Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 04. Feb. 2005 - A 3 K 11689/04

bei uns veröffentlicht am04.02.2005

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten, die dieser selbst trägt.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein am 06.01.1965 in Kahnakin/Irak geborener kurdischer Volkszugehöriger, beantragte nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland seinen Angaben zufolge am 09.05.1995 bei dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 16.05.1995 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Am 24.05.1995 wurde er bei dem Bundesamt zu seinen Asylgründen angehört. Hierbei gab er unter anderem an: Er, der seit Dezember 1993 als Elektroniker beim Stromwerk in Kahnakin angestellt gewesen sei, sei 1995 von seinem Vorgesetzten beauftragt worden in kurdischen Häusern den Strom abzuschalten. Am 08.03.1995 habe er einen anonymen Brief erhalten, wonach er aufhören solle, die Aufträge des militärischen Geheimdienstes zu erledigen, ansonsten würde er getötet oder müsse er seine Stelle aufgeben. Sein Vorgesetzter habe es abgelehnt, seinen Rücktritt anzunehmen. Daraufhin habe er sich entschlossen, in die Bundesrepublik Deutschland auszureisen; wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift des Bundesamtes verwiesen (AS 14 - 20 der Erstverfahrensakte).
Mit Bescheid vom 11.08.1995 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab, stellte aber fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und der Kläger nicht in den Irak abgeschoben werden dürfe. Der Bescheid des Bundesamtes wurde am 23.09.1995 bestandskräftig.
Am 27.02.2004 leitete das Bundesamt im Hinblick auf die grundlegende Änderung der politischen Situation im Irak aufgrund der am 20.03.2003 begonnenen Militäraktion ein Widerrufsverfahren ein. Mit Schreiben vom 05.03.2004 gab das Bundesamt dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zum beabsichtigten Widerruf innerhalb eines Monats.
Eine Stellungnahme des Klägers zum beabsichtigten Widerruf erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 09.07.2004 widerrief das Bundesamt die getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Ferner stellte es fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen.
Gegen den am 15.07.2004 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 29.07.2004 Klage erhoben.
Er beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 09.07.2004 aufzuheben;
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hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen und Nr. 2 des Bescheides der Beklagten aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
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Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger sei irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Das Verwaltungsgericht Stade habe festgestellt, dass ein Widerruf der Asylanerkennung von kurdischen Volkszugehörigen aus dem Irak sich nicht auf eine grundlegende Veränderung der Verhältnisse im Irak stützen lasse. Denn der irakische Staat habe seit 1991 im Nordirak die staatliche Herrschaftsmacht nicht mehr durchsetzen können, sodass die Entscheidung des Bundesamtes aus dem Jahr 1995 bezüglich des Klägers bereits rechtswidrig gewesen sei. Die Situation habe sich damit nach der von der USA eingeleiteten Militäraktion nicht grundlegend geändert.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
14 
Der Kläger ist zu der mündlichen Verhandlung nicht erschienen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die Akten des Bundesamtes (2 Bände) verwiesen. Diese waren ebenso wie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
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Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl Beteiligte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen und nicht vertreten waren, denn die auch sonst ordnungsgemäßen Ladungen enthielten einen entsprechenden Hinweis (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
18 
Der Widerruf der Feststellung, dass in Bezug auf den Irak die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO; 1.). Ferner steht dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht zu (2.). Maßgebend ist insoweit jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG).
19 
1. Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 09.07.2004 findet seine Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 1 AsylVfG in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen.
20 
Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950) - ZuwandG - außer Kraft getreten ist (ebenso: VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005 - A 2 K 12256/03 -). Diese vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung bleibt als Verwaltungsakt wirksam. Sie hat sich durch die Rechtsänderung nicht erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts entfällt nur bei solchen Änderungen der Rechtslage, die zur Gegenstandslosigkeit der getroffenen Regelung führen. Hierbei kommt es darauf an, ob der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt und Zweck Geltung auch für den Fall der veränderten Rechtslage beansprucht (vgl. Kopp, VwVfG, 8. Aufl., § 43, RN 42).
21 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die getroffene Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht unwirksam geworden. Inhalt der festgestellten Voraussetzungen ist, dass im Irak das Leben oder die Freiheit des Klägers wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sind. Diese Voraussetzungen haben nach der Rechtsänderung zum 01.01.2005 weiterhin Geltung. Sie sind nunmehr in § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG geregelt. Die Regelung in § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG entspricht inhaltlich der Regelung in § 51 Abs. 1 AuslG (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs, BT-Drs. 15/420 v. 07.02.2003, S. 91). Lediglich der Paragraph, in dem die festzustellenden Voraussetzungen geregelt sind, hat sich durch das Zuwanderungsgesetz geändert. Sofern die materiellen Anforderungen dafür, wann die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG vorliegen, weitergehend sein sollten als nach bisherigem Recht (vgl. § 60 Abs. 1 S. 4 c AufenthG), führte dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn dies beträfe die Begründungselemente für die zu treffende Feststellung, der Regelungsgegenstand der Feststellung als solcher würde dadurch nicht berührt. Gleiches gilt, soweit § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG im Gegensatz zu § 51 Abs. 1 AuslG den Zusatz „In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“ (Genfer Konvention -GK- ) enthält. Hierdurch wird klargestellt, dass § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG ebenso wie bisher auch § 51 Abs. 1 AuslG eine Umsetzung der Genfer Konvention in nationales Recht darstellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.01.1994, BVerwGE 95, 42). Lediglich die Voraussetzungen, unter denen die Genfer Konvention nunmehr als innerstaatliches Recht Bedeutung hat, hätten sich, wie ausgeführt, erweitert. Insgesamt entspricht somit die Feststellung, dass die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, einer entsprechenden Feststellung nach § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG. Daher gilt diese Feststellung zumindest für den Fall ihres Widerrufs als eine Feststellung nach § 60 Abs. 1 S. 1 AuslG fort mit der Folge, dass diese Feststellung gestützt auf § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG n.F. widerrufen werden kann.
22 
Nach § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG n.F. ist die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Von einem Widerruf ist nur dann abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG). Ein Widerruf nach § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG ist dann auszusprechen, wenn sich die Verhältnisse im Herkunftsstaat des Ausländers nachträglich derart geändert haben, dass im für den Widerruf maßgeblichen Zeitpunkt die Gefahr einer politischen Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht mehr gegeben ist. Auf die Frage, ob der Asylbewerber zu Recht anerkannt worden ist, kommt es dabei nicht an (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.09.2000, NVwZ 2001, 335).
23 
Der Sturz des Regimes Saddam Husseins stellt eine solche nachträgliche Änderung der maßgeblichen Verhältnisse dar, der zum Widerruf berechtigt und auch verpflichtet (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, NVwZ 2005, 89). Durch diesen politischen Systemwechsel im Irak ist jedenfalls die früher vom Regime Saddam Hussein ausgehende Gefahr einer politischen Verfolgung nunmehr eindeutig landesweit entfallen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass das frühere Regime jemals wieder an die Macht kommen wird und staatliche Verfolgungsmaßnahmen veranlassen könnte. Nach Überzeugung des Gerichtes sind auch Gefährdungen durch die am 01.07.2004 gebildete Übergangsregierung des Iraks, die die staatliche Macht im Irak ausübt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.09.2004 - A 2 S 471/02 -), nicht zu erwarten. Trotz der jedenfalls auf längere Sicht schwierig abzuschätzenden künftigen Verhältnisse im Irak bestehen für eine im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts absehbare Zukunft für eine Änderung der Situation keine Anhaltspunkte. Zwar finden vermehrt Bombenanschläge statt, die aber an der grundsätzlichen Kontrolle des Staatsgebiets durch die Übergangsregierung in Verbindung mit den alliierten Kräften nichts ändern. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Übergangsregierung und die alliierten Kräfte in überschaubarer Zeit die Errichtung eines irakischen Regimes vergleichbar dem des gestürzten Machthabers Saddam Husseins nicht zulassen werden.
24 
Früheres Verhalten, das unter dem gestürzten Regime Saddam Husseins zu einer Gefährdung hätte führen können, insbesondere die illegale Ausreise aus dem Irak, das illegale Verbleiben im Ausland und die dortige Asylantragstellung, aber auch etwaige sonstige, vom früheren Saddam-Regime als feindselig empfundenes Verhalten vor der Ausreise aus dem Irak, hat demnach seine Bedeutung für den geltend gemachten Anspruch auf Beibehaltung des Status nach § 51 Abs. 1 AuslG bzw. § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG im Irak verloren (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.04.2004 - A 2 S 172/02 - und Urt. v. 16.09.2004 - A 2 S 471/02 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.08.2003 - 20 A 430/02.A -; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 30.10.2003 - 1 LB 39/03 -; BayVGH, Urt. v. 13.11.2003 - 15 B 02.31751 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 31.03.2004 - 9 LB 185/03 - und v. 01.04.2004 - 9 LB 189/ 03 -).
25 
Auch im Fall des Klägers spricht nichts dafür, dass eine solche Veränderung nicht gegeben wäre. Wie sich aus dem Bescheid des Bundesamts vom 11.08.1995, mit dem das Bundesamt dem Kläger den Status nach § 51 Abs. 1 AuslG zuerkannt hat, sinngemäß ergibt, war Grund für diese Zuerkennung die dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei Rückkehr drohende politische Verfolgung wegen der Nachfluchtgründe ungenehmigter Auslandsaufenthalt und Verbleib im westlichen Ausland. Eine solche politische Verfolgung ist aufgrund der maßgeblichen Veränderung der politischen Situation im Irak nicht mehr zu erwarten. Andere Gründe, aus denen der Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG ausgesetzt sein könnte, sind seitens des Klägers nicht geltend gemacht worden und für das Gericht auch sonst nicht ersichtlich.
26 
Durch den politischen Systemwechsel im Irak ist, wie ausgeführt, die früher vom Regime Saddam Hussein ausgehende Gefahr politischer Verfolgung nunmehr eindeutig landesweit entfallen. Dies gilt auch bezüglich der kurdischen Gebiete im Nordirak, die seit Anfang der 90erJahre in hohem Maß faktisch gegenüber der zentralirakischen Regierung autonom waren, wobei jedoch zum einen die völkerrechtliche Zugehörigkeit dieser Gebiete zum Irak nicht aufgehoben war und zum andern nach wie vor stets die Gefahr von Übergriffen aus dem Zentralirak bestand. Angesichts dessen ist es nicht entscheidungserheblich, ob die frühere Zuerkennung des nunmehr widerrufenen Schutzes aus Gründen, die speziell die Verhältnisse im Nordirak betrafen, rechtmäßig oder rechtswidrig waren, und ob sich die dortigen Verhältnisse durch den Sturz des Regimes Saddam Husseins geändert haben. Denn die Situation im Nordirak stellte sich nur als einzelne notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Gewährung von Asyl- oder Abschiebungsschutz, namentlich als tatsächlich vorhandene inländische Fluchtalternative, dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, aaO; VG Göttingen, Urt. v. 29.09.2004 - 2 A 42/04 -; VG Ansbach, Urt. v. 23.09.2004 - AN 4 K 04.30775; a.A. VG Stade, u.a. Urt. v. 10.09.2004 - 6 A 1213/04 -; vgl. hierzu: OVG Niedersachsen, Beschl. v. 14.12.2004 - 9 LA 290/04 - [Zulassung der Berufung]).
27 
Dem Widerruf steht auch nicht § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG i.V.m. Art. 1 c Nr. 5 S. 2 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention -GK-) entgegen. Nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf frühere Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Nach Art. 1 c Nr. 5 S. 1 GK fällt eine Person nicht mehr unter die Genfer Konvention, wenn sie nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Gemäß S. 2 wird hierbei unterstellt, dass S. 1 auf keinen Flüchtling Anwendung findet, der sich auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Inanspruchnahme des Schutzes des Landes abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Inwieweit damit der Widerruf der Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, völkervertraglich an Bedingungen geknüpft ist, die über § 73 Abs. 1 AsylVfG n.F., hier insbesondere dessen S. 3 hinausgehen, kann auf sich beruhen, denn sowohl nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG als auch nach Art. 1 c Nr. 5 S. 2 GK ist Voraussetzung, dass dem Ausländer die Rückkehr in seinen Heimatstaat aus Gründen unzumutbar ist, die auf früheren Verfolgungen beruhen. Dabei bezieht sich der Schutz im Sinne dieser Bestimmung nicht auf Schutz vor allgemeinen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit oder noch weitergehend auf das Vorhandensein einer funktionierenden Regierung und grundlegender Verwaltungsstrukturen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 06.08.2004 - 15 ZB 04.30565 -; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 16.06.2004 - 2 LB 54/03 -). Anhaltspunkte für eine dem Kläger auf früheren Verfolgungen beruhende Unzumutbarkeit der Rückkehr sind nicht gegeben und wurden seitens des Klägers auch nicht geltend gemacht. Zudem hatte das Bundesamt dem Kläger Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG zuerkannt, weil es davon ausging, dass der Kläger bei einer Rückkehr wegen ungenehmigten Auslandsaufenthalt und Asylantragstellung mit politischer Verfolgung durch das Regime von Saddam Hussein zu rechnen habe. Die Bedingungen für eine solche politische Verfolgung sind jedoch im Fall der Rückkehr, wie bereits oben dargelegt, entfallen.
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Nach alledem liegen somit die Widerrufsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG n.F. vor.
29 
Die Entscheidung der Beklagten über den Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG war trotz des mehr als drei Jahre seit Unanfechtbarkeit der widerrufenen Feststellung verstrichenen Zeitraums auch nicht nach § 73 Abs. 2 a S. 3 AsylVfG n.F. nach Ermessen zu treffen. Die erst am 01.01.2005 in Kraft getretene Vorschrift des § 73 Abs. 2 a S. 1 bis 3 AsylVfG n.F. ist nämlich aus Gründen des materiellen Rechts nicht auf Widerrufsentscheidungen anzuwenden, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben (§ 73 Abs. 5 AsylVfG) und damit wirksam wurden (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG; ebenso: VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005 - A 2 K 12256/03 -; VG Düsseldorf, Urt. v. 10.01.2005 - 14 K 6018/03.A -; a.A. VG Arnsberg, Urt. v. 14.01.2005 - 12 K 521/04.A -). Daher lassen sich aus § 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG, wonach das Gericht für die Entscheidung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen hat, für den vorliegenden Fall keine gegenteiligen Schlussfolgerungen ableiten.
30 
Für die ab 01.01.2005 geltende Änderung des § 73 AsylVfG existiert keine Übergangsvorschrift. Die Frage, ob die Vorschrift des § 73 Abs. 2 a S. 1 bis 3 AsylVfG n.F. auch auf angefochtene Widerrufsentscheidungen des Bundesamtes anzuwenden ist, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben wurden, ist daher nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts zu beurteilen.
31 
Nach den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, die u.a. in § 96 VwVfG ihren Niederschlag gefunden haben, findet neues Verfahrensrecht vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an regelmäßig auf noch nicht abgeschlossene Verfahren Anwendung. Dies bedeutet, dass neues Verfahrensrecht in der Regel alle bereits vorher eingeleiteten und noch anhängigen Verwaltungsverfahren erfasst, sich dagegen nicht mehr auf abgeschlossene Verwaltungsverfahrensabschnitte erstreckt (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.03.1985 - 9 C 47/84 - und Urt. v. 18.02.1992 - 9 C 59/91 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.05.1991 - A 16 S 2357/90 - und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.11.1991 - A 13 S 1571/91 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005, aaO; Stelkens, VwVfG, 6.Auflage, § 96, RN 1). Dies ergibt sich für die bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufsentscheidungen des Bundesamtes bereits daraus, dass während der Durchführung des Widerrufsverfahrens beim Bundesamt die Prüfungspflicht des § 73 Abs. 2 a S. 1 AsylVfG n.F. noch nicht existierte und demgemäß auch nicht vom Bundesamt beachtet werden konnte. Zudem kann das Bundesamt nach Erlass seiner Widerrufsentscheidung dieser neuen Verfahrensvorschrift im gerichtlichen Verfahren nicht mehr Rechnung tragen. Wenn in diesen Fällen dennoch die mit der Prüfungspflicht verbundene materiell-rechtliche Folge einer Ermessensentscheidung rückwirkend zur Anwendung hätte gelangen sollen, hätte es einer ausdrücklichen Geltungsanordnung des Gesetzgebers bedurft (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 26.03.1985, aaO), die nicht erfolgt ist. Dies gilt umso mehr, als die Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2 a S. 3 AsylVfG n.F. eine Prüfung nach Satz 1 mit dem Ergebnis, nicht zu widerrufen, voraussetzt. Da die Prüfungspflicht des Bundesamts nach § 73 Abs. 2 a S. 1 AsylVfG n.F aber frühestens ab Inkrafttreten dieser Vorschrift zum 01.01.2005 bestanden hat, fallen in den bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufsentscheidungen die Pflicht zur Prüfung und das Ergebnis der Prüfung - der Widerruf - zusammen. Damit kommt aber in diesen Fällen eine Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2 a S. 3 AsylVfG n.F. von vorneherein nicht in Betracht. Dies macht deutlich, dass, wenn der Gesetzgeber dennoch auch in diesen „Altfällen“ unabhängig vom Bestehen einer Prüfungspflicht der Behörde eine Ermessensentscheidung über den Widerruf gewollt hätte, dies ausdrücklich hätte anordnen müssen.
32 
Das Fehlen einer Übergangsregelung ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Insbesondere findet die dadurch eintretende Ungleichbehandlung ihre sachliche Rechtfertigung in der mit dem Zuwanderungsgesetz vorgenommenen neuen rechtlichen Ausgestaltung des Aufenthaltsrechts eines anerkannten Asylbewerbers bzw. eines Ausländers, dem der Status nach § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG zusteht. Die gegebenenfalls bei einem Widerruf zu treffende Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2 a S. 3 AsylVfG steht im systematischen Zusammenhang mit der Regelung des § 26 Abs. 3 AufenthG. Danach erhält ein unanfechtbar anerkannter Asylberechtigter und ein Ausländer, dem unanfechtbar den Status des § 60 Abs. 1 AufenthG zusteht, erst nach drei Jahren ein verfestigtes Aufenthaltsrecht, nämlich eine Niederlassungserlaubnis, wobei das Bundesamt zudem noch gem. § 73 Abs. 2 a AsylVfG mitgeteilt haben muß, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf nicht vorliegen. Für den Zeitraum davor erhält der Ausländer nunmehr lediglich eine - befristete - Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG. Im Gegensatz dazu erhielt ein anerkannter Asylbewerber nach altem Recht bereits vom Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit an eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach heutigem Recht einer Niederlassungserlaubnis entspricht (vgl. § 68 AuslG).
33 
Nach alledem liegen die Widerrufsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG n.F. vor. Der Widerruf der Feststellung, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist daher durch das Bundesamt zu Recht erfolgt.
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2. Der Kläger kann auch die hilfsweise erstrebte Verpflichtung der Beklagten, festzustellen, dass die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen, nicht beanspruchen.
35 
Nach der maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG) ist insoweit der Streitgegenstand neu zu bestimmen. Denn mit Außerkrafttreten des Ausländergesetzes am 01.01.2005 und gleichzeitig mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes wurde § 53 AuslG durch § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG ersetzt (vgl. Art. 1 u. 15 Abs. 3 Nr. 1 ZuwandG). Da das Bundesamt infolge der Klageerhebung und der dadurch gem. § 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG bewirkten Hinausschiebung der maßgebenden Sach- und Rechtslage verpflichtet ist, die Rechtmäßigkeit seines Bescheides bis zur gerichtlichen Entscheidung fortlaufend unter Kontrolle zu halten, müsste es heute feststellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen (vgl. §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 3 S.1 AsylVfG). Seine noch nicht bestandskräftige Entscheidung zum Nicht-Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG erstreckt sich daher ungeachtet dessen, dass insoweit eine Übergangsregelung für anhängige asylverfahrensrechtliche Streitigkeiten fehlt, nunmehr kraft Gesetzes auf das Nicht-Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (vgl. zur Befugnis des Bundesamtes zu einer derartigen Entscheidung im Widerrufsverfahren: BVerwG, Urt. v. 20.04.1999, InfAuslR 1999, 373).
36 
Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2 bis Abs. 5 AufenthG steht dem Kläger nach den bereits gemachten obigen Ausführungen nicht zu.
37 
Dem Kläger drohen bei einer unterstellten Rückkehr auch keine landesweiten Gefahren, die ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG begründen. Eine konkret-individuelle Gefährdung im Fall der Rückkehr in den Irak hat der Kläger selbst nicht behauptet. Dem Kläger kann auch nicht wegen allgemeiner, im Irak bestehender Gefahren aufgrund der unzureichenden Sicherheitslage Abschiebungsschutz unmittelbar nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG gewährt werden, da insoweit die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG entgegensteht. Danach können die Auswirkungen solcher allgemeinen Gefahren auf den einzelnen Ausländer nur aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG zur Aussetzung der Abschiebung führen.
38 
Eine Überwindung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2001, BVerwGE 114, 379 zu § 53 Abs. 6 AuslG), kommt vorliegend nicht in Betracht. Denn die Gewährung von Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG scheitert für den Kläger bereits daran, dass er anderweitig in einer Form vor Abschiebung geschützt ist, die dem Schutz durch einen Erlass nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG, nämlich vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung), nicht nur entspricht, sondern darüber hinaus geht (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2001, a.a.O., 385). Denn es ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund der getroffenen Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, zumindest im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis ist (vgl. § 70 Abs. 1 AsylVfG a.F.), die seit dem 01.01.2005 nach § 101 Abs. 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis fortgilt.
39 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie 162 Abs. 3 VwGO und § 83 b AsylVfG. Da der Beteiligte keinen Antrag gestellt hat, besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten für erstattungsfähig zu erklären.

Gründe

 
16 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl Beteiligte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen und nicht vertreten waren, denn die auch sonst ordnungsgemäßen Ladungen enthielten einen entsprechenden Hinweis (§ 102 Abs. 2 VwGO).
17 
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
18 
Der Widerruf der Feststellung, dass in Bezug auf den Irak die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO; 1.). Ferner steht dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht zu (2.). Maßgebend ist insoweit jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG).
19 
1. Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 09.07.2004 findet seine Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 1 AsylVfG in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen.
20 
Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950) - ZuwandG - außer Kraft getreten ist (ebenso: VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005 - A 2 K 12256/03 -). Diese vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung bleibt als Verwaltungsakt wirksam. Sie hat sich durch die Rechtsänderung nicht erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts entfällt nur bei solchen Änderungen der Rechtslage, die zur Gegenstandslosigkeit der getroffenen Regelung führen. Hierbei kommt es darauf an, ob der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt und Zweck Geltung auch für den Fall der veränderten Rechtslage beansprucht (vgl. Kopp, VwVfG, 8. Aufl., § 43, RN 42).
21 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die getroffene Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht unwirksam geworden. Inhalt der festgestellten Voraussetzungen ist, dass im Irak das Leben oder die Freiheit des Klägers wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sind. Diese Voraussetzungen haben nach der Rechtsänderung zum 01.01.2005 weiterhin Geltung. Sie sind nunmehr in § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG geregelt. Die Regelung in § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG entspricht inhaltlich der Regelung in § 51 Abs. 1 AuslG (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs, BT-Drs. 15/420 v. 07.02.2003, S. 91). Lediglich der Paragraph, in dem die festzustellenden Voraussetzungen geregelt sind, hat sich durch das Zuwanderungsgesetz geändert. Sofern die materiellen Anforderungen dafür, wann die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG vorliegen, weitergehend sein sollten als nach bisherigem Recht (vgl. § 60 Abs. 1 S. 4 c AufenthG), führte dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn dies beträfe die Begründungselemente für die zu treffende Feststellung, der Regelungsgegenstand der Feststellung als solcher würde dadurch nicht berührt. Gleiches gilt, soweit § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG im Gegensatz zu § 51 Abs. 1 AuslG den Zusatz „In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“ (Genfer Konvention -GK- ) enthält. Hierdurch wird klargestellt, dass § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG ebenso wie bisher auch § 51 Abs. 1 AuslG eine Umsetzung der Genfer Konvention in nationales Recht darstellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.01.1994, BVerwGE 95, 42). Lediglich die Voraussetzungen, unter denen die Genfer Konvention nunmehr als innerstaatliches Recht Bedeutung hat, hätten sich, wie ausgeführt, erweitert. Insgesamt entspricht somit die Feststellung, dass die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, einer entsprechenden Feststellung nach § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG. Daher gilt diese Feststellung zumindest für den Fall ihres Widerrufs als eine Feststellung nach § 60 Abs. 1 S. 1 AuslG fort mit der Folge, dass diese Feststellung gestützt auf § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG n.F. widerrufen werden kann.
22 
Nach § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG n.F. ist die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Von einem Widerruf ist nur dann abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG). Ein Widerruf nach § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG ist dann auszusprechen, wenn sich die Verhältnisse im Herkunftsstaat des Ausländers nachträglich derart geändert haben, dass im für den Widerruf maßgeblichen Zeitpunkt die Gefahr einer politischen Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht mehr gegeben ist. Auf die Frage, ob der Asylbewerber zu Recht anerkannt worden ist, kommt es dabei nicht an (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.09.2000, NVwZ 2001, 335).
23 
Der Sturz des Regimes Saddam Husseins stellt eine solche nachträgliche Änderung der maßgeblichen Verhältnisse dar, der zum Widerruf berechtigt und auch verpflichtet (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, NVwZ 2005, 89). Durch diesen politischen Systemwechsel im Irak ist jedenfalls die früher vom Regime Saddam Hussein ausgehende Gefahr einer politischen Verfolgung nunmehr eindeutig landesweit entfallen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass das frühere Regime jemals wieder an die Macht kommen wird und staatliche Verfolgungsmaßnahmen veranlassen könnte. Nach Überzeugung des Gerichtes sind auch Gefährdungen durch die am 01.07.2004 gebildete Übergangsregierung des Iraks, die die staatliche Macht im Irak ausübt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.09.2004 - A 2 S 471/02 -), nicht zu erwarten. Trotz der jedenfalls auf längere Sicht schwierig abzuschätzenden künftigen Verhältnisse im Irak bestehen für eine im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts absehbare Zukunft für eine Änderung der Situation keine Anhaltspunkte. Zwar finden vermehrt Bombenanschläge statt, die aber an der grundsätzlichen Kontrolle des Staatsgebiets durch die Übergangsregierung in Verbindung mit den alliierten Kräften nichts ändern. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Übergangsregierung und die alliierten Kräfte in überschaubarer Zeit die Errichtung eines irakischen Regimes vergleichbar dem des gestürzten Machthabers Saddam Husseins nicht zulassen werden.
24 
Früheres Verhalten, das unter dem gestürzten Regime Saddam Husseins zu einer Gefährdung hätte führen können, insbesondere die illegale Ausreise aus dem Irak, das illegale Verbleiben im Ausland und die dortige Asylantragstellung, aber auch etwaige sonstige, vom früheren Saddam-Regime als feindselig empfundenes Verhalten vor der Ausreise aus dem Irak, hat demnach seine Bedeutung für den geltend gemachten Anspruch auf Beibehaltung des Status nach § 51 Abs. 1 AuslG bzw. § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG im Irak verloren (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.04.2004 - A 2 S 172/02 - und Urt. v. 16.09.2004 - A 2 S 471/02 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.08.2003 - 20 A 430/02.A -; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 30.10.2003 - 1 LB 39/03 -; BayVGH, Urt. v. 13.11.2003 - 15 B 02.31751 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 31.03.2004 - 9 LB 185/03 - und v. 01.04.2004 - 9 LB 189/ 03 -).
25 
Auch im Fall des Klägers spricht nichts dafür, dass eine solche Veränderung nicht gegeben wäre. Wie sich aus dem Bescheid des Bundesamts vom 11.08.1995, mit dem das Bundesamt dem Kläger den Status nach § 51 Abs. 1 AuslG zuerkannt hat, sinngemäß ergibt, war Grund für diese Zuerkennung die dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei Rückkehr drohende politische Verfolgung wegen der Nachfluchtgründe ungenehmigter Auslandsaufenthalt und Verbleib im westlichen Ausland. Eine solche politische Verfolgung ist aufgrund der maßgeblichen Veränderung der politischen Situation im Irak nicht mehr zu erwarten. Andere Gründe, aus denen der Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG ausgesetzt sein könnte, sind seitens des Klägers nicht geltend gemacht worden und für das Gericht auch sonst nicht ersichtlich.
26 
Durch den politischen Systemwechsel im Irak ist, wie ausgeführt, die früher vom Regime Saddam Hussein ausgehende Gefahr politischer Verfolgung nunmehr eindeutig landesweit entfallen. Dies gilt auch bezüglich der kurdischen Gebiete im Nordirak, die seit Anfang der 90erJahre in hohem Maß faktisch gegenüber der zentralirakischen Regierung autonom waren, wobei jedoch zum einen die völkerrechtliche Zugehörigkeit dieser Gebiete zum Irak nicht aufgehoben war und zum andern nach wie vor stets die Gefahr von Übergriffen aus dem Zentralirak bestand. Angesichts dessen ist es nicht entscheidungserheblich, ob die frühere Zuerkennung des nunmehr widerrufenen Schutzes aus Gründen, die speziell die Verhältnisse im Nordirak betrafen, rechtmäßig oder rechtswidrig waren, und ob sich die dortigen Verhältnisse durch den Sturz des Regimes Saddam Husseins geändert haben. Denn die Situation im Nordirak stellte sich nur als einzelne notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Gewährung von Asyl- oder Abschiebungsschutz, namentlich als tatsächlich vorhandene inländische Fluchtalternative, dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.08.2004, aaO; VG Göttingen, Urt. v. 29.09.2004 - 2 A 42/04 -; VG Ansbach, Urt. v. 23.09.2004 - AN 4 K 04.30775; a.A. VG Stade, u.a. Urt. v. 10.09.2004 - 6 A 1213/04 -; vgl. hierzu: OVG Niedersachsen, Beschl. v. 14.12.2004 - 9 LA 290/04 - [Zulassung der Berufung]).
27 
Dem Widerruf steht auch nicht § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG i.V.m. Art. 1 c Nr. 5 S. 2 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention -GK-) entgegen. Nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf frühere Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Nach Art. 1 c Nr. 5 S. 1 GK fällt eine Person nicht mehr unter die Genfer Konvention, wenn sie nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Gemäß S. 2 wird hierbei unterstellt, dass S. 1 auf keinen Flüchtling Anwendung findet, der sich auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Inanspruchnahme des Schutzes des Landes abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Inwieweit damit der Widerruf der Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, völkervertraglich an Bedingungen geknüpft ist, die über § 73 Abs. 1 AsylVfG n.F., hier insbesondere dessen S. 3 hinausgehen, kann auf sich beruhen, denn sowohl nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG als auch nach Art. 1 c Nr. 5 S. 2 GK ist Voraussetzung, dass dem Ausländer die Rückkehr in seinen Heimatstaat aus Gründen unzumutbar ist, die auf früheren Verfolgungen beruhen. Dabei bezieht sich der Schutz im Sinne dieser Bestimmung nicht auf Schutz vor allgemeinen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit oder noch weitergehend auf das Vorhandensein einer funktionierenden Regierung und grundlegender Verwaltungsstrukturen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 06.08.2004 - 15 ZB 04.30565 -; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 16.06.2004 - 2 LB 54/03 -). Anhaltspunkte für eine dem Kläger auf früheren Verfolgungen beruhende Unzumutbarkeit der Rückkehr sind nicht gegeben und wurden seitens des Klägers auch nicht geltend gemacht. Zudem hatte das Bundesamt dem Kläger Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG zuerkannt, weil es davon ausging, dass der Kläger bei einer Rückkehr wegen ungenehmigten Auslandsaufenthalt und Asylantragstellung mit politischer Verfolgung durch das Regime von Saddam Hussein zu rechnen habe. Die Bedingungen für eine solche politische Verfolgung sind jedoch im Fall der Rückkehr, wie bereits oben dargelegt, entfallen.
28 
Nach alledem liegen somit die Widerrufsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG n.F. vor.
29 
Die Entscheidung der Beklagten über den Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG war trotz des mehr als drei Jahre seit Unanfechtbarkeit der widerrufenen Feststellung verstrichenen Zeitraums auch nicht nach § 73 Abs. 2 a S. 3 AsylVfG n.F. nach Ermessen zu treffen. Die erst am 01.01.2005 in Kraft getretene Vorschrift des § 73 Abs. 2 a S. 1 bis 3 AsylVfG n.F. ist nämlich aus Gründen des materiellen Rechts nicht auf Widerrufsentscheidungen anzuwenden, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben (§ 73 Abs. 5 AsylVfG) und damit wirksam wurden (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG; ebenso: VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005 - A 2 K 12256/03 -; VG Düsseldorf, Urt. v. 10.01.2005 - 14 K 6018/03.A -; a.A. VG Arnsberg, Urt. v. 14.01.2005 - 12 K 521/04.A -). Daher lassen sich aus § 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG, wonach das Gericht für die Entscheidung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen hat, für den vorliegenden Fall keine gegenteiligen Schlussfolgerungen ableiten.
30 
Für die ab 01.01.2005 geltende Änderung des § 73 AsylVfG existiert keine Übergangsvorschrift. Die Frage, ob die Vorschrift des § 73 Abs. 2 a S. 1 bis 3 AsylVfG n.F. auch auf angefochtene Widerrufsentscheidungen des Bundesamtes anzuwenden ist, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben wurden, ist daher nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts zu beurteilen.
31 
Nach den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, die u.a. in § 96 VwVfG ihren Niederschlag gefunden haben, findet neues Verfahrensrecht vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an regelmäßig auf noch nicht abgeschlossene Verfahren Anwendung. Dies bedeutet, dass neues Verfahrensrecht in der Regel alle bereits vorher eingeleiteten und noch anhängigen Verwaltungsverfahren erfasst, sich dagegen nicht mehr auf abgeschlossene Verwaltungsverfahrensabschnitte erstreckt (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.03.1985 - 9 C 47/84 - und Urt. v. 18.02.1992 - 9 C 59/91 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.05.1991 - A 16 S 2357/90 - und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.11.1991 - A 13 S 1571/91 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005, aaO; Stelkens, VwVfG, 6.Auflage, § 96, RN 1). Dies ergibt sich für die bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufsentscheidungen des Bundesamtes bereits daraus, dass während der Durchführung des Widerrufsverfahrens beim Bundesamt die Prüfungspflicht des § 73 Abs. 2 a S. 1 AsylVfG n.F. noch nicht existierte und demgemäß auch nicht vom Bundesamt beachtet werden konnte. Zudem kann das Bundesamt nach Erlass seiner Widerrufsentscheidung dieser neuen Verfahrensvorschrift im gerichtlichen Verfahren nicht mehr Rechnung tragen. Wenn in diesen Fällen dennoch die mit der Prüfungspflicht verbundene materiell-rechtliche Folge einer Ermessensentscheidung rückwirkend zur Anwendung hätte gelangen sollen, hätte es einer ausdrücklichen Geltungsanordnung des Gesetzgebers bedurft (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 26.03.1985, aaO), die nicht erfolgt ist. Dies gilt umso mehr, als die Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2 a S. 3 AsylVfG n.F. eine Prüfung nach Satz 1 mit dem Ergebnis, nicht zu widerrufen, voraussetzt. Da die Prüfungspflicht des Bundesamts nach § 73 Abs. 2 a S. 1 AsylVfG n.F aber frühestens ab Inkrafttreten dieser Vorschrift zum 01.01.2005 bestanden hat, fallen in den bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufsentscheidungen die Pflicht zur Prüfung und das Ergebnis der Prüfung - der Widerruf - zusammen. Damit kommt aber in diesen Fällen eine Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2 a S. 3 AsylVfG n.F. von vorneherein nicht in Betracht. Dies macht deutlich, dass, wenn der Gesetzgeber dennoch auch in diesen „Altfällen“ unabhängig vom Bestehen einer Prüfungspflicht der Behörde eine Ermessensentscheidung über den Widerruf gewollt hätte, dies ausdrücklich hätte anordnen müssen.
32 
Das Fehlen einer Übergangsregelung ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Insbesondere findet die dadurch eintretende Ungleichbehandlung ihre sachliche Rechtfertigung in der mit dem Zuwanderungsgesetz vorgenommenen neuen rechtlichen Ausgestaltung des Aufenthaltsrechts eines anerkannten Asylbewerbers bzw. eines Ausländers, dem der Status nach § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG zusteht. Die gegebenenfalls bei einem Widerruf zu treffende Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2 a S. 3 AsylVfG steht im systematischen Zusammenhang mit der Regelung des § 26 Abs. 3 AufenthG. Danach erhält ein unanfechtbar anerkannter Asylberechtigter und ein Ausländer, dem unanfechtbar den Status des § 60 Abs. 1 AufenthG zusteht, erst nach drei Jahren ein verfestigtes Aufenthaltsrecht, nämlich eine Niederlassungserlaubnis, wobei das Bundesamt zudem noch gem. § 73 Abs. 2 a AsylVfG mitgeteilt haben muß, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf nicht vorliegen. Für den Zeitraum davor erhält der Ausländer nunmehr lediglich eine - befristete - Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG. Im Gegensatz dazu erhielt ein anerkannter Asylbewerber nach altem Recht bereits vom Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit an eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach heutigem Recht einer Niederlassungserlaubnis entspricht (vgl. § 68 AuslG).
33 
Nach alledem liegen die Widerrufsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG n.F. vor. Der Widerruf der Feststellung, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist daher durch das Bundesamt zu Recht erfolgt.
34 
2. Der Kläger kann auch die hilfsweise erstrebte Verpflichtung der Beklagten, festzustellen, dass die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen, nicht beanspruchen.
35 
Nach der maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG) ist insoweit der Streitgegenstand neu zu bestimmen. Denn mit Außerkrafttreten des Ausländergesetzes am 01.01.2005 und gleichzeitig mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes wurde § 53 AuslG durch § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG ersetzt (vgl. Art. 1 u. 15 Abs. 3 Nr. 1 ZuwandG). Da das Bundesamt infolge der Klageerhebung und der dadurch gem. § 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG bewirkten Hinausschiebung der maßgebenden Sach- und Rechtslage verpflichtet ist, die Rechtmäßigkeit seines Bescheides bis zur gerichtlichen Entscheidung fortlaufend unter Kontrolle zu halten, müsste es heute feststellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen (vgl. §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 3 S.1 AsylVfG). Seine noch nicht bestandskräftige Entscheidung zum Nicht-Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG erstreckt sich daher ungeachtet dessen, dass insoweit eine Übergangsregelung für anhängige asylverfahrensrechtliche Streitigkeiten fehlt, nunmehr kraft Gesetzes auf das Nicht-Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (vgl. zur Befugnis des Bundesamtes zu einer derartigen Entscheidung im Widerrufsverfahren: BVerwG, Urt. v. 20.04.1999, InfAuslR 1999, 373).
36 
Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2 bis Abs. 5 AufenthG steht dem Kläger nach den bereits gemachten obigen Ausführungen nicht zu.
37 
Dem Kläger drohen bei einer unterstellten Rückkehr auch keine landesweiten Gefahren, die ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG begründen. Eine konkret-individuelle Gefährdung im Fall der Rückkehr in den Irak hat der Kläger selbst nicht behauptet. Dem Kläger kann auch nicht wegen allgemeiner, im Irak bestehender Gefahren aufgrund der unzureichenden Sicherheitslage Abschiebungsschutz unmittelbar nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG gewährt werden, da insoweit die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG entgegensteht. Danach können die Auswirkungen solcher allgemeinen Gefahren auf den einzelnen Ausländer nur aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG zur Aussetzung der Abschiebung führen.
38 
Eine Überwindung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2001, BVerwGE 114, 379 zu § 53 Abs. 6 AuslG), kommt vorliegend nicht in Betracht. Denn die Gewährung von Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG scheitert für den Kläger bereits daran, dass er anderweitig in einer Form vor Abschiebung geschützt ist, die dem Schutz durch einen Erlass nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG, nämlich vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung), nicht nur entspricht, sondern darüber hinaus geht (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2001, a.a.O., 385). Denn es ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund der getroffenen Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, zumindest im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis ist (vgl. § 70 Abs. 1 AsylVfG a.F.), die seit dem 01.01.2005 nach § 101 Abs. 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis fortgilt.
39 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie 162 Abs. 3 VwGO und § 83 b AsylVfG. Da der Beteiligte keinen Antrag gestellt hat, besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten für erstattungsfähig zu erklären.

Sonstige Literatur

 
40 
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
41 
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Postfach 11 14 51, 76064 Karlsruhe, oder Nördliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe, zu stellen.
42 
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
43 
Lässt der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt.
44 
Bei der Beantragung der Zulassung der Berufung muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen.
45 
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 04. Feb. 2005 - A 3 K 11689/04

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 12. Juli 2005 - A 11 K 10245/05

bei uns veröffentlicht am 12.07.2005

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Tatbestand   1  Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf der Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Ausl

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 10. März 2005 - A 2 K 12193/03

bei uns veröffentlicht am 10.03.2005

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Tatbestand   1  Der Kl

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Anerkennung als Asylberechtigter.
Der am ... geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo (Decan). Er reiste im Jahr 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) vom ... wurde der Kläger als Asylberechtigter anerkannt und es wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich seiner Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen. Hierzu war das Bundesamt durch das seit dem 11.08.1999 rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 (A 4 K 13764/95) verpflichtet worden. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte seine Entscheidung damit begründet, dass dem Kläger im serbischen Teil der Bundesrepublik Jugoslawien aufgrund seiner albanischen Volkszugehörigkeit durch die von Milosevic geführte Regierung politische Gruppenverfolgung drohe. Das Kosovo stelle zum Entscheidungszeitpunkt keine hinreichend sichere Fluchtalternative dar. Denn dort drohten dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit existenzielle Gefahren. Diese ergäben sich daraus, dass ca. 500.000 Kosovo-Albaner als Binnenflüchtlinge in Wäldern leben müssten. Ferner seien 2/3 der Dörfer im Kosovo zerstört. Wegen des Ausfalls der Ernte im Jahr 1999 drohe eine Hungersnot. Die medizinische und die Trinkwasserversorgung seien in der Folge der Vertreibungsmaßnahmen durch die Serben und die NATO-Luftangriffe zusammengebrochen. Außerdem sei das Kosovo großflächig vermint. In Einzelfällen komme es noch zu Übergriffen serbischer paramilitärischer Gruppen. Die Teilrepublik Montenegro scheide als inländische Fluchtalternative ebenfalls aus.
Am 27.05.2003 leitete das Bundesamt ein Widerrufsverfahren ein und gab dem Kläger mit Schreiben vom 01.07.2003 Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Bevollmächtigte des Klägers trug mit Schreiben vom 15.09.2003 vor, es sei richtig, dass zur Zeit keine politische Verfolgung der Albaner im Kosovo mehr stattfinde. Jedoch habe die Gewalt unter den Ethnien zugenommen. Es habe Tote und Verletzte gegeben. Für den Kläger bestehe daher die Gefahr, dass er Opfer einer Gewalttat werde. 
Mit Bescheid vom 22.09.2003 widerrief das Bundesamt die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Außerdem stellte es fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zur Begründung des Widerrufs nach § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG führte das Bundesamt aus, die innenpolitischen Verhältnisse im Kosovo hätten sich seit Beendigung der Kampfhandlungen im Sommer 1999 grundlegend geändert. Staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegen Albaner könnten mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.
Der Kläger hat am 30.09.2003 Klage erhoben. Er beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 22.09.2003 aufzuheben,
hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung von Ziff. 3 des Bescheides vom 22.09.2003 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Zur Begründung verweist sie auf die angefochtene Entscheidung.
11 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Behördenakten vor. Diese waren ebenso Gegen-stand der mündlichen Verhandlung wie die den Beteiligten bekannt gegebenen Erkenntnismittel.

Entscheidungsgründe

 
12 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung anwesend oder vertreten waren (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat auf die Einhaltung der Ladungsfrist und der Beteiligte auf die Förmlichkeiten der Ladung überhaupt  verzichtet.
13 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Widerruf der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und der Feststellung, dass in Bezug auf die Bundesrepublik Jugoslawien (heute: Serbien und Montenegro) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG besteht nicht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage hat das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgestellt (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG).
14 
Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 22.09.2003 findet seine Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 außer Kraft getretenen ist. Denn eine vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bleibt trotz der Rechtsänderung als Verwaltungsakt wirksam (vgl. §§ 43 Abs. 2 und 3, 44 VwVfG). Sie ist nach dem 01.01.2005 als Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu behandeln. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach es sich bei den in den §§ 73, 31, 42 AsylVfG vorgenommenen Änderungen betreffend §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG lediglich um redaktionelle Änderungen handelt, die zur Anpassung an das Aufenthaltsgesetz erforderlich sind (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 110 ff.). Inhaltlich sind die Voraussetzungen des alten § 51 Abs. 1 AuslG vom neuen § 60 Abs. 1 AufenthG zumindest mit umfasst (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 91).
15 
Voraussetzung für einen Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ist eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die dazu führt, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -, juris). Dabei muss eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen wegen zwischenzeitlicher Veränderungen im Verfolgerstaat mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse müssen sich dort so einschneidend und dauerhaft geändert haben, dass der Betroffene ohne Verfolgungsfurcht heimkehren kann. Dieser Prognosemaßstab gilt dabei zunächst für diejenigen, auf die der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab schon bei der Anerkennung anzuwenden war, weil sie bereits vor ihrer Ausreise aus dem Verfolgerstaat individuelle politische Verfolgung erlitten hatten. Der Maßstab ist aber auch auf die Personen anzuwenden, die unter dem Druck einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung ausgereist und deshalb ebenfalls als vorverfolgt anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, S. 367 ff.). Damit ist geklärt, dass selbst bei Personen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer verfolgten Gruppe anerkannt wurden (wie vorliegend Angehörige der Gruppe der albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo), ein Widerruf nur dann nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgen kann, wenn sie bei einer Rückkehr in den Verfolgerstaat hinreichend sicher sind, wobei hinreichende Sicherheit in diesem Sinne nur dann gewährleistet ist, wenn sich die Verhältnisse im Verfolgerstaat "hinreichend stabil verändert" haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, vensa). Maßgeblich für die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs von Asylanerkennungen, die - wie hier - in Erfüllung eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils ergangen sind, ist nicht der Zeitpunkt des Ergehens des Anerkennungsbescheids, sondern der des rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteils (BVerwG, Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, NVwZ 2004, 113) .
16 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 festgestellte Sachlage, aufgrund derer es das Bundesamt verpflichtet hat, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen, hat sich nachträglich soweit geändert, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind.
17 
Zum einen haben sich die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seiner Entscheidung zugrunde gelegten Umstände geändert, aus denen es auf das Vorliegen einer politischen Verfolgung der albanischen Volkszugehörigen in den serbisch dominierten Teilen der Bundesrepublik Jugoslawien (ohne Kosovo) geschlossen hat. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe war noch davon ausgegangen, dass das durch die Bundesrepublik Jugoslawien unter Slobodan Milosevic betriebene Verfolgungsprogramm gegen albanische Volkszugehörige in der restlichen Bundesrepublik Jugoslawien auch nach dem durch die NATO erzwungenen Ende der Vertreibungsmaßnahmen im Kosovo fortbestehe. Dieses Verfolgungsprogramm wird mit hinreichender Sicherheit heute nicht mehr betrieben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Regime von Slobodan Milosevic seit Oktober 2000 nicht mehr existiert. Vielmehr wurde anschließend eine Demokratisierung des Staatswesens eingeleitet, wodurch hinreichend gewährleistet ist, dass die Rechte der Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell gegen die albanische Bevölkerungsgruppe unterbleiben (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, juris; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) vom 24.02.2004).
18 
Zum anderen kann auch nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger im Kosovo existenzielle Gefahren drohen, die es ausschlössen anzunehmen, das Kosovo stelle - unterstellt, dem Kläger drohe im restlichen Serbien und Montenegro weiterhin politische Verfolgung - keine hinreichend sichere und zumutbare inländische Fluchtalternative dar.
19 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 seiner Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse haben sich mittlerweile geändert. Das zu einem menschenwürdigen Leben erforderliche Existenzminimum ist jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt gewährleistet. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 23.08.2004 (A 6 S 70/04, vensa) sowie aus dem Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004 (ebenso bereits VGH Bad.-Württ., Urteil v. 17.03.2000 - 14 S 1167/98 -, juris). Aus diesen ergibt sich, dass im Hinblick auf die Versorgung mit Wohnraum, Lebensmitteln und Trinkwasser sowie im Bereich der medizinischen Versorgung so wesentliche Veränderungen eingetreten sind, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, es drohe eine Leben unter dem Existenzminimum oder es sei mit lebensbedrohlichen Gefahren oder Nachteilen zu rechnen. Darüber hinaus hat sich auch die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seinem Urteil vom 07.07.1999 noch zugrunde gelegte hohe Minengefahr durch das im Jahr 2001 durchgeführte Minenräumungsprogramm so verringert, dass nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dem Kläger drohten im Kosovo unzumutbare Nachteile. Gleiches gilt für die Gefahr, als albanischer Volkszugehöriger Opfer einer ethnisch motivierten Gewalttat zu werden. Die Unruhen vom März 2004 wurden von der albanischen Bevölkerungsmehrheit verübt und richteten sich vor allem gegen ethnische Minderheiten. Darüber hinaus hat sich die Situation mittlerweile wieder beruhigt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -, vensa und den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
20 
Auch im Übrigen droht dem Kläger im Kosovo gegenwärtig und auf absehbare Zeit keine politische Verfolgung (vgl. dazu z.B. das Urteil der erkennenden Kammer vom 24.08.2000 - A 2 K 10244/00 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 -, Urt. v. 16.03.2000 - A 14 S 2443/98 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -). Seit Rückzug der jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und Beendigung der Kampfhandlungen zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien am 10.06.1999 steht das Kosovo unter internationaler Verwaltung, die eine zivile (UNMIK) und eine militärische Komponente (KFOR) hat. Das Kosovo ist völkerrechtlich zwar weiterhin Teil des Staates Serbien und Montenegro (ehemals: Bundesrepublik Jugoslawien) und der Teilrepublik Serbien. Die Ausübung der Regierungsgewalt des Staates Serbien und Montenegro über das Kosovo ist dagegen de facto suspendiert. Auf der Grundlage der VN-Sicherheitsrats-Resolution 1244 (1999) übernimmt die VN-Mission die Verantwortung für das gesamte öffentliche Leben im Kosovo. UNMIK ist flächendeckend in den Verwaltungen aller Landkreise vertreten. Durch die Etablierung dieser internationalen Zivil- und Sicherheitspräsenz im Kosovo haben staatliche Repressionen nicht nur gegen Kosovo-Albaner, sondern auch gegen die anderen ethnischen Gruppen ein Ende gefunden (vgl. hierzu den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
21 
Daran hat sich auch nach den Unruhen im Kosovo vom März 2004 nichts geändert. Denn für Gewaltanwendungen und Übergriffe durch einzelne Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen besteht, auch so weit bei der Auswahl der Opfer an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, eine staatliche Verantwortlichkeit - mit der Folge, dass deswegen Asyl bzw. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu gewähren ist - nur dann, wenn der Staat oder eine quasi-staatliche Gewalt ausübende Organisation zur Schutzgewährung entweder nicht bereit ist oder sich nicht in der Lage sieht, die ihm bzw. ihr an sich verfügbaren Mittel im konkreten Fall gegenüber Verfolgungsmaßnahmen bestimmter Dritter (hinreichend) einzusetzen (vgl. die Klarstellung in § 60 Abs. 1 S. 4 AufenthG, BT-Drs. 15/420 v. 07.02.2003, S. 91 und BVerfG, Beschluss v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE, 80, 315 ff.). KFOR und UNMIK, die im Kosovo de facto die staatliche Gewalt des Staates Serbien und Montenegro wahrnehmen, sind schutzbereit und grundsätzlich auch dazu in der Lage, wenn sie auch die Sicherheit nicht in jedem Einzelfall immer zuverlässig gewährleisten können. Vielmehr haben die KFOR-Truppen, nachdem die NATO nach den Unruhen vom März 2004 eine Verstärkung von 2.000 Mann in das Kosovo geschickt hat, die Sicherheitslage wieder unter Kontrolle (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo); UNHCR-Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen v. 30.03.2004).
22 
Gründe, aus denen nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen wäre, sind vorliegend nicht erkennbar.
23 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ i.S.v. § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG erfolgte, kann dahinstehen. Denn der Kläger wäre selbst bei einer Verletzung der Pflicht zum unverzüglichen Widerruf nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf der Asylanerkennung dient allein dem öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG. Diese lassen nicht erkennen, das Gebot, die Asylanerkennung bei Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen "unverzüglich" zu widerrufen, solle - auch - den als Asylberechtigter anerkannten Ausländer schützen, insbesondere einem Vertrauen in den Fortbestand der Asylanerkennung Rechnung tragen. Das Gesetz ordnet den Widerruf im öffentlichen Interesse an, wobei der Widerruf - im Unterschied zu einem Widerruf nach § 49 VwVfG - nicht etwa im Ermessen der Behörde liegt. Ebenso ist die Unverzüglichkeit des Widerrufs erkennbar allein im öffentlichen Interesse vorgeschrieben. Das ergibt sich deutlich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Bereits nach § 16 Abs. 1 S. 1 AsylVfG i.d.F. des Gesetzes vom 09.07.1990 (BGBl. I S. 1354) war der Widerruf zwingend geboten. Auch bei längerem Zeitablauf nach Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen konnte der Asylberechtigte angesichts dieser Rechtslage nicht darauf vertrauen, dass von einem Widerruf abgesehen würde. Die Ergänzung um das Wort "unverzüglich" in der Neuregelung des § 73 AsylVfG durch das Gesetz vom 26.06.1992 (BGBl. I S. 1126) wurde - allein - mit der Notwendigkeit der Beschleunigung des Verfahrens begründet (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 12/2062, S. 1). Die Unverzüglichkeit des Widerrufs dient demnach ausschließlich dem öffentlichen Interesse daran, den Status eines Asylberechtigten möglichst schnell auf diejenigen Personen zu beschränken, die tatsächlich Schutz vor politischer Verfolgung benötigen (BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997 - 9 B 280/97 -, juris; VGH Bad.-Württ, Beschluss v. 26.03.1997 - A 14 S 2854/96 -, AuAS 1997, S. 162 f.; VG Sigmaringen, Urteil v. 02.12.2003 - A 4 K 11498/01 -, juris; a.A. VG Stuttgart, Urteil v. 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -, InfAuslR 2003, 261).
24 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG ist auf § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht anwendbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -, vensa). Darüber hinaus hätte sie auch frühestens nach Ablauf der vom Bundesamt gesetzten Anhörungsfrist bzw. Eingang der Stellungnahme des Klägers (§ 73 Abs. 4 AsylVfG) zu laufen begonnen (BVerwG, Urteil v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, das offen lässt, ob § 48 Abs. 4 VwVfG auf § 73 AsylVfG anwendbar ist). 
25 
Die Entscheidung der Beklagten über den Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG war nicht nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG nach Ermessen zu treffen. Die ab 01.01.2005 geltende Vorschrift des § 73 Abs. 2a S. 1-3 AsylVfG ist nämlich aus Gründen des materiellen Rechts nicht auf Widerrufsentscheidungen anzuwenden, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben oder richtigerweise zugestellt (§ 73 Abs. 5 AsylVfG) und damit wirksam wurden (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Daher lassen sich aus § 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG, wonach das Gericht für die Entscheidung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen hat, für den vorliegenden Fall keine gegenteiligen Schlussfolgerungen ableiten.
26 
Für die ab 01.01.2005 geltende Änderung des § 73 AsylVfG existiert keine ausdrücklich geregelte Übergangsvorschrift. Die Vorschriften in §§ 87 ff. AsylVfG gelten unmittelbar nur für frühere Rechtsänderungen. Fehlt eine Übergangsvorschrift, ist zunächst die konkrete Rechtsnorm und ihre Auslegung maßgeblich für die Beantwortung der Frage, auf welche Rechtsverhältnisse die Norm angewandt werden soll. Bei Zweifelsfällen geben die Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts Anhaltspunkte (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (595)). Hier folgt die Nichtanwendbarkeit des § 73 Abs. 2a AsylVfG auf vor dem 01.01.2005 bekannt gegebene Widerrufsentscheidungen aus einer Kombination aus Auslegung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und Anwendung der allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, die auch in § 96 VwVfG ihren Niederschlag gefunden haben. Eine vergleichende Anwendung der §§ 87 ff. AsylVfG führt hier nicht weiter, weil sich aus ihnen keine allgemein gültigen Aussagen ableiten lassen.
27 
Nach dem Wortlaut des § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG ist über den Widerruf oder die Rücknahme einer Asylanerkennung nach Ermessen zu entscheiden, wenn nach der von S. 1 vorgeschriebenen Prüfung kein Widerruf bzw. keine Rücknahme erfolgt ist. Damit ist die Erforderlichkeit der Ermessensentscheidung an die vorherige Durchführung eines Prüfverfahrens gekoppelt, das nach § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Sinn der Einführung einer konkreten Frist für die Überprüfung der Asylanerkennungen ist nach dem Willen des Gesetzgebers, dass die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme, die in der Praxis bislang leer gelaufen sind, an Bedeutung gewinnen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 112). Damit wird wie bei dem im Jahr 1992 in Absatz 1 hinzugefügten Erfordernis eines „unverzüglichen“ Widerrufs dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition gedient. Aus § 73 Abs. 2a AsylVfG und seinem systematischen Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 AufenthG ergibt sich weiter, dass die am 01.01.2005 eingeführte Prüfungspflicht darüber hinaus auch den Interessen des Ausländers zu dienen bestimmt ist. Denn das Bundesamt hat nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG das Ergebnis der Prüfung der Ausländerbehörde mitzuteilen, damit diese über den Aufenthaltstitel des Ausländers befinden kann. Kommt die Prüfung zum Ergebnis, dass kein Widerruf bzw. keine Rücknahme stattfindet, hat der Ausländer, der seit drei Jahren aufgrund seiner Asylanerkennung oder des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufentG eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis und damit auf eine Verfestigung seines Aufenthaltsrechts. Daraus wird deutlich, dass jedenfalls nach der Durchführung einer Prüfung nach Satz 1 des § 73 Abs. 2a AsylVfG und möglicherweise auch nach Ablauf der Dreijahresfrist ohne Durchführung einer Prüfung das Vertrauen des Ausländers darauf, dass er nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bzw. ein verfestigtes Aufenthaltsrecht besitzt (dazu: Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 80), im Rahmen der Ermessenentscheidung nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG zu berücksichtigen ist.
28 
Dieser Ermessensentscheidung bedarf es jedoch nicht in Fällen, in denen kein Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist, weil  - wie hier - vom Bundesamt gar kein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter wurde hier widerrufen, bevor einer Prüfung des Widerrufs oder einem dreijährigen Nichtprüfen durch das Bundesamt aufgrund der Neuregelung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und des § 26 Abs. 3 AufenthG überhaupt ein Bedeutungsgehalt dergestalt zu kommen konnte, dass nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bestehe. Denn bis zum 01.01.2005 war das Bundesamt nicht innerhalb einer bestimmten Frist zur Prüfung, ob ein Widerruf oder eine Rücknahme in Betracht kommt, verpflichtet und musste auch keine Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG an die Ausländerbehörde vornehmen.
29 
Dass § 73 Abs. 2a S. 1 und 2 AsylVfG auf die bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufs- bzw. Rücknahmeentscheidungen nicht anwendbar sind, ergibt sich aus den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, wonach neues Verfahrensrecht nicht auf abgeschlossene Verfahren angewandt werden kann (vgl. Kopp, SGb 1993, S. 593 ff.; BVerwG, Urteil v. 26.03.1985 - 9 C 47/84 -, juris; Urteil v. 18.02.1992 - 9 C 59/91 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 28.05.1991 - A 16 S 2357/90 -, juris). Ob ein Verwaltungsverfahren mit Bekanntgabe, das heißt Wirksamwerden, des Verwaltungsaktes oder jedenfalls mit Abschluss eines eventuell durchzuführenden Widerspruchsverfahrens abgeschlossen ist - wofür die Zielhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens nach § 9 VwVfG sowie der Umstand spricht, dass die Übergangsvorschriften der §§ 87 und 87a AsylVfG im Hinblick auf die Regelung der Anwendung neuer Vorschriften zwischen Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren unterscheiden - (so im Ergebnis auch: BVerwG, Urteil v. 12.08.1977 - IV C 20.76 -, BVerwGE 54, S. 257  (259); Urteil v. 27.09.1989 - 8 C 88.88 -, BVerwGE 82, 336 ff.; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 1; P. Stelkens/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 96, Rn. 2) oder erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit (so Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 4), kann vorliegend dahinstehen. Denn es können jedenfalls nicht nachträglich fristgebundene Verfahrenshandlungen verlangt werden, mit denen die Beteiligten nach dem bisherigen Recht nicht rechnen mussten und denen sie auch keine Rechnung mehr tragen können, weil die maßgeblichen Tatsachen bzw. Handlungen bereits in der Vergangenheit lagen oder in der Vergangenheit hätten gesetzt werden müssen, als die nunmehr damit verbundenen Folgerungen noch nicht daran geknüpft waren (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (601)). Dies ist hier der Fall. Das Bundesamt hat bei bereits bekannt gegebenen Widerrufs- oder Rücknahmeentscheidungen keine Möglichkeit mehr, die Prüfungsfrist des § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG einzuhalten und die Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG im Anschluss an eine fristgerecht durchgeführte Prüfung zu machen.
30 
Das hilfsweise geltend gemachte Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG liegt nicht vor. Beruft sich der Ausländer - wie der Kläger - nur auf Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, muss wegen der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG eine Gefahrenlage gegeben sein, die landesweit so beschaffen ist, dass der von einer Abschiebung Betroffene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert oder der extremen Gefahr ausgesetzt wäre, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben oder Opfer einer Gewalttat zu werden (vgl. BVerwG, Urteil v. 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, DVBl. 2001, 1531). Diese zu § 53 Abs. 6 AuslG ergangene Rechtsprechung gilt auch für § 60 Abs. 7 AufenthG, weil es sich insoweit nur um eine redaktionelle Änderung handelt (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Eine derart extreme Gefahrenlage besteht - wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt - für den Kläger im Kosovo im Hinblick auf die allgemeine soziale und wirtschaftliche Situation und die Sicherheitslage nicht (vgl.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
32 
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 71 Abs. 1 GKG. Der Gegenstandswert folgt aus § 83b Abs. 2 S.1 AsylVfG i.V.m. § 60 RVG.

