen die zu ihrem Grundstück nahezu in vollem Ausmaß in Erscheinung tretende Garagenwand nebst Stützmauer. Dies lehnte der Antragsgegner auf der Grundlage von am 10.6. und am 6.8.2015 erfolgten Baukontrollen zunächst mehrmals ab, da die Sichtbarkeit der Außenwände und die Stützmauern auf die von den Beigeladenen vorgenommenen Abgrabungen zurückzuführen seien.
Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen Widerspruch, worauf der Antragsgegner erneut Ermittlungen durchführte. Mit Schreiben vom 19.8.2015 teilte er der Antragstellerin unter Hinweis auf eine gesondert erfolgende Baueinstellung für die Garage mit, die eingereichten Bauvorlagen berücksichtigten die baurechtlich genehmigte Abgrabung auf dem Nachbargrundstück nicht. Insoweit liege ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO vor, weil die Wandfläche der Garage an der Grundstücksgrenze deutlich mehr als 25 m² betrage. Dabei sei nach der Rechtsprechung die von der Nachbarschaft sichtbare Fläche inklusive Sockel bzw. Stützmauern zu berücksichtigen.
10 
Durch Verfügung vom 20.8.2015 ordnete der Antragsgegner sodann die sofortige Einstellung der Arbeiten an der Garage auf dem Grundstück der Antragstellerin an. Zur Begründung führte er aus, die Wandhöhe (gemeint: Wandfläche) der Garage gegenüber dem Nachbargrundstück der Beigeladenen liege über 25 m². Die Herstellung der Garage weiche infolge dessen von den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen ab. Damit widerspreche die Errichtung der Anlage öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Nur durch die Einstellung der Arbeiten werde eine Nichtbeachtung der Rechtsvorschriften wirksam unterbunden und gleichzeitig eine unterschiedliche Handhabung gleich- oder ähnlich gelagerter Fälle ebenso vermieden wie die Schaffung vollendeter Tatsachen.
11 
Die Antragstellerin erhob Widerspruch und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, das von Seiten der Beigeladenen abgegrabene Gelände könne der Ermittlung der Wandfläche ihrer Garage nicht zu Grunde gelegt werden. Vielmehr sei der von ihr in den Bauvorlagen zutreffend dargestellte ursprüngliche Geländeverlauf maßgeblich.
12 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe nahm die Grundstücke der Beteiligten in Augenschein und zog Unterlagen zur Ermittlung des dort vor Aufnahme der Bautätigkeit vorhandenen Geländeverlaufs bei. Auf dieser Grundlage kam es zu dem Ergebnis, die Bauvorlagen der Beteiligten seien widersprüchlich und ließen daher keinen sicheren Schluss auf den ursprünglichen Geländeverlauf zu. Die im Zuge des Widerspruchsverfahrens erhobenen Daten aus dem Geoinformationssystem entsprächen eher den Angaben der Beigeladenen. Der danach rekonstruierte Geländeverlauf ergebe eine Wandfläche von ca. 31 m². Darüber hinaus sei die von Seiten der Beigeladenen erfolgte Abgrabung wohl nicht zu beanstanden. Dies wurde den Beteiligten am 19.11.2015 im Rahmen einer Besprechung dargelegt. Hierbei und in der Folgezeit machte die Antragstellerin geltend, die Daten aus dem Geoinformationssystem berücksichtigten die im Rahmen der Erschließung erfolgten erheblichen Geländeveränderungen nicht und seien daher auch nicht geeignet, den vorhandenen Geländeverlauf bei Aufnahme der Bauarbeiten darzustellen.
13 
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2015 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch der Antragstellerin im Wesentlichen aus den Gründen der Ausgangsentscheidung zurück. Ergänzend wurde ausgeführt, die für eine Grenzgarage höchstzulässige Wandfläche von 25 m² werde durch die in der jetzigen Form errichtete Wand um rund 15 m² überschritten.
14 
Am 18.1.2016 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und zugleich die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes begehrt. Zur Begründung hat sie sich erneut darauf berufen, der Ermittlung der Wandfläche sei das vorhandene Gelände zu Grunde zu legen. Dieser sei von den Beigeladenen auch wiederherzustellen.
