Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 13. Juli 2016 - 6 K 1596/15

bei uns veröffentlicht am13.07.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen einen der Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid.
Sie sind Miteigentümer einer Eigentumswohnung in der fünfgeschossigen Eigentumswohnungsanlage ...-Straße ... in ..., die zusammen mit dem direkt westlich anschließenden gleichartigen Wohnhausblock, ...-Straße ..., auf dem Grundstück Flst.Nr. ... errichtet wurde. Die beiden Wohnblocks weisen zusammen eine Länge von 48,2 m auf.
Die Wohnung der Kläger befindet sich an der der ...-Straße zugewandten Nordseite des Gebäudes in der 4. Etage. Sie weist zu dieser Straße hin einen kleinen, ca. einen halben Meter tiefen und anderthalb Meter breiten, geländerumwehrten sogenannten „Stehbalkon“ auf.
Die Beigeladene ist Eigentümerin des an der ...-Straße gegenüber dem Klägergrundstück gelegen Grundstücks Flst.Nr. yyyy, das zusammen mit dem westlich angrenzenden Grundstück Flst.Nr. yy... ein nach Westen spitz zulaufendes, mit Büschen, Rasen und ein paar großen Bäumen bewachsenes Dreieck bildet.
Die beiden Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Stadt am See-Rhein, 1. Änderung " vom 21.12.2007. Das Plangebiet umfasst das sogenannte „... Gelände“, das zwischen der YYY-straße und dem parallel dazu verlaufenden Seerhein liegt. Den Festsetzungen dieses Plans entsprechend ist dieses Gelände mit insgesamt fünf U-förmigen, sich zum anschließenden Seerheinufer jeweils öffnenden großen Wohnhausblöcken bebaut worden. Im östlichsten dieser Wohnhausblocks befindet sich die Wohnung der Kläger.
Bei dem Grundstück der Beigeladenen handelt es sich um den letzten, noch nicht bebauten Teil des Plangebiets. Nach den Planfestsetzungen (Baulinien, Grundflächenzahl und Zahl der Vollgeschosse) kann dieses Grundstück ebenfalls mit einem großen blockartigen Gebäude bebaut werden. Der Plan schreibt für den westlichen Teil des Grundstücks eine Bebauung mit sechs, im mittleren Teil mit fünf und im östlichen Teil mit drei Vollgeschossen vor. Die Beigeladene plant dort das sogenannte „T.-Projekt“, nämlich die Errichtung eines großen fünfgeschossigen blockartigen, einen Hotelbetrieb und Büroräume umfassenden Gebäudes.
Am 15.8.2014 stellte die Beigeladene einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung eines fünfgeschossigen Hotel-, und Bürogebäudes auf ihrem Grundstück, mit einer Höhe von 17 m, einer Länge von 47 m und - infolge des dem dreieckigen Grundstückszuschnitt angepassten, keilförmig geplanten Grundrisses - einer Breite von 10,9 m an seiner westlichen Schmalseite sowie einer Breite von 14,68 m an seiner östlichen Seite. Der Abstand zwischen den - parallel einander gegenüberliegenden - Gebäudefronten des Wohnblocks der Kläger und des geplanten blockartigen Gebäudes der Beigeladenen beträgt 15,5 m.
Im Angrenzeranhörungsverfahren erhoben die Kläger mit Schreiben vom 26.8.2014 (Behördenakten Seite [BAS] 75, 155) zahlreiche Einwendungen.
Unter anderem machten sie geltend, durch den geplanten 5-stöckigen Bau mit einer Länge von 47 m und einer Höhe von 17 m entstehe in der ...-Straße eine Schlucht bzw. Engstelle. Nach ihrem Wissensstand seien daraus resultierende gravierende Sicherheitsmängel bei der Planung nicht berücksichtigt worden. Bei den in ... vorherrschenden Westwinden sei bei Starkwind/Gewitterböen mit hohen Windgeschwindigkeiten von teilweise mehr als Windstärke 8 zu rechnen. Treffe ein solcher Wind auf eine Verengung/Schlucht, könne die Windgeschwindigkeit auf das Anderthalbfache anwachsen (sogenannter Düsen-Effekt). Bei Windstärke 8 (Sturm) bedeute das eine Zunahme auf Windstärke 12 (Orkan). Nachweislich seien in den vergangenen Jahren in der Wohnanlage an der dem Seerhein zugewandten Seite, wo sich auch eine solche Schneise befinde, bereits 30 kg schwere Pflanzkübel inklusive Bewuchs umgestoßen und Sonnenschirme durch die Luft gewirbelt worden. Die Folgen der geplanten schluchtartigen Engstelle in der ...-Straße seien vorhersehbar. Vor allem entstehe eine Gefährdung für den Personenverkehr und die dort geparkten Fahrzeuge. Derzeit sei nicht abschätzbar, inwieweit die mit einem Wärmeverbundsystem ausgestattete Hausaußenfront solchen Belastungen gewachsen sei. Hier könnten insbesondere erhöhte Nutzungswerte und in der Folge erhöhte Kosten hinsichtlich der Renovierung auftreten. Nach den Statistiken der Bauversicherungsträger seien in den letzten Jahren die Kosten für die Erneuerung von Außenfassaden im Rahmen der Abwicklung von Sturmschäden eklatant angestiegen. Da das geplante Gebäude insbesondere an der Ostseite keine aerodynamische Form aufweise, sei bei Gewitterböen mit starken Verwirbelungen zu rechnen. Insoweit fehle es hier an einer mathematischen Windsimulation-/bzw. Windstärkeanalyse, die vor Erteilung einer Baugenehmigung zwecks Risikoanalyse und Ausschluss von Gefährdungen eingeholt werden müsse. Es sei zu fordern, dass ein Bauherr eine durch Sachverständige abgesicherte Risikoanalyse im Sinne einer Unbedenklichkeitsbescheinigung wegen Windgefahren vorzulegen habe.
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Mit dem hier angefochtenen Bauvorbescheid vom 9.12.2014 (BAS 297) erteilte die Beklagte der Beigeladenen den begehrten Bauvorbescheid unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der für den westlichen Teil des Gebäudes vorgeschriebenen sechs Vollgeschosse, sowie der - durch die Fläche der Tiefgarage überschrittenen - Grundflächenzahl und der - durch das geplante Gebäude im geringen Umfang an der nördlichen Gebäudeseite überschrittenen - Baulinie. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Befreiungen würden gem. §§ 30, 31 Abs. 2 BauGB erteilt, da sie städtebaulich vertretbar und dadurch nachbarliche Interessen nicht berührt seien. Die Klärung aller übrigen Detailfragen einer Bebauung sei nicht Gegenstand des Bauvorbescheids, sondern bleibt einem noch einzuleitenden Baugenehmigungsverfahren vorbehalten.
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Der Bauvorbescheid wurde den Klägern zur Kenntnis gegeben, nämlich an sie adressiert am 11.12.2014 zur Post aufgegeben (BAS 321). Nach dem seitens der Beklagten unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Kläger ist er ihnen am 15.12.2014 zugegangen (BAS 523).
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Mit Schreiben vom 14.1.2015, das bei der Beklagten am 15.1.15 einging (BAS 523), erhoben die Kläger Widerspruch gegen den Bauvorbescheid, unter anderem mit der Rüge, der Bescheid berücksichtige nicht die von ihnen im Angrenzeranhörungsverfahren geltend gemachten Windgefahren. Nach § 3 LBO seien aber bauliche Anlagen so anzuordnen, dass die öffentliche Sicherheit, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht bedroht würden und dass Gebäude zweckentsprechend ohne Missstände nutzbar seien. Hier drohe durch das geplante Gebäude eine solche Sicherheitsgefährdung. Bedingt durch die vorherrschende Westwindrichtung und die bei Errichtung des Gebäudes entstehende Schlucht bzw. Enge sei mehrfach im Jahr ein Wind mit Windstärke 12 (Orkanstärke) möglich.
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Die Beklagte wies die Kläger darauf hin (BAS 527), dass der Widerspruch zwar zulässig sei, aber keinen Erfolg haben könne und sie ihm daher nicht abhelfe. Gegenstand des Bauvorbescheids seien lediglich die konkret mit dem Bauvorbescheidantrag von der Beigeladenen aufgeworfenen baurechtlichen Fragen bezüglich der Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans, die hier keinen nachbarschützenden Charakter aufwiesen. Die übrigen von den Klägern gerügten Punkte seien nicht Gegenstand des Bauvorbescheids. Ihre Klärung werde erst im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens auf der Basis der dann einzureichenden detaillierten Bauvorlagen erfolgen.
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Im Widerspruchsverfahren wiesen die Kläger erneut auf die mit dem starken Wind infolge einer Schluchtbildung verbundenen Gefährdungen hin. Konkreten Hinweisen auf eine Sicherheitsgefährdung, insbesondere für das Leben und die Gesundheit, habe die Beklagte nachzugehen und zu prüfen, ob insofern nicht schon bei der Aufstellung des rechtsverbindlichen Bebauungsplans Planungsfehler gemacht worden seien. Die Hinweise der Kläger auf Windgefahren seien indessen offensichtlich bisher im gesamten Verfahren nicht gewürdigt worden. Sehenden Auges dürfe eine Behörde aber nicht zulassen, dass ein Bürger durch ein Bauvorhaben Schaden erleide. Im konkreten Fall sei durch eine simulierte Gebäudewindkraftmessung im Rahmen eines Gutachtens festzustellen, ob ein Planungsfehler vorliege.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 2.6.2015 (Widerspruchsakte S. 95) wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Widerspruch wurde mit Einlieferungsbeleg vom 3.6.2015 zur Post gegeben.
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Mit Schreiben vom 30.6.2015 - bei Gericht eingegangen am 14.7.015 - erhoben die Kläger Klage beim Verwaltungsgericht.
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Insoweit legten sie einen Einlieferungsbeleg vom 1.7.2015 vor (GAS Seite 135) und trugen vor, sie hätten die Klage bereits am 1.7.015 an das Gericht abgesandt. Daher hätten sie sich darauf verlassen können, dass die Klageschrift bei normalem Postlauf rechtzeitig beim Gericht eingehe. Sie beantragten vorsorglich die Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist.
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Zur Begründung ihrer Klage berufen die Kläger sich, wie sie in der mündlichen Verhandlung auf Nachfragen ausdrücklich klargestellt haben, - anders als im vorangegangenen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren - nur noch auf die Windgefahren:
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Über das Jahr gesehen sei die tägliche Windbelastung in ..., insbesondere am hier fraglichen Nordufer des Seerheins, enorm. Ausweislich einer Auskunft des Deutschen Wetterdienstes (GAS 137) habe der Wind im Jahr 2014 fünfundsiebzig mal die Windstärke 6 und sechsmal die Windstärke 8 überschritten. Die Windgeschwindigkeit im Jahre 2015 habe sich gegenüber der im Jahr 2014 sogar noch deutlich gesteigert. Während sie im Jahre 2014 insgesamt sechsmal Windstärke 8 überschritten habe, sei dies im Jahre 2015 sogar insgesamt siebzehnmal - also nahezu dreimal so häufig - der Fall gewesen. Dazu legten sie eine Tabelle vor (GAS 313).
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In der Vergangenheit sei es auch schon zu erheblichen Schäden an der parallel und schluchtartig angeordneten benachbarten Eigentumswohnanlage (... Garten 2) gekommen, die direkt am Ufer des Seerheins liege. Im Jahr 2008 sei die Windbelastung teilweise so hoch gewesen, dass dort die Metall-Dachverwahrung verbogen und teilweise abgerissen worden sei. Nur ein Jahr später sei ein vergleichbarer Schaden entstanden, bei dem der Sturm wieder die Dachverwahrung herausgerissen und verbogen habe. Dazu legten die Kläger Fotografien vor (GAS 141). An den entsprechenden Tagen habe zeitweise Windstärke 9 geherrscht. Glücklicherweise sei es noch nicht zu Personenschäden gekommen. Aber an den Terrassen und Balkonen, unter anderem auch an denen des Nachbarn der Kläger, sei es zu Schäden gekommen. Massive und schwere Pflanzkübel seien umgeworfen (Foto GAS 143) und Terrassenmöbel und Schirme seien mitgerissen worden.
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Der von den Klägern bevollmächtigte, in der ...-Straße Nr. 17 wohnende Nachbar der Kläger hat auf Nachfragen im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben, auf dem Balkon seiner Wohnung sei wiederholt ein dort aufgestellter, geschätzt bis zu 50 kg schwerer Strandkorb vom Sturmwind umgerissen worden. Sturmwinde hätten auch immer wieder großflächig die auf dem Flachdach des von ihm bewohnten Hauses liegende Schicht aus Steinkieseln weggeblasen und auf die darunter liegende Straße geschleudert, so dass die Eigentümergemeinschaft, um einer Haftung vorzubeugen, die Kieselschicht mit schweren Steinen belegt und gesichert habe.
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Die Kläger haben ferner eine ganze Reihe von Stellungnahmen ihrer Nachbarn vorgelegt, die sich alle ebenfalls über die erheblichen Windgefahren und Schäden beklagen (GAS 145 ff.).
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Sie tragen vor, durch die parallele schluchtartige Anordnung ihres Hauses und des geplanten Gebäudes der Beigeladenen werde der aus der vorherrschenden Westwindrichtung strömende Wind wie in einem Windkanal auf teilweise bis zum Anderthalbfachen seiner Geschwindigkeit beschleunigt. Dadurch komme es vor allem an den Gebäudeecken zu gefährlichen Windwirbeln.
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Vor diesem Hintergrund hätte bereits vor Aufstellung des Bebauungsplans ein aerophysikalisches Gutachten eingeholt werden müssen. Spätestens jetzt aber, vor der Genehmigung des konkreten Vorhabens der Beigeladenen, hätte eine aerophysikalische Prüfung erfolgen müssen, ob solche windbedingten Gefahren für Leib und Leben der unmittelbaren Anwohner sowie der Benutzer der Gebäude und der Verkehrswege (Passanten, Fahrradfahrer, usw.) auszuschließen seien.
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Sie verweisen auf das Beispiel eines hinsichtlich einer Bebauung in Düsseldorf unter Zugrundelegung einer vom holländischen Normungsinstitut herausgegebenen technischen Norm bezüglich der Einstufung von Windgefahren (NEN 8100) erstellten aerophysikalischen Gutachtens zur Frage des Windkomforts bzw. von Windgefahren und verweisen ferner auf die Ausführungen eines Ingenieurbüros für Meteorologie sowie einer Gesellschaft zu den Themen Windkomfort/Windgefahren (GAS 171, 231 und 271).
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Sie tragen vor, die Aussage der Beklagten, es handele sich um normale Windverhältnisse, sei nicht haltbar, sondern verharmlosend. Im Hinblick darauf, dass massive Blumentöpfe und Metallverkleidungen zerstört worden seien, könne von normalen Windverhältnissen nicht die Rede sein.
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Die Kläger tragen schließlich vor, es stehe nicht in Rede, dass in Deutschland grundsätzlich auch einmal mit Windangriffen der Windstärke 12 gerechnet werden müsse und dass Bauwerke so konstruiert werden müssten, dass sie Windangriffen standhielten. Vielmehr gehe es um ihren Anspruch, dass bereits allgemein bestehende Windgefahren jedenfalls nicht noch durch die Errichtung von Bauwerken im konkreten Fall über das allgemeine natürliche Maß hinaus zu Lasten der Kläger verstärkt, erhöht bzw. potenziert werden dürften und dass insoweit ein nachbarlicher Abwehranspruch bestehe. Denn nach § 3 Abs. 1 S. 1 LBO sei im baurechtlichen Verfahren sicherzustellen, dass die Schutzgüter der Nachbarn, nämlich Leib, Leben, Gesundheit und Eigentum nicht durch ein Bauvorhaben verletzt würden.
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Die Kläger beantragen,
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den Bescheid der Beklagten vom 9.12.2014 und den Widerspruchs-bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 2.6.215 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
32 
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
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Die Beklagte führt in ihrer Klageerwiderung im Wesentlichen Folgendes aus:
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Die Klage sei wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Die Klage sei zudem unbegründet.
35 
Ein Abwägungsmangel bei der Aufstellung des Bebauungsplans liege nicht vor. In die Abwägung sei nur einzustellen, was nach Lage der Dinge eingestellt werden müsse. Grundsätzlich müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials nur das Gefahrenpotenzial bzw. die Belange oder Gegebenheiten ermittelt werden, die der Gemeinde im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan bekannt gewesen seien oder hätten bekannt sein müssen. Anhaltspunkte für die Existenz oder Entstehung einer Windgefahr im Bereich der ...-Straße hätten der Beklagten nicht vorgelegen und seien auch nicht ersichtlich.
36 
Die Windverhältnisse selbst seien kein von der Bebauung ausgehender Umstand, welcher Art und Maß der Nutzung im Allgemeinen betreffe. Vielmehr hätten sowohl der Bundes- als auch der Landesgesetzgeber mit der gleichrangigen Zulassung der geschlossenen Bauweise neben der offenen Bauweise klargestellt, dass die geschlossene Fassadenbauweise für sich genommen keine gravierende generelle Gefahr darstelle.
37 
Als Abwägungsbelang kämen allenfalls die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und an die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB in Betracht. Beispielhafte Beurteilungsmaßstäbe enthalte § 136 Abs. 3 Nr. 1 BauGB. Danach ergäben sich die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und an die Sicherheit unter anderem aus dem Bauordnungsrecht der Länder sowie aus sonstigen öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften. Aus dem Bauordnungsrecht ergäben sich insbesondere Anforderungen an die Belichtung, Besonnung und Belüftung sowie die bauliche Beschaffenheit von Gebäuden. Von Bedeutung seien weiterhin die Einwirkungen, insbesondere Immissionen, die von Grundstücken usw. ausgingen. Die Umlenkung von vorhandenen zufälligen Windeinflüssen sei für sich genommen keine solche Beeinflussung, sondern ein allgemeines Lebensrisiko, welches allein Gefahren durch die konkrete bauliche Ausführung, d.h. die Gefahren durch den Bau selbst betreffe. Allgemeine Windverhältnisse seien im Grundsatz keine der Bebauungsplanung zugänglichen Umstände, die etwa mit Hochwassergebieten oder mit durch umweltschädliche Stoffe belasteten Gebieten vergleichbar wären. Eine Veränderung dieser Windverhältnisse durch eine Bebauung könne nicht zu einer planungsrechtlich relevanten Beeinträchtigung führen, da andernfalls eine Bebauung per se ausgeschlossen wäre.
38 
Allenfalls wenn einer planenden Gemeinde konkrete erhebliche Gefahren durch ganz besondere Windverhältnisse bekannt seien, seien diese bereits bei der Bauleitplanung als die Sicherheit der Bevölkerung berührende Umstände in die Abwägung einzustellen. Vor dem Hintergrund aber, dass der Wind von keiner öffentlich-rechtlichen Bestimmung als explizite Gefahrenquelle benannt werde, sei davon nur dann auszugehen, wenn geradezu katastrophal orkanartige Windverhältnisse als Regelfall aufzutreten drohten. Zu denken wäre hier an exponierte, freistehende Flächen in Erhöhung oder bekannte natürliche Windkanäle. Im konkret vorliegenden Planungsgebiet sei der Beklagten aber in der Vergangenheit und auch aktuell nichts dergleichen bekannt. Es habe auch sonst nie Anhaltspunkte dafür gegeben. Dass es vereinzelt zu Windspitzen kommen könne, sei ein allgemeines Lebensrisiko, welches auch unabhängig von einer Bebauung auftrete. Ins Blaue hinein müsse eine Kommune nicht ohne Anhaltspunkte erhöhte Allgemeingefahren ermitteln. Eventuelle schwere Winde im Planungsgebiet seien Einzelfälle, die gerade nicht auf eine Bebauung zurückgingen. Eines Sachverständigengutachtens hätte es deshalb vor Planaufstellung nicht bedurft.
39 
Dass Blumentöpfe bei stärkerem Wind umfallen und exponierte Dachverkleidungen aus Leichtmetall gegebenenfalls beschädigt werden könnten, zähle zu den allgemeinen Gefahren, die jedermann unabhängig von der vorhandenen Stadtplanung zu tragen habe. Die von den Klägern genannten Gutachten anderer Gemeinden hätten vorhabenbezogene Bebauungspläne für Hochhäuser betroffen, bei denen im Gegensatz zur normalen Wohnbebauung, wie sie im hiesigen Planungsgebiet vorgesehen sei, erfahrungsgemäß die Windströmung nicht nur unerheblich verändert würden und auch sonst für das Planungsgebiet erhebliche Beeinträchtigungen zu erwarten gewesen seien, deren Einschätzung besonderer Expertise bedurft hätte. Für den hier gegebenen Regelfall einer einfachen Wohnbebauung mit normaler Geschosszahl bedürfe es hingegen ohne weitere Anhaltspunkte keiner besonderen Begutachtung. In der näheren Umgebung des Bebauungsplangebiets befänden sich der Höhe und Länge der Gebäude/Häuserschluchten nach vergleichbare Verhältnisse wie im Plangebiet, ohne dass es hier zu Missständen gekommen sei. Eine atypische Bebauung, wie etwa ein Hochhaus oder besondere Geländeverhältnisse, seien nicht gegeben. Die Stadt ... befinde sich zudem nach der Windkarte des Deutschen Wetterdienstes mit einer über das Jahr gemittelten Windgeschwindigkeit von 10 m/s über Grund im untersten Bereich der Skala.
40 
Die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere bezüglich der Einwirkungen von Windlasten, seien erst im noch ausstehenden konkreten Baugenehmigungsverfahren bezüglich der Einzelheiten der Bauausführung zu beachten.
41 
Mit den aktuell geltenden Vorschriften würden die Verhältnisse hinsichtlich des Böengeschwindigkeitsdrucks bereits berücksichtigt. Für die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die Errichtung von Gebäuden gelte entsprechend § 3 Abs. 3 LBO die vom Landesumweltministerium bekanntgemachte „Liste der Technischen Baubestimmungen (LTB)“ und die in dieser Liste aufgeführte DIN-Vorschrift über die Ermittlung von Einwirkungen aus natürlichem Wind (Windeinwirkungen) auf Gebäude, nämlich die „DIN EN 1991-1-4“.
42 
Diese Vorschriften berücksichtigten auch die regionalen Verhältnisse: Nach Ziff. 2 der Anlage 1.2/3 zu LTB gelte die in Anhang II zur LTB enthaltene „Zuordnung der Gemeinden in Baden-Württemberg zu den Windzonen der DIN-EN-1994-1-4/Nationaler Anhang -NA:2010-12“. Danach seien die bis 3 km ins Landesinnere gelegenen Bodenseeanrainergemeinden der Windzone 2 zuzuordnen. Nach Ziff.3 der Anlage 1.2/3 der LTB zur DIN EN 1991-1-4/NA seien diese Bodenseeanrainergemeinden zudem bei der Ermittlung des Böengeschwindigkeitsdrucks der Kategorie „Küste und Inseln der Ostsee (entspricht Mischprofil der Kategorien I und II) bzw. der Kategorie „küstennahe Gebiete sowie Gebiet auf den Inseln der Ostsee (entspricht ebenfalls einem Mischprofil von Geländekategorie I und II) zuzuordnen.
43 
Diese bauordnungsrechtlichen Vorschriften berücksichtigten die regionalen Verhältnisse. Der Beklagten seien aus eigener Erfahrung keine ungewöhnlichen oder sonst in irgendeiner Weise vom normalen Maße abweichenden Windverhältnisse am ...er Seerhein bekannt.
44 
Im Genehmigungsverfahren über den angefochtenen Bauvorbescheid sei die Einholung eines aerophysikalischen Sachverständigengutachtens nach allem nicht erforderlich gewesen. Eine Änderung der LTB, welche zu einer Einführung der niederländischen technischen Norm NEN 8100 als Rechtsgrundlage für die Anforderung eines windklimatischen Gutachtens dienen könnte, sei nach dem Wissen der Beklagten bisher nicht erfolgt.
45 
Im Hinblick auf den Inhalt der seitens der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem begehrten Bauvorbescheid nach § 57 LBO zur Bescheidung gestellten Fragen, wäre dies auch nicht erforderlich gewesen. Diese Fragen bezögen sich ausnahmslos auf Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans. Die von Seiten der Kläger vorgetragenen Argumente seien hierfür ohne Belang.
46 
Erst im Rahmen eines nachfolgenden Baugenehmigungsverfahrens sei es den Klägern unbenommen, ein Gutachten im Rahmen der Nachbaranhörung in eigener Verantwortung vorzulegen. Eine Rechtsgrundlage, dies von Seiten der Bauherrschaft zu fordern, sehe die Beklagte nicht.
47 
Das Gericht hat den Beteiligten einen ausführlichen rechtlichen Hinweis erteilt (GAS 331).
48 
Im Termin wurde der von den Klägern für den Termin bevollmächtigte Nachbar zu den Windgefahren informatorisch angehört.
49 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behördenakten (zwei Hefte Bauakten der Beklagten, eine Heft Bebauungsplanakten sowie ein Heft Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums) und der Gerichtsakten (ein Heft) sowie auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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1. Die Klage ist zulässig.
51 
1.1. Sie ist insbesondere nicht wegen Versäumung der einmonatigen Klagefrist verfristet (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwGO).
52 
Denn den Klägern ist gem. § 60 Abs.1, Abs. 2 S. 1 - S. 3, Abs. 4 VwGO Wiedereinsetzung in die von ihnen unverschuldet versäumte Klagefrist zu gewähren, da sie nachgewiesen haben, dass sie bereits am 1.7.2015 die Klageschrift zur Post gegeben haben und daher bei normalem Postlauf darauf vertrauen konnten, die Klage werde innerhalb der frühestens am 6.7.2015 ablaufenden Klagefrist beim Gericht eingehen und nicht - wie tatsächlich im vorliegenden Fall geschehen - erst am 14.7.2015. (Hinsichtlich der näheren Einzelnen und Nachweise wird auf den gerichtlichen Hinweis vom 10.12.2015 - GAS 279 - verwiesen, an dem das Gericht nach erneuter Prüfung festhält, zumal die Beklagte in der mündlichen Verhandlung demgegenüber keine Einwände erhoben hat).
53 
1.2. Die Kläger sind auch gem. § 42 Abs. 2 VwGOklagebefugt.
54 
1.2.1. Das gilt allerdings nur insoweit, als sie als Miteigentümer ihrer Eigentumswohnung eine Beeinträchtigung ihres Sondereigentums (Art. 14 GG) an ihrer Wohnung rügen, nämlich hier sinngemäß Beeinträchtigungen der Substanz des individuell ihrer Wohnung zugeordneten Balkons bzw. der darauf von ihnen abgestellten Gegenstände und Beeinträchtigungen der Nutzbarkeit dieses Balkons durch stürmischen oder orkanartigen Wind geltend machen, der auch Gefahren für Leib und Leben mit sich bringe, welche die Ausnutzbarkeit des Balkons reduziere. Denn das Wohnungseigentum, das nach § 1 Abs. 2 WEG aus dem Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum besteht, zu dem es gehört, vermittelt grundsätzlich eine abwehrfähige öffentlich-rechtliche Rechtsposition (vgl. BVerwG, B. v. 20. 8.1992 - 4 B 92.92 -, juris; OVG NRW, B. v. 28.2.1991 - 11 B 2967/90 -, NWVBl. 1991, 265; OVG Berlin, U. v. 25.2.1994 - 2 B 11.91 -, BRS 56 Nr.172; Bay. VGH, B. v. 22.3. 2010 -15 CS 10.355-, juris).
55 
1.2.2. Nicht klagebefugt sind die Kläger hingegen, soweit sie sich darüber hinaus mit ihrer Klage auch auf eine Verletzung des Gemeinschaftseigentums der Wohnungseigentümer am Grundstück, nämlich darauf berufen, durch den stürmischen/orkanartigen Wind, der bei Ausführung des Bauvorhabens der Beigeladenen in verschärfter Form zu erwarten sei, könne es auch zu Beschädigungen der Außenfassade (inklusive der Wärmedämmung), des Dachs und ggf. auch der Dachverblendung/-verkleidung kommen. Insoweit ist allein die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer klagebefugt. Denn nur die Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht der einzelne Wohnungseigentümer aufgrund seines Anteils am gemeinschaftlichen Eigentum (§ 1 Abs. 5 WEG) ist berechtigt, Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums im eigenen Namen im Wege von Abwehrrechten gegen ein Bauvorhaben auf einem Nachbargrundstück geltend zu machen (vgl. OVG Berlin-Bbg., B. v. 15.10. 2012 - OVG 2 N 111.10 -, juris; Bay. VGH, B. v. 12.9.2005 - 1 ZB 05.42 -, BRS 69 Nr. 181). Bei der Geltendmachung von Nachbarrechten wegen einer Verletzung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die dem Schutz des gemeinschaftlichen Eigentums dienen, handelt es sich nämlich um eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 20 Abs. 1 WEG). Diese steht gemäß § 21 Abs. 1 WEG grundsätzlich den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. Der einzelne Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, § 21 Abs. 1 WEG ist nicht berechtigt, aufgrund seines ideellen Anteils am gemeinschaftlichen Eigentum wegen Beeinträchtigung dieses Eigentums Abwehrrechte gegen ein Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück geltend zu machen. Soweit die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer das gemeinschaftliche Eigentum verwaltet und dabei am Rechtsverkehr teilnimmt, ist sie gemäß § 10 Abs. 6 WEG auch rechtsfähig (vgl. BGH, B. v. 2. 6. 2005 - V ZB 32/05 -, NJW 2005, 2061 = juris) und damit im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligtenfähig (§ 61 Nr. 2 VwGO). Entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht ist es auch nicht so, dass ein einzelner Wohnungsmiteigentümer grundsätzlich immer befugt wäre, Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums selbst klageweise geltend zu machen, solange die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht diese Angelegenheit gewissermaßen „an sich gezogen hat“ bzw. ihn ausdrücklich dazu ermächtigt hat. Vielmehr kann ein einzelner Sondereigentümer eine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums lediglich in den engen Grenzen einer Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG) und nur in Prozessstandschaft für die Eigentümergemeinschaft abwehren. Die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführung wurden im vorliegenden Fall jedoch weder geltend gemacht, noch liegen diese erkennbar vor. Es wäre außerdem der Hausverwaltung ohne Weiteres möglich gewesen, im Namen der Eigentümergemeinschaft Klage gegen die Baugenehmigung zu erheben und sei es nur zur Fristwahrung. Die Klageerhebung hätte im Nachhinein durch einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft genehmigt werden können (so ausführlich BayVGH, U. v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211 -, BauR 2012, 1925 = juris Rn. 21).
56 
2. Die Klage ist indessen unbegründet.
57 
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
58 
Nach §§ 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 sowie 58 Abs. 1 S. 1 und S. 2 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens bereits vor Einreichen eines Bauantrags erteilt werden (Bauvorbescheid). Insoweit gilt § 58 Absatz 1 S. 1 LBO entsprechend. Danach ist eine Baugenehmigung bzw. ein Bauvorbescheid zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen stehen. Soweit nicht § 52 LBO (vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren) Anwendung findet, sind gemäß §§ 58 Abs. 1 S. 2 LBO alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu prüfen, die Anforderungen an das Bauvorhaben enthalten und über deren Einhaltung nicht eine andere Behörde in einem gesonderten Verfahren durch Verwaltungsakt entscheidet.
59 
Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen hat die Beklagte der Beigeladenen den Bauvorbescheid zu Recht erteilt.
60 
2.1. Das Vorhaben der Beigeladenen entspricht - im Rahmen der dazu nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB erteilten Befreiungen, bezüglich deren die Kläger keine Verletzung nachbarlicher Rechte (mehr) geltend machen - den Festsetzungen des Bebauungsplans (§ 30 Abs.1 BauGB).
61 
Dieser Bebauungsplan ist im vorliegenden Fall auch als gültig anzusehen. Dabei kommt es auf die von den Klägern aufgeworfene Frage gar nicht an, ob dieser Bebauungsplan an einem Abwägungsmangel leidet, weil die Beklagte im Rahmen der Planaufstellung womöglich zu berücksichtigende Windgefahren gar nicht berücksichtigt und als Abwägungsmaterial in die Abwägung mit eingestellt hat (§ 2 Abs. 3 BauGB). Selbst wenn nämlich insoweit ein nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB im Grundsatz beachtlicherAbwägungsmangel vorläge, wäre dieser Mangel nach dem Planerhaltungsgrundsatz wegen Ablaufs der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB hier jedenfallsunbeachtlich. Ein solcher Mangel wurde nämlich nicht binnen eines Jahres nach Bekanntmachung der Bebauungsplansatzung schriftlich gegenüber der Beklagten geltend gemacht, obwohl im Rahmen der Bekanntmachung auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung sowie auf deren Rechtsfolgen hingewiesen worden ist (vgl. die Bekanntmachung der Bebauungsplansatzung nebst entsprechenden Hinweisen am 22.1.2007 im Südkurier - siehe Ziff.1 der Bebauungsplanakte).
62 
2.2. Der den Festsetzungen des mithin als gültig zu betrachtenden Bebauungsplans entsprechende Bauvorbescheid verstößt auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot, das in § 15 Abs. 1 S. 1 BauVNO seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 -, NVwZ 2000, 1050 = juris; siehe zum nachbarschützenden Charakter des § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO auch Dürr/Leven/Speckmaier, Baurecht, 15.Aufl., 2015, S. 160 Rnr. 290). Danach ist ein Vorhaben, selbst wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht, im Einzelfall unzulässig, wenn „von ihm Belästigungen oder Störungen ausgehen können“, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung „unzumutbar“ sind.
63 
Auf dieses Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme käme es im Übrigen für die mit der Klage gerügte Verletzung nachbarlicher Rechte genauso an, wenn der Bebauungsplan aufgrund eines Abwägungsmangels nichtig wäre. Denn dann wäre die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach der für den unbeplanten Innenbereich geltenden Vorschrift des § 34 Abs.1 BauGB zu beurteilen, der wiederum das Gebot der Rücksichtnahme im Begriff des „Einfügens“ mitenthält (vgl. Dürr/Leven/Speckmaier, a.a.O. Rn. 296 und 304 m.w.Nw.). Nach Art, Lage und Ausmaß würde sich insoweit das Vorhaben im Grundsatz auch in die Umgebungsbebauung des dann unbeplanten Innenbereichs „einfügen“, die durch die bereits vorhandene, im Wesentlichen vergleichbare und bestandskräftig genehmigte Bebauung des ... Gartengeländes mit mehreren fünfgeschossigen blockartigen Wohngebäuden maßgeblich geprägt würde.
64 
2.2.1. Entgegen der Ansicht der Beklagten und der Widerspruchsbehörde geht das Gericht davon aus, dass die von den Klägern geltend gemachten Windgefahren nicht erst im Rahmen eines noch ausstehenden Baugenehmigungsverfahrens (§ 58 LBO) unter dem bauordnungsrechtlichen Aspekt des nachbarschützenden § 3 Abs. 1 LBO (vgl. VGH Bad.-Württ. , B. v. 9.2.1995 - 3 S 3407/94 -, NVwZ-RR 1995, 561 = juris) zu prüfen und zu berücksichtigen sind, weil sie etwa vom Regelungsgehalt des Bauvorbescheids gar nicht erfasst und schon von daher für dessen Rechtmäßigkeit von vornherein unerheblich wären.
65 
Denn der angefochtene Bauvorbescheid der Beklagten vom 9.12.2014 (BAS 297) beantwortet zwar konkret nur die drei von der Beigeladenen im entsprechenden Antrag aufgeworfenen Fragen nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens trotz der damit verbundenen Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Vollgeschosszahl, der Grundflächenzahl und der Baulinien und erklärt ausdrücklich, Gegenstand seien die drei entsprechenden Fragen, eine bauordnungsrechtliche Präventivkontrolle sei nicht Gegenstand, die Klärung der übrigen Detailfragen sei dem noch einzuleitenden Baugenehmigungsverfahren vorbehalten (siehe dazu Ziff. 1, 5 und Anmerkung im Anschluss an Ziff. 9 des Bescheids). Der Bauvorbescheid bestätigt nach seinem Regelungsgehalt jedoch grundsätzlich die planungsrechtliche Zulässigkeit des durch die eingereichten Bauvorlagen hinsichtlich seiner konkreten Lage und Kubatur (Breite, Höhe, Länge) bestimmten Vorhabens, indem er im Ergebnis ausführt, dass das Vorhaben unter Berücksichtigung der erteilten Befreiungen den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht. Gerade diese Lage und Kubatur aber soll nach Auffassung der Kläger zur Bildung einer schluchtartigen Enge bzw. eine sogenannten Winddüse beitragen, durch welche die von ihnen befürchteten Windgefahren verursacht werden sollen.
66 
2.2.2. Mit diesem Inhalt verstößt der Bauvorbescheid jedoch nicht zu Lasten der Kläger gegen das Rücksichtnahmegebot.
67 
Rücksicht zu nehmen ist insofern nur auf den begrenzten Kreis derjenigen, die von den Auswirkungen des Vorhabens in „qualifizierbarer und zugleich indvidualisierbarer Weise “ betroffen werden (vgl. BVerwG, U. v. 5.8.1983 - 4 C 96/79 - NJW 1984, 138 -juris). Nur in diesem Umfang kommt diesem Gebot drittschützender Charakter zu.
68 
Das Rücksichtnahmegebot soll einen angemessenen Ausgleich zwischen den Belangen des Bauherrn und seiner Umgebung bewirken. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U. v. 25. 2. 1977 - 4 C 22.75 - , BVerwGE 52, 122 = Juris).
69 
Im Rahmen der hiernach gebotenen (Zumutbarkeits-)Abwägung können allerdings die Interessen der Beteiligten ein unterschiedliches Gewicht haben, je nachdem, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unzulässig ist oder umgekehrt (vgl. BVerwG, B. v.14.2.1994 - 4 B 152.93 -, juris, Rn. 18, 19 = BRS 56, Nr. 165).
70 
Innerhalb dieses Rahmens muss jeder Bauherr bedenken, welche Folgen die Verwirklichung seines Vorhabens für die Umgebung haben wird. Er muss dabei zwar nicht eigene Interessen hintanstellen, um lediglich gleichgewichtige Belange anderer zu schonen. Wenn aber ein Nachbar durch das Vorhaben einer ihm im Hinblick auf die jeweilige Situation billigerweise nicht mehr zumutbaren Beeinträchtigung ausgesetzt wird, muss der Bauherr unter Umständen sogar ein nach den baurechtlichen Vorschriften an sich zulässiges Vorhaben ändern.
71 
Das Rücksichtnahmegebot verpflichtet allerdings nicht nur den Bauherrn zur Rücksichtnahme, sondern umgekehrt auch den Nachbarn, soweit es um schützenswerte Belange des Bauherrn geht. Das Gebot gilt nämlich nicht einseitig, sondern verpflichtet vielmehr gleichermaßen beide Konfliktparteien zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, sind daher einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die Rücksichtnahmepflicht belastet also nicht nur den Immissionsverursacher, sondern auch denjenigen, der sich den Wirkungen einer solchen Immission selbst aussetzt. Was dem Rücksichtnahmeverpflichteten, aber umgekehrt auch dem Rücksichtnahmeberechtigten im Einzelnen zur Konfliktvermeidung zuzumuten ist, richtet sich dabei nach der jeweiligen konkreten Grundstücksituation. Die Situation, in die ein Grundstück nach seiner Lage und Beschaffenheit hineingestellt ist (Situationsgebundenheit), wirkt bezogen auf die mit seiner Nutzung ggf. verbundenen Beeinträchtigungen einerseits als Situationsbelastung, nach der anderen Seite aber auch als Situationsberechtigung. Schutzmindernd kann sich daher auswirken, wenn eine Nutzung zuerst aufgenommen wurde, es sich um eine genehmigte Nutzung handelt und diese Bestandsschutz genießt, d.h. wenn der sie Ausübende darauf vertrauen durfte, sie ohne Einschränkungen bzw. ohne den Vorbehalt künftiger Einschränkungen ausüben zu können.
72 
Dabei müssen allerdings sowohl eine bestandskräftig genehmigte, als auch eine nach einem Bebauungsplan in diesem Gebiet grundsätzlich zulässige Nutzung - wenn irgend möglich - beide ausgeübt werden können. Das Rücksichtnahmegebot bietet mithin dem Inhaber des Bestandsschutzes keine Handhabe, die Erteilung einer Baugenehmigung für die auf einem Grundstück baurechtlich allgemein zulässige Nutzung von vornherein ganz abzuwehren. Er kann also nicht beanspruchen, dass dem hinzutretenden Bauwilligen zur Entschärfung des Konflikts die Erteilung einer Baugenehmigung von vornherein ganz versagt wird. Vielmehr kann es ihm aufgrund der inneren Wechselbeziehung zwischen dem Baurecht und dem Immissionsschutzrecht obliegen, im Rahmen der dynamischen immissionsschutzrechtlichen Betreiberpflichten auch nachträglich Vorkehrungen zur Vermeidung bzw. Reduzierung von Emissionen seiner Anlage zu treffen, welche andernfalls dem hinzutretenden Bauwilligen die Ausführung seines Vorhabens unmöglich machen oder diese übermäßig beschränken würden.
73 
Umgekehrt kann aber auch für einen hinzukommenden neuen Nutzer eine Pflicht bestehen, sich nicht „schutzlos“ den vorhandenen Immissionen auszusetzen, sondern durch zumutbare Maßnahmen der Emissionsvermeidung und -minderung zu einem beiderseits zumutbaren verträglichen Interessenausgleich beizutragen. Wer insofern darauf verzichtet, ihm technisch mögliche, naheliegende und wirtschaftlich zumutbare Gestaltungsmittel zu wählen oder auf entsprechende bauliche Vorkehrungen verzichtet, also eine solche ihm mögliche und zumutbare „architektonische Selbsthilfe“ unterlässt, welche seine Beeinträchtigung durch die Immissionen spürbar vermindern würden, handelt seinerseits rücksichtslos und kann für ein in dieser Hinsicht gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßendes Bauvorhaben nicht die Erteilung einer Baugenehmigung beanspruchen (vgl. zu alldem im Einzelnen BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, NVwZ 1996, 379 = juris, Rn. 20 - 25; BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 - NvwZ 2000, 1050 = juris, Rn. 20 - 30; OVG NRW, U. v. 1.6.2011 - 2 A 1058/09 -, BauR 2012, 476 = juris, Rn. 74 ff.).
74 
Im vorliegenden Fall entfaltet dieses Rücksichtnahmegebot zumindest den Klägern gegenüber auch drittschützende Wirkung. Sie berufen sich zwar auf Gefahren, die das Vorhaben durch eine ungünstige Beeinflussung der Strömung und Geschwindigkeit des Windes verursachen soll, also einer unbeherrschbaren Naturgewalt, mit einem im städtebaulichen Kontext komplexen und daher nicht oder nur schwer überschaubaren weitläufig ausgedehnten Wirkungsgefüge (vgl. zum Stand und den Schwierigkeiten der sogenannten „urban physics“- Stadtwind-Forschung: Asendorpf, „Architektur im Windkanal“, Die ZEIT Nr. 22 v. 27.5.2010, - www.zeit.de/ 2010/22/Staedte-Windkanal/komplettansicht?print). Sie zählen aber noch zu dem „indvidualisierbaren und qualifizierbaren“ Kreis derjenigen, die direkt von Windgefahren betroffen wären, die von dem geplanten Vorhaben der Beigeladenen womöglich mitverursacht werden. Denn sie sind Miteigentümer eines Gebäudes, das zusammen mit dem direkt gegenüber in 15 m Abstand geplanten Vorhaben der Beigeladenen eine Straßenschlucht und damit die sog. „Winddüse“ bilden soll, von der sie gerade eine gefährliche Erhöhung der Windgeschwindigkeit befürchten (siehe hingegen zu dem mangels hinreichend abgrenzbar erkennbaren Personenkreises fehlenden Drittschutz der die Naturgewalt „Wasser“ betreffenden wasserrechtlichen Vorschriften bezüglich eines Überschwemmungsgebiets OVG Hamburg, B. v. 28.1.2016 - 2 Bs 254/15 -, BauR 2016, 1125 = juris, Rn. 30 -34 und U. v. 9.4.1997 - Bf V 64/95 -, juris, Rn.38 - 42).
75 
Bei der Beurteilung der Frage, ob das Rücksichtnahmegebot zu Lasten der Kläger durch den Bauvorbescheid verletzt wird, kann hier offenbleiben, ob sich aus der Kombination des Vorhabens der Beigeladenen mit dem Gebäude der Kläger tatsächlich eine Winddüse ergibt, die den Wind, der durch die ...-Straße strömt, sehr stark beschleunigt und dadurch bereits vorhandene Windgefahren deutlich verschärft und potenziert, wie dies die Kläger mit ihrem Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung behauptet haben.
76 
Denn selbst wenn dies - unterstellt - der Fall wäre, würde sich daraus keine zur Rechtswidrigkeit des Bauvorbescheids führende Rücksichtslosigkeit des Vorhabens der Beigeladenen ergeben.
77 
Vielmehr erweist sich das von den Klägern mit der vorliegenden Baunachbarklage gegenüber der Beigeladenen verfolgte Ansinnen als rücksichtlos, diese müsse aus Rücksicht darauf, den Klägern die Benutzbarkeit ihres kleinen Stehbalkons im bisherigen Umfang ungeschmälert zu erhalten, auf die grundsätzlich zulässige Bebauung ihres Grundstücks ganz oder in wesentlichem Umfang verzichten und der ihr erteilte Bauvorbescheid sei deshalb aufzuheben. Denn die Kläger haben infolge der Situationsbedingtheit ihres Eigentums keinen Anspruch auf Verschonung von stärkerem Wind, zumindest aber könnten sie sich selbst durch zumutbare Maßnahmen der Eigenvorsorge/Eigensicherung gegenüber den Gefahren sichern und schützen und wegen der wechselseitigen Rücksichtnahmepflichten der Kläger und der Beigeladenen kämen zur Konfliktlösung allenfalls bauordnungsrechtlich ggf. auch nachträglich beiderseitige bautechnische Nachrüstungsmaßnahmen an beiden Gebäuden zur Vermeidung von Gefahren in Betracht. Das ergibt sich aus der im Nachfolgenden dargestellten Bewertung des jeweiligen Gewichts und der Schutzwürdigkeit der gegenläufigen baurechtlichen Interessen der Kläger und der Beigeladenen und der Abwägung dieser Interessen gegeneinander:
78 
Bauplanungsrechtlich ist das Vorhaben der Beigeladenen nämlich im Plangebiet nicht nur ausnahmsweise, sondern grundsätzlich genauso zulässig, wie die im selben Plangebiet im gleichen Umfang zugelassene Bebauung des Grundstücks der Kläger. Daraus ergibt sich eine gleichgewichtige Verpflichtung sowohl der Kläger als auch der Beigeladenen zur wechselseitigen Rücksichtnahme.
79 
Dem Umstand, dass das Grundstück der Kläger bereits bebaut war, als die Beigeladene ihren Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids stellte, kommt dabei keine das Gewicht der Rücksichtnahmeverpflichtung zu Lasten der Beigeladenen verschiebende Bedeutung zu.
80 
Denn wann sich die für beide Grundstücke von Anfang an gleichermaßen gegebene plangemäße Bebaubarkeit durch eine tatsächliche Bebauung realisiert, hängt von reinen Zufälligkeiten ab, wie etwa dem Entstehen des Bauwunsches und der Verfügbarkeit finanzieller Mittel zu seiner Realisierung. Die Kläger können sich also gegenüber der Beigeladenen nicht etwa darauf berufen, ihr Haus sei gewissermaßen „zuerst da gewesen“, so dass in erster Linie die Beigeladene als später Hinzutretende mit ihrem Vorhaben auf die vorhandene Bebauung des Klägergrundstücks Rücksicht zu nehmen habe. Vielmehr war die Grundstückssituation der Kläger aufgrund der klaren Festsetzungen des Bebauungsplans von Anfang an mit der Möglichkeit der plangemäßen Bebauung des Nachbargrundstücks der Beigeladenen belastet, so dass schon kein schutzwürdiges Vertrauen auf ein Ausbleiben einer solchen Nachbarbebauung entstehen konnte.
81 
Das Bauvorhaben der Beigeladenen ist auch nicht etwa deshalb rücksichtlos, weil die Beigeladene damit die von den Klägern für ihr Grundstück befürchtete Gefahrenlage allein verursachen würde.
82 
Der Annahme einer solchen monokausalen, allein der Beigeladenen anzulastenden und sie daher zu einer gesteigerten Rücksichtnahme verpflichtenden Gefahrenverursachung steht hier schon der Umstand entgegen, dass die von den Klägern befürchtete gefahrverursachende Winddüse sich (wenn überhaupt) erst aus der Kombination ihres Gebäudes und desjenigen der Beigeladenen ergeben würde. Das heißt, das Gebäude der Kläger würde zu genau dem gleichen Anteil zu der Gefahrenverursachung beitragen, wie dasjenige der Beigeladenen, und wäre damit gleichermaßen Teil des Problems. Augenfällig zeigt dies bereits die Rüge der Kläger, der Bebauungsplan sei abwägungsfehlerhaft, weil er nicht berücksichtigt habe, dass sich infolge der Bebauung auf beiden Seiten der ...-Straße eine „Straßenschlucht“, bzw. eine „schluchtartige Enge“ ergebe, die eine das Gefahrenrisiko verstärkende Winddüse bilde. Würde man nämlich dieser Argumentation folgen, so hätte der Plangeber, um diesen Bedenken Rechnung zu tragen, dann nicht nur die Bebaubarkeit des Grundstücks der Beigeladenen, sondern konsequenterweise auch die Bebaubarkeit des Grundstücks der Kläger nur in einer hinsichtlich der Höhe sowie Länge eines Baukörpers und seines Abstandes zu dieser Straße sehr eingeschränkten Form festsetzen dürfen.
83 
Trotz dieser Konstellation fehlt es allerdings nicht schon an dem vom Rücksichtnahmegebot in § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO vorausgesetzten Merkmal, dass die (von den Klägern erwarteten unzumutbaren)Belästigungen oder Störungen durch Windgefahren (zumindest auch) „von der (durch die Beigeladene geplanten) baulichen Anlage ausgehen“ müssen.
84 
Bei der lediglich durch die Lage und Größe eines oder mehrerer Baukörper ggf. verursachten bloßen Beschleunigung der Strömungsgeschwindigkeit der Umgebungsluft (Wind) handelt es zwar nicht um eine von diesen Gebäuden „ausgehende“ Emission. Vielmehr handelt es sich lediglich um einen allgemeinen natürlichen physikalischen Vorgang. Dieser wird von dem Emissionsbegriff des § 3 Abs. 3 BImSchG („von einer Anlageausgehende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen oder ähnliche Erscheinungen“) ebenso wenig erfasst wird, wie etwa von den (im privaten Nachbarrecht einschlägigen) vergleichbaren Begrifflichkeiten des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB („Zuführung von Gasen, Dämpfen, …. Erschütterungen, Geräuschen oder ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen“). Denn sogenannten „negativen Einwirkungen“ zählen dazu nicht, wie etwa die Wind, Lichtzufuhr oder Funkwellen „abschattende“ oder „umlenkende“ Wirkung eines Gebäudes (siehe dazu BGH, U. v. 22.2.1991 - V ZR 308/89 - NJW 1991, 1671 [1672] = juris Rn. 10 unter Hinweis auf RG, Warn 1914, Nr. 57 = JW 1914, 196 und OLG München, DW 1957, 68, wonach es eine solche, von § 906 Abs. 1 S. 1 BGB nicht erfasste „negative Einwirkung“ darstellt, wenn ein Gebäude die „Bewegung des Windes zum Nachteil des Nachbargrundstücks beeinflusst, weil ein Windstau entsteht“; ebenso zu dem „von einem Gebäude abprallenden Wind und Regen“ BGH, U. v. 21.10.1983 - V ZR 166/82 -, NJW 1984, 729 = juris, Rn. 8 und insbes.Rn. 13 m.w.Nw.; so auch zu der „Verwirbelung des Windes“ durch eine Windkraftanlage [WKA], die dadurch die effizienten Abläufe einer dahinter liegenden WKA eines anderen Anlagenbetreibers stört und beeinträchtigt] OLG Frankfurt a.M., U. v. 9.3.2000 - 15 U 118/99 -, NJW-RR 2000, 1542 [1544] = juris, Rn. 35; a. A. aber VG Schleswig-Holstein, U. v. 11.12.2008 - 12 A 10/07 -, juris, Rn. 27, wonach es sich bei den - direkt durch den Betrieb einer WKA ausgelösten -Windverwirbelungen/Turbulenzen um eine den Luftverunreinigungen, Erschütterungen, Strahlen usw. „ähnliche Umwelteinwirkung“ i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG handeln soll; siehe im Übrigen Münchener Kommentar, 6. Aufl. 2013, Rn. 100 - 115, Fußnote 244 m. w. Rspr.Nw. sowie Staudinger/Roth, [BGB-Kommentar, juris], 2016, Rn. 122, 123.; zur Zurechenbarkeit von Störungen durch Naturereignisse, wenn menschliches Handeln oder Unterlassen deren Auswirkungen mitbeeinflusst BGH, U. v. 14.11.2003 - V ZR 102/03 -, NJW 2004, 1037 = juris, Rn. 24; siehe allerdings zur „Bündelung von Sonnenlichtstrahlen durch ein Glasdach“ bzw. zur „Umlenkung von Sonnenstrahlen durch eine Photovoltaikanlage“ und dadurch auf dem Nachbargrundstück verursachte “Blendeinwirkungen“ als von diesen Anlagen „ausgehenden Einwirkungen“ LG Frankfurt a.M., U. v. 21.7.1995 - 21/11 O 33/94 - Leitsatz Nr. 2 = DWW 1998, 57 = juris [nur LS] bzw. OLG Stuttgart, U. v. 30.4.2013 - 3 U 46/13 -, BauR 2013, 1463 = juris, Rn. 16).
85 
Dass die vorliegend geltend gemachten Windgefahren keine Emissionen des Gebäudes i.S. d. § 3 Abs. 3 BImSchG darstellen, steht indessen der Einschlägigkeit des Rücksichtnahmegebots aus § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO nicht entgegen.
86 
Denn bei den Emissionen/Immissionen i.S.d. § 3 BImSchG handelt es sich zwar um den Hauptfall der von einer baulichen Anlage ausgehenden Störungen/Belästigung, nicht aber um den einzigen Anwendungsfall. Vielmehr ist § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO trotz seines Wortlauts („von der Anlageausgehenden“ Belästigungen) nach Sinn und Zweck weiter zu verstehen, nämlich dahin, dass es dabei ganz generell um negative Auswirkungen einer Anlage auf andere Nutzungsmöglichkeiten in der Umgebung geht, die von der Anlage in ihrem Einwirkungsbereich nachteilig beeinflusst/betroffen werden. Von daher können alle Beeinträchtigungen in Betracht kommen, die ohne das Vorhaben nicht vorhanden wären und sich in der Umgebung des Vorhabens in irgendeiner Weise auf die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB auswirken können und insoweit städtebauliche Bedeutung haben können, weil sie eine aus der konkreten Bodennutzung resultierende Konfliktlage betreffen, die im Planungsrecht unter anderem durch die Festsetzung von einzuhaltenden Abständen und von überbaubaren Grundstücksflächen gelöst werden können (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger [E/Z/B/K], BauGB, Kom., 120 Erg.Lfg. Feb. 2016, Rn. 21 zu § 15 BauNVO unter Verweis auf BVerwG, U. v. 25.1.2007 - 4 C 1.06 -, NVwZ 2007, 587 = juris, Rn.14 und 15, wonach z.B. auch mögliche Gefahren für die Nachbarschaft einer diplomatischen Einrichtung durch diesen geltende terroristische Anschläge als Störungen i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO in Betracht kommen können).
87 
In diesem Sinne aber werden im Planungsrecht nicht nur die im Zusammenhang mit der Nutzung einer geplanten Landebahnanlage direkt von Flugzeugen im Landeanflug ausgelösten Windverwirbelungen (sog. „Wirbelschleppen“) als planungsrechtlich zu berücksichtigende Störungen angesehen (vgl. etwa BayVGH, U. v. 19.2.2014 - 8 A 11.40040 -, BayVBl. 2016, 155 = juris, Rn.563 - 575; siehe auch HessVGH, U. v. 21.8.2009 - 11 C 227/08.T, NVwZ 2010, 334 = juris, Rn. 1197), sondern auch die „Verminderungen von Windgeschwindigkeiten und Kaltluftabflüssen/Frischluft-zuflüssen“ durch Bauvorhaben, welche durch ihre „riegelartige Lage im Windstrom“ bestimmte „Winde behindern, blockieren oder umlenken“ und sich dadurch nachteilig auf das Kleinklima und mittelbar auf die gesunden Wohnverhältnisse auswirken könnten (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 9.2.1995 - 3 S 3407/94 -, NVwZ-RR 1995, 561 = juris, Rn. 3 - 9 und U. v. 20.5.2010 - 3 S 2099/08 -, VBlBW 2011, 97 = juris, Rn. 34, 35, 45 - 49; zum Wind als Teil-Faktor des Begriffs „Klima“ i.S.d. § 1 Abs. 6 Nr. 7a BauGB siehe E/Z/B/K, a.a.O., Rn. 144b zu § 1 BauGB und Rn. 114 ff. zu § 1 BauGB zum Begriff „gesunde Wohnverhältnisse“ iSd. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB; siehe auch Ziff. 3.4.2 „Städtebauliche Klimafibel Online - Hinweise für die Bauleitplanung“, Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Bad.-Württ - www. staedtebauliche-klimafibel.de/ ?p=27&p2=3.4.2., wonach in stark windbelasteten Gebieten eine Reduzierung von Druck- und Sogkräften bezüglich der Hauptwindrichtung durch Schrägstellung der Baukörper zur Reduzierung einer Angriffsfläche für den Wind empfehlenswert sei, bzw. es bezüglich der Hauptwindrichtung gelte, Lücken- und Düsenwirkungen durch die Baukörperstellung zu vermeiden und ggf. im Bereich von Gebäudelücken ein - am besten pflanzlicher - Windschutz vorgesehen werden könne)
88 
Auch wenn in diesem Sinne eine Windgefahr in Form einer Beschleunigung der Windgeschwindigkeiten durch eine aus dem Haus der Kläger und dem geplanten Gebäude der Beigeladenen gebildete Winddüse - falls überhaupt - sowohl eine vom Haus der Kläger, als auch eine vom geplanten Gebäude der Beigeladenen „ausgehende“ Störung/Belästigung für die Umgebung im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO darstellen würde, ergibt sich jedoch wegen des gleichrangigen Verursachungsbeitrags der beiden Gebäude keine stärkere, überwiegende oder gar einseitige Rücksichtnahmeverpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern, als sie umgekehrt diesen gegenüber der Beigeladenen obliegt.
2.2.3.
89 
Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorhaben der Beigeladenen nicht als rücksichtslos gegenüber den Klägern, selbst wenn (unter anderem auch) durch dieses Vorhaben eine Windgefahr zu Lasten der Kläger potenziert und verschärft wird, indem die Windgeschwindigkeit so gesteigert wird, dass die Kläger im Einzelfall bei besonders starkem oder gar stürmischem Wind ihren Stehbalkon nicht mehr bzw. nicht mehr im selben zeitlichen Umfang durch einen Aufenthalt im Freien auf diesem Balkon ohne Gesundheitsgefahren nutzen können bzw. eine Beschädigung oder gar einen Verlust ihres Sondereigentums am Balkon bzw. an auf diesem Balkon von ihnen plazierten, hingestellten oder gelagerten privaten Gegenständen (wie z.B. Stühlen, Tischchen, Sonnenschirm) durch Umwerfen, Fortwehen zu gewärtigen hätten.
90 
Die damit verbundenen Störungen/Beeinträchtigungen ihres Eigentums bzw. ihrer Gesundheit wären nämlich nur dann „rücksichtslos“, wenn sie „unzumutbar“ wären. An dieser „Unzumutbarkeit“, wie sie § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots erfordert,fehlt es jedoch im vorliegenden Fall.
2.2.3.1.
91 
Welche Störungen/Belästigungen „unzumutbar“ sind, kann sich aus Rechtsnormen ergeben, die insoweit verbindliche Grenzwerte vorschreiben, wie etwa das BImSchG i.V.m. einzelnen dazu ergangenen Verordnungen - oder aber aus Technischen Regelwerken, denen zwar die Verbindlichkeit einer Norm fehlt, die aber zumindest als Orientierungshilfe bei der Auslegung des Begriffs der „Zumutbarkeit“ i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO herangezogen werden können, wie z.B. DIN-Vorschriften (vgl. E/Z/B/K a.a.O. Rn. 117 zu § 1 BauGB zu den „Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse“ i.S.d. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB; ders., a.a.O. Rn. 50 b zu § 34 BauGB zur fehlenden Rücksichtslosigkeit bei Einhaltung der Vorschriften des BImSchG und der Grenzwerte der technischen Regelwerke).
92 
Was Windeinwirkungen/Windgefahren angeht finden sich insoweit allerdings im deutschen Recht lediglich die von der Beklagten in der Klageerwiderung genannten bauordnungsrechtlichen Vorschriften, die in Verbindung mit den entsprechenden DIN-Vorschriften (DIN EN 1991-1-4) zum Schutz der Standsicherheit und Substanz der Gebäude selbst sowie zum Schutz Dritter vor umherfliegenden, abgerissenen Gebäudeteilen an die konkrete Ausführung von Bauwerken sicherheitstechnische Anforderungen im Hinblick auf ihre Belastbarkeit gegenüber Windlasten stellen, d.h. Einwirkungen von Druck- und Sogkräften auf ein Bauwerk, die aus Windangriffskräften resultieren (vgl. dazu Bekanntmachung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg v. 6.6.2012 - Az: 25-2601.1/43-,https://um. baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/Dateien/ Dokumente/3_ Um welt/Baurechts-_und_Bergbeh%C3%B6rde/ LTB_vom_06-06-2012.pdf; vgl. auch die einführende Erläuterung der DIN EN 1991-1-4 durch: Schmidt, Einwirkungen auf Tragwerke, https://www.bundesanzeiger-verlag.de/fileadmin/BIV-Portal/Bautechnik_WKD/Schneider-Bautabellen/Ingenieure/LP_BTI_2 014_03_024-047.pdf).
93 
Im privaten Versicherungs- und Haftungsrecht in Deutschland gilt - in Anlehnung an die Verlegrichtlinien des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZDDH) - der Grundsatz, dass Dacheindeckungen von Häusern grundsätzlich so konstruiert sein müssen, dass sie Windangriffen bis Windstärke 12 (Orkan) standhalten (vgl. BGH, U. v. 7.10.1975 - VI ZR 103/74 -, juris, Rdnr. 7 und U. v. 23.3.1993 - VI ZRE 176/92 -, Rdnr. 7 = NJW 1993, 1782 sowie ausführlich OLG Hamm, U. v. 14.7.2010 - 13 U 145/09 -, juris Rdnr. 9; so auch zum seinerzeit noch öffentlich-rechtlichen Elementarschadensrecht VGH Bad.-Württ., U. v. 27.9.1994 - 9 S 459/92 -, VersR 1995, 1090 = juris, Rdnr. 19; siehe zu den Fachregeln des Dachdeckerhandwerks über die sturmsichere Verklammerung und Verschraubung von Dacheindeckungen auch Galuba, Verhütung und Minimierung von Sturmschäden, in: Schadensprisma, Heft 1/1997, S. 4- unter www.schadensprisma.de>Archiv>Themen>Sturm).
94 
Ansonsten finden sich bezüglich eines Schutzes vor Windangriffsgefahren lediglich im Forstrecht der Länder einzelne Rechtsvorschriften, wonach eine Rodung/bzw. ein Kahleinschlag eines Waldes zu unterlassen ist, wenn dadurch dem benachbarten Wald der abschirmende Schutz („Deckungsschutz“) gegenüber Windgefahren/Sturmschäden genommen würde (vgl. die „Schutzwaldregelung“ in § 10 Abs. 2 BayWaldG und dazu BayOLG, U. v. 29.6.1990 - 14 U 7/90 8 - 10 -, NJW-RR 1991, 1048 = juris. Rn.; siehe ferner OLG Koblenz, U. v. 28.7.2010 - 1 U 46/09 -, DVBl. 2011, 60 = juris, Rn. 28 -31 zu § 10 Abs. 1 S. 1 RhlPfl-WaldG; ebenso Österreichischer VwGH, U. v. 14.9.2004 - 2001/10/0072 zu § 14 Abs. 2 Ö-ForstG).
95 
Bezüglich der Zumutbarkeit von Gefahren für Leib, Leben oder Eigentum durch einen mit hoher Geschwindigkeit strömenden Wind finden sich in der deutschen Rechtsordnung hingegen keinerlei gesetzlichen Vorschriften bzw. technische Regelwerke und somit auch keine verbindlichen Grenzwertfestsetzungen bzw. Orientierungswerte.
96 
Soweit ersichtlich, gibt es in Deutschland bislang keine DIN-Vorschrift, die der vom Niederländischen Normeninstitut herausgegebenen Vorschrift über den „Windkomfort und Windgefahren in bebauten Gebieten - NEN 8100“ vergleichbar wäre (siehe Ruscheweyh „Windeinwirkungen im Spiegel der europäischen Normung“ - Windtechnologische Gesellschaft WtG e.V, 10.11.2011 - http://www.wtg-dach.org/fileadmin/user_upload/WtG-Berichte-12_IN HALTSVERZEICHNIS_2011-11-10.pdf).
97 
Als ein technisches Regelwerk, das insoweit gewisse Orientierungspunkte liefert, wird die NEN 8100 jedoch auch in Deutschland Gutachten zu Fragen einer Beeinträchtigung des Windkomforts bzw. der Auslösung von Windgefahren durch Bebauung zugrunde gelegt (siehe Abdruck der NEN 8100 und Erläuterung dazu bei Peutz, Gutachten „Heerdter Krankenhaus Düsseldorf, 23.4.2013, S. 4, 8 - 11, Ziff.4.5 - www. o-sp.de/download/duesseldorf/84103, als Abdruck von den Klägern vorgelegt -GAS 171 ff.).
98 
Sie beruht auf der international anerkannten Klassifizierung der Windgeschwindigkeiten nach 12 Windstärken, die auch als Beaufort-Skala bekannt ist. Ein Wind mit Windstärke 7 ist danach ein „steifer Wind“ mit einer Geschwindigkeit zwischen ca. 14 - 17 m/s (= 50 - 60 km/h), der die Bäume zum Schwanken bringt und beim Gehen gegen den Wind einen Widerstand darstellt. Bei Windstärke 8 liegt ein „stürmischer Wind“ vor, der eine Geschwindigkeit zwischen ca. 17 - 20 m/s (= 62 - 74 km/h) aufweist und große Bäume bewegt, Fensterläden öffnet, Zweige von Bäumen abbricht und das Gehen erheblich behindert. Bei Windstärke 9 handelt es sich um einen „Sturm“ mit einer Geschwindigkeit von ca. 21 - 24 m/s (= 75 -88 km/h), der Äste abbricht, kleinere Schäden an Häusern auslöst, Ziegel und Rauchhauben von den Dächern hebt, Gartenmöbel umwirft und verweht und das Gehen erheblich behindert. Ein „schwerer Sturm“ liegt bei Windstärke 10 vor, einem Wind mit einer Geschwindigkeit von ca.24 - 28 m/s (= ca. 89 -102 km/h), der Bäume entwurzelt, Baumstämme bricht, Gartenmöbel wegbläst, größere Schäden an Häusern anrichtet und im Landesinneren nur selten vorkommt. Mit Windstärke 11 bläst schließlich ein „orkanartiger Sturm“, der eine Geschwindigkeit von ca. 28 - 33 m/s (= ca. 103 - 117 km/h) aufweist, und mit heftigen Böen schwere Sturmschäden sowie schwere Schäden in Wäldern durch Windbruch anrichtet, Dächer abdeckt, Autos aus der Spur wirft, dicke Mauern beschädigt, das Gehen unmöglich macht und im Landesinneren sehr selten vorkommt. Erreicht der Wind schließlich Windstärke 12, so handelt es sich um einen „Orkan“, der eine Geschwindigkeit von ca. 33 m/s (= ca. 117 km/h) überschreitet, schwerste Sturmschäden und Verwüstungen verursacht und im Landesinneren nur äußerst selten auftritt (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Beaufortskala).
99 
Im Hinblick auf solche Windstärken qualifiziert die NEN 8100 eine örtliche Situation dann als „gefährlich“, verbunden mit der Forderung, entsprechende Bereiche für Menschen unzugänglich zu gestalten, wenn die Grenze einer mittleren Windgeschwindigkeit 15 m/s ( = 54 km/h d.h. in etwa Windstärke 7 -„steifer Wind“) an mehr als 0,3 % der Jahresstunden überschritten wird, wenn also bei 365 Tagen zu je 24 Stunden an diesem Ort während insgesamt 262,8 Stunden im Jahr Winde mit Windstärken von Windstärke 8 (stürmisch) an aufwärts bis Windstärke 12 (Orkan) herrschen.
100 
Bloße Beeinträchtigungen des Wind-„komforts“, d.h. Windstärken, die ein Verweilen an einem Ort durch Sitzen, bzw. ein Vorbeischlendern oder ein Durchqueren infolge des Windzugs, der Windkräfte, des Abkühlens, der sonstigen Störungen als „unbehaglich“, „unangenehm“, „ungemütlich“, also nicht mehr komfortabel erscheinen lassen, sollen hingegen nach der - insoweit an subjektive Erfahrungswerte anknüpfenden - NEN 8100 vorliegen, wenn an einem Ort eine Komfort-Windgrenzge-schwindigkeit von 5 m/s (= 18 km/h, entspricht etwa einer „schwachen Brise“) in einem Umfang zwischen 5 - 20 % der Jahresstunden überschritten wird, d.h. wenn in diesen Stunden Windgeschwindigkeiten zwischen Windstärke 4 (mäßige Brise) und Windstärke 7 (steifer Wind) herrschen.
101 
Vor diesem Hintergrund würde sich das Vorhaben der Beigeladenen aber selbst dann nicht als rücksichtlos erweisen, wenn - zumindest auch dadurch verursacht -entlang der ...-Straße eine aus dem Haus der Kläger und dem geplanten Gebäude der Beigeladenen zusammengesetzte Winddüse entstehen würde, durch welche der Wind derart beschleunigt würde, dass er nunmehr - anders als womöglich vorher - im Jahresmittel die nach der NEN 8100 bezüglich Windgefahren zugrunde zulegende Windgrenzgeschwindigkeit von 15 m/s an mehr als 0,3% der Jahresstunden überschreiten würde und damit eine nach der NEN 8100 als „gefährlich“ einzustufende Situation entstünde.
102 
Denn auch dann wären die damit verbundenen Störungen/Belästigungen für die Kläger nicht im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO „unzumutbar“, wie folgende Erwägungen zeigen:
103 
Beim Wind handelt es sich um eine unbeherrschbare Naturgewalt, nämlich ein allgemeines physikalisches Phänomen, das von einer Vielzahl von Faktoren abhängt, die ein komplexes und nur begrenzt berechenbares Wirkungsgefüge ergeben. Klimaveränderungen aber auch Bebauungen an weit entfernten Stellen, die in keinem direkt erkennbaren Zusammenhang stehen, können den Wind, seine Richtung und Stärke sowie örtliche Ausprägung beeinflussen und verändern. Die Auswirkungen dieses Naturphänomens sind daher grundsätzlich als situationsgebunden und sozialadäquat hinzunehmen (so etwa zu den von Bäumen auf dem Nachbargrundstück ausgehenden typischen natürlichen Auswirkungen wie Schattenwurf, Laub- und Samenanfall, verzögerte Abtrocknung von Flächen und Zäunen VG Minden, U. v. 3.3.2016 - 9 K 529/15 -, juris. Rn. 50). Selbst insoweit erhöhte Gefährdungspotentiale sind grundsätzlich zumutbar, wenn sie noch im Rahmen der allgemein akzeptierten Risikoakzeptanzschwelle, nämlich der in der Lebenswirklichkeit typischerweise auftretenden Gefährdungen, liegen und daher noch als sozialadäquat einzustufen sind (vgl. zu diesen Begrifflichkeiten in Bezug zu den von einem Flugbetrieb ausgehenden Beeinträchtigungen durch Windwirbelschleppen BayVGH, U. v. 19.2.2014 - 8 A 11.40040, juris, Rn. 566, 568 und HessVGH, U. v. 21.8.2009 - 11 C 227/08.T -, juris, Rn. 1129, 1130, 1207, 1215 - 1220).
104 
Die regional herrschende Windsituation bestimmt insoweit die von Lage, Beschaffenheit und den Umweltverhältnissen abhängige Grundstückssituation mit. Die daraus resultierende Situationsgebundenheit wiederum bestimmt und beschränkt den Inhalt des konkreten Grundeigentumsrechts (siehe zur rechtlichen Kategorie der Situationsgebundenheit eines Grundstücks BVerfG, B. v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/091 -, NJW 1999, 2877 = juris, Rn. 83 m.w.Nw. d. Rspr.; zu den „Umweltverhältnissen“ die als „weitere Grundstückmerkmale“ i.S.d. § 6 ImmoWertV den Wert eines Grundstücks auch prägen BGH, U. v. 30.9.1963 - III ZR 59/61-, NJW 1964, 202; zur Situationsgebundenheit des Grundeigentums ferner: Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, 5. Aufl. 2006, S. 64 ff.). Hier wird hinsichtlich der Windverhältnisse die Grundstückssituation des Grundstücks der Kläger außerdem auch noch durch dessen Bebauung mit einem hohen, langen Gebäude mitbestimmt, welches die topographische Kontur dieses Grundstücks verändert und eine Windbeschleunigung durch einen Düseneffekt nach dem Klägervorbringen mitverursachen soll.
105 
Auch in den Grenzen seiner Situationsgebundenheit garantiert das Eigentumsgrundrecht schließlich nicht die Möglichkeit seiner optimalen, bestmöglichsten bzw. ggf. auch einträglichsten Ausnutzbarkeit (BVerfG, B. v. 14.4.2010 - 1 BvR 2140/08 -, NVwZ 2010, 957 = juris, Rn.19 unter Verweis auf b. v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -, NJW 1999, 2877 = juris, Rn. 84), zumal, wenn es um die allgemeinen Klima- und Windverhältnisse geht. Von daher stellt der bloße Umstand, ggf. den Balkon an zusätzlichen Tagen wegen starken Windes nicht zum Aufenthalt im Freien nutzen zu können, d.h. weniger oft als zuvor nutzen zu können, für sich genommen keine unzumutbare Eigentumsbeeinträchtigung dar.
106 
Im vorliegenden Fall liegt das Grundstück der Kläger in einem Gebiet, das nach der „Zuordnung der Gemeinden in Baden-Württemberg zu den Windzonen der DIN-EN-1994-1-4/Nationaler Anhang -NA:2010-12“ der Windzone 2 zuzuordnen ist, die wiederum einem küstennahen Gebiet bzw. einer Insel der Ostsee vergleichbar ist. Nach den von den Klägern vorgelegten Windtabellen für ... (Klageschriftsatz v. 7.12.2015 - GAS 137-139 sowie SS. v. 15.3.2016 - GAS 313) erreichte der Wind hier im Jahr 2014 in 75 Fällen Windstärken von 6 bzw. sogar 7 Beaufort (also starker Wind/steifer Wind) und in 6 Fällen sogar Windstärke 8 (stürmischer Wind) oder noch mehr (nämlich in einem der 6 Fälle sogar Windstärke 10 „schwerer Sturm“ und zweimal Windstärke 9 „Sturm“). Im Jahr 2105 trat in 51 Fällen Wind mit Windstärke 6 bzw. 7 auf und in 17 Fällen sogar mit Windstärke 8 bzw. sogar mehr. Allein im Januar 2016 erreichte der Wind schon in 5 Fällen Windstärke 8 bzw. sogar 9.
107 
Das Grundstück ist damit schon ganz unabhängig von dem Vorhaben der Beigeladenen bereits einer starken Windbelastung ausgesetzt und dadurch vorbelastet, wie auch die von den Klägern bzw. von ihrem Nachbarn in der mündlichen Verhandlung angeführten Beispiele konkreter, bereits jetzt schon oder in der Vergangenheit erfolgter Windbeeinträchtigungen in den - insoweit allerdings dem offenen Uferstreifen zugewandten - Nachbarhäusern zeigen (Umwerfen von Pflanzkübeln, Abreißen der Dachverblendung, Herunterwehen von Kieseln vom Dach).
108 
Es bestand also schon immer keine Möglichkeit für die Kläger, ihren Balkon von Windkräften ungestört uneingeschränkt nutzen zu können. Vielmehr war der Balkon als eine im Freien gelegene Nutzungsform schon immer dadurch beeinträchtigt, dass man ihn aus Gründen des selbst zu verantwortenden Eigenschutzes bei starkem Wind nicht betreten konnte, weil man sich ab gewissen Windstärken besser nicht im Freien aufhält, wenn man nicht geschädigt werden will, bzw. dass man die Balkontür und die Fenster schließen und die auf dem Balkon stehenden Gegenstände entweder hereinholen bzw. festzurren oder sonst irgendwie fixieren musste, um sie gegen eine Beschädigung durch Umwerfen bzw. gegen Wegwehen durch den Wind zu sichern (zum Verhalten bei starkem Wind siehe die Empfehlungen der Schweizerischen Naturgefahrenfachstelle - www.naturgefahren.ch/home/umgang-mit-naturge fahren/verhaltensempfehlungen.html; ebenso die Empfehlungen unter www.un wetter.de/pages/gefahren_ wind.php). Zudem ist das Haus der Kläger bereits jetzt, nämlich schon immer bautechnisch so zu errichten und zu unterhalten gewesen, dass seine Dacheindeckung bzw. -verblendung starken Windangriffskräften der Windzone 2 bzw. haftungs- und versicherungsrechtlich gesehen sogar bis zu Orkanwindstärke (12) standhält.
109 
Wie der statistische Überblick (s.o.) außerdem zeigt, haben die Starkwindereignisse allein in den Jahren 2014 bis Anfang 2016 schon ganz unabhängig von dem Vorhaben der Beigeladenen zahlenmäßig zugenommen. Ob dies auf den Klimawandel oder andere Faktoren, wie etwa die zunehmende Versiegelung der Böden durch Bebauung, zurückzuführen ist, kann dahinstehen. Denn daraus wird jedenfalls deutlich, dass es einen „Anspruch“ der Kläger nicht geben kann, zumindest vor einer weiteren Zunahme von starken Winden, d.h. vor einer Potenzierung oder Verschärfung der Situation durch das Vorhaben der Beigeladenen verschont zu bleiben, weil es eine solche stabile „Situation“ hinsichtlich der Windgefahren gar nicht gibt, die als Ausgangspunkt für die Feststellung einer (negativen zahlenmäßigen) Verschlechterung dienen könnte.
110 
2.2.3.2. Jedenfalls aber ergibt sich die Zumutbarkeit einer - womöglich in Folge einer Düsenbildung entstehenden - zusätzlichen, verschärften bzw. potenzierten Windgefährdung, und damit die fehlende Rücksichtslosigkeit des Vorhabens der Beigeladenen daraus, dass es den Klägern möglich ist, sich in tatsächlich und finanziell zumutbarer Weise durch eigene Maßnahmen gegenüber diesen Gefährdungen zu schützen.
111 
Es entspricht insoweit dem allgemein von der Gesellschaft akzeptierten und daher sozialadäquaten Umgang mit nicht weiter beherrschbaren Naturgefahren, ihnen mit einem - durch Hinweise, Prognosen, Warnungen und Risikoanalysen bzw. Risikokartierungen unterstützten - eigenen Vermeidungsverhalten zu begegnen, etwa indem man sich in risikobelasteten Gegenden gar nicht erst ansiedelt, oder bei stürmischem Wetter den Aufenthalt im Freien meidet, wo man als Mensch selbst durch starken Wind umgeworfen oder aber durch umherfliegende eigene oder fremde Gegenstände verletzt werden könnte. Ferner entspricht es diesem Umgang, Beschädigungen des eigenen Eigentums, die diesem durch Naturgefahren drohen können, durch Abschluss von Sachversicherungen bzw. eine spezielle, Extremlasten durch Lastannahmen nach DIN genügende, bautechnische Herstellung oder ggf. nachträgliche technische Ertüchtigung des Objekts bzw. das Ergreifen sonstiger technischer Sicherungsmaßnahmen zu begegnen (vgl. insoweit die instruktive Darstellung zum Umgang mit Naturgefahren des Schweizer Naturgefahrenfachstelle - www.naturge fahren.ch/home/umgang-mit-naturgefahren/verhaltensempfehlungen.html;siehe auch Galuba, Verhütung und Minimierung von Sturmschäden, in: Schadenprisma, Heft 1/1997, S. 4 - siehe www.schadenpris ma.de, dort unter Archiv>Themen>Sturm).
112 
Insoweit ist es technisch und finanziell ohne Weiteres möglich und den Klägern daher auch zumutbar, sich bei starkem Wind nicht im Freien auf ihrem Balkon oder auf der Freifläche vor dem Haus aufzuhalten, Fenster und Balkontüren zu schließen und geschlossen zu halten, ggf. eine Seitenverglasung des Balkons als Windschutz anzubringen, sowie gefährdete Gegenstände auf ihrem Balkon hereinzuholen bzw. diese gegen Um-, bzw. Fortwehen durch technische Vorkehrungen (Anbinden, Verschrauben, Arretieren) zu sichern. Das zeigt beispielsweise auch der vom Nachbarn der Kläger geschilderte Umstand, dass die Miteigentümer zur Vermeidung von Haftungsrisiken die Gefahr eines Fortwehens von Kieseln von ihrem Flachdach durch den Wind durch Beschweren mit größeren Steinen behoben haben.
113 
Dass solches Verhalten nicht unzumutbar, sondern sinnvoll und praxisnah ist, zeigen etwa auch Auflagen zu einem Planfeststellungsbeschluss für eine Flughafenerweiterung, die wegen der Gefahr durch den Flugbetrieb verursachter sogenannte Wirbelschleppen die besondere Verklammerung von Dacheindeckungen aufgeben bzw. die Hinweise an die Wohnbevölkerung im Risikogebiet enthalten, dass Markisen und Sonnenschirme „so zu installieren und zu unterhalten sind“, dass sie auch kräftigen Windböen standhalten können (vgl. dazu BayVGH, U. v. 19.2.2014 - 8 A 11.40040, juris, Rn. 565, 568, 570 -572, unter anderem darauf verweisend, dass eine unzumutbare Einschränkung der Ausnutzbarkeit von Außenwohnbereichen, Freisitzen, Balkonen oder Dachterrassen nicht zu erwarten sei und dass Balkone ohnehin bauordnungsrechtlich sicher umwehrt sein müssten; siehe ferner zur Obliegenheit des Inhabers eines Getränkehandels, durch Wirbelschleppen bedingte Gefahren eines Menschen gefährdenden Umherfliegens von Getränkekisten und einzelner Flaschen durch entsprechende Betriebsorganisation zu vermeiden, und zur speziell im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Verklammerung von Dacheindeckungen im Gefährdungsbereich von Wirbelschleppen HessVGH, U. v. 21.8.2009 - 11 C 227/08.T -, juris, Rn. 1209, 1210 und 1211).
114 
Die Windstärkenprognosen bzw. auch ausdrücklichen Warnungen vor starken Winden/Stürmen/Orkanen, an denen sich die Kläger dabei im Vorfeld bei der Prüfung der Frage orientieren können, ob und inwieweit Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen sind, sind im Übrigen heutzutage auch derart ausgereift und geographisch kleinräumig zellengenau, dass sie als Grundlage einer individuellen Vorsorge taugen (zu der Möglichkeit des Deutschen Wetterdienstes neuerdings - auch mit WetterApps - nicht nur Landkreiswarnungen, sondern einzelne Gemeindewarnungen herauszugeben http://www.dwd.de/DE/wetter/warnungen_aktuell/neuerungen/gemeindewarnungen_ node.html). Dass die Kläger - wie in der mündlichen Verhandlung von ihnen vorgetragen - damit nicht gegen außerhalb eines solchen Prognoserahmens liegende, „plötzlich auftretende böenartige Windstöße“ zu sichern sind, mag sein, ändert aber an der dargelegten Einschätzung der Zumutbarkeit der durch eine Düse womöglich verursachten Windgefahren nichts, weil die Zufälligkeit des Windes als solche nicht Auswirkung einer sogenannten Winddüse, sondern allgemeines Charakteristikum dieses Naturphänomens ist.
115 
2.2.3.3. Selbst wenn man aber davon ausginge, eine Winddüse würde infolge der Bebauung des Beigeladenengrundstücks entstehen und Gefährdungen verursachen, denen gegenüber sich selbst durch Eigenverhalten zu sichern den Klägern nicht mehr zumutbar sei, so würde sich nach den oben dargelegten Grundsätzen zum Rücksichtnahmegebot wegen der Pflicht zur wechselseitigen Rücksichtnahme daraus gleichwohl keine Handhabe der Kläger ergeben, um deshalb den der Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid wegen Rücksichtlosigkeit als rechtswidrig aufheben zu lassen, also im Ergebnis der Beigeladenen die grundsätzliche Möglichkeit der plangemäßen Bebauung ihres Grundstücks ganz oder in wesentlichem Umfang zu nehmen.
116 
Vielmehr könnte die Konfliktbewältigung allein darin liegen, dass durch entsprechende gestalterische und bautechnische Maßnahmen die Auswirkungen eines Düseneffekts deutlich abgemildert werden, und zwar sowohl durch Maßnahmen am und um das Gebäude der Beigeladenen aufgrund entsprechender Auflagen im noch ausstehenden bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahren, als auch durch Maßnahmen am und um das Gebäude der Kläger aufgrund auch noch nachträglich zur Gefahrenabwehr möglicher bauordnungsrechtlicher Anordnungen gem. § 58 Abs. 6 LBO.
117 
Als solche wirksamen Maßnahmen zur Beseitigung oder deutlichen Reduzierung der negativen Auswirkungen des sogenannten Düseneffekts werden insoweit in der aerophysikalischen Fachliteratur Maßnahmen genannt, die die äußere Form und Gestaltung der Gebäude, ihrer Ecken und Oberflächen so modifizieren, dass sie weniger Angriffsfläche bieten, den Windstrom mehr behindern, die Wirbelentstehung insbesondere an den Gebäudeecken weniger begünstigen und den Wind weniger leicht an ihren Oberflächen entlangströmen lassen. Dies kann etwa durch Anbringung von Durchlässen, Vordächern, Vorsprüngen und Erkern, aber auch durch die Ausgestaltung rauer bzw. poröser Oberflächen bzw. die Anbringung engmaschiger Drahtgeflechte geschehen, und auch dadurch, dass die Ecken und Kanten von Gebäuden besonders geformt werden, sowie schließlich durch das Anpflanzen von Büschen, Bäumen und Hecken um die Gebäude herum (siehe Fischer, „Standortvorbereitung im Hochhausbau“, Diss. Darmstadt, 2003, S. 96 - 98 und 237 - http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/414/1/Dissertation_TFischger.pdf unter Verweis auf Limberger/ Bartholomäi, „Das Baurecht der Hochhaustürme“, ZfBR 1991, 242 [248] und auf Gerhardt, “Windeinwirkungen“ in: Eisele/Kloft, Hochhausatlas, 2002, S. 136; ferner Visser, „Hochbau bedroht das Windklima unserer Städte“, August 2001, S. 8, 14, 20 und 21 - publications.tno.nl/publication/34620078/2xLI6u/visser-2001-hochbau.pdf; siehe auch Stadtklima Stuttgart, Heft 13, dort am Ende des Abschnitts „Windkomfort“ zu gezielten Windschutzmaßnahmen - https://www.stadtklima-stuttgart.de/in dex.php?klima_s21_themenhefte_h13; vgl. außerdem Eichler/Gedgaudas, „Wohnen im Hochhaus“, März 2006, S. 32, Ziff. 6.3.3 - www.desglaubi.net/gedgaudas/downloads /Seminar. pdf; Peutz, Gutachten „Heerdter Krankenhaus Düsseldorf, 23.4.2013, S.18 und 19; Institut für Aerodynamik, Hochschule Aachen, Fachliche Stellungnahme v. 21.7.201,S,2 - https://umwelt-beteiligung.de/berlin/sites/default/files/proceedings/public-files/2014-07-22-fachl-stellungnahme-windkomfort.pdf; siehe auch www.weatherpark. com/windkomfort/ und www.ifi-aachen.de/de/content/wind-komfort; ferner Klingenberg, „Sicherung von Verkehrsteilnehmern im Bereich von Bauwerken“, S. 1090, 1091 - http://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=bse-cr-001:1964:7::1244).
118 
3. Zur Vermeidung künftigen Rechtsstreits im Rahmen des noch ausstehenden Baugenehmigungsverfahrens sei abschließend noch auf Folgendes hingewiesen:
119 
Für die Annahme der Entstehung einer Winddüsenwirkung bei Ausführung des geplanten Bauvorhabens der Beigeladenen fehlt nach allem Dafürhalten jeglicher Anhaltspunkt.
120 
3.1. Die gesamten einschlägigen Veröffentlichungen zeigen nämlich, dass Düseneffekte, die zu gefährlich hohen Windgeschwindigkeiten führen können, überhaupt nur ernsthaft diskutiert werden, soweit es um riegelartig quer im Hauptwindstrom liegende, sehr hohe und sehr breite Gebäude (von mindestens 40 m Höhe und 40 m Breite), bzw. um echte Hochhäuser mit über 100 m Höhe geht und soweit sehr enge Winddurchlässe vorhanden sind, wie etwa Schluchten zwischen echten Hochhäusern oder ganz schmalen Passagen in einem quer zum Windstrom liegenden Gebäude, wie z.B. im Erdgeschoss unter einem großen Hochhaus tunnelartig hindurchführende Fußgängerpassagen. Das liegt zum einen daran, dass der Wind in größeren Höhen auch höhere Geschwindigkeiten aufweist, also erst beim Auftreffen auf Gebäuden in größerer Höhe überhaupt einen entsprechend hohen Staudruck erzeugen kann, der dann zu einer Beschleunigung des Windes führt, weil dieser genötigt wird, zum Abbau des Staudrucks seitlich bzw. über Ausweichöffnungen wie Schluchten oder Passagen auszuweichen und dabei beschleunigt mit höheren Geschwindigkeiten abzufließen. Zum anderen baut sich ein solcher Staudruck umso mehr auf, je frontaler der Wind auf ein Bebauungshindernis trifft, und umso weniger, je weiter der Baukörper als Hindernis aus der Hauptwindrichtung weggedreht liegt, so dass der Wind nicht darauf trifft, sondern parallel vorbeistreicht und so keinen Druck aufbauen kann (instruktiv insoweit Fischer, „Standortvorbereitung im Hochhausbau“, Diss. Darmstadt, 2003, S. 1 - 9, 96 - 98, 237 http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/414/1/Disserta tion_TFischger.pdf unter Verweis auf Limberger/Bartholomäi, „Das Baurecht der Hochhaustürme“, ZfBR 1991, 242 [248] und auf Gerhardt, “Windeinwirkungen“ in: Eisele/Kloft, Hochhausatlas, 2002, S. 136; siehe die übersichtliche Darstellung auch bei Visser, „Hochbau bedroht das Windklima unserer Städte“, August 2001, S. 8, 14, 20 und 21 - publications.tno.nl/publication/34620078/2xLI6u/visser-2001-hochbau. pdf; siehe Eichler/ Gedgaudas, „Wohnen im Hochhaus“, März 2006, Ziff. 6.3.1. und 6.3.3., http://www.desglaubi.net/gedgaudas/downloads/Seminar.pdf; VDI-Blog, „Wieso ist es um Hochhäuser herum immer so windig ?“, 6.12.2014, https://blog.vdi.de/2014/12 /wieso-ist-es-um-ein-hochhaus-herum-immer-so-windig/).
121 
Untersuchungen des Windkomforts bzw. von Windgefahren im Rahmen der Bauleitplanung werden denn auch nur bezüglich der Planung von Hochhäusern oder in ganz besonders exponierten Lagen empfohlen oder aber hinsichtlich der bauordnungsrechtlich relevanten Sicherheitsfragen nur bezüglich der Errichtung komplexer Bauwerke, die für Windgefahren bzw. deren Mitverursachung anfällig sind, und in der Praxis erstellt, wie z.B. bezüglich der Errichtung hoher Industriekamine, großer Brückentragwerke, Photovoltaik-Anlagen an Türmen, Windkraftanlagen usw. (Fischer, „Standortvorbereitung im Hochhausbau“, Diss. Darmstadt, 2003, S. 96 - http://tuprints.ulb.tu-darmstadt. de/414/1/Dissertation_ TFischger.pdf unter Verweis auf Limberger/Bartholomäi, „Das Baurecht der Hochhaustürme“, ZfBR 1991, 242 [248]; siehe Städtebauliche Klimafibel online, Ziff. 3.4.2. - https://www.staedtebau liche-klimafibel.de/?p=28&p2=3.4.2 und Windtechnologische Gesellschaft.e.V., „Der natürliche Wind - Windkomfort“, www.wtg-dach.org/index. php?id=244&L ==%5C%5C; siehe Ruscheweyh „Windeinwirkungen im Spiegel der europäischen Normung“ - Windtechnologische Gesellschaft WtG e.V, 10.11.2011 - http://www.wtg-dach.org/fileadmin/user_upload/WtG-Berichte-12_IN HALTSVERZEICHNIS_2011-11-10.pdf ).
122 
Soweit Untersuchungen von Windeinwirkungen im Zusammenhang mit Bauleitplanungen in der Praxis tatsächlich angestellt wurden, wurden selbst im Rahmen ausführlicher Gutachten echte Windgefahren - im Sinne der oben genannten niederländischen Norm NEN 8100 - soweit aufgrund einer Internetrecherche ersichtlich -praktisch nie festgestellt. Risiken wurden allenfalls einmal ganz ausnahmsweise bei sehr hohen Hochhäusern an äußerst exponierten Stellen wie etwa Dachkanten oder Terrassenrüstungen in den obersten Etagen festgestellt (vgl. Peutz, Gutachten, Heerdter Krankenhaus Düsseldorf, 23.4.2013, Ziff. 5.2.1.2. S. 16, www.o-sp.de/down load/duesseldorf/84103: Selbst bei Hochhaus erst ab 12.OG erst eine Risikostufe 1, indessen noch keine „Windgefahr“; Institut für Aerodynamik, Hochschule Aachen, Fachliche Stellungnahme, 21.7.201 - https://umwelt-beteiligung.de/berlin/sites/de fault/files/proceedings/public-files/2014-07-22-fachl-stellungnahme-windkomfort.pdf: Nur bei hohen Häusern und größeren Gebäuderiegeln kann es bei engen Straßenzügen zu Düseneffekten kommen; Senatsverwaltung Berlin, VO Entwurf, BPlan I-15b, Bezirk Mitte, Ortsteil Mitte, 7.9.2010, S. 27 - http://www.parlament-berlin.de/ados/16/BauWohn/vorgang/ bw16-0222-v.pdf: Düseneffekt mit höheren Windgeschwindigkeiten bei Übergang von 180 m breitem Platz zu 22 m breitem Straßenraum; Ökoplana, Gutachten zum BPlan-Benj.Franklin Village, Mannheim, 8.6.2015, S. 38 Ziff. 6.3 und S. 42,43 - https://www. mannheim.de/sites/ default/files/page/74512/oekoplana_klimagutachten_bfv_08062015_klein.pdf: Selbst an Hochhäusern zwar Windbeschleunigungseffekte, aber im Ergebnis keine Windgefahren; siehe zudem BPlan „Hochhaus Mercedesstraße -Fisherman Tower - Düsseltal, 3.2.2010, Ziff.4.8.4. - www.o-sp.de/download/duesseldorf/44649: : selbst bei Hochhaus an keinem der Messpunkte je Werte zur Überschreitung der Risikoschwelle des Gefahrenkriteriums nach der NEN 8100 gemessen; Stadtklima Stuttgart, Heft 13, dort am Ende des Abschnitts „Windkomfort“ zu gezielten Windschutzmaßnahmen - https://www.stadtklima-stuttgart.de/index.php?klima_s21_themen hefte_h13; Landeshauptstadt München, Bebauungsplan 2086, Planbegründung S. 93 und S. 285 - https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/ 3609879.pdf und http://www.muenchen. info/plan/bebauungsplan/p_8867_2068.pdf: neuer Stadtteil an Außenbereich grenzend mit riegelartiger, den Hauptwindstrom [West/ Südwestwind] abblockender Blockrandbebauung mit VI bzw. VII Vollgeschossen, Düseneffekte und Eckeneffekte ausgeprägt bei die „Umgebungsbebauung deutlich überragenden Gebäuden“, bzw. den direkt an Freifläche angrenzenden Gebäuden, höhere Windgeschwindigkeit, zugige Bereiche, aber offenbar keine Wind-“gefahren“, daher in diesen Bereichen zur Verbesserung des Windkomforts: Schutz durch Hecken und Wände, abgerundete Gebäudeecken bzw. Vordächer geplant).
123 
Falls überhaupt Windgefahren oder -risiken ermittelt werden, wird im Planungsrecht die Lösung nicht im völligen Verzicht auf eine Bebauung gefunden, sondern dadurch, dass die Lage der Baukörper zur Verminderung der Angriffsfläche für den Wind und damit zur Reduzierung von Druck- und Sogkräften in eine Position schräg zur Hauptwindrichtung gedreht wird (Städtebauliche Klimafibel online, Ziff. 3.4.2. - https://www.staedtebauliche-kllimafibel.de/?p=28&p2=3.4.2). Oder aber es wird empfohlen über Baulinienfestsetzungen strömungsgünstige Grundrisse von Gebäuden festzulegen (Fischer, Standortvorbereitung im Hochhausbau, Diss. Darmstadt, 2003, S. 97, 98 - http://tuprints.ulb.tu-darmstadt. de/414/1/Dissertation_ TFischger.pdf). Ist - wie in den meisten Fällen - eine entsprechende Bauparzellierung bzw. bei bereits vorhandenen Straßenverkehrsschneisen eine Schrägstellung von Baukörpern nicht mehr möglich, werden die sonstigen Windschutzmaßnahmen empfohlen (Vordächer Bepflanzungen, Vorsprünge im Sockelbereich - s.o).
124 
Dieser Befund, wonach es außer in sehr exponierten Lagen oder bei einer wirklichen Hochhausbebauung im Regelfall eben zu keinen ernsthaften Windgefahren kommt, wird letztlich auch dadurch bestätigt, dass es bisher soweit ersichtlich in der gesamten Verwaltungspraxis bzw. verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung keine Fälle gibt, in denen etwa ein Bauvorhaben mit Blick auf Windgefahren als planungsrechtlich oder bauordnungsrechtlich unzulässig eingestuft worden wäre. Dabei ist das Phänomen einer Bildung von „Häuserschluchten“ durch die Hochhausbebauung insbesondere in Großstädten ebenso wenig neu, wie der Umstand, dass viele Gebiete in Deutschland durch starke Winde geprägt sind. Hinzu kommt, dass die Bildung von „Häuserschluchten“ im Rahmen der Rechtsordnung nichts Außergewöhnliches ist, da zum einen die bauordnungsrechtlichen Vorschriften insbesondere in innerstädtischen Gebieten/Kerngebieten/Sondergebieten/Industriegebieten sogar reduzierte Abstandsflächen von lediglich 0,2 oder gar nur noch 0,125 der Wandhöhe zulassen (vgl. etwa § 5 Abs. 7 S. 1 Ziff. 2 und 3 LBO) und zum anderen das Bauplanungsrecht im Grundsatz durchaus die geschlossene Bauweise kennt und zulässt (§ 9 Abs. 1 Ziff. 2 BauGB, § 22 Abs. 1, 3 und 4 BauNVO). Gleichwohl ist das Phänomen enger Häuserschluchten im Baurecht bisher offenbar allein unter dem Gesichtspunkt einer Verschattung bzw. des „optischen Erdrückens“ durch eine riegelartige, hoch aufragende, bedrängende Wirkung einer Häuserschlucht auf die Grundstücksnachbarn diskutiert worden: vgl. etwa OVG Bln.Brdbg.- B. v. 19.5.2014 - OVG 2 S 8.14 -, juris, OVG Saarl., B. v. 21.11.2012 - 2 B 284/12 -, juris, HessVGH, U. 7.10.2005 - N 710/05 -, juris, OVG NRW, U. v. 91.12.2009 - 8D12/08.AK - juris) bzw. es wurde allenfalls der umgekehrt Fall geprüft, dass eine Bebauung Windzufuhr und damit Frischluftzufuhr von einem Nachbargrundstück abhält und dadurch ggf. eine nachteilige Beeinträchtigung des Mikroklimas auslöst. Zu baulichen Missständen infolge einer Missachtung ernsthafter, etwa durch Winddüsenwirkungen ausgelöster Windgefahren ist es - soweit ersichtlich - trotz der zulässigen Bildung von Häuserschluchten bisher offenbar selbst in Großstädten wie etwa Frankfurt oder etwa New York offenbar nicht gekommen, die bekanntermaßen eine ausgeprägte schluchtartige Hochhausbebauung aufweisen. Jedenfalls ist den oben erwähnten Quellen zum Thema Windgutachten, Stadtwindklima, „urban breeze“, bzw. „urban physiscs“ dazu kein Anhaltspunkt zu entnehmen.
125 
3.2. Vor diesem Hintergrund ist für die von den Klägern befürchtete Düsenbildung hier im konkreten Fall überhaupt kein Anhaltspunkt erkennbar:
126 
Das Gebäude der Kläger und das geplante Gebäude der Beigeladenen weisen nämlich jeweils nur fünf Vollgeschosse, eine Höhe von ca. 17 m und eine Länge von ca. 48 m auf. Es handelt sich damit also nicht um Hochhäuser, sondern um eine im städtischen Bereich normale Bebauung ohne besondere Höhe. Getrennt durch die ...-Straße weisen die Gebäude einen Abstand von 15 m auf. Diese Straße verläuft nicht einmal in der Hauptwindrichtung (West), sondern in Richtung Nordwest-Südost. Das Gebäude der Beigeladenen weist zudem seinem Grundriss nach die Form eines mit seinem schmalen, abgestumpften westlichen Ende gegen die Hauptwindrichtung gerichteten Keils auf. Selbst wenn man davon ausginge, dass die ... Straße (B 33) in der Hauptwindrichtung West/Ost verläuft und entlang ihrer beiden Seiten dicht bebaut ist, und wenn man zusätzlich davon ausginge, dass die westliche Seite des Gebäudes der Beigeladenen direkt von Nord nach Süd verlaufen und somit vollständig quer zur Hauptwindrichtung West liegen würde, könnte angesichts seiner Keilform und der Breite dieser Fassade von lediglich 10 m und einer Höhe von 17 m wohl kaum von einer den Hauptwindstrom riegelartig blockierenden Bebauung die Rede sein. Dies gilt zumal dann, wenn man bedenkt, dass die in ihrem westlichen Verlauf ca. 20 m breite ... Straße sich bis auf die Höhe des westlichen Endes des geplanten Gebäudes der Beigeladenen auf eine Breite von ca. 50 m erweitert, wenn man die Breite der von ihr abzweigenden ...-Straße hinzuzählt. Auf einer „Windkanal“-Breite von insgesamt ca. 50 m würde dem Windstrom also lediglich ein Hindernis mit einer Breite von ca. 10 m entgegenstehen. Der Wind könnte also schon wegen der Keilform des Gebäudes aber auch wegen dessen vergleichsweise geringer Höhe und wegen der links und rechts von diesem Gebäude verbleibenden hindernisfreien Bereiche der ...-Straße mit 15 m Breite bzw. der ... Straße mit an dieser Stelle 25 m Breite im Wesentlichen unbehindert dem Gebäude der Beigeladenen ausweichen. Davon, dass die ...-Straße mit 15 m Breite eine „schluchtartige Enge“ oder „Verengung“ bilden würde, kann daher keine Rede sein. Der Wind könnte schließlich am Ende der ...-Straße auch auf die anschließende, große mit Bäumen bewachsene Freifläche des YY-Parks ausweichen, würde sich also nicht stauen, sondern dort durch den Bewuchs in seiner Geschwindigkeitsentwicklung aufgelöst bzw. reduziert, wie durch das bebauungsfrei bleibende, begrünte spitze westliche Ende des Grundstücks der Beigeladenen (Flst.Nr.10414).
127 
Dafür, dass Windgefahren nicht zu befürchten sind, spricht schließlich auch, dass der Beklagten, wie sie auf Nachfrage im Termin vortrug, trotz der am Bodensee durchaus besonderen stärkeren Windexposition bisher in keinem ihrer städtischen Gebiete irgendwelche Missstände oder gar Unfälle oder dergleichen durch die Bebauung oder vergleichbare Straßenschluchten hervorgerufener gefährlicher Windgeschwindigkeiten je bekannt geworden sind. Nach allem hätte sie somit auch bei Aufstellung des im vorliegenden Fall einschlägigen Bebauungsplans keinen Anlass gehabt, ein Gutachten zu Windgefahren einzuholen.
128 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs.1, 159 S. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Danach tragen die Kläger als unterliegende Beteiligte gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt hingegen aus Gründen der Billigkeit ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst, da sie mangels eigener Antragstellung auch kein eigenes Prozesskostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Gründe