Gründe

 
12 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung anwesend oder vertreten waren (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat auf die Einhaltung der Ladungsfrist und der Beteiligte auf die Förmlichkeiten der Ladung überhaupt  verzichtet.
13 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Widerruf der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und der Feststellung, dass in Bezug auf die Bundesrepublik Jugoslawien (heute: Serbien und Montenegro) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG besteht nicht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage hat das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgestellt (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG).
14 
Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 22.09.2003 findet seine Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 außer Kraft getretenen ist. Denn eine vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bleibt trotz der Rechtsänderung als Verwaltungsakt wirksam (vgl. §§ 43 Abs. 2 und 3, 44 VwVfG). Sie ist nach dem 01.01.2005 als Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu behandeln. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach es sich bei den in den §§ 73, 31, 42 AsylVfG vorgenommenen Änderungen betreffend §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG lediglich um redaktionelle Änderungen handelt, die zur Anpassung an das Aufenthaltsgesetz erforderlich sind (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 110 ff.). Inhaltlich sind die Voraussetzungen des alten § 51 Abs. 1 AuslG vom neuen § 60 Abs. 1 AufenthG zumindest mit umfasst (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 91).
15 
Voraussetzung für einen Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ist eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die dazu führt, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -, juris). Dabei muss eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen wegen zwischenzeitlicher Veränderungen im Verfolgerstaat mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse müssen sich dort so einschneidend und dauerhaft geändert haben, dass der Betroffene ohne Verfolgungsfurcht heimkehren kann. Dieser Prognosemaßstab gilt dabei zunächst für diejenigen, auf die der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab schon bei der Anerkennung anzuwenden war, weil sie bereits vor ihrer Ausreise aus dem Verfolgerstaat individuelle politische Verfolgung erlitten hatten. Der Maßstab ist aber auch auf die Personen anzuwenden, die unter dem Druck einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung ausgereist und deshalb ebenfalls als vorverfolgt anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, S. 367 ff.). Damit ist geklärt, dass selbst bei Personen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer verfolgten Gruppe anerkannt wurden (wie vorliegend Angehörige der Gruppe der albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo), ein Widerruf nur dann nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgen kann, wenn sie bei einer Rückkehr in den Verfolgerstaat hinreichend sicher sind, wobei hinreichende Sicherheit in diesem Sinne nur dann gewährleistet ist, wenn sich die Verhältnisse im Verfolgerstaat "hinreichend stabil verändert" haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, vensa). Maßgeblich für die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs von Asylanerkennungen, die - wie hier - in Erfüllung eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils ergangen sind, ist nicht der Zeitpunkt des Ergehens des Anerkennungsbescheids, sondern der des rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteils (BVerwG, Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, NVwZ 2004, 113) .
16 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 festgestellte Sachlage, aufgrund derer es das Bundesamt verpflichtet hat, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen, hat sich nachträglich soweit geändert, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind.
17 
Zum einen haben sich die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seiner Entscheidung zugrunde gelegten Umstände geändert, aus denen es auf das Vorliegen einer politischen Verfolgung der albanischen Volkszugehörigen in den serbisch dominierten Teilen der Bundesrepublik Jugoslawien (ohne Kosovo) geschlossen hat. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe war noch davon ausgegangen, dass das durch die Bundesrepublik Jugoslawien unter Slobodan Milosevic betriebene Verfolgungsprogramm gegen albanische Volkszugehörige in der restlichen Bundesrepublik Jugoslawien auch nach dem durch die NATO erzwungenen Ende der Vertreibungsmaßnahmen im Kosovo fortbestehe. Dieses Verfolgungsprogramm wird mit hinreichender Sicherheit heute nicht mehr betrieben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Regime von Slobodan Milosevic seit Oktober 2000 nicht mehr existiert. Vielmehr wurde anschließend eine Demokratisierung des Staatswesens eingeleitet, wodurch hinreichend gewährleistet ist, dass die Rechte der Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell gegen die albanische Bevölkerungsgruppe unterbleiben (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, juris; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) vom 24.02.2004).
18 
Zum anderen kann auch nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger im Kosovo existenzielle Gefahren drohen, die es ausschlössen anzunehmen, das Kosovo stelle - unterstellt, dem Kläger drohe im restlichen Serbien und Montenegro weiterhin politische Verfolgung - keine hinreichend sichere und zumutbare inländische Fluchtalternative dar.
19 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 seiner Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse haben sich mittlerweile geändert. Das zu einem menschenwürdigen Leben erforderliche Existenzminimum ist jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt gewährleistet. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 23.08.2004 (A 6 S 70/04, vensa) sowie aus dem Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004 (ebenso bereits VGH Bad.-Württ., Urteil v. 17.03.2000 - 14 S 1167/98 -, juris). Aus diesen ergibt sich, dass im Hinblick auf die Versorgung mit Wohnraum, Lebensmitteln und Trinkwasser sowie im Bereich der medizinischen Versorgung so wesentliche Veränderungen eingetreten sind, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, es drohe eine Leben unter dem Existenzminimum oder es sei mit lebensbedrohlichen Gefahren oder Nachteilen zu rechnen. Darüber hinaus hat sich auch die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seinem Urteil vom 07.07.1999 noch zugrunde gelegte hohe Minengefahr durch das im Jahr 2001 durchgeführte Minenräumungsprogramm so verringert, dass nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dem Kläger drohten im Kosovo unzumutbare Nachteile. Gleiches gilt für die Gefahr, als albanischer Volkszugehöriger Opfer einer ethnisch motivierten Gewalttat zu werden. Die Unruhen vom März 2004 wurden von der albanischen Bevölkerungsmehrheit verübt und richteten sich vor allem gegen ethnische Minderheiten. Darüber hinaus hat sich die Situation mittlerweile wieder beruhigt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -, vensa und den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
20 
Auch im Übrigen droht dem Kläger im Kosovo gegenwärtig und auf absehbare Zeit keine politische Verfolgung (vgl. dazu z.B. das Urteil der erkennenden Kammer vom 24.08.2000 - A 2 K 10244/00 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 -, Urt. v. 16.03.2000 - A 14 S 2443/98 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -). Seit Rückzug der jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und Beendigung der Kampfhandlungen zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien am 10.06.1999 steht das Kosovo unter internationaler Verwaltung, die eine zivile (UNMIK) und eine militärische Komponente (KFOR) hat. Das Kosovo ist völkerrechtlich zwar weiterhin Teil des Staates Serbien und Montenegro (ehemals: Bundesrepublik Jugoslawien) und der Teilrepublik Serbien. Die Ausübung der Regierungsgewalt des Staates Serbien und Montenegro über das Kosovo ist dagegen de facto suspendiert. Auf der Grundlage der VN-Sicherheitsrats-Resolution 1244 (1999) übernimmt die VN-Mission die Verantwortung für das gesamte öffentliche Leben im Kosovo. UNMIK ist flächendeckend in den Verwaltungen aller Landkreise vertreten. Durch die Etablierung dieser internationalen Zivil- und Sicherheitspräsenz im Kosovo haben staatliche Repressionen nicht nur gegen Kosovo-Albaner, sondern auch gegen die anderen ethnischen Gruppen ein Ende gefunden (vgl. hierzu den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
21 
Daran hat sich auch nach den Unruhen im Kosovo vom März 2004 nichts geändert. Denn für Gewaltanwendungen und Übergriffe durch einzelne Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen besteht, auch so weit bei der Auswahl der Opfer an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, eine staatliche Verantwortlichkeit - mit der Folge, dass deswegen Asyl bzw. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu gewähren ist - nur dann, wenn der Staat oder eine quasi-staatliche Gewalt ausübende Organisation zur Schutzgewährung entweder nicht bereit ist oder sich nicht in der Lage sieht, die ihm bzw. ihr an sich verfügbaren Mittel im konkreten Fall gegenüber Verfolgungsmaßnahmen bestimmter Dritter (hinreichend) einzusetzen (vgl. die Klarstellung in § 60 Abs. 1 S. 4 AufenthG, BT-Drs. 15/420 v. 07.02.2003, S. 91 und BVerfG, Beschluss v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE, 80, 315 ff.). KFOR und UNMIK, die im Kosovo de facto die staatliche Gewalt des Staates Serbien und Montenegro wahrnehmen, sind schutzbereit und grundsätzlich auch dazu in der Lage, wenn sie auch die Sicherheit nicht in jedem Einzelfall immer zuverlässig gewährleisten können. Vielmehr haben die KFOR-Truppen, nachdem die NATO nach den Unruhen vom März 2004 eine Verstärkung von 2.000 Mann in das Kosovo geschickt hat, die Sicherheitslage wieder unter Kontrolle (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo); UNHCR-Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen v. 30.03.2004).
22 
Gründe, aus denen nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen wäre, sind vorliegend nicht erkennbar.
23 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ i.S.v. § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG erfolgte, kann dahinstehen. Denn der Kläger wäre selbst bei einer Verletzung der Pflicht zum unverzüglichen Widerruf nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf der Asylanerkennung dient allein dem öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG. Diese lassen nicht erkennen, das Gebot, die Asylanerkennung bei Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen "unverzüglich" zu widerrufen, solle - auch - den als Asylberechtigter anerkannten Ausländer schützen, insbesondere einem Vertrauen in den Fortbestand der Asylanerkennung Rechnung tragen. Das Gesetz ordnet den Widerruf im öffentlichen Interesse an, wobei der Widerruf - im Unterschied zu einem Widerruf nach § 49 VwVfG - nicht etwa im Ermessen der Behörde liegt. Ebenso ist die Unverzüglichkeit des Widerrufs erkennbar allein im öffentlichen Interesse vorgeschrieben. Das ergibt sich deutlich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Bereits nach § 16 Abs. 1 S. 1 AsylVfG i.d.F. des Gesetzes vom 09.07.1990 (BGBl. I S. 1354) war der Widerruf zwingend geboten. Auch bei längerem Zeitablauf nach Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen konnte der Asylberechtigte angesichts dieser Rechtslage nicht darauf vertrauen, dass von einem Widerruf abgesehen würde. Die Ergänzung um das Wort "unverzüglich" in der Neuregelung des § 73 AsylVfG durch das Gesetz vom 26.06.1992 (BGBl. I S. 1126) wurde - allein - mit der Notwendigkeit der Beschleunigung des Verfahrens begründet (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 12/2062, S. 1). Die Unverzüglichkeit des Widerrufs dient demnach ausschließlich dem öffentlichen Interesse daran, den Status eines Asylberechtigten möglichst schnell auf diejenigen Personen zu beschränken, die tatsächlich Schutz vor politischer Verfolgung benötigen (BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997 - 9 B 280/97 -, juris; VGH Bad.-Württ, Beschluss v. 26.03.1997 - A 14 S 2854/96 -, AuAS 1997, S. 162 f.; VG Sigmaringen, Urteil v. 02.12.2003 - A 4 K 11498/01 -, juris; a.A. VG Stuttgart, Urteil v. 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -, InfAuslR 2003, 261).
24 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG ist auf § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht anwendbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -, vensa). Darüber hinaus hätte sie auch frühestens nach Ablauf der vom Bundesamt gesetzten Anhörungsfrist bzw. Eingang der Stellungnahme des Klägers (§ 73 Abs. 4 AsylVfG) zu laufen begonnen (BVerwG, Urteil v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, das offen lässt, ob § 48 Abs. 4 VwVfG auf § 73 AsylVfG anwendbar ist). 
25 
Die Entscheidung der Beklagten über den Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG war nicht nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG nach Ermessen zu treffen. Die ab 01.01.2005 geltende Vorschrift des § 73 Abs. 2a S. 1-3 AsylVfG ist nämlich aus Gründen des materiellen Rechts nicht auf Widerrufsentscheidungen anzuwenden, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben oder richtigerweise zugestellt (§ 73 Abs. 5 AsylVfG) und damit wirksam wurden (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Daher lassen sich aus § 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG, wonach das Gericht für die Entscheidung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen hat, für den vorliegenden Fall keine gegenteiligen Schlussfolgerungen ableiten.
26 
Für die ab 01.01.2005 geltende Änderung des § 73 AsylVfG existiert keine ausdrücklich geregelte Übergangsvorschrift. Die Vorschriften in §§ 87 ff. AsylVfG gelten unmittelbar nur für frühere Rechtsänderungen. Fehlt eine Übergangsvorschrift, ist zunächst die konkrete Rechtsnorm und ihre Auslegung maßgeblich für die Beantwortung der Frage, auf welche Rechtsverhältnisse die Norm angewandt werden soll. Bei Zweifelsfällen geben die Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts Anhaltspunkte (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (595)). Hier folgt die Nichtanwendbarkeit des § 73 Abs. 2a AsylVfG auf vor dem 01.01.2005 bekannt gegebene Widerrufsentscheidungen aus einer Kombination aus Auslegung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und Anwendung der allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, die auch in § 96 VwVfG ihren Niederschlag gefunden haben. Eine vergleichende Anwendung der §§ 87 ff. AsylVfG führt hier nicht weiter, weil sich aus ihnen keine allgemein gültigen Aussagen ableiten lassen.
27 
Nach dem Wortlaut des § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG ist über den Widerruf oder die Rücknahme einer Asylanerkennung nach Ermessen zu entscheiden, wenn nach der von S. 1 vorgeschriebenen Prüfung kein Widerruf bzw. keine Rücknahme erfolgt ist. Damit ist die Erforderlichkeit der Ermessensentscheidung an die vorherige Durchführung eines Prüfverfahrens gekoppelt, das nach § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Sinn der Einführung einer konkreten Frist für die Überprüfung der Asylanerkennungen ist nach dem Willen des Gesetzgebers, dass die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme, die in der Praxis bislang leer gelaufen sind, an Bedeutung gewinnen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 112). Damit wird wie bei dem im Jahr 1992 in Absatz 1 hinzugefügten Erfordernis eines „unverzüglichen“ Widerrufs dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition gedient. Aus § 73 Abs. 2a AsylVfG und seinem systematischen Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 AufenthG ergibt sich weiter, dass die am 01.01.2005 eingeführte Prüfungspflicht darüber hinaus auch den Interessen des Ausländers zu dienen bestimmt ist. Denn das Bundesamt hat nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG das Ergebnis der Prüfung der Ausländerbehörde mitzuteilen, damit diese über den Aufenthaltstitel des Ausländers befinden kann. Kommt die Prüfung zum Ergebnis, dass kein Widerruf bzw. keine Rücknahme stattfindet, hat der Ausländer, der seit drei Jahren aufgrund seiner Asylanerkennung oder des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufentG eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis und damit auf eine Verfestigung seines Aufenthaltsrechts. Daraus wird deutlich, dass jedenfalls nach der Durchführung einer Prüfung nach Satz 1 des § 73 Abs. 2a AsylVfG und möglicherweise auch nach Ablauf der Dreijahresfrist ohne Durchführung einer Prüfung das Vertrauen des Ausländers darauf, dass er nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bzw. ein verfestigtes Aufenthaltsrecht besitzt (dazu: Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 80), im Rahmen der Ermessenentscheidung nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG zu berücksichtigen ist.
28 
Dieser Ermessensentscheidung bedarf es jedoch nicht in Fällen, in denen kein Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist, weil  - wie hier - vom Bundesamt gar kein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter wurde hier widerrufen, bevor einer Prüfung des Widerrufs oder einem dreijährigen Nichtprüfen durch das Bundesamt aufgrund der Neuregelung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und des § 26 Abs. 3 AufenthG überhaupt ein Bedeutungsgehalt dergestalt zu kommen konnte, dass nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bestehe. Denn bis zum 01.01.2005 war das Bundesamt nicht innerhalb einer bestimmten Frist zur Prüfung, ob ein Widerruf oder eine Rücknahme in Betracht kommt, verpflichtet und musste auch keine Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG an die Ausländerbehörde vornehmen.
29 
Dass § 73 Abs. 2a S. 1 und 2 AsylVfG auf die bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufs- bzw. Rücknahmeentscheidungen nicht anwendbar sind, ergibt sich aus den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, wonach neues Verfahrensrecht nicht auf abgeschlossene Verfahren angewandt werden kann (vgl. Kopp, SGb 1993, S. 593 ff.; BVerwG, Urteil v. 26.03.1985 - 9 C 47/84 -, juris; Urteil v. 18.02.1992 - 9 C 59/91 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 28.05.1991 - A 16 S 2357/90 -, juris). Ob ein Verwaltungsverfahren mit Bekanntgabe, das heißt Wirksamwerden, des Verwaltungsaktes oder jedenfalls mit Abschluss eines eventuell durchzuführenden Widerspruchsverfahrens abgeschlossen ist - wofür die Zielhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens nach § 9 VwVfG sowie der Umstand spricht, dass die Übergangsvorschriften der §§ 87 und 87a AsylVfG im Hinblick auf die Regelung der Anwendung neuer Vorschriften zwischen Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren unterscheiden - (so im Ergebnis auch: BVerwG, Urteil v. 12.08.1977 - IV C 20.76 -, BVerwGE 54, S. 257  (259); Urteil v. 27.09.1989 - 8 C 88.88 -, BVerwGE 82, 336 ff.; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 1; P. Stelkens/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 96, Rn. 2) oder erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit (so Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 4), kann vorliegend dahinstehen. Denn es können jedenfalls nicht nachträglich fristgebundene Verfahrenshandlungen verlangt werden, mit denen die Beteiligten nach dem bisherigen Recht nicht rechnen mussten und denen sie auch keine Rechnung mehr tragen können, weil die maßgeblichen Tatsachen bzw. Handlungen bereits in der Vergangenheit lagen oder in der Vergangenheit hätten gesetzt werden müssen, als die nunmehr damit verbundenen Folgerungen noch nicht daran geknüpft waren (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (601)). Dies ist hier der Fall. Das Bundesamt hat bei bereits bekannt gegebenen Widerrufs- oder Rücknahmeentscheidungen keine Möglichkeit mehr, die Prüfungsfrist des § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG einzuhalten und die Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG im Anschluss an eine fristgerecht durchgeführte Prüfung zu machen.
30 
Das hilfsweise geltend gemachte Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG liegt nicht vor. Beruft sich der Ausländer - wie der Kläger - nur auf Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, muss wegen der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG eine Gefahrenlage gegeben sein, die landesweit so beschaffen ist, dass der von einer Abschiebung Betroffene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert oder der extremen Gefahr ausgesetzt wäre, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben oder Opfer einer Gewalttat zu werden (vgl. BVerwG, Urteil v. 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, DVBl. 2001, 1531). Diese zu § 53 Abs. 6 AuslG ergangene Rechtsprechung gilt auch für § 60 Abs. 7 AufenthG, weil es sich insoweit nur um eine redaktionelle Änderung handelt (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Eine derart extreme Gefahrenlage besteht - wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt - für den Kläger im Kosovo im Hinblick auf die allgemeine soziale und wirtschaftliche Situation und die Sicherheitslage nicht (vgl.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
32 
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 71 Abs. 1 GKG. Der Gegenstandswert folgt aus § 83b Abs. 2 S.1 AsylVfG i.V.m. § 60 RVG.

Sonstige Literatur

 
33 
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
34 
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Postfach 11 14 51, 76064 Karlsruhe, oder Nördliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe, zu stellen.
35 
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
36 
Lässt der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt.
37 
Bei der Beantragung der Zulassung der Berufung muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen.
38 
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten und der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. März 2002 - A 12 K 10694/01 - teilweise geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten im ersten Rechtszug, die dieser selbst trägt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist nach seinen Angaben am 11.2.1982 in Makhmour/Zentralirak geboren und irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Bei seiner Asylantragstellung am 1.3.2001 gab er an, nicht im Besitz von Personalpapieren zu sein.
Am 14.3.2001 wurde der Kläger beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge persönlich angehört. Er gab an, auf dem Landweg über die Türkei in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Der Schlepper habe ihm seinen Personalausweis in Istanbul abgenommen. Für die gesamte Ausreise habe er 3.500,-- Dollar bezahlt. Er habe den Irak verlassen müssen, weil ihm Verhaftung gedroht habe.  Er habe zusammen mit einem Freund  ein Geschäft betrieben, in dem Fenster, Türen und Wagen hergestellt worden seien. Sein Freund habe ohne sein Wissen über einen Offizier Eisenteile aus Armeebeständen und aus der Stromwirtschaft bezogen. Nachdem dies entdeckt worden sei, seien beide festgenommen worden und spurlos verschwunden. Auch gegen ihn sei ein Haftbefehl erlassen worden. Nachdem sein Vater am 15. oder 16.1.2001 festgenommen worden sei, hätten seine Verwandten Geld gesammelt und seine Ausreise ermöglicht. Sein Vater sei noch im Gefängnis des Geheimdienstes von Makhmour.
Mit Bescheid vom 10.5.2001 wurde der Asylantrag des Klägers abgelehnt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zugleich wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung in den Irak angedroht.
Der Kläger hat am 28.5.2001 Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 10.5.2001 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG - hilfsweise: Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG - vorliegen. Den angekündigten Antrag auf Verpflichtung der Beklagten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, hat er in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich nicht geäußert.
Mit Urteil vom 19.3.2002 - A 12 K 10694/01 - hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klage hinsichtlich des Begehrens auf Asylanerkennung zurückgenommen worden war. Weiter hat es die Nrn. 2 und 4 des Bescheids des Bundesamts vom 10.5.2001 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Iraks festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Kläger vorverfolgt ausgereist sei. Denn ihm drohe auf Grund von Nachfluchtgründen, nämlich seiner illegalen Ausreise aus dem Irak und der Asylantragstellung im Bundesgebiet, im Falle der Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung. Auf die Schutzzone im Nordirak könne er nicht verwiesen werden, denn er stamme nicht von dort und habe dort auch keine Familienangehörigen, weshalb das wirtschaftliche Existenzminimum für ihn nicht gewährleistet sein würde. Auf die Möglichkeit der Aufnahme in ein vom UNHCR betriebenes Lager im Nordirak könne er nicht verwiesen werden, weil seine Existenz dort nicht gesichert sein würde.
Auf Antrag der Beklagten und des Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 10.6.2002 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, soweit es die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und die angefochtene Abschiebungsandrohung betrifft.
Die Beklagte und der Beteiligte beantragen,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.3.2002 - A 12 K 10694/01 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung angehört worden. Wegen seiner Angaben wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
 
14 
Dem Senat liegen die angefallenen Akten des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und die des Verwaltungsgerichts vor. Auf sie und auf die den Beteiligten überlassene Liste von Erkenntnismitteln und die in der mündlichen Verhandlung erfolgten ergänzenden Hinweise (s. Sitzungsniederschrift vom 16.9.2004) wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten und des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, über die der Senat in deren Abwesenheit entscheidet (vgl. § 125 Abs. 1, § 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig (vgl. auch § 87b AsylVfG i. d. F. des Art. 3 Nr. 48 des Zuwanderungsgesetzes) und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen; denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (dazu 1.), oder hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG (dazu 2.) vorliegen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16 
(1) Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Der Begriff des Verfolgten im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG ist , was die Verfolgungsmaßnahmen, die geschützten Rechtsgüter und den politischen Charakter der Verfolgung angeht, mit dem entsprechenden Begriff in Art. 16a Abs. 1 GG identisch (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.2.1992, Buchholz 402.25 § 7 AsylVfG Nr. 1 und vom 18.4.1994, NVwZ 1994, 497; vgl. ferner etwa Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 51 AuslG RdNr. 9). Politische Verfolgung im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist grundsätzlich staatliche Verfolgung durch Zufügung gezielter Rechtsverletzungen, die den Betroffenen ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345; BVerwG, Urteil vom 22.3.1994, NVwZ 1994, 1112). Der Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG greift weitergehend aber auch dann ein, wenn etwa politische Verfolgung wegen eines unbeachtlichen Nachfluchtgrunds droht oder ein Asylanspruch an einer früher erlangten anderweitigen Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG oder der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nach § 26a AsylVfG scheitert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.3.1992, Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 10).
17 
Bei unverfolgt aus dem Heimatstaat ausgereisten Schutzsuchenden gilt der allgemeine Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im Abschiebungsverfahren nach § 51 Abs. 1 AuslG ebenso wie im Anerkennungsverfahren nach Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.11.1992, InfAuslR 1993, 150). Dieser Prognosemaßstab enthält neben dem Element der Eintrittswahrscheinlichkeit auch das Element der zeitlichen Nähe des befürchteten Eingriffs (BVerwG, Urteil vom 14.12.1993, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 166). Von einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden oder - was gleichbedeutend ist - unmittelbaren Verfolgung ist dann auszugehen, wenn die für die Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169 ff.). Dabei ist eine rein quantitative oder statistische Betrachtung nicht angezeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.7.1991, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 146). Maßgebend ist letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat; dieser bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Die Möglichkeit einer Verfolgung im Heimatland muss derart greifbar sein, dass ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr nicht auf sich nimmt, wobei auch die Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem  Umfang zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, a.a.O.).
18 
Wer demgegenüber bereits vor der Flucht vom Verfolgungsmaßnahmen betroffen oder unmittelbar damit bedroht war, ist nur dann nicht als politisch verfolgt anzusehen, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen im Fall einer Rückkehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345;  BVerwG, Urteil vom 25.9.1984, BVerwGE 70, 169, 171).
19 
Der Kläger unterlag nach Überzeugung des Senats in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise nicht politischer Verfolgung.
20 
Geht man von seinen Angaben aus, so geht der Entschluss des Klägers, sein Heimatland zu verlassen, auf die Befürchtung zurück, wegen von seinem ehemaligen Geschäftspartner zum Nachteil des irakischen Staates begangener Eigentumsdelikte ebenfalls bestraft zu werden. Der befürchteten Sanktion wäre schon kein Verfolgungscharakter zugekommen, der die Annahme einer sog. Vorverfolgung tragen könnte, denn sie hätte sich ausschließlich als staatliche Verfolgung kriminellen Unrechts  dargestellt. Der Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Tat wäre nicht durch einen Angriff auf ein politisches Rechtsgut geprägt gewesen.
21 
Dem nach allem unverfolgt ausgereisten Kläger steht auch ein nach § 51 Abs. 1 AuslG zu berücksichtigender Nachfluchtgrund nicht zu. Denn für den Fall einer Rückkehr in den Irak drohen ihm asylrechtlich erhebliche Maßnahmen mit der zu fordernden beachtlichen Wahrscheinlichkeit nicht. Derzeit und für die nächste Zukunft ist eine politische Verfolgung des Klägers bei einer Rückkehr in den Irak ausgeschlossen.
22 
Zwar kann mittlerweile nicht mehr davon die Rede sein, es fehle an einer irakischen Staatsmacht, die politische Verfolgung zurechenbar veranlassen könnte (so noch der Senat im Beschluss vom 26.4.2004 - A 2 S 172/02 -). Im jetzigen Zeitpunkt (vgl. dazu auch § 77 AsylVfG) und damit für das anhängige Asylverfahren ist von dem Vorhandensein einer staatlichen Macht im Irak auszugehen.
23 
Staatlichkeit (und „Quasi-Staatlichkeit“) im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist im Zusammenhang mit dem Begriff des „politisch“ Verfolgten zu betrachten und daher in Beziehung zu setzen zu der Frage, ob eine Maßnahme den Charakter einer politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG aufweist, vor der dem davon Betroffenen Schutz gewährt werden soll. Politische Verfolgung geht demnach von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht aus, der der Verletzte unterworfen ist; politische Verfolgung ist demnach grundsätzlich staatliche Verfolgung (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 333 ff.). Maßgeblich für die Bewertung einer Maßnahme als politische Verfolgung ist, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendes Herrschaftsgefüge eingebunden ist, welches den ihm Unterworfenen in der Regel Schutz gewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutz ausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkreten Gemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nur durch Flucht entziehen kann. Mit Blick auf eine Bürgerkriegssituation hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sich die Frage, ob nach dem Fortfall der bisherigen Staatsgewalt von einer Kriegspartei politische Verfolgung ausgehen kann, maßgeblich danach beurteilt, ob diese zumindest in einem „Kernterritorium“ ein solches Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität - im Sinne einer „übergreifenden Friedensordnung“ (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 334 ff.) -tatsächlich errichtet hat (so BVerfG, Beschluss vom 10.8.2000 - 2 BvR 260/98, 1353/98 -). Dieser rechtliche Ansatz, mit dem einem mehr staatsrechtlichen Verständnis (so BVerwG, Urteil vom 4.11.1997, BVerwGE 105, 306) entgegengetreten wird, ist auch in Übergangssituationen maßgeblich, in denen sich - wie hier - nach Auflösung der bisherigen Staatsmacht eine neue Herrschaftsordnung bildet. Auch Letztere ist danach zu beurteilen, ob sie eine im genannten Sinne „übergreifende Friedensordnung“ geschaffen hat. Dies ist im Falle des Iraks zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) anzunehmen.
24 
Die staatliche Macht, wie sie sich derzeit darstellt, ist nach Beendigung des Saddam-Regimes und einem zwischenzeitlichen „Machtvakuum“ neu entstanden. Das ehemalige Regime hat seine politische und militärische Herrschaft durch die am 20.03.2003 unter der Führung der USA begonnenen Militäraktionen endgültig verloren (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 06.11.2003 und vom 7.5.2004; Senat, Beschl. vom 27.01.2004 - A 2 S 1079/02 -; HessVGH, Beschl. vom 21.11.2003 - 10 UZ 984/03.A -; OVG Sachsen, Beschl. vom 28.08.2003 - A 4 B 573/02 -). Die Militäraktionen führten zur Auflösung der staatstragenden Organisationen und Institutionen dieses Regimes wie beispielsweise der Baath-Partei, der Armee und der Geheimdienste. Saddam Hussein selbst wurde festgesetzt, die meisten der an der Regierungsausübung beteiligten Angehörigen und eine Vielzahl an Funktionsträgern sind entmachtet. Nach Abschluss der Militäraktionen wurde eine „provisorische Behörde“ (Coalition Provisional Authority - CPA) gebildet, die sich auf Kräfte der amerikanischen und britischen Armee sowie auf Militär- und Polizeikontingente weiterer 36 Staaten stützte (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2003). Diese Behörde begann mit dem Neuaufbau einer Verwaltung, um die öffentliche Sicherheit und die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten (Auswärtiges Amt, a.a.O.).
25 
Als erster Schritt zum Aufbau einer Übergangsregierung wurde ein Regierungsrat (Transitory Governing Council) berufen, der sich aus Vertretern aller Bevölkerungsschichten, Ethnien und Glaubensrichtungen zusammensetzte und von einer unter den Ratsmitgliedern rotierenden Präsidentschaft geführt wurde. Der Übergangsrat hatte unter anderem die Aufgabe, eine neue Verfassung auszuarbeiten sowie allgemeine freie Wahlen vorzubereiten (dazu Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Berichte vom 7.8. und 6.12.2003.). Anfang September 2003 kam es zur Bildung eines 25-köpfigen Interimskabinetts, das dem politischen und religiösen Anteil des Übergangsrats entsprach. Dieser vereinbarte mit der CPA am 15.11.2003 die „Beschleunigung des politischen Prozesses“, wobei u.a. die Verpflichtung der Vereinigten Staaten zur Beendigung der Besatzung zum 1.7.2004 vorgesehen wurde.
26 
Mittlerweile ist am 1.7.2004 die irakische Übergangsregierung eingesetzt und eine Nationalversammlung einberufen, die ein künftiges Parlament bestimmen und Wahlen für Januar 2005 vorbereiten soll (FAZ vom 16.8.2004). Die Regierung Allawi hat die Geschäfte einer Übergangsregierung übernommen und leitet die Verwaltung des Landes - wenn auch dies alles im Rahmen einer noch nicht abgeschlossenen Anlaufphase erfolgt. Namentlich die staatliche Ordnungsmacht muss sich noch auf die Koalitionstruppen stützen, um den um die Teilhabe an der Macht kämpfenden Gruppierungen im Land zu begegnen. Der Übergangsrat hat sich Anfang Juni 2004 aufgelöst, nachdem er sich am 01.03.2004 auf eine Übergangsverfassung geeinigt hatte, die am 8.3.2004 unterzeichnet worden ist. In ihr bekennt sich der irakische Staat zu demokratischen Grundwerten, darunter Meinungs- und Religionsfreiheit (BNN vom 09.03.2004), und regelt u.a. die Staatsbürgerschaft, das Recht auf Wiedereinbürgerung (Art. 11) und Abschiebungsschutz für Flüchtlinge (Art. 19).
27 
Die staatliche Souveränität ist - auch nach außen - gestärkt durch den einstimmigen Beschluss des UN-Sicherheitsrats vom 8.6.2004, der die Machtübergabe an eine souveräne Übergangsregierung im Irak zum 30.6.2004 hervorhebt und die Erklärung enthält, dass die neue Regierung des Iraks jederzeit die internationalen Truppen zum Abzug aufzufordern darf. Zwar ist ein Veto-Recht gegen US-geführte Militäreinsätze nicht vorgesehen, das Mandat hierfür läuft jedoch entsprechend der Resolution auf jeden Fall Ende Januar 2006 aus (NZZ vom 9.6.2004 und BNN vom 10.6.2004). Am 28.6.2004 hat die amerikanisch geführte Zivilverwaltung ihre Befugnisse an die irakische Übergangsregierung Allawi abgetreten. Diese nimmt die staatlichen Befugnisse nach Auflösung des Übergangsrats Anfang Juni 2004 auch wahr. So wurde u.a. (Die Welt vom 9.8.2004) am 7.8.2004 ein Amnestiegesetz unterzeichnet, das Straffreiheit für geringfügige Delikte regelt; ausgenommen sind Tötungsdelikte. Auch wurde (so Die Welt a.a.O.) die Todesstrafe wieder eingeführt für Morddelikte und Delikte gegen die Sicherheit des Landes. Ein bereits am 7.7.2004 unterzeichnetes Notstandsgesetz gibt der Regierung umfangreiche Vollmachten und namentlich die Möglichkeit, das Kriegsrecht zu verhängen (BZ vom 8.7.2004). Der Aufbau einer Ordnungsmacht ist in vollem Gang und Polizeikräfte des Iraks nehmen umfangreiche Ordnungs- und Sicherheitsmaßnahmen wahr, wie die Auseinandersetzung um die Stadt Nadjaf im August 2004 belegt. Die irakische Armee verfügt derzeit über sieben ausgebildete und einsatzbereite Bataillone (FAZ vom 16.8.2004). Nachdem auch formal als Folge der o.a. UN-Resolution eine Besetzung des Iraks seit dem 1.7.2004 nicht mehr gegeben ist, ist bei einer Gesamtwürdigung der aufgezeigten derzeitigen Verhältnisse im Irak insgesamt die Herausbildung einer irakischen Staatsgewalt als Grundvoraussetzung für eine ihr zurechenbare politische Verfolgung gegeben.
28 
Diese Entwicklung darf der Senat auf der Grundlage der o.a. Erkenntnisse, auch soweit sie allgemeinkundige Tatsachen betreffen, hier verwerten. Denn es geht bei Letzteren um Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen in der Regel ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich doch jederzeit durch Benutzen allgemein zugänglicher Quellen unschwer überzeugen können (zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urteil vom 13.7.1982, NVwZ 1983, 99; Urteil vom 20.10.1992, BVerwGE 91, 104, 108 = NVwZ 1993, 275; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 7.11.1990 - 2 BvR 1566/87 -, InfAuslR 1991, 100, 102). Zwar ist eine Tatsache nicht schon dann allgemeinkundig, wenn sie in allgemein zugänglichen Medien - namentlich der Presse - veröffentlicht wird (dazu BVerfG, Beschl. vom 4.12.1991 - 2 BvR 675/91 -, NVwZ 1992, 561, 562). Indes ist hier zu berücksichtigen, dass sich der Zugang zu diesen Quellen angesichts des konkreten Bezugs der Beteiligten zur anstehenden Problematik nahezu aufdrängt. In Ergänzung dessen ist den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zudem auch eine Presseübersicht aus neuerer Zeit ausgehändigt worden.
29 
Dass sich mit Blick auf die aufgezeigte Entwicklung eine Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung des Klägers durch die irakische Staatsgewalt ergeben könnte, ist nicht erkennbar. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass er den Irak als Vorverfolgter verlassen hat, wäre ihm Abschiebungsschutz grundsätzlich nur dann zu versagen, wenn eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wäre (sog. herabgestufter Prognosemaßstab, vgl. BVerwG, Urt. vom 5.7.1994, NVwZ 1994, 500). Eine solche Wiederholung steht aber nicht in Rede. Sie und der damit anzuwendende Prognosemaßstab setzen eine Verknüpfung zwischen erlittener und künftig drohender Verfolgung für die Frage der Schutzgewährung voraus (vgl. OVG NW, Urt. vom 14.8.2003          - 20 A 430/02. A -). Eine situationsbedingte Vorverfolgung führt nur bei der Gefahr der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung zur Anwendung des herabgestuften Maßstabs. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist nur dann anzuwenden, wenn bei einer am Gedanken der Zumutbarkeit der Rückkehr ausgerichteten wertenden Betrachtung ein innerer Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und der mit dem Asylbegehren geltend gemachten Gefahr erneuter Verfolgung dergestalt besteht, dass bei Rückkehr des Asylsuchenden mit einem Wiederaufleben der bereits einmal erlittenen Verfolgung zu rechnen ist oder nach den gesamten Umständen das Risiko der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung besteht. Ist die (vermutete) politische Überzeugung oder Gesinnung des Asylsuchenden Anknüpfungspunkt der Verfolgung, ist zu prüfen, ob eine darauf beruhende Vorverfolgung auch unter veränderten politischen Verhältnissen - wie etwa bei einem Regimewechsel - ein Wiederholungsrisiko indiziert (BVerwG, Urt. vom 18.2.1997, BVerwGE 104, 97).
30 
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Vor einer Verfolgungswiederholung aus Gründen, die den Anlass zu der behaupteten Vorverfolgung gegeben haben sollen, ist der Kläger hinreichend sicher. Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Irak in Anknüpfung an die ihm zur Last gelegten Vorgänge - ihren „politischen“ Charakter als gegen das Regime Saddam Husseins gerichtetes oder von diesem so gewertetes Verhalten unterstellt - von der neu gebildeten Staatsgewalt Übergriffe zu besorgen hätte. Vielmehr ist es mehr als überwiegend wahrscheinlich, dass dem Kläger in Anknüpfung an das bisher Vorgetragene durch die jetzige Staatsgewalt keine asylrelevanten Nachteile drohen, eine Wiederholungsgefahr mithin mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 11.2.2004 - 1 C 23.02 -; Urteil vom 24.2.2004 -1 C 24.02 -). Gleiches gilt für die Bewertung des ungenehmigten Auslandsaufenthaltes und der Asylantragstellung. Es ist nicht zu erkennen, dass der irakische Staat in seiner jetzigen Herrschaftsform diese Umstände zum Anlass für asyl- bzw. abschiebungsrelevante Verfolgungsmaßnahmen nehmen wird (vgl. dazu auch Nds.OVG, Beschl. vom 30.3.2004, AuAS 2004, 13, 14). Etwa drohende strafrechtliche Ermittlungen oder die Ahndung kriminellen Unrechts in Anknüpfung an Vorgänge vor der Ausreise wären in diesem Zusammenhang - wie oben dargelegt - ohnehin bedeutungslos.
31 
(2) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG.
32 
Ein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis Abs. 4 AuslG erfordert eine von einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation ausgehende konkret-individuell drohende Gefahr. Daran fehlt es, da - wie oben dargelegt -Anhaltspunkte für vom irakischen Staat ausgehende Gefahren im Sinne der genannten Bestimmungen (vgl. BVerwG, Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und vom 15.4.1997, BVerwGE 104, 265) nicht gegeben sind.
33 
Dem Kläger drohen bei einer unterstellten Rückkehr auch keine landesweiten Gefahren, die ein Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründen. Danach kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Für die Annahme einer solchen Gefahr genügt nicht die lediglich denkbare Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die genannten Rechtsgüter zu werden. Gefordert ist vielmehr die beachtliche Wahrscheinlichkeit eines derartigen Eingriffs. Die Annahme einer „konkreten“ Gefahr setzt - wie durch Satz 2 der Bestimmung deutlich wird - eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation voraus, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zugerechnet werden muss (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324; Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 115, 1, 7 ff. und neuerdings Urt. vom 16.6.2004 - 1 C 27.03 -). Einen solchermaßen bestimmten Sachverhalt, der ein Abschiebungshindernis nach diesen Voraussetzungen erfüllen könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
34 
Auch bei der allgemeinen unsicheren Lage, den terroristischen Anschlägen und den wirtschaftlich schlechten Lebensumständen, handelt es sich um Gefahren allgemeiner Art, die nicht zum Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG führen, weil ihnen die gesamte Bevölkerung des betroffenen Landes - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - ausgesetzt ist. Individuelle Gefährdungen des Ausländers, die sich aus allgemeinen Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ergeben, können auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt werden, aber nur typische Auswirkungen der allgemeinen Gefahrenlage sind (BVerwG, Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77).
35 
Handelt es sich um allgemeine Gefahren, denen aber die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, können sie im Grundsatz nur entsprechend der Regelung in § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe (als abgrenzbarer Teil der Bevölkerung) gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) und eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der möglicherweise Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung der obersten Landesbehörden, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, entschieden wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324, 327; Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77, 80). Diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung ist für das genannte Bundesamt und die Verwaltungsgerichte wegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 20 Abs. 3 GG regelmäßig bindend (vgl. BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379).
36 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG besteht nicht.
37 
Ausnahmsweise dürfen das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 54 AuslG nicht besteht, Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 53 Abs. 6 AuslG zusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer außergewöhnlichen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer in Folge einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 GG als Ausdruck eines menschenrechtlichen Mindeststandards, jedem betroffenen Ausländer trotz Fehlens einer Ermessensentscheidung nach §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren. Gleiches folgt mit Rücksicht auf das gesetzliche Schutzkonzept auch dann, wenn der Abschiebung zwar anderweitige - nicht unter § 53 Abs. 1, 2, 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG oder § 54 AuslG - fallende Hindernisse entgegenstehen, diese aber keinen gleichwertigen Schutz bieten.
38 
Gleichwertig ist ein anderweitiger Schutz nur, wenn er dem entspricht, den der Ausländer bei Vorliegen eines Erlasses nach § 54 AuslG hätte oder den er bei Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Anderweitiger vergleichbarer Schutz vor Abschiebung besteht ferner dann, wenn der Ausländer im entscheidungserheblichen Zeitpunkt bereits im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung als eines weiterreichenden Titels zum legalen Aufenthalt oder zumindest einer Duldung ist, die aus asylverfahrensunabhängigen Gründen erteilt worden ist und deren Schutzwirkung nicht hinter der einer gesetzlichen Duldung nach § 41 AsylVfG zurückbleibt. Dies dient auch der Verfahrens- und Prozessökonomie, das Bundesamt und die Gerichte von der -u.U. aufwändigen - Prüfung einer extremen Gefahrenlage zu entlasten, wenn der Aufenthalt des Ausländers wegen eines anderweitigen Bleiberechts oder Abschiebungshindernisses ohnehin nicht in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem negativen Abschluss des Asylverfahrens beendet werden kann.
39 
Ein Durchbrechen der Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit demnach nicht zulässig, wenn ebenso wie bei einem Erlass nach § 54 AuslG eine entsprechende sonstige Erlasslage besteht. Für diese ist ebenso wie bei § 54 AuslG nur maßgebend, ob sie besteht und anwendbar ist. Ein Durchbrechen der o.g. Sperrwirkung ist ferner nicht zulässig, wenn der Betroffene einen Abschiebungsschutz besitzt, den er bei unmittelbarer Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Wird ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG festgestellt, ist die Abschiebung in den betreffenden Staat - ohne Aufhebung der Androhung und der Ausreisepflicht -in widerruflicher Weise für die Dauer von zunächst drei Monaten ausgesetzt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AsylVfG); nach Ablauf von drei Monaten entscheidet die Ausländerbehörde - unter Beachtung der Bindungswirkung der Entscheidung zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach § 42 AsylVfG - über die Erteilung einer Duldung (§ 41 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG) (zum Ganzen vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379 f. = NVwZ 2001, 1420 f., m.w.N. zur Rspr. des Gerichts).
40 
Ein danach gleichwertiger Abschiebungsschutz besteht im Falle des Klägers auf der Grundlage der baden-württembergischen Erlasslage. Nach dem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 21.11.2003 (abgedruckt u.a. in Asylmagazin 2003, 15) hat eine freiwillige Rückkehr in den Irak Vorrang vor der zwangsweisen Rückführung dorthin, von der erst nach Schaffung eines abgestimmten Konzepts des Bundes mit den Ländern Gebrauch gemacht werden soll. Dem Rechnung tragend hat das Innenministerium Baden-Württemberg durch Erlass vom 27.11.2003 (4-13-IRK/12) entschieden, dass irakischen Staatsangehörigen Duldungen erteilt werden bzw. ausgesprochene Duldungen verlängert werden.
41 
Einen entsprechenden Beschluss hat die Konferenz der Innenminister und -senatoren in ihrer Sitzung vom 7. und 8. Juli 2004 gefasst, für dessen Umsetzung das Innenministerium Baden-Württemberg mit Erlass vom 29.7.2004 (4-13-IRK/12) eine weitere Regelung getroffen hat. Danach ist eine freiwillige Rückkehr in den Irak grundsätzlich möglich und zumutbar und es kommt daher die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und Abs. 4 AuslG in der Regel nicht mehr in Betracht. Jedoch können Duldungen weiterhin für jeweils drei Monate verlängert werden. Sobald Rückkehrmöglichkeiten gegeben seien, wird das Innenministerium darüber informieren.
42 
Da sich die Frage nach der Gleichwertigkeit auf den Abschiebungsschutz bezieht (und beschränkt), ist es rechtlich unerheblich, dass die Erlasslage auch von der Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr der Betroffenen in den Irak ausgeht und deshalb die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis für Betroffene ausschließt. Folgt aus dem Nachrang der verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG deren Nichtanwendung dann, wenn der Ausländer bereits eine den vergleichbar wirksamen Abschiebungsschutz vermittelnde Duldung besitzt oder diese ihm auf Grund der ausländerrechtlichen Erlasslage gewährt wird oder gewährt werden muss, so kommt es nicht darauf an, ob der Schutz auf rechtlichen - insbesondere inlandsbezogenen - Abschiebungshindernissen, die auch die Zumutbarkeit der freiwilligen Rückkehr ausschließen, oder lediglich auf faktischen Abschiebungshindernissen beruht. Denn auch der auf § 54 AuslG beruhende Abschiebungsschutz umfasst keine Feststellung zur Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr, da er nach politischem Ermessen gewährt wird. Abschiebungsschutz in diesem Sinn kann auch dann gewährt werden, wenn dieser weder einfachgesetzlich noch verfassungsrechtlich zwingend geboten ist.
43 
Der nach allem entscheidungserhebliche gleichwertige Abschiebungsschutz ist entsprechend der o.a. Erlassregelung gewährleistet, nach der irakischen Staatsangehörigen mit Blick auf die derzeitigen Verhältnisse in ihrem Heimatland eine dreimonatige Duldung zu erteilen ist. Der hiervon gleichfalls erfasste Kläger steht im rechtlichen Ergebnis deshalb nicht schlechter als er im Falle der Gewährung von Abschiebungsschutz durch einen Erlass nach § 54 AuslG stünde. Dann hätte ein auf § 53 Abs. 6 AuslG in verfassungskonformer Anwendung gestütztes Feststellungsbegehren zwar keinen Erfolg, indes wäre eine Rechtsschutzlücke nicht gegeben. Sollte der durch die in Rede stehende Erlasslage vermittelte Abschiebungsschutz entfallen, kann der Betroffene unter Berufung auf eine extreme Gefahrenlage jederzeit ein Wiederaufgreifen des Verfahrens fordern. Bis zu einer Entscheidung des Bundesamts darf die Abschiebung nur vollzogen werden, wenn der Betroffene zuvor Gelegenheit zur Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes hatte (dazu BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.). Ist davon auszugehen, dass ein gleichwertiger Abschiebungsschutz hier gegeben ist, kann offen bleiben, ob dieser auch dem aus § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG folgenden (gleichwertig) entspricht. Jedenfalls scheidet eine Feststellung eines Abschiebungshindernisses in verfassungskonformer Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG aus.
44 
Sie kommt unabhängig davon auch deshalb nicht in Betracht, weil eine außergewöhnliche („extreme“) Gefahrenlage für den Fall der Rückkehr des Klägers in den Irak nicht festgestellt werden kann.
45 
Ob von einer solchen Lage auszugehen ist, ist nach den Verhältnissen des Landes zu beurteilen, in das abgeschoben werden soll (BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O.). Diese Verhältnisse sind landesweit in Blick zu nehmen. Auch wenn man erhebliche Gefährdungsmomente für einen zurückkehrenden Iraker annehmen würde, wäre diese Gefahrenlage indes nicht im gesamten Land anzunehmen. Dass allein der Schluss erlaubt sei, im Falle der Abschiebung irakischer Staatsangehöriger würden diese gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen oder mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungerstod ausgeliefert (s. dazu das bereits oben genannte Urteil des BVerwG vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.), lässt sich nicht feststellen.
46 
Nicht zu verkennen ist allerdings, dass die Sicherheitslage im Irak äußerst angespannt ist und Gewaltakte, wie der täglichen Berichterstattung durch die Medien zu entnehmen ist, an der Tagesordnung sind (Auswärtiges Amt , Ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 7.5.2004; Süddeutsche Zeitung vom 30.6.2004). Auch die Kriminalität - vor allem in den Städten - hat zugenommen, wenn auch Polizei- und Ordnungskräfte begrenzte Erfolge im Kampf gegen die allgemeine Kriminalität aufweisen können (AA vom 7.5.2004). Ferner zeigt der innerirakische politische Machtkampf, dass eine erhebliche Gewaltbereitschaft besteht, wenn es um die zukünftige Teilhabe an der Regierungsmacht geht. Der mäßigende Einfluss des schiitischen Führers Sistani, dem es gelang, die Auseinandersetzungen in Nadjaf zu beenden, ist bislang selbst bei den Schiiten des Landes nicht uneingeschränkt wirksam. Zunehmend ist auch die Zahl der gewalttätigen terroristischen Auseinandersetzungen, die irakischen, aber auch ausländischen Gruppen zugeschrieben werden, und die zunehmend auch im anfänglich stabilen Norden des Landes erfolgen (UNCHR, UNHCR-Position zur Rückkehrgefährdung irakischer Schutzsuchender vom März 2003).
47 
Indes lässt sich nicht feststellen, dass Terror und Gewalt landesweit erfolgen. Vielmehr sind es vorwiegend wirtschaftlich bedeutsame Objekte und lokale Bereiche, die von gewalttätigen terroristischen Anschlägen betroffen sind. So sind es vor allem die Besatzungstruppen, die mit ihnen zusammenarbeitenden Politiker und sonstige irakische Staatsangehörige, die mit Racheakten zu rechnen haben. Namentlich auch die neu gebildeten irakischen Polizeikräfte sind immer mehr Ziel von Anschlägen (AA vom 7.5.2004; Die Welt vom 16.4.2004). Auszugehen ist daher von - wenn auch erheblichen - Auseinandersetzungen gewaltsamer Art, die aber als noch regional begrenzt anzusehen sind und namentlich die größeren Städte oder Orte mit exponierten Einrichtungen betreffen, jedenfalls aber nicht als landesweit bestehende Gefahrenlage zu beurteilen sind. Auch fällt auf, dass erkennbares Ziel von Anschlägen vor allem herausragende Persönlichkeiten (prominente Politiker und Geistliche) bzw. besondere Einrichtungen sind (FAZ vom 14.6.2004). Dass die Folgen solcher gewalttätigen Auseinandersetzungen und Anschläge die Bevölkerung gleichsam „blind“ (mit-)treffen können, ist in Betracht zu ziehen, trägt allerdings die Annahme einer landesweit bestehenden extremen Gefahrenlage nicht (ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 30.3.2004, aaO).
48 
Auch die Versorgungslage im Irak stellt sich nicht als extrem existenziell gefährdend dar. Die Lebensmittelversorgung ist seit der Wiederaufnahme des „Oil-for-Food“-Programms nach den Kriegshandlungen wieder gewährleistet, auch wenn Millionen von Menschen auf fremde Hilfe angewiesen bleiben (AA vom 7.5.2004). Die Stromversorgung leidet zwar zunehmend unter den Anschlägen auf die Elektrizitätswerke (FAZ vom 21.6.2004) und wird - wie die mit ihr zusammenhängende Trinkwasserversorgung - als kritisch bezeichnet, ohne dass indes von einer „existenziellen Gefährdung“ ausgegangen werden kann (AA vom 7.5.2004). Eine befürchtete „humanitäre Katastrophe“ ist ausgeblieben, wobei die Lage im Nordirak wegen der dort vorhandenen Verwaltungsstrukturen besser ist als im Süden des Landes und im Zentralirak. Die medizinische Grundversorgung ist möglicherweise nicht im Einzelfall, aber dem Grunde nach gewährleistet (AA vom 7.5.2004).
49 
Unter den genannten Umständen, dass einerseits die möglicherweise extreme Gefahrenlage nicht landesweit besteht und andererseits die Versorgungslage als zwar angespannt aber nicht existenziell gefährdend zu beurteilen ist, kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Dies würde unabhängig davon gelten, ob es ihm gelingen würde, im Nordirak Fuß zu fassen, oder ob er gezwungen wäre, in sein Herkunftsgebiet im Zentralirak zurückzukehren.
50 
Auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. dazu §§ 34, 38 AsylVfG i.V.m. § 50 AuslG).
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 (entspr.) VwGO, § 83b AsylVfG.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten und des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, über die der Senat in deren Abwesenheit entscheidet (vgl. § 125 Abs. 1, § 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig (vgl. auch § 87b AsylVfG i. d. F. des Art. 3 Nr. 48 des Zuwanderungsgesetzes) und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen; denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (dazu 1.), oder hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG (dazu 2.) vorliegen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16 
(1) Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Der Begriff des Verfolgten im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG ist , was die Verfolgungsmaßnahmen, die geschützten Rechtsgüter und den politischen Charakter der Verfolgung angeht, mit dem entsprechenden Begriff in Art. 16a Abs. 1 GG identisch (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.2.1992, Buchholz 402.25 § 7 AsylVfG Nr. 1 und vom 18.4.1994, NVwZ 1994, 497; vgl. ferner etwa Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 51 AuslG RdNr. 9). Politische Verfolgung im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist grundsätzlich staatliche Verfolgung durch Zufügung gezielter Rechtsverletzungen, die den Betroffenen ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345; BVerwG, Urteil vom 22.3.1994, NVwZ 1994, 1112). Der Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG greift weitergehend aber auch dann ein, wenn etwa politische Verfolgung wegen eines unbeachtlichen Nachfluchtgrunds droht oder ein Asylanspruch an einer früher erlangten anderweitigen Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG oder der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nach § 26a AsylVfG scheitert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.3.1992, Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 10).
17 
Bei unverfolgt aus dem Heimatstaat ausgereisten Schutzsuchenden gilt der allgemeine Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im Abschiebungsverfahren nach § 51 Abs. 1 AuslG ebenso wie im Anerkennungsverfahren nach Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.11.1992, InfAuslR 1993, 150). Dieser Prognosemaßstab enthält neben dem Element der Eintrittswahrscheinlichkeit auch das Element der zeitlichen Nähe des befürchteten Eingriffs (BVerwG, Urteil vom 14.12.1993, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 166). Von einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden oder - was gleichbedeutend ist - unmittelbaren Verfolgung ist dann auszugehen, wenn die für die Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169 ff.). Dabei ist eine rein quantitative oder statistische Betrachtung nicht angezeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.7.1991, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 146). Maßgebend ist letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat; dieser bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Die Möglichkeit einer Verfolgung im Heimatland muss derart greifbar sein, dass ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr nicht auf sich nimmt, wobei auch die Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem  Umfang zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, a.a.O.).
18 
Wer demgegenüber bereits vor der Flucht vom Verfolgungsmaßnahmen betroffen oder unmittelbar damit bedroht war, ist nur dann nicht als politisch verfolgt anzusehen, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen im Fall einer Rückkehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345;  BVerwG, Urteil vom 25.9.1984, BVerwGE 70, 169, 171).
19 
Der Kläger unterlag nach Überzeugung des Senats in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise nicht politischer Verfolgung.
20 
Geht man von seinen Angaben aus, so geht der Entschluss des Klägers, sein Heimatland zu verlassen, auf die Befürchtung zurück, wegen von seinem ehemaligen Geschäftspartner zum Nachteil des irakischen Staates begangener Eigentumsdelikte ebenfalls bestraft zu werden. Der befürchteten Sanktion wäre schon kein Verfolgungscharakter zugekommen, der die Annahme einer sog. Vorverfolgung tragen könnte, denn sie hätte sich ausschließlich als staatliche Verfolgung kriminellen Unrechts  dargestellt. Der Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Tat wäre nicht durch einen Angriff auf ein politisches Rechtsgut geprägt gewesen.
21 
Dem nach allem unverfolgt ausgereisten Kläger steht auch ein nach § 51 Abs. 1 AuslG zu berücksichtigender Nachfluchtgrund nicht zu. Denn für den Fall einer Rückkehr in den Irak drohen ihm asylrechtlich erhebliche Maßnahmen mit der zu fordernden beachtlichen Wahrscheinlichkeit nicht. Derzeit und für die nächste Zukunft ist eine politische Verfolgung des Klägers bei einer Rückkehr in den Irak ausgeschlossen.
22 
Zwar kann mittlerweile nicht mehr davon die Rede sein, es fehle an einer irakischen Staatsmacht, die politische Verfolgung zurechenbar veranlassen könnte (so noch der Senat im Beschluss vom 26.4.2004 - A 2 S 172/02 -). Im jetzigen Zeitpunkt (vgl. dazu auch § 77 AsylVfG) und damit für das anhängige Asylverfahren ist von dem Vorhandensein einer staatlichen Macht im Irak auszugehen.
23 
Staatlichkeit (und „Quasi-Staatlichkeit“) im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist im Zusammenhang mit dem Begriff des „politisch“ Verfolgten zu betrachten und daher in Beziehung zu setzen zu der Frage, ob eine Maßnahme den Charakter einer politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG aufweist, vor der dem davon Betroffenen Schutz gewährt werden soll. Politische Verfolgung geht demnach von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht aus, der der Verletzte unterworfen ist; politische Verfolgung ist demnach grundsätzlich staatliche Verfolgung (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 333 ff.). Maßgeblich für die Bewertung einer Maßnahme als politische Verfolgung ist, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendes Herrschaftsgefüge eingebunden ist, welches den ihm Unterworfenen in der Regel Schutz gewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutz ausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkreten Gemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nur durch Flucht entziehen kann. Mit Blick auf eine Bürgerkriegssituation hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sich die Frage, ob nach dem Fortfall der bisherigen Staatsgewalt von einer Kriegspartei politische Verfolgung ausgehen kann, maßgeblich danach beurteilt, ob diese zumindest in einem „Kernterritorium“ ein solches Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität - im Sinne einer „übergreifenden Friedensordnung“ (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 334 ff.) -tatsächlich errichtet hat (so BVerfG, Beschluss vom 10.8.2000 - 2 BvR 260/98, 1353/98 -). Dieser rechtliche Ansatz, mit dem einem mehr staatsrechtlichen Verständnis (so BVerwG, Urteil vom 4.11.1997, BVerwGE 105, 306) entgegengetreten wird, ist auch in Übergangssituationen maßgeblich, in denen sich - wie hier - nach Auflösung der bisherigen Staatsmacht eine neue Herrschaftsordnung bildet. Auch Letztere ist danach zu beurteilen, ob sie eine im genannten Sinne „übergreifende Friedensordnung“ geschaffen hat. Dies ist im Falle des Iraks zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) anzunehmen.
24 
Die staatliche Macht, wie sie sich derzeit darstellt, ist nach Beendigung des Saddam-Regimes und einem zwischenzeitlichen „Machtvakuum“ neu entstanden. Das ehemalige Regime hat seine politische und militärische Herrschaft durch die am 20.03.2003 unter der Führung der USA begonnenen Militäraktionen endgültig verloren (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 06.11.2003 und vom 7.5.2004; Senat, Beschl. vom 27.01.2004 - A 2 S 1079/02 -; HessVGH, Beschl. vom 21.11.2003 - 10 UZ 984/03.A -; OVG Sachsen, Beschl. vom 28.08.2003 - A 4 B 573/02 -). Die Militäraktionen führten zur Auflösung der staatstragenden Organisationen und Institutionen dieses Regimes wie beispielsweise der Baath-Partei, der Armee und der Geheimdienste. Saddam Hussein selbst wurde festgesetzt, die meisten der an der Regierungsausübung beteiligten Angehörigen und eine Vielzahl an Funktionsträgern sind entmachtet. Nach Abschluss der Militäraktionen wurde eine „provisorische Behörde“ (Coalition Provisional Authority - CPA) gebildet, die sich auf Kräfte der amerikanischen und britischen Armee sowie auf Militär- und Polizeikontingente weiterer 36 Staaten stützte (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2003). Diese Behörde begann mit dem Neuaufbau einer Verwaltung, um die öffentliche Sicherheit und die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten (Auswärtiges Amt, a.a.O.).
25 
Als erster Schritt zum Aufbau einer Übergangsregierung wurde ein Regierungsrat (Transitory Governing Council) berufen, der sich aus Vertretern aller Bevölkerungsschichten, Ethnien und Glaubensrichtungen zusammensetzte und von einer unter den Ratsmitgliedern rotierenden Präsidentschaft geführt wurde. Der Übergangsrat hatte unter anderem die Aufgabe, eine neue Verfassung auszuarbeiten sowie allgemeine freie Wahlen vorzubereiten (dazu Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Berichte vom 7.8. und 6.12.2003.). Anfang September 2003 kam es zur Bildung eines 25-köpfigen Interimskabinetts, das dem politischen und religiösen Anteil des Übergangsrats entsprach. Dieser vereinbarte mit der CPA am 15.11.2003 die „Beschleunigung des politischen Prozesses“, wobei u.a. die Verpflichtung der Vereinigten Staaten zur Beendigung der Besatzung zum 1.7.2004 vorgesehen wurde.
26 
Mittlerweile ist am 1.7.2004 die irakische Übergangsregierung eingesetzt und eine Nationalversammlung einberufen, die ein künftiges Parlament bestimmen und Wahlen für Januar 2005 vorbereiten soll (FAZ vom 16.8.2004). Die Regierung Allawi hat die Geschäfte einer Übergangsregierung übernommen und leitet die Verwaltung des Landes - wenn auch dies alles im Rahmen einer noch nicht abgeschlossenen Anlaufphase erfolgt. Namentlich die staatliche Ordnungsmacht muss sich noch auf die Koalitionstruppen stützen, um den um die Teilhabe an der Macht kämpfenden Gruppierungen im Land zu begegnen. Der Übergangsrat hat sich Anfang Juni 2004 aufgelöst, nachdem er sich am 01.03.2004 auf eine Übergangsverfassung geeinigt hatte, die am 8.3.2004 unterzeichnet worden ist. In ihr bekennt sich der irakische Staat zu demokratischen Grundwerten, darunter Meinungs- und Religionsfreiheit (BNN vom 09.03.2004), und regelt u.a. die Staatsbürgerschaft, das Recht auf Wiedereinbürgerung (Art. 11) und Abschiebungsschutz für Flüchtlinge (Art. 19).
27 
Die staatliche Souveränität ist - auch nach außen - gestärkt durch den einstimmigen Beschluss des UN-Sicherheitsrats vom 8.6.2004, der die Machtübergabe an eine souveräne Übergangsregierung im Irak zum 30.6.2004 hervorhebt und die Erklärung enthält, dass die neue Regierung des Iraks jederzeit die internationalen Truppen zum Abzug aufzufordern darf. Zwar ist ein Veto-Recht gegen US-geführte Militäreinsätze nicht vorgesehen, das Mandat hierfür läuft jedoch entsprechend der Resolution auf jeden Fall Ende Januar 2006 aus (NZZ vom 9.6.2004 und BNN vom 10.6.2004). Am 28.6.2004 hat die amerikanisch geführte Zivilverwaltung ihre Befugnisse an die irakische Übergangsregierung Allawi abgetreten. Diese nimmt die staatlichen Befugnisse nach Auflösung des Übergangsrats Anfang Juni 2004 auch wahr. So wurde u.a. (Die Welt vom 9.8.2004) am 7.8.2004 ein Amnestiegesetz unterzeichnet, das Straffreiheit für geringfügige Delikte regelt; ausgenommen sind Tötungsdelikte. Auch wurde (so Die Welt a.a.O.) die Todesstrafe wieder eingeführt für Morddelikte und Delikte gegen die Sicherheit des Landes. Ein bereits am 7.7.2004 unterzeichnetes Notstandsgesetz gibt der Regierung umfangreiche Vollmachten und namentlich die Möglichkeit, das Kriegsrecht zu verhängen (BZ vom 8.7.2004). Der Aufbau einer Ordnungsmacht ist in vollem Gang und Polizeikräfte des Iraks nehmen umfangreiche Ordnungs- und Sicherheitsmaßnahmen wahr, wie die Auseinandersetzung um die Stadt Nadjaf im August 2004 belegt. Die irakische Armee verfügt derzeit über sieben ausgebildete und einsatzbereite Bataillone (FAZ vom 16.8.2004). Nachdem auch formal als Folge der o.a. UN-Resolution eine Besetzung des Iraks seit dem 1.7.2004 nicht mehr gegeben ist, ist bei einer Gesamtwürdigung der aufgezeigten derzeitigen Verhältnisse im Irak insgesamt die Herausbildung einer irakischen Staatsgewalt als Grundvoraussetzung für eine ihr zurechenbare politische Verfolgung gegeben.
28 
Diese Entwicklung darf der Senat auf der Grundlage der o.a. Erkenntnisse, auch soweit sie allgemeinkundige Tatsachen betreffen, hier verwerten. Denn es geht bei Letzteren um Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen in der Regel ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich doch jederzeit durch Benutzen allgemein zugänglicher Quellen unschwer überzeugen können (zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urteil vom 13.7.1982, NVwZ 1983, 99; Urteil vom 20.10.1992, BVerwGE 91, 104, 108 = NVwZ 1993, 275; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 7.11.1990 - 2 BvR 1566/87 -, InfAuslR 1991, 100, 102). Zwar ist eine Tatsache nicht schon dann allgemeinkundig, wenn sie in allgemein zugänglichen Medien - namentlich der Presse - veröffentlicht wird (dazu BVerfG, Beschl. vom 4.12.1991 - 2 BvR 675/91 -, NVwZ 1992, 561, 562). Indes ist hier zu berücksichtigen, dass sich der Zugang zu diesen Quellen angesichts des konkreten Bezugs der Beteiligten zur anstehenden Problematik nahezu aufdrängt. In Ergänzung dessen ist den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zudem auch eine Presseübersicht aus neuerer Zeit ausgehändigt worden.
29 
Dass sich mit Blick auf die aufgezeigte Entwicklung eine Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung des Klägers durch die irakische Staatsgewalt ergeben könnte, ist nicht erkennbar. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass er den Irak als Vorverfolgter verlassen hat, wäre ihm Abschiebungsschutz grundsätzlich nur dann zu versagen, wenn eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wäre (sog. herabgestufter Prognosemaßstab, vgl. BVerwG, Urt. vom 5.7.1994, NVwZ 1994, 500). Eine solche Wiederholung steht aber nicht in Rede. Sie und der damit anzuwendende Prognosemaßstab setzen eine Verknüpfung zwischen erlittener und künftig drohender Verfolgung für die Frage der Schutzgewährung voraus (vgl. OVG NW, Urt. vom 14.8.2003          - 20 A 430/02. A -). Eine situationsbedingte Vorverfolgung führt nur bei der Gefahr der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung zur Anwendung des herabgestuften Maßstabs. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist nur dann anzuwenden, wenn bei einer am Gedanken der Zumutbarkeit der Rückkehr ausgerichteten wertenden Betrachtung ein innerer Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und der mit dem Asylbegehren geltend gemachten Gefahr erneuter Verfolgung dergestalt besteht, dass bei Rückkehr des Asylsuchenden mit einem Wiederaufleben der bereits einmal erlittenen Verfolgung zu rechnen ist oder nach den gesamten Umständen das Risiko der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung besteht. Ist die (vermutete) politische Überzeugung oder Gesinnung des Asylsuchenden Anknüpfungspunkt der Verfolgung, ist zu prüfen, ob eine darauf beruhende Vorverfolgung auch unter veränderten politischen Verhältnissen - wie etwa bei einem Regimewechsel - ein Wiederholungsrisiko indiziert (BVerwG, Urt. vom 18.2.1997, BVerwGE 104, 97).
30 
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Vor einer Verfolgungswiederholung aus Gründen, die den Anlass zu der behaupteten Vorverfolgung gegeben haben sollen, ist der Kläger hinreichend sicher. Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Irak in Anknüpfung an die ihm zur Last gelegten Vorgänge - ihren „politischen“ Charakter als gegen das Regime Saddam Husseins gerichtetes oder von diesem so gewertetes Verhalten unterstellt - von der neu gebildeten Staatsgewalt Übergriffe zu besorgen hätte. Vielmehr ist es mehr als überwiegend wahrscheinlich, dass dem Kläger in Anknüpfung an das bisher Vorgetragene durch die jetzige Staatsgewalt keine asylrelevanten Nachteile drohen, eine Wiederholungsgefahr mithin mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 11.2.2004 - 1 C 23.02 -; Urteil vom 24.2.2004 -1 C 24.02 -). Gleiches gilt für die Bewertung des ungenehmigten Auslandsaufenthaltes und der Asylantragstellung. Es ist nicht zu erkennen, dass der irakische Staat in seiner jetzigen Herrschaftsform diese Umstände zum Anlass für asyl- bzw. abschiebungsrelevante Verfolgungsmaßnahmen nehmen wird (vgl. dazu auch Nds.OVG, Beschl. vom 30.3.2004, AuAS 2004, 13, 14). Etwa drohende strafrechtliche Ermittlungen oder die Ahndung kriminellen Unrechts in Anknüpfung an Vorgänge vor der Ausreise wären in diesem Zusammenhang - wie oben dargelegt - ohnehin bedeutungslos.
31 
(2) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG.
32 
Ein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis Abs. 4 AuslG erfordert eine von einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation ausgehende konkret-individuell drohende Gefahr. Daran fehlt es, da - wie oben dargelegt -Anhaltspunkte für vom irakischen Staat ausgehende Gefahren im Sinne der genannten Bestimmungen (vgl. BVerwG, Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und vom 15.4.1997, BVerwGE 104, 265) nicht gegeben sind.
33 
Dem Kläger drohen bei einer unterstellten Rückkehr auch keine landesweiten Gefahren, die ein Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründen. Danach kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Für die Annahme einer solchen Gefahr genügt nicht die lediglich denkbare Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die genannten Rechtsgüter zu werden. Gefordert ist vielmehr die beachtliche Wahrscheinlichkeit eines derartigen Eingriffs. Die Annahme einer „konkreten“ Gefahr setzt - wie durch Satz 2 der Bestimmung deutlich wird - eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation voraus, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zugerechnet werden muss (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324; Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 115, 1, 7 ff. und neuerdings Urt. vom 16.6.2004 - 1 C 27.03 -). Einen solchermaßen bestimmten Sachverhalt, der ein Abschiebungshindernis nach diesen Voraussetzungen erfüllen könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
34 
Auch bei der allgemeinen unsicheren Lage, den terroristischen Anschlägen und den wirtschaftlich schlechten Lebensumständen, handelt es sich um Gefahren allgemeiner Art, die nicht zum Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG führen, weil ihnen die gesamte Bevölkerung des betroffenen Landes - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - ausgesetzt ist. Individuelle Gefährdungen des Ausländers, die sich aus allgemeinen Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ergeben, können auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt werden, aber nur typische Auswirkungen der allgemeinen Gefahrenlage sind (BVerwG, Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77).
35 
Handelt es sich um allgemeine Gefahren, denen aber die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, können sie im Grundsatz nur entsprechend der Regelung in § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe (als abgrenzbarer Teil der Bevölkerung) gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) und eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der möglicherweise Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung der obersten Landesbehörden, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, entschieden wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324, 327; Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77, 80). Diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung ist für das genannte Bundesamt und die Verwaltungsgerichte wegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 20 Abs. 3 GG regelmäßig bindend (vgl. BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379).
36 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG besteht nicht.
37 
Ausnahmsweise dürfen das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 54 AuslG nicht besteht, Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 53 Abs. 6 AuslG zusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer außergewöhnlichen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer in Folge einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 GG als Ausdruck eines menschenrechtlichen Mindeststandards, jedem betroffenen Ausländer trotz Fehlens einer Ermessensentscheidung nach §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren. Gleiches folgt mit Rücksicht auf das gesetzliche Schutzkonzept auch dann, wenn der Abschiebung zwar anderweitige - nicht unter § 53 Abs. 1, 2, 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG oder § 54 AuslG - fallende Hindernisse entgegenstehen, diese aber keinen gleichwertigen Schutz bieten.
38 
Gleichwertig ist ein anderweitiger Schutz nur, wenn er dem entspricht, den der Ausländer bei Vorliegen eines Erlasses nach § 54 AuslG hätte oder den er bei Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Anderweitiger vergleichbarer Schutz vor Abschiebung besteht ferner dann, wenn der Ausländer im entscheidungserheblichen Zeitpunkt bereits im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung als eines weiterreichenden Titels zum legalen Aufenthalt oder zumindest einer Duldung ist, die aus asylverfahrensunabhängigen Gründen erteilt worden ist und deren Schutzwirkung nicht hinter der einer gesetzlichen Duldung nach § 41 AsylVfG zurückbleibt. Dies dient auch der Verfahrens- und Prozessökonomie, das Bundesamt und die Gerichte von der -u.U. aufwändigen - Prüfung einer extremen Gefahrenlage zu entlasten, wenn der Aufenthalt des Ausländers wegen eines anderweitigen Bleiberechts oder Abschiebungshindernisses ohnehin nicht in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem negativen Abschluss des Asylverfahrens beendet werden kann.
39 
Ein Durchbrechen der Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit demnach nicht zulässig, wenn ebenso wie bei einem Erlass nach § 54 AuslG eine entsprechende sonstige Erlasslage besteht. Für diese ist ebenso wie bei § 54 AuslG nur maßgebend, ob sie besteht und anwendbar ist. Ein Durchbrechen der o.g. Sperrwirkung ist ferner nicht zulässig, wenn der Betroffene einen Abschiebungsschutz besitzt, den er bei unmittelbarer Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Wird ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG festgestellt, ist die Abschiebung in den betreffenden Staat - ohne Aufhebung der Androhung und der Ausreisepflicht -in widerruflicher Weise für die Dauer von zunächst drei Monaten ausgesetzt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AsylVfG); nach Ablauf von drei Monaten entscheidet die Ausländerbehörde - unter Beachtung der Bindungswirkung der Entscheidung zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach § 42 AsylVfG - über die Erteilung einer Duldung (§ 41 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG) (zum Ganzen vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379 f. = NVwZ 2001, 1420 f., m.w.N. zur Rspr. des Gerichts).
40 
Ein danach gleichwertiger Abschiebungsschutz besteht im Falle des Klägers auf der Grundlage der baden-württembergischen Erlasslage. Nach dem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 21.11.2003 (abgedruckt u.a. in Asylmagazin 2003, 15) hat eine freiwillige Rückkehr in den Irak Vorrang vor der zwangsweisen Rückführung dorthin, von der erst nach Schaffung eines abgestimmten Konzepts des Bundes mit den Ländern Gebrauch gemacht werden soll. Dem Rechnung tragend hat das Innenministerium Baden-Württemberg durch Erlass vom 27.11.2003 (4-13-IRK/12) entschieden, dass irakischen Staatsangehörigen Duldungen erteilt werden bzw. ausgesprochene Duldungen verlängert werden.
41 
Einen entsprechenden Beschluss hat die Konferenz der Innenminister und -senatoren in ihrer Sitzung vom 7. und 8. Juli 2004 gefasst, für dessen Umsetzung das Innenministerium Baden-Württemberg mit Erlass vom 29.7.2004 (4-13-IRK/12) eine weitere Regelung getroffen hat. Danach ist eine freiwillige Rückkehr in den Irak grundsätzlich möglich und zumutbar und es kommt daher die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und Abs. 4 AuslG in der Regel nicht mehr in Betracht. Jedoch können Duldungen weiterhin für jeweils drei Monate verlängert werden. Sobald Rückkehrmöglichkeiten gegeben seien, wird das Innenministerium darüber informieren.
42 
Da sich die Frage nach der Gleichwertigkeit auf den Abschiebungsschutz bezieht (und beschränkt), ist es rechtlich unerheblich, dass die Erlasslage auch von der Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr der Betroffenen in den Irak ausgeht und deshalb die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis für Betroffene ausschließt. Folgt aus dem Nachrang der verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG deren Nichtanwendung dann, wenn der Ausländer bereits eine den vergleichbar wirksamen Abschiebungsschutz vermittelnde Duldung besitzt oder diese ihm auf Grund der ausländerrechtlichen Erlasslage gewährt wird oder gewährt werden muss, so kommt es nicht darauf an, ob der Schutz auf rechtlichen - insbesondere inlandsbezogenen - Abschiebungshindernissen, die auch die Zumutbarkeit der freiwilligen Rückkehr ausschließen, oder lediglich auf faktischen Abschiebungshindernissen beruht. Denn auch der auf § 54 AuslG beruhende Abschiebungsschutz umfasst keine Feststellung zur Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr, da er nach politischem Ermessen gewährt wird. Abschiebungsschutz in diesem Sinn kann auch dann gewährt werden, wenn dieser weder einfachgesetzlich noch verfassungsrechtlich zwingend geboten ist.
43 
Der nach allem entscheidungserhebliche gleichwertige Abschiebungsschutz ist entsprechend der o.a. Erlassregelung gewährleistet, nach der irakischen Staatsangehörigen mit Blick auf die derzeitigen Verhältnisse in ihrem Heimatland eine dreimonatige Duldung zu erteilen ist. Der hiervon gleichfalls erfasste Kläger steht im rechtlichen Ergebnis deshalb nicht schlechter als er im Falle der Gewährung von Abschiebungsschutz durch einen Erlass nach § 54 AuslG stünde. Dann hätte ein auf § 53 Abs. 6 AuslG in verfassungskonformer Anwendung gestütztes Feststellungsbegehren zwar keinen Erfolg, indes wäre eine Rechtsschutzlücke nicht gegeben. Sollte der durch die in Rede stehende Erlasslage vermittelte Abschiebungsschutz entfallen, kann der Betroffene unter Berufung auf eine extreme Gefahrenlage jederzeit ein Wiederaufgreifen des Verfahrens fordern. Bis zu einer Entscheidung des Bundesamts darf die Abschiebung nur vollzogen werden, wenn der Betroffene zuvor Gelegenheit zur Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes hatte (dazu BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.). Ist davon auszugehen, dass ein gleichwertiger Abschiebungsschutz hier gegeben ist, kann offen bleiben, ob dieser auch dem aus § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG folgenden (gleichwertig) entspricht. Jedenfalls scheidet eine Feststellung eines Abschiebungshindernisses in verfassungskonformer Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG aus.
44 
Sie kommt unabhängig davon auch deshalb nicht in Betracht, weil eine außergewöhnliche („extreme“) Gefahrenlage für den Fall der Rückkehr des Klägers in den Irak nicht festgestellt werden kann.
45 
Ob von einer solchen Lage auszugehen ist, ist nach den Verhältnissen des Landes zu beurteilen, in das abgeschoben werden soll (BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O.). Diese Verhältnisse sind landesweit in Blick zu nehmen. Auch wenn man erhebliche Gefährdungsmomente für einen zurückkehrenden Iraker annehmen würde, wäre diese Gefahrenlage indes nicht im gesamten Land anzunehmen. Dass allein der Schluss erlaubt sei, im Falle der Abschiebung irakischer Staatsangehöriger würden diese gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen oder mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungerstod ausgeliefert (s. dazu das bereits oben genannte Urteil des BVerwG vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.), lässt sich nicht feststellen.
46 
Nicht zu verkennen ist allerdings, dass die Sicherheitslage im Irak äußerst angespannt ist und Gewaltakte, wie der täglichen Berichterstattung durch die Medien zu entnehmen ist, an der Tagesordnung sind (Auswärtiges Amt , Ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 7.5.2004; Süddeutsche Zeitung vom 30.6.2004). Auch die Kriminalität - vor allem in den Städten - hat zugenommen, wenn auch Polizei- und Ordnungskräfte begrenzte Erfolge im Kampf gegen die allgemeine Kriminalität aufweisen können (AA vom 7.5.2004). Ferner zeigt der innerirakische politische Machtkampf, dass eine erhebliche Gewaltbereitschaft besteht, wenn es um die zukünftige Teilhabe an der Regierungsmacht geht. Der mäßigende Einfluss des schiitischen Führers Sistani, dem es gelang, die Auseinandersetzungen in Nadjaf zu beenden, ist bislang selbst bei den Schiiten des Landes nicht uneingeschränkt wirksam. Zunehmend ist auch die Zahl der gewalttätigen terroristischen Auseinandersetzungen, die irakischen, aber auch ausländischen Gruppen zugeschrieben werden, und die zunehmend auch im anfänglich stabilen Norden des Landes erfolgen (UNCHR, UNHCR-Position zur Rückkehrgefährdung irakischer Schutzsuchender vom März 2003).
47 
Indes lässt sich nicht feststellen, dass Terror und Gewalt landesweit erfolgen. Vielmehr sind es vorwiegend wirtschaftlich bedeutsame Objekte und lokale Bereiche, die von gewalttätigen terroristischen Anschlägen betroffen sind. So sind es vor allem die Besatzungstruppen, die mit ihnen zusammenarbeitenden Politiker und sonstige irakische Staatsangehörige, die mit Racheakten zu rechnen haben. Namentlich auch die neu gebildeten irakischen Polizeikräfte sind immer mehr Ziel von Anschlägen (AA vom 7.5.2004; Die Welt vom 16.4.2004). Auszugehen ist daher von - wenn auch erheblichen - Auseinandersetzungen gewaltsamer Art, die aber als noch regional begrenzt anzusehen sind und namentlich die größeren Städte oder Orte mit exponierten Einrichtungen betreffen, jedenfalls aber nicht als landesweit bestehende Gefahrenlage zu beurteilen sind. Auch fällt auf, dass erkennbares Ziel von Anschlägen vor allem herausragende Persönlichkeiten (prominente Politiker und Geistliche) bzw. besondere Einrichtungen sind (FAZ vom 14.6.2004). Dass die Folgen solcher gewalttätigen Auseinandersetzungen und Anschläge die Bevölkerung gleichsam „blind“ (mit-)treffen können, ist in Betracht zu ziehen, trägt allerdings die Annahme einer landesweit bestehenden extremen Gefahrenlage nicht (ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 30.3.2004, aaO).
48 
Auch die Versorgungslage im Irak stellt sich nicht als extrem existenziell gefährdend dar. Die Lebensmittelversorgung ist seit der Wiederaufnahme des „Oil-for-Food“-Programms nach den Kriegshandlungen wieder gewährleistet, auch wenn Millionen von Menschen auf fremde Hilfe angewiesen bleiben (AA vom 7.5.2004). Die Stromversorgung leidet zwar zunehmend unter den Anschlägen auf die Elektrizitätswerke (FAZ vom 21.6.2004) und wird - wie die mit ihr zusammenhängende Trinkwasserversorgung - als kritisch bezeichnet, ohne dass indes von einer „existenziellen Gefährdung“ ausgegangen werden kann (AA vom 7.5.2004). Eine befürchtete „humanitäre Katastrophe“ ist ausgeblieben, wobei die Lage im Nordirak wegen der dort vorhandenen Verwaltungsstrukturen besser ist als im Süden des Landes und im Zentralirak. Die medizinische Grundversorgung ist möglicherweise nicht im Einzelfall, aber dem Grunde nach gewährleistet (AA vom 7.5.2004).
49 
Unter den genannten Umständen, dass einerseits die möglicherweise extreme Gefahrenlage nicht landesweit besteht und andererseits die Versorgungslage als zwar angespannt aber nicht existenziell gefährdend zu beurteilen ist, kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Dies würde unabhängig davon gelten, ob es ihm gelingen würde, im Nordirak Fuß zu fassen, oder ob er gezwungen wäre, in sein Herkunftsgebiet im Zentralirak zurückzukehren.
50 
Auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. dazu §§ 34, 38 AsylVfG i.V.m. § 50 AuslG).
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 (entspr.) VwGO, § 83b AsylVfG.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Der Antrag des Beteiligten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Februar 2002 - A 12 K 10369/00 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Beteiligte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens.

