Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 23. Feb. 2018 - 3 L 1470/17.MZ
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Der Wert des Verfahrensgegenstands wird auf 7.500,-- € festgesetzt.
Gründe
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I. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 22. Dezember 2017 gegen die der Beigeladenen unter dem 20. Dezember 2017 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage in der Gemarkung H. wiederherzustellen, ist gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 und Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft und auch ansonsten zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, denn sie kann sich darauf berufen, dass sie durch die Erteilung der streitgegenständlichen Genehmigung an die Beigeladene in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf willkürfreie Verfahrensbehandlung paralleler Genehmigungsanträge möglicherweise verletzt ist. Dies ist für die Zulässigkeit eines gegen die einem Konkurrenten erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung gerichteten Eilantrags ausreichend (vgl. OVG RP, Beschluss vom 21. März 2014 – 8 B 10139/14.OVG –, BauR 2014, 1133 = juris Rn. 13; ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011 – 1 EO 69/11 –, ZNER 2011, 649 = juris Rn. 32; VG Lüneburg, Beschluss vom 7. Juli 2017 – 2 B 43/17 –, juris Rn. 32). Besteht mithin die Möglichkeit einer Verletzung der Antragstellerin in eigenen materiell-rechtlichen Rechtspositionen – hier dem Recht auf willkürfreie Verfahrensbehandlung –, so kann sie zugleich als nach § 61 Nr. 1 VwGO beteiligungsfähige juristische Person des Privatrechts gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V. mit Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Satz 2 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/25EG (Umwelt- Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG) eine mögliche Fehlerhaftigkeit der im Genehmigungsverfahren durchgeführten allgemeinen Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht (§ 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung – UVPG – in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juli 2017 [GVBl. I S. 2808] i.V.m. Nr. 1.6.2 Sp. 2 der Anlage 1) geltend machen. Soweit demgegenüber die Beigeladene unter Bezugnahme auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Januar 2018 (8 B 796/17) offenbar der Auffassung ist, die Geltendmachung von Fehlern bei der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG erfordere (zudem) die Geltendmachung von individualschützenden Nachbarbelangen etwa im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – BImSchG –, übersieht sie, dass die Möglichkeit, Mängel in Bezug auf die Umweltverträglichkeitsprüfung mit Erfolg geltend zu machen, zur Vermeidung einer UVP-Interessentenklage (lediglich) eineanders als über das bloße Verfahrensrecht hinausgehende Klage- oder Antragsbefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO voraussetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 A 30/10 –, NVwZ 2012, 573 = juris Rn. 22; Fellenberg/Schiller in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Juli 2017, § 4 UmwRG Rn. 47 m.w.N.).
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II. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 a Abs. 3 und Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche summarische Sach- und Rechtsprüfung ergibt, dass die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung weder an einer fehlerhaften UVP-Vorprüfung leidet noch die Antragstellerin in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf willkürfreie Verfahrensbehandlung paralleler Genehmigungsanträge verletzt. Zu berücksichtigen ist überdies, dass nach § 4 Abs. 1 b Satz 1 UmwRG selbst eine unterbliebene oder fehlerhafte UVP-Vorprüfung nur dann zur Aufhebung der Genehmigung führt, wenn der Verfahrensverstoß nicht durch Ergänzungsentscheidung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Mit dieser durch Art. 1 Nr. 4 Buchst c) des Gesetzes zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 2017 (BGBl. I S. 1298) in das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz neu aufgenommenen und auf das vorliegende Verfahren anwendbaren Vorschrift wird das Prozessrecht bei Anfechtungsklagen mit dem Ziel einer Ressourcenschonung und Verfahrensbeschleunigung modifiziert. Die normale Folge einer Rechtswidrigkeit der Genehmigung, nämlich die Kassation nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, soll vermieden werden, wenn sich der Fehler durch Genehmigungsergänzung oder in einem ergänzenden Verfahren beheben lässt. Das Gesetz räumt mithin der Fehlerbehebung den Vorrang vor einer Aufhebung der Genehmigung ein, wie sich aus der Formulierung „nur dann“ ergibt. Geringfügige, überschaubare und grundsätzlich korrigierbare Fehler sollen nicht zwangsläufig zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung führen (vgl. Seibert, Die Fehlerbehebung durch ergänzendes Verfahren nach dem UmwRG, NVwZ 2018, 97) und begründen damit im Rahmen der im Verfahren nach § 80 a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 VwGO anzustellenden Interessenabwägung nicht zwingend ein Aussetzungsinteresse hinsichtlich des Vollzugs (vgl. auch Arnsberg, Beschluss vom 4. Oktober 2016 – 8 L 1257/16 –, juris Rn 36).
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Gemessen an diesen Voraussetzungen gebührt im Rahmen der anzustellenden, sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientierenden Interessenabwägung dem Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzbarkeit der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Vorrang vor dem Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres gegen die Genehmigung erhobenen Widerspruchs (vgl. OVG RP, Beschluss vom 6. Januar 2016 – 8 B 11060/15.OVG –, juris Rn. 5 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. August 2014 – OVG 10 S 5712 –, juris Rn. 3; BayVGH, Beschluss vom 26. Juli 2011 – 14 CS 11.535 –, juris Rn. 18).
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1. Zunächst entspricht die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 20. Dezember 2017 den formellen Anforderungen der §§ 80a Abs. 3 Satz 1 und Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Danach ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen. Sinn der Begründungspflicht ist es, dass sich die Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führt und sie veranlasst wird, mit Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Interesse die Anordnung des Sofortvollzugs erfordert (vgl. VGH BW, Beschluss vom 24. Juni 2002 – 10 S 985/02 –, NZV 2002, 580 = juris Rn. 8; OVG NW, Beschluss vom 22. Januar 2001 – 19 B 1757/00 –, NZV 2001, 396 = juris Rn. 2; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage 2008, Rn. 741 m.w.N.). Dieser „Selbstkontrolle“ wird die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs in der hier angefochtenen Genehmigung gerecht. Die Antragsgegnerin hat im Einzelnen die für den Sofortvollzug streitenden öffentlichen Interessen (zügiger Ausbau erneuerbarer Energien im Interesse des Klimaschutzes) und privaten Interessen der Beigeladen (wirtschaftliches Interesse an einer zügigen Umsetzung der Genehmigung) dargelegt (vgl. S. 36 f. des Genehmigungsbescheids). Diese einzelfallbezogenen Erwägungen genügen in formaler Hinsicht dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
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2. Der Antrag ist auch in materieller Hinsicht unbegründet. Die streitgegenständliche Genehmigung erweist sich nicht schon deshalb als rechtswidrig, weil die ihr zugrundeliegende UVP-Vorprüfung ihrerseits an Rechtsfehlern leidet (a). Darüber hinaus verletzt sie auch nicht das Recht der Antragstellerin auf sachgerechte und willkürfreie Behandlung von sich gegenseitig ausschließenden Genehmigungsanträgen (b)
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a) Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit u.a. eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a) UVPG verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt oder nicht nachgeholt worden ist. Anknüpfungspunkt für die Rechtsfolge einer Aufhebung der Zulassungsentscheidung ist mithin eine fehlerhaft unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung. Diese Fehler sind erheblich, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, wie es § 46 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – sonst voraussetzt. Hieraus folgt, dass eine Genehmigungsentscheidung, die ohne die hierfür erforderliche UVP oder UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf die Klage eines gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugten Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG grundsätzlich allein wegen dieses Fehlers aufgehoben werden kann. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt das auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG genügt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 C 36/13 –, BVerwGE 151, 138 = juris Rn. 34 m.w.N.).
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Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG ist, wenn die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 7 UVPG beruht, die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 7 UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 UVPG muss die zuständige Behörde in den Fällen einer allgemeinen Vorprüfung einschätzen, ob das Vorhaben aufgrund überschlägiger Prüfung der in der Anlage 3 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 25 Abs. 2 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 UVPG ist bei der Vorprüfung auch zu berücksichtigen, inwieweit durch Vorkehrungen des Trägers des Vorhabens Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen werden. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, liegen nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung muss vielmehr durchgeführt werden, wenn Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 25 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014, a.a.O = juris Rn. 27, 28 m.w.N.).
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Die Genehmigungsbehörde darf im Rahmen der Vorprüfung nicht bereits mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für dieses Verfahren obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. August 2008 – 4 C 11/07 –, BVerwGE 131, 352 = juris Rn. 35, und vom 20. Dezember 2011 – 9 A 31/10 –, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 25). Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezem- ber 2011 – 9 A 31/10, a.a.O. = juris Rn. 25). Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014, a.a.O = juris Rn. 29 m.w.N.).
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Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung zur UVP-Pflichtigkeit unterliegt nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Zu untersuchen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Dementsprechend muss eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden haben, und das Ergebnis der Vorprüfung darf keine Rechtsfehler aufweisen, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Diese Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht. Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014, a.a.O. = juris Rn.- 30 m.w.N.).
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Gemessen an diesen Voraussetzungen erweist sich die durchgeführte UVP-Vorprüfung bei summarischer Sach- und Rechtsprüfung jedenfalls keinen durchgreifenden Rechtsbedenken ausgesetzt. Insbesondere ist handgreiflich nichts dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin bei der Vorprüfung bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung in nicht unzulässiger Weise vorweggenommen hat.
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aa) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist das Ergebnis der Vorprüfung durch die Antragsgegnerin nicht in sich widersprüchlich, soweit dort ausgeführt ist, „Gemäß den unter I genannten Unterlagen kann es durch die Errichtung der geplanten Windenergieanlage zu erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzgüter Landschaft sowie Fauna und hier insbesondere Vögel, Fledermäuse und Feldhamster kommen. Unter Berücksichtigung der in den Unterlagen genannten Vermeidungs- Minimierungs- Ausgleichs- und Monitoring-Maßnahmen ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht davon auszugehen, dass das Vorhaben zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führt. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist nach überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Kriterien nicht erforderlich“ (vgl. III. des Ergebnisses der UVP-Vorprüfung vom 3. November 2017). Mit der gewählten Formulierung stellt die Antragsgegnerin klar, dass das geplante Vorhaben der Beigeladenen (grundsätzlich) zu erheblichen Beeinträchtigungen der genannten Schutzgüter führen kann, dass jedoch unter Berücksichtigung der Maßnahmen, die in den der UVP-Vorprüfung zugrunde gelegten Unterlagen genannt sind, derartige Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind. Eine widersprüchliche Aussage ist darin nicht zu erkennen.
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bb) Soweit die Antragsgegnerin auf die im Rahmen der 34. Änderung des Flächennutzungsplans erfolgten Untersuchungen zum Thema Vogelzug von einer erneuten Prüfung im Rahmen der UVP-Vorprüfung abgesehen hat, führt dies nicht zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Umweltverträglichkeitsprüfung, denn eine solche Prüfung war im Hinblick auf den hinter § 50 Abs. 3 UVPG stehenden Rechtsgedanken nicht erforderlich. Nach dieser Vorschrift – die entgegen der Ansicht der Antragstellerin in entsprechender Anwendung auch für Flächennutzungspläne gilt (vgl. OVG HH, Beschluss vom 23. Juni 2017 – 1 Bs 14/17 –, juris Rn. 51; VG Hamburg, Beschluss vom 3. Januar 2017 – 9 E 5500/16 –, juris Rn. 26 f. [jeweils zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 17 Abs. 3 UVPG a.F.]; i.E. auch Krautzberger/Stüer, Städtebaurecht 2004: Umweltprüfung und Abwägung, DVBl. 2004, 914, 922) – soll die Umweltverträglichkeitsprüfung (oder UVP-Vorprüfung) in einem nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens beschränkt werden, wenn bereits in einem Bauleitplanverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung (oder Umweltprüfung) durchgeführt wurde. Aus der Ausgestaltung von § 50 Abs. 3 UVPG als „Soll-Vorschrift“ folgt zugleich, dass von diesem Grundsatz – der der Vermeidung von Doppelprüfungen dient (vgl.BT-Drs 12/4340, S. 28) – nur ausnahmsweise abgewichen werden soll, etwa wenn der Zulassungsbehörde wesentliche neue Erkenntnisse vorliegen oder wenn die Ergebnisse des Bauleitplanverfahrens aufgrund einer erheblichen zeitlichen Distanz nicht mehr verwertbar sind (vgl. Wulfhorst in: Landmann/Rohmer, a.a.O. § 17 UVPG Rn. 49; Wagner/Paßlick in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auf- lage 2012, § 17 Rn. 192).