 
50 
1. Die Klage ist zulässig.
51 
1.1. Sie ist insbesondere nicht wegen Versäumung der einmonatigen Klagefrist verfristet (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwGO).
52 
Denn den Klägern ist gem. § 60 Abs.1, Abs. 2 S. 1 - S. 3, Abs. 4 VwGO Wiedereinsetzung in die von ihnen unverschuldet versäumte Klagefrist zu gewähren, da sie nachgewiesen haben, dass sie bereits am 1.7.2015 die Klageschrift zur Post gegeben haben und daher bei normalem Postlauf darauf vertrauen konnten, die Klage werde innerhalb der frühestens am 6.7.2015 ablaufenden Klagefrist beim Gericht eingehen und nicht - wie tatsächlich im vorliegenden Fall geschehen - erst am 14.7.2015. (Hinsichtlich der näheren Einzelnen und Nachweise wird auf den gerichtlichen Hinweis vom 10.12.2015 - GAS 279 - verwiesen, an dem das Gericht nach erneuter Prüfung festhält, zumal die Beklagte in der mündlichen Verhandlung demgegenüber keine Einwände erhoben hat).
53 
1.2. Die Kläger sind auch gem. § 42 Abs. 2 VwGOklagebefugt.
54 
1.2.1. Das gilt allerdings nur insoweit, als sie als Miteigentümer ihrer Eigentumswohnung eine Beeinträchtigung ihres Sondereigentums (Art. 14 GG) an ihrer Wohnung rügen, nämlich hier sinngemäß Beeinträchtigungen der Substanz des individuell ihrer Wohnung zugeordneten Balkons bzw. der darauf von ihnen abgestellten Gegenstände und Beeinträchtigungen der Nutzbarkeit dieses Balkons durch stürmischen oder orkanartigen Wind geltend machen, der auch Gefahren für Leib und Leben mit sich bringe, welche die Ausnutzbarkeit des Balkons reduziere. Denn das Wohnungseigentum, das nach § 1 Abs. 2 WEG aus dem Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum besteht, zu dem es gehört, vermittelt grundsätzlich eine abwehrfähige öffentlich-rechtliche Rechtsposition (vgl. BVerwG, B. v. 20. 8.1992 - 4 B 92.92 -, juris; OVG NRW, B. v. 28.2.1991 - 11 B 2967/90 -, NWVBl. 1991, 265; OVG Berlin, U. v. 25.2.1994 - 2 B 11.91 -, BRS 56 Nr.172; Bay. VGH, B. v. 22.3. 2010 -15 CS 10.355-, juris).
55 
1.2.2. Nicht klagebefugt sind die Kläger hingegen, soweit sie sich darüber hinaus mit ihrer Klage auch auf eine Verletzung des Gemeinschaftseigentums der Wohnungseigentümer am Grundstück, nämlich darauf berufen, durch den stürmischen/orkanartigen Wind, der bei Ausführung des Bauvorhabens der Beigeladenen in verschärfter Form zu erwarten sei, könne es auch zu Beschädigungen der Außenfassade (inklusive der Wärmedämmung), des Dachs und ggf. auch der Dachverblendung/-verkleidung kommen. Insoweit ist allein die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer klagebefugt. Denn nur die Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht der einzelne Wohnungseigentümer aufgrund seines Anteils am gemeinschaftlichen Eigentum (§ 1 Abs. 5 WEG) ist berechtigt, Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums im eigenen Namen im Wege von Abwehrrechten gegen ein Bauvorhaben auf einem Nachbargrundstück geltend zu machen (vgl. OVG Berlin-Bbg., B. v. 15.10. 2012 - OVG 2 N 111.10 -, juris; Bay. VGH, B. v. 12.9.2005 - 1 ZB 05.42 -, BRS 69 Nr. 181). Bei der Geltendmachung von Nachbarrechten wegen einer Verletzung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die dem Schutz des gemeinschaftlichen Eigentums dienen, handelt es sich nämlich um eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 20 Abs. 1 WEG). Diese steht gemäß § 21 Abs. 1 WEG grundsätzlich den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. Der einzelne Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, § 21 Abs. 1 WEG ist nicht berechtigt, aufgrund seines ideellen Anteils am gemeinschaftlichen Eigentum wegen Beeinträchtigung dieses Eigentums Abwehrrechte gegen ein Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück geltend zu machen. Soweit die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer das gemeinschaftliche Eigentum verwaltet und dabei am Rechtsverkehr teilnimmt, ist sie gemäß § 10 Abs. 6 WEG auch rechtsfähig (vgl. BGH, B. v. 2. 6. 2005 - V ZB 32/05 -, NJW 2005, 2061 = juris) und damit im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligtenfähig (§ 61 Nr. 2 VwGO). Entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht ist es auch nicht so, dass ein einzelner Wohnungsmiteigentümer grundsätzlich immer befugt wäre, Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums selbst klageweise geltend zu machen, solange die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht diese Angelegenheit gewissermaßen „an sich gezogen hat“ bzw. ihn ausdrücklich dazu ermächtigt hat. Vielmehr kann ein einzelner Sondereigentümer eine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums lediglich in den engen Grenzen einer Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG) und nur in Prozessstandschaft für die Eigentümergemeinschaft abwehren. Die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführung wurden im vorliegenden Fall jedoch weder geltend gemacht, noch liegen diese erkennbar vor. Es wäre außerdem der Hausverwaltung ohne Weiteres möglich gewesen, im Namen der Eigentümergemeinschaft Klage gegen die Baugenehmigung zu erheben und sei es nur zur Fristwahrung. Die Klageerhebung hätte im Nachhinein durch einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft genehmigt werden können (so ausführlich BayVGH, U. v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211 -, BauR 2012, 1925 = juris Rn. 21).
56 
2. Die Klage ist indessen unbegründet.
57 
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
58 
Nach §§ 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 sowie 58 Abs. 1 S. 1 und S. 2 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens bereits vor Einreichen eines Bauantrags erteilt werden (Bauvorbescheid). Insoweit gilt § 58 Absatz 1 S. 1 LBO entsprechend. Danach ist eine Baugenehmigung bzw. ein Bauvorbescheid zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen stehen. Soweit nicht § 52 LBO (vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren) Anwendung findet, sind gemäß §§ 58 Abs. 1 S. 2 LBO alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu prüfen, die Anforderungen an das Bauvorhaben enthalten und über deren Einhaltung nicht eine andere Behörde in einem gesonderten Verfahren durch Verwaltungsakt entscheidet.
59 
Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen hat die Beklagte der Beigeladenen den Bauvorbescheid zu Recht erteilt.
60 
2.1. Das Vorhaben der Beigeladenen entspricht - im Rahmen der dazu nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB erteilten Befreiungen, bezüglich deren die Kläger keine Verletzung nachbarlicher Rechte (mehr) geltend machen - den Festsetzungen des Bebauungsplans (§ 30 Abs.1 BauGB).
61 
Dieser Bebauungsplan ist im vorliegenden Fall auch als gültig anzusehen. Dabei kommt es auf die von den Klägern aufgeworfene Frage gar nicht an, ob dieser Bebauungsplan an einem Abwägungsmangel leidet, weil die Beklagte im Rahmen der Planaufstellung womöglich zu berücksichtigende Windgefahren gar nicht berücksichtigt und als Abwägungsmaterial in die Abwägung mit eingestellt hat (§ 2 Abs. 3 BauGB). Selbst wenn nämlich insoweit ein nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB im Grundsatz beachtlicherAbwägungsmangel vorläge, wäre dieser Mangel nach dem Planerhaltungsgrundsatz wegen Ablaufs der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB hier jedenfallsunbeachtlich. Ein solcher Mangel wurde nämlich nicht binnen eines Jahres nach Bekanntmachung der Bebauungsplansatzung schriftlich gegenüber der Beklagten geltend gemacht, obwohl im Rahmen der Bekanntmachung auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung sowie auf deren Rechtsfolgen hingewiesen worden ist (vgl. die Bekanntmachung der Bebauungsplansatzung nebst entsprechenden Hinweisen am 22.1.2007 im Südkurier - siehe Ziff.1 der Bebauungsplanakte).
62 
2.2. Der den Festsetzungen des mithin als gültig zu betrachtenden Bebauungsplans entsprechende Bauvorbescheid verstößt auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot, das in § 15 Abs. 1 S. 1 BauVNO seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 -, NVwZ 2000, 1050 = juris; siehe zum nachbarschützenden Charakter des § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO auch Dürr/Leven/Speckmaier, Baurecht, 15.Aufl., 2015, S. 160 Rnr. 290). Danach ist ein Vorhaben, selbst wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht, im Einzelfall unzulässig, wenn „von ihm Belästigungen oder Störungen ausgehen können“, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung „unzumutbar“ sind.
63 
Auf dieses Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme käme es im Übrigen für die mit der Klage gerügte Verletzung nachbarlicher Rechte genauso an, wenn der Bebauungsplan aufgrund eines Abwägungsmangels nichtig wäre. Denn dann wäre die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach der für den unbeplanten Innenbereich geltenden Vorschrift des § 34 Abs.1 BauGB zu beurteilen, der wiederum das Gebot der Rücksichtnahme im Begriff des „Einfügens“ mitenthält (vgl. Dürr/Leven/Speckmaier, a.a.O. Rn. 296 und 304 m.w.Nw.). Nach Art, Lage und Ausmaß würde sich insoweit das Vorhaben im Grundsatz auch in die Umgebungsbebauung des dann unbeplanten Innenbereichs „einfügen“, die durch die bereits vorhandene, im Wesentlichen vergleichbare und bestandskräftig genehmigte Bebauung des ... Gartengeländes mit mehreren fünfgeschossigen blockartigen Wohngebäuden maßgeblich geprägt würde.
64 
2.2.1. Entgegen der Ansicht der Beklagten und der Widerspruchsbehörde geht das Gericht davon aus, dass die von den Klägern geltend gemachten Windgefahren nicht erst im Rahmen eines noch ausstehenden Baugenehmigungsverfahrens (§ 58 LBO) unter dem bauordnungsrechtlichen Aspekt des nachbarschützenden § 3 Abs. 1 LBO (vgl. VGH Bad.-Württ. , B. v. 9.2.1995 - 3 S 3407/94 -, NVwZ-RR 1995, 561 = juris) zu prüfen und zu berücksichtigen sind, weil sie etwa vom Regelungsgehalt des Bauvorbescheids gar nicht erfasst und schon von daher für dessen Rechtmäßigkeit von vornherein unerheblich wären.
65 
Denn der angefochtene Bauvorbescheid der Beklagten vom 9.12.2014 (BAS 297) beantwortet zwar konkret nur die drei von der Beigeladenen im entsprechenden Antrag aufgeworfenen Fragen nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens trotz der damit verbundenen Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Vollgeschosszahl, der Grundflächenzahl und der Baulinien und erklärt ausdrücklich, Gegenstand seien die drei entsprechenden Fragen, eine bauordnungsrechtliche Präventivkontrolle sei nicht Gegenstand, die Klärung der übrigen Detailfragen sei dem noch einzuleitenden Baugenehmigungsverfahren vorbehalten (siehe dazu Ziff. 1, 5 und Anmerkung im Anschluss an Ziff. 9 des Bescheids). Der Bauvorbescheid bestätigt nach seinem Regelungsgehalt jedoch grundsätzlich die planungsrechtliche Zulässigkeit des durch die eingereichten Bauvorlagen hinsichtlich seiner konkreten Lage und Kubatur (Breite, Höhe, Länge) bestimmten Vorhabens, indem er im Ergebnis ausführt, dass das Vorhaben unter Berücksichtigung der erteilten Befreiungen den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht. Gerade diese Lage und Kubatur aber soll nach Auffassung der Kläger zur Bildung einer schluchtartigen Enge bzw. eine sogenannten Winddüse beitragen, durch welche die von ihnen befürchteten Windgefahren verursacht werden sollen.
66 
2.2.2. Mit diesem Inhalt verstößt der Bauvorbescheid jedoch nicht zu Lasten der Kläger gegen das Rücksichtnahmegebot.
67 
Rücksicht zu nehmen ist insofern nur auf den begrenzten Kreis derjenigen, die von den Auswirkungen des Vorhabens in „qualifizierbarer und zugleich indvidualisierbarer Weise “ betroffen werden (vgl. BVerwG, U. v. 5.8.1983 - 4 C 96/79 - NJW 1984, 138 -juris). Nur in diesem Umfang kommt diesem Gebot drittschützender Charakter zu.
68 
Das Rücksichtnahmegebot soll einen angemessenen Ausgleich zwischen den Belangen des Bauherrn und seiner Umgebung bewirken. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U. v. 25. 2. 1977 - 4 C 22.75 - , BVerwGE 52, 122 = Juris).
69 
Im Rahmen der hiernach gebotenen (Zumutbarkeits-)Abwägung können allerdings die Interessen der Beteiligten ein unterschiedliches Gewicht haben, je nachdem, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unzulässig ist oder umgekehrt (vgl. BVerwG, B. v.14.2.1994 - 4 B 152.93 -, juris, Rn. 18, 19 = BRS 56, Nr. 165).
70 
Innerhalb dieses Rahmens muss jeder Bauherr bedenken, welche Folgen die Verwirklichung seines Vorhabens für die Umgebung haben wird. Er muss dabei zwar nicht eigene Interessen hintanstellen, um lediglich gleichgewichtige Belange anderer zu schonen. Wenn aber ein Nachbar durch das Vorhaben einer ihm im Hinblick auf die jeweilige Situation billigerweise nicht mehr zumutbaren Beeinträchtigung ausgesetzt wird, muss der Bauherr unter Umständen sogar ein nach den baurechtlichen Vorschriften an sich zulässiges Vorhaben ändern.
71 
Das Rücksichtnahmegebot verpflichtet allerdings nicht nur den Bauherrn zur Rücksichtnahme, sondern umgekehrt auch den Nachbarn, soweit es um schützenswerte Belange des Bauherrn geht. Das Gebot gilt nämlich nicht einseitig, sondern verpflichtet vielmehr gleichermaßen beide Konfliktparteien zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, sind daher einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die Rücksichtnahmepflicht belastet also nicht nur den Immissionsverursacher, sondern auch denjenigen, der sich den Wirkungen einer solchen Immission selbst aussetzt. Was dem Rücksichtnahmeverpflichteten, aber umgekehrt auch dem Rücksichtnahmeberechtigten im Einzelnen zur Konfliktvermeidung zuzumuten ist, richtet sich dabei nach der jeweiligen konkreten Grundstücksituation. Die Situation, in die ein Grundstück nach seiner Lage und Beschaffenheit hineingestellt ist (Situationsgebundenheit), wirkt bezogen auf die mit seiner Nutzung ggf. verbundenen Beeinträchtigungen einerseits als Situationsbelastung, nach der anderen Seite aber auch als Situationsberechtigung. Schutzmindernd kann sich daher auswirken, wenn eine Nutzung zuerst aufgenommen wurde, es sich um eine genehmigte Nutzung handelt und diese Bestandsschutz genießt, d.h. wenn der sie Ausübende darauf vertrauen durfte, sie ohne Einschränkungen bzw. ohne den Vorbehalt künftiger Einschränkungen ausüben zu können.
72 
Dabei müssen allerdings sowohl eine bestandskräftig genehmigte, als auch eine nach einem Bebauungsplan in diesem Gebiet grundsätzlich zulässige Nutzung - wenn irgend möglich - beide ausgeübt werden können. Das Rücksichtnahmegebot bietet mithin dem Inhaber des Bestandsschutzes keine Handhabe, die Erteilung einer Baugenehmigung für die auf einem Grundstück baurechtlich allgemein zulässige Nutzung von vornherein ganz abzuwehren. Er kann also nicht beanspruchen, dass dem hinzutretenden Bauwilligen zur Entschärfung des Konflikts die Erteilung einer Baugenehmigung von vornherein ganz versagt wird. Vielmehr kann es ihm aufgrund der inneren Wechselbeziehung zwischen dem Baurecht und dem Immissionsschutzrecht obliegen, im Rahmen der dynamischen immissionsschutzrechtlichen Betreiberpflichten auch nachträglich Vorkehrungen zur Vermeidung bzw. Reduzierung von Emissionen seiner Anlage zu treffen, welche andernfalls dem hinzutretenden Bauwilligen die Ausführung seines Vorhabens unmöglich machen oder diese übermäßig beschränken würden.
73 
Umgekehrt kann aber auch für einen hinzukommenden neuen Nutzer eine Pflicht bestehen, sich nicht „schutzlos“ den vorhandenen Immissionen auszusetzen, sondern durch zumutbare Maßnahmen der Emissionsvermeidung und -minderung zu einem beiderseits zumutbaren verträglichen Interessenausgleich beizutragen. Wer insofern darauf verzichtet, ihm technisch mögliche, naheliegende und wirtschaftlich zumutbare Gestaltungsmittel zu wählen oder auf entsprechende bauliche Vorkehrungen verzichtet, also eine solche ihm mögliche und zumutbare „architektonische Selbsthilfe“ unterlässt, welche seine Beeinträchtigung durch die Immissionen spürbar vermindern würden, handelt seinerseits rücksichtslos und kann für ein in dieser Hinsicht gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßendes Bauvorhaben nicht die Erteilung einer Baugenehmigung beanspruchen (vgl. zu alldem im Einzelnen BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, NVwZ 1996, 379 = juris, Rn. 20 - 25; BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 - NvwZ 2000, 1050 = juris, Rn. 20 - 30; OVG NRW, U. v. 1.6.2011 - 2 A 1058/09 -, BauR 2012, 476 = juris, Rn. 74 ff.).
74 
Im vorliegenden Fall entfaltet dieses Rücksichtnahmegebot zumindest den Klägern gegenüber auch drittschützende Wirkung. Sie berufen sich zwar auf Gefahren, die das Vorhaben durch eine ungünstige Beeinflussung der Strömung und Geschwindigkeit des Windes verursachen soll, also einer unbeherrschbaren Naturgewalt, mit einem im städtebaulichen Kontext komplexen und daher nicht oder nur schwer überschaubaren weitläufig ausgedehnten Wirkungsgefüge (vgl. zum Stand und den Schwierigkeiten der sogenannten „urban physics“- Stadtwind-Forschung: Asendorpf, „Architektur im Windkanal“, Die ZEIT Nr. 22 v. 27.5.2010, - www.zeit.de/ 2010/22/Staedte-Windkanal/komplettansicht?print). Sie zählen aber noch zu dem „indvidualisierbaren und qualifizierbaren“ Kreis derjenigen, die direkt von Windgefahren betroffen wären, die von dem geplanten Vorhaben der Beigeladenen womöglich mitverursacht werden. Denn sie sind Miteigentümer eines Gebäudes, das zusammen mit dem direkt gegenüber in 15 m Abstand geplanten Vorhaben der Beigeladenen eine Straßenschlucht und damit die sog. „Winddüse“ bilden soll, von der sie gerade eine gefährliche Erhöhung der Windgeschwindigkeit befürchten (siehe hingegen zu dem mangels hinreichend abgrenzbar erkennbaren Personenkreises fehlenden Drittschutz der die Naturgewalt „Wasser“ betreffenden wasserrechtlichen Vorschriften bezüglich eines Überschwemmungsgebiets OVG Hamburg, B. v. 28.1.2016 - 2 Bs 254/15 -, BauR 2016, 1125 = juris, Rn. 30 -34 und U. v. 9.4.1997 - Bf V 64/95 -, juris, Rn.38 - 42).
75 
Bei der Beurteilung der Frage, ob das Rücksichtnahmegebot zu Lasten der Kläger durch den Bauvorbescheid verletzt wird, kann hier offenbleiben, ob sich aus der Kombination des Vorhabens der Beigeladenen mit dem Gebäude der Kläger tatsächlich eine Winddüse ergibt, die den Wind, der durch die ...-Straße strömt, sehr stark beschleunigt und dadurch bereits vorhandene Windgefahren deutlich verschärft und potenziert, wie dies die Kläger mit ihrem Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung behauptet haben.
76 
Denn selbst wenn dies - unterstellt - der Fall wäre, würde sich daraus keine zur Rechtswidrigkeit des Bauvorbescheids führende Rücksichtslosigkeit des Vorhabens der Beigeladenen ergeben.
77 
Vielmehr erweist sich das von den Klägern mit der vorliegenden Baunachbarklage gegenüber der Beigeladenen verfolgte Ansinnen als rücksichtlos, diese müsse aus Rücksicht darauf, den Klägern die Benutzbarkeit ihres kleinen Stehbalkons im bisherigen Umfang ungeschmälert zu erhalten, auf die grundsätzlich zulässige Bebauung ihres Grundstücks ganz oder in wesentlichem Umfang verzichten und der ihr erteilte Bauvorbescheid sei deshalb aufzuheben. Denn die Kläger haben infolge der Situationsbedingtheit ihres Eigentums keinen Anspruch auf Verschonung von stärkerem Wind, zumindest aber könnten sie sich selbst durch zumutbare Maßnahmen der Eigenvorsorge/Eigensicherung gegenüber den Gefahren sichern und schützen und wegen der wechselseitigen Rücksichtnahmepflichten der Kläger und der Beigeladenen kämen zur Konfliktlösung allenfalls bauordnungsrechtlich ggf. auch nachträglich beiderseitige bautechnische Nachrüstungsmaßnahmen an beiden Gebäuden zur Vermeidung von Gefahren in Betracht. Das ergibt sich aus der im Nachfolgenden dargestellten Bewertung des jeweiligen Gewichts und der Schutzwürdigkeit der gegenläufigen baurechtlichen Interessen der Kläger und der Beigeladenen und der Abwägung dieser Interessen gegeneinander:
78 
Bauplanungsrechtlich ist das Vorhaben der Beigeladenen nämlich im Plangebiet nicht nur ausnahmsweise, sondern grundsätzlich genauso zulässig, wie die im selben Plangebiet im gleichen Umfang zugelassene Bebauung des Grundstücks der Kläger. Daraus ergibt sich eine gleichgewichtige Verpflichtung sowohl der Kläger als auch der Beigeladenen zur wechselseitigen Rücksichtnahme.
79 
Dem Umstand, dass das Grundstück der Kläger bereits bebaut war, als die Beigeladene ihren Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids stellte, kommt dabei keine das Gewicht der Rücksichtnahmeverpflichtung zu Lasten der Beigeladenen verschiebende Bedeutung zu.
80 
Denn wann sich die für beide Grundstücke von Anfang an gleichermaßen gegebene plangemäße Bebaubarkeit durch eine tatsächliche Bebauung realisiert, hängt von reinen Zufälligkeiten ab, wie etwa dem Entstehen des Bauwunsches und der Verfügbarkeit finanzieller Mittel zu seiner Realisierung. Die Kläger können sich also gegenüber der Beigeladenen nicht etwa darauf berufen, ihr Haus sei gewissermaßen „zuerst da gewesen“, so dass in erster Linie die Beigeladene als später Hinzutretende mit ihrem Vorhaben auf die vorhandene Bebauung des Klägergrundstücks Rücksicht zu nehmen habe. Vielmehr war die Grundstückssituation der Kläger aufgrund der klaren Festsetzungen des Bebauungsplans von Anfang an mit der Möglichkeit der plangemäßen Bebauung des Nachbargrundstücks der Beigeladenen belastet, so dass schon kein schutzwürdiges Vertrauen auf ein Ausbleiben einer solchen Nachbarbebauung entstehen konnte.
81 
Das Bauvorhaben der Beigeladenen ist auch nicht etwa deshalb rücksichtlos, weil die Beigeladene damit die von den Klägern für ihr Grundstück befürchtete Gefahrenlage allein verursachen würde.
82 
Der Annahme einer solchen monokausalen, allein der Beigeladenen anzulastenden und sie daher zu einer gesteigerten Rücksichtnahme verpflichtenden Gefahrenverursachung steht hier schon der Umstand entgegen, dass die von den Klägern befürchtete gefahrverursachende Winddüse sich (wenn überhaupt) erst aus der Kombination ihres Gebäudes und desjenigen der Beigeladenen ergeben würde. Das heißt, das Gebäude der Kläger würde zu genau dem gleichen Anteil zu der Gefahrenverursachung beitragen, wie dasjenige der Beigeladenen, und wäre damit gleichermaßen Teil des Problems. Augenfällig zeigt dies bereits die Rüge der Kläger, der Bebauungsplan sei abwägungsfehlerhaft, weil er nicht berücksichtigt habe, dass sich infolge der Bebauung auf beiden Seiten der ...-Straße eine „Straßenschlucht“, bzw. eine „schluchtartige Enge“ ergebe, die eine das Gefahrenrisiko verstärkende Winddüse bilde. Würde man nämlich dieser Argumentation folgen, so hätte der Plangeber, um diesen Bedenken Rechnung zu tragen, dann nicht nur die Bebaubarkeit des Grundstücks der Beigeladenen, sondern konsequenterweise auch die Bebaubarkeit des Grundstücks der Kläger nur in einer hinsichtlich der Höhe sowie Länge eines Baukörpers und seines Abstandes zu dieser Straße sehr eingeschränkten Form festsetzen dürfen.
83 
Trotz dieser Konstellation fehlt es allerdings nicht schon an dem vom Rücksichtnahmegebot in § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO vorausgesetzten Merkmal, dass die (von den Klägern erwarteten unzumutbaren)Belästigungen oder Störungen durch Windgefahren (zumindest auch) „von der (durch die Beigeladene geplanten) baulichen Anlage ausgehen“ müssen.
84 
Bei der lediglich durch die Lage und Größe eines oder mehrerer Baukörper ggf. verursachten bloßen Beschleunigung der Strömungsgeschwindigkeit der Umgebungsluft (Wind) handelt es zwar nicht um eine von diesen Gebäuden „ausgehende“ Emission. Vielmehr handelt es sich lediglich um einen allgemeinen natürlichen physikalischen Vorgang. Dieser wird von dem Emissionsbegriff des § 3 Abs. 3 BImSchG („von einer Anlageausgehende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen oder ähnliche Erscheinungen“) ebenso wenig erfasst wird, wie etwa von den (im privaten Nachbarrecht einschlägigen) vergleichbaren Begrifflichkeiten des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB („Zuführung von Gasen, Dämpfen, …. Erschütterungen, Geräuschen oder ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen“). Denn sogenannten „negativen Einwirkungen“ zählen dazu nicht, wie etwa die Wind, Lichtzufuhr oder Funkwellen „abschattende“ oder „umlenkende“ Wirkung eines Gebäudes (siehe dazu BGH, U. v. 22.2.1991 - V ZR 308/89 - NJW 1991, 1671 [1672] = juris Rn. 10 unter Hinweis auf RG, Warn 1914, Nr. 57 = JW 1914, 196 und OLG München, DW 1957, 68, wonach es eine solche, von § 906 Abs. 1 S. 1 BGB nicht erfasste „negative Einwirkung“ darstellt, wenn ein Gebäude die „Bewegung des Windes zum Nachteil des Nachbargrundstücks beeinflusst, weil ein Windstau entsteht“; ebenso zu dem „von einem Gebäude abprallenden Wind und Regen“ BGH, U. v. 21.10.1983 - V ZR 166/82 -, NJW 1984, 729 = juris, Rn. 8 und insbes.Rn. 13 m.w.Nw.; so auch zu der „Verwirbelung des Windes“ durch eine Windkraftanlage [WKA], die dadurch die effizienten Abläufe einer dahinter liegenden WKA eines anderen Anlagenbetreibers stört und beeinträchtigt] OLG Frankfurt a.M., U. v. 9.3.2000 - 15 U 118/99 -, NJW-RR 2000, 1542 [1544] = juris, Rn. 35; a. A. aber VG Schleswig-Holstein, U. v. 11.12.2008 - 12 A 10/07 -, juris, Rn. 27, wonach es sich bei den - direkt durch den Betrieb einer WKA ausgelösten -Windverwirbelungen/Turbulenzen um eine den Luftverunreinigungen, Erschütterungen, Strahlen usw. „ähnliche Umwelteinwirkung“ i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG handeln soll; siehe im Übrigen Münchener Kommentar, 6. Aufl. 2013, Rn. 100 - 115, Fußnote 244 m. w. Rspr.Nw. sowie Staudinger/Roth, [BGB-Kommentar, juris], 2016, Rn. 122, 123.; zur Zurechenbarkeit von Störungen durch Naturereignisse, wenn menschliches Handeln oder Unterlassen deren Auswirkungen mitbeeinflusst BGH, U. v. 14.11.2003 - V ZR 102/03 -, NJW 2004, 1037 = juris, Rn. 24; siehe allerdings zur „Bündelung von Sonnenlichtstrahlen durch ein Glasdach“ bzw. zur „Umlenkung von Sonnenstrahlen durch eine Photovoltaikanlage“ und dadurch auf dem Nachbargrundstück verursachte “Blendeinwirkungen“ als von diesen Anlagen „ausgehenden Einwirkungen“ LG Frankfurt a.M., U. v. 21.7.1995 - 21/11 O 33/94 - Leitsatz Nr. 2 = DWW 1998, 57 = juris [nur LS] bzw. OLG Stuttgart, U. v. 30.4.2013 - 3 U 46/13 -, BauR 2013, 1463 = juris, Rn. 16).
85 
Dass die vorliegend geltend gemachten Windgefahren keine Emissionen des Gebäudes i.S. d. § 3 Abs. 3 BImSchG darstellen, steht indessen der Einschlägigkeit des Rücksichtnahmegebots aus § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO nicht entgegen.
86 
Denn bei den Emissionen/Immissionen i.S.d. § 3 BImSchG handelt es sich zwar um den Hauptfall der von einer baulichen Anlage ausgehenden Störungen/Belästigung, nicht aber um den einzigen Anwendungsfall. Vielmehr ist § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO trotz seines Wortlauts („von der Anlageausgehenden“ Belästigungen) nach Sinn und Zweck weiter zu verstehen, nämlich dahin, dass es dabei ganz generell um negative Auswirkungen einer Anlage auf andere Nutzungsmöglichkeiten in der Umgebung geht, die von der Anlage in ihrem Einwirkungsbereich nachteilig beeinflusst/betroffen werden. Von daher können alle Beeinträchtigungen in Betracht kommen, die ohne das Vorhaben nicht vorhanden wären und sich in der Umgebung des Vorhabens in irgendeiner Weise auf die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB auswirken können und insoweit städtebauliche Bedeutung haben können, weil sie eine aus der konkreten Bodennutzung resultierende Konfliktlage betreffen, die im Planungsrecht unter anderem durch die Festsetzung von einzuhaltenden Abständen und von überbaubaren Grundstücksflächen gelöst werden können (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger [E/Z/B/K], BauGB, Kom., 120 Erg.Lfg. Feb. 2016, Rn. 21 zu § 15 BauNVO unter Verweis auf BVerwG, U. v. 25.1.2007 - 4 C 1.06 -, NVwZ 2007, 587 = juris, Rn.14 und 15, wonach z.B. auch mögliche Gefahren für die Nachbarschaft einer diplomatischen Einrichtung durch diesen geltende terroristische Anschläge als Störungen i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO in Betracht kommen können).
87 
In diesem Sinne aber werden im Planungsrecht nicht nur die im Zusammenhang mit der Nutzung einer geplanten Landebahnanlage direkt von Flugzeugen im Landeanflug ausgelösten Windverwirbelungen (sog. „Wirbelschleppen“) als planungsrechtlich zu berücksichtigende Störungen angesehen (vgl. etwa BayVGH, U. v. 19.2.2014 - 8 A 11.40040 -, BayVBl. 2016, 155 = juris, Rn.563 - 575; siehe auch HessVGH, U. v. 21.8.2009 - 11 C 227/08.T, NVwZ 2010, 334 = juris, Rn. 1197), sondern auch die „Verminderungen von Windgeschwindigkeiten und Kaltluftabflüssen/Frischluft-zuflüssen“ durch Bauvorhaben, welche durch ihre „riegelartige Lage im Windstrom“ bestimmte „Winde behindern, blockieren oder umlenken“ und sich dadurch nachteilig auf das Kleinklima und mittelbar auf die gesunden Wohnverhältnisse auswirken könnten (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 9.2.1995 - 3 S 3407/94 -, NVwZ-RR 1995, 561 = juris, Rn. 3 - 9 und U. v. 20.5.2010 - 3 S 2099/08 -, VBlBW 2011, 97 = juris, Rn. 34, 35, 45 - 49; zum Wind als Teil-Faktor des Begriffs „Klima“ i.S.d. § 1 Abs. 6 Nr. 7a BauGB siehe E/Z/B/K, a.a.O., Rn. 144b zu § 1 BauGB und Rn. 114 ff. zu § 1 BauGB zum Begriff „gesunde Wohnverhältnisse“ iSd. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB; siehe auch Ziff. 3.4.2 „Städtebauliche Klimafibel Online - Hinweise für die Bauleitplanung“, Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Bad.-Württ - www. staedtebauliche-klimafibel.de/ ?p=27&p2=3.4.2., wonach in stark windbelasteten Gebieten eine Reduzierung von Druck- und Sogkräften bezüglich der Hauptwindrichtung durch Schrägstellung der Baukörper zur Reduzierung einer Angriffsfläche für den Wind empfehlenswert sei, bzw. es bezüglich der Hauptwindrichtung gelte, Lücken- und Düsenwirkungen durch die Baukörperstellung zu vermeiden und ggf. im Bereich von Gebäudelücken ein - am besten pflanzlicher - Windschutz vorgesehen werden könne)
88 
Auch wenn in diesem Sinne eine Windgefahr in Form einer Beschleunigung der Windgeschwindigkeiten durch eine aus dem Haus der Kläger und dem geplanten Gebäude der Beigeladenen gebildete Winddüse - falls überhaupt - sowohl eine vom Haus der Kläger, als auch eine vom geplanten Gebäude der Beigeladenen „ausgehende“ Störung/Belästigung für die Umgebung im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO darstellen würde, ergibt sich jedoch wegen des gleichrangigen Verursachungsbeitrags der beiden Gebäude keine stärkere, überwiegende oder gar einseitige Rücksichtnahmeverpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern, als sie umgekehrt diesen gegenüber der Beigeladenen obliegt.
2.2.3.
89 
Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorhaben der Beigeladenen nicht als rücksichtslos gegenüber den Klägern, selbst wenn (unter anderem auch) durch dieses Vorhaben eine Windgefahr zu Lasten der Kläger potenziert und verschärft wird, indem die Windgeschwindigkeit so gesteigert wird, dass die Kläger im Einzelfall bei besonders starkem oder gar stürmischem Wind ihren Stehbalkon nicht mehr bzw. nicht mehr im selben zeitlichen Umfang durch einen Aufenthalt im Freien auf diesem Balkon ohne Gesundheitsgefahren nutzen können bzw. eine Beschädigung oder gar einen Verlust ihres Sondereigentums am Balkon bzw. an auf diesem Balkon von ihnen plazierten, hingestellten oder gelagerten privaten Gegenständen (wie z.B. Stühlen, Tischchen, Sonnenschirm) durch Umwerfen, Fortwehen zu gewärtigen hätten.
90 
Die damit verbundenen Störungen/Beeinträchtigungen ihres Eigentums bzw. ihrer Gesundheit wären nämlich nur dann „rücksichtslos“, wenn sie „unzumutbar“ wären. An dieser „Unzumutbarkeit“, wie sie § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots erfordert,fehlt es jedoch im vorliegenden Fall.
2.2.3.1.
91 
Welche Störungen/Belästigungen „unzumutbar“ sind, kann sich aus Rechtsnormen ergeben, die insoweit verbindliche Grenzwerte vorschreiben, wie etwa das BImSchG i.V.m. einzelnen dazu ergangenen Verordnungen - oder aber aus Technischen Regelwerken, denen zwar die Verbindlichkeit einer Norm fehlt, die aber zumindest als Orientierungshilfe bei der Auslegung des Begriffs der „Zumutbarkeit“ i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO herangezogen werden können, wie z.B. DIN-Vorschriften (vgl. E/Z/B/K a.a.O. Rn. 117 zu § 1 BauGB zu den „Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse“ i.S.d. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB; ders., a.a.O. Rn. 50 b zu § 34 BauGB zur fehlenden Rücksichtslosigkeit bei Einhaltung der Vorschriften des BImSchG und der Grenzwerte der technischen Regelwerke).
92 
Was Windeinwirkungen/Windgefahren angeht finden sich insoweit allerdings im deutschen Recht lediglich die von der Beklagten in der Klageerwiderung genannten bauordnungsrechtlichen Vorschriften, die in Verbindung mit den entsprechenden DIN-Vorschriften (DIN EN 1991-1-4) zum Schutz der Standsicherheit und Substanz der Gebäude selbst sowie zum Schutz Dritter vor umherfliegenden, abgerissenen Gebäudeteilen an die konkrete Ausführung von Bauwerken sicherheitstechnische Anforderungen im Hinblick auf ihre Belastbarkeit gegenüber Windlasten stellen, d.h. Einwirkungen von Druck- und Sogkräften auf ein Bauwerk, die aus Windangriffskräften resultieren (vgl. dazu Bekanntmachung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg v. 6.6.2012 - Az: 25-2601.1/43-,https://um. baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/Dateien/ Dokumente/3_ Um welt/Baurechts-_und_Bergbeh%C3%B6rde/ LTB_vom_06-06-2012.pdf; vgl. auch die einführende Erläuterung der DIN EN 1991-1-4 durch: Schmidt, Einwirkungen auf Tragwerke, https://www.bundesanzeiger-verlag.de/fileadmin/BIV-Portal/Bautechnik_WKD/Schneider-Bautabellen/Ingenieure/LP_BTI_2 014_03_024-047.pdf).
93 
Im privaten Versicherungs- und Haftungsrecht in Deutschland gilt - in Anlehnung an die Verlegrichtlinien des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZDDH) - der Grundsatz, dass Dacheindeckungen von Häusern grundsätzlich so konstruiert sein müssen, dass sie Windangriffen bis Windstärke 12 (Orkan) standhalten (vgl. BGH, U. v. 7.10.1975 - VI ZR 103/74 -, juris, Rdnr. 7 und U. v. 23.3.1993 - VI ZRE 176/92 -, Rdnr. 7 = NJW 1993, 1782 sowie ausführlich OLG Hamm, U. v. 14.7.2010 - 13 U 145/09 -, juris Rdnr. 9; so auch zum seinerzeit noch öffentlich-rechtlichen Elementarschadensrecht VGH Bad.-Württ., U. v. 27.9.1994 - 9 S 459/92 -, VersR 1995, 1090 = juris, Rdnr. 19; siehe zu den Fachregeln des Dachdeckerhandwerks über die sturmsichere Verklammerung und Verschraubung von Dacheindeckungen auch Galuba, Verhütung und Minimierung von Sturmschäden, in: Schadensprisma, Heft 1/1997, S. 4- unter www.schadensprisma.de>Archiv>Themen>Sturm).
94 
Ansonsten finden sich bezüglich eines Schutzes vor Windangriffsgefahren lediglich im Forstrecht der Länder einzelne Rechtsvorschriften, wonach eine Rodung/bzw. ein Kahleinschlag eines Waldes zu unterlassen ist, wenn dadurch dem benachbarten Wald der abschirmende Schutz („Deckungsschutz“) gegenüber Windgefahren/Sturmschäden genommen würde (vgl. die „Schutzwaldregelung“ in § 10 Abs. 2 BayWaldG und dazu BayOLG, U. v. 29.6.1990 - 14 U 7/90 8 - 10 -, NJW-RR 1991, 1048 = juris. Rn.; siehe ferner OLG Koblenz, U. v. 28.7.2010 - 1 U 46/09 -, DVBl. 2011, 60 = juris, Rn. 28 -31 zu § 10 Abs. 1 S. 1 RhlPfl-WaldG; ebenso Österreichischer VwGH, U. v. 14.9.2004 - 2001/10/0072 zu § 14 Abs. 2 Ö-ForstG).
95 
Bezüglich der Zumutbarkeit von Gefahren für Leib, Leben oder Eigentum durch einen mit hoher Geschwindigkeit strömenden Wind finden sich in der deutschen Rechtsordnung hingegen keinerlei gesetzlichen Vorschriften bzw. technische Regelwerke und somit auch keine verbindlichen Grenzwertfestsetzungen bzw. Orientierungswerte.
96 
Soweit ersichtlich, gibt es in Deutschland bislang keine DIN-Vorschrift, die der vom Niederländischen Normeninstitut herausgegebenen Vorschrift über den „Windkomfort und Windgefahren in bebauten Gebieten - NEN 8100“ vergleichbar wäre (siehe Ruscheweyh „Windeinwirkungen im Spiegel der europäischen Normung“ - Windtechnologische Gesellschaft WtG e.V, 10.11.2011 - http://www.wtg-dach.org/fileadmin/user_upload/WtG-Berichte-12_IN HALTSVERZEICHNIS_2011-11-10.pdf).
97 
Als ein technisches Regelwerk, das insoweit gewisse Orientierungspunkte liefert, wird die NEN 8100 jedoch auch in Deutschland Gutachten zu Fragen einer Beeinträchtigung des Windkomforts bzw. der Auslösung von Windgefahren durch Bebauung zugrunde gelegt (siehe Abdruck der NEN 8100 und Erläuterung dazu bei Peutz, Gutachten „Heerdter Krankenhaus Düsseldorf, 23.4.2013, S. 4, 8 - 11, Ziff.4.5 - www. o-sp.de/download/duesseldorf/84103, als Abdruck von den Klägern vorgelegt -GAS 171 ff.).
98 
Sie beruht auf der international anerkannten Klassifizierung der Windgeschwindigkeiten nach 12 Windstärken, die auch als Beaufort-Skala bekannt ist. Ein Wind mit Windstärke 7 ist danach ein „steifer Wind“ mit einer Geschwindigkeit zwischen ca. 14 - 17 m/s (= 50 - 60 km/h), der die Bäume zum Schwanken bringt und beim Gehen gegen den Wind einen Widerstand darstellt. Bei Windstärke 8 liegt ein „stürmischer Wind“ vor, der eine Geschwindigkeit zwischen ca. 17 - 20 m/s (= 62 - 74 km/h) aufweist und große Bäume bewegt, Fensterläden öffnet, Zweige von Bäumen abbricht und das Gehen erheblich behindert. Bei Windstärke 9 handelt es sich um einen „Sturm“ mit einer Geschwindigkeit von ca. 21 - 24 m/s (= 75 -88 km/h), der Äste abbricht, kleinere Schäden an Häusern auslöst, Ziegel und Rauchhauben von den Dächern hebt, Gartenmöbel umwirft und verweht und das Gehen erheblich behindert. Ein „schwerer Sturm“ liegt bei Windstärke 10 vor, einem Wind mit einer Geschwindigkeit von ca.24 - 28 m/s (= ca. 89 -102 km/h), der Bäume entwurzelt, Baumstämme bricht, Gartenmöbel wegbläst, größere Schäden an Häusern anrichtet und im Landesinneren nur selten vorkommt. Mit Windstärke 11 bläst schließlich ein „orkanartiger Sturm“, der eine Geschwindigkeit von ca. 28 - 33 m/s (= ca. 103 - 117 km/h) aufweist, und mit heftigen Böen schwere Sturmschäden sowie schwere Schäden in Wäldern durch Windbruch anrichtet, Dächer abdeckt, Autos aus der Spur wirft, dicke Mauern beschädigt, das Gehen unmöglich macht und im Landesinneren sehr selten vorkommt. Erreicht der Wind schließlich Windstärke 12, so handelt es sich um einen „Orkan“, der eine Geschwindigkeit von ca. 33 m/s (= ca. 117 km/h) überschreitet, schwerste Sturmschäden und Verwüstungen verursacht und im Landesinneren nur äußerst selten auftritt (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Beaufortskala).
99 
Im Hinblick auf solche Windstärken qualifiziert die NEN 8100 eine örtliche Situation dann als „gefährlich“, verbunden mit der Forderung, entsprechende Bereiche für Menschen unzugänglich zu gestalten, wenn die Grenze einer mittleren Windgeschwindigkeit 15 m/s ( = 54 km/h d.h. in etwa Windstärke 7 -„steifer Wind“) an mehr als 0,3 % der Jahresstunden überschritten wird, wenn also bei 365 Tagen zu je 24 Stunden an diesem Ort während insgesamt 262,8 Stunden im Jahr Winde mit Windstärken von Windstärke 8 (stürmisch) an aufwärts bis Windstärke 12 (Orkan) herrschen.
100 
Bloße Beeinträchtigungen des Wind-„komforts“, d.h. Windstärken, die ein Verweilen an einem Ort durch Sitzen, bzw. ein Vorbeischlendern oder ein Durchqueren infolge des Windzugs, der Windkräfte, des Abkühlens, der sonstigen Störungen als „unbehaglich“, „unangenehm“, „ungemütlich“, also nicht mehr komfortabel erscheinen lassen, sollen hingegen nach der - insoweit an subjektive Erfahrungswerte anknüpfenden - NEN 8100 vorliegen, wenn an einem Ort eine Komfort-Windgrenzge-schwindigkeit von 5 m/s (= 18 km/h, entspricht etwa einer „schwachen Brise“) in einem Umfang zwischen 5 - 20 % der Jahresstunden überschritten wird, d.h. wenn in diesen Stunden Windgeschwindigkeiten zwischen Windstärke 4 (mäßige Brise) und Windstärke 7 (steifer Wind) herrschen.
101 
Vor diesem Hintergrund würde sich das Vorhaben der Beigeladenen aber selbst dann nicht als rücksichtlos erweisen, wenn - zumindest auch dadurch verursacht -entlang der ...-Straße eine aus dem Haus der Kläger und dem geplanten Gebäude der Beigeladenen zusammengesetzte Winddüse entstehen würde, durch welche der Wind derart beschleunigt würde, dass er nunmehr - anders als womöglich vorher - im Jahresmittel die nach der NEN 8100 bezüglich Windgefahren zugrunde zulegende Windgrenzgeschwindigkeit von 15 m/s an mehr als 0,3% der Jahresstunden überschreiten würde und damit eine nach der NEN 8100 als „gefährlich“ einzustufende Situation entstünde.
102 
Denn auch dann wären die damit verbundenen Störungen/Belästigungen für die Kläger nicht im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO „unzumutbar“, wie folgende Erwägungen zeigen:
103 
Beim Wind handelt es sich um eine unbeherrschbare Naturgewalt, nämlich ein allgemeines physikalisches Phänomen, das von einer Vielzahl von Faktoren abhängt, die ein komplexes und nur begrenzt berechenbares Wirkungsgefüge ergeben. Klimaveränderungen aber auch Bebauungen an weit entfernten Stellen, die in keinem direkt erkennbaren Zusammenhang stehen, können den Wind, seine Richtung und Stärke sowie örtliche Ausprägung beeinflussen und verändern. Die Auswirkungen dieses Naturphänomens sind daher grundsätzlich als situationsgebunden und sozialadäquat hinzunehmen (so etwa zu den von Bäumen auf dem Nachbargrundstück ausgehenden typischen natürlichen Auswirkungen wie Schattenwurf, Laub- und Samenanfall, verzögerte Abtrocknung von Flächen und Zäunen VG Minden, U. v. 3.3.2016 - 9 K 529/15 -, juris. Rn. 50). Selbst insoweit erhöhte Gefährdungspotentiale sind grundsätzlich zumutbar, wenn sie noch im Rahmen der allgemein akzeptierten Risikoakzeptanzschwelle, nämlich der in der Lebenswirklichkeit typischerweise auftretenden Gefährdungen, liegen und daher noch als sozialadäquat einzustufen sind (vgl. zu diesen Begrifflichkeiten in Bezug zu den von einem Flugbetrieb ausgehenden Beeinträchtigungen durch Windwirbelschleppen BayVGH, U. v. 19.2.2014 - 8 A 11.40040, juris, Rn. 566, 568 und HessVGH, U. v. 21.8.2009 - 11 C 227/08.T -, juris, Rn. 1129, 1130, 1207, 1215 - 1220).
104 
Die regional herrschende Windsituation bestimmt insoweit die von Lage, Beschaffenheit und den Umweltverhältnissen abhängige Grundstückssituation mit. Die daraus resultierende Situationsgebundenheit wiederum bestimmt und beschränkt den Inhalt des konkreten Grundeigentumsrechts (siehe zur rechtlichen Kategorie der Situationsgebundenheit eines Grundstücks BVerfG, B. v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/091 -, NJW 1999, 2877 = juris, Rn. 83 m.w.Nw. d. Rspr.; zu den „Umweltverhältnissen“ die als „weitere Grundstückmerkmale“ i.S.d. § 6 ImmoWertV den Wert eines Grundstücks auch prägen BGH, U. v. 30.9.1963 - III ZR 59/61-, NJW 1964, 202; zur Situationsgebundenheit des Grundeigentums ferner: Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, 5. Aufl. 2006, S. 64 ff.). Hier wird hinsichtlich der Windverhältnisse die Grundstückssituation des Grundstücks der Kläger außerdem auch noch durch dessen Bebauung mit einem hohen, langen Gebäude mitbestimmt, welches die topographische Kontur dieses Grundstücks verändert und eine Windbeschleunigung durch einen Düseneffekt nach dem Klägervorbringen mitverursachen soll.
105 
Auch in den Grenzen seiner Situationsgebundenheit garantiert das Eigentumsgrundrecht schließlich nicht die Möglichkeit seiner optimalen, bestmöglichsten bzw. ggf. auch einträglichsten Ausnutzbarkeit (BVerfG, B. v. 14.4.2010 - 1 BvR 2140/08 -, NVwZ 2010, 957 = juris, Rn.19 unter Verweis auf b. v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -, NJW 1999, 2877 = juris, Rn. 84), zumal, wenn es um die allgemeinen Klima- und Windverhältnisse geht. Von daher stellt der bloße Umstand, ggf. den Balkon an zusätzlichen Tagen wegen starken Windes nicht zum Aufenthalt im Freien nutzen zu können, d.h. weniger oft als zuvor nutzen zu können, für sich genommen keine unzumutbare Eigentumsbeeinträchtigung dar.
106 
Im vorliegenden Fall liegt das Grundstück der Kläger in einem Gebiet, das nach der „Zuordnung der Gemeinden in Baden-Württemberg zu den Windzonen der DIN-EN-1994-1-4/Nationaler Anhang -NA:2010-12“ der Windzone 2 zuzuordnen ist, die wiederum einem küstennahen Gebiet bzw. einer Insel der Ostsee vergleichbar ist. Nach den von den Klägern vorgelegten Windtabellen für ... (Klageschriftsatz v. 7.12.2015 - GAS 137-139 sowie SS. v. 15.3.2016 - GAS 313) erreichte der Wind hier im Jahr 2014 in 75 Fällen Windstärken von 6 bzw. sogar 7 Beaufort (also starker Wind/steifer Wind) und in 6 Fällen sogar Windstärke 8 (stürmischer Wind) oder noch mehr (nämlich in einem der 6 Fälle sogar Windstärke 10 „schwerer Sturm“ und zweimal Windstärke 9 „Sturm“). Im Jahr 2105 trat in 51 Fällen Wind mit Windstärke 6 bzw. 7 auf und in 17 Fällen sogar mit Windstärke 8 bzw. sogar mehr. Allein im Januar 2016 erreichte der Wind schon in 5 Fällen Windstärke 8 bzw. sogar 9.
107 
Das Grundstück ist damit schon ganz unabhängig von dem Vorhaben der Beigeladenen bereits einer starken Windbelastung ausgesetzt und dadurch vorbelastet, wie auch die von den Klägern bzw. von ihrem Nachbarn in der mündlichen Verhandlung angeführten Beispiele konkreter, bereits jetzt schon oder in der Vergangenheit erfolgter Windbeeinträchtigungen in den - insoweit allerdings dem offenen Uferstreifen zugewandten - Nachbarhäusern zeigen (Umwerfen von Pflanzkübeln, Abreißen der Dachverblendung, Herunterwehen von Kieseln vom Dach).
108 
Es bestand also schon immer keine Möglichkeit für die Kläger, ihren Balkon von Windkräften ungestört uneingeschränkt nutzen zu können. Vielmehr war der Balkon als eine im Freien gelegene Nutzungsform schon immer dadurch beeinträchtigt, dass man ihn aus Gründen des selbst zu verantwortenden Eigenschutzes bei starkem Wind nicht betreten konnte, weil man sich ab gewissen Windstärken besser nicht im Freien aufhält, wenn man nicht geschädigt werden will, bzw. dass man die Balkontür und die Fenster schließen und die auf dem Balkon stehenden Gegenstände entweder hereinholen bzw. festzurren oder sonst irgendwie fixieren musste, um sie gegen eine Beschädigung durch Umwerfen bzw. gegen Wegwehen durch den Wind zu sichern (zum Verhalten bei starkem Wind siehe die Empfehlungen der Schweizerischen Naturgefahrenfachstelle - www.naturgefahren.ch/home/umgang-mit-naturge fahren/verhaltensempfehlungen.html; ebenso die Empfehlungen unter www.un wetter.de/pages/gefahren_ wind.php). Zudem ist das Haus der Kläger bereits jetzt, nämlich schon immer bautechnisch so zu errichten und zu unterhalten gewesen, dass seine Dacheindeckung bzw. -verblendung starken Windangriffskräften der Windzone 2 bzw. haftungs- und versicherungsrechtlich gesehen sogar bis zu Orkanwindstärke (12) standhält.
109 
Wie der statistische Überblick (s.o.) außerdem zeigt, haben die Starkwindereignisse allein in den Jahren 2014 bis Anfang 2016 schon ganz unabhängig von dem Vorhaben der Beigeladenen zahlenmäßig zugenommen. Ob dies auf den Klimawandel oder andere Faktoren, wie etwa die zunehmende Versiegelung der Böden durch Bebauung, zurückzuführen ist, kann dahinstehen. Denn daraus wird jedenfalls deutlich, dass es einen „Anspruch“ der Kläger nicht geben kann, zumindest vor einer weiteren Zunahme von starken Winden, d.h. vor einer Potenzierung oder Verschärfung der Situation durch das Vorhaben der Beigeladenen verschont zu bleiben, weil es eine solche stabile „Situation“ hinsichtlich der Windgefahren gar nicht gibt, die als Ausgangspunkt für die Feststellung einer (negativen zahlenmäßigen) Verschlechterung dienen könnte.
110 
2.2.3.2. Jedenfalls aber ergibt sich die Zumutbarkeit einer - womöglich in Folge einer Düsenbildung entstehenden - zusätzlichen, verschärften bzw. potenzierten Windgefährdung, und damit die fehlende Rücksichtslosigkeit des Vorhabens der Beigeladenen daraus, dass es den Klägern möglich ist, sich in tatsächlich und finanziell zumutbarer Weise durch eigene Maßnahmen gegenüber diesen Gefährdungen zu schützen.
111 
Es entspricht insoweit dem allgemein von der Gesellschaft akzeptierten und daher sozialadäquaten Umgang mit nicht weiter beherrschbaren Naturgefahren, ihnen mit einem - durch Hinweise, Prognosen, Warnungen und Risikoanalysen bzw. Risikokartierungen unterstützten - eigenen Vermeidungsverhalten zu begegnen, etwa indem man sich in risikobelasteten Gegenden gar nicht erst ansiedelt, oder bei stürmischem Wetter den Aufenthalt im Freien meidet, wo man als Mensch selbst durch starken Wind umgeworfen oder aber durch umherfliegende eigene oder fremde Gegenstände verletzt werden könnte. Ferner entspricht es diesem Umgang, Beschädigungen des eigenen Eigentums, die diesem durch Naturgefahren drohen können, durch Abschluss von Sachversicherungen bzw. eine spezielle, Extremlasten durch Lastannahmen nach DIN genügende, bautechnische Herstellung oder ggf. nachträgliche technische Ertüchtigung des Objekts bzw. das Ergreifen sonstiger technischer Sicherungsmaßnahmen zu begegnen (vgl. insoweit die instruktive Darstellung zum Umgang mit Naturgefahren des Schweizer Naturgefahrenfachstelle - www.naturge fahren.ch/home/umgang-mit-naturgefahren/verhaltensempfehlungen.html;siehe auch Galuba, Verhütung und Minimierung von Sturmschäden, in: Schadenprisma, Heft 1/1997, S. 4 - siehe www.schadenpris ma.de, dort unter Archiv>Themen>Sturm).
112 
Insoweit ist es technisch und finanziell ohne Weiteres möglich und den Klägern daher auch zumutbar, sich bei starkem Wind nicht im Freien auf ihrem Balkon oder auf der Freifläche vor dem Haus aufzuhalten, Fenster und Balkontüren zu schließen und geschlossen zu halten, ggf. eine Seitenverglasung des Balkons als Windschutz anzubringen, sowie gefährdete Gegenstände auf ihrem Balkon hereinzuholen bzw. diese gegen Um-, bzw. Fortwehen durch technische Vorkehrungen (Anbinden, Verschrauben, Arretieren) zu sichern. Das zeigt beispielsweise auch der vom Nachbarn der Kläger geschilderte Umstand, dass die Miteigentümer zur Vermeidung von Haftungsrisiken die Gefahr eines Fortwehens von Kieseln von ihrem Flachdach durch den Wind durch Beschweren mit größeren Steinen behoben haben.
113 
Dass solches Verhalten nicht unzumutbar, sondern sinnvoll und praxisnah ist, zeigen etwa auch Auflagen zu einem Planfeststellungsbeschluss für eine Flughafenerweiterung, die wegen der Gefahr durch den Flugbetrieb verursachter sogenannte Wirbelschleppen die besondere Verklammerung von Dacheindeckungen aufgeben bzw. die Hinweise an die Wohnbevölkerung im Risikogebiet enthalten, dass Markisen und Sonnenschirme „so zu installieren und zu unterhalten sind“, dass sie auch kräftigen Windböen standhalten können (vgl. dazu BayVGH, U. v. 19.2.2014 - 8 A 11.40040, juris, Rn. 565, 568, 570 -572, unter anderem darauf verweisend, dass eine unzumutbare Einschränkung der Ausnutzbarkeit von Außenwohnbereichen, Freisitzen, Balkonen oder Dachterrassen nicht zu erwarten sei und dass Balkone ohnehin bauordnungsrechtlich sicher umwehrt sein müssten; siehe ferner zur Obliegenheit des Inhabers eines Getränkehandels, durch Wirbelschleppen bedingte Gefahren eines Menschen gefährdenden Umherfliegens von Getränkekisten und einzelner Flaschen durch entsprechende Betriebsorganisation zu vermeiden, und zur speziell im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Verklammerung von Dacheindeckungen im Gefährdungsbereich von Wirbelschleppen HessVGH, U. v. 21.8.2009 - 11 C 227/08.T -, juris, Rn. 1209, 1210 und 1211).
114 
Die Windstärkenprognosen bzw. auch ausdrücklichen Warnungen vor starken Winden/Stürmen/Orkanen, an denen sich die Kläger dabei im Vorfeld bei der Prüfung der Frage orientieren können, ob und inwieweit Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen sind, sind im Übrigen heutzutage auch derart ausgereift und geographisch kleinräumig zellengenau, dass sie als Grundlage einer individuellen Vorsorge taugen (zu der Möglichkeit des Deutschen Wetterdienstes neuerdings - auch mit WetterApps - nicht nur Landkreiswarnungen, sondern einzelne Gemeindewarnungen herauszugeben http://www.dwd.de/DE/wetter/warnungen_aktuell/neuerungen/gemeindewarnungen_ node.html). Dass die Kläger - wie in der mündlichen Verhandlung von ihnen vorgetragen - damit nicht gegen außerhalb eines solchen Prognoserahmens liegende, „plötzlich auftretende böenartige Windstöße“ zu sichern sind, mag sein, ändert aber an der dargelegten Einschätzung der Zumutbarkeit der durch eine Düse womöglich verursachten Windgefahren nichts, weil die Zufälligkeit des Windes als solche nicht Auswirkung einer sogenannten Winddüse, sondern allgemeines Charakteristikum dieses Naturphänomens ist.
115 
2.2.3.3. Selbst wenn man aber davon ausginge, eine Winddüse würde infolge der Bebauung des Beigeladenengrundstücks entstehen und Gefährdungen verursachen, denen gegenüber sich selbst durch Eigenverhalten zu sichern den Klägern nicht mehr zumutbar sei, so würde sich nach den oben dargelegten Grundsätzen zum Rücksichtnahmegebot wegen der Pflicht zur wechselseitigen Rücksichtnahme daraus gleichwohl keine Handhabe der Kläger ergeben, um deshalb den der Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid wegen Rücksichtlosigkeit als rechtswidrig aufheben zu lassen, also im Ergebnis der Beigeladenen die grundsätzliche Möglichkeit der plangemäßen Bebauung ihres Grundstücks ganz oder in wesentlichem Umfang zu nehmen.
116 
Vielmehr könnte die Konfliktbewältigung allein darin liegen, dass durch entsprechende gestalterische und bautechnische Maßnahmen die Auswirkungen eines Düseneffekts deutlich abgemildert werden, und zwar sowohl durch Maßnahmen am und um das Gebäude der Beigeladenen aufgrund entsprechender Auflagen im noch ausstehenden bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahren, als auch durch Maßnahmen am und um das Gebäude der Kläger aufgrund auch noch nachträglich zur Gefahrenabwehr möglicher bauordnungsrechtlicher Anordnungen gem. § 58 Abs. 6 LBO.
117 
Als solche wirksamen Maßnahmen zur Beseitigung oder deutlichen Reduzierung der negativen Auswirkungen des sogenannten Düseneffekts werden insoweit in der aerophysikalischen Fachliteratur Maßnahmen genannt, die die äußere Form und Gestaltung der Gebäude, ihrer Ecken und Oberflächen so modifizieren, dass sie weniger Angriffsfläche bieten, den Windstrom mehr behindern, die Wirbelentstehung insbesondere an den Gebäudeecken weniger begünstigen und den Wind weniger leicht an ihren Oberflächen entlangströmen lassen. Dies kann etwa durch Anbringung von Durchlässen, Vordächern, Vorsprüngen und Erkern, aber auch durch die Ausgestaltung rauer bzw. poröser Oberflächen bzw. die Anbringung engmaschiger Drahtgeflechte geschehen, und auch dadurch, dass die Ecken und Kanten von Gebäuden besonders geformt werden, sowie schließlich durch das Anpflanzen von Büschen, Bäumen und Hecken um die Gebäude herum (siehe Fischer, „Standortvorbereitung im Hochhausbau“, Diss. Darmstadt, 2003, S. 96 - 98 und 237 - http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/414/1/Dissertation_TFischger.pdf unter Verweis auf Limberger/ Bartholomäi, „Das Baurecht der Hochhaustürme“, ZfBR 1991, 242 [248] und auf Gerhardt, “Windeinwirkungen“ in: Eisele/Kloft, Hochhausatlas, 2002, S. 136; ferner Visser, „Hochbau bedroht das Windklima unserer Städte“, August 2001, S. 8, 14, 20 und 21 - publications.tno.nl/publication/34620078/2xLI6u/visser-2001-hochbau.pdf; siehe auch Stadtklima Stuttgart, Heft 13, dort am Ende des Abschnitts „Windkomfort“ zu gezielten Windschutzmaßnahmen - https://www.stadtklima-stuttgart.de/in dex.php?klima_s21_themenhefte_h13; vgl. außerdem Eichler/Gedgaudas, „Wohnen im Hochhaus“, März 2006, S. 32, Ziff. 6.3.3 - www.desglaubi.net/gedgaudas/downloads /Seminar. pdf; Peutz, Gutachten „Heerdter Krankenhaus Düsseldorf, 23.4.2013, S.18 und 19; Institut für Aerodynamik, Hochschule Aachen, Fachliche Stellungnahme v. 21.7.201,S,2 - https://umwelt-beteiligung.de/berlin/sites/default/files/proceedings/public-files/2014-07-22-fachl-stellungnahme-windkomfort.pdf; siehe auch www.weatherpark. com/windkomfort/ und www.ifi-aachen.de/de/content/wind-komfort; ferner Klingenberg, „Sicherung von Verkehrsteilnehmern im Bereich von Bauwerken“, S. 1090, 1091 - http://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=bse-cr-001:1964:7::1244).
118 
3. Zur Vermeidung künftigen Rechtsstreits im Rahmen des noch ausstehenden Baugenehmigungsverfahrens sei abschließend noch auf Folgendes hingewiesen:
119 
Für die Annahme der Entstehung einer Winddüsenwirkung bei Ausführung des geplanten Bauvorhabens der Beigeladenen fehlt nach allem Dafürhalten jeglicher Anhaltspunkt.
120 
3.1. Die gesamten einschlägigen Veröffentlichungen zeigen nämlich, dass Düseneffekte, die zu gefährlich hohen Windgeschwindigkeiten führen können, überhaupt nur ernsthaft diskutiert werden, soweit es um riegelartig quer im Hauptwindstrom liegende, sehr hohe und sehr breite Gebäude (von mindestens 40 m Höhe und 40 m Breite), bzw. um echte Hochhäuser mit über 100 m Höhe geht und soweit sehr enge Winddurchlässe vorhanden sind, wie etwa Schluchten zwischen echten Hochhäusern oder ganz schmalen Passagen in einem quer zum Windstrom liegenden Gebäude, wie z.B. im Erdgeschoss unter einem großen Hochhaus tunnelartig hindurchführende Fußgängerpassagen. Das liegt zum einen daran, dass der Wind in größeren Höhen auch höhere Geschwindigkeiten aufweist, also erst beim Auftreffen auf Gebäuden in größerer Höhe überhaupt einen entsprechend hohen Staudruck erzeugen kann, der dann zu einer Beschleunigung des Windes führt, weil dieser genötigt wird, zum Abbau des Staudrucks seitlich bzw. über Ausweichöffnungen wie Schluchten oder Passagen auszuweichen und dabei beschleunigt mit höheren Geschwindigkeiten abzufließen. Zum anderen baut sich ein solcher Staudruck umso mehr auf, je frontaler der Wind auf ein Bebauungshindernis trifft, und umso weniger, je weiter der Baukörper als Hindernis aus der Hauptwindrichtung weggedreht liegt, so dass der Wind nicht darauf trifft, sondern parallel vorbeistreicht und so keinen Druck aufbauen kann (instruktiv insoweit Fischer, „Standortvorbereitung im Hochhausbau“, Diss. Darmstadt, 2003, S. 1 - 9, 96 - 98, 237 http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/414/1/Disserta tion_TFischger.pdf unter Verweis auf Limberger/Bartholomäi, „Das Baurecht der Hochhaustürme“, ZfBR 1991, 242 [248] und auf Gerhardt, “Windeinwirkungen“ in: Eisele/Kloft, Hochhausatlas, 2002, S. 136; siehe die übersichtliche Darstellung auch bei Visser, „Hochbau bedroht das Windklima unserer Städte“, August 2001, S. 8, 14, 20 und 21 - publications.tno.nl/publication/34620078/2xLI6u/visser-2001-hochbau. pdf; siehe Eichler/ Gedgaudas, „Wohnen im Hochhaus“, März 2006, Ziff. 6.3.1. und 6.3.3., http://www.desglaubi.net/gedgaudas/downloads/Seminar.pdf; VDI-Blog, „Wieso ist es um Hochhäuser herum immer so windig ?“, 6.12.2014, https://blog.vdi.de/2014/12 /wieso-ist-es-um-ein-hochhaus-herum-immer-so-windig/).
121 
Untersuchungen des Windkomforts bzw. von Windgefahren im Rahmen der Bauleitplanung werden denn auch nur bezüglich der Planung von Hochhäusern oder in ganz besonders exponierten Lagen empfohlen oder aber hinsichtlich der bauordnungsrechtlich relevanten Sicherheitsfragen nur bezüglich der Errichtung komplexer Bauwerke, die für Windgefahren bzw. deren Mitverursachung anfällig sind, und in der Praxis erstellt, wie z.B. bezüglich der Errichtung hoher Industriekamine, großer Brückentragwerke, Photovoltaik-Anlagen an Türmen, Windkraftanlagen usw. (Fischer, „Standortvorbereitung im Hochhausbau“, Diss. Darmstadt, 2003, S. 96 - http://tuprints.ulb.tu-darmstadt. de/414/1/Dissertation_ TFischger.pdf unter Verweis auf Limberger/Bartholomäi, „Das Baurecht der Hochhaustürme“, ZfBR 1991, 242 [248]; siehe Städtebauliche Klimafibel online, Ziff. 3.4.2. - https://www.staedtebau liche-klimafibel.de/?p=28&p2=3.4.2 und Windtechnologische Gesellschaft.e.V., „Der natürliche Wind - Windkomfort“, www.wtg-dach.org/index. php?id=244&L ==%5C%5C; siehe Ruscheweyh „Windeinwirkungen im Spiegel der europäischen Normung“ - Windtechnologische Gesellschaft WtG e.V, 10.11.2011 - http://www.wtg-dach.org/fileadmin/user_upload/WtG-Berichte-12_IN HALTSVERZEICHNIS_2011-11-10.pdf ).
122 
Soweit Untersuchungen von Windeinwirkungen im Zusammenhang mit Bauleitplanungen in der Praxis tatsächlich angestellt wurden, wurden selbst im Rahmen ausführlicher Gutachten echte Windgefahren - im Sinne der oben genannten niederländischen Norm NEN 8100 - soweit aufgrund einer Internetrecherche ersichtlich -praktisch nie festgestellt. Risiken wurden allenfalls einmal ganz ausnahmsweise bei sehr hohen Hochhäusern an äußerst exponierten Stellen wie etwa Dachkanten oder Terrassenrüstungen in den obersten Etagen festgestellt (vgl. Peutz, Gutachten, Heerdter Krankenhaus Düsseldorf, 23.4.2013, Ziff. 5.2.1.2. S. 16, www.o-sp.de/down load/duesseldorf/84103: Selbst bei Hochhaus erst ab 12.OG erst eine Risikostufe 1, indessen noch keine „Windgefahr“; Institut für Aerodynamik, Hochschule Aachen, Fachliche Stellungnahme, 21.7.201 - https://umwelt-beteiligung.de/berlin/sites/de fault/files/proceedings/public-files/2014-07-22-fachl-stellungnahme-windkomfort.pdf: Nur bei hohen Häusern und größeren Gebäuderiegeln kann es bei engen Straßenzügen zu Düseneffekten kommen; Senatsverwaltung Berlin, VO Entwurf, BPlan I-15b, Bezirk Mitte, Ortsteil Mitte, 7.9.2010, S. 27 - http://www.parlament-berlin.de/ados/16/BauWohn/vorgang/ bw16-0222-v.pdf: Düseneffekt mit höheren Windgeschwindigkeiten bei Übergang von 180 m breitem Platz zu 22 m breitem Straßenraum; Ökoplana, Gutachten zum BPlan-Benj.Franklin Village, Mannheim, 8.6.2015, S. 38 Ziff. 6.3 und S. 42,43 - https://www. mannheim.de/sites/ default/files/page/74512/oekoplana_klimagutachten_bfv_08062015_klein.pdf: Selbst an Hochhäusern zwar Windbeschleunigungseffekte, aber im Ergebnis keine Windgefahren; siehe zudem BPlan „Hochhaus Mercedesstraße -Fisherman Tower - Düsseltal, 3.2.2010, Ziff.4.8.4. - www.o-sp.de/download/duesseldorf/44649: : selbst bei Hochhaus an keinem der Messpunkte je Werte zur Überschreitung der Risikoschwelle des Gefahrenkriteriums nach der NEN 8100 gemessen; Stadtklima Stuttgart, Heft 13, dort am Ende des Abschnitts „Windkomfort“ zu gezielten Windschutzmaßnahmen - https://www.stadtklima-stuttgart.de/index.php?klima_s21_themen hefte_h13; Landeshauptstadt München, Bebauungsplan 2086, Planbegründung S. 93 und S. 285 - https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/ 3609879.pdf und http://www.muenchen. info/plan/bebauungsplan/p_8867_2068.pdf: neuer Stadtteil an Außenbereich grenzend mit riegelartiger, den Hauptwindstrom [West/ Südwestwind] abblockender Blockrandbebauung mit VI bzw. VII Vollgeschossen, Düseneffekte und Eckeneffekte ausgeprägt bei die „Umgebungsbebauung deutlich überragenden Gebäuden“, bzw. den direkt an Freifläche angrenzenden Gebäuden, höhere Windgeschwindigkeit, zugige Bereiche, aber offenbar keine Wind-“gefahren“, daher in diesen Bereichen zur Verbesserung des Windkomforts: Schutz durch Hecken und Wände, abgerundete Gebäudeecken bzw. Vordächer geplant).
123 
Falls überhaupt Windgefahren oder -risiken ermittelt werden, wird im Planungsrecht die Lösung nicht im völligen Verzicht auf eine Bebauung gefunden, sondern dadurch, dass die Lage der Baukörper zur Verminderung der Angriffsfläche für den Wind und damit zur Reduzierung von Druck- und Sogkräften in eine Position schräg zur Hauptwindrichtung gedreht wird (Städtebauliche Klimafibel online, Ziff. 3.4.2. - https://www.staedtebauliche-kllimafibel.de/?p=28&p2=3.4.2). Oder aber es wird empfohlen über Baulinienfestsetzungen strömungsgünstige Grundrisse von Gebäuden festzulegen (Fischer, Standortvorbereitung im Hochhausbau, Diss. Darmstadt, 2003, S. 97, 98 - http://tuprints.ulb.tu-darmstadt. de/414/1/Dissertation_ TFischger.pdf). Ist - wie in den meisten Fällen - eine entsprechende Bauparzellierung bzw. bei bereits vorhandenen Straßenverkehrsschneisen eine Schrägstellung von Baukörpern nicht mehr möglich, werden die sonstigen Windschutzmaßnahmen empfohlen (Vordächer Bepflanzungen, Vorsprünge im Sockelbereich - s.o).
124 
Dieser Befund, wonach es außer in sehr exponierten Lagen oder bei einer wirklichen Hochhausbebauung im Regelfall eben zu keinen ernsthaften Windgefahren kommt, wird letztlich auch dadurch bestätigt, dass es bisher soweit ersichtlich in der gesamten Verwaltungspraxis bzw. verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung keine Fälle gibt, in denen etwa ein Bauvorhaben mit Blick auf Windgefahren als planungsrechtlich oder bauordnungsrechtlich unzulässig eingestuft worden wäre. Dabei ist das Phänomen einer Bildung von „Häuserschluchten“ durch die Hochhausbebauung insbesondere in Großstädten ebenso wenig neu, wie der Umstand, dass viele Gebiete in Deutschland durch starke Winde geprägt sind. Hinzu kommt, dass die Bildung von „Häuserschluchten“ im Rahmen der Rechtsordnung nichts Außergewöhnliches ist, da zum einen die bauordnungsrechtlichen Vorschriften insbesondere in innerstädtischen Gebieten/Kerngebieten/Sondergebieten/Industriegebieten sogar reduzierte Abstandsflächen von lediglich 0,2 oder gar nur noch 0,125 der Wandhöhe zulassen (vgl. etwa § 5 Abs. 7 S. 1 Ziff. 2 und 3 LBO) und zum anderen das Bauplanungsrecht im Grundsatz durchaus die geschlossene Bauweise kennt und zulässt (§ 9 Abs. 1 Ziff. 2 BauGB, § 22 Abs. 1, 3 und 4 BauNVO). Gleichwohl ist das Phänomen enger Häuserschluchten im Baurecht bisher offenbar allein unter dem Gesichtspunkt einer Verschattung bzw. des „optischen Erdrückens“ durch eine riegelartige, hoch aufragende, bedrängende Wirkung einer Häuserschlucht auf die Grundstücksnachbarn diskutiert worden: vgl. etwa OVG Bln.Brdbg.- B. v. 19.5.2014 - OVG 2 S 8.14 -, juris, OVG Saarl., B. v. 21.11.2012 - 2 B 284/12 -, juris, HessVGH, U. 7.10.2005 - N 710/05 -, juris, OVG NRW, U. v. 91.12.2009 - 8D12/08.AK - juris) bzw. es wurde allenfalls der umgekehrt Fall geprüft, dass eine Bebauung Windzufuhr und damit Frischluftzufuhr von einem Nachbargrundstück abhält und dadurch ggf. eine nachteilige Beeinträchtigung des Mikroklimas auslöst. Zu baulichen Missständen infolge einer Missachtung ernsthafter, etwa durch Winddüsenwirkungen ausgelöster Windgefahren ist es - soweit ersichtlich - trotz der zulässigen Bildung von Häuserschluchten bisher offenbar selbst in Großstädten wie etwa Frankfurt oder etwa New York offenbar nicht gekommen, die bekanntermaßen eine ausgeprägte schluchtartige Hochhausbebauung aufweisen. Jedenfalls ist den oben erwähnten Quellen zum Thema Windgutachten, Stadtwindklima, „urban breeze“, bzw. „urban physiscs“ dazu kein Anhaltspunkt zu entnehmen.
125 
3.2. Vor diesem Hintergrund ist für die von den Klägern befürchtete Düsenbildung hier im konkreten Fall überhaupt kein Anhaltspunkt erkennbar:
126 
Das Gebäude der Kläger und das geplante Gebäude der Beigeladenen weisen nämlich jeweils nur fünf Vollgeschosse, eine Höhe von ca. 17 m und eine Länge von ca. 48 m auf. Es handelt sich damit also nicht um Hochhäuser, sondern um eine im städtischen Bereich normale Bebauung ohne besondere Höhe. Getrennt durch die ...-Straße weisen die Gebäude einen Abstand von 15 m auf. Diese Straße verläuft nicht einmal in der Hauptwindrichtung (West), sondern in Richtung Nordwest-Südost. Das Gebäude der Beigeladenen weist zudem seinem Grundriss nach die Form eines mit seinem schmalen, abgestumpften westlichen Ende gegen die Hauptwindrichtung gerichteten Keils auf. Selbst wenn man davon ausginge, dass die ... Straße (B 33) in der Hauptwindrichtung West/Ost verläuft und entlang ihrer beiden Seiten dicht bebaut ist, und wenn man zusätzlich davon ausginge, dass die westliche Seite des Gebäudes der Beigeladenen direkt von Nord nach Süd verlaufen und somit vollständig quer zur Hauptwindrichtung West liegen würde, könnte angesichts seiner Keilform und der Breite dieser Fassade von lediglich 10 m und einer Höhe von 17 m wohl kaum von einer den Hauptwindstrom riegelartig blockierenden Bebauung die Rede sein. Dies gilt zumal dann, wenn man bedenkt, dass die in ihrem westlichen Verlauf ca. 20 m breite ... Straße sich bis auf die Höhe des westlichen Endes des geplanten Gebäudes der Beigeladenen auf eine Breite von ca. 50 m erweitert, wenn man die Breite der von ihr abzweigenden ...-Straße hinzuzählt. Auf einer „Windkanal“-Breite von insgesamt ca. 50 m würde dem Windstrom also lediglich ein Hindernis mit einer Breite von ca. 10 m entgegenstehen. Der Wind könnte also schon wegen der Keilform des Gebäudes aber auch wegen dessen vergleichsweise geringer Höhe und wegen der links und rechts von diesem Gebäude verbleibenden hindernisfreien Bereiche der ...-Straße mit 15 m Breite bzw. der ... Straße mit an dieser Stelle 25 m Breite im Wesentlichen unbehindert dem Gebäude der Beigeladenen ausweichen. Davon, dass die ...-Straße mit 15 m Breite eine „schluchtartige Enge“ oder „Verengung“ bilden würde, kann daher keine Rede sein. Der Wind könnte schließlich am Ende der ...-Straße auch auf die anschließende, große mit Bäumen bewachsene Freifläche des YY-Parks ausweichen, würde sich also nicht stauen, sondern dort durch den Bewuchs in seiner Geschwindigkeitsentwicklung aufgelöst bzw. reduziert, wie durch das bebauungsfrei bleibende, begrünte spitze westliche Ende des Grundstücks der Beigeladenen (Flst.Nr.10414).
127 
Dafür, dass Windgefahren nicht zu befürchten sind, spricht schließlich auch, dass der Beklagten, wie sie auf Nachfrage im Termin vortrug, trotz der am Bodensee durchaus besonderen stärkeren Windexposition bisher in keinem ihrer städtischen Gebiete irgendwelche Missstände oder gar Unfälle oder dergleichen durch die Bebauung oder vergleichbare Straßenschluchten hervorgerufener gefährlicher Windgeschwindigkeiten je bekannt geworden sind. Nach allem hätte sie somit auch bei Aufstellung des im vorliegenden Fall einschlägigen Bebauungsplans keinen Anlass gehabt, ein Gutachten zu Windgefahren einzuholen.
128 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs.1, 159 S. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Danach tragen die Kläger als unterliegende Beteiligte gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt hingegen aus Gründen der Billigkeit ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst, da sie mangels eigener Antragstellung auch kein eigenes Prozesskostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 13. Juli 2016 - 6 K 1596/15

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Immobilienwertermittlungsverordnung - ImmoWertV | § 6 Weitere Grundstücksmerkmale


(1) Art und Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung ergeben sich in der Regel aus den für die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben maßgeblichen §§ 30, 33 und 34 des Baugesetzbuchs und den sonstigen Vorschriften, die die Nutzbarkeit betreffen

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 13. Juli 2016 - 6 K 1596/15 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 13. Juli 2016 - 6 K 1596/15 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2003 - V ZR 102/03

bei uns veröffentlicht am 14.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 102/03 Verkündet am: 14. November 2003 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juni 2005 - V ZB 32/05

bei uns veröffentlicht am 02.06.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 32/05 vom 2. Juni 2005 in der Wohnungseigentumssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja WEG § 10 Abs. 1 a) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist rechtsfähig, soweit sie bei der Verwaltung des ge

Verwaltungsgericht Minden Urteil, 03. März 2016 - 9 K 529/15

bei uns veröffentlicht am 03.03.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von110 % des aufgrund des Urteils beizutreibend

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 28. Jan. 2016 - 2 Bs 254/15

bei uns veröffentlicht am 28.01.2016

Tenor Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 27. November 2015 geändert. Der Antrag der Antragsteller zu 5) und 6) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 9 K 5196/15 wird insge

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 30. Apr. 2013 - 3 U 46/13

bei uns veröffentlicht am 30.04.2013

Tenor 1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 05.02.2013 (Az. 9 O 320/09) wird z u r ü c k g e w i e s e n. 2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Das Urteil ist vorl

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 21. Nov. 2012 - 2 B 284/12

bei uns veröffentlicht am 21.11.2012

Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23. August 2012 – 5 L 617/12 – wird zurückgewiesen.Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlich

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 20. Mai 2010 - 3 S 2099/08

bei uns veröffentlicht am 20.05.2010

Tenor Der Bebauungsplan „Ehemalige Tennisanlage - Rheinauer See“, Nr. 87.15.1 der Stadt Mannheim vom 24.07.2007 wird für unwirksam erklärt. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 14. Apr. 2010 - 1 BvR 2140/08

bei uns veröffentlicht am 14.04.2010

Gründe 1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit über eine denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung nach rheinland-pfälzischem

Referenzen

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen in Stadt und Land, deren einheitliche Vorbereitung und zügige Durchführung im öffentlichen Interesse liegen, werden nach den Vorschriften dieses Teils vorbereitet und durchgeführt.

(2) Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen sind Maßnahmen, durch die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Missstände wesentlich verbessert oder umgestaltet wird. Städtebauliche Missstände liegen vor, wenn

1.
das Gebiet nach seiner vorhandenen Bebauung oder nach seiner sonstigen Beschaffenheit den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der in ihm wohnenden oder arbeitenden Menschen auch unter Berücksichtigung der Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung nicht entspricht oder
2.
das Gebiet in der Erfüllung der Aufgaben erheblich beeinträchtigt ist, die ihm nach seiner Lage und Funktion obliegen.

(3) Bei der Beurteilung, ob in einem städtischen oder ländlichen Gebiet städtebauliche Missstände vorliegen, sind insbesondere zu berücksichtigen

1.
die Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder die Sicherheit der in dem Gebiet wohnenden und arbeitenden Menschen in Bezug auf
a)
die Belichtung, Besonnung und Belüftung der Wohnungen und Arbeitsstätten,
b)
die bauliche Beschaffenheit von Gebäuden, Wohnungen und Arbeitsstätten,
c)
die Zugänglichkeit der Grundstücke,
d)
die Auswirkungen einer vorhandenen Mischung von Wohn- und Arbeitsstätten,
e)
die Nutzung von bebauten und unbebauten Flächen nach Art, Maß und Zustand,
f)
die Einwirkungen, die von Grundstücken, Betrieben, Einrichtungen oder Verkehrsanlagen ausgehen, insbesondere durch Lärm, Verunreinigungen und Erschütterungen,
g)
die vorhandene Erschließung,
h)
die energetische Beschaffenheit, die Gesamtenergieeffizienz der vorhandenen Bebauung und der Versorgungseinrichtungen des Gebiets unter Berücksichtigung der allgemeinen Anforderungen an den Klimaschutz und die Klimaanpassung;
2.
die Funktionsfähigkeit des Gebiets in Bezug auf
a)
den fließenden und ruhenden Verkehr,
b)
die wirtschaftliche Situation und Entwicklungsfähigkeit des Gebiets unter Berücksichtigung seiner Versorgungsfunktion im Verflechtungsbereich,
c)
die infrastrukturelle Erschließung des Gebiets, seine Ausstattung mit und die Vernetzung von Grün- und Freiflächen unter Berücksichtigung der Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung, seine Ausstattung mit Spiel- und Sportplätzen und mit Anlagen des Gemeinbedarfs, insbesondere unter Berücksichtigung der sozialen und kulturellen Aufgaben dieses Gebiets im Verflechtungsbereich.

(4) Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen dienen dem Wohl der Allgemeinheit. Sie sollen dazu beitragen, dass

1.
die bauliche Struktur in allen Teilen des Bundesgebiets nach den allgemeinen Anforderungen an den Klimaschutz und die Klimaanpassung sowie nach den sozialen, hygienischen, wirtschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entwickelt wird,
2.
die Verbesserung der Wirtschafts- und Agrarstruktur unterstützt wird,
3.
die Siedlungsstruktur den Erfordernissen des Umweltschutzes, den Anforderungen an gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bevölkerung und der Bevölkerungsentwicklung entspricht oder
4.
die vorhandenen Ortsteile erhalten, erneuert und fortentwickelt werden, die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbilds verbessert und den Erfordernissen des Denkmalschutzes Rechnung getragen wird.
Die öffentlichen und privaten Belange sind gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Nach Maßgabe dieses Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden.

(2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.

(3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.

(4) Wohnungseigentum und Teileigentum können nicht in der Weise begründet werden, dass das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird.

(5) Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne dieses Gesetzes sind das Grundstück und das Gebäude, soweit sie nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen.

(6) Für das Teileigentum gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend.

(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die

1.
dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
2.
dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge,
3.
dem Einbruchsschutz und
4.
dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität
dienen. Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen.

(3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.

(4) Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden.

(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,

1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder
2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
Für die Nutzungen gilt § 16 Absatz 1.

(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.

(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 32/05
vom
2. Juni 2005
in der Wohnungseigentumssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist rechtsfähig, soweit sie bei der Verwaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt.

b) Neben der Haftung der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft kommt eine
akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nur in Betracht,
wenn diese sich neben dem Verband klar und eindeutig auch persönlich verpflichtet haben.

c) Gläubiger der Gemeinschaft können auf deren Verwaltungsvermögen zugreifen, das
auch die Ansprüche der Gemeinschaft gegen die Wohnungseigentümer und gegen Dritte
umfaßt.

d) Zu den pfändbaren Ansprüchen der Gemeinschaft gehören der Anspruch, ihr die finanzielle
Grundlage zur Begleichung der laufenden Verpflichtungen durch Beschlußfassung
über den Wirtschaftsplan, seine Ergänzung (Deckungsumlage) oder die Jahresabrechnung
zu verschaffen, sowie Ansprüche aus Verletzung dieser Verpflichtung.
Soweit der Verwalter als Organ der Gemeinschaft nicht kraft Gesetzes zur Vertretung berechtigt
ist, werden seine Kompetenzen durch solche der Wohnungseigentümer ergänzt,
denen die entsprechende Bevollmächtigung des Verwalters oder die Fassung des von ihm
nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG auszuführenden Beschlusses obliegt.
Die Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung betrifft die Willensbildung
innerhalb der Gemeinschaft und richtet sich daher nicht gegen den Verband,
sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer.
Der Einzelwirtschaftsplan gehört zu den unverzichtbaren Bestandteilen des Wirtschaftsplans.
Die Genehmigung eines Wirtschaftsplans ohne Einzelwirtschaftsplan ist auf Antrag
für ungültig zu erklären.
BGH, Beschl. v. 2. Juni 2005 - V ZB 32/05 - LG München I
AG München
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 2. Juni 2005 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein,
Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß des Landgerichtes München I vom 19. April 2004 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 20. August 2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Geschäftswert für alle Instanzen beträgt 12.000,00 EUR.

Gründe:


I.


Die Beteiligten streiten um die Genehmigung eines Wi rtschaftsplans. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer der Liegenschaft N. straße 14-24 in M. , deren Verwalterin die weitere
Beteiligte ist. Die Wohnanlage befindet sich in dem ehemaligen Olympiadorf in München, dessen Infrastruktur städtebauliche Besonderheiten aufweist. Die Müllabsauganlage und andere Versorgungseinrichtungen sind nicht getrennt für jede Liegenschaft vorhanden, sondern stehen in einem nicht auflöslichen Verbund mehrerer Einheiten. Die Einrichtungen sind nicht stets auf dem Grundstück verlegt, dessen Versorgung sie sicherstellen, sondern teilweise auf benachbartem Grund. Automobil- und Personenverkehr sind auf unterschiedliche Ebenen verteilt. Die Fahrstraßen und Garagenzufahrten werden von Betonkonstruktionen überspannt, die die Fußgängerebenen tragen. Zur Betreuung der grundstücksübergreifenden Einrichtungen schloß die "WEG BH 2 - 4 (N. straße 14 - 22)", vertreten durch die damalige Verwalterin, mit der O. -B. B. gesellschaft mbH & Co W. KG (im folgenden : ODBG) am 22. September 1976 einen "Individualvertrag". Darin übertrug sie dieser die Pflege, die Wartung, den Betrieb und die Erneuerung der Anlagen.
In den folgenden Jahren wurden die von der ODBG veran schlagten Kosten in den Wirtschaftsplan bzw. nach Abrechnung in die Jahresabrechnung aufgenommen. Am 21. März 1990 beschlossen die Wohnungseigentümer, daß für die Fälligstellung der Vorauszahlungen und für die Fälligkeit von Abrechnungsnachzahlungen und Wohngeldvorauszahlungen die Genehmigung der Gesamtabrechnung und des Gesamtwirtschaftsplans genügen solle.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 5. April 2000 stand auch die Genehmigung des Wirtschaftsplans für 2000 und 2001 auf der Tagesordnung. Die Beschlußvorlage wies lediglich die Gesamtkosten für die Liegenschaft aus, enthielt aber keine Einzelwirtschaftspläne. In den Ausgaben waren
146.465 DM für die Sanierung der Betonkonstruktionen, die die Fußgängerebenen über den Straßen tragen, vorgesehen. Ein Antrag, den Wirtschaftsplan nur ohne die Kosten für die Erschließungsebenen zu genehmigen, wurde abgelehnt , die ursprüngliche Beschlußvorlage unter Erhöhung der Rücklage dagegen angenommen.
Hiergegen wenden sich die Antragsteller. Sie haben be antragt, den Beschluß im Umfang der Instandhaltungsmaßnahmen für die Betonkonstruktionen (146.465 DM) für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht München I die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten sofortigen weiteren Beschwerde der Antragsteller möchte das Bayerische Oberste Landesgericht stattgeben. Es sieht sich hieran jedoch durch die Entscheidung des Kammergerichts in Berlin vom 11. Februar 1991 (NJW-RR 1991, 726) gehindert und hat die Sache deshalb mit Beschluß vom 29. Dezember 2004 (BayObLGZ 2005, Nr. 69) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


Die Vorlage ist statthaft (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG). Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Genehmigung eines Wirtschaftsplanes ohne Einzelwirtschaftsplan entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Im Gegensatz zur Jahresabrechnung habe die Aufstellung der (voraussichtlichen) Gesamteinnahmen und -ausgaben keine eigenständige Bedeutung, da es sich hierbei nur um Prognosen handele. Die in §§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 WEG verlangten und für den Woh-
nungseigentümer entscheidenden Angaben zu Verteilungsschlüssel und Einzelbelastung enthalte ein solcher Gesamtwirtschaftsplan nicht. Deshalb sei er für ungültig zu erklären. Demgegenüber ist das Kammergericht (NJW-RR 1991, 725, 726) der Auffassung, das Fehlen der Einzelwirtschaftspläne allein führe nicht zur Anfechtbarkeit des Gesamtwirtschaftsplans. Das Erfordernis einer gleichzeitigen Beschlußfassung über Gesamt- und Einzelwirtschaftsplan führe bei Änderungen in den Gesamtansätzen ohne zwingenden Grund dazu, daß eine weitere Eigentümerversammlung wegen der Einzelwirtschaftspläne abgehalten werden müßte.
Die Divergenz rechtfertigt die Vorlage. Hierbei ist de r Senat an die Auffassung des vorlegenden Gerichts, es könne ohne Beantwortung der streitigen Rechtsfrage über die sofortige weitere Beschwerde nicht entscheiden, bei Prüfung der Zulässigkeit der Vorlage gebunden (Senat, BGHZ 99, 90, 92; 109, 396, 398; 113, 374, 376 f.; 116, 392, 394).

III.


Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, §§ 27, 29, 22 Abs. 1 FGG). Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Ungültigerklärung des angegriffenen Eigentümerbeschlusses in dem beantragten Umfang.
1. Allerdings geht das Beschwerdegericht im Ergebnis zu Recht davon aus, daß die Beteiligten die Kosten für die Sanierung der Betonkonstruktionen in den Wirtschaftsplan einzustellen haben. Die hierfür angeführte Begründung
trägt jedoch nicht. Rechtsfehlerfrei nehmen Beschwerdegericht und vorlegendes Gericht zwar übereinstimmend an, daß in den Gesamtwirtschaftsplan auch strittige Forderungen einzustellen sind, wenn die Wohnungseigentümer ernsthaft damit rechnen müssen, dafür berechtigt in Anspruch genommen zu werden. Dies ist hinsichtlich der Verbindlichkeiten aus dem Vertrag vom 22. September 1976 nach bisher herrschender Meinung aber nur dann der Fall, wenn entweder seit dem Vertragsschluss kein Eigentümerwechsel eingetreten ist oder etwaige Sondernachfolger die Verpflichtungen aus dem Vertrag übernommen haben. Sind dagegen alle Vertragspartner aus der Eigentümergemeinschaft ausgeschieden, handelt es sich nicht mehr um eine Verwaltungsschuld der jetzigen Wohnungseigentümer, die in den Wirtschaftsplan eingestellt werden darf (vgl. Staudinger/Bub, WEG, § 28 Rdn. 198). Hierzu sind jedoch bisher keine tatsächlichen Feststellungen getroffen worden. Sie sind auch nicht aus den von dem vorlegenden Gericht angestellten Überlegungen zur Begründung eines Übergangs der Verbindlichkeiten auf die jetzigen Wohnungseigentümer entbehrlich, weil diese Begründung der rechtlichen Prüfung nicht standhält (siehe III 6 d). Eine tatsächliche Aufklärung erübrigt sich jedoch deshalb, weil es sich bei den in Rede stehenden Verbindlichkeiten um eine Verwaltungsschuld handelt, für welche die Wohnungseigentümergemeinschaft unabhängig von ihrem Personenbestand einzustehen hat.
2. Die Haftung für die Verbindlichkeiten trifft nicht nur die Wohnungseigentümer , die den Vertrag vom 22. September 1976 abgeschlossen haben. Denn der Vertrag ist ausdrücklich im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft Bauvorhaben 2 - 4, N. straße 14 - 22 abgeschlossen worden. Daß damit nicht die Gemeinschaft als solche, sondern die damals im Grundbuch eingetragenen einzelnen Wohnungseigentümer Vertragspartner waren, entsprach
der bislang überwiegend vertretenen Auffassung, daß die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer selbst nicht rechtsfähig sei (Senat, BGHZ 142, 290, 294; Senat, Urt. v. 23. Juni 1989, V ZR 40/88, NJW 1989, 2534, 2535; BGHZ 78, 166, 172; BGH, Urt. v. 12. Mai 1977, VII ZR 167/76, NJW 1977, 1686; Urt. v. 20. Januar 1983, VII ZR 210/81, NJW 1983, 1901 f.; Urt. v. 2. Juli 1998, IX ZR 51/97, NJW 1998, 3279; BVerwG NJW-RR 1995, 73, 74; BayObLG ZMR 2002, 136, 137; ZMR 2002, 536 f.; OVG Münster NJW-RR 1992, 458, 459; Bamberger /Roth/Hügel, BGB, 2003, § 10 WEG Rdn. 2 f.; Erman/Grziwotz, BGB, 11. Aufl., § 10 WEG Rdn. 11; MünchKomm-BGB/Commichau, 4. Aufl., Vor § 1 WEG Rdn. 47; Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 10 Rdn. 2 u. Vor §§ 43 ff. Rdn. 73; Staudinger/Rapp, BGB, 12. Aufl., Einl. zum WEG Rdn. 24 ff.; Weitnauer /Briesemeister, WEG, 9. Aufl., Vor § 1 Rdn. 30 ff.; Kümmel, Die Bindung der Wohnungseigentümer und deren Sondernachfolger an Vereinbarungen, Beschlüsse und Rechtshandlungen nach § 10 WEG, 2002, S. 18 f.; Heismann, Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, 2003, S. 78 ff.; Becker /Kümmel/Ott, Wohnungseigentum, 2003, Rdn. 72; Deckert/Ott, Die Eigentumswohnung , 2005, Gr. 3 Rdn. 37). Demgegenüber mehren sich in der Literatur die Stimmen, die der Wohnungseigentümergemeinschaft, wie ehedem schon Bärmann (PiG 22, 215 ff.; ders., NJW 1989, 1057, 1060 ff.), Teilrechtsfähigkeit zusprechen (Bub/Petersen, NZM 1999, 646, 648 f.; Raiser, ZWE 2001, 173 ff.; Bub, PiG 63, 1 ff.; Derleder, PiG 63, 29 ff.; Sauren, PiG 63, 61 ff.; Schwörer, NZM 2002, 421 ff.; Kreuzer, ZWE 2002, 285, 286; Maroldt, ZWE 2002, 387 ff.; Pauly, WuM 2002, 531 ff.; Häublein, Festschrift Wenzel [2005], PiG 71, S. 175 ff.). Dem schließt sich der Senat an.
3. Die fehlende Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigent ümergemeinschaft wurde lange Zeit als allgemein anerkannt vorausgesetzt und allenfalls
mit einem nicht näher erläuterten Hinweis auf ihre Ausgestaltung als Bruchteilsgemeinschaft begründet (BGHZ 78, 166, 172; BGH, Urt. v. 12. Mai 1977, VII ZR 167/76, NJW 1977, 1686; Urt. v. 20. Januar 1983, VII ZR 210/81, NJW 1983, 1901 f.; Beschl. v. 13. Juli 1993, III ZB 17/93, NJW 1993, 2943, 2944; Urt. v. 2. Juli 1998, IX ZR 51/97, NJW 1998, 3279; BayObLG ZMR 2002, 136, 137; ZMR 2002, 536 f.; Bamberger/Roth/Hügel, aaO, § 10 WEG Rdn. 2 f.; Erman/Grziwotz, aaO, § 10 WEG Rdn. 11). Im Zuge der Diskussion um eine Übertragung der Grundsätze zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf die Wohnungseigentümergemeinschaft wurde diese Auffassung eingehender damit begründet, daß es an einer entsprechenden gesetzlichen Anordnung fehle (Ott, ZMR 2002, 97, 100; ähnlich MünchKommBGB /Commichau, aaO, Vor § 1 WEG Rdn. 43). Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des Wohnungseigentumsgesetzes ließen nicht erkennen, daß der Wohnungseigentümergemeinschaft Teilrechtsfähigkeit zukommen solle. So spreche § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG nur von dem "Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander", nicht von der Wohnungseigentümergemeinschaft als einem überindividuellen Verband (Ott, ZMR 2002, 97, 98 u. 169, 171; Deckert/Ott, aaO, Gr. 3 Rdn. 37). Auch werde der Verwalter in § 27 Abs. 2 WEG ermächtigt, "im Namen aller Wohnungseigentümer", nicht aber im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu handeln (Ott, ZMR 2002, 97, 98). Auch das Verfahrensrecht kenne in § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG nur Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander "aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer", nicht aber dieser gegenüber (Ott, ZMR 2002, 97, 98). Gegen eine Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft spreche ferner die Systematik des Gesetzes, das in § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG die Vorschriften zur Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) ergänzend für anwendbar erkläre (Weitnauer/Briesemeister, aaO, Vor § 1 Rdn. 30; Heismann, aaO, S. 79 f.;
Deckert/Ott, aaO, Gr. 3 Rdn. 37). Darüber hinaus sei der zweite Abschnitt des WEG mit "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" überschrieben, was §§ 741 ff. BGB entspreche und folglich, da die Gemeinschaft unbestritten nicht rechtsfähig sei, diesen Schluß auch für die Wohnungseigentümergemeinschaft nahelege (Ott, ZMR 2002, 97, 98). Schließlich spreche die Entstehungsgeschichte gegen die Annahme, der Wohnungseigentümergemeinschaft komme Rechtsfähigkeit zu. Das Wohnungseigentum habe weitestgehend in das System des bürgerlichen Rechts eingefügt werden sollen, weshalb lediglich Alleineigentum und Bruchteilseigentum habe kombiniert werden sollen (Ott, ZMR 2002, 97, 98 u. 169, 171 f.; Heismann, aaO, S. 78; Deckert/Ott, aaO, Gr. 3 Rdn. 37). Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beruhe lediglich darauf, daß sie Bruchteilseigentümer des gemeinschaftlichen Eigentums seien. Diese Gründe tragen die herrschende Meinung nicht.
4. Das Wohnungseigentumsgesetz enthält zwar keine ausdrückliche Regelung zur Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, schließt sie aber auch nicht aus (Raiser, ZWE 2001, 173, 177; Schwörer, NZM 2002, 421, 422; Pauly, WuM 2002, 531, 532; vgl. auch MünchKomm-BGB/ Commichau, aaO, Vor § 1 WEG Rdn. 43; Heismann, aaO, S. 78; wohl auch Ott, ZMR 2002, 97, 98).

a) Gegen eine Teilrechtssubjektivität der Wohnungseigent ümergemeinschaft spricht insbesondere nicht die Tatsache, daß § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG auf das Recht der Gemeinschaft verweist. Denn die §§ 741 ff. BGB sollen nur subsidiär gelten, sofern nichts anderes geregelt ist. Ergibt sich die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bereits aus den Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes, so steht dem die ergänzende Anwendbar-
keit der §§ 741 ff. BGB nicht entgegen (Maroldt, Die Rechtsfolgen einer Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer [2004], S. 8; ders., ZWE 2002, 387, 388; Pauly, WuM 2002, 531, 532).

b) Wenn §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1 WEG nur das Ver hältnis der Wohnungseigentümer untereinander, nicht aber ihr Auftreten als Verband im Rechtsverkehr regeln und § 27 Abs. 2 WEG den Verwalter nur zum Handeln im Namen aller Wohnungseigentümer und nicht eines Rechtssubjekts berechtigt, so ist dem zwar zu entnehmen, daß das Gesetz zur Verselbständigung der Wohnungseigentümergemeinschaft als Trägerin von Rechten und Pflichten keine Vorgaben enthält. Daraus ist jedoch ähnlich wie im Falle der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGHZ 146, 341, 343 f.) nicht zu folgern, daß diese Möglichkeit von Gesetzes wegen ausgeschlossen sein sollte (Derleder, PiG 63, 29, 56; Maroldt, aaO, S. 8, ders., ZWE 2002, 387, 388; vgl. Schwörer, NZM 2002, 421, 424 u. aus dem gesellschaftsrechtlichen Schrifttum K. Schmidt, NJW 2001, 993, 996 f). Vielmehr standen bei der Verabschiedung des Wohnungseigentumsgesetzes praktische Erwägungen, insbesondere das Streben nach Schaffung neuen Wohnraums im Vordergrund (Schwörer, NZM 2002, 421, 424).

c) Ebensowenig ist der Kombination von Sondereigentum und Bruchteilseigentum zwingend zu entnehmen, daß der Gesetzgeber die Wohnungseigentümergemeinschaft ausschließlich als Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB konzipieren wollte. Zwar sollte das Wohnungseigentum als echtes Eigentum ausgestaltet werden. Dies betrifft aber nur die sachenrechtliche Seite, nicht die korporative Ausgestaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtsverkehr (Maroldt, aaO, S. 8; ders., ZWE 2002, 387, 389; ähn-
lich Pauly, WuM 2002, 531, 532). Insoweit schließt die Bruchteilsgemeinschaft das Verständnis der Wohnungseigentümergemeinschaft als einen überindividuellen Personenverband in Bezug auf die Teilnahme am Rechtsverkehr bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht aus. Die Begründung zu den Regelungen für die Eigentümerversammlung in §§ 24 bis 28 des ursprünglichen Entwurfs (§§ 23 ff. WEG) zieht denn auch ausdrücklich Parallelen zum Verein und zu den Handelsgesellschaften (BT-Drucks. 1/252, S. 13 und 29; Schwörer, NZM 2002, 421, 424).
5. Stehen nach alledem Wortlaut und Systematik des Wohnungseigentumsgesetzes einer Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht entgegen, so sprechen andererseits die organisatorische Struktur der Wohnungseigentümergemeinschaft, die Entstehungsgeschichte und der Regelungszusammenhang des Gesetzes dafür.

a) Die Wohnungseigentümergemeinschaft verfügt über eine eigene Satzung , die Gemeinschaftsordnung, die nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG die Rechte und Pflichten der Mitglieder inhaltlich gestalten kann (Bärmann, NJW 1989, 1057, 1062; Kreuzer, Die Gemeinschaftsordnung nach dem WEG, 2005, Rdn. 5). Dies geht über die bloße Gemeinschaft nach § 741 ff. hinaus und nähert die Wohnungseigentümergemeinschaft dem Verein an (Bärmann, NJW 1989, 1057, 1061 f; Pauly, WuM 2002, 531, 532 f).

b) Der Wohnungseigentümerversammlung ist in zahlreichen Angelegenheiten , insbesondere der laufenden Verwaltung, die Befugnis eingeräumt, gemäß § 25 Abs. 1 WEG durch Mehrheitsbeschluß zu entscheiden. Die abwesenden oder überstimmten Wohnungseigentümer sind hieran grundsätzlich
gebunden. Das ist ein typisches Merkmal rechtsfähiger Verbände (vgl. Schmid, BlGBW 1981, 142, 143; Bub, PiG 63, 1, 15 f.). Die Nähe zur Körperschaft ist umso größer, als §§ 24, 25 WEG detaillierte Vorgaben über Stimmrecht, Beschlußfähigkeit und Protokollierung von Beschlüssen machen, welche die schon in der Gesetzesbegründung gezogene Parallele zum Beschlußrecht in Körperschaften aufzeigen (Maroldt, ZWE 2002, 387, 389; Pauly, WuM 2002, 531, 532; ähnlich schon Bärmann, NJW 1989, 1057, 1061).

c) Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat eigene Organ e, nämlich die Eigentümerversammlung, den Verwalter (vgl. Senat, BGHZ 151, 164, 171; 152, 46, 58) und - allerdings fakultativ – den Verwaltungsbeirat. Der Verwalter ist nach § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG unabdingbares Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft und kann in weitem Umfang für die Wohnungseigentümer im Rechtsverkehr handeln. Dabei handelt es sich, da der Verwalter nicht aus den Reihen der Wohnungseigentümer stammen muß, nach gesellschaftsrechtlichen Kategorien sogar um einen Fall der Fremdorganschaft, der über die Personengesellschaften hinausgeht und die Wohnungseigentümergemeinschaft der juristischen Person annähert (Bub, PiG 63, 1, 17; ähnlich schon Bub/Petersen, NZM 1999, 646, 650; Vollkommer, ZMR 2000, 7, 9; Kreuzer, aaO, Rdn. 5; Armbrüster, Festschrift Wenzel [2005], S. 85 ff., 95).

d) Die Wohnungseigentümergemeinschaft geht auch mit de r in § 11 WEG geregelten Unauflöslichkeit über die Bruchteilsgemeinschaft hinaus. Während dort den Eigentümern durch § 1010 Abs. 1 BGB lediglich ein Ausschluß der Aufhebung gestattet wird, der seine Grenze in § 749 Abs. 2 Satz 1 BGB bei Vorliegen eines wichtigen Grundes findet, bestimmt § 11 Abs. 1 WEG die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft selbst bei Vorliegen eines solchen Grun-
des. Die Wohnungseigentümergemeinschaft soll also nicht nur von dem jeweiligen Mitgliederbestand unabhängig sein, was als solches schon körperschaftliche Züge aufweist, sondern grundsätzlich nicht aufgelöst werden können. Auch hinsichtlich dieser Dauerhaftigkeit steht die Wohnungseigentümergemeinschaft einer juristischen Person näher als der einfachen Bruchteilsgemeinschaft (Vollkommer, ZMR 2000, 7, 9; Raiser, ZWE 2001, 173, 174; Bub, PiG 63, 1, 21; Maroldt, ZWE 2002, 387, 389 f.; Pauly, WuM 2002, 531, 533).

e) Entscheidend für die Teilrechtsfähigkeit der Wohnung seigentümergemeinschaft sprechen jedoch die Entstehungsgeschichte sowie der Regelungszusammenhang der §§ 27, 28 WEG. Hierzu heißt es in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 1/252, S. 31 f.):
"Den im Vorstehenden entwickelten Grundsätzen entsprechend sieht der Entwurf in § 30 Absatz 3 auch davon ab, dem Verwalter ähnlich wie dem französischen "Syndikus" oder dem italienischen "Administrator" kraft Gesetzes das Recht zuzusprechen, namens der Eigenwohner Verbindlichkeiten einzugehen. Wollte man dies zulassen, so würde nach der Regel des § 427 BGB die gesamtschuldnerische Haftung aller Eigenwohner gegenüber dem Lieferanten , beispielsweise von Heizungsmaterial die Folge sein. Eine solche Haftung ist aber nicht zumutbar. Sie ist auch entbehrlich, da der Verwalter nötigenfalls die Zahlung von Vorschüssen verlangen kann, wenn er seine Auslagen nicht aus vorhandenen Beständen zu decken vermag". Der in Bezug genommene § 30 Absatz 3 des Entwurfs ist zwar nicht Gesetz geworden, der Sache nach ist es aber dabei verblieben, daß der Verwalter nach § 27 Abs. 2 WEG zwar alle Zahlungen zu bewirken hat, die mit der laufenden Verwaltung zusammenhängen, nicht aber von Gesetzes wegen berechtigt ist, im Namen aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen
sie Verträge abzuschließen, die nicht unter den Kanon von § 27 Abs. 1 oder Abs. 2 WEG fallen (Merle, in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 27 Rdn. 8 ff.). Wenn aber der Gesetzgeber die persönliche Haftung der Wohnungseigentümer wegen der Zugriffsmöglichkeiten des Verwalters auf die "vorhandenen Bestände" und die beschlossenen Beiträge als unzumutbar und entbehrlich angesehen hat, so impliziert das eine rechtliche Verselbständigung des Verwaltungsvermögens gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern. Denn eine Schuld kann immer nur Subjekte, nicht aber Vermögensmassen treffen (BGHZ 146, 341, 345). Die Anerkennung eines teilrechtsfähigen Subjekts ist daher nur die rechtliche Konsequenz des von dem Gesetzgeber geäußerten Willens. Daß er sie nicht selbst ausdrücklich angeordnet hat, steht dem nicht entgegen, weil die Rechtsfähigkeit eine rechtstechnische Kategorie ist, die keiner ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung bedarf, sondern auch in Form der Gesetzesauslegung ermittelt werden kann (Aderhold, Das Schuldmodell der BGB-Gesellschaft (1981), S. 157 f. m.w.Nachw; Häublein, Festschrift Wenzel [2005], PiG 71, S. 175 ff., 196).
Das Mittel, um den Verwalter in die Lage zu versetzen, die erforderlichen Zahlungen (§ 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG) zu leisten, ist das Finanz- und Rechnungswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Es ermöglicht ihm, den für die Tilgung bestehender und künftiger Verwaltungsschulden sowie für die Ansammlung der Instandhaltungsrückstellung als Verbandsvermögen erforderlichen Geldbedarf als Vorschußzahlungen gemäß Wirtschaftsplan oder Sonderumlagenbeschluß und als Nachschußzahlungen gemäß Abrechnungsbeschluß anzufordern. Der Verwalter ist sogar dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß die Wohnungseigentümer durch die Gläubiger gemeinsam eingegangener Verbindlichkeiten nicht in Anspruch genommen werden (Briesemeister , NZM 2003, 777, 778; Häublein, ZfIR 2004, 738, 739; Armbrüster, Fest-
ster, NZM 2003, 777, 778; Häublein, ZfIR 2004, 738, 739; Armbrüster, Festschrift Wenzel [2005], PiG 71, S. 85 ff., 99), und gewährt umgekehrt jedem Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch darauf, daß ein entsprechender Wirtschaftsplan oder eine Deckungsumlage auch beschlossen wird. Dieses Regelungskonzept geht über dasjenige der bloßen Miteigentümergemeinschaft weit hinaus (Bub/Petersen, NZM 1999, 646, 650; Bub, PiG 63, 1, 12; Maroldt, ZWE 2002, 387, 389; vgl. auch Schwörer NZM 2002, 421, 422 f.).
6. Für die partielle Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft spricht weiterhin der Umstand, daß nur sie es vermag, wesentliche, praxisrelevante Rechtsprobleme schlüssig zu lösen und die konzeptionellen Begründungsdefizite der herrschenden Auffassung zu vermeiden.

a) Nicht abschließend geklärt ist bisher das Schicksal gemeinschaftlicher Forderungen bei einem Eigentümerwechsel. Hier wird einerseits die Auffassung vertreten, gemeinschaftliche Forderungen gegen Dritte stünden den Wohnungseigentümern in schlichter Rechtsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB zu und die Mitberechtigung ginge nicht kraft Gesetzes auf den Erwerber über (BayObLGZ 1995, 103, 107 m.w.Nachw.). In diesem Fall bestünde eine Bruchteilsgemeinschaft am Vermögen neben der Bruchteilsgemeinschaft am Grundstück und könnte jeder Bruchteilsberechtigte über seinen Anteil an dem Vermögen unabhängig von seinem Wohnungseigentum verfügen (§ 747 Satz 1 BGB). Diese Auffassung widerspricht dem selbständigen Finanz- und Rechnungswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft und scheitert an der praktischen Durchführbarkeit (Weitnauer/Briesemeister, WEG, 9. Aufl., § 1 Rdn. 25). Deswegen vertritt eine andere Meinung den Standpunkt, gemein-
schaftliche Forderungen fielen in das Verwaltungsvermögen und könnten von der Gemeinschaft in ihrer aktuellen Zusammensetzung verfolgt werden, weil der Anteil an diesem Vermögen mit dem Miteigentumsanteil automatisch auf den Erwerber übergehe (OLG Köln NZM 1998, 874). Eine Begründung hierfür wird entweder überhaupt nicht gegeben oder in sehr unterschiedlicher Weise konstruiert (vgl. i. e. Wicke, ZfIR 2005, 301, 303 f.). Weitgehende Einigkeit besteht insoweit nur darin, daß das Verwaltungsvermögen einer Zweckbindung unterliege, die auch bei einem Eigentümerwechsel erhalten bleiben müsse.
Unabhängig von der Frage des Übergangs soll der Verwalter andererseits berechtigt sein, Erfüllungsleistungen in jedem Fall entgegenzunehmen und z. B. eine löschungsfähige Quittung zu erteilen (BayObLG NJW-RR 1995, 852 f.; Demharter, ZfIR 2001, 957 f.). Eine solche vom aktuellen Mitgliederbestand der Wohnungseigentümergemeinschaft verselbständigte Verwalterbefugnis setzt aber wiederum deren Teilrechtsfähigkeit voraus (Sauren, PiG 63, 61, 64).
All diese Unstimmigkeiten vermeidet die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit. Denn Träger des Vermögens einschließlich der gemeinschaftlichen Forderungen und Verbindlichkeiten ist unabhängig von einem Eigentümerwechsel der Verband (Bub, PiG 63, 1, 25; Ott, ZMR 2002, 97; Drasdo, NJW 2004, 1988, 1989).

b) Ähnliches gilt für die Durchsetzung gemeinschaftlicher F orderungen. Bei der Bruchteilsgemeinschaft kann gemäß § 432 BGB jeder Miteigentümer alleine die Leistung an alle fordern. Anders verhält es sich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft. Hier bedarf ein Wohnungseigentümer für die Durch-
setzung eines ihm zustehenden Anspruchs der Ermächtigung durch die Gemeinschaft , wenn dieser die Entscheidungskompetenz über die Rechtsverfolgung zusteht. § 432 BGB wird insoweit durch § 21 Abs. 1 WEG verdrängt (vgl. Senat, BGHZ 106, 222, 226; 111, 148, 151; 115, 253, 257). Die Konzeption der Wohnungseigentümergemeinschaft als Bruchteilsgemeinschaft greift folglich auch hier zu kurz (Raiser, ZWE 2001, 173, 177; ähnlich Maroldt, aaO, S. 41 ff.). Mit der Teilrechtsfähigkeit ist die Wohnungseigentümergemeinschaft dagegen selbst Forderungsinhaberin.

c) Schwierigkeiten bereitet bislang ferner die Parteibezeichnung im gerichtlichen Verfahren. Verfolgen die Wohnungseigentümer als Gläubiger einen Leistungsanspruch, so genügt auf der Aktivseite die Verwendung der Sammelbezeichnung "Wohnungseigentümergemeinschaft X-Straße, vertreten durch den Verwalter Y" (BGHZ 78, 166, 173; BGH Urt. v. 12. Mai 1977, VII ZR 167/76; NJW 1977, 1686; ähnlich BGH, Beschl. v. 13. Juli 1993, III ZB 17/93, NJW 1993, 2943, 2944; BayObLG NJW-RR 1987, 1039, 1040; ZMR 2004, 926, 927 und für Verwaltungsakte BVerwG NJW-RR, 1995, 73, 74; OVG Münster NJW-RR 1992, 458, 459). Diese Möglichkeit der "Kurzbezeichnung" unterscheidet sich ihrem Inhalt nach nicht von der prozessualen Behandlung eines rechtsfähigen Verbandes (vgl. Schmid, BlGBW 1981, 142, 143; Derleder, PiG 63, 29, 39 f.; Sauren, PiG 63, 61, 63 f.; Schwörer, NZM 2002, 421). Die Einreichung einer Eigentümerliste ist hier nicht mehr Bestimmtheitserfordernis, sondern nur Beteiligungserfordernis. Anders verhält es sich in Passivprozessen. Hier ist die Vorlage einer Eigentümerliste Bestimmtheitserfordernis, dem noch in der Rechtsmittelinstanz entsprochen werden kann (BayObLG ZMR 2002, 136, 137; NJW-RR 2002, 732, 733; ähnlich ZMR 2004, 842, 843; krit. Derleder, PiG 63, 40; zur parallelen Wertung als Vorwegnahme der Parteifähigkeit bei
der Gesellschaft bürgerlichen Rechts BGHZ 146, 341, 350 f.). Ist dagegen die Eigentümergemeinschaft als solche verurteilt worden, ist sie auch als rechtsmittelbefugt angesehen worden (BGH, Beschl. v. 13. Juli 1993, III ZB 17/93, NJW 1993, 2943, 2944). Diese Unstimmigkeiten sind mit Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft behoben. Denn deren verfahrensrechtliche Konsequenz ist die Partei- und Beteiligungsfähigkeit hinsichtlich der das Verwaltungsvermögen betreffenden Forderungen und Verbindlichkeiten (vgl. MünchKomm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl., § 50 Rdn. 23 ff.). Die Gemeinschaft kann in diesen Angelegenheiten als solche klagen und verklagt werden, ohne daß es auf den aktuellen Mitgliederbestand ankommt (Maroldt, aaO, S. 90; Bub, PiG 63, 1, 26 f.; Derleder, PiG 63, 29, 49 f. u. 55 f.; Sauren, PiG 63, 61, 71; Ott, ZMR 2002, 97; Schwörer, NZM 2002, 421, 423; Pauly, WuM 2002, 531, 533 f.; vgl. zum Gesellschaftsrecht K. Schmidt, NJW 2001, 993, 997 f.; Hadding, ZGR 2001, 713, 729 ff.; Ulmer, ZIP 2001, 585, 591 f.; Wieser; MDR 2001, 421).

d) Die entscheidenden Konzeptionsschwächen der herrschenden Auffassung betreffen jedoch das Haftungssystem. Im Ergebnis ist weithin anerkannt , daß für die Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen, insbesondere aus dem Verwaltervertrag, die jeweiligen Wohnungseigentümer haften, denen die Leistungen auch zugute kommen (BayObLGZ 1986, 368, 369 f.; KG WE 1994, 54, 55; OLG Köln NZM 1998, 874, 875; OLG Hamm ZWE 2000, 478, 480; Weitnauer/Lüke, aaO, § 10 Rdn. 61; Niedenführ/Schulze, aaO, § 10 Rdn. 34; Staudinger/Rapp, aaO, Einl. zum WEG Rdn. 54; Merle, Das Wohnungseigentum im System des bürgerlichen Rechtes, 1979, S. 102 f.; Kümmel, aaO, S. 118 ff.; Ott, ZMR 2002, 169, 172). Begründet wird dies entweder vertragsrechtlich mit einer - verschieden konstruierten - rechtsgeschäftlichen Auswechselung des Schuldners beim Eigentümerwechsel (Staudinger/Rapp, aaO,
Einl. zum WEG Rdn. 54; Kümmel, aaO, S. 118 ff.; Ott, ZMR 2002, 169, 172) oder wohnungseigentumsrechtlich mit einer analogen Anwendung von § 10 Abs. 4 WEG (BayObLGZ 1986, 368, 369 f.; KG WE 1994, 54, 55; OLG Köln NZM 1998, 874, 875; OLG Hamm ZWE 2000, 478, 480; Weitnauer/Lüke, aaO, § 10 Rdn. 61; Merle, aaO, S. 102 f.). Beides vermag nicht zu überzeugen (Häublein, Festschrift Wenzel [2005], PiG 71, S.175 ff., 181 ff.).
aa) Eine vorab mit dem Gläubiger vereinbarte befreiende Schuldübernahme durch den Erwerber ist ohne dessen Einverständnis unwirksam, da dies sonst auf einen Vertrag zu Lasten Dritter hinausliefe (Kümmel, aaO, S. 118 f.). Die entsprechende Erklärung ist aber bei von dem Erwerber nicht gebilligten Vertragsbeziehungen oft nicht zu erlangen und entspricht auch nicht immer dem objektiven Erklärungswert seiner rechtsgeschäftlichen Erklärungen, sondern muß fingiert werden, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Dasselbe gilt für Dauerschuldverhältnisse. Ein aus § 10 Abs. 3 WEG abgeleiteter gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erteilung der Genehmigung (Kümmel, aaO, S. 119) könnte dem in der Praxis allenfalls teilweise abhelfen. Denn bis zur rechtskräftigen Entscheidung hierüber käme es nicht zum Wechsel des Vertragspartners. Folglich könnte und müßte der Vertragspartner weiterhin den Veräußerer wegen der Kosten aus einem Dauerschuldverhältnis in Anspruch nehmen. Selbst eine Rückwirkung der gerichtlich ersetzten Genehmigung würde nur interne Ausgleichsansprüche zwischen Veräußerer und Erwerber begründen , was im Ergebnis keinen Vorteil gegenüber der herkömmlichen Lösung böte, wonach alleine der Wohnungseigentümer zur Zeit des Vertragsabschlusses Vertragspartner des Gläubigers bleibt.
bb) Auch die Auffassung von einer analogen Anwendung des § 10 Abs. 4 WEG überzeugt nicht. Zum einen hätte eine solche Lösung im Falle des Eigentümerwechsels eine Schuldnervermehrung zur Folge, weil § 10 Abs. 4 WEG eine zeitliche oder sonstige Begrenzung der Alteigentümerhaftung nicht vorsieht (vgl. zuletzt Elzer, ZMR 2004, 633, 636) und ein Kündigungsrecht vereinbart sein müßte. Zudem ließe sich eine analoge Anwendung von § 10 Abs. 4 WEG nicht auf den Verwaltervertrag oder andere Dauerschuldverhältnisse begrenzen.
cc) Läßt sich eine Auswechslung der Vertragspartner kaum begründen, müßten konsequenterweise nur die zur Zeit des Vertragsschlusses im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer für die hieraus resultierenden Verbindlichkeiten haften (vgl. OLG Oldenburg WE 1994, 218, 219; OLG Düsseldorf BauR 1997, 334; Maroldt, aaO, S. 81; Derleder, PiG 63, 29, 41 u. 46; Ott, ZMR 2002, 169, 170; Elzer, ZMR 2004, 633, 636; vgl. für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit BGHZ 146, 341, 345), es sei denn, etwaige Sondernachfolger hätten sie übernommen und den Alteigentümer entlastet (vgl. BGH, Urt. v. 9. Februar 2004, II ZR 218/01, NJW-RR 2004, 874). Dies in jedem Veräußerungsfall festzustellen erschwert in größeren Anlagen nicht nur die Verwaltung in unzumutbarer Weise, sondern müßte bei unterschiedlicher Vertragsgestaltung eines Eigentümerwechsels auch dazu führen, daß die Begleichung von Verbindlichkeiten ausgeschiedener Alteigentümer keine Angelegenheit der Gemeinschaft mehr ist, über die zu beschließen sie eine Beschlußfassungskompetenz hätte. Das widerspräche aber der Vorstellung des Gesetzgebers von der Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft und einer Haftung des Verwaltungsvermögens für Verwaltungsschulden. Hier vermag nur die Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft ein schlüssiges Erklärungs-
modell zu bieten. Es vermeidet zudem das dem Willen des Gesetzgebers widerstreitende Ergebnis, daß der ausgeschiedene Wohnungseigentümer Dritten noch als Gesamtschuldner für das Entgelt haftet, während die Leistungen dem Erwerber zugute kommen.
7. Mit der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft sind zudem Erleichterungen bei der Durchsetzung von Beitragsforderungen gegen säumige Wohnungseigentümer verbunden. Insbesondere kann die Gemeinschaft als Gläubiger einer Zwangshypothek in das Grundbuch eingetragen werden. Bisher genügte der Verweis auf eine dem Titel beigefügte Eigentümerliste im Gegensatz zum Erkenntnisverfahren nicht. Vielmehr bedurfte es nach § 15 Abs. 1 GBV der Eintragung aller Gläubiger unter Angabe von Namen, Vornamen, Wohnort und Beruf (OLG Köln WE 1995, 22 f.; BayObLG ZWE 2001, 375). Das hat bei großen Gemeinschaften zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten geführt und das Grundbuch überfrachtet. Die Wohnungseigentümer mußten sich daher häufig mit einer fiduziarischen Abtretung der Forderung oder mit der Ermächtigung des Verwalters behelfen, die Forderung als Prozeßstandschafter einzuklagen (vgl. Senat, BGHZ 148, 392).
8. Für die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümerg emeinschaft spricht schließlich ein Vergleich mit anderen Rechtsgebieten.

a) So steht im Steuerrecht außer Frage, daß die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst als Unternehmerin zu behandeln und als solche steuerpflichtig ist, nicht die einzelnen Wohnungseigentümer (s. etwa Deckert/Jaser, Die Eigentumswohnung, 2005, Gr. 8 Rdn. 900; Vogel/Schwarz/Huschens, UStG, 2004, § 14 Nr. 13 Rdn. 12; Sauren, PiG 63, 61, 62 f.). Tritt sie als Ver-
mieterin von Gemeinschaftseigentum auf, ist sie im Verfahren der Feststellung von Einkünften beteiligtenfähig und klagebefugt (BFH NJW 2004, 2774 f.).

b) Die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit trägt ferner der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechnung. Die Behandlung als nicht rechtsfähiger Verband brachte hier ähnliche Probleme mit sich wie im Fall der Wohnungseigentümergemeinschaft, namentlich bei der korrekten Bezeichnung von Anspruchs- bzw. Prozeßgegner (BGHZ 146, 341, 348 ff.), beim Wechsel im Mitgliederbestand und bei der Haftungsverfassung (BGHZ 146, 341, 345). Die Gründe, die hier für die Teilrechtsfähigkeit gesprochen haben, müssen erst recht für die Wohnungseigentümergemeinschaft gelten, zumal diese im Gegensatz zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts über ein eigenes "Refinanzierungssystem" verfügt.

c) Die Teilrechtsfähigkeit bedeutet andererseits nicht, d aß die Wohnungseigentümergemeinschaft als eine besondere Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen wäre (so Kappus, NZM 2001, 353; offenlassend Schwörer, NZM 2002, 421, 422; zu Recht a. A. Bub, PiG 63, 1, 14 ff.; Maroldt, ZWE 2002, 387, 388). Von ihr unterscheidet sie sich vielmehr in ganz wesentlichen Punkten. Während die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks gegründet wird, steht bei den Wohnungseigentümern der individuelle Zweck der Wohnungsnutzung im Vordergrund, bei der die damit verbundene Einbindung in den Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft als "notwendiges Übel" hingenommen werden muß (Raiser, ZWE 2001, 173, 174; Derleder, PiG 63, 29, 34; Schwörer, NZM 2002, 421). Entsprechend ist das Regelungswerk, nach dem sich die Beziehungen innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft richten, im Regelfall kein von den Woh-
nungseigentümern ausgehandelter Vertrag wie unter Gesellschaftern. Vielmehr stehen Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung der Satzung eines Vereins weit näher. Im Gegensatz zu § 709 Abs. 1 BGB bedarf es zur Willensbildung in der Wohnungseigentümerversammlung nach § 25 WEG nur der Mehrheit. Anders als die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund gesetzlicher Anordnung vom Mitgliederwechsel unabhängig und unauflöslich (vgl. Bub, PiG 63, 1, 18 f.; Pauly, WuM 2002, 531, 533). Die Wohnungseigentümer haben im Gegensatz zur Gesellschaft regelmäßig noch nicht einmal nennenswerten Einfluß auf den Eintritt eines neuen Miteigentümers, sofern kein wichtiger Grund vorliegt (§ 12 Abs. 2 WEG). Mit dieser Unabhängigkeit von der jeweiligen Mitgliedschaft korrespondiert die Selbständigkeit des Finanzwesens der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht kennt. Ähnliches g ilt schließlich für die Verwalterbestellung. Während hier der Grundsatz der Fremdorganschaft gilt und der Verwalter aus den Reihen der Wohnungseigentümer die Ausnahme darstellt, ist er für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Regel (Bub, PiG 63, 1, 16 f.).
Die Wohnungseigentümergemeinschaft vereint Elemente ver schiedener Verbandstypen in sich, ohne insgesamt einem von ihnen anzugehören. So nähert die Gemeinschaftsordnung mit ihrem satzungsähnlichen Charakter die Wohnungseigentümergemeinschaft dem Verein an, von dem sie sich wiederum durch die fehlende Austrittsmöglichkeit und die Vererblichkeit der Miteigentümerstellung unterscheidet (vgl. Schmid, BlBGW 1981, 142, 143). Parallelen zur Genossenschaft erlaubt die personalistische Struktur, von der sich die Wohnungseigentümergemeinschaft aber durch das Kündigungsrecht der Genossen nach § 65 GenG und die Ausschlussmöglichkeit nach § 68 GenG unterscheidet
(Schmid, BlBGW 1981, 142, 143). Die Willensbildung ist dagegen dem Recht der Kapitalgesellschaften angenähert (Bärmann, Die Wohnungseigentümergemeinschaft , 1986, PiG 22, S. 210 f.), mit denen die personalistische Struktur der Wohnungseigentümergemeinschaft indessen nicht zu vergleichen ist. Im Ergebnis lässt sich die Wohnungseigentümergemeinschaft also keinem der anderen Typen von Körperschaften zuordnen. Sie stellt einen rechtsfähigen Verband sui generis dar (Schmid, BlGBW 1981, 142; Maroldt, aaO, S. 7; Pauly, WuM 2002, 531, 533), "eine Personenmehrheit, die durch Gesetz zu einer Organisation zusammengefasst ist" (Bärmann, aaO, S. 209; ähnlich Maroldt, aaO, S. 11). Im Gegensatz zu anderen Verbänden ist daher auch ihr Zweck nicht frei vereinbar oder gegenüber dem gesetzlichen Leitbild abänderbar. Sie bleibt auf Verwaltungsfunktionen im Innern, insbesondere das Finanz- und Rechnungswesen , und die Erleichterung des Rechtsverkehrs nach außen beschränkt. Sie handelt im Rechtsverkehr durch den Verwalter. Soweit er nicht kraft Gesetzes als Organ der Gemeinschaft zur Vertretung berechtigt ist, werden seine Kompetenzen durch solche der Wohnungseigentümer ergänzt, denen die entsprechende Bevollmächtigung des Verwalters oder die Fassung des von ihm nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG auszuführenden Beschlusses obliegt (Maroldt, Die Rechtsfolgen einer Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer , 2004, S. 27).
9. Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemei nschaft hat Konsequenzen für das Haftungssystem. Konnte ein Gläubiger für Schulden der Gemeinschaft nach bisheriger Auffassung sämtliche Wohnungseigentümer als Vertragspartner und somit als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen, ist Vertragspartner nunmehr in der Regel das teilrechtsfähige Subjekt, der Verband (vgl. Raiser, ZWE 2001, 173, 178). Er haftet mit seinem Verwaltungsvermögen.
Daneben kommt eine akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nicht von Gesetzes wegen, sondern nur in Betracht, wenn sie sich neben dem Verband klar und eindeutig auch persönlich verpflichtet haben.

a) Eine analoge Anwendung von § 128 HGB - teilweise darüber hinaus auch von § 130 HGB (Sauren, PiG 63, 61, 69 m. Fn. 30; Schwörer, NZM 2002, 421, 423) – scheidet ebenso aus wie der Rückgriff auf einen in diesem Zusammenhang behaupteten (Maroldt, aaO, S. 75 ff.; ähnlich Schwörer, NZM 2002, 421, 425; im Ergebnis ebenso ohne nähere Begründung Bub, PiG 63, 1, 23; Derleder, PiG 63, 29, 49) allgemeinen verbandsrechtlichen Grundsatz, daß neben dem Verband auch dessen Mitglieder haften. Wenn die Wohnungseigentümer im Rechtsverkehr als Gemeinschaft Träger von Rechten und Pflichten sind, kommt eine persönliche Haftung nur für eine persönliche Schuld in Betracht. Diese kann aber nur individuell durch Rechtsgeschäft oder ein Verhalten entstehen, an das die Rechtsordnung eine Haftung knüpft. Sie läßt sich nicht mit der dem Gesellschaftsrecht entlehnten "Doppelverpflichtungstheorie" (vgl. Raiser, ZWE 2001, 173, 178) begründen. Abgesehen davon, daß diese als Grundlage eines Einstehens von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts umstritten ist (vgl. zusammenfassend Ulmer, ZIP 1999, 554 u. 556 ff.; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 998; Lang/Fraenkel, WM 2002, 261 f.), kann sie im Wohnungseigentumsrecht schon deswegen nicht greifen, weil seine Organstellung den Verwalter nur zur Vertretung der Wohnungseigentümer als Verband berechtigt, und das auch nur nach Maßgabe des § 27 WEG. Von einem Recht, darüber hinaus Verbindlichkeiten im Namen der Wohnungseigentümer einzugehen, hat der Gesetzgeber bewusst Abstand genommen (BTDrucks. 1/252, S. 31 f.; Merle, in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 27 Rdn. 9). Der Verwalter kann die Wohnungseigentümer neben dem Verband
also nur verpflichten, wenn sie ihn hierzu eigens bevollmächtigt haben. Hierzu genügt, anders als für eine Vollmacht, den Verband zu vertreten, nicht ein Mehrheitsbeschluß, weil die Eigentümerversammlung keine Beschlußkompetenz hat, eine persönliche Leistungspflicht durch Mehrheitsentscheidung zu begründen (Wenzel, NZM 2004, 542, 543).
Daß der Verband teilrechtsfähig ist, führt nicht per se zu einer persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung seiner Mitglieder (a.A. Derleder PiG 63, 29, 49). Beides hat miteinander nichts zu tun. Auch das Prinzip der Akzessorietät wirkt nicht schuldbegründend, sondern setzt eine persönliche Haftung voraus (Beuthien, NJW 2005, 855, 858; Hadding, Festschr. f. Raiser (2005), S. 129, 140 f.). Dies ergibt sich daraus, daß der Verband Träger der Rechte und Pflichten ist und nicht seine Mitglieder (Reichert, Handbuch des Vereinsund Verbandsrechts, 9. Aufl., Rdn. 1970 a; Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl., Vor § 21 Rdn. 35; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 8. Aufl., Rdn. 390). Deswegen bedarf die Haftung neben dem Verband entweder der Übernahme einer persönlichen Schuld oder einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers (vgl. §§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB). Letztere fehlt im Wohnungseigentumsgesetz. Eine entsprechende Anwendung der handelsrechtlichen Vorschriften scheitert schon daran, daß das die Verwaltungsschulden betreffende Finanzierungssystem der Gemeinschaft einer entsprechenden Lücke entbehrt und der Gesetzgeber eine persönliche Haftung daneben für "nicht zumutbar" und "entbehrlich" angesehen hat (BT-Drucks. 1/252, S. 31 f) .

b) Kommt eine - akzessorische - Haftung der Wohnungseigen tümer nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Regelungszusammenhang des Gesetzes nicht in Betracht, so sind die Gläubiger gleichwohl nicht schutzlos.
Sie können vielmehr auf das Verwaltungsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft zugreifen, das deren Ansprüche gegen die Wohnungseigentümer und gegen Dritte, insbesondere die Bankinstitute, umfaßt, bei denen Gemeinschaftskonten geführt werden. Sollte die Wohnungseigentümergemeinschaft auf eine titulierte Forderung nicht leisten, kann im Verfahren nach § 899 ff. ZPO die Offenbarung dieser Konten und in der Folge die Pfändung des jeweiligen Tagesguthabens durchgesetzt werden (BGHZ 84, 325, 329 ff.; 84, 371, 373 ff.; Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl. Rdn. 166 ff.; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl. Anh. § 829 Rdn. 2). Darüber hinaus können die Ansprüche der Gemeinschaft gegen die Wohnungseigentümer insbesondere auf Zahlung der Beitragsvorschüsse und Sonderumlagen gepfändet werden, die ebenfalls zum Verwaltungsvermögen zählen.

c) Haben die Wohnungseigentümer solche Ansprüche noch nicht durch Beschluß entstehen lassen (vgl. hierzu Wenzel, NZM 2004, 542, 544), kann der Gläubiger auch auf den Anspruch des rechtsfähigen Verbandes auf ordnungsgemäße Verwaltung zurückgreifen. Denn die Wohnungseigentümer treffen wie alle Mitglieder einer Körperschaft Treuepflichten, die ein Mindestmaß an Loyalität dem Verband gegenüber erfordern. Hierzu gehört die Pflicht, dem Verband die finanzielle Grundlage zur Begleichung der laufenden Verpflichtungen durch Beschlussfassung über einen entsprechenden Wirtschaftsplan, seine Ergänzung (Deckungsumlage) oder die Jahresabrechnung zu verschaffen. Der Verband hat hierauf aus dem Treueverhältnis (vgl. hierzu allgemein Armbrüster, ZWE 2002, 333 f.) ebenso einen Anspruch wie auch dem einzelnen Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 WEG ein solcher Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer zusteht. Auch dieser Anspruch ist pfändbar.

d) Erfüllen die Mitglieder schuldhaft ihre Verpflichtung gegenüber dem Verband zur Beschlussfassung nicht, so kann der Verband seine Mitglieder zwar nicht unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen, wie das bei Regelungen über Entgelte und Beiträge in einer zweigliedrigen Gemeinschaft anerkannt ist (BGH, Urt. v. 17. Dezember 1973, II ZR 59/72, NJW 1974, 364, 365; Urt. v. 4. Februar 1982, IX ZR 88/80, NJW 1982, 1753, 1754; Urt. v. 6. Juli 1983, IVa ZR 118/82, NJW 1984, 45, 46; Urt. v. 13. April 1994, XII ZR 3/93, NJW 1994, 1721; MünchKomm-BGB/Karsten Schmidt, 4. Aufl. § 745 Rdn. 36). Ihm steht aber gegen seine Mitglieder ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung nach § 280 BGB zu. Verzögern die Mitglieder ihre Beschlußfassung und entsteht dem Verband dadurch ein Schaden etwa in Gestalt von Verzugszinsen, die er seinem Vertragpartner zu zahlen hat, haben die Mitglieder diesen unter den Voraussetzungen von §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB zu ersetzen. Verweigern die Mitglieder die zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderliche Beschlußfassung, entsteht dem Verband ein über die Folgen der verzögerten Erfüllung seiner eigenen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten hinausgehender Schaden. Diesen Schaden kann er als Schadensersatz statt der Leistung unter den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB geltend machen. Fassen die Wohnungseigentümer also trotz Aufforderung und Setzung einer angemessenen Frist keinen Beschluß über die Zuführung von Mitteln, so hat jeder einzelne von ihnen dem Verband als Schadensersatz den Betrag zu zahlen, den er bei ordnungsgemäßer Beschlußfassung von den Wohnungseigentümern insgesamt hätte einfordern können. Haben nämlich mehrere denselben Schaden in gleicher Weise schuldrechtlich zu verantworten , haften sie grundsätzlich als Gesamtschuldner (Erman/Ehmann, BGB, 11. Aufl., § 421 Rdn. 20; MünchKomm-BGB/Bydlinski, 4. Aufl., § 421 Rdn. 53). Diesen Anspruch kann ein Gläubiger ebenfalls pfänden, so daß er sich bei ein-
zelnen solventen Wohnungseigentümern erholen kann. Allerdings setzt das ein Verschulden des in Anspruch genommenen Wohnungseigentümers voraus (BayObLG NJW-RR 1992, 1102, 1103; Merle, aaO, § 21 Rdn. 181), das aber nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet wird. So hat der einzelne Wohnungseigentümer die Pflichtverletzung insbesondere dann zu vertreten, wenn er die erforderlichen Schritte für die Einberufung einer Eigentümerversammlung zur Beschlußfassung nicht unternommen, gegebenenfalls die Anfechtung eines Negativbeschlusses unterlassen oder die gerichtliche Ersetzung des Beschlusses nicht verfolgt hat.

e) Schließlich kann unter Umständen auch noch eine entspr echende Anwendung der im Körperschaftsrecht entwickelten Grundsätze zur Durchgriffshaftung in Betracht kommen. Da diese Haftung für den Fall der unzureichenden finanziellen Ausstattung des Verbandes von der Rechtsprechung letztlich aus § 826 BGB abgeleitet wird (BGH, Urt. v. 30. November 1978, II ZR 204/76, WM 1979, 229 f.; BGH, Urt. v. 25. April 1988, II ZR 175/87, NJW-RR 1988, 1181 f., OLG Saarbrücken ZIP 1992, 1623, 1627; Lutter/Hommelhoff, aaO, § 13 Rdn. 8; Michalski/Michalski, aaO, § 13 Rdn. 340; Scholz/Emmerich, aaO, § 13 Rdn. 89), ergibt sich aus § 840 BGB ebenfalls eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer. Damit besteht auch ohne akzessorische Haftung analog § 128 HGB nicht die Gefahr, daß sich die Wohnungseigentümer "hinter dem Verband verstecken" (Derleder, PiG 63, 29, 49).
10. Mit der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit geht e ntgegen bisweilen geäußerten Befürchtungen (Armbrüster, DNotZ 2003, 493, 514; Rapp, ZfIR 2004, 596, 597) keine Entwertung der Eigentümerstellung jedes einzelnen Miteigentümers einher. Denn die Wohnungseigentümergemeinschaft wird hier-
durch nicht insgesamt zu einer Gesellschaft, an der die einzelnen Wohnungseigentümer nur noch in Form verdinglichter Miteigentumsanteile partizipieren (so aber Junker, Die Gesellschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 1993, S. 73 ff.; hiergegen zu Recht etwa Bub, PiG 63, 1, 15; Derleder, PiG 63, 29, 33 f.). Vielmehr bleiben das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum als echtes Eigentum ausschließlich in den Händen der Miteigentümer und sind nicht Teil des Vermögens des rechtsfähigen Verbandes (s. Maroldt, aaO S. 17). Schon deswegen steht es auch nicht als Haftungsmasse für dessen Verbindlichkeiten zur Verfügung.
11. Die Teilrechtsfähigkeit hängt nicht von der Größe der Wohnungseigentümergemeinschaft , etwa der Zahl der Miteigentümer (so Bub, PiG 63, 1, 22; Kreuzer, ZWE 2002, 285, 286; Pauly, WuM 2002, 531, 533) oder der objektiven Notwendigkeit eines Verwalters (so Derleder, PiG 63, 29, 47 f.) ab. Für eine solche Differenzierung bietet das Gesetz keine Anhaltspunkte. Sie würde auch zu kaum lösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten und somit zu einer erheblichen Unsicherheit des Rechtsverkehrs führen.
12. Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht umfassend, sondern auf die Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen. Das ist insbesondere bei Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen im Außenverhältnis der Fall, kann aber auch, wie z. B. bei der Verfolgung von gemeinschaftlichen Beitrags- oder Schadensersatzansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer , im Innenverhältnis vorliegen. Dagegen betrifft die Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung die Willensbil-
dung innerhalb der Gemeinschaft und nicht den Rechtsverkehr des Verbandes. Sie bleibt eine Angelegenheit der Wohnungseigentümer als Einzelpersonen mit der Folge, daß der Anfechtungsantrag sich im vorliegenden Verfahren zu Recht - wie bisher - gegen die übrigen Wohnungseigentümer richtet (vgl. BGH, Urt. v. 30.6.1966, II ZR 149/64, BB 1966, 1169; BGH, Urt. v. 2.5.1983, II ZR 94/82; Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 31. Aufl. § 109 Rdn. 38 ff. jew. zur KG; Bamberger/Roth/Timm, BGB 2003, § 709 Rdn. 65; Giefers/Ruhkamp, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, 2003, Rdn. 442; Erman/Westermann, 11. Aufl. § 709 Rdn.39; MünchKomm.-BGB/Ulmer, 4. Aufl. § 709 Rdn. 113; Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnergesellschaft, 4. Aufl. § 709 Rdn. 113; Ulmer, ZIP 2001, 585, 591 f.; a. A. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. § 15 II 3 jew. zur GbR).

IV.


Im Ergebnis handelt es sich bei der Zahlungsverpflichtung gegenüber der ODBG um eine Verbindlichkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft. Denn ein mit den Wohnungseigentümern abgeschlossener Vertrag ist auch dann, wenn er nicht, wie hier, ausdrücklich die Wohnungseigentümergemeinschaft als Vertragspartei benennt, in der Regel mit dem rechtsfähigen Verband, nicht mit den einzelnen Eigentümern geschlossen. Etwas anderes wird ausnahmsweise nur dann in Betracht kommen, wenn der Vertrag aufgrund besonderer Umstände (z. B. geringe Größe der Liegenschaft, einmaliger Leistungsaustausch , persönliche Verbundenheit der Vertragspartner, besonderes Sicherungsinteresse des Gläubigers) gerade mit jedem einzelnen Wohnungseigentümer abgeschlossen wurde. Dafür ist hier jedoch nichts ersichtlich. Die Verbindlichkeit ist daher in den Wirtschaftsplan einzustellen. Insoweit ist der angegriffene Beschluß nicht zu beanstanden. Die Anfechtung ist aber deswegen
griffene Beschluß nicht zu beanstanden. Die Anfechtung ist aber deswegen begründet, weil die Antragsgegner nur einen Gesamtwirtschaftsplan ohne Einzelwirtschaftsplan genehmigt haben.
1. Der Auffassung der Antragsgegner, daß dieser Umstand im konkreten Fall von vorneherein unerheblich ist, weil nach dem Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 21. März 1990 unter Tagesordnungspunkt 1 für die Fälligstellung der Vorauszahlung die Genehmigung des Gesamtwirtschaftsplanes genügen solle, ist nicht zu folgen. Denn für diesen Beschluß fehlte der Wohnungseigentümerversammlung die Beschlußkompetenz. Nach § 28 Abs. 5 WEG kann die Eigentümerversammlung zwar einen einzelnen Wirtschaftsplan genehmigen, was auch dann nur zur Anfechtbarkeit führt, wenn er - etwa infolge des Fehlens von Einzelwirtschaftsplänen - fehlerhaft ist. Der Wohnungseigentümerversammlung fehlt aber die Kompetenz, die Anforderungen an Wirtschaftspläne auf Dauer zu verändern, insbesondere generell für die Zukunft auf die Vorlage von Einzelwirtschaftsplänen zu verzichten. Ein solcher Beschluß, der auf eine Abweichung von dem Gesetz hinausliefe, ist nichtig (Senat, BGHZ 145, 158, 167 f.; speziell zu den Vorschriften über den Wirtschaftsplan s. Merle, in Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 28 Rdn. 6; Jennißen, Die Verwalterabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl., VI Rdn. 15; Niedenführ/ Schulze, aaO, § 28 Rdn. 6). Dem Beschluß vom 21. März 1990 kommt somit auch ohne Anfechtung keine rechtliche Wirkung zu. Mangels wirksamer Abänderung der gesetzlichen Anforderungen erfüllt damit der am 5. April 2000 ohne Einzelwirtschaftspläne beschlossene Wirtschaftsplan nicht die Vorgaben des § 28 Abs. 1 Nr. 2 WEG und ist deswegen für ungültig zu erklären.
2. Allerdings führt nicht jeder Fehler in den Beschlußvorlagen von Wirtschaftsplänen oder Jahresabrechnungen auch zur Ungültigerklärung des Genehmigungsbeschlusses. Fehlen wesentliche Bestandteile, so kann dies auch nur einen Ergänzungsanspruch nach sich ziehen (BayObLG NJW-RR 1989, 1163, 1164; WuM 1993, 92 f.; KG NJW-RR 1996, 526, 527; ZMR 1997, 541, 542 f.; Merle, in Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 28 Rdn. 28 u. 116; Niedenführ /Schulze, aaO, § 28 Rdn. 85; zu den Einzelheiten Abramenko, ZMR 2004, 91 ff). Das gilt jedoch nicht bei dem Fehlen von Einzelwirtschaftsplänen. Vielmehr widerspricht ein ohne sie beschlossener Gesamtwirtschaftsplan ordnungsmäßiger Verwaltung.
Die eigentliche Bedeutung des Wirtschaftsplanes liegt nämlich darin, daß er die Belastung der Wohnungseigentümer mit Vorschüssen nach § 28 Abs. 2 WEG verbindlich regelt und deren Zahlungsverpflichtung erst entstehen läßt (Senat, BGHZ 111, 148, 153; BayObLG NJW-RR 1990, 720, 721; WuM 1990, 455, 456; OLG Hamm WE 1996, 33, 36; Merle, in Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 28 Rdn. 30; Jennißen, aaO, VI Rdn. 27; Niedenführ/Schulze, aaO, § 28 Rdn. 27; Weitnauer/Gottschalg, aaO, § 28 Rdn. 3 u. 5; Müller, WE 1993, 11, 14; Wenzel, NZM 2004, 542, 544). Deswegen schreibt § 28 Abs. 1 Nr. 2 WEG vor, daß der Wirtschaftsplan auch die anteilmäßige Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lasten- und Kostentragung enthalten muß. Die Entscheidung über die Umlage der Kosten auf die einzelnen Eigentümer darf also nicht dem Verwalter überlassen bleiben. Da die Verteilung der Kosten Gegenstand des Einzelwirtschaftsplans ist, gehört er zu den unverzichtbaren Bestandteilen des Wirtschaftsplans. Mithin ist die Genehmigung eines Wirtschaftsplans ohne Einzelwirtschaftsplan auf Antrag für ungültig zu erklären (BayObLG NJW-RR
1991, 1360; OLG Hamm, WE 1996, 33, 36; Merle, in Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 28 Rdn. 30; Niedenführ/Schulze, aaO, § 28 Rdn. 27).
3. Dem steht die Tatsache, daß die Wohnungseigentümer die Ansätze in dem von dem Verwalter vorgelegten Gesamtwirtschaftsplan bei der Beschlußfassung abändern können, nicht entgegen (so aber KG NJW-RR 1991, 725, 726). Denn in der Regel können die Wohnungseigentümer anhand des Verteilungsschlüssels in den Einzelwirtschaftsplänen unschwer ermitteln, mit welcher Belastung sie nach Änderung der Gesamtansätze rechnen müssen . Ob für den Fall, daß die Wohnungseigentümerversammlung so erhebliche Änderungen vornimmt, daß sich die Auswirkungen auf die Einzelwirtschaftspläne nicht mehr ohne weiteres ermitteln lassen, etwas anderes zu gelten hat, bedarf hier keiner Entscheidung.
4. Obwohl das Fehlen von Einzelwirtschaftsplänen die angegriffene Genehmigung des Wirtschaftsplanes insgesamt erfasst, war sie nur in dem beantragten Umfang wegen der Sanierungskosten für die Betonkonstruktionen in Höhe von 146.465 DM für ungültig zu erklären. Denn die Antragsteller haben den ihnen bekannten Mangel der fehlenden Einzelabrechnungen bei den übrigen Positionen ausdrücklich nicht beanstandet, sondern nur die Ungültigerklärung der angegriffenen Position beantragt. Die Genehmigung von Jahresabrechnung bzw. Wirtschaftsplan kann aber nur insoweit für ungültig erklärt werden , als sie angegriffen worden ist (BayObLG NJW-RR 1990, 1107, 1108; 1992, 1169 f.; WE 1995, 91, 92; KG NJW-RR 1991, 1235, 1236; Jennißen, aaO, XII 3 f.; Merle, in Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 28 Rdn. 51; Niedenführ /Schulze, aaO, § 28 Rdn. 83).

V.

1. Eine Vorlage der Entscheidung über die Frage der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft an den Großen Senat nach § 132 Abs. 3 und 4 GVG oder an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 Abs. 1 RsprEinhG kam nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen hierfür jeweils nicht vorliegen (vgl. BGH, IX. Zivilsenat, Beschl. v. 15. Februar 2000 in XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185; Beschl. v. 19. Mai 1993, GSSt 1/93, MDR 1993, 776, 777; Kissel, GVG, 4. Aufl., § 133 Rdn. 38).
2. Die Entscheidung über die Gerichtskosten aller drei Rechtszüge folgt aus § 47Satz 1 WEG. Sie den Antragsgegnern aufzuerlegen, entspricht billigem Ermessen, weil sie unterlegen sind. Hingegen besteht kein Anlaß, von dem in Wohnungseigentumssachen geltenden Grundsatz nach § 47 Satz 2 WEG abzuweichen, wonach die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.
3. Für den Geschäftswert ist bei einer Teilanfechtung des Wirtschaftsplans nach herrschender Meinung die Höhe der angegriffenen Positionen maßgeblich (BayObLGZ 1988, 326, 328; ähnlich BayObLG WuM 1995, 505, 506; Staudinger/Wenzel, aaO, § 48 WEG Rdn. 20; Niedenführ/Schulze, aaO, § 48 Rdn. 40). Eine Festsetzung in voller Höhe von 146.465 DM scheidet aber aus, da dies das Interesse der Antragsteller an einer Teilungültigerklärung des angegriffenen Beschlusses wirtschaftlich weit überstiege, so daß der Zugang zu Gericht in unzumutbarer Weise erschwert worden wäre (BVerfG NJW 1992, 1673, 1674; OLG Hamm ZWE 2000, 482, 484 f.; BayObLG ZMR 2001, 127, 128; 2003, 50).
Aus diesem Grunde ist der Geschäftswert nach § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG niedriger festzusetzen. Dabei kommt im Gegensatz zu einer bisweilen in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung (OLG Hamm ZWE 2000, 482, 484 f.; KG NJW-RR 1988, 14, 15) eine schematische Herabsetzung etwa auf das Fünffache des Eigeninteresses des anfechtenden Wohnungseigentümers nicht in Betracht. Abzustellen ist vielmehr auf das anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles (BayObLG NJW-RR 1989, 79 ff.; NZM 2001, 713; OLG Hamburg ZMR 2004, 295 f; OLG Karlsruhe WuM 1996, 180; OLG Köln WE 1995, 23; Staudinger/Wenzel, aaO, § 48 Rdn. 16; Niedenführ /Schulze, aaO, § 48 Rdn. 28) zu ermittelnde Interesse aller Beteiligten und auf das Verhältnis der daraus erwachsenden Kosten zu dem Interesse eines Beteiligten.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war nicht nur der vergleichsweise geringen Beteiligung der Antragsteller an den streitigen Kosten Rechnung zu tragen, sondern auch der erheblichen Bedeutung der Sache für alle Wohnungseigentümer. Von daher erscheint ein Geschäftswert von 12.000 EUR angemessen.
Wenzel Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,

1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder
2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
Für die Nutzungen gilt § 16 Absatz 1.

(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.

(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Unbeachtlich werden

1.
eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2.
eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans und
3.
nach § 214 Absatz 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt entsprechend, wenn Fehler nach § 214 Absatz 2a beachtlich sind.

(2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 27. November 2015 geändert. Der Antrag der Antragsteller zu 5) und 6) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 9 K 5196/15 wird insgesamt abgelehnt.

Die Beschwerde der Antragsteller zu 5) und 6) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Antragsteller zu 1) bis 4) zu je 1/6 und die Antragsteller zu 5) und 6) zu 1/3 als Gesamtschuldner. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller zu 5) und 6) als Gesamtschuldner. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine Baugenehmigung zu Gunsten der Beigeladenen, die auf einem Teil eines aufzuschüttenden Baufeldes eine Unterkunft zur Unterbringung von wohnraumbedürftigen Personen errichten will.

2

Das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück der Antragsteller wird durch einen unbebauten Grünstreifen getrennt von dem westlich davon gelegenen und ebenfalls unbebauten Vorhabengrundstück (Flurstück …). Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans L 14 vom 7. Oktober 1999 (HmbGVBl. S. 239), der das Grundstück der Antragsteller als reines Wohngebiet ausweist (WR I o) und für das Vorhabengrundstück ein Gewerbegebiet (GE) festsetzt. Letzteres grenzt im Norden an den oberirdischen Wasserlauf der A. K., von dem das Grundstück der Antragsteller durch ein weiteres Wohngrundstück getrennt ist. Beide Grundstücke werden teilweise erfasst von dem seit dem 16. Juli 2014 vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet der K. (Amtl. Anz. 2014, S. 1066 f.), welches die Gewässer der A. K. und der G. mitumfasst. Die A. K. tritt erstmalig etwa 80 m nordöstlich des Vorhabengrundstücks aus und fließt für ca. 410 m oberirdisch in südöstlicher und östlicher Richtung bis zum W. weg. Dort wird sie von dem unter der Straße liegenden und bereits die G. führenden Regenwassersiel aufgenommen, welches für rd. 195 m in nördlicher Richtung verläuft und sodann in die K. mündet. Diese fließt in östlicher Richtung u.a. unter der Brücke N. Straße hindurch. Der östlich des W. Wegs gelegene Abschnitt der A. K. ist vom genannten Bereich getrennt und mündet selbständig jenseits der N. Straße in die K. .

3

Im Oktober 2014 beantragte die Beigeladene eine Baugenehmigung im Verfahren mit Konzentrationswirkung nach § 62 HBauO zur Errichtung von 13 Pavillonhäusern für die Unterbringung von bis zu 288 wohnraumbedürftigen Personen. Hierfür sollen die Geländehöhe des durch Baugrenzen vorgegebenen und in die Bereiche A und B geteilten Baufeldes auf 8,10 m über NN aufgeschüttet und die Pavillonhäuser auf dem Baufeld A errichtet werden. Zugleich sollen die das Baufeld umgebende Fläche des Vorhabengrundstücks (im Folgenden: Flutmulde) bis hin zur A. K. auf 7,40 m über NN abgesenkt und darin für die Regenrückhaltung zwei gesonderte Becken mit einer Sohle von 7,20 m über NN geschaffen werden. In seinem Bericht zu den wasserwirtschaftlichen Auswirkungen des Bauvorhabens vom 21. Oktober 2014 stellte der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer Hamburg (LSBG) fest, dass durch das Vorhaben bei einem Hochwasser, das statistisch mindestens einmal in hundert Jahren auftritt (HQ100), das Retentionsvolumen nicht verringert und der Wasserspiegel nicht verändert werden würde.

4

Die Antragsgegnerin erteilte die Baugenehmigung unter dem 26. Januar 2015. Der Bescheid umfasste u.a. eine Ausnahmegenehmigung nach § 78 WHG für die Errichtung der geplanten Unterkünfte und die dazu notwendigen Geländeaufhöhungen und Erdbewegungen auf der Basis des Berichts vom 21. Oktober 2014. Weiterhin ergingen nach § 31 Abs. 2 BauGB Befreiungen von der Anforderung, die Dachflächen zu begrünen (§ 2 Nr. 4 der Verordnung zum Bebauungsplan L. 14), der vorgesehenen Gebäudeausrichtung und für das Überschreiten ihrer maximalen Bautiefe um 2,75 m (§ 2 Nr. 5 der Verordnung). Ferner wurde nach § 246 Abs. 10 BauGB eine Befreiung erteilt für die Abweichung von der zulässigen Nutzungsart im Gewerbegebiet durch die Anlage für soziale Zwecke.

5

Hiergegen erhoben die Antragsteller am 2. März 2015 Widerspruch, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen vortrugen, dass das Vorhaben den Retentionsraum im Überschwemmungsgebiet der A. K. erheblich verringern würde. Die Ausnahme nach dem drittschützenden § 78 Abs. 4 WHG sei rechtswidrig, da der Bericht des LSBG vom 21. Oktober 2014 fehlerhaft sei. Er habe weder die Auswirkungen eines hohen Grundwasserstandes berücksichtigt noch sei der Hochwasserpegel eines HQ100 im Bereich der K. richtig angegeben worden.

6

Am 6. August 2015 haben die Antragsteller den vorliegenden Eilantrag gestellt und ausgeführt, dass trotz einer weiteren Untersuchung die Auswirkungen eines hohen Grundwasserstandes auf dem Vorhabengrundstück bei einem gleichzeitigen Hochwasser unklar seien. In dieser Situation könne das Grundwasser in Richtung der Nachbarbebauung gedrückt werden und dort zu Schäden führen. Bestehende Zweifel gingen zu Lasten der Beigeladenen, da diese alle Genehmigungsvoraussetzungen nachzuweisen habe. Der zu erwartende Hochwasserstand sei von dem LSBG falsch eingeschätzt worden, u.a. habe man eine bei Hochwasser regelmäßig an der Brücke N. Straße eintretende Verklausung durch sich ansammelndes Treibgut nicht berücksichtigt. Auch die Befreiungen bezüglich der Dachflächenbegrünung und der Gebäudeausrichtung seien rechtswidrig. Zudem sei die Baugenehmigung hinsichtlich der Baufelder A und B nicht teilbar.

7

Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten. Die Befreiungen beträfen keine nachbarschützenden Festsetzungen und eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots sei nicht erkennbar. § 78 WHG sei nicht drittschützend und die Rechtsprechung zum wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebot nicht hierauf übertragbar. Auch würden die Anforderungen des § 78 Abs. 3 WHG eingehalten. Das Vorhaben werde sich nicht negativ auf die Grundwassersituation auswirken; bei einem Stand des Grundwassers von mehr als 7,20 m über NN würde es in die Flutmulde austreten und über das natürliche Gefälle zur A. K. abgeleitet werden. Selbst bei dem äußerst unwahrscheinlichen Szenario seines Zusammentreffens mit einem Hochwasser im Falle eines HQ100 wären die Vorkehrungen auf dem Vorhabengrundstück ausreichend. Selbst wenn es zu einer Umkehr der Fließrichtung des Grundwassers kommen sollte, wäre das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt, denn derartiges könne unabhängig von der Durchführung des Vorhabens auftreten. Eine Verklausung am Engpass der Brücke N. Straße sei bei der Hochwasserberechnung außer Acht zu lassen. Es lasse sich als spontanes Ereignis nicht in die Rechnung einspeisen, zudem würden derartige Hindernisse umgehend beseitigt werden. Die Baugenehmigung sei teilbar, denn die Maßnahmen auf dem Baufeld A ließen sich unabhängig von der Aufhöhung des Baufeldes B realisieren. Bei der im Eilverfahren gebotenen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass eine etwaige Beeinträchtigung der Antragsteller und die Gefahr einer Verfestigung des Vorhabens von geringer Wahrscheinlichkeit wären. Die Pavillonhäuser könnten in kurzer Zeit entfernt und an anderer Stelle wieder aufgestellt werden.

8

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und schloss sich dem Vorbringen der Antragsgegnerin an.

9

Mit Widerspruchsbescheiden vom 14. August 2015 hat die Antragsgegnerin die Widersprüche aller Antragsteller zurückgewiesen. Lediglich die Antragsteller zu 5) und 6) haben dagegen Klage erhoben. Die Antragsteller zu 1) bis 4) haben darauf ihre Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz zurückgenommen.

10

Mit Beschluss vom 27. November 2015, zugestellt am 3. Dezember 2015, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller zu 5) und 6) gegen die Baugenehmigung vom 26. Januar 2015 hinsichtlich der Aufschüttung des Baufeldes B angeordnet und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erfolgsaussichten der Klage offen seien.

11

Zwar sei § 78 Abs. 3 bzw. 4 WHG nicht unmittelbar drittschützend, jedoch sei offen, ob das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzuwendende Rücksicht-nahmegebot – sei es wasser- oder baurechtlicher Natur – nicht durch die Auswirkungen des Vorhabens der Beigeladenen auf die Hochwassersituation verletzt werde. Soweit ein Vorhaben die Hochwassersituation derart verändere, dass ein Nachbar unzumutbar beeinträchtigt werde, könne sich dieser unter Rückgriff auf das Rücksichtnahmegebot dagegen wehren. Die Frage nach seiner rechtlichen Verortung könne dahinstehen, da die Anforderungen des bau- und des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots identisch seien.

12

Derzeit sei offen, ob das Vorhaben der Beigeladenen derartige unzumutbare Beeinträchtigungen für die Antragsteller mit sich bringe. Zwar gehe der Bericht vom 21. Oktober 2014 davon aus, dass keine Verschlechterung hinsichtlich des Hochwasserschutzes zu befürchten sei, jedoch begegne er mehreren Bedenken, die bislang nicht ausgeräumt worden seien. Allerdings dürfte sich die Hochwassergefahr für die Antragsteller nicht durch Auswirkungen des Vorhabens auf den Grundwasserstand unzumutbar verschärfen. Weder besitze deren Haus einen durch Grundwasser gefährdeten Keller noch würde dessen Zufluss in den Retentionsraum den Hochwasserstand nennenswert beeinflussen. Demgegenüber sei aber unklar, weshalb ein Betriebshof zwischen der K. und der A. K. nicht in das Entwässerungsgebiet der letzteren einbezogen worden sei. Ein deutlich vergrößertes Einzugsgebiet könne nicht unerhebliche Auswirkungen auf den Hochwasserstand der A. K. haben. Außerdem bestünden weitere Zweifel an dem im Bericht prognostizierten Hochwasserstand von 7,68 m über NN, denn in der zugrundeliegenden Berechnung seien der Engpass der Brücke N. Straße und die dort wiederholt auftretenden Verklausungen nicht abgebildet werden. Derartige Verklausungen seien ein regelmäßig auftretendes Phänomen und daher nicht außer Betracht zu lassen. Je höher das Hochwasser steige, umso mehr würden sich die erhöhten Bauinseln auf das Retentionsvolumen auswirken. Daher sei unklar, wieviel Retentionsraum bei einem korrekt berechneten Hochwasserstand durch das Vorhaben wegfalle. Es sei deshalb nicht ausgeschlossen, dass ein Hochwasser aufgrund der Auswirkungen des Vorhabens erstmals in das Gebäude der Antragsteller eindringe.

13

Unter Berücksichtigung der offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache würde das sehr große öffentliche Interesse an der Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für wohnraumbedürftige Personen nur für die Durchführung des Vorhabens in Bezug auf das Baufeld A das Interesse der Antragsteller überwiegen. Wenn der gesamte geplante Retentionsraum geschaffen und zunächst nur das Baufeld A aufgeschüttet werde, erscheine es ausgeschlossen, dass die Antragsteller einer unzumutbaren Hochwassergefahr ausgesetzt werden würden. Sollte die notwendige weitere Untersuchung der Hochwassersituation ergeben, dass zusätzlicher Retentionsraum erforderlich sei, könne dieser im Bereich des Baufelds B geschaffen werden. Dabei könne berücksichtigt werden, ob der Engpass unter der Brücke N. Straße, wie angekündigt, zumindest teilweise beseitigt werde. Hieraus ergebe sich zugleich ein Überwiegen der Interessen der Antragsteller gegenüber dem deutlich geringeren öffentlichen Interesse an der Aufschüttung des Baufeldes B. Für die Nutzung jenes Bereichs bestehe kein fester Zeitplan, zudem könnten dort ohnehin Stelzenbauten ohne Auswirkungen auf die Hochwassersituation errichtet werden. Insoweit sei die Baugenehmigung teilbar, was auch den Vorstellungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen entspreche. Die Aufschüttungen seien voneinander unabhängig und die Errichtung der Pavillonhäuser auf dem aufgeschütteten Baufeld A stelle ein eigenständig sinnvoll nutzbares Vorhaben dar.

14

Gegen diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin am 10. Dezember 2015 Beschwerde erhoben und diese am 22. Dezember 2015 begründet. Die Antragsteller zu 5) und 6) haben ihre Beschwerde am 17. Dezember 2015 erhoben und am 4. Januar 2016 begründet.

II.

15

Die gemäß §§ 146 Abs. 4, 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg, da mit ihr Gründe darlegt werden, die die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in ihren tragenden Erwägungen erschüttern (1.). Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist auch hinsichtlich des Baufelds B abzulehnen, da die Klage der Antragsteller zu 5) und 6) mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgslos bleiben wird (2.). Das Interesse der Beigeladenen an der Vollziehung der angefochtenen Baugenehmigung setzt sich daher gegen deren Aussetzungsinteresse durch (3.).

16

1. Die Antragsgegnerin legt in ihrer Beschwerdebegründung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zutreffend dar, dass die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts nicht haltbar sei, im Anwendungsbereich des § 78 WHG komme, entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wasserhaushaltsgesetz, ein Drittschutz im Rahmen des Rücksichtnahmegebots in Betracht.

17

Ihr Vorbringen, das vom Verwaltungsgericht angeführte Urteil vom 15. Juli 1987 (4 C 56/83, BVerwGE 78, 40) stelle nur auf eine Erlaubnis zur Gewässernutzung, nicht aber auf eine hochwasserschutzrechtliche Regelung ab, ist zutreffend. Anhaltspunkte dafür, dass diese Entscheidung dem Rücksichtnahmegebot einen Anwendungsbereich außerhalb der Vorschriften zur Gewässernutzung eröffnen wollte, liegen nicht vor. Die zentrale Aussage des Urteils, „daß die Wasserbehörden bei jeder Entscheidung über eine Benutzung im Sinne von § 3 WHG ohne Rücksicht auf die Form der Gestattung verpflichtet sind, auf die Belange anderer "Rücksicht" zu nehmen (…); insoweit kommt dem § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG drittschützende Funktion zu“ (a.a.O. S. 43), bezieht sich allein auf Entscheidungen über die Benutzung von Gewässern wie sie nunmehr in den §§ 8 ff. im Kapitel 2 des Wasserhaushaltsgesetzes in der Form des Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) – im Folgenden: WHG – geregelt sind. Ausführungen zum Hochwasserschutz in Überschwemmungsgebieten, der zum Zeitpunkt des o.g. Urteils in § 32 des Wasserhaushaltsgesetzes in der Form der Bekanntmachung seiner Neufassung vom 23. September 1986 (BGBl. I S. 1529) geregelt war, enthält weder dieses Urteil noch eine Parallelentscheidung vom 3. Juli 1987 (4 C 41/86, ZfW 1988, 337) oder der diese Rechtsprechung bestätigende Beschluss vom 6. September 2004 (7 B 62/04, NVwZ 2005, 84, 85).

18

Kann daher nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass bei der mit der Baugenehmigung zugleich angefochtenen Ausnahme nach § 78 WHG ein wasserrechtliches Rücksichtnahmegebot zu beachten war, entfällt damit zudem die Basis für die weitere Annahme des Verwaltungsgerichts, es könne dahinstehen, ob das Rücksichtnahmegebot im Baurecht oder im Wasserrecht zu verorten sei, denn nach beiden Geboten könne sich ein Nachbar gegen unzumutbare Beeinträchtigungen der Hochwassersituation seines Grundstücks durch ein benachbartes Vorhaben wenden. Insoweit legt die Antragsgegnerin auch zutreffend dar, dass sich nach der bisherigen Rechtsprechung mehrerer Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 9.6.2011, 1 A 504/09, juris, Rn. 48; OVG Hamburg, Urt. v. 9.4. 1997, Bf V 64/95, juris, Rn. 42) das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nur auf Beeinträchtigungen anderer Grundstücke bezieht, die von dem Vorhaben selbst ausgehen und damit nicht auch auf Einwirkungen durch Hochwasser, also ein Naturereignis, das durch ein Bauvorhaben nur mittelbar beeinflusst wird. Ob diese Rechtsprechung weiterhin zutreffend ist und das baurechtliche Rücksichtnahmegebot derartige mittelbare Beeinträchtigungen tatsächlich von vorneherein nicht erfasst, kann dahinstehen, da die Antragsgegnerin die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts, das Rücksichtnahmegebot erfasse zumindest mittelbare Beeinträchtigungen durch Hochwasser, ausreichend in Zweifel gezogen hat.

19

2. Das Beschwerdegericht ist – ohne gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur auf die Prüfung der dargelegten Gründe beschränkt zu sein – daher selbst berechtigt und verpflichtet, die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags summarisch zu prüfen. Der zulässige Antrag der Antragsteller zu 5) und 6) auf vorläufigen Rechtsschutz ist auch hinsichtlich des Baufelds B abzulehnen, da ihre Klage gegen die Baugenehmigung vom 26. Januar 2015 mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgslos bleiben wird. Anders als es das Verwaltungsgericht angenommen hat, spricht nach summarischer Prüfung Überwiegendes dafür, dass sie durch die angefochtene Baugenehmigung mit Konzentrationswirkung nicht in ihren Rechten verletzt werden. Die Anforderungen drittschützender Vorschriften des Bauplanungsrechts werden eingehalten (a) und die zu beachtenden Vorschriften des Wasserrechts sind nicht drittschützend (b).

20

a) Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass ein Gebietserhaltungsanspruch gegen das in einem Gewerbegebiet liegende Vorhaben den in einem Wohngebiet und damit einem anderen Baugebiet ansässigen Antragstellern nicht zukommt. Anhaltspunkte für einen gebietsübergreifenden Gebietserhaltungsanspruch bestehen nicht. Eben-so zutreffend ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Festsetzungen nach § 2 der Verordnung über den Bebauungsplan L. 4, von deren Einhaltung nach der Baugenehmigung abgewichen werden darf, keinen nachbarschützenden Charakter besitzen. Sowohl § 2 Nr. 4, mit seinen Anforderungen an eine Dachbegrünung, als auch § 2 Nr. 5 der Verordnung, zur Ausrichtung und Bautiefe von Gebäuden auf bestimmten Teilflächen, verfolgen allein städtebauliche Ziele. Dies ergibt sich bereits aus der Begründung zum Bebauungsplan unter Ziff. 4.3, wonach durch diese Festsetzungen eine städtebaulich und ökologisch möglichst verträgliche Einbindung des Gewerbegebiets in die angrenzenden Wohn- und Grünflächen erreicht werden soll. Für einen Verstoß der insoweit erteilten Befreiungen gegen das dem § 31 Abs. 2 BauGB innewohnende Rücksichtnahmegebot (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.7.1988, NVwZ-RR 1999, 8; OVG Hamburg, Beschl. v. 7.9. 2012, NordÖR 2013, 106, 109) ist nichts ersichtlich. Auch soweit die Antragsteller darauf hinweisen, dass die Dachflächenbegrünung der Zurückhaltung von Regenwasser dient, liegt in dem Verzicht hierauf nicht bereits eine unzumutbare Beeinträchtigung ihrer Hochwassersituation. Durch die Dachflächenbegrünung würde der Abfluss des Regenwassers zwar zeitlich verzögert werden, doch gelänge es letztlich dennoch zu einem erheblichen Teil über die Regenwasserrückhaltebecken und die Flutmulde in die A. K., so dass es zum Hochwasserstand beiträgt. Ein Entfallen jener Befreiung würde daher eine Hochwassergefahr für die Antragsteller nicht nennenswert mindern.

21

Ferner verstößt die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung voraussichtlich nicht gegen das auch in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot, soweit für das Vorhaben die Geländeoberfläche innerhalb der festgesetzten Baugrenzen auf 8,10 m über NN aufgeschüttet werden soll. Hiernach sind bauliche Anlagen u.a. unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Ein Nachbar kann daher eine mit dem genehmigten Bauvorhaben verbundene Beeinträchtigung der Nutzung seines Grundstückes abwehren, wenn diese aufgrund einer Abwägung, in der die Schutzwürdigkeit der Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen sind, unzumutbar ist (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 5.8.1983, BVerwGE 67, 334, 339; OVG Hamburg, Urt. v. 2.2. 2011, DVBl. 2011, 827, 832). Bei der Bestimmung der Nutzungsbeeinträchtigungen sind die Auswirkungen des Vorhabens zu berücksichtigen, die einen Bezug zur Bodenordnung im Sinne der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung des Gemeindegebiets haben (so BVerwG, Urt. v. 25.1.2007, BVerwGE 128, 118, 120 f.). Städtebauliche Bedeutung kann grundsätzlich jeder nur denkbare Gesichtspunkt erhalten, sobald er die Bodennutzung betrifft oder sich auf diese auswirkt (BVerwGE a.a.O., Rn. 14), so dass auch mittelbare Gefahren, die aus einer genehmigten Nutzung resultieren, in die Abwägung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO einzufließen haben (OVG Hamburg, Beschl. v. 20.12.2011, 2 Bs 205/11, juris, Rn. 15).

22

Ob damit auch die sich nicht aus seiner Nutzung, aber womöglich aus seiner Ausführung, ergebenden Auswirkungen eines Vorhabens auf den Hochwasserschutz, der nach § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB einen städtebaulichen Belang darstellt, im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu berücksichtigen sind, kann dahinstehen. Jedenfalls findet die Anwendung des § 15 BauNVO ihre Grenze dort, wo der Gesetzgeber eine spezielle Inhalts- und Schrankenbestimmung des Bodeneigentums getroffen und ein Verfahren zur Prüfung jenes Belangs festgelegt hat. Dies ist für den Hochwasserschutz in einem Überschwemmungsgebiet durch § 78 WHG geschehen. So wie § 78 WHG in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet mit Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 für die Ausweisung neuer Baugebiete (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.6.2014, BVerwGE 149, 373, 375, Rn. 11) den in § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB noch allgemein für die Bauleitplanung formulierten Belang des Hochwasserschutzes konkretisiert und überformt, werden durch Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 die Auswirkungen einer konkreten baulichen Anlage auf den Hochwasserschutz an speziellen Anforderungen gemessen. Dies gilt nach § 78 Abs. 6 WHG auch für nach § 76 Abs. 3 WHG zunächst vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete, wie das der K. (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 22.9.2014, 2 Bs 168/14). Mit den Anforderungen des § 78 Abs. 3 WHG, die zum Ziel haben, jede Verschlechterung der Hochwassersituation zu vermeiden, geht das Wasserhaushaltsgesetz deutlich über die allgemeine Zumutbarkeitsgrenze des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO hinaus. Für die Anwendung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots als Zulässigkeitsmaßstab baulicher Anlagen in einem – festgesetzten oder vorläufig gesicherten – Überschwemmungsgebiet bleibt daneben kein Raum.

23

b) Die Antragsteller werden sich nicht auf einen nachbarschützenden Charakter der maßgeblichen wasserrechtlichen Normen berufen können. Entgegen ihrer Auffassung findet auf das Vorhaben der Beigeladenen nicht § 78 Abs. 4 WHG sondern § 78 Abs. 3 WHG Anwendung (aa), der keinen Drittschutz vermittelt (bb).

24

aa) Das Vorhaben der Beigeladenen unterfällt dem Verbot des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG über die Errichtung baulicher Anlagen nach § 30 BauGB und war daher nur unter den Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG genehmigungsfähig. Hiervon dürfte die Aufschüttung des Baufelds B nicht abzutrennen sein, mit der Folge eines hierauf beschränkten Verbots nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WHG, von dem eine Ausnahme unter den erleichterten Voraussetzungen des § 78 Abs. 4 Satz 1 WHG erteilt werden könnte. Vielmehr sind die Aufschüttung des gesamten Baufelds und die Errichtung der Pavillonhäuser als ein einheitliches Vorhaben zu betrachten.

25

Für das Bauplanungsrecht ist anerkannt, dass es Sache des Bauherrn ist, durch seinen Genehmigungsantrag festzulegen, was als „das Vorhaben“ i.S.v. § 29 Abs. 1 BauGB an den Anforderungen der §§ 30 ff. BauGB gemessen wird. Er hat sich dabei nur innerhalb der – (bau-)technischen und rechtlichen – Grenzen zu halten, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind (siehe BVerwG, Beschl. v. 6.2.2013, 4 B 39/12, juris, Rn. 11 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschl. v. 16.11.2015, 2 Bs 166/15; ebenso Rieger in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 29 Rn. 5). Diese Bindung an den Bauantrag ist auf § 78 WHG zu übertragen, der mit der Übernahme der Regelungen des § 31b Abs. 3 und 4 des Wasserhaushaltsgesetzes in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vom 3. Mai 2005 (BGBl. I S. 1224; vgl. BT-Drs. 16/12275, S. 76) deren Ursprung aus dem Bodenrecht teilt. Er knüpft nicht nur an dieselbe Gesetzgebungskompetenz (vgl. BT-Drs. 15 / 3168, S. 14) wie das Bauplanungsrecht an, sondern bindet zugleich über § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 WHG die Anwendung seiner wesentlichen Anforderungen an das Vorliegen der Instrumente zur Bauleitplanung und die Anwendbarkeit der Regelungen zur baulichen Nutzung. Es obliegt daher dem Bauherrn durch seinen Genehmigungsantrag nicht nur festzulegen, was „das Vorhaben“ i.S.v. § 29 Abs. 1 BauGB ist, sondern damit zugleich zu bestimmen, welche Baumaßnahmen womöglich welchen Verboten des § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG und den damit korrespondierenden Ausnahmen des § 78 Abs. 2 bis 4 WHG unterliegen. Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, ob – abweichend vom Antrag – die Baufelder A und B getrennt werden könnten, weil sie abstrakt betrachtet selbständig nutzbar sind. Ungeachtet der etwaigen Teilbarkeit der Baugenehmigung, ist ihre Aufschüttung und Bebauung von der Beigeladenen als Bauherrin konkret als Einheit zur Genehmigung gestellt worden.

26

Vor diesem Hintergrund kann es dahinstehen, ob unter einem Erhöhen bzw. Vertiefen der Erdoberfläche nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WHG jede Form der Aufschüttung oder Abgrabung zu verstehen ist (vgl. Cychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 11. Aufl. 2014, § 78, Rn. 17; Zloch in: Berendes/Frenz/ Müggenborg, Wasserhaushaltsgesetz, 2011, § 78, Rn. 18). Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs unterfallen dem Begriff des Vorhabens nach § 29 Abs. 1 BauGB, was ohnehin dazu führen müsste, ihre wasserrechtliche Zulässigkeit an den strengeren Anforderungen des § 78 Abs. 3 WHG zu messen.

27

bb) Bislang ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung offen gelassen worden, ob dem § 78 WHG zum Hochwasserschutz in Überschwemmungsgebieten eine drittschützende Wirkung entnommen werden kann (vgl. VGH München, Beschl. v. 16.12.2015, 8 ZB 14.1471, juris, Rn. 7; Beschl. v. 4.2.2014, 8 CS 13.1848, juris, Rn. 12; VGH Mannheim, Beschl. v. 23.9.2014, NuR 2015, 488, 491, Rn. 42; Beschl. v. 18.11.2013, NVwZ-RR 2014, 265; OVG Münster, Beschl. v. 29.7.2014, 7 B 220/14, juris, Rn. 13; OVG Bautzen, Urt. v. 9.6.2011, 1 A 504/09, juris, Rn. 53 zu § 31b Abs. 4 Satz 4 WHG a.F.; OVG Koblenz, Urt. v. 2.3.2010, 1 A 10176/09, juris, Rn. 42; ablehnend zu § 31b Abs. 4 Satz 4 WHG a.F.: OVG Lüneburg Beschl. v. 20.7.2007, NVwZ 2007, 1210, 1211), wo hingegen dies teilweise in der Literatur befürwortet wird (Cychowski/Reinhardt, a.a.O., Rn. 46; Rein-hardt, DÖV 2011, 135, 140; Faßbender/Gläß, NVwZ 2011, 1094, 1097; noch zu § 31b Abs. 4 Satz 4 WHG a.F. der VGH München, Beschl. v. 16.9.2009, 15 CS 09.1924, juris, Rn. 12).

28

Der von der Antragsgegnerin der wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigung zugrunde gelegte § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG wird voraussichtlich den Antragstellern keinen Drittschutz vermitteln. Aus den dort genannten Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung folgt nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass auch die Wahrung bestimmter Belange Einzelner rechtlich abgesichert sein soll. Eine Norm des öffentlichen Rechts gewährt Drittschutz, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es kommt darauf an, dass sich aus ihren individualisierenden Tatbestandsmerkmalen ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (vgl. BVerwG Urt. v. 5.12.2013, BVerwGE 148, 290, 295 f., Rn. 21 m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass durch die Norm individuelle Interessen tatsächlich geschützt werden. Vielmehr muss hinzukommen, dass die Norm nach dem gesetzgeberischen Willen dazu bestimmt ist, auch dem Schutz individueller Interessen zu dienen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 25.9.2009, 2 Bs 173/09).

29

Ein hinreichend deutlich gegen andere abgrenzbarer Personenkreis, auf dessen Interessen bei der Erteilung der Ausnahmegenehmigung mehr Rücksicht zu nehmen ist, als auf andere dadurch berührte Interessen, lässt sich den Merkmalen des § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG nicht entnehmen. Die Begriffe „Hochwasserrückhaltung“, „Rückhalteraum“, „Wasserstand“, „Hochwasser“, „Hochwasserschutz und „hochwasserangepasst“ heben über die Allgemeinheit niemanden hervor, der durch die mit ihnen verbundenen Anforderungen einen besonderen Schutz erfahren soll. Der Hochwasserschutz im Allgemeinen und die besonderen Schutzvorschriften für Überschwemmungsgebiete nach § 78 WHG im Besonderen dienen dem Allgemeininteresse, in dem sie u.a. individuelle Rechtsgüter, wie Leben, Leib und Eigentum generell vor den Gefahren eines Hochwassers bewahren sollen. Der hierdurch einer unbekannten Vielzahl von Personen und ihrem Eigentum gleichermaßen tatsächlich zukommende Schutz im Falle eines Hochwassers reicht allerdings nicht aus, ihnen allen ein subjektives Recht auf Einhaltung der Hochwasserschutzvorschriften einzuräumen. So fehlt es an einem Kriterium, um zu entscheiden, ob z.B. nur diejenigen zu berücksichtigen wären, die in einem Überschwemmungsgebiet betroffen sind. Denn tatsächlich werden durch das Ziel des § 78 Abs. 3 WHG, jede Verschlechterung der Hochwassersituation und damit einen Anstieg des Hochwasserstandes im Falle eines HQ100 zu vermeiden, auch diejenigen geschützt, die am Rande dieses Gebietes und noch weiter außerhalb belegen sind, aber ohne diese Regelung einer Hochwassergefahr ausgesetzt sein könnten.

30

Anders als bei den wasserrechtlichen Erlaubnissen nach §§ 8 ff. WHG, gibt es für den Bereich des Hochwasserschutzes keine allgemeinen Grundsätze, die die Genehmigung nach § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG derart zu prägen vermögen, dass ihnen ein individualisierter Kreis von Drittbegünstigten entnommen werden kann. Während den allgemeinen Grundsätzen der Gewässerbewirtschaftung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG (§ 1a Abs. 1 Satz 2 WHG a.F.) entnommen werden kann, dass jene Erlaubnisse auch dem Nutzen Einzelner dienen sollen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.9.2004, NVwZ 2005, 84, 85), fehlt Vergleichbares im 6. Abschnitt über den Hochwasserschutz. Weder § 72 WHG, der eine Legaldefinition des Begriffs Hochwasser enthält, noch den §§ 73 bis 75 WHG und §§ 79 bis 81 WHG, über Maßnahmen zur Bewertung und Bewältigung von Hochwasserrisiken, lässt sich eine Aussage zur besonderen Berücksichtigung individualisierter Rechtsgüter in einem Überschwemmungsgebiet oder aber außerhalb desselben entnehmen.

31

Ebenso lässt sich weder aus § 78 Abs. 2 WHG noch aus § 78 Abs. 4 WHG auf einen individuellen Schutz Dritter im Falle einer Genehmigung nach § 78 Abs. 3 WHG rückschließen. Zwar sind bei der Zulassung einer neuen Baugebietsausweisung nach § 78 Abs. 2 Nr. 3 WHG die Gefährdung bestimmter Rechtsgüter und nach Nr. 7 nachteilige Auswirkungen auf Ober- und Unterlieger zu vermeiden. Auch die Zulassung anderer Maßnahmen, als derjenigen i.S.d. § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG, ist nach § 78 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WHG an das Ausbleiben einer Gefährdung der Rechtsgüter Leben, Leib und Eigentum gebunden. Die hiermit einhergehenden Individualisierungen lassen sich jedoch nicht auf die Entscheidung nach Abs. 3 erstrecken, da § 78 WHG bewusst zwischen den verschiedenen Zulassungen und Genehmigungen trennt, wie sich jeweils deren unterschiedlichen Voraussetzungen entnehmen lässt.

32

Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass es ein wasserrechtliches Rücksichtnahmegebot gibt (vgl. aber z.B.: OVG Koblenz, Urt. v. 2.3.2010, 1 A 10176/09, juris, Rn. 42; VGH Mannheim, Beschl. v. 23.9.2014, NuR 2015, 488, 491), da sich dessen Anwendungsbereich auf die §§ 8 ff. im Kapitel 2 des Wasserhaushaltsgesetzes beschränkt (s. oben unter 1.). Ebenso wie im Baurecht (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 19.9.1986, NVwZ 1987, 409, 410) gibt es kein – außergesetzliches – das gesamte Wasserhaushaltsgesetz umfassendes drittschützendes Rücksichtnahmegebot. Ein derartiges Gebot lässt sich auch nicht aus dem Verfassungsrecht ableiten. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zwingt nicht dazu, einen nachbarlichen Drittschutz vorzusehen. Vielmehr hat der Gesetzgeber den näheren Inhalt einer sozialgerechten Eigentumsordnung erst zu konkretisieren. Nachbarschutz besteht daher grundsätzlich nur, soweit ihn der Gesetzgeber auch normiert hat (so BVerwG, Urt. v. 23.8.1996, BVerwGE 101, 364, 373; Urt. v. 21.4.2009, BVerwGE 133, 347, 354, Rn. 15).

33

Im Anwendungsbereich des § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, die Zulassung von baulichen Anlagen i.S.d. § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG an die Beibehaltung des erreichten status quo im Hochwasserschutz zu binden. Weder die Rückhaltung von Hochwasser (Nr. 1), noch sein Stand oder Abfluss (Nr. 2) oder der Schutz vor ihm (Nr. 3) dürfen nachteilig verändert werden; das Bauwerk selbst hat sich dem Hochwasser anzupassen (Nr. 4). Dieses hohe Schutzniveau trägt hinreichend Sorge dafür, dass kein von einem Hochwasser beeinträchtigtes Interesse durch eine bauliche Anlage i.S.d. § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG zusätzlichen Schaden erleiden soll. Die Einhaltung dieses hohen Schutzniveaus wird von anderen Maßnahmen, die in die Topographie des Überschwemmungsgebiets eingreifen, dagegen nicht erwartet. Nach § 78 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WHG dürfen sie lediglich den Abfluss und die Rückhaltung des Hochwassers nicht wesentlich beeinträchtigen; weitere Aspekte des Hochwasserschutzes können lediglich als Allgemeinwohlbelang zur Geltung kommen, wenn sie denn so gewichtig sind, dass sie der Maßnahme entgegenstehen. Die hierin liegende Absenkung des Schutzniveaus findet ihre Grenze dort, wo eine Gefährdung von wichtigen Rechtsgütern zu befürchten ist (Nr. 2). Dass die Inhaber dieser Rechtsgüter unter Berufung auf § 78 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WHG die Zulassung einer derartigen Maßnahme möglicherweise zur gerichtlichen Überprüfung stellen können, würde zwar eine Ungleichbehandlung mit denjenigen darstellen, die sich durch eine Maßnahme nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG in ihren Rechten beeinträchtigt sehen. Diese ist aber dadurch sachlich gerechtfertigt, dass der Staat bei der zuletzt genannten Maßnahme die Einhaltung des höheren Schutzniveaus zu sichern hat.

34

3. Unter Berücksichtigung der geringen Erfolgsaussichten der Antragsteller in der Hauptsache überwiegt auch hinsichtlich des Baufelds B das Interesse der Beigeladenen am Vollzug der Baugenehmigung das Interesse der Antragsteller an dessen Aussetzung. Bei der Bewertung ihres Interesses ist zudem zu berücksichtigen, dass nicht nur die unmittelbare Eintrittswahrscheinlichkeit eines HQ100 während des weiteren Rechtsstreits gering ist, sondern ihr Grundstück auch am Rande des Überschwemmungsgebiets liegt. Selbst wenn ein derartiges Hochwasser höher eintreten sollte, als es seitens der Antragsgegnerin bisher prognostiziert wird, wäre das Grundstück davon nur in einer Weise betroffen, die eine Schadensabwendung durch geeignete Maßnahmen möglich erscheinen lässt. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Antragsteller objektivrechtlich mit beachtlichen Gründen geltend machen, dass bei der Berechnung des maßgeblichen Hochwasserstandes typische und im Hochwasserfall nicht ohne weiteres beherrschbare Verklausungen nicht berücksichtigt worden sind.

III.

35

Die gemäß §§ 146 Abs. 4, 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde der Antragssteller hat keinen Erfolg. Ob sie mit ihrer Beschwerdebegründung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ausreichende Gründe dafür vorgetragen haben, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur Ablehnung ihres Antrags im Hinblick auf das Baufeld A in Frage zu stellen, kann dahinstehen. Im Wesentlichen stimmen sie dem Verwaltungsgericht bei der Anwendung des Rücksichtnahmegebots zu und teilen sie dessen Bedenken gegen den Bericht des LSBG vom 21. Oktober 2014. Nach den vorstehenden Ausführungen, insbesondere zum fehlenden Drittschutz durch § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG, kommt es hierauf und die von den Antragstellern aufgeworfene Frage nach der Darlegungs- und Beweislast nicht mehr an. Ihre Klage gegen die Baugenehmigung vom 26. Januar 2015 dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit in vollem Umfang erfolglos bleiben. Deshalb wird es, entgegen ihrem Vorbringen im Beschwerdeverfahren, gleichfalls nicht darauf ankommen, ob die Baugenehmigung teilbar ist. Unter Berücksichtigung der geringen Erfolgsaussichten in der Hauptsache, setzt sich daher aus den o.g. Gründen auch im Hinblick auf das Baufeld A das Vollzugsinteresse der Beigeladenen gegen das von den Antragstellern mit der Beschwerdebegründung nochmals betonte Aussetzungsinteresse durch.

IV.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, da sie weder mit einer Antragstellung ein Kostenrisiko eingegangen ist noch durch ihre Schriftsätze das Verfahren gefördert hat. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 102/03 Verkündet am:
14. November 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Nds. NachbarrechtsG § 54 Abs. 2; BGB § 910 Abs. 2; BGB § 906 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Satz 2 analog; BGB § 1004 Abs. 1

a) Der Eigentümer von Bäumen, die den in § 50 Abs. 1 Nds. NRG vorgeschriebenen
Grenzabstand nicht einhalten, muß sie auf Verlangen des Nachbarn nach dem Ablauf der
Ausschlußfrist des § 54 Abs. 2 Nds. NRG weder auf die zulässige noch auf eine andere
Höhe zurückschneiden.

b) § 910 Abs. 2 BGB gilt auch für den Anspruch des Grundstückseigentümers gegen den
Nachbarn auf Beseitigung herüberragender Zweige nach § 1004 Abs. 1 BGB.

c) Das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen gehört zu
den "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB.

d) Der Eigentümer eines Baumes ist für die von diesem ausgehenden natürlichen
Immissionen (Laub, Nadeln, Blüten, Zapfen) auf benachbarte Grundstücke jedenfalls
dann verantwortlich und damit "Störer" im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB, wenn er sie
unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über den Grenzabstand
unterhält.

e) Dem Nachbarn, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den landesrechtlich
vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, deren Zurückschneiden wegen des
Ablaufs der dafür in dem Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlußfrist nicht mehr
verlangen kann, kann für den erhöhten Reinigungsaufwand infolge des Abfallens von
Nadeln und Zapfen dieser Bäume ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906
Abs. 2 Satz 2 BGB analog zustehen.
BGH, Urt. v. 14. November 2003 - V ZR 102/03 - LG Stade
AG Cuxhaven
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 18. März 2003 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines jährlichen Ausgleichsbetrags von 204,52 ! " ! $#% & ' )( *+ , -. von 1.227,10 worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten stehen nahe der Grundstücksgrenze zwei Kiefern, die bei Klageerhebung ca. 14 m hoch waren. Von einem der Bäume ragten Zweige in einer Höhe
von ca. 9 m ungefähr 2,3 m, von dem anderen Baum ragen Zweige in einer Höhe von ca. 5 m ungefähr 0,4 m auf das Grundstück des Klägers herüber; auch fallen Kiefernnadeln und -zapfen auf sein Grundstück.
Der Kläger behauptet, daß er wegen der abfallenden Nadeln und Zapfen das Dach, die Dachrinnen und Dacheinläufe seines Wohnhauses sowie seinen Garten mehrfach im Jahr säubern müsse; auch habe er wegen des starken Nadelfalls einen Gartenteich verschließen müssen.
Der Kläger hat die Verurteilung der Beklagten zum Zurückschneiden der Kiefern auf die Höhe, die sie fünf Jahre vor der Klageerhebung hatten, und zum künftigen jährlichen Zurückschneiden auf diese Höhe sowie zur Beseitigung der auf sein Grundstück herüberragenden Zweige beantragt; weiter hat er von den Beklagten die Zahlung eines jährlichen Ausgleichsbetrags von (, 0 1' & 2' 34 657 8 -9 ;: 3 )<9= >#@?9 ! A B 204,52 / / hat die Verpflichtung der Beklagten, die Kiefern durch jährliches Zurückschneiden auf einer Höhe von 14 m zu halten, festgestellt; weiter hat es die Beklagten zur Beseitigung der von einem der Bäume in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige verurteilt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Nach dem Erlaß dieses Urteils haben die Beklagten die Bäume auf eine Höhe von 10 m bzw. 11 m gekürzt und die in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige entfernt.
Die Berufung des Klägers, mit der er seine in erster Instanz abgewiesenen Klageanträge weiterverfolgt und hilfsweise die Verurteilung der Beklagten
beantragt hat, die Kiefern durch jährliches Zurückschneiden auf einer Höhe von 11 m bzw. 12 m zu halten, ist erfolglos geblieben. Die Anschlußberufung der Beklagten hat insoweit Erfolg gehabt, als das Landgericht ihre Verpflichtung zum jährlichen Zurückschneiden der Kiefern aufgehoben und lediglich ihre Verurteilung zur Beseitigung der in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige aufrecht erhalten hat.
Mit der in dem Berufungsurteil zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, will der Kläger die Feststellung erreichen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit die Verurteilung der Beklagten zum Zurückschneiden der Kiefern in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 15. März 2003 beantragt worden ist; im übrigen verfolgt er seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Anspruch des Klägers auf Zurückschneiden der Kiefern nach § 54 Abs. 2 des Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetzes (Nds.NRG) wegen Fristablaufs ausgeschlossen. Die Vorschrift bezwecke, daß der weitere Wuchs von Bäumen später als fünf Jahre nach Erreichen der gesetzlich zulässigen Höhe von dem Nachbarn nicht mehr verhindert werden könne. Auch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Zurückschneiden der Kiefern oder auf die künftige Einhaltung einer bestimmten Wuchshöhe. Ein Anspruch
auf Beseitigung der in ca. 5 m Höhe herüberragenden Zweige habe der Kläger ebenfalls nicht, weil der Überhang so geringfügig sei, daß hiervon keine bemerkenswerte Beeinträchtigung ausgehe.
Ein Ausgleichsbetrag wegen erhöhten Reinigungsaufwands stehe dem Kläger nicht zu. Es fehle an einer wesentlichen und unzumutbaren Beeinträchtigung seines Grundstücks im Sinne von § 906 BGB. Nach dem Ablauf der in § 54 Abs. 2 Nds.NRG genannten Frist stünden die Bäume rechtmäßig auf dem Grundstück der Beklagten; deshalb seien die Auswirkungen der Anpflanzungen nicht rechtswidrig. Die natürlichen Emissionen der Bäume seien von dem Nachbarn hinzunehmen. Im übrigen stelle die Einwirkung durch Nadelfall keine über das ortsübliche zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers dar. Der Nadel- und Zapfenfall sei angesichts der überragenden Nützlichkeit von Bäumen für die Gesellschaft entschädigungslos hinzunehmen.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand.

II.


