Verwaltungsgericht Halle Urteil, 11. Mai 2016 - 4 A 196/14

ECLI:ECLI:DE:VGHALLE:2016:0511.4A196.14.0A
bei uns veröffentlicht am11.05.2016

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung einer Abwasserleitung als Bestandteil der öffentlichen Einrichtung der Beklagten.

2

Sie ist Eigentümerin des Grundstücks A-Straße in A-Stadt (Saale), das östlich an der Grenzstraße anliegt. Die Beigeladenen sind Eigentümer der nördlich des Grundstücks der Klägerin gelegenen Grundstücke E-Straße (Beigeladene zu 2) und C-Straße (Beigeladene zu 1). In der Delitzscher Straße verläuft ein Mischwasserkanal, der Bestandteil der öffentlichen Einrichtung zur Abwasserbeseitigung der Beklagten ist. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen sind an diesen Kanal über eine etwa 470 m lange Entwässerungsleitung angeschlossen, die über die Grundstücke der Beigeladenen verläuft und in einen Grundstücksanschlusskanal auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 1) einbindet.

3

Die Entwässerungsleitung wurde bereits in den 1960er Jahren errichtet, als das Grundstück der Klägerin durch die PGH {F.} und die Grundstücke der Beigeladenen durch die Deutsche Handelszentrale {G.} A-Stadt (Saale) genutzt wurden.

4

Im Jahr 2002 stellte der Vater der Klägerin, von dem diese ihr Grundstück erwarb, anlässlich einer Nutzungsänderung auf dem Grundstück einen Entwässerungsantrag. Mit Schreiben vom 04. September 2002 teilte die Hallesche Wasser- und Abwasser GmbH (HWA) – nunmehr Hallesche Wasser und Stadtwirtschaft GmbH (HWS) –, deren sich die Beklagte zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht bedient, dem Vater der Klägerin u.a. mit, dass die Entsorgung der auf dem Grundstück anfallenden Abwässer unter Mitbenutzung der privaten Entwässerungsleitungen der Beigeladenen zu erfolgen habe. Entsprechende Ausführungen finden sich im Schreiben der HWA vom 12. Februar 2003, in dem die abwassertechnischen Anschlussbedingungen geregelt wurden.

5

Im Jahr 2012 teilten die Beigeladenen der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, die vorhandene Entwässerungsleitung, die der Aufnahme von Mischwasser dient, wegen der vorhandenen Versickerungsmöglichkeiten auf den Grundstücken im Trennsystem zu erneuern. In der Folge stritten Klägerin und die Beigeladenen über die weitere Nutzung der Entwässerungsleitung. Die Beigeladenen verwiesen die Klägerin insbesondere auf die Möglichkeit des Anschlusses ihres Grundstücks an den mittlerweile in der Grenzstraße errichteten öffentlichen Mischwassersammler.

6

Im Anschluss wandte sich die Klägerin an die HWS und die Beklagte und machte geltend, die über die Grundstücke der Beigeladenen verlaufende Entwässerungsleitung sei Bestandteil der öffentlichen Einrichtung der Beklagten, weshalb sie ein Recht auf deren weitere Nutzung besitze. Mit Schreiben vom 12. Juni 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie diese Auffassung nicht teile und verwies sie auf die Anschlussmöglichkeit ihres Grundstücks an den Mischwasserkanal in der Grenzstraße.

7

Die Klägerin hat am 25. September 2014 Klage erhoben. Sie macht im Wesentlichen geltend, die über die Grundstücke der Beigeladenen verlaufende Entwässerungsleitung sei durch die Deutsche Handelszentrale {G.} A-Stadt (Saale) im Auftrag des VEB {H.} projektiert und errichtet und insoweit Teil der öffentlichen Kanalisation geworden, da es im System der VEB {I.}keine privaten Leitungen gegeben habe. An dieser Einordnung habe sich nichts geändert. Vielmehr habe sich die Beklagte das Entwässerungssystem zu eigen gemacht und übernommen und gefordert, die Entwässerungsleitung zur Abwasserentsorgung ihres Grundstücks weiterhin zu nutzen. Daher liege auch eine entsprechende konkludente Widmung vor. Aus dem Satzungsrecht der Beklagten ergebe sich nichts anderes. Auch spreche die Regelung des § 152 WG LSA a.F. für eine solche rechtliche Qualifizierung.

8

Die Klägerin beantragt,

9

festzustellen, dass die über die Grundstücke der Beigeladenen (E-Straße und C-Straße in A-Stadt (Saale), Flurstücke 777 und 779, der Flur 2 in der Gemarkung {J.}) verlaufende Entwässerungsleitung Bestandteil der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung der Beklagten ist.

10

Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen,

11

die Klage abzuweisen.

12

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, die Entwässerungsleitung sei nicht als Bestandteil der öffentlichen Einrichtung gewidmet. Eine konkludente Widmung ergebe sich insbesondere nicht aus der Ablehnung der Anbindung des Grundstücks der Klägerin im Jahr 2002 an einen Kanal in der {K.}, da zu diesem Zeitpunkt dort noch kein Sammler vorhanden gewesen sei. Die Leitung sei auch weder in der Leitungsbestandskarte aus dem Jahre 1994 noch in der aktuellen Bestandsdokumentation der HWS enthalten und von der Beklagten nicht übernommen worden. Sie werde von ihr weder unterhalten noch betrieben, sondern von den Beigeladenen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Entwässerungsleitung zu DDR-Zeiten einen öffentlichen Charakter besessen habe. Insbesondere ergebe aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht, dass die Leitung im Auftrag der VEB {H.} errichtet worden sei.

13

Die Beigeladenen halten die Klage für unzulässig. Der Klägerin fehle das Rechtsschutzinteresse, weil die Klägerin in der Vergangenheit ausreichend Zeit gehabt habe, eine Klärung herbeizuführen und die von ihnen geplanten Baumaßnahmen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung wahrscheinlich realisiert seien. Im Übrigen befinde sich die über ihre Grundstücke verlaufende Entwässerungsleitung in ihrem Eigentum und sei nicht öffentlich gewidmet.

Entscheidungsgründe

14

Die Kammer entscheidet ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

15

Die Feststellungsklage hat keinen Erfolg.

16

Sie ist zwar zulässig. Es handelt sich bei der begehrten Feststellung, dass die in Rede stehende Entwässerungsleitung Bestandteil der öffentlichen Einrichtung der Beklagten ist, um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Darunter sind die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache zu verstehen. Ein derartiges Rechtsverhältnis ist hier streitgegenständlich, da die rechtliche Einordnung der Entwässerungsleitung, über die das Grundstück der Klägerin derzeit abwassertechnisch entsorgt wird, als Bestandteil der öffentlichen Einrichtung der Beklagten u.a. mit Anschluss- und Benutzungsrechten der Klägerin verbunden ist.

17

Es besteht zudem ein rechtliches Interesse an der baldigen Feststellung, da die Beklagte die Verantwortung für die Leitung in Abrede stellt und die Beigeladenen beabsichtigen, die Leitung zu erneuern und der Klägerin die weitere Nutzung zu verwehren.

18

Die Klage ist indes nicht begründet.

19

Die streitige Entwässerungsleitung ist nicht Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung der Beklagten, da es an der dafür erforderlichen Widmung, die nicht formgebunden ist und auch konkludent erfolgen kann und eine Würdigung des Gesamtumstände voraussetzt (OVG LSA, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 4 L 195/13 – Juris Rn. 26), fehlt.