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Gemessen an diesen Voraussetzungen ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin unter Zugrundelegung der im Rahmen der 34. Änderung des Flächennutzungsplans gewonnenen und im Flächennutzungsplan etwa durch Darstellung eines 2 km breiten von Bebauung freizuhaltenden Korridors umgesetzten Erkenntnisse – die ihrerseits auf einer umfassenden, wissenschaftlichen Standards genügenden Datenbasis beruhen (vgl. B./B.: Flächennutzungsplan Teilfortschreibung Windenergie. Gutachterliche Stellungnahme zu sechs vorliegenden avifaunistischen Gutachten, vom 29. Juli 2011, S. 4) – eine Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen auf den Vogelzug durch das Vorhaben der Beigeladenen verneint hat. Diese aus den Jahren 2011/2012 stammenden Erkenntnisse sind auch noch als hinreichend aktuell anzusehen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass es für die Frage, nach welchem Zeitraum Unterlagen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt verwertet werden können, keine allgemeingültigen Regeln gibt (vgl. VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 18. April 2016 – 3 K 818/14.NW –, juris Rn. 139). Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich geschweige denn von der Antragstellerin dargetan worden, dass sich zwischenzeitlich das Vogelzuggeschehen signifikant geändert hat, etwa durch eine Verlagerung des Hauptflugkorridors. Auch aus dem Umstand, dass in der gutachterlichen Stellungnahme von B./B. (a.a.O. S. 31 f.) ungeachtet der Festlegung des vorgenannten Ausschlusskorridors abstrakt empfohlen wird, zusätzliche Maßnahmen zur Gefährdungssituation zu prüfen, etwa die Abschaltung von bestehenden oder neu gebauten Windenergieanlagen zu bestimmten Zeitpunkten, in denen eine erhöhte Gefährdung der Vögel anzunehmen sei, ergibt sich nicht, dass die Antragstellerin gehalten gewesen wäre, über die Ermittlung erheblicher Umweltauswirkungen im Rahmen des Flächennutzungsplanänderungsverfahrens hinaus eine Prüfung etwaiger erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen zu prüfen. Angesichts des Umstandes, dass der Bewertung erheblicher Umweltauswirkungen im Rahmen der Flächennutzungsplanänderung die Feststellung zugrunde liegt, dass das geplante Vorranggebiet für Windenenergie und damit auch der Anlagenstandort des Vorhabens der Beigeladenen in einem Hauptdurchzugskorridor des Vogelzugs liegt, musste sich der Antragsgegnerin in Anbetracht des der Genehmigungsbehörde bei der UVP-Vorprüfung zustehenden Ermessens und der nur prognostischen Einschätzung eines möglichen Gefährdungspotentials mangels belastbarer Anhaltspunkte gerade nicht aufdrängen, dass über die bereits erfolgte Prüfung und Bewertung hinaus die Notwendigkeit einer (weiteren) einzelfallbezogenen Prüfung erheblicher Umweltauswirkungen für eine außerhalb des von Vorhaben freizuhaltenden Korridors geplante Windenergieanlage bestand. Schließlich steht der Bezugnahme auf die im Rahmen der 34. Änderung des Flächennutzungsplans erfolgten Untersuchungen zum Vogelzug auch nicht entgegen, dass im Rahmen des damaligen Bauleitplanverfahrens eine Umweltprüfung und keine UVP-Vorprüfung durchgeführt worden. Wie sich bereits aus § 50 Abs. 1 Satz 1 UVPG ergibt, wird im Bauleitplanverfahren die Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der Vorprüfung als Umweltprüfung durchgeführt, die sich letztlich an denselben Schutzgütern und –maßstäben orientiert.
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cc) Die Antragsgegnerin hat entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht dadurch eine unzulässige Vorwegnahme der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der durchgeführten UVP-Vorprüfung vorgenommen, dass sie in Ziffer 6 des Genehmigungsbescheids Nebenbestimmungen aufgenommen hat, die u.a. den Ausgleich für die Beeinträchtigung des Feldhamsterlebensraums (Nr. 6.5) sowie des Lebensraums der Feldlerche (Nr. 6.6) zum Gegenstand haben. Diese Nebenbestimmungen – ebenso wie die Nebenbestimmung Nr. 6.2 – führen für sich alleine nicht zu der Annahme, dass durch das Vorhaben der Beigeladenen die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen besteht, und sie stellen für sich genommen auch kein Indiz dafür dar. Zwar kann der Umstand, dass die UVP-Vorprüfung dazu führt, dass der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach Auffassung der Behörde wesentliche umweltbezogene Nebenbestimmungen im Sinne von § 12 BImSchG beigefügt werden müssen, ein Indiz dafür sein, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Notwendigkeit, diese nach § 25 UVPG zu berücksichtigen, findet dann in diesen Nebenbestimmungen Ausdruck. Denn die Genehmigung kann nur unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen (§ 12 Abs. 1 BImSchG). Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen, die bereits vom Träger des Vorhabens vorgesehen sind und die nachteiligen Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen, können demgegenüber eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich machen (§ 7 Abs. 5 Satz 1 UVPG). Das (absehbare) Erfordernis umweltschützender Nebenbestimmungen muss allerdings nicht zwangsläufig zur Annahme erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen führen. Vielmehr bedarf es einer Gewichtung der betroffenen Umweltbelange unter Berücksichtigung der in der Anlage 3 zum UVPG aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien (vgl. BayVGH, Beschluss vom 6. September 2016 – 8 CS 15.2510 –, BayVBl 2017, 52 = juris Rn. 22; OVG NW, Urteil vom 25. Februar 2015 – 8 A 959/10 –, BauR 2015, 1138 = juris Rn. 172, 173). Zudem ist zu berücksichtigen, inwieweit auf der Grundlage der im Vorprüfungsstadium zur Verfügung stehenden Unterlagen bereits geklärt ist und feststeht, dass eine Nebenbestimmung zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geeignet und ausreichend ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 – 9 C 1/13 –, BVerwGE 150, 92 = juris Rn. 23).
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Gemessen an diesen Voraussetzungen stellen die vorgenannten Nebenbestimmungen in der streitgegenständlichen Genehmigung keine die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung indizierenden „wesentlichen“ umweltbezogenen Nebenbestimmungen dar, sondern sind typische Nebenbestimmungen im Zusammenhang mit der Genehmigung von Windenergieanlagen. Aus den der UVP-Vorprüfung in zulässiger Weise zugrunde gelegten Unterlagen der Beigeladenen (Landschaftspflegerischer Begleitplan der B. und F. GmbH vom September 2017; Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls der B. und F. GmbH vom August 2017 – die ihrerseits auf von der Beigeladenen eingeholte Fachgutachten Bezug neh- men –), durfte die Antragsgegnerin im Rahmen des ihr zustehenden Prognosespielraums in nachvollziehbarer Art und Weise den Schluss ziehen, dass bei Berücksichtigung der dort empfohlenen, im Rahmen einer UVP-Vorprüfung auch nach § 7 Abs. 5 Satz 1 UVPG berücksichtigungsfähigen (vgl. BT-Drs 18/11499, S. 89) Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu erwarten sind.
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aaa) Hinsichtlich der Feldhamsterpopulation durfte die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei davon ausgehen, dass durch die geplante Windenergieanlage der Beigeladenen eine unmittelbare Betroffenheit des Feldhamsters ausgeschlossen werden kann. Die Beigeladene hat in der Allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls der B. und F. GmbH (a.a.O.) auf die Feldhamsterbestandsaufnahme 2017 der p. GbR vom 7. Juni 2017, zuletzt geändert am 28. September 2017, Bezug genommen, der zufolge ungeachtet des Umstandes, dass das Vorhaben der Beigeladenen mittelbar an die aktuell dichteste Feldhamsterpopulation in Rheinland-Pfalz angrenzt, bei einer Begehung am 13. Mai 2017 auf untersuchten 5,5 ha der Bauparzellen keine Feldhamsterbaue gefunden wurden und lediglich in der Nähe der Zuwegung, unmittelbar vor ihrer Einmündung auf die R.-straße, ein Feldhamsterbau festgestellt werden konnte. Aufgrund der methodisch nicht zu beanstandenden Bestandsaufnahme (vgl. dazu im Einzelnen die von der Antragstellerin nicht weiter angegriffenen Ausführungen der Beigeladenen zur verwendeten Methodik, S. 20 f. des Schriftsatzes vom 2. Februar 2018) durfte die Beigeladene und ihr folgend die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei zu dem Schluss kommen, dass eine unmittelbare Betroffenheit des Feldhamsters ausgeschlossen werden kann (Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls der B. und F. GmbH, a.a.O. S. 16). Unter Berücksichtigung der als Vermeidungsmaßnahme empfohlenen zusätzlichen Populationserhebung, die rechtzeitig vor Beginn der Baumaßnahme erfolgen muss, um ein Absammeln eventuell vorhandener Individuen im Rahmen einer Tierrettung zu gewährleisten (vgl. Landespflegerischer Begleitplan der B. und F. GmbH, a.a.O. S. 22 unter Bezugnahme auf die Feldhamsterbestandsaufnahme 2017 der p. GbR, a.a.O. S. 5), sind damit erhebliche nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf die Feldhamsterpopulation nicht zu besorgen. Dieser Feststellung stehen entgegen der Ansicht der Antragstellerin die weiterhin empfohlenen Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen einschließlich Monitoring der Maßnahmen nicht entgegen. Diesen liegt der Umstand zugrunde, dass durch eine Windenergieanlage wie dem geplanten Vorhaben der Beigeladenen allgemein in den Lebensraum des Feldhamsters eingegriffen und dieser abgewertet werden kann, die Population mithin mittelbar betroffen sein kann. Insoweit soll dieser Faktor pauschal über zusätzliche Schutzmaßnahmen berücksichtigt werden (vgl. Feldhamsterbestandsaufnahme der p. GbR, a.a.O. S. 4 f). Die in Nr. 6.5 der Nebenbestimmungen ausgewiesenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen betreffen mithin in Bezug auf den Feldhamster allgemeine Lebensraumbeeinträchtigungen, die letztlich bei jeder Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer Anlage in einem Populationsraum ungeachtet einer bestehenden UVP-Pflichtigkeit möglich sind und denen vorsorglich begegnet werden soll. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ergeben sich daher in vorliegender Konstellation der fehlenden Feststellung einer Habitatnutzung auf der Vorhabenfläche nicht, die Grundlage für eine UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens sein könnten (§ 7 Abs. 1 Satz 3 UVPG).
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bbb) Auch hinsichtlich der Feldlerche durfte die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei davon ausgehen, dass durch die geplante Windenergieanlage der Beigeladenen keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen ausgehen werden. In dem von der Beigeladenen eingeholten Ornithologischen Fachgutachten Teil Brut- und Rastvögel vom 5. April 2017 ist ausgeführt, dass es sich bei der Feldlerche um eine Vogelart handelt, die bezüglich möglicher Beeinflussung durch Windenergieanlagen ein geringes Meideverhalten aufweist (a.a.O. S. 22), mithin gegenüber solchen Anlagen relativ unempfindlich reagiert (vgl. VG Leipzig, Beschluss vom 26. April 2017 – 1 L 1117/16 –, juris Rn. 165). Um jedoch das mögliche Eintreten von Brutverlusten während der Bauarbeiten zu vermeiden, werden bestimmte Vermeidungsmaßnahmen empfohlen, die den Baubeginn erst nach Beginn der Brutsaison bzw. Maßnahmen zur Verhinderung des Nestbaus bei frühem Baubeginn oder aber die Durchführung von gezielten Kontrollen zu Beginn der Baumaßnahmen zum Gegenstand haben (vgl. Ornithologisches Gutachten, S. 22). Diese Empfehlungen aufgreifend kommen sowohl die Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls der B. und F. GmbH (a.a.O. S. 18) als auch nachfolgend die Antragsgegnerin im Rahmen der UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis, dass bei Berücksichtigung dieser Maßnahmen zur Vermeidung des naturschutzrechtlichen Tötungs- und Störungsverbots Verbotstatbestände nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG – mit ausreichender Sicherheit auszuschließen und das bau- und anlagebedingte Konfliktpotential dann als gering einzuschätzen ist. Diese fachliche Einschätzung wurde von der Antragstellerin nicht in Zweifel gezogen. Soweit hingegen zur Vermeidung möglicher Gefährdungen durch Habitatverluste in Folge von kleinräumlichem Meideverhalten um die Windenergieanlage die Anlage von 2 Lerchenfenstern empfohlen wird (vgl. Ornithologisches Gutachten, a.a.O. S. 22; Landespflegerischer Begleitplan der B. und F. GmbH, a.a.O. S. 29), stellen sich diese Maßnahmen – die ihren Niederschlag in der Nebenbestimmung Nr. 6.6 der Genehmigung gefunden haben – als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen dar mit dem Ziel, von vornherein einem (abstrakt) möglichen Habitatverlust entgegen zu wirken. Bei den Lerchenfenstern handelt es sich um die Schaffung von zusätzlichen Brutstandorten für die Feldlerche und damit um Maßnahmen, die als CEF-Maßnahme der Vermeidung von möglichen Eingriffen dienen und keine Kompensation konkret zu befürchtender Eingriffe darstellen. Vor diesem Hintergrund begegnet die Verneinung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen in Bezug auch auf die Feldlerche keinen Rechtsbedenken.