1. Zutreffend verneint das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf das Kürzen der Kiefern.

a) Ein auf landesrechtliche Grundlage gestützter Anspruch ist nach § 54 Abs. 2 Nds.NRG, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlan-
desgerichts hinaus erstreckt und deshalb der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (§ 545 Abs. 1 ZPO), wegen Fristablaufs ausgeschlossen.
aa) Ursprünglich stand dem Kläger der Anspruch zu. Die beiden Kiefern auf dem Grundstück der Beklagten sind unstreitig über die nach § 50 Abs. 1 Nds.NRG in Abhängigkeit von ihrem Abstand zu der Grundstücksgrenze zulässige Höhe hinausgewachsen. Sie hätten daher auf Verlangen des Klägers auf die zulässige Höhe zurückgeschnitten werden müssen, wenn die Beklagten sie nicht beseitigen wollten (§ 53 Abs. 2 Nds.NRG). Der Anspruch ist jedoch ausgeschlossen , weil der Kläger nicht spätestens im fünften auf das Hinauswachsen folgenden Kalenderjahr Klage auf Zurückschneiden erhoben hat (§ 54 Abs. 2 Nds.NRG). Diese Ausschlußfrist (vgl. LG Lüneburg, Nds.Rpfl. 2000, 168, 169; Lehmann, Kommentar zum Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetz, 3. Aufl., § 54 Rdn. 9; Pardey, Nds.NRG, 2. Aufl., § 54 Anm. 1) war hier bei Klageerhebung abgelaufen.
bb) Für eine Auslegung der Vorschrift dahin, daß nach Fristablauf zwar kein Zurückschneiden auf die gesetzlich zulässige Höhe, wohl aber verlangt werden kann, daß der Eigentümer die Bäume künftig durch regelmäßiges Zurückschneiden auf der Höhe hält, die sie im Zeitpunkt der Klageerhebung hatten (vgl. AG Winsen/Luhe, Nds.Rpfl. 1999, 317; Hoof/Keil, Das Nachbarrecht in Niedersachsen, 7. Aufl., § 54 Anm. 3), oder daß die Bäume auf die Höhe zurückgeschnitten werden, die sie fünf Jahre vor Klageerhebung hatten (vgl. OLG Celle, AgrarR 1993, 154 f.; AG Göttingen, Nds.RPfl. 1999, 292; für das NachbG NRW: Rammert, Nachbarrecht Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., S. 31 Fn. 75), ist kein Raum. Der Gesetzeswortlaut ist klar und eindeutig; er läßt keine Interpretation zu. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten es, dem
Nachbarn nach Fristablauf jeden Anspruch auf Zurückschneiden der Bäume zu versagen. Denn mit der Ausschlußfrist soll innerhalb eines Zeitraums, der die Interessen des Nachbarn und des Eigentümers der Bäume gleichermaßen berücksichtigt , grundsätzlich eine abschließende Klärung der nachbarlichen Verhältnisse in Bezug auf das Höhenwachstum herbeigeführt werden (vgl. LG Lüneburg , aaO).
Die Frist gibt dem Nachbarn genügend Zeit zu überlegen, ob er seinen Anspruch (§ 53 Abs. 2 Nds.NRG) durchsetzen will. Es ist ihm ohne weiteres möglich, innerhalb von fünf Jahren nach dem Hinauswachsen von Bäumen über die gesetzlich zulässige Höhe hinaus den jährlichen Zuwachs und die daraus gegebenenfalls folgenden Beeinträchtigungen seines Grundstücks wie z.B. den Entzug von Licht, die Bildung von Windzirkulationen und das Abwerfen von Blättern, Nadeln oder Früchten zu beobachten. Auch läßt sich - notfalls mit Hilfe fachmännischer Beratung - ermitteln, wie lange das Wachstum der Bäume andauern wird, so daß auch der Umfang späterer Beeinträchtigungen eingeschätzt werden kann. Der Nachbar kann somit innerhalb der Frist entscheiden , ob er das Zurückschneiden der Bäume verlangen will.

b) Das alles besagt allerdings noch nicht, daß der Eigentümer Bäume auf seinem Grundstück, deren Zurückschneiden der Nachbar nach landesrechtlichen Vorschriften wegen Fristablaufs nicht mehr verlangen kann, bis zum natürlichen Ende ihres Wachstums in eine beliebige Höhe wachsen lassen darf. Vielmehr kommt unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses in Verbindung mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Verpflichtung des Eigentümers in Betracht, die Bäume auf Verlangen des Nachbarn auch nach dem Fristablauf zurückzuschneiden. Davon geht das Be-
rufungsgericht zutreffend aus. Es verneint jedoch zu Recht eine solche Verpflichtung der Beklagten.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Urteil vom 31. Januar 2003, V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 mit umfangreichen Nachweisen ) haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Ist das der Fall, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden (Senat, Urteil vom 11. Juli 2003, V ZR 199/02, NJW-RR 2003, 1313, 1314 m.w.N.).
bb) Die behaupteten Folgen des Höhenwachstums der Kiefern rechtfertigen keine Abweichung von der nachbarrechtlichen Sonderregelung des § 54 Abs. 2 Nds.NRG. Nur wenn der Nachbar wegen der Höhe der Bäume ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigungen ausgesetzt wäre, könnte er von dem Eigentümer unter dem Gesichtspunkt der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme ihren Rückschnitt auf eine beiden Interessen gerecht werdende Höhe verlangen, wenn dies dem Eigentümer zumutbar ist (vgl. KG, NJW-RR 2000, 160, 161; Pardey, aaO, § 54 Anm. 1.3). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Zwar sollen die Kiefern den Lichteinfall und die Windzirkulation auf dem Grundstück des Klägers beeinträchtigen ; der Nadel- und Zapfenfall soll zu zusätzlichen Reinigungsarbei-
ten an dem Wohnhaus und dem Garten des Klägers führen, auch habe ein Gartenteich verschlossen werden müssen. Dies reicht jedoch nicht aus, um eine Verpflichtung der Beklagten zum Zurückschneiden der Bäume unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses anzunehmen.

c) Nach alledem sind die auf das Zurückschneiden der Kiefern gerichteten Anträge des Klägers unbegründet, auch soweit die Beklagten die Bäume künftig auf einer bestimmten Höhe halten sollen. Daraus folgt zugleich, daß die von dem Kläger erstmalig im Revisionsverfahren erklärte Teil-Erledigung der Hauptsache, die der Senat zu berücksichtigen hat (BGHZ 106, 359, 368), ebenfalls unbegründet ist. Die beantragte Teil-Erledigung ist deshalb nicht auszusprechen.
2. Ebenfalls zu Recht verneint das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers nach § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung des noch von einer der beiden Kiefern in ca. 5 m Höhe auf sein Grundstück herüberragenden Zweiges. Der Kläger muß nach § 1004 Abs. 2 BGB das Herüberragen dulden, weil dadurch die Benutzung seines Grundstücks nicht beeinträchtigt wird.

a) Nach § 910 Abs. 2 BGB steht dem Grundstückseigentümer das Selbsthilferecht nach Abs. 1 nicht zu, wenn die herüberragenden Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Die Vorschrift gilt auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB (vgl. LG Saarbrücken, NJW-RR 1986, 1341; LG Bonn, NJW-RR 1987, 1421; AG Würzburg, NJW-RR 2001, 953; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 910 Rdn. 2). In welchen Fällen keine Beeinträchtigung vorliegt, entscheidet nicht das subjektive Empfinden des Grundstückseigentümers; maßgebend ist vielmehr die objektive Beeinträchti-
gung der Grundstücksbenutzung (MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 910 Rdn. 6; Staudinger/Roth, aaO, § 910 Rdn. 18). Ob, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, der Nachbar ganz unerhebliche Beeinträchtigungen hinnehmen muß (so OLG Köln, NJW-RR 1989, 1177; 1997, 656; LG Kleve, MDR 1982, 230, 231; LG Saarbrücken, NJW-RR 1986, 1341; MünchKomm-BGB/ Säcker, aaO; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 910 Rdn. 3; Staudinger /Roth, aaO, Rdn. 18; a.A. AG Königstein, NJW-RR 2000, 1256; AG Würzburg , aaO), kann offenbleiben. Denn der Zweig, der von einer der beiden Kiefern in ca. 5 m Höhe ungefähr 0,4 m weit auf das Grundstück des Klägers herüberragt , beeinträchtigt dessen Benutzung nicht.

b) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß von herüberragenden Zweigen keine Beeinträchtigung ausgeht, trägt der Nachbar (Palandt/ Bassenge, aaO; Staudinger/Roth, aaO, Rdn. 33). Das sind hier die Beklagten. Sie haben das Fehlen einer Beeinträchtigung ausreichend dargelegt. Nach ihrem beweisbewehrten Vortrag in der Berufungserwiderung, der auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug nimmt, ragen nicht nur der Zweig, dessen Beseitigung der Kläger verlangt, sondern auch Zweige anderer Bäume auf sein Grundstück herüber; außerdem stehen dort nahe der Grundstücksgrenze mehrere Bäume und Sträucher. Das wird durch die von den Parteien zu den Akten gereichten Lichtbilder bestätigt; danach wachsen auf beiden Seiten der gemeinsamen Grundstücksgrenze Laub- und Nadelgewächse. Darauf stützen die Beklagten ihre Behauptung, daß eine Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks gerade durch den Zweig, dessen Beseitigung der Kläger noch verlangt, ausgeschlossen ist. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe das Beweisangebot des Klägers zur Erheblichkeit der von den herüberragenden Zweigen ausgehenden Beein-
trächtigungen übergangen, ist unbegründet; es betrifft nicht die von den herüberragenden Zweigen, sondern die von den Kiefern insgesamt ausgehenden Beeinträchtigungen.
3. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß dem Kläger gegen die Beklagten für den behaupteten erhöhten Reinigungsaufwand ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen kann. Es verneint jedoch zu Unrecht das Bestehen eines solchen Anspruchs.

a) Gehen von der ortsüblichen Benutzung eines Grundstücks Einwirkungen im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB auf ein anderes Grundstück aus und beeinträchtigen sie dessen Benutzung wesentlich, muß der betroffene Grundstückseigentümer die Einwirkungen dulden, wenn die Beeinträchtigungen nicht durch Maßnahmen verhindert werden können, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB). In diesem Fall kann der Grundstückseigentümer von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkungen eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigen (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB). Danach kommt es zunächst darauf an, ob das Abfallen von Kiefernnadeln und -zapfen auf ein Nachbargrundstück zu den "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB gehört. Davon geht das Berufungsgericht im Anschluß an das Amtsgericht stillschweigend aus. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden; es wird auch von der Revision als dem Kläger günstig nicht angegriffen. Die von § 906 BGB erfaßten Einwirkungen stimmen darin überein, daß sie in ihrer Ausbreitung weithin unkontrollierbar und unbeherrschbar sind, in ihrer Intensität schwanken und damit andere Grundstücke überhaupt nicht, unwesentlich oder
wesentlich beeinträchtigen können (Senat, BGHZ 117, 110, 112). Das trifft auf das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen zu (vgl. BayObLG, AgrarR 1992, 312, 313; OLG Karlsruhe, NJW 1983, 2886; OLG Stuttgart, NJW 1986, 2768; NJW-RR 1988, 204; OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2618, 2619; NJW-RR 1991, 1364, 1365; MünchKomm/ Säcker, aaO, § 906 Rdn. 81; Palandt/Bassenge, aaO, § 906 Rdn. 13; Staudinger /Roth, aaO, § 906 Rdn. 169; Horst, DWW 1991, 322, 323; Müller, NJW 1988, 2587; zweifelnd OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 144, 145).

b) Ebenfalls stillschweigend gehen die Vorinstanzen davon aus, daß die Beklagten für das Abfallen der Kiefernnadeln und -zapfen verantwortlich sind. Auch das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision hingenommen. Zwar beruhen die Einwirkungen auf natürlichen Vorgängen. Aber auch durch Naturereignisse ausgelöste Störungen können dem Eigentümer zurechenbar sein. So hat der Senat in den Fällen des Eindringens von Baumwurzeln in die Abwasserleitungen des Nachbarn den Eigentümer für verantwortlich gehalten, weil er den Baum gepflanzt (BGHZ 97, 231; 106, 142; 135, 235; Urt. v. 8.2.1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826) bzw. unterhalten hat (Urt. v. 21.10.1994, V ZR 12/94, NJW 1995, 395, 396). In dem Froschlärm-Fall hat er darauf abgestellt, dass der Eigentümer mit der auf seinem Willen beruhenden Anlage und Unterhaltung des Gartenteichs die Bedingungen dafür geschaffen hat, daß sich dort Frösche ansiedeln konnten (BGHZ 120, 239, 254). In der Wolläuse – Entscheidung (Urt. v. 7. 7. 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634) hat er die Störereigenschaft des Eigentümers dagegen verneint, weil er die Störung weder durch eigene Handlungen ermöglicht noch durch ein pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt hat, sondern die Einwirkung durch ein zufälliges und zusätzliches Naturereignis ausgelöst wurde. Diese Differenzie-
rung ist in der Literatur auf Kritik gestoßen (Herrmann NJW 1997, 153, 154). Ob und inwieweit sie berechtigt ist, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Denn der Senat hat den der Wolläuse – Entscheidung zugrunde liegenden Gedanken, dass beim Einwirken von Naturkräften eine Störung nur bei einem pflichtwidrigen Unterlassen in Betracht kommt, in dem Mehltau-Fall (Urt. v. 16. 2. 2001, V ZR 422/99, WM 2001, 1299) weitergeführt. Er hat dort darauf abgestellt, ob sich aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine „Sicherungspflicht“, also eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen ergibt (vgl. auch Senat, BGHZ 90, 255 - Niederschlagswasser). Das trägt den Ansätzen der Kritik Rechnung (Herrmann aaO; vgl. auch Armbrüster NJW 2003, 3087, 3088 f.). Insoweit gilt für natürliche Immissionen nichts anderes als für Immissionen aufgrund eines technischen Defekts (Senatsurt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, NJW 2003, 2377 - Wasserrohrbruch). Ob eine solche Pflicht besteht, ist jeweils an Hand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Maßgebend sind hierbei vor allem die Konfliktlösungsregeln des öffentlichen und privaten Nachbarrechts sowie die Art der Nutzung der benachbarten Grundstücke und die vorbeugende Beherrschbarkeit der Störung. Dabei ist, wie der Senat in dem Mehltau-Fall ausgeführt hat, bei natürlichen Immissionen u.a. entscheidend, ob die Nutzung des störenden Grundstücks sich im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Von diesem Ansatz aus lässt sich auch die Frage beantworten, ob der Laubabwurf oder der Nadelflug eine abwehrbare Beeinträchtigung im Sinne des § 1004 BGB darstellen. Hierbei ist, wie § 907 Abs. 2 BGB zu entnehmen ist, ohne Bedeutung, ob der Baum, Strauch oder die Pflanze, von der die Immission ausgeht, auf natürlichem Wege angewachsen oder von dem Grundstückseigentümer angepflanzt worden ist (Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004, RdNr. 58). Entscheidend kann nur sein, ob der Bewuchs mit seiner na-
türlichen Emission ordnungsgemäßer Grundstücksbewirtschaftung und dem das Nachbarrecht bestimmenden Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme entspricht. Dies ist hier zu verneinen. Dabei kann offen bleiben, ob schon allein das Anpflanzen oder Unterhalten der Kiefern als Waldbäume in einem Wohngebiet bei der gebotenen Rücksichtnahme auf die Nachbarinteressen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht. Jedenfalls werden sie unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über den Grenzabstand unterhalten. Daß der Kläger wegen Fristablaufs nicht mehr ihre Beseitigung oder das Zurückschneiden auf die zulässige Höhe verlangen kann, hat nicht zur Folge, daß der Bewuchs nunmehr ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht. Dann aber sind die Beklagten für die von den Kiefern ausgehenden natürlichen Immission auch verantwortlich.

c) Mit Erfolg rügt die Revision allerdings, daß das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil die von dem Kläger behaupteten Beeinträchtigungen als nicht wesentlich ansieht. Dies ist zunächst eine Tatfrage. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt hat (Senat , BGHZ 120, 239, 254 f.). Das ist hier nicht der Fall.
(1) Die Verfahrensrüge des Klägers (§ 286 ZPO) greift durch. Das Berufungsurteil läßt nicht erkennen, von welchen Auswirkungen des Nadel- und Zapfenfalls das Berufungsgericht ausgeht; entsprechende Feststellungen fehlen. Die Parteien haben dazu gegensätzlich vorgetragen. Damit setzt sich das Berufungsgericht nicht auseinander. Auch ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen , ob das Berufungsgericht erkannt hat, daß den Beklagten die Darle-
gungs- und Beweislast für die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigungen obliegt (vgl. Senat, BGHZ 120, 239, 257). Falls es seine Auffassung, daß der Nadelund Zapfenfall die Benutzung des Grundstücks des Klägers nur unwesentlich beeinträchtigt, auf den in der Berufungserwiderung der Beklagten in Bezug genommenen erstinstanzlichen Vortrag, daß nicht nur die Nadeln und Zapfen ihrer Kiefern, sondern alle pflanzlichen Bestandteile sämtlicher auf dem Grundstück des Klägers und auf den Nachbargrundstücken stehender Bäume auf das Dach, die Dachrinnen und Dacheinläufe des Hauses des Klägers und in seinen Garten fallen, und die von den Beklagten vorgelegten Lichtbilder stützt, wäre wegen des dem entgegenstehenden Vortrags des Klägers eine Beweisaufnahme erforderlich gewesen. Falls das Berufungsgericht jedoch meint, daß sich schon aus dem Vortrag des Klägers die Unwesentlichkeit der behaupteten Einwirkungen ergibt, so daß es keiner Beweisaufnahme bedurfte, hätte es den Begriff der Wesentlichkeit verkannt. Bei der Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, muß auf das Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" und das, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist, abgestellt werden (Senat, BGHZ 148, 261, 264 m.w.N.). Damit können auch wertende Momente, wie z.B. die Beachtung des Naturschutzes und des Umweltbewußtseins der Bevölkerung, in die Beurteilung einbezogen werden (vgl. Senat, BGHZ 120, 239, 255). Dieser Gedanke liegt dem Berufungsurteil offensichtlich zugrunde. Er kann jedoch nicht dazu führen, die Wesentlichkeit auch dann zu verneinen, wenn die Einwirkungen von dem Nachbargrundstück objektiv feststellbare physische Auswirkungen auf das Eigentum des betroffenen Grundstückseigentümers haben (vgl. Senat, Urteil vom 20. November 1998, V ZR 411/97, WM 1999, 554, 555). In einem solchen Fall ist die Grenze von der Unwesentlichkeit zur Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen überschritten. So kann es hier sein.
Nach dem Vortrag des Klägers verstopfen die von den Kiefern der Beklagten abfallenden Nadeln die Dachrinnen und Dacheinläufe seines Wohnhauses. Führt das zu Schäden, liegt eine wesentliche Beeinträchtigung vor (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2688). Auch hat der Kläger vorgetragen, daß er wegen des Nadelfalls seinen Gartenteich verschließen mußte. Trifft das zu, wäre auch das eine wesentliche Beeinträchtigung. Insoweit bedarf die Sache also weiterer Aufklärung.
(2) Ebenfalls rechtlich nicht haltbar ist die von dem Berufungsgericht übernommene Auffassung des Amtsgerichts, daß die Auswirkungen einer nicht abwehrbaren Bepflanzung auf die Nachbarschaft nicht rechtswidrig sein können. Damit verkennen die Vorinstanzen in einem entscheidenden Punkt die Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Er kommt in Betracht, wenn der Grundstückseigentümer wesentliche Einwirkungen dulden muß, die von einer im übrigen rechtmäßigen Nutzung des Nachbargrundstücks ausgehen. Deshalb läßt sich die Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung ebenfalls nicht verneinen.

d) Wenn der Nadel- und Zapfenfall die Benutzung des Grundstücks des Klägers wesentlich beeinträchtigt, hängt die Begründetheit des Anspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB weiter davon ab, daß die Beeinträchtigung auf eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zurückzuführen ist und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann. Zweifel an der Ortsüblichkeit der Grundstücksbenutzung bestehen bereits deshalb , weil die Kiefern den nach § 50 Abs. 1 Nds.NRG gebotenen Grenzabstand nicht einhalten. Die Frage der Ortsüblichkeit und der Verhinderbarkeit braucht
hier jedoch nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn sie zu verneinen wäre und der Kläger die Einwirkungen deshalb grundsätzlich nicht dulden müßte, sondern sie nach § 1004 Abs. 1 BGB abwehren könnte, käme ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog in Betracht. aa) Ein solcher Anspruch ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung auf ein benachbartes Grundstück Einwirkungen ausgehen, die zwar rechtswidrig sind und deshalb nicht geduldet werden müßten, der betroffene Eigentümer jedoch aus besonderen Gründen gehindert ist, solche Störungen nach § 1004 Abs. 1 BGB zu unterbinden; der Anspruch setzt voraus, daß der Betroffene hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (siehe nur Senat, Urt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, WM 2003, 1969, 1970 m.w.N.). Dieser allgemein für das Nachbarrecht entwickelte Grundsatz ist nicht etwa nur auf andere als die von § 906 Abs. 1 BGB erfaßten Einwirkungen beschränkt , wie z.B. auf Grobimmissionen (BGHZ 58, 149, 158 f.; 111, 158, 162), Vertiefungsschäden (BGHZ 72, 289, 292; 85, 375, 384), Abschwemmung von Unkrautvernichtungsmitteln (Senat, BGHZ 90, 255 ff.), Wasserschaden infolge Rohrbruchs auf dem Nachbargrundstück (Senat, Urt. v. 19. Mai 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041; Urt. v. 30. Mai 2003, aaO) oder durch technischen Defekt an elektrischen Leitungen verursachter Brandschaden an dem benachbarten Haus (Senat, Urt. v. 11. Juni 1999, V ZR 377/98, WM 1999, 2168, 2169); er gilt ebenso für Einwirkungen im Sinne dieser Vorschrift, wenn der beeinträchtigte Eigentümer eine solche Einwirkung trotz ihrer Rechtswidrigkeit nicht verhindern kann, denn maßgeblicher Gesichtspunkt ist in diesen Fällen nicht die Art der Einwirkung, sondern der Umstand, daß eine unzumutbare Be-
einträchtigung des Eigentums eintritt (Senat, BGHZ 90, 255, 262 f.). Dieser Gedanke liegt auch dem § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zugrunde.
bb) Einen Abwehranspruch hätte hier der Kläger zwar unter der Voraussetzung , daß eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung seines Grundstücks auf die nicht ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zurückzuführen wäre und/oder von ihnen durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden könnte. Aber der Kläger wäre aus Rechtsgründen daran gehindert, die Einwirkungen zu unterbinden. Eine andere Möglichkeit zur Störungsbeseitigung als die, daß die den Beklagten gehörenden Kiefern entfernt oder so weit gekürzt werden, daß das Abfallen von Nadeln und Zapfen auf das Grundstück des Klägers nahezu ausgeschlossen ist, ist nämlich nicht ersichtlich. Darauf hat der Kläger jedoch wegen Ablaufs der Ausschlußfrist (§ 54 Abs. 2 Nds.NRG) keinen Anspruch mehr; er muß das Höhenwachstum der Bäume dulden (siehe vorstehend unter II. 1.).
cc) Ob der Kläger die Beeinträchtigungen entschädigungslos hinnehmen muß, bedarf ebenfalls der Klärung durch das Berufungsgericht. Es wird zu ermitteln haben, in welchem Verhältnis der von dem Kläger behauptete zusätzliche Reinigungsaufwand zu dem Aufwand steht, den er für die Reinigung seines Grundstücks von Laub, Nadeln u.ä. sowieso hat. Dabei ist zu berücksichtigen , daß sich beide Grundstücke in einem seit vielen Jahren gewachsenen Wohngebiet mit teilweise hohem Baumbestand befinden, weshalb das Grundstück des Klägers - wie auch die benachbarten Grundstücke - dem Abfallen von Laub, Nadeln, Zapfen und anderen pflanzlichen Bestandteilen der eigenen und fremden Bäume und Sträucher ausgesetzt ist. Deshalb muß der Kläger - ebenso wie seine Nachbarn - Reinigungsarbeiten auf seinem Grundstück
vornehmen, um das Laub u.ä. zu entfernen. Dabei müssen auch die Dachrinne und die Dacheinläufe gesäubert werden. Der zeitliche Aufwand dafür hängt von der Art und Größe der eigenen und umliegenden Anpflanzungen, der Jahreszeit sowie den Witterungsverhältnissen ab. Dazu muß der Kläger noch vortragen. Bei der dann erforderlichen Abwägung können allerdings Gesichtspunkte wie der, daß derjenige, der die mit dem "Wohnen im Grünen" verbundenen Annehmlichkeiten wie z.B. den auf Bäume und Sträucher zurückzuführenden Sicht-, Schall- und Windschutz sowie reine und sauerstoffreiche Luft in Anspruch nimmt, bis zu einem gewissen Grad auch die damit verbundenen Nachteile, jedenfalls soweit sie auf natürlichen Gegebenheiten beruhen, in Kauf nehmen müsse (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2618, 2620 m.w.N.; NJW-RR 1991, 1364, 1366 f.; OLG Düsseldorf, NJWE-MietR 1996, 2, 3), oder das gewachsene Umweltbewußtsein weiter Kreise der Bevölkerung, welches das Anpflanzen und Halten von Bäumen auch in Wohngebieten als erstrebenswert ansieht, keine Rolle spielen. Denn hier verstoßen die Beklagten dadurch , daß die Bäume nicht den gesetzlich vorgegebenen Grenzabstand einhalten , gegen das Gebot der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ihres Grundstücks. Dies kann durch die genannten Gesichtspunkte nicht kompensiert werden. Inwiefern sie zu berücksichtigen wären, wenn das störende Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaftet und rechtmäßig genutzt würde, bedarf hier keiner Entscheidung.
dd) Der Umfang des Ausgleichsanspruchs bestimmt sich nach den Grundsätzen, die für die Bemessung der Enteignungsentschädigung gelten; diese unterscheidet sich vom Schadenersatz darin, daß nicht der Zustand herzustellen ist, der bestünde, wenn die Störung nicht eingetreten wäre, vielmehr beschränkt sich der Ausgleich auf die Beseitigung der durch die Störung ein-
getretenen Vermögenseinbuße (Senat, BGHZ 147, 45, 53). Deshalb kann der Kläger höchstens den Betrag erhalten, den er für die zusätzliche Reinigung durch ein Unternehmen aufwenden müßte.
4. Nach alledem ist das Berufungsurteil unter Zurückweisung des erfolglosen Teils der Revision (vorstehend II. 1. und 2.) im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als die Zahlungsanträge des Klägers abgewiesen worden sind. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen. Es muß aufklären, ob die von dem Kläger behaupteten Einwirkungen die ortsübliche Benutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigen und ob ihm nicht zugemutet werden kann, daß er die daraus herrührenden Nachteile entschädigungslos hinzunehmen hat. Für das alles trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast.
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 05.02.2013 (Az. 9 O 320/09) wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert: bis 20.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um die von der Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach der Immobilie des Beklagten ausgehende Blendwirkung und die dadurch entstehende Beeinträchtigung der Kläger. Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien in I. Instanz wird auf das angefochtene landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil zwar die Blendwirkung der von der Solaranlage umgelenkten Sonnenstrahlen in die Wohnung einschließlich des Balkons der Kläger eine Eigentumsbeeinträchtigung i. S. d. § 1004 BGB begründen würden. Die Beeinträchtigung sei jedoch nicht rechtswidrig, da eine Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB i. V. m. § 906 Abs. 2 BGB bestehe. Zwar liege eine wesentliche Beeinträchtigung der Wohnung der Kläger vor. Von der Fotovoltaik-Anlage des Beklagten gehe im Frühjahr und Herbst für jeweils 4 - 6 Wochen eine maximale tägliche Blendung von ca. 1 Stunde aus. Die Blendung trete nur bei Sonnenschein auf. Bei der Sonnenwahrscheinlichkeit im Frühjahr ergebe sich eine Blendung von ca. 1/3 der aufgeführten Zeit und im Herbst eine Blendung von ca. der Hälfte der Zeit. Jedoch seien die Maßnahmen, die erforderlich seien, um die Blendung zu verhindern, für den Beklagten wirtschaftlich unzumutbar. Die Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach des Beklagten stelle eine ortsübliche Grundstücksbenutzung dar. Dabei sei die Privilegierung von Fotovoltaik-Anlagen aufgrund des öffentlichen Interesses an einer stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien zu berücksichtigen. Eine nachträgliche Bearbeitung der mit einem hohen Qualitätsstandard gefertigten Module sei nicht möglich. Die von den Klägern vorgeschlagene Aufständerung der Fotovoltaik-Anlage sei mit Kosten von mindestens 12.822,25 EUR verbunden. Auch müsste die andere Seite des Daches mitbenutzt werden und der Ertrag würde zurückgehen. Durch eine Aufständerung könnten andere Personen durch Blendwirkung betroffen sein. Der Austausch der Module durch „blendfreie“ Module wäre mit Kosten von ca. 16.243,50 EUR verbunden, ohne dass garantiert wäre, dass es zu einer Verbesserung kommen würde.
Die Kläger sind der Auffassung, eine Duldungspflicht gemäß § 902 Abs. 2 BGB bestehe nicht. Auch wenn die Fotovoltaik-Anlage wünschenswert sein möge, rechtfertige dies keine Beeinträchtigung der Kläger. Bei der Abwägung sei zu berücksichtigen, dass Frühjahrs- und Herbstzeiten wichtige Zeiten für den Menschen seien, da die ersten Sonnenstrahlen besonders genossen werden würden. Die Ortsüblichkeit müsse sich auf die Beeinträchtigung beziehen. Das Landgericht habe nicht festgestellt, dass mehrere Grundstücke mit nach Art und Umfang annähernd gleichen Beeinträchtigungen und Wirkungen von Fotovoltaik-Anlagen auf andere Grundstücke hätten. Die Ausführungen zum Klimaschutz würden fehlgehen. Der Beklagte hätte die Anlage auch auf der Westseite seines Daches anbringen können. Dann wären die Kläger nicht beeinträchtigt worden. Auch eine Aufständerung Richtung Süden wäre von vornherein möglich gewesen.
Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der Änderung der Fotovoltaik-Anlage sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte Regress bei seiner Firma nehmen könne. Auch sei der Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB von der Zumutbarkeit einer Änderung nicht abhängig. Dem Beklagten sei es zumutbar, im Fall der Abänderung eine weitere Dachfläche benutzen zu müssen. Er habe es dann auch hinzunehmen, wenn der Ertrag etwas zurückgehen würde. Die Ausführungen des Sachverständigen S seien spekulativ. Kosten von 12.000,00 EUR für eine Änderung seien angemessen, damit das Eigentum der Kläger nicht beeinträchtigt werde.
Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Wohnung der Kläger im Fall einer Veräußerung weniger wert sei. Im Übrigen würden die Kläger davon ausgehen, dass sie aufgrund ihres Lebensalters die Wohnung noch zumindest für 40 Jahre nutzen werden.
Die Kläger beantragen:
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart, Az. 9 O 320/09, vom 05.02.2013 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die auf dem Dach seines Gebäudes … montierte Anlage dahingehend abzuändern, dass eine von der Solaranlage ausgehende, durch Sonnenstrahlen umgeleitete Blendwirkung der Wohnung der Kläger nicht mehr gegeben ist.
Der Beklagte beantragt
10 
Zurückweisung der Berufung.
11 
Es liege bereits keine Eigentumsbeeinträchtigung vor, weil die Blendwirkung marginal und damit unbeachtlich sei. Jedenfalls ergebe sich eine Duldungspflicht nach § 906 Abs. 1 BGB, da nur eine unwesentliche Beeinträchtigung vorliege. Grenzwerte würden insoweit nicht bestehen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Sachverständige den Laubbaum, der im Herbst noch Blätter trage und damit die Blendung reduziere, gar nicht berücksichtigt habe.
II.
12 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
13 
Die Kläger haben gegen den Kläger keinen Anspruch auf Beseitigung der streitgegenständlichen Fotovoltaik-Anlage gemäß § 1004 BGB, weil sie die Lichteinwirkungen der Anlage auf ihre Wohnung jedenfalls gemäß § 906 Abs. 2 BGB dulden müssen.
1.
14 
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die durch die Fotovoltaik-Anlage umgelenkten Sonnenstrahlen und die dadurch entstehende Blendwirkung in der Wohnung einschließlich des Balkons eine Eigentumsbeeinträchtigung i. S. d. § 1004 Abs. 1 BGB darstellt. Auf die Ausführungen unter 1. der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Die Ausführungen des Beklagten in der Berufungserwiderung führen zu keinem anderen Ergebnis.
2.
15 
Es kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob hier die Beeinträchtigungen der Kläger durch die Blendwirkung der Fotovoltaik-Anlage so gering sind, dass von einer unwesentlichen Beeinträchtigung gemäß § 906 Abs. 1 BGB und damit einer entsprechenden Duldungspflicht der Kläger auszugehen wäre. Hierfür könnte sprechen, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen P sowie den in der Akte und im Gutachten befindlichen Bildern von einer zeitlich und räumlich sehr begrenzten Einwirkung auf die Wohnung der Kläger auszugehen ist.
a)
16 
Die Beeinträchtigung ist zeitlich verhältnismäßig geringfügig. So hat der Sachverständige P überzeugend dargelegt, dass im Frühjahr und Herbst für jeweils ca. 4 - 6 Wochen im Wesentlichen zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr eine maximale tägliche Blendung von ca. 1 Stunde bestehe. Zwischen Anfang März sei eine Blendung gegen 14.30 Uhr von 15 - 30 Minuten möglich, die sich bis Mitte/Ende März auf ca. eine Stunde verlängere. Ende März/Anfang April reduziere sich die Blendung auf maximal 45 Minuten, wobei dann aufgrund der Sommerzeit auf den Zeitraum zwischen 15.45 Uhr und 16.00 Uhr abzustellen sei. Anfang September könne die Reflektion analog der Feststellungen zu Ende März/Anfang April für ca. maximal 45 Minuten gegen 16.00 Uhr (Sommerzeit) auftreten. Die Dauer der Blendwirkung erreiche dann Ende September/Anfang Oktober ihr Maximum mit ca. einer Stunde und schwäche sich dann wieder ab. Mitte/Ende Oktober sei dann gegen 15.00 Uhr eine Blendung für ca. 15 - 20 Minuten möglich.
17 
Hinsichtlich dieser theoretischen Beeinträchtigung ist ferner zu berücksichtigen, dass die Sonnenwahrscheinlichkeit im Frühjahr statistisch gesehen eine Blendung von ca. 1/3 der aufgeführten Zeiten und im Herbst eine Blendung von ca. der Hälfte der Zeiten beträgt. Nur bei Sonnenschein kommt die Blendung der Kläger auf ihrer Terrasse und in ihrem Wohnzimmer sowie Schlafzimmer zum Tragen.
b)
18 
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Einstrahlung ins Schlafzimmer zu dieser Tageszeit kaum eine Rolle spielen dürfte. Die Terrasse kann auch während der Zeit einer Reflektion genutzt werden, indem kurzfristig ein Sitzplatz ganz oder überwiegend mit dem Rücken zur Fotovoltaik-Anlage gewählt wird, was ausweislich der Bilder 13 und 14 zum Gutachten ohne weiteres möglich ist. Allerdings ist den Klägern zuzugestehen, dass es kurzzeitig zu einer deutlichen Blendung auf dem Weg von der Flurtür durch das Wohnzimmer zur Terrassentür kommen kann.
19 
Im Herbst wird zwar der Laubbaum zwischen dem Grundstück des Beklagten und der Wohnung der Kläger einen erheblichen Teil der Reflektion zu Gunsten der Kläger abfangen. Jedoch weisen die Kläger zutreffend darauf hin, dass der Laubbaum auf dem Nachbargrundstück steht und sie daher keinen Einfluss auf seinen Verbleib nehmen können. Es ist aber nicht vorgetragen, dass eine Entfernung dieses Laubbaumes kurzfristig zu befürchten ist, so dass er derzeit die Beeinträchtigung der Kläger mindert.
3.
20 
Das Landgericht ist jedenfalls zutreffend im Wege der Abwägung gemäß § 906 Abs. 2 BGB zu dem Ergebnis gekommen, dass im vorliegenden Fall eine Verhinderung der unter 2. dargestellten räumlich und zeitlich verhältnismäßig geringen Einstrahlung von Sonnenlicht infolge der Fotovoltaik-Anlage im Frühjahr und Herbst für den Beklagten eine unzumutbare Belastung darstellt, falls eine entsprechende Änderung der Anlage überhaupt Erfolg versprechend ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts unter 2. b) der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Die Ausführungen der Kläger in der Berufungsbegründung führen zu keinem anderen Ergebnis.
a)
21 
Den Klägern ist zuzugestehen, dass sie selbst nicht veranlasst haben, dass die Fotovoltaik-Anlage im Frühjahr und im Herbst Sonnenlicht in ihre Wohnung umlenkt. Sie haben davon außer der Beeinträchtigung nichts. Sie haben der Errichtung der Anlage vor der Errichtung nicht zugestimmt und sind hierzu nicht befragt worden.
b)
22 
Soweit die Kläger behaupten, ihre Wohnung sei unverkäuflich oder jedenfalls 40.000,00 EUR weniger wert, fehlt ein entsprechender konkreter Vortrag, warum dies so sein sollte. Nachdem es immer mehr Fotovoltaik-Anlagen auf den Dächern gibt und von modernen moosabweisenden Ziegeln ebenfalls eine Blendwirkung ausgehen kann, dürfte dieses Problem so viele Wohnungen betreffen, dass eine nur dadurch begründete Werteinbuße als gering zu veranschlagen ist, sofern sie überhaupt vorhanden sein sollte.
23 
Zu Gunsten der Kläger ist kein eventueller Regressanspruch des Beklagten gegen den Hersteller/Monteur der Fotovoltaik-Anlage zu berücksichtigen. Denn es ist schon unklar, woraus sich dieser Anspruch ergeben sollte, nachdem die Fotovoltaik-Anlage an sich auch nach dem klägerischen Vortrag mangelfrei ist. In Betracht käme daher nur ein eventuelles Aufklärungsverschulden des Herstellers/Monteurs gegenüber dem Beklagten im Hinblick auf eine Blendwirkung gegenüber Nachbarn. Dafür fehlen aber ausreichende Anhaltspunkte im klägerischen Vortrag. Ferner fehlen Ausführungen zu einem Verschulden des Herstellers/Monteurs.
c)
24 
Das Landgericht musste keine weiteren Erhebungen zur Ortsüblichkeit der Fotovoltaik-Anlage im Umfeld der beiden Anwesen anstellen, weil zumindest heute von der entsprechenden Ortsüblichkeit allgemein auszugehen ist. Fotovoltaik-Anlagen sind durch die Förderung über das Erneuerbare-Energie-Gesetz (i. f. „EEG“) auch in geschlossenen Ortschaften so weit verbreitet, dass überall mit solchen Anlagen und davon ausgehenden zeitweiligen Umlenkungen von Sonnenlicht zu rechnen ist.
d)
25 
Jedoch überwiegen hier vor dem Hintergrund, dass der Umstieg auf regenerative Stromgewinnung ein gesamtstaatliches Ziel ist, die Interessen des Beklagten, die bestehende Fotovoltaik-Anlage weiter zu betreiben. Alle von den Klägern vorgeschlagenen Änderungen wären entweder nicht hinreichend sicher in ihrer Wirkung, mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden und/oder unter Umständen drittbeeinträchtigend.
aa)
26 
Eine Teilaufständerung der Module auf der Süd-Ost-Dachseite des Hauses des Beklagten hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen S wesentliche Nachteile für den Beklagten zur Folge. Dadurch käme es zu zusätzlichen Wind- und Schneelasten durch Angriffspunkte und Verwehungen, denen konstruktiv und statisch Rechnung getragen werden müsste. Weiterhin würde die andere Dachfläche in Nord-West-Ausrichtung mit in Anspruch genommen und es würde in die Ästhetik des Hauses des Beklagten eingegriffen. Der Systemnutzungsgrad würde sich verschlechtern und es käme zu einem geringeren spezifischen Ertrag und einer geringeren Einspeisevergütung.
27 
Die Nachteile einer Aufständerung, so wie vom Sachverständigen S beschrieben, sind hier so groß, dass der Beklagte nicht verpflichtet war, diese Ausführung von Anfang an zu wählen. Bei Annahme einer solchen Verpflichtung hätte der Beklagte von der Montage der Fotovoltaik-Anlage von vornherein Abstand nehmen müssen, wozu er aber im Rahmen der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme und im Hinblick auf die ausdrückliche Förderung von entsprechenden Anlagen durch das EEG nicht verpflichtet war.
bb)
28 
Der Einbau von neuen Anti-Reflektions-Modulen vom Typ „Suneka“ würde zwar die statischen und windtechnischen Probleme vermeiden. Entsprechendes würde für zusätzliche Dachflächenbelegungen und die Ästhetik des Hauseindrucks gelten. Weiterhin wäre ein relativ guter Systemnutzungsgrad vorhanden. Allerdings wäre dies mit ganz erheblichen zusätzlichen Kosten von ca. 16.000,00 EUR durch den Austausch der Module verbunden. Ferner sind die Bedenken des Sachverständigen bezüglich des Erhalts der 2008 noch höheren Einspeisevergütung nach EEG stichhaltig, gemäß denen der Austausch der Module, der nicht aufgrund eines Defekts, Beschädigung oder Diebstahl erfolge, wohl als Neuerrichtung der Anlage anzusehen sei. Dann würde nur die aktuelle Einspeisevergütung im Zeitpunkt der (Neu-) Errichtung bezahlt werden. Diese würde im Jahr 2013 erheblich unterhalb der im Jahr 2008 garantierten Einspeisevergütung liegen. Ferner ist nach Auffassung des Sachverständigen S unklar, ob sich dadurch eine Verbesserung der Situation bei den Klägern überhaupt erreichen lässt.
cc)
29 
Eine nachträgliche Verbesserung der Anti-Reflektionseigenschaft der vorhandenen Module ist nach Auffassung beider Sachverständigen technisch praktisch nicht möglich und würde zu einer erheblichen Einschränkung des Wirkungsgrads bei entsprechenden Kosten für die Durchführung der Maßnahme führen.
III.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Der Bebauungsplan „Ehemalige Tennisanlage - Rheinauer See“, Nr. 87.15.1 der Stadt Mannheim vom 24.07.2007 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan „Ehemalige Tennisanlage-Rheinauer See" der Antragsgegnerin vom 15.06.2007.
Sie sind Eigentümer von Grundstücken, die nördlich des Geltungsbereichs des Bebauungsplans liegen und mit Reihenhäusern bebaut sind. Zwischen dem Plangebiet und den Grundstücken der Antragsteller verläuft die Straße Am Rheinauer See.
Der Bebauungsplan ersetzt in seinem Geltungsbereich den Bebauungsplan „Erholungsanlage Rheinauer See“, Nr. 87/15 der Antragsgegnerin vom 25.03.1980. Das Plangebiet hat eine Fläche von ca. 2,5 ha und befindet sich im Südwesten des Stadtteils Rheinau unmittelbar am Westufer des Rheinauer Sees. Es war mit einer Tennisanlage bebaut, die eine Halle, Außenspielflächen sowie ein Vereinshaus und Parkflächen umfasste. Die gesamte Tennisanlage ist bereits im April 2007 abgetragen worden. Das Plangebiet wird im Westen begrenzt durch die Rohrhofer Straße, im Norden durch die Straße Am Rheinauer See und im Osten durch den Uferbereich des Rheinauer Sees. Im Süden reicht der Geltungsbereich des Bebauungsplans bis auf Höhe des Südrandes des vorhandenen Verkehrskreisels auf Brühler Gemarkung.
Das Baugebiet ist gegliedert in die Bereiche WR 1 bis WR 4. Im Wesentlichen werden jeweils ein reines Wohngebiet und Verkehrsflächen festgesetzt. Das Maß der baulichen Nutzung wird in den Baugebieten WR 1 bis WR 3 durch Grundflächenzahlen und im WR 4 durch die Angabe der Grundfläche bestimmt. Darüber hinaus ist die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe der baulichen Anlagen vorgegeben. Der Bebauungsplan sieht des Weiteren die offene Bauweise vor und setzt die überbaubare Grundstücksfläche durch Baugrenzen und Baulinien fest. Im inneren Teil des Plangebiets (WR 1b) weist der Bebauungsplan zwei große, durch Baugrenzen definierte Bauflächen von ca. 3300 m² und 1700 m² aus. Auf diesen Flächen sollen nach den städtebaulichen Entwürfen des Investors Reihenhauszeilen entstehen. Der Bebauungsplan setzt darüber hinaus Flächen für Nebenanlagen, Stellplätze, Garagen und Tiefgaragen fest. Gleichzeitig mit dem Bebauungsplan beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin detaillierte örtliche Bauvorschriften für das Plangebiet. Der Bebauungsplan enthält ferner mehrere Hinweise. Der Hinweis Nr. 8 lautet wie folgt:
„Zum Schutz gegen Außenlärm sind für Außenbauteile von Aufenthaltsräumen unter Berücksichtigung der verschiedenen Raumarten oder Raumnutzungen folgende Anforderungen gemäß DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ einzuhalten. Der Umfang der durchzuführenden Lärmschutzmaßnahmen ergibt sich aus den in der Planzeichnung eingetragenen Lärmpegelbereichen gemäß DIN 4109.
Nach außen abschließende Bauteile von Aufenthaltsräumen (auch im Dachraum) sind so auszuführen, dass sie mindestens folgende Schalldämmmaße aufweisen:
Es wird empfohlen, kontrollierte mechanische Belüftungseinrichtungen vorzusehen, die für eine ausreichende Belüftung (ein- bis zweifacher Luftwechsel/Std.) der Räume, auch bei geschlossenen Fenstern und Türen, sorgen. Dabei ist zu gewährleisten, dass die durch die Schallschutzmaßnahmen erzielte Lärmdämmung nicht beeinträchtigt wird. Der Nachweis über die ordnungsgemäße Ausführung hat nach DIN 4109 zu erfolgen, bevor die Räume in Gebrauch genommen werden.
…“
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Dem Bebauungsplan lag im Wesentlichen folgendes Verfahren zugrunde: Am 12.07.2005 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans „Ehemalige Tennisanlage - Rheinauer See“. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 02.02.2006 öffentlich bekannt gemacht. Es folgte die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und die Unterrichtung der Träger öffentlicher Belange. Aufgrund des Auslegungsbeschlusses des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 27.02.2007 und dessen öffentlicher Bekanntmachung am 01.03.2007 wurde der Bebauungsplanentwurf vom 08.03.2007 bis 10.04.2007 öffentlich ausgelegt und wurden die Träger öffentlicher Belange beteiligt. In seiner Sitzung vom 24.07.2007 stimmte der Gemeinderat der Antragsgegnerin dem Beschlussvorschlag zu den abgegebenen Stellungnahmen zu und genehmigte den Entwurf des städtebaulichen Vertrags mit einem Investor über die Herstellung der Erschließungsanlagen im Geltungsbereich des Bebauungsplans in der Fassung vom 15.06.2007, der der Beschlussvorlage als Anlage Nr. 2 beigefügt war. Gegenstand des Vertrages ist nach dessen § 1 die Planung und der Bau einer Wohnbebauung im Plangebiet sowie die Planung und Herstellung der erforderlichen Erschließungsanlagen. Unter § 8 „Besondere Bestimmungen“ verpflichtet sich der Investor darüber hinaus zur Duldung des Betriebs und der Immissionen der Wasserski- und Freizeitanlage Rheinauer See im derzeit genehmigten Umfang. Er verzichtet auf alle Abwehransprüche und verpflichtet sich, diese Duldungsverpflichtung an eventuelle Rechtsnachfolger und die zukünftigen Käufer der Baugrundstücke bzw. Wohnungseigentumsanteile weiterzugeben und mit einer Grunddienstbarkeit zu sichern. In seiner Sitzung vom 24.07.2007 billigte der Gemeinderat des weiteren den in der Beschlussanlage Nr. 3 festgelegten Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung und beschloss den Bebauungsplan sowie die örtlichen Bauvorschriften als Satzung. Nach dessen Ausfertigung durch den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin am 29.07.2007 wurde der Bebauungsplan am 02.08.2007 ortsüblich bekannt gemacht.
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Bereits während des Planaufstellungsverfahrens trugen die Antragsteller zu 1, 2, 5 bis 8 Bedenken gegen die Planung vor. Die Antragsteller bemängelten insbesondere, dass eine Bedarfsprüfung für die vorgesehene Wohnbebauung nicht erfolgt sei. Das aus Anlass des vorliegenden Bebauungsplanverfahrens eingeholte klimaökologische Gutachten widerspreche den Erkenntnissen aus einem Gutachten aus dem Jahre 1993. Aus klimaökologischen Gründen sei ein 70 m breiter Uferstreifen am See dauerhaft als Freifläche auszuweisen. Die vollständige Überbauung der noch teilweise zugänglichen Flächen stelle eine starke Einschränkung der Freizeitnutzung dar, die seinerzeit bei der Entwicklung von Rheinau-Süd von großer Bedeutung gewesen sei.
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Am 29.07.2008 haben die Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Die Planung verletze sie in abwägungserheblichen Belangen. Ihr Interesse am Erhalt und der Sicherung der klimaökologischen Funktion des Plangebiets auch für das Umfeld sei nicht zutreffend abgewogen worden. Die Aussagen im klimaökologischen Gutachten vom 07.09.2006 stünden in Widerspruch zur Stellungnahme desselben Gutachters vom 30.11.1993 zur Bebauung des „Mohr- und Federhaff-Geländes“ (Bebauungsplan Nr. 87.18). Darin werde eine dauerhafte Stabilisierung der klimaökologischen Situation am Rheinauer See für dringend geboten gehalten, was nur durch die konsequente Freihaltung der seenahen Flächen geschehen könne. Es liege ein Ermittlungsdefizit vor, denn zum einen basiere das klimaökologische Gutachten auf veralteten Winddaten aus dem Jahr 1984. Zum anderen sei in dem Gutachten keine Windanströmung aus Südwesten simuliert worden, obwohl diese Windrichtung nach dem Gutachten vorherrschend sei. Die riegelartige Bebauung im südlichen Planbereich blockiere die Ventilation ins Plangebiet nahezu vollständig und führe zu einer bioklimatischen Belastung ihrer nördlich des Plangebiets liegenden Grundstücke. Außerdem bewirke die Bebauung eine erhöhte Immissionsbelastung, da Schadstoffe nicht mehr abtransportiert werden könnten.
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Darüber hinaus führe die Ausweisung des neuen Plangebiets zu einer erheblichen Zunahme des Kraftfahrzeugverkehrs auf der Straße Am Rheinauer See, an die ihre Grundstücke angrenzten. Dadurch erhöhe sich die Belastung durch Lärm und Luftschadstoffe. Die dem schalltechnischen Gutachten zugrundegelegten Verkehrsströme entsprächen nicht der Realität. Dies belege die Verkehrszählung der Antragsgegnerin vom 23.10.2007. Die Verkehrszählung gebe allerdings die tatsächliche Verkehrsbelastung ebenfalls nicht zutreffend wieder, da sie außerhalb der Wasserski- und Badesaison stattgefunden habe. Auch werde sich wegen der erforderlichen Versorgung der Neubürger der LKW-Verkehr erhöhen.
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Der Bebauungsplan sei fehlerhaft. Die Festsetzungen in den Baugebieten WR 2a und WR 2b überschritten die Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1 BauNVO, ohne dass dies städtebaulich gerechtfertigt sei. Der Bebauungsplan verstoße gegen § 1 Abs. 3 BauGB, weil er eine reine Gefälligkeitsplanung zugunsten des Investors darstelle.
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Die Plangebietsgrenze sei abwägungsfehlerhaft festgelegt worden. Es liege ein Verstoß gegen das Konfliktbewältigungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB vor. Angesichts der bestehenden Wasserskianlage und der auf dem an das Plangebiet angrenzenden Grundstück möglichen Tennisanlage werde eine Konfliktlage geschaffen. Denn der Immissionsrichtwert der Freizeitlärmrichtlinie bzw. die Emissionsrichtwerte der Sportanlagenlärmschutzverordnung würden deutlich überschritten. Angesichts der Erkenntnisse der schalltechnischen Untersuchung hätte die Antragsgegnerin das Plangebiet Richtung Süden erweitern und die dort gelegenen Flächen des Bebauungsplans „Erholungsanlage Rheinauer See“ mit einbeziehen müssen. Die von der Grundstückseigentümerin der südlich an das Plangebiet angrenzenden Fläche übernommene Baulast, mit dem diese auf die Errichtung von Tennisplätzen verzichtet habe, beseitige den Konflikt nicht, denn es sei nunmehr ungewiss, welcher baulichen Nutzung die südlich angrenzende Fläche zugeführt werden könne.
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Die Festsetzung eines reinen Wohngebiets sei fehlerhaft, da auf das Plangebiet erheblicher Verkehrslärm einwirke. Die schalltechnische Untersuchung habe ergeben, dass die Orientierungswerte des Beiblatts 1 zur DIN 18005 für reine Wohngebiete deutlich überschritten würden. Am Geschosswohnungsbau entlang der Rohrhofer Straße seien zudem die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV deutlich überschritten. Die schalltechnische Untersuchung komme zu dem Ergebnis, dass die mit der Gebietsfestsetzung „Reines Wohngebiet“ verbundene Erwartung auf angemessenen Schutz vor Verkehrslärmbelastungen nicht erfüllt werden könne. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin die vom Schallgutachter empfohlenen passiven Lärmschutzmaßnahmen nicht festgesetzt. Aktiven Schallschutz habe sie überhaupt nicht in Erwägung gezogen, obwohl sich im weiteren Verlauf der Rohrhofer Straße bereits ein Lärmschutzwall befinde, der lediglich in südlicher Richtung hätte verlängert werden müssen. Die Antragsgegnerin bewältige dadurch die durch die Planung hervorgerufenen Konflikte im Bereich des Immissionsschutzes nicht. Sie versuche vielmehr diese auf die privatrechtliche Ebene zu verlagern. Entgegen den Ausführungen in der Planbegründung enthalte der städtebauliche Vertrag nicht die Verpflichtung des Investors, die von der Antragsgegnerin in den Hinweisen gewünschten passiven Schallschutzmaßnahmen tatsächlich umzusetzen.
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Für die riegelartige Bebauung entlang der Rohrhofer Straße, die besonders hohen Lärmimmissionen ausgesetzt sein werde, lägen keine gewichtigen städtebaulichen Gründe vor. Das Planungsziel einer Vermeidung der Landschaftszersiedelung könne auch durch einen Lärmschutzwall sowie Reihenhaus- bzw. Kettenhausbebauung erreicht werden. Dringender Wohnbedarf, der die Planung rechtfertigen könne, bestehe weder in Mannheim noch im Stadtteil Rheinau; der Wohnungsmarkt sei vielmehr gesättigt.
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Die Festsetzung, dass Dachflächen zu begrünen seien, sei abwägungsfehlerhaft, da nicht berücksichtigt worden sei, dass solche begrünten Dächer einer ständigen fachgerechten Pflege bedürften und daher kostenträchtige Folgemaßnahmen durch die Eigentümer erforderlich machten. Die Antragsgegnerin habe abwägungsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass der hohe Freizeitwert des gesamten Gebiets um den Rheinauer See verloren gehe. Der Plan verletze ferner das kommunale Abstimmungsgebot. Auch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege seien nicht ordnungsgemäß abgewogen worden. Die Pufferwirkung des Plangebiets für die benachbarten FFH-Gebiete bzw. FFH-Flächen sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Antragsgegnerin hätte des weiteren in Rechnung stellen müssen, dass bereits durch den Eingriff in das ökologische System im Zuge der Bebauung westlich der Rohrhofer Straße das letzte kartierte Vorkommen des Zwerggrases Mibora minima in Baden-Württemberg unwiederbringlich vernichtet worden sei. Nach dem Landschaftsplan liege das Plangebiet zudem in einer „innerörtlich bedeutsamen Freiraumzäsur“. Daher hätte eine wesentlich lockerere und stärker durchgrünte Bebauung mit lediglich zwei Vollgeschossen in Erwägung gezogen werden müssen. Es fehle eine Untersuchung der Folgen einer Bebauung im Hinblick auf den Rheinauer See (Wasserrecht, Wasserhaushalt) und eine Festlegung von Standorten für die Neubepflanzungen. Die Beseitigung des im Norden des Plangebiets entlang der Straße Am Rheinauer See gelegenen ca. 3 m breiten Grünstreifens und des am Westufer des Rheinauer Sees gelegenen Grünstreifens mit hohen, unter die Baumschutzsatzung fallenden Bäumen sei angesichts der klimaökologischen Funktion der Grünstreifen abwägungsfehlerhaft.
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Die Antragsteller beantragen,
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den Bebauungsplan „Ehemalige Tennisanlage - Rheinauer See“, Nr. 87.15.1 der Stadt Mannheim vom 24.07.2007 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Sie trägt vor, die Antragsteller seien nicht antragsbefugt. Sie seien weder hinsichtlich der Geräuschsituation noch hinsichtlich der klimaökologischen Verhältnisse in rechtlich geschützten Belangen betroffen. Die diesbezügliche Abwägung sei fehlerfrei. Die planbedingte Verkehrszunahme führe zu einer Pegelerhöhung von höchstens 0,5 dB(A). Sie liege daher weit unter der Wahrnehmbarkeitsschwelle. Auch die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung werde nicht erreicht. Hinsichtlich der klimaökologischen Veränderungen würden die Belange der Antragsteller ebenfalls nicht oder nur geringfügig betroffen. Die nach dem Bebauungsplan zulässige Bebauung werde nach den Ergebnissen der klimaökologischen Untersuchung nur kleinräumige thermische Zusatzbelastungen von ca. 0,5° C in Sommernächten zur Folge haben. Ein Widerspruch der Aussagen im klimaökologischen Gutachten vom 07.09.2006 zur Stellungnahme aus dem Jahr 1993 bestehe nicht. Die seinerzeitige Forderung, die seenahen Flächen von Bebauung freizuhalten, habe sich auf Flächen bezogen, die auch nach der derzeitigen Planung von Bebauung freizuhalten seien.
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Der Plan sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Belange der Klimaökologie und des Verkehrs seien ordnungsgemäß ermittelt, bewertet und abgewogen worden. Der Bebauungsplan sei erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Die Festsetzungen entsprächen dem Ziel der Planung, den vorhandenen Wohnbedarf zu befriedigen. Bei der geplanten Bebauung handele es sich um die bauliche Abrundung des vorhandenen Wohngebiets und des Stadtteils Rheinau-Süd. Einer konkreten Bedarfsanalyse habe es nicht bedurft.
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Die Überschreitung der Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1 BauNVO sei städtebaulich gerechtfertigt im Sinne des § 17 Abs. 2 BauNVO. Der Plan diene der Nachverdichtung und Innenentwicklung. Die Festsetzung höherer Nutzungsmaße sei sinnvoll, um einen sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden zu gewährleisten. Die planerische Ausgestaltung des Geschosswohnungsbaus in den Gebieten WR 2a und WR 2b diene der Abschirmung der dahinterliegenden Grundstücke und habe damit die Bedeutung einer Schallminderungsmaßnahme. Außerdem orientiere sie sich an der Bebauung auf der gegenüberliegenden Seite der Rohrhofer Straße. Durch die Abschirmwirkung würden die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gerade gewährleistet. Die Überschreitung der Obergrenzen werde zudem ausgeglichen durch die Lage der fraglichen Bebauung in unmittelbarer Nähe zum Rheinauer See und den dortigen Erholungsmöglichkeiten.
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Die potenzielle Freizeitlärmproblematik sei durch die Übernahme einer Baulast durch die Eigentümerin der an das Plangebiet in südlicher Richtung angrenzenden Flächen gelöst worden. Darin verzichte die Eigentümerin unwiderruflich auf die dort planungsrechtlich mögliche Errichtung von Tennisplätzen und dazugehörigen Nebengebäuden. Ein Konflikt zwischen den geplanten Wohngebäuden und dem vorhandenen Bade- und Wasserskibetrieb bestehe ebenfalls nicht. Der Betrieb sei saison- und wetterabhängig. Darüber hinaus werde der Strand und der Badesee nur tagsüber genutzt; der Betrieb der Wasserskianlage sei nur bis 21.00 Uhr genehmigt. Im Übrigen sei hinsichtlich des Freizeitlärms nicht die vom Gutachter herangezogene Freizeitlärmrichtlinie, sondern die DIN 18005 anzuwenden. Deren Werte würden lediglich um 0,5 dB(A) überschritten. Da es sich bei den Werten der DIN 18005 lediglich um Orientierungswerte handele, liege die Zulassung einer Neubebauung bei einer solchen Überschreitung innerhalb des Abwägungsspielraums der Stadt.
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Auch hinsichtlich des von den Antragstellern gerügten Konflikts zwischen der Verkehrslärmbelastung und dem festgesetzten reinen Wohngebiet liege kein Abwägungsfehler vor. Die vom Gutachter vorgeschlagenen Lärmschutzmaßnahmen seien umgesetzt worden, soweit dies städtebaulich sinnvoll und angemessen gewesen sei. Man habe sich insbesondere dafür entschieden, die Immissionen im Gebietsinnern durch die Riegelbebauung an der Rohrhofer Straße zu verringern. Zudem seien Lärmpegelbereiche gemäß DIN 4109 in das planerische Konzept aufgenommen worden. Diese Lärmpegelbereiche seien im zeichnerischen Teil dargestellt. Ein ausreichender Schutz der Innenwohnbereiche sei gewährleistet. Das städtebauliche Konzept werde zudem durch die Verpflichtung des Investors in einem städtebaulichen Vertrag ergänzt, die Empfehlungen der schalltechnischen Untersuchung zu den Schutzmaßnahmen in die Kaufverträge aufzunehmen. Die Käufer seien somit über die Immissionssituation im Einzelnen informiert.
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Ein Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot liege nicht vor. Auch die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege seien im Einzelnen ermittelt und in die Abwägung eingestellt worden. Einzelheiten dazu ergäben sich aus der Begründung des Plans und dem Umweltbericht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegenden Behördenakten (5 Bände) verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