20

Die Beklagte betreibt gemäß § 1 Abs. 1 der Abwasserbeseitigungssatzung (ABS) vom 13. Dezember 2006 in der Fassung der 1. Änderung vom 29. April 2015 die Beseitigung des anfallenden Abwassers als öffentliche Einrichtung. Zu den öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen gehören gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 ABS alle Anlagen, die dem Sammeln, Fortleiten und Behandeln der Abwässer sowie der Entwässerung und Entsorgung von Klärschlamm im Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung dienen. Dazu zählen u.a. das Kanalnetz mit den Entwässerungskanälen (Haupt-, Neben- und Grundstücksanschlusskanäle). Grundstücksanschlusskanäle sind die direkten Verbindungen zwischen dem Entwässerungskanal und der Grundstücksgrenze des direkt an die öffentliche Straße bzw. an eine der öffentlichen Nutzung gewidmeten Straße grenzenden Grundstücks bzw. zwischen dem Entwässerungskanal und dem privaten Kontrollschacht, wenn dieser auf einem direkt an der Straße/Fläche bzw. an eine der öffentlichen Nutzung gewidmeten Straße/Fläche grenzenden Grundstück außerhalb der/des entwässernden Gebäudes vorhanden ist und sich nicht weiter entfernt als 5 m von dieser Grundstücksgrenze befindet (§ 2 Abs. 5 Satz 2 ABS). Verläuft der Entwässerungskanal nicht in der Straße, sondern im anzuschließenden Grundstück, ist der Entwässerungskanal die Grenze der Abwasserbeseitigungsanlage und einen Grundstücksanschlusskanal gibt es nicht (§ 2 Abs. 5 Satz 3 ABS).

21

Im Gegensatz zu den derart definierten Bestandteilen der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage zählen zu den nicht der öffentlichen Einrichtung der Beklagten zuzuordnenden privaten Grundstücksentwässerungsanlagen die Anlagen, die dem Sammeln, Behandeln und Ableiten sowie der Kontrolle des Abwassers auf dem privaten Grundstück dienen (§ 2 Abs. 6 Satz 1 ABS), insbesondere die Grundstücksentwässerungsleitungen als Verbindungsleitungen auf dem Grundstück bis zum Grundstücksanschlusskanal bzw. dem Entwässerungskanal oder Kontrollschacht, den Anlagen der Sonderentwässerungsverfahren oder der Grundstücksgrenze. Grundstücksentwässerungsleitungen sind bei Grundstücken in zweiter Reihe neben den eigenen Leitungen auf dem Grundstück auch die Verbindungsleitung auf dem fremden Grundstück zum Grundstücksanschlusskanal, Entwässerungskanal oder Kontrollschacht auf dem Grundstück, welches direkt an die öffentliche Straße bzw. an eine der öffentlichen Nutzung gewidmete Straße oder Fläche grenzt (§ 2 Abs. 6 Satz 2 Buchstabe a ABS).

22

Die streitgegenständliche Entwässerungsleitung ist eine Grundstücksentwässerungsleitung im vorgenannten Sinne, da sie der Sammlung und Ableitung des auf den Grundstücken der Klägerin und der Beigeladenen anfallenden Abwassers dient und über die zu entwässernden Grundstücke der Beigeladenen bis zum Grundstücksanschlusskanal für das Grundstück der Beigeladenen zu 1) an der Delitzscher Straße führt.

23

Es handelt sich hingegen nicht um einen über die Grundstücke der Beigeladenen verlaufenden Entwässerungskanal im Sinne von § 2 Abs. 5 Satz 3 ABS.

24

Aus einer Würdigung der Gesamtumstände kann eine Widmung, dass die Entwässerungsleitung einen Teil der öffentlichen Einrichtung der Beklagten bilden soll, nicht entnommen werden. Die Leitung war bereits in der Leitungsbestandskarte der Beklagten aus dem Jahre 1994 nicht enthalten und findet sich auch seither in der Bestandsdokumentation nicht wieder. Vielmehr sind insoweit allein der in der Delitzscher Straße verlaufende Mischwassersammler und der zum Grundstück der Beigeladenen zu 1) führende Grundstücksanschlusskanal verzeichnet. Die Entwässerungsleitung wurde und wird auch nicht von der Beklagten bzw. dem von ihr mit der Abwasserbeseitigung beauftragen Unternehmen betrieben und unterhalten, sondern durch die Beigeladenen. Dem entsprechend hatte die HWA dem Vater der Klägerin im Schreiben vom 04. September 2002 mitgeteilt, dass die "öffentliche Vorflut erst durch den in der Delitzscher Straße liegenden Mischwasserkanal DN 500 gegeben" sei und die Entsorgung des Grundstücks der Klägerin unter Mitbenutzung der privaten Entwässerungsleitungen der Beigeladenen erfolge. In den im Schreiben der HWA vom 12. Februar 2003 enthaltenen abwassertechnischen Anschlussbedingungen wurde erneut auf diesen Umstand hingewiesen sowie bestimmt, dass der Anschluss des Grundstücks der Klägerin an den bereits vorhandenen Grundstücksanschlusskanal des Grundstücks der Beigeladenen zu 1) erfolge, d.h. an die Verbindungsleitung zwischen dem öffentlichen Mischwassersammler in der {L.} Straße und dem privaten Kontrollschacht auf dem Grundstück. Bezeichnender Weise hatte sich die Klägerin in ihrem ersten Schreiben vom 15. August 2013 an die HWS auch nicht auf eine Widmung der Entwässerungsleitung als Bestandteil der öffentlichen Einrichtung berufen, sondern darauf, dass nach § 152 Abs. 2 des Wassergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung Abwasseranlagen in privater Hand als öffentliche Abwasseranlagen, wenn Dritte Zugang zu ihnen haben. Diese Fiktionsregelung hat(te) indes allein Relevanz im Zusammenhang mit der Überwachung von Einleitungen in private Abwasseranlagen, nicht hingegen für die Frage, ob eine Abwasseranlage Bestandteil einer öffentlichen Einrichtung ist (OVG LSA, Urteil vom 04. September 2003 – 1 L 492/02 – Juris Rn. 32).

25

Soweit die Klägerin geltend macht, die Entwässerungsleitung sei bereits zu DDR-Zeiten Teil der öffentlichen Kanalisation gewesen und es habe sich nach Übernahme der Abwasserbeseitigungspflicht durch die Beklagte an dieser rechtlichen Einordnung nichts geändert, vermag sie damit nicht durchzudringen. Aus den insoweit von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Deutschen Handelszentrale Gummi, Asbest und Kunststoffe A-Stadt (Saale) vom 22. August 1961 und vom 11. Mai 1965 lässt sich nichts dafür gewinnen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Entwässerungsleitung um einen öffentlichen Kanal gehandelt hatte. Aus den Schreiben ergibt sich einzig, dass die Deutsche Handelszentrale {G.} A-Stadt (Saale) für ihr Bauvorhaben (Großhandelslager), das auf den Grundstücken der Beigeladenen verwirklicht werden sollte, Entwässerungsleitungen projektierte und insoweit die auf dem Grundstück der Klägerin damals ansässige PGH Möbelbau in das Entwässerungssystem einbezogen hatte. Dafür, dass die Deutsche Handelszentrale {G.} A-Stadt (Saale) im Auftrag eines VEB {H.} tätig geworden und die Entwässerungsleitung von diesem in die öffentliche Kanalisation integriert wurde, geben diese Schreiben nichts her. Soweit es im Schreiben vom 11. Mai 1965 heißt, dass zur Abführung der geschätzten Abflussmengen in das städtische Entwässerungsnetz die Genehmigung des VEB {H.} eingeholt werden müsse, folgt daraus insbesondere nicht, dass die auf dem Baugrundstück der Deutschen Handelszentrale {G.} A-Stadt (Saale) errichtete (und nunmehr streitgegenständliche) Entwässerungsleitung, die in den in der damaligen Straße der DSF (heute {L.} Straße) verlaufenden Sammelschacht einband, selbst Teil des städtischen Entwässerungsnetzes ist.

26

Entgegen der Auffassung der Klägerin war auch nicht jede Entwässerungsleitung – unabhängig davon, von wem sie errichtet wurde und welchen Zweck sie hatte – Teil einer öffentlichen Kanalisation. Derartiges folgte insbesondere nicht aus der Anordnung über die Bildung der VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung vom 23. März 1964 (GBl. DDR III, S. 206), deren Regelungen vielmehr auch vom Vorhandensein nicht öffentlicher Abwasseranlagen ausgingen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 dieser Anordnung wurde für jeden Bezirk aus den bestehenden finanz- und bruttogeplanten Wasserwirtschaftsbetrieben der Bezirke, Kreise, Städte, und Gemeinden ein VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung gebildet, wobeiöffentliche Anlagen der Wasserversorgung und Abwasserbehandlung der Städte und Gemeinden in die VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung einzugliedern waren. Nach § 3 Buchstaben e und f des der Anordnung beigefügten Statuts hatten die VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung die u.a. Aufgaben der Ableitung und Behandlung von häuslichem und gewerblichem Abwasser und Niederschlagswasser bei Anschluss an die öffentliche Kanalisation bzw. die Ableitung von industriellem Abwasser der Betriebe und Einrichtungen in das öffentliche Kanalisationsnetz entsprechend der erteilten Einleitbedingungen, soweit die Abwasserableitung und Abwasserbehandlung aus den Wohn- und Siedlungsgebieten dadurch nicht beeinträchtigt wird und eine eigene Abwasserbehandlung in den Betrieben und Einrichtungen aus volkswirtschaftlichen Gründen nicht gerechtfertigt ist.