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ccc) Schließlich lässt auch die Nebenbestimmung Nr. 6.2 zur Genehmigung nicht den Schluss zu, die Antragsgegnerin habe im Rahmen der UVP-Vorprüfung unzulässigerweise eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorweggenommen. Soweit in dieser Nebenbestimmung darauf verwiesen wird, dass es insbesondere aus artenschutzrechtlichen Gründen erforderlich sein könne, nachträglich Nebenbestimmungen festzusetzen und die Genehmigung daher vorbehaltlich der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Nebenbestimmungen ergebe, lässt dies entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht den Schluss zu, die Antragsgegnerin habe erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen gerade nicht ausschließen können und sei daher gehalten gewesen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Vielmehr ist diese Nebenbestimmung vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich – nach Abschluss der UVP-Vorprüfung und des Genehmigungsverfahrens – die Notwendigkeit ergibt, nachsteuernd tätig zu werden, etwa wenn sich erst im Nachhinein die besondere Bedeutung des Anlagenstandortes für eine Artenpopulation herausstellt (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 6. Dezember 2017 – 5 A 2869/17 –, juris Rn. 46 f.). Sie hat insoweit eine Hinweis- und Warnfunktion für den Anlagenbetreiber – z.B. im Hinblick auf den Erlass möglicher nachträglicher Anordnungen nach § 17 BImSchG bzw. Maßnahmen nach § 3 Abs. 2 BNatSchG – und begründet nicht schon deshalb die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
- 19
dd) Letztlich leidet die vorgenommene UVP-Vorprüfung auch nicht deshalb an einem rechtserheblichen Fehler, weil diese die Kabeltrasse nicht als zu berücksichtigenden Eingriff in die Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen mit einbezogen habe. Zwar mag einiges dafür sprechen, dass das Erfordernis der Einbeziehung der Kabeltrasse in die UVP-Vorprüfung bereits aus Nr. 2 der Anlage 3 UVPG folgt (so VG Koblenz, Urteil vom 19. Mai 2017 – 4 K 1362/16.KO –, S. 22 UA unter Bezugnahme auf die amtliche Begründung zu Art 1 Nr. 39 Buchst. d) Doppel- buchst. aa) des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung [BT-Drs 18/11499, S. 114]). Dies setzt indes voraus, dass – wie in dem vom VG Koblenz entschiedenen Fall – im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung bereits belastbare Anhaltspunkte für mögliche erhebliche Umweltauswirkungen durch die Kabeltrasse vorliegen, die die nach § 7 Abs. 1 Satz 2 UVPG vorgesehene überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien überhaupt ermöglicht. Eine UVP-Vorprüfung des Vorhabens unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens mit anderen Vorhaben (Nr. 2 der Anlage 3 UVPG) bedeutet nämlich nicht, dass die Prüfung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen gleichsam „ins Blaue hinein“ erfolgen soll; vielmehr soll die UVP-Vorprüfung der prognostischen Abschätzung dienen, ob von einem oder – im Zusammenwirken – mehreren Vorhaben Auswirkungen ausgehen, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen. Eine belastbare prognostische Folgenabschätzung ist indes nur dann möglich, wenn das zur Beurteilung gestellte Vorhaben hinreichend bestimmt ist, was nicht nur die Bestimmbarkeit nach der Art, sondern auch nach der örtlichen Lage bedingt, die ganz maßgeblich etwa die Beeinträchtigung geschützter Tier- oder Pflanzenarten beeinflusst. An einer derartigen Bestimmtheit der Kabeltrasse fehlt es im vorliegenden Fall, denn wie sowohl Antragsgegnerin als auch Beigeladene unwidersprochen vorgetragen haben, war im Rahmen der vorgenommenen UVP-Vorprüfung mangels Zuweisung des Netzanschlusspunktes (durch den Energieversorger) der genaue Trassenverlauf noch gar nicht bekannt. Vor diesem Hintergrund konnte eine Einbeziehung der Kabeltrasse in die UVP-Vorprüfung gar keine verlässliche Einschätzung darüber erbringen, ob durch die Kabeltrasse erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu befürchten sind, die zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung führen. Letztlich kann dem Antragsteller in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren auch nicht angesonnen werden, mit seiner Antragstellung so lange zuzuwarten, bis es ihm nach Zuweisung des Netzanschlusspunktes (durch einen am Genehmigungsverfahren nicht beteiligten Dritten) möglich ist, konkrete Angaben zum Verlauf der Kabeltrasse zu machen.
- 20
b) Die streitgegenständliche Genehmigung erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin in ermessensfehlerhafter Weise den Genehmigungsantrag der Beigeladenen vorrangig vor dem Vorbescheidsantrag der Antragstellerin behandelt hat.
- 21
Das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen enthalten selbst keine Regelungen, wie parallele Genehmigungsanträge für Vorhaben zu behandeln sind, deren Realisierung sich – etwa aufgrund von zu beachtenden Vorbelastungen, hier Schallemissionen – vollständig oder teilweise ausschließen. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass bei Vorliegen einer sogenannten „echten“ Konkurrenzsituation paralleler Genehmigungsanträge von einer Behörde eine fehlerfreie Ermessensentscheidung darüber gefordert ist, in welcher Reihenfolge sie die Anträge verbescheidet. In einem solchen Fall ist nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu verfahren, namentlich dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz – GG – und dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, die eine sachgerechte und willkürfreie Behandlung der konkurrierenden Genehmigungsanträge verlangen (vgl. OVG RP, Urteil vom 3. August 2016 – 8 A 10377/16.OVG –, BauR 2016, 2064 = juris Rn. 49, und Beschluss vom 21. März 2014, a.a.O. = juris Rn. 21; ThürOVG, Beschlüsse vom 17. Juli 2012 – 1 EO 35/12 –, ZNER 2012, 443 = juris Rn. 30, und vom 1. Juni 2011, a.a.O. = juris Rn. 32; OVG M-V, Beschluss vom 28. März 2008 – 3 M 188/07 –, BauR 2008, 1563 = juris Rn. 32). Dabei erweist sich der Gesichtspunkt der Priorität konkurrierender Anträge grundsätzlich als sachgerechtes Kriterium, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine Abweichung hiervon rechtfertigen (vgl. OVG RP, Urteil vom 3. August 2016, a.a.O. = juris Rn. 49, und Beschluss vom 21. März 2014, a.a.O. = juris Rn. 21; ThürOVG, Beschluss vom 17. Juli 2012, a.a.O. = juris Rn. 30, OVG M-V, Beschluss vom 28. März 2008, a.a.O. = juris Rn. 32; OVG Nds, Urteil vom 26. September 1991 – 1 L 74 und 75/91 –, juris Rn. 82). Der Grundsatz der Priorität besitzt somit eine Ordnungsfunktion, sodass zwar grundsätzlich nach ihm verfahren werden kann, aber nicht zwangsläufig nach ihm verfahren werden muss (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 7. Juli 2017, a.a.O. Rn. 40).
- 22
Ausgehend von diesen Voraussetzungen sind Ermessensfehler bei der Auswahlentscheidung nicht ersichtlich. Dabei kann offenbleiben, ob entsprechend der Ansicht der Antragstellerin vorliegend das Prioritätsprinzip (zwingend) anzuwenden und es unter Anwendung dieses Prinzips auf den Zeitpunkt der Antragstellung bzw. der Bestätigung der Vollständigkeit der Antragsunterlagen ankommt oder ob auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife abzustellen ist (vgl. dazu im einzelnen VG Lüneburg, Beschluss vom 7. Juli 2017, a.a.O. Rn. 41). Die von der Antragsgegnerin hinsichtlich der Reihenfolge der Antragsbescheidung getroffene Entscheidung ist bereits deshalb nicht zu beanstanden, weil es vorliegend schon an einem echten Konkurrenzverhältnis der beiden Anträge fehlt. Ein solches liegt nämlich nur dann vor, wenn die parallelen Anträge denselben Genehmigungsinhalt betreffen und denselben Verfahrensstand erreicht haben (vgl. OVG RP, Beschluss vom 21. März 2014, a.a.O. = juris Rn. 23; VG Lüneburg, Beschluss vom 7. Juli 2017, a.a.O. Rn. 43). An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend.
- 23
Die Verfahren der Antragstellerin und der Beigeladenen betreffen bereits nicht denselben Genehmigungsinhalt. Während der Antrag der Antragstellerin die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids im Sinne von § 9 Abs. 1 BImSchG zum Gegenstand hat, der auf die Beantwortung von insgesamt 3 eng begrenzten Fragen zur raumordnungsrechtlichen Vertretbarkeit einer Windenergieanlage in Bezug auf die Einhaltung bestimmter Abstände zur Wohnbebauung und zur Konzentration an bestimmten Standorten sowie zu Belangen des Immissionsschutzes (Schall und Schattenwurf) beschränkt ist, hat die Beigeladene demgegenüber einen (Voll)Antrag auf Erteilung einer Genehmigung im förmlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gestellt und hierbei umfassende Genehmigungsunterlagen einschließlich einer UVP-Vorprüfung vorgelegt.
- 24
In einem Vorbescheid wird nach § 9 Abs. 1 BImSchG über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht. Als Gegenstand des Vorbescheids kommt damit jede beliebige Voraussetzung der Genehmigung im Sinne des § 6 BImSchG in Betracht, sofern sie bereits abschließend beurteilt werden kann. Anders als bei der „Vollgenehmigung“ kann der Antragsteller eines Vorbescheids einzelne für die Genehmigung relevante Fragen aus der Prüfung ausklammern und so seinen Planungsaufwand verringern. Von dieser Möglichkeit hat die Antragstellerin vorliegend durch die deutliche Beschränkung ihres Vorbescheidsantrags auf die vorgenannten Fragen Gebrauch gemacht. Hinzu kommt, dass ein positiver Vorbescheid anders als eine „Vollgenehmigung“ weder die Errichtung noch den Betrieb der Anlage gestattet. Ein Vorbescheid enthält vielmehr ausschließlich eine verbindliche, die Behörde im späteren Genehmigungsverfahren bindende Feststellung zum - ggf. im Vergleich zur „Vollgenehmigung“ sehr eingeschränkten – Vorbescheidsgegenstand (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 7. Juli 2017, a.a.O. Rn. 45 m.w.N.).
- 25
Bereits diese Unterschiede zwischen einer „Vollgenehmigung“ und einem Vorbescheid stehen der Annahme eines echten Konkurrenzverhältnisses zwischen entsprechenden Anträgen jedenfalls dann entgegen, wenn der Gegenstand des Vorbescheides – wie vorliegend – auf die Prüfung einiger weniger Genehmigungsvoraussetzungen beschränkt ist (vgl. OVG RP, Beschluss vom 21. März 2014, a.a.O. = juris Rn. 26; VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 27. Januar 2014 – 5 L 912/13.NW –, S. 7 f. BA) und insbesondere den gesamten landschafts- und naturschutzrechtlichen Prüfungsteil ausklammert. Jedenfalls bei einer auf eine oder wenige Genehmigungsvoraussetzungen beschränkten Vorbescheidsfrage kann selbst einem entscheidungsreifen Vorbescheidsantrag gegenüber einem Antrag auf Vollgenehmigung daher keine „Sperrwirkung“ zukommen (vgl. OVG RP Beschluss, vom 21. März 2014, a.a.O. juris Rn. 26; VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 27. Januar 2014, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund kann es bereits aus diesem Grund nicht als willkürlich angesehen werden, dass der Antragsgegner zuerst über den Antrag der Beigeladenen entschieden hat.