Gründe

 
Der auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung kann keinen Erfolg haben.
Die durch Senatsurteil vom 11.4.2002 - A 2 S 712/01 - bejahend geklärte Frage, ob für irakische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit aus dem Zentralirak eine inländische Fluchtalternative im Gebiet der autonomen Kurdenprovinzen im Nordosten des Irak (kurz: Nordirak) auch dann besteht, wenn sie über keine verwandtschaftlichen oder sozialen Beziehungen dorthin verfügen, stellt sich in dem für die Zulassung maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 AsylVfG) nicht mehr.
Derzeit und für die nächste Zukunft ist eine politische Verfolgung im Irak, die eine Verknüpfung mit einer etwaigen früheren Verfolgung durch das Regime Saddam Husseins aufweisen könnte, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, so dass eine etwa - mangels Bestehens einer Fluchtalternative - anzunehmende  Vorverfolgung durch dieses Regime keinen Anspruch auf Abschiebungsschutz zu begründen vermag (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27.4.1982 - 9 C 308/81 -, BVerwGE 65, 250).
Vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich eingetretenen tiefgreifenden politischen Veränderungen im Irak ist die Möglichkeit einer derartigen Verfolgung nicht mehr als derart „real“ zu erachten, dass ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr nicht mehr auf sich nähme. Vielmehr können Verfolgungsmaßnahmen, die an die Machtausübung des Regimes Saddam Husseins anknüpfen, auf der Basis der vorliegenden Erkenntnisse über die tatsächlichen aktuellen Verhältnisse im Irak ausgeschlossen werden. Diese Prognose kann trotz der zu berücksichtigenden gegenwärtigen instabilen Verhältnisse im Herkunftsland des Klägers getroffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.12.1985 - 9 C 22.85 -, NVwZ 1986, 760).
Die politische Situation im Irak hat sich - wie auf Grund der umfangreichen und detaillierten Presseberichterstattung allgemeinkundig ist - durch den am 20.3.2003 begonnenen und am 2.5.2003 weitgehend beendeten 3. Golfkrieg grundlegend verändert. Das bis zu diesem Zeitpunkt herrschende Regime Saddam Husseins besteht nicht mehr fort. Anhaltspunkte für eine Wiedererlangung der Macht durch dieses Regime gibt es nicht (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.8.2003 - 20 A 430/02.A - und Urteil vom 18.11.2003 - 9 A 4107/99.A -; SächsOVG , Beschluss vom 28.8.2003 - A 4 B 573/02 -; NdsOVG , Beschluss vom 30.10.2003 - 1 LB 39/03 -; BayVGH, Urteil vom 13.11.2003 - 15 B 02.31751 -; HessVGH, Beschluss vom 21.11.2003 - 10 UZ 984/03.A -; VG Stade vom 22.9.2003 - 6 A 1963/02 -; VG Magdeburg vom 30.10.2003 - 4 A 142/02 MD -; VG Leipzig, Urteil vom 7.1.2004 - A 6 K 30201/02 -).
Seit Beendigung der militärischen Kampfhandlungen steht der Irak unter Besatzungsrecht der alliierten Streitkräfte des 3. Golfkrieges. Zum Neuaufbau wurde eine Zivilverwaltung unter Leitung des Sonderbeauftragten Paul Bremer eingerichtet. Sie stützt sich auf amerikanische Streitkräfte, eine multinationale Truppe sowie Polizeikontingente aus verschiedenen Ländern der Militärkoalition. Die amerikanische Zivilverwaltung löste die Stützpfeiler des alten Regimes, vor allem die Baath-Partei, die republikanische Garde und die irakischen Streitkräfte auf. Viele der Vertrauenspersonen des früheren Diktators Saddam Hussein wurden mittlerweile gefasst. Seine Söhne Udai und Qusai, die wesentliche Stütze des Regimes waren, wurden im Juli 2003 bei einem Festnahmeversuch getötet. Saddam Hussein selbst wurde am 13.12.2003 verhaftet.
Die Vereinigten Staaten haben sich verpflichtet, die Besatzung des Iraks zum 30.6.2004 zu beenden. Derzeit besteht ein irakischer Übergangsrat. Am 1.3.2004 hat sich der Regierungsrat auf eine Übergangsverfassung geeinigt und sie am 8.3.2004 unterzeichnet. Die ehemals kurdische autonome Zone im Nordirak blieb von der militärischen Intervention der Koalition der USA und Großbritanniens weitgehend unberührt.
Unabhängig davon, ob eine Gesamtwürdigung der derzeit von Kämpfen radikaler Schiiten gegen die Besatzer geprägten Verhältnisse im Irak die Annahme der Herausbildung einer irakischen Staatsgewalt als Grundvoraussetzung für eine mögliche politische Verfolgung in nächster Zeit erlaubt, ist jedenfalls davon auszugehen, dass eine neue politische Führung des Landes die Politik des Regimes Saddam Husseins nicht fortführen wird, so dass Verfolgungshandlungen, die an das Vorgängerregime anknüpfen, hinreichend sicher auszuschließen sind. Die etwaige Schutzunfähigkeit eines künftig neu entstehenden Staates oder einer quasi-staatlichen Macht allein könnte im Übrigen schon nicht die Gefahr politischer Verfolgung begründen. Eine derartige Annahme würde  die Gefahr von  Verfolgungsmaßnahmen Dritter voraussetzen, die ihrerseits politischen Charakter im Rechtssinne aufwiesen (BVerwG, Urteil vom 2.8.1983, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr.12). Dass Derartiges den zur Zeit stattfindenden Attentaten und Übergriffen anhaftet, ist nicht ersichtlich.
Auch soweit die Besatzungsmächte im Irak Herrschaftsgewalt ausüben, fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass sie irakische Staatsangehörige, die angeben, von Saddam Husseins Regime politisch verfolgt gewesen zu sein oder derartige Verfolgung bei Rückkehr wegen Stellung eines Asylantrags und illegaler Ausreise befürchten zu müssen, mit hieran anknüpfenden oder anderen politischen Verfolgungsmaßnahmen überziehen werden. Derartige früher gefahrbegründende Vorgänge haben ihre Bedeutung verloren, weil ihr damals gefährdender Charakter entscheidend auf dem Unrechtsregime Saddam Husseins beruhte.
10 
 
11 
In einem Berufungsverfahren wäre auch über die nachträglich eingetretene Divergenz in der o.a. Frage (vgl. Senatsurteil vom 11.4.2002 - A 2 S   712/01 -) nicht mehr zu entscheiden. Da die  aufgeworfene Frage weder für die streitige Entscheidung noch für künftige Entscheidungen der Instanzgerichte in „Altfällen“ von Bedeutung wäre, könnte in einem solchen Verfahren die aufgezeigte Divergenz nicht berichtigt und damit auch der ihretwegen geforderte Beitrag zur Rechtseinheit nicht geleistet werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.6.1996, NVwZ 1996,1010; BVerwG, Beschluss vom 27.2.1997, Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff.1 VwGO Nr. 15; vgl. auch Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde 1990, Rdnrn. 168, 171). Eine Berufungszulassung wegen der unzweifelhaft eingetretenen nachträglichen Divergenz kam daher ebenfalls nicht in Betracht.
12 
Der Senat bemerkt abschließend, dass es die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der nachträglich eingetretenen Divergenz dem Berufungsgericht nicht erlauben, die Berufung nur deshalb zuzulassen, weil die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung auf Grund der durch den 3. Golfkrieg hervorgerufenen - allgemeinkundigen - grundlegenden Änderung der innenpolitischen Verhältnisse im Irak überholt ist und heute so nicht mehr ergehen würde. Dies bedeutet freilich in der Sache nicht, dass die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter unter allen Umständen Bestand haben muss (vgl. § 73 AsylVfG).
13 
Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG).
14 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 (entspr.) VwGO, 83b Abs. 1 AsylVfG.
15 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

Tenor

Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten und der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. März 2002 - A 12 K 10694/01 - teilweise geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten im ersten Rechtszug, die dieser selbst trägt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist nach seinen Angaben am 11.2.1982 in Makhmour/Zentralirak geboren und irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Bei seiner Asylantragstellung am 1.3.2001 gab er an, nicht im Besitz von Personalpapieren zu sein.
Am 14.3.2001 wurde der Kläger beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge persönlich angehört. Er gab an, auf dem Landweg über die Türkei in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Der Schlepper habe ihm seinen Personalausweis in Istanbul abgenommen. Für die gesamte Ausreise habe er 3.500,-- Dollar bezahlt. Er habe den Irak verlassen müssen, weil ihm Verhaftung gedroht habe.  Er habe zusammen mit einem Freund  ein Geschäft betrieben, in dem Fenster, Türen und Wagen hergestellt worden seien. Sein Freund habe ohne sein Wissen über einen Offizier Eisenteile aus Armeebeständen und aus der Stromwirtschaft bezogen. Nachdem dies entdeckt worden sei, seien beide festgenommen worden und spurlos verschwunden. Auch gegen ihn sei ein Haftbefehl erlassen worden. Nachdem sein Vater am 15. oder 16.1.2001 festgenommen worden sei, hätten seine Verwandten Geld gesammelt und seine Ausreise ermöglicht. Sein Vater sei noch im Gefängnis des Geheimdienstes von Makhmour.
Mit Bescheid vom 10.5.2001 wurde der Asylantrag des Klägers abgelehnt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zugleich wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung in den Irak angedroht.
Der Kläger hat am 28.5.2001 Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 10.5.2001 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG - hilfsweise: Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG - vorliegen. Den angekündigten Antrag auf Verpflichtung der Beklagten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, hat er in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich nicht geäußert.
Mit Urteil vom 19.3.2002 - A 12 K 10694/01 - hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klage hinsichtlich des Begehrens auf Asylanerkennung zurückgenommen worden war. Weiter hat es die Nrn. 2 und 4 des Bescheids des Bundesamts vom 10.5.2001 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Iraks festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Kläger vorverfolgt ausgereist sei. Denn ihm drohe auf Grund von Nachfluchtgründen, nämlich seiner illegalen Ausreise aus dem Irak und der Asylantragstellung im Bundesgebiet, im Falle der Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung. Auf die Schutzzone im Nordirak könne er nicht verwiesen werden, denn er stamme nicht von dort und habe dort auch keine Familienangehörigen, weshalb das wirtschaftliche Existenzminimum für ihn nicht gewährleistet sein würde. Auf die Möglichkeit der Aufnahme in ein vom UNHCR betriebenes Lager im Nordirak könne er nicht verwiesen werden, weil seine Existenz dort nicht gesichert sein würde.
Auf Antrag der Beklagten und des Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 10.6.2002 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, soweit es die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und die angefochtene Abschiebungsandrohung betrifft.
Die Beklagte und der Beteiligte beantragen,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.3.2002 - A 12 K 10694/01 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung angehört worden. Wegen seiner Angaben wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
 