27

In der Anordnung über die allgemeinen Bedingungen für den Anschluss von Grundstücken an und für die Einleitung von Abwasser in die öffentlichen Abwasseranlagen (Abwassereinleitbedingungen) vom 10. Januar 1972 (GBl. DDR II, S. 85) wurden sodann die öffentlichen Abwasseranlagen als Anlagen in der Rechtsträgerschaft der Versorgungsträger (VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung oder die örtlichen Räte) zur Ableitung von häuslichem, gewerblichen und industriellem Abwasser definiert (§ 2 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5) und bestimmt, dass die Öffentlichkeit der Anlagen an der Einleitstelle endet, die bei – wie hier – mehreren hintereinander liegenden Grundstücken der Schnittpunkt des Anschlusskanals mit der ersten Grundstücksgrenze darstellte (§ 2 Abs. 3, Abs. 4 Buchstabe d). Dagegen bildeten Grundstücksleitungen Leitungen der Bedarfsträger, die das Abwasser den Anschlusskanälen zuführen. Soweit in § 21 Abs. 3 der Anordnung bestimmt war, dass die vor In-Kraft-Treten dieser Anordnung begründeten Eigentumsverhältnisse an Anschlusskanälen einschließlich der damit verbundenen Verantwortlichkeit für Betrieb und Werterhaltung der Anschlusskanäle bestehen bleiben, setzte auch diese Regelung das Vorhandensein nicht öffentlicher Entwässerungsleitungen voraus. Entsprechende Regelungen finden sich in den Einleitungsbedingungen vom 20. Juli 1978 (GBl. DDR I, S. 324) und vom 22. Dezember 1987 (GBl. DDR I, S. 27). Auch danach ist bzw. war die streitgegenständliche Entwässerungsleitung nicht als öffentliche Abwasseranlage, sondern als nicht öffentliche Grundstücksleitung einzuordnen. Im Hinblick darauf hilft auch der Verwies der Klägerin auf die Regelungen des § 9 Abs. 1, Abs. 9 des Grundbuchbereinigungsgesetzes i.V.m. § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b der Verordnung zur Durchführung des Grundbuchbereinigungsgesetzes und anderer Vorschriften auf dem Gebiet des Sachsenrechts vom 20. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3900) nicht weiter.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind aus Billigkeitsgründen für erstattungsfähig zu erklären, da diese sich durch die Stellung eines Sachantrags einem Kostenrisiko ausgesetzt haben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Halle Urteil, 11. Mai 2016 - 4 A 196/14

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla
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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 21. Okt. 2014 - 4 L 195/13

bei uns veröffentlicht am 21.10.2014

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen einen Schmutzwassergebührenbescheid des Beklagten, mit dem sie zur Zahlung einer Grund- und Verbrauchsgebühr für einen Gebührenzeitraum im Jahr 2010 herangezogen wird. 2 Sie ist Eigentümerin des Wohngr

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Schmutzwassergebührenbescheid des Beklagten, mit dem sie zur Zahlung einer Grund- und Verbrauchsgebühr für einen Gebührenzeitraum im Jahr 2010 herangezogen wird.

2

Sie ist Eigentümerin des Wohngrundstücks B-Straße, das im Baugebiet „(S.)“ im Verbandsgebiet des Beklagten liegt, der bis zum Beitritt einer weiteren Mitgliedsgemeinde am 1. Juli 2009 die Bezeichnung AZV (...) trug.

3

Nach dem im August 2000 genehmigten Bebauungsplan Nr. 2 „(S.) O-Stadt“ der ehemaligen Gemeinde S. sollten in dem neu zu erschließenden Baugebiet dreizehn Einfamilienhäuser sowie eine Trennkanalisation mit einer Tropfkörperkleinkläranlage als Sammelkläranlage errichtet werden. Nach einer Vereinbarung zwischen dem Erschließungsträger und dem AZV (...) sollte der Erschließungsträger die Anlage errichten und der Verband sie nach Beendigung der Arbeiten und Erreichen bestimmter Abwasserwerte übernehmen. Die Anlage wurde in der Folgezeit nur teilweise errichtet und seit dem Jahr 2003 als abflusslose Sammelgrube für die Abwässer der Grundstücke des Baugebietes betrieben; eine Fertigstellung erfolgte nicht.

4

Anfang des Jahres 2008 wurde die Tropfkörperkleinkläranlage im Auftrag von Anwohnern zu einer biologischen Kleinkläranlage umgerüstet. Der Überlauf entwässerte in freies Gelände; eine wasserrechtliche Erlaubnis lag nicht vor. Nachdem die Gemeinde S. zunächst eine Schmutzwasserentsorgung durch dezentrale Anlagen auf den Grundstücken des Baugebietes geplant hatte, beschloss ihr Gemeinderat im April 2009, zur Abwasserentsorgung in dem Baugebiet eine Trennkanalisation und eine Sammelkläranlage neu errichten zu lassen. Die Teilabnahme des in dem Zeitraum vom 10. August 2009 bis 31. Mai 2010 errichten Abwasserleitungssystems und der Sammelkläranlage, einer SBR-Kleinkläranlage, erfolgte am 16. Dezember 2009. Mit Bescheid vom 13. November 2009 hatte der Burgenlandkreis dem Beklagten die wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung von biologisch gereinigtem häuslichem Schmutzwasser und von unverschmutztem Niederschlagswasser aus dem Wohnbaugebiet „(S.)“ unter Benutzung einer Kleinkläranlage mit 16 Einwohnerwerten erteilt. Das auf dem klägerischen Grundstück und mehreren benachbarten Grundstücken anfallende Schmutzwasser wird seit Anfang 2010 über eine im Baugebiet verlegte Sammelleitung dieser Anlage zugeführt und von dort nach Reinigung in das Gewässer Aga geleitet.

5

Nach einer Freistellungssatzung des AZV (...) vom 13. März 2008 sollten u.a. die in der Gemeinde S. gelegenen Grundstücke mit der Straßenbezeichnung (S.) 01 bis 14 ab 29. März 2008 gem. § 151 Abs. 5 Satz 1 WG LSA von seiner Abwasserbeseitigungspflicht ausgenommen werden.

6

Mit Bescheid vom 24. September 2010 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für den Zeitraum vom 18. Februar 2010 bis 25. Juni 2010 eine Grund- und Verbrauchsgebühr in Höhe von insgesamt 220,86 € fest.

7

Nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin am 20. Juli 2012 Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Halle erhoben. Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, das Grundstück sei an eine dezentrale Gemeinschaftskläranlage angeschlossen, so dass die Erhebung einer zentralen Gebühr nicht gerechtfertigt sei. Weiterhin sei infolge der Freistellungssatzung des Beklagten vom 13. März 2008 eine Gebührenpflicht nicht gegeben.