15 
Der Antragsgegner und die Beigeladenen sind dem entgegengetreten. Zur Begründung haben sie vorgetragen, maßgeblich sei der nach erfolgter Abgrabung vorhandene und den Beigeladenen auch genehmigte Geländeverlauf auf deren Grundstück. Im Übrigen sei auch der von der Antragstellerin angenommene ursprüngliche Geländeverlauf nicht zutreffend.
16 
Mit Beschluss vom 14.4.2016 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. In den Gründen hat es ausgeführt, das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Baueinstellung überwiege das gegenläufige private Interesse der Antragstellerin, da sich die Verfügung des Antragsgegners aller Voraussicht nach als rechtmäßig darstelle. Für den Erlass einer Baueinstellung genüge schon ein durch Tatsachen belegter Anfangsverdacht eines formellen oder materiellen Rechtsverstoßes. Ein solcher liege vor, da die Grenzgarage der Antragstellerin nach den vorliegenden Unterlagen derart errichtet werde, dass sie entgegen den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen wohl nicht privilegiert sei. Ob eine Verpflichtung der Beigeladenen bestehe, die vorgenommenen Abgrabungen wieder rückgängig zu machen, bedürfe der Prüfung und Aufklärung durch die Baurechtsbehörde. Allerdings spreche einiges dafür, dass die Abgrabungen in zulässiger Weise vorgenommen worden seien. Darüber hinaus werde zu prüfen sein, ob die Überschreitung der maximal zulässigen Wandfläche zugelassen werden könne oder eine Rückbauverfügung zu ergehen habe. Dabei werde die Baurechtsbehörde noch eine Datenerhebung und eine Auswertung vornehmen. Bei dieser Sachlage sei es gerechtfertigt, eine Baueinstellung zu verfügen, um eine vom Fortgang der Bauarbeiten unbeeinflusste Prüfung zu ermöglichen. Schließlich sei die Baueinstellungsverfügung voraussichtlich auch nicht unverhältnismäßig. Denn die Antragstellerin habe in ihren Bauvorlagen und bei Beginn der Bauarbeiten die bereits zuvor vorgenommenen Abgrabungen auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht berücksichtigt. Diese Entscheidung ist der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 25.4.2016 zugestellt worden.
17 
Am 9.5.2016 hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und ihr Aussetzungsbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung macht sie geltend, die Grenzgarage werde nicht abweichend von den Angaben im Kenntnisgabeverfahren errichtet. Vielmehr hätten die Beigeladenen ihr Grundstück durch Abgrabungen verändert. Bei ihren Angaben im Kenntnisgabeverfahren habe sie von den verbindlichen Höhenangaben des Bebauungsplans ausgehen dürfen. Im Übrigen lasse sich die Baueinstellung jedenfalls nicht mehr mit einem Anfangsverdacht begründen. Denn es sei ausreichend Zeit vergangen, um abschließend über die Rechtmäßigkeit ihrer Grenzgarage zu entscheiden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es Sache des Antragsgegners sei, die Baueinstellungsverfügung verfahrensmäßig unter Kontrolle zu halten und zu prüfen, ob die Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstoße. Die maßgebliche vorhandene Geländeoberfläche könne aus den Unterlagen der Firma ... Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Rastatt, abgeleitet werden. Diese Firma habe die Bodenarbeiten zum Zwecke der Herstellung der Bebaubarkeit des Plangebiets durchgeführt. Hieraus ergebe sich die Richtigkeit des in ihren Bauvorlagen dargestellten Geländeprofils, das auf eigenen Höhenaufnahmen beruhe, die vor Beginn der Bauarbeiten der Beigeladenen erfolgt seien. Selbst unter Zugrundelegung der Höhenangaben im Bauantrag der Beigeladenen ergebe sich nur unter Einbeziehung der für die Wandfläche der Grenzgarage nicht maßgeblichen Stützwand eine geringfügige Überschreitung der maximalen Fläche von 25 m². Zur Bestätigung ihrer Angaben hat die Antragstellerin Geländeschnitte der Firma ... vom 17.7.2013 vorgelegt und diese maßstäblich auf den Grenzbereich zum Grundstück der Beigeladenen übertragen sowie Zeichnungen des Geländeverlaufs und der Fläche von Grenzgarage und Stützwand unter Zugrundelegung verschiedener Höhenangaben eingereicht.