14 
Dem Senat liegen die angefallenen Akten des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und die des Verwaltungsgerichts vor. Auf sie und auf die den Beteiligten überlassene Liste von Erkenntnismitteln und die in der mündlichen Verhandlung erfolgten ergänzenden Hinweise (s. Sitzungsniederschrift vom 16.9.2004) wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten und des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, über die der Senat in deren Abwesenheit entscheidet (vgl. § 125 Abs. 1, § 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig (vgl. auch § 87b AsylVfG i. d. F. des Art. 3 Nr. 48 des Zuwanderungsgesetzes) und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen; denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (dazu 1.), oder hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG (dazu 2.) vorliegen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16 
(1) Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Der Begriff des Verfolgten im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG ist , was die Verfolgungsmaßnahmen, die geschützten Rechtsgüter und den politischen Charakter der Verfolgung angeht, mit dem entsprechenden Begriff in Art. 16a Abs. 1 GG identisch (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.2.1992, Buchholz 402.25 § 7 AsylVfG Nr. 1 und vom 18.4.1994, NVwZ 1994, 497; vgl. ferner etwa Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 51 AuslG RdNr. 9). Politische Verfolgung im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist grundsätzlich staatliche Verfolgung durch Zufügung gezielter Rechtsverletzungen, die den Betroffenen ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345; BVerwG, Urteil vom 22.3.1994, NVwZ 1994, 1112). Der Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG greift weitergehend aber auch dann ein, wenn etwa politische Verfolgung wegen eines unbeachtlichen Nachfluchtgrunds droht oder ein Asylanspruch an einer früher erlangten anderweitigen Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG oder der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nach § 26a AsylVfG scheitert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.3.1992, Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 10).
17 
Bei unverfolgt aus dem Heimatstaat ausgereisten Schutzsuchenden gilt der allgemeine Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im Abschiebungsverfahren nach § 51 Abs. 1 AuslG ebenso wie im Anerkennungsverfahren nach Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.11.1992, InfAuslR 1993, 150). Dieser Prognosemaßstab enthält neben dem Element der Eintrittswahrscheinlichkeit auch das Element der zeitlichen Nähe des befürchteten Eingriffs (BVerwG, Urteil vom 14.12.1993, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 166). Von einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden oder - was gleichbedeutend ist - unmittelbaren Verfolgung ist dann auszugehen, wenn die für die Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169 ff.). Dabei ist eine rein quantitative oder statistische Betrachtung nicht angezeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.7.1991, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 146). Maßgebend ist letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat; dieser bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Die Möglichkeit einer Verfolgung im Heimatland muss derart greifbar sein, dass ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr nicht auf sich nimmt, wobei auch die Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem  Umfang zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, a.a.O.).
18 
Wer demgegenüber bereits vor der Flucht vom Verfolgungsmaßnahmen betroffen oder unmittelbar damit bedroht war, ist nur dann nicht als politisch verfolgt anzusehen, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen im Fall einer Rückkehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345;  BVerwG, Urteil vom 25.9.1984, BVerwGE 70, 169, 171).
19 
Der Kläger unterlag nach Überzeugung des Senats in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise nicht politischer Verfolgung.
20 
Geht man von seinen Angaben aus, so geht der Entschluss des Klägers, sein Heimatland zu verlassen, auf die Befürchtung zurück, wegen von seinem ehemaligen Geschäftspartner zum Nachteil des irakischen Staates begangener Eigentumsdelikte ebenfalls bestraft zu werden. Der befürchteten Sanktion wäre schon kein Verfolgungscharakter zugekommen, der die Annahme einer sog. Vorverfolgung tragen könnte, denn sie hätte sich ausschließlich als staatliche Verfolgung kriminellen Unrechts  dargestellt. Der Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Tat wäre nicht durch einen Angriff auf ein politisches Rechtsgut geprägt gewesen.
21 
Dem nach allem unverfolgt ausgereisten Kläger steht auch ein nach § 51 Abs. 1 AuslG zu berücksichtigender Nachfluchtgrund nicht zu. Denn für den Fall einer Rückkehr in den Irak drohen ihm asylrechtlich erhebliche Maßnahmen mit der zu fordernden beachtlichen Wahrscheinlichkeit nicht. Derzeit und für die nächste Zukunft ist eine politische Verfolgung des Klägers bei einer Rückkehr in den Irak ausgeschlossen.
22 
Zwar kann mittlerweile nicht mehr davon die Rede sein, es fehle an einer irakischen Staatsmacht, die politische Verfolgung zurechenbar veranlassen könnte (so noch der Senat im Beschluss vom 26.4.2004 - A 2 S 172/02 -). Im jetzigen Zeitpunkt (vgl. dazu auch § 77 AsylVfG) und damit für das anhängige Asylverfahren ist von dem Vorhandensein einer staatlichen Macht im Irak auszugehen.
23 
Staatlichkeit (und „Quasi-Staatlichkeit“) im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist im Zusammenhang mit dem Begriff des „politisch“ Verfolgten zu betrachten und daher in Beziehung zu setzen zu der Frage, ob eine Maßnahme den Charakter einer politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG aufweist, vor der dem davon Betroffenen Schutz gewährt werden soll. Politische Verfolgung geht demnach von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht aus, der der Verletzte unterworfen ist; politische Verfolgung ist demnach grundsätzlich staatliche Verfolgung (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 333 ff.). Maßgeblich für die Bewertung einer Maßnahme als politische Verfolgung ist, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendes Herrschaftsgefüge eingebunden ist, welches den ihm Unterworfenen in der Regel Schutz gewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutz ausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkreten Gemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nur durch Flucht entziehen kann. Mit Blick auf eine Bürgerkriegssituation hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sich die Frage, ob nach dem Fortfall der bisherigen Staatsgewalt von einer Kriegspartei politische Verfolgung ausgehen kann, maßgeblich danach beurteilt, ob diese zumindest in einem „Kernterritorium“ ein solches Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität - im Sinne einer „übergreifenden Friedensordnung“ (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 334 ff.) -tatsächlich errichtet hat (so BVerfG, Beschluss vom 10.8.2000 - 2 BvR 260/98, 1353/98 -). Dieser rechtliche Ansatz, mit dem einem mehr staatsrechtlichen Verständnis (so BVerwG, Urteil vom 4.11.1997, BVerwGE 105, 306) entgegengetreten wird, ist auch in Übergangssituationen maßgeblich, in denen sich - wie hier - nach Auflösung der bisherigen Staatsmacht eine neue Herrschaftsordnung bildet. Auch Letztere ist danach zu beurteilen, ob sie eine im genannten Sinne „übergreifende Friedensordnung“ geschaffen hat. Dies ist im Falle des Iraks zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) anzunehmen.
24 
Die staatliche Macht, wie sie sich derzeit darstellt, ist nach Beendigung des Saddam-Regimes und einem zwischenzeitlichen „Machtvakuum“ neu entstanden. Das ehemalige Regime hat seine politische und militärische Herrschaft durch die am 20.03.2003 unter der Führung der USA begonnenen Militäraktionen endgültig verloren (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 06.11.2003 und vom 7.5.2004; Senat, Beschl. vom 27.01.2004 - A 2 S 1079/02 -; HessVGH, Beschl. vom 21.11.2003 - 10 UZ 984/03.A -; OVG Sachsen, Beschl. vom 28.08.2003 - A 4 B 573/02 -). Die Militäraktionen führten zur Auflösung der staatstragenden Organisationen und Institutionen dieses Regimes wie beispielsweise der Baath-Partei, der Armee und der Geheimdienste. Saddam Hussein selbst wurde festgesetzt, die meisten der an der Regierungsausübung beteiligten Angehörigen und eine Vielzahl an Funktionsträgern sind entmachtet. Nach Abschluss der Militäraktionen wurde eine „provisorische Behörde“ (Coalition Provisional Authority - CPA) gebildet, die sich auf Kräfte der amerikanischen und britischen Armee sowie auf Militär- und Polizeikontingente weiterer 36 Staaten stützte (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2003). Diese Behörde begann mit dem Neuaufbau einer Verwaltung, um die öffentliche Sicherheit und die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten (Auswärtiges Amt, a.a.O.).
25 
Als erster Schritt zum Aufbau einer Übergangsregierung wurde ein Regierungsrat (Transitory Governing Council) berufen, der sich aus Vertretern aller Bevölkerungsschichten, Ethnien und Glaubensrichtungen zusammensetzte und von einer unter den Ratsmitgliedern rotierenden Präsidentschaft geführt wurde. Der Übergangsrat hatte unter anderem die Aufgabe, eine neue Verfassung auszuarbeiten sowie allgemeine freie Wahlen vorzubereiten (dazu Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Berichte vom 7.8. und 6.12.2003.). Anfang September 2003 kam es zur Bildung eines 25-köpfigen Interimskabinetts, das dem politischen und religiösen Anteil des Übergangsrats entsprach. Dieser vereinbarte mit der CPA am 15.11.2003 die „Beschleunigung des politischen Prozesses“, wobei u.a. die Verpflichtung der Vereinigten Staaten zur Beendigung der Besatzung zum 1.7.2004 vorgesehen wurde.
26 
Mittlerweile ist am 1.7.2004 die irakische Übergangsregierung eingesetzt und eine Nationalversammlung einberufen, die ein künftiges Parlament bestimmen und Wahlen für Januar 2005 vorbereiten soll (FAZ vom 16.8.2004). Die Regierung Allawi hat die Geschäfte einer Übergangsregierung übernommen und leitet die Verwaltung des Landes - wenn auch dies alles im Rahmen einer noch nicht abgeschlossenen Anlaufphase erfolgt. Namentlich die staatliche Ordnungsmacht muss sich noch auf die Koalitionstruppen stützen, um den um die Teilhabe an der Macht kämpfenden Gruppierungen im Land zu begegnen. Der Übergangsrat hat sich Anfang Juni 2004 aufgelöst, nachdem er sich am 01.03.2004 auf eine Übergangsverfassung geeinigt hatte, die am 8.3.2004 unterzeichnet worden ist. In ihr bekennt sich der irakische Staat zu demokratischen Grundwerten, darunter Meinungs- und Religionsfreiheit (BNN vom 09.03.2004), und regelt u.a. die Staatsbürgerschaft, das Recht auf Wiedereinbürgerung (Art. 11) und Abschiebungsschutz für Flüchtlinge (Art. 19).
27 
Die staatliche Souveränität ist - auch nach außen - gestärkt durch den einstimmigen Beschluss des UN-Sicherheitsrats vom 8.6.2004, der die Machtübergabe an eine souveräne Übergangsregierung im Irak zum 30.6.2004 hervorhebt und die Erklärung enthält, dass die neue Regierung des Iraks jederzeit die internationalen Truppen zum Abzug aufzufordern darf. Zwar ist ein Veto-Recht gegen US-geführte Militäreinsätze nicht vorgesehen, das Mandat hierfür läuft jedoch entsprechend der Resolution auf jeden Fall Ende Januar 2006 aus (NZZ vom 9.6.2004 und BNN vom 10.6.2004). Am 28.6.2004 hat die amerikanisch geführte Zivilverwaltung ihre Befugnisse an die irakische Übergangsregierung Allawi abgetreten. Diese nimmt die staatlichen Befugnisse nach Auflösung des Übergangsrats Anfang Juni 2004 auch wahr. So wurde u.a. (Die Welt vom 9.8.2004) am 7.8.2004 ein Amnestiegesetz unterzeichnet, das Straffreiheit für geringfügige Delikte regelt; ausgenommen sind Tötungsdelikte. Auch wurde (so Die Welt a.a.O.) die Todesstrafe wieder eingeführt für Morddelikte und Delikte gegen die Sicherheit des Landes. Ein bereits am 7.7.2004 unterzeichnetes Notstandsgesetz gibt der Regierung umfangreiche Vollmachten und namentlich die Möglichkeit, das Kriegsrecht zu verhängen (BZ vom 8.7.2004). Der Aufbau einer Ordnungsmacht ist in vollem Gang und Polizeikräfte des Iraks nehmen umfangreiche Ordnungs- und Sicherheitsmaßnahmen wahr, wie die Auseinandersetzung um die Stadt Nadjaf im August 2004 belegt. Die irakische Armee verfügt derzeit über sieben ausgebildete und einsatzbereite Bataillone (FAZ vom 16.8.2004). Nachdem auch formal als Folge der o.a. UN-Resolution eine Besetzung des Iraks seit dem 1.7.2004 nicht mehr gegeben ist, ist bei einer Gesamtwürdigung der aufgezeigten derzeitigen Verhältnisse im Irak insgesamt die Herausbildung einer irakischen Staatsgewalt als Grundvoraussetzung für eine ihr zurechenbare politische Verfolgung gegeben.
28 
Diese Entwicklung darf der Senat auf der Grundlage der o.a. Erkenntnisse, auch soweit sie allgemeinkundige Tatsachen betreffen, hier verwerten. Denn es geht bei Letzteren um Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen in der Regel ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich doch jederzeit durch Benutzen allgemein zugänglicher Quellen unschwer überzeugen können (zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urteil vom 13.7.1982, NVwZ 1983, 99; Urteil vom 20.10.1992, BVerwGE 91, 104, 108 = NVwZ 1993, 275; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 7.11.1990 - 2 BvR 1566/87 -, InfAuslR 1991, 100, 102). Zwar ist eine Tatsache nicht schon dann allgemeinkundig, wenn sie in allgemein zugänglichen Medien - namentlich der Presse - veröffentlicht wird (dazu BVerfG, Beschl. vom 4.12.1991 - 2 BvR 675/91 -, NVwZ 1992, 561, 562). Indes ist hier zu berücksichtigen, dass sich der Zugang zu diesen Quellen angesichts des konkreten Bezugs der Beteiligten zur anstehenden Problematik nahezu aufdrängt. In Ergänzung dessen ist den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zudem auch eine Presseübersicht aus neuerer Zeit ausgehändigt worden.
29 
Dass sich mit Blick auf die aufgezeigte Entwicklung eine Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung des Klägers durch die irakische Staatsgewalt ergeben könnte, ist nicht erkennbar. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass er den Irak als Vorverfolgter verlassen hat, wäre ihm Abschiebungsschutz grundsätzlich nur dann zu versagen, wenn eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wäre (sog. herabgestufter Prognosemaßstab, vgl. BVerwG, Urt. vom 5.7.1994, NVwZ 1994, 500). Eine solche Wiederholung steht aber nicht in Rede. Sie und der damit anzuwendende Prognosemaßstab setzen eine Verknüpfung zwischen erlittener und künftig drohender Verfolgung für die Frage der Schutzgewährung voraus (vgl. OVG NW, Urt. vom 14.8.2003          - 20 A 430/02. A -). Eine situationsbedingte Vorverfolgung führt nur bei der Gefahr der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung zur Anwendung des herabgestuften Maßstabs. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist nur dann anzuwenden, wenn bei einer am Gedanken der Zumutbarkeit der Rückkehr ausgerichteten wertenden Betrachtung ein innerer Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und der mit dem Asylbegehren geltend gemachten Gefahr erneuter Verfolgung dergestalt besteht, dass bei Rückkehr des Asylsuchenden mit einem Wiederaufleben der bereits einmal erlittenen Verfolgung zu rechnen ist oder nach den gesamten Umständen das Risiko der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung besteht. Ist die (vermutete) politische Überzeugung oder Gesinnung des Asylsuchenden Anknüpfungspunkt der Verfolgung, ist zu prüfen, ob eine darauf beruhende Vorverfolgung auch unter veränderten politischen Verhältnissen - wie etwa bei einem Regimewechsel - ein Wiederholungsrisiko indiziert (BVerwG, Urt. vom 18.2.1997, BVerwGE 104, 97).
30 
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Vor einer Verfolgungswiederholung aus Gründen, die den Anlass zu der behaupteten Vorverfolgung gegeben haben sollen, ist der Kläger hinreichend sicher. Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Irak in Anknüpfung an die ihm zur Last gelegten Vorgänge - ihren „politischen“ Charakter als gegen das Regime Saddam Husseins gerichtetes oder von diesem so gewertetes Verhalten unterstellt - von der neu gebildeten Staatsgewalt Übergriffe zu besorgen hätte. Vielmehr ist es mehr als überwiegend wahrscheinlich, dass dem Kläger in Anknüpfung an das bisher Vorgetragene durch die jetzige Staatsgewalt keine asylrelevanten Nachteile drohen, eine Wiederholungsgefahr mithin mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 11.2.2004 - 1 C 23.02 -; Urteil vom 24.2.2004 -1 C 24.02 -). Gleiches gilt für die Bewertung des ungenehmigten Auslandsaufenthaltes und der Asylantragstellung. Es ist nicht zu erkennen, dass der irakische Staat in seiner jetzigen Herrschaftsform diese Umstände zum Anlass für asyl- bzw. abschiebungsrelevante Verfolgungsmaßnahmen nehmen wird (vgl. dazu auch Nds.OVG, Beschl. vom 30.3.2004, AuAS 2004, 13, 14). Etwa drohende strafrechtliche Ermittlungen oder die Ahndung kriminellen Unrechts in Anknüpfung an Vorgänge vor der Ausreise wären in diesem Zusammenhang - wie oben dargelegt - ohnehin bedeutungslos.
31 
(2) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG.
32 
Ein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis Abs. 4 AuslG erfordert eine von einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation ausgehende konkret-individuell drohende Gefahr. Daran fehlt es, da - wie oben dargelegt -Anhaltspunkte für vom irakischen Staat ausgehende Gefahren im Sinne der genannten Bestimmungen (vgl. BVerwG, Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und vom 15.4.1997, BVerwGE 104, 265) nicht gegeben sind.
33 
Dem Kläger drohen bei einer unterstellten Rückkehr auch keine landesweiten Gefahren, die ein Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründen. Danach kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Für die Annahme einer solchen Gefahr genügt nicht die lediglich denkbare Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die genannten Rechtsgüter zu werden. Gefordert ist vielmehr die beachtliche Wahrscheinlichkeit eines derartigen Eingriffs. Die Annahme einer „konkreten“ Gefahr setzt - wie durch Satz 2 der Bestimmung deutlich wird - eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation voraus, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zugerechnet werden muss (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324; Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 115, 1, 7 ff. und neuerdings Urt. vom 16.6.2004 - 1 C 27.03 -). Einen solchermaßen bestimmten Sachverhalt, der ein Abschiebungshindernis nach diesen Voraussetzungen erfüllen könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
34 
Auch bei der allgemeinen unsicheren Lage, den terroristischen Anschlägen und den wirtschaftlich schlechten Lebensumständen, handelt es sich um Gefahren allgemeiner Art, die nicht zum Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG führen, weil ihnen die gesamte Bevölkerung des betroffenen Landes - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - ausgesetzt ist. Individuelle Gefährdungen des Ausländers, die sich aus allgemeinen Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ergeben, können auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt werden, aber nur typische Auswirkungen der allgemeinen Gefahrenlage sind (BVerwG, Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77).
35 
Handelt es sich um allgemeine Gefahren, denen aber die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, können sie im Grundsatz nur entsprechend der Regelung in § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe (als abgrenzbarer Teil der Bevölkerung) gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) und eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der möglicherweise Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung der obersten Landesbehörden, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, entschieden wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324, 327; Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77, 80). Diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung ist für das genannte Bundesamt und die Verwaltungsgerichte wegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 20 Abs. 3 GG regelmäßig bindend (vgl. BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379).
36 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG besteht nicht.
37 
Ausnahmsweise dürfen das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 54 AuslG nicht besteht, Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 53 Abs. 6 AuslG zusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer außergewöhnlichen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer in Folge einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 GG als Ausdruck eines menschenrechtlichen Mindeststandards, jedem betroffenen Ausländer trotz Fehlens einer Ermessensentscheidung nach §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren. Gleiches folgt mit Rücksicht auf das gesetzliche Schutzkonzept auch dann, wenn der Abschiebung zwar anderweitige - nicht unter § 53 Abs. 1, 2, 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG oder § 54 AuslG - fallende Hindernisse entgegenstehen, diese aber keinen gleichwertigen Schutz bieten.
38 
Gleichwertig ist ein anderweitiger Schutz nur, wenn er dem entspricht, den der Ausländer bei Vorliegen eines Erlasses nach § 54 AuslG hätte oder den er bei Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Anderweitiger vergleichbarer Schutz vor Abschiebung besteht ferner dann, wenn der Ausländer im entscheidungserheblichen Zeitpunkt bereits im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung als eines weiterreichenden Titels zum legalen Aufenthalt oder zumindest einer Duldung ist, die aus asylverfahrensunabhängigen Gründen erteilt worden ist und deren Schutzwirkung nicht hinter der einer gesetzlichen Duldung nach § 41 AsylVfG zurückbleibt. Dies dient auch der Verfahrens- und Prozessökonomie, das Bundesamt und die Gerichte von der -u.U. aufwändigen - Prüfung einer extremen Gefahrenlage zu entlasten, wenn der Aufenthalt des Ausländers wegen eines anderweitigen Bleiberechts oder Abschiebungshindernisses ohnehin nicht in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem negativen Abschluss des Asylverfahrens beendet werden kann.
39 
Ein Durchbrechen der Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit demnach nicht zulässig, wenn ebenso wie bei einem Erlass nach § 54 AuslG eine entsprechende sonstige Erlasslage besteht. Für diese ist ebenso wie bei § 54 AuslG nur maßgebend, ob sie besteht und anwendbar ist. Ein Durchbrechen der o.g. Sperrwirkung ist ferner nicht zulässig, wenn der Betroffene einen Abschiebungsschutz besitzt, den er bei unmittelbarer Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Wird ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG festgestellt, ist die Abschiebung in den betreffenden Staat - ohne Aufhebung der Androhung und der Ausreisepflicht -in widerruflicher Weise für die Dauer von zunächst drei Monaten ausgesetzt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AsylVfG); nach Ablauf von drei Monaten entscheidet die Ausländerbehörde - unter Beachtung der Bindungswirkung der Entscheidung zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach § 42 AsylVfG - über die Erteilung einer Duldung (§ 41 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG) (zum Ganzen vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379 f. = NVwZ 2001, 1420 f., m.w.N. zur Rspr. des Gerichts).
40 
Ein danach gleichwertiger Abschiebungsschutz besteht im Falle des Klägers auf der Grundlage der baden-württembergischen Erlasslage. Nach dem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 21.11.2003 (abgedruckt u.a. in Asylmagazin 2003, 15) hat eine freiwillige Rückkehr in den Irak Vorrang vor der zwangsweisen Rückführung dorthin, von der erst nach Schaffung eines abgestimmten Konzepts des Bundes mit den Ländern Gebrauch gemacht werden soll. Dem Rechnung tragend hat das Innenministerium Baden-Württemberg durch Erlass vom 27.11.2003 (4-13-IRK/12) entschieden, dass irakischen Staatsangehörigen Duldungen erteilt werden bzw. ausgesprochene Duldungen verlängert werden.
41 
Einen entsprechenden Beschluss hat die Konferenz der Innenminister und -senatoren in ihrer Sitzung vom 7. und 8. Juli 2004 gefasst, für dessen Umsetzung das Innenministerium Baden-Württemberg mit Erlass vom 29.7.2004 (4-13-IRK/12) eine weitere Regelung getroffen hat. Danach ist eine freiwillige Rückkehr in den Irak grundsätzlich möglich und zumutbar und es kommt daher die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und Abs. 4 AuslG in der Regel nicht mehr in Betracht. Jedoch können Duldungen weiterhin für jeweils drei Monate verlängert werden. Sobald Rückkehrmöglichkeiten gegeben seien, wird das Innenministerium darüber informieren.
42 
Da sich die Frage nach der Gleichwertigkeit auf den Abschiebungsschutz bezieht (und beschränkt), ist es rechtlich unerheblich, dass die Erlasslage auch von der Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr der Betroffenen in den Irak ausgeht und deshalb die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis für Betroffene ausschließt. Folgt aus dem Nachrang der verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG deren Nichtanwendung dann, wenn der Ausländer bereits eine den vergleichbar wirksamen Abschiebungsschutz vermittelnde Duldung besitzt oder diese ihm auf Grund der ausländerrechtlichen Erlasslage gewährt wird oder gewährt werden muss, so kommt es nicht darauf an, ob der Schutz auf rechtlichen - insbesondere inlandsbezogenen - Abschiebungshindernissen, die auch die Zumutbarkeit der freiwilligen Rückkehr ausschließen, oder lediglich auf faktischen Abschiebungshindernissen beruht. Denn auch der auf § 54 AuslG beruhende Abschiebungsschutz umfasst keine Feststellung zur Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr, da er nach politischem Ermessen gewährt wird. Abschiebungsschutz in diesem Sinn kann auch dann gewährt werden, wenn dieser weder einfachgesetzlich noch verfassungsrechtlich zwingend geboten ist.
43 
Der nach allem entscheidungserhebliche gleichwertige Abschiebungsschutz ist entsprechend der o.a. Erlassregelung gewährleistet, nach der irakischen Staatsangehörigen mit Blick auf die derzeitigen Verhältnisse in ihrem Heimatland eine dreimonatige Duldung zu erteilen ist. Der hiervon gleichfalls erfasste Kläger steht im rechtlichen Ergebnis deshalb nicht schlechter als er im Falle der Gewährung von Abschiebungsschutz durch einen Erlass nach § 54 AuslG stünde. Dann hätte ein auf § 53 Abs. 6 AuslG in verfassungskonformer Anwendung gestütztes Feststellungsbegehren zwar keinen Erfolg, indes wäre eine Rechtsschutzlücke nicht gegeben. Sollte der durch die in Rede stehende Erlasslage vermittelte Abschiebungsschutz entfallen, kann der Betroffene unter Berufung auf eine extreme Gefahrenlage jederzeit ein Wiederaufgreifen des Verfahrens fordern. Bis zu einer Entscheidung des Bundesamts darf die Abschiebung nur vollzogen werden, wenn der Betroffene zuvor Gelegenheit zur Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes hatte (dazu BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.). Ist davon auszugehen, dass ein gleichwertiger Abschiebungsschutz hier gegeben ist, kann offen bleiben, ob dieser auch dem aus § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG folgenden (gleichwertig) entspricht. Jedenfalls scheidet eine Feststellung eines Abschiebungshindernisses in verfassungskonformer Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG aus.
44 
Sie kommt unabhängig davon auch deshalb nicht in Betracht, weil eine außergewöhnliche („extreme“) Gefahrenlage für den Fall der Rückkehr des Klägers in den Irak nicht festgestellt werden kann.
45 
Ob von einer solchen Lage auszugehen ist, ist nach den Verhältnissen des Landes zu beurteilen, in das abgeschoben werden soll (BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O.). Diese Verhältnisse sind landesweit in Blick zu nehmen. Auch wenn man erhebliche Gefährdungsmomente für einen zurückkehrenden Iraker annehmen würde, wäre diese Gefahrenlage indes nicht im gesamten Land anzunehmen. Dass allein der Schluss erlaubt sei, im Falle der Abschiebung irakischer Staatsangehöriger würden diese gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen oder mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungerstod ausgeliefert (s. dazu das bereits oben genannte Urteil des BVerwG vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.), lässt sich nicht feststellen.
46 
Nicht zu verkennen ist allerdings, dass die Sicherheitslage im Irak äußerst angespannt ist und Gewaltakte, wie der täglichen Berichterstattung durch die Medien zu entnehmen ist, an der Tagesordnung sind (Auswärtiges Amt , Ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 7.5.2004; Süddeutsche Zeitung vom 30.6.2004). Auch die Kriminalität - vor allem in den Städten - hat zugenommen, wenn auch Polizei- und Ordnungskräfte begrenzte Erfolge im Kampf gegen die allgemeine Kriminalität aufweisen können (AA vom 7.5.2004). Ferner zeigt der innerirakische politische Machtkampf, dass eine erhebliche Gewaltbereitschaft besteht, wenn es um die zukünftige Teilhabe an der Regierungsmacht geht. Der mäßigende Einfluss des schiitischen Führers Sistani, dem es gelang, die Auseinandersetzungen in Nadjaf zu beenden, ist bislang selbst bei den Schiiten des Landes nicht uneingeschränkt wirksam. Zunehmend ist auch die Zahl der gewalttätigen terroristischen Auseinandersetzungen, die irakischen, aber auch ausländischen Gruppen zugeschrieben werden, und die zunehmend auch im anfänglich stabilen Norden des Landes erfolgen (UNCHR, UNHCR-Position zur Rückkehrgefährdung irakischer Schutzsuchender vom März 2003).
47 
Indes lässt sich nicht feststellen, dass Terror und Gewalt landesweit erfolgen. Vielmehr sind es vorwiegend wirtschaftlich bedeutsame Objekte und lokale Bereiche, die von gewalttätigen terroristischen Anschlägen betroffen sind. So sind es vor allem die Besatzungstruppen, die mit ihnen zusammenarbeitenden Politiker und sonstige irakische Staatsangehörige, die mit Racheakten zu rechnen haben. Namentlich auch die neu gebildeten irakischen Polizeikräfte sind immer mehr Ziel von Anschlägen (AA vom 7.5.2004; Die Welt vom 16.4.2004). Auszugehen ist daher von - wenn auch erheblichen - Auseinandersetzungen gewaltsamer Art, die aber als noch regional begrenzt anzusehen sind und namentlich die größeren Städte oder Orte mit exponierten Einrichtungen betreffen, jedenfalls aber nicht als landesweit bestehende Gefahrenlage zu beurteilen sind. Auch fällt auf, dass erkennbares Ziel von Anschlägen vor allem herausragende Persönlichkeiten (prominente Politiker und Geistliche) bzw. besondere Einrichtungen sind (FAZ vom 14.6.2004). Dass die Folgen solcher gewalttätigen Auseinandersetzungen und Anschläge die Bevölkerung gleichsam „blind“ (mit-)treffen können, ist in Betracht zu ziehen, trägt allerdings die Annahme einer landesweit bestehenden extremen Gefahrenlage nicht (ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 30.3.2004, aaO).
48 
Auch die Versorgungslage im Irak stellt sich nicht als extrem existenziell gefährdend dar. Die Lebensmittelversorgung ist seit der Wiederaufnahme des „Oil-for-Food“-Programms nach den Kriegshandlungen wieder gewährleistet, auch wenn Millionen von Menschen auf fremde Hilfe angewiesen bleiben (AA vom 7.5.2004). Die Stromversorgung leidet zwar zunehmend unter den Anschlägen auf die Elektrizitätswerke (FAZ vom 21.6.2004) und wird - wie die mit ihr zusammenhängende Trinkwasserversorgung - als kritisch bezeichnet, ohne dass indes von einer „existenziellen Gefährdung“ ausgegangen werden kann (AA vom 7.5.2004). Eine befürchtete „humanitäre Katastrophe“ ist ausgeblieben, wobei die Lage im Nordirak wegen der dort vorhandenen Verwaltungsstrukturen besser ist als im Süden des Landes und im Zentralirak. Die medizinische Grundversorgung ist möglicherweise nicht im Einzelfall, aber dem Grunde nach gewährleistet (AA vom 7.5.2004).
49 
Unter den genannten Umständen, dass einerseits die möglicherweise extreme Gefahrenlage nicht landesweit besteht und andererseits die Versorgungslage als zwar angespannt aber nicht existenziell gefährdend zu beurteilen ist, kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Dies würde unabhängig davon gelten, ob es ihm gelingen würde, im Nordirak Fuß zu fassen, oder ob er gezwungen wäre, in sein Herkunftsgebiet im Zentralirak zurückzukehren.
50 
Auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. dazu §§ 34, 38 AsylVfG i.V.m. § 50 AuslG).
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 (entspr.) VwGO, § 83b AsylVfG.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten und des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, über die der Senat in deren Abwesenheit entscheidet (vgl. § 125 Abs. 1, § 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig (vgl. auch § 87b AsylVfG i. d. F. des Art. 3 Nr. 48 des Zuwanderungsgesetzes) und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen; denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (dazu 1.), oder hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG (dazu 2.) vorliegen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16 
(1) Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Der Begriff des Verfolgten im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG ist , was die Verfolgungsmaßnahmen, die geschützten Rechtsgüter und den politischen Charakter der Verfolgung angeht, mit dem entsprechenden Begriff in Art. 16a Abs. 1 GG identisch (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.2.1992, Buchholz 402.25 § 7 AsylVfG Nr. 1 und vom 18.4.1994, NVwZ 1994, 497; vgl. ferner etwa Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 51 AuslG RdNr. 9). Politische Verfolgung im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist grundsätzlich staatliche Verfolgung durch Zufügung gezielter Rechtsverletzungen, die den Betroffenen ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345; BVerwG, Urteil vom 22.3.1994, NVwZ 1994, 1112). Der Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG greift weitergehend aber auch dann ein, wenn etwa politische Verfolgung wegen eines unbeachtlichen Nachfluchtgrunds droht oder ein Asylanspruch an einer früher erlangten anderweitigen Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG oder der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nach § 26a AsylVfG scheitert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.3.1992, Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 10).
17 
Bei unverfolgt aus dem Heimatstaat ausgereisten Schutzsuchenden gilt der allgemeine Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im Abschiebungsverfahren nach § 51 Abs. 1 AuslG ebenso wie im Anerkennungsverfahren nach Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.11.1992, InfAuslR 1993, 150). Dieser Prognosemaßstab enthält neben dem Element der Eintrittswahrscheinlichkeit auch das Element der zeitlichen Nähe des befürchteten Eingriffs (BVerwG, Urteil vom 14.12.1993, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 166). Von einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden oder - was gleichbedeutend ist - unmittelbaren Verfolgung ist dann auszugehen, wenn die für die Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169 ff.). Dabei ist eine rein quantitative oder statistische Betrachtung nicht angezeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.7.1991, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 146). Maßgebend ist letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat; dieser bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Die Möglichkeit einer Verfolgung im Heimatland muss derart greifbar sein, dass ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr nicht auf sich nimmt, wobei auch die Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem  Umfang zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, a.a.O.).
18 
Wer demgegenüber bereits vor der Flucht vom Verfolgungsmaßnahmen betroffen oder unmittelbar damit bedroht war, ist nur dann nicht als politisch verfolgt anzusehen, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen im Fall einer Rückkehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345;  BVerwG, Urteil vom 25.9.1984, BVerwGE 70, 169, 171).
19 
Der Kläger unterlag nach Überzeugung des Senats in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise nicht politischer Verfolgung.
20 
Geht man von seinen Angaben aus, so geht der Entschluss des Klägers, sein Heimatland zu verlassen, auf die Befürchtung zurück, wegen von seinem ehemaligen Geschäftspartner zum Nachteil des irakischen Staates begangener Eigentumsdelikte ebenfalls bestraft zu werden. Der befürchteten Sanktion wäre schon kein Verfolgungscharakter zugekommen, der die Annahme einer sog. Vorverfolgung tragen könnte, denn sie hätte sich ausschließlich als staatliche Verfolgung kriminellen Unrechts  dargestellt. Der Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Tat wäre nicht durch einen Angriff auf ein politisches Rechtsgut geprägt gewesen.
21 
Dem nach allem unverfolgt ausgereisten Kläger steht auch ein nach § 51 Abs. 1 AuslG zu berücksichtigender Nachfluchtgrund nicht zu. Denn für den Fall einer Rückkehr in den Irak drohen ihm asylrechtlich erhebliche Maßnahmen mit der zu fordernden beachtlichen Wahrscheinlichkeit nicht. Derzeit und für die nächste Zukunft ist eine politische Verfolgung des Klägers bei einer Rückkehr in den Irak ausgeschlossen.
22 
Zwar kann mittlerweile nicht mehr davon die Rede sein, es fehle an einer irakischen Staatsmacht, die politische Verfolgung zurechenbar veranlassen könnte (so noch der Senat im Beschluss vom 26.4.2004 - A 2 S 172/02 -). Im jetzigen Zeitpunkt (vgl. dazu auch § 77 AsylVfG) und damit für das anhängige Asylverfahren ist von dem Vorhandensein einer staatlichen Macht im Irak auszugehen.
23 
Staatlichkeit (und „Quasi-Staatlichkeit“) im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist im Zusammenhang mit dem Begriff des „politisch“ Verfolgten zu betrachten und daher in Beziehung zu setzen zu der Frage, ob eine Maßnahme den Charakter einer politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG aufweist, vor der dem davon Betroffenen Schutz gewährt werden soll. Politische Verfolgung geht demnach von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht aus, der der Verletzte unterworfen ist; politische Verfolgung ist demnach grundsätzlich staatliche Verfolgung (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 333 ff.). Maßgeblich für die Bewertung einer Maßnahme als politische Verfolgung ist, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendes Herrschaftsgefüge eingebunden ist, welches den ihm Unterworfenen in der Regel Schutz gewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutz ausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkreten Gemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nur durch Flucht entziehen kann. Mit Blick auf eine Bürgerkriegssituation hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sich die Frage, ob nach dem Fortfall der bisherigen Staatsgewalt von einer Kriegspartei politische Verfolgung ausgehen kann, maßgeblich danach beurteilt, ob diese zumindest in einem „Kernterritorium“ ein solches Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität - im Sinne einer „übergreifenden Friedensordnung“ (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 334 ff.) -tatsächlich errichtet hat (so BVerfG, Beschluss vom 10.8.2000 - 2 BvR 260/98, 1353/98 -). Dieser rechtliche Ansatz, mit dem einem mehr staatsrechtlichen Verständnis (so BVerwG, Urteil vom 4.11.1997, BVerwGE 105, 306) entgegengetreten wird, ist auch in Übergangssituationen maßgeblich, in denen sich - wie hier - nach Auflösung der bisherigen Staatsmacht eine neue Herrschaftsordnung bildet. Auch Letztere ist danach zu beurteilen, ob sie eine im genannten Sinne „übergreifende Friedensordnung“ geschaffen hat. Dies ist im Falle des Iraks zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) anzunehmen.
24 
Die staatliche Macht, wie sie sich derzeit darstellt, ist nach Beendigung des Saddam-Regimes und einem zwischenzeitlichen „Machtvakuum“ neu entstanden. Das ehemalige Regime hat seine politische und militärische Herrschaft durch die am 20.03.2003 unter der Führung der USA begonnenen Militäraktionen endgültig verloren (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 06.11.2003 und vom 7.5.2004; Senat, Beschl. vom 27.01.2004 - A 2 S 1079/02 -; HessVGH, Beschl. vom 21.11.2003 - 10 UZ 984/03.A -; OVG Sachsen, Beschl. vom 28.08.2003 - A 4 B 573/02 -). Die Militäraktionen führten zur Auflösung der staatstragenden Organisationen und Institutionen dieses Regimes wie beispielsweise der Baath-Partei, der Armee und der Geheimdienste. Saddam Hussein selbst wurde festgesetzt, die meisten der an der Regierungsausübung beteiligten Angehörigen und eine Vielzahl an Funktionsträgern sind entmachtet. Nach Abschluss der Militäraktionen wurde eine „provisorische Behörde“ (Coalition Provisional Authority - CPA) gebildet, die sich auf Kräfte der amerikanischen und britischen Armee sowie auf Militär- und Polizeikontingente weiterer 36 Staaten stützte (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2003). Diese Behörde begann mit dem Neuaufbau einer Verwaltung, um die öffentliche Sicherheit und die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten (Auswärtiges Amt, a.a.O.).
25 
Als erster Schritt zum Aufbau einer Übergangsregierung wurde ein Regierungsrat (Transitory Governing Council) berufen, der sich aus Vertretern aller Bevölkerungsschichten, Ethnien und Glaubensrichtungen zusammensetzte und von einer unter den Ratsmitgliedern rotierenden Präsidentschaft geführt wurde. Der Übergangsrat hatte unter anderem die Aufgabe, eine neue Verfassung auszuarbeiten sowie allgemeine freie Wahlen vorzubereiten (dazu Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Berichte vom 7.8. und 6.12.2003.). Anfang September 2003 kam es zur Bildung eines 25-köpfigen Interimskabinetts, das dem politischen und religiösen Anteil des Übergangsrats entsprach. Dieser vereinbarte mit der CPA am 15.11.2003 die „Beschleunigung des politischen Prozesses“, wobei u.a. die Verpflichtung der Vereinigten Staaten zur Beendigung der Besatzung zum 1.7.2004 vorgesehen wurde.
26 
Mittlerweile ist am 1.7.2004 die irakische Übergangsregierung eingesetzt und eine Nationalversammlung einberufen, die ein künftiges Parlament bestimmen und Wahlen für Januar 2005 vorbereiten soll (FAZ vom 16.8.2004). Die Regierung Allawi hat die Geschäfte einer Übergangsregierung übernommen und leitet die Verwaltung des Landes - wenn auch dies alles im Rahmen einer noch nicht abgeschlossenen Anlaufphase erfolgt. Namentlich die staatliche Ordnungsmacht muss sich noch auf die Koalitionstruppen stützen, um den um die Teilhabe an der Macht kämpfenden Gruppierungen im Land zu begegnen. Der Übergangsrat hat sich Anfang Juni 2004 aufgelöst, nachdem er sich am 01.03.2004 auf eine Übergangsverfassung geeinigt hatte, die am 8.3.2004 unterzeichnet worden ist. In ihr bekennt sich der irakische Staat zu demokratischen Grundwerten, darunter Meinungs- und Religionsfreiheit (BNN vom 09.03.2004), und regelt u.a. die Staatsbürgerschaft, das Recht auf Wiedereinbürgerung (Art. 11) und Abschiebungsschutz für Flüchtlinge (Art. 19).
27 
Die staatliche Souveränität ist - auch nach außen - gestärkt durch den einstimmigen Beschluss des UN-Sicherheitsrats vom 8.6.2004, der die Machtübergabe an eine souveräne Übergangsregierung im Irak zum 30.6.2004 hervorhebt und die Erklärung enthält, dass die neue Regierung des Iraks jederzeit die internationalen Truppen zum Abzug aufzufordern darf. Zwar ist ein Veto-Recht gegen US-geführte Militäreinsätze nicht vorgesehen, das Mandat hierfür läuft jedoch entsprechend der Resolution auf jeden Fall Ende Januar 2006 aus (NZZ vom 9.6.2004 und BNN vom 10.6.2004). Am 28.6.2004 hat die amerikanisch geführte Zivilverwaltung ihre Befugnisse an die irakische Übergangsregierung Allawi abgetreten. Diese nimmt die staatlichen Befugnisse nach Auflösung des Übergangsrats Anfang Juni 2004 auch wahr. So wurde u.a. (Die Welt vom 9.8.2004) am 7.8.2004 ein Amnestiegesetz unterzeichnet, das Straffreiheit für geringfügige Delikte regelt; ausgenommen sind Tötungsdelikte. Auch wurde (so Die Welt a.a.O.) die Todesstrafe wieder eingeführt für Morddelikte und Delikte gegen die Sicherheit des Landes. Ein bereits am 7.7.2004 unterzeichnetes Notstandsgesetz gibt der Regierung umfangreiche Vollmachten und namentlich die Möglichkeit, das Kriegsrecht zu verhängen (BZ vom 8.7.2004). Der Aufbau einer Ordnungsmacht ist in vollem Gang und Polizeikräfte des Iraks nehmen umfangreiche Ordnungs- und Sicherheitsmaßnahmen wahr, wie die Auseinandersetzung um die Stadt Nadjaf im August 2004 belegt. Die irakische Armee verfügt derzeit über sieben ausgebildete und einsatzbereite Bataillone (FAZ vom 16.8.2004). Nachdem auch formal als Folge der o.a. UN-Resolution eine Besetzung des Iraks seit dem 1.7.2004 nicht mehr gegeben ist, ist bei einer Gesamtwürdigung der aufgezeigten derzeitigen Verhältnisse im Irak insgesamt die Herausbildung einer irakischen Staatsgewalt als Grundvoraussetzung für eine ihr zurechenbare politische Verfolgung gegeben.
28 
Diese Entwicklung darf der Senat auf der Grundlage der o.a. Erkenntnisse, auch soweit sie allgemeinkundige Tatsachen betreffen, hier verwerten. Denn es geht bei Letzteren um Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen in der Regel ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich doch jederzeit durch Benutzen allgemein zugänglicher Quellen unschwer überzeugen können (zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urteil vom 13.7.1982, NVwZ 1983, 99; Urteil vom 20.10.1992, BVerwGE 91, 104, 108 = NVwZ 1993, 275; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 7.11.1990 - 2 BvR 1566/87 -, InfAuslR 1991, 100, 102). Zwar ist eine Tatsache nicht schon dann allgemeinkundig, wenn sie in allgemein zugänglichen Medien - namentlich der Presse - veröffentlicht wird (dazu BVerfG, Beschl. vom 4.12.1991 - 2 BvR 675/91 -, NVwZ 1992, 561, 562). Indes ist hier zu berücksichtigen, dass sich der Zugang zu diesen Quellen angesichts des konkreten Bezugs der Beteiligten zur anstehenden Problematik nahezu aufdrängt. In Ergänzung dessen ist den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zudem auch eine Presseübersicht aus neuerer Zeit ausgehändigt worden.
29 
Dass sich mit Blick auf die aufgezeigte Entwicklung eine Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung des Klägers durch die irakische Staatsgewalt ergeben könnte, ist nicht erkennbar. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass er den Irak als Vorverfolgter verlassen hat, wäre ihm Abschiebungsschutz grundsätzlich nur dann zu versagen, wenn eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wäre (sog. herabgestufter Prognosemaßstab, vgl. BVerwG, Urt. vom 5.7.1994, NVwZ 1994, 500). Eine solche Wiederholung steht aber nicht in Rede. Sie und der damit anzuwendende Prognosemaßstab setzen eine Verknüpfung zwischen erlittener und künftig drohender Verfolgung für die Frage der Schutzgewährung voraus (vgl. OVG NW, Urt. vom 14.8.2003          - 20 A 430/02. A -). Eine situationsbedingte Vorverfolgung führt nur bei der Gefahr der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung zur Anwendung des herabgestuften Maßstabs. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist nur dann anzuwenden, wenn bei einer am Gedanken der Zumutbarkeit der Rückkehr ausgerichteten wertenden Betrachtung ein innerer Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und der mit dem Asylbegehren geltend gemachten Gefahr erneuter Verfolgung dergestalt besteht, dass bei Rückkehr des Asylsuchenden mit einem Wiederaufleben der bereits einmal erlittenen Verfolgung zu rechnen ist oder nach den gesamten Umständen das Risiko der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung besteht. Ist die (vermutete) politische Überzeugung oder Gesinnung des Asylsuchenden Anknüpfungspunkt der Verfolgung, ist zu prüfen, ob eine darauf beruhende Vorverfolgung auch unter veränderten politischen Verhältnissen - wie etwa bei einem Regimewechsel - ein Wiederholungsrisiko indiziert (BVerwG, Urt. vom 18.2.1997, BVerwGE 104, 97).
30 
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Vor einer Verfolgungswiederholung aus Gründen, die den Anlass zu der behaupteten Vorverfolgung gegeben haben sollen, ist der Kläger hinreichend sicher. Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Irak in Anknüpfung an die ihm zur Last gelegten Vorgänge - ihren „politischen“ Charakter als gegen das Regime Saddam Husseins gerichtetes oder von diesem so gewertetes Verhalten unterstellt - von der neu gebildeten Staatsgewalt Übergriffe zu besorgen hätte. Vielmehr ist es mehr als überwiegend wahrscheinlich, dass dem Kläger in Anknüpfung an das bisher Vorgetragene durch die jetzige Staatsgewalt keine asylrelevanten Nachteile drohen, eine Wiederholungsgefahr mithin mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 11.2.2004 - 1 C 23.02 -; Urteil vom 24.2.2004 -1 C 24.02 -). Gleiches gilt für die Bewertung des ungenehmigten Auslandsaufenthaltes und der Asylantragstellung. Es ist nicht zu erkennen, dass der irakische Staat in seiner jetzigen Herrschaftsform diese Umstände zum Anlass für asyl- bzw. abschiebungsrelevante Verfolgungsmaßnahmen nehmen wird (vgl. dazu auch Nds.OVG, Beschl. vom 30.3.2004, AuAS 2004, 13, 14). Etwa drohende strafrechtliche Ermittlungen oder die Ahndung kriminellen Unrechts in Anknüpfung an Vorgänge vor der Ausreise wären in diesem Zusammenhang - wie oben dargelegt - ohnehin bedeutungslos.
31 
(2) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG.
32 
Ein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis Abs. 4 AuslG erfordert eine von einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation ausgehende konkret-individuell drohende Gefahr. Daran fehlt es, da - wie oben dargelegt -Anhaltspunkte für vom irakischen Staat ausgehende Gefahren im Sinne der genannten Bestimmungen (vgl. BVerwG, Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und vom 15.4.1997, BVerwGE 104, 265) nicht gegeben sind.
33 
Dem Kläger drohen bei einer unterstellten Rückkehr auch keine landesweiten Gefahren, die ein Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründen. Danach kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Für die Annahme einer solchen Gefahr genügt nicht die lediglich denkbare Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die genannten Rechtsgüter zu werden. Gefordert ist vielmehr die beachtliche Wahrscheinlichkeit eines derartigen Eingriffs. Die Annahme einer „konkreten“ Gefahr setzt - wie durch Satz 2 der Bestimmung deutlich wird - eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation voraus, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zugerechnet werden muss (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324; Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 115, 1, 7 ff. und neuerdings Urt. vom 16.6.2004 - 1 C 27.03 -). Einen solchermaßen bestimmten Sachverhalt, der ein Abschiebungshindernis nach diesen Voraussetzungen erfüllen könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
34 
Auch bei der allgemeinen unsicheren Lage, den terroristischen Anschlägen und den wirtschaftlich schlechten Lebensumständen, handelt es sich um Gefahren allgemeiner Art, die nicht zum Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG führen, weil ihnen die gesamte Bevölkerung des betroffenen Landes - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - ausgesetzt ist. Individuelle Gefährdungen des Ausländers, die sich aus allgemeinen Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ergeben, können auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt werden, aber nur typische Auswirkungen der allgemeinen Gefahrenlage sind (BVerwG, Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77).
35 
Handelt es sich um allgemeine Gefahren, denen aber die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, können sie im Grundsatz nur entsprechend der Regelung in § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe (als abgrenzbarer Teil der Bevölkerung) gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) und eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der möglicherweise Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung der obersten Landesbehörden, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, entschieden wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324, 327; Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77, 80). Diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung ist für das genannte Bundesamt und die Verwaltungsgerichte wegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 20 Abs. 3 GG regelmäßig bindend (vgl. BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379).
36 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG besteht nicht.
37 
Ausnahmsweise dürfen das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 54 AuslG nicht besteht, Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 53 Abs. 6 AuslG zusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer außergewöhnlichen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer in Folge einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 GG als Ausdruck eines menschenrechtlichen Mindeststandards, jedem betroffenen Ausländer trotz Fehlens einer Ermessensentscheidung nach §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren. Gleiches folgt mit Rücksicht auf das gesetzliche Schutzkonzept auch dann, wenn der Abschiebung zwar anderweitige - nicht unter § 53 Abs. 1, 2, 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG oder § 54 AuslG - fallende Hindernisse entgegenstehen, diese aber keinen gleichwertigen Schutz bieten.
38 
Gleichwertig ist ein anderweitiger Schutz nur, wenn er dem entspricht, den der Ausländer bei Vorliegen eines Erlasses nach § 54 AuslG hätte oder den er bei Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Anderweitiger vergleichbarer Schutz vor Abschiebung besteht ferner dann, wenn der Ausländer im entscheidungserheblichen Zeitpunkt bereits im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung als eines weiterreichenden Titels zum legalen Aufenthalt oder zumindest einer Duldung ist, die aus asylverfahrensunabhängigen Gründen erteilt worden ist und deren Schutzwirkung nicht hinter der einer gesetzlichen Duldung nach § 41 AsylVfG zurückbleibt. Dies dient auch der Verfahrens- und Prozessökonomie, das Bundesamt und die Gerichte von der -u.U. aufwändigen - Prüfung einer extremen Gefahrenlage zu entlasten, wenn der Aufenthalt des Ausländers wegen eines anderweitigen Bleiberechts oder Abschiebungshindernisses ohnehin nicht in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem negativen Abschluss des Asylverfahrens beendet werden kann.
39 
Ein Durchbrechen der Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit demnach nicht zulässig, wenn ebenso wie bei einem Erlass nach § 54 AuslG eine entsprechende sonstige Erlasslage besteht. Für diese ist ebenso wie bei § 54 AuslG nur maßgebend, ob sie besteht und anwendbar ist. Ein Durchbrechen der o.g. Sperrwirkung ist ferner nicht zulässig, wenn der Betroffene einen Abschiebungsschutz besitzt, den er bei unmittelbarer Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Wird ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG festgestellt, ist die Abschiebung in den betreffenden Staat - ohne Aufhebung der Androhung und der Ausreisepflicht -in widerruflicher Weise für die Dauer von zunächst drei Monaten ausgesetzt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AsylVfG); nach Ablauf von drei Monaten entscheidet die Ausländerbehörde - unter Beachtung der Bindungswirkung der Entscheidung zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach § 42 AsylVfG - über die Erteilung einer Duldung (§ 41 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG) (zum Ganzen vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379 f. = NVwZ 2001, 1420 f., m.w.N. zur Rspr. des Gerichts).
40 
Ein danach gleichwertiger Abschiebungsschutz besteht im Falle des Klägers auf der Grundlage der baden-württembergischen Erlasslage. Nach dem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 21.11.2003 (abgedruckt u.a. in Asylmagazin 2003, 15) hat eine freiwillige Rückkehr in den Irak Vorrang vor der zwangsweisen Rückführung dorthin, von der erst nach Schaffung eines abgestimmten Konzepts des Bundes mit den Ländern Gebrauch gemacht werden soll. Dem Rechnung tragend hat das Innenministerium Baden-Württemberg durch Erlass vom 27.11.2003 (4-13-IRK/12) entschieden, dass irakischen Staatsangehörigen Duldungen erteilt werden bzw. ausgesprochene Duldungen verlängert werden.
41 
Einen entsprechenden Beschluss hat die Konferenz der Innenminister und -senatoren in ihrer Sitzung vom 7. und 8. Juli 2004 gefasst, für dessen Umsetzung das Innenministerium Baden-Württemberg mit Erlass vom 29.7.2004 (4-13-IRK/12) eine weitere Regelung getroffen hat. Danach ist eine freiwillige Rückkehr in den Irak grundsätzlich möglich und zumutbar und es kommt daher die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und Abs. 4 AuslG in der Regel nicht mehr in Betracht. Jedoch können Duldungen weiterhin für jeweils drei Monate verlängert werden. Sobald Rückkehrmöglichkeiten gegeben seien, wird das Innenministerium darüber informieren.
42 
Da sich die Frage nach der Gleichwertigkeit auf den Abschiebungsschutz bezieht (und beschränkt), ist es rechtlich unerheblich, dass die Erlasslage auch von der Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr der Betroffenen in den Irak ausgeht und deshalb die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis für Betroffene ausschließt. Folgt aus dem Nachrang der verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG deren Nichtanwendung dann, wenn der Ausländer bereits eine den vergleichbar wirksamen Abschiebungsschutz vermittelnde Duldung besitzt oder diese ihm auf Grund der ausländerrechtlichen Erlasslage gewährt wird oder gewährt werden muss, so kommt es nicht darauf an, ob der Schutz auf rechtlichen - insbesondere inlandsbezogenen - Abschiebungshindernissen, die auch die Zumutbarkeit der freiwilligen Rückkehr ausschließen, oder lediglich auf faktischen Abschiebungshindernissen beruht. Denn auch der auf § 54 AuslG beruhende Abschiebungsschutz umfasst keine Feststellung zur Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr, da er nach politischem Ermessen gewährt wird. Abschiebungsschutz in diesem Sinn kann auch dann gewährt werden, wenn dieser weder einfachgesetzlich noch verfassungsrechtlich zwingend geboten ist.
43 
Der nach allem entscheidungserhebliche gleichwertige Abschiebungsschutz ist entsprechend der o.a. Erlassregelung gewährleistet, nach der irakischen Staatsangehörigen mit Blick auf die derzeitigen Verhältnisse in ihrem Heimatland eine dreimonatige Duldung zu erteilen ist. Der hiervon gleichfalls erfasste Kläger steht im rechtlichen Ergebnis deshalb nicht schlechter als er im Falle der Gewährung von Abschiebungsschutz durch einen Erlass nach § 54 AuslG stünde. Dann hätte ein auf § 53 Abs. 6 AuslG in verfassungskonformer Anwendung gestütztes Feststellungsbegehren zwar keinen Erfolg, indes wäre eine Rechtsschutzlücke nicht gegeben. Sollte der durch die in Rede stehende Erlasslage vermittelte Abschiebungsschutz entfallen, kann der Betroffene unter Berufung auf eine extreme Gefahrenlage jederzeit ein Wiederaufgreifen des Verfahrens fordern. Bis zu einer Entscheidung des Bundesamts darf die Abschiebung nur vollzogen werden, wenn der Betroffene zuvor Gelegenheit zur Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes hatte (dazu BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.). Ist davon auszugehen, dass ein gleichwertiger Abschiebungsschutz hier gegeben ist, kann offen bleiben, ob dieser auch dem aus § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG folgenden (gleichwertig) entspricht. Jedenfalls scheidet eine Feststellung eines Abschiebungshindernisses in verfassungskonformer Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG aus.
44 
Sie kommt unabhängig davon auch deshalb nicht in Betracht, weil eine außergewöhnliche („extreme“) Gefahrenlage für den Fall der Rückkehr des Klägers in den Irak nicht festgestellt werden kann.
45 
Ob von einer solchen Lage auszugehen ist, ist nach den Verhältnissen des Landes zu beurteilen, in das abgeschoben werden soll (BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O.). Diese Verhältnisse sind landesweit in Blick zu nehmen. Auch wenn man erhebliche Gefährdungsmomente für einen zurückkehrenden Iraker annehmen würde, wäre diese Gefahrenlage indes nicht im gesamten Land anzunehmen. Dass allein der Schluss erlaubt sei, im Falle der Abschiebung irakischer Staatsangehöriger würden diese gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen oder mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungerstod ausgeliefert (s. dazu das bereits oben genannte Urteil des BVerwG vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.), lässt sich nicht feststellen.
46 
Nicht zu verkennen ist allerdings, dass die Sicherheitslage im Irak äußerst angespannt ist und Gewaltakte, wie der täglichen Berichterstattung durch die Medien zu entnehmen ist, an der Tagesordnung sind (Auswärtiges Amt , Ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 7.5.2004; Süddeutsche Zeitung vom 30.6.2004). Auch die Kriminalität - vor allem in den Städten - hat zugenommen, wenn auch Polizei- und Ordnungskräfte begrenzte Erfolge im Kampf gegen die allgemeine Kriminalität aufweisen können (AA vom 7.5.2004). Ferner zeigt der innerirakische politische Machtkampf, dass eine erhebliche Gewaltbereitschaft besteht, wenn es um die zukünftige Teilhabe an der Regierungsmacht geht. Der mäßigende Einfluss des schiitischen Führers Sistani, dem es gelang, die Auseinandersetzungen in Nadjaf zu beenden, ist bislang selbst bei den Schiiten des Landes nicht uneingeschränkt wirksam. Zunehmend ist auch die Zahl der gewalttätigen terroristischen Auseinandersetzungen, die irakischen, aber auch ausländischen Gruppen zugeschrieben werden, und die zunehmend auch im anfänglich stabilen Norden des Landes erfolgen (UNCHR, UNHCR-Position zur Rückkehrgefährdung irakischer Schutzsuchender vom März 2003).
47 
Indes lässt sich nicht feststellen, dass Terror und Gewalt landesweit erfolgen. Vielmehr sind es vorwiegend wirtschaftlich bedeutsame Objekte und lokale Bereiche, die von gewalttätigen terroristischen Anschlägen betroffen sind. So sind es vor allem die Besatzungstruppen, die mit ihnen zusammenarbeitenden Politiker und sonstige irakische Staatsangehörige, die mit Racheakten zu rechnen haben. Namentlich auch die neu gebildeten irakischen Polizeikräfte sind immer mehr Ziel von Anschlägen (AA vom 7.5.2004; Die Welt vom 16.4.2004). Auszugehen ist daher von - wenn auch erheblichen - Auseinandersetzungen gewaltsamer Art, die aber als noch regional begrenzt anzusehen sind und namentlich die größeren Städte oder Orte mit exponierten Einrichtungen betreffen, jedenfalls aber nicht als landesweit bestehende Gefahrenlage zu beurteilen sind. Auch fällt auf, dass erkennbares Ziel von Anschlägen vor allem herausragende Persönlichkeiten (prominente Politiker und Geistliche) bzw. besondere Einrichtungen sind (FAZ vom 14.6.2004). Dass die Folgen solcher gewalttätigen Auseinandersetzungen und Anschläge die Bevölkerung gleichsam „blind“ (mit-)treffen können, ist in Betracht zu ziehen, trägt allerdings die Annahme einer landesweit bestehenden extremen Gefahrenlage nicht (ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 30.3.2004, aaO).
48 
Auch die Versorgungslage im Irak stellt sich nicht als extrem existenziell gefährdend dar. Die Lebensmittelversorgung ist seit der Wiederaufnahme des „Oil-for-Food“-Programms nach den Kriegshandlungen wieder gewährleistet, auch wenn Millionen von Menschen auf fremde Hilfe angewiesen bleiben (AA vom 7.5.2004). Die Stromversorgung leidet zwar zunehmend unter den Anschlägen auf die Elektrizitätswerke (FAZ vom 21.6.2004) und wird - wie die mit ihr zusammenhängende Trinkwasserversorgung - als kritisch bezeichnet, ohne dass indes von einer „existenziellen Gefährdung“ ausgegangen werden kann (AA vom 7.5.2004). Eine befürchtete „humanitäre Katastrophe“ ist ausgeblieben, wobei die Lage im Nordirak wegen der dort vorhandenen Verwaltungsstrukturen besser ist als im Süden des Landes und im Zentralirak. Die medizinische Grundversorgung ist möglicherweise nicht im Einzelfall, aber dem Grunde nach gewährleistet (AA vom 7.5.2004).
49 
Unter den genannten Umständen, dass einerseits die möglicherweise extreme Gefahrenlage nicht landesweit besteht und andererseits die Versorgungslage als zwar angespannt aber nicht existenziell gefährdend zu beurteilen ist, kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Dies würde unabhängig davon gelten, ob es ihm gelingen würde, im Nordirak Fuß zu fassen, oder ob er gezwungen wäre, in sein Herkunftsgebiet im Zentralirak zurückzukehren.
50 
Auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. dazu §§ 34, 38 AsylVfG i.V.m. § 50 AuslG).
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 (entspr.) VwGO, § 83b AsylVfG.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Anerkennung als Asylberechtigter.
Der am ... geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo (Decan). Er reiste im Jahr 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) vom ... wurde der Kläger als Asylberechtigter anerkannt und es wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich seiner Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen. Hierzu war das Bundesamt durch das seit dem 11.08.1999 rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 (A 4 K 13764/95) verpflichtet worden. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte seine Entscheidung damit begründet, dass dem Kläger im serbischen Teil der Bundesrepublik Jugoslawien aufgrund seiner albanischen Volkszugehörigkeit durch die von Milosevic geführte Regierung politische Gruppenverfolgung drohe. Das Kosovo stelle zum Entscheidungszeitpunkt keine hinreichend sichere Fluchtalternative dar. Denn dort drohten dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit existenzielle Gefahren. Diese ergäben sich daraus, dass ca. 500.000 Kosovo-Albaner als Binnenflüchtlinge in Wäldern leben müssten. Ferner seien 2/3 der Dörfer im Kosovo zerstört. Wegen des Ausfalls der Ernte im Jahr 1999 drohe eine Hungersnot. Die medizinische und die Trinkwasserversorgung seien in der Folge der Vertreibungsmaßnahmen durch die Serben und die NATO-Luftangriffe zusammengebrochen. Außerdem sei das Kosovo großflächig vermint. In Einzelfällen komme es noch zu Übergriffen serbischer paramilitärischer Gruppen. Die Teilrepublik Montenegro scheide als inländische Fluchtalternative ebenfalls aus.
Am 27.05.2003 leitete das Bundesamt ein Widerrufsverfahren ein und gab dem Kläger mit Schreiben vom 01.07.2003 Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Bevollmächtigte des Klägers trug mit Schreiben vom 15.09.2003 vor, es sei richtig, dass zur Zeit keine politische Verfolgung der Albaner im Kosovo mehr stattfinde. Jedoch habe die Gewalt unter den Ethnien zugenommen. Es habe Tote und Verletzte gegeben. Für den Kläger bestehe daher die Gefahr, dass er Opfer einer Gewalttat werde. 
Mit Bescheid vom 22.09.2003 widerrief das Bundesamt die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Außerdem stellte es fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zur Begründung des Widerrufs nach § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG führte das Bundesamt aus, die innenpolitischen Verhältnisse im Kosovo hätten sich seit Beendigung der Kampfhandlungen im Sommer 1999 grundlegend geändert. Staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegen Albaner könnten mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.
Der Kläger hat am 30.09.2003 Klage erhoben. Er beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 22.09.2003 aufzuheben,
hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung von Ziff. 3 des Bescheides vom 22.09.2003 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Zur Begründung verweist sie auf die angefochtene Entscheidung.
11 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Behördenakten vor. Diese waren ebenso Gegen-stand der mündlichen Verhandlung wie die den Beteiligten bekannt gegebenen Erkenntnismittel.

Entscheidungsgründe

 
12 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung anwesend oder vertreten waren (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat auf die Einhaltung der Ladungsfrist und der Beteiligte auf die Förmlichkeiten der Ladung überhaupt  verzichtet.
13 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Widerruf der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und der Feststellung, dass in Bezug auf die Bundesrepublik Jugoslawien (heute: Serbien und Montenegro) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG besteht nicht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage hat das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgestellt (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG).
14 
Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 22.09.2003 findet seine Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 außer Kraft getretenen ist. Denn eine vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bleibt trotz der Rechtsänderung als Verwaltungsakt wirksam (vgl. §§ 43 Abs. 2 und 3, 44 VwVfG). Sie ist nach dem 01.01.2005 als Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu behandeln. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach es sich bei den in den §§ 73, 31, 42 AsylVfG vorgenommenen Änderungen betreffend §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG lediglich um redaktionelle Änderungen handelt, die zur Anpassung an das Aufenthaltsgesetz erforderlich sind (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 110 ff.). Inhaltlich sind die Voraussetzungen des alten § 51 Abs. 1 AuslG vom neuen § 60 Abs. 1 AufenthG zumindest mit umfasst (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 91).
15 
Voraussetzung für einen Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ist eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die dazu führt, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -, juris). Dabei muss eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen wegen zwischenzeitlicher Veränderungen im Verfolgerstaat mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse müssen sich dort so einschneidend und dauerhaft geändert haben, dass der Betroffene ohne Verfolgungsfurcht heimkehren kann. Dieser Prognosemaßstab gilt dabei zunächst für diejenigen, auf die der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab schon bei der Anerkennung anzuwenden war, weil sie bereits vor ihrer Ausreise aus dem Verfolgerstaat individuelle politische Verfolgung erlitten hatten. Der Maßstab ist aber auch auf die Personen anzuwenden, die unter dem Druck einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung ausgereist und deshalb ebenfalls als vorverfolgt anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, S. 367 ff.). Damit ist geklärt, dass selbst bei Personen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer verfolgten Gruppe anerkannt wurden (wie vorliegend Angehörige der Gruppe der albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo), ein Widerruf nur dann nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgen kann, wenn sie bei einer Rückkehr in den Verfolgerstaat hinreichend sicher sind, wobei hinreichende Sicherheit in diesem Sinne nur dann gewährleistet ist, wenn sich die Verhältnisse im Verfolgerstaat "hinreichend stabil verändert" haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, vensa). Maßgeblich für die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs von Asylanerkennungen, die - wie hier - in Erfüllung eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils ergangen sind, ist nicht der Zeitpunkt des Ergehens des Anerkennungsbescheids, sondern der des rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteils (BVerwG, Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, NVwZ 2004, 113) .
16 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 festgestellte Sachlage, aufgrund derer es das Bundesamt verpflichtet hat, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen, hat sich nachträglich soweit geändert, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind.
17 
Zum einen haben sich die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seiner Entscheidung zugrunde gelegten Umstände geändert, aus denen es auf das Vorliegen einer politischen Verfolgung der albanischen Volkszugehörigen in den serbisch dominierten Teilen der Bundesrepublik Jugoslawien (ohne Kosovo) geschlossen hat. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe war noch davon ausgegangen, dass das durch die Bundesrepublik Jugoslawien unter Slobodan Milosevic betriebene Verfolgungsprogramm gegen albanische Volkszugehörige in der restlichen Bundesrepublik Jugoslawien auch nach dem durch die NATO erzwungenen Ende der Vertreibungsmaßnahmen im Kosovo fortbestehe. Dieses Verfolgungsprogramm wird mit hinreichender Sicherheit heute nicht mehr betrieben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Regime von Slobodan Milosevic seit Oktober 2000 nicht mehr existiert. Vielmehr wurde anschließend eine Demokratisierung des Staatswesens eingeleitet, wodurch hinreichend gewährleistet ist, dass die Rechte der Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell gegen die albanische Bevölkerungsgruppe unterbleiben (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, juris; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) vom 24.02.2004).
18 
Zum anderen kann auch nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger im Kosovo existenzielle Gefahren drohen, die es ausschlössen anzunehmen, das Kosovo stelle - unterstellt, dem Kläger drohe im restlichen Serbien und Montenegro weiterhin politische Verfolgung - keine hinreichend sichere und zumutbare inländische Fluchtalternative dar.
19 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 seiner Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse haben sich mittlerweile geändert. Das zu einem menschenwürdigen Leben erforderliche Existenzminimum ist jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt gewährleistet. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 23.08.2004 (A 6 S 70/04, vensa) sowie aus dem Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004 (ebenso bereits VGH Bad.-Württ., Urteil v. 17.03.2000 - 14 S 1167/98 -, juris). Aus diesen ergibt sich, dass im Hinblick auf die Versorgung mit Wohnraum, Lebensmitteln und Trinkwasser sowie im Bereich der medizinischen Versorgung so wesentliche Veränderungen eingetreten sind, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, es drohe eine Leben unter dem Existenzminimum oder es sei mit lebensbedrohlichen Gefahren oder Nachteilen zu rechnen. Darüber hinaus hat sich auch die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seinem Urteil vom 07.07.1999 noch zugrunde gelegte hohe Minengefahr durch das im Jahr 2001 durchgeführte Minenräumungsprogramm so verringert, dass nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dem Kläger drohten im Kosovo unzumutbare Nachteile. Gleiches gilt für die Gefahr, als albanischer Volkszugehöriger Opfer einer ethnisch motivierten Gewalttat zu werden. Die Unruhen vom März 2004 wurden von der albanischen Bevölkerungsmehrheit verübt und richteten sich vor allem gegen ethnische Minderheiten. Darüber hinaus hat sich die Situation mittlerweile wieder beruhigt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -, vensa und den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
20 
Auch im Übrigen droht dem Kläger im Kosovo gegenwärtig und auf absehbare Zeit keine politische Verfolgung (vgl. dazu z.B. das Urteil der erkennenden Kammer vom 24.08.2000 - A 2 K 10244/00 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 -, Urt. v. 16.03.2000 - A 14 S 2443/98 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -). Seit Rückzug der jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und Beendigung der Kampfhandlungen zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien am 10.06.1999 steht das Kosovo unter internationaler Verwaltung, die eine zivile (UNMIK) und eine militärische Komponente (KFOR) hat. Das Kosovo ist völkerrechtlich zwar weiterhin Teil des Staates Serbien und Montenegro (ehemals: Bundesrepublik Jugoslawien) und der Teilrepublik Serbien. Die Ausübung der Regierungsgewalt des Staates Serbien und Montenegro über das Kosovo ist dagegen de facto suspendiert. Auf der Grundlage der VN-Sicherheitsrats-Resolution 1244 (1999) übernimmt die VN-Mission die Verantwortung für das gesamte öffentliche Leben im Kosovo. UNMIK ist flächendeckend in den Verwaltungen aller Landkreise vertreten. Durch die Etablierung dieser internationalen Zivil- und Sicherheitspräsenz im Kosovo haben staatliche Repressionen nicht nur gegen Kosovo-Albaner, sondern auch gegen die anderen ethnischen Gruppen ein Ende gefunden (vgl. hierzu den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
21 
Daran hat sich auch nach den Unruhen im Kosovo vom März 2004 nichts geändert. Denn für Gewaltanwendungen und Übergriffe durch einzelne Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen besteht, auch so weit bei der Auswahl der Opfer an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, eine staatliche Verantwortlichkeit - mit der Folge, dass deswegen Asyl bzw. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu gewähren ist - nur dann, wenn der Staat oder eine quasi-staatliche Gewalt ausübende Organisation zur Schutzgewährung entweder nicht bereit ist oder sich nicht in der Lage sieht, die ihm bzw. ihr an sich verfügbaren Mittel im konkreten Fall gegenüber Verfolgungsmaßnahmen bestimmter Dritter (hinreichend) einzusetzen (vgl. die Klarstellung in § 60 Abs. 1 S. 4 AufenthG, BT-Drs. 15/420 v. 07.02.2003, S. 91 und BVerfG, Beschluss v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE, 80, 315 ff.). KFOR und UNMIK, die im Kosovo de facto die staatliche Gewalt des Staates Serbien und Montenegro wahrnehmen, sind schutzbereit und grundsätzlich auch dazu in der Lage, wenn sie auch die Sicherheit nicht in jedem Einzelfall immer zuverlässig gewährleisten können. Vielmehr haben die KFOR-Truppen, nachdem die NATO nach den Unruhen vom März 2004 eine Verstärkung von 2.000 Mann in das Kosovo geschickt hat, die Sicherheitslage wieder unter Kontrolle (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo); UNHCR-Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen v. 30.03.2004).
22 
Gründe, aus denen nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen wäre, sind vorliegend nicht erkennbar.
23 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ i.S.v. § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG erfolgte, kann dahinstehen. Denn der Kläger wäre selbst bei einer Verletzung der Pflicht zum unverzüglichen Widerruf nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf der Asylanerkennung dient allein dem öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG. Diese lassen nicht erkennen, das Gebot, die Asylanerkennung bei Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen "unverzüglich" zu widerrufen, solle - auch - den als Asylberechtigter anerkannten Ausländer schützen, insbesondere einem Vertrauen in den Fortbestand der Asylanerkennung Rechnung tragen. Das Gesetz ordnet den Widerruf im öffentlichen Interesse an, wobei der Widerruf - im Unterschied zu einem Widerruf nach § 49 VwVfG - nicht etwa im Ermessen der Behörde liegt. Ebenso ist die Unverzüglichkeit des Widerrufs erkennbar allein im öffentlichen Interesse vorgeschrieben. Das ergibt sich deutlich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Bereits nach § 16 Abs. 1 S. 1 AsylVfG i.d.F. des Gesetzes vom 09.07.1990 (BGBl. I S. 1354) war der Widerruf zwingend geboten. Auch bei längerem Zeitablauf nach Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen konnte der Asylberechtigte angesichts dieser Rechtslage nicht darauf vertrauen, dass von einem Widerruf abgesehen würde. Die Ergänzung um das Wort "unverzüglich" in der Neuregelung des § 73 AsylVfG durch das Gesetz vom 26.06.1992 (BGBl. I S. 1126) wurde - allein - mit der Notwendigkeit der Beschleunigung des Verfahrens begründet (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 12/2062, S. 1). Die Unverzüglichkeit des Widerrufs dient demnach ausschließlich dem öffentlichen Interesse daran, den Status eines Asylberechtigten möglichst schnell auf diejenigen Personen zu beschränken, die tatsächlich Schutz vor politischer Verfolgung benötigen (BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997 - 9 B 280/97 -, juris; VGH Bad.-Württ, Beschluss v. 26.03.1997 - A 14 S 2854/96 -, AuAS 1997, S. 162 f.; VG Sigmaringen, Urteil v. 02.12.2003 - A 4 K 11498/01 -, juris; a.A. VG Stuttgart, Urteil v. 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -, InfAuslR 2003, 261).
24 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG ist auf § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht anwendbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -, vensa). Darüber hinaus hätte sie auch frühestens nach Ablauf der vom Bundesamt gesetzten Anhörungsfrist bzw. Eingang der Stellungnahme des Klägers (§ 73 Abs. 4 AsylVfG) zu laufen begonnen (BVerwG, Urteil v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, das offen lässt, ob § 48 Abs. 4 VwVfG auf § 73 AsylVfG anwendbar ist). 
25 
Die Entscheidung der Beklagten über den Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG war nicht nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG nach Ermessen zu treffen. Die ab 01.01.2005 geltende Vorschrift des § 73 Abs. 2a S. 1-3 AsylVfG ist nämlich aus Gründen des materiellen Rechts nicht auf Widerrufsentscheidungen anzuwenden, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben oder richtigerweise zugestellt (§ 73 Abs. 5 AsylVfG) und damit wirksam wurden (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Daher lassen sich aus § 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG, wonach das Gericht für die Entscheidung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen hat, für den vorliegenden Fall keine gegenteiligen Schlussfolgerungen ableiten.
26 
Für die ab 01.01.2005 geltende Änderung des § 73 AsylVfG existiert keine ausdrücklich geregelte Übergangsvorschrift. Die Vorschriften in §§ 87 ff. AsylVfG gelten unmittelbar nur für frühere Rechtsänderungen. Fehlt eine Übergangsvorschrift, ist zunächst die konkrete Rechtsnorm und ihre Auslegung maßgeblich für die Beantwortung der Frage, auf welche Rechtsverhältnisse die Norm angewandt werden soll. Bei Zweifelsfällen geben die Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts Anhaltspunkte (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (595)). Hier folgt die Nichtanwendbarkeit des § 73 Abs. 2a AsylVfG auf vor dem 01.01.2005 bekannt gegebene Widerrufsentscheidungen aus einer Kombination aus Auslegung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und Anwendung der allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, die auch in § 96 VwVfG ihren Niederschlag gefunden haben. Eine vergleichende Anwendung der §§ 87 ff. AsylVfG führt hier nicht weiter, weil sich aus ihnen keine allgemein gültigen Aussagen ableiten lassen.
27 
Nach dem Wortlaut des § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG ist über den Widerruf oder die Rücknahme einer Asylanerkennung nach Ermessen zu entscheiden, wenn nach der von S. 1 vorgeschriebenen Prüfung kein Widerruf bzw. keine Rücknahme erfolgt ist. Damit ist die Erforderlichkeit der Ermessensentscheidung an die vorherige Durchführung eines Prüfverfahrens gekoppelt, das nach § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Sinn der Einführung einer konkreten Frist für die Überprüfung der Asylanerkennungen ist nach dem Willen des Gesetzgebers, dass die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme, die in der Praxis bislang leer gelaufen sind, an Bedeutung gewinnen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 112). Damit wird wie bei dem im Jahr 1992 in Absatz 1 hinzugefügten Erfordernis eines „unverzüglichen“ Widerrufs dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition gedient. Aus § 73 Abs. 2a AsylVfG und seinem systematischen Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 AufenthG ergibt sich weiter, dass die am 01.01.2005 eingeführte Prüfungspflicht darüber hinaus auch den Interessen des Ausländers zu dienen bestimmt ist. Denn das Bundesamt hat nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG das Ergebnis der Prüfung der Ausländerbehörde mitzuteilen, damit diese über den Aufenthaltstitel des Ausländers befinden kann. Kommt die Prüfung zum Ergebnis, dass kein Widerruf bzw. keine Rücknahme stattfindet, hat der Ausländer, der seit drei Jahren aufgrund seiner Asylanerkennung oder des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufentG eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis und damit auf eine Verfestigung seines Aufenthaltsrechts. Daraus wird deutlich, dass jedenfalls nach der Durchführung einer Prüfung nach Satz 1 des § 73 Abs. 2a AsylVfG und möglicherweise auch nach Ablauf der Dreijahresfrist ohne Durchführung einer Prüfung das Vertrauen des Ausländers darauf, dass er nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bzw. ein verfestigtes Aufenthaltsrecht besitzt (dazu: Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 80), im Rahmen der Ermessenentscheidung nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG zu berücksichtigen ist.
28 
Dieser Ermessensentscheidung bedarf es jedoch nicht in Fällen, in denen kein Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist, weil  - wie hier - vom Bundesamt gar kein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter wurde hier widerrufen, bevor einer Prüfung des Widerrufs oder einem dreijährigen Nichtprüfen durch das Bundesamt aufgrund der Neuregelung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und des § 26 Abs. 3 AufenthG überhaupt ein Bedeutungsgehalt dergestalt zu kommen konnte, dass nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bestehe. Denn bis zum 01.01.2005 war das Bundesamt nicht innerhalb einer bestimmten Frist zur Prüfung, ob ein Widerruf oder eine Rücknahme in Betracht kommt, verpflichtet und musste auch keine Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG an die Ausländerbehörde vornehmen.
29 
Dass § 73 Abs. 2a S. 1 und 2 AsylVfG auf die bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufs- bzw. Rücknahmeentscheidungen nicht anwendbar sind, ergibt sich aus den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, wonach neues Verfahrensrecht nicht auf abgeschlossene Verfahren angewandt werden kann (vgl. Kopp, SGb 1993, S. 593 ff.; BVerwG, Urteil v. 26.03.1985 - 9 C 47/84 -, juris; Urteil v. 18.02.1992 - 9 C 59/91 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 28.05.1991 - A 16 S 2357/90 -, juris). Ob ein Verwaltungsverfahren mit Bekanntgabe, das heißt Wirksamwerden, des Verwaltungsaktes oder jedenfalls mit Abschluss eines eventuell durchzuführenden Widerspruchsverfahrens abgeschlossen ist - wofür die Zielhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens nach § 9 VwVfG sowie der Umstand spricht, dass die Übergangsvorschriften der §§ 87 und 87a AsylVfG im Hinblick auf die Regelung der Anwendung neuer Vorschriften zwischen Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren unterscheiden - (so im Ergebnis auch: BVerwG, Urteil v. 12.08.1977 - IV C 20.76 -, BVerwGE 54, S. 257  (259); Urteil v. 27.09.1989 - 8 C 88.88 -, BVerwGE 82, 336 ff.; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 1; P. Stelkens/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 96, Rn. 2) oder erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit (so Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 4), kann vorliegend dahinstehen. Denn es können jedenfalls nicht nachträglich fristgebundene Verfahrenshandlungen verlangt werden, mit denen die Beteiligten nach dem bisherigen Recht nicht rechnen mussten und denen sie auch keine Rechnung mehr tragen können, weil die maßgeblichen Tatsachen bzw. Handlungen bereits in der Vergangenheit lagen oder in der Vergangenheit hätten gesetzt werden müssen, als die nunmehr damit verbundenen Folgerungen noch nicht daran geknüpft waren (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (601)). Dies ist hier der Fall. Das Bundesamt hat bei bereits bekannt gegebenen Widerrufs- oder Rücknahmeentscheidungen keine Möglichkeit mehr, die Prüfungsfrist des § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG einzuhalten und die Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG im Anschluss an eine fristgerecht durchgeführte Prüfung zu machen.
30 
Das hilfsweise geltend gemachte Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG liegt nicht vor. Beruft sich der Ausländer - wie der Kläger - nur auf Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, muss wegen der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG eine Gefahrenlage gegeben sein, die landesweit so beschaffen ist, dass der von einer Abschiebung Betroffene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert oder der extremen Gefahr ausgesetzt wäre, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben oder Opfer einer Gewalttat zu werden (vgl. BVerwG, Urteil v. 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, DVBl. 2001, 1531). Diese zu § 53 Abs. 6 AuslG ergangene Rechtsprechung gilt auch für § 60 Abs. 7 AufenthG, weil es sich insoweit nur um eine redaktionelle Änderung handelt (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Eine derart extreme Gefahrenlage besteht - wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt - für den Kläger im Kosovo im Hinblick auf die allgemeine soziale und wirtschaftliche Situation und die Sicherheitslage nicht (vgl.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
32 
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 71 Abs. 1 GKG. Der Gegenstandswert folgt aus § 83b Abs. 2 S.1 AsylVfG i.V.m. § 60 RVG.