8

Das Verwaltungsgericht hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2013 den Gebührenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2012 aufgehoben. Die Klägerin habe im streitigen Zeitraum keine öffentliche Schmutzwassereinrichtung des Beklagten in Anspruch genommen. Zwar sei die Kleinkläranlage in dem Baugebiet „(S.)“ zunächst Teil der öffentlichen Einrichtung des Beklagten gewesen. Auch habe der Beklagte die Kläranlage im streitigen Zeitraum betrieben. Dazu sei er berechtigt gewesen, da ihm die Aufgabe der Abwasserbeseitigung übertragen worden sei. Allerdings habe der Beklagte die durch konkludente Widmung bestimmte Nutzung der Kläranlage durch die Grundstücke des Baugebiets „(S.)“ mit einer konkludenten Entwidmung im Jahr 2008 wieder aufgehoben. Ausweislich der Freistellungssatzung vom 13. März 2008 habe er die Grundstücke in dem Baugebiet von der Abwasserbeseitigungspflicht ausgenommen. Würden sämtliche Grundstücke, die - wie hier - in eine für sie bestimmte Entwässerungsanlage entwässerten, wirksam von der Abwasserbeseitigungspflicht ausgeschlossen, so könne dies nur bedeuten, dass die bislang öffentliche Entwässerungsanlage nicht mehr Teil der öffentlichen Einrichtung sein solle. Für eine Ausgliederung der Kläranlage spreche im Übrigen ebenfalls der in der mündlichen Verhandlung eingeworfene Vorschlag des Beklagten, eine Übernahme der Kläranlage durch die Bewohner des Baugebiets „(S.)“ werde begrüßt.

9

Auf den Antrag des Beklagten hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 13. November 2013 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zugelassen.

10

Der Beklagte trägt vor, das streitbefangene Grundstück sei zwar im Jahre 2008 dauerhaft von der zentralen Abwasserbeseitigung befreit worden. Die Voraussetzungen für den Erlass der Freistellungssatzung seien gegeben gewesen, da die Satzung auf einem wasserrechtlich genehmigten Abwasserbeseitigungskonzept beruhe. Eine Übernahme von Abwasser durch den Verband sei wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwands nicht angezeigt gewesen. Nach Inkrafttreten der Satzung sei ihm auf seinen Antrag jedoch eine wasserrechtliche Erlaubnis für eine zentrale Entsorgung erteilt worden. Die Sammelkläranlage sei erst nach Vorliegen dieser Erlaubnis von ihm betrieben worden. Zudem hätten sich das Leitungssystem und die Kläranlage stets in seinem Anlagevermögen und auch in dessen Lageverzeichnis befunden. Damit liege eine konkludente Widmung dieser Anlage vor. Dem stehe die Freistellungssatzung nicht entgegen, denn diese verpflichte den jeweiligen Grundstückseigentümer dazu, sein Abwasser zukünftig eigenständig zu entsorgen. Sie verpflichte aber den Verband nicht dazu, keine öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen im jeweiligen Gebiet zu betreiben. Dies würde zwar betriebswirtschaftlich keinen Sinn machen, wenn sämtliche Grundstückseigentümer im Wohngebiet ihrer satzungsrechtlichen Pflicht zur eigenständigen Beseitigung des Abwassers nachkommen würden. Untersagt sei dies dadurch aber nicht. Außerdem habe er ja feststellen können, dass die Grundstückseigentümer nach wie vor trotz der Freistellungssatzung ihr Abwasser der Sammelkläranlage zuführten. Die Klägerin sei ihrer satzungsrechtlichen Pflicht, selbständig die Abwasserbeseitigung durchzuführen, nicht nachgekommen und habe insoweit rechtswidrig gehandelt. Dies sei für das Entstehen des Gebührenanspruchs aber irrelevant, da jedenfalls eine tatsächliche Inanspruchnahme der Kläranlage durch sie erfolgt sei. Schließlich bestünden selbst fehlender Widmung der Anlage jedenfalls Bereicherungsanspruche gegen die Klägerin, der wohl den streitbefangenen Gebührenanspruch übersteige.

11

Der Beklagte beantragt,

12

das auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 4. Kammer - abzuändern und die Klage abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie macht geltend, Umbau und Betrieb der als abflusslose Sammelgrube betriebene Tropfkörperkleinkläranlage durch die Anwohner als Gemeinschafts-Kleinkläranlage sei ausweislich eines Aktenvermerks des Burgenlandkreises vom 24. Februar 2009 mit dem Beklagten abgestimmt gewesen. Die umgebaute Anlage habe auch einwandfrei funktioniert. Den Betrieb der neuen Sammelkläranlage habe der Beklagte nach eigenen Angaben in einer Verbandsversammlung vom 12. Dezember 2011 erstmals Anfang 2011 übernommen. Dass einem der Grundstückseigentümer in dem Baugebiet eine wasserrechtliche Erlaubnis für den Betrieb einer Kleinkläranlage auf dem Grundstück erteilt worden und dieser nicht an die Gemeinschaftskläranlage angeschlossen sei, sei ein untrügliches Indiz dafür, dass der Beklagte sich an die satzungsrechtlich erklärte Freistellung der Grundstücke im Baugebiet dauerhaft gebunden habe und keine öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung bezüglich der Schmutzwasserentsorgung im Baugebiet vornehmen wolle. Von einer öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft an der streitbefangenen Kläranlage könne keine Rede sein, sondern der Ausschluss von der zentralen Schmutzwasserbeseitigung sei im allseitigen Einvernehmen in die Tat umgesetzt worden. Der Beklagte habe die Anlage entgegen seiner Behauptung auch nicht in seinen Anlagebestand übernommen. Da der Beklagte an dem Ausschluss des Grundstücks von seiner Abwasserbeseitigungspflicht mit einer Freistellungssatzung vom 18. Februar 2013 festgehalten habe, dürfte für konkludente Erklärungen zur Widmung bzw. Entwidmung kein Raum mehr sein. Außerdem sei der Beklagte selbst ausweislich eines Protokolls einer Verbandsversammlung vom 30. Januar 2012 von einer dezentralen Entsorgung ausgegangen.

16

Im Übrigen betreibe der Beklagte seine zu einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung zusammengefassten zentralen Kanalisations- und Abwasserbehandlungsanlagen auf Grund der ihm obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht. Abgaben dürfe ein Verband nur für Einrichtungen erheben, dessen Betrieb ihm als eigene gesetzliche Aufgabe obliege. Die ursprünglich einmal vorhandene öffentliche Aufgabe Abwasserbeseitigung für das Baugebiet „(S.)“ sei mit In-Kraft-Treten der Freistellungssatzung vom 13. März 2008 entfallen, so dass der Beklagte mit dem Weiterbetrieb der Anlage keine ihm bisher obliegende Abwasserbeseitigungspflicht mehr erfüllt habe. Eine Freistellung sei auf Grund der Siedlungsstruktur angezeigt gewesen. Für freiwillig übernommene Aufgaben habe der allgemeine Gebührenzahler keine allgemeine Nutzungsgebühr zu entrichten. Deshalb komme es auch nicht in erster Linie darauf an, ob eine konkludente Entwidmung und konkludente erneute Widmung erfolgt sei. Der Argumentation in der Berufungsbegründung, dem Beklagten sei es nicht verboten, im „Freistellungsgebiet“ eine Abwasserbeseitigungsanlage zu betreiben, werde zugestimmt. Allerdings könne die tatsächliche Inanspruchnahme allenfalls einen zivilrechtlichen Entgeltanspruch auslösen.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und des Burgenlandkreises Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.

19

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 24. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

20

Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung ist § 5 KAG LSA i.V.m. der Beitrags-, Gebühren- und Grundstücksanschlusskostensatzung des Beklagten vom 19. Juli 2010 - BGGS -, die gem. ihrem § 26 rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist und nach ihrem § 1 Abs. 1 Satz 2 für das Entsorgungsgebiet des ehemaligen AZV „(...)“ gilt.

21

1. Einwände gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Gebührensatzung sind weder geltend gemacht noch sonst nach dem im Berufungsverfahren maßgeblichen Prüfungsmaßstab ersichtlich.

22

2. Die Voraussetzungen für eine Erhebung einer Benutzungsgebühr in Form einer Verbrauchs- und Grundgebühr sind erfüllt.

23

Gemäß § 9 Abs. 1 GKG LSA, § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA i.V.m. § 14 BGGS erhebt der Beklagte als Gegenleistung für die Inanspruchnahme u.a. der öffentlichen zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage verbrauchsabhängige Schmutzwassergebühren, die in Verbrauchs- und Grundgebühren unterteilt sind.

24

a) Die im Zeitraum August 2009 bis Mai 2010 neu errichtete Sammelkläranlage in dem Baugebiet „(S.)“ sowie die ebenfalls neu gelegten Leitungen zu dieser Anlage waren entgegen der Auffassung der Klägerin im streitbefangenen Gebührenzeitraum Teil der öffentlichen Einrichtung des Beklagten zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung.