18 
Der Antragsgegner und die Beigeladenen beantragen die Zurückweisung der Beschwerde. Sie sind weiterhin der Auffassung, der Beurteilung sei der durch die erfolgte Abgrabung auf dem Grundstück der Beigeladenen geschaffene Geländeverlauf zu Grunde zu legen. Im Übrigen ergebe sich auch aus den vorgelegten Geländeschnitten, dass der in den Bauvorlagen der Antragstellerin dargestellte Geländeverlauf nicht zutreffend sei. Die Beigeladenen rügen darüber hinaus, die Antragstellerin habe die Stützmauer durch eine Betondecke mit dem Hauptgebäude verbunden und dadurch eine Terrasse geschaffen. Auch hierdurch weiche sie von den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen ab.
II.
19 
Die fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig und begründet. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren innerhalb der Monatsfrist des §§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, ist der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und der Antragstellerin vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz zu gewähren.
20 
Die im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene Abwägung ergibt, dass das private Interesse der Antragstellerin, vom Vollzug der im Klageverfahren angegriffenen Verfügung vom 20.8.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2015 einstweilen verschont zu bleiben, dass gegenläufige öffentliche Interesse und das private Interesse der Beigeladenen überwiegt. Denn die von der Antragsgegnerin verfügte Einstellung der Arbeiten an der Garage auf dem Grundstück der Antragstellerin - deren sofortige Vollziehung gesetzlich angeordnet ist (§ 64 Abs. 1 Satz 3 LBO) - erweist sich aus den von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründen nach derzeitigem Erkenntnisstand als voraussichtlich zu ihren Lasten rechtswidrig.
21 
In den Blick zu nehmen ist dabei allein die Errichtung der Garage der Antragstellerin. Denn nur auf diese bezieht sich die Baueinstellung nach dem eindeutigen und durch den Widerspruchsbescheid nicht veränderten Tenor der Verfügung vom 20.8.2015.
22 
Nicht zu der Garage zählt die im Südosten an diese anschließende grenzständige Stützwand der Antragstellerin. Vielmehr ist diese als eigenständige bauliche Anlage anzusehen, da sie dem Garagengebäude nicht als Fundament dient; sie ist damit auch nicht in die Berechnung der im vorliegenden Verfahren streitigen Wandfläche nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO einzubeziehen (vgl. zur insoweit gleichgelagerten Ermittlung der Wandhöhe VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.3.2014 - 8 S 1938/12 - VBlBW 2015, 31 ff., Urt. v. 2.4.1992 - 3 S 2431/91 - juris -, Urt. v. 27.6.1989 - 8 S 2985/88 - BRS 49 Nr. 138). Dass der Antragsgegner die Stützwand der Antragstellerin gleichwohl als Teil der Garage in die Baueinstellungsverfügung einbeziehen wollte, ergibt sich aus der Begründung der Baueinstellungsverfügung nicht und lässt sich auch nicht mit hinreichender Deutlichkeit aus dem an die Antragstellerin gerichteten Schreiben vom 19.8.2015 ableiten. Denn das genannte Schreiben enthält insoweit lediglich den in seiner Allgemeinheit zutreffenden Hinweis darauf, dass nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für die Wandfläche i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO die von der Nachbarschaft sichtbare Fläche inklusive Sockel bzw. Stützmauern zu berücksichtigen ist.
23 
Mangels Einbeziehung der Stützwand in die Baueinstellungsverfügung kommt es auf die von den Beigeladenen aufgeworfene Frage, ob die Errichtung dieser Wand von den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen abweicht, weil sie - was nach den eingereichten Plänen nicht vorgesehen war - durch eine Betondecke mit dem Hauptgebäude verbunden wurde, im vorliegenden Verfahren nicht an.