Gründe

 
12 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung anwesend oder vertreten waren (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat auf die Einhaltung der Ladungsfrist und der Beteiligte auf die Förmlichkeiten der Ladung überhaupt  verzichtet.
13 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Widerruf der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und der Feststellung, dass in Bezug auf die Bundesrepublik Jugoslawien (heute: Serbien und Montenegro) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG besteht nicht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage hat das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgestellt (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG).
14 
Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 22.09.2003 findet seine Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 außer Kraft getretenen ist. Denn eine vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bleibt trotz der Rechtsänderung als Verwaltungsakt wirksam (vgl. §§ 43 Abs. 2 und 3, 44 VwVfG). Sie ist nach dem 01.01.2005 als Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu behandeln. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach es sich bei den in den §§ 73, 31, 42 AsylVfG vorgenommenen Änderungen betreffend §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG lediglich um redaktionelle Änderungen handelt, die zur Anpassung an das Aufenthaltsgesetz erforderlich sind (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 110 ff.). Inhaltlich sind die Voraussetzungen des alten § 51 Abs. 1 AuslG vom neuen § 60 Abs. 1 AufenthG zumindest mit umfasst (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 91).
15 
Voraussetzung für einen Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ist eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die dazu führt, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -, juris). Dabei muss eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen wegen zwischenzeitlicher Veränderungen im Verfolgerstaat mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse müssen sich dort so einschneidend und dauerhaft geändert haben, dass der Betroffene ohne Verfolgungsfurcht heimkehren kann. Dieser Prognosemaßstab gilt dabei zunächst für diejenigen, auf die der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab schon bei der Anerkennung anzuwenden war, weil sie bereits vor ihrer Ausreise aus dem Verfolgerstaat individuelle politische Verfolgung erlitten hatten. Der Maßstab ist aber auch auf die Personen anzuwenden, die unter dem Druck einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung ausgereist und deshalb ebenfalls als vorverfolgt anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, S. 367 ff.). Damit ist geklärt, dass selbst bei Personen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer verfolgten Gruppe anerkannt wurden (wie vorliegend Angehörige der Gruppe der albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo), ein Widerruf nur dann nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgen kann, wenn sie bei einer Rückkehr in den Verfolgerstaat hinreichend sicher sind, wobei hinreichende Sicherheit in diesem Sinne nur dann gewährleistet ist, wenn sich die Verhältnisse im Verfolgerstaat "hinreichend stabil verändert" haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, vensa). Maßgeblich für die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs von Asylanerkennungen, die - wie hier - in Erfüllung eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils ergangen sind, ist nicht der Zeitpunkt des Ergehens des Anerkennungsbescheids, sondern der des rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteils (BVerwG, Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, NVwZ 2004, 113) .
16 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 festgestellte Sachlage, aufgrund derer es das Bundesamt verpflichtet hat, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen, hat sich nachträglich soweit geändert, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind.
17 
Zum einen haben sich die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seiner Entscheidung zugrunde gelegten Umstände geändert, aus denen es auf das Vorliegen einer politischen Verfolgung der albanischen Volkszugehörigen in den serbisch dominierten Teilen der Bundesrepublik Jugoslawien (ohne Kosovo) geschlossen hat. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe war noch davon ausgegangen, dass das durch die Bundesrepublik Jugoslawien unter Slobodan Milosevic betriebene Verfolgungsprogramm gegen albanische Volkszugehörige in der restlichen Bundesrepublik Jugoslawien auch nach dem durch die NATO erzwungenen Ende der Vertreibungsmaßnahmen im Kosovo fortbestehe. Dieses Verfolgungsprogramm wird mit hinreichender Sicherheit heute nicht mehr betrieben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Regime von Slobodan Milosevic seit Oktober 2000 nicht mehr existiert. Vielmehr wurde anschließend eine Demokratisierung des Staatswesens eingeleitet, wodurch hinreichend gewährleistet ist, dass die Rechte der Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell gegen die albanische Bevölkerungsgruppe unterbleiben (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, juris; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) vom 24.02.2004).
18 
Zum anderen kann auch nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger im Kosovo existenzielle Gefahren drohen, die es ausschlössen anzunehmen, das Kosovo stelle - unterstellt, dem Kläger drohe im restlichen Serbien und Montenegro weiterhin politische Verfolgung - keine hinreichend sichere und zumutbare inländische Fluchtalternative dar.
19 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 seiner Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse haben sich mittlerweile geändert. Das zu einem menschenwürdigen Leben erforderliche Existenzminimum ist jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt gewährleistet. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 23.08.2004 (A 6 S 70/04, vensa) sowie aus dem Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004 (ebenso bereits VGH Bad.-Württ., Urteil v. 17.03.2000 - 14 S 1167/98 -, juris). Aus diesen ergibt sich, dass im Hinblick auf die Versorgung mit Wohnraum, Lebensmitteln und Trinkwasser sowie im Bereich der medizinischen Versorgung so wesentliche Veränderungen eingetreten sind, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, es drohe eine Leben unter dem Existenzminimum oder es sei mit lebensbedrohlichen Gefahren oder Nachteilen zu rechnen. Darüber hinaus hat sich auch die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seinem Urteil vom 07.07.1999 noch zugrunde gelegte hohe Minengefahr durch das im Jahr 2001 durchgeführte Minenräumungsprogramm so verringert, dass nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dem Kläger drohten im Kosovo unzumutbare Nachteile. Gleiches gilt für die Gefahr, als albanischer Volkszugehöriger Opfer einer ethnisch motivierten Gewalttat zu werden. Die Unruhen vom März 2004 wurden von der albanischen Bevölkerungsmehrheit verübt und richteten sich vor allem gegen ethnische Minderheiten. Darüber hinaus hat sich die Situation mittlerweile wieder beruhigt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -, vensa und den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
20 
Auch im Übrigen droht dem Kläger im Kosovo gegenwärtig und auf absehbare Zeit keine politische Verfolgung (vgl. dazu z.B. das Urteil der erkennenden Kammer vom 24.08.2000 - A 2 K 10244/00 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 -, Urt. v. 16.03.2000 - A 14 S 2443/98 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -). Seit Rückzug der jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und Beendigung der Kampfhandlungen zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien am 10.06.1999 steht das Kosovo unter internationaler Verwaltung, die eine zivile (UNMIK) und eine militärische Komponente (KFOR) hat. Das Kosovo ist völkerrechtlich zwar weiterhin Teil des Staates Serbien und Montenegro (ehemals: Bundesrepublik Jugoslawien) und der Teilrepublik Serbien. Die Ausübung der Regierungsgewalt des Staates Serbien und Montenegro über das Kosovo ist dagegen de facto suspendiert. Auf der Grundlage der VN-Sicherheitsrats-Resolution 1244 (1999) übernimmt die VN-Mission die Verantwortung für das gesamte öffentliche Leben im Kosovo. UNMIK ist flächendeckend in den Verwaltungen aller Landkreise vertreten. Durch die Etablierung dieser internationalen Zivil- und Sicherheitspräsenz im Kosovo haben staatliche Repressionen nicht nur gegen Kosovo-Albaner, sondern auch gegen die anderen ethnischen Gruppen ein Ende gefunden (vgl. hierzu den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
21 
Daran hat sich auch nach den Unruhen im Kosovo vom März 2004 nichts geändert. Denn für Gewaltanwendungen und Übergriffe durch einzelne Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen besteht, auch so weit bei der Auswahl der Opfer an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, eine staatliche Verantwortlichkeit - mit der Folge, dass deswegen Asyl bzw. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu gewähren ist - nur dann, wenn der Staat oder eine quasi-staatliche Gewalt ausübende Organisation zur Schutzgewährung entweder nicht bereit ist oder sich nicht in der Lage sieht, die ihm bzw. ihr an sich verfügbaren Mittel im konkreten Fall gegenüber Verfolgungsmaßnahmen bestimmter Dritter (hinreichend) einzusetzen (vgl. die Klarstellung in § 60 Abs. 1 S. 4 AufenthG, BT-Drs. 15/420 v. 07.02.2003, S. 91 und BVerfG, Beschluss v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE, 80, 315 ff.). KFOR und UNMIK, die im Kosovo de facto die staatliche Gewalt des Staates Serbien und Montenegro wahrnehmen, sind schutzbereit und grundsätzlich auch dazu in der Lage, wenn sie auch die Sicherheit nicht in jedem Einzelfall immer zuverlässig gewährleisten können. Vielmehr haben die KFOR-Truppen, nachdem die NATO nach den Unruhen vom März 2004 eine Verstärkung von 2.000 Mann in das Kosovo geschickt hat, die Sicherheitslage wieder unter Kontrolle (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo); UNHCR-Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen v. 30.03.2004).
22 
Gründe, aus denen nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen wäre, sind vorliegend nicht erkennbar.
23 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ i.S.v. § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG erfolgte, kann dahinstehen. Denn der Kläger wäre selbst bei einer Verletzung der Pflicht zum unverzüglichen Widerruf nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf der Asylanerkennung dient allein dem öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG. Diese lassen nicht erkennen, das Gebot, die Asylanerkennung bei Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen "unverzüglich" zu widerrufen, solle - auch - den als Asylberechtigter anerkannten Ausländer schützen, insbesondere einem Vertrauen in den Fortbestand der Asylanerkennung Rechnung tragen. Das Gesetz ordnet den Widerruf im öffentlichen Interesse an, wobei der Widerruf - im Unterschied zu einem Widerruf nach § 49 VwVfG - nicht etwa im Ermessen der Behörde liegt. Ebenso ist die Unverzüglichkeit des Widerrufs erkennbar allein im öffentlichen Interesse vorgeschrieben. Das ergibt sich deutlich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Bereits nach § 16 Abs. 1 S. 1 AsylVfG i.d.F. des Gesetzes vom 09.07.1990 (BGBl. I S. 1354) war der Widerruf zwingend geboten. Auch bei längerem Zeitablauf nach Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen konnte der Asylberechtigte angesichts dieser Rechtslage nicht darauf vertrauen, dass von einem Widerruf abgesehen würde. Die Ergänzung um das Wort "unverzüglich" in der Neuregelung des § 73 AsylVfG durch das Gesetz vom 26.06.1992 (BGBl. I S. 1126) wurde - allein - mit der Notwendigkeit der Beschleunigung des Verfahrens begründet (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 12/2062, S. 1). Die Unverzüglichkeit des Widerrufs dient demnach ausschließlich dem öffentlichen Interesse daran, den Status eines Asylberechtigten möglichst schnell auf diejenigen Personen zu beschränken, die tatsächlich Schutz vor politischer Verfolgung benötigen (BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997 - 9 B 280/97 -, juris; VGH Bad.-Württ, Beschluss v. 26.03.1997 - A 14 S 2854/96 -, AuAS 1997, S. 162 f.; VG Sigmaringen, Urteil v. 02.12.2003 - A 4 K 11498/01 -, juris; a.A. VG Stuttgart, Urteil v. 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -, InfAuslR 2003, 261).
24 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG ist auf § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht anwendbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -, vensa). Darüber hinaus hätte sie auch frühestens nach Ablauf der vom Bundesamt gesetzten Anhörungsfrist bzw. Eingang der Stellungnahme des Klägers (§ 73 Abs. 4 AsylVfG) zu laufen begonnen (BVerwG, Urteil v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, das offen lässt, ob § 48 Abs. 4 VwVfG auf § 73 AsylVfG anwendbar ist). 
25 
Die Entscheidung der Beklagten über den Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG war nicht nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG nach Ermessen zu treffen. Die ab 01.01.2005 geltende Vorschrift des § 73 Abs. 2a S. 1-3 AsylVfG ist nämlich aus Gründen des materiellen Rechts nicht auf Widerrufsentscheidungen anzuwenden, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben oder richtigerweise zugestellt (§ 73 Abs. 5 AsylVfG) und damit wirksam wurden (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Daher lassen sich aus § 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG, wonach das Gericht für die Entscheidung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen hat, für den vorliegenden Fall keine gegenteiligen Schlussfolgerungen ableiten.
26 
Für die ab 01.01.2005 geltende Änderung des § 73 AsylVfG existiert keine ausdrücklich geregelte Übergangsvorschrift. Die Vorschriften in §§ 87 ff. AsylVfG gelten unmittelbar nur für frühere Rechtsänderungen. Fehlt eine Übergangsvorschrift, ist zunächst die konkrete Rechtsnorm und ihre Auslegung maßgeblich für die Beantwortung der Frage, auf welche Rechtsverhältnisse die Norm angewandt werden soll. Bei Zweifelsfällen geben die Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts Anhaltspunkte (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (595)). Hier folgt die Nichtanwendbarkeit des § 73 Abs. 2a AsylVfG auf vor dem 01.01.2005 bekannt gegebene Widerrufsentscheidungen aus einer Kombination aus Auslegung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und Anwendung der allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, die auch in § 96 VwVfG ihren Niederschlag gefunden haben. Eine vergleichende Anwendung der §§ 87 ff. AsylVfG führt hier nicht weiter, weil sich aus ihnen keine allgemein gültigen Aussagen ableiten lassen.
27 
Nach dem Wortlaut des § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG ist über den Widerruf oder die Rücknahme einer Asylanerkennung nach Ermessen zu entscheiden, wenn nach der von S. 1 vorgeschriebenen Prüfung kein Widerruf bzw. keine Rücknahme erfolgt ist. Damit ist die Erforderlichkeit der Ermessensentscheidung an die vorherige Durchführung eines Prüfverfahrens gekoppelt, das nach § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Sinn der Einführung einer konkreten Frist für die Überprüfung der Asylanerkennungen ist nach dem Willen des Gesetzgebers, dass die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme, die in der Praxis bislang leer gelaufen sind, an Bedeutung gewinnen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 112). Damit wird wie bei dem im Jahr 1992 in Absatz 1 hinzugefügten Erfordernis eines „unverzüglichen“ Widerrufs dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition gedient. Aus § 73 Abs. 2a AsylVfG und seinem systematischen Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 AufenthG ergibt sich weiter, dass die am 01.01.2005 eingeführte Prüfungspflicht darüber hinaus auch den Interessen des Ausländers zu dienen bestimmt ist. Denn das Bundesamt hat nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG das Ergebnis der Prüfung der Ausländerbehörde mitzuteilen, damit diese über den Aufenthaltstitel des Ausländers befinden kann. Kommt die Prüfung zum Ergebnis, dass kein Widerruf bzw. keine Rücknahme stattfindet, hat der Ausländer, der seit drei Jahren aufgrund seiner Asylanerkennung oder des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufentG eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis und damit auf eine Verfestigung seines Aufenthaltsrechts. Daraus wird deutlich, dass jedenfalls nach der Durchführung einer Prüfung nach Satz 1 des § 73 Abs. 2a AsylVfG und möglicherweise auch nach Ablauf der Dreijahresfrist ohne Durchführung einer Prüfung das Vertrauen des Ausländers darauf, dass er nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bzw. ein verfestigtes Aufenthaltsrecht besitzt (dazu: Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 80), im Rahmen der Ermessenentscheidung nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG zu berücksichtigen ist.
28 
Dieser Ermessensentscheidung bedarf es jedoch nicht in Fällen, in denen kein Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist, weil  - wie hier - vom Bundesamt gar kein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter wurde hier widerrufen, bevor einer Prüfung des Widerrufs oder einem dreijährigen Nichtprüfen durch das Bundesamt aufgrund der Neuregelung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und des § 26 Abs. 3 AufenthG überhaupt ein Bedeutungsgehalt dergestalt zu kommen konnte, dass nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bestehe. Denn bis zum 01.01.2005 war das Bundesamt nicht innerhalb einer bestimmten Frist zur Prüfung, ob ein Widerruf oder eine Rücknahme in Betracht kommt, verpflichtet und musste auch keine Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG an die Ausländerbehörde vornehmen.
29 
Dass § 73 Abs. 2a S. 1 und 2 AsylVfG auf die bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufs- bzw. Rücknahmeentscheidungen nicht anwendbar sind, ergibt sich aus den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, wonach neues Verfahrensrecht nicht auf abgeschlossene Verfahren angewandt werden kann (vgl. Kopp, SGb 1993, S. 593 ff.; BVerwG, Urteil v. 26.03.1985 - 9 C 47/84 -, juris; Urteil v. 18.02.1992 - 9 C 59/91 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 28.05.1991 - A 16 S 2357/90 -, juris). Ob ein Verwaltungsverfahren mit Bekanntgabe, das heißt Wirksamwerden, des Verwaltungsaktes oder jedenfalls mit Abschluss eines eventuell durchzuführenden Widerspruchsverfahrens abgeschlossen ist - wofür die Zielhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens nach § 9 VwVfG sowie der Umstand spricht, dass die Übergangsvorschriften der §§ 87 und 87a AsylVfG im Hinblick auf die Regelung der Anwendung neuer Vorschriften zwischen Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren unterscheiden - (so im Ergebnis auch: BVerwG, Urteil v. 12.08.1977 - IV C 20.76 -, BVerwGE 54, S. 257  (259); Urteil v. 27.09.1989 - 8 C 88.88 -, BVerwGE 82, 336 ff.; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 1; P. Stelkens/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 96, Rn. 2) oder erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit (so Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 4), kann vorliegend dahinstehen. Denn es können jedenfalls nicht nachträglich fristgebundene Verfahrenshandlungen verlangt werden, mit denen die Beteiligten nach dem bisherigen Recht nicht rechnen mussten und denen sie auch keine Rechnung mehr tragen können, weil die maßgeblichen Tatsachen bzw. Handlungen bereits in der Vergangenheit lagen oder in der Vergangenheit hätten gesetzt werden müssen, als die nunmehr damit verbundenen Folgerungen noch nicht daran geknüpft waren (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (601)). Dies ist hier der Fall. Das Bundesamt hat bei bereits bekannt gegebenen Widerrufs- oder Rücknahmeentscheidungen keine Möglichkeit mehr, die Prüfungsfrist des § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG einzuhalten und die Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG im Anschluss an eine fristgerecht durchgeführte Prüfung zu machen.
30 
Das hilfsweise geltend gemachte Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG liegt nicht vor. Beruft sich der Ausländer - wie der Kläger - nur auf Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, muss wegen der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG eine Gefahrenlage gegeben sein, die landesweit so beschaffen ist, dass der von einer Abschiebung Betroffene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert oder der extremen Gefahr ausgesetzt wäre, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben oder Opfer einer Gewalttat zu werden (vgl. BVerwG, Urteil v. 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, DVBl. 2001, 1531). Diese zu § 53 Abs. 6 AuslG ergangene Rechtsprechung gilt auch für § 60 Abs. 7 AufenthG, weil es sich insoweit nur um eine redaktionelle Änderung handelt (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Eine derart extreme Gefahrenlage besteht - wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt - für den Kläger im Kosovo im Hinblick auf die allgemeine soziale und wirtschaftliche Situation und die Sicherheitslage nicht (vgl.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
32 
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 71 Abs. 1 GKG. Der Gegenstandswert folgt aus § 83b Abs. 2 S.1 AsylVfG i.V.m. § 60 RVG.

Sonstige Literatur

 
33 
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
34 
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Postfach 11 14 51, 76064 Karlsruhe, oder Nördliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe, zu stellen.
35 
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
36 
Lässt der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt.
37 
Bei der Beantragung der Zulassung der Berufung muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen.
38 
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

(1) Bereits begonnene Verfahren sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen.

(2) Die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangenen Entscheidungen richtet sich nach den bisher geltenden Vorschriften.

(3) Fristen, deren Lauf vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen hat, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften berechnet.

(4) Für die Erstattung von Kosten im Vorverfahren gelten die Vorschriften dieses Gesetzes, wenn das Vorverfahren vor Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abgeschlossen worden ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Anerkennung als Asylberechtigter.
Der am ... geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo (Decan). Er reiste im Jahr 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) vom ... wurde der Kläger als Asylberechtigter anerkannt und es wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich seiner Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen. Hierzu war das Bundesamt durch das seit dem 11.08.1999 rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 (A 4 K 13764/95) verpflichtet worden. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte seine Entscheidung damit begründet, dass dem Kläger im serbischen Teil der Bundesrepublik Jugoslawien aufgrund seiner albanischen Volkszugehörigkeit durch die von Milosevic geführte Regierung politische Gruppenverfolgung drohe. Das Kosovo stelle zum Entscheidungszeitpunkt keine hinreichend sichere Fluchtalternative dar. Denn dort drohten dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit existenzielle Gefahren. Diese ergäben sich daraus, dass ca. 500.000 Kosovo-Albaner als Binnenflüchtlinge in Wäldern leben müssten. Ferner seien 2/3 der Dörfer im Kosovo zerstört. Wegen des Ausfalls der Ernte im Jahr 1999 drohe eine Hungersnot. Die medizinische und die Trinkwasserversorgung seien in der Folge der Vertreibungsmaßnahmen durch die Serben und die NATO-Luftangriffe zusammengebrochen. Außerdem sei das Kosovo großflächig vermint. In Einzelfällen komme es noch zu Übergriffen serbischer paramilitärischer Gruppen. Die Teilrepublik Montenegro scheide als inländische Fluchtalternative ebenfalls aus.
Am 27.05.2003 leitete das Bundesamt ein Widerrufsverfahren ein und gab dem Kläger mit Schreiben vom 01.07.2003 Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Bevollmächtigte des Klägers trug mit Schreiben vom 15.09.2003 vor, es sei richtig, dass zur Zeit keine politische Verfolgung der Albaner im Kosovo mehr stattfinde. Jedoch habe die Gewalt unter den Ethnien zugenommen. Es habe Tote und Verletzte gegeben. Für den Kläger bestehe daher die Gefahr, dass er Opfer einer Gewalttat werde. 
Mit Bescheid vom 22.09.2003 widerrief das Bundesamt die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Außerdem stellte es fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zur Begründung des Widerrufs nach § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG führte das Bundesamt aus, die innenpolitischen Verhältnisse im Kosovo hätten sich seit Beendigung der Kampfhandlungen im Sommer 1999 grundlegend geändert. Staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegen Albaner könnten mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.
Der Kläger hat am 30.09.2003 Klage erhoben. Er beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 22.09.2003 aufzuheben,
hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung von Ziff. 3 des Bescheides vom 22.09.2003 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Zur Begründung verweist sie auf die angefochtene Entscheidung.
11 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Behördenakten vor. Diese waren ebenso Gegen-stand der mündlichen Verhandlung wie die den Beteiligten bekannt gegebenen Erkenntnismittel.

Entscheidungsgründe

 
12 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung anwesend oder vertreten waren (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat auf die Einhaltung der Ladungsfrist und der Beteiligte auf die Förmlichkeiten der Ladung überhaupt  verzichtet.
13 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Widerruf der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und der Feststellung, dass in Bezug auf die Bundesrepublik Jugoslawien (heute: Serbien und Montenegro) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG besteht nicht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage hat das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgestellt (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG).
14 
Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 22.09.2003 findet seine Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 außer Kraft getretenen ist. Denn eine vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bleibt trotz der Rechtsänderung als Verwaltungsakt wirksam (vgl. §§ 43 Abs. 2 und 3, 44 VwVfG). Sie ist nach dem 01.01.2005 als Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu behandeln. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach es sich bei den in den §§ 73, 31, 42 AsylVfG vorgenommenen Änderungen betreffend §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG lediglich um redaktionelle Änderungen handelt, die zur Anpassung an das Aufenthaltsgesetz erforderlich sind (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 110 ff.). Inhaltlich sind die Voraussetzungen des alten § 51 Abs. 1 AuslG vom neuen § 60 Abs. 1 AufenthG zumindest mit umfasst (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 91).
15 
Voraussetzung für einen Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ist eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die dazu führt, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -, juris). Dabei muss eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen wegen zwischenzeitlicher Veränderungen im Verfolgerstaat mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse müssen sich dort so einschneidend und dauerhaft geändert haben, dass der Betroffene ohne Verfolgungsfurcht heimkehren kann. Dieser Prognosemaßstab gilt dabei zunächst für diejenigen, auf die der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab schon bei der Anerkennung anzuwenden war, weil sie bereits vor ihrer Ausreise aus dem Verfolgerstaat individuelle politische Verfolgung erlitten hatten. Der Maßstab ist aber auch auf die Personen anzuwenden, die unter dem Druck einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung ausgereist und deshalb ebenfalls als vorverfolgt anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, S. 367 ff.). Damit ist geklärt, dass selbst bei Personen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer verfolgten Gruppe anerkannt wurden (wie vorliegend Angehörige der Gruppe der albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo), ein Widerruf nur dann nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgen kann, wenn sie bei einer Rückkehr in den Verfolgerstaat hinreichend sicher sind, wobei hinreichende Sicherheit in diesem Sinne nur dann gewährleistet ist, wenn sich die Verhältnisse im Verfolgerstaat "hinreichend stabil verändert" haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, vensa). Maßgeblich für die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs von Asylanerkennungen, die - wie hier - in Erfüllung eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils ergangen sind, ist nicht der Zeitpunkt des Ergehens des Anerkennungsbescheids, sondern der des rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteils (BVerwG, Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, NVwZ 2004, 113) .
16 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 festgestellte Sachlage, aufgrund derer es das Bundesamt verpflichtet hat, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen, hat sich nachträglich soweit geändert, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind.
17 
Zum einen haben sich die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seiner Entscheidung zugrunde gelegten Umstände geändert, aus denen es auf das Vorliegen einer politischen Verfolgung der albanischen Volkszugehörigen in den serbisch dominierten Teilen der Bundesrepublik Jugoslawien (ohne Kosovo) geschlossen hat. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe war noch davon ausgegangen, dass das durch die Bundesrepublik Jugoslawien unter Slobodan Milosevic betriebene Verfolgungsprogramm gegen albanische Volkszugehörige in der restlichen Bundesrepublik Jugoslawien auch nach dem durch die NATO erzwungenen Ende der Vertreibungsmaßnahmen im Kosovo fortbestehe. Dieses Verfolgungsprogramm wird mit hinreichender Sicherheit heute nicht mehr betrieben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Regime von Slobodan Milosevic seit Oktober 2000 nicht mehr existiert. Vielmehr wurde anschließend eine Demokratisierung des Staatswesens eingeleitet, wodurch hinreichend gewährleistet ist, dass die Rechte der Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell gegen die albanische Bevölkerungsgruppe unterbleiben (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, juris; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) vom 24.02.2004).
18 
Zum anderen kann auch nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger im Kosovo existenzielle Gefahren drohen, die es ausschlössen anzunehmen, das Kosovo stelle - unterstellt, dem Kläger drohe im restlichen Serbien und Montenegro weiterhin politische Verfolgung - keine hinreichend sichere und zumutbare inländische Fluchtalternative dar.
19 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 seiner Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse haben sich mittlerweile geändert. Das zu einem menschenwürdigen Leben erforderliche Existenzminimum ist jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt gewährleistet. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 23.08.2004 (A 6 S 70/04, vensa) sowie aus dem Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004 (ebenso bereits VGH Bad.-Württ., Urteil v. 17.03.2000 - 14 S 1167/98 -, juris). Aus diesen ergibt sich, dass im Hinblick auf die Versorgung mit Wohnraum, Lebensmitteln und Trinkwasser sowie im Bereich der medizinischen Versorgung so wesentliche Veränderungen eingetreten sind, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, es drohe eine Leben unter dem Existenzminimum oder es sei mit lebensbedrohlichen Gefahren oder Nachteilen zu rechnen. Darüber hinaus hat sich auch die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seinem Urteil vom 07.07.1999 noch zugrunde gelegte hohe Minengefahr durch das im Jahr 2001 durchgeführte Minenräumungsprogramm so verringert, dass nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dem Kläger drohten im Kosovo unzumutbare Nachteile. Gleiches gilt für die Gefahr, als albanischer Volkszugehöriger Opfer einer ethnisch motivierten Gewalttat zu werden. Die Unruhen vom März 2004 wurden von der albanischen Bevölkerungsmehrheit verübt und richteten sich vor allem gegen ethnische Minderheiten. Darüber hinaus hat sich die Situation mittlerweile wieder beruhigt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -, vensa und den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
20 
Auch im Übrigen droht dem Kläger im Kosovo gegenwärtig und auf absehbare Zeit keine politische Verfolgung (vgl. dazu z.B. das Urteil der erkennenden Kammer vom 24.08.2000 - A 2 K 10244/00 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 -, Urt. v. 16.03.2000 - A 14 S 2443/98 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -). Seit Rückzug der jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und Beendigung der Kampfhandlungen zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien am 10.06.1999 steht das Kosovo unter internationaler Verwaltung, die eine zivile (UNMIK) und eine militärische Komponente (KFOR) hat. Das Kosovo ist völkerrechtlich zwar weiterhin Teil des Staates Serbien und Montenegro (ehemals: Bundesrepublik Jugoslawien) und der Teilrepublik Serbien. Die Ausübung der Regierungsgewalt des Staates Serbien und Montenegro über das Kosovo ist dagegen de facto suspendiert. Auf der Grundlage der VN-Sicherheitsrats-Resolution 1244 (1999) übernimmt die VN-Mission die Verantwortung für das gesamte öffentliche Leben im Kosovo. UNMIK ist flächendeckend in den Verwaltungen aller Landkreise vertreten. Durch die Etablierung dieser internationalen Zivil- und Sicherheitspräsenz im Kosovo haben staatliche Repressionen nicht nur gegen Kosovo-Albaner, sondern auch gegen die anderen ethnischen Gruppen ein Ende gefunden (vgl. hierzu den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
21 
Daran hat sich auch nach den Unruhen im Kosovo vom März 2004 nichts geändert. Denn für Gewaltanwendungen und Übergriffe durch einzelne Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen besteht, auch so weit bei der Auswahl der Opfer an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, eine staatliche Verantwortlichkeit - mit der Folge, dass deswegen Asyl bzw. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu gewähren ist - nur dann, wenn der Staat oder eine quasi-staatliche Gewalt ausübende Organisation zur Schutzgewährung entweder nicht bereit ist oder sich nicht in der Lage sieht, die ihm bzw. ihr an sich verfügbaren Mittel im konkreten Fall gegenüber Verfolgungsmaßnahmen bestimmter Dritter (hinreichend) einzusetzen (vgl. die Klarstellung in § 60 Abs. 1 S. 4 AufenthG, BT-Drs. 15/420 v. 07.02.2003, S. 91 und BVerfG, Beschluss v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE, 80, 315 ff.). KFOR und UNMIK, die im Kosovo de facto die staatliche Gewalt des Staates Serbien und Montenegro wahrnehmen, sind schutzbereit und grundsätzlich auch dazu in der Lage, wenn sie auch die Sicherheit nicht in jedem Einzelfall immer zuverlässig gewährleisten können. Vielmehr haben die KFOR-Truppen, nachdem die NATO nach den Unruhen vom März 2004 eine Verstärkung von 2.000 Mann in das Kosovo geschickt hat, die Sicherheitslage wieder unter Kontrolle (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo); UNHCR-Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen v. 30.03.2004).
22 
Gründe, aus denen nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen wäre, sind vorliegend nicht erkennbar.
23 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ i.S.v. § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG erfolgte, kann dahinstehen. Denn der Kläger wäre selbst bei einer Verletzung der Pflicht zum unverzüglichen Widerruf nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf der Asylanerkennung dient allein dem öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG. Diese lassen nicht erkennen, das Gebot, die Asylanerkennung bei Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen "unverzüglich" zu widerrufen, solle - auch - den als Asylberechtigter anerkannten Ausländer schützen, insbesondere einem Vertrauen in den Fortbestand der Asylanerkennung Rechnung tragen. Das Gesetz ordnet den Widerruf im öffentlichen Interesse an, wobei der Widerruf - im Unterschied zu einem Widerruf nach § 49 VwVfG - nicht etwa im Ermessen der Behörde liegt. Ebenso ist die Unverzüglichkeit des Widerrufs erkennbar allein im öffentlichen Interesse vorgeschrieben. Das ergibt sich deutlich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Bereits nach § 16 Abs. 1 S. 1 AsylVfG i.d.F. des Gesetzes vom 09.07.1990 (BGBl. I S. 1354) war der Widerruf zwingend geboten. Auch bei längerem Zeitablauf nach Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen konnte der Asylberechtigte angesichts dieser Rechtslage nicht darauf vertrauen, dass von einem Widerruf abgesehen würde. Die Ergänzung um das Wort "unverzüglich" in der Neuregelung des § 73 AsylVfG durch das Gesetz vom 26.06.1992 (BGBl. I S. 1126) wurde - allein - mit der Notwendigkeit der Beschleunigung des Verfahrens begründet (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 12/2062, S. 1). Die Unverzüglichkeit des Widerrufs dient demnach ausschließlich dem öffentlichen Interesse daran, den Status eines Asylberechtigten möglichst schnell auf diejenigen Personen zu beschränken, die tatsächlich Schutz vor politischer Verfolgung benötigen (BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997 - 9 B 280/97 -, juris; VGH Bad.-Württ, Beschluss v. 26.03.1997 - A 14 S 2854/96 -, AuAS 1997, S. 162 f.; VG Sigmaringen, Urteil v. 02.12.2003 - A 4 K 11498/01 -, juris; a.A. VG Stuttgart, Urteil v. 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -, InfAuslR 2003, 261).
24 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG ist auf § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht anwendbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -, vensa). Darüber hinaus hätte sie auch frühestens nach Ablauf der vom Bundesamt gesetzten Anhörungsfrist bzw. Eingang der Stellungnahme des Klägers (§ 73 Abs. 4 AsylVfG) zu laufen begonnen (BVerwG, Urteil v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, das offen lässt, ob § 48 Abs. 4 VwVfG auf § 73 AsylVfG anwendbar ist). 
25 
Die Entscheidung der Beklagten über den Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG war nicht nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG nach Ermessen zu treffen. Die ab 01.01.2005 geltende Vorschrift des § 73 Abs. 2a S. 1-3 AsylVfG ist nämlich aus Gründen des materiellen Rechts nicht auf Widerrufsentscheidungen anzuwenden, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben oder richtigerweise zugestellt (§ 73 Abs. 5 AsylVfG) und damit wirksam wurden (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Daher lassen sich aus § 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG, wonach das Gericht für die Entscheidung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen hat, für den vorliegenden Fall keine gegenteiligen Schlussfolgerungen ableiten.
26 
Für die ab 01.01.2005 geltende Änderung des § 73 AsylVfG existiert keine ausdrücklich geregelte Übergangsvorschrift. Die Vorschriften in §§ 87 ff. AsylVfG gelten unmittelbar nur für frühere Rechtsänderungen. Fehlt eine Übergangsvorschrift, ist zunächst die konkrete Rechtsnorm und ihre Auslegung maßgeblich für die Beantwortung der Frage, auf welche Rechtsverhältnisse die Norm angewandt werden soll. Bei Zweifelsfällen geben die Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts Anhaltspunkte (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (595)). Hier folgt die Nichtanwendbarkeit des § 73 Abs. 2a AsylVfG auf vor dem 01.01.2005 bekannt gegebene Widerrufsentscheidungen aus einer Kombination aus Auslegung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und Anwendung der allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, die auch in § 96 VwVfG ihren Niederschlag gefunden haben. Eine vergleichende Anwendung der §§ 87 ff. AsylVfG führt hier nicht weiter, weil sich aus ihnen keine allgemein gültigen Aussagen ableiten lassen.
27 
Nach dem Wortlaut des § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG ist über den Widerruf oder die Rücknahme einer Asylanerkennung nach Ermessen zu entscheiden, wenn nach der von S. 1 vorgeschriebenen Prüfung kein Widerruf bzw. keine Rücknahme erfolgt ist. Damit ist die Erforderlichkeit der Ermessensentscheidung an die vorherige Durchführung eines Prüfverfahrens gekoppelt, das nach § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Sinn der Einführung einer konkreten Frist für die Überprüfung der Asylanerkennungen ist nach dem Willen des Gesetzgebers, dass die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme, die in der Praxis bislang leer gelaufen sind, an Bedeutung gewinnen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 112). Damit wird wie bei dem im Jahr 1992 in Absatz 1 hinzugefügten Erfordernis eines „unverzüglichen“ Widerrufs dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition gedient. Aus § 73 Abs. 2a AsylVfG und seinem systematischen Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 AufenthG ergibt sich weiter, dass die am 01.01.2005 eingeführte Prüfungspflicht darüber hinaus auch den Interessen des Ausländers zu dienen bestimmt ist. Denn das Bundesamt hat nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG das Ergebnis der Prüfung der Ausländerbehörde mitzuteilen, damit diese über den Aufenthaltstitel des Ausländers befinden kann. Kommt die Prüfung zum Ergebnis, dass kein Widerruf bzw. keine Rücknahme stattfindet, hat der Ausländer, der seit drei Jahren aufgrund seiner Asylanerkennung oder des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufentG eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis und damit auf eine Verfestigung seines Aufenthaltsrechts. Daraus wird deutlich, dass jedenfalls nach der Durchführung einer Prüfung nach Satz 1 des § 73 Abs. 2a AsylVfG und möglicherweise auch nach Ablauf der Dreijahresfrist ohne Durchführung einer Prüfung das Vertrauen des Ausländers darauf, dass er nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bzw. ein verfestigtes Aufenthaltsrecht besitzt (dazu: Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 80), im Rahmen der Ermessenentscheidung nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG zu berücksichtigen ist.
28 
Dieser Ermessensentscheidung bedarf es jedoch nicht in Fällen, in denen kein Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist, weil  - wie hier - vom Bundesamt gar kein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter wurde hier widerrufen, bevor einer Prüfung des Widerrufs oder einem dreijährigen Nichtprüfen durch das Bundesamt aufgrund der Neuregelung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und des § 26 Abs. 3 AufenthG überhaupt ein Bedeutungsgehalt dergestalt zu kommen konnte, dass nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bestehe. Denn bis zum 01.01.2005 war das Bundesamt nicht innerhalb einer bestimmten Frist zur Prüfung, ob ein Widerruf oder eine Rücknahme in Betracht kommt, verpflichtet und musste auch keine Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG an die Ausländerbehörde vornehmen.
29 
Dass § 73 Abs. 2a S. 1 und 2 AsylVfG auf die bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufs- bzw. Rücknahmeentscheidungen nicht anwendbar sind, ergibt sich aus den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, wonach neues Verfahrensrecht nicht auf abgeschlossene Verfahren angewandt werden kann (vgl. Kopp, SGb 1993, S. 593 ff.; BVerwG, Urteil v. 26.03.1985 - 9 C 47/84 -, juris; Urteil v. 18.02.1992 - 9 C 59/91 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 28.05.1991 - A 16 S 2357/90 -, juris). Ob ein Verwaltungsverfahren mit Bekanntgabe, das heißt Wirksamwerden, des Verwaltungsaktes oder jedenfalls mit Abschluss eines eventuell durchzuführenden Widerspruchsverfahrens abgeschlossen ist - wofür die Zielhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens nach § 9 VwVfG sowie der Umstand spricht, dass die Übergangsvorschriften der §§ 87 und 87a AsylVfG im Hinblick auf die Regelung der Anwendung neuer Vorschriften zwischen Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren unterscheiden - (so im Ergebnis auch: BVerwG, Urteil v. 12.08.1977 - IV C 20.76 -, BVerwGE 54, S. 257  (259); Urteil v. 27.09.1989 - 8 C 88.88 -, BVerwGE 82, 336 ff.; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 1; P. Stelkens/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 96, Rn. 2) oder erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit (so Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 4), kann vorliegend dahinstehen. Denn es können jedenfalls nicht nachträglich fristgebundene Verfahrenshandlungen verlangt werden, mit denen die Beteiligten nach dem bisherigen Recht nicht rechnen mussten und denen sie auch keine Rechnung mehr tragen können, weil die maßgeblichen Tatsachen bzw. Handlungen bereits in der Vergangenheit lagen oder in der Vergangenheit hätten gesetzt werden müssen, als die nunmehr damit verbundenen Folgerungen noch nicht daran geknüpft waren (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (601)). Dies ist hier der Fall. Das Bundesamt hat bei bereits bekannt gegebenen Widerrufs- oder Rücknahmeentscheidungen keine Möglichkeit mehr, die Prüfungsfrist des § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG einzuhalten und die Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG im Anschluss an eine fristgerecht durchgeführte Prüfung zu machen.
30 
Das hilfsweise geltend gemachte Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG liegt nicht vor. Beruft sich der Ausländer - wie der Kläger - nur auf Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, muss wegen der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG eine Gefahrenlage gegeben sein, die landesweit so beschaffen ist, dass der von einer Abschiebung Betroffene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert oder der extremen Gefahr ausgesetzt wäre, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben oder Opfer einer Gewalttat zu werden (vgl. BVerwG, Urteil v. 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, DVBl. 2001, 1531). Diese zu § 53 Abs. 6 AuslG ergangene Rechtsprechung gilt auch für § 60 Abs. 7 AufenthG, weil es sich insoweit nur um eine redaktionelle Änderung handelt (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Eine derart extreme Gefahrenlage besteht - wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt - für den Kläger im Kosovo im Hinblick auf die allgemeine soziale und wirtschaftliche Situation und die Sicherheitslage nicht (vgl.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
32 
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 71 Abs. 1 GKG. Der Gegenstandswert folgt aus § 83b Abs. 2 S.1 AsylVfG i.V.m. § 60 RVG.

Gründe

 
12 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung anwesend oder vertreten waren (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat auf die Einhaltung der Ladungsfrist und der Beteiligte auf die Förmlichkeiten der Ladung überhaupt  verzichtet.
13 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Widerruf der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und der Feststellung, dass in Bezug auf die Bundesrepublik Jugoslawien (heute: Serbien und Montenegro) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG besteht nicht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage hat das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgestellt (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG).
14 
Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 22.09.2003 findet seine Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 außer Kraft getretenen ist. Denn eine vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bleibt trotz der Rechtsänderung als Verwaltungsakt wirksam (vgl. §§ 43 Abs. 2 und 3, 44 VwVfG). Sie ist nach dem 01.01.2005 als Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu behandeln. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach es sich bei den in den §§ 73, 31, 42 AsylVfG vorgenommenen Änderungen betreffend §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG lediglich um redaktionelle Änderungen handelt, die zur Anpassung an das Aufenthaltsgesetz erforderlich sind (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 110 ff.). Inhaltlich sind die Voraussetzungen des alten § 51 Abs. 1 AuslG vom neuen § 60 Abs. 1 AufenthG zumindest mit umfasst (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 91).
15 
Voraussetzung für einen Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ist eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die dazu führt, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -, juris). Dabei muss eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen wegen zwischenzeitlicher Veränderungen im Verfolgerstaat mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse müssen sich dort so einschneidend und dauerhaft geändert haben, dass der Betroffene ohne Verfolgungsfurcht heimkehren kann. Dieser Prognosemaßstab gilt dabei zunächst für diejenigen, auf die der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab schon bei der Anerkennung anzuwenden war, weil sie bereits vor ihrer Ausreise aus dem Verfolgerstaat individuelle politische Verfolgung erlitten hatten. Der Maßstab ist aber auch auf die Personen anzuwenden, die unter dem Druck einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung ausgereist und deshalb ebenfalls als vorverfolgt anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, S. 367 ff.). Damit ist geklärt, dass selbst bei Personen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer verfolgten Gruppe anerkannt wurden (wie vorliegend Angehörige der Gruppe der albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo), ein Widerruf nur dann nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgen kann, wenn sie bei einer Rückkehr in den Verfolgerstaat hinreichend sicher sind, wobei hinreichende Sicherheit in diesem Sinne nur dann gewährleistet ist, wenn sich die Verhältnisse im Verfolgerstaat "hinreichend stabil verändert" haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, vensa). Maßgeblich für die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs von Asylanerkennungen, die - wie hier - in Erfüllung eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils ergangen sind, ist nicht der Zeitpunkt des Ergehens des Anerkennungsbescheids, sondern der des rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteils (BVerwG, Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, NVwZ 2004, 113) .
16 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 festgestellte Sachlage, aufgrund derer es das Bundesamt verpflichtet hat, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen, hat sich nachträglich soweit geändert, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind.
17 
Zum einen haben sich die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seiner Entscheidung zugrunde gelegten Umstände geändert, aus denen es auf das Vorliegen einer politischen Verfolgung der albanischen Volkszugehörigen in den serbisch dominierten Teilen der Bundesrepublik Jugoslawien (ohne Kosovo) geschlossen hat. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe war noch davon ausgegangen, dass das durch die Bundesrepublik Jugoslawien unter Slobodan Milosevic betriebene Verfolgungsprogramm gegen albanische Volkszugehörige in der restlichen Bundesrepublik Jugoslawien auch nach dem durch die NATO erzwungenen Ende der Vertreibungsmaßnahmen im Kosovo fortbestehe. Dieses Verfolgungsprogramm wird mit hinreichender Sicherheit heute nicht mehr betrieben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Regime von Slobodan Milosevic seit Oktober 2000 nicht mehr existiert. Vielmehr wurde anschließend eine Demokratisierung des Staatswesens eingeleitet, wodurch hinreichend gewährleistet ist, dass die Rechte der Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell gegen die albanische Bevölkerungsgruppe unterbleiben (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, juris; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) vom 24.02.2004).
18 
Zum anderen kann auch nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger im Kosovo existenzielle Gefahren drohen, die es ausschlössen anzunehmen, das Kosovo stelle - unterstellt, dem Kläger drohe im restlichen Serbien und Montenegro weiterhin politische Verfolgung - keine hinreichend sichere und zumutbare inländische Fluchtalternative dar.
19 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 seiner Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse haben sich mittlerweile geändert. Das zu einem menschenwürdigen Leben erforderliche Existenzminimum ist jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt gewährleistet. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 23.08.2004 (A 6 S 70/04, vensa) sowie aus dem Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004 (ebenso bereits VGH Bad.-Württ., Urteil v. 17.03.2000 - 14 S 1167/98 -, juris). Aus diesen ergibt sich, dass im Hinblick auf die Versorgung mit Wohnraum, Lebensmitteln und Trinkwasser sowie im Bereich der medizinischen Versorgung so wesentliche Veränderungen eingetreten sind, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, es drohe eine Leben unter dem Existenzminimum oder es sei mit lebensbedrohlichen Gefahren oder Nachteilen zu rechnen. Darüber hinaus hat sich auch die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seinem Urteil vom 07.07.1999 noch zugrunde gelegte hohe Minengefahr durch das im Jahr 2001 durchgeführte Minenräumungsprogramm so verringert, dass nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dem Kläger drohten im Kosovo unzumutbare Nachteile. Gleiches gilt für die Gefahr, als albanischer Volkszugehöriger Opfer einer ethnisch motivierten Gewalttat zu werden. Die Unruhen vom März 2004 wurden von der albanischen Bevölkerungsmehrheit verübt und richteten sich vor allem gegen ethnische Minderheiten. Darüber hinaus hat sich die Situation mittlerweile wieder beruhigt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -, vensa und den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
20 
Auch im Übrigen droht dem Kläger im Kosovo gegenwärtig und auf absehbare Zeit keine politische Verfolgung (vgl. dazu z.B. das Urteil der erkennenden Kammer vom 24.08.2000 - A 2 K 10244/00 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 -, Urt. v. 16.03.2000 - A 14 S 2443/98 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -). Seit Rückzug der jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und Beendigung der Kampfhandlungen zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien am 10.06.1999 steht das Kosovo unter internationaler Verwaltung, die eine zivile (UNMIK) und eine militärische Komponente (KFOR) hat. Das Kosovo ist völkerrechtlich zwar weiterhin Teil des Staates Serbien und Montenegro (ehemals: Bundesrepublik Jugoslawien) und der Teilrepublik Serbien. Die Ausübung der Regierungsgewalt des Staates Serbien und Montenegro über das Kosovo ist dagegen de facto suspendiert. Auf der Grundlage der VN-Sicherheitsrats-Resolution 1244 (1999) übernimmt die VN-Mission die Verantwortung für das gesamte öffentliche Leben im Kosovo. UNMIK ist flächendeckend in den Verwaltungen aller Landkreise vertreten. Durch die Etablierung dieser internationalen Zivil- und Sicherheitspräsenz im Kosovo haben staatliche Repressionen nicht nur gegen Kosovo-Albaner, sondern auch gegen die anderen ethnischen Gruppen ein Ende gefunden (vgl. hierzu den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
21 
Daran hat sich auch nach den Unruhen im Kosovo vom März 2004 nichts geändert. Denn für Gewaltanwendungen und Übergriffe durch einzelne Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen besteht, auch so weit bei der Auswahl der Opfer an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, eine staatliche Verantwortlichkeit - mit der Folge, dass deswegen Asyl bzw. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu gewähren ist - nur dann, wenn der Staat oder eine quasi-staatliche Gewalt ausübende Organisation zur Schutzgewährung entweder nicht bereit ist oder sich nicht in der Lage sieht, die ihm bzw. ihr an sich verfügbaren Mittel im konkreten Fall gegenüber Verfolgungsmaßnahmen bestimmter Dritter (hinreichend) einzusetzen (vgl. die Klarstellung in § 60 Abs. 1 S. 4 AufenthG, BT-Drs. 15/420 v. 07.02.2003, S. 91 und BVerfG, Beschluss v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE, 80, 315 ff.). KFOR und UNMIK, die im Kosovo de facto die staatliche Gewalt des Staates Serbien und Montenegro wahrnehmen, sind schutzbereit und grundsätzlich auch dazu in der Lage, wenn sie auch die Sicherheit nicht in jedem Einzelfall immer zuverlässig gewährleisten können. Vielmehr haben die KFOR-Truppen, nachdem die NATO nach den Unruhen vom März 2004 eine Verstärkung von 2.000 Mann in das Kosovo geschickt hat, die Sicherheitslage wieder unter Kontrolle (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo); UNHCR-Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen v. 30.03.2004).
22 
Gründe, aus denen nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen wäre, sind vorliegend nicht erkennbar.
23 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ i.S.v. § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG erfolgte, kann dahinstehen. Denn der Kläger wäre selbst bei einer Verletzung der Pflicht zum unverzüglichen Widerruf nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf der Asylanerkennung dient allein dem öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG. Diese lassen nicht erkennen, das Gebot, die Asylanerkennung bei Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen "unverzüglich" zu widerrufen, solle - auch - den als Asylberechtigter anerkannten Ausländer schützen, insbesondere einem Vertrauen in den Fortbestand der Asylanerkennung Rechnung tragen. Das Gesetz ordnet den Widerruf im öffentlichen Interesse an, wobei der Widerruf - im Unterschied zu einem Widerruf nach § 49 VwVfG - nicht etwa im Ermessen der Behörde liegt. Ebenso ist die Unverzüglichkeit des Widerrufs erkennbar allein im öffentlichen Interesse vorgeschrieben. Das ergibt sich deutlich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Bereits nach § 16 Abs. 1 S. 1 AsylVfG i.d.F. des Gesetzes vom 09.07.1990 (BGBl. I S. 1354) war der Widerruf zwingend geboten. Auch bei längerem Zeitablauf nach Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen konnte der Asylberechtigte angesichts dieser Rechtslage nicht darauf vertrauen, dass von einem Widerruf abgesehen würde. Die Ergänzung um das Wort "unverzüglich" in der Neuregelung des § 73 AsylVfG durch das Gesetz vom 26.06.1992 (BGBl. I S. 1126) wurde - allein - mit der Notwendigkeit der Beschleunigung des Verfahrens begründet (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 12/2062, S. 1). Die Unverzüglichkeit des Widerrufs dient demnach ausschließlich dem öffentlichen Interesse daran, den Status eines Asylberechtigten möglichst schnell auf diejenigen Personen zu beschränken, die tatsächlich Schutz vor politischer Verfolgung benötigen (BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997 - 9 B 280/97 -, juris; VGH Bad.-Württ, Beschluss v. 26.03.1997 - A 14 S 2854/96 -, AuAS 1997, S. 162 f.; VG Sigmaringen, Urteil v. 02.12.2003 - A 4 K 11498/01 -, juris; a.A. VG Stuttgart, Urteil v. 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -, InfAuslR 2003, 261).
24 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG ist auf § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht anwendbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -, vensa). Darüber hinaus hätte sie auch frühestens nach Ablauf der vom Bundesamt gesetzten Anhörungsfrist bzw. Eingang der Stellungnahme des Klägers (§ 73 Abs. 4 AsylVfG) zu laufen begonnen (BVerwG, Urteil v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, das offen lässt, ob § 48 Abs. 4 VwVfG auf § 73 AsylVfG anwendbar ist). 
25 
Die Entscheidung der Beklagten über den Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG war nicht nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG nach Ermessen zu treffen. Die ab 01.01.2005 geltende Vorschrift des § 73 Abs. 2a S. 1-3 AsylVfG ist nämlich aus Gründen des materiellen Rechts nicht auf Widerrufsentscheidungen anzuwenden, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben oder richtigerweise zugestellt (§ 73 Abs. 5 AsylVfG) und damit wirksam wurden (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Daher lassen sich aus § 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG, wonach das Gericht für die Entscheidung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen hat, für den vorliegenden Fall keine gegenteiligen Schlussfolgerungen ableiten.
26 
Für die ab 01.01.2005 geltende Änderung des § 73 AsylVfG existiert keine ausdrücklich geregelte Übergangsvorschrift. Die Vorschriften in §§ 87 ff. AsylVfG gelten unmittelbar nur für frühere Rechtsänderungen. Fehlt eine Übergangsvorschrift, ist zunächst die konkrete Rechtsnorm und ihre Auslegung maßgeblich für die Beantwortung der Frage, auf welche Rechtsverhältnisse die Norm angewandt werden soll. Bei Zweifelsfällen geben die Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts Anhaltspunkte (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (595)). Hier folgt die Nichtanwendbarkeit des § 73 Abs. 2a AsylVfG auf vor dem 01.01.2005 bekannt gegebene Widerrufsentscheidungen aus einer Kombination aus Auslegung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und Anwendung der allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, die auch in § 96 VwVfG ihren Niederschlag gefunden haben. Eine vergleichende Anwendung der §§ 87 ff. AsylVfG führt hier nicht weiter, weil sich aus ihnen keine allgemein gültigen Aussagen ableiten lassen.
27 
Nach dem Wortlaut des § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG ist über den Widerruf oder die Rücknahme einer Asylanerkennung nach Ermessen zu entscheiden, wenn nach der von S. 1 vorgeschriebenen Prüfung kein Widerruf bzw. keine Rücknahme erfolgt ist. Damit ist die Erforderlichkeit der Ermessensentscheidung an die vorherige Durchführung eines Prüfverfahrens gekoppelt, das nach § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Sinn der Einführung einer konkreten Frist für die Überprüfung der Asylanerkennungen ist nach dem Willen des Gesetzgebers, dass die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme, die in der Praxis bislang leer gelaufen sind, an Bedeutung gewinnen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 112). Damit wird wie bei dem im Jahr 1992 in Absatz 1 hinzugefügten Erfordernis eines „unverzüglichen“ Widerrufs dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition gedient. Aus § 73 Abs. 2a AsylVfG und seinem systematischen Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 AufenthG ergibt sich weiter, dass die am 01.01.2005 eingeführte Prüfungspflicht darüber hinaus auch den Interessen des Ausländers zu dienen bestimmt ist. Denn das Bundesamt hat nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG das Ergebnis der Prüfung der Ausländerbehörde mitzuteilen, damit diese über den Aufenthaltstitel des Ausländers befinden kann. Kommt die Prüfung zum Ergebnis, dass kein Widerruf bzw. keine Rücknahme stattfindet, hat der Ausländer, der seit drei Jahren aufgrund seiner Asylanerkennung oder des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufentG eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis und damit auf eine Verfestigung seines Aufenthaltsrechts. Daraus wird deutlich, dass jedenfalls nach der Durchführung einer Prüfung nach Satz 1 des § 73 Abs. 2a AsylVfG und möglicherweise auch nach Ablauf der Dreijahresfrist ohne Durchführung einer Prüfung das Vertrauen des Ausländers darauf, dass er nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bzw. ein verfestigtes Aufenthaltsrecht besitzt (dazu: Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 80), im Rahmen der Ermessenentscheidung nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG zu berücksichtigen ist.
28 
Dieser Ermessensentscheidung bedarf es jedoch nicht in Fällen, in denen kein Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist, weil  - wie hier - vom Bundesamt gar kein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter wurde hier widerrufen, bevor einer Prüfung des Widerrufs oder einem dreijährigen Nichtprüfen durch das Bundesamt aufgrund der Neuregelung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und des § 26 Abs. 3 AufenthG überhaupt ein Bedeutungsgehalt dergestalt zu kommen konnte, dass nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bestehe. Denn bis zum 01.01.2005 war das Bundesamt nicht innerhalb einer bestimmten Frist zur Prüfung, ob ein Widerruf oder eine Rücknahme in Betracht kommt, verpflichtet und musste auch keine Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG an die Ausländerbehörde vornehmen.
29 
Dass § 73 Abs. 2a S. 1 und 2 AsylVfG auf die bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufs- bzw. Rücknahmeentscheidungen nicht anwendbar sind, ergibt sich aus den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, wonach neues Verfahrensrecht nicht auf abgeschlossene Verfahren angewandt werden kann (vgl. Kopp, SGb 1993, S. 593 ff.; BVerwG, Urteil v. 26.03.1985 - 9 C 47/84 -, juris; Urteil v. 18.02.1992 - 9 C 59/91 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 28.05.1991 - A 16 S 2357/90 -, juris). Ob ein Verwaltungsverfahren mit Bekanntgabe, das heißt Wirksamwerden, des Verwaltungsaktes oder jedenfalls mit Abschluss eines eventuell durchzuführenden Widerspruchsverfahrens abgeschlossen ist - wofür die Zielhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens nach § 9 VwVfG sowie der Umstand spricht, dass die Übergangsvorschriften der §§ 87 und 87a AsylVfG im Hinblick auf die Regelung der Anwendung neuer Vorschriften zwischen Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren unterscheiden - (so im Ergebnis auch: BVerwG, Urteil v. 12.08.1977 - IV C 20.76 -, BVerwGE 54, S. 257  (259); Urteil v. 27.09.1989 - 8 C 88.88 -, BVerwGE 82, 336 ff.; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 1; P. Stelkens/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 96, Rn. 2) oder erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit (so Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 4), kann vorliegend dahinstehen. Denn es können jedenfalls nicht nachträglich fristgebundene Verfahrenshandlungen verlangt werden, mit denen die Beteiligten nach dem bisherigen Recht nicht rechnen mussten und denen sie auch keine Rechnung mehr tragen können, weil die maßgeblichen Tatsachen bzw. Handlungen bereits in der Vergangenheit lagen oder in der Vergangenheit hätten gesetzt werden müssen, als die nunmehr damit verbundenen Folgerungen noch nicht daran geknüpft waren (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (601)). Dies ist hier der Fall. Das Bundesamt hat bei bereits bekannt gegebenen Widerrufs- oder Rücknahmeentscheidungen keine Möglichkeit mehr, die Prüfungsfrist des § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG einzuhalten und die Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG im Anschluss an eine fristgerecht durchgeführte Prüfung zu machen.
30 
Das hilfsweise geltend gemachte Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG liegt nicht vor. Beruft sich der Ausländer - wie der Kläger - nur auf Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, muss wegen der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG eine Gefahrenlage gegeben sein, die landesweit so beschaffen ist, dass der von einer Abschiebung Betroffene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert oder der extremen Gefahr ausgesetzt wäre, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben oder Opfer einer Gewalttat zu werden (vgl. BVerwG, Urteil v. 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, DVBl. 2001, 1531). Diese zu § 53 Abs. 6 AuslG ergangene Rechtsprechung gilt auch für § 60 Abs. 7 AufenthG, weil es sich insoweit nur um eine redaktionelle Änderung handelt (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Eine derart extreme Gefahrenlage besteht - wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt - für den Kläger im Kosovo im Hinblick auf die allgemeine soziale und wirtschaftliche Situation und die Sicherheitslage nicht (vgl.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
32 
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 71 Abs. 1 GKG. Der Gegenstandswert folgt aus § 83b Abs. 2 S.1 AsylVfG i.V.m. § 60 RVG.