25

(1) Eine ausreichende Widmung dieser Anlagen(teile) als Teil einer öffentlichen Einrichtung des Beklagten zur Schmutzwasserbeseitigung liegt vor.

26

Eine Anlage oder ein Anlagenteil kann auch durch eine konkludente Widmung zum Bestandteil einer öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtung i.S. der Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt bzw. des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt werden. Dazu ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschlüsse v. 21. Juni 2013 - 4 L 187/12 - und v. 30. August 2011 - 4 L 226/10 -; vgl. auch Beschl. v. 25. August 2009 - 4 L 417/08 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10. Februar 2012 - 15 A 2020/11 -, zit. nach JURIS; OVG Thüringen, Urt. v. 3. September 2008 - 1 KO 559/07 -, zit. nach JURIS -).

27

Eine konkludente Widmung der streitbefangenen Anlage(nteile) folgt hier aus dem Betrieb der wasserrechtlich genehmigten Sammelkläranlage, mit der die Entsorgung eines Baugebietes sichergestellt werden sollte (vgl. dazu auch VGH Bayern, Urt. v. 21. Dezember 2000 - 23 B 00.2132 -, zit. nach JURIS), der Erhebung von Benutzungsgebühren (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13. Mai 2011 - 15 A 2825/10 -, zit. nach JURIS; Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2011, § 58 Rdnr. 17) sowie aus mehreren ausdrücklichen Erklärungen des Beklagten gegenüber den angeschlossenen Grundstückseigentümern. Der Beklagte hat die Sammelkläranlage auf der Grundlage der ihm erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis vom 13. November 2009 im maßgeblichen Gebührenzeitraum zur Klärung von Abwässern der Grundstücke des Baugebiets „(S.)“ und zur Einleitung der vorgeklärten Abwässer in das Gewässer Aga betrieben. Dass der Geschäftsführer des Beklagten in einer Verbandsversammlung vom 12. Dezember 2011 erklärte, die Anlage werde „seit Anfang des Jahres vom Betriebsführer“ betrieben, steht dem nicht entgegen. Es ist unstreitig, dass die Anlage zumindest seit Februar 2010 betrieben worden ist. Dass jemand anderer als der Beklagte dies getan haben sollte, ist weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Vielmehr hat der Beklagte in einem Schreiben vom 12. Januar 2010 ausdrücklich erklärt, er habe die Anlage in Betrieb genommen und u.a. die Angabe des Standes der Wasseruhr angefordert. Es handelt sich danach bei der Aussage in der Verbandsversammlung entweder um einen Irrtum oder um den Hinweis auf die Beauftragung eines Dritten zum Betrieb der Anlage. Weiterhin hat die Verbandsversammlung des Beklagten am 12. November 2011 ausdrücklich - wie schon im April 2009 angekündigt - die Übernahme der Sammelkläranlage, der Schmutzwasserleitung und der Hausanschlüsse von der Gemeinde zu einem bestimmten Herstellungswert beschlossen, und der Beklagte hat nicht nur für die Nutzung der Anlage Benutzungsgebühren erhoben, sondern auch schon vor dem Gebührenzeitraum mit Schreiben vom 15. Februar 2010 erklärt, alle Einleiter unterlägen der Satzungshoheit des Verbandes. Ob die Anlage(nteile) im Bestandsverzeichnis des Beklagten aufgeführt sind, ist danach nicht maßgeblich. Von vornherein keine Bedeutung für das Vorliegen einer Widmung hat der vom Verwaltungsgericht angesprochene Vorschlag des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, eine Übernahme der Kläranlage durch die Bewohner des Baugebiets werde begrüßt.

28

(2) Durch die Widmung erfolgte auch eine Einbeziehung der Anlage(nteile) in die Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung.

29

Nach § 1 Abs. 1 der für den streitbefangenen Zeitraum noch gültigen Schmutzwasserbeseitigungssatzung des AZV (...) vom 24. August 2005 - SBS -, teilweise i.d.F. der 1. Änderungssatzung vom 18. April 2007, teilweise i.d.F. der 2. Änderungssatzung 19. Juli 2010, betrieb der Beklagte zur Abwasserbeseitigung in seinem Entsorgungsgebiet je eine rechtlich selbständige Abwasseranlage als öffentliche Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung [a)], Entsorgung von Kleinkläranlagen (KKA) einschließlich öffentlicher Abflussleitungen zur Ableitung vorgeklärten Schmutzwassers [b)] und Entsorgung von abflusslosen Gruben [c)]. Die Abwasserbeseitigung erfolgte gem. § 1 Abs. 2 SBS mittels zentraler Kanalisations- und Abwasserbehandlungsanlagen (Kläranlage) und mittels Einrichtung und Vorkehrung zur Abfuhr und Behandlung von Abwasser einschließlich Fäkalschlamm (dezentrale Abwasseranlage) und Fortleitung vorgeklärten Abwassers.

30

Die Einrichtung des Beklagten zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung ist nach diesen Regelungen eine öffentliche leitungsgebundene Einrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA, bei der mehrere Grundstücke ihr Schmutzwasser über ein Leitungsnetz in eine oder mehrere Kläranlagen ableiten. Im Gegensatz dazu stehen die beiden dezentralen Einrichtungen zur Entsorgung des Schmutzwassers über jeweils auf dem Grundstück befindliche, abflusslose Sammelgruben oder Kleinkläranlagen. Diese Unterscheidung ergibt sich aus den Begrifflichkeiten in § 1 Abs. 1 SBS und aus der Bestimmung in § 1 Abs. 2 SBS. Als Kleinkläranlagen i.S.d. § 1 Abs. 1 Buchst. b SBS sind nach Sinn und Zweck der Regelungen nur solche Anlagen anzusehen, die sich auf dem Grundstück befinden. Die streitbefangene Sammelkläranlage, an die nutzungsberechtigte Grundstücke eines Baugebietes angeschlossen werden können und die zur Aufnahme des gesamten auf den angeschlossenen Grundstücken anfallenden Schmutzwassers bestimmt ist, sowie das dazugehörige Leitungsnetz sind daher als Teil einer öffentlichen Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung anzusehen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 25. Juli 2011 - 4 L 182/10 -, Urt. v. 4. September 2003 - 1 L 493/02 -, jeweils zit. nach JURIS; Wellmann/Queitsch/Fröhlich, WHG, 2010, § 56 Rdnr. 32). Zwar handelt es sich bei einer solchen Sammelkläranlage, die technisch auch als Kleinkläranlage bezeichnet wird, wasserrechtlich wohl um eine Anlage zu dezentralen Abwasserbehandlung i.S.d. § 18a Abs. 1 Satz 2 WHG a.F. bzw. § 55 Satz 2 WHG (Kotulla, WHG, 2. A., § 55 Rdnr. 14; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 18a Rdnr. 13a; vgl. auch Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. A., § 55 Rdnr. 11, 12; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 55 WHG Rdnr. 18, 19; Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG 2011, § 55 Rdnr. 14 ff.). Dies hat aber für die Bestimmung des Umfangs der jeweiligen öffentlichen Einrichtung keine Bedeutung, da selbst leitungsmäßig voneinander getrennte Entwässerungssysteme als rechtlich einheitliche Einrichtung betrieben werden dürfen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 24. September 2008 - 2 LB 2/08 -, zit. nach JURIS, m.w.N.). Auch eine möglicherweise entgegenstehende Äußerung in der Verbandsversammlung des Beklagten vom 30. Januar 2012 ist rechtlich ohne Relevanz.