24 
Rechtsgrundlage der Baueinstellungsverfügung ist § 64 Abs. 1 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlich Vorschriften errichtet oder abgebrochen werden (Satz 1). Das gilt - unter anderem - dann, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens im Kenntnisgabeverfahren von den eingereichten Bauvorlagen abgewichen wird, es sei denn die Abweichung ist nach § 50 LBO verfahrensfrei (Satz 2 Nr. 3 Buchst. b).
25 
Diese Voraussetzungen lagen jedenfalls im für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage der Antragstellerin maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2015 voraussichtlich nicht (mehr) vor.
26 
1. Zwar dürften die Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 LBO zunächst deshalb erfüllt gewesen sein, weil für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt - bereits ein durch Tatsachen belegter Anfangsverdacht eines formellen oder materiellen Rechtsverstoßes genügt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.2.2005 - 8 S 2834/04 - VBlBW 2005, 238 f., Beschl. v. 10.12.1993 - 3 S 507/93 - VBlBW 1994, 196 f.) und ein solcher Verdacht wohl auch vorlag. Zum einen wichen nämlich die von der Antragstellerin eingereichten Bauvorlagen hinsichtlich der Darstellung des vorhandenen Geländes an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen von den tatsächlichen Verhältnissen nach der im März 2014 - also deutlich vor Einleitung des Kenntnisgabeverfahrens durch die Antragstellerin - erfolgten Abgrabung ab. Das begründete den Verdacht eines formellen Rechtsverstoßes durch Einreichung unzutreffender Bauvorlagen im Kenntnisgabeverfahren bzw. durch Abweichung der Bauausführung von den eingereichten Unterlagen. Zum anderen bestand der Verdacht einer vor den §§ 5 f. LBO materiell-rechtlich unzulässigen Grenzbebauung. Denn unter Zugrundelegung des von den Beigeladenen - wohl im Einklang mit der ihnen erteilten Baugenehmigung - durch Abgrabung geschaffenen Geländeniveaus an der Grenze des Grundstücks der Antragstellerin überschreitet die grenzständige Außenwand der Garage die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO für eine Bebauung ohne Einhaltung der Abstandsflächen nach § 5 LBO höchstzulässige Wandfläche von 25 m²; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht in Streit.
27 
Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen, sie habe in ihren Bauvorlagen von den verbindlichen Höhenangaben im Bebauungsplan ausgehen dürfen, darüber hinaus sei nicht ihr Bau, sondern die von den Beigeladenen vorgenommene Abgrabung rechtswidrig, greifen gegenüber diesem Anfangsverdacht nicht durch. Denn der Bebauungsplan „Schleifgarten“ - 1. Änderung - enthält keine Höhenangaben für den Grenzbereich der in Rede stehenden Grundstücke. Ferner betrifft die Frage der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der beidseits der Grundstücksgrenze vorgenommenen Abgrabungen nicht die Grundlage des oben angeführten Verdachts, also die Divergenz zwischen den Bauvorlagen der Antragstellerin und den tatsächlichen Verhältnissen, sondern das Ergebnis der durch die Baueinstellung gerade bezweckten abschließenden Prüfung eines Rechtsverstoßes.
28 
2. Indes vermag dieser Anfangsverdacht eine Baueinstellung nicht auf Dauer zu tragen. Vielmehr obliegt es - worauf die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung zutreffend hingewiesen hat - der Baurechtsbehörde, in der Zeit nach Erlass der Baueinstellungsverfügung zu prüfen, ob der Anfangsverdacht sich bestätigt, also die in Rede stehende Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstößt. Dabei hat sie den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären sowie die (aktuelle) Sach- und Rechtslage sorgfältig zu prüfen (vgl. auch hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.12.1993, a. a. O.). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier mit Blick auf die Frage des zu berücksichtigenden Geländeverlaufs - die formellen und die materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Anlage im Wesentlichen identisch sind.