Sonstige Literatur

 
33 
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
34 
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Postfach 11 14 51, 76064 Karlsruhe, oder Nördliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe, zu stellen.
35 
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
36 
Lässt der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt.
37 
Bei der Beantragung der Zulassung der Berufung muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen.
38 
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten und der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. März 2002 - A 12 K 10694/01 - teilweise geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten im ersten Rechtszug, die dieser selbst trägt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist nach seinen Angaben am 11.2.1982 in Makhmour/Zentralirak geboren und irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Bei seiner Asylantragstellung am 1.3.2001 gab er an, nicht im Besitz von Personalpapieren zu sein.
Am 14.3.2001 wurde der Kläger beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge persönlich angehört. Er gab an, auf dem Landweg über die Türkei in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Der Schlepper habe ihm seinen Personalausweis in Istanbul abgenommen. Für die gesamte Ausreise habe er 3.500,-- Dollar bezahlt. Er habe den Irak verlassen müssen, weil ihm Verhaftung gedroht habe.  Er habe zusammen mit einem Freund  ein Geschäft betrieben, in dem Fenster, Türen und Wagen hergestellt worden seien. Sein Freund habe ohne sein Wissen über einen Offizier Eisenteile aus Armeebeständen und aus der Stromwirtschaft bezogen. Nachdem dies entdeckt worden sei, seien beide festgenommen worden und spurlos verschwunden. Auch gegen ihn sei ein Haftbefehl erlassen worden. Nachdem sein Vater am 15. oder 16.1.2001 festgenommen worden sei, hätten seine Verwandten Geld gesammelt und seine Ausreise ermöglicht. Sein Vater sei noch im Gefängnis des Geheimdienstes von Makhmour.
Mit Bescheid vom 10.5.2001 wurde der Asylantrag des Klägers abgelehnt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zugleich wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung in den Irak angedroht.
Der Kläger hat am 28.5.2001 Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 10.5.2001 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG - hilfsweise: Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG - vorliegen. Den angekündigten Antrag auf Verpflichtung der Beklagten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, hat er in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich nicht geäußert.
Mit Urteil vom 19.3.2002 - A 12 K 10694/01 - hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klage hinsichtlich des Begehrens auf Asylanerkennung zurückgenommen worden war. Weiter hat es die Nrn. 2 und 4 des Bescheids des Bundesamts vom 10.5.2001 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Iraks festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Kläger vorverfolgt ausgereist sei. Denn ihm drohe auf Grund von Nachfluchtgründen, nämlich seiner illegalen Ausreise aus dem Irak und der Asylantragstellung im Bundesgebiet, im Falle der Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung. Auf die Schutzzone im Nordirak könne er nicht verwiesen werden, denn er stamme nicht von dort und habe dort auch keine Familienangehörigen, weshalb das wirtschaftliche Existenzminimum für ihn nicht gewährleistet sein würde. Auf die Möglichkeit der Aufnahme in ein vom UNHCR betriebenes Lager im Nordirak könne er nicht verwiesen werden, weil seine Existenz dort nicht gesichert sein würde.
Auf Antrag der Beklagten und des Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 10.6.2002 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, soweit es die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und die angefochtene Abschiebungsandrohung betrifft.
Die Beklagte und der Beteiligte beantragen,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.3.2002 - A 12 K 10694/01 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung angehört worden. Wegen seiner Angaben wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
 
14 
Dem Senat liegen die angefallenen Akten des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und die des Verwaltungsgerichts vor. Auf sie und auf die den Beteiligten überlassene Liste von Erkenntnismitteln und die in der mündlichen Verhandlung erfolgten ergänzenden Hinweise (s. Sitzungsniederschrift vom 16.9.2004) wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten und des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, über die der Senat in deren Abwesenheit entscheidet (vgl. § 125 Abs. 1, § 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig (vgl. auch § 87b AsylVfG i. d. F. des Art. 3 Nr. 48 des Zuwanderungsgesetzes) und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen; denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (dazu 1.), oder hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG (dazu 2.) vorliegen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16 
(1) Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Der Begriff des Verfolgten im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG ist , was die Verfolgungsmaßnahmen, die geschützten Rechtsgüter und den politischen Charakter der Verfolgung angeht, mit dem entsprechenden Begriff in Art. 16a Abs. 1 GG identisch (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.2.1992, Buchholz 402.25 § 7 AsylVfG Nr. 1 und vom 18.4.1994, NVwZ 1994, 497; vgl. ferner etwa Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 51 AuslG RdNr. 9). Politische Verfolgung im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist grundsätzlich staatliche Verfolgung durch Zufügung gezielter Rechtsverletzungen, die den Betroffenen ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345; BVerwG, Urteil vom 22.3.1994, NVwZ 1994, 1112). Der Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG greift weitergehend aber auch dann ein, wenn etwa politische Verfolgung wegen eines unbeachtlichen Nachfluchtgrunds droht oder ein Asylanspruch an einer früher erlangten anderweitigen Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG oder der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nach § 26a AsylVfG scheitert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.3.1992, Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 10).
17 
Bei unverfolgt aus dem Heimatstaat ausgereisten Schutzsuchenden gilt der allgemeine Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im Abschiebungsverfahren nach § 51 Abs. 1 AuslG ebenso wie im Anerkennungsverfahren nach Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.11.1992, InfAuslR 1993, 150). Dieser Prognosemaßstab enthält neben dem Element der Eintrittswahrscheinlichkeit auch das Element der zeitlichen Nähe des befürchteten Eingriffs (BVerwG, Urteil vom 14.12.1993, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 166). Von einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden oder - was gleichbedeutend ist - unmittelbaren Verfolgung ist dann auszugehen, wenn die für die Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169 ff.). Dabei ist eine rein quantitative oder statistische Betrachtung nicht angezeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.7.1991, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 146). Maßgebend ist letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat; dieser bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Die Möglichkeit einer Verfolgung im Heimatland muss derart greifbar sein, dass ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr nicht auf sich nimmt, wobei auch die Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem  Umfang zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, a.a.O.).
18 
Wer demgegenüber bereits vor der Flucht vom Verfolgungsmaßnahmen betroffen oder unmittelbar damit bedroht war, ist nur dann nicht als politisch verfolgt anzusehen, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen im Fall einer Rückkehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345;  BVerwG, Urteil vom 25.9.1984, BVerwGE 70, 169, 171).
19 
Der Kläger unterlag nach Überzeugung des Senats in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise nicht politischer Verfolgung.
20 
Geht man von seinen Angaben aus, so geht der Entschluss des Klägers, sein Heimatland zu verlassen, auf die Befürchtung zurück, wegen von seinem ehemaligen Geschäftspartner zum Nachteil des irakischen Staates begangener Eigentumsdelikte ebenfalls bestraft zu werden. Der befürchteten Sanktion wäre schon kein Verfolgungscharakter zugekommen, der die Annahme einer sog. Vorverfolgung tragen könnte, denn sie hätte sich ausschließlich als staatliche Verfolgung kriminellen Unrechts  dargestellt. Der Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Tat wäre nicht durch einen Angriff auf ein politisches Rechtsgut geprägt gewesen.
21 
Dem nach allem unverfolgt ausgereisten Kläger steht auch ein nach § 51 Abs. 1 AuslG zu berücksichtigender Nachfluchtgrund nicht zu. Denn für den Fall einer Rückkehr in den Irak drohen ihm asylrechtlich erhebliche Maßnahmen mit der zu fordernden beachtlichen Wahrscheinlichkeit nicht. Derzeit und für die nächste Zukunft ist eine politische Verfolgung des Klägers bei einer Rückkehr in den Irak ausgeschlossen.
22 
Zwar kann mittlerweile nicht mehr davon die Rede sein, es fehle an einer irakischen Staatsmacht, die politische Verfolgung zurechenbar veranlassen könnte (so noch der Senat im Beschluss vom 26.4.2004 - A 2 S 172/02 -). Im jetzigen Zeitpunkt (vgl. dazu auch § 77 AsylVfG) und damit für das anhängige Asylverfahren ist von dem Vorhandensein einer staatlichen Macht im Irak auszugehen.
23 
Staatlichkeit (und „Quasi-Staatlichkeit“) im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist im Zusammenhang mit dem Begriff des „politisch“ Verfolgten zu betrachten und daher in Beziehung zu setzen zu der Frage, ob eine Maßnahme den Charakter einer politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG aufweist, vor der dem davon Betroffenen Schutz gewährt werden soll. Politische Verfolgung geht demnach von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht aus, der der Verletzte unterworfen ist; politische Verfolgung ist demnach grundsätzlich staatliche Verfolgung (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 333 ff.). Maßgeblich für die Bewertung einer Maßnahme als politische Verfolgung ist, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendes Herrschaftsgefüge eingebunden ist, welches den ihm Unterworfenen in der Regel Schutz gewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutz ausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkreten Gemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nur durch Flucht entziehen kann. Mit Blick auf eine Bürgerkriegssituation hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sich die Frage, ob nach dem Fortfall der bisherigen Staatsgewalt von einer Kriegspartei politische Verfolgung ausgehen kann, maßgeblich danach beurteilt, ob diese zumindest in einem „Kernterritorium“ ein solches Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität - im Sinne einer „übergreifenden Friedensordnung“ (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 334 ff.) -tatsächlich errichtet hat (so BVerfG, Beschluss vom 10.8.2000 - 2 BvR 260/98, 1353/98 -). Dieser rechtliche Ansatz, mit dem einem mehr staatsrechtlichen Verständnis (so BVerwG, Urteil vom 4.11.1997, BVerwGE 105, 306) entgegengetreten wird, ist auch in Übergangssituationen maßgeblich, in denen sich - wie hier - nach Auflösung der bisherigen Staatsmacht eine neue Herrschaftsordnung bildet. Auch Letztere ist danach zu beurteilen, ob sie eine im genannten Sinne „übergreifende Friedensordnung“ geschaffen hat. Dies ist im Falle des Iraks zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) anzunehmen.
24 
Die staatliche Macht, wie sie sich derzeit darstellt, ist nach Beendigung des Saddam-Regimes und einem zwischenzeitlichen „Machtvakuum“ neu entstanden. Das ehemalige Regime hat seine politische und militärische Herrschaft durch die am 20.03.2003 unter der Führung der USA begonnenen Militäraktionen endgültig verloren (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 06.11.2003 und vom 7.5.2004; Senat, Beschl. vom 27.01.2004 - A 2 S 1079/02 -; HessVGH, Beschl. vom 21.11.2003 - 10 UZ 984/03.A -; OVG Sachsen, Beschl. vom 28.08.2003 - A 4 B 573/02 -). Die Militäraktionen führten zur Auflösung der staatstragenden Organisationen und Institutionen dieses Regimes wie beispielsweise der Baath-Partei, der Armee und der Geheimdienste. Saddam Hussein selbst wurde festgesetzt, die meisten der an der Regierungsausübung beteiligten Angehörigen und eine Vielzahl an Funktionsträgern sind entmachtet. Nach Abschluss der Militäraktionen wurde eine „provisorische Behörde“ (Coalition Provisional Authority - CPA) gebildet, die sich auf Kräfte der amerikanischen und britischen Armee sowie auf Militär- und Polizeikontingente weiterer 36 Staaten stützte (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2003). Diese Behörde begann mit dem Neuaufbau einer Verwaltung, um die öffentliche Sicherheit und die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten (Auswärtiges Amt, a.a.O.).
25 
Als erster Schritt zum Aufbau einer Übergangsregierung wurde ein Regierungsrat (Transitory Governing Council) berufen, der sich aus Vertretern aller Bevölkerungsschichten, Ethnien und Glaubensrichtungen zusammensetzte und von einer unter den Ratsmitgliedern rotierenden Präsidentschaft geführt wurde. Der Übergangsrat hatte unter anderem die Aufgabe, eine neue Verfassung auszuarbeiten sowie allgemeine freie Wahlen vorzubereiten (dazu Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Berichte vom 7.8. und 6.12.2003.). Anfang September 2003 kam es zur Bildung eines 25-köpfigen Interimskabinetts, das dem politischen und religiösen Anteil des Übergangsrats entsprach. Dieser vereinbarte mit der CPA am 15.11.2003 die „Beschleunigung des politischen Prozesses“, wobei u.a. die Verpflichtung der Vereinigten Staaten zur Beendigung der Besatzung zum 1.7.2004 vorgesehen wurde.
26 
Mittlerweile ist am 1.7.2004 die irakische Übergangsregierung eingesetzt und eine Nationalversammlung einberufen, die ein künftiges Parlament bestimmen und Wahlen für Januar 2005 vorbereiten soll (FAZ vom 16.8.2004). Die Regierung Allawi hat die Geschäfte einer Übergangsregierung übernommen und leitet die Verwaltung des Landes - wenn auch dies alles im Rahmen einer noch nicht abgeschlossenen Anlaufphase erfolgt. Namentlich die staatliche Ordnungsmacht muss sich noch auf die Koalitionstruppen stützen, um den um die Teilhabe an der Macht kämpfenden Gruppierungen im Land zu begegnen. Der Übergangsrat hat sich Anfang Juni 2004 aufgelöst, nachdem er sich am 01.03.2004 auf eine Übergangsverfassung geeinigt hatte, die am 8.3.2004 unterzeichnet worden ist. In ihr bekennt sich der irakische Staat zu demokratischen Grundwerten, darunter Meinungs- und Religionsfreiheit (BNN vom 09.03.2004), und regelt u.a. die Staatsbürgerschaft, das Recht auf Wiedereinbürgerung (Art. 11) und Abschiebungsschutz für Flüchtlinge (Art. 19).
27 
Die staatliche Souveränität ist - auch nach außen - gestärkt durch den einstimmigen Beschluss des UN-Sicherheitsrats vom 8.6.2004, der die Machtübergabe an eine souveräne Übergangsregierung im Irak zum 30.6.2004 hervorhebt und die Erklärung enthält, dass die neue Regierung des Iraks jederzeit die internationalen Truppen zum Abzug aufzufordern darf. Zwar ist ein Veto-Recht gegen US-geführte Militäreinsätze nicht vorgesehen, das Mandat hierfür läuft jedoch entsprechend der Resolution auf jeden Fall Ende Januar 2006 aus (NZZ vom 9.6.2004 und BNN vom 10.6.2004). Am 28.6.2004 hat die amerikanisch geführte Zivilverwaltung ihre Befugnisse an die irakische Übergangsregierung Allawi abgetreten. Diese nimmt die staatlichen Befugnisse nach Auflösung des Übergangsrats Anfang Juni 2004 auch wahr. So wurde u.a. (Die Welt vom 9.8.2004) am 7.8.2004 ein Amnestiegesetz unterzeichnet, das Straffreiheit für geringfügige Delikte regelt; ausgenommen sind Tötungsdelikte. Auch wurde (so Die Welt a.a.O.) die Todesstrafe wieder eingeführt für Morddelikte und Delikte gegen die Sicherheit des Landes. Ein bereits am 7.7.2004 unterzeichnetes Notstandsgesetz gibt der Regierung umfangreiche Vollmachten und namentlich die Möglichkeit, das Kriegsrecht zu verhängen (BZ vom 8.7.2004). Der Aufbau einer Ordnungsmacht ist in vollem Gang und Polizeikräfte des Iraks nehmen umfangreiche Ordnungs- und Sicherheitsmaßnahmen wahr, wie die Auseinandersetzung um die Stadt Nadjaf im August 2004 belegt. Die irakische Armee verfügt derzeit über sieben ausgebildete und einsatzbereite Bataillone (FAZ vom 16.8.2004). Nachdem auch formal als Folge der o.a. UN-Resolution eine Besetzung des Iraks seit dem 1.7.2004 nicht mehr gegeben ist, ist bei einer Gesamtwürdigung der aufgezeigten derzeitigen Verhältnisse im Irak insgesamt die Herausbildung einer irakischen Staatsgewalt als Grundvoraussetzung für eine ihr zurechenbare politische Verfolgung gegeben.
28 
Diese Entwicklung darf der Senat auf der Grundlage der o.a. Erkenntnisse, auch soweit sie allgemeinkundige Tatsachen betreffen, hier verwerten. Denn es geht bei Letzteren um Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen in der Regel ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich doch jederzeit durch Benutzen allgemein zugänglicher Quellen unschwer überzeugen können (zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urteil vom 13.7.1982, NVwZ 1983, 99; Urteil vom 20.10.1992, BVerwGE 91, 104, 108 = NVwZ 1993, 275; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 7.11.1990 - 2 BvR 1566/87 -, InfAuslR 1991, 100, 102). Zwar ist eine Tatsache nicht schon dann allgemeinkundig, wenn sie in allgemein zugänglichen Medien - namentlich der Presse - veröffentlicht wird (dazu BVerfG, Beschl. vom 4.12.1991 - 2 BvR 675/91 -, NVwZ 1992, 561, 562). Indes ist hier zu berücksichtigen, dass sich der Zugang zu diesen Quellen angesichts des konkreten Bezugs der Beteiligten zur anstehenden Problematik nahezu aufdrängt. In Ergänzung dessen ist den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zudem auch eine Presseübersicht aus neuerer Zeit ausgehändigt worden.
29 
Dass sich mit Blick auf die aufgezeigte Entwicklung eine Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung des Klägers durch die irakische Staatsgewalt ergeben könnte, ist nicht erkennbar. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass er den Irak als Vorverfolgter verlassen hat, wäre ihm Abschiebungsschutz grundsätzlich nur dann zu versagen, wenn eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wäre (sog. herabgestufter Prognosemaßstab, vgl. BVerwG, Urt. vom 5.7.1994, NVwZ 1994, 500). Eine solche Wiederholung steht aber nicht in Rede. Sie und der damit anzuwendende Prognosemaßstab setzen eine Verknüpfung zwischen erlittener und künftig drohender Verfolgung für die Frage der Schutzgewährung voraus (vgl. OVG NW, Urt. vom 14.8.2003          - 20 A 430/02. A -). Eine situationsbedingte Vorverfolgung führt nur bei der Gefahr der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung zur Anwendung des herabgestuften Maßstabs. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist nur dann anzuwenden, wenn bei einer am Gedanken der Zumutbarkeit der Rückkehr ausgerichteten wertenden Betrachtung ein innerer Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und der mit dem Asylbegehren geltend gemachten Gefahr erneuter Verfolgung dergestalt besteht, dass bei Rückkehr des Asylsuchenden mit einem Wiederaufleben der bereits einmal erlittenen Verfolgung zu rechnen ist oder nach den gesamten Umständen das Risiko der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung besteht. Ist die (vermutete) politische Überzeugung oder Gesinnung des Asylsuchenden Anknüpfungspunkt der Verfolgung, ist zu prüfen, ob eine darauf beruhende Vorverfolgung auch unter veränderten politischen Verhältnissen - wie etwa bei einem Regimewechsel - ein Wiederholungsrisiko indiziert (BVerwG, Urt. vom 18.2.1997, BVerwGE 104, 97).
30 
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Vor einer Verfolgungswiederholung aus Gründen, die den Anlass zu der behaupteten Vorverfolgung gegeben haben sollen, ist der Kläger hinreichend sicher. Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Irak in Anknüpfung an die ihm zur Last gelegten Vorgänge - ihren „politischen“ Charakter als gegen das Regime Saddam Husseins gerichtetes oder von diesem so gewertetes Verhalten unterstellt - von der neu gebildeten Staatsgewalt Übergriffe zu besorgen hätte. Vielmehr ist es mehr als überwiegend wahrscheinlich, dass dem Kläger in Anknüpfung an das bisher Vorgetragene durch die jetzige Staatsgewalt keine asylrelevanten Nachteile drohen, eine Wiederholungsgefahr mithin mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 11.2.2004 - 1 C 23.02 -; Urteil vom 24.2.2004 -1 C 24.02 -). Gleiches gilt für die Bewertung des ungenehmigten Auslandsaufenthaltes und der Asylantragstellung. Es ist nicht zu erkennen, dass der irakische Staat in seiner jetzigen Herrschaftsform diese Umstände zum Anlass für asyl- bzw. abschiebungsrelevante Verfolgungsmaßnahmen nehmen wird (vgl. dazu auch Nds.OVG, Beschl. vom 30.3.2004, AuAS 2004, 13, 14). Etwa drohende strafrechtliche Ermittlungen oder die Ahndung kriminellen Unrechts in Anknüpfung an Vorgänge vor der Ausreise wären in diesem Zusammenhang - wie oben dargelegt - ohnehin bedeutungslos.
31 
(2) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG.
32 
Ein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis Abs. 4 AuslG erfordert eine von einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation ausgehende konkret-individuell drohende Gefahr. Daran fehlt es, da - wie oben dargelegt -Anhaltspunkte für vom irakischen Staat ausgehende Gefahren im Sinne der genannten Bestimmungen (vgl. BVerwG, Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und vom 15.4.1997, BVerwGE 104, 265) nicht gegeben sind.
33 
Dem Kläger drohen bei einer unterstellten Rückkehr auch keine landesweiten Gefahren, die ein Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründen. Danach kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Für die Annahme einer solchen Gefahr genügt nicht die lediglich denkbare Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die genannten Rechtsgüter zu werden. Gefordert ist vielmehr die beachtliche Wahrscheinlichkeit eines derartigen Eingriffs. Die Annahme einer „konkreten“ Gefahr setzt - wie durch Satz 2 der Bestimmung deutlich wird - eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation voraus, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zugerechnet werden muss (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324; Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 115, 1, 7 ff. und neuerdings Urt. vom 16.6.2004 - 1 C 27.03 -). Einen solchermaßen bestimmten Sachverhalt, der ein Abschiebungshindernis nach diesen Voraussetzungen erfüllen könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
34 
Auch bei der allgemeinen unsicheren Lage, den terroristischen Anschlägen und den wirtschaftlich schlechten Lebensumständen, handelt es sich um Gefahren allgemeiner Art, die nicht zum Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG führen, weil ihnen die gesamte Bevölkerung des betroffenen Landes - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - ausgesetzt ist. Individuelle Gefährdungen des Ausländers, die sich aus allgemeinen Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ergeben, können auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt werden, aber nur typische Auswirkungen der allgemeinen Gefahrenlage sind (BVerwG, Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77).
35 
Handelt es sich um allgemeine Gefahren, denen aber die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, können sie im Grundsatz nur entsprechend der Regelung in § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe (als abgrenzbarer Teil der Bevölkerung) gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) und eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der möglicherweise Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung der obersten Landesbehörden, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, entschieden wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324, 327; Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77, 80). Diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung ist für das genannte Bundesamt und die Verwaltungsgerichte wegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 20 Abs. 3 GG regelmäßig bindend (vgl. BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379).
36 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG besteht nicht.
37 
Ausnahmsweise dürfen das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 54 AuslG nicht besteht, Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 53 Abs. 6 AuslG zusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer außergewöhnlichen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer in Folge einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 GG als Ausdruck eines menschenrechtlichen Mindeststandards, jedem betroffenen Ausländer trotz Fehlens einer Ermessensentscheidung nach §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren. Gleiches folgt mit Rücksicht auf das gesetzliche Schutzkonzept auch dann, wenn der Abschiebung zwar anderweitige - nicht unter § 53 Abs. 1, 2, 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG oder § 54 AuslG - fallende Hindernisse entgegenstehen, diese aber keinen gleichwertigen Schutz bieten.
38 
Gleichwertig ist ein anderweitiger Schutz nur, wenn er dem entspricht, den der Ausländer bei Vorliegen eines Erlasses nach § 54 AuslG hätte oder den er bei Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Anderweitiger vergleichbarer Schutz vor Abschiebung besteht ferner dann, wenn der Ausländer im entscheidungserheblichen Zeitpunkt bereits im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung als eines weiterreichenden Titels zum legalen Aufenthalt oder zumindest einer Duldung ist, die aus asylverfahrensunabhängigen Gründen erteilt worden ist und deren Schutzwirkung nicht hinter der einer gesetzlichen Duldung nach § 41 AsylVfG zurückbleibt. Dies dient auch der Verfahrens- und Prozessökonomie, das Bundesamt und die Gerichte von der -u.U. aufwändigen - Prüfung einer extremen Gefahrenlage zu entlasten, wenn der Aufenthalt des Ausländers wegen eines anderweitigen Bleiberechts oder Abschiebungshindernisses ohnehin nicht in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem negativen Abschluss des Asylverfahrens beendet werden kann.
39 
Ein Durchbrechen der Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit demnach nicht zulässig, wenn ebenso wie bei einem Erlass nach § 54 AuslG eine entsprechende sonstige Erlasslage besteht. Für diese ist ebenso wie bei § 54 AuslG nur maßgebend, ob sie besteht und anwendbar ist. Ein Durchbrechen der o.g. Sperrwirkung ist ferner nicht zulässig, wenn der Betroffene einen Abschiebungsschutz besitzt, den er bei unmittelbarer Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Wird ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG festgestellt, ist die Abschiebung in den betreffenden Staat - ohne Aufhebung der Androhung und der Ausreisepflicht -in widerruflicher Weise für die Dauer von zunächst drei Monaten ausgesetzt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AsylVfG); nach Ablauf von drei Monaten entscheidet die Ausländerbehörde - unter Beachtung der Bindungswirkung der Entscheidung zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach § 42 AsylVfG - über die Erteilung einer Duldung (§ 41 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG) (zum Ganzen vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379 f. = NVwZ 2001, 1420 f., m.w.N. zur Rspr. des Gerichts).
40 
Ein danach gleichwertiger Abschiebungsschutz besteht im Falle des Klägers auf der Grundlage der baden-württembergischen Erlasslage. Nach dem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 21.11.2003 (abgedruckt u.a. in Asylmagazin 2003, 15) hat eine freiwillige Rückkehr in den Irak Vorrang vor der zwangsweisen Rückführung dorthin, von der erst nach Schaffung eines abgestimmten Konzepts des Bundes mit den Ländern Gebrauch gemacht werden soll. Dem Rechnung tragend hat das Innenministerium Baden-Württemberg durch Erlass vom 27.11.2003 (4-13-IRK/12) entschieden, dass irakischen Staatsangehörigen Duldungen erteilt werden bzw. ausgesprochene Duldungen verlängert werden.
41 
Einen entsprechenden Beschluss hat die Konferenz der Innenminister und -senatoren in ihrer Sitzung vom 7. und 8. Juli 2004 gefasst, für dessen Umsetzung das Innenministerium Baden-Württemberg mit Erlass vom 29.7.2004 (4-13-IRK/12) eine weitere Regelung getroffen hat. Danach ist eine freiwillige Rückkehr in den Irak grundsätzlich möglich und zumutbar und es kommt daher die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und Abs. 4 AuslG in der Regel nicht mehr in Betracht. Jedoch können Duldungen weiterhin für jeweils drei Monate verlängert werden. Sobald Rückkehrmöglichkeiten gegeben seien, wird das Innenministerium darüber informieren.
42 
Da sich die Frage nach der Gleichwertigkeit auf den Abschiebungsschutz bezieht (und beschränkt), ist es rechtlich unerheblich, dass die Erlasslage auch von der Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr der Betroffenen in den Irak ausgeht und deshalb die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis für Betroffene ausschließt. Folgt aus dem Nachrang der verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG deren Nichtanwendung dann, wenn der Ausländer bereits eine den vergleichbar wirksamen Abschiebungsschutz vermittelnde Duldung besitzt oder diese ihm auf Grund der ausländerrechtlichen Erlasslage gewährt wird oder gewährt werden muss, so kommt es nicht darauf an, ob der Schutz auf rechtlichen - insbesondere inlandsbezogenen - Abschiebungshindernissen, die auch die Zumutbarkeit der freiwilligen Rückkehr ausschließen, oder lediglich auf faktischen Abschiebungshindernissen beruht. Denn auch der auf § 54 AuslG beruhende Abschiebungsschutz umfasst keine Feststellung zur Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr, da er nach politischem Ermessen gewährt wird. Abschiebungsschutz in diesem Sinn kann auch dann gewährt werden, wenn dieser weder einfachgesetzlich noch verfassungsrechtlich zwingend geboten ist.
43 
Der nach allem entscheidungserhebliche gleichwertige Abschiebungsschutz ist entsprechend der o.a. Erlassregelung gewährleistet, nach der irakischen Staatsangehörigen mit Blick auf die derzeitigen Verhältnisse in ihrem Heimatland eine dreimonatige Duldung zu erteilen ist. Der hiervon gleichfalls erfasste Kläger steht im rechtlichen Ergebnis deshalb nicht schlechter als er im Falle der Gewährung von Abschiebungsschutz durch einen Erlass nach § 54 AuslG stünde. Dann hätte ein auf § 53 Abs. 6 AuslG in verfassungskonformer Anwendung gestütztes Feststellungsbegehren zwar keinen Erfolg, indes wäre eine Rechtsschutzlücke nicht gegeben. Sollte der durch die in Rede stehende Erlasslage vermittelte Abschiebungsschutz entfallen, kann der Betroffene unter Berufung auf eine extreme Gefahrenlage jederzeit ein Wiederaufgreifen des Verfahrens fordern. Bis zu einer Entscheidung des Bundesamts darf die Abschiebung nur vollzogen werden, wenn der Betroffene zuvor Gelegenheit zur Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes hatte (dazu BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.). Ist davon auszugehen, dass ein gleichwertiger Abschiebungsschutz hier gegeben ist, kann offen bleiben, ob dieser auch dem aus § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG folgenden (gleichwertig) entspricht. Jedenfalls scheidet eine Feststellung eines Abschiebungshindernisses in verfassungskonformer Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG aus.
44 
Sie kommt unabhängig davon auch deshalb nicht in Betracht, weil eine außergewöhnliche („extreme“) Gefahrenlage für den Fall der Rückkehr des Klägers in den Irak nicht festgestellt werden kann.
45 
Ob von einer solchen Lage auszugehen ist, ist nach den Verhältnissen des Landes zu beurteilen, in das abgeschoben werden soll (BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O.). Diese Verhältnisse sind landesweit in Blick zu nehmen. Auch wenn man erhebliche Gefährdungsmomente für einen zurückkehrenden Iraker annehmen würde, wäre diese Gefahrenlage indes nicht im gesamten Land anzunehmen. Dass allein der Schluss erlaubt sei, im Falle der Abschiebung irakischer Staatsangehöriger würden diese gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen oder mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungerstod ausgeliefert (s. dazu das bereits oben genannte Urteil des BVerwG vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.), lässt sich nicht feststellen.
46 
Nicht zu verkennen ist allerdings, dass die Sicherheitslage im Irak äußerst angespannt ist und Gewaltakte, wie der täglichen Berichterstattung durch die Medien zu entnehmen ist, an der Tagesordnung sind (Auswärtiges Amt , Ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 7.5.2004; Süddeutsche Zeitung vom 30.6.2004). Auch die Kriminalität - vor allem in den Städten - hat zugenommen, wenn auch Polizei- und Ordnungskräfte begrenzte Erfolge im Kampf gegen die allgemeine Kriminalität aufweisen können (AA vom 7.5.2004). Ferner zeigt der innerirakische politische Machtkampf, dass eine erhebliche Gewaltbereitschaft besteht, wenn es um die zukünftige Teilhabe an der Regierungsmacht geht. Der mäßigende Einfluss des schiitischen Führers Sistani, dem es gelang, die Auseinandersetzungen in Nadjaf zu beenden, ist bislang selbst bei den Schiiten des Landes nicht uneingeschränkt wirksam. Zunehmend ist auch die Zahl der gewalttätigen terroristischen Auseinandersetzungen, die irakischen, aber auch ausländischen Gruppen zugeschrieben werden, und die zunehmend auch im anfänglich stabilen Norden des Landes erfolgen (UNCHR, UNHCR-Position zur Rückkehrgefährdung irakischer Schutzsuchender vom März 2003).
47 
Indes lässt sich nicht feststellen, dass Terror und Gewalt landesweit erfolgen. Vielmehr sind es vorwiegend wirtschaftlich bedeutsame Objekte und lokale Bereiche, die von gewalttätigen terroristischen Anschlägen betroffen sind. So sind es vor allem die Besatzungstruppen, die mit ihnen zusammenarbeitenden Politiker und sonstige irakische Staatsangehörige, die mit Racheakten zu rechnen haben. Namentlich auch die neu gebildeten irakischen Polizeikräfte sind immer mehr Ziel von Anschlägen (AA vom 7.5.2004; Die Welt vom 16.4.2004). Auszugehen ist daher von - wenn auch erheblichen - Auseinandersetzungen gewaltsamer Art, die aber als noch regional begrenzt anzusehen sind und namentlich die größeren Städte oder Orte mit exponierten Einrichtungen betreffen, jedenfalls aber nicht als landesweit bestehende Gefahrenlage zu beurteilen sind. Auch fällt auf, dass erkennbares Ziel von Anschlägen vor allem herausragende Persönlichkeiten (prominente Politiker und Geistliche) bzw. besondere Einrichtungen sind (FAZ vom 14.6.2004). Dass die Folgen solcher gewalttätigen Auseinandersetzungen und Anschläge die Bevölkerung gleichsam „blind“ (mit-)treffen können, ist in Betracht zu ziehen, trägt allerdings die Annahme einer landesweit bestehenden extremen Gefahrenlage nicht (ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 30.3.2004, aaO).
48 
Auch die Versorgungslage im Irak stellt sich nicht als extrem existenziell gefährdend dar. Die Lebensmittelversorgung ist seit der Wiederaufnahme des „Oil-for-Food“-Programms nach den Kriegshandlungen wieder gewährleistet, auch wenn Millionen von Menschen auf fremde Hilfe angewiesen bleiben (AA vom 7.5.2004). Die Stromversorgung leidet zwar zunehmend unter den Anschlägen auf die Elektrizitätswerke (FAZ vom 21.6.2004) und wird - wie die mit ihr zusammenhängende Trinkwasserversorgung - als kritisch bezeichnet, ohne dass indes von einer „existenziellen Gefährdung“ ausgegangen werden kann (AA vom 7.5.2004). Eine befürchtete „humanitäre Katastrophe“ ist ausgeblieben, wobei die Lage im Nordirak wegen der dort vorhandenen Verwaltungsstrukturen besser ist als im Süden des Landes und im Zentralirak. Die medizinische Grundversorgung ist möglicherweise nicht im Einzelfall, aber dem Grunde nach gewährleistet (AA vom 7.5.2004).
49 
Unter den genannten Umständen, dass einerseits die möglicherweise extreme Gefahrenlage nicht landesweit besteht und andererseits die Versorgungslage als zwar angespannt aber nicht existenziell gefährdend zu beurteilen ist, kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Dies würde unabhängig davon gelten, ob es ihm gelingen würde, im Nordirak Fuß zu fassen, oder ob er gezwungen wäre, in sein Herkunftsgebiet im Zentralirak zurückzukehren.
50 
Auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. dazu §§ 34, 38 AsylVfG i.V.m. § 50 AuslG).
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 (entspr.) VwGO, § 83b AsylVfG.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten und des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, über die der Senat in deren Abwesenheit entscheidet (vgl. § 125 Abs. 1, § 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig (vgl. auch § 87b AsylVfG i. d. F. des Art. 3 Nr. 48 des Zuwanderungsgesetzes) und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen; denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (dazu 1.), oder hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG (dazu 2.) vorliegen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16 
(1) Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Der Begriff des Verfolgten im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG ist , was die Verfolgungsmaßnahmen, die geschützten Rechtsgüter und den politischen Charakter der Verfolgung angeht, mit dem entsprechenden Begriff in Art. 16a Abs. 1 GG identisch (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.2.1992, Buchholz 402.25 § 7 AsylVfG Nr. 1 und vom 18.4.1994, NVwZ 1994, 497; vgl. ferner etwa Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 51 AuslG RdNr. 9). Politische Verfolgung im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist grundsätzlich staatliche Verfolgung durch Zufügung gezielter Rechtsverletzungen, die den Betroffenen ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345; BVerwG, Urteil vom 22.3.1994, NVwZ 1994, 1112). Der Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG greift weitergehend aber auch dann ein, wenn etwa politische Verfolgung wegen eines unbeachtlichen Nachfluchtgrunds droht oder ein Asylanspruch an einer früher erlangten anderweitigen Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG oder der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nach § 26a AsylVfG scheitert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.3.1992, Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 10).
17 
Bei unverfolgt aus dem Heimatstaat ausgereisten Schutzsuchenden gilt der allgemeine Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im Abschiebungsverfahren nach § 51 Abs. 1 AuslG ebenso wie im Anerkennungsverfahren nach Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.11.1992, InfAuslR 1993, 150). Dieser Prognosemaßstab enthält neben dem Element der Eintrittswahrscheinlichkeit auch das Element der zeitlichen Nähe des befürchteten Eingriffs (BVerwG, Urteil vom 14.12.1993, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 166). Von einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden oder - was gleichbedeutend ist - unmittelbaren Verfolgung ist dann auszugehen, wenn die für die Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169 ff.). Dabei ist eine rein quantitative oder statistische Betrachtung nicht angezeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.7.1991, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 146). Maßgebend ist letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat; dieser bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Die Möglichkeit einer Verfolgung im Heimatland muss derart greifbar sein, dass ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr nicht auf sich nimmt, wobei auch die Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem  Umfang zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, a.a.O.).
18 
Wer demgegenüber bereits vor der Flucht vom Verfolgungsmaßnahmen betroffen oder unmittelbar damit bedroht war, ist nur dann nicht als politisch verfolgt anzusehen, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen im Fall einer Rückkehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345;  BVerwG, Urteil vom 25.9.1984, BVerwGE 70, 169, 171).
19 
Der Kläger unterlag nach Überzeugung des Senats in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise nicht politischer Verfolgung.
20 
Geht man von seinen Angaben aus, so geht der Entschluss des Klägers, sein Heimatland zu verlassen, auf die Befürchtung zurück, wegen von seinem ehemaligen Geschäftspartner zum Nachteil des irakischen Staates begangener Eigentumsdelikte ebenfalls bestraft zu werden. Der befürchteten Sanktion wäre schon kein Verfolgungscharakter zugekommen, der die Annahme einer sog. Vorverfolgung tragen könnte, denn sie hätte sich ausschließlich als staatliche Verfolgung kriminellen Unrechts  dargestellt. Der Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Tat wäre nicht durch einen Angriff auf ein politisches Rechtsgut geprägt gewesen.
21 
Dem nach allem unverfolgt ausgereisten Kläger steht auch ein nach § 51 Abs. 1 AuslG zu berücksichtigender Nachfluchtgrund nicht zu. Denn für den Fall einer Rückkehr in den Irak drohen ihm asylrechtlich erhebliche Maßnahmen mit der zu fordernden beachtlichen Wahrscheinlichkeit nicht. Derzeit und für die nächste Zukunft ist eine politische Verfolgung des Klägers bei einer Rückkehr in den Irak ausgeschlossen.
22 
Zwar kann mittlerweile nicht mehr davon die Rede sein, es fehle an einer irakischen Staatsmacht, die politische Verfolgung zurechenbar veranlassen könnte (so noch der Senat im Beschluss vom 26.4.2004 - A 2 S 172/02 -). Im jetzigen Zeitpunkt (vgl. dazu auch § 77 AsylVfG) und damit für das anhängige Asylverfahren ist von dem Vorhandensein einer staatlichen Macht im Irak auszugehen.
23 
Staatlichkeit (und „Quasi-Staatlichkeit“) im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist im Zusammenhang mit dem Begriff des „politisch“ Verfolgten zu betrachten und daher in Beziehung zu setzen zu der Frage, ob eine Maßnahme den Charakter einer politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG aufweist, vor der dem davon Betroffenen Schutz gewährt werden soll. Politische Verfolgung geht demnach von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht aus, der der Verletzte unterworfen ist; politische Verfolgung ist demnach grundsätzlich staatliche Verfolgung (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 333 ff.). Maßgeblich für die Bewertung einer Maßnahme als politische Verfolgung ist, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendes Herrschaftsgefüge eingebunden ist, welches den ihm Unterworfenen in der Regel Schutz gewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutz ausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkreten Gemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nur durch Flucht entziehen kann. Mit Blick auf eine Bürgerkriegssituation hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sich die Frage, ob nach dem Fortfall der bisherigen Staatsgewalt von einer Kriegspartei politische Verfolgung ausgehen kann, maßgeblich danach beurteilt, ob diese zumindest in einem „Kernterritorium“ ein solches Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität - im Sinne einer „übergreifenden Friedensordnung“ (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 334 ff.) -tatsächlich errichtet hat (so BVerfG, Beschluss vom 10.8.2000 - 2 BvR 260/98, 1353/98 -). Dieser rechtliche Ansatz, mit dem einem mehr staatsrechtlichen Verständnis (so BVerwG, Urteil vom 4.11.1997, BVerwGE 105, 306) entgegengetreten wird, ist auch in Übergangssituationen maßgeblich, in denen sich - wie hier - nach Auflösung der bisherigen Staatsmacht eine neue Herrschaftsordnung bildet. Auch Letztere ist danach zu beurteilen, ob sie eine im genannten Sinne „übergreifende Friedensordnung“ geschaffen hat. Dies ist im Falle des Iraks zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) anzunehmen.
24 
Die staatliche Macht, wie sie sich derzeit darstellt, ist nach Beendigung des Saddam-Regimes und einem zwischenzeitlichen „Machtvakuum“ neu entstanden. Das ehemalige Regime hat seine politische und militärische Herrschaft durch die am 20.03.2003 unter der Führung der USA begonnenen Militäraktionen endgültig verloren (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 06.11.2003 und vom 7.5.2004; Senat, Beschl. vom 27.01.2004 - A 2 S 1079/02 -; HessVGH, Beschl. vom 21.11.2003 - 10 UZ 984/03.A -; OVG Sachsen, Beschl. vom 28.08.2003 - A 4 B 573/02 -). Die Militäraktionen führten zur Auflösung der staatstragenden Organisationen und Institutionen dieses Regimes wie beispielsweise der Baath-Partei, der Armee und der Geheimdienste. Saddam Hussein selbst wurde festgesetzt, die meisten der an der Regierungsausübung beteiligten Angehörigen und eine Vielzahl an Funktionsträgern sind entmachtet. Nach Abschluss der Militäraktionen wurde eine „provisorische Behörde“ (Coalition Provisional Authority - CPA) gebildet, die sich auf Kräfte der amerikanischen und britischen Armee sowie auf Militär- und Polizeikontingente weiterer 36 Staaten stützte (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2003). Diese Behörde begann mit dem Neuaufbau einer Verwaltung, um die öffentliche Sicherheit und die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten (Auswärtiges Amt, a.a.O.).
25 
Als erster Schritt zum Aufbau einer Übergangsregierung wurde ein Regierungsrat (Transitory Governing Council) berufen, der sich aus Vertretern aller Bevölkerungsschichten, Ethnien und Glaubensrichtungen zusammensetzte und von einer unter den Ratsmitgliedern rotierenden Präsidentschaft geführt wurde. Der Übergangsrat hatte unter anderem die Aufgabe, eine neue Verfassung auszuarbeiten sowie allgemeine freie Wahlen vorzubereiten (dazu Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Berichte vom 7.8. und 6.12.2003.). Anfang September 2003 kam es zur Bildung eines 25-köpfigen Interimskabinetts, das dem politischen und religiösen Anteil des Übergangsrats entsprach. Dieser vereinbarte mit der CPA am 15.11.2003 die „Beschleunigung des politischen Prozesses“, wobei u.a. die Verpflichtung der Vereinigten Staaten zur Beendigung der Besatzung zum 1.7.2004 vorgesehen wurde.
26 
Mittlerweile ist am 1.7.2004 die irakische Übergangsregierung eingesetzt und eine Nationalversammlung einberufen, die ein künftiges Parlament bestimmen und Wahlen für Januar 2005 vorbereiten soll (FAZ vom 16.8.2004). Die Regierung Allawi hat die Geschäfte einer Übergangsregierung übernommen und leitet die Verwaltung des Landes - wenn auch dies alles im Rahmen einer noch nicht abgeschlossenen Anlaufphase erfolgt. Namentlich die staatliche Ordnungsmacht muss sich noch auf die Koalitionstruppen stützen, um den um die Teilhabe an der Macht kämpfenden Gruppierungen im Land zu begegnen. Der Übergangsrat hat sich Anfang Juni 2004 aufgelöst, nachdem er sich am 01.03.2004 auf eine Übergangsverfassung geeinigt hatte, die am 8.3.2004 unterzeichnet worden ist. In ihr bekennt sich der irakische Staat zu demokratischen Grundwerten, darunter Meinungs- und Religionsfreiheit (BNN vom 09.03.2004), und regelt u.a. die Staatsbürgerschaft, das Recht auf Wiedereinbürgerung (Art. 11) und Abschiebungsschutz für Flüchtlinge (Art. 19).
27 
Die staatliche Souveränität ist - auch nach außen - gestärkt durch den einstimmigen Beschluss des UN-Sicherheitsrats vom 8.6.2004, der die Machtübergabe an eine souveräne Übergangsregierung im Irak zum 30.6.2004 hervorhebt und die Erklärung enthält, dass die neue Regierung des Iraks jederzeit die internationalen Truppen zum Abzug aufzufordern darf. Zwar ist ein Veto-Recht gegen US-geführte Militäreinsätze nicht vorgesehen, das Mandat hierfür läuft jedoch entsprechend der Resolution auf jeden Fall Ende Januar 2006 aus (NZZ vom 9.6.2004 und BNN vom 10.6.2004). Am 28.6.2004 hat die amerikanisch geführte Zivilverwaltung ihre Befugnisse an die irakische Übergangsregierung Allawi abgetreten. Diese nimmt die staatlichen Befugnisse nach Auflösung des Übergangsrats Anfang Juni 2004 auch wahr. So wurde u.a. (Die Welt vom 9.8.2004) am 7.8.2004 ein Amnestiegesetz unterzeichnet, das Straffreiheit für geringfügige Delikte regelt; ausgenommen sind Tötungsdelikte. Auch wurde (so Die Welt a.a.O.) die Todesstrafe wieder eingeführt für Morddelikte und Delikte gegen die Sicherheit des Landes. Ein bereits am 7.7.2004 unterzeichnetes Notstandsgesetz gibt der Regierung umfangreiche Vollmachten und namentlich die Möglichkeit, das Kriegsrecht zu verhängen (BZ vom 8.7.2004). Der Aufbau einer Ordnungsmacht ist in vollem Gang und Polizeikräfte des Iraks nehmen umfangreiche Ordnungs- und Sicherheitsmaßnahmen wahr, wie die Auseinandersetzung um die Stadt Nadjaf im August 2004 belegt. Die irakische Armee verfügt derzeit über sieben ausgebildete und einsatzbereite Bataillone (FAZ vom 16.8.2004). Nachdem auch formal als Folge der o.a. UN-Resolution eine Besetzung des Iraks seit dem 1.7.2004 nicht mehr gegeben ist, ist bei einer Gesamtwürdigung der aufgezeigten derzeitigen Verhältnisse im Irak insgesamt die Herausbildung einer irakischen Staatsgewalt als Grundvoraussetzung für eine ihr zurechenbare politische Verfolgung gegeben.
28 
Diese Entwicklung darf der Senat auf der Grundlage der o.a. Erkenntnisse, auch soweit sie allgemeinkundige Tatsachen betreffen, hier verwerten. Denn es geht bei Letzteren um Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen in der Regel ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich doch jederzeit durch Benutzen allgemein zugänglicher Quellen unschwer überzeugen können (zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urteil vom 13.7.1982, NVwZ 1983, 99; Urteil vom 20.10.1992, BVerwGE 91, 104, 108 = NVwZ 1993, 275; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 7.11.1990 - 2 BvR 1566/87 -, InfAuslR 1991, 100, 102). Zwar ist eine Tatsache nicht schon dann allgemeinkundig, wenn sie in allgemein zugänglichen Medien - namentlich der Presse - veröffentlicht wird (dazu BVerfG, Beschl. vom 4.12.1991 - 2 BvR 675/91 -, NVwZ 1992, 561, 562). Indes ist hier zu berücksichtigen, dass sich der Zugang zu diesen Quellen angesichts des konkreten Bezugs der Beteiligten zur anstehenden Problematik nahezu aufdrängt. In Ergänzung dessen ist den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zudem auch eine Presseübersicht aus neuerer Zeit ausgehändigt worden.
29 
Dass sich mit Blick auf die aufgezeigte Entwicklung eine Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung des Klägers durch die irakische Staatsgewalt ergeben könnte, ist nicht erkennbar. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass er den Irak als Vorverfolgter verlassen hat, wäre ihm Abschiebungsschutz grundsätzlich nur dann zu versagen, wenn eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wäre (sog. herabgestufter Prognosemaßstab, vgl. BVerwG, Urt. vom 5.7.1994, NVwZ 1994, 500). Eine solche Wiederholung steht aber nicht in Rede. Sie und der damit anzuwendende Prognosemaßstab setzen eine Verknüpfung zwischen erlittener und künftig drohender Verfolgung für die Frage der Schutzgewährung voraus (vgl. OVG NW, Urt. vom 14.8.2003          - 20 A 430/02. A -). Eine situationsbedingte Vorverfolgung führt nur bei der Gefahr der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung zur Anwendung des herabgestuften Maßstabs. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist nur dann anzuwenden, wenn bei einer am Gedanken der Zumutbarkeit der Rückkehr ausgerichteten wertenden Betrachtung ein innerer Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und der mit dem Asylbegehren geltend gemachten Gefahr erneuter Verfolgung dergestalt besteht, dass bei Rückkehr des Asylsuchenden mit einem Wiederaufleben der bereits einmal erlittenen Verfolgung zu rechnen ist oder nach den gesamten Umständen das Risiko der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung besteht. Ist die (vermutete) politische Überzeugung oder Gesinnung des Asylsuchenden Anknüpfungspunkt der Verfolgung, ist zu prüfen, ob eine darauf beruhende Vorverfolgung auch unter veränderten politischen Verhältnissen - wie etwa bei einem Regimewechsel - ein Wiederholungsrisiko indiziert (BVerwG, Urt. vom 18.2.1997, BVerwGE 104, 97).
30 
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Vor einer Verfolgungswiederholung aus Gründen, die den Anlass zu der behaupteten Vorverfolgung gegeben haben sollen, ist der Kläger hinreichend sicher. Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Irak in Anknüpfung an die ihm zur Last gelegten Vorgänge - ihren „politischen“ Charakter als gegen das Regime Saddam Husseins gerichtetes oder von diesem so gewertetes Verhalten unterstellt - von der neu gebildeten Staatsgewalt Übergriffe zu besorgen hätte. Vielmehr ist es mehr als überwiegend wahrscheinlich, dass dem Kläger in Anknüpfung an das bisher Vorgetragene durch die jetzige Staatsgewalt keine asylrelevanten Nachteile drohen, eine Wiederholungsgefahr mithin mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 11.2.2004 - 1 C 23.02 -; Urteil vom 24.2.2004 -1 C 24.02 -). Gleiches gilt für die Bewertung des ungenehmigten Auslandsaufenthaltes und der Asylantragstellung. Es ist nicht zu erkennen, dass der irakische Staat in seiner jetzigen Herrschaftsform diese Umstände zum Anlass für asyl- bzw. abschiebungsrelevante Verfolgungsmaßnahmen nehmen wird (vgl. dazu auch Nds.OVG, Beschl. vom 30.3.2004, AuAS 2004, 13, 14). Etwa drohende strafrechtliche Ermittlungen oder die Ahndung kriminellen Unrechts in Anknüpfung an Vorgänge vor der Ausreise wären in diesem Zusammenhang - wie oben dargelegt - ohnehin bedeutungslos.
31 
(2) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG.
32 
Ein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis Abs. 4 AuslG erfordert eine von einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation ausgehende konkret-individuell drohende Gefahr. Daran fehlt es, da - wie oben dargelegt -Anhaltspunkte für vom irakischen Staat ausgehende Gefahren im Sinne der genannten Bestimmungen (vgl. BVerwG, Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und vom 15.4.1997, BVerwGE 104, 265) nicht gegeben sind.
33 
Dem Kläger drohen bei einer unterstellten Rückkehr auch keine landesweiten Gefahren, die ein Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründen. Danach kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Für die Annahme einer solchen Gefahr genügt nicht die lediglich denkbare Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die genannten Rechtsgüter zu werden. Gefordert ist vielmehr die beachtliche Wahrscheinlichkeit eines derartigen Eingriffs. Die Annahme einer „konkreten“ Gefahr setzt - wie durch Satz 2 der Bestimmung deutlich wird - eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation voraus, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zugerechnet werden muss (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324; Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 115, 1, 7 ff. und neuerdings Urt. vom 16.6.2004 - 1 C 27.03 -). Einen solchermaßen bestimmten Sachverhalt, der ein Abschiebungshindernis nach diesen Voraussetzungen erfüllen könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
34 
Auch bei der allgemeinen unsicheren Lage, den terroristischen Anschlägen und den wirtschaftlich schlechten Lebensumständen, handelt es sich um Gefahren allgemeiner Art, die nicht zum Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG führen, weil ihnen die gesamte Bevölkerung des betroffenen Landes - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - ausgesetzt ist. Individuelle Gefährdungen des Ausländers, die sich aus allgemeinen Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ergeben, können auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt werden, aber nur typische Auswirkungen der allgemeinen Gefahrenlage sind (BVerwG, Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77).
35 
Handelt es sich um allgemeine Gefahren, denen aber die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, können sie im Grundsatz nur entsprechend der Regelung in § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe (als abgrenzbarer Teil der Bevölkerung) gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) und eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der möglicherweise Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung der obersten Landesbehörden, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, entschieden wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324, 327; Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77, 80). Diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung ist für das genannte Bundesamt und die Verwaltungsgerichte wegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 20 Abs. 3 GG regelmäßig bindend (vgl. BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379).
36 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG besteht nicht.
37 
Ausnahmsweise dürfen das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 54 AuslG nicht besteht, Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 53 Abs. 6 AuslG zusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer außergewöhnlichen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer in Folge einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 GG als Ausdruck eines menschenrechtlichen Mindeststandards, jedem betroffenen Ausländer trotz Fehlens einer Ermessensentscheidung nach §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren. Gleiches folgt mit Rücksicht auf das gesetzliche Schutzkonzept auch dann, wenn der Abschiebung zwar anderweitige - nicht unter § 53 Abs. 1, 2, 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG oder § 54 AuslG - fallende Hindernisse entgegenstehen, diese aber keinen gleichwertigen Schutz bieten.
38 
Gleichwertig ist ein anderweitiger Schutz nur, wenn er dem entspricht, den der Ausländer bei Vorliegen eines Erlasses nach § 54 AuslG hätte oder den er bei Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Anderweitiger vergleichbarer Schutz vor Abschiebung besteht ferner dann, wenn der Ausländer im entscheidungserheblichen Zeitpunkt bereits im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung als eines weiterreichenden Titels zum legalen Aufenthalt oder zumindest einer Duldung ist, die aus asylverfahrensunabhängigen Gründen erteilt worden ist und deren Schutzwirkung nicht hinter der einer gesetzlichen Duldung nach § 41 AsylVfG zurückbleibt. Dies dient auch der Verfahrens- und Prozessökonomie, das Bundesamt und die Gerichte von der -u.U. aufwändigen - Prüfung einer extremen Gefahrenlage zu entlasten, wenn der Aufenthalt des Ausländers wegen eines anderweitigen Bleiberechts oder Abschiebungshindernisses ohnehin nicht in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem negativen Abschluss des Asylverfahrens beendet werden kann.
39 
Ein Durchbrechen der Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit demnach nicht zulässig, wenn ebenso wie bei einem Erlass nach § 54 AuslG eine entsprechende sonstige Erlasslage besteht. Für diese ist ebenso wie bei § 54 AuslG nur maßgebend, ob sie besteht und anwendbar ist. Ein Durchbrechen der o.g. Sperrwirkung ist ferner nicht zulässig, wenn der Betroffene einen Abschiebungsschutz besitzt, den er bei unmittelbarer Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Wird ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG festgestellt, ist die Abschiebung in den betreffenden Staat - ohne Aufhebung der Androhung und der Ausreisepflicht -in widerruflicher Weise für die Dauer von zunächst drei Monaten ausgesetzt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AsylVfG); nach Ablauf von drei Monaten entscheidet die Ausländerbehörde - unter Beachtung der Bindungswirkung der Entscheidung zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach § 42 AsylVfG - über die Erteilung einer Duldung (§ 41 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG) (zum Ganzen vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379 f. = NVwZ 2001, 1420 f., m.w.N. zur Rspr. des Gerichts).
40 
Ein danach gleichwertiger Abschiebungsschutz besteht im Falle des Klägers auf der Grundlage der baden-württembergischen Erlasslage. Nach dem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 21.11.2003 (abgedruckt u.a. in Asylmagazin 2003, 15) hat eine freiwillige Rückkehr in den Irak Vorrang vor der zwangsweisen Rückführung dorthin, von der erst nach Schaffung eines abgestimmten Konzepts des Bundes mit den Ländern Gebrauch gemacht werden soll. Dem Rechnung tragend hat das Innenministerium Baden-Württemberg durch Erlass vom 27.11.2003 (4-13-IRK/12) entschieden, dass irakischen Staatsangehörigen Duldungen erteilt werden bzw. ausgesprochene Duldungen verlängert werden.
41 
Einen entsprechenden Beschluss hat die Konferenz der Innenminister und -senatoren in ihrer Sitzung vom 7. und 8. Juli 2004 gefasst, für dessen Umsetzung das Innenministerium Baden-Württemberg mit Erlass vom 29.7.2004 (4-13-IRK/12) eine weitere Regelung getroffen hat. Danach ist eine freiwillige Rückkehr in den Irak grundsätzlich möglich und zumutbar und es kommt daher die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und Abs. 4 AuslG in der Regel nicht mehr in Betracht. Jedoch können Duldungen weiterhin für jeweils drei Monate verlängert werden. Sobald Rückkehrmöglichkeiten gegeben seien, wird das Innenministerium darüber informieren.
42 
Da sich die Frage nach der Gleichwertigkeit auf den Abschiebungsschutz bezieht (und beschränkt), ist es rechtlich unerheblich, dass die Erlasslage auch von der Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr der Betroffenen in den Irak ausgeht und deshalb die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis für Betroffene ausschließt. Folgt aus dem Nachrang der verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG deren Nichtanwendung dann, wenn der Ausländer bereits eine den vergleichbar wirksamen Abschiebungsschutz vermittelnde Duldung besitzt oder diese ihm auf Grund der ausländerrechtlichen Erlasslage gewährt wird oder gewährt werden muss, so kommt es nicht darauf an, ob der Schutz auf rechtlichen - insbesondere inlandsbezogenen - Abschiebungshindernissen, die auch die Zumutbarkeit der freiwilligen Rückkehr ausschließen, oder lediglich auf faktischen Abschiebungshindernissen beruht. Denn auch der auf § 54 AuslG beruhende Abschiebungsschutz umfasst keine Feststellung zur Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr, da er nach politischem Ermessen gewährt wird. Abschiebungsschutz in diesem Sinn kann auch dann gewährt werden, wenn dieser weder einfachgesetzlich noch verfassungsrechtlich zwingend geboten ist.
43 
Der nach allem entscheidungserhebliche gleichwertige Abschiebungsschutz ist entsprechend der o.a. Erlassregelung gewährleistet, nach der irakischen Staatsangehörigen mit Blick auf die derzeitigen Verhältnisse in ihrem Heimatland eine dreimonatige Duldung zu erteilen ist. Der hiervon gleichfalls erfasste Kläger steht im rechtlichen Ergebnis deshalb nicht schlechter als er im Falle der Gewährung von Abschiebungsschutz durch einen Erlass nach § 54 AuslG stünde. Dann hätte ein auf § 53 Abs. 6 AuslG in verfassungskonformer Anwendung gestütztes Feststellungsbegehren zwar keinen Erfolg, indes wäre eine Rechtsschutzlücke nicht gegeben. Sollte der durch die in Rede stehende Erlasslage vermittelte Abschiebungsschutz entfallen, kann der Betroffene unter Berufung auf eine extreme Gefahrenlage jederzeit ein Wiederaufgreifen des Verfahrens fordern. Bis zu einer Entscheidung des Bundesamts darf die Abschiebung nur vollzogen werden, wenn der Betroffene zuvor Gelegenheit zur Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes hatte (dazu BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.). Ist davon auszugehen, dass ein gleichwertiger Abschiebungsschutz hier gegeben ist, kann offen bleiben, ob dieser auch dem aus § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG folgenden (gleichwertig) entspricht. Jedenfalls scheidet eine Feststellung eines Abschiebungshindernisses in verfassungskonformer Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG aus.
44 
Sie kommt unabhängig davon auch deshalb nicht in Betracht, weil eine außergewöhnliche („extreme“) Gefahrenlage für den Fall der Rückkehr des Klägers in den Irak nicht festgestellt werden kann.
45 
Ob von einer solchen Lage auszugehen ist, ist nach den Verhältnissen des Landes zu beurteilen, in das abgeschoben werden soll (BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O.). Diese Verhältnisse sind landesweit in Blick zu nehmen. Auch wenn man erhebliche Gefährdungsmomente für einen zurückkehrenden Iraker annehmen würde, wäre diese Gefahrenlage indes nicht im gesamten Land anzunehmen. Dass allein der Schluss erlaubt sei, im Falle der Abschiebung irakischer Staatsangehöriger würden diese gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen oder mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungerstod ausgeliefert (s. dazu das bereits oben genannte Urteil des BVerwG vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.), lässt sich nicht feststellen.
46 
Nicht zu verkennen ist allerdings, dass die Sicherheitslage im Irak äußerst angespannt ist und Gewaltakte, wie der täglichen Berichterstattung durch die Medien zu entnehmen ist, an der Tagesordnung sind (Auswärtiges Amt , Ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 7.5.2004; Süddeutsche Zeitung vom 30.6.2004). Auch die Kriminalität - vor allem in den Städten - hat zugenommen, wenn auch Polizei- und Ordnungskräfte begrenzte Erfolge im Kampf gegen die allgemeine Kriminalität aufweisen können (AA vom 7.5.2004). Ferner zeigt der innerirakische politische Machtkampf, dass eine erhebliche Gewaltbereitschaft besteht, wenn es um die zukünftige Teilhabe an der Regierungsmacht geht. Der mäßigende Einfluss des schiitischen Führers Sistani, dem es gelang, die Auseinandersetzungen in Nadjaf zu beenden, ist bislang selbst bei den Schiiten des Landes nicht uneingeschränkt wirksam. Zunehmend ist auch die Zahl der gewalttätigen terroristischen Auseinandersetzungen, die irakischen, aber auch ausländischen Gruppen zugeschrieben werden, und die zunehmend auch im anfänglich stabilen Norden des Landes erfolgen (UNCHR, UNHCR-Position zur Rückkehrgefährdung irakischer Schutzsuchender vom März 2003).
47 
Indes lässt sich nicht feststellen, dass Terror und Gewalt landesweit erfolgen. Vielmehr sind es vorwiegend wirtschaftlich bedeutsame Objekte und lokale Bereiche, die von gewalttätigen terroristischen Anschlägen betroffen sind. So sind es vor allem die Besatzungstruppen, die mit ihnen zusammenarbeitenden Politiker und sonstige irakische Staatsangehörige, die mit Racheakten zu rechnen haben. Namentlich auch die neu gebildeten irakischen Polizeikräfte sind immer mehr Ziel von Anschlägen (AA vom 7.5.2004; Die Welt vom 16.4.2004). Auszugehen ist daher von - wenn auch erheblichen - Auseinandersetzungen gewaltsamer Art, die aber als noch regional begrenzt anzusehen sind und namentlich die größeren Städte oder Orte mit exponierten Einrichtungen betreffen, jedenfalls aber nicht als landesweit bestehende Gefahrenlage zu beurteilen sind. Auch fällt auf, dass erkennbares Ziel von Anschlägen vor allem herausragende Persönlichkeiten (prominente Politiker und Geistliche) bzw. besondere Einrichtungen sind (FAZ vom 14.6.2004). Dass die Folgen solcher gewalttätigen Auseinandersetzungen und Anschläge die Bevölkerung gleichsam „blind“ (mit-)treffen können, ist in Betracht zu ziehen, trägt allerdings die Annahme einer landesweit bestehenden extremen Gefahrenlage nicht (ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 30.3.2004, aaO).
48 
Auch die Versorgungslage im Irak stellt sich nicht als extrem existenziell gefährdend dar. Die Lebensmittelversorgung ist seit der Wiederaufnahme des „Oil-for-Food“-Programms nach den Kriegshandlungen wieder gewährleistet, auch wenn Millionen von Menschen auf fremde Hilfe angewiesen bleiben (AA vom 7.5.2004). Die Stromversorgung leidet zwar zunehmend unter den Anschlägen auf die Elektrizitätswerke (FAZ vom 21.6.2004) und wird - wie die mit ihr zusammenhängende Trinkwasserversorgung - als kritisch bezeichnet, ohne dass indes von einer „existenziellen Gefährdung“ ausgegangen werden kann (AA vom 7.5.2004). Eine befürchtete „humanitäre Katastrophe“ ist ausgeblieben, wobei die Lage im Nordirak wegen der dort vorhandenen Verwaltungsstrukturen besser ist als im Süden des Landes und im Zentralirak. Die medizinische Grundversorgung ist möglicherweise nicht im Einzelfall, aber dem Grunde nach gewährleistet (AA vom 7.5.2004).
49 
Unter den genannten Umständen, dass einerseits die möglicherweise extreme Gefahrenlage nicht landesweit besteht und andererseits die Versorgungslage als zwar angespannt aber nicht existenziell gefährdend zu beurteilen ist, kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Dies würde unabhängig davon gelten, ob es ihm gelingen würde, im Nordirak Fuß zu fassen, oder ob er gezwungen wäre, in sein Herkunftsgebiet im Zentralirak zurückzukehren.
50 
Auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. dazu §§ 34, 38 AsylVfG i.V.m. § 50 AuslG).
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 (entspr.) VwGO, § 83b AsylVfG.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Der Antrag des Beteiligten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Februar 2002 - A 12 K 10369/00 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Beteiligte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens.