31

Ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG liegt darin nicht (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 21. Juni 2006 - 4 L 105/06 -). Das Willkürverbot des Art. 3 GG ist erst dann verletzt, wenn technisch voneinander unabhängige Entwässerungssysteme rechtlich zu einer Einrichtung zusammengefasst werden, die infolge ihrer unterschiedlichen Arbeitsweise und/oder Arbeitsergebnisse den anzuschließenden Grundstücken so unterschiedliche Vorteile vermitteln, dass sie schlechterdings nicht vergleichbar sind (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 28. September 2009 - 4 K 356/08 -; Beschl. v. 21. Juni 2006 - 4 L 105/06 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Die streitige Sammelkläranlage und größere Kläranlagen stellen durchaus vergleichbare Entwässerungssysteme dar, weil dort jeweils nicht vorgeklärtes Schmutzwasser über Leitungen gesammelt, (vor)behandelt und in den Vorfluter geleitet wird. Demgegenüber besteht mit den jeweils zu Einrichtungen für die dezentrale Entsorgung zusammengefassten Anlagen i.S.d. § 1 Abs. 1 Buchst. b und c SBS keine solche Vergleichbarkeit. Die Grundstückseigentümer, deren Grundstücke über Leitungen mit einer für ein Baugebiet errichteten Sammelkläranlage verbunden sind und die keine Vorklärung durchführen müssen, haben gegenüber den Grundstückseigentümern, die ihre Abwässer über auf den eigenen Grundstücken befindliche Hauskläranlagen oder Sammelgruben entsorgen, eine deutlich unterschiedliche Vorteilssituation. Auch sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sich die Reinigungsergebnisse der Sammelkläranlage und der größerer Kläranlagen wesentlich unterscheiden.

32

(3) Die Freistellungssatzung des AZV (...) vom 18. März 2008 steht einer Widmung nicht entgegen.

33

(a) Es kann offen bleiben, ob die Gemeinden und damit die Zweckverbände mit einer öffentlichen Einrichtung grundsätzlich nur eine in ihren Wirkungskreis fallende Aufgabe erfüllen dürfen, so dass sich jedenfalls die Widmung der Einrichtung im Rahmen des Aufgabenbereichs der Körperschaft halten muss und auch eine Benutzungsgebührenpflicht nur für eine in diesem Rahmen erbrachte Aufgabenerfüllung bestehen kann (vgl. zu Niederschlagswassergebühren OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Mai 2013 - 4 L 231/11 -, zit. nach JURIS, m.w.N.). Denn die Freistellungssatzung war hinsichtlich der Grundstücke in dem Baugebiet „(S.)“ teilweise nichtig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm jedenfalls für die Schmutzwasserbeseitigung nicht erfüllt waren.

34

Gemäß § 151 Abs. 5 Satz 1 WG LSA in der von 22. April 2005 bis 31. März 2011 gültigen Fassung - WG LSA a.F. - kann die Gemeinde auf der Grundlage ihres genehmigten Abwasserbeseitigungskonzepts durch Satzung Abwasser aus ihrer Beseitigungspflicht ganz oder teilweise ausschließen, wenn

35

1. das Abwasser wegen seiner Art oder Menge nicht zusammen mit dem in Haushaltungen anfallenden Abwasser beseitigt werden kann,

36

2. eine Übernahme des Abwassers wegen technischer Schwierigkeiten, wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwandes oder aufgrund der Siedlungsstruktur nicht angezeigt ist oder

37

3. dies aus anderen Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten ist

38

und eine gesonderte Beseitigung des Abwassers das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt.

39

Aus der bundesrechtlichen Rahmenregelung des § 18a Abs. 2 WHG a.F. bzw. § 56 WHG ergibt sich, dass die Abwasserbeseitigungspflicht grundsätzlich der öffentlichen Hand übertragen sein soll und nur ausnahmsweise eine Verlagerung auf private Dritte in Betracht kommen kann (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 14. September 2000 - 3 M 166/00 -, zit. nach JURIS). Darauf basierende landesrechtliche Bestimmungen stellen daher eng auszulegende Ausnahmeregelungen dar (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 4. Juli 2014 - 2 L 126/12 - und Urt. v. 4. November 2004 - 1 K 345/03 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21. Dezember 1995 - 1 A 10571/95 -, jeweils zit. nach JURIS; Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. A., § 56 Rdnr. 18; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 56 Rdnr. 19).

40

Das von den Wohngrundstücken in dem Baugebiet „(S.)“ stammende Schmutzwasser war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Freistellungssatzung weder nach Art noch nach Menge i.S.d. § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 WG LSA a.F. ungeeignet, zusammen mit dem in Haushaltungen anfallenden Abwasser zentral beseitigt zu werden.

41

Eine Übernahme des auf den Grundstücken anfallenden Schmutzwassers war weiterhin nicht i.S.d. § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WG LSA a.F. wegen technischer Schwierigkeiten, wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwandes oder auf Grund der Siedlungsstruktur angezeigt. Anhaltspunkte dafür, dass eine zentrale Abwasserbeseitigung in dem Baugebiet wegen technischer Schwierigkeiten im Jahr 2008 nicht möglich war, gibt es nicht. Auch hatte eine zentrale Entsorgung keinen unverhältnismäßig hohen Aufwand zur Folge. Angesichts des Schutzzwecks des § 151 Abs. 5 Satz 1 WG LSA a.F. und der überragenden Bedeutung, die einer ordnungsgemäßen schadlosen Abwasserbeseitigung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zukommt, ist bei der Frage, welcher Aufwand einer eigentlich abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaft zuzumuten ist, um eine ordnungsgemäße zentrale Abwasserbeseitigung zu gewährleisten, ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 4. November 2004, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21. Dezember 1995, a.a.O.). Dass die Kosten einer zentralen Schmutzwasserbeseitigung zu dem Nutzen durch die dauerhafte Sicherung einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung durch einen Anschluss der betroffenen Grundstücke in dem Baugebiet an eine zentrale Schmutzwasserbeseitigung außer Verhältnis standen, ist weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Dagegen spricht schon der Umstand, dass die Gemeinde S. nur etwas mehr als ein Jahr nach Erlass der Freistellungssatzung mit Unterstützung des Verbandes die Entscheidung getroffen hatte, eine zentrale Entwässerung herzustellen. Zudem betrug der Herstellungswert der von der Gemeinde dann errichteten Sammelkläranlage mit 16 Einwohnerwerten, der Schmutzwasserleitung und der Hausanschlüsse, zu dem der Beklagte diese Anlagenteile übernommen hat, nach einem Beschluss der Verbandsversammlung des Beklagten vom 12. Dezember 2011 nur 36.430,59 €. Schließlich stand auch die Siedlungsstruktur einer zentralen Entsorgung nicht entgegen. Ob diese Tatbestandsvoraussetzung neben den beiden anderen Voraussetzungen des § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WG LSA a.F. noch einen eigenständigen Regelungsgehalt hat (vgl. dazu § 151 Abs. 4 Satz 1 WG LSA i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. April 1998), kann dahinstehen. Ebenfalls offen bleiben kann, ob insoweit nur auf die tatsächliche Umgebungsbebauung der betroffenen Grundstücke oder die zu erwartende Bebauung abzustellen ist. Jedenfalls wenn - wie hier - die Grundstücke in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Neubaugebiet liegen, ist die bauliche Planung maßgeblich. Bei dem Baugebiet „(S.)“ handelte es sich nach der genehmigten Bauleitplanung um ein einheitliches Neubaugebiet für dreizehn Einfamilienhäuser. Eine derartige Siedlungsstruktur führt nicht zu der Annahme, dass eine dezentrale Entsorgung des Baugebietes angezeigt ist.

42

Die Vorgabe des § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WG LSA a.F. war schließlich ebenfalls nicht erfüllt. Es handelt sich dabei um einen Auffangtatbestand, der allein dann eingreift, wenn nicht nur ein überwiegendes öffentliches Interesse gegeben ist, sondern der Ausschluss deshalb auch geboten ist. Eine abschließende Bestimmung des Regelungsgehalts dieser Norm ist nicht erforderlich (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 4. Juli 2014, a.a.O., zu § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WG LSA, zit. nach JURIS; vgl. auch VG Magdeburg, Urt. v. 6. Juni 2012 - 9 A 23/11 -, zu § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WG LSA, zit. nach JURIS). Jedenfalls lag angesichts der ursprünglichen Planung für ein Neubaugebiet mit zentraler Abwasserbeseitigung, auf Grund derer tatsächlich auch Wohnhäuser errichtet worden sind, kein überwiegendes öffentliches Interesse für eine Entsorgung des Schmutzwassers der Grundstücks dieses Baugebietes über Kleinkläranlagen und abflusslose Sammelgruben vor. Dass sowohl die Gemeinde S. als auch der AZV (...) zwischenzeitlich andere Vorstellungen entwickelt hatten, ändert daran ebenso wenig wie der Umstand, dass die ursprüngliche Planung auf dem mit Gesetz vom 15. April 2005 (GVBl. S. 208) aufgehobenen § 151 Abs. 4 Satz 3 WG LSA i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. April 1998 beruhte, nach dem für Neubaugebiete keine Freistellung erfolgen sollte.