29 
Auf der Grundlage einer danach erforderlichen Sachverhaltsaufklärung und Prüfung dürfte eine weitere Baueinstellung jedenfalls bezogen auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nicht mehr durch § 64 Abs. 1 LBO gerechtfertigt sein. Denn es ließ (und lässt) sich nicht feststellen, dass die eingereichten Bauvorlagen hinsichtlich der Darstellung des vorhandenen Geländes an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen mehr als nur unwesentlich (vgl. zu diesem Gesichtspunkt VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.2.1992 - 5 S 144/92 -, VBlBW 1992, 262 f.) von den hier maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen abweichen. Vielmehr dürfte die Grenzgarage der Antragstellerin die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO höchstzulässige Wandfläche von 25 m² einhalten.
30 
2.1 Bei dieser Beurteilung geht der Senat davon aus, dass sich die Zulässigkeit der hier streitigen Grenzgarage nicht nach der Wandfläche oberhalb des durch Abgrabung auf dem Grundstück der Beigeladenen entstandenen Geländes bestimmt, sondern nach der Größe der Wandfläche, die sich unter Zugrundelegung des vor Aufnahme der Bautätigkeit auf dem Grundstück der Antragstellerin vorhandenen Geländes an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen errechnet.
31 
2.1.1 Anders als der Antragsgegner meint, ist für die Bestimmung der Wandfläche der Grenzgarage von den Geländeverhältnissen auf dem Baugrundstück und nicht von denjenigen auf dem Nachbargrundstück auszugehen. Dieser räumliche Bezug entspricht der ständigen Rechtsprechung der Bausenate des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur insoweit gleichgelagerten Ermittlung der Wandhöhe von Grenzgaragen und gilt auch dann, wenn - wie hier - die Geländeoberfläche auf dem Baugrundstück höher liegt, als die des Nachbargrundstücks (vgl. Beschl. v. 08.10.2014 - 3 S 1279/14 -BRS 82 Nr. 131, m. w. N.; Urt. v. 24.3.2014 - 8 S 1938/12 - VBlBW 2015, 31 ff.; Beschl. v. 18.4.2013 - 5 S 343/13 -). Er rechtfertigt sich sowohl für die Ermittlung der Wandhöhe als auch für diejenige der Wandfläche daraus, dass nur bei einem Anknüpfen an die Geländeverhältnisse auf dem Baugrundstück die Einhaltung der gesetzlichen Höhen- und Flächenbegrenzung verlässlich sicherzustellen ist, da bei Maßgeblichkeit der Geländeverhältnisse auf dem Nachbargrundstück dort unter Umständen durchgeführte Abgrabungen zum Entstehen objektiv rechtswidriger Grenzgaragen führen könnten. Die Einhaltung der maximal zulässigen Wandhöhe und -fläche hinge demnach letztlich nicht vom Bauherrn, sondern vom Verhalten des Nachbarn ab. Zudem würde eine Bestimmung der Garagenwandhöhe und -fläche vom Nachbargelände aus bei dort vorhandenem niedrigeren Geländeniveau dazu führen, dass der Bauherr ein Garagengebäude in den ihm nach der gesetzlichen Regelung zugestandenen Abmessungen ohne Vornahme von - von ihm möglicherweise aus guten Gründen nicht gewünschten - Abgrabungen auf dem eigenen Grundstück nicht realisieren könnte (vgl. zur Ermittlung der Wandhöhe OVG Saarland, Urt. v. 23.4.2002 - 2 R 7/01 - BRS 65 Nr. 118).
32 
2.1.2 Der danach auf dem Baugrundstück selbst zu ermittelnden Fläche der grenzständigen Wand der Garage ist die tatsächlich vorhandene Geländeoberfläche vor Aufnahme der Bauarbeiten auf dem Grundstück der Antragstellerin zu Grunde zu legen.