Gründe

 
Der auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung kann keinen Erfolg haben.
Die durch Senatsurteil vom 11.4.2002 - A 2 S 712/01 - bejahend geklärte Frage, ob für irakische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit aus dem Zentralirak eine inländische Fluchtalternative im Gebiet der autonomen Kurdenprovinzen im Nordosten des Irak (kurz: Nordirak) auch dann besteht, wenn sie über keine verwandtschaftlichen oder sozialen Beziehungen dorthin verfügen, stellt sich in dem für die Zulassung maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 AsylVfG) nicht mehr.
Derzeit und für die nächste Zukunft ist eine politische Verfolgung im Irak, die eine Verknüpfung mit einer etwaigen früheren Verfolgung durch das Regime Saddam Husseins aufweisen könnte, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, so dass eine etwa - mangels Bestehens einer Fluchtalternative - anzunehmende  Vorverfolgung durch dieses Regime keinen Anspruch auf Abschiebungsschutz zu begründen vermag (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27.4.1982 - 9 C 308/81 -, BVerwGE 65, 250).
Vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich eingetretenen tiefgreifenden politischen Veränderungen im Irak ist die Möglichkeit einer derartigen Verfolgung nicht mehr als derart „real“ zu erachten, dass ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr nicht mehr auf sich nähme. Vielmehr können Verfolgungsmaßnahmen, die an die Machtausübung des Regimes Saddam Husseins anknüpfen, auf der Basis der vorliegenden Erkenntnisse über die tatsächlichen aktuellen Verhältnisse im Irak ausgeschlossen werden. Diese Prognose kann trotz der zu berücksichtigenden gegenwärtigen instabilen Verhältnisse im Herkunftsland des Klägers getroffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.12.1985 - 9 C 22.85 -, NVwZ 1986, 760).
Die politische Situation im Irak hat sich - wie auf Grund der umfangreichen und detaillierten Presseberichterstattung allgemeinkundig ist - durch den am 20.3.2003 begonnenen und am 2.5.2003 weitgehend beendeten 3. Golfkrieg grundlegend verändert. Das bis zu diesem Zeitpunkt herrschende Regime Saddam Husseins besteht nicht mehr fort. Anhaltspunkte für eine Wiedererlangung der Macht durch dieses Regime gibt es nicht (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.8.2003 - 20 A 430/02.A - und Urteil vom 18.11.2003 - 9 A 4107/99.A -; SächsOVG , Beschluss vom 28.8.2003 - A 4 B 573/02 -; NdsOVG , Beschluss vom 30.10.2003 - 1 LB 39/03 -; BayVGH, Urteil vom 13.11.2003 - 15 B 02.31751 -; HessVGH, Beschluss vom 21.11.2003 - 10 UZ 984/03.A -; VG Stade vom 22.9.2003 - 6 A 1963/02 -; VG Magdeburg vom 30.10.2003 - 4 A 142/02 MD -; VG Leipzig, Urteil vom 7.1.2004 - A 6 K 30201/02 -).
Seit Beendigung der militärischen Kampfhandlungen steht der Irak unter Besatzungsrecht der alliierten Streitkräfte des 3. Golfkrieges. Zum Neuaufbau wurde eine Zivilverwaltung unter Leitung des Sonderbeauftragten Paul Bremer eingerichtet. Sie stützt sich auf amerikanische Streitkräfte, eine multinationale Truppe sowie Polizeikontingente aus verschiedenen Ländern der Militärkoalition. Die amerikanische Zivilverwaltung löste die Stützpfeiler des alten Regimes, vor allem die Baath-Partei, die republikanische Garde und die irakischen Streitkräfte auf. Viele der Vertrauenspersonen des früheren Diktators Saddam Hussein wurden mittlerweile gefasst. Seine Söhne Udai und Qusai, die wesentliche Stütze des Regimes waren, wurden im Juli 2003 bei einem Festnahmeversuch getötet. Saddam Hussein selbst wurde am 13.12.2003 verhaftet.
Die Vereinigten Staaten haben sich verpflichtet, die Besatzung des Iraks zum 30.6.2004 zu beenden. Derzeit besteht ein irakischer Übergangsrat. Am 1.3.2004 hat sich der Regierungsrat auf eine Übergangsverfassung geeinigt und sie am 8.3.2004 unterzeichnet. Die ehemals kurdische autonome Zone im Nordirak blieb von der militärischen Intervention der Koalition der USA und Großbritanniens weitgehend unberührt.
Unabhängig davon, ob eine Gesamtwürdigung der derzeit von Kämpfen radikaler Schiiten gegen die Besatzer geprägten Verhältnisse im Irak die Annahme der Herausbildung einer irakischen Staatsgewalt als Grundvoraussetzung für eine mögliche politische Verfolgung in nächster Zeit erlaubt, ist jedenfalls davon auszugehen, dass eine neue politische Führung des Landes die Politik des Regimes Saddam Husseins nicht fortführen wird, so dass Verfolgungshandlungen, die an das Vorgängerregime anknüpfen, hinreichend sicher auszuschließen sind. Die etwaige Schutzunfähigkeit eines künftig neu entstehenden Staates oder einer quasi-staatlichen Macht allein könnte im Übrigen schon nicht die Gefahr politischer Verfolgung begründen. Eine derartige Annahme würde  die Gefahr von  Verfolgungsmaßnahmen Dritter voraussetzen, die ihrerseits politischen Charakter im Rechtssinne aufwiesen (BVerwG, Urteil vom 2.8.1983, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr.12). Dass Derartiges den zur Zeit stattfindenden Attentaten und Übergriffen anhaftet, ist nicht ersichtlich.
Auch soweit die Besatzungsmächte im Irak Herrschaftsgewalt ausüben, fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass sie irakische Staatsangehörige, die angeben, von Saddam Husseins Regime politisch verfolgt gewesen zu sein oder derartige Verfolgung bei Rückkehr wegen Stellung eines Asylantrags und illegaler Ausreise befürchten zu müssen, mit hieran anknüpfenden oder anderen politischen Verfolgungsmaßnahmen überziehen werden. Derartige früher gefahrbegründende Vorgänge haben ihre Bedeutung verloren, weil ihr damals gefährdender Charakter entscheidend auf dem Unrechtsregime Saddam Husseins beruhte.
10 
 
11 
In einem Berufungsverfahren wäre auch über die nachträglich eingetretene Divergenz in der o.a. Frage (vgl. Senatsurteil vom 11.4.2002 - A 2 S   712/01 -) nicht mehr zu entscheiden. Da die  aufgeworfene Frage weder für die streitige Entscheidung noch für künftige Entscheidungen der Instanzgerichte in „Altfällen“ von Bedeutung wäre, könnte in einem solchen Verfahren die aufgezeigte Divergenz nicht berichtigt und damit auch der ihretwegen geforderte Beitrag zur Rechtseinheit nicht geleistet werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.6.1996, NVwZ 1996,1010; BVerwG, Beschluss vom 27.2.1997, Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff.1 VwGO Nr. 15; vgl. auch Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde 1990, Rdnrn. 168, 171). Eine Berufungszulassung wegen der unzweifelhaft eingetretenen nachträglichen Divergenz kam daher ebenfalls nicht in Betracht.
12 
Der Senat bemerkt abschließend, dass es die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der nachträglich eingetretenen Divergenz dem Berufungsgericht nicht erlauben, die Berufung nur deshalb zuzulassen, weil die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung auf Grund der durch den 3. Golfkrieg hervorgerufenen - allgemeinkundigen - grundlegenden Änderung der innenpolitischen Verhältnisse im Irak überholt ist und heute so nicht mehr ergehen würde. Dies bedeutet freilich in der Sache nicht, dass die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter unter allen Umständen Bestand haben muss (vgl. § 73 AsylVfG).
13 
Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG).
14 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 (entspr.) VwGO, 83b Abs. 1 AsylVfG.
15 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

Tenor

Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten und der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. März 2002 - A 12 K 10694/01 - teilweise geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten im ersten Rechtszug, die dieser selbst trägt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist nach seinen Angaben am 11.2.1982 in Makhmour/Zentralirak geboren und irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Bei seiner Asylantragstellung am 1.3.2001 gab er an, nicht im Besitz von Personalpapieren zu sein.
Am 14.3.2001 wurde der Kläger beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge persönlich angehört. Er gab an, auf dem Landweg über die Türkei in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Der Schlepper habe ihm seinen Personalausweis in Istanbul abgenommen. Für die gesamte Ausreise habe er 3.500,-- Dollar bezahlt. Er habe den Irak verlassen müssen, weil ihm Verhaftung gedroht habe.  Er habe zusammen mit einem Freund  ein Geschäft betrieben, in dem Fenster, Türen und Wagen hergestellt worden seien. Sein Freund habe ohne sein Wissen über einen Offizier Eisenteile aus Armeebeständen und aus der Stromwirtschaft bezogen. Nachdem dies entdeckt worden sei, seien beide festgenommen worden und spurlos verschwunden. Auch gegen ihn sei ein Haftbefehl erlassen worden. Nachdem sein Vater am 15. oder 16.1.2001 festgenommen worden sei, hätten seine Verwandten Geld gesammelt und seine Ausreise ermöglicht. Sein Vater sei noch im Gefängnis des Geheimdienstes von Makhmour.
Mit Bescheid vom 10.5.2001 wurde der Asylantrag des Klägers abgelehnt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zugleich wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung in den Irak angedroht.
Der Kläger hat am 28.5.2001 Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 10.5.2001 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG - hilfsweise: Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG - vorliegen. Den angekündigten Antrag auf Verpflichtung der Beklagten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, hat er in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich nicht geäußert.
Mit Urteil vom 19.3.2002 - A 12 K 10694/01 - hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klage hinsichtlich des Begehrens auf Asylanerkennung zurückgenommen worden war. Weiter hat es die Nrn. 2 und 4 des Bescheids des Bundesamts vom 10.5.2001 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Iraks festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Kläger vorverfolgt ausgereist sei. Denn ihm drohe auf Grund von Nachfluchtgründen, nämlich seiner illegalen Ausreise aus dem Irak und der Asylantragstellung im Bundesgebiet, im Falle der Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung. Auf die Schutzzone im Nordirak könne er nicht verwiesen werden, denn er stamme nicht von dort und habe dort auch keine Familienangehörigen, weshalb das wirtschaftliche Existenzminimum für ihn nicht gewährleistet sein würde. Auf die Möglichkeit der Aufnahme in ein vom UNHCR betriebenes Lager im Nordirak könne er nicht verwiesen werden, weil seine Existenz dort nicht gesichert sein würde.
Auf Antrag der Beklagten und des Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 10.6.2002 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, soweit es die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und die angefochtene Abschiebungsandrohung betrifft.
Die Beklagte und der Beteiligte beantragen,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.3.2002 - A 12 K 10694/01 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung angehört worden. Wegen seiner Angaben wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
 
14 
Dem Senat liegen die angefallenen Akten des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und die des Verwaltungsgerichts vor. Auf sie und auf die den Beteiligten überlassene Liste von Erkenntnismitteln und die in der mündlichen Verhandlung erfolgten ergänzenden Hinweise (s. Sitzungsniederschrift vom 16.9.2004) wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten und des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, über die der Senat in deren Abwesenheit entscheidet (vgl. § 125 Abs. 1, § 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig (vgl. auch § 87b AsylVfG i. d. F. des Art. 3 Nr. 48 des Zuwanderungsgesetzes) und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen; denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (dazu 1.), oder hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG (dazu 2.) vorliegen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16 
(1) Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Der Begriff des Verfolgten im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG ist , was die Verfolgungsmaßnahmen, die geschützten Rechtsgüter und den politischen Charakter der Verfolgung angeht, mit dem entsprechenden Begriff in Art. 16a Abs. 1 GG identisch (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.2.1992, Buchholz 402.25 § 7 AsylVfG Nr. 1 und vom 18.4.1994, NVwZ 1994, 497; vgl. ferner etwa Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 51 AuslG RdNr. 9). Politische Verfolgung im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist grundsätzlich staatliche Verfolgung durch Zufügung gezielter Rechtsverletzungen, die den Betroffenen ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345; BVerwG, Urteil vom 22.3.1994, NVwZ 1994, 1112). Der Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG greift weitergehend aber auch dann ein, wenn etwa politische Verfolgung wegen eines unbeachtlichen Nachfluchtgrunds droht oder ein Asylanspruch an einer früher erlangten anderweitigen Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG oder der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nach § 26a AsylVfG scheitert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.3.1992, Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 10).
17 
Bei unverfolgt aus dem Heimatstaat ausgereisten Schutzsuchenden gilt der allgemeine Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im Abschiebungsverfahren nach § 51 Abs. 1 AuslG ebenso wie im Anerkennungsverfahren nach Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.11.1992, InfAuslR 1993, 150). Dieser Prognosemaßstab enthält neben dem Element der Eintrittswahrscheinlichkeit auch das Element der zeitlichen Nähe des befürchteten Eingriffs (BVerwG, Urteil vom 14.12.1993, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 166). Von einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden oder - was gleichbedeutend ist - unmittelbaren Verfolgung ist dann auszugehen, wenn die für die Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169 ff.). Dabei ist eine rein quantitative oder statistische Betrachtung nicht angezeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.7.1991, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 146). Maßgebend ist letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat; dieser bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Die Möglichkeit einer Verfolgung im Heimatland muss derart greifbar sein, dass ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr nicht auf sich nimmt, wobei auch die Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem  Umfang zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, a.a.O.).
18 
Wer demgegenüber bereits vor der Flucht vom Verfolgungsmaßnahmen betroffen oder unmittelbar damit bedroht war, ist nur dann nicht als politisch verfolgt anzusehen, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen im Fall einer Rückkehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345;  BVerwG, Urteil vom 25.9.1984, BVerwGE 70, 169, 171).
19 
Der Kläger unterlag nach Überzeugung des Senats in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise nicht politischer Verfolgung.
20 
Geht man von seinen Angaben aus, so geht der Entschluss des Klägers, sein Heimatland zu verlassen, auf die Befürchtung zurück, wegen von seinem ehemaligen Geschäftspartner zum Nachteil des irakischen Staates begangener Eigentumsdelikte ebenfalls bestraft zu werden. Der befürchteten Sanktion wäre schon kein Verfolgungscharakter zugekommen, der die Annahme einer sog. Vorverfolgung tragen könnte, denn sie hätte sich ausschließlich als staatliche Verfolgung kriminellen Unrechts  dargestellt. Der Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Tat wäre nicht durch einen Angriff auf ein politisches Rechtsgut geprägt gewesen.
21 
Dem nach allem unverfolgt ausgereisten Kläger steht auch ein nach § 51 Abs. 1 AuslG zu berücksichtigender Nachfluchtgrund nicht zu. Denn für den Fall einer Rückkehr in den Irak drohen ihm asylrechtlich erhebliche Maßnahmen mit der zu fordernden beachtlichen Wahrscheinlichkeit nicht. Derzeit und für die nächste Zukunft ist eine politische Verfolgung des Klägers bei einer Rückkehr in den Irak ausgeschlossen.
22 
Zwar kann mittlerweile nicht mehr davon die Rede sein, es fehle an einer irakischen Staatsmacht, die politische Verfolgung zurechenbar veranlassen könnte (so noch der Senat im Beschluss vom 26.4.2004 - A 2 S 172/02 -). Im jetzigen Zeitpunkt (vgl. dazu auch § 77 AsylVfG) und damit für das anhängige Asylverfahren ist von dem Vorhandensein einer staatlichen Macht im Irak auszugehen.
23 
Staatlichkeit (und „Quasi-Staatlichkeit“) im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist im Zusammenhang mit dem Begriff des „politisch“ Verfolgten zu betrachten und daher in Beziehung zu setzen zu der Frage, ob eine Maßnahme den Charakter einer politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG aufweist, vor der dem davon Betroffenen Schutz gewährt werden soll. Politische Verfolgung geht demnach von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht aus, der der Verletzte unterworfen ist; politische Verfolgung ist demnach grundsätzlich staatliche Verfolgung (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 333 ff.). Maßgeblich für die Bewertung einer Maßnahme als politische Verfolgung ist, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendes Herrschaftsgefüge eingebunden ist, welches den ihm Unterworfenen in der Regel Schutz gewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutz ausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkreten Gemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nur durch Flucht entziehen kann. Mit Blick auf eine Bürgerkriegssituation hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sich die Frage, ob nach dem Fortfall der bisherigen Staatsgewalt von einer Kriegspartei politische Verfolgung ausgehen kann, maßgeblich danach beurteilt, ob diese zumindest in einem „Kernterritorium“ ein solches Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität - im Sinne einer „übergreifenden Friedensordnung“ (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 334 ff.) -tatsächlich errichtet hat (so BVerfG, Beschluss vom 10.8.2000 - 2 BvR 260/98, 1353/98 -). Dieser rechtliche Ansatz, mit dem einem mehr staatsrechtlichen Verständnis (so BVerwG, Urteil vom 4.11.1997, BVerwGE 105, 306) entgegengetreten wird, ist auch in Übergangssituationen maßgeblich, in denen sich - wie hier - nach Auflösung der bisherigen Staatsmacht eine neue Herrschaftsordnung bildet. Auch Letztere ist danach zu beurteilen, ob sie eine im genannten Sinne „übergreifende Friedensordnung“ geschaffen hat. Dies ist im Falle des Iraks zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) anzunehmen.
24 
Die staatliche Macht, wie sie sich derzeit darstellt, ist nach Beendigung des Saddam-Regimes und einem zwischenzeitlichen „Machtvakuum“ neu entstanden. Das ehemalige Regime hat seine politische und militärische Herrschaft durch die am 20.03.2003 unter der Führung der USA begonnenen Militäraktionen endgültig verloren (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 06.11.2003 und vom 7.5.2004; Senat, Beschl. vom 27.01.2004 - A 2 S 1079/02 -; HessVGH, Beschl. vom 21.11.2003 - 10 UZ 984/03.A -; OVG Sachsen, Beschl. vom 28.08.2003 - A 4 B 573/02 -). Die Militäraktionen führten zur Auflösung der staatstragenden Organisationen und Institutionen dieses Regimes wie beispielsweise der Baath-Partei, der Armee und der Geheimdienste. Saddam Hussein selbst wurde festgesetzt, die meisten der an der Regierungsausübung beteiligten Angehörigen und eine Vielzahl an Funktionsträgern sind entmachtet. Nach Abschluss der Militäraktionen wurde eine „provisorische Behörde“ (Coalition Provisional Authority - CPA) gebildet, die sich auf Kräfte der amerikanischen und britischen Armee sowie auf Militär- und Polizeikontingente weiterer 36 Staaten stützte (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2003). Diese Behörde begann mit dem Neuaufbau einer Verwaltung, um die öffentliche Sicherheit und die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten (Auswärtiges Amt, a.a.O.).
25 
Als erster Schritt zum Aufbau einer Übergangsregierung wurde ein Regierungsrat (Transitory Governing Council) berufen, der sich aus Vertretern aller Bevölkerungsschichten, Ethnien und Glaubensrichtungen zusammensetzte und von einer unter den Ratsmitgliedern rotierenden Präsidentschaft geführt wurde. Der Übergangsrat hatte unter anderem die Aufgabe, eine neue Verfassung auszuarbeiten sowie allgemeine freie Wahlen vorzubereiten (dazu Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Berichte vom 7.8. und 6.12.2003.). Anfang September 2003 kam es zur Bildung eines 25-köpfigen Interimskabinetts, das dem politischen und religiösen Anteil des Übergangsrats entsprach. Dieser vereinbarte mit der CPA am 15.11.2003 die „Beschleunigung des politischen Prozesses“, wobei u.a. die Verpflichtung der Vereinigten Staaten zur Beendigung der Besatzung zum 1.7.2004 vorgesehen wurde.
26 
Mittlerweile ist am 1.7.2004 die irakische Übergangsregierung eingesetzt und eine Nationalversammlung einberufen, die ein künftiges Parlament bestimmen und Wahlen für Januar 2005 vorbereiten soll (FAZ vom 16.8.2004). Die Regierung Allawi hat die Geschäfte einer Übergangsregierung übernommen und leitet die Verwaltung des Landes - wenn auch dies alles im Rahmen einer noch nicht abgeschlossenen Anlaufphase erfolgt. Namentlich die staatliche Ordnungsmacht muss sich noch auf die Koalitionstruppen stützen, um den um die Teilhabe an der Macht kämpfenden Gruppierungen im Land zu begegnen. Der Übergangsrat hat sich Anfang Juni 2004 aufgelöst, nachdem er sich am 01.03.2004 auf eine Übergangsverfassung geeinigt hatte, die am 8.3.2004 unterzeichnet worden ist. In ihr bekennt sich der irakische Staat zu demokratischen Grundwerten, darunter Meinungs- und Religionsfreiheit (BNN vom 09.03.2004), und regelt u.a. die Staatsbürgerschaft, das Recht auf Wiedereinbürgerung (Art. 11) und Abschiebungsschutz für Flüchtlinge (Art. 19).
27 
Die staatliche Souveränität ist - auch nach außen - gestärkt durch den einstimmigen Beschluss des UN-Sicherheitsrats vom 8.6.2004, der die Machtübergabe an eine souveräne Übergangsregierung im Irak zum 30.6.2004 hervorhebt und die Erklärung enthält, dass die neue Regierung des Iraks jederzeit die internationalen Truppen zum Abzug aufzufordern darf. Zwar ist ein Veto-Recht gegen US-geführte Militäreinsätze nicht vorgesehen, das Mandat hierfür läuft jedoch entsprechend der Resolution auf jeden Fall Ende Januar 2006 aus (NZZ vom 9.6.2004 und BNN vom 10.6.2004). Am 28.6.2004 hat die amerikanisch geführte Zivilverwaltung ihre Befugnisse an die irakische Übergangsregierung Allawi abgetreten. Diese nimmt die staatlichen Befugnisse nach Auflösung des Übergangsrats Anfang Juni 2004 auch wahr. So wurde u.a. (Die Welt vom 9.8.2004) am 7.8.2004 ein Amnestiegesetz unterzeichnet, das Straffreiheit für geringfügige Delikte regelt; ausgenommen sind Tötungsdelikte. Auch wurde (so Die Welt a.a.O.) die Todesstrafe wieder eingeführt für Morddelikte und Delikte gegen die Sicherheit des Landes. Ein bereits am 7.7.2004 unterzeichnetes Notstandsgesetz gibt der Regierung umfangreiche Vollmachten und namentlich die Möglichkeit, das Kriegsrecht zu verhängen (BZ vom 8.7.2004). Der Aufbau einer Ordnungsmacht ist in vollem Gang und Polizeikräfte des Iraks nehmen umfangreiche Ordnungs- und Sicherheitsmaßnahmen wahr, wie die Auseinandersetzung um die Stadt Nadjaf im August 2004 belegt. Die irakische Armee verfügt derzeit über sieben ausgebildete und einsatzbereite Bataillone (FAZ vom 16.8.2004). Nachdem auch formal als Folge der o.a. UN-Resolution eine Besetzung des Iraks seit dem 1.7.2004 nicht mehr gegeben ist, ist bei einer Gesamtwürdigung der aufgezeigten derzeitigen Verhältnisse im Irak insgesamt die Herausbildung einer irakischen Staatsgewalt als Grundvoraussetzung für eine ihr zurechenbare politische Verfolgung gegeben.
28 
Diese Entwicklung darf der Senat auf der Grundlage der o.a. Erkenntnisse, auch soweit sie allgemeinkundige Tatsachen betreffen, hier verwerten. Denn es geht bei Letzteren um Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen in der Regel ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich doch jederzeit durch Benutzen allgemein zugänglicher Quellen unschwer überzeugen können (zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urteil vom 13.7.1982, NVwZ 1983, 99; Urteil vom 20.10.1992, BVerwGE 91, 104, 108 = NVwZ 1993, 275; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 7.11.1990 - 2 BvR 1566/87 -, InfAuslR 1991, 100, 102). Zwar ist eine Tatsache nicht schon dann allgemeinkundig, wenn sie in allgemein zugänglichen Medien - namentlich der Presse - veröffentlicht wird (dazu BVerfG, Beschl. vom 4.12.1991 - 2 BvR 675/91 -, NVwZ 1992, 561, 562). Indes ist hier zu berücksichtigen, dass sich der Zugang zu diesen Quellen angesichts des konkreten Bezugs der Beteiligten zur anstehenden Problematik nahezu aufdrängt. In Ergänzung dessen ist den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zudem auch eine Presseübersicht aus neuerer Zeit ausgehändigt worden.
29 
Dass sich mit Blick auf die aufgezeigte Entwicklung eine Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung des Klägers durch die irakische Staatsgewalt ergeben könnte, ist nicht erkennbar. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass er den Irak als Vorverfolgter verlassen hat, wäre ihm Abschiebungsschutz grundsätzlich nur dann zu versagen, wenn eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wäre (sog. herabgestufter Prognosemaßstab, vgl. BVerwG, Urt. vom 5.7.1994, NVwZ 1994, 500). Eine solche Wiederholung steht aber nicht in Rede. Sie und der damit anzuwendende Prognosemaßstab setzen eine Verknüpfung zwischen erlittener und künftig drohender Verfolgung für die Frage der Schutzgewährung voraus (vgl. OVG NW, Urt. vom 14.8.2003          - 20 A 430/02. A -). Eine situationsbedingte Vorverfolgung führt nur bei der Gefahr der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung zur Anwendung des herabgestuften Maßstabs. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist nur dann anzuwenden, wenn bei einer am Gedanken der Zumutbarkeit der Rückkehr ausgerichteten wertenden Betrachtung ein innerer Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und der mit dem Asylbegehren geltend gemachten Gefahr erneuter Verfolgung dergestalt besteht, dass bei Rückkehr des Asylsuchenden mit einem Wiederaufleben der bereits einmal erlittenen Verfolgung zu rechnen ist oder nach den gesamten Umständen das Risiko der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung besteht. Ist die (vermutete) politische Überzeugung oder Gesinnung des Asylsuchenden Anknüpfungspunkt der Verfolgung, ist zu prüfen, ob eine darauf beruhende Vorverfolgung auch unter veränderten politischen Verhältnissen - wie etwa bei einem Regimewechsel - ein Wiederholungsrisiko indiziert (BVerwG, Urt. vom 18.2.1997, BVerwGE 104, 97).
30 
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Vor einer Verfolgungswiederholung aus Gründen, die den Anlass zu der behaupteten Vorverfolgung gegeben haben sollen, ist der Kläger hinreichend sicher. Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Irak in Anknüpfung an die ihm zur Last gelegten Vorgänge - ihren „politischen“ Charakter als gegen das Regime Saddam Husseins gerichtetes oder von diesem so gewertetes Verhalten unterstellt - von der neu gebildeten Staatsgewalt Übergriffe zu besorgen hätte. Vielmehr ist es mehr als überwiegend wahrscheinlich, dass dem Kläger in Anknüpfung an das bisher Vorgetragene durch die jetzige Staatsgewalt keine asylrelevanten Nachteile drohen, eine Wiederholungsgefahr mithin mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 11.2.2004 - 1 C 23.02 -; Urteil vom 24.2.2004 -1 C 24.02 -). Gleiches gilt für die Bewertung des ungenehmigten Auslandsaufenthaltes und der Asylantragstellung. Es ist nicht zu erkennen, dass der irakische Staat in seiner jetzigen Herrschaftsform diese Umstände zum Anlass für asyl- bzw. abschiebungsrelevante Verfolgungsmaßnahmen nehmen wird (vgl. dazu auch Nds.OVG, Beschl. vom 30.3.2004, AuAS 2004, 13, 14). Etwa drohende strafrechtliche Ermittlungen oder die Ahndung kriminellen Unrechts in Anknüpfung an Vorgänge vor der Ausreise wären in diesem Zusammenhang - wie oben dargelegt - ohnehin bedeutungslos.
31 
(2) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG.
32 
Ein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis Abs. 4 AuslG erfordert eine von einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation ausgehende konkret-individuell drohende Gefahr. Daran fehlt es, da - wie oben dargelegt -Anhaltspunkte für vom irakischen Staat ausgehende Gefahren im Sinne der genannten Bestimmungen (vgl. BVerwG, Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und vom 15.4.1997, BVerwGE 104, 265) nicht gegeben sind.
33 
Dem Kläger drohen bei einer unterstellten Rückkehr auch keine landesweiten Gefahren, die ein Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründen. Danach kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Für die Annahme einer solchen Gefahr genügt nicht die lediglich denkbare Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die genannten Rechtsgüter zu werden. Gefordert ist vielmehr die beachtliche Wahrscheinlichkeit eines derartigen Eingriffs. Die Annahme einer „konkreten“ Gefahr setzt - wie durch Satz 2 der Bestimmung deutlich wird - eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation voraus, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zugerechnet werden muss (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324; Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 115, 1, 7 ff. und neuerdings Urt. vom 16.6.2004 - 1 C 27.03 -). Einen solchermaßen bestimmten Sachverhalt, der ein Abschiebungshindernis nach diesen Voraussetzungen erfüllen könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
34 
Auch bei der allgemeinen unsicheren Lage, den terroristischen Anschlägen und den wirtschaftlich schlechten Lebensumständen, handelt es sich um Gefahren allgemeiner Art, die nicht zum Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG führen, weil ihnen die gesamte Bevölkerung des betroffenen Landes - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - ausgesetzt ist. Individuelle Gefährdungen des Ausländers, die sich aus allgemeinen Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ergeben, können auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt werden, aber nur typische Auswirkungen der allgemeinen Gefahrenlage sind (BVerwG, Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77).
35 
Handelt es sich um allgemeine Gefahren, denen aber die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, können sie im Grundsatz nur entsprechend der Regelung in § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe (als abgrenzbarer Teil der Bevölkerung) gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) und eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der möglicherweise Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung der obersten Landesbehörden, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, entschieden wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324, 327; Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77, 80). Diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung ist für das genannte Bundesamt und die Verwaltungsgerichte wegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 20 Abs. 3 GG regelmäßig bindend (vgl. BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379).
36 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG besteht nicht.
37 
Ausnahmsweise dürfen das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 54 AuslG nicht besteht, Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 53 Abs. 6 AuslG zusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer außergewöhnlichen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer in Folge einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 GG als Ausdruck eines menschenrechtlichen Mindeststandards, jedem betroffenen Ausländer trotz Fehlens einer Ermessensentscheidung nach §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren. Gleiches folgt mit Rücksicht auf das gesetzliche Schutzkonzept auch dann, wenn der Abschiebung zwar anderweitige - nicht unter § 53 Abs. 1, 2, 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG oder § 54 AuslG - fallende Hindernisse entgegenstehen, diese aber keinen gleichwertigen Schutz bieten.
38 
Gleichwertig ist ein anderweitiger Schutz nur, wenn er dem entspricht, den der Ausländer bei Vorliegen eines Erlasses nach § 54 AuslG hätte oder den er bei Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Anderweitiger vergleichbarer Schutz vor Abschiebung besteht ferner dann, wenn der Ausländer im entscheidungserheblichen Zeitpunkt bereits im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung als eines weiterreichenden Titels zum legalen Aufenthalt oder zumindest einer Duldung ist, die aus asylverfahrensunabhängigen Gründen erteilt worden ist und deren Schutzwirkung nicht hinter der einer gesetzlichen Duldung nach § 41 AsylVfG zurückbleibt. Dies dient auch der Verfahrens- und Prozessökonomie, das Bundesamt und die Gerichte von der -u.U. aufwändigen - Prüfung einer extremen Gefahrenlage zu entlasten, wenn der Aufenthalt des Ausländers wegen eines anderweitigen Bleiberechts oder Abschiebungshindernisses ohnehin nicht in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem negativen Abschluss des Asylverfahrens beendet werden kann.
39 
Ein Durchbrechen der Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit demnach nicht zulässig, wenn ebenso wie bei einem Erlass nach § 54 AuslG eine entsprechende sonstige Erlasslage besteht. Für diese ist ebenso wie bei § 54 AuslG nur maßgebend, ob sie besteht und anwendbar ist. Ein Durchbrechen der o.g. Sperrwirkung ist ferner nicht zulässig, wenn der Betroffene einen Abschiebungsschutz besitzt, den er bei unmittelbarer Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Wird ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG festgestellt, ist die Abschiebung in den betreffenden Staat - ohne Aufhebung der Androhung und der Ausreisepflicht -in widerruflicher Weise für die Dauer von zunächst drei Monaten ausgesetzt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AsylVfG); nach Ablauf von drei Monaten entscheidet die Ausländerbehörde - unter Beachtung der Bindungswirkung der Entscheidung zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach § 42 AsylVfG - über die Erteilung einer Duldung (§ 41 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG) (zum Ganzen vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379 f. = NVwZ 2001, 1420 f., m.w.N. zur Rspr. des Gerichts).
40 
Ein danach gleichwertiger Abschiebungsschutz besteht im Falle des Klägers auf der Grundlage der baden-württembergischen Erlasslage. Nach dem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 21.11.2003 (abgedruckt u.a. in Asylmagazin 2003, 15) hat eine freiwillige Rückkehr in den Irak Vorrang vor der zwangsweisen Rückführung dorthin, von der erst nach Schaffung eines abgestimmten Konzepts des Bundes mit den Ländern Gebrauch gemacht werden soll. Dem Rechnung tragend hat das Innenministerium Baden-Württemberg durch Erlass vom 27.11.2003 (4-13-IRK/12) entschieden, dass irakischen Staatsangehörigen Duldungen erteilt werden bzw. ausgesprochene Duldungen verlängert werden.
41 
Einen entsprechenden Beschluss hat die Konferenz der Innenminister und -senatoren in ihrer Sitzung vom 7. und 8. Juli 2004 gefasst, für dessen Umsetzung das Innenministerium Baden-Württemberg mit Erlass vom 29.7.2004 (4-13-IRK/12) eine weitere Regelung getroffen hat. Danach ist eine freiwillige Rückkehr in den Irak grundsätzlich möglich und zumutbar und es kommt daher die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und Abs. 4 AuslG in der Regel nicht mehr in Betracht. Jedoch können Duldungen weiterhin für jeweils drei Monate verlängert werden. Sobald Rückkehrmöglichkeiten gegeben seien, wird das Innenministerium darüber informieren.
42 
Da sich die Frage nach der Gleichwertigkeit auf den Abschiebungsschutz bezieht (und beschränkt), ist es rechtlich unerheblich, dass die Erlasslage auch von der Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr der Betroffenen in den Irak ausgeht und deshalb die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis für Betroffene ausschließt. Folgt aus dem Nachrang der verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG deren Nichtanwendung dann, wenn der Ausländer bereits eine den vergleichbar wirksamen Abschiebungsschutz vermittelnde Duldung besitzt oder diese ihm auf Grund der ausländerrechtlichen Erlasslage gewährt wird oder gewährt werden muss, so kommt es nicht darauf an, ob der Schutz auf rechtlichen - insbesondere inlandsbezogenen - Abschiebungshindernissen, die auch die Zumutbarkeit der freiwilligen Rückkehr ausschließen, oder lediglich auf faktischen Abschiebungshindernissen beruht. Denn auch der auf § 54 AuslG beruhende Abschiebungsschutz umfasst keine Feststellung zur Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr, da er nach politischem Ermessen gewährt wird. Abschiebungsschutz in diesem Sinn kann auch dann gewährt werden, wenn dieser weder einfachgesetzlich noch verfassungsrechtlich zwingend geboten ist.
43 
Der nach allem entscheidungserhebliche gleichwertige Abschiebungsschutz ist entsprechend der o.a. Erlassregelung gewährleistet, nach der irakischen Staatsangehörigen mit Blick auf die derzeitigen Verhältnisse in ihrem Heimatland eine dreimonatige Duldung zu erteilen ist. Der hiervon gleichfalls erfasste Kläger steht im rechtlichen Ergebnis deshalb nicht schlechter als er im Falle der Gewährung von Abschiebungsschutz durch einen Erlass nach § 54 AuslG stünde. Dann hätte ein auf § 53 Abs. 6 AuslG in verfassungskonformer Anwendung gestütztes Feststellungsbegehren zwar keinen Erfolg, indes wäre eine Rechtsschutzlücke nicht gegeben. Sollte der durch die in Rede stehende Erlasslage vermittelte Abschiebungsschutz entfallen, kann der Betroffene unter Berufung auf eine extreme Gefahrenlage jederzeit ein Wiederaufgreifen des Verfahrens fordern. Bis zu einer Entscheidung des Bundesamts darf die Abschiebung nur vollzogen werden, wenn der Betroffene zuvor Gelegenheit zur Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes hatte (dazu BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.). Ist davon auszugehen, dass ein gleichwertiger Abschiebungsschutz hier gegeben ist, kann offen bleiben, ob dieser auch dem aus § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG folgenden (gleichwertig) entspricht. Jedenfalls scheidet eine Feststellung eines Abschiebungshindernisses in verfassungskonformer Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG aus.
44 
Sie kommt unabhängig davon auch deshalb nicht in Betracht, weil eine außergewöhnliche („extreme“) Gefahrenlage für den Fall der Rückkehr des Klägers in den Irak nicht festgestellt werden kann.
45 
Ob von einer solchen Lage auszugehen ist, ist nach den Verhältnissen des Landes zu beurteilen, in das abgeschoben werden soll (BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O.). Diese Verhältnisse sind landesweit in Blick zu nehmen. Auch wenn man erhebliche Gefährdungsmomente für einen zurückkehrenden Iraker annehmen würde, wäre diese Gefahrenlage indes nicht im gesamten Land anzunehmen. Dass allein der Schluss erlaubt sei, im Falle der Abschiebung irakischer Staatsangehöriger würden diese gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen oder mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungerstod ausgeliefert (s. dazu das bereits oben genannte Urteil des BVerwG vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.), lässt sich nicht feststellen.
46 
Nicht zu verkennen ist allerdings, dass die Sicherheitslage im Irak äußerst angespannt ist und Gewaltakte, wie der täglichen Berichterstattung durch die Medien zu entnehmen ist, an der Tagesordnung sind (Auswärtiges Amt , Ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 7.5.2004; Süddeutsche Zeitung vom 30.6.2004). Auch die Kriminalität - vor allem in den Städten - hat zugenommen, wenn auch Polizei- und Ordnungskräfte begrenzte Erfolge im Kampf gegen die allgemeine Kriminalität aufweisen können (AA vom 7.5.2004). Ferner zeigt der innerirakische politische Machtkampf, dass eine erhebliche Gewaltbereitschaft besteht, wenn es um die zukünftige Teilhabe an der Regierungsmacht geht. Der mäßigende Einfluss des schiitischen Führers Sistani, dem es gelang, die Auseinandersetzungen in Nadjaf zu beenden, ist bislang selbst bei den Schiiten des Landes nicht uneingeschränkt wirksam. Zunehmend ist auch die Zahl der gewalttätigen terroristischen Auseinandersetzungen, die irakischen, aber auch ausländischen Gruppen zugeschrieben werden, und die zunehmend auch im anfänglich stabilen Norden des Landes erfolgen (UNCHR, UNHCR-Position zur Rückkehrgefährdung irakischer Schutzsuchender vom März 2003).
47 
Indes lässt sich nicht feststellen, dass Terror und Gewalt landesweit erfolgen. Vielmehr sind es vorwiegend wirtschaftlich bedeutsame Objekte und lokale Bereiche, die von gewalttätigen terroristischen Anschlägen betroffen sind. So sind es vor allem die Besatzungstruppen, die mit ihnen zusammenarbeitenden Politiker und sonstige irakische Staatsangehörige, die mit Racheakten zu rechnen haben. Namentlich auch die neu gebildeten irakischen Polizeikräfte sind immer mehr Ziel von Anschlägen (AA vom 7.5.2004; Die Welt vom 16.4.2004). Auszugehen ist daher von - wenn auch erheblichen - Auseinandersetzungen gewaltsamer Art, die aber als noch regional begrenzt anzusehen sind und namentlich die größeren Städte oder Orte mit exponierten Einrichtungen betreffen, jedenfalls aber nicht als landesweit bestehende Gefahrenlage zu beurteilen sind. Auch fällt auf, dass erkennbares Ziel von Anschlägen vor allem herausragende Persönlichkeiten (prominente Politiker und Geistliche) bzw. besondere Einrichtungen sind (FAZ vom 14.6.2004). Dass die Folgen solcher gewalttätigen Auseinandersetzungen und Anschläge die Bevölkerung gleichsam „blind“ (mit-)treffen können, ist in Betracht zu ziehen, trägt allerdings die Annahme einer landesweit bestehenden extremen Gefahrenlage nicht (ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 30.3.2004, aaO).
48 
Auch die Versorgungslage im Irak stellt sich nicht als extrem existenziell gefährdend dar. Die Lebensmittelversorgung ist seit der Wiederaufnahme des „Oil-for-Food“-Programms nach den Kriegshandlungen wieder gewährleistet, auch wenn Millionen von Menschen auf fremde Hilfe angewiesen bleiben (AA vom 7.5.2004). Die Stromversorgung leidet zwar zunehmend unter den Anschlägen auf die Elektrizitätswerke (FAZ vom 21.6.2004) und wird - wie die mit ihr zusammenhängende Trinkwasserversorgung - als kritisch bezeichnet, ohne dass indes von einer „existenziellen Gefährdung“ ausgegangen werden kann (AA vom 7.5.2004). Eine befürchtete „humanitäre Katastrophe“ ist ausgeblieben, wobei die Lage im Nordirak wegen der dort vorhandenen Verwaltungsstrukturen besser ist als im Süden des Landes und im Zentralirak. Die medizinische Grundversorgung ist möglicherweise nicht im Einzelfall, aber dem Grunde nach gewährleistet (AA vom 7.5.2004).
49 
Unter den genannten Umständen, dass einerseits die möglicherweise extreme Gefahrenlage nicht landesweit besteht und andererseits die Versorgungslage als zwar angespannt aber nicht existenziell gefährdend zu beurteilen ist, kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Dies würde unabhängig davon gelten, ob es ihm gelingen würde, im Nordirak Fuß zu fassen, oder ob er gezwungen wäre, in sein Herkunftsgebiet im Zentralirak zurückzukehren.
50 
Auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. dazu §§ 34, 38 AsylVfG i.V.m. § 50 AuslG).
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 (entspr.) VwGO, § 83b AsylVfG.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten und des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, über die der Senat in deren Abwesenheit entscheidet (vgl. § 125 Abs. 1, § 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig (vgl. auch § 87b AsylVfG i. d. F. des Art. 3 Nr. 48 des Zuwanderungsgesetzes) und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen; denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (dazu 1.), oder hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG (dazu 2.) vorliegen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16 
(1) Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Der Begriff des Verfolgten im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG ist , was die Verfolgungsmaßnahmen, die geschützten Rechtsgüter und den politischen Charakter der Verfolgung angeht, mit dem entsprechenden Begriff in Art. 16a Abs. 1 GG identisch (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.2.1992, Buchholz 402.25 § 7 AsylVfG Nr. 1 und vom 18.4.1994, NVwZ 1994, 497; vgl. ferner etwa Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 51 AuslG RdNr. 9). Politische Verfolgung im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist grundsätzlich staatliche Verfolgung durch Zufügung gezielter Rechtsverletzungen, die den Betroffenen ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345; BVerwG, Urteil vom 22.3.1994, NVwZ 1994, 1112). Der Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG greift weitergehend aber auch dann ein, wenn etwa politische Verfolgung wegen eines unbeachtlichen Nachfluchtgrunds droht oder ein Asylanspruch an einer früher erlangten anderweitigen Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG oder der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nach § 26a AsylVfG scheitert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.3.1992, Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 10).
17 
Bei unverfolgt aus dem Heimatstaat ausgereisten Schutzsuchenden gilt der allgemeine Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im Abschiebungsverfahren nach § 51 Abs. 1 AuslG ebenso wie im Anerkennungsverfahren nach Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.11.1992, InfAuslR 1993, 150). Dieser Prognosemaßstab enthält neben dem Element der Eintrittswahrscheinlichkeit auch das Element der zeitlichen Nähe des befürchteten Eingriffs (BVerwG, Urteil vom 14.12.1993, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 166). Von einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden oder - was gleichbedeutend ist - unmittelbaren Verfolgung ist dann auszugehen, wenn die für die Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169 ff.). Dabei ist eine rein quantitative oder statistische Betrachtung nicht angezeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.7.1991, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 146). Maßgebend ist letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat; dieser bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Die Möglichkeit einer Verfolgung im Heimatland muss derart greifbar sein, dass ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr nicht auf sich nimmt, wobei auch die Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem  Umfang zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1991, a.a.O.).
18 
Wer demgegenüber bereits vor der Flucht vom Verfolgungsmaßnahmen betroffen oder unmittelbar damit bedroht war, ist nur dann nicht als politisch verfolgt anzusehen, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen im Fall einer Rückkehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 345;  BVerwG, Urteil vom 25.9.1984, BVerwGE 70, 169, 171).
19 
Der Kläger unterlag nach Überzeugung des Senats in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise nicht politischer Verfolgung.
20 
Geht man von seinen Angaben aus, so geht der Entschluss des Klägers, sein Heimatland zu verlassen, auf die Befürchtung zurück, wegen von seinem ehemaligen Geschäftspartner zum Nachteil des irakischen Staates begangener Eigentumsdelikte ebenfalls bestraft zu werden. Der befürchteten Sanktion wäre schon kein Verfolgungscharakter zugekommen, der die Annahme einer sog. Vorverfolgung tragen könnte, denn sie hätte sich ausschließlich als staatliche Verfolgung kriminellen Unrechts  dargestellt. Der Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Tat wäre nicht durch einen Angriff auf ein politisches Rechtsgut geprägt gewesen.
21 
Dem nach allem unverfolgt ausgereisten Kläger steht auch ein nach § 51 Abs. 1 AuslG zu berücksichtigender Nachfluchtgrund nicht zu. Denn für den Fall einer Rückkehr in den Irak drohen ihm asylrechtlich erhebliche Maßnahmen mit der zu fordernden beachtlichen Wahrscheinlichkeit nicht. Derzeit und für die nächste Zukunft ist eine politische Verfolgung des Klägers bei einer Rückkehr in den Irak ausgeschlossen.
22 
Zwar kann mittlerweile nicht mehr davon die Rede sein, es fehle an einer irakischen Staatsmacht, die politische Verfolgung zurechenbar veranlassen könnte (so noch der Senat im Beschluss vom 26.4.2004 - A 2 S 172/02 -). Im jetzigen Zeitpunkt (vgl. dazu auch § 77 AsylVfG) und damit für das anhängige Asylverfahren ist von dem Vorhandensein einer staatlichen Macht im Irak auszugehen.
23 
Staatlichkeit (und „Quasi-Staatlichkeit“) im Sinne vom Art. 16a Abs. 1 GG ist im Zusammenhang mit dem Begriff des „politisch“ Verfolgten zu betrachten und daher in Beziehung zu setzen zu der Frage, ob eine Maßnahme den Charakter einer politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG aufweist, vor der dem davon Betroffenen Schutz gewährt werden soll. Politische Verfolgung geht demnach von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht aus, der der Verletzte unterworfen ist; politische Verfolgung ist demnach grundsätzlich staatliche Verfolgung (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 333 ff.). Maßgeblich für die Bewertung einer Maßnahme als politische Verfolgung ist, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendes Herrschaftsgefüge eingebunden ist, welches den ihm Unterworfenen in der Regel Schutz gewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutz ausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkreten Gemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nur durch Flucht entziehen kann. Mit Blick auf eine Bürgerkriegssituation hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sich die Frage, ob nach dem Fortfall der bisherigen Staatsgewalt von einer Kriegspartei politische Verfolgung ausgehen kann, maßgeblich danach beurteilt, ob diese zumindest in einem „Kernterritorium“ ein solches Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität - im Sinne einer „übergreifenden Friedensordnung“ (BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989, a.a.O., 334 ff.) -tatsächlich errichtet hat (so BVerfG, Beschluss vom 10.8.2000 - 2 BvR 260/98, 1353/98 -). Dieser rechtliche Ansatz, mit dem einem mehr staatsrechtlichen Verständnis (so BVerwG, Urteil vom 4.11.1997, BVerwGE 105, 306) entgegengetreten wird, ist auch in Übergangssituationen maßgeblich, in denen sich - wie hier - nach Auflösung der bisherigen Staatsmacht eine neue Herrschaftsordnung bildet. Auch Letztere ist danach zu beurteilen, ob sie eine im genannten Sinne „übergreifende Friedensordnung“ geschaffen hat. Dies ist im Falle des Iraks zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) anzunehmen.
24 
Die staatliche Macht, wie sie sich derzeit darstellt, ist nach Beendigung des Saddam-Regimes und einem zwischenzeitlichen „Machtvakuum“ neu entstanden. Das ehemalige Regime hat seine politische und militärische Herrschaft durch die am 20.03.2003 unter der Führung der USA begonnenen Militäraktionen endgültig verloren (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 06.11.2003 und vom 7.5.2004; Senat, Beschl. vom 27.01.2004 - A 2 S 1079/02 -; HessVGH, Beschl. vom 21.11.2003 - 10 UZ 984/03.A -; OVG Sachsen, Beschl. vom 28.08.2003 - A 4 B 573/02 -). Die Militäraktionen führten zur Auflösung der staatstragenden Organisationen und Institutionen dieses Regimes wie beispielsweise der Baath-Partei, der Armee und der Geheimdienste. Saddam Hussein selbst wurde festgesetzt, die meisten der an der Regierungsausübung beteiligten Angehörigen und eine Vielzahl an Funktionsträgern sind entmachtet. Nach Abschluss der Militäraktionen wurde eine „provisorische Behörde“ (Coalition Provisional Authority - CPA) gebildet, die sich auf Kräfte der amerikanischen und britischen Armee sowie auf Militär- und Polizeikontingente weiterer 36 Staaten stützte (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2003). Diese Behörde begann mit dem Neuaufbau einer Verwaltung, um die öffentliche Sicherheit und die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten (Auswärtiges Amt, a.a.O.).
25 
Als erster Schritt zum Aufbau einer Übergangsregierung wurde ein Regierungsrat (Transitory Governing Council) berufen, der sich aus Vertretern aller Bevölkerungsschichten, Ethnien und Glaubensrichtungen zusammensetzte und von einer unter den Ratsmitgliedern rotierenden Präsidentschaft geführt wurde. Der Übergangsrat hatte unter anderem die Aufgabe, eine neue Verfassung auszuarbeiten sowie allgemeine freie Wahlen vorzubereiten (dazu Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Berichte vom 7.8. und 6.12.2003.). Anfang September 2003 kam es zur Bildung eines 25-köpfigen Interimskabinetts, das dem politischen und religiösen Anteil des Übergangsrats entsprach. Dieser vereinbarte mit der CPA am 15.11.2003 die „Beschleunigung des politischen Prozesses“, wobei u.a. die Verpflichtung der Vereinigten Staaten zur Beendigung der Besatzung zum 1.7.2004 vorgesehen wurde.
26 
Mittlerweile ist am 1.7.2004 die irakische Übergangsregierung eingesetzt und eine Nationalversammlung einberufen, die ein künftiges Parlament bestimmen und Wahlen für Januar 2005 vorbereiten soll (FAZ vom 16.8.2004). Die Regierung Allawi hat die Geschäfte einer Übergangsregierung übernommen und leitet die Verwaltung des Landes - wenn auch dies alles im Rahmen einer noch nicht abgeschlossenen Anlaufphase erfolgt. Namentlich die staatliche Ordnungsmacht muss sich noch auf die Koalitionstruppen stützen, um den um die Teilhabe an der Macht kämpfenden Gruppierungen im Land zu begegnen. Der Übergangsrat hat sich Anfang Juni 2004 aufgelöst, nachdem er sich am 01.03.2004 auf eine Übergangsverfassung geeinigt hatte, die am 8.3.2004 unterzeichnet worden ist. In ihr bekennt sich der irakische Staat zu demokratischen Grundwerten, darunter Meinungs- und Religionsfreiheit (BNN vom 09.03.2004), und regelt u.a. die Staatsbürgerschaft, das Recht auf Wiedereinbürgerung (Art. 11) und Abschiebungsschutz für Flüchtlinge (Art. 19).
27 
Die staatliche Souveränität ist - auch nach außen - gestärkt durch den einstimmigen Beschluss des UN-Sicherheitsrats vom 8.6.2004, der die Machtübergabe an eine souveräne Übergangsregierung im Irak zum 30.6.2004 hervorhebt und die Erklärung enthält, dass die neue Regierung des Iraks jederzeit die internationalen Truppen zum Abzug aufzufordern darf. Zwar ist ein Veto-Recht gegen US-geführte Militäreinsätze nicht vorgesehen, das Mandat hierfür läuft jedoch entsprechend der Resolution auf jeden Fall Ende Januar 2006 aus (NZZ vom 9.6.2004 und BNN vom 10.6.2004). Am 28.6.2004 hat die amerikanisch geführte Zivilverwaltung ihre Befugnisse an die irakische Übergangsregierung Allawi abgetreten. Diese nimmt die staatlichen Befugnisse nach Auflösung des Übergangsrats Anfang Juni 2004 auch wahr. So wurde u.a. (Die Welt vom 9.8.2004) am 7.8.2004 ein Amnestiegesetz unterzeichnet, das Straffreiheit für geringfügige Delikte regelt; ausgenommen sind Tötungsdelikte. Auch wurde (so Die Welt a.a.O.) die Todesstrafe wieder eingeführt für Morddelikte und Delikte gegen die Sicherheit des Landes. Ein bereits am 7.7.2004 unterzeichnetes Notstandsgesetz gibt der Regierung umfangreiche Vollmachten und namentlich die Möglichkeit, das Kriegsrecht zu verhängen (BZ vom 8.7.2004). Der Aufbau einer Ordnungsmacht ist in vollem Gang und Polizeikräfte des Iraks nehmen umfangreiche Ordnungs- und Sicherheitsmaßnahmen wahr, wie die Auseinandersetzung um die Stadt Nadjaf im August 2004 belegt. Die irakische Armee verfügt derzeit über sieben ausgebildete und einsatzbereite Bataillone (FAZ vom 16.8.2004). Nachdem auch formal als Folge der o.a. UN-Resolution eine Besetzung des Iraks seit dem 1.7.2004 nicht mehr gegeben ist, ist bei einer Gesamtwürdigung der aufgezeigten derzeitigen Verhältnisse im Irak insgesamt die Herausbildung einer irakischen Staatsgewalt als Grundvoraussetzung für eine ihr zurechenbare politische Verfolgung gegeben.
28 
Diese Entwicklung darf der Senat auf der Grundlage der o.a. Erkenntnisse, auch soweit sie allgemeinkundige Tatsachen betreffen, hier verwerten. Denn es geht bei Letzteren um Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen in der Regel ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich doch jederzeit durch Benutzen allgemein zugänglicher Quellen unschwer überzeugen können (zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urteil vom 13.7.1982, NVwZ 1983, 99; Urteil vom 20.10.1992, BVerwGE 91, 104, 108 = NVwZ 1993, 275; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 7.11.1990 - 2 BvR 1566/87 -, InfAuslR 1991, 100, 102). Zwar ist eine Tatsache nicht schon dann allgemeinkundig, wenn sie in allgemein zugänglichen Medien - namentlich der Presse - veröffentlicht wird (dazu BVerfG, Beschl. vom 4.12.1991 - 2 BvR 675/91 -, NVwZ 1992, 561, 562). Indes ist hier zu berücksichtigen, dass sich der Zugang zu diesen Quellen angesichts des konkreten Bezugs der Beteiligten zur anstehenden Problematik nahezu aufdrängt. In Ergänzung dessen ist den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zudem auch eine Presseübersicht aus neuerer Zeit ausgehändigt worden.
29 
Dass sich mit Blick auf die aufgezeigte Entwicklung eine Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung des Klägers durch die irakische Staatsgewalt ergeben könnte, ist nicht erkennbar. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass er den Irak als Vorverfolgter verlassen hat, wäre ihm Abschiebungsschutz grundsätzlich nur dann zu versagen, wenn eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wäre (sog. herabgestufter Prognosemaßstab, vgl. BVerwG, Urt. vom 5.7.1994, NVwZ 1994, 500). Eine solche Wiederholung steht aber nicht in Rede. Sie und der damit anzuwendende Prognosemaßstab setzen eine Verknüpfung zwischen erlittener und künftig drohender Verfolgung für die Frage der Schutzgewährung voraus (vgl. OVG NW, Urt. vom 14.8.2003          - 20 A 430/02. A -). Eine situationsbedingte Vorverfolgung führt nur bei der Gefahr der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung zur Anwendung des herabgestuften Maßstabs. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist nur dann anzuwenden, wenn bei einer am Gedanken der Zumutbarkeit der Rückkehr ausgerichteten wertenden Betrachtung ein innerer Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und der mit dem Asylbegehren geltend gemachten Gefahr erneuter Verfolgung dergestalt besteht, dass bei Rückkehr des Asylsuchenden mit einem Wiederaufleben der bereits einmal erlittenen Verfolgung zu rechnen ist oder nach den gesamten Umständen das Risiko der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung besteht. Ist die (vermutete) politische Überzeugung oder Gesinnung des Asylsuchenden Anknüpfungspunkt der Verfolgung, ist zu prüfen, ob eine darauf beruhende Vorverfolgung auch unter veränderten politischen Verhältnissen - wie etwa bei einem Regimewechsel - ein Wiederholungsrisiko indiziert (BVerwG, Urt. vom 18.2.1997, BVerwGE 104, 97).
30 
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Vor einer Verfolgungswiederholung aus Gründen, die den Anlass zu der behaupteten Vorverfolgung gegeben haben sollen, ist der Kläger hinreichend sicher. Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Irak in Anknüpfung an die ihm zur Last gelegten Vorgänge - ihren „politischen“ Charakter als gegen das Regime Saddam Husseins gerichtetes oder von diesem so gewertetes Verhalten unterstellt - von der neu gebildeten Staatsgewalt Übergriffe zu besorgen hätte. Vielmehr ist es mehr als überwiegend wahrscheinlich, dass dem Kläger in Anknüpfung an das bisher Vorgetragene durch die jetzige Staatsgewalt keine asylrelevanten Nachteile drohen, eine Wiederholungsgefahr mithin mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 11.2.2004 - 1 C 23.02 -; Urteil vom 24.2.2004 -1 C 24.02 -). Gleiches gilt für die Bewertung des ungenehmigten Auslandsaufenthaltes und der Asylantragstellung. Es ist nicht zu erkennen, dass der irakische Staat in seiner jetzigen Herrschaftsform diese Umstände zum Anlass für asyl- bzw. abschiebungsrelevante Verfolgungsmaßnahmen nehmen wird (vgl. dazu auch Nds.OVG, Beschl. vom 30.3.2004, AuAS 2004, 13, 14). Etwa drohende strafrechtliche Ermittlungen oder die Ahndung kriminellen Unrechts in Anknüpfung an Vorgänge vor der Ausreise wären in diesem Zusammenhang - wie oben dargelegt - ohnehin bedeutungslos.
31 
(2) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG.
32 
Ein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis Abs. 4 AuslG erfordert eine von einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation ausgehende konkret-individuell drohende Gefahr. Daran fehlt es, da - wie oben dargelegt -Anhaltspunkte für vom irakischen Staat ausgehende Gefahren im Sinne der genannten Bestimmungen (vgl. BVerwG, Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und vom 15.4.1997, BVerwGE 104, 265) nicht gegeben sind.
33 
Dem Kläger drohen bei einer unterstellten Rückkehr auch keine landesweiten Gefahren, die ein Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründen. Danach kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Für die Annahme einer solchen Gefahr genügt nicht die lediglich denkbare Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die genannten Rechtsgüter zu werden. Gefordert ist vielmehr die beachtliche Wahrscheinlichkeit eines derartigen Eingriffs. Die Annahme einer „konkreten“ Gefahr setzt - wie durch Satz 2 der Bestimmung deutlich wird - eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation voraus, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zugerechnet werden muss (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324; Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 115, 1, 7 ff. und neuerdings Urt. vom 16.6.2004 - 1 C 27.03 -). Einen solchermaßen bestimmten Sachverhalt, der ein Abschiebungshindernis nach diesen Voraussetzungen erfüllen könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
34 
Auch bei der allgemeinen unsicheren Lage, den terroristischen Anschlägen und den wirtschaftlich schlechten Lebensumständen, handelt es sich um Gefahren allgemeiner Art, die nicht zum Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG führen, weil ihnen die gesamte Bevölkerung des betroffenen Landes - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - ausgesetzt ist. Individuelle Gefährdungen des Ausländers, die sich aus allgemeinen Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ergeben, können auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt werden, aber nur typische Auswirkungen der allgemeinen Gefahrenlage sind (BVerwG, Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77).
35 
Handelt es sich um allgemeine Gefahren, denen aber die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, können sie im Grundsatz nur entsprechend der Regelung in § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe (als abgrenzbarer Teil der Bevölkerung) gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) und eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der möglicherweise Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung der obersten Landesbehörden, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, entschieden wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324, 327; Urt. vom 27.4.1998, NVwZ 1998, 973 und Urt. vom 8.12.1998, BVerwGE 108, 77, 80). Diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung ist für das genannte Bundesamt und die Verwaltungsgerichte wegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 20 Abs. 3 GG regelmäßig bindend (vgl. BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379).
36 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG besteht nicht.
37 
Ausnahmsweise dürfen das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 54 AuslG nicht besteht, Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 53 Abs. 6 AuslG zusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer außergewöhnlichen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer in Folge einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 GG als Ausdruck eines menschenrechtlichen Mindeststandards, jedem betroffenen Ausländer trotz Fehlens einer Ermessensentscheidung nach §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren. Gleiches folgt mit Rücksicht auf das gesetzliche Schutzkonzept auch dann, wenn der Abschiebung zwar anderweitige - nicht unter § 53 Abs. 1, 2, 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG oder § 54 AuslG - fallende Hindernisse entgegenstehen, diese aber keinen gleichwertigen Schutz bieten.
38 
Gleichwertig ist ein anderweitiger Schutz nur, wenn er dem entspricht, den der Ausländer bei Vorliegen eines Erlasses nach § 54 AuslG hätte oder den er bei Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Anderweitiger vergleichbarer Schutz vor Abschiebung besteht ferner dann, wenn der Ausländer im entscheidungserheblichen Zeitpunkt bereits im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung als eines weiterreichenden Titels zum legalen Aufenthalt oder zumindest einer Duldung ist, die aus asylverfahrensunabhängigen Gründen erteilt worden ist und deren Schutzwirkung nicht hinter der einer gesetzlichen Duldung nach § 41 AsylVfG zurückbleibt. Dies dient auch der Verfahrens- und Prozessökonomie, das Bundesamt und die Gerichte von der -u.U. aufwändigen - Prüfung einer extremen Gefahrenlage zu entlasten, wenn der Aufenthalt des Ausländers wegen eines anderweitigen Bleiberechts oder Abschiebungshindernisses ohnehin nicht in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem negativen Abschluss des Asylverfahrens beendet werden kann.
39 
Ein Durchbrechen der Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit demnach nicht zulässig, wenn ebenso wie bei einem Erlass nach § 54 AuslG eine entsprechende sonstige Erlasslage besteht. Für diese ist ebenso wie bei § 54 AuslG nur maßgebend, ob sie besteht und anwendbar ist. Ein Durchbrechen der o.g. Sperrwirkung ist ferner nicht zulässig, wenn der Betroffene einen Abschiebungsschutz besitzt, den er bei unmittelbarer Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erreichen könnte. Wird ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG festgestellt, ist die Abschiebung in den betreffenden Staat - ohne Aufhebung der Androhung und der Ausreisepflicht -in widerruflicher Weise für die Dauer von zunächst drei Monaten ausgesetzt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AsylVfG); nach Ablauf von drei Monaten entscheidet die Ausländerbehörde - unter Beachtung der Bindungswirkung der Entscheidung zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach § 42 AsylVfG - über die Erteilung einer Duldung (§ 41 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG) (zum Ganzen vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.7.2001, BVerwGE 114, 379 f. = NVwZ 2001, 1420 f., m.w.N. zur Rspr. des Gerichts).
40 
Ein danach gleichwertiger Abschiebungsschutz besteht im Falle des Klägers auf der Grundlage der baden-württembergischen Erlasslage. Nach dem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 21.11.2003 (abgedruckt u.a. in Asylmagazin 2003, 15) hat eine freiwillige Rückkehr in den Irak Vorrang vor der zwangsweisen Rückführung dorthin, von der erst nach Schaffung eines abgestimmten Konzepts des Bundes mit den Ländern Gebrauch gemacht werden soll. Dem Rechnung tragend hat das Innenministerium Baden-Württemberg durch Erlass vom 27.11.2003 (4-13-IRK/12) entschieden, dass irakischen Staatsangehörigen Duldungen erteilt werden bzw. ausgesprochene Duldungen verlängert werden.
41 
Einen entsprechenden Beschluss hat die Konferenz der Innenminister und -senatoren in ihrer Sitzung vom 7. und 8. Juli 2004 gefasst, für dessen Umsetzung das Innenministerium Baden-Württemberg mit Erlass vom 29.7.2004 (4-13-IRK/12) eine weitere Regelung getroffen hat. Danach ist eine freiwillige Rückkehr in den Irak grundsätzlich möglich und zumutbar und es kommt daher die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und Abs. 4 AuslG in der Regel nicht mehr in Betracht. Jedoch können Duldungen weiterhin für jeweils drei Monate verlängert werden. Sobald Rückkehrmöglichkeiten gegeben seien, wird das Innenministerium darüber informieren.
42 
Da sich die Frage nach der Gleichwertigkeit auf den Abschiebungsschutz bezieht (und beschränkt), ist es rechtlich unerheblich, dass die Erlasslage auch von der Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr der Betroffenen in den Irak ausgeht und deshalb die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis für Betroffene ausschließt. Folgt aus dem Nachrang der verfassungskonformen Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG deren Nichtanwendung dann, wenn der Ausländer bereits eine den vergleichbar wirksamen Abschiebungsschutz vermittelnde Duldung besitzt oder diese ihm auf Grund der ausländerrechtlichen Erlasslage gewährt wird oder gewährt werden muss, so kommt es nicht darauf an, ob der Schutz auf rechtlichen - insbesondere inlandsbezogenen - Abschiebungshindernissen, die auch die Zumutbarkeit der freiwilligen Rückkehr ausschließen, oder lediglich auf faktischen Abschiebungshindernissen beruht. Denn auch der auf § 54 AuslG beruhende Abschiebungsschutz umfasst keine Feststellung zur Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr, da er nach politischem Ermessen gewährt wird. Abschiebungsschutz in diesem Sinn kann auch dann gewährt werden, wenn dieser weder einfachgesetzlich noch verfassungsrechtlich zwingend geboten ist.
43 
Der nach allem entscheidungserhebliche gleichwertige Abschiebungsschutz ist entsprechend der o.a. Erlassregelung gewährleistet, nach der irakischen Staatsangehörigen mit Blick auf die derzeitigen Verhältnisse in ihrem Heimatland eine dreimonatige Duldung zu erteilen ist. Der hiervon gleichfalls erfasste Kläger steht im rechtlichen Ergebnis deshalb nicht schlechter als er im Falle der Gewährung von Abschiebungsschutz durch einen Erlass nach § 54 AuslG stünde. Dann hätte ein auf § 53 Abs. 6 AuslG in verfassungskonformer Anwendung gestütztes Feststellungsbegehren zwar keinen Erfolg, indes wäre eine Rechtsschutzlücke nicht gegeben. Sollte der durch die in Rede stehende Erlasslage vermittelte Abschiebungsschutz entfallen, kann der Betroffene unter Berufung auf eine extreme Gefahrenlage jederzeit ein Wiederaufgreifen des Verfahrens fordern. Bis zu einer Entscheidung des Bundesamts darf die Abschiebung nur vollzogen werden, wenn der Betroffene zuvor Gelegenheit zur Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes hatte (dazu BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.). Ist davon auszugehen, dass ein gleichwertiger Abschiebungsschutz hier gegeben ist, kann offen bleiben, ob dieser auch dem aus § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG folgenden (gleichwertig) entspricht. Jedenfalls scheidet eine Feststellung eines Abschiebungshindernisses in verfassungskonformer Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG aus.
44 
Sie kommt unabhängig davon auch deshalb nicht in Betracht, weil eine außergewöhnliche („extreme“) Gefahrenlage für den Fall der Rückkehr des Klägers in den Irak nicht festgestellt werden kann.
45 
Ob von einer solchen Lage auszugehen ist, ist nach den Verhältnissen des Landes zu beurteilen, in das abgeschoben werden soll (BVerwG, Urt. vom 12.7.2001, a.a.O.). Diese Verhältnisse sind landesweit in Blick zu nehmen. Auch wenn man erhebliche Gefährdungsmomente für einen zurückkehrenden Iraker annehmen würde, wäre diese Gefahrenlage indes nicht im gesamten Land anzunehmen. Dass allein der Schluss erlaubt sei, im Falle der Abschiebung irakischer Staatsangehöriger würden diese gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen oder mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungerstod ausgeliefert (s. dazu das bereits oben genannte Urteil des BVerwG vom 12.7.2001, a.a.O., m.w.N.), lässt sich nicht feststellen.
46 
Nicht zu verkennen ist allerdings, dass die Sicherheitslage im Irak äußerst angespannt ist und Gewaltakte, wie der täglichen Berichterstattung durch die Medien zu entnehmen ist, an der Tagesordnung sind (Auswärtiges Amt , Ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 7.5.2004; Süddeutsche Zeitung vom 30.6.2004). Auch die Kriminalität - vor allem in den Städten - hat zugenommen, wenn auch Polizei- und Ordnungskräfte begrenzte Erfolge im Kampf gegen die allgemeine Kriminalität aufweisen können (AA vom 7.5.2004). Ferner zeigt der innerirakische politische Machtkampf, dass eine erhebliche Gewaltbereitschaft besteht, wenn es um die zukünftige Teilhabe an der Regierungsmacht geht. Der mäßigende Einfluss des schiitischen Führers Sistani, dem es gelang, die Auseinandersetzungen in Nadjaf zu beenden, ist bislang selbst bei den Schiiten des Landes nicht uneingeschränkt wirksam. Zunehmend ist auch die Zahl der gewalttätigen terroristischen Auseinandersetzungen, die irakischen, aber auch ausländischen Gruppen zugeschrieben werden, und die zunehmend auch im anfänglich stabilen Norden des Landes erfolgen (UNCHR, UNHCR-Position zur Rückkehrgefährdung irakischer Schutzsuchender vom März 2003).
47 
Indes lässt sich nicht feststellen, dass Terror und Gewalt landesweit erfolgen. Vielmehr sind es vorwiegend wirtschaftlich bedeutsame Objekte und lokale Bereiche, die von gewalttätigen terroristischen Anschlägen betroffen sind. So sind es vor allem die Besatzungstruppen, die mit ihnen zusammenarbeitenden Politiker und sonstige irakische Staatsangehörige, die mit Racheakten zu rechnen haben. Namentlich auch die neu gebildeten irakischen Polizeikräfte sind immer mehr Ziel von Anschlägen (AA vom 7.5.2004; Die Welt vom 16.4.2004). Auszugehen ist daher von - wenn auch erheblichen - Auseinandersetzungen gewaltsamer Art, die aber als noch regional begrenzt anzusehen sind und namentlich die größeren Städte oder Orte mit exponierten Einrichtungen betreffen, jedenfalls aber nicht als landesweit bestehende Gefahrenlage zu beurteilen sind. Auch fällt auf, dass erkennbares Ziel von Anschlägen vor allem herausragende Persönlichkeiten (prominente Politiker und Geistliche) bzw. besondere Einrichtungen sind (FAZ vom 14.6.2004). Dass die Folgen solcher gewalttätigen Auseinandersetzungen und Anschläge die Bevölkerung gleichsam „blind“ (mit-)treffen können, ist in Betracht zu ziehen, trägt allerdings die Annahme einer landesweit bestehenden extremen Gefahrenlage nicht (ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 30.3.2004, aaO).
48 
Auch die Versorgungslage im Irak stellt sich nicht als extrem existenziell gefährdend dar. Die Lebensmittelversorgung ist seit der Wiederaufnahme des „Oil-for-Food“-Programms nach den Kriegshandlungen wieder gewährleistet, auch wenn Millionen von Menschen auf fremde Hilfe angewiesen bleiben (AA vom 7.5.2004). Die Stromversorgung leidet zwar zunehmend unter den Anschlägen auf die Elektrizitätswerke (FAZ vom 21.6.2004) und wird - wie die mit ihr zusammenhängende Trinkwasserversorgung - als kritisch bezeichnet, ohne dass indes von einer „existenziellen Gefährdung“ ausgegangen werden kann (AA vom 7.5.2004). Eine befürchtete „humanitäre Katastrophe“ ist ausgeblieben, wobei die Lage im Nordirak wegen der dort vorhandenen Verwaltungsstrukturen besser ist als im Süden des Landes und im Zentralirak. Die medizinische Grundversorgung ist möglicherweise nicht im Einzelfall, aber dem Grunde nach gewährleistet (AA vom 7.5.2004).
49 
Unter den genannten Umständen, dass einerseits die möglicherweise extreme Gefahrenlage nicht landesweit besteht und andererseits die Versorgungslage als zwar angespannt aber nicht existenziell gefährdend zu beurteilen ist, kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Dies würde unabhängig davon gelten, ob es ihm gelingen würde, im Nordirak Fuß zu fassen, oder ob er gezwungen wäre, in sein Herkunftsgebiet im Zentralirak zurückzukehren.
50 
Auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. dazu §§ 34, 38 AsylVfG i.V.m. § 50 AuslG).
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 (entspr.) VwGO, § 83b AsylVfG.
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Anerkennung als Asylberechtigter.
Der am ... geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo (Decan). Er reiste im Jahr 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) vom ... wurde der Kläger als Asylberechtigter anerkannt und es wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich seiner Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen. Hierzu war das Bundesamt durch das seit dem 11.08.1999 rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 (A 4 K 13764/95) verpflichtet worden. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte seine Entscheidung damit begründet, dass dem Kläger im serbischen Teil der Bundesrepublik Jugoslawien aufgrund seiner albanischen Volkszugehörigkeit durch die von Milosevic geführte Regierung politische Gruppenverfolgung drohe. Das Kosovo stelle zum Entscheidungszeitpunkt keine hinreichend sichere Fluchtalternative dar. Denn dort drohten dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit existenzielle Gefahren. Diese ergäben sich daraus, dass ca. 500.000 Kosovo-Albaner als Binnenflüchtlinge in Wäldern leben müssten. Ferner seien 2/3 der Dörfer im Kosovo zerstört. Wegen des Ausfalls der Ernte im Jahr 1999 drohe eine Hungersnot. Die medizinische und die Trinkwasserversorgung seien in der Folge der Vertreibungsmaßnahmen durch die Serben und die NATO-Luftangriffe zusammengebrochen. Außerdem sei das Kosovo großflächig vermint. In Einzelfällen komme es noch zu Übergriffen serbischer paramilitärischer Gruppen. Die Teilrepublik Montenegro scheide als inländische Fluchtalternative ebenfalls aus.
Am 27.05.2003 leitete das Bundesamt ein Widerrufsverfahren ein und gab dem Kläger mit Schreiben vom 01.07.2003 Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Bevollmächtigte des Klägers trug mit Schreiben vom 15.09.2003 vor, es sei richtig, dass zur Zeit keine politische Verfolgung der Albaner im Kosovo mehr stattfinde. Jedoch habe die Gewalt unter den Ethnien zugenommen. Es habe Tote und Verletzte gegeben. Für den Kläger bestehe daher die Gefahr, dass er Opfer einer Gewalttat werde. 
Mit Bescheid vom 22.09.2003 widerrief das Bundesamt die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Außerdem stellte es fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zur Begründung des Widerrufs nach § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG führte das Bundesamt aus, die innenpolitischen Verhältnisse im Kosovo hätten sich seit Beendigung der Kampfhandlungen im Sommer 1999 grundlegend geändert. Staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegen Albaner könnten mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.
Der Kläger hat am 30.09.2003 Klage erhoben. Er beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 22.09.2003 aufzuheben,
hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung von Ziff. 3 des Bescheides vom 22.09.2003 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Zur Begründung verweist sie auf die angefochtene Entscheidung.
11 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Behördenakten vor. Diese waren ebenso Gegen-stand der mündlichen Verhandlung wie die den Beteiligten bekannt gegebenen Erkenntnismittel.