- 26
Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf den von der Antragstellerin in Anspruch genommenen Beschluss des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Juli 2012 (a.a.O.) gerechtfertigt. So bezieht sich die dort angenommene Sperrwirkung ersichtlich auf einen umfassenden Standortvorbescheid mit uneingeschränktem positiven vorläufigen Gesamturteil (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 17. Juli 2012, a.a.O., juris Rn. 28). Darüber hinaus hat das Thüringische Oberverwaltungsgericht seine Auffassung von der Gleichwertigkeit von Vorbescheids- und Genehmigungsantrag auch damit begründet, dass der Vorbescheidsantragsteller unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensfairness darauf vertrauen dürfe, dass der von ihm betriebene Aufwand nicht durch das Vorziehen eines später anhängig gemachten Genehmigungsantrags entwertet werde (vgl. ThürOVG, a.a.O., juris Rn. 31). Auch dieser Gesichtspunkt kommt hier nicht zum Tragen, weil die Antragstellerin bei ihrer Voranfrage keinen umfassenden Planungsaufwand betrieben hat, diesen vielmehr – wie ihr eng umgrenzter Vorbescheidsantrag zeigt – gerade vermeiden wollte.
- 27
Demgegenüber lassen die Einwände der Antragstellerin keinen Ermessensfehler der Antragstellerin bei der Auswahl der konkurrierenden Anträge erkennen. So ist es zunächst für die Beurteilung der Frage, ob der Vorbescheidsantrag der Antragstellerin und der Genehmigungsantrag der Beigeladenen in einem echten Konkurrenzverhältnis stehen, unbeachtlich, dass die Antragsgegnerin selbst von einer echten Konkurrenz zwischen beiden Anträgen ausgeht (vgl. S. 33 der Genehmigung und S. 6 des zwischenzeitlich am 5. Februar 2018 erteilten Vorbescheids). Bei der Beurteilung der Qualität des Konkurrenzverhältnisses handelt es sich um eine Rechtsfrage, die allein anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze zu beantworten ist. Nach diesen Rechtsgrundsätzen kann – wie oben im Einzelnen dargelegt – gerade nicht von einer echten Konkurrenzsituation ausgegangen werden. Auch führt der Umstand, dass dem Vorbescheidsantrag der Antragstellerin eine Umweltverträglichkeitsstudie beigefügt war, nicht zu einer anderen Beurteilung. Soweit die Antragstellerin hieraus die Schlussfolgerung ziehen sollte, die Antragsgegnerin sei damit zur Prüfung des vorläufigen Gesamturteils der immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit ihrer – der Antragstellerin – Anlage in der Lage gewesen, übersieht sie, dass der Prüfungs- und damit auch der Bindungsumfang des Vorbescheids durch die konkrete Voranfrage bestimmt wird, die – wie die Antragstellerin selbst einräumt (vgl. 15 des Schriftsatzes vom 9. Februar 2018) – Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege und damit wesentliche Aspekte für die Beurteilung der immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit ausdrücklich ausgeklammert hat. Ob darüber hinaus die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Ermessens die Zurückstellung der Vorbescheidsanfrage der Antragstellerin auch darauf stützen durfte, dass diese in der Vergangenheit immer wieder Anträge auf die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen gestellt, aber keinen je zur Genehmigung gebracht hat, kann angesichts der vorstehenden, für eine rechtsfehlerfreie Ausübung des Ermessens streitenden Ausführungen offenbleiben.
- 28
Nach derzeitigem Sach- und Streitstand sind damit keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung gegen Rechtspositionen verstößt, auf die sich die Antragstellerin berufen kann.
- 29
Schließlich besteht auch ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse an der sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen Genehmigung, denn der alsbaldige Bau und der Betrieb von Windenergieanlagen in dem von der Antragsgegnerin mit der 34. Änderung ihres Flächennutzungsplans ausgewiesenen Vorranggebiet dient der Unterstützung der politisch gewollten und durch die Vorschriften des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Eneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2011) geförderten Energiewende hin zu mehr erneuerbaren Energien (vgl. VG Leipzig, Beschluss vom 26. April 2017, a.a.O. Rn. 194; VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 27. Januar 2014, a.a.O. S. 9 BA).
- 30
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
- 31
Die Festsetzung des Verfahrensgegenstandswerts beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffern 19.2, 2.2.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. auch VG Lüneburg, Beschluss vom 7. Juli 2017, a.a.O. Rn. 70). Die Kammer legt dabei zugrunde, dass es der Antragstellerin mit dem vorliegenden Verfahren primär um die Abwehr der Errichtung der Windenergieanlage der Beigeladenen geht und noch nicht um die Verwirklichung ihres eigenen Vorhabens.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 23. Feb. 2018 - 3 L 1470/17.MZ
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 23. Feb. 2018 - 3 L 1470/17.MZ
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Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 23. Feb. 2018 - 3 L 1470/17.MZ zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind
- 1.
natürliche und juristische Personen, - 2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, - 3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(1) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die allgemeine Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien durchgeführt. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären.
(2) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „S“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine standortbezogene Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die standortbezogene Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung in zwei Stufen durchgeführt. In der ersten Stufe prüft die zuständige Behörde, ob bei dem Neuvorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß den in Anlage 3 Nummer 2.3 aufgeführten Schutzkriterien vorliegen. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vorliegen, so besteht keine UVP-Pflicht. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, so prüft die Behörde auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien, ob das Neuvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele des Gebietes betreffen und nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde solche Umweltauswirkungen haben kann.
(3) Die Vorprüfung nach den Absätzen 1 und 2 entfällt, wenn der Vorhabenträger die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt und die zuständige Behörde das Entfallen der Vorprüfung als zweckmäßig erachtet. Für diese Neuvorhaben besteht die UVP-Pflicht. Die Entscheidung der zuständigen Behörde ist nicht anfechtbar.
(4) Zur Vorbereitung der Vorprüfung ist der Vorhabenträger verpflichtet, der zuständigen Behörde geeignete Angaben nach Anlage 2 zu den Merkmalen des Neuvorhabens und des Standorts sowie zu den möglichen erheblichen Umweltauswirkungen des Neuvorhabens zu übermitteln.
(5) Bei der Vorprüfung berücksichtigt die Behörde, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers offensichtlich ausgeschlossen werden. Liegen der Behörde Ergebnisse vorgelagerter Umweltprüfungen oder anderer rechtlich vorgeschriebener Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens vor, bezieht sie diese Ergebnisse in die Vorprüfung ein. Bei der allgemeinen Vorprüfung kann sie ergänzend berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die allgemeine Vorprüfung eröffnen, überschritten werden.
(6) Die zuständige Behörde trifft die Feststellung zügig und spätestens sechs Wochen nach Erhalt der nach Absatz 4 erforderlichen Angaben. In Ausnahmefällen kann sie die Frist für die Feststellung um bis zu drei Wochen oder, wenn dies wegen der besonderen Schwierigkeit der Prüfung erforderlich ist, um bis zu sechs Wochen verlängern.
(7) Die zuständige Behörde dokumentiert die Durchführung und das Ergebnis der allgemeinen und der standortbezogenen Vorprüfung.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.
1
Gründe:
2Der sinngemäße Antrag,
3gemäß §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 22. Dezember 2015 gegen die der Beigeladenen vom Antragsgegner erteilte Genehmigung vom 27. August 2015 (Az.:63.6-970.0013/14/1.6.2-Be) zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen (WEA) vom Typ Nordex N 117/2400 mit einer Nennleistung von jeweils maximal 2.475 kW, einer Gesamthöhe von 199 m über Grund, einer Nabenhöhe von 140,60 m und einem Rotordurchmesser von 116,80 m (3-Blatt-Rotor, pitchgeregelt) auf den Grundstücken in G. , Gemarkung C.----, Flur 21, Flurstücke 25 und 106 (Windpark L1. ) wiederherzustellen,
4ist zulässig, aber unbegründet.
5Das Verwaltungsgericht Arnsberg ist örtlich zuständig, weil sich die Streitigkeit auf ein ortsgebundenes Recht bezieht und die streitbefangenen Windenergieanlagen in G. / Nordrhein-Westfalen errichtet werden sollen, vgl. § 52 Nr.1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
6Unter dem 2. September 2015 hat der Antragsgegner den Sofortvollzug angeordnet, so dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO entfällt.
7Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ist hier auch nicht gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 des Justizgesetzes für das Land NRW – JustG NRW – entbehrlich. Gem. § 110 Abs. 3 Satz 1 JustizG NRW findet Abs. 1 S. 1 nämlich keine Anwendung auf im Verwaltungsverfahren nicht beteiligte Dritte. Der Antragsteller war im Verwaltungsverfahren nicht förmlich Beteiligter i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land NRW - VwVfG NRW -, und er ist auch nicht vom Antragsgegner nach § 13 Abs. 2 VwVfG NRW zum Verwaltungsverfahren hinzugezogen worden mit der Folge, dass er Beteiligter gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG NRW wäre. Zwar hat der Antragsteller bereits mit Schreiben vom 27. April 2015 seine persönlichen Bedenken in das Verfahren eingebracht. Dies kann jedoch nicht genügen, ihn bereits als beteiligten Dritten anzusehen, da er es sonst allein in der Hand hätte, diese Eigenschaft durch eine Eingabe im Verwaltungsverfahren zu begründen,
8vgl. VG Minden, Urteil vom 25. September 2013 – 11 K 1779/12-, nach juris.
9Vielmehr bedarf es seitens der Behörde eines konstitutiven Heranziehungsaktes, der hier nicht ersichtlich ist,
10vgl. OVG NRW, Beschluss v. 5. Oktober 2010 – 8 B 817/10 – unterHinweis auf Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungs-verfahrensrecht, Kommentar, 7. Aufl. 2008, § 13 Rn. 43; Kopp,11. Aufl. 2010, § 13 Rn. 24, juris.
11Der Antragsteller ist insbesondere auch antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Er kann geltend machen, durch den der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 27. August 2015 in eigenen Rechten zumindest aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG verletzt zu sein. Nach dieser Vorschrift sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für die Nachbarn drittschützend. Als Nachbarn einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage sind alle Personen, die sich auf Dauer im Einwirkungsbereich der Anlage aufhalten, oder Eigentümer von Grundstücken im Einwirkungsbereich der Anlage anzusehen,
12Vgl. insgesamt VG Aachen, Beschluss vom 18.07.2016 – 6 L 532/16 –mit Hinweis auf OVG NRW, u.a. Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, nach juris.
13Das im Eigentum des Antragstellers stehende Grundstück I. 3 und 4 in G1. , das im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gem. § 35 des Baugesetzbuches (BauGB) liegt, als Hofstelle der landwirtschaftlichen Nutzung dient und im Rahmen privilegierter Nutzung auch mit zwei Wohnhäusern des Antragstellers bebaut ist, liegt im Einwirkungsbereich der WEA, deren nächstgelegener Standort (WEA 1a) sich in einer Entfernung von ca. 584 m zum Grundstück befindet. Angesichts dessen kann der Antragsteller hier jedenfalls geltend machen, durch den Betrieb insbesondere der WEA 1a möglicherweise schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Lärm und Schattenwurf ausgesetzt und durch die angegriffene Genehmigung des emittierenden Vorhabens daher in eigenen Rechten verletzt zu sein. Auch eine Verletzung des ebenfalls nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots ist angesichts des Abstands von weniger als der dreifachen Anlagenhöhe nicht von vornherein ausgeschlossen,
14Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 B 959/10 -, juris Rn. 80 ff., 86.
15Damit gehört der Antragsteller insoweit auch zur betroffenen Öffentlichkeit i.S.d. Art. 11 Abs. 1 UVP-Richtlinie 2011/92/EU bzw. § 2 Abs. 6 UVPG. An der Antragsbefugnis des Antragstellers bestehen vor diesem Hintergrund keine durchgreifenden Zweifel. Ob vorliegend tatsächlich eine Verletzung nachbarschützender Normen festzustellen ist, ist dem gegenüber eine Frage der Begründetheit des eingelegten Rechtsbehelfs.
16Der zulässige Antrag ist unbegründet.
17Die mit Bescheid vom 2. September 2015 erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 27. August 2015 ist zunächst in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden.