 
A.
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Die Normenkontrollanträge sämtlicher Antragsteller sind zulässig.
I.
31 
Die Anträge sind innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt und ausführlich begründet worden. Den Anträgen steht auch die Präklusionsvorschrift des § 47 Abs. 2a VwGO i.V.m. § 3 Abs. 2 BauGB nicht entgegen, so dass es einer Prüfung im Einzelnen darüber, ob und welche der erstmals im Normenkontrollverfahren vorgetragenen Einwendungen die Antragsteller schon im Bebauungsplanverfahren hätten geltend machen können, nicht bedarf. Ebenso wenig bedarf es der Feststellung, ob sämtliche Antragsteller Einwendungen erhoben haben, denn auf die Rechtsfolge des § 47 Abs. 2a VwGO ist im Rahmen der Beteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB nicht hingewiesen worden. Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Plans am 01.03.2007 enthielt nur den Hinweis, dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan unberücksichtigt bleiben können. Nach dem zum 01.01.2007 geänderten § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BauGB hätte jedoch auch darauf hingewiesen werden müssen, dass eine unterlassene rechtzeitige Stellungnahme die Unzulässigkeit eines Antrags nach § 47 VwGO zur Folge hat. Das Fehlen dieses Hinweises bewirkt nach § 47 Abs. 2a VwGO, dass die Zulässigkeitsschranke dieser Vorschrift nicht eingreifen kann.
II.
32 
Die Antragsteller sind nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie sind zwar nicht Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet. Sie können jedoch geltend machen, durch den Bebauungsplan oder dessen Anwendung in privaten abwägungserheblichen Belangen nachteilig betroffen zu sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215).
33 
Es kann offen bleiben, ob die Antragsteller deshalb antragsbefugt sind, weil ihr Interesse, von Verkehrslärm verschont zu bleiben, der durch das Plangebiet ausgelöst wird, nicht hinreichend ermittelt und berücksichtigt wurde. Ihre Antragsbefugnis folgt jedenfalls aus der nach ihrem substantiierten Vortrag möglichen Verletzung ihres Anspruchs auf Prüfung und Abwägung der klimaökologischen Folgen der Planung auf sie selbst und ihre Grundstücke.
34 
Die Antragsteller tragen vor, die Verwirklichung der Planung führe zu klimaökologisch negativen Auswirkungen auf ihre eigenen Grundstücke, da die vorgesehene Bebauung die Belüftung blockiere. Damit berufen sich die Antragsteller nicht nur auf das sogenannte Jedermann-Interesse, d.h. das allgemeine Interesse von Bürgern am Erhalt und der Sicherung bestimmter Klima-, Kleinklima- oder Luftstandards. Vielmehr rügen Sie die Verletzung ihres Anspruchs darauf, dass Art und Intensität solcher Auswirkungen auf sie selbst und ihre Grundstücke vom Planungsträger geprüft, in die Abwägung eingestellt und gerecht im Verhältnis zu anderen Belangen gewichtet werden (vgl. Urteil des Senats vom 13.07.1995 - 3 S 3167/94 -, VBlBW 1996, 184). Die Antragsgegnerin hat zwar ein klimaökologisches Gutachten erstellen lassen, das aus ihrer Sicht nachweist, dass die Planung keine oder allenfalls geringfügige klimaökologische Auswirkungen auf die Antragsteller haben wird. Das Gutachten lässt die klimaökologischen Belange der Antragsteller jedoch nicht als abwägungsunerheblich erscheinen, denn die Antragsteller haben die Annahmen des Gutachtens in substantiierter Weise angegriffen. Sie haben herausgearbeitet, dass nach dem Klimagutachten im Bereich des Umfelds des Plangebiets in der Nacht und vor allem in den lokalklimatisch relevanten Strahlungsnächten südwestliche bis westliche Winde herrschen, gleichwohl eine Windanströmung aus Südwesten aber nicht simuliert worden ist. Die riegelhafte Bebauung im südlichen Plangebiet blockiere bei Südwestwindlagen die Ventilation ins Plangebiet, was dazu führe, dass auch ihre nördlich des Plangebiets gelegenen Grundstücke von der Belüftung abgeschnitten würden.
35 
Ob diese Einwendungen durchgreifen, oder ob - wie die Antragsgegnerin unter Berufung auf eine Stellungnahme des Gutachters meint - eine klimaökologisch bedenkliche Situation in keinem Fall eintreten kann, bedarf einer vertieften Prüfung. Es wäre verfehlt, die Auseinandersetzung über das Ausmaß der klimaökologischen Betroffenheit der Kläger auf die Zulässigkeitsebene des Normenkontrollantrags zu verlagern (vgl. zur vergleichbaren Situation bei einem substantiierten Infragestellen der Annahmen eines Schallgutachtens (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.03.1998 - 8 S 1338/97 -, DÖV 1998, 936 [Ls.] und Urteil des Senats vom 01.03.2007 - 3 S 129/06 -, BWGZ 2007, 509). Ausgehend vom Vortrag der Antragsteller erscheint es jedenfalls möglich, dass sie durch den Bebauungsplan in einem abwägungserheblichen privaten Interesse verletzt werden könnten.
III.
36 
Die Antragsteller besitzen auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Der Eigentümerin des größten Teils der Grundstücke sind zwar mittlerweile mehrere Baugenehmigungen erteilt worden. Diese Baugenehmigungen schöpfen die Bebauungsmöglichkeiten des Bebauungsplans jedoch bei weitem nicht aus. Abgesehen davon sind Sie gegenüber den Antragsstellern noch nicht in Bestandskraft erwachsen.
B.
37 
Die Normenkontrollanträge sind auch begründet. Der Bebauungsplan leidet in formell- und materiell-rechtlicher Hinsicht an Mängeln, die dazu führen, dass er insgesamt für unwirksam zu erklären ist.
I.
38 
Eine Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung wird weder von den Antragstellern gerügt, noch sind solche ersichtlich.
II.
39 
Der Bebauungsplan leidet jedoch an Ermittlungs- und Bewertungsfehlern im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB. Zum einen hat die Antragsgegnerin nicht bewertet, welcher Belastung die Außenwohnbereiche der zukünftigen Bebauung ausgesetzt sein werden (dazu 1.). Zum anderen ist die Ermittlung der klimaökologischen Auswirkungen der Planung defizitär (dazu 2.).
40 
Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die öffentlichen und privaten Belange gerecht gegen- und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG Urteil vom 15.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) darauf zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (kein unrichtiges Abwägungsmaterial) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrem objektiven Gewicht in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (st. Rspr. vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 155.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Dabei ist gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend.
41 
Nach § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bebauungspläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu bewerten und zu ermitteln. Aufgrund des durch das EAG Bau vollzogenen „Wechsels vom materiell-rechtlichen Abwägungsvorgang zu den verfahrensrechtlichen Elementen des Ermittelns und Bewertens“ stehen insofern keine (materiellen) Mängel des Abwägungsvorgangs mehr in Rede (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
42 
1. Ausgehend von diesen Maßstäben liegt in Bezug auf die Bewältigung des Verkehrslärmproblems ein Ermittlungs- und Bewertungsfehler vor. Die Antragsgegnerin hat zwar eine schalltechnische Untersuchung erstellen lassen, in der - unter Zugrundelegung der Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete - Maßnahmen zum Schutz der Innenwohnbereiche vorgeschlagen werden. Es fehlt jedoch an einer Untersuchung und Bewertung der Schutzbedürftigkeit der Außenwohnbereiche. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil die Antragsgegnerin nach der Begründung des Bebauungsplans ausdrücklich familiengerechte Bauformen plant und schon deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Grundstücke ausschließlich gärtnerisch, mit anderen Worten nicht als Außenwohnbereiche genutzt werden. Zudem ist die Nutzung von Gartenflächen als Außenwohnbereich hier weder im Wege der planerischen Festsetzung noch aus anderen Gründen (z.B. aufgrund einer besonderen Geländetopographie) ausgeschlossen. Im Gegenteil drängt es sich nach der Planung der Antragsgegnerin geradezu auf, dass - mit Einschränkungen in den Plangebieten WR 2a und WR 2b - auf den Gartenflächen Außenwohnbereiche geschaffen werden.
43 
Zwar ist die allgemeine Lärmerwartung im Außenwohnbereich im allgemeinen deutlich höher als im Innenwohnbereich (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1996 - 5 S 1338/95 -, juris Rn. 51) und lässt es sich möglicherweise im Einzelfall abwägungsfehlerfrei begründen, dass eine über den Orientierungswerten der DIN 18005 liegende Lärmbelastung im Ergebnis hinzunehmen ist. Allerdings sind hierfür entsprechende Abwägungsüberlegungen notwendig, in die auch mögliche Abwehrmaßnahmen einzubeziehen sind. Daran fehlt es hier. Denn die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen der Abwägung weder mit der Notwendigkeit der Festsetzung gerade eines reinen Wohngebiets mit seinem hohen Schutzniveau noch mit den nach Lage der Dinge in Betracht kommenden baulichen und technischen Möglichkeiten zum Schutz der Außenwohnbereiche befasst, die eine Überschreitung der Orientierungswerte auf das im Interesse der Erreichung des Planungsziels hinzunehmende Maß beschränkten. Insbesondere hat sie die Errichtung einer Lärmschutzwand nicht erwogen, obwohl dies angesichts der bereits vorhandenen Lärmschutzwand entlang der Rohrhofer Straße nicht von vornherein ausscheidet. Die schalltechnische Untersuchung misst zwar der mehrgeschossigen Bebauung in den Plangebieten WR 2a und WR 2b die Eigenschaft einer „Lärmschutzbebauung“ bei. In die Abwägungsüberlegungen unter Nr. 9 der Begründung zum Bebauungsplan ist dieser Umstand jedoch nicht eingeflossen. Lediglich unter der Überschrift „6. Auswirkungen der Planung auf die Umwelt“ wird unter Nr. 6.1.7 allgemein darauf verwiesen, dass davon auszugehen sei, dass durch die schallabschirmende Wirkungen von Gebäuden und durch passive Maßnahmen (Orientierung der Aufenthaltsräume zur schallabgewandten Seite) gesunde Wohnverhältnisse an jeder Stelle des Plangebietes möglich seien. Dies genügt nicht den Anforderungen an eine sachgerechte Abwägung der von der Planung betroffenen Belange. Denn die Ausführungen lassen schon nicht erkennen, dass sich die Antragsgegnerin des Problems der Schutzbedürftigkeit der Außenwohnbereiche bewusst war. Darauf deutet auch die Antragserwiderung der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren hin. Darin führt sie aus, durch die vorgesehene Riegelbebauung entlang der Rohrhofer Straße und die Hinweise zum Schallschutz sei ein ausreichender Schutz der Innenwohnbereiche gewährleistet. Zudem ist unberücksichtigt geblieben, dass den Bewohnern der Häuser in den Plangebieten WR 2a und WR 2b durch die Konzeption einer Lärmschutzbebauung zugunsten der restlichen Plangebiete Lärmbelastungen zugemutet werden, die mit bis zu 68 dB(A) am Tag und bis zu 58 dB(A) in der Nacht nicht nur die einschlägigen Orientierungswerte der DIN 18005 und die Grenzwerte der 16. BImSchV deutlich überschreiten, sondern sich sogar der Grenze zur Gesundheitsgefahr nähern, obwohl ihnen der Bebauungsplan die Wohnqualität eines reinen Wohngebiets verspricht.
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Abgesehen davon hätten solche Überlegungen - wären sie angestellt worden - auch keinen Niederschlag in den Festsetzungen gefunden. Es fehlt eine planungsrechtliche Absicherung der schallabschirmenden Wirkung der Bebauung entlang der Rohrhofer Straße. Denn die Antragsgegnerin hat keine Festsetzungen beschlossen, die sicherstellen, dass die „Lärmschutzbebauung“ errichtet ist, bevor mit der Bebauung der übrigen Plangebiete begonnen wird (s. dazu III 2.).
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2. Auch hinsichtlich der Klimaauswirkungen der Planung auf die benachbarten Gebiete liegt ein Ermittlungs- und Bewertungsdefizit im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB vor. Ausgehend von den Aussagen des Klimagutachtens zu den vorherrschenden Windrichtungen wäre es erforderlich gewesen, die Auswirkungen einer Windanströmung aus Südwesten zu simulieren, um belastbare Angaben über die Betroffenheit der Antragsteller zu erhalten.
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Nach dem Klimagutachten zeigen sich im Bereich des Plangebiets und dessen Umfelds in der Nacht und vor allem in den lokalklimatisch relevanten Strahlungsnächten auffallend häufig Winde aus südwestlichen bis westlichen Richtungssektoren. Ein wichtiger Faktor im Klimageschehen des Untersuchungsgebietes sei die rasche Bildung von Kaltluft im bodennahen Luftraum während der ersten Nachthälfte. In Strömungsrichtung verlaufende Straßen, großzügige Gebäudeabstandsflächen und Gärten bildeten innerhalb der Bebauung die wesentlichen Zugbahnen der bodennahen Kaltluft.
47 
Ausgehend von diesen Aussagen lässt sich der Vorwurf der Antragsteller nicht von der Hand weisen, dass die Ermittlung ihrer klimatischen Betroffenheit durch das Plangebiet defizitär ist. Der Bebauungsplan sieht sowohl am südlichen als auch am südwestlichen und am westlichen Rand eine riegelartige Bebauung vor, die im südlichen Bereich zwar nur zwei Geschosse erhalten darf, im südwestlichen und westlichen Bereich dagegen vier Geschosse bzw. drei bis vier Geschosse erhalten soll. Eine breite Ventilationsachse ist - anders als im Westen - im Südwesten nicht vorgesehen. Es kommt hinzu, dass der Klimagutachter das Klimageschehen rund um den Rheinauer See zwar umfassend analysiert und herausgearbeitet hat, dass das Strömungsgeschehen an den fünf Messstationen in der Nähe des Sees jeweils ortsspezifische Besonderheiten aufweist. Er hat sich jedoch nicht festgelegt, welche Messstation oder welche Messstationen das Klimageschehen im Plangebiet maßgeblich abbilden. Zumindest die Ergebnisse der beiden westlich des Plangebiets stehenden Messstationen Riedwiesen und Mohr/Federhaff zeigen für sämtliche Nächte, aber auch für die nach dem Gutachten für das Klimageschehen wichtige erste Nachthälfte an Strahlungstagen häufig südwestliche Winde. Gleiches gilt für die Nachtsituation an der östlich des Plangebiets stehenden Messstation Walchensee bezogen auf sämtliche Tage.
48 
3. Bei den genannten Abwägungsfehlern handelt es sich um „wesentliche Punkte“ im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, denn das Lärmschutzkonzept und die klimaökologischen Auswirkungen der Planung waren in der konkreten Planungssituation für die Abwägung von Bedeutung (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899). Die Abwägungsfehler sind ferner „offensichtlich“ im Sinne dieser Vorschrift. Denn dieses Tatbestandsmerkmal ist stets erfüllt, wenn der Fehler zur „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs gehört und sich - wie hier - aus den Planungsakten ergibt. Die Mängel sind schließlich auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Abwägungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre (BVerwG, Urteil vom 09.04.2008, a.a.O., m.w.N.). Diese Möglichkeit besteht hier ohne weiteres.
49 
Die mithin beachtlichen Abwägungsmängel sind auch nicht aufgrund § 215 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB wieder unbeachtlich geworden. Sie wurden rechtzeitig mit der Klagebegründung vom 29.07.2008 gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht. Unerheblich ist, ob der Schriftsatz noch vor Ablauf der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei der Antragsgegnerin einging. Denn in der öffentlichen Bekanntmachung des Bebauungsplans am 02.08.2007 wurde nicht auf die Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB in der seit dem 01.01.2007 geltenden Fassung hingewiesen, sondern auf die Zweijahresfrist der vor diesem Zeitpunkt geltenden Fassung der Vorschrift. Die Rügefrist des § 215 Abs. 1 Satz 3 BauGB wurde daher nicht in Gang gesetzt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.07.2008 - 3 S 2772/06 -, VBlBW 2009, 180).
50 
4. Die Rüge der Antragsteller, die Antragsgegnerin habe die Folgekosten einer Dachbegrünung nicht hinreichend in Rechnung gestellt, greift dagegen nicht durch. Es trifft zwar zu, dass sich aus den Planvorgängen kein Hinweis darauf ergibt, dass dieser Aspekt bei der Abwägung eine Rolle gespielt hat. Die Antragsgegnerin durfte ihn jedoch vernachlässigen, da die Folgekosten für den Einzelnen überschaubar sind und die Begrünung von Nutzen für Umwelt und Klima ist. Eine Begrünung kommt dem Anliegen der Antragsteller am Erhalt der klimaökologischen Situation sogar entgegen.
51 
5. Die Antragsgegnerin hat auch den Freizeitwert des Rheinauer Sees nicht verkannt. Der Belang des Landschaftsbildes und der Erholung wurde im Fachbeitrag Grünordnung ermittelt und bewertet. Dem Plangebiet wird trotz der Vorbelastungen durch die Bebauung westlich der Rohrhofer Straße und der früheren Nutzung für die Tennisanlage ein hohes bis sehr hohes Potential hinsichtlich des Schutzgutes Landschaftsbild/Erholung zugesprochen. Im Rahmen der Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung werden für dieses Schutzgut wegen der vorgesehenen Durchlässigkeit des Plangebiets für die Öffentlichkeit zu den Freizeit- und Erholungsflächen am Rheinauer See, der Erhaltung eines Grundgerüsts der vorhandenen Begrünung in Verbindung mit den vorgesehenen Begrünungsmaßnahmen allerdings keine nachteiligen Auswirkungen erwartet. Der Fachbeitrag Grünordnung mit Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung war Gegenstand der Abwägungsentscheidung des Gemeinderats der Antragsgegnerin.
52 
6. Der Antragsgegnerin ist auch bei der Ermittlung und Bewertung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege kein Fehler unterlaufen.
53 
aa) Ohne Erfolg rügen die Antragsteller, die Antragsgegnerin habe die Pufferwirkung des Plangebiets für die in der Nähe gelegenen FFH-Gebiete und -FFH-Flächen verkannt. Nach den Feststellungen des Fachbeitrags Grünordnung befindet sich nur eine Teilfläche eines FFH-Gebietes in der näheren Umgebung des Plangebiets. Eine Beeinträchtigung des dort herrschenden Lebensraums und der vorherrschenden Tier- und Pflanzenarten sei nicht zu erwarten. Diese Einschätzung haben die Antragsteller nicht substantiiert in Zweifel gezogen.
54 
bb) Die Vernichtung des Zwerggrases Mibora Minima erfolgte - wie die Antragsteller selbst vortragen - bereits durch die Bebauung westlich der Rohrhofer Straße. Hinweise auf das Vorkommen dieses Grases auch im Plangebiet gibt es nicht. Der Fachbeitrag Grünordnung, der eine Bestandsaufnahme der im Plangebiet vorhandenen Flora enthält, nennt es nicht. Auch die Antragsteller behaupten sein Vorkommen im Plangebiet nicht.
55 
cc) Auch die maßgeblichen Aussagen des Landschaftsplans wurden mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Der Fachbeitrag Grünordnung hält einen Konflikt der Planung mit der Aussage des Landschaftsplans, das Gebiet liege in einer innerörtlich bedeutsamen Freiraumzäsur zur Erhaltung der lokalen Funktionen (Kaltluftentstehung/Durchlüftung), aufgrund der Ergebnisse des klimaökologischen Gutachtens für ausgeschlossen. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass die Simulation einer Windanströmung aus Südwesten pflichtwidrig unterlassen wurde, ist eine klimaökologisch bedenkliche Situation im Plangebiet selbst nicht zu befürchten, da es von der vorgesehenen Ventilations- und Belüftungsbahn in Ost-West-Richtung sowie von der Freihaltefläche im Süden profitiert.
56 
dd) Die Rüge, es seien keine Standorte für Neubepflanzungen festgelegt worden, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Bebauungsplan setzt sowohl bestimmt Standorte für Baumpflanzungen fest, als auch Bereiche, in denen eine bestimmte Anzahl von Bäumen zu pflanzen ist. Darüber hinaus enthält der Bebauungsplan unter Nr. 11.3 Festsetzungen zu Heckenanpflanzungen und unter Nr. 11.4 Festsetzungen zur Begrünung der Grundstücksflächen. Einer Standortfestlegung für Heckenpflanzungen und für die Pflanzung von Bäumen in den Hausgärten bedurfte es nicht.
57 
ee) Ohne Erfolg rügen die Antragsteller des weiteren, die Folgen für den Rheinauer See (Wasserrecht, Wasserhaushalt) seien nicht ermittelt worden. Der Fachbeitrag Grünordnung erwähnt die Nähe des Plangebiets zum Rheinauer See, beleuchtet jedoch nur die Auswirkungen der Planung auf das Grundwasser. Es ist nicht erkennbar, dass und welche Auswirkungen die Planung auf den Zustand des Rheinauer Sees haben könnte. Auch die Antragsteller legen insoweit nichts dar.
58 
ff) Die Antragsgegnerin hat schließlich auch die klimaökologische Bedeutung der Grünstreifen im Norden und Westen des Plangebiets nicht verkannt, die nach der Planung entfallen sollen. Der Fachbeitrag Grünordnung mit Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung hat die Bedeutung der vorhandenen Grünflächen unter den Stichworten „Schutzgut Arten und Biotope (Arten und Pflanzen)“ und „Schutzgut Klima/Luft“ ermittelt und bewertet. Der Fachbeitrag war Gegenstand der Abwägung.
III.
59 
Der Bebauungsplan leidet neben den oben dargestellten Ermittlungs- und Bewertungsfehlern auch an materiellen Fehlern. Es kann offen bleiben, ob es dem Bebauungsplan bereits an der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB mangelt (dazu 1.). Jedenfalls liegen aber Fehler im Abwägungsergebnis vor (dazu 2. und 3.). Auch die Überschreitung der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO und die Lösung des Freizeitlärmkonflikts im Wege der Baulaust erscheinen zumindest problematisch (dazu 4. und 5.).
60 
1. Legt man die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 06.02.2003 (- 4 BN 5.03 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 116) zugrunde, bestehen zumindest Bedenken an der Erforderlichkeit der Planung.
61 
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden Bebauungspläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dabei besitzen die Gemeinden bei der Entscheidung, ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt eine Planung betrieben wird, grundsätzlich ein weites planerisches Ermessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.02.2002 - 4 CN 1.02 -, DVBl. 2003, 204). Die Zulässigkeit bauplanerischer Festsetzungen setzt nicht voraus, dass sie zur Bewältigung einer bauplanungsrechtlichen Problemlage unentbehrlich oder gar zwingend geboten sind. Es genügen hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, die „Siedlungspolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999 - 4 BN 15.99 -, NVwZ 1999, 1338). Die Erforderlichkeit der Planung ist maßgeblich an der städtebaulichen Konzeption der Gemeinde zu messen. Nicht erforderlich sind nur Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999, a.a.O.) oder deren Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 - 4 CN 4.03 -, NVwZ 2004, 856). Damit handelt es sich bei dem Merkmal der Erforderlichkeit um eine nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der gemeindlichen Planungshoheit, die nicht greift, wenn der Plan nach der planerischen Konzeption der Gemeinde vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 46.91 -, BVerwGE 92, 8).
62 
a) Im vorliegenden Fall hat die Planung zunächst das Ziel, ehemalige Flächen für Freizeitnutzungen einer Wohnnutzung zuzuführen, um damit eine Zersiedelung der Landschaft zu vermeiden. Es soll ein qualitätsvolles Wohnquartier mit vielfältigen Wohnformen entwickelt werden. Der Bebauungsplan verfolgt daher das städtebauliche Ziel der Schaffung von Wohnraum (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) und trägt den Belangen des Umweltschutzes (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) Rechnung. Einer konkreten Bedarfsprognose bedurfte es nicht, denn das ausgewiesene Baugebiet stellt lediglich eine Angebotsplanung dar. Der Hinweis der Antragsteller auf leer stehende Wohnungen und Häuser in Rheinau-Süd lässt die Erforderlichkeit der Planung nach den oben dargestellten Grundsätzen dagegen nicht entfallen.
63 
b) Soweit mit der Planung jedoch ein reines Wohngebiet geschaffen werden soll, bestehen wegen der Belastung des künftigen Baugebiets mit Verkehrslärm erhebliche Zweifel an der Erforderlichkeit der Planung. Nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 06.02.2003, a.a.O.) ist ein Bebauungsplan wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB auch dann unwirksam, wenn die Verwirklichung der Planung auf unabsehbare Zeit an unüberwindlichen immissionsschutzrechtlichen Hindernissen scheitert. Eine Gemeinde darf nicht so planen, dass im Plangebiet schädliche Umwelteinwirkungen vorprogrammiert sind. Sie darf nicht ohne zwingenden Grund selbst die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Vorbelastungen schaffen, indem sie in einen durch ein erhöhtes Immissionspotential gekennzeichneten Bereich ein störempfindliches Wohngebiet hinein- plant und damit aus einem reinen Wohngebiet oder wesentlichen Teilen desselben in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht in Wahrheit ein Dorf- oder Mischgebiet macht.
64 
Im vorliegenden Fall liegt eine vergleichbare Situation vor. Der Lärmgutachter stellte in seiner schalltechnischen Untersuchung fest, dass die mit der Gebietsfestsetzung „Reines Wohngebiet“ verbundene Erwartung auf angemessenen Schutz vor Verkehrslärmbelastung nicht erfüllt werden kann. Die schalltechnischen Berechnungen belegen, dass im Plangebiet die Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete nur an wenigen Stellen eingehalten werden können. Im Übrigen werden die Werte um bis zu 17,6 dB(A) überschritten. Die Pegelwerte übertreffen selbst die Orientierungswerte für allgemeine Wohngebiete an ungefähr der Hälfte der Immissionsorte. An mehreren Stellen werden sogar die großzügigeren Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete überschritten. Maßnahmen zum Schallschutz, die der Schallgutachter empfiehlt und die das immissionsschutzrechtliche Niveau eines reinen Wohngebietes sicherstellen könnten, hat die Antragsgegnerin nicht festgesetzt; ihre Umsetzung ist auch nicht auf andere Weise - insbesondere nicht durch den zwischen der Antragsgegnerin und dem Investor am 09.07.2007 geschlossenen städtebaulichen Vertrag oder die nachfolgenden bauordnungsrechtlichen Verfahren - sichergestellt (s. dazu 3.). Bei dieser Sachlage erscheint die Verwirklichung eines reinen Wohngebiets aus immissionsschutzrechtlicher Sicht auf Dauer nicht möglich, so dass bereits die Erforderlichkeit der Planung in Frage steht.
65 
Letztlich bedarf dies jedoch keiner abschließenden Entscheidung, denn die Festsetzung eines reinen Wohngebiets ohne gleichzeitige Festsetzung von entsprechenden Lärmschutzmaßnahmen stellt in Anbetracht der hohen Verkehrslärmbelastung des Plangebiets jedenfalls einen Fehler im Abwägungsergebnis dar.
66 
2. Die Lärmbelastung wurde zwar durch die schalltechnische Untersuchung ermittelt und bewertet. Die Antragsgegnerin hat die Lärmschutzbelange auch zutreffend abgewogen, denn ausweislich der Planbegründung (Nr. 9.2.2) hielt sie Lärmschutzmaßnahmen für erforderlich (dazu a)). Das Ergebnis dieses Abwägungsvorgangs ist jedoch fehlerhaft, da die Antragsgegnerin keine Lärmschutzmaßnahmen festgesetzt hat (dazu b)) und die Lärmproblematik auch nicht auf andere Weise bewältigt werden kann (dazu c)). Der Bebauungsplan verstößt deshalb insoweit gegen das aus § 1 Abs. 7 BauGB folgende Gebot der Konfliktbewältigung.
67 
a) Nach den Ergebnissen der schalltechnischen Untersuchung sind wegen der massiven Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete erhebliche Lärmschutzmaßnahmen erforderlich. Die schalltechnische Untersuchung basiert zwar auf dem städtebaulichen Entwurf des Investors, der - aufbauend auf den Festsetzungen des Bebauungsplans - eine bestimmte Bebauungsvariante enthält. Sie besitzt dennoch auch Aussagekraft für den Bebauungsplan selbst, denn in der schalltechnischen Untersuchung wurden sehr detailliert über 80 Immissionsorte im Plangebiet untersucht (s. Anhang A3-2 des Gutachtens). Es ist daher zu erwarten, dass sich auch bei einer geänderten Gebäudeanordnung - insbesondere im Baugebiet WR 1b - die Pegelwerte nicht wesentlich verändern werden.
68 
Nach den Berechnungen des Schallgutachters werden die Pegelwerte im Plangebiet an fast allen Immissionsorten die Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete von 50 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts überschreiten. Die maximalen Überschreitungen in den einzelnen Plangebieten fallen sehr deutlich aus; sie betragen zwischen 7,3 dB(A) und 17, 6 dB(A). Nach Auffassung des Gutachters sind dementsprechend zum Schutz der geplanten Wohnnutzung vor den Straßenverkehrslärmeinwirkungen Lärmschutzmaßnahmen vorzusehen und planungsrechtlich abzusichern. Die Mehrfamilienhausbebauung entlang der Rohrhofer Straße (Plangebiete WR 2a und 2b) sei als Lärmschutzbebauung konzipiert. Dort sollten Aufenthaltsräume und Außenwohnbereiche möglichst zur straßenabgewandten Seite orientiert werden; pro Wohnung sollte aber mindestens ein Aufenthaltsraum mit Fenster zur leisen Fassade angeordnet werden. Für Aufenthaltsräume, die zur Rohrhofer Straße und zur Straße Am Rheinauer See orientiert seien, sei zur Sicherstellung gesunder Wohnverhältnisse passiver Schallschutz festzusetzen. Darüber hinaus sei passiver Schallschutz für den Fall vorzusehen, dass Wohngebäude innerhalb des Plangebiets errichtet würden, bevor die geplante Mehrfamilienhausbebauung entlang der Rohrhofer Straße verwirklicht sei. Im Übrigen schlug er die Festsetzung von Lärmpegelbereichen nach der DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ und die Festsetzung der Verwendung von Außenbauteilen vor, die bestimmte Schalldämmmaße nach der DIN 4109 aufweisen. Ausgehend von der Beurteilung durch den Schallgutachter hielt auch die Antragsgegnerin Schallschutzmaßnahmen erforderlich, wie sich Nr. 9.2.2 der Planbegründung entnehmen lässt.
69 
b) Die Antragsgegnerin hat dennoch keine der Empfehlungen des Schallgutachters als Festsetzungen in den angefochtenen Bebauungsplan übernommen. Dies wurde von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr in Abrede gestellt.
70 
Handelt es sich aber - wie schon die Überschrift nahelegt - um bloße Hinweise zum Schallschutz, sind diese - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - nicht geeignet, die erhebliche Verkehrslärmproblematik zu lösen. Denn es ist nicht sichergestellt, dass die künftigen Bewohner des Baugebiets keinem Verkehrslärm ausgesetzt sein werden, der in einem reinen Wohngebiet unzumutbar ist. Weder ist verbindlich geregelt, dass die als bewohnte Lärmschutzwand konzipierte Bebauung entlang der Rohrhofer Straße vor der übrigen Bebauung errichtet wird, noch dass die Anordnung der Aufenthaltsräume in dieser Bebauung entsprechend den Empfehlungen des Gutachters erfolgen wird oder dass bei der Errichtung der Gebäude im gesamten Plangebiet Materialien verwendet werden, die die vom Gutachter als erforderlich erachteten Schalldämmmaße aufweisen. Die Erteilung von Baugenehmigungen zur Errichtung von Reihenhauszeilen am 18.12.2008 und am 01.12.2009 zeigt, dass tatsächlich die ernsthafte Gefahr besteht, dass den Bewohnern dieser Häuser der ihnen vom Schallgutachter zugedachte Schutz durch die Lärmschutzbebauung entlang der Rohrhofer Straße nicht zuteil wird. Denn für die Bebauung entlang der Rohrhofer Straße liegt keine Baugenehmigung vor. Darüber hinaus enthält zumindest die Baugenehmigung vom 18.12.2008 keine Auflagen hinsichtlich der Verwendung von Materialien mit bestimmten Schalldämmmaßen, wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat.
71 
c) Der Bebauungsplan verstößt deshalb gegen das Gebot der Konfliktbewältigung. Denn grundsätzlich sind die durch die Planung ausgelösten Konflikte durch die Planung selbst zu bewältigen. Sie dürfen nicht zu Lasten der Betroffenen letztlich ungelöst bleiben. Einzelne Teile der Konfliktbewältigung können zwar in ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren verschoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2010 - 4 B 76.09 - juris; kritisch Fickert/Fieseler, BauNVO Kommentar, 11. Aufl. 2008, § 15 Rn. 1.13). Dies gilt allerdings nur, wenn dort eine Konfliktbewältigung erwartet werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Bebauungsplan bereits die richtigen Weichenstellungen enthält, denn mit einem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren können die Festsetzungen eines Bebauungsplans nur noch feingesteuert oder nachgesteuert werden. Es kann die Festsetzungen weder korrigieren, noch kann es fehlende Festsetzungen ersetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.1989 - 4 NB 8.89 -, BauR 1989, 129; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, BauGB Kommentar, § 1 Rn. 215 ff. und Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 772 ff. jeweils m.w.N. der Rspr.; zur Verlagerung störfallrechtlicher Probleme ins immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.03.2010 - 4 BN 66.09 -, juris). Des weiteren ist in Rechnung zu stellen, dass die Errichtung einer baulichen Anlage nicht in jedem Fall die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens voraussetzt. Vielmehr genügt in den Fällen des § 51 LBO das Kenntnisgabeverfahren; Lärmschutzvorkehrungen könnten dann nur durch Einzelverfügungen festgesetzt werden, die allerdings einer Rechtsgrundlage bedürften.
72 
Im vorliegenden Fall enthält der angefochtene Bebauungsplan überhaupt keine Festsetzungen zum Lärmschutz. Es sind daher keine „Weichenstellungen“ vorhanden, die sicherstellen, dass in dem geplanten reinen Wohngebiet gebietsentsprechende Wohnverhältnisse herrschen werden. Lärmschutzmaßgaben der Baurechtsbehörde in den nachfolgenden bauordnungsrechtlichen Verfahren stellten somit keine Feinsteuerung der Vorgaben des Bebauungsplans dar. Im Übrigen wären solche mangels Rechtsgrundlage auch nicht zulässig.
73 
Die Grenze zur Gesundheitsgefährdung, die nach der Rechtsprechung allgemein ab 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht angenommen wird (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45), überschreitet der Verkehrslärm nach den schalltechnischen Berechnungen (noch) nicht, so dass ein Tätigwerden der Behörde nach § 47 Abs. 1 LBO aus Gründen der verfassungsrechtlichen Gesundheitsschutzpflicht des Staates nicht gerechtfertigt wäre. Die DIN 4109 (Schallschutz im Hochbau) stellt keine öffentlich-rechtliche Vorschrift über die Errichtung von Anlagen dar, auf deren Einhaltung die Baurechtsbehörde nach § 47 Abs. 1 LBO zu achten hat. Es handelt sich vielmehr um eine technische Norm, die die Anforderungen an den Schallschutz, d.h. dessen Art und Weise regelt. Ob überhaupt Schallschutzmaßnahmen erforderlich sind und von der Baurechtsbehörde gefordert werden können, muss sich dagegen aus einer öffentlich-rechtlichen Norm im Sinne des § 47 Abs. 1 LBO ergeben. An einer solchen Norm fehlt es im vorliegenden Fall. Auch § 3 Abs. 3 LBO stellt sie - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - nicht dar. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die oberste Baurechtsbehörde Regeln der Technik, die der Erfüllung der Anforderungen des § 3 Abs. 1 LBO dienen, als technische Baubestimmungen bekanntmachen. Die technischen Baubestimmungen sind nach § 3 Abs. 3 Satz 3 LBO einzuhalten. Ob § 3 Abs. 3 Satz 3 LBO überhaupt taugliche Grundlage einer Verfügung der Baurechtsbehörde sein kann, mit der dem Bauherrn bestimmte Baumaßnahmen aufgegeben werden, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Jedenfalls im vorliegenden Fall könnte eine Anordnung zum Schallschutz nicht auf diese Vorschrift gestützt werden. Das Innenministerium Baden-Württemberg hat die DIN 4109 zwar mit Bekanntmachung vom 06.11.1990 als technische Baubestimmung eingeführt (GABl. 1990, 829). Nach Nr. 2.1 des Einführungserlasses bedarf es eines Nachweises der Luftschalldämmung von Außenbauteilen aber nur, wenn a) der Bebauungsplan festsetzt, dass Vorkehrungen zum Schutz vor Außenlärm an Gebäuden zu treffen sind (§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB) oder b) der sich aus amtlichen Lärmkarten oder Lärmminderungsplänen nach § 47a BImSchG ergebende „maßgebliche Außenlärmpegel“ ein bestimmtes Maß überschreitet. Beide Varianten sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
74 
Auch § 15 Abs. 1 BauNVO scheidet als Rechtsgrundlage einer Verfügung aus, mit der einem Bauherrn Maßnahmen zur Gewährleistung bestimmter niedrigerer Immissionswerte aufgegeben werden. Denn dies käme einer vollständigen Verlagerung der Konfliktlösung auf das nachfolgende bauordnungsrechtliche Verfahren gleich. Die Baurechtsbehörde hätte zu entscheiden, welcher Lärmbelastung die Gebietsbewohner künftig ausgesetzt sein sollen. Eine solche Entscheidung ist jedoch Sache der planenden Gemeinde; sie muss diese Frage im Rahmen der Abwägung der von der Planung betroffenen Belange beantworten und durch Festsetzungen im Bebauungsplan verbindlich regeln.
75 
d) Eine Konfliktlösung kann im Einzelfall zwar auch durch geeignete vertragliche Vereinbarungen, insbesondere im Rahmen von städtebaulichen Verträgen nach § 11 BauGB sichergestellt werden (vgl. Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, a.a.O. Rn. 220). Von einer solchen Lösung ging wohl auch die Antragsgegnerin aus, denn in der Begründung zum Bebauungsplan wird darauf verwiesen, dass die bestehende Lärmproblematik im städtebaulichen Vertrag aufgezeigt und in den Kaufverträgen der Grundstücke eingehend thematisiert werde. Des weiteren wird im Rahmen der Abwägung (Nr. 9.3 der Begründung) darauf abgestellt, dass „im städtebaulichen Vertrag die Verpflichtung zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche dahingehend geregelt“ werde, „dass die Empfehlungen der schalltechnischen Untersuchung zu den zu ergreifenden Maßnahmen der Lärmvorsorge verpflichtend in die Kaufverträge der künftigen Grundstückseigentümer zu übernehmen“ seien.
76 
Der Verkehrslärmkonflikt wird durch den zwischen der Antragsgegnerin und dem Investor am 09.07.2007 geschlossenen Vertrag jedoch gerade nicht gelöst. Denn der städtebauliche Vertrag enthält keine Regelung, nach der der Investor verpflichtet ist, in die Kaufverträge mit den Grundstückskäufern Empfehlungen zum Schallschutz aufzunehmen. Nach § 8 des Vertrages ist der Investor lediglich verpflichtet, den Betrieb und die Immissionen der Wasserski- und Freizeitanlage Rheinauer See im derzeit genehmigten Umfang zu dulden. Im Übrigen regelt die Vertragsbestimmung Einzelheiten des Verzichts auf Abwehransprüche. Sie betrifft somit allein die Lärmimmissionen der bestehenden Freizeiteinrichtungen, nicht jedoch Verkehrsimmissionen. Eine Verpflichtung, den Käufern die Durchführung bestimmter Lärmschutzmaßnahmen aufzuerlegen, besteht nicht. Der Investor ist nicht einmal verpflichtet, die Käufer auf die bestehende Verkehrslärmproblematik aufmerksam zu machen. Möglicherweise ist dies unterlassen worden, weil geplant ist, dass der Investor sämtliche Häuser selbst baut und die Antragsgegnerin davon ausging, dass dabei Materialien verwendet werden, die die erforderlichen Schalldämmmaße einhalten. Im Idealfall wären die Empfehlungen des Lärmgutachters dann umgesetzt. Es fehlt jedoch bereits an einer vollstreckbaren Verpflichtung für den Fall, dass der Investor die erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen - beispielsweise aus Kostengründen - doch unterlässt. Erst recht fehlt eine solche Verpflichtung, falls nicht der Investor, sondern ein Dritter die Errichtung der Häuser übernimmt, weil beispielsweise der Investor insolvent wird oder er sich dazu entschließt die Grundstücke unbebaut zu veräußern. Eine verbindliche Regelung, die für diesen Fall die Wahrung gesunder - gebietsentsprechender - Wohnverhältnisse sicherstellen könnte, besteht nicht.
77 
3. Der Bebauungsplan leidet zudem an einem weiteren Abwägungsfehler, weil als Art der baulichen Nutzung ein reines Wohngebiet festgesetzt worden ist, ohne gleichzeitig Lärmschutzmaßnahmen vorzusehen, die das erforderliche höhere Lärmschutzniveau eines solchen Baugebiets nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 BauNVO sicherstellen und keine besonderen städtebaulichen Gründe vorliegen, die die Festsetzung eines reinen Wohngebiets trotz massiver Überschreitung der einschlägigen Orientierungswerte der DIN 18005 rechtfertigen. Das Unterlassen der Festsetzung von Lärmschutzmaßnahmen und die Festsetzung eines reinen Wohngebiets sind angesichts des Ausmaßes der Verkehrslärmbelastung des Plangebiets und dessen konkreter Lage in der Weise miteinander verbunden, dass der Verzicht auf verbindliche Lärmschutzmaßgaben eine andere Gebietsfestsetzung erfordert hätte oder umgekehrt bei Festsetzung eines reinen Wohngebiets verbindliche Lärmschutzvorgaben in den Bebauungsplan hätten aufgenommen werden müssen (vgl. auch die Ausführungen oben unter III. 1.).
78 
Eine Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 bedeutet zwar nicht von vornherein, dass eine Planung an einem Fehler leidet, der zu seiner Unwirksamkeit führt. Vielmehr kann im Einzelfall auch eine Überschreitung das Ergebnis einer gerechten bauleitplanerischen Abwägung der Gemeinde sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.06.2007 - 4 BN 6.07 -, BRS 71 Nr. 49). Je weiter aber die Orientierungswerte der DIN 18005 überschritten werden, desto gewichtiger müssen die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe sein und desto mehr hat die Gemeinde die baulichen und technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zur Verfügung stehen, um diese Auswirkungen zu verhindern (BVerwG, Urteil vom 22.03.2007 - 4 CN 2.06 -, BVerwGE 128, 238). Ausgehend von diesen Grundsätzen erfüllt der bloße Hinweis auf die Verkehrslärmproblematik nicht die Anforderungen an ein sachgerechtes Abwägungsergebnis. Denn es bedurfte angesichts der massiven Überschreitung der Orientierungswerte zunächst sehr gewichtiger städtebaulicher Gründe, die die Festsetzung eines reinen Wohngebiets trotz dieser Überschreitung rechtfertigen könnte. Dafür ist indes nichts ersichtlich. Die Begründung zum Bebauungsplan nennt als Grund für die Festsetzung eines reinen Wohngebiets unter Ausschluss sämtlicher nach § 3 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässiger Nutzungen die „Merkmale der angrenzenden Wohnquartiere“, die „städtebauliche Zielsetzung“ und die „geplanten Nutzungsabsichten im Plangebiet“. Die nach § 3 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen wurden ausgeschlossen, weil sie „den geplanten Nutzungsabsichten zuwiderlaufen und … sich als nicht umfeldverträglich erweisen“. Die genannten Gründe für die Festsetzung eines reinen Wohngebiets sind zwar städtebaulicher Natur, sie haben jedoch kein besonderes Gewicht. Sie liegen bei jeder Planung eines Wohngebiets vor. Weshalb andere Nutzungen nicht „umfeldverträglich“ sein sollen, wird nicht dargelegt. Das Plangebiet grenzt im Norden an eine Reihenhaussiedlung, im Osten an den Rheinauer See, im Süden an Brachgelände und im Westen an Geschosswohnungsbau. Die das Plangebiet umschließenden Straßen sind stark befahren. Die Umgebung des Plangebiets ist demzufolge weder besonders ruhig, noch hat sie einen besonders hochwertigen Charakter (z. B. den einer Villensiedlung). Bei dieser Ausgangslage ist nicht zu erkennen, dass nur reine Wohnnutzungen mit dem bestehenden Umfeld harmonieren.
79 
4. Rechtlich problematisch sind darüber hinaus die Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans zum Maß der baulichen Nutzung im Baugebiet WR 2a und WR 2b, weil sie die in § 17 Abs. 1 BauNVO für reine Wohngebiete festgelegte Obergrenze für die Geschossflächenzahl von 1,2 übersteigen und eine Rechtfertigung hierfür nach § 17 Abs. 2 BauNVO derzeit zweifelhaft erscheint. Denn den Aufstellungsvorgängen lässt sich nicht mit Sicherheit entnehmen, dass sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin abwägend mit dieser Frage auseinandergesetzt hat. Einer abschließenden Entscheidung hierüber bedarf es angesichts der oben dargestellten Fehler des Bebauungsplans indes nicht. Der Senat weist nur auf das Folgende hin:
80 
Der Bebauungsplan setzt für das Baugebiet WR 2a drei bis vier Vollgeschosse, für das Baugebiet WR 2b vier Vollgeschosse fest. Bei der festgesetzten Grundflächenzahl von 0,4 ergibt dies in beiden Baugebieten eine maximal zulässige Geschossflächenzahl von 1,6. Damit wird die in § 17 Abs. 1 BauNVO festgelegte Obergrenze um 0,4 überschritten. Bei den Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO handelt es sich um grundsätzlich bindende Vorgaben für die Abwägung, die den Rahmen für die Planung setzen (vgl. König/Röser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 17 Rn. 6; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 17 Rn. 2; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO § 17 Rn. 8). Auch wenn in einem Bebauungsplan - wie hier - die Grundflächenzahl nicht festgesetzt worden ist, darf die Obergrenze des § 17 Abs. 1 BauNVO durch die übrigen Festsetzungen grundsätzlich nicht überschritten werden (Fickert/Fieseler, a.a.O. Rn. 9). Eine Ausnahme besteht nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 und - des hier nicht einschlägigen - § 17 Abs. 3 BauNVO. Die Gemeinde hat in der Begründung zum Bebauungsplan darzulegen, dass die besonderen Anforderungen des § 17 Abs. 2 BauNVO erfüllt sind (vgl. König/Roeser/Stock, a.a.O. Rn. 7; Fickert/Fieseler a.a.O. Rn. 23 und 28). Denn nach der Planbegründung beurteilt sich maßgeblich, ob der Plangeber die Voraussetzungen für eine Überschreitung der Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung zu Recht angenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.01.1995 - 4 NB 42.93 -, Buchholz 406.12 § 17 BauNVO Nr. 5; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.11.2009 - 2 A 19.07 -, juris Rn. 35). Ausgehend davon, ist nicht eindeutig zu erkennen, welche Gründe und Umstände die Antragsgegnerin dazu bewogen haben, eine Überschreitung der Obergrenzen festzusetzen.
81 
Die Begründung gibt bereits Anlass zu Zweifeln, ob sich die Antragsgegnerin der Überschreitung der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO überhaupt bewusst war. Denn unter der Überschrift „Überschreitung des Maßes der baulichen Nutzung“ unter Nr. 2.2.2.3 der Begründung finden sich nur Ausführungen zu § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO. Nach dieser Vorschrift darf die zulässige Grundfläche durch die Grundflächen von Garagen, Stellplätzen, Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO und baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche um bis zu 50 % überschritten werden. Die Vorschrift des § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO wendet sich - anders als § 17 Abs. 1 BauNVO - nicht an die Gemeinde als Plangeberin, sondern betrifft die Ermittlung der zulässigen Grundflächenzahl einzelner Bauvorhaben. Dementsprechend befasst sich die Begründung zum Bebauungsplan an dieser Stelle auch nur mit der Frage, welche Grundflächenanzahlen unter Ausnutzung der Möglichkeiten des § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO erreicht werden können, wie hoch der Anteil der zusätzlich überbaubaren Fläche ist und wie hoch die durchschnittliche Grundflächenzahl im gesamten Baugebiet sein wird.
82 
Allerdings sind an mehreren Stellen der Begründung Ausführungen zum Maß der baulichen Nutzung im WR 2a und WR 2b entlang der Rohrhofer Straße zu finden. Sämtliche dieser Ausführungen stehen jedoch nicht in Zusammenhang mit der entsprechenden Festsetzung, geschweige denn mit der Überschreitung der Obergrenzen nach § 17 BauNVO, worauf die Antragsteller zu Recht hinweisen. Zur Frage, ob die Überschreitung durch vorhandene Umstände ausgeglichen ist oder durch Festsetzungen ausgeglichen wird, schweigt die Begründung zum Bebauungsplan.
83 
Objektiv betrachtet könnten - folgt man den Ausführungen der Antragsgegnerin - möglicherweise Gründe und Umstände vorliegen, die ein Überschreiten der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO rechtfertigen (vgl. dazu auch Beschluss des Senats vom 10.12.1997 - 3 S 2023/97 -, BauR 1998, 977). Allerdings muss die Überschreitung auch von einem entsprechenden planerischen Willen und einer abwägenden Entscheidung der Antragsgegnerin getragen sein, die die durch § 17 Abs. 2 BauNVO gesetzten Grenzen beachtet. Denn nicht nur die Festsetzung des konkreten Maßes der baulichen Nutzung im Rahmen des § 17 Abs. 1 BauNVO, sondern auch die Überschreitung der Obergrenzen steht im gestaltenden Ermessen der Gemeinde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.01.1996 - 4 NB 1/96 - NVwZ-RR 1997, 83). Im vorliegenden Fall lässt sich ein solcher Wille und eine abwägende Entscheidung nur schwer feststellen. Es spricht manches dafür, dass insoweit ein vollständiger Abwägungsausfall vorliegt.
84 
5. Angesichts der oben dargestellten Fehlerhaftigkeit der Planung bedarf es auch keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Rüge der Antragsteller durchgreift, das Plangebiet sei zu hohem Freizeit- und Sportanlagenlärm ausgesetzt. Offen bleiben kann insbesondere, ob das Freizeitlärmproblem in zulässiger Weise durch Übernahme einer Baulast durch die Eigentümerin des südlich des Plangebiets gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. ... gelöst werden konnte, mit der sie darauf verzichtet, die auf ihrem Grundstück bauplanungsrechtlich festgesetzte private Tennisanlage zu errichten (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 12.11.1987 - 4 B 216.87 -, Buchholz 406.17 BauordnungsR Nr. 24; Beschluss vom 02.12.2009 - 4 B 74.09 -, BauR 2010, 742; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.09.2009 - 3 S 1773/07 -, VBlBW 2010, 41).
85 
6. Ein Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB als besonderer Ausprägung des Abwägungsgebots des § 1 Abs. 7 BauGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 1.08.2002 - 4 C 5/01 - BVerwGE 117, 25; Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O. § 2 Rn 99) vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Stadt Brühl hat ihre Belange im Rahmen der Beteiligung vorgetragen. Sie wurden bewertet und abgewogen. Das Ergebnis der Abwägung lässt insoweit keinen Fehler erkennen.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss vom 19. Mai 2010
89 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG endgültig auf 80.000,-- EUR festgesetzt.
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
30 
Die Normenkontrollanträge sämtlicher Antragsteller sind zulässig.
I.
31 
Die Anträge sind innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt und ausführlich begründet worden. Den Anträgen steht auch die Präklusionsvorschrift des § 47 Abs. 2a VwGO i.V.m. § 3 Abs. 2 BauGB nicht entgegen, so dass es einer Prüfung im Einzelnen darüber, ob und welche der erstmals im Normenkontrollverfahren vorgetragenen Einwendungen die Antragsteller schon im Bebauungsplanverfahren hätten geltend machen können, nicht bedarf. Ebenso wenig bedarf es der Feststellung, ob sämtliche Antragsteller Einwendungen erhoben haben, denn auf die Rechtsfolge des § 47 Abs. 2a VwGO ist im Rahmen der Beteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB nicht hingewiesen worden. Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Plans am 01.03.2007 enthielt nur den Hinweis, dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan unberücksichtigt bleiben können. Nach dem zum 01.01.2007 geänderten § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BauGB hätte jedoch auch darauf hingewiesen werden müssen, dass eine unterlassene rechtzeitige Stellungnahme die Unzulässigkeit eines Antrags nach § 47 VwGO zur Folge hat. Das Fehlen dieses Hinweises bewirkt nach § 47 Abs. 2a VwGO, dass die Zulässigkeitsschranke dieser Vorschrift nicht eingreifen kann.
II.
32 
Die Antragsteller sind nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie sind zwar nicht Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet. Sie können jedoch geltend machen, durch den Bebauungsplan oder dessen Anwendung in privaten abwägungserheblichen Belangen nachteilig betroffen zu sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215).
33 
Es kann offen bleiben, ob die Antragsteller deshalb antragsbefugt sind, weil ihr Interesse, von Verkehrslärm verschont zu bleiben, der durch das Plangebiet ausgelöst wird, nicht hinreichend ermittelt und berücksichtigt wurde. Ihre Antragsbefugnis folgt jedenfalls aus der nach ihrem substantiierten Vortrag möglichen Verletzung ihres Anspruchs auf Prüfung und Abwägung der klimaökologischen Folgen der Planung auf sie selbst und ihre Grundstücke.
34 
Die Antragsteller tragen vor, die Verwirklichung der Planung führe zu klimaökologisch negativen Auswirkungen auf ihre eigenen Grundstücke, da die vorgesehene Bebauung die Belüftung blockiere. Damit berufen sich die Antragsteller nicht nur auf das sogenannte Jedermann-Interesse, d.h. das allgemeine Interesse von Bürgern am Erhalt und der Sicherung bestimmter Klima-, Kleinklima- oder Luftstandards. Vielmehr rügen Sie die Verletzung ihres Anspruchs darauf, dass Art und Intensität solcher Auswirkungen auf sie selbst und ihre Grundstücke vom Planungsträger geprüft, in die Abwägung eingestellt und gerecht im Verhältnis zu anderen Belangen gewichtet werden (vgl. Urteil des Senats vom 13.07.1995 - 3 S 3167/94 -, VBlBW 1996, 184). Die Antragsgegnerin hat zwar ein klimaökologisches Gutachten erstellen lassen, das aus ihrer Sicht nachweist, dass die Planung keine oder allenfalls geringfügige klimaökologische Auswirkungen auf die Antragsteller haben wird. Das Gutachten lässt die klimaökologischen Belange der Antragsteller jedoch nicht als abwägungsunerheblich erscheinen, denn die Antragsteller haben die Annahmen des Gutachtens in substantiierter Weise angegriffen. Sie haben herausgearbeitet, dass nach dem Klimagutachten im Bereich des Umfelds des Plangebiets in der Nacht und vor allem in den lokalklimatisch relevanten Strahlungsnächten südwestliche bis westliche Winde herrschen, gleichwohl eine Windanströmung aus Südwesten aber nicht simuliert worden ist. Die riegelhafte Bebauung im südlichen Plangebiet blockiere bei Südwestwindlagen die Ventilation ins Plangebiet, was dazu führe, dass auch ihre nördlich des Plangebiets gelegenen Grundstücke von der Belüftung abgeschnitten würden.
35 
Ob diese Einwendungen durchgreifen, oder ob - wie die Antragsgegnerin unter Berufung auf eine Stellungnahme des Gutachters meint - eine klimaökologisch bedenkliche Situation in keinem Fall eintreten kann, bedarf einer vertieften Prüfung. Es wäre verfehlt, die Auseinandersetzung über das Ausmaß der klimaökologischen Betroffenheit der Kläger auf die Zulässigkeitsebene des Normenkontrollantrags zu verlagern (vgl. zur vergleichbaren Situation bei einem substantiierten Infragestellen der Annahmen eines Schallgutachtens (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.03.1998 - 8 S 1338/97 -, DÖV 1998, 936 [Ls.] und Urteil des Senats vom 01.03.2007 - 3 S 129/06 -, BWGZ 2007, 509). Ausgehend vom Vortrag der Antragsteller erscheint es jedenfalls möglich, dass sie durch den Bebauungsplan in einem abwägungserheblichen privaten Interesse verletzt werden könnten.
III.
36 
Die Antragsteller besitzen auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Der Eigentümerin des größten Teils der Grundstücke sind zwar mittlerweile mehrere Baugenehmigungen erteilt worden. Diese Baugenehmigungen schöpfen die Bebauungsmöglichkeiten des Bebauungsplans jedoch bei weitem nicht aus. Abgesehen davon sind Sie gegenüber den Antragsstellern noch nicht in Bestandskraft erwachsen.
B.
37 
Die Normenkontrollanträge sind auch begründet. Der Bebauungsplan leidet in formell- und materiell-rechtlicher Hinsicht an Mängeln, die dazu führen, dass er insgesamt für unwirksam zu erklären ist.
I.
38 
Eine Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung wird weder von den Antragstellern gerügt, noch sind solche ersichtlich.
II.
39 
Der Bebauungsplan leidet jedoch an Ermittlungs- und Bewertungsfehlern im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB. Zum einen hat die Antragsgegnerin nicht bewertet, welcher Belastung die Außenwohnbereiche der zukünftigen Bebauung ausgesetzt sein werden (dazu 1.). Zum anderen ist die Ermittlung der klimaökologischen Auswirkungen der Planung defizitär (dazu 2.).
40 
Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die öffentlichen und privaten Belange gerecht gegen- und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG Urteil vom 15.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) darauf zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (kein unrichtiges Abwägungsmaterial) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrem objektiven Gewicht in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (st. Rspr. vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 155.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Dabei ist gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend.
41 
Nach § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bebauungspläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu bewerten und zu ermitteln. Aufgrund des durch das EAG Bau vollzogenen „Wechsels vom materiell-rechtlichen Abwägungsvorgang zu den verfahrensrechtlichen Elementen des Ermittelns und Bewertens“ stehen insofern keine (materiellen) Mängel des Abwägungsvorgangs mehr in Rede (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
42 
1. Ausgehend von diesen Maßstäben liegt in Bezug auf die Bewältigung des Verkehrslärmproblems ein Ermittlungs- und Bewertungsfehler vor. Die Antragsgegnerin hat zwar eine schalltechnische Untersuchung erstellen lassen, in der - unter Zugrundelegung der Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete - Maßnahmen zum Schutz der Innenwohnbereiche vorgeschlagen werden. Es fehlt jedoch an einer Untersuchung und Bewertung der Schutzbedürftigkeit der Außenwohnbereiche. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil die Antragsgegnerin nach der Begründung des Bebauungsplans ausdrücklich familiengerechte Bauformen plant und schon deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Grundstücke ausschließlich gärtnerisch, mit anderen Worten nicht als Außenwohnbereiche genutzt werden. Zudem ist die Nutzung von Gartenflächen als Außenwohnbereich hier weder im Wege der planerischen Festsetzung noch aus anderen Gründen (z.B. aufgrund einer besonderen Geländetopographie) ausgeschlossen. Im Gegenteil drängt es sich nach der Planung der Antragsgegnerin geradezu auf, dass - mit Einschränkungen in den Plangebieten WR 2a und WR 2b - auf den Gartenflächen Außenwohnbereiche geschaffen werden.
43 
Zwar ist die allgemeine Lärmerwartung im Außenwohnbereich im allgemeinen deutlich höher als im Innenwohnbereich (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1996 - 5 S 1338/95 -, juris Rn. 51) und lässt es sich möglicherweise im Einzelfall abwägungsfehlerfrei begründen, dass eine über den Orientierungswerten der DIN 18005 liegende Lärmbelastung im Ergebnis hinzunehmen ist. Allerdings sind hierfür entsprechende Abwägungsüberlegungen notwendig, in die auch mögliche Abwehrmaßnahmen einzubeziehen sind. Daran fehlt es hier. Denn die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen der Abwägung weder mit der Notwendigkeit der Festsetzung gerade eines reinen Wohngebiets mit seinem hohen Schutzniveau noch mit den nach Lage der Dinge in Betracht kommenden baulichen und technischen Möglichkeiten zum Schutz der Außenwohnbereiche befasst, die eine Überschreitung der Orientierungswerte auf das im Interesse der Erreichung des Planungsziels hinzunehmende Maß beschränkten. Insbesondere hat sie die Errichtung einer Lärmschutzwand nicht erwogen, obwohl dies angesichts der bereits vorhandenen Lärmschutzwand entlang der Rohrhofer Straße nicht von vornherein ausscheidet. Die schalltechnische Untersuchung misst zwar der mehrgeschossigen Bebauung in den Plangebieten WR 2a und WR 2b die Eigenschaft einer „Lärmschutzbebauung“ bei. In die Abwägungsüberlegungen unter Nr. 9 der Begründung zum Bebauungsplan ist dieser Umstand jedoch nicht eingeflossen. Lediglich unter der Überschrift „6. Auswirkungen der Planung auf die Umwelt“ wird unter Nr. 6.1.7 allgemein darauf verwiesen, dass davon auszugehen sei, dass durch die schallabschirmende Wirkungen von Gebäuden und durch passive Maßnahmen (Orientierung der Aufenthaltsräume zur schallabgewandten Seite) gesunde Wohnverhältnisse an jeder Stelle des Plangebietes möglich seien. Dies genügt nicht den Anforderungen an eine sachgerechte Abwägung der von der Planung betroffenen Belange. Denn die Ausführungen lassen schon nicht erkennen, dass sich die Antragsgegnerin des Problems der Schutzbedürftigkeit der Außenwohnbereiche bewusst war. Darauf deutet auch die Antragserwiderung der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren hin. Darin führt sie aus, durch die vorgesehene Riegelbebauung entlang der Rohrhofer Straße und die Hinweise zum Schallschutz sei ein ausreichender Schutz der Innenwohnbereiche gewährleistet. Zudem ist unberücksichtigt geblieben, dass den Bewohnern der Häuser in den Plangebieten WR 2a und WR 2b durch die Konzeption einer Lärmschutzbebauung zugunsten der restlichen Plangebiete Lärmbelastungen zugemutet werden, die mit bis zu 68 dB(A) am Tag und bis zu 58 dB(A) in der Nacht nicht nur die einschlägigen Orientierungswerte der DIN 18005 und die Grenzwerte der 16. BImSchV deutlich überschreiten, sondern sich sogar der Grenze zur Gesundheitsgefahr nähern, obwohl ihnen der Bebauungsplan die Wohnqualität eines reinen Wohngebiets verspricht.
44 
Abgesehen davon hätten solche Überlegungen - wären sie angestellt worden - auch keinen Niederschlag in den Festsetzungen gefunden. Es fehlt eine planungsrechtliche Absicherung der schallabschirmenden Wirkung der Bebauung entlang der Rohrhofer Straße. Denn die Antragsgegnerin hat keine Festsetzungen beschlossen, die sicherstellen, dass die „Lärmschutzbebauung“ errichtet ist, bevor mit der Bebauung der übrigen Plangebiete begonnen wird (s. dazu III 2.).
45 
2. Auch hinsichtlich der Klimaauswirkungen der Planung auf die benachbarten Gebiete liegt ein Ermittlungs- und Bewertungsdefizit im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB vor. Ausgehend von den Aussagen des Klimagutachtens zu den vorherrschenden Windrichtungen wäre es erforderlich gewesen, die Auswirkungen einer Windanströmung aus Südwesten zu simulieren, um belastbare Angaben über die Betroffenheit der Antragsteller zu erhalten.
46 
Nach dem Klimagutachten zeigen sich im Bereich des Plangebiets und dessen Umfelds in der Nacht und vor allem in den lokalklimatisch relevanten Strahlungsnächten auffallend häufig Winde aus südwestlichen bis westlichen Richtungssektoren. Ein wichtiger Faktor im Klimageschehen des Untersuchungsgebietes sei die rasche Bildung von Kaltluft im bodennahen Luftraum während der ersten Nachthälfte. In Strömungsrichtung verlaufende Straßen, großzügige Gebäudeabstandsflächen und Gärten bildeten innerhalb der Bebauung die wesentlichen Zugbahnen der bodennahen Kaltluft.
47 
Ausgehend von diesen Aussagen lässt sich der Vorwurf der Antragsteller nicht von der Hand weisen, dass die Ermittlung ihrer klimatischen Betroffenheit durch das Plangebiet defizitär ist. Der Bebauungsplan sieht sowohl am südlichen als auch am südwestlichen und am westlichen Rand eine riegelartige Bebauung vor, die im südlichen Bereich zwar nur zwei Geschosse erhalten darf, im südwestlichen und westlichen Bereich dagegen vier Geschosse bzw. drei bis vier Geschosse erhalten soll. Eine breite Ventilationsachse ist - anders als im Westen - im Südwesten nicht vorgesehen. Es kommt hinzu, dass der Klimagutachter das Klimageschehen rund um den Rheinauer See zwar umfassend analysiert und herausgearbeitet hat, dass das Strömungsgeschehen an den fünf Messstationen in der Nähe des Sees jeweils ortsspezifische Besonderheiten aufweist. Er hat sich jedoch nicht festgelegt, welche Messstation oder welche Messstationen das Klimageschehen im Plangebiet maßgeblich abbilden. Zumindest die Ergebnisse der beiden westlich des Plangebiets stehenden Messstationen Riedwiesen und Mohr/Federhaff zeigen für sämtliche Nächte, aber auch für die nach dem Gutachten für das Klimageschehen wichtige erste Nachthälfte an Strahlungstagen häufig südwestliche Winde. Gleiches gilt für die Nachtsituation an der östlich des Plangebiets stehenden Messstation Walchensee bezogen auf sämtliche Tage.
48 
3. Bei den genannten Abwägungsfehlern handelt es sich um „wesentliche Punkte“ im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, denn das Lärmschutzkonzept und die klimaökologischen Auswirkungen der Planung waren in der konkreten Planungssituation für die Abwägung von Bedeutung (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899). Die Abwägungsfehler sind ferner „offensichtlich“ im Sinne dieser Vorschrift. Denn dieses Tatbestandsmerkmal ist stets erfüllt, wenn der Fehler zur „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs gehört und sich - wie hier - aus den Planungsakten ergibt. Die Mängel sind schließlich auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Abwägungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre (BVerwG, Urteil vom 09.04.2008, a.a.O., m.w.N.). Diese Möglichkeit besteht hier ohne weiteres.
49 
Die mithin beachtlichen Abwägungsmängel sind auch nicht aufgrund § 215 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB wieder unbeachtlich geworden. Sie wurden rechtzeitig mit der Klagebegründung vom 29.07.2008 gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht. Unerheblich ist, ob der Schriftsatz noch vor Ablauf der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei der Antragsgegnerin einging. Denn in der öffentlichen Bekanntmachung des Bebauungsplans am 02.08.2007 wurde nicht auf die Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB in der seit dem 01.01.2007 geltenden Fassung hingewiesen, sondern auf die Zweijahresfrist der vor diesem Zeitpunkt geltenden Fassung der Vorschrift. Die Rügefrist des § 215 Abs. 1 Satz 3 BauGB wurde daher nicht in Gang gesetzt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.07.2008 - 3 S 2772/06 -, VBlBW 2009, 180).
50 
4. Die Rüge der Antragsteller, die Antragsgegnerin habe die Folgekosten einer Dachbegrünung nicht hinreichend in Rechnung gestellt, greift dagegen nicht durch. Es trifft zwar zu, dass sich aus den Planvorgängen kein Hinweis darauf ergibt, dass dieser Aspekt bei der Abwägung eine Rolle gespielt hat. Die Antragsgegnerin durfte ihn jedoch vernachlässigen, da die Folgekosten für den Einzelnen überschaubar sind und die Begrünung von Nutzen für Umwelt und Klima ist. Eine Begrünung kommt dem Anliegen der Antragsteller am Erhalt der klimaökologischen Situation sogar entgegen.
51 
5. Die Antragsgegnerin hat auch den Freizeitwert des Rheinauer Sees nicht verkannt. Der Belang des Landschaftsbildes und der Erholung wurde im Fachbeitrag Grünordnung ermittelt und bewertet. Dem Plangebiet wird trotz der Vorbelastungen durch die Bebauung westlich der Rohrhofer Straße und der früheren Nutzung für die Tennisanlage ein hohes bis sehr hohes Potential hinsichtlich des Schutzgutes Landschaftsbild/Erholung zugesprochen. Im Rahmen der Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung werden für dieses Schutzgut wegen der vorgesehenen Durchlässigkeit des Plangebiets für die Öffentlichkeit zu den Freizeit- und Erholungsflächen am Rheinauer See, der Erhaltung eines Grundgerüsts der vorhandenen Begrünung in Verbindung mit den vorgesehenen Begrünungsmaßnahmen allerdings keine nachteiligen Auswirkungen erwartet. Der Fachbeitrag Grünordnung mit Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung war Gegenstand der Abwägungsentscheidung des Gemeinderats der Antragsgegnerin.
52 
6. Der Antragsgegnerin ist auch bei der Ermittlung und Bewertung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege kein Fehler unterlaufen.
53 
aa) Ohne Erfolg rügen die Antragsteller, die Antragsgegnerin habe die Pufferwirkung des Plangebiets für die in der Nähe gelegenen FFH-Gebiete und -FFH-Flächen verkannt. Nach den Feststellungen des Fachbeitrags Grünordnung befindet sich nur eine Teilfläche eines FFH-Gebietes in der näheren Umgebung des Plangebiets. Eine Beeinträchtigung des dort herrschenden Lebensraums und der vorherrschenden Tier- und Pflanzenarten sei nicht zu erwarten. Diese Einschätzung haben die Antragsteller nicht substantiiert in Zweifel gezogen.
54 
bb) Die Vernichtung des Zwerggrases Mibora Minima erfolgte - wie die Antragsteller selbst vortragen - bereits durch die Bebauung westlich der Rohrhofer Straße. Hinweise auf das Vorkommen dieses Grases auch im Plangebiet gibt es nicht. Der Fachbeitrag Grünordnung, der eine Bestandsaufnahme der im Plangebiet vorhandenen Flora enthält, nennt es nicht. Auch die Antragsteller behaupten sein Vorkommen im Plangebiet nicht.
55 
cc) Auch die maßgeblichen Aussagen des Landschaftsplans wurden mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Der Fachbeitrag Grünordnung hält einen Konflikt der Planung mit der Aussage des Landschaftsplans, das Gebiet liege in einer innerörtlich bedeutsamen Freiraumzäsur zur Erhaltung der lokalen Funktionen (Kaltluftentstehung/Durchlüftung), aufgrund der Ergebnisse des klimaökologischen Gutachtens für ausgeschlossen. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass die Simulation einer Windanströmung aus Südwesten pflichtwidrig unterlassen wurde, ist eine klimaökologisch bedenkliche Situation im Plangebiet selbst nicht zu befürchten, da es von der vorgesehenen Ventilations- und Belüftungsbahn in Ost-West-Richtung sowie von der Freihaltefläche im Süden profitiert.
56 
dd) Die Rüge, es seien keine Standorte für Neubepflanzungen festgelegt worden, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Bebauungsplan setzt sowohl bestimmt Standorte für Baumpflanzungen fest, als auch Bereiche, in denen eine bestimmte Anzahl von Bäumen zu pflanzen ist. Darüber hinaus enthält der Bebauungsplan unter Nr. 11.3 Festsetzungen zu Heckenanpflanzungen und unter Nr. 11.4 Festsetzungen zur Begrünung der Grundstücksflächen. Einer Standortfestlegung für Heckenpflanzungen und für die Pflanzung von Bäumen in den Hausgärten bedurfte es nicht.
57 
ee) Ohne Erfolg rügen die Antragsteller des weiteren, die Folgen für den Rheinauer See (Wasserrecht, Wasserhaushalt) seien nicht ermittelt worden. Der Fachbeitrag Grünordnung erwähnt die Nähe des Plangebiets zum Rheinauer See, beleuchtet jedoch nur die Auswirkungen der Planung auf das Grundwasser. Es ist nicht erkennbar, dass und welche Auswirkungen die Planung auf den Zustand des Rheinauer Sees haben könnte. Auch die Antragsteller legen insoweit nichts dar.
58 
ff) Die Antragsgegnerin hat schließlich auch die klimaökologische Bedeutung der Grünstreifen im Norden und Westen des Plangebiets nicht verkannt, die nach der Planung entfallen sollen. Der Fachbeitrag Grünordnung mit Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung hat die Bedeutung der vorhandenen Grünflächen unter den Stichworten „Schutzgut Arten und Biotope (Arten und Pflanzen)“ und „Schutzgut Klima/Luft“ ermittelt und bewertet. Der Fachbeitrag war Gegenstand der Abwägung.
III.
59 
Der Bebauungsplan leidet neben den oben dargestellten Ermittlungs- und Bewertungsfehlern auch an materiellen Fehlern. Es kann offen bleiben, ob es dem Bebauungsplan bereits an der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB mangelt (dazu 1.). Jedenfalls liegen aber Fehler im Abwägungsergebnis vor (dazu 2. und 3.). Auch die Überschreitung der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO und die Lösung des Freizeitlärmkonflikts im Wege der Baulaust erscheinen zumindest problematisch (dazu 4. und 5.).
60 
1. Legt man die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 06.02.2003 (- 4 BN 5.03 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 116) zugrunde, bestehen zumindest Bedenken an der Erforderlichkeit der Planung.
61 
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden Bebauungspläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dabei besitzen die Gemeinden bei der Entscheidung, ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt eine Planung betrieben wird, grundsätzlich ein weites planerisches Ermessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.02.2002 - 4 CN 1.02 -, DVBl. 2003, 204). Die Zulässigkeit bauplanerischer Festsetzungen setzt nicht voraus, dass sie zur Bewältigung einer bauplanungsrechtlichen Problemlage unentbehrlich oder gar zwingend geboten sind. Es genügen hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, die „Siedlungspolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999 - 4 BN 15.99 -, NVwZ 1999, 1338). Die Erforderlichkeit der Planung ist maßgeblich an der städtebaulichen Konzeption der Gemeinde zu messen. Nicht erforderlich sind nur Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999, a.a.O.) oder deren Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 - 4 CN 4.03 -, NVwZ 2004, 856). Damit handelt es sich bei dem Merkmal der Erforderlichkeit um eine nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der gemeindlichen Planungshoheit, die nicht greift, wenn der Plan nach der planerischen Konzeption der Gemeinde vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 46.91 -, BVerwGE 92, 8).
62 
a) Im vorliegenden Fall hat die Planung zunächst das Ziel, ehemalige Flächen für Freizeitnutzungen einer Wohnnutzung zuzuführen, um damit eine Zersiedelung der Landschaft zu vermeiden. Es soll ein qualitätsvolles Wohnquartier mit vielfältigen Wohnformen entwickelt werden. Der Bebauungsplan verfolgt daher das städtebauliche Ziel der Schaffung von Wohnraum (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) und trägt den Belangen des Umweltschutzes (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) Rechnung. Einer konkreten Bedarfsprognose bedurfte es nicht, denn das ausgewiesene Baugebiet stellt lediglich eine Angebotsplanung dar. Der Hinweis der Antragsteller auf leer stehende Wohnungen und Häuser in Rheinau-Süd lässt die Erforderlichkeit der Planung nach den oben dargestellten Grundsätzen dagegen nicht entfallen.
63 
b) Soweit mit der Planung jedoch ein reines Wohngebiet geschaffen werden soll, bestehen wegen der Belastung des künftigen Baugebiets mit Verkehrslärm erhebliche Zweifel an der Erforderlichkeit der Planung. Nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 06.02.2003, a.a.O.) ist ein Bebauungsplan wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB auch dann unwirksam, wenn die Verwirklichung der Planung auf unabsehbare Zeit an unüberwindlichen immissionsschutzrechtlichen Hindernissen scheitert. Eine Gemeinde darf nicht so planen, dass im Plangebiet schädliche Umwelteinwirkungen vorprogrammiert sind. Sie darf nicht ohne zwingenden Grund selbst die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Vorbelastungen schaffen, indem sie in einen durch ein erhöhtes Immissionspotential gekennzeichneten Bereich ein störempfindliches Wohngebiet hinein- plant und damit aus einem reinen Wohngebiet oder wesentlichen Teilen desselben in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht in Wahrheit ein Dorf- oder Mischgebiet macht.
64 
Im vorliegenden Fall liegt eine vergleichbare Situation vor. Der Lärmgutachter stellte in seiner schalltechnischen Untersuchung fest, dass die mit der Gebietsfestsetzung „Reines Wohngebiet“ verbundene Erwartung auf angemessenen Schutz vor Verkehrslärmbelastung nicht erfüllt werden kann. Die schalltechnischen Berechnungen belegen, dass im Plangebiet die Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete nur an wenigen Stellen eingehalten werden können. Im Übrigen werden die Werte um bis zu 17,6 dB(A) überschritten. Die Pegelwerte übertreffen selbst die Orientierungswerte für allgemeine Wohngebiete an ungefähr der Hälfte der Immissionsorte. An mehreren Stellen werden sogar die großzügigeren Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete überschritten. Maßnahmen zum Schallschutz, die der Schallgutachter empfiehlt und die das immissionsschutzrechtliche Niveau eines reinen Wohngebietes sicherstellen könnten, hat die Antragsgegnerin nicht festgesetzt; ihre Umsetzung ist auch nicht auf andere Weise - insbesondere nicht durch den zwischen der Antragsgegnerin und dem Investor am 09.07.2007 geschlossenen städtebaulichen Vertrag oder die nachfolgenden bauordnungsrechtlichen Verfahren - sichergestellt (s. dazu 3.). Bei dieser Sachlage erscheint die Verwirklichung eines reinen Wohngebiets aus immissionsschutzrechtlicher Sicht auf Dauer nicht möglich, so dass bereits die Erforderlichkeit der Planung in Frage steht.
65 
Letztlich bedarf dies jedoch keiner abschließenden Entscheidung, denn die Festsetzung eines reinen Wohngebiets ohne gleichzeitige Festsetzung von entsprechenden Lärmschutzmaßnahmen stellt in Anbetracht der hohen Verkehrslärmbelastung des Plangebiets jedenfalls einen Fehler im Abwägungsergebnis dar.
66 
2. Die Lärmbelastung wurde zwar durch die schalltechnische Untersuchung ermittelt und bewertet. Die Antragsgegnerin hat die Lärmschutzbelange auch zutreffend abgewogen, denn ausweislich der Planbegründung (Nr. 9.2.2) hielt sie Lärmschutzmaßnahmen für erforderlich (dazu a)). Das Ergebnis dieses Abwägungsvorgangs ist jedoch fehlerhaft, da die Antragsgegnerin keine Lärmschutzmaßnahmen festgesetzt hat (dazu b)) und die Lärmproblematik auch nicht auf andere Weise bewältigt werden kann (dazu c)). Der Bebauungsplan verstößt deshalb insoweit gegen das aus § 1 Abs. 7 BauGB folgende Gebot der Konfliktbewältigung.
67 
a) Nach den Ergebnissen der schalltechnischen Untersuchung sind wegen der massiven Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete erhebliche Lärmschutzmaßnahmen erforderlich. Die schalltechnische Untersuchung basiert zwar auf dem städtebaulichen Entwurf des Investors, der - aufbauend auf den Festsetzungen des Bebauungsplans - eine bestimmte Bebauungsvariante enthält. Sie besitzt dennoch auch Aussagekraft für den Bebauungsplan selbst, denn in der schalltechnischen Untersuchung wurden sehr detailliert über 80 Immissionsorte im Plangebiet untersucht (s. Anhang A3-2 des Gutachtens). Es ist daher zu erwarten, dass sich auch bei einer geänderten Gebäudeanordnung - insbesondere im Baugebiet WR 1b - die Pegelwerte nicht wesentlich verändern werden.
68 
Nach den Berechnungen des Schallgutachters werden die Pegelwerte im Plangebiet an fast allen Immissionsorten die Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete von 50 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts überschreiten. Die maximalen Überschreitungen in den einzelnen Plangebieten fallen sehr deutlich aus; sie betragen zwischen 7,3 dB(A) und 17, 6 dB(A). Nach Auffassung des Gutachters sind dementsprechend zum Schutz der geplanten Wohnnutzung vor den Straßenverkehrslärmeinwirkungen Lärmschutzmaßnahmen vorzusehen und planungsrechtlich abzusichern. Die Mehrfamilienhausbebauung entlang der Rohrhofer Straße (Plangebiete WR 2a und 2b) sei als Lärmschutzbebauung konzipiert. Dort sollten Aufenthaltsräume und Außenwohnbereiche möglichst zur straßenabgewandten Seite orientiert werden; pro Wohnung sollte aber mindestens ein Aufenthaltsraum mit Fenster zur leisen Fassade angeordnet werden. Für Aufenthaltsräume, die zur Rohrhofer Straße und zur Straße Am Rheinauer See orientiert seien, sei zur Sicherstellung gesunder Wohnverhältnisse passiver Schallschutz festzusetzen. Darüber hinaus sei passiver Schallschutz für den Fall vorzusehen, dass Wohngebäude innerhalb des Plangebiets errichtet würden, bevor die geplante Mehrfamilienhausbebauung entlang der Rohrhofer Straße verwirklicht sei. Im Übrigen schlug er die Festsetzung von Lärmpegelbereichen nach der DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ und die Festsetzung der Verwendung von Außenbauteilen vor, die bestimmte Schalldämmmaße nach der DIN 4109 aufweisen. Ausgehend von der Beurteilung durch den Schallgutachter hielt auch die Antragsgegnerin Schallschutzmaßnahmen erforderlich, wie sich Nr. 9.2.2 der Planbegründung entnehmen lässt.
69 
b) Die Antragsgegnerin hat dennoch keine der Empfehlungen des Schallgutachters als Festsetzungen in den angefochtenen Bebauungsplan übernommen. Dies wurde von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr in Abrede gestellt.
70 
Handelt es sich aber - wie schon die Überschrift nahelegt - um bloße Hinweise zum Schallschutz, sind diese - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - nicht geeignet, die erhebliche Verkehrslärmproblematik zu lösen. Denn es ist nicht sichergestellt, dass die künftigen Bewohner des Baugebiets keinem Verkehrslärm ausgesetzt sein werden, der in einem reinen Wohngebiet unzumutbar ist. Weder ist verbindlich geregelt, dass die als bewohnte Lärmschutzwand konzipierte Bebauung entlang der Rohrhofer Straße vor der übrigen Bebauung errichtet wird, noch dass die Anordnung der Aufenthaltsräume in dieser Bebauung entsprechend den Empfehlungen des Gutachters erfolgen wird oder dass bei der Errichtung der Gebäude im gesamten Plangebiet Materialien verwendet werden, die die vom Gutachter als erforderlich erachteten Schalldämmmaße aufweisen. Die Erteilung von Baugenehmigungen zur Errichtung von Reihenhauszeilen am 18.12.2008 und am 01.12.2009 zeigt, dass tatsächlich die ernsthafte Gefahr besteht, dass den Bewohnern dieser Häuser der ihnen vom Schallgutachter zugedachte Schutz durch die Lärmschutzbebauung entlang der Rohrhofer Straße nicht zuteil wird. Denn für die Bebauung entlang der Rohrhofer Straße liegt keine Baugenehmigung vor. Darüber hinaus enthält zumindest die Baugenehmigung vom 18.12.2008 keine Auflagen hinsichtlich der Verwendung von Materialien mit bestimmten Schalldämmmaßen, wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat.
71 
c) Der Bebauungsplan verstößt deshalb gegen das Gebot der Konfliktbewältigung. Denn grundsätzlich sind die durch die Planung ausgelösten Konflikte durch die Planung selbst zu bewältigen. Sie dürfen nicht zu Lasten der Betroffenen letztlich ungelöst bleiben. Einzelne Teile der Konfliktbewältigung können zwar in ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren verschoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2010 - 4 B 76.09 - juris; kritisch Fickert/Fieseler, BauNVO Kommentar, 11. Aufl. 2008, § 15 Rn. 1.13). Dies gilt allerdings nur, wenn dort eine Konfliktbewältigung erwartet werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Bebauungsplan bereits die richtigen Weichenstellungen enthält, denn mit einem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren können die Festsetzungen eines Bebauungsplans nur noch feingesteuert oder nachgesteuert werden. Es kann die Festsetzungen weder korrigieren, noch kann es fehlende Festsetzungen ersetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.1989 - 4 NB 8.89 -, BauR 1989, 129; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, BauGB Kommentar, § 1 Rn. 215 ff. und Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 772 ff. jeweils m.w.N. der Rspr.; zur Verlagerung störfallrechtlicher Probleme ins immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.03.2010 - 4 BN 66.09 -, juris). Des weiteren ist in Rechnung zu stellen, dass die Errichtung einer baulichen Anlage nicht in jedem Fall die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens voraussetzt. Vielmehr genügt in den Fällen des § 51 LBO das Kenntnisgabeverfahren; Lärmschutzvorkehrungen könnten dann nur durch Einzelverfügungen festgesetzt werden, die allerdings einer Rechtsgrundlage bedürften.
72 
Im vorliegenden Fall enthält der angefochtene Bebauungsplan überhaupt keine Festsetzungen zum Lärmschutz. Es sind daher keine „Weichenstellungen“ vorhanden, die sicherstellen, dass in dem geplanten reinen Wohngebiet gebietsentsprechende Wohnverhältnisse herrschen werden. Lärmschutzmaßgaben der Baurechtsbehörde in den nachfolgenden bauordnungsrechtlichen Verfahren stellten somit keine Feinsteuerung der Vorgaben des Bebauungsplans dar. Im Übrigen wären solche mangels Rechtsgrundlage auch nicht zulässig.
73 
Die Grenze zur Gesundheitsgefährdung, die nach der Rechtsprechung allgemein ab 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht angenommen wird (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45), überschreitet der Verkehrslärm nach den schalltechnischen Berechnungen (noch) nicht, so dass ein Tätigwerden der Behörde nach § 47 Abs. 1 LBO aus Gründen der verfassungsrechtlichen Gesundheitsschutzpflicht des Staates nicht gerechtfertigt wäre. Die DIN 4109 (Schallschutz im Hochbau) stellt keine öffentlich-rechtliche Vorschrift über die Errichtung von Anlagen dar, auf deren Einhaltung die Baurechtsbehörde nach § 47 Abs. 1 LBO zu achten hat. Es handelt sich vielmehr um eine technische Norm, die die Anforderungen an den Schallschutz, d.h. dessen Art und Weise regelt. Ob überhaupt Schallschutzmaßnahmen erforderlich sind und von der Baurechtsbehörde gefordert werden können, muss sich dagegen aus einer öffentlich-rechtlichen Norm im Sinne des § 47 Abs. 1 LBO ergeben. An einer solchen Norm fehlt es im vorliegenden Fall. Auch § 3 Abs. 3 LBO stellt sie - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - nicht dar. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die oberste Baurechtsbehörde Regeln der Technik, die der Erfüllung der Anforderungen des § 3 Abs. 1 LBO dienen, als technische Baubestimmungen bekanntmachen. Die technischen Baubestimmungen sind nach § 3 Abs. 3 Satz 3 LBO einzuhalten. Ob § 3 Abs. 3 Satz 3 LBO überhaupt taugliche Grundlage einer Verfügung der Baurechtsbehörde sein kann, mit der dem Bauherrn bestimmte Baumaßnahmen aufgegeben werden, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Jedenfalls im vorliegenden Fall könnte eine Anordnung zum Schallschutz nicht auf diese Vorschrift gestützt werden. Das Innenministerium Baden-Württemberg hat die DIN 4109 zwar mit Bekanntmachung vom 06.11.1990 als technische Baubestimmung eingeführt (GABl. 1990, 829). Nach Nr. 2.1 des Einführungserlasses bedarf es eines Nachweises der Luftschalldämmung von Außenbauteilen aber nur, wenn a) der Bebauungsplan festsetzt, dass Vorkehrungen zum Schutz vor Außenlärm an Gebäuden zu treffen sind (§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB) oder b) der sich aus amtlichen Lärmkarten oder Lärmminderungsplänen nach § 47a BImSchG ergebende „maßgebliche Außenlärmpegel“ ein bestimmtes Maß überschreitet. Beide Varianten sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
74 
Auch § 15 Abs. 1 BauNVO scheidet als Rechtsgrundlage einer Verfügung aus, mit der einem Bauherrn Maßnahmen zur Gewährleistung bestimmter niedrigerer Immissionswerte aufgegeben werden. Denn dies käme einer vollständigen Verlagerung der Konfliktlösung auf das nachfolgende bauordnungsrechtliche Verfahren gleich. Die Baurechtsbehörde hätte zu entscheiden, welcher Lärmbelastung die Gebietsbewohner künftig ausgesetzt sein sollen. Eine solche Entscheidung ist jedoch Sache der planenden Gemeinde; sie muss diese Frage im Rahmen der Abwägung der von der Planung betroffenen Belange beantworten und durch Festsetzungen im Bebauungsplan verbindlich regeln.
75 
d) Eine Konfliktlösung kann im Einzelfall zwar auch durch geeignete vertragliche Vereinbarungen, insbesondere im Rahmen von städtebaulichen Verträgen nach § 11 BauGB sichergestellt werden (vgl. Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, a.a.O. Rn. 220). Von einer solchen Lösung ging wohl auch die Antragsgegnerin aus, denn in der Begründung zum Bebauungsplan wird darauf verwiesen, dass die bestehende Lärmproblematik im städtebaulichen Vertrag aufgezeigt und in den Kaufverträgen der Grundstücke eingehend thematisiert werde. Des weiteren wird im Rahmen der Abwägung (Nr. 9.3 der Begründung) darauf abgestellt, dass „im städtebaulichen Vertrag die Verpflichtung zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche dahingehend geregelt“ werde, „dass die Empfehlungen der schalltechnischen Untersuchung zu den zu ergreifenden Maßnahmen der Lärmvorsorge verpflichtend in die Kaufverträge der künftigen Grundstückseigentümer zu übernehmen“ seien.
76 
Der Verkehrslärmkonflikt wird durch den zwischen der Antragsgegnerin und dem Investor am 09.07.2007 geschlossenen Vertrag jedoch gerade nicht gelöst. Denn der städtebauliche Vertrag enthält keine Regelung, nach der der Investor verpflichtet ist, in die Kaufverträge mit den Grundstückskäufern Empfehlungen zum Schallschutz aufzunehmen. Nach § 8 des Vertrages ist der Investor lediglich verpflichtet, den Betrieb und die Immissionen der Wasserski- und Freizeitanlage Rheinauer See im derzeit genehmigten Umfang zu dulden. Im Übrigen regelt die Vertragsbestimmung Einzelheiten des Verzichts auf Abwehransprüche. Sie betrifft somit allein die Lärmimmissionen der bestehenden Freizeiteinrichtungen, nicht jedoch Verkehrsimmissionen. Eine Verpflichtung, den Käufern die Durchführung bestimmter Lärmschutzmaßnahmen aufzuerlegen, besteht nicht. Der Investor ist nicht einmal verpflichtet, die Käufer auf die bestehende Verkehrslärmproblematik aufmerksam zu machen. Möglicherweise ist dies unterlassen worden, weil geplant ist, dass der Investor sämtliche Häuser selbst baut und die Antragsgegnerin davon ausging, dass dabei Materialien verwendet werden, die die erforderlichen Schalldämmmaße einhalten. Im Idealfall wären die Empfehlungen des Lärmgutachters dann umgesetzt. Es fehlt jedoch bereits an einer vollstreckbaren Verpflichtung für den Fall, dass der Investor die erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen - beispielsweise aus Kostengründen - doch unterlässt. Erst recht fehlt eine solche Verpflichtung, falls nicht der Investor, sondern ein Dritter die Errichtung der Häuser übernimmt, weil beispielsweise der Investor insolvent wird oder er sich dazu entschließt die Grundstücke unbebaut zu veräußern. Eine verbindliche Regelung, die für diesen Fall die Wahrung gesunder - gebietsentsprechender - Wohnverhältnisse sicherstellen könnte, besteht nicht.
77 
3. Der Bebauungsplan leidet zudem an einem weiteren Abwägungsfehler, weil als Art der baulichen Nutzung ein reines Wohngebiet festgesetzt worden ist, ohne gleichzeitig Lärmschutzmaßnahmen vorzusehen, die das erforderliche höhere Lärmschutzniveau eines solchen Baugebiets nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 BauNVO sicherstellen und keine besonderen städtebaulichen Gründe vorliegen, die die Festsetzung eines reinen Wohngebiets trotz massiver Überschreitung der einschlägigen Orientierungswerte der DIN 18005 rechtfertigen. Das Unterlassen der Festsetzung von Lärmschutzmaßnahmen und die Festsetzung eines reinen Wohngebiets sind angesichts des Ausmaßes der Verkehrslärmbelastung des Plangebiets und dessen konkreter Lage in der Weise miteinander verbunden, dass der Verzicht auf verbindliche Lärmschutzmaßgaben eine andere Gebietsfestsetzung erfordert hätte oder umgekehrt bei Festsetzung eines reinen Wohngebiets verbindliche Lärmschutzvorgaben in den Bebauungsplan hätten aufgenommen werden müssen (vgl. auch die Ausführungen oben unter III. 1.).
78 
Eine Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 bedeutet zwar nicht von vornherein, dass eine Planung an einem Fehler leidet, der zu seiner Unwirksamkeit führt. Vielmehr kann im Einzelfall auch eine Überschreitung das Ergebnis einer gerechten bauleitplanerischen Abwägung der Gemeinde sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.06.2007 - 4 BN 6.07 -, BRS 71 Nr. 49). Je weiter aber die Orientierungswerte der DIN 18005 überschritten werden, desto gewichtiger müssen die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe sein und desto mehr hat die Gemeinde die baulichen und technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zur Verfügung stehen, um diese Auswirkungen zu verhindern (BVerwG, Urteil vom 22.03.2007 - 4 CN 2.06 -, BVerwGE 128, 238). Ausgehend von diesen Grundsätzen erfüllt der bloße Hinweis auf die Verkehrslärmproblematik nicht die Anforderungen an ein sachgerechtes Abwägungsergebnis. Denn es bedurfte angesichts der massiven Überschreitung der Orientierungswerte zunächst sehr gewichtiger städtebaulicher Gründe, die die Festsetzung eines reinen Wohngebiets trotz dieser Überschreitung rechtfertigen könnte. Dafür ist indes nichts ersichtlich. Die Begründung zum Bebauungsplan nennt als Grund für die Festsetzung eines reinen Wohngebiets unter Ausschluss sämtlicher nach § 3 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässiger Nutzungen die „Merkmale der angrenzenden Wohnquartiere“, die „städtebauliche Zielsetzung“ und die „geplanten Nutzungsabsichten im Plangebiet“. Die nach § 3 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen wurden ausgeschlossen, weil sie „den geplanten Nutzungsabsichten zuwiderlaufen und … sich als nicht umfeldverträglich erweisen“. Die genannten Gründe für die Festsetzung eines reinen Wohngebiets sind zwar städtebaulicher Natur, sie haben jedoch kein besonderes Gewicht. Sie liegen bei jeder Planung eines Wohngebiets vor. Weshalb andere Nutzungen nicht „umfeldverträglich“ sein sollen, wird nicht dargelegt. Das Plangebiet grenzt im Norden an eine Reihenhaussiedlung, im Osten an den Rheinauer See, im Süden an Brachgelände und im Westen an Geschosswohnungsbau. Die das Plangebiet umschließenden Straßen sind stark befahren. Die Umgebung des Plangebiets ist demzufolge weder besonders ruhig, noch hat sie einen besonders hochwertigen Charakter (z. B. den einer Villensiedlung). Bei dieser Ausgangslage ist nicht zu erkennen, dass nur reine Wohnnutzungen mit dem bestehenden Umfeld harmonieren.
79 
4. Rechtlich problematisch sind darüber hinaus die Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans zum Maß der baulichen Nutzung im Baugebiet WR 2a und WR 2b, weil sie die in § 17 Abs. 1 BauNVO für reine Wohngebiete festgelegte Obergrenze für die Geschossflächenzahl von 1,2 übersteigen und eine Rechtfertigung hierfür nach § 17 Abs. 2 BauNVO derzeit zweifelhaft erscheint. Denn den Aufstellungsvorgängen lässt sich nicht mit Sicherheit entnehmen, dass sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin abwägend mit dieser Frage auseinandergesetzt hat. Einer abschließenden Entscheidung hierüber bedarf es angesichts der oben dargestellten Fehler des Bebauungsplans indes nicht. Der Senat weist nur auf das Folgende hin:
80 
Der Bebauungsplan setzt für das Baugebiet WR 2a drei bis vier Vollgeschosse, für das Baugebiet WR 2b vier Vollgeschosse fest. Bei der festgesetzten Grundflächenzahl von 0,4 ergibt dies in beiden Baugebieten eine maximal zulässige Geschossflächenzahl von 1,6. Damit wird die in § 17 Abs. 1 BauNVO festgelegte Obergrenze um 0,4 überschritten. Bei den Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO handelt es sich um grundsätzlich bindende Vorgaben für die Abwägung, die den Rahmen für die Planung setzen (vgl. König/Röser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 17 Rn. 6; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 17 Rn. 2; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO § 17 Rn. 8). Auch wenn in einem Bebauungsplan - wie hier - die Grundflächenzahl nicht festgesetzt worden ist, darf die Obergrenze des § 17 Abs. 1 BauNVO durch die übrigen Festsetzungen grundsätzlich nicht überschritten werden (Fickert/Fieseler, a.a.O. Rn. 9). Eine Ausnahme besteht nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 und - des hier nicht einschlägigen - § 17 Abs. 3 BauNVO. Die Gemeinde hat in der Begründung zum Bebauungsplan darzulegen, dass die besonderen Anforderungen des § 17 Abs. 2 BauNVO erfüllt sind (vgl. König/Roeser/Stock, a.a.O. Rn. 7; Fickert/Fieseler a.a.O. Rn. 23 und 28). Denn nach der Planbegründung beurteilt sich maßgeblich, ob der Plangeber die Voraussetzungen für eine Überschreitung der Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung zu Recht angenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.01.1995 - 4 NB 42.93 -, Buchholz 406.12 § 17 BauNVO Nr. 5; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.11.2009 - 2 A 19.07 -, juris Rn. 35). Ausgehend davon, ist nicht eindeutig zu erkennen, welche Gründe und Umstände die Antragsgegnerin dazu bewogen haben, eine Überschreitung der Obergrenzen festzusetzen.
81 
Die Begründung gibt bereits Anlass zu Zweifeln, ob sich die Antragsgegnerin der Überschreitung der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO überhaupt bewusst war. Denn unter der Überschrift „Überschreitung des Maßes der baulichen Nutzung“ unter Nr. 2.2.2.3 der Begründung finden sich nur Ausführungen zu § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO. Nach dieser Vorschrift darf die zulässige Grundfläche durch die Grundflächen von Garagen, Stellplätzen, Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO und baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche um bis zu 50 % überschritten werden. Die Vorschrift des § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO wendet sich - anders als § 17 Abs. 1 BauNVO - nicht an die Gemeinde als Plangeberin, sondern betrifft die Ermittlung der zulässigen Grundflächenzahl einzelner Bauvorhaben. Dementsprechend befasst sich die Begründung zum Bebauungsplan an dieser Stelle auch nur mit der Frage, welche Grundflächenanzahlen unter Ausnutzung der Möglichkeiten des § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO erreicht werden können, wie hoch der Anteil der zusätzlich überbaubaren Fläche ist und wie hoch die durchschnittliche Grundflächenzahl im gesamten Baugebiet sein wird.
82 
Allerdings sind an mehreren Stellen der Begründung Ausführungen zum Maß der baulichen Nutzung im WR 2a und WR 2b entlang der Rohrhofer Straße zu finden. Sämtliche dieser Ausführungen stehen jedoch nicht in Zusammenhang mit der entsprechenden Festsetzung, geschweige denn mit der Überschreitung der Obergrenzen nach § 17 BauNVO, worauf die Antragsteller zu Recht hinweisen. Zur Frage, ob die Überschreitung durch vorhandene Umstände ausgeglichen ist oder durch Festsetzungen ausgeglichen wird, schweigt die Begründung zum Bebauungsplan.
83 
Objektiv betrachtet könnten - folgt man den Ausführungen der Antragsgegnerin - möglicherweise Gründe und Umstände vorliegen, die ein Überschreiten der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO rechtfertigen (vgl. dazu auch Beschluss des Senats vom 10.12.1997 - 3 S 2023/97 -, BauR 1998, 977). Allerdings muss die Überschreitung auch von einem entsprechenden planerischen Willen und einer abwägenden Entscheidung der Antragsgegnerin getragen sein, die die durch § 17 Abs. 2 BauNVO gesetzten Grenzen beachtet. Denn nicht nur die Festsetzung des konkreten Maßes der baulichen Nutzung im Rahmen des § 17 Abs. 1 BauNVO, sondern auch die Überschreitung der Obergrenzen steht im gestaltenden Ermessen der Gemeinde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.01.1996 - 4 NB 1/96 - NVwZ-RR 1997, 83). Im vorliegenden Fall lässt sich ein solcher Wille und eine abwägende Entscheidung nur schwer feststellen. Es spricht manches dafür, dass insoweit ein vollständiger Abwägungsausfall vorliegt.
84 
5. Angesichts der oben dargestellten Fehlerhaftigkeit der Planung bedarf es auch keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Rüge der Antragsteller durchgreift, das Plangebiet sei zu hohem Freizeit- und Sportanlagenlärm ausgesetzt. Offen bleiben kann insbesondere, ob das Freizeitlärmproblem in zulässiger Weise durch Übernahme einer Baulast durch die Eigentümerin des südlich des Plangebiets gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. ... gelöst werden konnte, mit der sie darauf verzichtet, die auf ihrem Grundstück bauplanungsrechtlich festgesetzte private Tennisanlage zu errichten (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 12.11.1987 - 4 B 216.87 -, Buchholz 406.17 BauordnungsR Nr. 24; Beschluss vom 02.12.2009 - 4 B 74.09 -, BauR 2010, 742; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.09.2009 - 3 S 1773/07 -, VBlBW 2010, 41).
85 
6. Ein Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB als besonderer Ausprägung des Abwägungsgebots des § 1 Abs. 7 BauGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 1.08.2002 - 4 C 5/01 - BVerwGE 117, 25; Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O. § 2 Rn 99) vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Stadt Brühl hat ihre Belange im Rahmen der Beteiligung vorgetragen. Sie wurden bewertet und abgewogen. Das Ergebnis der Abwägung lässt insoweit keinen Fehler erkennen.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss vom 19. Mai 2010
89 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG endgültig auf 80.000,-- EUR festgesetzt.
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden,wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höheleistet.


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(1) Art und Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung ergeben sich in der Regel aus den für die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben maßgeblichen §§ 30, 33 und 34 des Baugesetzbuchs und den sonstigen Vorschriften, die die Nutzbarkeit betreffen. Wird vom Maß der zulässigen Nutzung in der Umgebung regelmäßig abgewichen, ist die Nutzung maßgebend, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zugrunde gelegt wird.

(2) Als wertbeeinflussende Rechte und Belastungen kommen insbesondere Dienstbarkeiten, Nutzungsrechte, Baulasten sowie wohnungs- und mietrechtliche Bindungen in Betracht.

(3) Für den abgabenrechtlichen Zustand des Grundstücks ist die Pflicht zur Entrichtung von nichtsteuerlichen Abgaben maßgebend.

(4) Lagemerkmale von Grundstücken sind insbesondere die Verkehrsanbindung, die Nachbarschaft, die Wohn- und Geschäftslage sowie die Umwelteinflüsse.

(5) Weitere Merkmale sind insbesondere die tatsächliche Nutzung, die Erträge, die Grundstücksgröße, der Grundstückszuschnitt und die Bodenbeschaffenheit wie beispielsweise Bodengüte, Eignung als Baugrund oder schädliche Bodenveränderungen. Bei bebauten Grundstücken sind dies zusätzlich insbesondere die Gebäudeart, die Bauweise und Baugestaltung, die Größe, Ausstattung und Qualität, der bauliche Zustand, die energetischen Eigenschaften, das Baujahr und die Restnutzungsdauer.

(6) Die Restnutzungsdauer ist die Zahl der Jahre, in denen die baulichen Anlagen bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden können; durchgeführte Instandsetzungen oder Modernisierungen oder unterlassene Instandhaltungen oder andere Gegebenheiten können die Restnutzungsdauer verlängern oder verkürzen. Modernisierungen sind beispielsweise Maßnahmen, die eine wesentliche Verbesserung der Wohn- oder sonstigen Nutzungsverhältnisse oder wesentliche Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit über eine denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung nach rheinland-pfälzischem Landesrecht.

I.

2

Durch eine Rechtsverordnung aus dem Jahre 1984 wurde ein Gebiet in K... als Denkmalzone "N..." unter Denkmalschutz gestellt. Schutzzweck der Denkmalzone ist die Erhaltung und Pflege der N... zu G..., wobei die Denkmalschutzverordnung die N... mit der Schlosskapelle und den zugehörigen Parkanlagen als bauliche Gesamtanlage im Sinne von § 5 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des rheinland-pfälzischen Denkmalschutz- und -pflegegesetzes vom 23. März 1978 (GVBl S. 159 - DSchPflG) einordnet. In die Denkmalzone einbezogen war das (damalige) Grundstück Gemarkung G..., Flur ..., Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht.

3

Die Geschwister des Beschwerdeführers sind seit Anfang der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts Eigentümer des Areals der N... einschließlich des Kapellengrundstücks und nutzten es in Teilen gewerblich. Im Jahre 1993 ließen sie eine Zwischendecke mit Fußbodenheizung in die Kapelle einziehen. Die Denkmalschutzbehörde gab ihnen daraufhin auf, die Zwischendecke zu beseitigen und den alten Zustand der Kapelle wiederherzustellen. Widerspruch, verwaltungsgerichtliche Klage sowie anschließende Verfassungsbeschwerde hiergegen blieben erfolglos.

4

Während dieses Rechtsstreits teilten die Geschwister des Beschwerdeführers im Jahre 2006 das Grundstück Nr. .... Das neue Grundstück Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht, ließen sie dem Beschwerdeführer auf. Er wurde im Sommer 2006 in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Im Herbst 2006 beantragte er die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 DSchPflG in der bis zum 9. Dezember 2008 gültigen Fassung erforderliche Genehmigung zum Abriss der Kapelle (zur teilweisen Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung vgl. BVerfGE 100, 226 sowie zu den Anforderungen an eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Oktober 2001 - 1 A 11012/01.OVG -, NVwZ-RR 2002, S. 267 <268>; Urteil vom 21. August 2003 - 1 A 11997/02.OVG -, juris Rn. 28; Urteil vom 26. Mai 2004 - 8 A 12009/03 -, juris Rn. 34).

5

Die Denkmalschutzbehörde lehnte mit dem hier angegriffenen Bescheid den Antrag auf Erteilung der Abrissgenehmigung ab. Seine Klage hiergegen stützte der Beschwerdeführer vor allem darauf, dass ihm die Erhaltung des Denkmals nicht zumutbar sei. Als Eigentümer der Schlosskapelle könne er die Erhaltungspflicht aus den mit dem Denkmal möglicherweise erzielbaren Einnahmen nicht erfüllen. Die Schlosskapelle, auf die es hier allein ankomme, erfordere Modernisierungs- und Instandsetzungsaufwendungen im Werte von ca. 195.000 €, denen ein Ertragswert des Grundstücks in Höhe von lediglich 50.000 € gegenüberstehe.

6

Die Klage vor dem Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist es der Auffassung, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals, wenn wie hier eine Denkmalzone in Rede stehe, auf den im Eigentum einer Person stehenden denkmalgeschützten Gesamtbestand abzustellen sei. Dabei müssten hier die nach Unterschutzstellung eingetretenen Änderungen in den Eigentumsverhältnissen berücksichtigt werden, wenn sie auf das Verhältnis zwischen Erhaltungsaufwand für das Denkmal und Ertrag Auswirkungen haben könnten. Ansonsten bestünde die Gefahr einer Aufsplitterung des Denkmalschutzes.

7

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG.

8

Die Auslegung des denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsvorbehalts, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf die bauliche Gesamtanlage abzustellen sei, verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Zwar könnten Eigentümerbefugnisse durch Gesetz eingeschränkt werden. Dabei dürfe der Kernbereich der Eigentumsgarantie jedoch nicht ausgehöhlt werden. Zu dieser gehörten sowohl die Privatnützigkeit, also auch die Zuordnung des Eigentumsobjekts zu einem Rechtsträger, dem es als Grundlage privater Initiative von Nutzen sein solle, als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand. Diese grundsätzliche Verfügungsbefugnis und die Privatnützigkeit des Eigentums würden durch die mit der Beschwerde angegriffenen Akte nicht mehr gewährleistet, wenn bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die gesamte unter Denkmalschutz gestellte Anlage und nicht die Kapelle als Einzelbauwerk als maßgebend angesehen werde und keinerlei andere Kompensation der nicht mehr zumutbaren Eigentumsbelastung vorgesehen sei.

9

Die (nachträgliche) Aufteilung eines Grundstücks sei rechtlich nicht untersagt. Sie sei auch nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt, so dass der zivilrechtliche Auseinandersetzungsvertrag zwischen ihm und seinen Geschwistern wegen Verstoßes gegen § 134 BGB oder § 138 BGB nichtig wäre. Vielmehr sei damit eine Grundstückssituation entstanden, die für Denkmalensembles häufig anzutreffen sei, dass nämlich in einer Denkmalzone verschiedene Grundstückseigentümer lediglich "denkmalrechtlich" zu einem Ensemble zusammengefasst würden. Weshalb in diesen Konstellationen die verfassungsrechtlich gebotene Betrachtung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit anders durchzuführen sei als bei einer Situation, in der die Denkmalwirkung erst nachträglich über verschiedene Grundstückseigentümer durch eine Rechtsverordnung erzeugt werde, erschließe sich nicht.

10

Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich die Kreisverwaltung Mayen-Koblenz, das Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz und das Bundesverwaltungsgericht geäußert.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG für eine Annahme sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die Maßstäbe für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Abrissgenehmigung hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu § 13 Abs. 1 Satz 2 DSchPflG geklärt (vgl. BVerfGE 100, 226). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

12

Die Versagung der Genehmigung zum Abriss der Schlosskapelle ist die Konkretisierung einer Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 100, 226 <240>). Sie schränkt die Eigentümerbefugnisse des Beschwerdeführers zwar ein, belastet ihn aber nicht unverhältnismäßig.

13

Die Denkmalschutzbehörde verfolgt mit der Versagung der Abrissgenehmigung einen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Zweck.

14

Der Schutz von Kulturdenkmälern ist grundsätzlich ein legitimes Anliegen, Denkmalpflege eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang, die einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG rechtfertigt (BVerfGE 100, 226<242>). Die Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 (VOBl S. 209, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 2005 ) verpflichtet zudem in Art. 40 Abs. 3 das Land, die Denkmäler der Kunst und der Geschichte in seine Obhut und Pflege zu nehmen.

15

Die Denkmalschutzbehörde hat in dem angegriffenen Bescheid die besondere Bedeutung der Schlosskapelle für die N... nachvollziehbar geschildert. Auch der Beschwerdeführer stellt die Berechtigung der Unterschutzstellung der Schlosskapelle nicht in Frage.

16

Die Versagung der Genehmigung ist geeignet und erforderlich, den Zweck der Rechtsverordnung über die Unterschutzstellung der Denkmalzone "N..." zu erfüllen. Ein Abriss hätte den unwiederbringlichen Verlust eines in dieser Rechtsverordnung ausdrücklich genannten Gebäudes zur Folge.

17

Die Versagung der Genehmigung belastet den Beschwerdeführer auch nicht unverhältnismäßig.

18

Dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals kann nur durch Inpflichtnahme des Eigentümers des Grundstücks und Gebäudes Rechnung getragen werden, dessen Eigentum daher einer gesteigerten Sozialbindung unterliegt. Sie ergibt sich aus der Situationsgebundenheit, hier der Lage und Beschaffenheit des Grundstücks (BVerfGE 100, 226 <242>).

19

Durch das Beseitigungsverbot wird die bestehende Nutzung eines Baudenkmals nicht eingeschränkt (BVerfGE 100, 226 <242>). Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 91, 294 <310>; 100, 226 <242 f.>).

20

Anders liegt es aber, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Dazu kann es kommen, wenn die ursprüngliche Nutzung infolge veränderter Verhältnisse hinfällig wird und eine andere Verwendung, auf die der Eigentümer in zumutbarer Weise verwiesen werden könnte, sich nicht verwirklichen lässt. Wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch nicht veräußern kann, wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt. Nimmt man die gesetzliche Erhaltungspflicht hinzu, so wird aus dem Recht eine Last, die der Eigentümer allein im öffentlichen Interesse zu tragen hat, ohne dafür die Vorteile einer privaten Nutzung genießen zu können. Die Rechtsposition des Betroffenen nähert sich damit einer Lage, in der sie den Namen "Eigentum" nicht mehr verdient. Die Versagung einer Beseitigungsgenehmigung ist dann nicht mehr zumutbar (BVerfGE 100, 226 <243>).

21

Gemessen hieran erweist sich die Versagung der Abrissgenehmigung gegenüber dem Beschwerdeführer nicht als unzumutbar. Der Fall des Beschwerdeführers ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die seine Belastung als Eigentümer mit der Erhaltung der denkmalgeschützten Schlosskapelle als mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar erscheinen lassen.

22

Allerdings wird sich die Zumutbarkeit der Erhaltung eines denkmalgeschützten Gebäudes im Hinblick auf die damit einhergehenden Belastungen grundsätzlich nur nach den sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten des denkmalgeschützten Gesamtbestands in der Hand eines Eigentümers beurteilen lassen. Nutzungs- und Ertragsmöglichkeiten anderer Eigentümer von Teilen einer denkmalgeschützten Gesamtanlage können grundsätzlich nicht in die wirtschaftliche Zumutbarkeitsprüfung einbezogen werden, sofern kein rechtlich gesichertes Ausgleichsverhältnis zwischen den verschiedenen Grundstückseigentümern besteht. Hiervon geht im Grundsatz auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in dem angegriffenen Beschluss unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Februar 1994 - 8 A 11609/92.OVG -, AS 24, 294 <298>) aus.

23

Der Fall des Beschwerdeführers weist hingegen die Besonderheit auf, dass er den neu zugeschnittenen Grundstücksteil mit der - nach seinem von den Fachgerichten als richtig unterstellten Vortrag - für sich genommen wirtschaftlich nicht tragfähigen Schlosskapelle zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem die Gesamtanlage bereits als Denkmalzone ausgewiesen war. Deren wirtschaftlich sinnvolle Nutzbarkeit insgesamt steht nicht in Streit. Das vom Beschwerdeführer in privatautonomer Entscheidung erworbene Grundstück mit der Schlosskapelle war also zum Zeitpunkt seines Eigentumserwerbs bereits denkmalschutzrechtlich vorbelastet. Dies musste ihm auch bewusst sein. Die vom Beschwerdeführer erlangte Eigentümerstellung war mithin, worauf auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Stellungnahme hinweist, von vornherein denkmalschutzrechtlich eingeschränkt. Dieser Umstand beeinflusste notwendig den Wert des von ihm erworbenen Grundstücks.

24

Das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen bereits in seiner Rechtsprechung zur Kostentragungspflicht des Grundstückseigentümers für eine Altlastensanierung aus Gründen der öffentlichen Gefahrenabwehr betont, dass die Beurteilung dessen, was dem Grundstückseigentümer im Interesse des Gemeinwohls zugemutet werden kann, maßgeblich auch davon beeinflusst wird, ob er die entsprechende Belastung gekannt oder zumindest das Risiko einer solchen Belastung beim Grundstückserwerb bewusst in Kauf genommen hat (vgl. BVerfGE 102, 1 <21 f.>).

25

Die in Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Privatnützigkeit des Eigentums gewährleistet mithin nicht, dass der Grundstücksertrag der Eigentümer einer denkmalgeschützten Gesamtanlage, deren Erhalt für sich genommen wirtschaftlich zumutbar ist, dadurch gesteigert wird, dass einzelne, wirtschaftlich unrentable Teile mit Denkmalbestand eigentumsrechtlich aus einem solchen Ensemble "herausgeschnitten" werden und dadurch der Erhalt dieser Denkmäler infrage gestellt oder dessen Kosten letztlich der Allgemeinheit auferlegt werden.

26

Die angegriffenen Entscheidungen tragen diesen Grundsätzen Rechnung und sind daher mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer würde eine unter Denkmalschutz gestellte Gesamtanlage nicht zu dem Zweck, die Voraussetzungen einer (vermeintlichen) Unzumutbarkeit der Erhaltung eines Teils des Denkmals zu schaffen, oder jedenfalls unter Inkaufnahme dieser Folge eigentumsrechtlich aufspalten, und eine dem Denkmalschutz aufgeschlossene Person würde eine derartige Eigentumsposition nicht erwerben.

27

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23. August 2012 – 5 L 617/12 – wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu je ½.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller, nach eigener Erklärung Eigentümer des Anwesens S-straße 13-15 in A-Stadt (Flur 1, Parzellen Nr. 187 und 185), begehren einstweiligen Rechtschutz gegen das mit Bauschein vom 8.9.2011 von der Antragsgegnerin genehmigte Neubauvorhaben des Beigeladenen in A-Stadt, S-straße 17 (Flur 1, Parzellen Nr. 140 und 141).

Den Antragstellern war mit Bauschein vom 6.9.1999 der zweigeschossige “Neubau eines Zweifamilienhauses“ mit ausgebautem Mansarddach auf dem vorgenannten Grundstück unter gleichzeitiger Befreiung von § 6 I, II und V LBO 1996 wegen Überschreitens der Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche genehmigt worden.

Unter dem 8.9.2011 erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen im Verfahren nach § 65 LBO 2004 – nachstehend: LBO - die Baugenehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses auf dem Grundstück S-straße 17, das vom Grundstück der Antragsteller durch den von der S-straße abgehenden, ca. 5 m breiten B-weg getrennt ist, unter Zulassung einer Abweichung nach § 68 LBO wegen Überschreitens der Mitte dieser öffentlichen Verkehrsfläche; den Antragstellern wurde die Genehmigung nicht förmlich bekannt gegeben.

Am 31.5.2012 legten die Antragsteller Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein und beantragten am 3.7.2012 beim Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Der Eilrechtsschutzantrag blieb ohne Erfolg.

II.

Die fristgerecht eingelegte und - bei unterstellter Eigentümerstellung auch des nicht im Liegenschaftskataster eingetragenen Antragstellers zu 2. - auch ansonsten zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23.8.2012 – 5 L 617/12 -, mit dem ihr Antrag auf Anordnung der - gemäß §§ 80 II 1 Nr. 3 VwGO, 212a BauGB entfallenen - aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 31.5.2012 gegen den dem Beigeladenen erteilten Bauschein zum Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses auf dem Grundstück S-straße 17 in A-Stadt und die Zulassung einer Abweichung nach § 68 LBO, jeweils vom 8.9.2011, zurückgewiesen wurde, ist unbegründet.

Die Antragsteller haben ihre Beschwerde im Wesentlichen damit begründet, dass es ihnen als Eigentümer und Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks nicht verwehrt sei, den vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellten Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht durch die erteilte Baugenehmigung und den Befreiungsbescheid geltend zu machen. Nach der nachbarschützenden Bestimmung des § 7 I LBO seien vor den Außenwänden von Gebäuden oder vor den Abschnitten von Außenwänden von Gebäuden Flächen von oberirdischen Gebäuden sowie von Anlagen nach Abs. 7 freizuhalten (Abstandsflächen), die nach § 7 II 1 LBO auf dem Grundstück selbst liegen müssten, nach § 7 II 2 LBO aber auch auf öffentlichen Verkehrsflächen liegen dürften, jedoch nur bis zu deren Mitte. Die letztgenannte Vorschrift diene insoweit dem Nachbarschutz, als dem „Gegenüberlieger“ wegen des Überdeckungsverbots des § 7 III 1 LBO bei Überschreiten der Flächenmitte die rechtliche Möglichkeit genommen werde, die Abstandsfläche bis zur Straßenmitte auszunutzen. Vorliegend habe die Antragsgegnerin dem Beigeladenen mit der Abweichung ein Überschreiten bis an die Grenze des Grundstücks der Antragsteller zugelassen, die dieser insbesondere wegen der Höhe des Vorhabens zum Nachteil der Antragsteller voll ausschöpfe. Darin liege ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts. Hierauf könnten sich die Antragsteller, die davon ausgingen, dass sie selbst das Abstandsflächenrecht einhielten, „ihre Abstandsfläche bis zur Mitte der Verkehrsfläche“ liege, auch berufen. Grundsätzlich könne sich der Nachbar gegen jede Unterschreitung der Mindestabstandsfläche zur Wehr setzen. Allerdings könne er aus dem Gesichtspunkt unzulässiger Rechtsausübung gehindert sein, diese Verletzung des Grenzabstands zu rügen. Zulässig sei eine Abwehrmaßnahme dann, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht vergleichbar sei. Das sei vorliegend der Fall, da die Verletzung der Abstandsregelungen durch das Vorhaben des Beigeladenen schwerer wiege als die Inanspruchnahme des öffentlichen Verkehrsraums durch die Antragsteller. Dies ergebe sich bereits aus dem konkreten Grenzabstand und auch der Qualität der mit der Rechtsverletzung einhergehenden Beeinträchtigungen durch das Vorhaben des Beigeladenen, aber auch aus dessen Höhe. Darüber hinaus liege eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme zu Lasten der Antragsteller vor. Das Bauvorhaben des Beigeladenen füge sich nicht im Sinne des § 34 I BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein und verstoße gegen das im Gebot des „Einfügens“ enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Das Bauvorhaben enthalte mehr Geschosse als die sonstigen Gebäude in der näheren Umgebung in der S-straße, es sei höher als die Nachbarbebauung und weiche hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werde, von der vorhandenen Umgebungsbebauung ab. Zudem sei es rücksichtslos, da von ihm eine erdrückende Wirkung ausgehe. Dies zeige ein Vergleich mit dem vom Bundesverwaltungsgericht als rücksichtslos gewerteten „Silo“-Fall. Hinzu komme, dass das geplante Vorhaben eine Wandfläche von – überschlägig – ca. 125 m2 gegenüber ihrem Gebäude aufweise, wobei es wegen seiner Fensterlosigkeit noch größer, massiver und „erdrückender“ gegenüber der Nachbarschaft in Erscheinung trete und wie ein mindestens viergeschossiges Hochhaus – gleichsam in einer Häuserschlucht - wirke. Andere Gründe stünden dem Antragsteller-Begehren nicht entgegen. Insbesondere hätten sie zu keinem Zeitpunkt auf Rechtsmittel verzichtet. Dass keine Verwirkung eingetreten sein könne, zeige zudem die zeitliche Abfolge.

Auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung, die den Umfang der gerichtlichen Prüfung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 IV 6 VwGO bestimmt, ist festzustellen, dass das Verwaltungsgericht die Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der angefochtenen Baugenehmigung gemäß §§ 80a I Nr. 2 und III, 80 V VwGO entspr. zu Recht abgelehnt hat. Die überschlägige Rechtskontrolle ergibt vorliegend jedenfalls mit Blick auf die Rechtsposition der Antragsteller keine – zumindest - gewichtigen Zweifel an der rechtlichen Unbedenklichkeit(zum Maßstab  vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.3.2011 – 2 B 100/11 -, m.w.N.,  stRspr) der nach § 65 LBO erteilten Baugenehmigung; vorab kann auf die erstinstanzlichen Ausführungen zu den Voraussetzungen der begehrten Aussetzungsentscheidung Bezug genommen werden.

Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verletzt die Antragsteller entgegen ihrer Meinung zunächst bauordnungsrechtlich nicht in eigenen Rechten. Aus dem insofern allein gerügten Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht ergibt sich für sie kein Abwehrrecht.

Auszugehen ist davon, dass die Vorschriften über die Abstandsflächen (§§ 7 und 8 LBO) in ihrer Gesamtheit auch dem Nachbarschutz dienen.(vgl. Bitz/ Schwarz/ Seiler-Dürr/ Dürr, Baurecht Saarland, 2. Aufl. 2005,  Teil VIII, Rdnr. 17) Der baurechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er im Austausch dafür grundsätzlich deren Beachtung auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen.(BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 – 4 C 28.91 -, DVBl. 1994, 284) Daher hat ein Nachbar ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass die im Einzelfall vorgeschriebene Abstandsfläche eingehalten und davon nur im Einklang mit den Ermächtigungen in Bebauungsplänen oder durch Zulassung von Abweichungen – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – abgewichen wird.(vgl. etwa Simon/ Busse, Bayerische Bauordnung, 2008, Art. 6, Rdnr. 607)

Vorliegend hat das Vorhaben des Beigeladenen unstreitig Abstandsflächen einzuhalten (§ 7 I 1 LBO), die nach § 7 II 1 LBO grundsätzlich auf dem Grundstück selbst liegen müssen, jedoch nach § 7 II 2 LBO auch auf öffentlichen Flächen liegen dürfen, allerdings wegen des Überdeckungsverbots des § 7 III 1.HS LBO nur bis zu deren Mitte. Da das angegriffene Mehrfamilienhaus des Beigeladenen an der Grenze zur öffentlichen Fläche des B-wegs errichtet werden soll, die Fläche von der Grundstücksgrenze des Beigeladenen bis zur Mitte des Weges aber nicht für die nach § 7 IV, V LBO erforderlichen Abstandsflächen ausreicht, hat die Antragsgegnerin zugunsten des Beigeladenen eine Abweichung zugelassen, so dass die Abstandsflächen auf der öffentlichen Fläche nunmehr – über die Mitte hinaus - teilweise bis zur Grundstücksgrenze der Antragsteller reichen. Die Zulassung dieser Abweichung verstößt jedenfalls formal gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 7 II 2 LBO, die dem Nachbarn („Gegenüberlieger“) die Möglichkeit des eigenen Abstandsflächennachweises auf den dort genannten Flächen sichern soll. (vgl. Bitz/ Schwarz/ Seiler-Dürr/ Dürr, Baurecht Saarland, 2. Aufl. 2005,  Teil XI, Rdnr. 102 m.w.N.) Daraus ergibt sich, dass § 7 II 2 LBO offensichtlich darauf gerichtet ist, den „Gegenüberlieger“ als potentiellen späteren Nutzer des Abstandsflächennachweises vor einem Übergriff des Erstbauenden zu schützen. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Denn den Antragstellern, deren eigenes Grundstück von der zugelassenen Abweichung nicht tangiert ist, wurde bereits 1999 für ihr eigenes Neubauvorhaben im Genehmigungsverfahren eine Befreiung gemäß § 75 LBO 1996 von § 6 I, II i.V.m. V LBO 1996 (nunmehr § 7 I, II, V LBO 2004) „wegen zu geringer Abstandsfläche“ erteilt und sie haben ihrerseits dabei - wie die Verwaltungsunterlagen belegen und die Antragsteller nicht substantiiert in Frage stellen – Abstandsflächen auf der öffentlichen Wegfläche und zwar ebenfalls teilweise über die Mitte des B-wegs hinaus(Bl. 66 Verwaltungsunterlagen) in Anspruch genommen. Durch die Realisierung ihres Vorhabens wurde - ungeachtet der Frage der Rechtmäßigkeit der ihnen erteilten Baugenehmigung - der auf Ermöglichung einer Bebauung trotz fehlender Abstandsflächen auf eigenem Grundstück gerichtete Nachbarschutzzweck der Norm jedenfalls im Ergebnis erreicht. Ob § 7 II 2, III LBO bei dieser Fallgestaltung in Bezug auf das Vorhaben des Beigeladenen überhaupt noch hinsichtlich der Antragsteller als nachbarschützend angesehen werden kann, mag indes dahinstehen.

Den Antragstellern stehen jedenfalls auf der Grundlage des Abstandsflächenrechts schon deshalb keine Abwehrrechte gegen die Baugenehmigung des Beigeladenen zu, weil sie selbst in Realisierung ihrer Baugenehmigung unter Inanspruchnahme von Abstandsflächen über die Mitte des B-wegs hinaus gegen § 7 II 2 LBO (= § 6 II 2 LBO 1996) verstoßen haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie – wie sie hilfsweise vortragen - mit ihrem Bauvorhaben die Grenze der Mitte des B-wegs für die nachzuweisenden Abstandsflächen in deutlich geringerem Maße überschritten haben als dies bei dem Beigeladenen der Fall sein soll. Aus dem System des nachbarlichen Austauschverhältnisses folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, billigerweise – vorbehaltlich der Grenze des in planungsrechtlichen Vorschriften enthaltenen Rücksichtnahmegebotes - nicht verlangen kann, dass der Nachbar seinerseits die Abstandsfläche freihält; dies gilt nach der Rechtsprechung des Senats seit Inkrafttreten der LBO 2004 – in Abgrenzung von der bisher dahin geltenden, erstinstanzlich dargestellten Rechtslage - für den Eigentümer eines nicht im Einklang mit den Grenzabstandserfordernissen bebauten Grundstücks auch dann, wenn der abzuwehrende Eingriff in die Abstandsflächenfunktionen darüber hinausgeht.(Vgl. etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – und Beschluss vom 25.5.2010 – 2 A 31/10 -) Gesehen werden muss in diesem Zusammenhang, dass die in § 7 II 2 LBO angelegte hälftige Aufteilung der Breite öffentlicher Verkehrsflächen zur Aufnahme von Abstandsflächen vor Gebäudewänden auf gegenüberliegenden Baugrundstücken zunächst einmal dadurch zu Lasten des Beigeladenengrundstücks verschoben wurde, dass die Abstandsfläche des Gebäudes der Antragsteller die Mitte dieser Verkehrsfläche überschreitet, die Antragsteller mithin „nichts“ in das nachbarliche Austauschverhältnis einbringen, sondern ihren „Anteil“ an der Verkehrsfläche mehr als ausschöpfen. Im Weiteren kann keine Rede davon sein, dass die Antragsteller auf ihrem Grundeigentum ein Mehr an Grenzabstand zur Herstellung des prinzipiell die Summe der wechselseitig freizuhaltenden Abstandsflächentiefen ausmachenden Gebäudeabstandes in das Austauschverhältnis „einbrächten“ als der Beigeladene. Beide privaten Beteiligten lösen die Abstandsflächenproblematik ihrer Gebäude ausschließlich unter Inanspruchnahme der öffentlichen Verkehrsfläche und zwar jeweils in Abweichung von § 7 II 2 LBO.

Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung stellt sich auch unter bauplanungsrechtlichen Aspekten nachbarrechtlich nicht als unzulässig dar. Entgegen der Meinung der Antragsteller verstößt das genehmigte Bauvorhaben nicht gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot. Dieses ergibt sich für die vorliegend gegebene nicht beplante Ortslage aus dem Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ in § 34 I BauGB. Inhaltlich bedeutet das Gebot der Rücksichtnahme die Verpflichtung des Bauherrn, bei der baulichen oder gewerblichen Nutzung seines Grundstücks auf die berechtigten Interessen der Nachbarschaft Rücksicht zu nehmen; der Bauherr muss unter Umständen eigene Interessen zurückstellen, wenn dadurch gewichtigere Belange der umgebenden Grundstücke betroffen werden.(Grundlegend BVerwG, Urteil vom 25.2.1977 – IV C 22.75 – BVerwGE 52, 122 = BauR 1977, 244;  vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 - 4 C 28/91 -,  BRS 55 Nr.110) Das Gebot der Rücksichtnahme gebietet in seinem Kerngehalt also eine Abwägung der beiderseitigen Belange, wobei sich deren Gewichtung aus dem Kriterium der Unzumutbarkeit ergibt. Unzumutbar sind solche Einwirkungen, die nach den konkreten Umständen des Einzelfalls den Betroffenen billigerweise nicht mehr zugemutet werden können.(vgl. BVerwG, Urteil vom 23.5.1986 – 4 C 34/85 -, BRS 46 Nr. 176)

Entgegen der Meinung der Antragsteller ist nicht feststellbar, dass sich das Bauvorhaben des Beigeladenen nicht in die nähere Umgebung im Sinne des § 34 I BauGB einfüge, weil es mehr Geschosse enthalte und höher sei als andere Gebäude und auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werde, von der Umgebungsbebauung abweiche. Wie die Antragsgegnerin bereits mit in ihrer Stellungnahme vom 11.10.2012 in Bezug genommenem Schriftsatz vom 19.7.2012 unwidersprochen vorgetragen hat, verfügt das Anwesen S-straße 21 nach Augenschein über drei Vollgeschosse (einschließlich des Dachgeschosses) und ein weiteres zurückgesetztes Staffelgeschoss und ist daher mit dem Bauvorhaben des Beigeladenen (drei Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss) offensichtlich vergleichbar. Auch bleibt das Vorhaben des Beigeladenen hinsichtlich der absoluten Höhenentwicklung unter der Höhe des bestehenden Wohngebäudes S-straße 21. Der Vergleich mit dem Anwesen der Antragsteller, das ausweislich der vorliegenden Nordostansicht(Bl. 65 Verwaltungsunterlagen) eine Höhe von 10,08 m aufweist, ergibt, dass das Vorhaben des Beigeladenen an der dem Antragsteller-Anwesen zugewandten Seite(Bl. 62a Verwaltungsunterlagen) maximal 12,90 m hoch und somit nicht wesentlich höher ist. Auch mit Blick auf die überbaute Fläche, die nachbarrechtlich allerdings als solche unerheblich ist, unterscheiden sich das angegriffene Bauvorhaben mit rund 137 m2 und das antragstellerische Anwesen mit rund 129 m2 nicht erheblich. Dass sich das Bauvorhaben somit nicht im Rahmen der Bebauung in der näheren Umgebung hielte, lässt sich jedenfalls aus der Beschwerdebegründung nicht ableiten.

Es spricht auch nichts durchgreifend dafür, dass von dem realisierten Bauvorhaben eine erdrückende Wirkung auf die Antragsteller zu erwarten wäre und es sich daher ihnen gegenüber als rücksichtslos darstellte. Nach Aktenlage ist schon nicht wahrscheinlich, dass das Bauvorhaben sich erheblich nachteilig auf das Nachbaranwesen auswirken kann. Denn auf der dem Bauvorhaben zugewandten Seite des grenzständig errichteten Anwesens der Antragsteller befinden sich keine Aufenthaltsräume, sondern lediglich das Treppenhaus, in das die Hauseingangstür unmittelbar von dem in diesem Bereich als Treppe ausgestalteten B-weg führt und das auf dieser Seite nur ein Dachgeschoss-Fenster aufweist(Bl. 63 Verwaltungsunterlagen), welches angesichts seiner Lage im dritten Geschoss durch das im Nordosten vorgesehene Nachbargebäude wohl kaum eine deutliche Einschränkung hinsichtlich des Lichteinfalls erfahren wird. Soweit das angefochtene höher liegende Bauvorhaben wegen der starken Hanglage der S-straße aus Sicht der Antragsteller als Unterlieger höher und massiver wirkt als dies bei auf gleicher Höhe liegenden Nachbargrundstücken der Fall wäre, hätten die Antragsteller dies als lagebedingte Vorbelastung ihres Grundstücks hinzunehmen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem Bauvorhaben eine für die Antragsteller objektiv “erdrückende“ oder „einmauernde“ Wirkung, die die Rechtsprechung bisher nur in Ausnahmefällen angenommen hat(bejaht:  BVerwG, Urteile vom 13.3.1981 – 4 C 1/78 -, DVBl. 1981, 928 (2 1/2 -geschossiges Haus zu 12-geschosssigem Hochhaus in 15 m Entfernung) und vom 23.5.1986 – 4 C 34/85-, DVBl. 1986, 1271 (drei 11,50 m hohe Silos im Abstand von 6 m zu 2-geschossigem Wohnhaus); verneint etwa: BayVGH, Beschluss vom 15.9.1998 – 1 B 96.4115 - (zwei 2-geschossige Sechsfamilienwohnhäuser mit ausgebautem Dachgeschoss (6,36 m Wandhöhe, 9,50 m Firsthöhe) zu 3 m hohem Flachdachbungalow), zitiert nach juris,  bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 11.1.1999 – 4 B 128/98 -, BauR 1999, 615), und damit unzumutbare Auswirkungen auf ihr Eigentum zugemessen werden können, vermag der Senat daher nicht zu erkennen. Dies gilt auch mit Blick auf den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen „Silo-Fall“ (BVerwG, Urteil vom 23.5.1986 – 4 C 34/85-, DVBl. 1986, 1271), auf den sich die Antragsteller berufen. Für die insofern angenommene Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens war, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, entscheidend, dass die Silos „industriell“ und „wie eine riesenhafte metallische Mauer“ wirkten und den Eindruck vermittelten, als sei das (Wohn-) Grundstück der dortigen Klägerin „in eine Industrieanlage einbezogen und selbst Teil einer solchen“. Mit derartigen industriellen Anlagen kann das geplante Mehrfamilienhaus des Beigeladenen offensichtlich nicht verglichen werden.

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 II, 159 ZPO, 100 ZPO; die Entscheidung hinsichtlich des Beigeladenen, der einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 III VwGO), folgt aus § 162 III VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 II, 47, 53 II Nr. 2, 52 I GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Nach Maßgabe dieses Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden.

(2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.

(3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.

(4) Wohnungseigentum und Teileigentum können nicht in der Weise begründet werden, dass das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird.

(5) Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne dieses Gesetzes sind das Grundstück und das Gebäude, soweit sie nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen.

(6) Für das Teileigentum gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend.

(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die

1.
dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
2.
dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge,
3.
dem Einbruchsschutz und
4.
dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität
dienen. Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen.

(3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.

(4) Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden.

(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,

1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder
2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
Für die Nutzungen gilt § 16 Absatz 1.

(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.

(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 32/05
vom
2. Juni 2005
in der Wohnungseigentumssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist rechtsfähig, soweit sie bei der Verwaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt.

b) Neben der Haftung der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft kommt eine
akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nur in Betracht,
wenn diese sich neben dem Verband klar und eindeutig auch persönlich verpflichtet haben.

c) Gläubiger der Gemeinschaft können auf deren Verwaltungsvermögen zugreifen, das
auch die Ansprüche der Gemeinschaft gegen die Wohnungseigentümer und gegen Dritte
umfaßt.

d) Zu den pfändbaren Ansprüchen der Gemeinschaft gehören der Anspruch, ihr die finanzielle
Grundlage zur Begleichung der laufenden Verpflichtungen durch Beschlußfassung
über den Wirtschaftsplan, seine Ergänzung (Deckungsumlage) oder die Jahresabrechnung
zu verschaffen, sowie Ansprüche aus Verletzung dieser Verpflichtung.
Soweit der Verwalter als Organ der Gemeinschaft nicht kraft Gesetzes zur Vertretung berechtigt
ist, werden seine Kompetenzen durch solche der Wohnungseigentümer ergänzt,
denen die entsprechende Bevollmächtigung des Verwalters oder die Fassung des von ihm
nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG auszuführenden Beschlusses obliegt.
Die Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung betrifft die Willensbildung
innerhalb der Gemeinschaft und richtet sich daher nicht gegen den Verband,
sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer.
Der Einzelwirtschaftsplan gehört zu den unverzichtbaren Bestandteilen des Wirtschaftsplans.
Die Genehmigung eines Wirtschaftsplans ohne Einzelwirtschaftsplan ist auf Antrag
für ungültig zu erklären.
BGH, Beschl. v. 2. Juni 2005 - V ZB 32/05 - LG München I
AG München
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 2. Juni 2005 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein,
Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß des Landgerichtes München I vom 19. April 2004 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 20. August 2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Geschäftswert für alle Instanzen beträgt 12.000,00 EUR.

Gründe:


I.


Die Beteiligten streiten um die Genehmigung eines Wi rtschaftsplans. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer der Liegenschaft N. straße 14-24 in M. , deren Verwalterin die weitere
Beteiligte ist. Die Wohnanlage befindet sich in dem ehemaligen Olympiadorf in München, dessen Infrastruktur städtebauliche Besonderheiten aufweist. Die Müllabsauganlage und andere Versorgungseinrichtungen sind nicht getrennt für jede Liegenschaft vorhanden, sondern stehen in einem nicht auflöslichen Verbund mehrerer Einheiten. Die Einrichtungen sind nicht stets auf dem Grundstück verlegt, dessen Versorgung sie sicherstellen, sondern teilweise auf benachbartem Grund. Automobil- und Personenverkehr sind auf unterschiedliche Ebenen verteilt. Die Fahrstraßen und Garagenzufahrten werden von Betonkonstruktionen überspannt, die die Fußgängerebenen tragen. Zur Betreuung der grundstücksübergreifenden Einrichtungen schloß die "WEG BH 2 - 4 (N. straße 14 - 22)", vertreten durch die damalige Verwalterin, mit der O. -B. B. gesellschaft mbH & Co W. KG (im folgenden : ODBG) am 22. September 1976 einen "Individualvertrag". Darin übertrug sie dieser die Pflege, die Wartung, den Betrieb und die Erneuerung der Anlagen.
In den folgenden Jahren wurden die von der ODBG veran schlagten Kosten in den Wirtschaftsplan bzw. nach Abrechnung in die Jahresabrechnung aufgenommen. Am 21. März 1990 beschlossen die Wohnungseigentümer, daß für die Fälligstellung der Vorauszahlungen und für die Fälligkeit von Abrechnungsnachzahlungen und Wohngeldvorauszahlungen die Genehmigung der Gesamtabrechnung und des Gesamtwirtschaftsplans genügen solle.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 5. April 2000 stand auch die Genehmigung des Wirtschaftsplans für 2000 und 2001 auf der Tagesordnung. Die Beschlußvorlage wies lediglich die Gesamtkosten für die Liegenschaft aus, enthielt aber keine Einzelwirtschaftspläne. In den Ausgaben waren
146.465 DM für die Sanierung der Betonkonstruktionen, die die Fußgängerebenen über den Straßen tragen, vorgesehen. Ein Antrag, den Wirtschaftsplan nur ohne die Kosten für die Erschließungsebenen zu genehmigen, wurde abgelehnt , die ursprüngliche Beschlußvorlage unter Erhöhung der Rücklage dagegen angenommen.
Hiergegen wenden sich die Antragsteller. Sie haben be antragt, den Beschluß im Umfang der Instandhaltungsmaßnahmen für die Betonkonstruktionen (146.465 DM) für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht München I die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten sofortigen weiteren Beschwerde der Antragsteller möchte das Bayerische Oberste Landesgericht stattgeben. Es sieht sich hieran jedoch durch die Entscheidung des Kammergerichts in Berlin vom 11. Februar 1991 (NJW-RR 1991, 726) gehindert und hat die Sache deshalb mit Beschluß vom 29. Dezember 2004 (BayObLGZ 2005, Nr. 69) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


Die Vorlage ist statthaft (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG). Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Genehmigung eines Wirtschaftsplanes ohne Einzelwirtschaftsplan entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Im Gegensatz zur Jahresabrechnung habe die Aufstellung der (voraussichtlichen) Gesamteinnahmen und -ausgaben keine eigenständige Bedeutung, da es sich hierbei nur um Prognosen handele. Die in §§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 WEG verlangten und für den Woh-
nungseigentümer entscheidenden Angaben zu Verteilungsschlüssel und Einzelbelastung enthalte ein solcher Gesamtwirtschaftsplan nicht. Deshalb sei er für ungültig zu erklären. Demgegenüber ist das Kammergericht (NJW-RR 1991, 725, 726) der Auffassung, das Fehlen der Einzelwirtschaftspläne allein führe nicht zur Anfechtbarkeit des Gesamtwirtschaftsplans. Das Erfordernis einer gleichzeitigen Beschlußfassung über Gesamt- und Einzelwirtschaftsplan führe bei Änderungen in den Gesamtansätzen ohne zwingenden Grund dazu, daß eine weitere Eigentümerversammlung wegen der Einzelwirtschaftspläne abgehalten werden müßte.
Die Divergenz rechtfertigt die Vorlage. Hierbei ist de r Senat an die Auffassung des vorlegenden Gerichts, es könne ohne Beantwortung der streitigen Rechtsfrage über die sofortige weitere Beschwerde nicht entscheiden, bei Prüfung der Zulässigkeit der Vorlage gebunden (Senat, BGHZ 99, 90, 92; 109, 396, 398; 113, 374, 376 f.; 116, 392, 394).

III.


Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, §§ 27, 29, 22 Abs. 1 FGG). Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Ungültigerklärung des angegriffenen Eigentümerbeschlusses in dem beantragten Umfang.
1. Allerdings geht das Beschwerdegericht im Ergebnis zu Recht davon aus, daß die Beteiligten die Kosten für die Sanierung der Betonkonstruktionen in den Wirtschaftsplan einzustellen haben. Die hierfür angeführte Begründung
trägt jedoch nicht. Rechtsfehlerfrei nehmen Beschwerdegericht und vorlegendes Gericht zwar übereinstimmend an, daß in den Gesamtwirtschaftsplan auch strittige Forderungen einzustellen sind, wenn die Wohnungseigentümer ernsthaft damit rechnen müssen, dafür berechtigt in Anspruch genommen zu werden. Dies ist hinsichtlich der Verbindlichkeiten aus dem Vertrag vom 22. September 1976 nach bisher herrschender Meinung aber nur dann der Fall, wenn entweder seit dem Vertragsschluss kein Eigentümerwechsel eingetreten ist oder etwaige Sondernachfolger die Verpflichtungen aus dem Vertrag übernommen haben. Sind dagegen alle Vertragspartner aus der Eigentümergemeinschaft ausgeschieden, handelt es sich nicht mehr um eine Verwaltungsschuld der jetzigen Wohnungseigentümer, die in den Wirtschaftsplan eingestellt werden darf (vgl. Staudinger/Bub, WEG, § 28 Rdn. 198). Hierzu sind jedoch bisher keine tatsächlichen Feststellungen getroffen worden. Sie sind auch nicht aus den von dem vorlegenden Gericht angestellten Überlegungen zur Begründung eines Übergangs der Verbindlichkeiten auf die jetzigen Wohnungseigentümer entbehrlich, weil diese Begründung der rechtlichen Prüfung nicht standhält (siehe III 6 d). Eine tatsächliche Aufklärung erübrigt sich jedoch deshalb, weil es sich bei den in Rede stehenden Verbindlichkeiten um eine Verwaltungsschuld handelt, für welche die Wohnungseigentümergemeinschaft unabhängig von ihrem Personenbestand einzustehen hat.
2. Die Haftung für die Verbindlichkeiten trifft nicht nur die Wohnungseigentümer , die den Vertrag vom 22. September 1976 abgeschlossen haben. Denn der Vertrag ist ausdrücklich im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft Bauvorhaben 2 - 4, N. straße 14 - 22 abgeschlossen worden. Daß damit nicht die Gemeinschaft als solche, sondern die damals im Grundbuch eingetragenen einzelnen Wohnungseigentümer Vertragspartner waren, entsprach
der bislang überwiegend vertretenen Auffassung, daß die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer selbst nicht rechtsfähig sei (Senat, BGHZ 142, 290, 294; Senat, Urt. v. 23. Juni 1989, V ZR 40/88, NJW 1989, 2534, 2535; BGHZ 78, 166, 172; BGH, Urt. v. 12. Mai 1977, VII ZR 167/76, NJW 1977, 1686; Urt. v. 20. Januar 1983, VII ZR 210/81, NJW 1983, 1901 f.; Urt. v. 2. Juli 1998, IX ZR 51/97, NJW 1998, 3279; BVerwG NJW-RR 1995, 73, 74; BayObLG ZMR 2002, 136, 137; ZMR 2002, 536 f.; OVG Münster NJW-RR 1992, 458, 459; Bamberger /Roth/Hügel, BGB, 2003, § 10 WEG Rdn. 2 f.; Erman/Grziwotz, BGB, 11. Aufl., § 10 WEG Rdn. 11; MünchKomm-BGB/Commichau, 4. Aufl., Vor § 1 WEG Rdn. 47; Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 10 Rdn. 2 u. Vor §§ 43 ff. Rdn. 73; Staudinger/Rapp, BGB, 12. Aufl., Einl. zum WEG Rdn. 24 ff.; Weitnauer /Briesemeister, WEG, 9. Aufl., Vor § 1 Rdn. 30 ff.; Kümmel, Die Bindung der Wohnungseigentümer und deren Sondernachfolger an Vereinbarungen, Beschlüsse und Rechtshandlungen nach § 10 WEG, 2002, S. 18 f.; Heismann, Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, 2003, S. 78 ff.; Becker /Kümmel/Ott, Wohnungseigentum, 2003, Rdn. 72; Deckert/Ott, Die Eigentumswohnung , 2005, Gr. 3 Rdn. 37). Demgegenüber mehren sich in der Literatur die Stimmen, die der Wohnungseigentümergemeinschaft, wie ehedem schon Bärmann (PiG 22, 215 ff.; ders., NJW 1989, 1057, 1060 ff.), Teilrechtsfähigkeit zusprechen (Bub/Petersen, NZM 1999, 646, 648 f.; Raiser, ZWE 2001, 173 ff.; Bub, PiG 63, 1 ff.; Derleder, PiG 63, 29 ff.; Sauren, PiG 63, 61 ff.; Schwörer, NZM 2002, 421 ff.; Kreuzer, ZWE 2002, 285, 286; Maroldt, ZWE 2002, 387 ff.; Pauly, WuM 2002, 531 ff.; Häublein, Festschrift Wenzel [2005], PiG 71, S. 175 ff.). Dem schließt sich der Senat an.
3. Die fehlende Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigent ümergemeinschaft wurde lange Zeit als allgemein anerkannt vorausgesetzt und allenfalls
mit einem nicht näher erläuterten Hinweis auf ihre Ausgestaltung als Bruchteilsgemeinschaft begründet (BGHZ 78, 166, 172; BGH, Urt. v. 12. Mai 1977, VII ZR 167/76, NJW 1977, 1686; Urt. v. 20. Januar 1983, VII ZR 210/81, NJW 1983, 1901 f.; Beschl. v. 13. Juli 1993, III ZB 17/93, NJW 1993, 2943, 2944; Urt. v. 2. Juli 1998, IX ZR 51/97, NJW 1998, 3279; BayObLG ZMR 2002, 136, 137; ZMR 2002, 536 f.; Bamberger/Roth/Hügel, aaO, § 10 WEG Rdn. 2 f.; Erman/Grziwotz, aaO, § 10 WEG Rdn. 11). Im Zuge der Diskussion um eine Übertragung der Grundsätze zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf die Wohnungseigentümergemeinschaft wurde diese Auffassung eingehender damit begründet, daß es an einer entsprechenden gesetzlichen Anordnung fehle (Ott, ZMR 2002, 97, 100; ähnlich MünchKommBGB /Commichau, aaO, Vor § 1 WEG Rdn. 43). Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des Wohnungseigentumsgesetzes ließen nicht erkennen, daß der Wohnungseigentümergemeinschaft Teilrechtsfähigkeit zukommen solle. So spreche § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG nur von dem "Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander", nicht von der Wohnungseigentümergemeinschaft als einem überindividuellen Verband (Ott, ZMR 2002, 97, 98 u. 169, 171; Deckert/Ott, aaO, Gr. 3 Rdn. 37). Auch werde der Verwalter in § 27 Abs. 2 WEG ermächtigt, "im Namen aller Wohnungseigentümer", nicht aber im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu handeln (Ott, ZMR 2002, 97, 98). Auch das Verfahrensrecht kenne in § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG nur Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander "aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer", nicht aber dieser gegenüber (Ott, ZMR 2002, 97, 98). Gegen eine Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft spreche ferner die Systematik des Gesetzes, das in § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG die Vorschriften zur Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) ergänzend für anwendbar erkläre (Weitnauer/Briesemeister, aaO, Vor § 1 Rdn. 30; Heismann, aaO, S. 79 f.;
Deckert/Ott, aaO, Gr. 3 Rdn. 37). Darüber hinaus sei der zweite Abschnitt des WEG mit "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" überschrieben, was §§ 741 ff. BGB entspreche und folglich, da die Gemeinschaft unbestritten nicht rechtsfähig sei, diesen Schluß auch für die Wohnungseigentümergemeinschaft nahelege (Ott, ZMR 2002, 97, 98). Schließlich spreche die Entstehungsgeschichte gegen die Annahme, der Wohnungseigentümergemeinschaft komme Rechtsfähigkeit zu. Das Wohnungseigentum habe weitestgehend in das System des bürgerlichen Rechts eingefügt werden sollen, weshalb lediglich Alleineigentum und Bruchteilseigentum habe kombiniert werden sollen (Ott, ZMR 2002, 97, 98 u. 169, 171 f.; Heismann, aaO, S. 78; Deckert/Ott, aaO, Gr. 3 Rdn. 37). Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beruhe lediglich darauf, daß sie Bruchteilseigentümer des gemeinschaftlichen Eigentums seien. Diese Gründe tragen die herrschende Meinung nicht.
4. Das Wohnungseigentumsgesetz enthält zwar keine ausdrückliche Regelung zur Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, schließt sie aber auch nicht aus (Raiser, ZWE 2001, 173, 177; Schwörer, NZM 2002, 421, 422; Pauly, WuM 2002, 531, 532; vgl. auch MünchKomm-BGB/ Commichau, aaO, Vor § 1 WEG Rdn. 43; Heismann, aaO, S. 78; wohl auch Ott, ZMR 2002, 97, 98).

a) Gegen eine Teilrechtssubjektivität der Wohnungseigent ümergemeinschaft spricht insbesondere nicht die Tatsache, daß § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG auf das Recht der Gemeinschaft verweist. Denn die §§ 741 ff. BGB sollen nur subsidiär gelten, sofern nichts anderes geregelt ist. Ergibt sich die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bereits aus den Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes, so steht dem die ergänzende Anwendbar-
keit der §§ 741 ff. BGB nicht entgegen (Maroldt, Die Rechtsfolgen einer Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer [2004], S. 8; ders., ZWE 2002, 387, 388; Pauly, WuM 2002, 531, 532).

b) Wenn §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1 WEG nur das Ver hältnis der Wohnungseigentümer untereinander, nicht aber ihr Auftreten als Verband im Rechtsverkehr regeln und § 27 Abs. 2 WEG den Verwalter nur zum Handeln im Namen aller Wohnungseigentümer und nicht eines Rechtssubjekts berechtigt, so ist dem zwar zu entnehmen, daß das Gesetz zur Verselbständigung der Wohnungseigentümergemeinschaft als Trägerin von Rechten und Pflichten keine Vorgaben enthält. Daraus ist jedoch ähnlich wie im Falle der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGHZ 146, 341, 343 f.) nicht zu folgern, daß diese Möglichkeit von Gesetzes wegen ausgeschlossen sein sollte (Derleder, PiG 63, 29, 56; Maroldt, aaO, S. 8, ders., ZWE 2002, 387, 388; vgl. Schwörer, NZM 2002, 421, 424 u. aus dem gesellschaftsrechtlichen Schrifttum K. Schmidt, NJW 2001, 993, 996 f). Vielmehr standen bei der Verabschiedung des Wohnungseigentumsgesetzes praktische Erwägungen, insbesondere das Streben nach Schaffung neuen Wohnraums im Vordergrund (Schwörer, NZM 2002, 421, 424).

c) Ebensowenig ist der Kombination von Sondereigentum und Bruchteilseigentum zwingend zu entnehmen, daß der Gesetzgeber die Wohnungseigentümergemeinschaft ausschließlich als Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB konzipieren wollte. Zwar sollte das Wohnungseigentum als echtes Eigentum ausgestaltet werden. Dies betrifft aber nur die sachenrechtliche Seite, nicht die korporative Ausgestaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtsverkehr (Maroldt, aaO, S. 8; ders., ZWE 2002, 387, 389; ähn-
lich Pauly, WuM 2002, 531, 532). Insoweit schließt die Bruchteilsgemeinschaft das Verständnis der Wohnungseigentümergemeinschaft als einen überindividuellen Personenverband in Bezug auf die Teilnahme am Rechtsverkehr bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht aus. Die Begründung zu den Regelungen für die Eigentümerversammlung in §§ 24 bis 28 des ursprünglichen Entwurfs (§§ 23 ff. WEG) zieht denn auch ausdrücklich Parallelen zum Verein und zu den Handelsgesellschaften (BT-Drucks. 1/252, S. 13 und 29; Schwörer, NZM 2002, 421, 424).
5. Stehen nach alledem Wortlaut und Systematik des Wohnungseigentumsgesetzes einer Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht entgegen, so sprechen andererseits die organisatorische Struktur der Wohnungseigentümergemeinschaft, die Entstehungsgeschichte und der Regelungszusammenhang des Gesetzes dafür.

a) Die Wohnungseigentümergemeinschaft verfügt über eine eigene Satzung , die Gemeinschaftsordnung, die nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG die Rechte und Pflichten der Mitglieder inhaltlich gestalten kann (Bärmann, NJW 1989, 1057, 1062; Kreuzer, Die Gemeinschaftsordnung nach dem WEG, 2005, Rdn. 5). Dies geht über die bloße Gemeinschaft nach § 741 ff. hinaus und nähert die Wohnungseigentümergemeinschaft dem Verein an (Bärmann, NJW 1989, 1057, 1061 f; Pauly, WuM 2002, 531, 532 f).

b) Der Wohnungseigentümerversammlung ist in zahlreichen Angelegenheiten , insbesondere der laufenden Verwaltung, die Befugnis eingeräumt, gemäß § 25 Abs. 1 WEG durch Mehrheitsbeschluß zu entscheiden. Die abwesenden oder überstimmten Wohnungseigentümer sind hieran grundsätzlich
gebunden. Das ist ein typisches Merkmal rechtsfähiger Verbände (vgl. Schmid, BlGBW 1981, 142, 143; Bub, PiG 63, 1, 15 f.). Die Nähe zur Körperschaft ist umso größer, als §§ 24, 25 WEG detaillierte Vorgaben über Stimmrecht, Beschlußfähigkeit und Protokollierung von Beschlüssen machen, welche die schon in der Gesetzesbegründung gezogene Parallele zum Beschlußrecht in Körperschaften aufzeigen (Maroldt, ZWE 2002, 387, 389; Pauly, WuM 2002, 531, 532; ähnlich schon Bärmann, NJW 1989, 1057, 1061).

c) Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat eigene Organ e, nämlich die Eigentümerversammlung, den Verwalter (vgl. Senat, BGHZ 151, 164, 171; 152, 46, 58) und - allerdings fakultativ – den Verwaltungsbeirat. Der Verwalter ist nach § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG unabdingbares Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft und kann in weitem Umfang für die Wohnungseigentümer im Rechtsverkehr handeln. Dabei handelt es sich, da der Verwalter nicht aus den Reihen der Wohnungseigentümer stammen muß, nach gesellschaftsrechtlichen Kategorien sogar um einen Fall der Fremdorganschaft, der über die Personengesellschaften hinausgeht und die Wohnungseigentümergemeinschaft der juristischen Person annähert (Bub, PiG 63, 1, 17; ähnlich schon Bub/Petersen, NZM 1999, 646, 650; Vollkommer, ZMR 2000, 7, 9; Kreuzer, aaO, Rdn. 5; Armbrüster, Festschrift Wenzel [2005], S. 85 ff., 95).

d) Die Wohnungseigentümergemeinschaft geht auch mit de r in § 11 WEG geregelten Unauflöslichkeit über die Bruchteilsgemeinschaft hinaus. Während dort den Eigentümern durch § 1010 Abs. 1 BGB lediglich ein Ausschluß der Aufhebung gestattet wird, der seine Grenze in § 749 Abs. 2 Satz 1 BGB bei Vorliegen eines wichtigen Grundes findet, bestimmt § 11 Abs. 1 WEG die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft selbst bei Vorliegen eines solchen Grun-
des. Die Wohnungseigentümergemeinschaft soll also nicht nur von dem jeweiligen Mitgliederbestand unabhängig sein, was als solches schon körperschaftliche Züge aufweist, sondern grundsätzlich nicht aufgelöst werden können. Auch hinsichtlich dieser Dauerhaftigkeit steht die Wohnungseigentümergemeinschaft einer juristischen Person näher als der einfachen Bruchteilsgemeinschaft (Vollkommer, ZMR 2000, 7, 9; Raiser, ZWE 2001, 173, 174; Bub, PiG 63, 1, 21; Maroldt, ZWE 2002, 387, 389 f.; Pauly, WuM 2002, 531, 533).

e) Entscheidend für die Teilrechtsfähigkeit der Wohnung seigentümergemeinschaft sprechen jedoch die Entstehungsgeschichte sowie der Regelungszusammenhang der §§ 27, 28 WEG. Hierzu heißt es in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 1/252, S. 31 f.):
"Den im Vorstehenden entwickelten Grundsätzen entsprechend sieht der Entwurf in § 30 Absatz 3 auch davon ab, dem Verwalter ähnlich wie dem französischen "Syndikus" oder dem italienischen "Administrator" kraft Gesetzes das Recht zuzusprechen, namens der Eigenwohner Verbindlichkeiten einzugehen. Wollte man dies zulassen, so würde nach der Regel des § 427 BGB die gesamtschuldnerische Haftung aller Eigenwohner gegenüber dem Lieferanten , beispielsweise von Heizungsmaterial die Folge sein. Eine solche Haftung ist aber nicht zumutbar. Sie ist auch entbehrlich, da der Verwalter nötigenfalls die Zahlung von Vorschüssen verlangen kann, wenn er seine Auslagen nicht aus vorhandenen Beständen zu decken vermag". Der in Bezug genommene § 30 Absatz 3 des Entwurfs ist zwar nicht Gesetz geworden, der Sache nach ist es aber dabei verblieben, daß der Verwalter nach § 27 Abs. 2 WEG zwar alle Zahlungen zu bewirken hat, die mit der laufenden Verwaltung zusammenhängen, nicht aber von Gesetzes wegen berechtigt ist, im Namen aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen
sie Verträge abzuschließen, die nicht unter den Kanon von § 27 Abs. 1 oder Abs. 2 WEG fallen (Merle, in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 27 Rdn. 8 ff.). Wenn aber der Gesetzgeber die persönliche Haftung der Wohnungseigentümer wegen der Zugriffsmöglichkeiten des Verwalters auf die "vorhandenen Bestände" und die beschlossenen Beiträge als unzumutbar und entbehrlich angesehen hat, so impliziert das eine rechtliche Verselbständigung des Verwaltungsvermögens gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern. Denn eine Schuld kann immer nur Subjekte, nicht aber Vermögensmassen treffen (BGHZ 146, 341, 345). Die Anerkennung eines teilrechtsfähigen Subjekts ist daher nur die rechtliche Konsequenz des von dem Gesetzgeber geäußerten Willens. Daß er sie nicht selbst ausdrücklich angeordnet hat, steht dem nicht entgegen, weil die Rechtsfähigkeit eine rechtstechnische Kategorie ist, die keiner ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung bedarf, sondern auch in Form der Gesetzesauslegung ermittelt werden kann (Aderhold, Das Schuldmodell der BGB-Gesellschaft (1981), S. 157 f. m.w.Nachw; Häublein, Festschrift Wenzel [2005], PiG 71, S. 175 ff., 196).
Das Mittel, um den Verwalter in die Lage zu versetzen, die erforderlichen Zahlungen (§ 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG) zu leisten, ist das Finanz- und Rechnungswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Es ermöglicht ihm, den für die Tilgung bestehender und künftiger Verwaltungsschulden sowie für die Ansammlung der Instandhaltungsrückstellung als Verbandsvermögen erforderlichen Geldbedarf als Vorschußzahlungen gemäß Wirtschaftsplan oder Sonderumlagenbeschluß und als Nachschußzahlungen gemäß Abrechnungsbeschluß anzufordern. Der Verwalter ist sogar dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß die Wohnungseigentümer durch die Gläubiger gemeinsam eingegangener Verbindlichkeiten nicht in Anspruch genommen werden (Briesemeister , NZM 2003, 777, 778; Häublein, ZfIR 2004, 738, 739; Armbrüster, Fest-
ster, NZM 2003, 777, 778; Häublein, ZfIR 2004, 738, 739; Armbrüster, Festschrift Wenzel [2005], PiG 71, S. 85 ff., 99), und gewährt umgekehrt jedem Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch darauf, daß ein entsprechender Wirtschaftsplan oder eine Deckungsumlage auch beschlossen wird. Dieses Regelungskonzept geht über dasjenige der bloßen Miteigentümergemeinschaft weit hinaus (Bub/Petersen, NZM 1999, 646, 650; Bub, PiG 63, 1, 12; Maroldt, ZWE 2002, 387, 389; vgl. auch Schwörer NZM 2002, 421, 422 f.).
6. Für die partielle Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft spricht weiterhin der Umstand, daß nur sie es vermag, wesentliche, praxisrelevante Rechtsprobleme schlüssig zu lösen und die konzeptionellen Begründungsdefizite der herrschenden Auffassung zu vermeiden.

a) Nicht abschließend geklärt ist bisher das Schicksal gemeinschaftlicher Forderungen bei einem Eigentümerwechsel. Hier wird einerseits die Auffassung vertreten, gemeinschaftliche Forderungen gegen Dritte stünden den Wohnungseigentümern in schlichter Rechtsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB zu und die Mitberechtigung ginge nicht kraft Gesetzes auf den Erwerber über (BayObLGZ 1995, 103, 107 m.w.Nachw.). In diesem Fall bestünde eine Bruchteilsgemeinschaft am Vermögen neben der Bruchteilsgemeinschaft am Grundstück und könnte jeder Bruchteilsberechtigte über seinen Anteil an dem Vermögen unabhängig von seinem Wohnungseigentum verfügen (§ 747 Satz 1 BGB). Diese Auffassung widerspricht dem selbständigen Finanz- und Rechnungswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft und scheitert an der praktischen Durchführbarkeit (Weitnauer/Briesemeister, WEG, 9. Aufl., § 1 Rdn. 25). Deswegen vertritt eine andere Meinung den Standpunkt, gemein-
schaftliche Forderungen fielen in das Verwaltungsvermögen und könnten von der Gemeinschaft in ihrer aktuellen Zusammensetzung verfolgt werden, weil der Anteil an diesem Vermögen mit dem Miteigentumsanteil automatisch auf den Erwerber übergehe (OLG Köln NZM 1998, 874). Eine Begründung hierfür wird entweder überhaupt nicht gegeben oder in sehr unterschiedlicher Weise konstruiert (vgl. i. e. Wicke, ZfIR 2005, 301, 303 f.). Weitgehende Einigkeit besteht insoweit nur darin, daß das Verwaltungsvermögen einer Zweckbindung unterliege, die auch bei einem Eigentümerwechsel erhalten bleiben müsse.
Unabhängig von der Frage des Übergangs soll der Verwalter andererseits berechtigt sein, Erfüllungsleistungen in jedem Fall entgegenzunehmen und z. B. eine löschungsfähige Quittung zu erteilen (BayObLG NJW-RR 1995, 852 f.; Demharter, ZfIR 2001, 957 f.). Eine solche vom aktuellen Mitgliederbestand der Wohnungseigentümergemeinschaft verselbständigte Verwalterbefugnis setzt aber wiederum deren Teilrechtsfähigkeit voraus (Sauren, PiG 63, 61, 64).
All diese Unstimmigkeiten vermeidet die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit. Denn Träger des Vermögens einschließlich der gemeinschaftlichen Forderungen und Verbindlichkeiten ist unabhängig von einem Eigentümerwechsel der Verband (Bub, PiG 63, 1, 25; Ott, ZMR 2002, 97; Drasdo, NJW 2004, 1988, 1989).

b) Ähnliches gilt für die Durchsetzung gemeinschaftlicher F orderungen. Bei der Bruchteilsgemeinschaft kann gemäß § 432 BGB jeder Miteigentümer alleine die Leistung an alle fordern. Anders verhält es sich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft. Hier bedarf ein Wohnungseigentümer für die Durch-
setzung eines ihm zustehenden Anspruchs der Ermächtigung durch die Gemeinschaft , wenn dieser die Entscheidungskompetenz über die Rechtsverfolgung zusteht. § 432 BGB wird insoweit durch § 21 Abs. 1 WEG verdrängt (vgl. Senat, BGHZ 106, 222, 226; 111, 148, 151; 115, 253, 257). Die Konzeption der Wohnungseigentümergemeinschaft als Bruchteilsgemeinschaft greift folglich auch hier zu kurz (Raiser, ZWE 2001, 173, 177; ähnlich Maroldt, aaO, S. 41 ff.). Mit der Teilrechtsfähigkeit ist die Wohnungseigentümergemeinschaft dagegen selbst Forderungsinhaberin.

c) Schwierigkeiten bereitet bislang ferner die Parteibezeichnung im gerichtlichen Verfahren. Verfolgen die Wohnungseigentümer als Gläubiger einen Leistungsanspruch, so genügt auf der Aktivseite die Verwendung der Sammelbezeichnung "Wohnungseigentümergemeinschaft X-Straße, vertreten durch den Verwalter Y" (BGHZ 78, 166, 173; BGH Urt. v. 12. Mai 1977, VII ZR 167/76; NJW 1977, 1686; ähnlich BGH, Beschl. v. 13. Juli 1993, III ZB 17/93, NJW 1993, 2943, 2944; BayObLG NJW-RR 1987, 1039, 1040; ZMR 2004, 926, 927 und für Verwaltungsakte BVerwG NJW-RR, 1995, 73, 74; OVG Münster NJW-RR 1992, 458, 459). Diese Möglichkeit der "Kurzbezeichnung" unterscheidet sich ihrem Inhalt nach nicht von der prozessualen Behandlung eines rechtsfähigen Verbandes (vgl. Schmid, BlGBW 1981, 142, 143; Derleder, PiG 63, 29, 39 f.; Sauren, PiG 63, 61, 63 f.; Schwörer, NZM 2002, 421). Die Einreichung einer Eigentümerliste ist hier nicht mehr Bestimmtheitserfordernis, sondern nur Beteiligungserfordernis. Anders verhält es sich in Passivprozessen. Hier ist die Vorlage einer Eigentümerliste Bestimmtheitserfordernis, dem noch in der Rechtsmittelinstanz entsprochen werden kann (BayObLG ZMR 2002, 136, 137; NJW-RR 2002, 732, 733; ähnlich ZMR 2004, 842, 843; krit. Derleder, PiG 63, 40; zur parallelen Wertung als Vorwegnahme der Parteifähigkeit bei
der Gesellschaft bürgerlichen Rechts BGHZ 146, 341, 350 f.). Ist dagegen die Eigentümergemeinschaft als solche verurteilt worden, ist sie auch als rechtsmittelbefugt angesehen worden (BGH, Beschl. v. 13. Juli 1993, III ZB 17/93, NJW 1993, 2943, 2944). Diese Unstimmigkeiten sind mit Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft behoben. Denn deren verfahrensrechtliche Konsequenz ist die Partei- und Beteiligungsfähigkeit hinsichtlich der das Verwaltungsvermögen betreffenden Forderungen und Verbindlichkeiten (vgl. MünchKomm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl., § 50 Rdn. 23 ff.). Die Gemeinschaft kann in diesen Angelegenheiten als solche klagen und verklagt werden, ohne daß es auf den aktuellen Mitgliederbestand ankommt (Maroldt, aaO, S. 90; Bub, PiG 63, 1, 26 f.; Derleder, PiG 63, 29, 49 f. u. 55 f.; Sauren, PiG 63, 61, 71; Ott, ZMR 2002, 97; Schwörer, NZM 2002, 421, 423; Pauly, WuM 2002, 531, 533 f.; vgl. zum Gesellschaftsrecht K. Schmidt, NJW 2001, 993, 997 f.; Hadding, ZGR 2001, 713, 729 ff.; Ulmer, ZIP 2001, 585, 591 f.; Wieser; MDR 2001, 421).

d) Die entscheidenden Konzeptionsschwächen der herrschenden Auffassung betreffen jedoch das Haftungssystem. Im Ergebnis ist weithin anerkannt , daß für die Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen, insbesondere aus dem Verwaltervertrag, die jeweiligen Wohnungseigentümer haften, denen die Leistungen auch zugute kommen (BayObLGZ 1986, 368, 369 f.; KG WE 1994, 54, 55; OLG Köln NZM 1998, 874, 875; OLG Hamm ZWE 2000, 478, 480; Weitnauer/Lüke, aaO, § 10 Rdn. 61; Niedenführ/Schulze, aaO, § 10 Rdn. 34; Staudinger/Rapp, aaO, Einl. zum WEG Rdn. 54; Merle, Das Wohnungseigentum im System des bürgerlichen Rechtes, 1979, S. 102 f.; Kümmel, aaO, S. 118 ff.; Ott, ZMR 2002, 169, 172). Begründet wird dies entweder vertragsrechtlich mit einer - verschieden konstruierten - rechtsgeschäftlichen Auswechselung des Schuldners beim Eigentümerwechsel (Staudinger/Rapp, aaO,
Einl. zum WEG Rdn. 54; Kümmel, aaO, S. 118 ff.; Ott, ZMR 2002, 169, 172) oder wohnungseigentumsrechtlich mit einer analogen Anwendung von § 10 Abs. 4 WEG (BayObLGZ 1986, 368, 369 f.; KG WE 1994, 54, 55; OLG Köln NZM 1998, 874, 875; OLG Hamm ZWE 2000, 478, 480; Weitnauer/Lüke, aaO, § 10 Rdn. 61; Merle, aaO, S. 102 f.). Beides vermag nicht zu überzeugen (Häublein, Festschrift Wenzel [2005], PiG 71, S.175 ff., 181 ff.).
aa) Eine vorab mit dem Gläubiger vereinbarte befreiende Schuldübernahme durch den Erwerber ist ohne dessen Einverständnis unwirksam, da dies sonst auf einen Vertrag zu Lasten Dritter hinausliefe (Kümmel, aaO, S. 118 f.). Die entsprechende Erklärung ist aber bei von dem Erwerber nicht gebilligten Vertragsbeziehungen oft nicht zu erlangen und entspricht auch nicht immer dem objektiven Erklärungswert seiner rechtsgeschäftlichen Erklärungen, sondern muß fingiert werden, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Dasselbe gilt für Dauerschuldverhältnisse. Ein aus § 10 Abs. 3 WEG abgeleiteter gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erteilung der Genehmigung (Kümmel, aaO, S. 119) könnte dem in der Praxis allenfalls teilweise abhelfen. Denn bis zur rechtskräftigen Entscheidung hierüber käme es nicht zum Wechsel des Vertragspartners. Folglich könnte und müßte der Vertragspartner weiterhin den Veräußerer wegen der Kosten aus einem Dauerschuldverhältnis in Anspruch nehmen. Selbst eine Rückwirkung der gerichtlich ersetzten Genehmigung würde nur interne Ausgleichsansprüche zwischen Veräußerer und Erwerber begründen , was im Ergebnis keinen Vorteil gegenüber der herkömmlichen Lösung böte, wonach alleine der Wohnungseigentümer zur Zeit des Vertragsabschlusses Vertragspartner des Gläubigers bleibt.
bb) Auch die Auffassung von einer analogen Anwendung des § 10 Abs. 4 WEG überzeugt nicht. Zum einen hätte eine solche Lösung im Falle des Eigentümerwechsels eine Schuldnervermehrung zur Folge, weil § 10 Abs. 4 WEG eine zeitliche oder sonstige Begrenzung der Alteigentümerhaftung nicht vorsieht (vgl. zuletzt Elzer, ZMR 2004, 633, 636) und ein Kündigungsrecht vereinbart sein müßte. Zudem ließe sich eine analoge Anwendung von § 10 Abs. 4 WEG nicht auf den Verwaltervertrag oder andere Dauerschuldverhältnisse begrenzen.
cc) Läßt sich eine Auswechslung der Vertragspartner kaum begründen, müßten konsequenterweise nur die zur Zeit des Vertragsschlusses im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer für die hieraus resultierenden Verbindlichkeiten haften (vgl. OLG Oldenburg WE 1994, 218, 219; OLG Düsseldorf BauR 1997, 334; Maroldt, aaO, S. 81; Derleder, PiG 63, 29, 41 u. 46; Ott, ZMR 2002, 169, 170; Elzer, ZMR 2004, 633, 636; vgl. für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit BGHZ 146, 341, 345), es sei denn, etwaige Sondernachfolger hätten sie übernommen und den Alteigentümer entlastet (vgl. BGH, Urt. v. 9. Februar 2004, II ZR 218/01, NJW-RR 2004, 874). Dies in jedem Veräußerungsfall festzustellen erschwert in größeren Anlagen nicht nur die Verwaltung in unzumutbarer Weise, sondern müßte bei unterschiedlicher Vertragsgestaltung eines Eigentümerwechsels auch dazu führen, daß die Begleichung von Verbindlichkeiten ausgeschiedener Alteigentümer keine Angelegenheit der Gemeinschaft mehr ist, über die zu beschließen sie eine Beschlußfassungskompetenz hätte. Das widerspräche aber der Vorstellung des Gesetzgebers von der Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft und einer Haftung des Verwaltungsvermögens für Verwaltungsschulden. Hier vermag nur die Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft ein schlüssiges Erklärungs-
modell zu bieten. Es vermeidet zudem das dem Willen des Gesetzgebers widerstreitende Ergebnis, daß der ausgeschiedene Wohnungseigentümer Dritten noch als Gesamtschuldner für das Entgelt haftet, während die Leistungen dem Erwerber zugute kommen.
7. Mit der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft sind zudem Erleichterungen bei der Durchsetzung von Beitragsforderungen gegen säumige Wohnungseigentümer verbunden. Insbesondere kann die Gemeinschaft als Gläubiger einer Zwangshypothek in das Grundbuch eingetragen werden. Bisher genügte der Verweis auf eine dem Titel beigefügte Eigentümerliste im Gegensatz zum Erkenntnisverfahren nicht. Vielmehr bedurfte es nach § 15 Abs. 1 GBV der Eintragung aller Gläubiger unter Angabe von Namen, Vornamen, Wohnort und Beruf (OLG Köln WE 1995, 22 f.; BayObLG ZWE 2001, 375). Das hat bei großen Gemeinschaften zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten geführt und das Grundbuch überfrachtet. Die Wohnungseigentümer mußten sich daher häufig mit einer fiduziarischen Abtretung der Forderung oder mit der Ermächtigung des Verwalters behelfen, die Forderung als Prozeßstandschafter einzuklagen (vgl. Senat, BGHZ 148, 392).
8. Für die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümerg emeinschaft spricht schließlich ein Vergleich mit anderen Rechtsgebieten.

a) So steht im Steuerrecht außer Frage, daß die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst als Unternehmerin zu behandeln und als solche steuerpflichtig ist, nicht die einzelnen Wohnungseigentümer (s. etwa Deckert/Jaser, Die Eigentumswohnung, 2005, Gr. 8 Rdn. 900; Vogel/Schwarz/Huschens, UStG, 2004, § 14 Nr. 13 Rdn. 12; Sauren, PiG 63, 61, 62 f.). Tritt sie als Ver-
mieterin von Gemeinschaftseigentum auf, ist sie im Verfahren der Feststellung von Einkünften beteiligtenfähig und klagebefugt (BFH NJW 2004, 2774 f.).

b) Die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit trägt ferner der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechnung. Die Behandlung als nicht rechtsfähiger Verband brachte hier ähnliche Probleme mit sich wie im Fall der Wohnungseigentümergemeinschaft, namentlich bei der korrekten Bezeichnung von Anspruchs- bzw. Prozeßgegner (BGHZ 146, 341, 348 ff.), beim Wechsel im Mitgliederbestand und bei der Haftungsverfassung (BGHZ 146, 341, 345). Die Gründe, die hier für die Teilrechtsfähigkeit gesprochen haben, müssen erst recht für die Wohnungseigentümergemeinschaft gelten, zumal diese im Gegensatz zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts über ein eigenes "Refinanzierungssystem" verfügt.

c) Die Teilrechtsfähigkeit bedeutet andererseits nicht, d aß die Wohnungseigentümergemeinschaft als eine besondere Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen wäre (so Kappus, NZM 2001, 353; offenlassend Schwörer, NZM 2002, 421, 422; zu Recht a. A. Bub, PiG 63, 1, 14 ff.; Maroldt, ZWE 2002, 387, 388). Von ihr unterscheidet sie sich vielmehr in ganz wesentlichen Punkten. Während die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks gegründet wird, steht bei den Wohnungseigentümern der individuelle Zweck der Wohnungsnutzung im Vordergrund, bei der die damit verbundene Einbindung in den Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft als "notwendiges Übel" hingenommen werden muß (Raiser, ZWE 2001, 173, 174; Derleder, PiG 63, 29, 34; Schwörer, NZM 2002, 421). Entsprechend ist das Regelungswerk, nach dem sich die Beziehungen innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft richten, im Regelfall kein von den Woh-
nungseigentümern ausgehandelter Vertrag wie unter Gesellschaftern. Vielmehr stehen Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung der Satzung eines Vereins weit näher. Im Gegensatz zu § 709 Abs. 1 BGB bedarf es zur Willensbildung in der Wohnungseigentümerversammlung nach § 25 WEG nur der Mehrheit. Anders als die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund gesetzlicher Anordnung vom Mitgliederwechsel unabhängig und unauflöslich (vgl. Bub, PiG 63, 1, 18 f.; Pauly, WuM 2002, 531, 533). Die Wohnungseigentümer haben im Gegensatz zur Gesellschaft regelmäßig noch nicht einmal nennenswerten Einfluß auf den Eintritt eines neuen Miteigentümers, sofern kein wichtiger Grund vorliegt (§ 12 Abs. 2 WEG). Mit dieser Unabhängigkeit von der jeweiligen Mitgliedschaft korrespondiert die Selbständigkeit des Finanzwesens der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht kennt. Ähnliches g ilt schließlich für die Verwalterbestellung. Während hier der Grundsatz der Fremdorganschaft gilt und der Verwalter aus den Reihen der Wohnungseigentümer die Ausnahme darstellt, ist er für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Regel (Bub, PiG 63, 1, 16 f.).
Die Wohnungseigentümergemeinschaft vereint Elemente ver schiedener Verbandstypen in sich, ohne insgesamt einem von ihnen anzugehören. So nähert die Gemeinschaftsordnung mit ihrem satzungsähnlichen Charakter die Wohnungseigentümergemeinschaft dem Verein an, von dem sie sich wiederum durch die fehlende Austrittsmöglichkeit und die Vererblichkeit der Miteigentümerstellung unterscheidet (vgl. Schmid, BlBGW 1981, 142, 143). Parallelen zur Genossenschaft erlaubt die personalistische Struktur, von der sich die Wohnungseigentümergemeinschaft aber durch das Kündigungsrecht der Genossen nach § 65 GenG und die Ausschlussmöglichkeit nach § 68 GenG unterscheidet
(Schmid, BlBGW 1981, 142, 143). Die Willensbildung ist dagegen dem Recht der Kapitalgesellschaften angenähert (Bärmann, Die Wohnungseigentümergemeinschaft , 1986, PiG 22, S. 210 f.), mit denen die personalistische Struktur der Wohnungseigentümergemeinschaft indessen nicht zu vergleichen ist. Im Ergebnis lässt sich die Wohnungseigentümergemeinschaft also keinem der anderen Typen von Körperschaften zuordnen. Sie stellt einen rechtsfähigen Verband sui generis dar (Schmid, BlGBW 1981, 142; Maroldt, aaO, S. 7; Pauly, WuM 2002, 531, 533), "eine Personenmehrheit, die durch Gesetz zu einer Organisation zusammengefasst ist" (Bärmann, aaO, S. 209; ähnlich Maroldt, aaO, S. 11). Im Gegensatz zu anderen Verbänden ist daher auch ihr Zweck nicht frei vereinbar oder gegenüber dem gesetzlichen Leitbild abänderbar. Sie bleibt auf Verwaltungsfunktionen im Innern, insbesondere das Finanz- und Rechnungswesen , und die Erleichterung des Rechtsverkehrs nach außen beschränkt. Sie handelt im Rechtsverkehr durch den Verwalter. Soweit er nicht kraft Gesetzes als Organ der Gemeinschaft zur Vertretung berechtigt ist, werden seine Kompetenzen durch solche der Wohnungseigentümer ergänzt, denen die entsprechende Bevollmächtigung des Verwalters oder die Fassung des von ihm nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG auszuführenden Beschlusses obliegt (Maroldt, Die Rechtsfolgen einer Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer , 2004, S. 27).
9. Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemei nschaft hat Konsequenzen für das Haftungssystem. Konnte ein Gläubiger für Schulden der Gemeinschaft nach bisheriger Auffassung sämtliche Wohnungseigentümer als Vertragspartner und somit als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen, ist Vertragspartner nunmehr in der Regel das teilrechtsfähige Subjekt, der Verband (vgl. Raiser, ZWE 2001, 173, 178). Er haftet mit seinem Verwaltungsvermögen.
Daneben kommt eine akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nicht von Gesetzes wegen, sondern nur in Betracht, wenn sie sich neben dem Verband klar und eindeutig auch persönlich verpflichtet haben.

a) Eine analoge Anwendung von § 128 HGB - teilweise darüber hinaus auch von § 130 HGB (Sauren, PiG 63, 61, 69 m. Fn. 30; Schwörer, NZM 2002, 421, 423) – scheidet ebenso aus wie der Rückgriff auf einen in diesem Zusammenhang behaupteten (Maroldt, aaO, S. 75 ff.; ähnlich Schwörer, NZM 2002, 421, 425; im Ergebnis ebenso ohne nähere Begründung Bub, PiG 63, 1, 23; Derleder, PiG 63, 29, 49) allgemeinen verbandsrechtlichen Grundsatz, daß neben dem Verband auch dessen Mitglieder haften. Wenn die Wohnungseigentümer im Rechtsverkehr als Gemeinschaft Träger von Rechten und Pflichten sind, kommt eine persönliche Haftung nur für eine persönliche Schuld in Betracht. Diese kann aber nur individuell durch Rechtsgeschäft oder ein Verhalten entstehen, an das die Rechtsordnung eine Haftung knüpft. Sie läßt sich nicht mit der dem Gesellschaftsrecht entlehnten "Doppelverpflichtungstheorie" (vgl. Raiser, ZWE 2001, 173, 178) begründen. Abgesehen davon, daß diese als Grundlage eines Einstehens von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts umstritten ist (vgl. zusammenfassend Ulmer, ZIP 1999, 554 u. 556 ff.; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 998; Lang/Fraenkel, WM 2002, 261 f.), kann sie im Wohnungseigentumsrecht schon deswegen nicht greifen, weil seine Organstellung den Verwalter nur zur Vertretung der Wohnungseigentümer als Verband berechtigt, und das auch nur nach Maßgabe des § 27 WEG. Von einem Recht, darüber hinaus Verbindlichkeiten im Namen der Wohnungseigentümer einzugehen, hat der Gesetzgeber bewusst Abstand genommen (BTDrucks. 1/252, S. 31 f.; Merle, in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 27 Rdn. 9). Der Verwalter kann die Wohnungseigentümer neben dem Verband
also nur verpflichten, wenn sie ihn hierzu eigens bevollmächtigt haben. Hierzu genügt, anders als für eine Vollmacht, den Verband zu vertreten, nicht ein Mehrheitsbeschluß, weil die Eigentümerversammlung keine Beschlußkompetenz hat, eine persönliche Leistungspflicht durch Mehrheitsentscheidung zu begründen (Wenzel, NZM 2004, 542, 543).
Daß der Verband teilrechtsfähig ist, führt nicht per se zu einer persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung seiner Mitglieder (a.A. Derleder PiG 63, 29, 49). Beides hat miteinander nichts zu tun. Auch das Prinzip der Akzessorietät wirkt nicht schuldbegründend, sondern setzt eine persönliche Haftung voraus (Beuthien, NJW 2005, 855, 858; Hadding, Festschr. f. Raiser (2005), S. 129, 140 f.). Dies ergibt sich daraus, daß der Verband Träger der Rechte und Pflichten ist und nicht seine Mitglieder (Reichert, Handbuch des Vereinsund Verbandsrechts, 9. Aufl., Rdn. 1970 a; Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl., Vor § 21 Rdn. 35; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 8. Aufl., Rdn. 390). Deswegen bedarf die Haftung neben dem Verband entweder der Übernahme einer persönlichen Schuld oder einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers (vgl. §§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB). Letztere fehlt im Wohnungseigentumsgesetz. Eine entsprechende Anwendung der handelsrechtlichen Vorschriften scheitert schon daran, daß das die Verwaltungsschulden betreffende Finanzierungssystem der Gemeinschaft einer entsprechenden Lücke entbehrt und der Gesetzgeber eine persönliche Haftung daneben für "nicht zumutbar" und "entbehrlich" angesehen hat (BT-Drucks. 1/252, S. 31 f) .

b) Kommt eine - akzessorische - Haftung der Wohnungseigen tümer nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Regelungszusammenhang des Gesetzes nicht in Betracht, so sind die Gläubiger gleichwohl nicht schutzlos.
Sie können vielmehr auf das Verwaltungsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft zugreifen, das deren Ansprüche gegen die Wohnungseigentümer und gegen Dritte, insbesondere die Bankinstitute, umfaßt, bei denen Gemeinschaftskonten geführt werden. Sollte die Wohnungseigentümergemeinschaft auf eine titulierte Forderung nicht leisten, kann im Verfahren nach § 899 ff. ZPO die Offenbarung dieser Konten und in der Folge die Pfändung des jeweiligen Tagesguthabens durchgesetzt werden (BGHZ 84, 325, 329 ff.; 84, 371, 373 ff.; Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl. Rdn. 166 ff.; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl. Anh. § 829 Rdn. 2). Darüber hinaus können die Ansprüche der Gemeinschaft gegen die Wohnungseigentümer insbesondere auf Zahlung der Beitragsvorschüsse und Sonderumlagen gepfändet werden, die ebenfalls zum Verwaltungsvermögen zählen.

c) Haben die Wohnungseigentümer solche Ansprüche noch nicht durch Beschluß entstehen lassen (vgl. hierzu Wenzel, NZM 2004, 542, 544), kann der Gläubiger auch auf den Anspruch des rechtsfähigen Verbandes auf ordnungsgemäße Verwaltung zurückgreifen. Denn die Wohnungseigentümer treffen wie alle Mitglieder einer Körperschaft Treuepflichten, die ein Mindestmaß an Loyalität dem Verband gegenüber erfordern. Hierzu gehört die Pflicht, dem Verband die finanzielle Grundlage zur Begleichung der laufenden Verpflichtungen durch Beschlussfassung über einen entsprechenden Wirtschaftsplan, seine Ergänzung (Deckungsumlage) oder die Jahresabrechnung zu verschaffen. Der Verband hat hierauf aus dem Treueverhältnis (vgl. hierzu allgemein Armbrüster, ZWE 2002, 333 f.) ebenso einen Anspruch wie auch dem einzelnen Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 WEG ein solcher Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer zusteht. Auch dieser Anspruch ist pfändbar.

d) Erfüllen die Mitglieder schuldhaft ihre Verpflichtung gegenüber dem Verband zur Beschlussfassung nicht, so kann der Verband seine Mitglieder zwar nicht unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen, wie das bei Regelungen über Entgelte und Beiträge in einer zweigliedrigen Gemeinschaft anerkannt ist (BGH, Urt. v. 17. Dezember 1973, II ZR 59/72, NJW 1974, 364, 365; Urt. v. 4. Februar 1982, IX ZR 88/80, NJW 1982, 1753, 1754; Urt. v. 6. Juli 1983, IVa ZR 118/82, NJW 1984, 45, 46; Urt. v. 13. April 1994, XII ZR 3/93, NJW 1994, 1721; MünchKomm-BGB/Karsten Schmidt, 4. Aufl. § 745 Rdn. 36). Ihm steht aber gegen seine Mitglieder ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung nach § 280 BGB zu. Verzögern die Mitglieder ihre Beschlußfassung und entsteht dem Verband dadurch ein Schaden etwa in Gestalt von Verzugszinsen, die er seinem Vertragpartner zu zahlen hat, haben die Mitglieder diesen unter den Voraussetzungen von §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB zu ersetzen. Verweigern die Mitglieder die zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderliche Beschlußfassung, entsteht dem Verband ein über die Folgen der verzögerten Erfüllung seiner eigenen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten hinausgehender Schaden. Diesen Schaden kann er als Schadensersatz statt der Leistung unter den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB geltend machen. Fassen die Wohnungseigentümer also trotz Aufforderung und Setzung einer angemessenen Frist keinen Beschluß über die Zuführung von Mitteln, so hat jeder einzelne von ihnen dem Verband als Schadensersatz den Betrag zu zahlen, den er bei ordnungsgemäßer Beschlußfassung von den Wohnungseigentümern insgesamt hätte einfordern können. Haben nämlich mehrere denselben Schaden in gleicher Weise schuldrechtlich zu verantworten , haften sie grundsätzlich als Gesamtschuldner (Erman/Ehmann, BGB, 11. Aufl., § 421 Rdn. 20; MünchKomm-BGB/Bydlinski, 4. Aufl., § 421 Rdn. 53). Diesen Anspruch kann ein Gläubiger ebenfalls pfänden, so daß er sich bei ein-
zelnen solventen Wohnungseigentümern erholen kann. Allerdings setzt das ein Verschulden des in Anspruch genommenen Wohnungseigentümers voraus (BayObLG NJW-RR 1992, 1102, 1103; Merle, aaO, § 21 Rdn. 181), das aber nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet wird. So hat der einzelne Wohnungseigentümer die Pflichtverletzung insbesondere dann zu vertreten, wenn er die erforderlichen Schritte für die Einberufung einer Eigentümerversammlung zur Beschlußfassung nicht unternommen, gegebenenfalls die Anfechtung eines Negativbeschlusses unterlassen oder die gerichtliche Ersetzung des Beschlusses nicht verfolgt hat.

e) Schließlich kann unter Umständen auch noch eine entspr echende Anwendung der im Körperschaftsrecht entwickelten Grundsätze zur Durchgriffshaftung in Betracht kommen. Da diese Haftung für den Fall der unzureichenden finanziellen Ausstattung des Verbandes von der Rechtsprechung letztlich aus § 826 BGB abgeleitet wird (BGH, Urt. v. 30. November 1978, II ZR 204/76, WM 1979, 229 f.; BGH, Urt. v. 25. April 1988, II ZR 175/87, NJW-RR 1988, 1181 f., OLG Saarbrücken ZIP 1992, 1623, 1627; Lutter/Hommelhoff, aaO, § 13 Rdn. 8; Michalski/Michalski, aaO, § 13 Rdn. 340; Scholz/Emmerich, aaO, § 13 Rdn. 89), ergibt sich aus § 840 BGB ebenfalls eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer. Damit besteht auch ohne akzessorische Haftung analog § 128 HGB nicht die Gefahr, daß sich die Wohnungseigentümer "hinter dem Verband verstecken" (Derleder, PiG 63, 29, 49).
10. Mit der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit geht e ntgegen bisweilen geäußerten Befürchtungen (Armbrüster, DNotZ 2003, 493, 514; Rapp, ZfIR 2004, 596, 597) keine Entwertung der Eigentümerstellung jedes einzelnen Miteigentümers einher. Denn die Wohnungseigentümergemeinschaft wird hier-
durch nicht insgesamt zu einer Gesellschaft, an der die einzelnen Wohnungseigentümer nur noch in Form verdinglichter Miteigentumsanteile partizipieren (so aber Junker, Die Gesellschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 1993, S. 73 ff.; hiergegen zu Recht etwa Bub, PiG 63, 1, 15; Derleder, PiG 63, 29, 33 f.). Vielmehr bleiben das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum als echtes Eigentum ausschließlich in den Händen der Miteigentümer und sind nicht Teil des Vermögens des rechtsfähigen Verbandes (s. Maroldt, aaO S. 17). Schon deswegen steht es auch nicht als Haftungsmasse für dessen Verbindlichkeiten zur Verfügung.
11. Die Teilrechtsfähigkeit hängt nicht von der Größe der Wohnungseigentümergemeinschaft , etwa der Zahl der Miteigentümer (so Bub, PiG 63, 1, 22; Kreuzer, ZWE 2002, 285, 286; Pauly, WuM 2002, 531, 533) oder der objektiven Notwendigkeit eines Verwalters (so Derleder, PiG 63, 29, 47 f.) ab. Für eine solche Differenzierung bietet das Gesetz keine Anhaltspunkte. Sie würde auch zu kaum lösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten und somit zu einer erheblichen Unsicherheit des Rechtsverkehrs führen.
12. Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht umfassend, sondern auf die Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen. Das ist insbesondere bei Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen im Außenverhältnis der Fall, kann aber auch, wie z. B. bei der Verfolgung von gemeinschaftlichen Beitrags- oder Schadensersatzansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer , im Innenverhältnis vorliegen. Dagegen betrifft die Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung die Willensbil-
dung innerhalb der Gemeinschaft und nicht den Rechtsverkehr des Verbandes. Sie bleibt eine Angelegenheit der Wohnungseigentümer als Einzelpersonen mit der Folge, daß der Anfechtungsantrag sich im vorliegenden Verfahren zu Recht - wie bisher - gegen die übrigen Wohnungseigentümer richtet (vgl. BGH, Urt. v. 30.6.1966, II ZR 149/64, BB 1966, 1169; BGH, Urt. v. 2.5.1983, II ZR 94/82; Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 31. Aufl. § 109 Rdn. 38 ff. jew. zur KG; Bamberger/Roth/Timm, BGB 2003, § 709 Rdn. 65; Giefers/Ruhkamp, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, 2003, Rdn. 442; Erman/Westermann, 11. Aufl. § 709 Rdn.39; MünchKomm.-BGB/Ulmer, 4. Aufl. § 709 Rdn. 113; Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnergesellschaft, 4. Aufl. § 709 Rdn. 113; Ulmer, ZIP 2001, 585, 591 f.; a. A. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. § 15 II 3 jew. zur GbR).

IV.


Im Ergebnis handelt es sich bei der Zahlungsverpflichtung gegenüber der ODBG um eine Verbindlichkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft. Denn ein mit den Wohnungseigentümern abgeschlossener Vertrag ist auch dann, wenn er nicht, wie hier, ausdrücklich die Wohnungseigentümergemeinschaft als Vertragspartei benennt, in der Regel mit dem rechtsfähigen Verband, nicht mit den einzelnen Eigentümern geschlossen. Etwas anderes wird ausnahmsweise nur dann in Betracht kommen, wenn der Vertrag aufgrund besonderer Umstände (z. B. geringe Größe der Liegenschaft, einmaliger Leistungsaustausch , persönliche Verbundenheit der Vertragspartner, besonderes Sicherungsinteresse des Gläubigers) gerade mit jedem einzelnen Wohnungseigentümer abgeschlossen wurde. Dafür ist hier jedoch nichts ersichtlich. Die Verbindlichkeit ist daher in den Wirtschaftsplan einzustellen. Insoweit ist der angegriffene Beschluß nicht zu beanstanden. Die Anfechtung ist aber deswegen
griffene Beschluß nicht zu beanstanden. Die Anfechtung ist aber deswegen begründet, weil die Antragsgegner nur einen Gesamtwirtschaftsplan ohne Einzelwirtschaftsplan genehmigt haben.
1. Der Auffassung der Antragsgegner, daß dieser Umstand im konkreten Fall von vorneherein unerheblich ist, weil nach dem Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 21. März 1990 unter Tagesordnungspunkt 1 für die Fälligstellung der Vorauszahlung die Genehmigung des Gesamtwirtschaftsplanes genügen solle, ist nicht zu folgen. Denn für diesen Beschluß fehlte der Wohnungseigentümerversammlung die Beschlußkompetenz. Nach § 28 Abs. 5 WEG kann die Eigentümerversammlung zwar einen einzelnen Wirtschaftsplan genehmigen, was auch dann nur zur Anfechtbarkeit führt, wenn er - etwa infolge des Fehlens von Einzelwirtschaftsplänen - fehlerhaft ist. Der Wohnungseigentümerversammlung fehlt aber die Kompetenz, die Anforderungen an Wirtschaftspläne auf Dauer zu verändern, insbesondere generell für die Zukunft auf die Vorlage von Einzelwirtschaftsplänen zu verzichten. Ein solcher Beschluß, der auf eine Abweichung von dem Gesetz hinausliefe, ist nichtig (Senat, BGHZ 145, 158, 167 f.; speziell zu den Vorschriften über den Wirtschaftsplan s. Merle, in Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 28 Rdn. 6; Jennißen, Die Verwalterabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl., VI Rdn. 15; Niedenführ/ Schulze, aaO, § 28 Rdn. 6). Dem Beschluß vom 21. März 1990 kommt somit auch ohne Anfechtung keine rechtliche Wirkung zu. Mangels wirksamer Abänderung der gesetzlichen Anforderungen erfüllt damit der am 5. April 2000 ohne Einzelwirtschaftspläne beschlossene Wirtschaftsplan nicht die Vorgaben des § 28 Abs. 1 Nr. 2 WEG und ist deswegen für ungültig zu erklären.
2. Allerdings führt nicht jeder Fehler in den Beschlußvorlagen von Wirtschaftsplänen oder Jahresabrechnungen auch zur Ungültigerklärung des Genehmigungsbeschlusses. Fehlen wesentliche Bestandteile, so kann dies auch nur einen Ergänzungsanspruch nach sich ziehen (BayObLG NJW-RR 1989, 1163, 1164; WuM 1993, 92 f.; KG NJW-RR 1996, 526, 527; ZMR 1997, 541, 542 f.; Merle, in Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 28 Rdn. 28 u. 116; Niedenführ /Schulze, aaO, § 28 Rdn. 85; zu den Einzelheiten Abramenko, ZMR 2004, 91 ff). Das gilt jedoch nicht bei dem Fehlen von Einzelwirtschaftsplänen. Vielmehr widerspricht ein ohne sie beschlossener Gesamtwirtschaftsplan ordnungsmäßiger Verwaltung.
Die eigentliche Bedeutung des Wirtschaftsplanes liegt nämlich darin, daß er die Belastung der Wohnungseigentümer mit Vorschüssen nach § 28 Abs. 2 WEG verbindlich regelt und deren Zahlungsverpflichtung erst entstehen läßt (Senat, BGHZ 111, 148, 153; BayObLG NJW-RR 1990, 720, 721; WuM 1990, 455, 456; OLG Hamm WE 1996, 33, 36; Merle, in Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 28 Rdn. 30; Jennißen, aaO, VI Rdn. 27; Niedenführ/Schulze, aaO, § 28 Rdn. 27; Weitnauer/Gottschalg, aaO, § 28 Rdn. 3 u. 5; Müller, WE 1993, 11, 14; Wenzel, NZM 2004, 542, 544). Deswegen schreibt § 28 Abs. 1 Nr. 2 WEG vor, daß der Wirtschaftsplan auch die anteilmäßige Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lasten- und Kostentragung enthalten muß. Die Entscheidung über die Umlage der Kosten auf die einzelnen Eigentümer darf also nicht dem Verwalter überlassen bleiben. Da die Verteilung der Kosten Gegenstand des Einzelwirtschaftsplans ist, gehört er zu den unverzichtbaren Bestandteilen des Wirtschaftsplans. Mithin ist die Genehmigung eines Wirtschaftsplans ohne Einzelwirtschaftsplan auf Antrag für ungültig zu erklären (BayObLG NJW-RR
1991, 1360; OLG Hamm, WE 1996, 33, 36; Merle, in Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 28 Rdn. 30; Niedenführ/Schulze, aaO, § 28 Rdn. 27).
3. Dem steht die Tatsache, daß die Wohnungseigentümer die Ansätze in dem von dem Verwalter vorgelegten Gesamtwirtschaftsplan bei der Beschlußfassung abändern können, nicht entgegen (so aber KG NJW-RR 1991, 725, 726). Denn in der Regel können die Wohnungseigentümer anhand des Verteilungsschlüssels in den Einzelwirtschaftsplänen unschwer ermitteln, mit welcher Belastung sie nach Änderung der Gesamtansätze rechnen müssen . Ob für den Fall, daß die Wohnungseigentümerversammlung so erhebliche Änderungen vornimmt, daß sich die Auswirkungen auf die Einzelwirtschaftspläne nicht mehr ohne weiteres ermitteln lassen, etwas anderes zu gelten hat, bedarf hier keiner Entscheidung.
4. Obwohl das Fehlen von Einzelwirtschaftsplänen die angegriffene Genehmigung des Wirtschaftsplanes insgesamt erfasst, war sie nur in dem beantragten Umfang wegen der Sanierungskosten für die Betonkonstruktionen in Höhe von 146.465 DM für ungültig zu erklären. Denn die Antragsteller haben den ihnen bekannten Mangel der fehlenden Einzelabrechnungen bei den übrigen Positionen ausdrücklich nicht beanstandet, sondern nur die Ungültigerklärung der angegriffenen Position beantragt. Die Genehmigung von Jahresabrechnung bzw. Wirtschaftsplan kann aber nur insoweit für ungültig erklärt werden , als sie angegriffen worden ist (BayObLG NJW-RR 1990, 1107, 1108; 1992, 1169 f.; WE 1995, 91, 92; KG NJW-RR 1991, 1235, 1236; Jennißen, aaO, XII 3 f.; Merle, in Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 28 Rdn. 51; Niedenführ /Schulze, aaO, § 28 Rdn. 83).

V.

1. Eine Vorlage der Entscheidung über die Frage der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft an den Großen Senat nach § 132 Abs. 3 und 4 GVG oder an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 Abs. 1 RsprEinhG kam nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen hierfür jeweils nicht vorliegen (vgl. BGH, IX. Zivilsenat, Beschl. v. 15. Februar 2000 in XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185; Beschl. v. 19. Mai 1993, GSSt 1/93, MDR 1993, 776, 777; Kissel, GVG, 4. Aufl., § 133 Rdn. 38).
2. Die Entscheidung über die Gerichtskosten aller drei Rechtszüge folgt aus § 47Satz 1 WEG. Sie den Antragsgegnern aufzuerlegen, entspricht billigem Ermessen, weil sie unterlegen sind. Hingegen besteht kein Anlaß, von dem in Wohnungseigentumssachen geltenden Grundsatz nach § 47 Satz 2 WEG abzuweichen, wonach die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.
3. Für den Geschäftswert ist bei einer Teilanfechtung des Wirtschaftsplans nach herrschender Meinung die Höhe der angegriffenen Positionen maßgeblich (BayObLGZ 1988, 326, 328; ähnlich BayObLG WuM 1995, 505, 506; Staudinger/Wenzel, aaO, § 48 WEG Rdn. 20; Niedenführ/Schulze, aaO, § 48 Rdn. 40). Eine Festsetzung in voller Höhe von 146.465 DM scheidet aber aus, da dies das Interesse der Antragsteller an einer Teilungültigerklärung des angegriffenen Beschlusses wirtschaftlich weit überstiege, so daß der Zugang zu Gericht in unzumutbarer Weise erschwert worden wäre (BVerfG NJW 1992, 1673, 1674; OLG Hamm ZWE 2000, 482, 484 f.; BayObLG ZMR 2001, 127, 128; 2003, 50).
Aus diesem Grunde ist der Geschäftswert nach § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG niedriger festzusetzen. Dabei kommt im Gegensatz zu einer bisweilen in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung (OLG Hamm ZWE 2000, 482, 484 f.; KG NJW-RR 1988, 14, 15) eine schematische Herabsetzung etwa auf das Fünffache des Eigeninteresses des anfechtenden Wohnungseigentümers nicht in Betracht. Abzustellen ist vielmehr auf das anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles (BayObLG NJW-RR 1989, 79 ff.; NZM 2001, 713; OLG Hamburg ZMR 2004, 295 f; OLG Karlsruhe WuM 1996, 180; OLG Köln WE 1995, 23; Staudinger/Wenzel, aaO, § 48 Rdn. 16; Niedenführ /Schulze, aaO, § 48 Rdn. 28) zu ermittelnde Interesse aller Beteiligten und auf das Verhältnis der daraus erwachsenden Kosten zu dem Interesse eines Beteiligten.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war nicht nur der vergleichsweise geringen Beteiligung der Antragsteller an den streitigen Kosten Rechnung zu tragen, sondern auch der erheblichen Bedeutung der Sache für alle Wohnungseigentümer. Von daher erscheint ein Geschäftswert von 12.000 EUR angemessen.
Wenzel Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,

1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder
2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
Für die Nutzungen gilt § 16 Absatz 1.

(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.

(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Unbeachtlich werden

1.
eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2.
eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans und
3.
nach § 214 Absatz 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt entsprechend, wenn Fehler nach § 214 Absatz 2a beachtlich sind.

(2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 27. November 2015 geändert. Der Antrag der Antragsteller zu 5) und 6) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 9 K 5196/15 wird insgesamt abgelehnt.

Die Beschwerde der Antragsteller zu 5) und 6) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Antragsteller zu 1) bis 4) zu je 1/6 und die Antragsteller zu 5) und 6) zu 1/3 als Gesamtschuldner. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller zu 5) und 6) als Gesamtschuldner. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine Baugenehmigung zu Gunsten der Beigeladenen, die auf einem Teil eines aufzuschüttenden Baufeldes eine Unterkunft zur Unterbringung von wohnraumbedürftigen Personen errichten will.

2

Das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück der Antragsteller wird durch einen unbebauten Grünstreifen getrennt von dem westlich davon gelegenen und ebenfalls unbebauten Vorhabengrundstück (Flurstück …). Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans L 14 vom 7. Oktober 1999 (HmbGVBl. S. 239), der das Grundstück der Antragsteller als reines Wohngebiet ausweist (WR I o) und für das Vorhabengrundstück ein Gewerbegebiet (GE) festsetzt. Letzteres grenzt im Norden an den oberirdischen Wasserlauf der A. K., von dem das Grundstück der Antragsteller durch ein weiteres Wohngrundstück getrennt ist. Beide Grundstücke werden teilweise erfasst von dem seit dem 16. Juli 2014 vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet der K. (Amtl. Anz. 2014, S. 1066 f.), welches die Gewässer der A. K. und der G. mitumfasst. Die A. K. tritt erstmalig etwa 80 m nordöstlich des Vorhabengrundstücks aus und fließt für ca. 410 m oberirdisch in südöstlicher und östlicher Richtung bis zum W. weg. Dort wird sie von dem unter der Straße liegenden und bereits die G. führenden Regenwassersiel aufgenommen, welches für rd. 195 m in nördlicher Richtung verläuft und sodann in die K. mündet. Diese fließt in östlicher Richtung u.a. unter der Brücke N. Straße hindurch. Der östlich des W. Wegs gelegene Abschnitt der A. K. ist vom genannten Bereich getrennt und mündet selbständig jenseits der N. Straße in die K. .

3

Im Oktober 2014 beantragte die Beigeladene eine Baugenehmigung im Verfahren mit Konzentrationswirkung nach § 62 HBauO zur Errichtung von 13 Pavillonhäusern für die Unterbringung von bis zu 288 wohnraumbedürftigen Personen. Hierfür sollen die Geländehöhe des durch Baugrenzen vorgegebenen und in die Bereiche A und B geteilten Baufeldes auf 8,10 m über NN aufgeschüttet und die Pavillonhäuser auf dem Baufeld A errichtet werden. Zugleich sollen die das Baufeld umgebende Fläche des Vorhabengrundstücks (im Folgenden: Flutmulde) bis hin zur A. K. auf 7,40 m über NN abgesenkt und darin für die Regenrückhaltung zwei gesonderte Becken mit einer Sohle von 7,20 m über NN geschaffen werden. In seinem Bericht zu den wasserwirtschaftlichen Auswirkungen des Bauvorhabens vom 21. Oktober 2014 stellte der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer Hamburg (LSBG) fest, dass durch das Vorhaben bei einem Hochwasser, das statistisch mindestens einmal in hundert Jahren auftritt (HQ100), das Retentionsvolumen nicht verringert und der Wasserspiegel nicht verändert werden würde.

4

Die Antragsgegnerin erteilte die Baugenehmigung unter dem 26. Januar 2015. Der Bescheid umfasste u.a. eine Ausnahmegenehmigung nach § 78 WHG für die Errichtung der geplanten Unterkünfte und die dazu notwendigen Geländeaufhöhungen und Erdbewegungen auf der Basis des Berichts vom 21. Oktober 2014. Weiterhin ergingen nach § 31 Abs. 2 BauGB Befreiungen von der Anforderung, die Dachflächen zu begrünen (§ 2 Nr. 4 der Verordnung zum Bebauungsplan L. 14), der vorgesehenen Gebäudeausrichtung und für das Überschreiten ihrer maximalen Bautiefe um 2,75 m (§ 2 Nr. 5 der Verordnung). Ferner wurde nach § 246 Abs. 10 BauGB eine Befreiung erteilt für die Abweichung von der zulässigen Nutzungsart im Gewerbegebiet durch die Anlage für soziale Zwecke.

5

Hiergegen erhoben die Antragsteller am 2. März 2015 Widerspruch, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen vortrugen, dass das Vorhaben den Retentionsraum im Überschwemmungsgebiet der A. K. erheblich verringern würde. Die Ausnahme nach dem drittschützenden § 78 Abs. 4 WHG sei rechtswidrig, da der Bericht des LSBG vom 21. Oktober 2014 fehlerhaft sei. Er habe weder die Auswirkungen eines hohen Grundwasserstandes berücksichtigt noch sei der Hochwasserpegel eines HQ100 im Bereich der K. richtig angegeben worden.

6

Am 6. August 2015 haben die Antragsteller den vorliegenden Eilantrag gestellt und ausgeführt, dass trotz einer weiteren Untersuchung die Auswirkungen eines hohen Grundwasserstandes auf dem Vorhabengrundstück bei einem gleichzeitigen Hochwasser unklar seien. In dieser Situation könne das Grundwasser in Richtung der Nachbarbebauung gedrückt werden und dort zu Schäden führen. Bestehende Zweifel gingen zu Lasten der Beigeladenen, da diese alle Genehmigungsvoraussetzungen nachzuweisen habe. Der zu erwartende Hochwasserstand sei von dem LSBG falsch eingeschätzt worden, u.a. habe man eine bei Hochwasser regelmäßig an der Brücke N. Straße eintretende Verklausung durch sich ansammelndes Treibgut nicht berücksichtigt. Auch die Befreiungen bezüglich der Dachflächenbegrünung und der Gebäudeausrichtung seien rechtswidrig. Zudem sei die Baugenehmigung hinsichtlich der Baufelder A und B nicht teilbar.

7

Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten. Die Befreiungen beträfen keine nachbarschützenden Festsetzungen und eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots sei nicht erkennbar. § 78 WHG sei nicht drittschützend und die Rechtsprechung zum wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebot nicht hierauf übertragbar. Auch würden die Anforderungen des § 78 Abs. 3 WHG eingehalten. Das Vorhaben werde sich nicht negativ auf die Grundwassersituation auswirken; bei einem Stand des Grundwassers von mehr als 7,20 m über NN würde es in die Flutmulde austreten und über das natürliche Gefälle zur A. K. abgeleitet werden. Selbst bei dem äußerst unwahrscheinlichen Szenario seines Zusammentreffens mit einem Hochwasser im Falle eines HQ100 wären die Vorkehrungen auf dem Vorhabengrundstück ausreichend. Selbst wenn es zu einer Umkehr der Fließrichtung des Grundwassers kommen sollte, wäre das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt, denn derartiges könne unabhängig von der Durchführung des Vorhabens auftreten. Eine Verklausung am Engpass der Brücke N. Straße sei bei der Hochwasserberechnung außer Acht zu lassen. Es lasse sich als spontanes Ereignis nicht in die Rechnung einspeisen, zudem würden derartige Hindernisse umgehend beseitigt werden. Die Baugenehmigung sei teilbar, denn die Maßnahmen auf dem Baufeld A ließen sich unabhängig von der Aufhöhung des Baufeldes B realisieren. Bei der im Eilverfahren gebotenen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass eine etwaige Beeinträchtigung der Antragsteller und die Gefahr einer Verfestigung des Vorhabens von geringer Wahrscheinlichkeit wären. Die Pavillonhäuser könnten in kurzer Zeit entfernt und an anderer Stelle wieder aufgestellt werden.

8

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und schloss sich dem Vorbringen der Antragsgegnerin an.

9

Mit Widerspruchsbescheiden vom 14. August 2015 hat die Antragsgegnerin die Widersprüche aller Antragsteller zurückgewiesen. Lediglich die Antragsteller zu 5) und 6) haben dagegen Klage erhoben. Die Antragsteller zu 1) bis 4) haben darauf ihre Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz zurückgenommen.

10

Mit Beschluss vom 27. November 2015, zugestellt am 3. Dezember 2015, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller zu 5) und 6) gegen die Baugenehmigung vom 26. Januar 2015 hinsichtlich der Aufschüttung des Baufeldes B angeordnet und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erfolgsaussichten der Klage offen seien.

11

Zwar sei § 78 Abs. 3 bzw. 4 WHG nicht unmittelbar drittschützend, jedoch sei offen, ob das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzuwendende Rücksicht-nahmegebot – sei es wasser- oder baurechtlicher Natur – nicht durch die Auswirkungen des Vorhabens der Beigeladenen auf die Hochwassersituation verletzt werde. Soweit ein Vorhaben die Hochwassersituation derart verändere, dass ein Nachbar unzumutbar beeinträchtigt werde, könne sich dieser unter Rückgriff auf das Rücksichtnahmegebot dagegen wehren. Die Frage nach seiner rechtlichen Verortung könne dahinstehen, da die Anforderungen des bau- und des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots identisch seien.

12

Derzeit sei offen, ob das Vorhaben der Beigeladenen derartige unzumutbare Beeinträchtigungen für die Antragsteller mit sich bringe. Zwar gehe der Bericht vom 21. Oktober 2014 davon aus, dass keine Verschlechterung hinsichtlich des Hochwasserschutzes zu befürchten sei, jedoch begegne er mehreren Bedenken, die bislang nicht ausgeräumt worden seien. Allerdings dürfte sich die Hochwassergefahr für die Antragsteller nicht durch Auswirkungen des Vorhabens auf den Grundwasserstand unzumutbar verschärfen. Weder besitze deren Haus einen durch Grundwasser gefährdeten Keller noch würde dessen Zufluss in den Retentionsraum den Hochwasserstand nennenswert beeinflussen. Demgegenüber sei aber unklar, weshalb ein Betriebshof zwischen der K. und der A. K. nicht in das Entwässerungsgebiet der letzteren einbezogen worden sei. Ein deutlich vergrößertes Einzugsgebiet könne nicht unerhebliche Auswirkungen auf den Hochwasserstand der A. K. haben. Außerdem bestünden weitere Zweifel an dem im Bericht prognostizierten Hochwasserstand von 7,68 m über NN, denn in der zugrundeliegenden Berechnung seien der Engpass der Brücke N. Straße und die dort wiederholt auftretenden Verklausungen nicht abgebildet werden. Derartige Verklausungen seien ein regelmäßig auftretendes Phänomen und daher nicht außer Betracht zu lassen. Je höher das Hochwasser steige, umso mehr würden sich die erhöhten Bauinseln auf das Retentionsvolumen auswirken. Daher sei unklar, wieviel Retentionsraum bei einem korrekt berechneten Hochwasserstand durch das Vorhaben wegfalle. Es sei deshalb nicht ausgeschlossen, dass ein Hochwasser aufgrund der Auswirkungen des Vorhabens erstmals in das Gebäude der Antragsteller eindringe.

13

Unter Berücksichtigung der offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache würde das sehr große öffentliche Interesse an der Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für wohnraumbedürftige Personen nur für die Durchführung des Vorhabens in Bezug auf das Baufeld A das Interesse der Antragsteller überwiegen. Wenn der gesamte geplante Retentionsraum geschaffen und zunächst nur das Baufeld A aufgeschüttet werde, erscheine es ausgeschlossen, dass die Antragsteller einer unzumutbaren Hochwassergefahr ausgesetzt werden würden. Sollte die notwendige weitere Untersuchung der Hochwassersituation ergeben, dass zusätzlicher Retentionsraum erforderlich sei, könne dieser im Bereich des Baufelds B geschaffen werden. Dabei könne berücksichtigt werden, ob der Engpass unter der Brücke N. Straße, wie angekündigt, zumindest teilweise beseitigt werde. Hieraus ergebe sich zugleich ein Überwiegen der Interessen der Antragsteller gegenüber dem deutlich geringeren öffentlichen Interesse an der Aufschüttung des Baufeldes B. Für die Nutzung jenes Bereichs bestehe kein fester Zeitplan, zudem könnten dort ohnehin Stelzenbauten ohne Auswirkungen auf die Hochwassersituation errichtet werden. Insoweit sei die Baugenehmigung teilbar, was auch den Vorstellungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen entspreche. Die Aufschüttungen seien voneinander unabhängig und die Errichtung der Pavillonhäuser auf dem aufgeschütteten Baufeld A stelle ein eigenständig sinnvoll nutzbares Vorhaben dar.

14

Gegen diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin am 10. Dezember 2015 Beschwerde erhoben und diese am 22. Dezember 2015 begründet. Die Antragsteller zu 5) und 6) haben ihre Beschwerde am 17. Dezember 2015 erhoben und am 4. Januar 2016 begründet.

II.

15

Die gemäß §§ 146 Abs. 4, 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg, da mit ihr Gründe darlegt werden, die die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in ihren tragenden Erwägungen erschüttern (1.). Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist auch hinsichtlich des Baufelds B abzulehnen, da die Klage der Antragsteller zu 5) und 6) mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgslos bleiben wird (2.). Das Interesse der Beigeladenen an der Vollziehung der angefochtenen Baugenehmigung setzt sich daher gegen deren Aussetzungsinteresse durch (3.).

16

1. Die Antragsgegnerin legt in ihrer Beschwerdebegründung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zutreffend dar, dass die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts nicht haltbar sei, im Anwendungsbereich des § 78 WHG komme, entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wasserhaushaltsgesetz, ein Drittschutz im Rahmen des Rücksichtnahmegebots in Betracht.

17

Ihr Vorbringen, das vom Verwaltungsgericht angeführte Urteil vom 15. Juli 1987 (4 C 56/83, BVerwGE 78, 40) stelle nur auf eine Erlaubnis zur Gewässernutzung, nicht aber auf eine hochwasserschutzrechtliche Regelung ab, ist zutreffend. Anhaltspunkte dafür, dass diese Entscheidung dem Rücksichtnahmegebot einen Anwendungsbereich außerhalb der Vorschriften zur Gewässernutzung eröffnen wollte, liegen nicht vor. Die zentrale Aussage des Urteils, „daß die Wasserbehörden bei jeder Entscheidung über eine Benutzung im Sinne von § 3 WHG ohne Rücksicht auf die Form der Gestattung verpflichtet sind, auf die Belange anderer "Rücksicht" zu nehmen (…); insoweit kommt dem § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG drittschützende Funktion zu“ (a.a.O. S. 43), bezieht sich allein auf Entscheidungen über die Benutzung von Gewässern wie sie nunmehr in den §§ 8 ff. im Kapitel 2 des Wasserhaushaltsgesetzes in der Form des Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) – im Folgenden: WHG – geregelt sind. Ausführungen zum Hochwasserschutz in Überschwemmungsgebieten, der zum Zeitpunkt des o.g. Urteils in § 32 des Wasserhaushaltsgesetzes in der Form der Bekanntmachung seiner Neufassung vom 23. September 1986 (BGBl. I S. 1529) geregelt war, enthält weder dieses Urteil noch eine Parallelentscheidung vom 3. Juli 1987 (4 C 41/86, ZfW 1988, 337) oder der diese Rechtsprechung bestätigende Beschluss vom 6. September 2004 (7 B 62/04, NVwZ 2005, 84, 85).

18

Kann daher nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass bei der mit der Baugenehmigung zugleich angefochtenen Ausnahme nach § 78 WHG ein wasserrechtliches Rücksichtnahmegebot zu beachten war, entfällt damit zudem die Basis für die weitere Annahme des Verwaltungsgerichts, es könne dahinstehen, ob das Rücksichtnahmegebot im Baurecht oder im Wasserrecht zu verorten sei, denn nach beiden Geboten könne sich ein Nachbar gegen unzumutbare Beeinträchtigungen der Hochwassersituation seines Grundstücks durch ein benachbartes Vorhaben wenden. Insoweit legt die Antragsgegnerin auch zutreffend dar, dass sich nach der bisherigen Rechtsprechung mehrerer Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 9.6.2011, 1 A 504/09, juris, Rn. 48; OVG Hamburg, Urt. v. 9.4. 1997, Bf V 64/95, juris, Rn. 42) das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nur auf Beeinträchtigungen anderer Grundstücke bezieht, die von dem Vorhaben selbst ausgehen und damit nicht auch auf Einwirkungen durch Hochwasser, also ein Naturereignis, das durch ein Bauvorhaben nur mittelbar beeinflusst wird. Ob diese Rechtsprechung weiterhin zutreffend ist und das baurechtliche Rücksichtnahmegebot derartige mittelbare Beeinträchtigungen tatsächlich von vorneherein nicht erfasst, kann dahinstehen, da die Antragsgegnerin die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts, das Rücksichtnahmegebot erfasse zumindest mittelbare Beeinträchtigungen durch Hochwasser, ausreichend in Zweifel gezogen hat.

19

2. Das Beschwerdegericht ist – ohne gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur auf die Prüfung der dargelegten Gründe beschränkt zu sein – daher selbst berechtigt und verpflichtet, die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags summarisch zu prüfen. Der zulässige Antrag der Antragsteller zu 5) und 6) auf vorläufigen Rechtsschutz ist auch hinsichtlich des Baufelds B abzulehnen, da ihre Klage gegen die Baugenehmigung vom 26. Januar 2015 mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgslos bleiben wird. Anders als es das Verwaltungsgericht angenommen hat, spricht nach summarischer Prüfung Überwiegendes dafür, dass sie durch die angefochtene Baugenehmigung mit Konzentrationswirkung nicht in ihren Rechten verletzt werden. Die Anforderungen drittschützender Vorschriften des Bauplanungsrechts werden eingehalten (a) und die zu beachtenden Vorschriften des Wasserrechts sind nicht drittschützend (b).

20

a) Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass ein Gebietserhaltungsanspruch gegen das in einem Gewerbegebiet liegende Vorhaben den in einem Wohngebiet und damit einem anderen Baugebiet ansässigen Antragstellern nicht zukommt. Anhaltspunkte für einen gebietsübergreifenden Gebietserhaltungsanspruch bestehen nicht. Eben-so zutreffend ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Festsetzungen nach § 2 der Verordnung über den Bebauungsplan L. 4, von deren Einhaltung nach der Baugenehmigung abgewichen werden darf, keinen nachbarschützenden Charakter besitzen. Sowohl § 2 Nr. 4, mit seinen Anforderungen an eine Dachbegrünung, als auch § 2 Nr. 5 der Verordnung, zur Ausrichtung und Bautiefe von Gebäuden auf bestimmten Teilflächen, verfolgen allein städtebauliche Ziele. Dies ergibt sich bereits aus der Begründung zum Bebauungsplan unter Ziff. 4.3, wonach durch diese Festsetzungen eine städtebaulich und ökologisch möglichst verträgliche Einbindung des Gewerbegebiets in die angrenzenden Wohn- und Grünflächen erreicht werden soll. Für einen Verstoß der insoweit erteilten Befreiungen gegen das dem § 31 Abs. 2 BauGB innewohnende Rücksichtnahmegebot (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.7.1988, NVwZ-RR 1999, 8; OVG Hamburg, Beschl. v. 7.9. 2012, NordÖR 2013, 106, 109) ist nichts ersichtlich. Auch soweit die Antragsteller darauf hinweisen, dass die Dachflächenbegrünung der Zurückhaltung von Regenwasser dient, liegt in dem Verzicht hierauf nicht bereits eine unzumutbare Beeinträchtigung ihrer Hochwassersituation. Durch die Dachflächenbegrünung würde der Abfluss des Regenwassers zwar zeitlich verzögert werden, doch gelänge es letztlich dennoch zu einem erheblichen Teil über die Regenwasserrückhaltebecken und die Flutmulde in die A. K., so dass es zum Hochwasserstand beiträgt. Ein Entfallen jener Befreiung würde daher eine Hochwassergefahr für die Antragsteller nicht nennenswert mindern.

21

Ferner verstößt die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung voraussichtlich nicht gegen das auch in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot, soweit für das Vorhaben die Geländeoberfläche innerhalb der festgesetzten Baugrenzen auf 8,10 m über NN aufgeschüttet werden soll. Hiernach sind bauliche Anlagen u.a. unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Ein Nachbar kann daher eine mit dem genehmigten Bauvorhaben verbundene Beeinträchtigung der Nutzung seines Grundstückes abwehren, wenn diese aufgrund einer Abwägung, in der die Schutzwürdigkeit der Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen sind, unzumutbar ist (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 5.8.1983, BVerwGE 67, 334, 339; OVG Hamburg, Urt. v. 2.2. 2011, DVBl. 2011, 827, 832). Bei der Bestimmung der Nutzungsbeeinträchtigungen sind die Auswirkungen des Vorhabens zu berücksichtigen, die einen Bezug zur Bodenordnung im Sinne der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung des Gemeindegebiets haben (so BVerwG, Urt. v. 25.1.2007, BVerwGE 128, 118, 120 f.). Städtebauliche Bedeutung kann grundsätzlich jeder nur denkbare Gesichtspunkt erhalten, sobald er die Bodennutzung betrifft oder sich auf diese auswirkt (BVerwGE a.a.O., Rn. 14), so dass auch mittelbare Gefahren, die aus einer genehmigten Nutzung resultieren, in die Abwägung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO einzufließen haben (OVG Hamburg, Beschl. v. 20.12.2011, 2 Bs 205/11, juris, Rn. 15).

22

Ob damit auch die sich nicht aus seiner Nutzung, aber womöglich aus seiner Ausführung, ergebenden Auswirkungen eines Vorhabens auf den Hochwasserschutz, der nach § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB einen städtebaulichen Belang darstellt, im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu berücksichtigen sind, kann dahinstehen. Jedenfalls findet die Anwendung des § 15 BauNVO ihre Grenze dort, wo der Gesetzgeber eine spezielle Inhalts- und Schrankenbestimmung des Bodeneigentums getroffen und ein Verfahren zur Prüfung jenes Belangs festgelegt hat. Dies ist für den Hochwasserschutz in einem Überschwemmungsgebiet durch § 78 WHG geschehen. So wie § 78 WHG in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet mit Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 für die Ausweisung neuer Baugebiete (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.6.2014, BVerwGE 149, 373, 375, Rn. 11) den in § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB noch allgemein für die Bauleitplanung formulierten Belang des Hochwasserschutzes konkretisiert und überformt, werden durch Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 die Auswirkungen einer konkreten baulichen Anlage auf den Hochwasserschutz an speziellen Anforderungen gemessen. Dies gilt nach § 78 Abs. 6 WHG auch für nach § 76 Abs. 3 WHG zunächst vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete, wie das der K. (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 22.9.2014, 2 Bs 168/14). Mit den Anforderungen des § 78 Abs. 3 WHG, die zum Ziel haben, jede Verschlechterung der Hochwassersituation zu vermeiden, geht das Wasserhaushaltsgesetz deutlich über die allgemeine Zumutbarkeitsgrenze des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO hinaus. Für die Anwendung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots als Zulässigkeitsmaßstab baulicher Anlagen in einem – festgesetzten oder vorläufig gesicherten – Überschwemmungsgebiet bleibt daneben kein Raum.

23

b) Die Antragsteller werden sich nicht auf einen nachbarschützenden Charakter der maßgeblichen wasserrechtlichen Normen berufen können. Entgegen ihrer Auffassung findet auf das Vorhaben der Beigeladenen nicht § 78 Abs. 4 WHG sondern § 78 Abs. 3 WHG Anwendung (aa), der keinen Drittschutz vermittelt (bb).

24

aa) Das Vorhaben der Beigeladenen unterfällt dem Verbot des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG über die Errichtung baulicher Anlagen nach § 30 BauGB und war daher nur unter den Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG genehmigungsfähig. Hiervon dürfte die Aufschüttung des Baufelds B nicht abzutrennen sein, mit der Folge eines hierauf beschränkten Verbots nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WHG, von dem eine Ausnahme unter den erleichterten Voraussetzungen des § 78 Abs. 4 Satz 1 WHG erteilt werden könnte. Vielmehr sind die Aufschüttung des gesamten Baufelds und die Errichtung der Pavillonhäuser als ein einheitliches Vorhaben zu betrachten.

25

Für das Bauplanungsrecht ist anerkannt, dass es Sache des Bauherrn ist, durch seinen Genehmigungsantrag festzulegen, was als „das Vorhaben“ i.S.v. § 29 Abs. 1 BauGB an den Anforderungen der §§ 30 ff. BauGB gemessen wird. Er hat sich dabei nur innerhalb der – (bau-)technischen und rechtlichen – Grenzen zu halten, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind (siehe BVerwG, Beschl. v. 6.2.2013, 4 B 39/12, juris, Rn. 11 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschl. v. 16.11.2015, 2 Bs 166/15; ebenso Rieger in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 29 Rn. 5). Diese Bindung an den Bauantrag ist auf § 78 WHG zu übertragen, der mit der Übernahme der Regelungen des § 31b Abs. 3 und 4 des Wasserhaushaltsgesetzes in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vom 3. Mai 2005 (BGBl. I S. 1224; vgl. BT-Drs. 16/12275, S. 76) deren Ursprung aus dem Bodenrecht teilt. Er knüpft nicht nur an dieselbe Gesetzgebungskompetenz (vgl. BT-Drs. 15 / 3168, S. 14) wie das Bauplanungsrecht an, sondern bindet zugleich über § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 WHG die Anwendung seiner wesentlichen Anforderungen an das Vorliegen der Instrumente zur Bauleitplanung und die Anwendbarkeit der Regelungen zur baulichen Nutzung. Es obliegt daher dem Bauherrn durch seinen Genehmigungsantrag nicht nur festzulegen, was „das Vorhaben“ i.S.v. § 29 Abs. 1 BauGB ist, sondern damit zugleich zu bestimmen, welche Baumaßnahmen womöglich welchen Verboten des § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG und den damit korrespondierenden Ausnahmen des § 78 Abs. 2 bis 4 WHG unterliegen. Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, ob – abweichend vom Antrag – die Baufelder A und B getrennt werden könnten, weil sie abstrakt betrachtet selbständig nutzbar sind. Ungeachtet der etwaigen Teilbarkeit der Baugenehmigung, ist ihre Aufschüttung und Bebauung von der Beigeladenen als Bauherrin konkret als Einheit zur Genehmigung gestellt worden.

26

Vor diesem Hintergrund kann es dahinstehen, ob unter einem Erhöhen bzw. Vertiefen der Erdoberfläche nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WHG jede Form der Aufschüttung oder Abgrabung zu verstehen ist (vgl. Cychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 11. Aufl. 2014, § 78, Rn. 17; Zloch in: Berendes/Frenz/ Müggenborg, Wasserhaushaltsgesetz, 2011, § 78, Rn. 18). Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs unterfallen dem Begriff des Vorhabens nach § 29 Abs. 1 BauGB, was ohnehin dazu führen müsste, ihre wasserrechtliche Zulässigkeit an den strengeren Anforderungen des § 78 Abs. 3 WHG zu messen.

27

bb) Bislang ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung offen gelassen worden, ob dem § 78 WHG zum Hochwasserschutz in Überschwemmungsgebieten eine drittschützende Wirkung entnommen werden kann (vgl. VGH München, Beschl. v. 16.12.2015, 8 ZB 14.1471, juris, Rn. 7; Beschl. v. 4.2.2014, 8 CS 13.1848, juris, Rn. 12; VGH Mannheim, Beschl. v. 23.9.2014, NuR 2015, 488, 491, Rn. 42; Beschl. v. 18.11.2013, NVwZ-RR 2014, 265; OVG Münster, Beschl. v. 29.7.2014, 7 B 220/14, juris, Rn. 13; OVG Bautzen, Urt. v. 9.6.2011, 1 A 504/09, juris, Rn. 53 zu § 31b Abs. 4 Satz 4 WHG a.F.; OVG Koblenz, Urt. v. 2.3.2010, 1 A 10176/09, juris, Rn. 42; ablehnend zu § 31b Abs. 4 Satz 4 WHG a.F.: OVG Lüneburg Beschl. v. 20.7.2007, NVwZ 2007, 1210, 1211), wo hingegen dies teilweise in der Literatur befürwortet wird (Cychowski/Reinhardt, a.a.O., Rn. 46; Rein-hardt, DÖV 2011, 135, 140; Faßbender/Gläß, NVwZ 2011, 1094, 1097; noch zu § 31b Abs. 4 Satz 4 WHG a.F. der VGH München, Beschl. v. 16.9.2009, 15 CS 09.1924, juris, Rn. 12).

28

Der von der Antragsgegnerin der wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigung zugrunde gelegte § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG wird voraussichtlich den Antragstellern keinen Drittschutz vermitteln. Aus den dort genannten Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung folgt nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass auch die Wahrung bestimmter Belange Einzelner rechtlich abgesichert sein soll. Eine Norm des öffentlichen Rechts gewährt Drittschutz, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es kommt darauf an, dass sich aus ihren individualisierenden Tatbestandsmerkmalen ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (vgl. BVerwG Urt. v. 5.12.2013, BVerwGE 148, 290, 295 f., Rn. 21 m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass durch die Norm individuelle Interessen tatsächlich geschützt werden. Vielmehr muss hinzukommen, dass die Norm nach dem gesetzgeberischen Willen dazu bestimmt ist, auch dem Schutz individueller Interessen zu dienen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 25.9.2009, 2 Bs 173/09).

29

Ein hinreichend deutlich gegen andere abgrenzbarer Personenkreis, auf dessen Interessen bei der Erteilung der Ausnahmegenehmigung mehr Rücksicht zu nehmen ist, als auf andere dadurch berührte Interessen, lässt sich den Merkmalen des § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG nicht entnehmen. Die Begriffe „Hochwasserrückhaltung“, „Rückhalteraum“, „Wasserstand“, „Hochwasser“, „Hochwasserschutz und „hochwasserangepasst“ heben über die Allgemeinheit niemanden hervor, der durch die mit ihnen verbundenen Anforderungen einen besonderen Schutz erfahren soll. Der Hochwasserschutz im Allgemeinen und die besonderen Schutzvorschriften für Überschwemmungsgebiete nach § 78 WHG im Besonderen dienen dem Allgemeininteresse, in dem sie u.a. individuelle Rechtsgüter, wie Leben, Leib und Eigentum generell vor den Gefahren eines Hochwassers bewahren sollen. Der hierdurch einer unbekannten Vielzahl von Personen und ihrem Eigentum gleichermaßen tatsächlich zukommende Schutz im Falle eines Hochwassers reicht allerdings nicht aus, ihnen allen ein subjektives Recht auf Einhaltung der Hochwasserschutzvorschriften einzuräumen. So fehlt es an einem Kriterium, um zu entscheiden, ob z.B. nur diejenigen zu berücksichtigen wären, die in einem Überschwemmungsgebiet betroffen sind. Denn tatsächlich werden durch das Ziel des § 78 Abs. 3 WHG, jede Verschlechterung der Hochwassersituation und damit einen Anstieg des Hochwasserstandes im Falle eines HQ100 zu vermeiden, auch diejenigen geschützt, die am Rande dieses Gebietes und noch weiter außerhalb belegen sind, aber ohne diese Regelung einer Hochwassergefahr ausgesetzt sein könnten.

30

Anders als bei den wasserrechtlichen Erlaubnissen nach §§ 8 ff. WHG, gibt es für den Bereich des Hochwasserschutzes keine allgemeinen Grundsätze, die die Genehmigung nach § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG derart zu prägen vermögen, dass ihnen ein individualisierter Kreis von Drittbegünstigten entnommen werden kann. Während den allgemeinen Grundsätzen der Gewässerbewirtschaftung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG (§ 1a Abs. 1 Satz 2 WHG a.F.) entnommen werden kann, dass jene Erlaubnisse auch dem Nutzen Einzelner dienen sollen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.9.2004, NVwZ 2005, 84, 85), fehlt Vergleichbares im 6. Abschnitt über den Hochwasserschutz. Weder § 72 WHG, der eine Legaldefinition des Begriffs Hochwasser enthält, noch den §§ 73 bis 75 WHG und §§ 79 bis 81 WHG, über Maßnahmen zur Bewertung und Bewältigung von Hochwasserrisiken, lässt sich eine Aussage zur besonderen Berücksichtigung individualisierter Rechtsgüter in einem Überschwemmungsgebiet oder aber außerhalb desselben entnehmen.

31

Ebenso lässt sich weder aus § 78 Abs. 2 WHG noch aus § 78 Abs. 4 WHG auf einen individuellen Schutz Dritter im Falle einer Genehmigung nach § 78 Abs. 3 WHG rückschließen. Zwar sind bei der Zulassung einer neuen Baugebietsausweisung nach § 78 Abs. 2 Nr. 3 WHG die Gefährdung bestimmter Rechtsgüter und nach Nr. 7 nachteilige Auswirkungen auf Ober- und Unterlieger zu vermeiden. Auch die Zulassung anderer Maßnahmen, als derjenigen i.S.d. § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG, ist nach § 78 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WHG an das Ausbleiben einer Gefährdung der Rechtsgüter Leben, Leib und Eigentum gebunden. Die hiermit einhergehenden Individualisierungen lassen sich jedoch nicht auf die Entscheidung nach Abs. 3 erstrecken, da § 78 WHG bewusst zwischen den verschiedenen Zulassungen und Genehmigungen trennt, wie sich jeweils deren unterschiedlichen Voraussetzungen entnehmen lässt.

32

Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass es ein wasserrechtliches Rücksichtnahmegebot gibt (vgl. aber z.B.: OVG Koblenz, Urt. v. 2.3.2010, 1 A 10176/09, juris, Rn. 42; VGH Mannheim, Beschl. v. 23.9.2014, NuR 2015, 488, 491), da sich dessen Anwendungsbereich auf die §§ 8 ff. im Kapitel 2 des Wasserhaushaltsgesetzes beschränkt (s. oben unter 1.). Ebenso wie im Baurecht (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 19.9.1986, NVwZ 1987, 409, 410) gibt es kein – außergesetzliches – das gesamte Wasserhaushaltsgesetz umfassendes drittschützendes Rücksichtnahmegebot. Ein derartiges Gebot lässt sich auch nicht aus dem Verfassungsrecht ableiten. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zwingt nicht dazu, einen nachbarlichen Drittschutz vorzusehen. Vielmehr hat der Gesetzgeber den näheren Inhalt einer sozialgerechten Eigentumsordnung erst zu konkretisieren. Nachbarschutz besteht daher grundsätzlich nur, soweit ihn der Gesetzgeber auch normiert hat (so BVerwG, Urt. v. 23.8.1996, BVerwGE 101, 364, 373; Urt. v. 21.4.2009, BVerwGE 133, 347, 354, Rn. 15).

33

Im Anwendungsbereich des § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, die Zulassung von baulichen Anlagen i.S.d. § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG an die Beibehaltung des erreichten status quo im Hochwasserschutz zu binden. Weder die Rückhaltung von Hochwasser (Nr. 1), noch sein Stand oder Abfluss (Nr. 2) oder der Schutz vor ihm (Nr. 3) dürfen nachteilig verändert werden; das Bauwerk selbst hat sich dem Hochwasser anzupassen (Nr. 4). Dieses hohe Schutzniveau trägt hinreichend Sorge dafür, dass kein von einem Hochwasser beeinträchtigtes Interesse durch eine bauliche Anlage i.S.d. § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG zusätzlichen Schaden erleiden soll. Die Einhaltung dieses hohen Schutzniveaus wird von anderen Maßnahmen, die in die Topographie des Überschwemmungsgebiets eingreifen, dagegen nicht erwartet. Nach § 78 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WHG dürfen sie lediglich den Abfluss und die Rückhaltung des Hochwassers nicht wesentlich beeinträchtigen; weitere Aspekte des Hochwasserschutzes können lediglich als Allgemeinwohlbelang zur Geltung kommen, wenn sie denn so gewichtig sind, dass sie der Maßnahme entgegenstehen. Die hierin liegende Absenkung des Schutzniveaus findet ihre Grenze dort, wo eine Gefährdung von wichtigen Rechtsgütern zu befürchten ist (Nr. 2). Dass die Inhaber dieser Rechtsgüter unter Berufung auf § 78 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WHG die Zulassung einer derartigen Maßnahme möglicherweise zur gerichtlichen Überprüfung stellen können, würde zwar eine Ungleichbehandlung mit denjenigen darstellen, die sich durch eine Maßnahme nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG in ihren Rechten beeinträchtigt sehen. Diese ist aber dadurch sachlich gerechtfertigt, dass der Staat bei der zuletzt genannten Maßnahme die Einhaltung des höheren Schutzniveaus zu sichern hat.

34

3. Unter Berücksichtigung der geringen Erfolgsaussichten der Antragsteller in der Hauptsache überwiegt auch hinsichtlich des Baufelds B das Interesse der Beigeladenen am Vollzug der Baugenehmigung das Interesse der Antragsteller an dessen Aussetzung. Bei der Bewertung ihres Interesses ist zudem zu berücksichtigen, dass nicht nur die unmittelbare Eintrittswahrscheinlichkeit eines HQ100 während des weiteren Rechtsstreits gering ist, sondern ihr Grundstück auch am Rande des Überschwemmungsgebiets liegt. Selbst wenn ein derartiges Hochwasser höher eintreten sollte, als es seitens der Antragsgegnerin bisher prognostiziert wird, wäre das Grundstück davon nur in einer Weise betroffen, die eine Schadensabwendung durch geeignete Maßnahmen möglich erscheinen lässt. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Antragsteller objektivrechtlich mit beachtlichen Gründen geltend machen, dass bei der Berechnung des maßgeblichen Hochwasserstandes typische und im Hochwasserfall nicht ohne weiteres beherrschbare Verklausungen nicht berücksichtigt worden sind.

III.

35

Die gemäß §§ 146 Abs. 4, 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde der Antragssteller hat keinen Erfolg. Ob sie mit ihrer Beschwerdebegründung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ausreichende Gründe dafür vorgetragen haben, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur Ablehnung ihres Antrags im Hinblick auf das Baufeld A in Frage zu stellen, kann dahinstehen. Im Wesentlichen stimmen sie dem Verwaltungsgericht bei der Anwendung des Rücksichtnahmegebots zu und teilen sie dessen Bedenken gegen den Bericht des LSBG vom 21. Oktober 2014. Nach den vorstehenden Ausführungen, insbesondere zum fehlenden Drittschutz durch § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG, kommt es hierauf und die von den Antragstellern aufgeworfene Frage nach der Darlegungs- und Beweislast nicht mehr an. Ihre Klage gegen die Baugenehmigung vom 26. Januar 2015 dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit in vollem Umfang erfolglos bleiben. Deshalb wird es, entgegen ihrem Vorbringen im Beschwerdeverfahren, gleichfalls nicht darauf ankommen, ob die Baugenehmigung teilbar ist. Unter Berücksichtigung der geringen Erfolgsaussichten in der Hauptsache, setzt sich daher aus den o.g. Gründen auch im Hinblick auf das Baufeld A das Vollzugsinteresse der Beigeladenen gegen das von den Antragstellern mit der Beschwerdebegründung nochmals betonte Aussetzungsinteresse durch.