Entscheidungsgründe

 
12 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung anwesend oder vertreten waren (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat auf die Einhaltung der Ladungsfrist und der Beteiligte auf die Förmlichkeiten der Ladung überhaupt  verzichtet.
13 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Widerruf der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und der Feststellung, dass in Bezug auf die Bundesrepublik Jugoslawien (heute: Serbien und Montenegro) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG besteht nicht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage hat das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgestellt (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG).
14 
Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 22.09.2003 findet seine Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 außer Kraft getretenen ist. Denn eine vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bleibt trotz der Rechtsänderung als Verwaltungsakt wirksam (vgl. §§ 43 Abs. 2 und 3, 44 VwVfG). Sie ist nach dem 01.01.2005 als Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu behandeln. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach es sich bei den in den §§ 73, 31, 42 AsylVfG vorgenommenen Änderungen betreffend §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG lediglich um redaktionelle Änderungen handelt, die zur Anpassung an das Aufenthaltsgesetz erforderlich sind (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 110 ff.). Inhaltlich sind die Voraussetzungen des alten § 51 Abs. 1 AuslG vom neuen § 60 Abs. 1 AufenthG zumindest mit umfasst (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 91).
15 
Voraussetzung für einen Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ist eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die dazu führt, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -, juris). Dabei muss eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen wegen zwischenzeitlicher Veränderungen im Verfolgerstaat mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse müssen sich dort so einschneidend und dauerhaft geändert haben, dass der Betroffene ohne Verfolgungsfurcht heimkehren kann. Dieser Prognosemaßstab gilt dabei zunächst für diejenigen, auf die der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab schon bei der Anerkennung anzuwenden war, weil sie bereits vor ihrer Ausreise aus dem Verfolgerstaat individuelle politische Verfolgung erlitten hatten. Der Maßstab ist aber auch auf die Personen anzuwenden, die unter dem Druck einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung ausgereist und deshalb ebenfalls als vorverfolgt anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, S. 367 ff.). Damit ist geklärt, dass selbst bei Personen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer verfolgten Gruppe anerkannt wurden (wie vorliegend Angehörige der Gruppe der albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo), ein Widerruf nur dann nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgen kann, wenn sie bei einer Rückkehr in den Verfolgerstaat hinreichend sicher sind, wobei hinreichende Sicherheit in diesem Sinne nur dann gewährleistet ist, wenn sich die Verhältnisse im Verfolgerstaat "hinreichend stabil verändert" haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, vensa). Maßgeblich für die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs von Asylanerkennungen, die - wie hier - in Erfüllung eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils ergangen sind, ist nicht der Zeitpunkt des Ergehens des Anerkennungsbescheids, sondern der des rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteils (BVerwG, Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, NVwZ 2004, 113) .
16 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 festgestellte Sachlage, aufgrund derer es das Bundesamt verpflichtet hat, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen, hat sich nachträglich soweit geändert, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind.
17 
Zum einen haben sich die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seiner Entscheidung zugrunde gelegten Umstände geändert, aus denen es auf das Vorliegen einer politischen Verfolgung der albanischen Volkszugehörigen in den serbisch dominierten Teilen der Bundesrepublik Jugoslawien (ohne Kosovo) geschlossen hat. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe war noch davon ausgegangen, dass das durch die Bundesrepublik Jugoslawien unter Slobodan Milosevic betriebene Verfolgungsprogramm gegen albanische Volkszugehörige in der restlichen Bundesrepublik Jugoslawien auch nach dem durch die NATO erzwungenen Ende der Vertreibungsmaßnahmen im Kosovo fortbestehe. Dieses Verfolgungsprogramm wird mit hinreichender Sicherheit heute nicht mehr betrieben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Regime von Slobodan Milosevic seit Oktober 2000 nicht mehr existiert. Vielmehr wurde anschließend eine Demokratisierung des Staatswesens eingeleitet, wodurch hinreichend gewährleistet ist, dass die Rechte der Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell gegen die albanische Bevölkerungsgruppe unterbleiben (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, juris; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) vom 24.02.2004).
18 
Zum anderen kann auch nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger im Kosovo existenzielle Gefahren drohen, die es ausschlössen anzunehmen, das Kosovo stelle - unterstellt, dem Kläger drohe im restlichen Serbien und Montenegro weiterhin politische Verfolgung - keine hinreichend sichere und zumutbare inländische Fluchtalternative dar.
19 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 seiner Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse haben sich mittlerweile geändert. Das zu einem menschenwürdigen Leben erforderliche Existenzminimum ist jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt gewährleistet. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 23.08.2004 (A 6 S 70/04, vensa) sowie aus dem Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004 (ebenso bereits VGH Bad.-Württ., Urteil v. 17.03.2000 - 14 S 1167/98 -, juris). Aus diesen ergibt sich, dass im Hinblick auf die Versorgung mit Wohnraum, Lebensmitteln und Trinkwasser sowie im Bereich der medizinischen Versorgung so wesentliche Veränderungen eingetreten sind, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, es drohe eine Leben unter dem Existenzminimum oder es sei mit lebensbedrohlichen Gefahren oder Nachteilen zu rechnen. Darüber hinaus hat sich auch die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seinem Urteil vom 07.07.1999 noch zugrunde gelegte hohe Minengefahr durch das im Jahr 2001 durchgeführte Minenräumungsprogramm so verringert, dass nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dem Kläger drohten im Kosovo unzumutbare Nachteile. Gleiches gilt für die Gefahr, als albanischer Volkszugehöriger Opfer einer ethnisch motivierten Gewalttat zu werden. Die Unruhen vom März 2004 wurden von der albanischen Bevölkerungsmehrheit verübt und richteten sich vor allem gegen ethnische Minderheiten. Darüber hinaus hat sich die Situation mittlerweile wieder beruhigt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -, vensa und den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
20 
Auch im Übrigen droht dem Kläger im Kosovo gegenwärtig und auf absehbare Zeit keine politische Verfolgung (vgl. dazu z.B. das Urteil der erkennenden Kammer vom 24.08.2000 - A 2 K 10244/00 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 -, Urt. v. 16.03.2000 - A 14 S 2443/98 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -). Seit Rückzug der jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und Beendigung der Kampfhandlungen zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien am 10.06.1999 steht das Kosovo unter internationaler Verwaltung, die eine zivile (UNMIK) und eine militärische Komponente (KFOR) hat. Das Kosovo ist völkerrechtlich zwar weiterhin Teil des Staates Serbien und Montenegro (ehemals: Bundesrepublik Jugoslawien) und der Teilrepublik Serbien. Die Ausübung der Regierungsgewalt des Staates Serbien und Montenegro über das Kosovo ist dagegen de facto suspendiert. Auf der Grundlage der VN-Sicherheitsrats-Resolution 1244 (1999) übernimmt die VN-Mission die Verantwortung für das gesamte öffentliche Leben im Kosovo. UNMIK ist flächendeckend in den Verwaltungen aller Landkreise vertreten. Durch die Etablierung dieser internationalen Zivil- und Sicherheitspräsenz im Kosovo haben staatliche Repressionen nicht nur gegen Kosovo-Albaner, sondern auch gegen die anderen ethnischen Gruppen ein Ende gefunden (vgl. hierzu den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
21 
Daran hat sich auch nach den Unruhen im Kosovo vom März 2004 nichts geändert. Denn für Gewaltanwendungen und Übergriffe durch einzelne Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen besteht, auch so weit bei der Auswahl der Opfer an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, eine staatliche Verantwortlichkeit - mit der Folge, dass deswegen Asyl bzw. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu gewähren ist - nur dann, wenn der Staat oder eine quasi-staatliche Gewalt ausübende Organisation zur Schutzgewährung entweder nicht bereit ist oder sich nicht in der Lage sieht, die ihm bzw. ihr an sich verfügbaren Mittel im konkreten Fall gegenüber Verfolgungsmaßnahmen bestimmter Dritter (hinreichend) einzusetzen (vgl. die Klarstellung in § 60 Abs. 1 S. 4 AufenthG, BT-Drs. 15/420 v. 07.02.2003, S. 91 und BVerfG, Beschluss v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE, 80, 315 ff.). KFOR und UNMIK, die im Kosovo de facto die staatliche Gewalt des Staates Serbien und Montenegro wahrnehmen, sind schutzbereit und grundsätzlich auch dazu in der Lage, wenn sie auch die Sicherheit nicht in jedem Einzelfall immer zuverlässig gewährleisten können. Vielmehr haben die KFOR-Truppen, nachdem die NATO nach den Unruhen vom März 2004 eine Verstärkung von 2.000 Mann in das Kosovo geschickt hat, die Sicherheitslage wieder unter Kontrolle (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo); UNHCR-Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen v. 30.03.2004).
22 
Gründe, aus denen nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen wäre, sind vorliegend nicht erkennbar.
23 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ i.S.v. § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG erfolgte, kann dahinstehen. Denn der Kläger wäre selbst bei einer Verletzung der Pflicht zum unverzüglichen Widerruf nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf der Asylanerkennung dient allein dem öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG. Diese lassen nicht erkennen, das Gebot, die Asylanerkennung bei Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen "unverzüglich" zu widerrufen, solle - auch - den als Asylberechtigter anerkannten Ausländer schützen, insbesondere einem Vertrauen in den Fortbestand der Asylanerkennung Rechnung tragen. Das Gesetz ordnet den Widerruf im öffentlichen Interesse an, wobei der Widerruf - im Unterschied zu einem Widerruf nach § 49 VwVfG - nicht etwa im Ermessen der Behörde liegt. Ebenso ist die Unverzüglichkeit des Widerrufs erkennbar allein im öffentlichen Interesse vorgeschrieben. Das ergibt sich deutlich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Bereits nach § 16 Abs. 1 S. 1 AsylVfG i.d.F. des Gesetzes vom 09.07.1990 (BGBl. I S. 1354) war der Widerruf zwingend geboten. Auch bei längerem Zeitablauf nach Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen konnte der Asylberechtigte angesichts dieser Rechtslage nicht darauf vertrauen, dass von einem Widerruf abgesehen würde. Die Ergänzung um das Wort "unverzüglich" in der Neuregelung des § 73 AsylVfG durch das Gesetz vom 26.06.1992 (BGBl. I S. 1126) wurde - allein - mit der Notwendigkeit der Beschleunigung des Verfahrens begründet (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 12/2062, S. 1). Die Unverzüglichkeit des Widerrufs dient demnach ausschließlich dem öffentlichen Interesse daran, den Status eines Asylberechtigten möglichst schnell auf diejenigen Personen zu beschränken, die tatsächlich Schutz vor politischer Verfolgung benötigen (BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997 - 9 B 280/97 -, juris; VGH Bad.-Württ, Beschluss v. 26.03.1997 - A 14 S 2854/96 -, AuAS 1997, S. 162 f.; VG Sigmaringen, Urteil v. 02.12.2003 - A 4 K 11498/01 -, juris; a.A. VG Stuttgart, Urteil v. 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -, InfAuslR 2003, 261).
24 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG ist auf § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht anwendbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -, vensa). Darüber hinaus hätte sie auch frühestens nach Ablauf der vom Bundesamt gesetzten Anhörungsfrist bzw. Eingang der Stellungnahme des Klägers (§ 73 Abs. 4 AsylVfG) zu laufen begonnen (BVerwG, Urteil v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, das offen lässt, ob § 48 Abs. 4 VwVfG auf § 73 AsylVfG anwendbar ist). 
25 
Die Entscheidung der Beklagten über den Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG war nicht nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG nach Ermessen zu treffen. Die ab 01.01.2005 geltende Vorschrift des § 73 Abs. 2a S. 1-3 AsylVfG ist nämlich aus Gründen des materiellen Rechts nicht auf Widerrufsentscheidungen anzuwenden, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben oder richtigerweise zugestellt (§ 73 Abs. 5 AsylVfG) und damit wirksam wurden (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Daher lassen sich aus § 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG, wonach das Gericht für die Entscheidung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen hat, für den vorliegenden Fall keine gegenteiligen Schlussfolgerungen ableiten.
26 
Für die ab 01.01.2005 geltende Änderung des § 73 AsylVfG existiert keine ausdrücklich geregelte Übergangsvorschrift. Die Vorschriften in §§ 87 ff. AsylVfG gelten unmittelbar nur für frühere Rechtsänderungen. Fehlt eine Übergangsvorschrift, ist zunächst die konkrete Rechtsnorm und ihre Auslegung maßgeblich für die Beantwortung der Frage, auf welche Rechtsverhältnisse die Norm angewandt werden soll. Bei Zweifelsfällen geben die Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts Anhaltspunkte (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (595)). Hier folgt die Nichtanwendbarkeit des § 73 Abs. 2a AsylVfG auf vor dem 01.01.2005 bekannt gegebene Widerrufsentscheidungen aus einer Kombination aus Auslegung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und Anwendung der allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, die auch in § 96 VwVfG ihren Niederschlag gefunden haben. Eine vergleichende Anwendung der §§ 87 ff. AsylVfG führt hier nicht weiter, weil sich aus ihnen keine allgemein gültigen Aussagen ableiten lassen.
27 
Nach dem Wortlaut des § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG ist über den Widerruf oder die Rücknahme einer Asylanerkennung nach Ermessen zu entscheiden, wenn nach der von S. 1 vorgeschriebenen Prüfung kein Widerruf bzw. keine Rücknahme erfolgt ist. Damit ist die Erforderlichkeit der Ermessensentscheidung an die vorherige Durchführung eines Prüfverfahrens gekoppelt, das nach § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Sinn der Einführung einer konkreten Frist für die Überprüfung der Asylanerkennungen ist nach dem Willen des Gesetzgebers, dass die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme, die in der Praxis bislang leer gelaufen sind, an Bedeutung gewinnen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 112). Damit wird wie bei dem im Jahr 1992 in Absatz 1 hinzugefügten Erfordernis eines „unverzüglichen“ Widerrufs dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition gedient. Aus § 73 Abs. 2a AsylVfG und seinem systematischen Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 AufenthG ergibt sich weiter, dass die am 01.01.2005 eingeführte Prüfungspflicht darüber hinaus auch den Interessen des Ausländers zu dienen bestimmt ist. Denn das Bundesamt hat nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG das Ergebnis der Prüfung der Ausländerbehörde mitzuteilen, damit diese über den Aufenthaltstitel des Ausländers befinden kann. Kommt die Prüfung zum Ergebnis, dass kein Widerruf bzw. keine Rücknahme stattfindet, hat der Ausländer, der seit drei Jahren aufgrund seiner Asylanerkennung oder des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufentG eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis und damit auf eine Verfestigung seines Aufenthaltsrechts. Daraus wird deutlich, dass jedenfalls nach der Durchführung einer Prüfung nach Satz 1 des § 73 Abs. 2a AsylVfG und möglicherweise auch nach Ablauf der Dreijahresfrist ohne Durchführung einer Prüfung das Vertrauen des Ausländers darauf, dass er nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bzw. ein verfestigtes Aufenthaltsrecht besitzt (dazu: Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 80), im Rahmen der Ermessenentscheidung nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG zu berücksichtigen ist.
28 
Dieser Ermessensentscheidung bedarf es jedoch nicht in Fällen, in denen kein Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist, weil  - wie hier - vom Bundesamt gar kein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter wurde hier widerrufen, bevor einer Prüfung des Widerrufs oder einem dreijährigen Nichtprüfen durch das Bundesamt aufgrund der Neuregelung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und des § 26 Abs. 3 AufenthG überhaupt ein Bedeutungsgehalt dergestalt zu kommen konnte, dass nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bestehe. Denn bis zum 01.01.2005 war das Bundesamt nicht innerhalb einer bestimmten Frist zur Prüfung, ob ein Widerruf oder eine Rücknahme in Betracht kommt, verpflichtet und musste auch keine Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG an die Ausländerbehörde vornehmen.
29 
Dass § 73 Abs. 2a S. 1 und 2 AsylVfG auf die bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufs- bzw. Rücknahmeentscheidungen nicht anwendbar sind, ergibt sich aus den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, wonach neues Verfahrensrecht nicht auf abgeschlossene Verfahren angewandt werden kann (vgl. Kopp, SGb 1993, S. 593 ff.; BVerwG, Urteil v. 26.03.1985 - 9 C 47/84 -, juris; Urteil v. 18.02.1992 - 9 C 59/91 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 28.05.1991 - A 16 S 2357/90 -, juris). Ob ein Verwaltungsverfahren mit Bekanntgabe, das heißt Wirksamwerden, des Verwaltungsaktes oder jedenfalls mit Abschluss eines eventuell durchzuführenden Widerspruchsverfahrens abgeschlossen ist - wofür die Zielhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens nach § 9 VwVfG sowie der Umstand spricht, dass die Übergangsvorschriften der §§ 87 und 87a AsylVfG im Hinblick auf die Regelung der Anwendung neuer Vorschriften zwischen Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren unterscheiden - (so im Ergebnis auch: BVerwG, Urteil v. 12.08.1977 - IV C 20.76 -, BVerwGE 54, S. 257  (259); Urteil v. 27.09.1989 - 8 C 88.88 -, BVerwGE 82, 336 ff.; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 1; P. Stelkens/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 96, Rn. 2) oder erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit (so Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 4), kann vorliegend dahinstehen. Denn es können jedenfalls nicht nachträglich fristgebundene Verfahrenshandlungen verlangt werden, mit denen die Beteiligten nach dem bisherigen Recht nicht rechnen mussten und denen sie auch keine Rechnung mehr tragen können, weil die maßgeblichen Tatsachen bzw. Handlungen bereits in der Vergangenheit lagen oder in der Vergangenheit hätten gesetzt werden müssen, als die nunmehr damit verbundenen Folgerungen noch nicht daran geknüpft waren (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (601)). Dies ist hier der Fall. Das Bundesamt hat bei bereits bekannt gegebenen Widerrufs- oder Rücknahmeentscheidungen keine Möglichkeit mehr, die Prüfungsfrist des § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG einzuhalten und die Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG im Anschluss an eine fristgerecht durchgeführte Prüfung zu machen.
30 
Das hilfsweise geltend gemachte Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG liegt nicht vor. Beruft sich der Ausländer - wie der Kläger - nur auf Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, muss wegen der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG eine Gefahrenlage gegeben sein, die landesweit so beschaffen ist, dass der von einer Abschiebung Betroffene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert oder der extremen Gefahr ausgesetzt wäre, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben oder Opfer einer Gewalttat zu werden (vgl. BVerwG, Urteil v. 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, DVBl. 2001, 1531). Diese zu § 53 Abs. 6 AuslG ergangene Rechtsprechung gilt auch für § 60 Abs. 7 AufenthG, weil es sich insoweit nur um eine redaktionelle Änderung handelt (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Eine derart extreme Gefahrenlage besteht - wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt - für den Kläger im Kosovo im Hinblick auf die allgemeine soziale und wirtschaftliche Situation und die Sicherheitslage nicht (vgl.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
32 
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 71 Abs. 1 GKG. Der Gegenstandswert folgt aus § 83b Abs. 2 S.1 AsylVfG i.V.m. § 60 RVG.

Gründe

 
12 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung anwesend oder vertreten waren (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat auf die Einhaltung der Ladungsfrist und der Beteiligte auf die Förmlichkeiten der Ladung überhaupt  verzichtet.
13 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Widerruf der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und der Feststellung, dass in Bezug auf die Bundesrepublik Jugoslawien (heute: Serbien und Montenegro) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG besteht nicht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage hat das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgestellt (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG).
14 
Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 22.09.2003 findet seine Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 außer Kraft getretenen ist. Denn eine vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bleibt trotz der Rechtsänderung als Verwaltungsakt wirksam (vgl. §§ 43 Abs. 2 und 3, 44 VwVfG). Sie ist nach dem 01.01.2005 als Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu behandeln. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach es sich bei den in den §§ 73, 31, 42 AsylVfG vorgenommenen Änderungen betreffend §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG lediglich um redaktionelle Änderungen handelt, die zur Anpassung an das Aufenthaltsgesetz erforderlich sind (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 110 ff.). Inhaltlich sind die Voraussetzungen des alten § 51 Abs. 1 AuslG vom neuen § 60 Abs. 1 AufenthG zumindest mit umfasst (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 91).
15 
Voraussetzung für einen Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ist eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die dazu führt, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -, juris). Dabei muss eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen wegen zwischenzeitlicher Veränderungen im Verfolgerstaat mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse müssen sich dort so einschneidend und dauerhaft geändert haben, dass der Betroffene ohne Verfolgungsfurcht heimkehren kann. Dieser Prognosemaßstab gilt dabei zunächst für diejenigen, auf die der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab schon bei der Anerkennung anzuwenden war, weil sie bereits vor ihrer Ausreise aus dem Verfolgerstaat individuelle politische Verfolgung erlitten hatten. Der Maßstab ist aber auch auf die Personen anzuwenden, die unter dem Druck einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung ausgereist und deshalb ebenfalls als vorverfolgt anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, S. 367 ff.). Damit ist geklärt, dass selbst bei Personen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer verfolgten Gruppe anerkannt wurden (wie vorliegend Angehörige der Gruppe der albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo), ein Widerruf nur dann nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgen kann, wenn sie bei einer Rückkehr in den Verfolgerstaat hinreichend sicher sind, wobei hinreichende Sicherheit in diesem Sinne nur dann gewährleistet ist, wenn sich die Verhältnisse im Verfolgerstaat "hinreichend stabil verändert" haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, vensa). Maßgeblich für die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs von Asylanerkennungen, die - wie hier - in Erfüllung eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils ergangen sind, ist nicht der Zeitpunkt des Ergehens des Anerkennungsbescheids, sondern der des rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteils (BVerwG, Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, NVwZ 2004, 113) .
16 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 festgestellte Sachlage, aufgrund derer es das Bundesamt verpflichtet hat, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen, hat sich nachträglich soweit geändert, dass die Voraussetzungen politischer Verfolgung nicht mehr gegeben sind.
17 
Zum einen haben sich die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seiner Entscheidung zugrunde gelegten Umstände geändert, aus denen es auf das Vorliegen einer politischen Verfolgung der albanischen Volkszugehörigen in den serbisch dominierten Teilen der Bundesrepublik Jugoslawien (ohne Kosovo) geschlossen hat. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe war noch davon ausgegangen, dass das durch die Bundesrepublik Jugoslawien unter Slobodan Milosevic betriebene Verfolgungsprogramm gegen albanische Volkszugehörige in der restlichen Bundesrepublik Jugoslawien auch nach dem durch die NATO erzwungenen Ende der Vertreibungsmaßnahmen im Kosovo fortbestehe. Dieses Verfolgungsprogramm wird mit hinreichender Sicherheit heute nicht mehr betrieben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Regime von Slobodan Milosevic seit Oktober 2000 nicht mehr existiert. Vielmehr wurde anschließend eine Demokratisierung des Staatswesens eingeleitet, wodurch hinreichend gewährleistet ist, dass die Rechte der Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell gegen die albanische Bevölkerungsgruppe unterbleiben (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, juris; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) vom 24.02.2004).
18 
Zum anderen kann auch nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger im Kosovo existenzielle Gefahren drohen, die es ausschlössen anzunehmen, das Kosovo stelle - unterstellt, dem Kläger drohe im restlichen Serbien und Montenegro weiterhin politische Verfolgung - keine hinreichend sichere und zumutbare inländische Fluchtalternative dar.
19 
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.07.1999 seiner Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse haben sich mittlerweile geändert. Das zu einem menschenwürdigen Leben erforderliche Existenzminimum ist jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt gewährleistet. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 23.08.2004 (A 6 S 70/04, vensa) sowie aus dem Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004 (ebenso bereits VGH Bad.-Württ., Urteil v. 17.03.2000 - 14 S 1167/98 -, juris). Aus diesen ergibt sich, dass im Hinblick auf die Versorgung mit Wohnraum, Lebensmitteln und Trinkwasser sowie im Bereich der medizinischen Versorgung so wesentliche Veränderungen eingetreten sind, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, es drohe eine Leben unter dem Existenzminimum oder es sei mit lebensbedrohlichen Gefahren oder Nachteilen zu rechnen. Darüber hinaus hat sich auch die vom Verwaltungsgericht Karlsruhe seinem Urteil vom 07.07.1999 noch zugrunde gelegte hohe Minengefahr durch das im Jahr 2001 durchgeführte Minenräumungsprogramm so verringert, dass nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dem Kläger drohten im Kosovo unzumutbare Nachteile. Gleiches gilt für die Gefahr, als albanischer Volkszugehöriger Opfer einer ethnisch motivierten Gewalttat zu werden. Die Unruhen vom März 2004 wurden von der albanischen Bevölkerungsmehrheit verübt und richteten sich vor allem gegen ethnische Minderheiten. Darüber hinaus hat sich die Situation mittlerweile wieder beruhigt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -, vensa und den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
20 
Auch im Übrigen droht dem Kläger im Kosovo gegenwärtig und auf absehbare Zeit keine politische Verfolgung (vgl. dazu z.B. das Urteil der erkennenden Kammer vom 24.08.2000 - A 2 K 10244/00 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 -, Urt. v. 16.03.2000 - A 14 S 2443/98 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -). Seit Rückzug der jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und Beendigung der Kampfhandlungen zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien am 10.06.1999 steht das Kosovo unter internationaler Verwaltung, die eine zivile (UNMIK) und eine militärische Komponente (KFOR) hat. Das Kosovo ist völkerrechtlich zwar weiterhin Teil des Staates Serbien und Montenegro (ehemals: Bundesrepublik Jugoslawien) und der Teilrepublik Serbien. Die Ausübung der Regierungsgewalt des Staates Serbien und Montenegro über das Kosovo ist dagegen de facto suspendiert. Auf der Grundlage der VN-Sicherheitsrats-Resolution 1244 (1999) übernimmt die VN-Mission die Verantwortung für das gesamte öffentliche Leben im Kosovo. UNMIK ist flächendeckend in den Verwaltungen aller Landkreise vertreten. Durch die Etablierung dieser internationalen Zivil- und Sicherheitspräsenz im Kosovo haben staatliche Repressionen nicht nur gegen Kosovo-Albaner, sondern auch gegen die anderen ethnischen Gruppen ein Ende gefunden (vgl. hierzu den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 04.11.2004).
21 
Daran hat sich auch nach den Unruhen im Kosovo vom März 2004 nichts geändert. Denn für Gewaltanwendungen und Übergriffe durch einzelne Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen besteht, auch so weit bei der Auswahl der Opfer an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, eine staatliche Verantwortlichkeit - mit der Folge, dass deswegen Asyl bzw. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu gewähren ist - nur dann, wenn der Staat oder eine quasi-staatliche Gewalt ausübende Organisation zur Schutzgewährung entweder nicht bereit ist oder sich nicht in der Lage sieht, die ihm bzw. ihr an sich verfügbaren Mittel im konkreten Fall gegenüber Verfolgungsmaßnahmen bestimmter Dritter (hinreichend) einzusetzen (vgl. die Klarstellung in § 60 Abs. 1 S. 4 AufenthG, BT-Drs. 15/420 v. 07.02.2003, S. 91 und BVerfG, Beschluss v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE, 80, 315 ff.). KFOR und UNMIK, die im Kosovo de facto die staatliche Gewalt des Staates Serbien und Montenegro wahrnehmen, sind schutzbereit und grundsätzlich auch dazu in der Lage, wenn sie auch die Sicherheit nicht in jedem Einzelfall immer zuverlässig gewährleisten können. Vielmehr haben die KFOR-Truppen, nachdem die NATO nach den Unruhen vom März 2004 eine Verstärkung von 2.000 Mann in das Kosovo geschickt hat, die Sicherheitslage wieder unter Kontrolle (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo); UNHCR-Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen v. 30.03.2004).
22 
Gründe, aus denen nach § 73 Abs. 1 S. 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen wäre, sind vorliegend nicht erkennbar.
23 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ i.S.v. § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG erfolgte, kann dahinstehen. Denn der Kläger wäre selbst bei einer Verletzung der Pflicht zum unverzüglichen Widerruf nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf der Asylanerkennung dient allein dem öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG. Diese lassen nicht erkennen, das Gebot, die Asylanerkennung bei Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen "unverzüglich" zu widerrufen, solle - auch - den als Asylberechtigter anerkannten Ausländer schützen, insbesondere einem Vertrauen in den Fortbestand der Asylanerkennung Rechnung tragen. Das Gesetz ordnet den Widerruf im öffentlichen Interesse an, wobei der Widerruf - im Unterschied zu einem Widerruf nach § 49 VwVfG - nicht etwa im Ermessen der Behörde liegt. Ebenso ist die Unverzüglichkeit des Widerrufs erkennbar allein im öffentlichen Interesse vorgeschrieben. Das ergibt sich deutlich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Bereits nach § 16 Abs. 1 S. 1 AsylVfG i.d.F. des Gesetzes vom 09.07.1990 (BGBl. I S. 1354) war der Widerruf zwingend geboten. Auch bei längerem Zeitablauf nach Eintritt der Widerrufsvoraussetzungen konnte der Asylberechtigte angesichts dieser Rechtslage nicht darauf vertrauen, dass von einem Widerruf abgesehen würde. Die Ergänzung um das Wort "unverzüglich" in der Neuregelung des § 73 AsylVfG durch das Gesetz vom 26.06.1992 (BGBl. I S. 1126) wurde - allein - mit der Notwendigkeit der Beschleunigung des Verfahrens begründet (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 12/2062, S. 1). Die Unverzüglichkeit des Widerrufs dient demnach ausschließlich dem öffentlichen Interesse daran, den Status eines Asylberechtigten möglichst schnell auf diejenigen Personen zu beschränken, die tatsächlich Schutz vor politischer Verfolgung benötigen (BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997 - 9 B 280/97 -, juris; VGH Bad.-Württ, Beschluss v. 26.03.1997 - A 14 S 2854/96 -, AuAS 1997, S. 162 f.; VG Sigmaringen, Urteil v. 02.12.2003 - A 4 K 11498/01 -, juris; a.A. VG Stuttgart, Urteil v. 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -, InfAuslR 2003, 261).
24 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG ist auf § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht anwendbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -, vensa). Darüber hinaus hätte sie auch frühestens nach Ablauf der vom Bundesamt gesetzten Anhörungsfrist bzw. Eingang der Stellungnahme des Klägers (§ 73 Abs. 4 AsylVfG) zu laufen begonnen (BVerwG, Urteil v. 08.05.2003 - 1 C 15/02 -, das offen lässt, ob § 48 Abs. 4 VwVfG auf § 73 AsylVfG anwendbar ist). 
25 
Die Entscheidung der Beklagten über den Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG war nicht nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG nach Ermessen zu treffen. Die ab 01.01.2005 geltende Vorschrift des § 73 Abs. 2a S. 1-3 AsylVfG ist nämlich aus Gründen des materiellen Rechts nicht auf Widerrufsentscheidungen anzuwenden, die vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben oder richtigerweise zugestellt (§ 73 Abs. 5 AsylVfG) und damit wirksam wurden (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Daher lassen sich aus § 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG, wonach das Gericht für die Entscheidung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen hat, für den vorliegenden Fall keine gegenteiligen Schlussfolgerungen ableiten.
26 
Für die ab 01.01.2005 geltende Änderung des § 73 AsylVfG existiert keine ausdrücklich geregelte Übergangsvorschrift. Die Vorschriften in §§ 87 ff. AsylVfG gelten unmittelbar nur für frühere Rechtsänderungen. Fehlt eine Übergangsvorschrift, ist zunächst die konkrete Rechtsnorm und ihre Auslegung maßgeblich für die Beantwortung der Frage, auf welche Rechtsverhältnisse die Norm angewandt werden soll. Bei Zweifelsfällen geben die Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts Anhaltspunkte (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (595)). Hier folgt die Nichtanwendbarkeit des § 73 Abs. 2a AsylVfG auf vor dem 01.01.2005 bekannt gegebene Widerrufsentscheidungen aus einer Kombination aus Auslegung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und Anwendung der allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, die auch in § 96 VwVfG ihren Niederschlag gefunden haben. Eine vergleichende Anwendung der §§ 87 ff. AsylVfG führt hier nicht weiter, weil sich aus ihnen keine allgemein gültigen Aussagen ableiten lassen.
27 
Nach dem Wortlaut des § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG ist über den Widerruf oder die Rücknahme einer Asylanerkennung nach Ermessen zu entscheiden, wenn nach der von S. 1 vorgeschriebenen Prüfung kein Widerruf bzw. keine Rücknahme erfolgt ist. Damit ist die Erforderlichkeit der Ermessensentscheidung an die vorherige Durchführung eines Prüfverfahrens gekoppelt, das nach § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Sinn der Einführung einer konkreten Frist für die Überprüfung der Asylanerkennungen ist nach dem Willen des Gesetzgebers, dass die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme, die in der Praxis bislang leer gelaufen sind, an Bedeutung gewinnen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 112). Damit wird wie bei dem im Jahr 1992 in Absatz 1 hinzugefügten Erfordernis eines „unverzüglichen“ Widerrufs dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung einer dem Ausländer nicht mehr zustehenden Rechtsposition gedient. Aus § 73 Abs. 2a AsylVfG und seinem systematischen Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 AufenthG ergibt sich weiter, dass die am 01.01.2005 eingeführte Prüfungspflicht darüber hinaus auch den Interessen des Ausländers zu dienen bestimmt ist. Denn das Bundesamt hat nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG das Ergebnis der Prüfung der Ausländerbehörde mitzuteilen, damit diese über den Aufenthaltstitel des Ausländers befinden kann. Kommt die Prüfung zum Ergebnis, dass kein Widerruf bzw. keine Rücknahme stattfindet, hat der Ausländer, der seit drei Jahren aufgrund seiner Asylanerkennung oder des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufentG eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis und damit auf eine Verfestigung seines Aufenthaltsrechts. Daraus wird deutlich, dass jedenfalls nach der Durchführung einer Prüfung nach Satz 1 des § 73 Abs. 2a AsylVfG und möglicherweise auch nach Ablauf der Dreijahresfrist ohne Durchführung einer Prüfung das Vertrauen des Ausländers darauf, dass er nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bzw. ein verfestigtes Aufenthaltsrecht besitzt (dazu: Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 80), im Rahmen der Ermessenentscheidung nach § 73 Abs. 2a S. 3 AsylVfG zu berücksichtigen ist.
28 
Dieser Ermessensentscheidung bedarf es jedoch nicht in Fällen, in denen kein Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist, weil  - wie hier - vom Bundesamt gar kein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter wurde hier widerrufen, bevor einer Prüfung des Widerrufs oder einem dreijährigen Nichtprüfen durch das Bundesamt aufgrund der Neuregelung des § 73 Abs. 2a AsylVfG und des § 26 Abs. 3 AufenthG überhaupt ein Bedeutungsgehalt dergestalt zu kommen konnte, dass nun die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bestehe. Denn bis zum 01.01.2005 war das Bundesamt nicht innerhalb einer bestimmten Frist zur Prüfung, ob ein Widerruf oder eine Rücknahme in Betracht kommt, verpflichtet und musste auch keine Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG an die Ausländerbehörde vornehmen.
29 
Dass § 73 Abs. 2a S. 1 und 2 AsylVfG auf die bis zum 31.12.2004 bekannt gegebenen Widerrufs- bzw. Rücknahmeentscheidungen nicht anwendbar sind, ergibt sich aus den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, wonach neues Verfahrensrecht nicht auf abgeschlossene Verfahren angewandt werden kann (vgl. Kopp, SGb 1993, S. 593 ff.; BVerwG, Urteil v. 26.03.1985 - 9 C 47/84 -, juris; Urteil v. 18.02.1992 - 9 C 59/91 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 28.05.1991 - A 16 S 2357/90 -, juris). Ob ein Verwaltungsverfahren mit Bekanntgabe, das heißt Wirksamwerden, des Verwaltungsaktes oder jedenfalls mit Abschluss eines eventuell durchzuführenden Widerspruchsverfahrens abgeschlossen ist - wofür die Zielhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens nach § 9 VwVfG sowie der Umstand spricht, dass die Übergangsvorschriften der §§ 87 und 87a AsylVfG im Hinblick auf die Regelung der Anwendung neuer Vorschriften zwischen Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren unterscheiden - (so im Ergebnis auch: BVerwG, Urteil v. 12.08.1977 - IV C 20.76 -, BVerwGE 54, S. 257  (259); Urteil v. 27.09.1989 - 8 C 88.88 -, BVerwGE 82, 336 ff.; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 1; P. Stelkens/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 96, Rn. 2) oder erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit (so Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 96, Rn. 4), kann vorliegend dahinstehen. Denn es können jedenfalls nicht nachträglich fristgebundene Verfahrenshandlungen verlangt werden, mit denen die Beteiligten nach dem bisherigen Recht nicht rechnen mussten und denen sie auch keine Rechnung mehr tragen können, weil die maßgeblichen Tatsachen bzw. Handlungen bereits in der Vergangenheit lagen oder in der Vergangenheit hätten gesetzt werden müssen, als die nunmehr damit verbundenen Folgerungen noch nicht daran geknüpft waren (Kopp, SGb 1993, S. 593 ff. (601)). Dies ist hier der Fall. Das Bundesamt hat bei bereits bekannt gegebenen Widerrufs- oder Rücknahmeentscheidungen keine Möglichkeit mehr, die Prüfungsfrist des § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG einzuhalten und die Mitteilung nach § 73 Abs. 2a S. 2 AsylVfG im Anschluss an eine fristgerecht durchgeführte Prüfung zu machen.
30 
Das hilfsweise geltend gemachte Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG liegt nicht vor. Beruft sich der Ausländer - wie der Kläger - nur auf Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, muss wegen der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG eine Gefahrenlage gegeben sein, die landesweit so beschaffen ist, dass der von einer Abschiebung Betroffene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert oder der extremen Gefahr ausgesetzt wäre, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben oder Opfer einer Gewalttat zu werden (vgl. BVerwG, Urteil v. 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, DVBl. 2001, 1531). Diese zu § 53 Abs. 6 AuslG ergangene Rechtsprechung gilt auch für § 60 Abs. 7 AufenthG, weil es sich insoweit nur um eine redaktionelle Änderung handelt (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 91). Eine derart extreme Gefahrenlage besteht - wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt - für den Kläger im Kosovo im Hinblick auf die allgemeine soziale und wirtschaftliche Situation und die Sicherheitslage nicht (vgl.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.08.2004 - A 6 S 70/04 -).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
32 
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 71 Abs. 1 GKG. Der Gegenstandswert folgt aus § 83b Abs. 2 S.1 AsylVfG i.V.m. § 60 RVG.

Sonstige Literatur

 
33 
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
34 
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Postfach 11 14 51, 76064 Karlsruhe, oder Nördliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe, zu stellen.
35 
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
36 
Lässt der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt.
37 
Bei der Beantragung der Zulassung der Berufung muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen.
38 
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

(1) Bereits begonnene Verfahren sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen.

(2) Die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangenen Entscheidungen richtet sich nach den bisher geltenden Vorschriften.

(3) Fristen, deren Lauf vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen hat, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften berechnet.

(4) Für die Erstattung von Kosten im Vorverfahren gelten die Vorschriften dieses Gesetzes, wenn das Vorverfahren vor Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abgeschlossen worden ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.