18Namentlich entspricht sie den Anforderungen der §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen ist. Die schriftliche Begründung muss in nachvollziehbarer Weise die Erwägungen erkennen lassen, die die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung veranlasst haben. Die Behörde ist verpflichtet, abgestellt auf den konkreten Fall das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung sowie die Ermessenserwägungen, die sie zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben, schlüssig und substanziiert darzulegen. Formelhafte und pauschale Begründungen oder Wendungen, mit denen lediglich der Gesetzestext wiederholt wird, reichen nicht aus. In diesem Zusammenhang kommt es allerdings nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind. Die Abwägung, ob das Aussetzungsinteresse des Antragstellers die gegenläufigen Vollziehungsinteressen der Beigeladenen überwiegt, ist vielmehr Teil der eigenständigen gerichtlichen Interessenabwägung.
19Diesen Anforderungen hat der Antragsgegner bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt. Er hat mit Blick auf den vorliegenden Einzelfall zur Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs ausgeführt, die Nutzung erneuerbarer Energien stehe nach der sog. Energiewende im Jahre 2011 im politischen Interesse, wobei der Windenergie besondere Bedeutung zukomme. Eine Verzögerung der Realisierung von Anlagen zur Gewinnung von Strom aus erneuerbaren Energien wie den hier in Rede stehenden WEA durch Rechtsbehelfe Dritter stehe in evidentem Widerspruch zu diesem öffentlichen Interesse. Ansonsten drohten wesentliche Verzögerungen durch Drittwidersprüche, welche der Realisierung des Vorhabens unter Umstände auf Jahre entgegenstehen könnten. Auch sei es der Beigeladenen aufgrund der langen Planungs- und Verfahrensdauer, vorgehaltener Finanzmittel, bereits erfolgter Investitionen, zu erwartender Verzögerungskosten bis hin zu Schadensersatzansprüchen des Anlagenlieferanten sowie einer stetig sinkenden Einspeisevergütung in Abhängigkeit vom Inbetriebnahmezeitpunkt nicht zumutbar, den Abschluss von Rechtsbehelfsverfahren Dritter abzuwarten.
20Damit hat der Antragsgegner schlüssig und nachvollziehbar zu erkennen gegeben, aufgrund welcher konkreten Überlegungen er gerade im vorliegenden Fall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung als gegeben ansieht. Dies genügt, wie dargelegt, den Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
21Die in materieller Hinsicht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus.
22Maßgebliches Kriterium innerhalb der im Rahmen des §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung sind regelmäßig die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig und wird der Antragsteller hierdurch in eigenen, gerade seinem Schutz dienenden Rechtsnormen verletzt, weshalb er im Hauptsacheverfahren voraussichtlich einen Aufhebungsanspruch erfolgreich wird durchsetzen können, überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse. Stellt der Verwaltungsakt sich dem gegenüber als offensichtlich rechtmäßig dar, weshalb der von dem belasteten Beteiligten eingelegte Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit in der Hauptsache erfolglos bleiben wird, überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse. Darüber hinausgehende Rechtsverletzungen verschaffen dem anfechtenden Dritten keine im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Rechtsposition, weil ihm ein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch nicht zukommt,
23vgl. VG Aachen aaO..
24Nach § 4a Abs. 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. Der Vorschrift des § 4a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welcher Wahrscheinlichkeitsgrad für das Vorliegen "ernstlicher Zweifel" als Prüfungsmaßstab konkret anzuwenden ist. § 4a Abs. 3 UmwRG macht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Dabei kommt es nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird. Insoweit gilt, dass der Sofortvollzug umso eher auszusetzen ist, je berechtigter und gewichtiger die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben,
25vgl. VG Aachen, aaO. m.w.N.
26Bei Anwendung dieses Maßstabs bestehen bei summarischer Betrachtung im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Genehmigung. Nach derzeitigem Sachstand ist vielmehr bei der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon auszugehen, dass sie Rechte des Antragstellers nicht verletzt.
27Der Genehmigungsbescheid ist zunächst formell rechtmäßig.
28Insbesondere liegen entgegen der Annahme des Antragstellers in Bezug auf die Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit beachtliche Verfahrensfehler i.S.d. UmwRG ebenso wenig vor wie hinsichtlich der geltend gemachten fehlerhaften Öffentlichkeitsbeteiligung.
29Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann ein Rechtsbehelfsführer die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangen, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist; gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG auch dann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt. Zudem kann die Aufhebung einer Zulassungsentscheidung begehrt werden, wenn eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung i.S.v. § 9 UVPG oder i.S.d. § 10 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG), und wenn ein anderer, nicht geheilter und nach seiner Art und Schwere vergleichbarer Verfahrensfehler vorliegt und der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen wurde, wobei zur Beteiligung am Entscheidungsprozess auch der Zugang zu den Unterlagen gehört, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG). Diese Regelungen gelten nach § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO, wobei § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG in diesen Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat (§ 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG).
30Ausgehend hiervon ist ein beachtlicher Verfahrensfehler nicht festzustellen.
31Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt es sich um ein Vorhaben i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, für das eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Hierunter fallen nicht nur die Vorhaben, für die bereits kraft Gesetzes eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (§§ 3b, 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG), sondern auch die Vorhaben, für die eine allgemeine (§§ 3c Satz 1, 3e Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UVPG) oder eine standortgebundene (§ 3c Satz 2 UVPG) Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen ist. Beide Arten der Vorprüfung dienen gerade der Untersuchung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Für das streitgegenständliche Vorhaben ist gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 1.6.3 Spalte 2 der Anlage 1 zum UVPG (als Teil eines Windparks mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 Metern) eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls gem. § 3c S. 2 UVPG durchzuführen.
32Festzustellen ist in diesem Zusammenhang noch, dass gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 17.2. der Anlage 1 zum UVPG in Ansehung des durch den Landesbetrieb Wald und Holz mit Schreiben vom 6. Mai 2015 auf insgesamt 0,8855 ha bezifferten Umfangs der Umwandlung von Wald die minimal erforderliche Rodungungsfläche (Inanspruchnahme von 1 ha bis weniger als 10 ha Wald nach Nr. 17.2.3) nicht erreicht wird, so dass insoweit keine Verpflichtung zur UVP oder UVP-Vorprüfung ausgelöst wird.
33Die danach allein erforderliche standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls gem. § 3c S. 2 UVPG hat hier stattgefunden.
34In formeller Hinsicht ist zunächst festzustellen, dass ausweislich der der Kammer vorliegenden Verwaltungsvorgänge (Bl. 665 der Beiakte Heft 3) nach § 3a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gegeben wurde, dass eine Vorprüfung ergeben habe, dass
35keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten seien, weshalb es keiner UVP bedürfe. Zugleich wurde auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Entscheidungsgründe hingewiesen.
36Gem. § 3a S. 4 UVPG ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, wenn ‑ wie hier ‑ die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c beruht.
37Nach § 4 Abs. 1b UmwRG i.V.m. § 45 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) wäre es dem Antragsgegner allerdings sogar möglich, die Vorprüfung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachzuholen, wenn diese Verfahrenshandlung gänzlich unterblieben wäre. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs wären also im vorläufigen Rechtsschutzverfahren selbst dann noch als zumindest offen anzusehen, wenn keine Vorprüfung stattgefunden hätte, weil diese noch nachgeholt werden könnte, so dass Vieles dafür spricht, dass aus einem solchen Mangel nicht per se ein Aussetzungsinteresse hinsichtlich des Vollzuges folgt. Die Möglichkeit zur Nachholung ist hier auch nicht von vornherein ausgeschlossen, weil nicht einmal das Widerspruchsverfahren abgeschlossen ist, bis zur „letzten Tatsacheninstanz“ also noch geraume Zeit verstreichen wird.
38Der Antragsgegner hat – soweit ersichtlich – alle Behörden und sonstigen Stellen angehört hat, deren umweltbezogener Aufgaben- bzw. Interessenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Eine standortbezogene Vorprüfung hat damit sicherlich stattgefunden. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass das Ergebnis nicht nachvollziehbar wäre, liegen nicht vor.
39So heißt es etwa in der Artenschutzprüfung zur 21. Änderung des FNP der Stadt G. (Stand: Entwurf für Offenlage, Oktober 2014, Bl. 260 ff. Beiakte Heft 2), im Fazit: „Derzeit kann davon ausgegangen werden, dass auf Grund betriebsbedingter Einflüsse von WEA in den Untersuchungsräumen L1. und L2. bei keiner europäisch geschützten Vogelart gegen Zugriffsverbote verstoßen wird.
40Im avifaunistischen Gutachten vom 18. September 2014 (Bl.269 Beiakte Heft 2) heißt es u.a., dass von den im Untersuchungsraum festgestellten Arten keine als störungsempfindlich gegenüber WEA gälten. Allerdings heißt es in der o.g. Artenschutzprüfung, dass bei Fledermausarten nur unter Einbeziehung von Vermeidungsmaßnahmen, vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen bzw. eines Risikomanagements nicht gegen Zugriffsverbote verstoßen werde, bzw. im Endbericht zur Erfassung und Bewertung der Fledermausfauna des Büros für Landschaftsökologie T. & X1. GbR von Juni 2014 (Bl. 295 ff. Beiakte Heft 2), dass auf Grund sehr hoher Aktivitätsdichte der Zwergfledermaus in über 50 % der Untersuchungsnächte für alle WEA ein Abschaltalgorithmus empfohlen werde. Im landschaftspflegerischen Begleitplan (Oktober 2014, Bl. 371 Beiakte Heft 2) wird ausgeführt, dass in einem Radius von 10 km um den Untersuchungsraum L1. lediglich ein Gesamtflächenanteil von 1,27 % erheblich beeinträchtigt und ca. 93,7 % nicht beeinträchtigt würden.
41Im Gutachten des Dipl.Ing. (FH) Dipl. Ökologen V. N1. vom 12. März 2015 bzw. Dezember 2014 (Beiakte Heft 5) heißt es u.a., dass der Immissionsort G1. -I. westlich der WEA (Antragsteller) mit 584 m Abstand, also dem 2,93‑fachen der Höhe einschließlich Rotorblatt, den (eher unproblematischen) 3‑fachen Abstandswert nur knapp verfehle, was rechnerisch bei einer Nabenhöhe von 140,60 m und einem Rotordurchmesser von 116,80 m, woraus sich eine Gesamthöhe von 199,00 m (140,60 m + ½ x 116,80 m = 199,00 m) ergibt, ohne Weiteres (584 m : 199,00 m = 2,93) nachzuvollziehen ist.
42In der Zusammenfassung heißt es u.a.: „Im Untersuchungsraum wird durch den Windpark L1. mit drei Anlagen voraussichtlich eine Fläche von 416,03 ha erheblich beeinträchtigt. Dies entspricht etwa 1,27 % der Gesamtfläche. Diese Landschaftsbildbeeinträchtigung wird auf die Zeiten begrenzt, die meteorologisch einen Blick auf die Anlage erlauben. Der Anteil an Tagen pro Jahr mit Dunst, Nebel, Regen und /oder anderen Ereignissen, die die frei Sicht auf die Anlagen behindern, dürfte im Kreisgebiet beachtenswert sein und die Landschaftsbildstörung nochmals relativieren.“
43Auch die Artenschutzprüfung des Dipl.Ing. (FH) Dipl. Ökologen V. N1. vom Dezember 2014 (Beiakte Heft 5) ergab, dass im Ergebnis keine Zugriffsverbote gem. § 44 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) ausgelöst würden, wenn Vermeidungsmaßnahmen, Ausgleichsmaßnahmen und ein Risikomanagement einbezogen würden. Vor allem für die Zwergfledermaus müsse ein vorsorglicher Abschaltalgorithmus festgelegt werden. Bei den Abschaltzeiten müssten der Frühjahrszug, die Wochenstubenzeit und der Herbstzug berücksichtigt werden. Abweichungen von diesem umfassenden Szenario erfolgten durch Berücksichtigung der Windgeschwindigkeit, der Temperatur und der Niederschlagsverhältnisse. Das beschriebene Abschaltszenario könne durch ein zweijähriges Gondelmonitoring standort- und artspezifisch optimiert werden. Nur unter Einbeziehung dieser Maßnahmen würden keine Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG ausgelöst.