IV.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, da sie weder mit einer Antragstellung ein Kostenrisiko eingegangen ist noch durch ihre Schriftsätze das Verfahren gefördert hat. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 102/03 Verkündet am:
14. November 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Nds. NachbarrechtsG § 54 Abs. 2; BGB § 910 Abs. 2; BGB § 906 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Satz 2 analog; BGB § 1004 Abs. 1

a) Der Eigentümer von Bäumen, die den in § 50 Abs. 1 Nds. NRG vorgeschriebenen
Grenzabstand nicht einhalten, muß sie auf Verlangen des Nachbarn nach dem Ablauf der
Ausschlußfrist des § 54 Abs. 2 Nds. NRG weder auf die zulässige noch auf eine andere
Höhe zurückschneiden.

b) § 910 Abs. 2 BGB gilt auch für den Anspruch des Grundstückseigentümers gegen den
Nachbarn auf Beseitigung herüberragender Zweige nach § 1004 Abs. 1 BGB.

c) Das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen gehört zu
den "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB.

d) Der Eigentümer eines Baumes ist für die von diesem ausgehenden natürlichen
Immissionen (Laub, Nadeln, Blüten, Zapfen) auf benachbarte Grundstücke jedenfalls
dann verantwortlich und damit "Störer" im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB, wenn er sie
unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über den Grenzabstand
unterhält.

e) Dem Nachbarn, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den landesrechtlich
vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, deren Zurückschneiden wegen des
Ablaufs der dafür in dem Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlußfrist nicht mehr
verlangen kann, kann für den erhöhten Reinigungsaufwand infolge des Abfallens von
Nadeln und Zapfen dieser Bäume ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906
Abs. 2 Satz 2 BGB analog zustehen.
BGH, Urt. v. 14. November 2003 - V ZR 102/03 - LG Stade
AG Cuxhaven
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 18. März 2003 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines jährlichen Ausgleichsbetrags von 204,52 ! " ! $#% & ' )( *+ , -. von 1.227,10 worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten stehen nahe der Grundstücksgrenze zwei Kiefern, die bei Klageerhebung ca. 14 m hoch waren. Von einem der Bäume ragten Zweige in einer Höhe
von ca. 9 m ungefähr 2,3 m, von dem anderen Baum ragen Zweige in einer Höhe von ca. 5 m ungefähr 0,4 m auf das Grundstück des Klägers herüber; auch fallen Kiefernnadeln und -zapfen auf sein Grundstück.
Der Kläger behauptet, daß er wegen der abfallenden Nadeln und Zapfen das Dach, die Dachrinnen und Dacheinläufe seines Wohnhauses sowie seinen Garten mehrfach im Jahr säubern müsse; auch habe er wegen des starken Nadelfalls einen Gartenteich verschließen müssen.
Der Kläger hat die Verurteilung der Beklagten zum Zurückschneiden der Kiefern auf die Höhe, die sie fünf Jahre vor der Klageerhebung hatten, und zum künftigen jährlichen Zurückschneiden auf diese Höhe sowie zur Beseitigung der auf sein Grundstück herüberragenden Zweige beantragt; weiter hat er von den Beklagten die Zahlung eines jährlichen Ausgleichsbetrags von (, 0 1' & 2' 34 657 8 -9 ;: 3 )<9= >#@?9 ! A B 204,52 / / hat die Verpflichtung der Beklagten, die Kiefern durch jährliches Zurückschneiden auf einer Höhe von 14 m zu halten, festgestellt; weiter hat es die Beklagten zur Beseitigung der von einem der Bäume in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige verurteilt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Nach dem Erlaß dieses Urteils haben die Beklagten die Bäume auf eine Höhe von 10 m bzw. 11 m gekürzt und die in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige entfernt.
Die Berufung des Klägers, mit der er seine in erster Instanz abgewiesenen Klageanträge weiterverfolgt und hilfsweise die Verurteilung der Beklagten
beantragt hat, die Kiefern durch jährliches Zurückschneiden auf einer Höhe von 11 m bzw. 12 m zu halten, ist erfolglos geblieben. Die Anschlußberufung der Beklagten hat insoweit Erfolg gehabt, als das Landgericht ihre Verpflichtung zum jährlichen Zurückschneiden der Kiefern aufgehoben und lediglich ihre Verurteilung zur Beseitigung der in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige aufrecht erhalten hat.
Mit der in dem Berufungsurteil zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, will der Kläger die Feststellung erreichen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit die Verurteilung der Beklagten zum Zurückschneiden der Kiefern in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 15. März 2003 beantragt worden ist; im übrigen verfolgt er seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Anspruch des Klägers auf Zurückschneiden der Kiefern nach § 54 Abs. 2 des Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetzes (Nds.NRG) wegen Fristablaufs ausgeschlossen. Die Vorschrift bezwecke, daß der weitere Wuchs von Bäumen später als fünf Jahre nach Erreichen der gesetzlich zulässigen Höhe von dem Nachbarn nicht mehr verhindert werden könne. Auch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Zurückschneiden der Kiefern oder auf die künftige Einhaltung einer bestimmten Wuchshöhe. Ein Anspruch
auf Beseitigung der in ca. 5 m Höhe herüberragenden Zweige habe der Kläger ebenfalls nicht, weil der Überhang so geringfügig sei, daß hiervon keine bemerkenswerte Beeinträchtigung ausgehe.
Ein Ausgleichsbetrag wegen erhöhten Reinigungsaufwands stehe dem Kläger nicht zu. Es fehle an einer wesentlichen und unzumutbaren Beeinträchtigung seines Grundstücks im Sinne von § 906 BGB. Nach dem Ablauf der in § 54 Abs. 2 Nds.NRG genannten Frist stünden die Bäume rechtmäßig auf dem Grundstück der Beklagten; deshalb seien die Auswirkungen der Anpflanzungen nicht rechtswidrig. Die natürlichen Emissionen der Bäume seien von dem Nachbarn hinzunehmen. Im übrigen stelle die Einwirkung durch Nadelfall keine über das ortsübliche zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers dar. Der Nadel- und Zapfenfall sei angesichts der überragenden Nützlichkeit von Bäumen für die Gesellschaft entschädigungslos hinzunehmen.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand.

II.


1. Zutreffend verneint das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf das Kürzen der Kiefern.

a) Ein auf landesrechtliche Grundlage gestützter Anspruch ist nach § 54 Abs. 2 Nds.NRG, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlan-
desgerichts hinaus erstreckt und deshalb der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (§ 545 Abs. 1 ZPO), wegen Fristablaufs ausgeschlossen.
aa) Ursprünglich stand dem Kläger der Anspruch zu. Die beiden Kiefern auf dem Grundstück der Beklagten sind unstreitig über die nach § 50 Abs. 1 Nds.NRG in Abhängigkeit von ihrem Abstand zu der Grundstücksgrenze zulässige Höhe hinausgewachsen. Sie hätten daher auf Verlangen des Klägers auf die zulässige Höhe zurückgeschnitten werden müssen, wenn die Beklagten sie nicht beseitigen wollten (§ 53 Abs. 2 Nds.NRG). Der Anspruch ist jedoch ausgeschlossen , weil der Kläger nicht spätestens im fünften auf das Hinauswachsen folgenden Kalenderjahr Klage auf Zurückschneiden erhoben hat (§ 54 Abs. 2 Nds.NRG). Diese Ausschlußfrist (vgl. LG Lüneburg, Nds.Rpfl. 2000, 168, 169; Lehmann, Kommentar zum Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetz, 3. Aufl., § 54 Rdn. 9; Pardey, Nds.NRG, 2. Aufl., § 54 Anm. 1) war hier bei Klageerhebung abgelaufen.
bb) Für eine Auslegung der Vorschrift dahin, daß nach Fristablauf zwar kein Zurückschneiden auf die gesetzlich zulässige Höhe, wohl aber verlangt werden kann, daß der Eigentümer die Bäume künftig durch regelmäßiges Zurückschneiden auf der Höhe hält, die sie im Zeitpunkt der Klageerhebung hatten (vgl. AG Winsen/Luhe, Nds.Rpfl. 1999, 317; Hoof/Keil, Das Nachbarrecht in Niedersachsen, 7. Aufl., § 54 Anm. 3), oder daß die Bäume auf die Höhe zurückgeschnitten werden, die sie fünf Jahre vor Klageerhebung hatten (vgl. OLG Celle, AgrarR 1993, 154 f.; AG Göttingen, Nds.RPfl. 1999, 292; für das NachbG NRW: Rammert, Nachbarrecht Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., S. 31 Fn. 75), ist kein Raum. Der Gesetzeswortlaut ist klar und eindeutig; er läßt keine Interpretation zu. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten es, dem
Nachbarn nach Fristablauf jeden Anspruch auf Zurückschneiden der Bäume zu versagen. Denn mit der Ausschlußfrist soll innerhalb eines Zeitraums, der die Interessen des Nachbarn und des Eigentümers der Bäume gleichermaßen berücksichtigt , grundsätzlich eine abschließende Klärung der nachbarlichen Verhältnisse in Bezug auf das Höhenwachstum herbeigeführt werden (vgl. LG Lüneburg , aaO).
Die Frist gibt dem Nachbarn genügend Zeit zu überlegen, ob er seinen Anspruch (§ 53 Abs. 2 Nds.NRG) durchsetzen will. Es ist ihm ohne weiteres möglich, innerhalb von fünf Jahren nach dem Hinauswachsen von Bäumen über die gesetzlich zulässige Höhe hinaus den jährlichen Zuwachs und die daraus gegebenenfalls folgenden Beeinträchtigungen seines Grundstücks wie z.B. den Entzug von Licht, die Bildung von Windzirkulationen und das Abwerfen von Blättern, Nadeln oder Früchten zu beobachten. Auch läßt sich - notfalls mit Hilfe fachmännischer Beratung - ermitteln, wie lange das Wachstum der Bäume andauern wird, so daß auch der Umfang späterer Beeinträchtigungen eingeschätzt werden kann. Der Nachbar kann somit innerhalb der Frist entscheiden , ob er das Zurückschneiden der Bäume verlangen will.

b) Das alles besagt allerdings noch nicht, daß der Eigentümer Bäume auf seinem Grundstück, deren Zurückschneiden der Nachbar nach landesrechtlichen Vorschriften wegen Fristablaufs nicht mehr verlangen kann, bis zum natürlichen Ende ihres Wachstums in eine beliebige Höhe wachsen lassen darf. Vielmehr kommt unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses in Verbindung mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Verpflichtung des Eigentümers in Betracht, die Bäume auf Verlangen des Nachbarn auch nach dem Fristablauf zurückzuschneiden. Davon geht das Be-
rufungsgericht zutreffend aus. Es verneint jedoch zu Recht eine solche Verpflichtung der Beklagten.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Urteil vom 31. Januar 2003, V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 mit umfangreichen Nachweisen ) haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Ist das der Fall, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden (Senat, Urteil vom 11. Juli 2003, V ZR 199/02, NJW-RR 2003, 1313, 1314 m.w.N.).
bb) Die behaupteten Folgen des Höhenwachstums der Kiefern rechtfertigen keine Abweichung von der nachbarrechtlichen Sonderregelung des § 54 Abs. 2 Nds.NRG. Nur wenn der Nachbar wegen der Höhe der Bäume ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigungen ausgesetzt wäre, könnte er von dem Eigentümer unter dem Gesichtspunkt der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme ihren Rückschnitt auf eine beiden Interessen gerecht werdende Höhe verlangen, wenn dies dem Eigentümer zumutbar ist (vgl. KG, NJW-RR 2000, 160, 161; Pardey, aaO, § 54 Anm. 1.3). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Zwar sollen die Kiefern den Lichteinfall und die Windzirkulation auf dem Grundstück des Klägers beeinträchtigen ; der Nadel- und Zapfenfall soll zu zusätzlichen Reinigungsarbei-
ten an dem Wohnhaus und dem Garten des Klägers führen, auch habe ein Gartenteich verschlossen werden müssen. Dies reicht jedoch nicht aus, um eine Verpflichtung der Beklagten zum Zurückschneiden der Bäume unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses anzunehmen.

c) Nach alledem sind die auf das Zurückschneiden der Kiefern gerichteten Anträge des Klägers unbegründet, auch soweit die Beklagten die Bäume künftig auf einer bestimmten Höhe halten sollen. Daraus folgt zugleich, daß die von dem Kläger erstmalig im Revisionsverfahren erklärte Teil-Erledigung der Hauptsache, die der Senat zu berücksichtigen hat (BGHZ 106, 359, 368), ebenfalls unbegründet ist. Die beantragte Teil-Erledigung ist deshalb nicht auszusprechen.
2. Ebenfalls zu Recht verneint das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers nach § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung des noch von einer der beiden Kiefern in ca. 5 m Höhe auf sein Grundstück herüberragenden Zweiges. Der Kläger muß nach § 1004 Abs. 2 BGB das Herüberragen dulden, weil dadurch die Benutzung seines Grundstücks nicht beeinträchtigt wird.

a) Nach § 910 Abs. 2 BGB steht dem Grundstückseigentümer das Selbsthilferecht nach Abs. 1 nicht zu, wenn die herüberragenden Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Die Vorschrift gilt auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB (vgl. LG Saarbrücken, NJW-RR 1986, 1341; LG Bonn, NJW-RR 1987, 1421; AG Würzburg, NJW-RR 2001, 953; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 910 Rdn. 2). In welchen Fällen keine Beeinträchtigung vorliegt, entscheidet nicht das subjektive Empfinden des Grundstückseigentümers; maßgebend ist vielmehr die objektive Beeinträchti-
gung der Grundstücksbenutzung (MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 910 Rdn. 6; Staudinger/Roth, aaO, § 910 Rdn. 18). Ob, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, der Nachbar ganz unerhebliche Beeinträchtigungen hinnehmen muß (so OLG Köln, NJW-RR 1989, 1177; 1997, 656; LG Kleve, MDR 1982, 230, 231; LG Saarbrücken, NJW-RR 1986, 1341; MünchKomm-BGB/ Säcker, aaO; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 910 Rdn. 3; Staudinger /Roth, aaO, Rdn. 18; a.A. AG Königstein, NJW-RR 2000, 1256; AG Würzburg , aaO), kann offenbleiben. Denn der Zweig, der von einer der beiden Kiefern in ca. 5 m Höhe ungefähr 0,4 m weit auf das Grundstück des Klägers herüberragt , beeinträchtigt dessen Benutzung nicht.

b) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß von herüberragenden Zweigen keine Beeinträchtigung ausgeht, trägt der Nachbar (Palandt/ Bassenge, aaO; Staudinger/Roth, aaO, Rdn. 33). Das sind hier die Beklagten. Sie haben das Fehlen einer Beeinträchtigung ausreichend dargelegt. Nach ihrem beweisbewehrten Vortrag in der Berufungserwiderung, der auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug nimmt, ragen nicht nur der Zweig, dessen Beseitigung der Kläger verlangt, sondern auch Zweige anderer Bäume auf sein Grundstück herüber; außerdem stehen dort nahe der Grundstücksgrenze mehrere Bäume und Sträucher. Das wird durch die von den Parteien zu den Akten gereichten Lichtbilder bestätigt; danach wachsen auf beiden Seiten der gemeinsamen Grundstücksgrenze Laub- und Nadelgewächse. Darauf stützen die Beklagten ihre Behauptung, daß eine Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks gerade durch den Zweig, dessen Beseitigung der Kläger noch verlangt, ausgeschlossen ist. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe das Beweisangebot des Klägers zur Erheblichkeit der von den herüberragenden Zweigen ausgehenden Beein-
trächtigungen übergangen, ist unbegründet; es betrifft nicht die von den herüberragenden Zweigen, sondern die von den Kiefern insgesamt ausgehenden Beeinträchtigungen.
3. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß dem Kläger gegen die Beklagten für den behaupteten erhöhten Reinigungsaufwand ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen kann. Es verneint jedoch zu Unrecht das Bestehen eines solchen Anspruchs.

a) Gehen von der ortsüblichen Benutzung eines Grundstücks Einwirkungen im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB auf ein anderes Grundstück aus und beeinträchtigen sie dessen Benutzung wesentlich, muß der betroffene Grundstückseigentümer die Einwirkungen dulden, wenn die Beeinträchtigungen nicht durch Maßnahmen verhindert werden können, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB). In diesem Fall kann der Grundstückseigentümer von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkungen eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigen (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB). Danach kommt es zunächst darauf an, ob das Abfallen von Kiefernnadeln und -zapfen auf ein Nachbargrundstück zu den "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB gehört. Davon geht das Berufungsgericht im Anschluß an das Amtsgericht stillschweigend aus. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden; es wird auch von der Revision als dem Kläger günstig nicht angegriffen. Die von § 906 BGB erfaßten Einwirkungen stimmen darin überein, daß sie in ihrer Ausbreitung weithin unkontrollierbar und unbeherrschbar sind, in ihrer Intensität schwanken und damit andere Grundstücke überhaupt nicht, unwesentlich oder
wesentlich beeinträchtigen können (Senat, BGHZ 117, 110, 112). Das trifft auf das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen zu (vgl. BayObLG, AgrarR 1992, 312, 313; OLG Karlsruhe, NJW 1983, 2886; OLG Stuttgart, NJW 1986, 2768; NJW-RR 1988, 204; OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2618, 2619; NJW-RR 1991, 1364, 1365; MünchKomm/ Säcker, aaO, § 906 Rdn. 81; Palandt/Bassenge, aaO, § 906 Rdn. 13; Staudinger /Roth, aaO, § 906 Rdn. 169; Horst, DWW 1991, 322, 323; Müller, NJW 1988, 2587; zweifelnd OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 144, 145).

b) Ebenfalls stillschweigend gehen die Vorinstanzen davon aus, daß die Beklagten für das Abfallen der Kiefernnadeln und -zapfen verantwortlich sind. Auch das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision hingenommen. Zwar beruhen die Einwirkungen auf natürlichen Vorgängen. Aber auch durch Naturereignisse ausgelöste Störungen können dem Eigentümer zurechenbar sein. So hat der Senat in den Fällen des Eindringens von Baumwurzeln in die Abwasserleitungen des Nachbarn den Eigentümer für verantwortlich gehalten, weil er den Baum gepflanzt (BGHZ 97, 231; 106, 142; 135, 235; Urt. v. 8.2.1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826) bzw. unterhalten hat (Urt. v. 21.10.1994, V ZR 12/94, NJW 1995, 395, 396). In dem Froschlärm-Fall hat er darauf abgestellt, dass der Eigentümer mit der auf seinem Willen beruhenden Anlage und Unterhaltung des Gartenteichs die Bedingungen dafür geschaffen hat, daß sich dort Frösche ansiedeln konnten (BGHZ 120, 239, 254). In der Wolläuse – Entscheidung (Urt. v. 7. 7. 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634) hat er die Störereigenschaft des Eigentümers dagegen verneint, weil er die Störung weder durch eigene Handlungen ermöglicht noch durch ein pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt hat, sondern die Einwirkung durch ein zufälliges und zusätzliches Naturereignis ausgelöst wurde. Diese Differenzie-
rung ist in der Literatur auf Kritik gestoßen (Herrmann NJW 1997, 153, 154). Ob und inwieweit sie berechtigt ist, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Denn der Senat hat den der Wolläuse – Entscheidung zugrunde liegenden Gedanken, dass beim Einwirken von Naturkräften eine Störung nur bei einem pflichtwidrigen Unterlassen in Betracht kommt, in dem Mehltau-Fall (Urt. v. 16. 2. 2001, V ZR 422/99, WM 2001, 1299) weitergeführt. Er hat dort darauf abgestellt, ob sich aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine „Sicherungspflicht“, also eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen ergibt (vgl. auch Senat, BGHZ 90, 255 - Niederschlagswasser). Das trägt den Ansätzen der Kritik Rechnung (Herrmann aaO; vgl. auch Armbrüster NJW 2003, 3087, 3088 f.). Insoweit gilt für natürliche Immissionen nichts anderes als für Immissionen aufgrund eines technischen Defekts (Senatsurt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, NJW 2003, 2377 - Wasserrohrbruch). Ob eine solche Pflicht besteht, ist jeweils an Hand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Maßgebend sind hierbei vor allem die Konfliktlösungsregeln des öffentlichen und privaten Nachbarrechts sowie die Art der Nutzung der benachbarten Grundstücke und die vorbeugende Beherrschbarkeit der Störung. Dabei ist, wie der Senat in dem Mehltau-Fall ausgeführt hat, bei natürlichen Immissionen u.a. entscheidend, ob die Nutzung des störenden Grundstücks sich im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Von diesem Ansatz aus lässt sich auch die Frage beantworten, ob der Laubabwurf oder der Nadelflug eine abwehrbare Beeinträchtigung im Sinne des § 1004 BGB darstellen. Hierbei ist, wie § 907 Abs. 2 BGB zu entnehmen ist, ohne Bedeutung, ob der Baum, Strauch oder die Pflanze, von der die Immission ausgeht, auf natürlichem Wege angewachsen oder von dem Grundstückseigentümer angepflanzt worden ist (Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004, RdNr. 58). Entscheidend kann nur sein, ob der Bewuchs mit seiner na-
türlichen Emission ordnungsgemäßer Grundstücksbewirtschaftung und dem das Nachbarrecht bestimmenden Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme entspricht. Dies ist hier zu verneinen. Dabei kann offen bleiben, ob schon allein das Anpflanzen oder Unterhalten der Kiefern als Waldbäume in einem Wohngebiet bei der gebotenen Rücksichtnahme auf die Nachbarinteressen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht. Jedenfalls werden sie unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über den Grenzabstand unterhalten. Daß der Kläger wegen Fristablaufs nicht mehr ihre Beseitigung oder das Zurückschneiden auf die zulässige Höhe verlangen kann, hat nicht zur Folge, daß der Bewuchs nunmehr ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht. Dann aber sind die Beklagten für die von den Kiefern ausgehenden natürlichen Immission auch verantwortlich.

c) Mit Erfolg rügt die Revision allerdings, daß das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil die von dem Kläger behaupteten Beeinträchtigungen als nicht wesentlich ansieht. Dies ist zunächst eine Tatfrage. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt hat (Senat , BGHZ 120, 239, 254 f.). Das ist hier nicht der Fall.
(1) Die Verfahrensrüge des Klägers (§ 286 ZPO) greift durch. Das Berufungsurteil läßt nicht erkennen, von welchen Auswirkungen des Nadel- und Zapfenfalls das Berufungsgericht ausgeht; entsprechende Feststellungen fehlen. Die Parteien haben dazu gegensätzlich vorgetragen. Damit setzt sich das Berufungsgericht nicht auseinander. Auch ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen , ob das Berufungsgericht erkannt hat, daß den Beklagten die Darle-
gungs- und Beweislast für die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigungen obliegt (vgl. Senat, BGHZ 120, 239, 257). Falls es seine Auffassung, daß der Nadelund Zapfenfall die Benutzung des Grundstücks des Klägers nur unwesentlich beeinträchtigt, auf den in der Berufungserwiderung der Beklagten in Bezug genommenen erstinstanzlichen Vortrag, daß nicht nur die Nadeln und Zapfen ihrer Kiefern, sondern alle pflanzlichen Bestandteile sämtlicher auf dem Grundstück des Klägers und auf den Nachbargrundstücken stehender Bäume auf das Dach, die Dachrinnen und Dacheinläufe des Hauses des Klägers und in seinen Garten fallen, und die von den Beklagten vorgelegten Lichtbilder stützt, wäre wegen des dem entgegenstehenden Vortrags des Klägers eine Beweisaufnahme erforderlich gewesen. Falls das Berufungsgericht jedoch meint, daß sich schon aus dem Vortrag des Klägers die Unwesentlichkeit der behaupteten Einwirkungen ergibt, so daß es keiner Beweisaufnahme bedurfte, hätte es den Begriff der Wesentlichkeit verkannt. Bei der Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, muß auf das Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" und das, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist, abgestellt werden (Senat, BGHZ 148, 261, 264 m.w.N.). Damit können auch wertende Momente, wie z.B. die Beachtung des Naturschutzes und des Umweltbewußtseins der Bevölkerung, in die Beurteilung einbezogen werden (vgl. Senat, BGHZ 120, 239, 255). Dieser Gedanke liegt dem Berufungsurteil offensichtlich zugrunde. Er kann jedoch nicht dazu führen, die Wesentlichkeit auch dann zu verneinen, wenn die Einwirkungen von dem Nachbargrundstück objektiv feststellbare physische Auswirkungen auf das Eigentum des betroffenen Grundstückseigentümers haben (vgl. Senat, Urteil vom 20. November 1998, V ZR 411/97, WM 1999, 554, 555). In einem solchen Fall ist die Grenze von der Unwesentlichkeit zur Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen überschritten. So kann es hier sein.
Nach dem Vortrag des Klägers verstopfen die von den Kiefern der Beklagten abfallenden Nadeln die Dachrinnen und Dacheinläufe seines Wohnhauses. Führt das zu Schäden, liegt eine wesentliche Beeinträchtigung vor (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2688). Auch hat der Kläger vorgetragen, daß er wegen des Nadelfalls seinen Gartenteich verschließen mußte. Trifft das zu, wäre auch das eine wesentliche Beeinträchtigung. Insoweit bedarf die Sache also weiterer Aufklärung.
(2) Ebenfalls rechtlich nicht haltbar ist die von dem Berufungsgericht übernommene Auffassung des Amtsgerichts, daß die Auswirkungen einer nicht abwehrbaren Bepflanzung auf die Nachbarschaft nicht rechtswidrig sein können. Damit verkennen die Vorinstanzen in einem entscheidenden Punkt die Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Er kommt in Betracht, wenn der Grundstückseigentümer wesentliche Einwirkungen dulden muß, die von einer im übrigen rechtmäßigen Nutzung des Nachbargrundstücks ausgehen. Deshalb läßt sich die Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung ebenfalls nicht verneinen.

d) Wenn der Nadel- und Zapfenfall die Benutzung des Grundstücks des Klägers wesentlich beeinträchtigt, hängt die Begründetheit des Anspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB weiter davon ab, daß die Beeinträchtigung auf eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zurückzuführen ist und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann. Zweifel an der Ortsüblichkeit der Grundstücksbenutzung bestehen bereits deshalb , weil die Kiefern den nach § 50 Abs. 1 Nds.NRG gebotenen Grenzabstand nicht einhalten. Die Frage der Ortsüblichkeit und der Verhinderbarkeit braucht
hier jedoch nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn sie zu verneinen wäre und der Kläger die Einwirkungen deshalb grundsätzlich nicht dulden müßte, sondern sie nach § 1004 Abs. 1 BGB abwehren könnte, käme ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog in Betracht. aa) Ein solcher Anspruch ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung auf ein benachbartes Grundstück Einwirkungen ausgehen, die zwar rechtswidrig sind und deshalb nicht geduldet werden müßten, der betroffene Eigentümer jedoch aus besonderen Gründen gehindert ist, solche Störungen nach § 1004 Abs. 1 BGB zu unterbinden; der Anspruch setzt voraus, daß der Betroffene hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (siehe nur Senat, Urt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, WM 2003, 1969, 1970 m.w.N.). Dieser allgemein für das Nachbarrecht entwickelte Grundsatz ist nicht etwa nur auf andere als die von § 906 Abs. 1 BGB erfaßten Einwirkungen beschränkt , wie z.B. auf Grobimmissionen (BGHZ 58, 149, 158 f.; 111, 158, 162), Vertiefungsschäden (BGHZ 72, 289, 292; 85, 375, 384), Abschwemmung von Unkrautvernichtungsmitteln (Senat, BGHZ 90, 255 ff.), Wasserschaden infolge Rohrbruchs auf dem Nachbargrundstück (Senat, Urt. v. 19. Mai 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041; Urt. v. 30. Mai 2003, aaO) oder durch technischen Defekt an elektrischen Leitungen verursachter Brandschaden an dem benachbarten Haus (Senat, Urt. v. 11. Juni 1999, V ZR 377/98, WM 1999, 2168, 2169); er gilt ebenso für Einwirkungen im Sinne dieser Vorschrift, wenn der beeinträchtigte Eigentümer eine solche Einwirkung trotz ihrer Rechtswidrigkeit nicht verhindern kann, denn maßgeblicher Gesichtspunkt ist in diesen Fällen nicht die Art der Einwirkung, sondern der Umstand, daß eine unzumutbare Be-
einträchtigung des Eigentums eintritt (Senat, BGHZ 90, 255, 262 f.). Dieser Gedanke liegt auch dem § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zugrunde.
bb) Einen Abwehranspruch hätte hier der Kläger zwar unter der Voraussetzung , daß eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung seines Grundstücks auf die nicht ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zurückzuführen wäre und/oder von ihnen durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden könnte. Aber der Kläger wäre aus Rechtsgründen daran gehindert, die Einwirkungen zu unterbinden. Eine andere Möglichkeit zur Störungsbeseitigung als die, daß die den Beklagten gehörenden Kiefern entfernt oder so weit gekürzt werden, daß das Abfallen von Nadeln und Zapfen auf das Grundstück des Klägers nahezu ausgeschlossen ist, ist nämlich nicht ersichtlich. Darauf hat der Kläger jedoch wegen Ablaufs der Ausschlußfrist (§ 54 Abs. 2 Nds.NRG) keinen Anspruch mehr; er muß das Höhenwachstum der Bäume dulden (siehe vorstehend unter II. 1.).
cc) Ob der Kläger die Beeinträchtigungen entschädigungslos hinnehmen muß, bedarf ebenfalls der Klärung durch das Berufungsgericht. Es wird zu ermitteln haben, in welchem Verhältnis der von dem Kläger behauptete zusätzliche Reinigungsaufwand zu dem Aufwand steht, den er für die Reinigung seines Grundstücks von Laub, Nadeln u.ä. sowieso hat. Dabei ist zu berücksichtigen , daß sich beide Grundstücke in einem seit vielen Jahren gewachsenen Wohngebiet mit teilweise hohem Baumbestand befinden, weshalb das Grundstück des Klägers - wie auch die benachbarten Grundstücke - dem Abfallen von Laub, Nadeln, Zapfen und anderen pflanzlichen Bestandteilen der eigenen und fremden Bäume und Sträucher ausgesetzt ist. Deshalb muß der Kläger - ebenso wie seine Nachbarn - Reinigungsarbeiten auf seinem Grundstück
vornehmen, um das Laub u.ä. zu entfernen. Dabei müssen auch die Dachrinne und die Dacheinläufe gesäubert werden. Der zeitliche Aufwand dafür hängt von der Art und Größe der eigenen und umliegenden Anpflanzungen, der Jahreszeit sowie den Witterungsverhältnissen ab. Dazu muß der Kläger noch vortragen. Bei der dann erforderlichen Abwägung können allerdings Gesichtspunkte wie der, daß derjenige, der die mit dem "Wohnen im Grünen" verbundenen Annehmlichkeiten wie z.B. den auf Bäume und Sträucher zurückzuführenden Sicht-, Schall- und Windschutz sowie reine und sauerstoffreiche Luft in Anspruch nimmt, bis zu einem gewissen Grad auch die damit verbundenen Nachteile, jedenfalls soweit sie auf natürlichen Gegebenheiten beruhen, in Kauf nehmen müsse (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2618, 2620 m.w.N.; NJW-RR 1991, 1364, 1366 f.; OLG Düsseldorf, NJWE-MietR 1996, 2, 3), oder das gewachsene Umweltbewußtsein weiter Kreise der Bevölkerung, welches das Anpflanzen und Halten von Bäumen auch in Wohngebieten als erstrebenswert ansieht, keine Rolle spielen. Denn hier verstoßen die Beklagten dadurch , daß die Bäume nicht den gesetzlich vorgegebenen Grenzabstand einhalten , gegen das Gebot der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ihres Grundstücks. Dies kann durch die genannten Gesichtspunkte nicht kompensiert werden. Inwiefern sie zu berücksichtigen wären, wenn das störende Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaftet und rechtmäßig genutzt würde, bedarf hier keiner Entscheidung.
dd) Der Umfang des Ausgleichsanspruchs bestimmt sich nach den Grundsätzen, die für die Bemessung der Enteignungsentschädigung gelten; diese unterscheidet sich vom Schadenersatz darin, daß nicht der Zustand herzustellen ist, der bestünde, wenn die Störung nicht eingetreten wäre, vielmehr beschränkt sich der Ausgleich auf die Beseitigung der durch die Störung ein-
getretenen Vermögenseinbuße (Senat, BGHZ 147, 45, 53). Deshalb kann der Kläger höchstens den Betrag erhalten, den er für die zusätzliche Reinigung durch ein Unternehmen aufwenden müßte.
4. Nach alledem ist das Berufungsurteil unter Zurückweisung des erfolglosen Teils der Revision (vorstehend II. 1. und 2.) im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als die Zahlungsanträge des Klägers abgewiesen worden sind. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen. Es muß aufklären, ob die von dem Kläger behaupteten Einwirkungen die ortsübliche Benutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigen und ob ihm nicht zugemutet werden kann, daß er die daraus herrührenden Nachteile entschädigungslos hinzunehmen hat. Für das alles trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast.
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 05.02.2013 (Az. 9 O 320/09) wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert: bis 20.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um die von der Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach der Immobilie des Beklagten ausgehende Blendwirkung und die dadurch entstehende Beeinträchtigung der Kläger. Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien in I. Instanz wird auf das angefochtene landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil zwar die Blendwirkung der von der Solaranlage umgelenkten Sonnenstrahlen in die Wohnung einschließlich des Balkons der Kläger eine Eigentumsbeeinträchtigung i. S. d. § 1004 BGB begründen würden. Die Beeinträchtigung sei jedoch nicht rechtswidrig, da eine Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB i. V. m. § 906 Abs. 2 BGB bestehe. Zwar liege eine wesentliche Beeinträchtigung der Wohnung der Kläger vor. Von der Fotovoltaik-Anlage des Beklagten gehe im Frühjahr und Herbst für jeweils 4 - 6 Wochen eine maximale tägliche Blendung von ca. 1 Stunde aus. Die Blendung trete nur bei Sonnenschein auf. Bei der Sonnenwahrscheinlichkeit im Frühjahr ergebe sich eine Blendung von ca. 1/3 der aufgeführten Zeit und im Herbst eine Blendung von ca. der Hälfte der Zeit. Jedoch seien die Maßnahmen, die erforderlich seien, um die Blendung zu verhindern, für den Beklagten wirtschaftlich unzumutbar. Die Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach des Beklagten stelle eine ortsübliche Grundstücksbenutzung dar. Dabei sei die Privilegierung von Fotovoltaik-Anlagen aufgrund des öffentlichen Interesses an einer stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien zu berücksichtigen. Eine nachträgliche Bearbeitung der mit einem hohen Qualitätsstandard gefertigten Module sei nicht möglich. Die von den Klägern vorgeschlagene Aufständerung der Fotovoltaik-Anlage sei mit Kosten von mindestens 12.822,25 EUR verbunden. Auch müsste die andere Seite des Daches mitbenutzt werden und der Ertrag würde zurückgehen. Durch eine Aufständerung könnten andere Personen durch Blendwirkung betroffen sein. Der Austausch der Module durch „blendfreie“ Module wäre mit Kosten von ca. 16.243,50 EUR verbunden, ohne dass garantiert wäre, dass es zu einer Verbesserung kommen würde.
Die Kläger sind der Auffassung, eine Duldungspflicht gemäß § 902 Abs. 2 BGB bestehe nicht. Auch wenn die Fotovoltaik-Anlage wünschenswert sein möge, rechtfertige dies keine Beeinträchtigung der Kläger. Bei der Abwägung sei zu berücksichtigen, dass Frühjahrs- und Herbstzeiten wichtige Zeiten für den Menschen seien, da die ersten Sonnenstrahlen besonders genossen werden würden. Die Ortsüblichkeit müsse sich auf die Beeinträchtigung beziehen. Das Landgericht habe nicht festgestellt, dass mehrere Grundstücke mit nach Art und Umfang annähernd gleichen Beeinträchtigungen und Wirkungen von Fotovoltaik-Anlagen auf andere Grundstücke hätten. Die Ausführungen zum Klimaschutz würden fehlgehen. Der Beklagte hätte die Anlage auch auf der Westseite seines Daches anbringen können. Dann wären die Kläger nicht beeinträchtigt worden. Auch eine Aufständerung Richtung Süden wäre von vornherein möglich gewesen.
Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der Änderung der Fotovoltaik-Anlage sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte Regress bei seiner Firma nehmen könne. Auch sei der Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB von der Zumutbarkeit einer Änderung nicht abhängig. Dem Beklagten sei es zumutbar, im Fall der Abänderung eine weitere Dachfläche benutzen zu müssen. Er habe es dann auch hinzunehmen, wenn der Ertrag etwas zurückgehen würde. Die Ausführungen des Sachverständigen S seien spekulativ. Kosten von 12.000,00 EUR für eine Änderung seien angemessen, damit das Eigentum der Kläger nicht beeinträchtigt werde.
Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Wohnung der Kläger im Fall einer Veräußerung weniger wert sei. Im Übrigen würden die Kläger davon ausgehen, dass sie aufgrund ihres Lebensalters die Wohnung noch zumindest für 40 Jahre nutzen werden.
Die Kläger beantragen:
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart, Az. 9 O 320/09, vom 05.02.2013 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die auf dem Dach seines Gebäudes … montierte Anlage dahingehend abzuändern, dass eine von der Solaranlage ausgehende, durch Sonnenstrahlen umgeleitete Blendwirkung der Wohnung der Kläger nicht mehr gegeben ist.
Der Beklagte beantragt
10 
Zurückweisung der Berufung.
11 
Es liege bereits keine Eigentumsbeeinträchtigung vor, weil die Blendwirkung marginal und damit unbeachtlich sei. Jedenfalls ergebe sich eine Duldungspflicht nach § 906 Abs. 1 BGB, da nur eine unwesentliche Beeinträchtigung vorliege. Grenzwerte würden insoweit nicht bestehen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Sachverständige den Laubbaum, der im Herbst noch Blätter trage und damit die Blendung reduziere, gar nicht berücksichtigt habe.
II.
12 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
13 
Die Kläger haben gegen den Kläger keinen Anspruch auf Beseitigung der streitgegenständlichen Fotovoltaik-Anlage gemäß § 1004 BGB, weil sie die Lichteinwirkungen der Anlage auf ihre Wohnung jedenfalls gemäß § 906 Abs. 2 BGB dulden müssen.
1.
14 
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die durch die Fotovoltaik-Anlage umgelenkten Sonnenstrahlen und die dadurch entstehende Blendwirkung in der Wohnung einschließlich des Balkons eine Eigentumsbeeinträchtigung i. S. d. § 1004 Abs. 1 BGB darstellt. Auf die Ausführungen unter 1. der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Die Ausführungen des Beklagten in der Berufungserwiderung führen zu keinem anderen Ergebnis.
2.
15 
Es kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob hier die Beeinträchtigungen der Kläger durch die Blendwirkung der Fotovoltaik-Anlage so gering sind, dass von einer unwesentlichen Beeinträchtigung gemäß § 906 Abs. 1 BGB und damit einer entsprechenden Duldungspflicht der Kläger auszugehen wäre. Hierfür könnte sprechen, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen P sowie den in der Akte und im Gutachten befindlichen Bildern von einer zeitlich und räumlich sehr begrenzten Einwirkung auf die Wohnung der Kläger auszugehen ist.
a)
16 
Die Beeinträchtigung ist zeitlich verhältnismäßig geringfügig. So hat der Sachverständige P überzeugend dargelegt, dass im Frühjahr und Herbst für jeweils ca. 4 - 6 Wochen im Wesentlichen zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr eine maximale tägliche Blendung von ca. 1 Stunde bestehe. Zwischen Anfang März sei eine Blendung gegen 14.30 Uhr von 15 - 30 Minuten möglich, die sich bis Mitte/Ende März auf ca. eine Stunde verlängere. Ende März/Anfang April reduziere sich die Blendung auf maximal 45 Minuten, wobei dann aufgrund der Sommerzeit auf den Zeitraum zwischen 15.45 Uhr und 16.00 Uhr abzustellen sei. Anfang September könne die Reflektion analog der Feststellungen zu Ende März/Anfang April für ca. maximal 45 Minuten gegen 16.00 Uhr (Sommerzeit) auftreten. Die Dauer der Blendwirkung erreiche dann Ende September/Anfang Oktober ihr Maximum mit ca. einer Stunde und schwäche sich dann wieder ab. Mitte/Ende Oktober sei dann gegen 15.00 Uhr eine Blendung für ca. 15 - 20 Minuten möglich.
17 
Hinsichtlich dieser theoretischen Beeinträchtigung ist ferner zu berücksichtigen, dass die Sonnenwahrscheinlichkeit im Frühjahr statistisch gesehen eine Blendung von ca. 1/3 der aufgeführten Zeiten und im Herbst eine Blendung von ca. der Hälfte der Zeiten beträgt. Nur bei Sonnenschein kommt die Blendung der Kläger auf ihrer Terrasse und in ihrem Wohnzimmer sowie Schlafzimmer zum Tragen.
b)
18 
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Einstrahlung ins Schlafzimmer zu dieser Tageszeit kaum eine Rolle spielen dürfte. Die Terrasse kann auch während der Zeit einer Reflektion genutzt werden, indem kurzfristig ein Sitzplatz ganz oder überwiegend mit dem Rücken zur Fotovoltaik-Anlage gewählt wird, was ausweislich der Bilder 13 und 14 zum Gutachten ohne weiteres möglich ist. Allerdings ist den Klägern zuzugestehen, dass es kurzzeitig zu einer deutlichen Blendung auf dem Weg von der Flurtür durch das Wohnzimmer zur Terrassentür kommen kann.
19 
Im Herbst wird zwar der Laubbaum zwischen dem Grundstück des Beklagten und der Wohnung der Kläger einen erheblichen Teil der Reflektion zu Gunsten der Kläger abfangen. Jedoch weisen die Kläger zutreffend darauf hin, dass der Laubbaum auf dem Nachbargrundstück steht und sie daher keinen Einfluss auf seinen Verbleib nehmen können. Es ist aber nicht vorgetragen, dass eine Entfernung dieses Laubbaumes kurzfristig zu befürchten ist, so dass er derzeit die Beeinträchtigung der Kläger mindert.
3.
20 
Das Landgericht ist jedenfalls zutreffend im Wege der Abwägung gemäß § 906 Abs. 2 BGB zu dem Ergebnis gekommen, dass im vorliegenden Fall eine Verhinderung der unter 2. dargestellten räumlich und zeitlich verhältnismäßig geringen Einstrahlung von Sonnenlicht infolge der Fotovoltaik-Anlage im Frühjahr und Herbst für den Beklagten eine unzumutbare Belastung darstellt, falls eine entsprechende Änderung der Anlage überhaupt Erfolg versprechend ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts unter 2. b) der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Die Ausführungen der Kläger in der Berufungsbegründung führen zu keinem anderen Ergebnis.
a)
21 
Den Klägern ist zuzugestehen, dass sie selbst nicht veranlasst haben, dass die Fotovoltaik-Anlage im Frühjahr und im Herbst Sonnenlicht in ihre Wohnung umlenkt. Sie haben davon außer der Beeinträchtigung nichts. Sie haben der Errichtung der Anlage vor der Errichtung nicht zugestimmt und sind hierzu nicht befragt worden.
b)
22 
Soweit die Kläger behaupten, ihre Wohnung sei unverkäuflich oder jedenfalls 40.000,00 EUR weniger wert, fehlt ein entsprechender konkreter Vortrag, warum dies so sein sollte. Nachdem es immer mehr Fotovoltaik-Anlagen auf den Dächern gibt und von modernen moosabweisenden Ziegeln ebenfalls eine Blendwirkung ausgehen kann, dürfte dieses Problem so viele Wohnungen betreffen, dass eine nur dadurch begründete Werteinbuße als gering zu veranschlagen ist, sofern sie überhaupt vorhanden sein sollte.
23 
Zu Gunsten der Kläger ist kein eventueller Regressanspruch des Beklagten gegen den Hersteller/Monteur der Fotovoltaik-Anlage zu berücksichtigen. Denn es ist schon unklar, woraus sich dieser Anspruch ergeben sollte, nachdem die Fotovoltaik-Anlage an sich auch nach dem klägerischen Vortrag mangelfrei ist. In Betracht käme daher nur ein eventuelles Aufklärungsverschulden des Herstellers/Monteurs gegenüber dem Beklagten im Hinblick auf eine Blendwirkung gegenüber Nachbarn. Dafür fehlen aber ausreichende Anhaltspunkte im klägerischen Vortrag. Ferner fehlen Ausführungen zu einem Verschulden des Herstellers/Monteurs.
c)
24 
Das Landgericht musste keine weiteren Erhebungen zur Ortsüblichkeit der Fotovoltaik-Anlage im Umfeld der beiden Anwesen anstellen, weil zumindest heute von der entsprechenden Ortsüblichkeit allgemein auszugehen ist. Fotovoltaik-Anlagen sind durch die Förderung über das Erneuerbare-Energie-Gesetz (i. f. „EEG“) auch in geschlossenen Ortschaften so weit verbreitet, dass überall mit solchen Anlagen und davon ausgehenden zeitweiligen Umlenkungen von Sonnenlicht zu rechnen ist.
d)
25 
Jedoch überwiegen hier vor dem Hintergrund, dass der Umstieg auf regenerative Stromgewinnung ein gesamtstaatliches Ziel ist, die Interessen des Beklagten, die bestehende Fotovoltaik-Anlage weiter zu betreiben. Alle von den Klägern vorgeschlagenen Änderungen wären entweder nicht hinreichend sicher in ihrer Wirkung, mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden und/oder unter Umständen drittbeeinträchtigend.
aa)
26 
Eine Teilaufständerung der Module auf der Süd-Ost-Dachseite des Hauses des Beklagten hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen S wesentliche Nachteile für den Beklagten zur Folge. Dadurch käme es zu zusätzlichen Wind- und Schneelasten durch Angriffspunkte und Verwehungen, denen konstruktiv und statisch Rechnung getragen werden müsste. Weiterhin würde die andere Dachfläche in Nord-West-Ausrichtung mit in Anspruch genommen und es würde in die Ästhetik des Hauses des Beklagten eingegriffen. Der Systemnutzungsgrad würde sich verschlechtern und es käme zu einem geringeren spezifischen Ertrag und einer geringeren Einspeisevergütung.
27 
Die Nachteile einer Aufständerung, so wie vom Sachverständigen S beschrieben, sind hier so groß, dass der Beklagte nicht verpflichtet war, diese Ausführung von Anfang an zu wählen. Bei Annahme einer solchen Verpflichtung hätte der Beklagte von der Montage der Fotovoltaik-Anlage von vornherein Abstand nehmen müssen, wozu er aber im Rahmen der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme und im Hinblick auf die ausdrückliche Förderung von entsprechenden Anlagen durch das EEG nicht verpflichtet war.
bb)
28 
Der Einbau von neuen Anti-Reflektions-Modulen vom Typ „Suneka“ würde zwar die statischen und windtechnischen Probleme vermeiden. Entsprechendes würde für zusätzliche Dachflächenbelegungen und die Ästhetik des Hauseindrucks gelten. Weiterhin wäre ein relativ guter Systemnutzungsgrad vorhanden. Allerdings wäre dies mit ganz erheblichen zusätzlichen Kosten von ca. 16.000,00 EUR durch den Austausch der Module verbunden. Ferner sind die Bedenken des Sachverständigen bezüglich des Erhalts der 2008 noch höheren Einspeisevergütung nach EEG stichhaltig, gemäß denen der Austausch der Module, der nicht aufgrund eines Defekts, Beschädigung oder Diebstahl erfolge, wohl als Neuerrichtung der Anlage anzusehen sei. Dann würde nur die aktuelle Einspeisevergütung im Zeitpunkt der (Neu-) Errichtung bezahlt werden. Diese würde im Jahr 2013 erheblich unterhalb der im Jahr 2008 garantierten Einspeisevergütung liegen. Ferner ist nach Auffassung des Sachverständigen S unklar, ob sich dadurch eine Verbesserung der Situation bei den Klägern überhaupt erreichen lässt.
cc)
29 
Eine nachträgliche Verbesserung der Anti-Reflektionseigenschaft der vorhandenen Module ist nach Auffassung beider Sachverständigen technisch praktisch nicht möglich und würde zu einer erheblichen Einschränkung des Wirkungsgrads bei entsprechenden Kosten für die Durchführung der Maßnahme führen.
III.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Der Bebauungsplan „Ehemalige Tennisanlage - Rheinauer See“, Nr. 87.15.1 der Stadt Mannheim vom 24.07.2007 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan „Ehemalige Tennisanlage-Rheinauer See" der Antragsgegnerin vom 15.06.2007.
Sie sind Eigentümer von Grundstücken, die nördlich des Geltungsbereichs des Bebauungsplans liegen und mit Reihenhäusern bebaut sind. Zwischen dem Plangebiet und den Grundstücken der Antragsteller verläuft die Straße Am Rheinauer See.
Der Bebauungsplan ersetzt in seinem Geltungsbereich den Bebauungsplan „Erholungsanlage Rheinauer See“, Nr. 87/15 der Antragsgegnerin vom 25.03.1980. Das Plangebiet hat eine Fläche von ca. 2,5 ha und befindet sich im Südwesten des Stadtteils Rheinau unmittelbar am Westufer des Rheinauer Sees. Es war mit einer Tennisanlage bebaut, die eine Halle, Außenspielflächen sowie ein Vereinshaus und Parkflächen umfasste. Die gesamte Tennisanlage ist bereits im April 2007 abgetragen worden. Das Plangebiet wird im Westen begrenzt durch die Rohrhofer Straße, im Norden durch die Straße Am Rheinauer See und im Osten durch den Uferbereich des Rheinauer Sees. Im Süden reicht der Geltungsbereich des Bebauungsplans bis auf Höhe des Südrandes des vorhandenen Verkehrskreisels auf Brühler Gemarkung.
Das Baugebiet ist gegliedert in die Bereiche WR 1 bis WR 4. Im Wesentlichen werden jeweils ein reines Wohngebiet und Verkehrsflächen festgesetzt. Das Maß der baulichen Nutzung wird in den Baugebieten WR 1 bis WR 3 durch Grundflächenzahlen und im WR 4 durch die Angabe der Grundfläche bestimmt. Darüber hinaus ist die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe der baulichen Anlagen vorgegeben. Der Bebauungsplan sieht des Weiteren die offene Bauweise vor und setzt die überbaubare Grundstücksfläche durch Baugrenzen und Baulinien fest. Im inneren Teil des Plangebiets (WR 1b) weist der Bebauungsplan zwei große, durch Baugrenzen definierte Bauflächen von ca. 3300 m² und 1700 m² aus. Auf diesen Flächen sollen nach den städtebaulichen Entwürfen des Investors Reihenhauszeilen entstehen. Der Bebauungsplan setzt darüber hinaus Flächen für Nebenanlagen, Stellplätze, Garagen und Tiefgaragen fest. Gleichzeitig mit dem Bebauungsplan beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin detaillierte örtliche Bauvorschriften für das Plangebiet. Der Bebauungsplan enthält ferner mehrere Hinweise. Der Hinweis Nr. 8 lautet wie folgt:
„Zum Schutz gegen Außenlärm sind für Außenbauteile von Aufenthaltsräumen unter Berücksichtigung der verschiedenen Raumarten oder Raumnutzungen folgende Anforderungen gemäß DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ einzuhalten. Der Umfang der durchzuführenden Lärmschutzmaßnahmen ergibt sich aus den in der Planzeichnung eingetragenen Lärmpegelbereichen gemäß DIN 4109.
Nach außen abschließende Bauteile von Aufenthaltsräumen (auch im Dachraum) sind so auszuführen, dass sie mindestens folgende Schalldämmmaße aufweisen:
Es wird empfohlen, kontrollierte mechanische Belüftungseinrichtungen vorzusehen, die für eine ausreichende Belüftung (ein- bis zweifacher Luftwechsel/Std.) der Räume, auch bei geschlossenen Fenstern und Türen, sorgen. Dabei ist zu gewährleisten, dass die durch die Schallschutzmaßnahmen erzielte Lärmdämmung nicht beeinträchtigt wird. Der Nachweis über die ordnungsgemäße Ausführung hat nach DIN 4109 zu erfolgen, bevor die Räume in Gebrauch genommen werden.
…“
10 
Dem Bebauungsplan lag im Wesentlichen folgendes Verfahren zugrunde: Am 12.07.2005 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans „Ehemalige Tennisanlage - Rheinauer See“. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 02.02.2006 öffentlich bekannt gemacht. Es folgte die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und die Unterrichtung der Träger öffentlicher Belange. Aufgrund des Auslegungsbeschlusses des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 27.02.2007 und dessen öffentlicher Bekanntmachung am 01.03.2007 wurde der Bebauungsplanentwurf vom 08.03.2007 bis 10.04.2007 öffentlich ausgelegt und wurden die Träger öffentlicher Belange beteiligt. In seiner Sitzung vom 24.07.2007 stimmte der Gemeinderat der Antragsgegnerin dem Beschlussvorschlag zu den abgegebenen Stellungnahmen zu und genehmigte den Entwurf des städtebaulichen Vertrags mit einem Investor über die Herstellung der Erschließungsanlagen im Geltungsbereich des Bebauungsplans in der Fassung vom 15.06.2007, der der Beschlussvorlage als Anlage Nr. 2 beigefügt war. Gegenstand des Vertrages ist nach dessen § 1 die Planung und der Bau einer Wohnbebauung im Plangebiet sowie die Planung und Herstellung der erforderlichen Erschließungsanlagen. Unter § 8 „Besondere Bestimmungen“ verpflichtet sich der Investor darüber hinaus zur Duldung des Betriebs und der Immissionen der Wasserski- und Freizeitanlage Rheinauer See im derzeit genehmigten Umfang. Er verzichtet auf alle Abwehransprüche und verpflichtet sich, diese Duldungsverpflichtung an eventuelle Rechtsnachfolger und die zukünftigen Käufer der Baugrundstücke bzw. Wohnungseigentumsanteile weiterzugeben und mit einer Grunddienstbarkeit zu sichern. In seiner Sitzung vom 24.07.2007 billigte der Gemeinderat des weiteren den in der Beschlussanlage Nr. 3 festgelegten Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung und beschloss den Bebauungsplan sowie die örtlichen Bauvorschriften als Satzung. Nach dessen Ausfertigung durch den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin am 29.07.2007 wurde der Bebauungsplan am 02.08.2007 ortsüblich bekannt gemacht.
11 
Bereits während des Planaufstellungsverfahrens trugen die Antragsteller zu 1, 2, 5 bis 8 Bedenken gegen die Planung vor. Die Antragsteller bemängelten insbesondere, dass eine Bedarfsprüfung für die vorgesehene Wohnbebauung nicht erfolgt sei. Das aus Anlass des vorliegenden Bebauungsplanverfahrens eingeholte klimaökologische Gutachten widerspreche den Erkenntnissen aus einem Gutachten aus dem Jahre 1993. Aus klimaökologischen Gründen sei ein 70 m breiter Uferstreifen am See dauerhaft als Freifläche auszuweisen. Die vollständige Überbauung der noch teilweise zugänglichen Flächen stelle eine starke Einschränkung der Freizeitnutzung dar, die seinerzeit bei der Entwicklung von Rheinau-Süd von großer Bedeutung gewesen sei.
12 
Am 29.07.2008 haben die Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Die Planung verletze sie in abwägungserheblichen Belangen. Ihr Interesse am Erhalt und der Sicherung der klimaökologischen Funktion des Plangebiets auch für das Umfeld sei nicht zutreffend abgewogen worden. Die Aussagen im klimaökologischen Gutachten vom 07.09.2006 stünden in Widerspruch zur Stellungnahme desselben Gutachters vom 30.11.1993 zur Bebauung des „Mohr- und Federhaff-Geländes“ (Bebauungsplan Nr. 87.18). Darin werde eine dauerhafte Stabilisierung der klimaökologischen Situation am Rheinauer See für dringend geboten gehalten, was nur durch die konsequente Freihaltung der seenahen Flächen geschehen könne. Es liege ein Ermittlungsdefizit vor, denn zum einen basiere das klimaökologische Gutachten auf veralteten Winddaten aus dem Jahr 1984. Zum anderen sei in dem Gutachten keine Windanströmung aus Südwesten simuliert worden, obwohl diese Windrichtung nach dem Gutachten vorherrschend sei. Die riegelartige Bebauung im südlichen Planbereich blockiere die Ventilation ins Plangebiet nahezu vollständig und führe zu einer bioklimatischen Belastung ihrer nördlich des Plangebiets liegenden Grundstücke. Außerdem bewirke die Bebauung eine erhöhte Immissionsbelastung, da Schadstoffe nicht mehr abtransportiert werden könnten.
13 
Darüber hinaus führe die Ausweisung des neuen Plangebiets zu einer erheblichen Zunahme des Kraftfahrzeugverkehrs auf der Straße Am Rheinauer See, an die ihre Grundstücke angrenzten. Dadurch erhöhe sich die Belastung durch Lärm und Luftschadstoffe. Die dem schalltechnischen Gutachten zugrundegelegten Verkehrsströme entsprächen nicht der Realität. Dies belege die Verkehrszählung der Antragsgegnerin vom 23.10.2007. Die Verkehrszählung gebe allerdings die tatsächliche Verkehrsbelastung ebenfalls nicht zutreffend wieder, da sie außerhalb der Wasserski- und Badesaison stattgefunden habe. Auch werde sich wegen der erforderlichen Versorgung der Neubürger der LKW-Verkehr erhöhen.
14 
Der Bebauungsplan sei fehlerhaft. Die Festsetzungen in den Baugebieten WR 2a und WR 2b überschritten die Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1 BauNVO, ohne dass dies städtebaulich gerechtfertigt sei. Der Bebauungsplan verstoße gegen § 1 Abs. 3 BauGB, weil er eine reine Gefälligkeitsplanung zugunsten des Investors darstelle.
15 
Die Plangebietsgrenze sei abwägungsfehlerhaft festgelegt worden. Es liege ein Verstoß gegen das Konfliktbewältigungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB vor. Angesichts der bestehenden Wasserskianlage und der auf dem an das Plangebiet angrenzenden Grundstück möglichen Tennisanlage werde eine Konfliktlage geschaffen. Denn der Immissionsrichtwert der Freizeitlärmrichtlinie bzw. die Emissionsrichtwerte der Sportanlagenlärmschutzverordnung würden deutlich überschritten. Angesichts der Erkenntnisse der schalltechnischen Untersuchung hätte die Antragsgegnerin das Plangebiet Richtung Süden erweitern und die dort gelegenen Flächen des Bebauungsplans „Erholungsanlage Rheinauer See“ mit einbeziehen müssen. Die von der Grundstückseigentümerin der südlich an das Plangebiet angrenzenden Fläche übernommene Baulast, mit dem diese auf die Errichtung von Tennisplätzen verzichtet habe, beseitige den Konflikt nicht, denn es sei nunmehr ungewiss, welcher baulichen Nutzung die südlich angrenzende Fläche zugeführt werden könne.
16 
Die Festsetzung eines reinen Wohngebiets sei fehlerhaft, da auf das Plangebiet erheblicher Verkehrslärm einwirke. Die schalltechnische Untersuchung habe ergeben, dass die Orientierungswerte des Beiblatts 1 zur DIN 18005 für reine Wohngebiete deutlich überschritten würden. Am Geschosswohnungsbau entlang der Rohrhofer Straße seien zudem die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV deutlich überschritten. Die schalltechnische Untersuchung komme zu dem Ergebnis, dass die mit der Gebietsfestsetzung „Reines Wohngebiet“ verbundene Erwartung auf angemessenen Schutz vor Verkehrslärmbelastungen nicht erfüllt werden könne. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin die vom Schallgutachter empfohlenen passiven Lärmschutzmaßnahmen nicht festgesetzt. Aktiven Schallschutz habe sie überhaupt nicht in Erwägung gezogen, obwohl sich im weiteren Verlauf der Rohrhofer Straße bereits ein Lärmschutzwall befinde, der lediglich in südlicher Richtung hätte verlängert werden müssen. Die Antragsgegnerin bewältige dadurch die durch die Planung hervorgerufenen Konflikte im Bereich des Immissionsschutzes nicht. Sie versuche vielmehr diese auf die privatrechtliche Ebene zu verlagern. Entgegen den Ausführungen in der Planbegründung enthalte der städtebauliche Vertrag nicht die Verpflichtung des Investors, die von der Antragsgegnerin in den Hinweisen gewünschten passiven Schallschutzmaßnahmen tatsächlich umzusetzen.
17 
Für die riegelartige Bebauung entlang der Rohrhofer Straße, die besonders hohen Lärmimmissionen ausgesetzt sein werde, lägen keine gewichtigen städtebaulichen Gründe vor. Das Planungsziel einer Vermeidung der Landschaftszersiedelung könne auch durch einen Lärmschutzwall sowie Reihenhaus- bzw. Kettenhausbebauung erreicht werden. Dringender Wohnbedarf, der die Planung rechtfertigen könne, bestehe weder in Mannheim noch im Stadtteil Rheinau; der Wohnungsmarkt sei vielmehr gesättigt.
18 
Die Festsetzung, dass Dachflächen zu begrünen seien, sei abwägungsfehlerhaft, da nicht berücksichtigt worden sei, dass solche begrünten Dächer einer ständigen fachgerechten Pflege bedürften und daher kostenträchtige Folgemaßnahmen durch die Eigentümer erforderlich machten. Die Antragsgegnerin habe abwägungsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass der hohe Freizeitwert des gesamten Gebiets um den Rheinauer See verloren gehe. Der Plan verletze ferner das kommunale Abstimmungsgebot. Auch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege seien nicht ordnungsgemäß abgewogen worden. Die Pufferwirkung des Plangebiets für die benachbarten FFH-Gebiete bzw. FFH-Flächen sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Antragsgegnerin hätte des weiteren in Rechnung stellen müssen, dass bereits durch den Eingriff in das ökologische System im Zuge der Bebauung westlich der Rohrhofer Straße das letzte kartierte Vorkommen des Zwerggrases Mibora minima in Baden-Württemberg unwiederbringlich vernichtet worden sei. Nach dem Landschaftsplan liege das Plangebiet zudem in einer „innerörtlich bedeutsamen Freiraumzäsur“. Daher hätte eine wesentlich lockerere und stärker durchgrünte Bebauung mit lediglich zwei Vollgeschossen in Erwägung gezogen werden müssen. Es fehle eine Untersuchung der Folgen einer Bebauung im Hinblick auf den Rheinauer See (Wasserrecht, Wasserhaushalt) und eine Festlegung von Standorten für die Neubepflanzungen. Die Beseitigung des im Norden des Plangebiets entlang der Straße Am Rheinauer See gelegenen ca. 3 m breiten Grünstreifens und des am Westufer des Rheinauer Sees gelegenen Grünstreifens mit hohen, unter die Baumschutzsatzung fallenden Bäumen sei angesichts der klimaökologischen Funktion der Grünstreifen abwägungsfehlerhaft.
19 
Die Antragsteller beantragen,
20 
den Bebauungsplan „Ehemalige Tennisanlage - Rheinauer See“, Nr. 87.15.1 der Stadt Mannheim vom 24.07.2007 für unwirksam zu erklären.
21 
Die Antragsgegnerin beantragt,
22 
den Antrag abzuweisen.
23 
Sie trägt vor, die Antragsteller seien nicht antragsbefugt. Sie seien weder hinsichtlich der Geräuschsituation noch hinsichtlich der klimaökologischen Verhältnisse in rechtlich geschützten Belangen betroffen. Die diesbezügliche Abwägung sei fehlerfrei. Die planbedingte Verkehrszunahme führe zu einer Pegelerhöhung von höchstens 0,5 dB(A). Sie liege daher weit unter der Wahrnehmbarkeitsschwelle. Auch die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung werde nicht erreicht. Hinsichtlich der klimaökologischen Veränderungen würden die Belange der Antragsteller ebenfalls nicht oder nur geringfügig betroffen. Die nach dem Bebauungsplan zulässige Bebauung werde nach den Ergebnissen der klimaökologischen Untersuchung nur kleinräumige thermische Zusatzbelastungen von ca. 0,5° C in Sommernächten zur Folge haben. Ein Widerspruch der Aussagen im klimaökologischen Gutachten vom 07.09.2006 zur Stellungnahme aus dem Jahr 1993 bestehe nicht. Die seinerzeitige Forderung, die seenahen Flächen von Bebauung freizuhalten, habe sich auf Flächen bezogen, die auch nach der derzeitigen Planung von Bebauung freizuhalten seien.
24 
Der Plan sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Belange der Klimaökologie und des Verkehrs seien ordnungsgemäß ermittelt, bewertet und abgewogen worden. Der Bebauungsplan sei erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Die Festsetzungen entsprächen dem Ziel der Planung, den vorhandenen Wohnbedarf zu befriedigen. Bei der geplanten Bebauung handele es sich um die bauliche Abrundung des vorhandenen Wohngebiets und des Stadtteils Rheinau-Süd. Einer konkreten Bedarfsanalyse habe es nicht bedurft.
25 
Die Überschreitung der Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1 BauNVO sei städtebaulich gerechtfertigt im Sinne des § 17 Abs. 2 BauNVO. Der Plan diene der Nachverdichtung und Innenentwicklung. Die Festsetzung höherer Nutzungsmaße sei sinnvoll, um einen sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden zu gewährleisten. Die planerische Ausgestaltung des Geschosswohnungsbaus in den Gebieten WR 2a und WR 2b diene der Abschirmung der dahinterliegenden Grundstücke und habe damit die Bedeutung einer Schallminderungsmaßnahme. Außerdem orientiere sie sich an der Bebauung auf der gegenüberliegenden Seite der Rohrhofer Straße. Durch die Abschirmwirkung würden die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gerade gewährleistet. Die Überschreitung der Obergrenzen werde zudem ausgeglichen durch die Lage der fraglichen Bebauung in unmittelbarer Nähe zum Rheinauer See und den dortigen Erholungsmöglichkeiten.
26 
Die potenzielle Freizeitlärmproblematik sei durch die Übernahme einer Baulast durch die Eigentümerin der an das Plangebiet in südlicher Richtung angrenzenden Flächen gelöst worden. Darin verzichte die Eigentümerin unwiderruflich auf die dort planungsrechtlich mögliche Errichtung von Tennisplätzen und dazugehörigen Nebengebäuden. Ein Konflikt zwischen den geplanten Wohngebäuden und dem vorhandenen Bade- und Wasserskibetrieb bestehe ebenfalls nicht. Der Betrieb sei saison- und wetterabhängig. Darüber hinaus werde der Strand und der Badesee nur tagsüber genutzt; der Betrieb der Wasserskianlage sei nur bis 21.00 Uhr genehmigt. Im Übrigen sei hinsichtlich des Freizeitlärms nicht die vom Gutachter herangezogene Freizeitlärmrichtlinie, sondern die DIN 18005 anzuwenden. Deren Werte würden lediglich um 0,5 dB(A) überschritten. Da es sich bei den Werten der DIN 18005 lediglich um Orientierungswerte handele, liege die Zulassung einer Neubebauung bei einer solchen Überschreitung innerhalb des Abwägungsspielraums der Stadt.
27 
Auch hinsichtlich des von den Antragstellern gerügten Konflikts zwischen der Verkehrslärmbelastung und dem festgesetzten reinen Wohngebiet liege kein Abwägungsfehler vor. Die vom Gutachter vorgeschlagenen Lärmschutzmaßnahmen seien umgesetzt worden, soweit dies städtebaulich sinnvoll und angemessen gewesen sei. Man habe sich insbesondere dafür entschieden, die Immissionen im Gebietsinnern durch die Riegelbebauung an der Rohrhofer Straße zu verringern. Zudem seien Lärmpegelbereiche gemäß DIN 4109 in das planerische Konzept aufgenommen worden. Diese Lärmpegelbereiche seien im zeichnerischen Teil dargestellt. Ein ausreichender Schutz der Innenwohnbereiche sei gewährleistet. Das städtebauliche Konzept werde zudem durch die Verpflichtung des Investors in einem städtebaulichen Vertrag ergänzt, die Empfehlungen der schalltechnischen Untersuchung zu den Schutzmaßnahmen in die Kaufverträge aufzunehmen. Die Käufer seien somit über die Immissionssituation im Einzelnen informiert.
28 
Ein Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot liege nicht vor. Auch die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege seien im Einzelnen ermittelt und in die Abwägung eingestellt worden. Einzelheiten dazu ergäben sich aus der Begründung des Plans und dem Umweltbericht.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegenden Behördenakten (5 Bände) verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