33 
2.1.2.1 Für die Ermittlung der Wandhöhe ist nunmehr durch den am 1.3.2015 in Kraft getretenen § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO (i. d. F. v. 11.11.2014, GBl. S. 501) legal definiert, welche Geländeoberfläche auf dem Baugrundstück maßgebend ist. Auszugehen ist danach von der tatsächlichen Geländeoberfläche nach Ausführung des Bauvorhabens, soweit sie nicht zur Verringerung der Abstandsflächen angelegt wird oder wurde. § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO ist hier in zeitlicher Hinsicht anwendbar, da die streitige Grenzgarage bei Inkrafttreten der Vorschrift noch nicht errichtet war (vgl. hierzu § 76 Abs. 1 LBO).
34 
2.1.2.2 Allerdings beansprucht § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO unmittelbar nur Geltung für die Ermittlung der Wandhöhe im Rahmen der Berechnung der durch ein Bauvorhaben einzuhaltenden Tiefe der Abstandsfläche. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus dem Wortlaut der Regelung, der den Bezug zu den Abstandsflächen ausdrücklich herstellt. Dem entsprechen ihre systematische Stellung in § 6 Abs. 4 LBO, der Bestimmungen zur Berechnung der Abstandsflächen enthält, und die mit Erlass der Vorschrift verfolgte gesetzgeberische Intention, klarzustellen, wie die maßgebliche Geländeoberfläche bei der Ermittlung der Wandhöhe, von der die einzuhaltende Tiefe der Abstandsfläche abhängt, zu bestimmen ist (vgl. hierzu die Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drucks.15/5294 S. 17).
35 
2.1.2.3 Auf die Ermittlung der Wandfläche einer entlang der Grundstücksgrenze errichteten Außenwand einer Garage nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 LBO (oder einer sonstigen baulichen Anlage nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 LBO) lässt sich die in § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO getroffene Regelung nicht uneingeschränkt übertragen. Denn sie zielt als Bestimmung zur Ermittlung der Abstandsflächentiefe auf Fallgestaltungen, in denen die Außenwand von der Grundstücksgrenze abgesetzt ist, also auch nach Ausführung des Bauvorhabens entlang der Wand bzw. an deren Eckpunkten (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 4 LBO) eine auf dem Baugrundstück selbst gelegene Geländeoberfläche - als unterer Bezugspunkt der Wandhöhenermittlung - vorhanden ist. Eine von dieser Regelung vorausgesetzte tatsächliche Geländeoberfläche ist aber auf dem Baugrundstück nach Herstellung einer Grenzgarage entlang der grenzständigen Wand gerade nicht mehr vorhanden.
36 
Das nach Ausführung des Bauvorhabens tatsächlich vorhandene Gelände seitlich der Grenzwand kann der Wandflächenberechnung nicht zu Grunde gelegt werden. Denn dieses vermag die Geländeoberfläche entlang der Wand nicht abzubilden sondern allenfalls die beiden äußersten unteren Begrenzungspunkte der Wand zu markieren. Insbesondere bei - wie hier - unebenen Gelände ließe sich damit die tatsächliche Wandfläche nicht ermitteln. Das Gelände unterhalb der Grenzwand kommt als maßgebliche Geländeoberfläche ebenfalls nicht in Betracht. Andernfalls wäre nämlich selbst bei einer zur Gänze in den Untergrund versenkten Tiefgarage die gesamte, wenn auch nicht sichtbare Fläche der Grenzwand in die Berechnung der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO höchstzulässigen Wandfläche von 25 m² einzustellen.
37 
2.1.2.4 Scheidet mithin eine Bestimmung der grenzständigen Wandfläche der Garage anhand der tatsächlichen Geländeoberfläche nach Ausführung des Bauvorhabens aus, so ist die Flächenermittlung unter weitestmöglicher Berücksichtigung der in § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung anhand der auf dem Baugrundstück tatsächlich vorhandenen Geländeoberfläche vor Aufnahme der Bauarbeiten vorzunehmen. Das gilt in Anwendung des Rechtsgedankens des § 5 Abs. 4 Satz 5 a. E. - zur Vermeidung von Missbrauch - jedenfalls insoweit, als diese Geländeoberfläche nicht zur Verringerung der grenzständigen Wandfläche angelegt wurde. Damit bleiben Lagevorteile sowie Lagenachteile von Grundstücken erhalten und sind missbräuchliche Geländeveränderungen auf dem Baugrundstück vor Aufnahme der eigentlichen Bautätigkeit ausgeschlossen.