44Im avifaunistischen Gutachten der „planungsgruppe grün“ (Beiakte Heft 5) heißt es, dass insgesamt 73 Arten als Brutvogelarten im Untersuchungsraum bis 500 m um die geplanten WEA-Standorte festgestellt worden seien. Zusätzlich sei im 2000m-Umfeld untersucht worden, ob windkraftsensible Arten vorkämen bzw. ob mögliche Aktionsräume dieser beständen. Von den festgestellten Arten gelte keine als störungsempfindlich gegenüber WEA. Kollisionsgefährdet einzustufen seien lediglich drei Vogelarten, nämlich der Baumfalke, der Rotmilan und der Uhu. Projektspezifisch ergebe sich allerdings kein Konfliktpotenzial, da die Arten das Areal des geplanten Windparks nicht als Brut- und Nahrungshabitat nutzten und/oder eine zukünftige Nutzung aufgrund der Biotopstruktur nicht zu erwarten sei. Im Untersuchungsraum bestehe über das normale Zuggeschehen hinaus keine besondere Eignung bzw. Bedeutung als Rastquartier. Darüber hinaus seien auch keine Schlafplätze oder Sammelplätze einzelner Arten festgestellt worden.
45Im Endbericht Juni 2014 der T. & X1. GbR (Beiakte Heft 5) (s.o) zur Erfassung und Bewertung der Fledermausfauna heißt es, dass aufgrund lokal hoher bis sehr hoher Aktivitätsdichten der Zwergfledermaus in über 50 % der Untersuchungsnächte für alle WEA-Standorte ein Abschaltalgorithmus empfohlen werde.
46Auch die Bestände von Wildkatze, Haselmaus, Schlingnatter, Zauneidechse und Geburtshelferkröte wurden von der T. & X1. GbR im August 2014 untersucht, ohne dass ersichtlich wäre, dass die geplanten WEA insoweit nicht hinnehmbare Beeinträchtigungen verursachten.
47Mit Vermerk zur Übertragbarkeit der Untersuchungsergebnisse auf den neuen Standort WEA 1a der T. & X1. GbR vom August 2014 wurden insbesondere die Bedenken bezüglich der Zwergfledermaus wiederholt.
48Schließlich heißt es im Rahmen einer als „Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls gem. § 3c UVPG“ bezeichneten Prüfung durch Dipl.Ing. N1. von Dezember 2014 (Beiakte Heft 5) im Ergebnis, dass keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten seien.
49Ob hier faktisch mehr erfolgt ist als eine UVP-Vorprüfung erfordern würde, kann dahinstehen. Dass durch ein Überschreiten des notwendigen Prüfungsumfangs gegen die o.g. Bestimmungen des UVPG verstoßen und hierdurch Rechte des Antragstellers verletzt wurden, ist nicht ersichtlich. Der Antragsteller selbst mahnt an, „entsprechend kritisch das“ (im Rahmen der Vorprüfung) „zur Verfügung stehende Material zu bewerten“. Auch dürfte es kaum definierbar sein, wann die Schwelle von einer bloßen UVP-Vorprüfung zu einer der UVP „vorbehaltenen“ Prüfung überschritten wird. Dementsprechend eingeschränkt ist der gerichtliche Prüfungsrahmen, s.o..
50Mit der Beigeladenen geht die Kammer auch davon aus, dass diese Vorprüfung rechtzeitig erfolgt ist, um bei der beantragten Genehmigung berücksichtigt werden zu können. Dies gilt umso mehr, als sogar Vieles dafür spricht, dass sie bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hätte nachgeholt werden können, s.o.. Hier sind die Ergebnisse der Vorprüfung jedenfalls gebündelt, dokumentiert (vgl. § 3c S. 6 UVPG) und in der Gesamtschau gewertet worden.
51Das Ergebnis der Vorprüfung ist auch nachvollziehbar. Ausdruck und Umsetzung findet dieses insbesondere in zahlreichen Auflagen im Genehmigungsbescheid, so etwa unter „IV.“ zum Schutz des Rotmilans und der Fledermäuse. Ein Ergebnis im Sinne des Antragstellers, die Genehmigung versagen zu müssen, geben die Erkenntnisse der Vorprüfung ebenso wenig her wie die Notwendigkeit der Durchführung einer UVP. Dies gilt auch im Hinblick auf drei weitere Anlagen in einer Entfernung von rund 4 km. Allein diese Entfernung spricht nämlich für sich. Etwaige umweltspezifische Auswirkungen erscheinen angesichts dieser Entfernung eher spekulativ. In diese Richtung weist auch § 3 b UVPG für kleinere kumulierende Vorhaben, welche gem. Abs. 2 S. 2 Nr. 2 in engem räumlichen Zusammenhang stehen müssen.
52Die mithin formell rechtmäßige Genehmigung ist auch materiell rechtmäßig.
53Rechtsgrundlage für die angefochtene Genehmigung zur Errichtung der Windenergieanlage ist § 6 BImSchG. Danach ist die erforderliche Genehmigung zu erteilen, wenn
541. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
552. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.
56In Betracht kommt vorliegend unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung von Nachbarrechten allenfalls ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG.
57Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für Nachbarn drittschützend,
58vgl. OVG NRW, Urteile vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, juris Rn. 85,und vom 9. Dezember 2009 - 8 D 6/08.AK -, juris Rn. 62.
59Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind nach § 3 Abs. 2 BImSchG auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
60Die Erfüllung der Grundpflichten des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ist "sichergestellt", wenn schädliche Umwelteinwirkungen, Nachteile oder Belästigungen mit hinreichender, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sind. Davon kann ausgegangen werden, wenn den Antragsunterlagen bei Anlegung praktischer Maßstäbe ohne verbleibenden ernstlichen Zweifel entnommen werden kann, dass der Betreiber die Pflichten erfüllen wird. Die Erfüllung der Pflichten muss für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme sowie für die Dauer des Betriebs sichergestellt sein. Zweifel gehen grundsätzlich zu Lasten des Antragstellers. Ob und inwieweit dies der Fall ist, hängt vom Grad der Wahrscheinlichkeit schädlicher Umwelteinwirkungen sowie Art und Nachhaltigkeit der Zweifel ab. Unsicherheiten werden zum Teil über die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeitsprognose aufgefangen. Wie weit sich daher Zweifel zu Lasten des Antragstellers auswirken, hängt auch vom Grad der Wahrscheinlichkeit ab. Letztendlich lassen sich Unsicherheiten nicht selten durch geeignete Nebenbestimmungen kompensieren,
61VG Aachen, aaO. mit Hinweis auf Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2013,§ 6 Rn. 11 f.; Enders, in: Giesberts/Reinhardt, Beck'scher Online-kommentar, Umweltrecht, § 6 BImSchG Rn. 8; OVG NRW, Beschlussvom 4. Juni 2013 - 8 A 318/11 -, S. 4 f. des amtlichen Umdrucks.
62Von Windenergieanlagen ausgehende schädliche Umwelteinwirkungen können insbesondere in Form von Lärmimmissionen und Schattenwurf auftreten. Derartige schädliche und zum Nachteil des Antragstellers wirkende Umwelteinwirkungen sind hier nicht festzustellen.
63Im Hinblick auf die vom Antragsteller geltend gemachten Lärmimmissionen wäre dann nicht von schädlichen Umwelteinwirkungen auszugehen, wenn die Immissionsrichtwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) in ihrer Fassung vom 26. August 1998 (GMBl. S. 503) eingehalten werden. Nach Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche vorbehaltlich der Regelungen in den Absätzen 2 bis 5 sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Das ist hier voraussichtlich der Fall.
64Allerdings sieht die TA Lärm (in 6.1) hier ausdrücklich keine Immissionsrichtwerte vor. Das Wohnhaus des Antragstellers liegt in Ansehung seiner weitgehend isolierten Lage nämlich eindeutig im bauplanungsrechtlichen Außenbereich.
65Nach der Schallimmissionsprognose der „X2. H. gmbh“, welche dem Regelwerk der TA Lärm sowie der in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 entsprechend vorgenommen wurde und damit zumindest im gerichtlichen Eilverfahren „auf der sicheren Seite liegt“,
66vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2016 – 8 B 1018/15 -, juris;Beschluss vom 12. Februar 2013 - 8 A 96/12 -, juris Rdnr. 9 mitweiteren Rechtsprechungsnachweisen,
67liegen die Schallimmissionspegel der Windenergieanlagen während der Nachtzeit an 10 ausgewählten Immissionspunkten - so auch am als „IP 07“ bzw. „G“ bezeichneten Punkt, welcher nahe dem Wohnhaus des Antragstellers liegt – von 22 bis maximal 40 dB(A). Reflexionen durch eine bestimmte Gebäudeanordnung können danach aufgrund einer Ortsbesichtigung ausgeschlossen werden. Selbst wenn für das Grundstück (Wohnhäuser) des Antragstellers angesichts der privilegierten Nutzung im Außenbereich von einer hier allenfalls anzunehmenden Schutzbedürftigkeit entsprechend 6.1 c) TA Lärm (Dorf-/ Mischgebiet) auszugehen ist, so dass nachts 45 dB(A) und tags 60 dB(A) nicht überschritten werden dürfen,
68vgl. unter anderem: OVG NRW, Beschluss vom 23. Januar 2008- 8 B 215/07 -, juris Rdnr. 38 mit weiteren Rechtsprechungs-nachweisen,
69wären diese Werte nach summarischer Prüfung hier ganz sicher unterschritten. Dass diese Werte hier – etwa durch weitere WEA im Umfeld – verstärkt würden, ist nicht ersichtlich. Schließlich wurde die Betriebsgenehmigung zusätzlich unter „II.“ mit Auflagen zum Immissionsschutz versehen, durch welche insbesondere sichergestellt wird, dass die Anlagen zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr, also zur Nachtzeit, ausschließlich im leistungsreduzierten Betriebsmodus gefahren werden dürfen.
70Soweit sog. Infraschall, dessen Frequenz unterhalb von 16-20 Hz und damit unterhalb der menschlichen Hörschwelle liegt,
71wikipedia,
72zu befürchten ist, wird der Antragsteller hierdurch nicht beeinträchtigt, da seine Wohnhäuser mehr als 500 m von den WEA entfernt liegen,
73OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2016 – 8 B 1018/15 -, juris.
74Der Antragsteller wird aller Voraussicht nach auch durch Schattenwurf der genehmigten Windenergieanlagen nicht unzumutbar beeinträchtigt werden.
75Nach der Rechtsprechung gilt eine Belästigung durch den Schattenwurf von Windkraftanlagen in der Regel dann nicht als schädliche Umwelteinwirkung i.S.d. § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG, wenn die nach einer "worst-case"-Berechnung maximal mögliche Beschattungsdauer am jeweiligen Einwirkungsort nicht mehr als 30 Stunden im Jahr ‑ entsprechend einer realen, d.h. im langjährigen Mittel für hiesige Standorte zu erwartenden Einwirkungsdauer von maximal 8 Stunden im Jahr ‑ und darüber hinaus nicht mehr als 30 Minuten pro Tag beträgt. Zwar gibt es für den von Windkraftanlagen verursachten Schattenwurf keine feste, wissenschaftlich abgesicherte Grenze, deren Überschreitung stets die Annahme einer schädlichen Umwelteinwirkung und damit einer Verletzung von Rechten der Nachbarn nach sich ziehen müsste. Dem wird jedoch dadurch Rechnung getragen, dass die vorstehend wiedergegebenen Immissionsrichtwerte nicht nach Art eines Rechtssatzes anzuwenden sind. Vielmehr sind auch hinsichtlich des Schattenwurfs von Windkraftanlagen ‑ wie allgemein bei der Frage nach dem Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen ‑ die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer wertenden Betrachtung zu würdigen.
76Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Mai 2016 - 8 B 866/15 -, juris Rn. 35,vom 19. September 2012 - 8 A 339/12 -, juris Rn. 10 und vom23. Januar 2008 - 8 B 237/07 -, juris Rn. 61.
77Nach der von der „X2. H. gmbh“ duchgeführten Schattenwurfprognose (Beiakte Heft 4) wird das Grundstück des Antragstellers im schlechtesten (astronomisch allenfalls möglichen) Fall (gelbe Zone) an 45 Stunden im Jahr beschattet. Die meteorologisch wahrscheinlichste Beschattung liegt dagegen (blaue Zone) bei 8 Stunden jährlich.
78Schon diese Dauer ist dem Antragsteller grundsätzlich zuzumuten, zumal sein Grundstück insbesondere bei tief stehender Sonne auch vom benachbarten Wald teilverschattet werden dürfte.
79Die Auflage unter Ziffer 8 zum Genehmigungsbescheid sieht darüber hinaus vor, dass die Windenergieanlagen abzuschalten sind, wenn die astronomisch maximal mögliche Gesamtbeschattungsdauer aller WEA in Summe 30 Stunden pro Kalenderjahr, was einer tatsächlichen Beschattungsdauer von 8 Stunden pro Jahr entspreche, überschreitet.