43

Nicht entschieden werden muss danach, ob eine gesonderte Beseitigung des Abwassers in dem Baugebiet durch die Klägerin und die Kläger in den Parallelverfahren nicht schon deshalb das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigte, weil diese weder zum Zeitpunkt des Erlasses der Freistellungssatzung noch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung für ihre Grundstücke technisch über die Möglichkeit verfügten, der Abwasserbeseitigungspflicht selbst nachzukommen.

44

Dass das Abwasserbeseitigungskonzept des AZV (...) im Zeitpunkt des Erlasses der Freistellungssatzung keine zentrale Entsorgung der Grundstücke in dem Baugebiet „(S.)“ vorsah, führt zu keinem anderen Ergebnis. Eine entgegenstehende Festlegung in dem Abwasserbeseitigungskonzept des Verbandes ist hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht unbeachtlich, wenn sie gegen die maßgeblichen Regelungen des Wassergesetzes verstößt (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 4. Juli 2014, a.a.O.). Ein Vorrang dieses Konzepts gegenüber den gesetzlichen Vorgaben besteht auch nicht deshalb, weil die eigentlich abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft die Satzung über den Ausschluss von der Beseitigungspflicht gem. § 151 Abs. 5 Satz 1 WG LSA a.F. nur „auf der Grundlage ihres genehmigten Abwasserbeseitigungskonzepts“ beschließen darf. Damit wird lediglich sichergestellt, dass die Satzung und das Abwasserbeseitigungskonzept übereinstimmen und mittelbar eine Vorprüfung durch die Wasserbehörde stattgefunden hat (vgl. auch die Gesetzesbegründung in LT-DrS 4/1789 vom 2. September 2005, S. 94).

45

Offen bleiben kann, ob nicht selbst bei einer Wirksamkeit der Freistellungssatzung auf Grund des tatsächlich erfolgten Anschlusses von Grundstücken zumindest eine Verpflichtung des Beklagten bestand, nach § 151 Abs. 7 Satz 1 WG LSA a.F. den Ausschluss von der Abwasserbeseitigungspflicht für diese Grundstücke aufzuheben, und welche Folgen diese Verpflichtung für den Umfang der Aufgabenerfüllung durch den Beklagten hätte.

46

(b) Aus der Freistellungssatzung vom 13. März 2008 ergibt sich auch - unabhängig von deren Teilnichtigkeit - kein die konkludente Widmung ausschließender Rechtsschein.

47

Zwar war auf Grund der Beschlussfassung der Satzung der Wille des AZV (...) erkennbar, im März 2008 einen Ausschluss von seiner Abwasserbeseitigungspflicht für die Grundstücke in dem Baugebiet „(S.)“ zu veranlassen. Die Freistellung hat gem. § 151 Abs. 5 Satz 2, 6 Satz 1 WG LSA a.F. zur Folge, dass die eigentlich gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 WG LSA a.F. beseitigungspflichtige Körperschaft nicht mehr - außer hinsichtlich des abflusslosen Gruben gesammelten Abwassers und Schlamms aus Absetz- und Ausfaulgruben (vgl. § 151 Abs. 1 Satz 2 WG LSA a.F.) - zur Beseitigung des Abwassers der erfassten Grundstücke verpflichtet ist, sondern derjenige, bei dem es anfällt. Damit war gleichzeitig auch ersichtlich, dass der Verband die damals auf Veranlassung von Anwohnern umgebaute Tropfkörperkleinkläranlage nicht als Bestandteil seiner Einrichtung ansah und davon ausging, die Anwohner könnten die Abwasserbeseitigungspflicht übernehmen. Diese Willensbekundung des Verbandes wurde aber durch den später erfolgten Bau einer neuen Sammelkläranlage, die Beantragung der wasserrechtlichen Genehmigung und das darauf folgende tatsächliche Verhalten des Beklagten derart überlagert, dass sie einer konkludenten Widmung dieser Anlage(nteile) nicht entgegenstand. Dass der Beklagte den Ausschluss des Abwassers der Grundstücke von der Abwasserbeseitigungspflicht nicht gem. § 151 Abs. 7 Satz 1 WG LSA a.F. aufgehoben hat, ist angesichts der die konkludente Widmung tragenden Gesamtumstände ebenfalls unbeachtlich. Auf die Freistellungssatzung des Beklagten vom 18. Februar 2013, die nach dem streitigen Gebührenzeitraum erlassen wurde, kommt es von vornherein nicht an.

48

b) Die Benutzungsgebühr ist eine Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung. Eine solche Inanspruchnahme durch die Klägerin lag im Gebührenzeitraum vor, weil das Schmutzwasser ihres Grundstücks unstreitig über die Sammelkläranlage entsorgt worden ist.

49

3. Durchgreifende Einwände gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Gebührensatzung im Übrigen sowie gegen die Berechnung der Gebühren sind weder geltend gemacht noch sonst nach dem im Berufungsverfahren maßgeblichen Prüfungsmaßstab ersichtlich.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

52

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


(1) Zum Besitz und Betrieb sowie zur Unterhaltung und Erneuerung von Energieanlagen (Anlagen zur Fortleitung von Elektrizität, Gas und Fernwärme, einschließlich aller dazugehörigen Anlagen, die der Fortleitung unmittelbar dienen) auf Leitungstrassen, die am 3. Oktober 1990 in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet genutzt waren, wird zugunsten des Versorgungsunternehmens (Energieversorgungsunternehmen im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes und Fernwärmeversorgungsunternehmen), das die jeweilige Anlage bei Inkrafttreten dieser Vorschrift betreibt, am Tage des Inkrafttretens dieser Vorschrift eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit an den Grundstücken begründet, die von der Energieanlage in Anspruch genommen werden. § 892 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt in Ansehung des Ranges für Anträge, die nach dem Inkrafttreten dieser Vorschrift, im übrigen erst für Anträge, die nach dem 31. Dezember 2010 gestellt werden. Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht oder einem dinglichen Nutzungsrecht im Sinne des Artikels 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche belastet, ruht die Dienstbarkeit als Gesamtbelastung auf dem Grundstück und dem Erbbaurecht oder Gebäudeeigentum.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, soweit Kunden und Anschlußnehmer, die Grundstückseigentümer sind, nach der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 684), der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 676) oder der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 742) zur Duldung von Energieanlagen verpflichtet sind, sowie für Leitungen über oder in öffentlichen Verkehrswegen und Verkehrsflächen.

(3) Das Versorgungsunternehmen ist verpflichtet, dem Eigentümer des nach Absatz 1 mit dem Recht belasteten Grundstücks, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 3 als Gesamtgläubiger neben dem Inhaber des Erbbaurechts oder Gebäudeeigentums, einen einmaligen Ausgleich für das Recht zu zahlen. Dieser Ausgleich bestimmt sich nach dem Betrag, der für ein solches Recht allgemein üblich ist. Die erste Hälfte dieses Betrags ist unverzüglich nach Eintragung der Dienstbarkeit zugunsten des Versorgungsunternehmens und Aufforderung durch den Grundstückseigentümer, frühestens jedoch am 1. Januar 2001 zu zahlen, die zweite Hälfte wird am 1. Januar 2011 fällig. Das Energieversorgungsunternehmen ist zur Zahlung eines Ausgleichs nicht verpflichtet, wenn das Grundstück mit einer Dienstbarkeit des in Absatz 1 bezeichneten Inhalts belastet ist oder war und das Grundstück in einem diese Berechtigung nicht überschreitenden Umfang genutzt wird oder wenn das Versorgungsunternehmen auf die Dienstbarkeit nach Absatz 6 vor Eintritt der jeweiligen Fälligkeit verzichtet hat. Zahlungen auf Grund der Bodennutzungsverordnung vom 26. Februar 1981 (GBl. I Nr. 10 S. 105), früherer oder anderer Vorschriften entsprechenden Inhalts genügen im übrigen nicht. Abweichende Vereinbarungen sind zulässig.