38 
Dies ist unter Berücksichtigung der oben (vgl. Nr. 2.1.1) dargelegten Gründe sachgerecht und auch im vorliegenden Fall von den Beigeladenen, die ihr Wohnhaus deutlich unterhalb der nach dem Bebauungsplan zulässigen Höhenlage errichtet und hierzu das Geländeniveau auf ihrem Grundstück erheblich abgesenkt haben, hinzunehmen.
39 
2.2 Gemessen hieran hat die Antragstellerin in den eingereichten Bauvorlagen zu Recht das vor Aufnahme der Bautätigkeit auf ihrem Grundstück bestehende Gelände an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen als maßgebliches vorhandenes Gelände dargestellt.
40 
2.3. Für den Senat ist nicht zu erkennen, dass die vorgenannte zeichnerische Darstellung wesentliche Unterschiede zu den tatsächlichen Verhältnissen vor Aufnahme der Bautätigkeit aufweist. Denn die sich aus dem dargestellten vorhandenen Geländeverlauf ergebende Wandfläche der Garagenwand von deutlich weniger als 25 m² dürfte den genannten tatsächlichen Verhältnissen im Ergebnis entsprechen.
41 
Die in Rede stehenden tatsächlichen Verhältnisse lassen sich angesichts der beiderseits der Grundstücksgrenze erfolgten erheblichen Abgrabungen nur noch anhand der vorhandenen Messdaten und Lichtbilder rekonstruieren. Da die Messdaten in Teilen voneinander abweichen, ist eine solche Rekonstruktion nur noch näherungsweise möglich.
42 
Von wesentlicher Bedeutung sind dabei die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgelegten Geländeschnitte der Firma ... vom 17.7.2013. Denn in diesen ist der nach Durchführung der Bodenarbeiten zum Zwecke der Herstellung der Bebaubarkeit des Plangebiets vorhandene Geländeverlauf parallel zur Grenze der Grundstücke der Antragstellerin und der Beigeladenen dargestellt. Den Geodaten des Regierungspräsidiums Karlsruhe misst der Senat demgegenüber keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Diese weichen nämlich von den Darstellungen Firma ... sowie denjenigen der Antragstellerin und der Beigeladenen in den Bauvorlagen deutlich ab, was den von der Antragstellerin schon aufgrund der Eintragung der Höhenlinien in veraltete Luftaufnahmen geäußerten Verdacht nährt, dass die Daten vor Durchführung der umfangreichen Bodenarbeiten erhoben wurden und mithin die tatsächlichen Verhältnissen bei Aufnahme der Bauarbeiten nicht wiedergeben.
43 
Angesichts des nur geringen Abstands des rund 2 m südwestlich der Grenze über das Grundstück der Antragstellerin verlaufenden Geländeschnitts 0+041.500 und des rund 3 m nordöstlich der Grenze über das Grundstück der Beigeladenen verlaufenden Geländeschnitts 0+046.500 der Firma ... lässt sich der Grundstücksverlauf an der Grenze durch Bildung von Mittelwerten annäherungsweise bestimmen. Hieraus ergibt sich eine Wandfläche von knapp 18 m². Selbst unter Hinzurechnung des in den Bauvorlagen der Beigeladenen dargestellten stärkeren Geländegefälles im nordöstlichen Bereich der Grundstücksgrenze, der auch auf den vorliegenden Lichtbildern des Grenzbereichs aus der Zeit der Aufnahme der Abgrabungen auf dem Grundstück der Beigeladenen erkennbar ist und von deren Architekten mit Schreiben vom 3.12.2015 an den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen bestätigt wurde, bliebe die Wandfläche unter 22 m².
44 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 i. V. mit § 159 VwGO.
45 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz, 53 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i. V. mit den Nrn. 1.5, 9.4. des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.