80Die tägliche Beschattungsdauer der betroffenen Wohnhäuser oder deren intensiv genutzter Außenflächen, an denen Schlagschatten unmittelbar oder durch Spiegelung einwirken könne, darf zusätzlich täglich 30 Minuten nicht überschreiten.
81Diese Regelungen sind technisch umsetzbar und ohne Weiteres verständlich. Auch wenn im Einzelfall zweifelhaft sein mag, was unter „intensiv genutzter Außenfläche“ eines Wohnhauses zu verstehen ist, ist die Regelung noch bestimmt genug, um eine unzumutbar lange Beschattung der Wohnhäuser und der schutzwürdigen Außenflächen des Antragstellers, unter welche zumindest die typischen Ruhezonen bzw. Aufenthaltsflächen im Freien, welche der Erholung dienen (Terrasse pp.) fallen dürften, zu verhindern.
82Eine Gefährdung durch Eiswurf von den genehmigten Anlagen kann die Antragstellerin bereits deshalb nicht geltend machen, weil die Anlagen mindestens 584 m von ihrem Wohnhaus entfernt errichtet werden sollen und daher ihr Grundstück von eventuellem Eiswurf dieser Anlagen kaum betroffen sein wird. Als (bloßem) Nutzer der in der Nähe der Windenergieanlagen verlaufenden Verkehrsflächen steht ihm von vornherein kein subjektives Abwehrrecht gegen die Anlagen zu. Im Übrigen sieht die unter Ziffer 9 der angefochtenen Genehmigung eine Eiswurfabschaltautomatik für die Anlagen vor und dürften so einer Gefährdung von Verkehrsteilnehmern hinreichend vorbeugen.
83Dem Antragsteller steht auch nicht deshalb ein nachbarliches Abwehrrecht gegen die geplante Windenergieanlage zu, weil von dem angegriffenen Vorhaben eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, die mit Blick auf sein Wohngrundstück einen Verstoß gegen das hier aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB folgende bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot darstellt.
84Bei der Prüfung, ob eine Windenergieanlage sich in einer optisch bedrängenden und damit bauplanungsrechtlich unzumutbaren Weise auf eine benachbarte Wohnnutzung auswirkt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, der das beschließende Gericht folgt, stets eine Bewertung des konkreten Einzelfalles vorzunehmen. Diese orientiert sich im Ausgangspunkt an den folgenden groben Anhaltswerten: Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe + 1/2 Rotordurchmesser) der geplanten Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
85Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, Baurecht (BauR)2007, 74, und Beschluss vom 8. Juli 2014 - 8 B 1230/13 -.
86Im Rahmen der Einzelfallwürdigung sind insbesondere die Kriterien Höhe und Standort der Windenergieanlage, Größe des Rotordurchmessers, Blickwinkel, Hauptwindrichtung, (Außenbereichs-)Lage des Grundstücks, Lage der Aufenthaltsräume und deren Fenster im Verhältnis zur Anlage sowie Bestehen von Ausweichmöglichkeiten von Bedeutung. Ferner ist zu berücksichtigen, ob auf dem Grundstück eine hinreichende optische Abschirmung zur Windenergieanlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Auch reicht es für sich gesehen nicht aus, dass die Windenergieanlagen von den Wohnräumen aus überhaupt wahrnehmbar sind, um von einer optisch bedrängenden Wirkung zu sprechen. Das Gebot der Rücksichtnahme vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf ein von technischen Bauwerken freie Sicht. Die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage entfällt daher nicht erst dann, wenn die Sicht auf die Windenergieanlage durch Abschirm- oder Ausweichmaßnahmen völlig gehindert wird. Ausreichend ist vielmehr, dass die Anlage in ihrer Wirkung durch eine vorhandene Abschirmung abgemildert wird oder dass eine solche Abschirmung in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Dies gilt insbesondere für Außenbereichsgrundstücke. Denn in diesen Fällen sind dem Betroffenen wegen des verminderten Schutzanspruchs eher Maßnahmen zuzumuten, durch die er den Wirkungen der Windenergieanlage ausweicht oder sich vor ihnen schützt,
87vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Mai 2016 - 8 B 866/15 -, juris Rn. 27,vom 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 -, juris Rn. 29 ff., und vom 8. Juli 2014- 8 B 1230/13 -, juris Rn. 7 ff., 20 ff.
88Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ergibt sich vorliegend zumindest nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung anhand der der Kammer vorliegenden umfangreichen Verwaltungsvorgänge, des Karten- und Bildmaterials sowie sonstiger Informationsquellen wie insbesondere google-maps, dass von den genehmigten Anlagen keine optisch bedrängende Wirkung auf die Wohnhäuser des Antragstellers ausgeht.
89Der Antragsteller macht hierzu im Wesentlichen geltend, dass sein Anwesen weniger als das Dreifache der Anlagenhöhe entfern liege. Gegenüber der Kreisstraße K befinde sich eine Schneise im Wald in Richtung der Anlagen, so dass der Wald kaum zu einer Sichtverschattung führe. Topografisch liege sein Grundstück mit der WEA 1a auf einem Niveau. Dazwischen befinde sich eine talähnliche Mulde. Die Hauptwindrichtung sorge dafür, dass er überwiegend die nahezu größtmögliche Sichtfläche auf die Rotoren habe. Der bestehende, jedoch bereits angegriffene Fichtenwald biete nur ungenügenden Sichtschutz.
90Die Kammer verkennt nicht, dass das Grundstück des Antragstellers durch die genehmigten WEA optisch beeinträchtigt wird. Diese Beeinträchtigung hat er indes hinzunehmen.
91Der Abstand zwischen den Wohnhäusern und der am nächsten liegenden WEA beträgt dem Akteninhalt nach ca. 584 m. Ausgehend von einer Gesamthöhe der Windenergieanlage (Nabenhöhe + halber Rotordurchmesser) von 199,00 m ergibt sich als Abstand zwischen dieser geplanten Windenergieanlage und dem Hausgrundstück des Antragstellers damit etwa das 2,93-fache der Gesamthöhe der Anlage. Alle anderen Anlagen liegen außerhalb des Abstandes der dreifachen Anlagenhöhe.
92Selbst bei Hinzurechnung der topografischen Höhendifferenz der exponiertesten WEA 1a (445,56 m ü. NN auf Grund gegenüber 430 m ü. NN des Antragstellergrundstückes) von weiteren 15,56 m beträgt der Abstand noch das (199,00 m + 15,56 m = 214,56 m; 584 m : 214,56 m =) 2,72 – fache der optischen Wirkungshöhe, liegt also auch dann noch deutlich näher am eher unbedenklichen 3‑fachen als am eher bedenklichen unter 2-fachen Wert.
93Der Antragsteller selbst räumt indirekt ein, dass die Sicht von seinem Grundstück auf die Anlagen durch eine Waldschneise führe. Nach dem der Kammer vorliegenden aktuellen Bildmaterial (abrufbar auch über google-maps) grenzt das Grundstück des Klägers östlich an die K . Unmittelbar östlich der K erstreckt sich ein ausladendes Waldgebiet, in welchem die Anlagen errichtet werden sollen.
94Hierdurch ergibt sich bereits eine Abschirmung der Sichtbarkeit der Anlage, die der Antragsgegner hier zutreffend (unter Hinweis auch auf Bl. 140 der Beiakte Heft 2) berücksichtigt hat. Mit dem Antragsgegner ist nämlich davon auszugehen, dass selbst bei fehlendem Blattwerk der Bäume im Wesentlichen lediglich Anteile der Rotorblätter zu sehen sein werden. Dies gilt umso mehr, als es sich lt. Antragsteller um dauergrünen Fichtenbestand handeln soll. Ob und inwieweit dieser „angegriffen“ ist, ist nicht entscheidungserheblich, da er jedenfalls gegenwärtig besteht und im Übrigen der Forstkontrolle/Aufforstung unterliegen dürfte. Inwieweit insbesondere die Fenster der zum Wohnen bestimmten Räume der Wohnhäuser des Antragstellers auf die Anlagen ausgerichtet sind und mit welcher Ausrichtung der Rotorblätter überwiegend zu rechnen ist, kann bei dieser Sachlage kaum noch eine entscheidende Rolle einnehmen. Gleichwohl sei insoweit angemerkt, dass es sich nach dem o.g. Luftbild auf das Grundstück des Antragstellers geradezu aufdrängt, dass die attraktivste „Hauptsicht“ vom Grundstück Richtung Westen auf ein großes freies Feld mit einem dahinter liegenden Waldstreifen liegt. Diese Sicht bleibt von den genehmigten Anlagen jedoch gerade unberührt.
95Schließlich ist noch zu bedenken, dass das Grundstück des Antragstellers im bauplanungsrechtlichen Außenbereich liegt, in welchem typischer Weise nicht nur landwirtschaftliche Betriebe wie der des Antragstellers, sondern eben auch Windenergieanlagen ihren Platz finden.
96Der Antragsteller kann ferner nicht mit Erfolg rügen, dass der Artenschutz nicht genügend Berücksichtigung gefunden habe. Eine mögliche Beeinträchtigung artenschutzrechtlicher Belange würde den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen, weil artenschutzrechtliche Regelungen dem Nachbarn einer Windenergieanlage kein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht vermitteln.
97Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Januar 2008 - 8 A 1319/06 -,Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl) 2008, 395 = juris Rdnr. 42.
98Nach alledem verletzt die Genehmigung des Antragsgegners vom 27. August 2015 den Antragsteller aller Voraussicht nach nicht in seinen Rechten.
99Vor diesem Hintergrund fällt die Interessenabwägung zum Nachteil des Antragstellers aus. Leitend dafür ist der Befund, dass die Genehmigung ‑ wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt ‑ mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht gegen Nachbarrechte des Antragstellers verstößt. Des Weiteren gibt den Ausschlag, dass auch im Übrigen die privaten wirtschaftlichen Interessen an der Ausnutzung der Genehmigung das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegen. Die Beigeladene hat ein nachvollziehbares wirtschaftliches Interesse an der möglichst sofortigen Ausnutzbarkeit der Genehmigung. Neben der Erwägung, dass Einnahmen ‑ hier in Form der Einspeisevergütung bzw. Marktprämie nach den §§ 49, 34 EEG ‑ nur im laufenden Betrieb zu erzielen sind, tritt hinsichtlich der finanziellen Förderung der Windenergie hinzu, dass diese degressiv ausgestaltet ist und somit eine spätere Inbetriebnahme eine dauerhaft schlechtere Erlössituation herbeiführt.
100Ob darüber hinaus ein besonderes öffentliches Interesse an der Errichtung gerade dieser Windenergieanlagen zur Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Energien nach § 1 Abs. 1, 2 Satz 2 EEG besteht, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen,
101Vgl. OVG NRW, u.a. Beschlüsse vom 6. Mai 2016 - 8 B 866/15 -, jurisRn. 43, und vom 18. Dezember 2015 - 8 B 400/15 -, juris Rn. 37 ff.
102Der Antrag ist mithin vollumfänglich abzulehnen.
103Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
104Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
105Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Dabei orientiert sich das Gericht bei der Bewertung des Interesses des Antragstellers an dem vorliegenden Verfahren an Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 und berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen des lediglich vorläufigen Charakters der begehrten Entscheidung der Streitwert regelmäßig auf die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwerts (hier 15.000,- EUR) zu beziffern ist.
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Die zuständige Behörde stellt auf der Grundlage geeigneter Angaben des Vorhabenträgers sowie eigener Informationen unverzüglich fest, dass nach den §§ 6 bis 14b für das Vorhaben eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Pflicht) besteht oder nicht. Die Feststellung trifft die Behörde
- 1.
auf Antrag des Vorhabenträgers oder - 2.
bei einem Antrag nach § 15 oder - 3.
von Amts wegen nach Beginn des Verfahrens, das der Zulassungsentscheidung dient.
(2) Sofern eine Vorprüfung vorgenommen worden ist, gibt die zuständige Behörde die Feststellung der Öffentlichkeit bekannt. Dabei gibt sie die wesentlichen Gründe für das Bestehen oder Nichtbestehen der UVP-Pflicht unter Hinweis auf die jeweils einschlägigen Kriterien nach Anlage 3 an. Gelangt die Behörde zu dem Ergebnis, dass keine UVP-Pflicht besteht, geht sie auch darauf ein, welche Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder welche Vorkehrungen für diese Einschätzung maßgebend sind. Bei der Feststellung der UVP-Pflicht kann die Bekanntgabe mit der Bekanntmachung nach § 19 verbunden werden.