 
A.
30 
Die Normenkontrollanträge sämtlicher Antragsteller sind zulässig.
I.
31 
Die Anträge sind innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt und ausführlich begründet worden. Den Anträgen steht auch die Präklusionsvorschrift des § 47 Abs. 2a VwGO i.V.m. § 3 Abs. 2 BauGB nicht entgegen, so dass es einer Prüfung im Einzelnen darüber, ob und welche der erstmals im Normenkontrollverfahren vorgetragenen Einwendungen die Antragsteller schon im Bebauungsplanverfahren hätten geltend machen können, nicht bedarf. Ebenso wenig bedarf es der Feststellung, ob sämtliche Antragsteller Einwendungen erhoben haben, denn auf die Rechtsfolge des § 47 Abs. 2a VwGO ist im Rahmen der Beteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB nicht hingewiesen worden. Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Plans am 01.03.2007 enthielt nur den Hinweis, dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan unberücksichtigt bleiben können. Nach dem zum 01.01.2007 geänderten § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BauGB hätte jedoch auch darauf hingewiesen werden müssen, dass eine unterlassene rechtzeitige Stellungnahme die Unzulässigkeit eines Antrags nach § 47 VwGO zur Folge hat. Das Fehlen dieses Hinweises bewirkt nach § 47 Abs. 2a VwGO, dass die Zulässigkeitsschranke dieser Vorschrift nicht eingreifen kann.
II.
32 
Die Antragsteller sind nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie sind zwar nicht Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet. Sie können jedoch geltend machen, durch den Bebauungsplan oder dessen Anwendung in privaten abwägungserheblichen Belangen nachteilig betroffen zu sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215).
33 
Es kann offen bleiben, ob die Antragsteller deshalb antragsbefugt sind, weil ihr Interesse, von Verkehrslärm verschont zu bleiben, der durch das Plangebiet ausgelöst wird, nicht hinreichend ermittelt und berücksichtigt wurde. Ihre Antragsbefugnis folgt jedenfalls aus der nach ihrem substantiierten Vortrag möglichen Verletzung ihres Anspruchs auf Prüfung und Abwägung der klimaökologischen Folgen der Planung auf sie selbst und ihre Grundstücke.
34 
Die Antragsteller tragen vor, die Verwirklichung der Planung führe zu klimaökologisch negativen Auswirkungen auf ihre eigenen Grundstücke, da die vorgesehene Bebauung die Belüftung blockiere. Damit berufen sich die Antragsteller nicht nur auf das sogenannte Jedermann-Interesse, d.h. das allgemeine Interesse von Bürgern am Erhalt und der Sicherung bestimmter Klima-, Kleinklima- oder Luftstandards. Vielmehr rügen Sie die Verletzung ihres Anspruchs darauf, dass Art und Intensität solcher Auswirkungen auf sie selbst und ihre Grundstücke vom Planungsträger geprüft, in die Abwägung eingestellt und gerecht im Verhältnis zu anderen Belangen gewichtet werden (vgl. Urteil des Senats vom 13.07.1995 - 3 S 3167/94 -, VBlBW 1996, 184). Die Antragsgegnerin hat zwar ein klimaökologisches Gutachten erstellen lassen, das aus ihrer Sicht nachweist, dass die Planung keine oder allenfalls geringfügige klimaökologische Auswirkungen auf die Antragsteller haben wird. Das Gutachten lässt die klimaökologischen Belange der Antragsteller jedoch nicht als abwägungsunerheblich erscheinen, denn die Antragsteller haben die Annahmen des Gutachtens in substantiierter Weise angegriffen. Sie haben herausgearbeitet, dass nach dem Klimagutachten im Bereich des Umfelds des Plangebiets in der Nacht und vor allem in den lokalklimatisch relevanten Strahlungsnächten südwestliche bis westliche Winde herrschen, gleichwohl eine Windanströmung aus Südwesten aber nicht simuliert worden ist. Die riegelhafte Bebauung im südlichen Plangebiet blockiere bei Südwestwindlagen die Ventilation ins Plangebiet, was dazu führe, dass auch ihre nördlich des Plangebiets gelegenen Grundstücke von der Belüftung abgeschnitten würden.
35 
Ob diese Einwendungen durchgreifen, oder ob - wie die Antragsgegnerin unter Berufung auf eine Stellungnahme des Gutachters meint - eine klimaökologisch bedenkliche Situation in keinem Fall eintreten kann, bedarf einer vertieften Prüfung. Es wäre verfehlt, die Auseinandersetzung über das Ausmaß der klimaökologischen Betroffenheit der Kläger auf die Zulässigkeitsebene des Normenkontrollantrags zu verlagern (vgl. zur vergleichbaren Situation bei einem substantiierten Infragestellen der Annahmen eines Schallgutachtens (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.03.1998 - 8 S 1338/97 -, DÖV 1998, 936 [Ls.] und Urteil des Senats vom 01.03.2007 - 3 S 129/06 -, BWGZ 2007, 509). Ausgehend vom Vortrag der Antragsteller erscheint es jedenfalls möglich, dass sie durch den Bebauungsplan in einem abwägungserheblichen privaten Interesse verletzt werden könnten.
III.
36 
Die Antragsteller besitzen auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Der Eigentümerin des größten Teils der Grundstücke sind zwar mittlerweile mehrere Baugenehmigungen erteilt worden. Diese Baugenehmigungen schöpfen die Bebauungsmöglichkeiten des Bebauungsplans jedoch bei weitem nicht aus. Abgesehen davon sind Sie gegenüber den Antragsstellern noch nicht in Bestandskraft erwachsen.
B.
37 
Die Normenkontrollanträge sind auch begründet. Der Bebauungsplan leidet in formell- und materiell-rechtlicher Hinsicht an Mängeln, die dazu führen, dass er insgesamt für unwirksam zu erklären ist.
I.
38 
Eine Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung wird weder von den Antragstellern gerügt, noch sind solche ersichtlich.
II.
39 
Der Bebauungsplan leidet jedoch an Ermittlungs- und Bewertungsfehlern im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB. Zum einen hat die Antragsgegnerin nicht bewertet, welcher Belastung die Außenwohnbereiche der zukünftigen Bebauung ausgesetzt sein werden (dazu 1.). Zum anderen ist die Ermittlung der klimaökologischen Auswirkungen der Planung defizitär (dazu 2.).
40 
Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die öffentlichen und privaten Belange gerecht gegen- und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG Urteil vom 15.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) darauf zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (kein unrichtiges Abwägungsmaterial) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrem objektiven Gewicht in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (st. Rspr. vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 155.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Dabei ist gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend.
41 
Nach § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bebauungspläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu bewerten und zu ermitteln. Aufgrund des durch das EAG Bau vollzogenen „Wechsels vom materiell-rechtlichen Abwägungsvorgang zu den verfahrensrechtlichen Elementen des Ermittelns und Bewertens“ stehen insofern keine (materiellen) Mängel des Abwägungsvorgangs mehr in Rede (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
42 
1. Ausgehend von diesen Maßstäben liegt in Bezug auf die Bewältigung des Verkehrslärmproblems ein Ermittlungs- und Bewertungsfehler vor. Die Antragsgegnerin hat zwar eine schalltechnische Untersuchung erstellen lassen, in der - unter Zugrundelegung der Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete - Maßnahmen zum Schutz der Innenwohnbereiche vorgeschlagen werden. Es fehlt jedoch an einer Untersuchung und Bewertung der Schutzbedürftigkeit der Außenwohnbereiche. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil die Antragsgegnerin nach der Begründung des Bebauungsplans ausdrücklich familiengerechte Bauformen plant und schon deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Grundstücke ausschließlich gärtnerisch, mit anderen Worten nicht als Außenwohnbereiche genutzt werden. Zudem ist die Nutzung von Gartenflächen als Außenwohnbereich hier weder im Wege der planerischen Festsetzung noch aus anderen Gründen (z.B. aufgrund einer besonderen Geländetopographie) ausgeschlossen. Im Gegenteil drängt es sich nach der Planung der Antragsgegnerin geradezu auf, dass - mit Einschränkungen in den Plangebieten WR 2a und WR 2b - auf den Gartenflächen Außenwohnbereiche geschaffen werden.
43 
Zwar ist die allgemeine Lärmerwartung im Außenwohnbereich im allgemeinen deutlich höher als im Innenwohnbereich (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1996 - 5 S 1338/95 -, juris Rn. 51) und lässt es sich möglicherweise im Einzelfall abwägungsfehlerfrei begründen, dass eine über den Orientierungswerten der DIN 18005 liegende Lärmbelastung im Ergebnis hinzunehmen ist. Allerdings sind hierfür entsprechende Abwägungsüberlegungen notwendig, in die auch mögliche Abwehrmaßnahmen einzubeziehen sind. Daran fehlt es hier. Denn die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen der Abwägung weder mit der Notwendigkeit der Festsetzung gerade eines reinen Wohngebiets mit seinem hohen Schutzniveau noch mit den nach Lage der Dinge in Betracht kommenden baulichen und technischen Möglichkeiten zum Schutz der Außenwohnbereiche befasst, die eine Überschreitung der Orientierungswerte auf das im Interesse der Erreichung des Planungsziels hinzunehmende Maß beschränkten. Insbesondere hat sie die Errichtung einer Lärmschutzwand nicht erwogen, obwohl dies angesichts der bereits vorhandenen Lärmschutzwand entlang der Rohrhofer Straße nicht von vornherein ausscheidet. Die schalltechnische Untersuchung misst zwar der mehrgeschossigen Bebauung in den Plangebieten WR 2a und WR 2b die Eigenschaft einer „Lärmschutzbebauung“ bei. In die Abwägungsüberlegungen unter Nr. 9 der Begründung zum Bebauungsplan ist dieser Umstand jedoch nicht eingeflossen. Lediglich unter der Überschrift „6. Auswirkungen der Planung auf die Umwelt“ wird unter Nr. 6.1.7 allgemein darauf verwiesen, dass davon auszugehen sei, dass durch die schallabschirmende Wirkungen von Gebäuden und durch passive Maßnahmen (Orientierung der Aufenthaltsräume zur schallabgewandten Seite) gesunde Wohnverhältnisse an jeder Stelle des Plangebietes möglich seien. Dies genügt nicht den Anforderungen an eine sachgerechte Abwägung der von der Planung betroffenen Belange. Denn die Ausführungen lassen schon nicht erkennen, dass sich die Antragsgegnerin des Problems der Schutzbedürftigkeit der Außenwohnbereiche bewusst war. Darauf deutet auch die Antragserwiderung der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren hin. Darin führt sie aus, durch die vorgesehene Riegelbebauung entlang der Rohrhofer Straße und die Hinweise zum Schallschutz sei ein ausreichender Schutz der Innenwohnbereiche gewährleistet. Zudem ist unberücksichtigt geblieben, dass den Bewohnern der Häuser in den Plangebieten WR 2a und WR 2b durch die Konzeption einer Lärmschutzbebauung zugunsten der restlichen Plangebiete Lärmbelastungen zugemutet werden, die mit bis zu 68 dB(A) am Tag und bis zu 58 dB(A) in der Nacht nicht nur die einschlägigen Orientierungswerte der DIN 18005 und die Grenzwerte der 16. BImSchV deutlich überschreiten, sondern sich sogar der Grenze zur Gesundheitsgefahr nähern, obwohl ihnen der Bebauungsplan die Wohnqualität eines reinen Wohngebiets verspricht.
44 
Abgesehen davon hätten solche Überlegungen - wären sie angestellt worden - auch keinen Niederschlag in den Festsetzungen gefunden. Es fehlt eine planungsrechtliche Absicherung der schallabschirmenden Wirkung der Bebauung entlang der Rohrhofer Straße. Denn die Antragsgegnerin hat keine Festsetzungen beschlossen, die sicherstellen, dass die „Lärmschutzbebauung“ errichtet ist, bevor mit der Bebauung der übrigen Plangebiete begonnen wird (s. dazu III 2.).
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2. Auch hinsichtlich der Klimaauswirkungen der Planung auf die benachbarten Gebiete liegt ein Ermittlungs- und Bewertungsdefizit im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB vor. Ausgehend von den Aussagen des Klimagutachtens zu den vorherrschenden Windrichtungen wäre es erforderlich gewesen, die Auswirkungen einer Windanströmung aus Südwesten zu simulieren, um belastbare Angaben über die Betroffenheit der Antragsteller zu erhalten.
46 
Nach dem Klimagutachten zeigen sich im Bereich des Plangebiets und dessen Umfelds in der Nacht und vor allem in den lokalklimatisch relevanten Strahlungsnächten auffallend häufig Winde aus südwestlichen bis westlichen Richtungssektoren. Ein wichtiger Faktor im Klimageschehen des Untersuchungsgebietes sei die rasche Bildung von Kaltluft im bodennahen Luftraum während der ersten Nachthälfte. In Strömungsrichtung verlaufende Straßen, großzügige Gebäudeabstandsflächen und Gärten bildeten innerhalb der Bebauung die wesentlichen Zugbahnen der bodennahen Kaltluft.
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Ausgehend von diesen Aussagen lässt sich der Vorwurf der Antragsteller nicht von der Hand weisen, dass die Ermittlung ihrer klimatischen Betroffenheit durch das Plangebiet defizitär ist. Der Bebauungsplan sieht sowohl am südlichen als auch am südwestlichen und am westlichen Rand eine riegelartige Bebauung vor, die im südlichen Bereich zwar nur zwei Geschosse erhalten darf, im südwestlichen und westlichen Bereich dagegen vier Geschosse bzw. drei bis vier Geschosse erhalten soll. Eine breite Ventilationsachse ist - anders als im Westen - im Südwesten nicht vorgesehen. Es kommt hinzu, dass der Klimagutachter das Klimageschehen rund um den Rheinauer See zwar umfassend analysiert und herausgearbeitet hat, dass das Strömungsgeschehen an den fünf Messstationen in der Nähe des Sees jeweils ortsspezifische Besonderheiten aufweist. Er hat sich jedoch nicht festgelegt, welche Messstation oder welche Messstationen das Klimageschehen im Plangebiet maßgeblich abbilden. Zumindest die Ergebnisse der beiden westlich des Plangebiets stehenden Messstationen Riedwiesen und Mohr/Federhaff zeigen für sämtliche Nächte, aber auch für die nach dem Gutachten für das Klimageschehen wichtige erste Nachthälfte an Strahlungstagen häufig südwestliche Winde. Gleiches gilt für die Nachtsituation an der östlich des Plangebiets stehenden Messstation Walchensee bezogen auf sämtliche Tage.
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3. Bei den genannten Abwägungsfehlern handelt es sich um „wesentliche Punkte“ im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, denn das Lärmschutzkonzept und die klimaökologischen Auswirkungen der Planung waren in der konkreten Planungssituation für die Abwägung von Bedeutung (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899). Die Abwägungsfehler sind ferner „offensichtlich“ im Sinne dieser Vorschrift. Denn dieses Tatbestandsmerkmal ist stets erfüllt, wenn der Fehler zur „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs gehört und sich - wie hier - aus den Planungsakten ergibt. Die Mängel sind schließlich auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Abwägungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre (BVerwG, Urteil vom 09.04.2008, a.a.O., m.w.N.). Diese Möglichkeit besteht hier ohne weiteres.
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Die mithin beachtlichen Abwägungsmängel sind auch nicht aufgrund § 215 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB wieder unbeachtlich geworden. Sie wurden rechtzeitig mit der Klagebegründung vom 29.07.2008 gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht. Unerheblich ist, ob der Schriftsatz noch vor Ablauf der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei der Antragsgegnerin einging. Denn in der öffentlichen Bekanntmachung des Bebauungsplans am 02.08.2007 wurde nicht auf die Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB in der seit dem 01.01.2007 geltenden Fassung hingewiesen, sondern auf die Zweijahresfrist der vor diesem Zeitpunkt geltenden Fassung der Vorschrift. Die Rügefrist des § 215 Abs. 1 Satz 3 BauGB wurde daher nicht in Gang gesetzt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.07.2008 - 3 S 2772/06 -, VBlBW 2009, 180).
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4. Die Rüge der Antragsteller, die Antragsgegnerin habe die Folgekosten einer Dachbegrünung nicht hinreichend in Rechnung gestellt, greift dagegen nicht durch. Es trifft zwar zu, dass sich aus den Planvorgängen kein Hinweis darauf ergibt, dass dieser Aspekt bei der Abwägung eine Rolle gespielt hat. Die Antragsgegnerin durfte ihn jedoch vernachlässigen, da die Folgekosten für den Einzelnen überschaubar sind und die Begrünung von Nutzen für Umwelt und Klima ist. Eine Begrünung kommt dem Anliegen der Antragsteller am Erhalt der klimaökologischen Situation sogar entgegen.
51 
5. Die Antragsgegnerin hat auch den Freizeitwert des Rheinauer Sees nicht verkannt. Der Belang des Landschaftsbildes und der Erholung wurde im Fachbeitrag Grünordnung ermittelt und bewertet. Dem Plangebiet wird trotz der Vorbelastungen durch die Bebauung westlich der Rohrhofer Straße und der früheren Nutzung für die Tennisanlage ein hohes bis sehr hohes Potential hinsichtlich des Schutzgutes Landschaftsbild/Erholung zugesprochen. Im Rahmen der Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung werden für dieses Schutzgut wegen der vorgesehenen Durchlässigkeit des Plangebiets für die Öffentlichkeit zu den Freizeit- und Erholungsflächen am Rheinauer See, der Erhaltung eines Grundgerüsts der vorhandenen Begrünung in Verbindung mit den vorgesehenen Begrünungsmaßnahmen allerdings keine nachteiligen Auswirkungen erwartet. Der Fachbeitrag Grünordnung mit Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung war Gegenstand der Abwägungsentscheidung des Gemeinderats der Antragsgegnerin.
52 
6. Der Antragsgegnerin ist auch bei der Ermittlung und Bewertung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege kein Fehler unterlaufen.
53 
aa) Ohne Erfolg rügen die Antragsteller, die Antragsgegnerin habe die Pufferwirkung des Plangebiets für die in der Nähe gelegenen FFH-Gebiete und -FFH-Flächen verkannt. Nach den Feststellungen des Fachbeitrags Grünordnung befindet sich nur eine Teilfläche eines FFH-Gebietes in der näheren Umgebung des Plangebiets. Eine Beeinträchtigung des dort herrschenden Lebensraums und der vorherrschenden Tier- und Pflanzenarten sei nicht zu erwarten. Diese Einschätzung haben die Antragsteller nicht substantiiert in Zweifel gezogen.
54 
bb) Die Vernichtung des Zwerggrases Mibora Minima erfolgte - wie die Antragsteller selbst vortragen - bereits durch die Bebauung westlich der Rohrhofer Straße. Hinweise auf das Vorkommen dieses Grases auch im Plangebiet gibt es nicht. Der Fachbeitrag Grünordnung, der eine Bestandsaufnahme der im Plangebiet vorhandenen Flora enthält, nennt es nicht. Auch die Antragsteller behaupten sein Vorkommen im Plangebiet nicht.
55 
cc) Auch die maßgeblichen Aussagen des Landschaftsplans wurden mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Der Fachbeitrag Grünordnung hält einen Konflikt der Planung mit der Aussage des Landschaftsplans, das Gebiet liege in einer innerörtlich bedeutsamen Freiraumzäsur zur Erhaltung der lokalen Funktionen (Kaltluftentstehung/Durchlüftung), aufgrund der Ergebnisse des klimaökologischen Gutachtens für ausgeschlossen. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass die Simulation einer Windanströmung aus Südwesten pflichtwidrig unterlassen wurde, ist eine klimaökologisch bedenkliche Situation im Plangebiet selbst nicht zu befürchten, da es von der vorgesehenen Ventilations- und Belüftungsbahn in Ost-West-Richtung sowie von der Freihaltefläche im Süden profitiert.
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dd) Die Rüge, es seien keine Standorte für Neubepflanzungen festgelegt worden, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Bebauungsplan setzt sowohl bestimmt Standorte für Baumpflanzungen fest, als auch Bereiche, in denen eine bestimmte Anzahl von Bäumen zu pflanzen ist. Darüber hinaus enthält der Bebauungsplan unter Nr. 11.3 Festsetzungen zu Heckenanpflanzungen und unter Nr. 11.4 Festsetzungen zur Begrünung der Grundstücksflächen. Einer Standortfestlegung für Heckenpflanzungen und für die Pflanzung von Bäumen in den Hausgärten bedurfte es nicht.
57 
ee) Ohne Erfolg rügen die Antragsteller des weiteren, die Folgen für den Rheinauer See (Wasserrecht, Wasserhaushalt) seien nicht ermittelt worden. Der Fachbeitrag Grünordnung erwähnt die Nähe des Plangebiets zum Rheinauer See, beleuchtet jedoch nur die Auswirkungen der Planung auf das Grundwasser. Es ist nicht erkennbar, dass und welche Auswirkungen die Planung auf den Zustand des Rheinauer Sees haben könnte. Auch die Antragsteller legen insoweit nichts dar.
58 
ff) Die Antragsgegnerin hat schließlich auch die klimaökologische Bedeutung der Grünstreifen im Norden und Westen des Plangebiets nicht verkannt, die nach der Planung entfallen sollen. Der Fachbeitrag Grünordnung mit Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung hat die Bedeutung der vorhandenen Grünflächen unter den Stichworten „Schutzgut Arten und Biotope (Arten und Pflanzen)“ und „Schutzgut Klima/Luft“ ermittelt und bewertet. Der Fachbeitrag war Gegenstand der Abwägung.
III.
59 
Der Bebauungsplan leidet neben den oben dargestellten Ermittlungs- und Bewertungsfehlern auch an materiellen Fehlern. Es kann offen bleiben, ob es dem Bebauungsplan bereits an der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB mangelt (dazu 1.). Jedenfalls liegen aber Fehler im Abwägungsergebnis vor (dazu 2. und 3.). Auch die Überschreitung der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO und die Lösung des Freizeitlärmkonflikts im Wege der Baulaust erscheinen zumindest problematisch (dazu 4. und 5.).
60 
1. Legt man die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 06.02.2003 (- 4 BN 5.03 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 116) zugrunde, bestehen zumindest Bedenken an der Erforderlichkeit der Planung.
61 
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden Bebauungspläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dabei besitzen die Gemeinden bei der Entscheidung, ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt eine Planung betrieben wird, grundsätzlich ein weites planerisches Ermessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.02.2002 - 4 CN 1.02 -, DVBl. 2003, 204). Die Zulässigkeit bauplanerischer Festsetzungen setzt nicht voraus, dass sie zur Bewältigung einer bauplanungsrechtlichen Problemlage unentbehrlich oder gar zwingend geboten sind. Es genügen hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, die „Siedlungspolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999 - 4 BN 15.99 -, NVwZ 1999, 1338). Die Erforderlichkeit der Planung ist maßgeblich an der städtebaulichen Konzeption der Gemeinde zu messen. Nicht erforderlich sind nur Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999, a.a.O.) oder deren Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 - 4 CN 4.03 -, NVwZ 2004, 856). Damit handelt es sich bei dem Merkmal der Erforderlichkeit um eine nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der gemeindlichen Planungshoheit, die nicht greift, wenn der Plan nach der planerischen Konzeption der Gemeinde vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 46.91 -, BVerwGE 92, 8).
62 
a) Im vorliegenden Fall hat die Planung zunächst das Ziel, ehemalige Flächen für Freizeitnutzungen einer Wohnnutzung zuzuführen, um damit eine Zersiedelung der Landschaft zu vermeiden. Es soll ein qualitätsvolles Wohnquartier mit vielfältigen Wohnformen entwickelt werden. Der Bebauungsplan verfolgt daher das städtebauliche Ziel der Schaffung von Wohnraum (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) und trägt den Belangen des Umweltschutzes (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) Rechnung. Einer konkreten Bedarfsprognose bedurfte es nicht, denn das ausgewiesene Baugebiet stellt lediglich eine Angebotsplanung dar. Der Hinweis der Antragsteller auf leer stehende Wohnungen und Häuser in Rheinau-Süd lässt die Erforderlichkeit der Planung nach den oben dargestellten Grundsätzen dagegen nicht entfallen.
63 
b) Soweit mit der Planung jedoch ein reines Wohngebiet geschaffen werden soll, bestehen wegen der Belastung des künftigen Baugebiets mit Verkehrslärm erhebliche Zweifel an der Erforderlichkeit der Planung. Nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 06.02.2003, a.a.O.) ist ein Bebauungsplan wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB auch dann unwirksam, wenn die Verwirklichung der Planung auf unabsehbare Zeit an unüberwindlichen immissionsschutzrechtlichen Hindernissen scheitert. Eine Gemeinde darf nicht so planen, dass im Plangebiet schädliche Umwelteinwirkungen vorprogrammiert sind. Sie darf nicht ohne zwingenden Grund selbst die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Vorbelastungen schaffen, indem sie in einen durch ein erhöhtes Immissionspotential gekennzeichneten Bereich ein störempfindliches Wohngebiet hinein- plant und damit aus einem reinen Wohngebiet oder wesentlichen Teilen desselben in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht in Wahrheit ein Dorf- oder Mischgebiet macht.
64 
Im vorliegenden Fall liegt eine vergleichbare Situation vor. Der Lärmgutachter stellte in seiner schalltechnischen Untersuchung fest, dass die mit der Gebietsfestsetzung „Reines Wohngebiet“ verbundene Erwartung auf angemessenen Schutz vor Verkehrslärmbelastung nicht erfüllt werden kann. Die schalltechnischen Berechnungen belegen, dass im Plangebiet die Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete nur an wenigen Stellen eingehalten werden können. Im Übrigen werden die Werte um bis zu 17,6 dB(A) überschritten. Die Pegelwerte übertreffen selbst die Orientierungswerte für allgemeine Wohngebiete an ungefähr der Hälfte der Immissionsorte. An mehreren Stellen werden sogar die großzügigeren Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete überschritten. Maßnahmen zum Schallschutz, die der Schallgutachter empfiehlt und die das immissionsschutzrechtliche Niveau eines reinen Wohngebietes sicherstellen könnten, hat die Antragsgegnerin nicht festgesetzt; ihre Umsetzung ist auch nicht auf andere Weise - insbesondere nicht durch den zwischen der Antragsgegnerin und dem Investor am 09.07.2007 geschlossenen städtebaulichen Vertrag oder die nachfolgenden bauordnungsrechtlichen Verfahren - sichergestellt (s. dazu 3.). Bei dieser Sachlage erscheint die Verwirklichung eines reinen Wohngebiets aus immissionsschutzrechtlicher Sicht auf Dauer nicht möglich, so dass bereits die Erforderlichkeit der Planung in Frage steht.
65 
Letztlich bedarf dies jedoch keiner abschließenden Entscheidung, denn die Festsetzung eines reinen Wohngebiets ohne gleichzeitige Festsetzung von entsprechenden Lärmschutzmaßnahmen stellt in Anbetracht der hohen Verkehrslärmbelastung des Plangebiets jedenfalls einen Fehler im Abwägungsergebnis dar.
66 
2. Die Lärmbelastung wurde zwar durch die schalltechnische Untersuchung ermittelt und bewertet. Die Antragsgegnerin hat die Lärmschutzbelange auch zutreffend abgewogen, denn ausweislich der Planbegründung (Nr. 9.2.2) hielt sie Lärmschutzmaßnahmen für erforderlich (dazu a)). Das Ergebnis dieses Abwägungsvorgangs ist jedoch fehlerhaft, da die Antragsgegnerin keine Lärmschutzmaßnahmen festgesetzt hat (dazu b)) und die Lärmproblematik auch nicht auf andere Weise bewältigt werden kann (dazu c)). Der Bebauungsplan verstößt deshalb insoweit gegen das aus § 1 Abs. 7 BauGB folgende Gebot der Konfliktbewältigung.
67 
a) Nach den Ergebnissen der schalltechnischen Untersuchung sind wegen der massiven Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete erhebliche Lärmschutzmaßnahmen erforderlich. Die schalltechnische Untersuchung basiert zwar auf dem städtebaulichen Entwurf des Investors, der - aufbauend auf den Festsetzungen des Bebauungsplans - eine bestimmte Bebauungsvariante enthält. Sie besitzt dennoch auch Aussagekraft für den Bebauungsplan selbst, denn in der schalltechnischen Untersuchung wurden sehr detailliert über 80 Immissionsorte im Plangebiet untersucht (s. Anhang A3-2 des Gutachtens). Es ist daher zu erwarten, dass sich auch bei einer geänderten Gebäudeanordnung - insbesondere im Baugebiet WR 1b - die Pegelwerte nicht wesentlich verändern werden.
68 
Nach den Berechnungen des Schallgutachters werden die Pegelwerte im Plangebiet an fast allen Immissionsorten die Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete von 50 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts überschreiten. Die maximalen Überschreitungen in den einzelnen Plangebieten fallen sehr deutlich aus; sie betragen zwischen 7,3 dB(A) und 17, 6 dB(A). Nach Auffassung des Gutachters sind dementsprechend zum Schutz der geplanten Wohnnutzung vor den Straßenverkehrslärmeinwirkungen Lärmschutzmaßnahmen vorzusehen und planungsrechtlich abzusichern. Die Mehrfamilienhausbebauung entlang der Rohrhofer Straße (Plangebiete WR 2a und 2b) sei als Lärmschutzbebauung konzipiert. Dort sollten Aufenthaltsräume und Außenwohnbereiche möglichst zur straßenabgewandten Seite orientiert werden; pro Wohnung sollte aber mindestens ein Aufenthaltsraum mit Fenster zur leisen Fassade angeordnet werden. Für Aufenthaltsräume, die zur Rohrhofer Straße und zur Straße Am Rheinauer See orientiert seien, sei zur Sicherstellung gesunder Wohnverhältnisse passiver Schallschutz festzusetzen. Darüber hinaus sei passiver Schallschutz für den Fall vorzusehen, dass Wohngebäude innerhalb des Plangebiets errichtet würden, bevor die geplante Mehrfamilienhausbebauung entlang der Rohrhofer Straße verwirklicht sei. Im Übrigen schlug er die Festsetzung von Lärmpegelbereichen nach der DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ und die Festsetzung der Verwendung von Außenbauteilen vor, die bestimmte Schalldämmmaße nach der DIN 4109 aufweisen. Ausgehend von der Beurteilung durch den Schallgutachter hielt auch die Antragsgegnerin Schallschutzmaßnahmen erforderlich, wie sich Nr. 9.2.2 der Planbegründung entnehmen lässt.
69 
b) Die Antragsgegnerin hat dennoch keine der Empfehlungen des Schallgutachters als Festsetzungen in den angefochtenen Bebauungsplan übernommen. Dies wurde von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr in Abrede gestellt.
70 
Handelt es sich aber - wie schon die Überschrift nahelegt - um bloße Hinweise zum Schallschutz, sind diese - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - nicht geeignet, die erhebliche Verkehrslärmproblematik zu lösen. Denn es ist nicht sichergestellt, dass die künftigen Bewohner des Baugebiets keinem Verkehrslärm ausgesetzt sein werden, der in einem reinen Wohngebiet unzumutbar ist. Weder ist verbindlich geregelt, dass die als bewohnte Lärmschutzwand konzipierte Bebauung entlang der Rohrhofer Straße vor der übrigen Bebauung errichtet wird, noch dass die Anordnung der Aufenthaltsräume in dieser Bebauung entsprechend den Empfehlungen des Gutachters erfolgen wird oder dass bei der Errichtung der Gebäude im gesamten Plangebiet Materialien verwendet werden, die die vom Gutachter als erforderlich erachteten Schalldämmmaße aufweisen. Die Erteilung von Baugenehmigungen zur Errichtung von Reihenhauszeilen am 18.12.2008 und am 01.12.2009 zeigt, dass tatsächlich die ernsthafte Gefahr besteht, dass den Bewohnern dieser Häuser der ihnen vom Schallgutachter zugedachte Schutz durch die Lärmschutzbebauung entlang der Rohrhofer Straße nicht zuteil wird. Denn für die Bebauung entlang der Rohrhofer Straße liegt keine Baugenehmigung vor. Darüber hinaus enthält zumindest die Baugenehmigung vom 18.12.2008 keine Auflagen hinsichtlich der Verwendung von Materialien mit bestimmten Schalldämmmaßen, wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat.
71 
c) Der Bebauungsplan verstößt deshalb gegen das Gebot der Konfliktbewältigung. Denn grundsätzlich sind die durch die Planung ausgelösten Konflikte durch die Planung selbst zu bewältigen. Sie dürfen nicht zu Lasten der Betroffenen letztlich ungelöst bleiben. Einzelne Teile der Konfliktbewältigung können zwar in ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren verschoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2010 - 4 B 76.09 - juris; kritisch Fickert/Fieseler, BauNVO Kommentar, 11. Aufl. 2008, § 15 Rn. 1.13). Dies gilt allerdings nur, wenn dort eine Konfliktbewältigung erwartet werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Bebauungsplan bereits die richtigen Weichenstellungen enthält, denn mit einem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren können die Festsetzungen eines Bebauungsplans nur noch feingesteuert oder nachgesteuert werden. Es kann die Festsetzungen weder korrigieren, noch kann es fehlende Festsetzungen ersetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.1989 - 4 NB 8.89 -, BauR 1989, 129; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, BauGB Kommentar, § 1 Rn. 215 ff. und Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 772 ff. jeweils m.w.N. der Rspr.; zur Verlagerung störfallrechtlicher Probleme ins immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.03.2010 - 4 BN 66.09 -, juris). Des weiteren ist in Rechnung zu stellen, dass die Errichtung einer baulichen Anlage nicht in jedem Fall die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens voraussetzt. Vielmehr genügt in den Fällen des § 51 LBO das Kenntnisgabeverfahren; Lärmschutzvorkehrungen könnten dann nur durch Einzelverfügungen festgesetzt werden, die allerdings einer Rechtsgrundlage bedürften.
72 
Im vorliegenden Fall enthält der angefochtene Bebauungsplan überhaupt keine Festsetzungen zum Lärmschutz. Es sind daher keine „Weichenstellungen“ vorhanden, die sicherstellen, dass in dem geplanten reinen Wohngebiet gebietsentsprechende Wohnverhältnisse herrschen werden. Lärmschutzmaßgaben der Baurechtsbehörde in den nachfolgenden bauordnungsrechtlichen Verfahren stellten somit keine Feinsteuerung der Vorgaben des Bebauungsplans dar. Im Übrigen wären solche mangels Rechtsgrundlage auch nicht zulässig.
73 
Die Grenze zur Gesundheitsgefährdung, die nach der Rechtsprechung allgemein ab 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht angenommen wird (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45), überschreitet der Verkehrslärm nach den schalltechnischen Berechnungen (noch) nicht, so dass ein Tätigwerden der Behörde nach § 47 Abs. 1 LBO aus Gründen der verfassungsrechtlichen Gesundheitsschutzpflicht des Staates nicht gerechtfertigt wäre. Die DIN 4109 (Schallschutz im Hochbau) stellt keine öffentlich-rechtliche Vorschrift über die Errichtung von Anlagen dar, auf deren Einhaltung die Baurechtsbehörde nach § 47 Abs. 1 LBO zu achten hat. Es handelt sich vielmehr um eine technische Norm, die die Anforderungen an den Schallschutz, d.h. dessen Art und Weise regelt. Ob überhaupt Schallschutzmaßnahmen erforderlich sind und von der Baurechtsbehörde gefordert werden können, muss sich dagegen aus einer öffentlich-rechtlichen Norm im Sinne des § 47 Abs. 1 LBO ergeben. An einer solchen Norm fehlt es im vorliegenden Fall. Auch § 3 Abs. 3 LBO stellt sie - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - nicht dar. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die oberste Baurechtsbehörde Regeln der Technik, die der Erfüllung der Anforderungen des § 3 Abs. 1 LBO dienen, als technische Baubestimmungen bekanntmachen. Die technischen Baubestimmungen sind nach § 3 Abs. 3 Satz 3 LBO einzuhalten. Ob § 3 Abs. 3 Satz 3 LBO überhaupt taugliche Grundlage einer Verfügung der Baurechtsbehörde sein kann, mit der dem Bauherrn bestimmte Baumaßnahmen aufgegeben werden, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Jedenfalls im vorliegenden Fall könnte eine Anordnung zum Schallschutz nicht auf diese Vorschrift gestützt werden. Das Innenministerium Baden-Württemberg hat die DIN 4109 zwar mit Bekanntmachung vom 06.11.1990 als technische Baubestimmung eingeführt (GABl. 1990, 829). Nach Nr. 2.1 des Einführungserlasses bedarf es eines Nachweises der Luftschalldämmung von Außenbauteilen aber nur, wenn a) der Bebauungsplan festsetzt, dass Vorkehrungen zum Schutz vor Außenlärm an Gebäuden zu treffen sind (§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB) oder b) der sich aus amtlichen Lärmkarten oder Lärmminderungsplänen nach § 47a BImSchG ergebende „maßgebliche Außenlärmpegel“ ein bestimmtes Maß überschreitet. Beide Varianten sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
74 
Auch § 15 Abs. 1 BauNVO scheidet als Rechtsgrundlage einer Verfügung aus, mit der einem Bauherrn Maßnahmen zur Gewährleistung bestimmter niedrigerer Immissionswerte aufgegeben werden. Denn dies käme einer vollständigen Verlagerung der Konfliktlösung auf das nachfolgende bauordnungsrechtliche Verfahren gleich. Die Baurechtsbehörde hätte zu entscheiden, welcher Lärmbelastung die Gebietsbewohner künftig ausgesetzt sein sollen. Eine solche Entscheidung ist jedoch Sache der planenden Gemeinde; sie muss diese Frage im Rahmen der Abwägung der von der Planung betroffenen Belange beantworten und durch Festsetzungen im Bebauungsplan verbindlich regeln.
75 
d) Eine Konfliktlösung kann im Einzelfall zwar auch durch geeignete vertragliche Vereinbarungen, insbesondere im Rahmen von städtebaulichen Verträgen nach § 11 BauGB sichergestellt werden (vgl. Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, a.a.O. Rn. 220). Von einer solchen Lösung ging wohl auch die Antragsgegnerin aus, denn in der Begründung zum Bebauungsplan wird darauf verwiesen, dass die bestehende Lärmproblematik im städtebaulichen Vertrag aufgezeigt und in den Kaufverträgen der Grundstücke eingehend thematisiert werde. Des weiteren wird im Rahmen der Abwägung (Nr. 9.3 der Begründung) darauf abgestellt, dass „im städtebaulichen Vertrag die Verpflichtung zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche dahingehend geregelt“ werde, „dass die Empfehlungen der schalltechnischen Untersuchung zu den zu ergreifenden Maßnahmen der Lärmvorsorge verpflichtend in die Kaufverträge der künftigen Grundstückseigentümer zu übernehmen“ seien.
76 
Der Verkehrslärmkonflikt wird durch den zwischen der Antragsgegnerin und dem Investor am 09.07.2007 geschlossenen Vertrag jedoch gerade nicht gelöst. Denn der städtebauliche Vertrag enthält keine Regelung, nach der der Investor verpflichtet ist, in die Kaufverträge mit den Grundstückskäufern Empfehlungen zum Schallschutz aufzunehmen. Nach § 8 des Vertrages ist der Investor lediglich verpflichtet, den Betrieb und die Immissionen der Wasserski- und Freizeitanlage Rheinauer See im derzeit genehmigten Umfang zu dulden. Im Übrigen regelt die Vertragsbestimmung Einzelheiten des Verzichts auf Abwehransprüche. Sie betrifft somit allein die Lärmimmissionen der bestehenden Freizeiteinrichtungen, nicht jedoch Verkehrsimmissionen. Eine Verpflichtung, den Käufern die Durchführung bestimmter Lärmschutzmaßnahmen aufzuerlegen, besteht nicht. Der Investor ist nicht einmal verpflichtet, die Käufer auf die bestehende Verkehrslärmproblematik aufmerksam zu machen. Möglicherweise ist dies unterlassen worden, weil geplant ist, dass der Investor sämtliche Häuser selbst baut und die Antragsgegnerin davon ausging, dass dabei Materialien verwendet werden, die die erforderlichen Schalldämmmaße einhalten. Im Idealfall wären die Empfehlungen des Lärmgutachters dann umgesetzt. Es fehlt jedoch bereits an einer vollstreckbaren Verpflichtung für den Fall, dass der Investor die erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen - beispielsweise aus Kostengründen - doch unterlässt. Erst recht fehlt eine solche Verpflichtung, falls nicht der Investor, sondern ein Dritter die Errichtung der Häuser übernimmt, weil beispielsweise der Investor insolvent wird oder er sich dazu entschließt die Grundstücke unbebaut zu veräußern. Eine verbindliche Regelung, die für diesen Fall die Wahrung gesunder - gebietsentsprechender - Wohnverhältnisse sicherstellen könnte, besteht nicht.
77 
3. Der Bebauungsplan leidet zudem an einem weiteren Abwägungsfehler, weil als Art der baulichen Nutzung ein reines Wohngebiet festgesetzt worden ist, ohne gleichzeitig Lärmschutzmaßnahmen vorzusehen, die das erforderliche höhere Lärmschutzniveau eines solchen Baugebiets nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 BauNVO sicherstellen und keine besonderen städtebaulichen Gründe vorliegen, die die Festsetzung eines reinen Wohngebiets trotz massiver Überschreitung der einschlägigen Orientierungswerte der DIN 18005 rechtfertigen. Das Unterlassen der Festsetzung von Lärmschutzmaßnahmen und die Festsetzung eines reinen Wohngebiets sind angesichts des Ausmaßes der Verkehrslärmbelastung des Plangebiets und dessen konkreter Lage in der Weise miteinander verbunden, dass der Verzicht auf verbindliche Lärmschutzmaßgaben eine andere Gebietsfestsetzung erfordert hätte oder umgekehrt bei Festsetzung eines reinen Wohngebiets verbindliche Lärmschutzvorgaben in den Bebauungsplan hätten aufgenommen werden müssen (vgl. auch die Ausführungen oben unter III. 1.).
78 
Eine Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 bedeutet zwar nicht von vornherein, dass eine Planung an einem Fehler leidet, der zu seiner Unwirksamkeit führt. Vielmehr kann im Einzelfall auch eine Überschreitung das Ergebnis einer gerechten bauleitplanerischen Abwägung der Gemeinde sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.06.2007 - 4 BN 6.07 -, BRS 71 Nr. 49). Je weiter aber die Orientierungswerte der DIN 18005 überschritten werden, desto gewichtiger müssen die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe sein und desto mehr hat die Gemeinde die baulichen und technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zur Verfügung stehen, um diese Auswirkungen zu verhindern (BVerwG, Urteil vom 22.03.2007 - 4 CN 2.06 -, BVerwGE 128, 238). Ausgehend von diesen Grundsätzen erfüllt der bloße Hinweis auf die Verkehrslärmproblematik nicht die Anforderungen an ein sachgerechtes Abwägungsergebnis. Denn es bedurfte angesichts der massiven Überschreitung der Orientierungswerte zunächst sehr gewichtiger städtebaulicher Gründe, die die Festsetzung eines reinen Wohngebiets trotz dieser Überschreitung rechtfertigen könnte. Dafür ist indes nichts ersichtlich. Die Begründung zum Bebauungsplan nennt als Grund für die Festsetzung eines reinen Wohngebiets unter Ausschluss sämtlicher nach § 3 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässiger Nutzungen die „Merkmale der angrenzenden Wohnquartiere“, die „städtebauliche Zielsetzung“ und die „geplanten Nutzungsabsichten im Plangebiet“. Die nach § 3 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen wurden ausgeschlossen, weil sie „den geplanten Nutzungsabsichten zuwiderlaufen und … sich als nicht umfeldverträglich erweisen“. Die genannten Gründe für die Festsetzung eines reinen Wohngebiets sind zwar städtebaulicher Natur, sie haben jedoch kein besonderes Gewicht. Sie liegen bei jeder Planung eines Wohngebiets vor. Weshalb andere Nutzungen nicht „umfeldverträglich“ sein sollen, wird nicht dargelegt. Das Plangebiet grenzt im Norden an eine Reihenhaussiedlung, im Osten an den Rheinauer See, im Süden an Brachgelände und im Westen an Geschosswohnungsbau. Die das Plangebiet umschließenden Straßen sind stark befahren. Die Umgebung des Plangebiets ist demzufolge weder besonders ruhig, noch hat sie einen besonders hochwertigen Charakter (z. B. den einer Villensiedlung). Bei dieser Ausgangslage ist nicht zu erkennen, dass nur reine Wohnnutzungen mit dem bestehenden Umfeld harmonieren.
79 
4. Rechtlich problematisch sind darüber hinaus die Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans zum Maß der baulichen Nutzung im Baugebiet WR 2a und WR 2b, weil sie die in § 17 Abs. 1 BauNVO für reine Wohngebiete festgelegte Obergrenze für die Geschossflächenzahl von 1,2 übersteigen und eine Rechtfertigung hierfür nach § 17 Abs. 2 BauNVO derzeit zweifelhaft erscheint. Denn den Aufstellungsvorgängen lässt sich nicht mit Sicherheit entnehmen, dass sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin abwägend mit dieser Frage auseinandergesetzt hat. Einer abschließenden Entscheidung hierüber bedarf es angesichts der oben dargestellten Fehler des Bebauungsplans indes nicht. Der Senat weist nur auf das Folgende hin:
80 
Der Bebauungsplan setzt für das Baugebiet WR 2a drei bis vier Vollgeschosse, für das Baugebiet WR 2b vier Vollgeschosse fest. Bei der festgesetzten Grundflächenzahl von 0,4 ergibt dies in beiden Baugebieten eine maximal zulässige Geschossflächenzahl von 1,6. Damit wird die in § 17 Abs. 1 BauNVO festgelegte Obergrenze um 0,4 überschritten. Bei den Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO handelt es sich um grundsätzlich bindende Vorgaben für die Abwägung, die den Rahmen für die Planung setzen (vgl. König/Röser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 17 Rn. 6; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 17 Rn. 2; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO § 17 Rn. 8). Auch wenn in einem Bebauungsplan - wie hier - die Grundflächenzahl nicht festgesetzt worden ist, darf die Obergrenze des § 17 Abs. 1 BauNVO durch die übrigen Festsetzungen grundsätzlich nicht überschritten werden (Fickert/Fieseler, a.a.O. Rn. 9). Eine Ausnahme besteht nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 und - des hier nicht einschlägigen - § 17 Abs. 3 BauNVO. Die Gemeinde hat in der Begründung zum Bebauungsplan darzulegen, dass die besonderen Anforderungen des § 17 Abs. 2 BauNVO erfüllt sind (vgl. König/Roeser/Stock, a.a.O. Rn. 7; Fickert/Fieseler a.a.O. Rn. 23 und 28). Denn nach der Planbegründung beurteilt sich maßgeblich, ob der Plangeber die Voraussetzungen für eine Überschreitung der Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung zu Recht angenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.01.1995 - 4 NB 42.93 -, Buchholz 406.12 § 17 BauNVO Nr. 5; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.11.2009 - 2 A 19.07 -, juris Rn. 35). Ausgehend davon, ist nicht eindeutig zu erkennen, welche Gründe und Umstände die Antragsgegnerin dazu bewogen haben, eine Überschreitung der Obergrenzen festzusetzen.
81 
Die Begründung gibt bereits Anlass zu Zweifeln, ob sich die Antragsgegnerin der Überschreitung der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO überhaupt bewusst war. Denn unter der Überschrift „Überschreitung des Maßes der baulichen Nutzung“ unter Nr. 2.2.2.3 der Begründung finden sich nur Ausführungen zu § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO. Nach dieser Vorschrift darf die zulässige Grundfläche durch die Grundflächen von Garagen, Stellplätzen, Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO und baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche um bis zu 50 % überschritten werden. Die Vorschrift des § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO wendet sich - anders als § 17 Abs. 1 BauNVO - nicht an die Gemeinde als Plangeberin, sondern betrifft die Ermittlung der zulässigen Grundflächenzahl einzelner Bauvorhaben. Dementsprechend befasst sich die Begründung zum Bebauungsplan an dieser Stelle auch nur mit der Frage, welche Grundflächenanzahlen unter Ausnutzung der Möglichkeiten des § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO erreicht werden können, wie hoch der Anteil der zusätzlich überbaubaren Fläche ist und wie hoch die durchschnittliche Grundflächenzahl im gesamten Baugebiet sein wird.
82 
Allerdings sind an mehreren Stellen der Begründung Ausführungen zum Maß der baulichen Nutzung im WR 2a und WR 2b entlang der Rohrhofer Straße zu finden. Sämtliche dieser Ausführungen stehen jedoch nicht in Zusammenhang mit der entsprechenden Festsetzung, geschweige denn mit der Überschreitung der Obergrenzen nach § 17 BauNVO, worauf die Antragsteller zu Recht hinweisen. Zur Frage, ob die Überschreitung durch vorhandene Umstände ausgeglichen ist oder durch Festsetzungen ausgeglichen wird, schweigt die Begründung zum Bebauungsplan.
83 
Objektiv betrachtet könnten - folgt man den Ausführungen der Antragsgegnerin - möglicherweise Gründe und Umstände vorliegen, die ein Überschreiten der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO rechtfertigen (vgl. dazu auch Beschluss des Senats vom 10.12.1997 - 3 S 2023/97 -, BauR 1998, 977). Allerdings muss die Überschreitung auch von einem entsprechenden planerischen Willen und einer abwägenden Entscheidung der Antragsgegnerin getragen sein, die die durch § 17 Abs. 2 BauNVO gesetzten Grenzen beachtet. Denn nicht nur die Festsetzung des konkreten Maßes der baulichen Nutzung im Rahmen des § 17 Abs. 1 BauNVO, sondern auch die Überschreitung der Obergrenzen steht im gestaltenden Ermessen der Gemeinde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.01.1996 - 4 NB 1/96 - NVwZ-RR 1997, 83). Im vorliegenden Fall lässt sich ein solcher Wille und eine abwägende Entscheidung nur schwer feststellen. Es spricht manches dafür, dass insoweit ein vollständiger Abwägungsausfall vorliegt.
84 
5. Angesichts der oben dargestellten Fehlerhaftigkeit der Planung bedarf es auch keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Rüge der Antragsteller durchgreift, das Plangebiet sei zu hohem Freizeit- und Sportanlagenlärm ausgesetzt. Offen bleiben kann insbesondere, ob das Freizeitlärmproblem in zulässiger Weise durch Übernahme einer Baulast durch die Eigentümerin des südlich des Plangebiets gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. ... gelöst werden konnte, mit der sie darauf verzichtet, die auf ihrem Grundstück bauplanungsrechtlich festgesetzte private Tennisanlage zu errichten (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 12.11.1987 - 4 B 216.87 -, Buchholz 406.17 BauordnungsR Nr. 24; Beschluss vom 02.12.2009 - 4 B 74.09 -, BauR 2010, 742; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.09.2009 - 3 S 1773/07 -, VBlBW 2010, 41).
85 
6. Ein Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB als besonderer Ausprägung des Abwägungsgebots des § 1 Abs. 7 BauGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 1.08.2002 - 4 C 5/01 - BVerwGE 117, 25; Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O. § 2 Rn 99) vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Stadt Brühl hat ihre Belange im Rahmen der Beteiligung vorgetragen. Sie wurden bewertet und abgewogen. Das Ergebnis der Abwägung lässt insoweit keinen Fehler erkennen.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss vom 19. Mai 2010
89 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG endgültig auf 80.000,-- EUR festgesetzt.
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
30 
Die Normenkontrollanträge sämtlicher Antragsteller sind zulässig.
I.
31 
Die Anträge sind innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt und ausführlich begründet worden. Den Anträgen steht auch die Präklusionsvorschrift des § 47 Abs. 2a VwGO i.V.m. § 3 Abs. 2 BauGB nicht entgegen, so dass es einer Prüfung im Einzelnen darüber, ob und welche der erstmals im Normenkontrollverfahren vorgetragenen Einwendungen die Antragsteller schon im Bebauungsplanverfahren hätten geltend machen können, nicht bedarf. Ebenso wenig bedarf es der Feststellung, ob sämtliche Antragsteller Einwendungen erhoben haben, denn auf die Rechtsfolge des § 47 Abs. 2a VwGO ist im Rahmen der Beteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB nicht hingewiesen worden. Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Plans am 01.03.2007 enthielt nur den Hinweis, dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan unberücksichtigt bleiben können. Nach dem zum 01.01.2007 geänderten § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BauGB hätte jedoch auch darauf hingewiesen werden müssen, dass eine unterlassene rechtzeitige Stellungnahme die Unzulässigkeit eines Antrags nach § 47 VwGO zur Folge hat. Das Fehlen dieses Hinweises bewirkt nach § 47 Abs. 2a VwGO, dass die Zulässigkeitsschranke dieser Vorschrift nicht eingreifen kann.
II.
32 
Die Antragsteller sind nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie sind zwar nicht Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet. Sie können jedoch geltend machen, durch den Bebauungsplan oder dessen Anwendung in privaten abwägungserheblichen Belangen nachteilig betroffen zu sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215).
33 
Es kann offen bleiben, ob die Antragsteller deshalb antragsbefugt sind, weil ihr Interesse, von Verkehrslärm verschont zu bleiben, der durch das Plangebiet ausgelöst wird, nicht hinreichend ermittelt und berücksichtigt wurde. Ihre Antragsbefugnis folgt jedenfalls aus der nach ihrem substantiierten Vortrag möglichen Verletzung ihres Anspruchs auf Prüfung und Abwägung der klimaökologischen Folgen der Planung auf sie selbst und ihre Grundstücke.
34 
Die Antragsteller tragen vor, die Verwirklichung der Planung führe zu klimaökologisch negativen Auswirkungen auf ihre eigenen Grundstücke, da die vorgesehene Bebauung die Belüftung blockiere. Damit berufen sich die Antragsteller nicht nur auf das sogenannte Jedermann-Interesse, d.h. das allgemeine Interesse von Bürgern am Erhalt und der Sicherung bestimmter Klima-, Kleinklima- oder Luftstandards. Vielmehr rügen Sie die Verletzung ihres Anspruchs darauf, dass Art und Intensität solcher Auswirkungen auf sie selbst und ihre Grundstücke vom Planungsträger geprüft, in die Abwägung eingestellt und gerecht im Verhältnis zu anderen Belangen gewichtet werden (vgl. Urteil des Senats vom 13.07.1995 - 3 S 3167/94 -, VBlBW 1996, 184). Die Antragsgegnerin hat zwar ein klimaökologisches Gutachten erstellen lassen, das aus ihrer Sicht nachweist, dass die Planung keine oder allenfalls geringfügige klimaökologische Auswirkungen auf die Antragsteller haben wird. Das Gutachten lässt die klimaökologischen Belange der Antragsteller jedoch nicht als abwägungsunerheblich erscheinen, denn die Antragsteller haben die Annahmen des Gutachtens in substantiierter Weise angegriffen. Sie haben herausgearbeitet, dass nach dem Klimagutachten im Bereich des Umfelds des Plangebiets in der Nacht und vor allem in den lokalklimatisch relevanten Strahlungsnächten südwestliche bis westliche Winde herrschen, gleichwohl eine Windanströmung aus Südwesten aber nicht simuliert worden ist. Die riegelhafte Bebauung im südlichen Plangebiet blockiere bei Südwestwindlagen die Ventilation ins Plangebiet, was dazu führe, dass auch ihre nördlich des Plangebiets gelegenen Grundstücke von der Belüftung abgeschnitten würden.
35 
Ob diese Einwendungen durchgreifen, oder ob - wie die Antragsgegnerin unter Berufung auf eine Stellungnahme des Gutachters meint - eine klimaökologisch bedenkliche Situation in keinem Fall eintreten kann, bedarf einer vertieften Prüfung. Es wäre verfehlt, die Auseinandersetzung über das Ausmaß der klimaökologischen Betroffenheit der Kläger auf die Zulässigkeitsebene des Normenkontrollantrags zu verlagern (vgl. zur vergleichbaren Situation bei einem substantiierten Infragestellen der Annahmen eines Schallgutachtens (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.03.1998 - 8 S 1338/97 -, DÖV 1998, 936 [Ls.] und Urteil des Senats vom 01.03.2007 - 3 S 129/06 -, BWGZ 2007, 509). Ausgehend vom Vortrag der Antragsteller erscheint es jedenfalls möglich, dass sie durch den Bebauungsplan in einem abwägungserheblichen privaten Interesse verletzt werden könnten.
III.
36 
Die Antragsteller besitzen auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Der Eigentümerin des größten Teils der Grundstücke sind zwar mittlerweile mehrere Baugenehmigungen erteilt worden. Diese Baugenehmigungen schöpfen die Bebauungsmöglichkeiten des Bebauungsplans jedoch bei weitem nicht aus. Abgesehen davon sind Sie gegenüber den Antragsstellern noch nicht in Bestandskraft erwachsen.
B.
37 
Die Normenkontrollanträge sind auch begründet. Der Bebauungsplan leidet in formell- und materiell-rechtlicher Hinsicht an Mängeln, die dazu führen, dass er insgesamt für unwirksam zu erklären ist.
I.
38 
Eine Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung wird weder von den Antragstellern gerügt, noch sind solche ersichtlich.
II.
39 
Der Bebauungsplan leidet jedoch an Ermittlungs- und Bewertungsfehlern im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB. Zum einen hat die Antragsgegnerin nicht bewertet, welcher Belastung die Außenwohnbereiche der zukünftigen Bebauung ausgesetzt sein werden (dazu 1.). Zum anderen ist die Ermittlung der klimaökologischen Auswirkungen der Planung defizitär (dazu 2.).
40 
Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die öffentlichen und privaten Belange gerecht gegen- und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG Urteil vom 15.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) darauf zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (kein unrichtiges Abwägungsmaterial) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrem objektiven Gewicht in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (st. Rspr. vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 155.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Dabei ist gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend.
41 
Nach § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bebauungspläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu bewerten und zu ermitteln. Aufgrund des durch das EAG Bau vollzogenen „Wechsels vom materiell-rechtlichen Abwägungsvorgang zu den verfahrensrechtlichen Elementen des Ermittelns und Bewertens“ stehen insofern keine (materiellen) Mängel des Abwägungsvorgangs mehr in Rede (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
42 
1. Ausgehend von diesen Maßstäben liegt in Bezug auf die Bewältigung des Verkehrslärmproblems ein Ermittlungs- und Bewertungsfehler vor. Die Antragsgegnerin hat zwar eine schalltechnische Untersuchung erstellen lassen, in der - unter Zugrundelegung der Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete - Maßnahmen zum Schutz der Innenwohnbereiche vorgeschlagen werden. Es fehlt jedoch an einer Untersuchung und Bewertung der Schutzbedürftigkeit der Außenwohnbereiche. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil die Antragsgegnerin nach der Begründung des Bebauungsplans ausdrücklich familiengerechte Bauformen plant und schon deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Grundstücke ausschließlich gärtnerisch, mit anderen Worten nicht als Außenwohnbereiche genutzt werden. Zudem ist die Nutzung von Gartenflächen als Außenwohnbereich hier weder im Wege der planerischen Festsetzung noch aus anderen Gründen (z.B. aufgrund einer besonderen Geländetopographie) ausgeschlossen. Im Gegenteil drängt es sich nach der Planung der Antragsgegnerin geradezu auf, dass - mit Einschränkungen in den Plangebieten WR 2a und WR 2b - auf den Gartenflächen Außenwohnbereiche geschaffen werden.
43 
Zwar ist die allgemeine Lärmerwartung im Außenwohnbereich im allgemeinen deutlich höher als im Innenwohnbereich (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1996 - 5 S 1338/95 -, juris Rn. 51) und lässt es sich möglicherweise im Einzelfall abwägungsfehlerfrei begründen, dass eine über den Orientierungswerten der DIN 18005 liegende Lärmbelastung im Ergebnis hinzunehmen ist. Allerdings sind hierfür entsprechende Abwägungsüberlegungen notwendig, in die auch mögliche Abwehrmaßnahmen einzubeziehen sind. Daran fehlt es hier. Denn die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen der Abwägung weder mit der Notwendigkeit der Festsetzung gerade eines reinen Wohngebiets mit seinem hohen Schutzniveau noch mit den nach Lage der Dinge in Betracht kommenden baulichen und technischen Möglichkeiten zum Schutz der Außenwohnbereiche befasst, die eine Überschreitung der Orientierungswerte auf das im Interesse der Erreichung des Planungsziels hinzunehmende Maß beschränkten. Insbesondere hat sie die Errichtung einer Lärmschutzwand nicht erwogen, obwohl dies angesichts der bereits vorhandenen Lärmschutzwand entlang der Rohrhofer Straße nicht von vornherein ausscheidet. Die schalltechnische Untersuchung misst zwar der mehrgeschossigen Bebauung in den Plangebieten WR 2a und WR 2b die Eigenschaft einer „Lärmschutzbebauung“ bei. In die Abwägungsüberlegungen unter Nr. 9 der Begründung zum Bebauungsplan ist dieser Umstand jedoch nicht eingeflossen. Lediglich unter der Überschrift „6. Auswirkungen der Planung auf die Umwelt“ wird unter Nr. 6.1.7 allgemein darauf verwiesen, dass davon auszugehen sei, dass durch die schallabschirmende Wirkungen von Gebäuden und durch passive Maßnahmen (Orientierung der Aufenthaltsräume zur schallabgewandten Seite) gesunde Wohnverhältnisse an jeder Stelle des Plangebietes möglich seien. Dies genügt nicht den Anforderungen an eine sachgerechte Abwägung der von der Planung betroffenen Belange. Denn die Ausführungen lassen schon nicht erkennen, dass sich die Antragsgegnerin des Problems der Schutzbedürftigkeit der Außenwohnbereiche bewusst war. Darauf deutet auch die Antragserwiderung der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren hin. Darin führt sie aus, durch die vorgesehene Riegelbebauung entlang der Rohrhofer Straße und die Hinweise zum Schallschutz sei ein ausreichender Schutz der Innenwohnbereiche gewährleistet. Zudem ist unberücksichtigt geblieben, dass den Bewohnern der Häuser in den Plangebieten WR 2a und WR 2b durch die Konzeption einer Lärmschutzbebauung zugunsten der restlichen Plangebiete Lärmbelastungen zugemutet werden, die mit bis zu 68 dB(A) am Tag und bis zu 58 dB(A) in der Nacht nicht nur die einschlägigen Orientierungswerte der DIN 18005 und die Grenzwerte der 16. BImSchV deutlich überschreiten, sondern sich sogar der Grenze zur Gesundheitsgefahr nähern, obwohl ihnen der Bebauungsplan die Wohnqualität eines reinen Wohngebiets verspricht.
44 
Abgesehen davon hätten solche Überlegungen - wären sie angestellt worden - auch keinen Niederschlag in den Festsetzungen gefunden. Es fehlt eine planungsrechtliche Absicherung der schallabschirmenden Wirkung der Bebauung entlang der Rohrhofer Straße. Denn die Antragsgegnerin hat keine Festsetzungen beschlossen, die sicherstellen, dass die „Lärmschutzbebauung“ errichtet ist, bevor mit der Bebauung der übrigen Plangebiete begonnen wird (s. dazu III 2.).
45 
2. Auch hinsichtlich der Klimaauswirkungen der Planung auf die benachbarten Gebiete liegt ein Ermittlungs- und Bewertungsdefizit im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB vor. Ausgehend von den Aussagen des Klimagutachtens zu den vorherrschenden Windrichtungen wäre es erforderlich gewesen, die Auswirkungen einer Windanströmung aus Südwesten zu simulieren, um belastbare Angaben über die Betroffenheit der Antragsteller zu erhalten.
46 
Nach dem Klimagutachten zeigen sich im Bereich des Plangebiets und dessen Umfelds in der Nacht und vor allem in den lokalklimatisch relevanten Strahlungsnächten auffallend häufig Winde aus südwestlichen bis westlichen Richtungssektoren. Ein wichtiger Faktor im Klimageschehen des Untersuchungsgebietes sei die rasche Bildung von Kaltluft im bodennahen Luftraum während der ersten Nachthälfte. In Strömungsrichtung verlaufende Straßen, großzügige Gebäudeabstandsflächen und Gärten bildeten innerhalb der Bebauung die wesentlichen Zugbahnen der bodennahen Kaltluft.
47 
Ausgehend von diesen Aussagen lässt sich der Vorwurf der Antragsteller nicht von der Hand weisen, dass die Ermittlung ihrer klimatischen Betroffenheit durch das Plangebiet defizitär ist. Der Bebauungsplan sieht sowohl am südlichen als auch am südwestlichen und am westlichen Rand eine riegelartige Bebauung vor, die im südlichen Bereich zwar nur zwei Geschosse erhalten darf, im südwestlichen und westlichen Bereich dagegen vier Geschosse bzw. drei bis vier Geschosse erhalten soll. Eine breite Ventilationsachse ist - anders als im Westen - im Südwesten nicht vorgesehen. Es kommt hinzu, dass der Klimagutachter das Klimageschehen rund um den Rheinauer See zwar umfassend analysiert und herausgearbeitet hat, dass das Strömungsgeschehen an den fünf Messstationen in der Nähe des Sees jeweils ortsspezifische Besonderheiten aufweist. Er hat sich jedoch nicht festgelegt, welche Messstation oder welche Messstationen das Klimageschehen im Plangebiet maßgeblich abbilden. Zumindest die Ergebnisse der beiden westlich des Plangebiets stehenden Messstationen Riedwiesen und Mohr/Federhaff zeigen für sämtliche Nächte, aber auch für die nach dem Gutachten für das Klimageschehen wichtige erste Nachthälfte an Strahlungstagen häufig südwestliche Winde. Gleiches gilt für die Nachtsituation an der östlich des Plangebiets stehenden Messstation Walchensee bezogen auf sämtliche Tage.
48 
3. Bei den genannten Abwägungsfehlern handelt es sich um „wesentliche Punkte“ im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, denn das Lärmschutzkonzept und die klimaökologischen Auswirkungen der Planung waren in der konkreten Planungssituation für die Abwägung von Bedeutung (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899). Die Abwägungsfehler sind ferner „offensichtlich“ im Sinne dieser Vorschrift. Denn dieses Tatbestandsmerkmal ist stets erfüllt, wenn der Fehler zur „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs gehört und sich - wie hier - aus den Planungsakten ergibt. Die Mängel sind schließlich auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Abwägungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre (BVerwG, Urteil vom 09.04.2008, a.a.O., m.w.N.). Diese Möglichkeit besteht hier ohne weiteres.
49 
Die mithin beachtlichen Abwägungsmängel sind auch nicht aufgrund § 215 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB wieder unbeachtlich geworden. Sie wurden rechtzeitig mit der Klagebegründung vom 29.07.2008 gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht. Unerheblich ist, ob der Schriftsatz noch vor Ablauf der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei der Antragsgegnerin einging. Denn in der öffentlichen Bekanntmachung des Bebauungsplans am 02.08.2007 wurde nicht auf die Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB in der seit dem 01.01.2007 geltenden Fassung hingewiesen, sondern auf die Zweijahresfrist der vor diesem Zeitpunkt geltenden Fassung der Vorschrift. Die Rügefrist des § 215 Abs. 1 Satz 3 BauGB wurde daher nicht in Gang gesetzt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.07.2008 - 3 S 2772/06 -, VBlBW 2009, 180).
50 
4. Die Rüge der Antragsteller, die Antragsgegnerin habe die Folgekosten einer Dachbegrünung nicht hinreichend in Rechnung gestellt, greift dagegen nicht durch. Es trifft zwar zu, dass sich aus den Planvorgängen kein Hinweis darauf ergibt, dass dieser Aspekt bei der Abwägung eine Rolle gespielt hat. Die Antragsgegnerin durfte ihn jedoch vernachlässigen, da die Folgekosten für den Einzelnen überschaubar sind und die Begrünung von Nutzen für Umwelt und Klima ist. Eine Begrünung kommt dem Anliegen der Antragsteller am Erhalt der klimaökologischen Situation sogar entgegen.
51 
5. Die Antragsgegnerin hat auch den Freizeitwert des Rheinauer Sees nicht verkannt. Der Belang des Landschaftsbildes und der Erholung wurde im Fachbeitrag Grünordnung ermittelt und bewertet. Dem Plangebiet wird trotz der Vorbelastungen durch die Bebauung westlich der Rohrhofer Straße und der früheren Nutzung für die Tennisanlage ein hohes bis sehr hohes Potential hinsichtlich des Schutzgutes Landschaftsbild/Erholung zugesprochen. Im Rahmen der Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung werden für dieses Schutzgut wegen der vorgesehenen Durchlässigkeit des Plangebiets für die Öffentlichkeit zu den Freizeit- und Erholungsflächen am Rheinauer See, der Erhaltung eines Grundgerüsts der vorhandenen Begrünung in Verbindung mit den vorgesehenen Begrünungsmaßnahmen allerdings keine nachteiligen Auswirkungen erwartet. Der Fachbeitrag Grünordnung mit Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung war Gegenstand der Abwägungsentscheidung des Gemeinderats der Antragsgegnerin.
52 
6. Der Antragsgegnerin ist auch bei der Ermittlung und Bewertung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege kein Fehler unterlaufen.
53 
aa) Ohne Erfolg rügen die Antragsteller, die Antragsgegnerin habe die Pufferwirkung des Plangebiets für die in der Nähe gelegenen FFH-Gebiete und -FFH-Flächen verkannt. Nach den Feststellungen des Fachbeitrags Grünordnung befindet sich nur eine Teilfläche eines FFH-Gebietes in der näheren Umgebung des Plangebiets. Eine Beeinträchtigung des dort herrschenden Lebensraums und der vorherrschenden Tier- und Pflanzenarten sei nicht zu erwarten. Diese Einschätzung haben die Antragsteller nicht substantiiert in Zweifel gezogen.
54 
bb) Die Vernichtung des Zwerggrases Mibora Minima erfolgte - wie die Antragsteller selbst vortragen - bereits durch die Bebauung westlich der Rohrhofer Straße. Hinweise auf das Vorkommen dieses Grases auch im Plangebiet gibt es nicht. Der Fachbeitrag Grünordnung, der eine Bestandsaufnahme der im Plangebiet vorhandenen Flora enthält, nennt es nicht. Auch die Antragsteller behaupten sein Vorkommen im Plangebiet nicht.
55 
cc) Auch die maßgeblichen Aussagen des Landschaftsplans wurden mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Der Fachbeitrag Grünordnung hält einen Konflikt der Planung mit der Aussage des Landschaftsplans, das Gebiet liege in einer innerörtlich bedeutsamen Freiraumzäsur zur Erhaltung der lokalen Funktionen (Kaltluftentstehung/Durchlüftung), aufgrund der Ergebnisse des klimaökologischen Gutachtens für ausgeschlossen. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass die Simulation einer Windanströmung aus Südwesten pflichtwidrig unterlassen wurde, ist eine klimaökologisch bedenkliche Situation im Plangebiet selbst nicht zu befürchten, da es von der vorgesehenen Ventilations- und Belüftungsbahn in Ost-West-Richtung sowie von der Freihaltefläche im Süden profitiert.
56 
dd) Die Rüge, es seien keine Standorte für Neubepflanzungen festgelegt worden, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Bebauungsplan setzt sowohl bestimmt Standorte für Baumpflanzungen fest, als auch Bereiche, in denen eine bestimmte Anzahl von Bäumen zu pflanzen ist. Darüber hinaus enthält der Bebauungsplan unter Nr. 11.3 Festsetzungen zu Heckenanpflanzungen und unter Nr. 11.4 Festsetzungen zur Begrünung der Grundstücksflächen. Einer Standortfestlegung für Heckenpflanzungen und für die Pflanzung von Bäumen in den Hausgärten bedurfte es nicht.
57 
ee) Ohne Erfolg rügen die Antragsteller des weiteren, die Folgen für den Rheinauer See (Wasserrecht, Wasserhaushalt) seien nicht ermittelt worden. Der Fachbeitrag Grünordnung erwähnt die Nähe des Plangebiets zum Rheinauer See, beleuchtet jedoch nur die Auswirkungen der Planung auf das Grundwasser. Es ist nicht erkennbar, dass und welche Auswirkungen die Planung auf den Zustand des Rheinauer Sees haben könnte. Auch die Antragsteller legen insoweit nichts dar.
58 
ff) Die Antragsgegnerin hat schließlich auch die klimaökologische Bedeutung der Grünstreifen im Norden und Westen des Plangebiets nicht verkannt, die nach der Planung entfallen sollen. Der Fachbeitrag Grünordnung mit Eingriffs-/Ausgleichsbetrachtung hat die Bedeutung der vorhandenen Grünflächen unter den Stichworten „Schutzgut Arten und Biotope (Arten und Pflanzen)“ und „Schutzgut Klima/Luft“ ermittelt und bewertet. Der Fachbeitrag war Gegenstand der Abwägung.
III.
59 
Der Bebauungsplan leidet neben den oben dargestellten Ermittlungs- und Bewertungsfehlern auch an materiellen Fehlern. Es kann offen bleiben, ob es dem Bebauungsplan bereits an der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB mangelt (dazu 1.). Jedenfalls liegen aber Fehler im Abwägungsergebnis vor (dazu 2. und 3.). Auch die Überschreitung der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO und die Lösung des Freizeitlärmkonflikts im Wege der Baulaust erscheinen zumindest problematisch (dazu 4. und 5.).
60 
1. Legt man die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 06.02.2003 (- 4 BN 5.03 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 116) zugrunde, bestehen zumindest Bedenken an der Erforderlichkeit der Planung.
61 
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden Bebauungspläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dabei besitzen die Gemeinden bei der Entscheidung, ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt eine Planung betrieben wird, grundsätzlich ein weites planerisches Ermessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.02.2002 - 4 CN 1.02 -, DVBl. 2003, 204). Die Zulässigkeit bauplanerischer Festsetzungen setzt nicht voraus, dass sie zur Bewältigung einer bauplanungsrechtlichen Problemlage unentbehrlich oder gar zwingend geboten sind. Es genügen hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, die „Siedlungspolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999 - 4 BN 15.99 -, NVwZ 1999, 1338). Die Erforderlichkeit der Planung ist maßgeblich an der städtebaulichen Konzeption der Gemeinde zu messen. Nicht erforderlich sind nur Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999, a.a.O.) oder deren Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 - 4 CN 4.03 -, NVwZ 2004, 856). Damit handelt es sich bei dem Merkmal der Erforderlichkeit um eine nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der gemeindlichen Planungshoheit, die nicht greift, wenn der Plan nach der planerischen Konzeption der Gemeinde vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 46.91 -, BVerwGE 92, 8).
62 
a) Im vorliegenden Fall hat die Planung zunächst das Ziel, ehemalige Flächen für Freizeitnutzungen einer Wohnnutzung zuzuführen, um damit eine Zersiedelung der Landschaft zu vermeiden. Es soll ein qualitätsvolles Wohnquartier mit vielfältigen Wohnformen entwickelt werden. Der Bebauungsplan verfolgt daher das städtebauliche Ziel der Schaffung von Wohnraum (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) und trägt den Belangen des Umweltschutzes (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) Rechnung. Einer konkreten Bedarfsprognose bedurfte es nicht, denn das ausgewiesene Baugebiet stellt lediglich eine Angebotsplanung dar. Der Hinweis der Antragsteller auf leer stehende Wohnungen und Häuser in Rheinau-Süd lässt die Erforderlichkeit der Planung nach den oben dargestellten Grundsätzen dagegen nicht entfallen.
63 
b) Soweit mit der Planung jedoch ein reines Wohngebiet geschaffen werden soll, bestehen wegen der Belastung des künftigen Baugebiets mit Verkehrslärm erhebliche Zweifel an der Erforderlichkeit der Planung. Nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 06.02.2003, a.a.O.) ist ein Bebauungsplan wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB auch dann unwirksam, wenn die Verwirklichung der Planung auf unabsehbare Zeit an unüberwindlichen immissionsschutzrechtlichen Hindernissen scheitert. Eine Gemeinde darf nicht so planen, dass im Plangebiet schädliche Umwelteinwirkungen vorprogrammiert sind. Sie darf nicht ohne zwingenden Grund selbst die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Vorbelastungen schaffen, indem sie in einen durch ein erhöhtes Immissionspotential gekennzeichneten Bereich ein störempfindliches Wohngebiet hinein- plant und damit aus einem reinen Wohngebiet oder wesentlichen Teilen desselben in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht in Wahrheit ein Dorf- oder Mischgebiet macht.
64 
Im vorliegenden Fall liegt eine vergleichbare Situation vor. Der Lärmgutachter stellte in seiner schalltechnischen Untersuchung fest, dass die mit der Gebietsfestsetzung „Reines Wohngebiet“ verbundene Erwartung auf angemessenen Schutz vor Verkehrslärmbelastung nicht erfüllt werden kann. Die schalltechnischen Berechnungen belegen, dass im Plangebiet die Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete nur an wenigen Stellen eingehalten werden können. Im Übrigen werden die Werte um bis zu 17,6 dB(A) überschritten. Die Pegelwerte übertreffen selbst die Orientierungswerte für allgemeine Wohngebiete an ungefähr der Hälfte der Immissionsorte. An mehreren Stellen werden sogar die großzügigeren Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete überschritten. Maßnahmen zum Schallschutz, die der Schallgutachter empfiehlt und die das immissionsschutzrechtliche Niveau eines reinen Wohngebietes sicherstellen könnten, hat die Antragsgegnerin nicht festgesetzt; ihre Umsetzung ist auch nicht auf andere Weise - insbesondere nicht durch den zwischen der Antragsgegnerin und dem Investor am 09.07.2007 geschlossenen städtebaulichen Vertrag oder die nachfolgenden bauordnungsrechtlichen Verfahren - sichergestellt (s. dazu 3.). Bei dieser Sachlage erscheint die Verwirklichung eines reinen Wohngebiets aus immissionsschutzrechtlicher Sicht auf Dauer nicht möglich, so dass bereits die Erforderlichkeit der Planung in Frage steht.
65 
Letztlich bedarf dies jedoch keiner abschließenden Entscheidung, denn die Festsetzung eines reinen Wohngebiets ohne gleichzeitige Festsetzung von entsprechenden Lärmschutzmaßnahmen stellt in Anbetracht der hohen Verkehrslärmbelastung des Plangebiets jedenfalls einen Fehler im Abwägungsergebnis dar.
66 
2. Die Lärmbelastung wurde zwar durch die schalltechnische Untersuchung ermittelt und bewertet. Die Antragsgegnerin hat die Lärmschutzbelange auch zutreffend abgewogen, denn ausweislich der Planbegründung (Nr. 9.2.2) hielt sie Lärmschutzmaßnahmen für erforderlich (dazu a)). Das Ergebnis dieses Abwägungsvorgangs ist jedoch fehlerhaft, da die Antragsgegnerin keine Lärmschutzmaßnahmen festgesetzt hat (dazu b)) und die Lärmproblematik auch nicht auf andere Weise bewältigt werden kann (dazu c)). Der Bebauungsplan verstößt deshalb insoweit gegen das aus § 1 Abs. 7 BauGB folgende Gebot der Konfliktbewältigung.
67 
a) Nach den Ergebnissen der schalltechnischen Untersuchung sind wegen der massiven Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete erhebliche Lärmschutzmaßnahmen erforderlich. Die schalltechnische Untersuchung basiert zwar auf dem städtebaulichen Entwurf des Investors, der - aufbauend auf den Festsetzungen des Bebauungsplans - eine bestimmte Bebauungsvariante enthält. Sie besitzt dennoch auch Aussagekraft für den Bebauungsplan selbst, denn in der schalltechnischen Untersuchung wurden sehr detailliert über 80 Immissionsorte im Plangebiet untersucht (s. Anhang A3-2 des Gutachtens). Es ist daher zu erwarten, dass sich auch bei einer geänderten Gebäudeanordnung - insbesondere im Baugebiet WR 1b - die Pegelwerte nicht wesentlich verändern werden.
68 
Nach den Berechnungen des Schallgutachters werden die Pegelwerte im Plangebiet an fast allen Immissionsorten die Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete von 50 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts überschreiten. Die maximalen Überschreitungen in den einzelnen Plangebieten fallen sehr deutlich aus; sie betragen zwischen 7,3 dB(A) und 17, 6 dB(A). Nach Auffassung des Gutachters sind dementsprechend zum Schutz der geplanten Wohnnutzung vor den Straßenverkehrslärmeinwirkungen Lärmschutzmaßnahmen vorzusehen und planungsrechtlich abzusichern. Die Mehrfamilienhausbebauung entlang der Rohrhofer Straße (Plangebiete WR 2a und 2b) sei als Lärmschutzbebauung konzipiert. Dort sollten Aufenthaltsräume und Außenwohnbereiche möglichst zur straßenabgewandten Seite orientiert werden; pro Wohnung sollte aber mindestens ein Aufenthaltsraum mit Fenster zur leisen Fassade angeordnet werden. Für Aufenthaltsräume, die zur Rohrhofer Straße und zur Straße Am Rheinauer See orientiert seien, sei zur Sicherstellung gesunder Wohnverhältnisse passiver Schallschutz festzusetzen. Darüber hinaus sei passiver Schallschutz für den Fall vorzusehen, dass Wohngebäude innerhalb des Plangebiets errichtet würden, bevor die geplante Mehrfamilienhausbebauung entlang der Rohrhofer Straße verwirklicht sei. Im Übrigen schlug er die Festsetzung von Lärmpegelbereichen nach der DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ und die Festsetzung der Verwendung von Außenbauteilen vor, die bestimmte Schalldämmmaße nach der DIN 4109 aufweisen. Ausgehend von der Beurteilung durch den Schallgutachter hielt auch die Antragsgegnerin Schallschutzmaßnahmen erforderlich, wie sich Nr. 9.2.2 der Planbegründung entnehmen lässt.
69 
b) Die Antragsgegnerin hat dennoch keine der Empfehlungen des Schallgutachters als Festsetzungen in den angefochtenen Bebauungsplan übernommen. Dies wurde von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr in Abrede gestellt.
70 
Handelt es sich aber - wie schon die Überschrift nahelegt - um bloße Hinweise zum Schallschutz, sind diese - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - nicht geeignet, die erhebliche Verkehrslärmproblematik zu lösen. Denn es ist nicht sichergestellt, dass die künftigen Bewohner des Baugebiets keinem Verkehrslärm ausgesetzt sein werden, der in einem reinen Wohngebiet unzumutbar ist. Weder ist verbindlich geregelt, dass die als bewohnte Lärmschutzwand konzipierte Bebauung entlang der Rohrhofer Straße vor der übrigen Bebauung errichtet wird, noch dass die Anordnung der Aufenthaltsräume in dieser Bebauung entsprechend den Empfehlungen des Gutachters erfolgen wird oder dass bei der Errichtung der Gebäude im gesamten Plangebiet Materialien verwendet werden, die die vom Gutachter als erforderlich erachteten Schalldämmmaße aufweisen. Die Erteilung von Baugenehmigungen zur Errichtung von Reihenhauszeilen am 18.12.2008 und am 01.12.2009 zeigt, dass tatsächlich die ernsthafte Gefahr besteht, dass den Bewohnern dieser Häuser der ihnen vom Schallgutachter zugedachte Schutz durch die Lärmschutzbebauung entlang der Rohrhofer Straße nicht zuteil wird. Denn für die Bebauung entlang der Rohrhofer Straße liegt keine Baugenehmigung vor. Darüber hinaus enthält zumindest die Baugenehmigung vom 18.12.2008 keine Auflagen hinsichtlich der Verwendung von Materialien mit bestimmten Schalldämmmaßen, wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat.
71 
c) Der Bebauungsplan verstößt deshalb gegen das Gebot der Konfliktbewältigung. Denn grundsätzlich sind die durch die Planung ausgelösten Konflikte durch die Planung selbst zu bewältigen. Sie dürfen nicht zu Lasten der Betroffenen letztlich ungelöst bleiben. Einzelne Teile der Konfliktbewältigung können zwar in ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren verschoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2010 - 4 B 76.09 - juris; kritisch Fickert/Fieseler, BauNVO Kommentar, 11. Aufl. 2008, § 15 Rn. 1.13). Dies gilt allerdings nur, wenn dort eine Konfliktbewältigung erwartet werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Bebauungsplan bereits die richtigen Weichenstellungen enthält, denn mit einem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren können die Festsetzungen eines Bebauungsplans nur noch feingesteuert oder nachgesteuert werden. Es kann die Festsetzungen weder korrigieren, noch kann es fehlende Festsetzungen ersetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.1989 - 4 NB 8.89 -, BauR 1989, 129; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, BauGB Kommentar, § 1 Rn. 215 ff. und Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 772 ff. jeweils m.w.N. der Rspr.; zur Verlagerung störfallrechtlicher Probleme ins immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.03.2010 - 4 BN 66.09 -, juris). Des weiteren ist in Rechnung zu stellen, dass die Errichtung einer baulichen Anlage nicht in jedem Fall die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens voraussetzt. Vielmehr genügt in den Fällen des § 51 LBO das Kenntnisgabeverfahren; Lärmschutzvorkehrungen könnten dann nur durch Einzelverfügungen festgesetzt werden, die allerdings einer Rechtsgrundlage bedürften.
72 
Im vorliegenden Fall enthält der angefochtene Bebauungsplan überhaupt keine Festsetzungen zum Lärmschutz. Es sind daher keine „Weichenstellungen“ vorhanden, die sicherstellen, dass in dem geplanten reinen Wohngebiet gebietsentsprechende Wohnverhältnisse herrschen werden. Lärmschutzmaßgaben der Baurechtsbehörde in den nachfolgenden bauordnungsrechtlichen Verfahren stellten somit keine Feinsteuerung der Vorgaben des Bebauungsplans dar. Im Übrigen wären solche mangels Rechtsgrundlage auch nicht zulässig.
73 
Die Grenze zur Gesundheitsgefährdung, die nach der Rechtsprechung allgemein ab 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht angenommen wird (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45), überschreitet der Verkehrslärm nach den schalltechnischen Berechnungen (noch) nicht, so dass ein Tätigwerden der Behörde nach § 47 Abs. 1 LBO aus Gründen der verfassungsrechtlichen Gesundheitsschutzpflicht des Staates nicht gerechtfertigt wäre. Die DIN 4109 (Schallschutz im Hochbau) stellt keine öffentlich-rechtliche Vorschrift über die Errichtung von Anlagen dar, auf deren Einhaltung die Baurechtsbehörde nach § 47 Abs. 1 LBO zu achten hat. Es handelt sich vielmehr um eine technische Norm, die die Anforderungen an den Schallschutz, d.h. dessen Art und Weise regelt. Ob überhaupt Schallschutzmaßnahmen erforderlich sind und von der Baurechtsbehörde gefordert werden können, muss sich dagegen aus einer öffentlich-rechtlichen Norm im Sinne des § 47 Abs. 1 LBO ergeben. An einer solchen Norm fehlt es im vorliegenden Fall. Auch § 3 Abs. 3 LBO stellt sie - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - nicht dar. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die oberste Baurechtsbehörde Regeln der Technik, die der Erfüllung der Anforderungen des § 3 Abs. 1 LBO dienen, als technische Baubestimmungen bekanntmachen. Die technischen Baubestimmungen sind nach § 3 Abs. 3 Satz 3 LBO einzuhalten. Ob § 3 Abs. 3 Satz 3 LBO überhaupt taugliche Grundlage einer Verfügung der Baurechtsbehörde sein kann, mit der dem Bauherrn bestimmte Baumaßnahmen aufgegeben werden, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Jedenfalls im vorliegenden Fall könnte eine Anordnung zum Schallschutz nicht auf diese Vorschrift gestützt werden. Das Innenministerium Baden-Württemberg hat die DIN 4109 zwar mit Bekanntmachung vom 06.11.1990 als technische Baubestimmung eingeführt (GABl. 1990, 829). Nach Nr. 2.1 des Einführungserlasses bedarf es eines Nachweises der Luftschalldämmung von Außenbauteilen aber nur, wenn a) der Bebauungsplan festsetzt, dass Vorkehrungen zum Schutz vor Außenlärm an Gebäuden zu treffen sind (§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB) oder b) der sich aus amtlichen Lärmkarten oder Lärmminderungsplänen nach § 47a BImSchG ergebende „maßgebliche Außenlärmpegel“ ein bestimmtes Maß überschreitet. Beide Varianten sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
74 
Auch § 15 Abs. 1 BauNVO scheidet als Rechtsgrundlage einer Verfügung aus, mit der einem Bauherrn Maßnahmen zur Gewährleistung bestimmter niedrigerer Immissionswerte aufgegeben werden. Denn dies käme einer vollständigen Verlagerung der Konfliktlösung auf das nachfolgende bauordnungsrechtliche Verfahren gleich. Die Baurechtsbehörde hätte zu entscheiden, welcher Lärmbelastung die Gebietsbewohner künftig ausgesetzt sein sollen. Eine solche Entscheidung ist jedoch Sache der planenden Gemeinde; sie muss diese Frage im Rahmen der Abwägung der von der Planung betroffenen Belange beantworten und durch Festsetzungen im Bebauungsplan verbindlich regeln.
75 
d) Eine Konfliktlösung kann im Einzelfall zwar auch durch geeignete vertragliche Vereinbarungen, insbesondere im Rahmen von städtebaulichen Verträgen nach § 11 BauGB sichergestellt werden (vgl. Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, a.a.O. Rn. 220). Von einer solchen Lösung ging wohl auch die Antragsgegnerin aus, denn in der Begründung zum Bebauungsplan wird darauf verwiesen, dass die bestehende Lärmproblematik im städtebaulichen Vertrag aufgezeigt und in den Kaufverträgen der Grundstücke eingehend thematisiert werde. Des weiteren wird im Rahmen der Abwägung (Nr. 9.3 der Begründung) darauf abgestellt, dass „im städtebaulichen Vertrag die Verpflichtung zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche dahingehend geregelt“ werde, „dass die Empfehlungen der schalltechnischen Untersuchung zu den zu ergreifenden Maßnahmen der Lärmvorsorge verpflichtend in die Kaufverträge der künftigen Grundstückseigentümer zu übernehmen“ seien.
76 
Der Verkehrslärmkonflikt wird durch den zwischen der Antragsgegnerin und dem Investor am 09.07.2007 geschlossenen Vertrag jedoch gerade nicht gelöst. Denn der städtebauliche Vertrag enthält keine Regelung, nach der der Investor verpflichtet ist, in die Kaufverträge mit den Grundstückskäufern Empfehlungen zum Schallschutz aufzunehmen. Nach § 8 des Vertrages ist der Investor lediglich verpflichtet, den Betrieb und die Immissionen der Wasserski- und Freizeitanlage Rheinauer See im derzeit genehmigten Umfang zu dulden. Im Übrigen regelt die Vertragsbestimmung Einzelheiten des Verzichts auf Abwehransprüche. Sie betrifft somit allein die Lärmimmissionen der bestehenden Freizeiteinrichtungen, nicht jedoch Verkehrsimmissionen. Eine Verpflichtung, den Käufern die Durchführung bestimmter Lärmschutzmaßnahmen aufzuerlegen, besteht nicht. Der Investor ist nicht einmal verpflichtet, die Käufer auf die bestehende Verkehrslärmproblematik aufmerksam zu machen. Möglicherweise ist dies unterlassen worden, weil geplant ist, dass der Investor sämtliche Häuser selbst baut und die Antragsgegnerin davon ausging, dass dabei Materialien verwendet werden, die die erforderlichen Schalldämmmaße einhalten. Im Idealfall wären die Empfehlungen des Lärmgutachters dann umgesetzt. Es fehlt jedoch bereits an einer vollstreckbaren Verpflichtung für den Fall, dass der Investor die erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen - beispielsweise aus Kostengründen - doch unterlässt. Erst recht fehlt eine solche Verpflichtung, falls nicht der Investor, sondern ein Dritter die Errichtung der Häuser übernimmt, weil beispielsweise der Investor insolvent wird oder er sich dazu entschließt die Grundstücke unbebaut zu veräußern. Eine verbindliche Regelung, die für diesen Fall die Wahrung gesunder - gebietsentsprechender - Wohnverhältnisse sicherstellen könnte, besteht nicht.
77 
3. Der Bebauungsplan leidet zudem an einem weiteren Abwägungsfehler, weil als Art der baulichen Nutzung ein reines Wohngebiet festgesetzt worden ist, ohne gleichzeitig Lärmschutzmaßnahmen vorzusehen, die das erforderliche höhere Lärmschutzniveau eines solchen Baugebiets nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 BauNVO sicherstellen und keine besonderen städtebaulichen Gründe vorliegen, die die Festsetzung eines reinen Wohngebiets trotz massiver Überschreitung der einschlägigen Orientierungswerte der DIN 18005 rechtfertigen. Das Unterlassen der Festsetzung von Lärmschutzmaßnahmen und die Festsetzung eines reinen Wohngebiets sind angesichts des Ausmaßes der Verkehrslärmbelastung des Plangebiets und dessen konkreter Lage in der Weise miteinander verbunden, dass der Verzicht auf verbindliche Lärmschutzmaßgaben eine andere Gebietsfestsetzung erfordert hätte oder umgekehrt bei Festsetzung eines reinen Wohngebiets verbindliche Lärmschutzvorgaben in den Bebauungsplan hätten aufgenommen werden müssen (vgl. auch die Ausführungen oben unter III. 1.).
78 
Eine Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 bedeutet zwar nicht von vornherein, dass eine Planung an einem Fehler leidet, der zu seiner Unwirksamkeit führt. Vielmehr kann im Einzelfall auch eine Überschreitung das Ergebnis einer gerechten bauleitplanerischen Abwägung der Gemeinde sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.06.2007 - 4 BN 6.07 -, BRS 71 Nr. 49). Je weiter aber die Orientierungswerte der DIN 18005 überschritten werden, desto gewichtiger müssen die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe sein und desto mehr hat die Gemeinde die baulichen und technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zur Verfügung stehen, um diese Auswirkungen zu verhindern (BVerwG, Urteil vom 22.03.2007 - 4 CN 2.06 -, BVerwGE 128, 238). Ausgehend von diesen Grundsätzen erfüllt der bloße Hinweis auf die Verkehrslärmproblematik nicht die Anforderungen an ein sachgerechtes Abwägungsergebnis. Denn es bedurfte angesichts der massiven Überschreitung der Orientierungswerte zunächst sehr gewichtiger städtebaulicher Gründe, die die Festsetzung eines reinen Wohngebiets trotz dieser Überschreitung rechtfertigen könnte. Dafür ist indes nichts ersichtlich. Die Begründung zum Bebauungsplan nennt als Grund für die Festsetzung eines reinen Wohngebiets unter Ausschluss sämtlicher nach § 3 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässiger Nutzungen die „Merkmale der angrenzenden Wohnquartiere“, die „städtebauliche Zielsetzung“ und die „geplanten Nutzungsabsichten im Plangebiet“. Die nach § 3 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen wurden ausgeschlossen, weil sie „den geplanten Nutzungsabsichten zuwiderlaufen und … sich als nicht umfeldverträglich erweisen“. Die genannten Gründe für die Festsetzung eines reinen Wohngebiets sind zwar städtebaulicher Natur, sie haben jedoch kein besonderes Gewicht. Sie liegen bei jeder Planung eines Wohngebiets vor. Weshalb andere Nutzungen nicht „umfeldverträglich“ sein sollen, wird nicht dargelegt. Das Plangebiet grenzt im Norden an eine Reihenhaussiedlung, im Osten an den Rheinauer See, im Süden an Brachgelände und im Westen an Geschosswohnungsbau. Die das Plangebiet umschließenden Straßen sind stark befahren. Die Umgebung des Plangebiets ist demzufolge weder besonders ruhig, noch hat sie einen besonders hochwertigen Charakter (z. B. den einer Villensiedlung). Bei dieser Ausgangslage ist nicht zu erkennen, dass nur reine Wohnnutzungen mit dem bestehenden Umfeld harmonieren.
79 
4. Rechtlich problematisch sind darüber hinaus die Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans zum Maß der baulichen Nutzung im Baugebiet WR 2a und WR 2b, weil sie die in § 17 Abs. 1 BauNVO für reine Wohngebiete festgelegte Obergrenze für die Geschossflächenzahl von 1,2 übersteigen und eine Rechtfertigung hierfür nach § 17 Abs. 2 BauNVO derzeit zweifelhaft erscheint. Denn den Aufstellungsvorgängen lässt sich nicht mit Sicherheit entnehmen, dass sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin abwägend mit dieser Frage auseinandergesetzt hat. Einer abschließenden Entscheidung hierüber bedarf es angesichts der oben dargestellten Fehler des Bebauungsplans indes nicht. Der Senat weist nur auf das Folgende hin:
80 
Der Bebauungsplan setzt für das Baugebiet WR 2a drei bis vier Vollgeschosse, für das Baugebiet WR 2b vier Vollgeschosse fest. Bei der festgesetzten Grundflächenzahl von 0,4 ergibt dies in beiden Baugebieten eine maximal zulässige Geschossflächenzahl von 1,6. Damit wird die in § 17 Abs. 1 BauNVO festgelegte Obergrenze um 0,4 überschritten. Bei den Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO handelt es sich um grundsätzlich bindende Vorgaben für die Abwägung, die den Rahmen für die Planung setzen (vgl. König/Röser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 17 Rn. 6; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 17 Rn. 2; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO § 17 Rn. 8). Auch wenn in einem Bebauungsplan - wie hier - die Grundflächenzahl nicht festgesetzt worden ist, darf die Obergrenze des § 17 Abs. 1 BauNVO durch die übrigen Festsetzungen grundsätzlich nicht überschritten werden (Fickert/Fieseler, a.a.O. Rn. 9). Eine Ausnahme besteht nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 und - des hier nicht einschlägigen - § 17 Abs. 3 BauNVO. Die Gemeinde hat in der Begründung zum Bebauungsplan darzulegen, dass die besonderen Anforderungen des § 17 Abs. 2 BauNVO erfüllt sind (vgl. König/Roeser/Stock, a.a.O. Rn. 7; Fickert/Fieseler a.a.O. Rn. 23 und 28). Denn nach der Planbegründung beurteilt sich maßgeblich, ob der Plangeber die Voraussetzungen für eine Überschreitung der Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung zu Recht angenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.01.1995 - 4 NB 42.93 -, Buchholz 406.12 § 17 BauNVO Nr. 5; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.11.2009 - 2 A 19.07 -, juris Rn. 35). Ausgehend davon, ist nicht eindeutig zu erkennen, welche Gründe und Umstände die Antragsgegnerin dazu bewogen haben, eine Überschreitung der Obergrenzen festzusetzen.
81 
Die Begründung gibt bereits Anlass zu Zweifeln, ob sich die Antragsgegnerin der Überschreitung der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO überhaupt bewusst war. Denn unter der Überschrift „Überschreitung des Maßes der baulichen Nutzung“ unter Nr. 2.2.2.3 der Begründung finden sich nur Ausführungen zu § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO. Nach dieser Vorschrift darf die zulässige Grundfläche durch die Grundflächen von Garagen, Stellplätzen, Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO und baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche um bis zu 50 % überschritten werden. Die Vorschrift des § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO wendet sich - anders als § 17 Abs. 1 BauNVO - nicht an die Gemeinde als Plangeberin, sondern betrifft die Ermittlung der zulässigen Grundflächenzahl einzelner Bauvorhaben. Dementsprechend befasst sich die Begründung zum Bebauungsplan an dieser Stelle auch nur mit der Frage, welche Grundflächenanzahlen unter Ausnutzung der Möglichkeiten des § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO erreicht werden können, wie hoch der Anteil der zusätzlich überbaubaren Fläche ist und wie hoch die durchschnittliche Grundflächenzahl im gesamten Baugebiet sein wird.
82 
Allerdings sind an mehreren Stellen der Begründung Ausführungen zum Maß der baulichen Nutzung im WR 2a und WR 2b entlang der Rohrhofer Straße zu finden. Sämtliche dieser Ausführungen stehen jedoch nicht in Zusammenhang mit der entsprechenden Festsetzung, geschweige denn mit der Überschreitung der Obergrenzen nach § 17 BauNVO, worauf die Antragsteller zu Recht hinweisen. Zur Frage, ob die Überschreitung durch vorhandene Umstände ausgeglichen ist oder durch Festsetzungen ausgeglichen wird, schweigt die Begründung zum Bebauungsplan.
83 
Objektiv betrachtet könnten - folgt man den Ausführungen der Antragsgegnerin - möglicherweise Gründe und Umstände vorliegen, die ein Überschreiten der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO rechtfertigen (vgl. dazu auch Beschluss des Senats vom 10.12.1997 - 3 S 2023/97 -, BauR 1998, 977). Allerdings muss die Überschreitung auch von einem entsprechenden planerischen Willen und einer abwägenden Entscheidung der Antragsgegnerin getragen sein, die die durch § 17 Abs. 2 BauNVO gesetzten Grenzen beachtet. Denn nicht nur die Festsetzung des konkreten Maßes der baulichen Nutzung im Rahmen des § 17 Abs. 1 BauNVO, sondern auch die Überschreitung der Obergrenzen steht im gestaltenden Ermessen der Gemeinde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.01.1996 - 4 NB 1/96 - NVwZ-RR 1997, 83). Im vorliegenden Fall lässt sich ein solcher Wille und eine abwägende Entscheidung nur schwer feststellen. Es spricht manches dafür, dass insoweit ein vollständiger Abwägungsausfall vorliegt.
84 
5. Angesichts der oben dargestellten Fehlerhaftigkeit der Planung bedarf es auch keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Rüge der Antragsteller durchgreift, das Plangebiet sei zu hohem Freizeit- und Sportanlagenlärm ausgesetzt. Offen bleiben kann insbesondere, ob das Freizeitlärmproblem in zulässiger Weise durch Übernahme einer Baulast durch die Eigentümerin des südlich des Plangebiets gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. ... gelöst werden konnte, mit der sie darauf verzichtet, die auf ihrem Grundstück bauplanungsrechtlich festgesetzte private Tennisanlage zu errichten (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 12.11.1987 - 4 B 216.87 -, Buchholz 406.17 BauordnungsR Nr. 24; Beschluss vom 02.12.2009 - 4 B 74.09 -, BauR 2010, 742; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.09.2009 - 3 S 1773/07 -, VBlBW 2010, 41).
85 
6. Ein Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB als besonderer Ausprägung des Abwägungsgebots des § 1 Abs. 7 BauGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 1.08.2002 - 4 C 5/01 - BVerwGE 117, 25; Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O. § 2 Rn 99) vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Stadt Brühl hat ihre Belange im Rahmen der Beteiligung vorgetragen. Sie wurden bewertet und abgewogen. Das Ergebnis der Abwägung lässt insoweit keinen Fehler erkennen.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss vom 19. Mai 2010
89 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG endgültig auf 80.000,-- EUR festgesetzt.
90 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden,wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höheleistet.


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(1) Art und Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung ergeben sich in der Regel aus den für die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben maßgeblichen §§ 30, 33 und 34 des Baugesetzbuchs und den sonstigen Vorschriften, die die Nutzbarkeit betreffen. Wird vom Maß der zulässigen Nutzung in der Umgebung regelmäßig abgewichen, ist die Nutzung maßgebend, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zugrunde gelegt wird.

(2) Als wertbeeinflussende Rechte und Belastungen kommen insbesondere Dienstbarkeiten, Nutzungsrechte, Baulasten sowie wohnungs- und mietrechtliche Bindungen in Betracht.

(3) Für den abgabenrechtlichen Zustand des Grundstücks ist die Pflicht zur Entrichtung von nichtsteuerlichen Abgaben maßgebend.

(4) Lagemerkmale von Grundstücken sind insbesondere die Verkehrsanbindung, die Nachbarschaft, die Wohn- und Geschäftslage sowie die Umwelteinflüsse.

(5) Weitere Merkmale sind insbesondere die tatsächliche Nutzung, die Erträge, die Grundstücksgröße, der Grundstückszuschnitt und die Bodenbeschaffenheit wie beispielsweise Bodengüte, Eignung als Baugrund oder schädliche Bodenveränderungen. Bei bebauten Grundstücken sind dies zusätzlich insbesondere die Gebäudeart, die Bauweise und Baugestaltung, die Größe, Ausstattung und Qualität, der bauliche Zustand, die energetischen Eigenschaften, das Baujahr und die Restnutzungsdauer.

(6) Die Restnutzungsdauer ist die Zahl der Jahre, in denen die baulichen Anlagen bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden können; durchgeführte Instandsetzungen oder Modernisierungen oder unterlassene Instandhaltungen oder andere Gegebenheiten können die Restnutzungsdauer verlängern oder verkürzen. Modernisierungen sind beispielsweise Maßnahmen, die eine wesentliche Verbesserung der Wohn- oder sonstigen Nutzungsverhältnisse oder wesentliche Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit über eine denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung nach rheinland-pfälzischem Landesrecht.

I.

2

Durch eine Rechtsverordnung aus dem Jahre 1984 wurde ein Gebiet in K... als Denkmalzone "N..." unter Denkmalschutz gestellt. Schutzzweck der Denkmalzone ist die Erhaltung und Pflege der N... zu G..., wobei die Denkmalschutzverordnung die N... mit der Schlosskapelle und den zugehörigen Parkanlagen als bauliche Gesamtanlage im Sinne von § 5 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des rheinland-pfälzischen Denkmalschutz- und -pflegegesetzes vom 23. März 1978 (GVBl S. 159 - DSchPflG) einordnet. In die Denkmalzone einbezogen war das (damalige) Grundstück Gemarkung G..., Flur ..., Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht.

3

Die Geschwister des Beschwerdeführers sind seit Anfang der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts Eigentümer des Areals der N... einschließlich des Kapellengrundstücks und nutzten es in Teilen gewerblich. Im Jahre 1993 ließen sie eine Zwischendecke mit Fußbodenheizung in die Kapelle einziehen. Die Denkmalschutzbehörde gab ihnen daraufhin auf, die Zwischendecke zu beseitigen und den alten Zustand der Kapelle wiederherzustellen. Widerspruch, verwaltungsgerichtliche Klage sowie anschließende Verfassungsbeschwerde hiergegen blieben erfolglos.

4

Während dieses Rechtsstreits teilten die Geschwister des Beschwerdeführers im Jahre 2006 das Grundstück Nr. .... Das neue Grundstück Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht, ließen sie dem Beschwerdeführer auf. Er wurde im Sommer 2006 in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Im Herbst 2006 beantragte er die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 DSchPflG in der bis zum 9. Dezember 2008 gültigen Fassung erforderliche Genehmigung zum Abriss der Kapelle (zur teilweisen Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung vgl. BVerfGE 100, 226 sowie zu den Anforderungen an eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Oktober 2001 - 1 A 11012/01.OVG -, NVwZ-RR 2002, S. 267 <268>; Urteil vom 21. August 2003 - 1 A 11997/02.OVG -, juris Rn. 28; Urteil vom 26. Mai 2004 - 8 A 12009/03 -, juris Rn. 34).

5

Die Denkmalschutzbehörde lehnte mit dem hier angegriffenen Bescheid den Antrag auf Erteilung der Abrissgenehmigung ab. Seine Klage hiergegen stützte der Beschwerdeführer vor allem darauf, dass ihm die Erhaltung des Denkmals nicht zumutbar sei. Als Eigentümer der Schlosskapelle könne er die Erhaltungspflicht aus den mit dem Denkmal möglicherweise erzielbaren Einnahmen nicht erfüllen. Die Schlosskapelle, auf die es hier allein ankomme, erfordere Modernisierungs- und Instandsetzungsaufwendungen im Werte von ca. 195.000 €, denen ein Ertragswert des Grundstücks in Höhe von lediglich 50.000 € gegenüberstehe.

6

Die Klage vor dem Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist es der Auffassung, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals, wenn wie hier eine Denkmalzone in Rede stehe, auf den im Eigentum einer Person stehenden denkmalgeschützten Gesamtbestand abzustellen sei. Dabei müssten hier die nach Unterschutzstellung eingetretenen Änderungen in den Eigentumsverhältnissen berücksichtigt werden, wenn sie auf das Verhältnis zwischen Erhaltungsaufwand für das Denkmal und Ertrag Auswirkungen haben könnten. Ansonsten bestünde die Gefahr einer Aufsplitterung des Denkmalschutzes.

7

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG.

8

Die Auslegung des denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsvorbehalts, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf die bauliche Gesamtanlage abzustellen sei, verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Zwar könnten Eigentümerbefugnisse durch Gesetz eingeschränkt werden. Dabei dürfe der Kernbereich der Eigentumsgarantie jedoch nicht ausgehöhlt werden. Zu dieser gehörten sowohl die Privatnützigkeit, also auch die Zuordnung des Eigentumsobjekts zu einem Rechtsträger, dem es als Grundlage privater Initiative von Nutzen sein solle, als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand. Diese grundsätzliche Verfügungsbefugnis und die Privatnützigkeit des Eigentums würden durch die mit der Beschwerde angegriffenen Akte nicht mehr gewährleistet, wenn bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die gesamte unter Denkmalschutz gestellte Anlage und nicht die Kapelle als Einzelbauwerk als maßgebend angesehen werde und keinerlei andere Kompensation der nicht mehr zumutbaren Eigentumsbelastung vorgesehen sei.

9

Die (nachträgliche) Aufteilung eines Grundstücks sei rechtlich nicht untersagt. Sie sei auch nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt, so dass der zivilrechtliche Auseinandersetzungsvertrag zwischen ihm und seinen Geschwistern wegen Verstoßes gegen § 134 BGB oder § 138 BGB nichtig wäre. Vielmehr sei damit eine Grundstückssituation entstanden, die für Denkmalensembles häufig anzutreffen sei, dass nämlich in einer Denkmalzone verschiedene Grundstückseigentümer lediglich "denkmalrechtlich" zu einem Ensemble zusammengefasst würden. Weshalb in diesen Konstellationen die verfassungsrechtlich gebotene Betrachtung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit anders durchzuführen sei als bei einer Situation, in der die Denkmalwirkung erst nachträglich über verschiedene Grundstückseigentümer durch eine Rechtsverordnung erzeugt werde, erschließe sich nicht.

10

Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich die Kreisverwaltung Mayen-Koblenz, das Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz und das Bundesverwaltungsgericht geäußert.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG für eine Annahme sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die Maßstäbe für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Abrissgenehmigung hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu § 13 Abs. 1 Satz 2 DSchPflG geklärt (vgl. BVerfGE 100, 226). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

12

Die Versagung der Genehmigung zum Abriss der Schlosskapelle ist die Konkretisierung einer Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 100, 226 <240>). Sie schränkt die Eigentümerbefugnisse des Beschwerdeführers zwar ein, belastet ihn aber nicht unverhältnismäßig.

13

Die Denkmalschutzbehörde verfolgt mit der Versagung der Abrissgenehmigung einen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Zweck.

14

Der Schutz von Kulturdenkmälern ist grundsätzlich ein legitimes Anliegen, Denkmalpflege eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang, die einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG rechtfertigt (BVerfGE 100, 226<242>). Die Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 (VOBl S. 209, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 2005 ) verpflichtet zudem in Art. 40 Abs. 3 das Land, die Denkmäler der Kunst und der Geschichte in seine Obhut und Pflege zu nehmen.

15

Die Denkmalschutzbehörde hat in dem angegriffenen Bescheid die besondere Bedeutung der Schlosskapelle für die N... nachvollziehbar geschildert. Auch der Beschwerdeführer stellt die Berechtigung der Unterschutzstellung der Schlosskapelle nicht in Frage.

16

Die Versagung der Genehmigung ist geeignet und erforderlich, den Zweck der Rechtsverordnung über die Unterschutzstellung der Denkmalzone "N..." zu erfüllen. Ein Abriss hätte den unwiederbringlichen Verlust eines in dieser Rechtsverordnung ausdrücklich genannten Gebäudes zur Folge.

17

Die Versagung der Genehmigung belastet den Beschwerdeführer auch nicht unverhältnismäßig.

18

Dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals kann nur durch Inpflichtnahme des Eigentümers des Grundstücks und Gebäudes Rechnung getragen werden, dessen Eigentum daher einer gesteigerten Sozialbindung unterliegt. Sie ergibt sich aus der Situationsgebundenheit, hier der Lage und Beschaffenheit des Grundstücks (BVerfGE 100, 226 <242>).

19

Durch das Beseitigungsverbot wird die bestehende Nutzung eines Baudenkmals nicht eingeschränkt (BVerfGE 100, 226 <242>). Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 91, 294 <310>; 100, 226 <242 f.>).

20

Anders liegt es aber, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Dazu kann es kommen, wenn die ursprüngliche Nutzung infolge veränderter Verhältnisse hinfällig wird und eine andere Verwendung, auf die der Eigentümer in zumutbarer Weise verwiesen werden könnte, sich nicht verwirklichen lässt. Wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch nicht veräußern kann, wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt. Nimmt man die gesetzliche Erhaltungspflicht hinzu, so wird aus dem Recht eine Last, die der Eigentümer allein im öffentlichen Interesse zu tragen hat, ohne dafür die Vorteile einer privaten Nutzung genießen zu können. Die Rechtsposition des Betroffenen nähert sich damit einer Lage, in der sie den Namen "Eigentum" nicht mehr verdient. Die Versagung einer Beseitigungsgenehmigung ist dann nicht mehr zumutbar (BVerfGE 100, 226 <243>).

21

Gemessen hieran erweist sich die Versagung der Abrissgenehmigung gegenüber dem Beschwerdeführer nicht als unzumutbar. Der Fall des Beschwerdeführers ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die seine Belastung als Eigentümer mit der Erhaltung der denkmalgeschützten Schlosskapelle als mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar erscheinen lassen.

22

Allerdings wird sich die Zumutbarkeit der Erhaltung eines denkmalgeschützten Gebäudes im Hinblick auf die damit einhergehenden Belastungen grundsätzlich nur nach den sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten des denkmalgeschützten Gesamtbestands in der Hand eines Eigentümers beurteilen lassen. Nutzungs- und Ertragsmöglichkeiten anderer Eigentümer von Teilen einer denkmalgeschützten Gesamtanlage können grundsätzlich nicht in die wirtschaftliche Zumutbarkeitsprüfung einbezogen werden, sofern kein rechtlich gesichertes Ausgleichsverhältnis zwischen den verschiedenen Grundstückseigentümern besteht. Hiervon geht im Grundsatz auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in dem angegriffenen Beschluss unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Februar 1994 - 8 A 11609/92.OVG -, AS 24, 294 <298>) aus.

23

Der Fall des Beschwerdeführers weist hingegen die Besonderheit auf, dass er den neu zugeschnittenen Grundstücksteil mit der - nach seinem von den Fachgerichten als richtig unterstellten Vortrag - für sich genommen wirtschaftlich nicht tragfähigen Schlosskapelle zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem die Gesamtanlage bereits als Denkmalzone ausgewiesen war. Deren wirtschaftlich sinnvolle Nutzbarkeit insgesamt steht nicht in Streit. Das vom Beschwerdeführer in privatautonomer Entscheidung erworbene Grundstück mit der Schlosskapelle war also zum Zeitpunkt seines Eigentumserwerbs bereits denkmalschutzrechtlich vorbelastet. Dies musste ihm auch bewusst sein. Die vom Beschwerdeführer erlangte Eigentümerstellung war mithin, worauf auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Stellungnahme hinweist, von vornherein denkmalschutzrechtlich eingeschränkt. Dieser Umstand beeinflusste notwendig den Wert des von ihm erworbenen Grundstücks.

24

Das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen bereits in seiner Rechtsprechung zur Kostentragungspflicht des Grundstückseigentümers für eine Altlastensanierung aus Gründen der öffentlichen Gefahrenabwehr betont, dass die Beurteilung dessen, was dem Grundstückseigentümer im Interesse des Gemeinwohls zugemutet werden kann, maßgeblich auch davon beeinflusst wird, ob er die entsprechende Belastung gekannt oder zumindest das Risiko einer solchen Belastung beim Grundstückserwerb bewusst in Kauf genommen hat (vgl. BVerfGE 102, 1 <21 f.>).

25

Die in Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Privatnützigkeit des Eigentums gewährleistet mithin nicht, dass der Grundstücksertrag der Eigentümer einer denkmalgeschützten Gesamtanlage, deren Erhalt für sich genommen wirtschaftlich zumutbar ist, dadurch gesteigert wird, dass einzelne, wirtschaftlich unrentable Teile mit Denkmalbestand eigentumsrechtlich aus einem solchen Ensemble "herausgeschnitten" werden und dadurch der Erhalt dieser Denkmäler infrage gestellt oder dessen Kosten letztlich der Allgemeinheit auferlegt werden.

26

Die angegriffenen Entscheidungen tragen diesen Grundsätzen Rechnung und sind daher mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer würde eine unter Denkmalschutz gestellte Gesamtanlage nicht zu dem Zweck, die Voraussetzungen einer (vermeintlichen) Unzumutbarkeit der Erhaltung eines Teils des Denkmals zu schaffen, oder jedenfalls unter Inkaufnahme dieser Folge eigentumsrechtlich aufspalten, und eine dem Denkmalschutz aufgeschlossene Person würde eine derartige Eigentumsposition nicht erwerben.

27

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23. August 2012 – 5 L 617/12 – wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu je ½.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller, nach eigener Erklärung Eigentümer des Anwesens S-straße 13-15 in A-Stadt (Flur 1, Parzellen Nr. 187 und 185), begehren einstweiligen Rechtschutz gegen das mit Bauschein vom 8.9.2011 von der Antragsgegnerin genehmigte Neubauvorhaben des Beigeladenen in A-Stadt, S-straße 17 (Flur 1, Parzellen Nr. 140 und 141).

Den Antragstellern war mit Bauschein vom 6.9.1999 der zweigeschossige “Neubau eines Zweifamilienhauses“ mit ausgebautem Mansarddach auf dem vorgenannten Grundstück unter gleichzeitiger Befreiung von § 6 I, II und V LBO 1996 wegen Überschreitens der Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche genehmigt worden.

Unter dem 8.9.2011 erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen im Verfahren nach § 65 LBO 2004 – nachstehend: LBO - die Baugenehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses auf dem Grundstück S-straße 17, das vom Grundstück der Antragsteller durch den von der S-straße abgehenden, ca. 5 m breiten B-weg getrennt ist, unter Zulassung einer Abweichung nach § 68 LBO wegen Überschreitens der Mitte dieser öffentlichen Verkehrsfläche; den Antragstellern wurde die Genehmigung nicht förmlich bekannt gegeben.

Am 31.5.2012 legten die Antragsteller Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein und beantragten am 3.7.2012 beim Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Der Eilrechtsschutzantrag blieb ohne Erfolg.

II.

Die fristgerecht eingelegte und - bei unterstellter Eigentümerstellung auch des nicht im Liegenschaftskataster eingetragenen Antragstellers zu 2. - auch ansonsten zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23.8.2012 – 5 L 617/12 -, mit dem ihr Antrag auf Anordnung der - gemäß §§ 80 II 1 Nr. 3 VwGO, 212a BauGB entfallenen - aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 31.5.2012 gegen den dem Beigeladenen erteilten Bauschein zum Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses auf dem Grundstück S-straße 17 in A-Stadt und die Zulassung einer Abweichung nach § 68 LBO, jeweils vom 8.9.2011, zurückgewiesen wurde, ist unbegründet.

Die Antragsteller haben ihre Beschwerde im Wesentlichen damit begründet, dass es ihnen als Eigentümer und Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks nicht verwehrt sei, den vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellten Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht durch die erteilte Baugenehmigung und den Befreiungsbescheid geltend zu machen. Nach der nachbarschützenden Bestimmung des § 7 I LBO seien vor den Außenwänden von Gebäuden oder vor den Abschnitten von Außenwänden von Gebäuden Flächen von oberirdischen Gebäuden sowie von Anlagen nach Abs. 7 freizuhalten (Abstandsflächen), die nach § 7 II 1 LBO auf dem Grundstück selbst liegen müssten, nach § 7 II 2 LBO aber auch auf öffentlichen Verkehrsflächen liegen dürften, jedoch nur bis zu deren Mitte. Die letztgenannte Vorschrift diene insoweit dem Nachbarschutz, als dem „Gegenüberlieger“ wegen des Überdeckungsverbots des § 7 III 1 LBO bei Überschreiten der Flächenmitte die rechtliche Möglichkeit genommen werde, die Abstandsfläche bis zur Straßenmitte auszunutzen. Vorliegend habe die Antragsgegnerin dem Beigeladenen mit der Abweichung ein Überschreiten bis an die Grenze des Grundstücks der Antragsteller zugelassen, die dieser insbesondere wegen der Höhe des Vorhabens zum Nachteil der Antragsteller voll ausschöpfe. Darin liege ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts. Hierauf könnten sich die Antragsteller, die davon ausgingen, dass sie selbst das Abstandsflächenrecht einhielten, „ihre Abstandsfläche bis zur Mitte der Verkehrsfläche“ liege, auch berufen. Grundsätzlich könne sich der Nachbar gegen jede Unterschreitung der Mindestabstandsfläche zur Wehr setzen. Allerdings könne er aus dem Gesichtspunkt unzulässiger Rechtsausübung gehindert sein, diese Verletzung des Grenzabstands zu rügen. Zulässig sei eine Abwehrmaßnahme dann, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht vergleichbar sei. Das sei vorliegend der Fall, da die Verletzung der Abstandsregelungen durch das Vorhaben des Beigeladenen schwerer wiege als die Inanspruchnahme des öffentlichen Verkehrsraums durch die Antragsteller. Dies ergebe sich bereits aus dem konkreten Grenzabstand und auch der Qualität der mit der Rechtsverletzung einhergehenden Beeinträchtigungen durch das Vorhaben des Beigeladenen, aber auch aus dessen Höhe. Darüber hinaus liege eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme zu Lasten der Antragsteller vor. Das Bauvorhaben des Beigeladenen füge sich nicht im Sinne des § 34 I BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein und verstoße gegen das im Gebot des „Einfügens“ enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Das Bauvorhaben enthalte mehr Geschosse als die sonstigen Gebäude in der näheren Umgebung in der S-straße, es sei höher als die Nachbarbebauung und weiche hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werde, von der vorhandenen Umgebungsbebauung ab. Zudem sei es rücksichtslos, da von ihm eine erdrückende Wirkung ausgehe. Dies zeige ein Vergleich mit dem vom Bundesverwaltungsgericht als rücksichtslos gewerteten „Silo“-Fall. Hinzu komme, dass das geplante Vorhaben eine Wandfläche von – überschlägig – ca. 125 m2 gegenüber ihrem Gebäude aufweise, wobei es wegen seiner Fensterlosigkeit noch größer, massiver und „erdrückender“ gegenüber der Nachbarschaft in Erscheinung trete und wie ein mindestens viergeschossiges Hochhaus – gleichsam in einer Häuserschlucht - wirke. Andere Gründe stünden dem Antragsteller-Begehren nicht entgegen. Insbesondere hätten sie zu keinem Zeitpunkt auf Rechtsmittel verzichtet. Dass keine Verwirkung eingetreten sein könne, zeige zudem die zeitliche Abfolge.

Auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung, die den Umfang der gerichtlichen Prüfung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 IV 6 VwGO bestimmt, ist festzustellen, dass das Verwaltungsgericht die Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der angefochtenen Baugenehmigung gemäß §§ 80a I Nr. 2 und III, 80 V VwGO entspr. zu Recht abgelehnt hat. Die überschlägige Rechtskontrolle ergibt vorliegend jedenfalls mit Blick auf die Rechtsposition der Antragsteller keine – zumindest - gewichtigen Zweifel an der rechtlichen Unbedenklichkeit(zum Maßstab  vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.3.2011 – 2 B 100/11 -, m.w.N.,  stRspr) der nach § 65 LBO erteilten Baugenehmigung; vorab kann auf die erstinstanzlichen Ausführungen zu den Voraussetzungen der begehrten Aussetzungsentscheidung Bezug genommen werden.

Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verletzt die Antragsteller entgegen ihrer Meinung zunächst bauordnungsrechtlich nicht in eigenen Rechten. Aus dem insofern allein gerügten Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht ergibt sich für sie kein Abwehrrecht.

Auszugehen ist davon, dass die Vorschriften über die Abstandsflächen (§§ 7 und 8 LBO) in ihrer Gesamtheit auch dem Nachbarschutz dienen.(vgl. Bitz/ Schwarz/ Seiler-Dürr/ Dürr, Baurecht Saarland, 2. Aufl. 2005,  Teil VIII, Rdnr. 17) Der baurechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er im Austausch dafür grundsätzlich deren Beachtung auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen.(BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 – 4 C 28.91 -, DVBl. 1994, 284) Daher hat ein Nachbar ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass die im Einzelfall vorgeschriebene Abstandsfläche eingehalten und davon nur im Einklang mit den Ermächtigungen in Bebauungsplänen oder durch Zulassung von Abweichungen – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – abgewichen wird.(vgl. etwa Simon/ Busse, Bayerische Bauordnung, 2008, Art. 6, Rdnr. 607)

Vorliegend hat das Vorhaben des Beigeladenen unstreitig Abstandsflächen einzuhalten (§ 7 I 1 LBO), die nach § 7 II 1 LBO grundsätzlich auf dem Grundstück selbst liegen müssen, jedoch nach § 7 II 2 LBO auch auf öffentlichen Flächen liegen dürfen, allerdings wegen des Überdeckungsverbots des § 7 III 1.HS LBO nur bis zu deren Mitte. Da das angegriffene Mehrfamilienhaus des Beigeladenen an der Grenze zur öffentlichen Fläche des B-wegs errichtet werden soll, die Fläche von der Grundstücksgrenze des Beigeladenen bis zur Mitte des Weges aber nicht für die nach § 7 IV, V LBO erforderlichen Abstandsflächen ausreicht, hat die Antragsgegnerin zugunsten des Beigeladenen eine Abweichung zugelassen, so dass die Abstandsflächen auf der öffentlichen Fläche nunmehr – über die Mitte hinaus - teilweise bis zur Grundstücksgrenze der Antragsteller reichen. Die Zulassung dieser Abweichung verstößt jedenfalls formal gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 7 II 2 LBO, die dem Nachbarn („Gegenüberlieger“) die Möglichkeit des eigenen Abstandsflächennachweises auf den dort genannten Flächen sichern soll. (vgl. Bitz/ Schwarz/ Seiler-Dürr/ Dürr, Baurecht Saarland, 2. Aufl. 2005,  Teil XI, Rdnr. 102 m.w.N.) Daraus ergibt sich, dass § 7 II 2 LBO offensichtlich darauf gerichtet ist, den „Gegenüberlieger“ als potentiellen späteren Nutzer des Abstandsflächennachweises vor einem Übergriff des Erstbauenden zu schützen. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Denn den Antragstellern, deren eigenes Grundstück von der zugelassenen Abweichung nicht tangiert ist, wurde bereits 1999 für ihr eigenes Neubauvorhaben im Genehmigungsverfahren eine Befreiung gemäß § 75 LBO 1996 von § 6 I, II i.V.m. V LBO 1996 (nunmehr § 7 I, II, V LBO 2004) „wegen zu geringer Abstandsfläche“ erteilt und sie haben ihrerseits dabei - wie die Verwaltungsunterlagen belegen und die Antragsteller nicht substantiiert in Frage stellen – Abstandsflächen auf der öffentlichen Wegfläche und zwar ebenfalls teilweise über die Mitte des B-wegs hinaus(Bl. 66 Verwaltungsunterlagen) in Anspruch genommen. Durch die Realisierung ihres Vorhabens wurde - ungeachtet der Frage der Rechtmäßigkeit der ihnen erteilten Baugenehmigung - der auf Ermöglichung einer Bebauung trotz fehlender Abstandsflächen auf eigenem Grundstück gerichtete Nachbarschutzzweck der Norm jedenfalls im Ergebnis erreicht. Ob § 7 II 2, III LBO bei dieser Fallgestaltung in Bezug auf das Vorhaben des Beigeladenen überhaupt noch hinsichtlich der Antragsteller als nachbarschützend angesehen werden kann, mag indes dahinstehen.

Den Antragstellern stehen jedenfalls auf der Grundlage des Abstandsflächenrechts schon deshalb keine Abwehrrechte gegen die Baugenehmigung des Beigeladenen zu, weil sie selbst in Realisierung ihrer Baugenehmigung unter Inanspruchnahme von Abstandsflächen über die Mitte des B-wegs hinaus gegen § 7 II 2 LBO (= § 6 II 2 LBO 1996) verstoßen haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie – wie sie hilfsweise vortragen - mit ihrem Bauvorhaben die Grenze der Mitte des B-wegs für die nachzuweisenden Abstandsflächen in deutlich geringerem Maße überschritten haben als dies bei dem Beigeladenen der Fall sein soll. Aus dem System des nachbarlichen Austauschverhältnisses folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, billigerweise – vorbehaltlich der Grenze des in planungsrechtlichen Vorschriften enthaltenen Rücksichtnahmegebotes - nicht verlangen kann, dass der Nachbar seinerseits die Abstandsfläche freihält; dies gilt nach der Rechtsprechung des Senats seit Inkrafttreten der LBO 2004 – in Abgrenzung von der bisher dahin geltenden, erstinstanzlich dargestellten Rechtslage - für den Eigentümer eines nicht im Einklang mit den Grenzabstandserfordernissen bebauten Grundstücks auch dann, wenn der abzuwehrende Eingriff in die Abstandsflächenfunktionen darüber hinausgeht.(Vgl. etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – und Beschluss vom 25.5.2010 – 2 A 31/10 -) Gesehen werden muss in diesem Zusammenhang, dass die in § 7 II 2 LBO angelegte hälftige Aufteilung der Breite öffentlicher Verkehrsflächen zur Aufnahme von Abstandsflächen vor Gebäudewänden auf gegenüberliegenden Baugrundstücken zunächst einmal dadurch zu Lasten des Beigeladenengrundstücks verschoben wurde, dass die Abstandsfläche des Gebäudes der Antragsteller die Mitte dieser Verkehrsfläche überschreitet, die Antragsteller mithin „nichts“ in das nachbarliche Austauschverhältnis einbringen, sondern ihren „Anteil“ an der Verkehrsfläche mehr als ausschöpfen. Im Weiteren kann keine Rede davon sein, dass die Antragsteller auf ihrem Grundeigentum ein Mehr an Grenzabstand zur Herstellung des prinzipiell die Summe der wechselseitig freizuhaltenden Abstandsflächentiefen ausmachenden Gebäudeabstandes in das Austauschverhältnis „einbrächten“ als der Beigeladene. Beide privaten Beteiligten lösen die Abstandsflächenproblematik ihrer Gebäude ausschließlich unter Inanspruchnahme der öffentlichen Verkehrsfläche und zwar jeweils in Abweichung von § 7 II 2 LBO.

Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung stellt sich auch unter bauplanungsrechtlichen Aspekten nachbarrechtlich nicht als unzulässig dar. Entgegen der Meinung der Antragsteller verstößt das genehmigte Bauvorhaben nicht gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot. Dieses ergibt sich für die vorliegend gegebene nicht beplante Ortslage aus dem Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ in § 34 I BauGB. Inhaltlich bedeutet das Gebot der Rücksichtnahme die Verpflichtung des Bauherrn, bei der baulichen oder gewerblichen Nutzung seines Grundstücks auf die berechtigten Interessen der Nachbarschaft Rücksicht zu nehmen; der Bauherr muss unter Umständen eigene Interessen zurückstellen, wenn dadurch gewichtigere Belange der umgebenden Grundstücke betroffen werden.(Grundlegend BVerwG, Urteil vom 25.2.1977 – IV C 22.75 – BVerwGE 52, 122 = BauR 1977, 244;  vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 - 4 C 28/91 -,  BRS 55 Nr.110) Das Gebot der Rücksichtnahme gebietet in seinem Kerngehalt also eine Abwägung der beiderseitigen Belange, wobei sich deren Gewichtung aus dem Kriterium der Unzumutbarkeit ergibt. Unzumutbar sind solche Einwirkungen, die nach den konkreten Umständen des Einzelfalls den Betroffenen billigerweise nicht mehr zugemutet werden können.(vgl. BVerwG, Urteil vom 23.5.1986 – 4 C 34/85 -, BRS 46 Nr. 176)

Entgegen der Meinung der Antragsteller ist nicht feststellbar, dass sich das Bauvorhaben des Beigeladenen nicht in die nähere Umgebung im Sinne des § 34 I BauGB einfüge, weil es mehr Geschosse enthalte und höher sei als andere Gebäude und auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werde, von der Umgebungsbebauung abweiche. Wie die Antragsgegnerin bereits mit in ihrer Stellungnahme vom 11.10.2012 in Bezug genommenem Schriftsatz vom 19.7.2012 unwidersprochen vorgetragen hat, verfügt das Anwesen S-straße 21 nach Augenschein über drei Vollgeschosse (einschließlich des Dachgeschosses) und ein weiteres zurückgesetztes Staffelgeschoss und ist daher mit dem Bauvorhaben des Beigeladenen (drei Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss) offensichtlich vergleichbar. Auch bleibt das Vorhaben des Beigeladenen hinsichtlich der absoluten Höhenentwicklung unter der Höhe des bestehenden Wohngebäudes S-straße 21. Der Vergleich mit dem Anwesen der Antragsteller, das ausweislich der vorliegenden Nordostansicht(Bl. 65 Verwaltungsunterlagen) eine Höhe von 10,08 m aufweist, ergibt, dass das Vorhaben des Beigeladenen an der dem Antragsteller-Anwesen zugewandten Seite(Bl. 62a Verwaltungsunterlagen) maximal 12,90 m hoch und somit nicht wesentlich höher ist. Auch mit Blick auf die überbaute Fläche, die nachbarrechtlich allerdings als solche unerheblich ist, unterscheiden sich das angegriffene Bauvorhaben mit rund 137 m2 und das antragstellerische Anwesen mit rund 129 m2 nicht erheblich. Dass sich das Bauvorhaben somit nicht im Rahmen der Bebauung in der näheren Umgebung hielte, lässt sich jedenfalls aus der Beschwerdebegründung nicht ableiten.

Es spricht auch nichts durchgreifend dafür, dass von dem realisierten Bauvorhaben eine erdrückende Wirkung auf die Antragsteller zu erwarten wäre und es sich daher ihnen gegenüber als rücksichtslos darstellte. Nach Aktenlage ist schon nicht wahrscheinlich, dass das Bauvorhaben sich erheblich nachteilig auf das Nachbaranwesen auswirken kann. Denn auf der dem Bauvorhaben zugewandten Seite des grenzständig errichteten Anwesens der Antragsteller befinden sich keine Aufenthaltsräume, sondern lediglich das Treppenhaus, in das die Hauseingangstür unmittelbar von dem in diesem Bereich als Treppe ausgestalteten B-weg führt und das auf dieser Seite nur ein Dachgeschoss-Fenster aufweist(Bl. 63 Verwaltungsunterlagen), welches angesichts seiner Lage im dritten Geschoss durch das im Nordosten vorgesehene Nachbargebäude wohl kaum eine deutliche Einschränkung hinsichtlich des Lichteinfalls erfahren wird. Soweit das angefochtene höher liegende Bauvorhaben wegen der starken Hanglage der S-straße aus Sicht der Antragsteller als Unterlieger höher und massiver wirkt als dies bei auf gleicher Höhe liegenden Nachbargrundstücken der Fall wäre, hätten die Antragsteller dies als lagebedingte Vorbelastung ihres Grundstücks hinzunehmen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem Bauvorhaben eine für die Antragsteller objektiv “erdrückende“ oder „einmauernde“ Wirkung, die die Rechtsprechung bisher nur in Ausnahmefällen angenommen hat(bejaht:  BVerwG, Urteile vom 13.3.1981 – 4 C 1/78 -, DVBl. 1981, 928 (2 1/2 -geschossiges Haus zu 12-geschosssigem Hochhaus in 15 m Entfernung) und vom 23.5.1986 – 4 C 34/85-, DVBl. 1986, 1271 (drei 11,50 m hohe Silos im Abstand von 6 m zu 2-geschossigem Wohnhaus); verneint etwa: BayVGH, Beschluss vom 15.9.1998 – 1 B 96.4115 - (zwei 2-geschossige Sechsfamilienwohnhäuser mit ausgebautem Dachgeschoss (6,36 m Wandhöhe, 9,50 m Firsthöhe) zu 3 m hohem Flachdachbungalow), zitiert nach juris,  bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 11.1.1999 – 4 B 128/98 -, BauR 1999, 615), und damit unzumutbare Auswirkungen auf ihr Eigentum zugemessen werden können, vermag der Senat daher nicht zu erkennen. Dies gilt auch mit Blick auf den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen „Silo-Fall“ (BVerwG, Urteil vom 23.5.1986 – 4 C 34/85-, DVBl. 1986, 1271), auf den sich die Antragsteller berufen. Für die insofern angenommene Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens war, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, entscheidend, dass die Silos „industriell“ und „wie eine riesenhafte metallische Mauer“ wirkten und den Eindruck vermittelten, als sei das (Wohn-) Grundstück der dortigen Klägerin „in eine Industrieanlage einbezogen und selbst Teil einer solchen“. Mit derartigen industriellen Anlagen kann das geplante Mehrfamilienhaus des Beigeladenen offensichtlich nicht verglichen werden.

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 II, 159 ZPO, 100 ZPO; die Entscheidung hinsichtlich des Beigeladenen, der einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 III VwGO), folgt aus § 162 III VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 II, 47, 53 II Nr. 2, 52 I GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.