(4) Auf seinen Antrag hin bescheinigt die nach dem Energiewirtschaftsgesetz zuständige Landesbehörde dem Versorgungsunternehmen, welches Grundstück in welchem Umfang mit der Dienstbarkeit belastet ist. Die Aufsichtsbehörde macht den Antrag unter Beifügung einer Karte, die den Verlauf der Leitungstrasse auf den im Antrag bezeichneten Grundstücken im Maßstab von nicht kleiner als 1 zu 10.000 erkennen läßt, in ortsüblicher Weise öffentlich bekannt. Sie kann von der Beifügung einer Karte absehen, wenn sie öffentlich bekannt macht, daß der Antrag vorliegt und die Antragsunterlagen bei ihr eingesehen werden können. Sie erteilt nach Ablauf von vier Wochen von der Bekanntmachung an die Bescheinigung. Widerspricht ein Grundstückseigentümer rechtzeitig, wird die Bescheinigung mit einem entsprechenden Vermerk erteilt.

(5) Auf Antrag des Versorgungsunternehmens berichtigt das Grundbuchamt das Grundbuch entsprechend dem Inhalt der Bescheinigung, wenn die Bescheinigung

1.
unterschrieben und mit dem Dienstsiegel der Aufsichtsbehörde versehen ist und
2.
der Inhalt des Rechts, der Berechtigte, das belastete Grundstück und, wobei eine grafische Darstellung genügt, der räumliche Umfang der Befugnis zur Ausübung des Rechts auf dem Grundstück angegeben sind.
Ist in der Bescheinigung ein rechtzeitiger Widerspruch vermerkt, wird im Grundbuch ein Widerspruch zugunsten des Versorgungsunternehmens eingetragen, das den Eigentümer oder Inhaber eines mitbelasteten Gebäudeeigentums oder Erbbaurechts im ordentlichen Rechtsweg auf Bewilligung der Eintragung in Anspruch nehmen kann. Die Bescheinigung ist für den Eigentümer, Erbbauberechtigten oder sonstigen dinglich Berechtigten an dem Grundstück unanfechtbar. Diesem bleibt es jedoch unbenommen, den in der Bescheinigung bezeichneten Inhaber der Dienstbarkeit vor den ordentlichen Gerichten auf Berichtigung des Grundbuchs und auf Bewilligung der Löschung des Widerspruchs in Anspruch zu nehmen. Das Energieversorgungsunternehmen trägt die Beweislast für den Lagenachweis, es sei denn, daß das Grundstück nach dem Inhalt des Grundbuchs vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift mit einer Dienstbarkeit für Energieanlagen belastet war.

(6) Verzichtet das Versorgungsunternehmen auf die Dienstbarkeit vor ihrer Bescheinigung nach Absatz 4, so erlischt das Recht; sein Erlöschen kann auf Antrag durch die nach Absatz 4 zuständige Behörde bescheinigt werden. Im übrigen gelten für die Aufhebung, Änderung und Ausübung der Dienstbarkeit die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. In Ansehung von Leitungsrechten vor Inkrafttreten dieses Gesetzes getroffene Vereinbarungen bleiben unberührt.

(7) Die nach Absatz 4 zuständige Behörde kann auf Antrag bescheinigen, daß eine im Grundbuch eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit für Energieanlagen nicht mehr besteht, wenn das Recht nicht mehr ausgeübt wird, das Energieversorgungsunternehmen, dem die Anlage wirtschaftlich zuzurechnen wäre, zustimmt und ein anderer Berechtigter nicht ersichtlich ist. Die Bescheinigung ist zur Berichtigung des Grundbuchs genügend. Die Behörde kann den Antragsteller auf das Aufgebotsverfahren verweisen.

(8) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die näheren technischen Einzelheiten des in Absatz 1 beschriebenen Inhalts der Dienstbarkeit, nähere Einzelheiten des Verfahrens, insbesondere zum Inhalt der Bescheinigung, zum Antrag und zur Beschreibung des Rechts, zu regeln.

(9) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die vorstehende Regelung und auf Grund von Absatz 8 erlassene Bestimmungen ganz oder teilweise zu erstrecken auf

1.
Anlagen der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, insbesondere Leitungen und Pumpstationen, mit Ausnahme jedoch von Wasserwerken und Abwasserbehandlungsanlagen,
2.
Hochwasserrückhaltebecken ohne Dauer- oder Teildauerstau und Schöpfwerke, die der Aufrechterhaltung der Vorflut dienen und im öffentlichen Interesse betrieben werden,
3.
gewässerkundliche Meßanlagen wie Pegel, Gütemeßstationen, Grundwasser- und andere Meßstellen nebst den dazugehörigen Leitungen.
Die Erstreckung ist nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1995 zulässig und soll erfolgen, soweit dies wegen der Vielzahl der Fälle oder der Unsicherheit der anderweitigen rechtlichen Absicherung erforderlich ist. In der Rechtsverordnung kann von den Bestimmungen der Absätze 4 bis 7 sowie der auf Grund von Absatz 8 erlassenen Rechtsverordnung abgewichen, insbesondere Absatz 7 von der Erstreckung ausgenommen werden, soweit dies aus Gründen des Wasserrechts geboten ist. Bis zu dem Erlaß der Rechtsverordnung bleiben Vorschriften des Landesrechts unberührt. Eine Verpflichtung zur Zahlung eines Ausgleichs nach Absatz 3 besteht nicht, soweit nach Landesrecht bereits Entschädigung geleistet worden ist.

(10) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Zuständigkeit der in den Absätzen 4, 6 und 7 genannten oder in der Rechtsverordnung nach Absatz 9 bestimmten Behörden ganz oder teilweise auf andere Behörden zu übertragen. Die nach Absatz 4 oder Satz 1 dieses Absatzes zuständige Landesbehörde kann auch andere geeignete Stellen, bei nichtöffentlichen Stellen unter Beleihung mit hoheitlichen Aufgaben, beauftragen, die Bescheinigungen zu erteilen; diese stehen denen nach Absatz 4 gleich.

(11) Die Absätze 1 bis 10 und die auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen gelten entsprechend für

1.
Telekommunikationsanlagen der früheren Deutschen Post,
2.
Anlagen zur Versorgung von Schienenwegen der früheren Reichsbahn und der öffentlichen Verkehrsbetriebe mit Strom und Wasser sowie zur Entsorgung des Abwassers solcher Anlagen,
3.
Anlagen zur Fortleitung von Öl oder anderen Rohstoffen einschließlich aller dazugehörigen Anlagen, die der Fortleitung unmittelbar dienen, und
4.
Anlagen zum Transport von Produkten zwischen den Betriebsstätten eines oder mehrerer privater oder öffentlicher Unternehmen,
die in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet liegen und vor dem 3. Oktober 1990 errichtet worden sind. Absatz 1 findet keine Anwendung, soweit Grundstückseigentümer auf Grund einer abgegebenen Grundstückseigentümererklärung nach § 7 der Telekommunikationsverordnung vom 24. Juni 1991 (BGBl. I S. 1376) oder nach § 8 der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung vom 19. Dezember 1995 (BGBl. I S. 2020) zur Duldung von Telekommunikationsanlagen verpflichtet sind. An die Stelle der Aufsichtsbehörde im Sinne des Absatzes 4 treten das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur für Anlagen nach Satz 1 Nr. 1 und das Bundeseisenbahnvermögen für Anlagen der früheren Reichsbahn nach Satz 1 Nr. 2. Diese können mit der Erteilung der Bescheinigung auch eine andere öffentliche Stelle oder eine natürliche Person beauftragen, die nicht Bediensteter des Bundesministeriums oder des Bundeseisenbahnvermögens sein muß. Für Dienstbarkeiten nach Satz 1 Nr. 3 und 4 gilt § 1023 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei der Anlegung neuer öffentlicher Verkehrswege nur, wenn die Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist. Vor diesem Zeitpunkt hat der Inhaber der Dienstbarkeit die Kosten einer erforderlichen Verlegung zu tragen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.