(3) Die Feststellung ist nicht selbständig anfechtbar. Beruht die Feststellung auf einer Vorprüfung, so ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines "Negativzeugnisses", wonach für die Erweiterung des sogenannten Vorfeldes A des Flughafens A. weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung erforderlich ist, sowie um die Verpflichtung des Beklagten, der Beigeladenen die Nutzung der - inzwischen fertig gestellten und in Betrieb genommenen - erweiterten Vorfeldfläche bis zum Abschluss eines luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens zu untersagen.
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Die Kläger sind Eigentümer selbst bewohnter Hausgrundstücke, die sich in etwa einem Kilometer Entfernung zum Flughafen A. befinden. Das Grundstück der Klägerin zu 2 liegt zudem in der Nacht-Schutzzone nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FluglärmG.
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Nach Durchführung eines wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens bei der Stadt A. zeigte die Beigeladene die geplante Vorfelderweiterung nach § 41 Abs. 1 LuftVZO luftverkehrsrechtlich an. Mit einem als Negativzeugnis bezeichneten Bescheid vom 26. April 2007 teilte das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden Ministerium) der Beigeladenen mit, die Prüfung ihrer Anzeige habe ergeben, dass eine Planfeststellung und eine Plangenehmigung nicht erforderlich seien, weil das Vorhaben eine unwesentliche Erweiterung der Flughafenanlage darstelle. Den Antrag der Kläger, für den Ausbau des Vorfeldes A auf dem Flughafen der Beigeladenen die Erforderlichkeit eines Planfeststellungsverfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung festzustellen und die im November 2007 aufgenommene Nutzung der Erweiterung des Vorfeldes A bis zum Abschluss des luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens zu untersagen, lehnte das Ministerium mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 ab.
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Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit die Kläger die Aufhebung des Negativzeugnisses vom 26. April 2007 beantragt haben, und die Klage abgewiesen, soweit die Kläger beantragt haben, den Beklagten zu verpflichten, der Beigeladenen die Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. bis zum Abschluss eines luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens und einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu untersagen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage gegen das Negativzeugnis sei zulässig. Bei dem Negativzeugnis handle es sich um einen für einen Dritten anfechtbaren Verwaltungsakt. Auch seien die Kläger gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Eine (mögliche) Verletzung subjektiver Rechte liege danach u.a. dann vor, wenn einem Drittbetroffenen die planerische Abwägung seiner dem Vorhaben entgegenstehenden Belange wegen der fehlerhaften Wahl der Verfahrensart versagt geblieben sei. Materiell-rechtlicher Anknüpfungspunkt sei insofern die (drittschützende) Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 LuftVG. Der in der Norm verwendete Begriff "beeinträchtigt" sei - wie bisher - im Sinne von "beeinflusst" auszulegen. Eine solche Beeinflussung sei bereits dann gegeben, wenn Belange anderer in mehr als nur unerheblicher, also abwägungsrelevanter Weise berührt würden. Das sei hier der Fall. Als in der Nachbarschaft oder im Einwirkungsbereich des Flughafens wohnende Personen könnten die Kläger jeweils als eigenen Belang geltend machen, von den Lärmauswirkungen des Erweiterungsvorhabens betroffen zu sein. Darauf, dass nach der Schalluntersuchung die - unstreitig zu erwartende - Lärmsteigerung im Bereich des Abwägungsunerheblichen liegen möge, könne hier nicht entscheidend abgestellt werden, weil die Schalluntersuchung und das ergänzende Gutachten, das die Beigeladene während des Gerichtsverfahrens beigebracht habe, auf einer fehlerhaften Verkehrsprognose beruhten. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass es durch die verfahrensgegenständliche Erweiterungsmaßnahme zu abwägungserheblichen Erhöhungen der Lärmbelastung der Kläger komme. Die Klage sei auch begründet. Für die Erweiterung des Vorfelds A bestehe eine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung der Umweltverträglichkeit nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG. Diese sei - wegen der nicht plausiblen Bewertung der Lärmbelastung der Kläger - fehlerhaft. Hierauf könnten sich die Kläger gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 UmwRG berufen. Einer eigenen Rechtsverletzung bedürfe es insofern nicht. Die Klage auf Nutzungsuntersagung sei dagegen unzulässig. Den Klägern fehle insofern die erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Diese ergebe sich weder aus dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch noch aus § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG, weil eine (mögliche) Rechtsverletzung hier noch nicht einmal ansatzweise erkennbar sei. Auf das subjektive Recht der Kläger auf abwägende Berücksichtigung ihrer Belange könne nicht abgestellt werden, weil ihm mit der beantragten Nutzungsuntersagung nicht Rechnung getragen würde oder werden könnte. Eine abwägungsfehlerhafte Verkürzung von Lärmschutzbelangen führe in der Regel nicht zur Blockierung des Vorhabens, weil den Lärmschutzbelangen durch Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses, insbesondere in Gestalt von Lärmschutzauflagen, Rechnung getragen werden könne. Auch für eine Verletzung des Rechts der Kläger auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) fehle es an Anhaltspunkten. Schließlich ergebe sich auch aus europäischem Recht keine Klagebefugnis.
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Die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision haben die Beteiligten eingelegt, soweit sie jeweils unterlegen sind.
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Beklagter und Beigeladene sind der Meinung, die Klage sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Sie tragen vor, bei dem Negativzeugnis handele es sich um keine Entscheidung, die von einem Dritten angefochten werden könne. Sie weise keinerlei planungsrechtlichen Gehalt auf. Es handele sich vielmehr um eine Verfügung des Aufsichtsrechts nach den §§ 41, 47 LuftVZO. Unabhängig davon seien die Kläger jedenfalls nicht klagebefugt. Einen Anspruch auf die Durchführung des richtigen Verfahrens, namentlich eines Planfeststellungsverfahrens, gebe es nicht. Auch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ergäben sich keine einklagbaren Rechte Dritter. Schließlich lasse sich die Klagebefugnis auch nicht aus § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG herleiten; denn die Norm stelle auf eine Rechtsbeeinträchtigung und nicht auf eine bloße Rechtsbeeinflussung ab. Eine Beeinträchtigung von Rechten anderer sei aber nur dann gegeben, wenn ein direkter Zugriff auf fremde Rechte erfolge. Das sei hier nicht der Fall. Diese gesetzgeberische Entscheidung sei zu respektieren. Eine Klagebefugnis aus anderen Gründen sei nicht erkennbar.
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Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet. So habe das Oberverwaltungsgericht bereits verkannt, dass hier kein Vorhaben i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UVPG vorliege. Denn die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen am Flughafen seien von den bisher erteilten Genehmigungen gedeckt. Das folge (auch) aus § 71 Abs. 2 LuftVG. Die UVP-Vorprüfung weise zudem weder Ermittlungsfehler noch Ermittlungsdefizite auf. Unabhängig davon verstoße die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, das Ergebnis der UVP-Vorprüfung sei nicht nachvollziehbar, gegen § 3a Satz 4 UVPG, weil das Gericht die Anforderungen an deren Überprüfung überspannt habe.
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Die Kläger tragen im Wesentlichen vor, das Oberverwaltungsgericht habe zu Unrecht die Klage auf Nutzungsuntersagung abgewiesen. Es habe die Anforderungen an die Klagebefugnis verkannt. Diese folge auch insoweit aus dem klägerischen Anspruch auf gerechte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange. § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. dem allgemeinen (Vollzugs-)Folgenbeseitigungsanspruch und § 29 Abs. 1 LuftVG seien zudem dahingehend auszulegen, dass eine Verletzung der materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und der sog. UVP-Richtlinie zugleich eine die Klagebefugnis begründende Rechtsverletzung zumindest der - wie die Kläger - qualifiziert in ihren Rechten Betroffenen vermittele. Hieraus resultiere auch ein Anspruch auf Nutzungsuntersagung der Vorfelderweiterung zugunsten der Kläger.
Entscheidungsgründe
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Die Revisionen von Beklagtem und Beigeladener sind unbegründet (1.). Auf die Revision der Kläger war das angefochtene Urteil zu ändern und der Beklagte antragsgemäß zu verpflichten, die Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. bis zur luftverkehrsrechtlichen Zulassung der Ausbaumaßnahme gegenüber der Beigeladenen zu untersagen (2.).
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1. a) Die Klage gegen die Unterbleibensentscheidung ("Negativzeugnis") vom 26. April 2007 ist zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft (aa), und die Kläger besitzen die hierfür erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO (bb).
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aa) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 3 des Luftverkehrsgesetzes - LuftVG - einen - auch für einen Dritten anfechtbaren - Verwaltungsakt darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - BVerwGE 115, 158 <163> = juris Rn. 60; ferner Urteile vom 8. Oktober 1976 - 7 C 24.73 - Buchholz 442.01 § 28 PBefG Nr. 3 zum Personenbeförderungsrecht und vom 15. Januar 1982 - 4 C 26.78 - BVerwGE 64, 325 = juris Rn. 21 zum Fernstraßenrecht). Hieran ist festzuhalten. So hat der 7. Senat die Verwaltungsakteigenschaft einer Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - BImSchG - wiederholt bejaht (BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 7 C 2.10 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 8 Rn. 21 und vom 7. August 2012 - 7 C 7.11 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 9 Rn. 13). Für die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG kann nichts anderes gelten, zumal diese - anders als die Freistellungserklärung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG - zusätzlich eine entsprechende Ermessensausübung durch die Planfeststellungsbehörde erfordert. Hiervon geht offenbar auch das Ministerium aus, denn es hat seiner Unterbleibensentscheidung Nebenbestimmungen in Form von zwei Auflagen und einem Auflagenvorbehalt beigefügt, die auf § 36 Abs. 2 Nr. 4 und 5 VwVfG NW gestützt wurden.
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Der Regelungsgehalt einer Entscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG besteht dabei zum einen in der Feststellung, dass es sich um eine Änderung/Erweiterung eines Flughafens handelt (i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG), die jedoch i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 3 LuftVG von unwesentlicher Bedeutung ist, zum anderen in dem auf pflichtgemäßer Ermessensausübung beruhenden Verzicht der Behörde auf die Durchführung eines Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahrens sowie der hiermit verbundenen Freigabe der Maßnahme nach Luftverkehrsrecht. Die Entscheidung ergeht gegenüber dem Vorhabenträger (Anzeigender i.S.v. § 41 Abs. 1 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung - LuftVZO -) und besitzt damit Außenwirkung. Da nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG ein Fall von unwesentlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden, wirkt die Unterbleibensentscheidung auch gegenüber Dritten. Denn aufgrund dieser Entscheidung muss weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung und damit auch keine gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG umfassende Abwägung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange erfolgen.
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bb) Die Kläger sind gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Es erscheint zumindest möglich, dass sie durch die Unterbleibensentscheidung in ihren durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geschützten Rechten verletzt werden.
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Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Ist der Kläger nicht Adressat eines Verwaltungsakts, sondern lediglich als Dritter betroffen, so ist für seine Klagebefugnis erforderlich, dass er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist (stRspr; vgl. BVerwG, etwa Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 14), und die Verletzung dieser Norm zumindest möglich erscheint. Eine Anfechtungsklage ist nur dann nach § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 20. April 1994 - 11 C 17.93 - BVerwGE 95, 333 <334 f.>). Die insoweit an den klägerischen Sachvortrag zu stellenden Anforderungen dürfen - mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - dabei nicht überspannt werden (stRspr, z.B. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 = juris Rn. 41).
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Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG a. F. drittschützend ist (BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - BVerwGE 115, 158 = juris Rn. 27). Auch in der jetzigen Fassung ist die Vorschrift drittschützend, weil - trotz der durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833) erfolgten Änderung (Ersetzung des Begriffs "beeinflusst" durch den Begriff "beeinträchtigt") - sich die von § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geforderte "Berücksichtigung von Rechten Dritter" nicht auf den direkten Zugriff auf Rechte beschränkt, sondern - nach wie vor - im Sinne einer "Beeinflussung der Rechte Dritter" zu verstehen ist; die Norm erfasst damit auch Drittbelange, die in mehr als unerheblicher, mithin abwägungsrelevanter Weise (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG ) berührt werden (in diese Richtung bereits BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 4 B 66.08 - juris Rn. 8 unter Verweis auf das Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - a.a.O. S. 164). Dies folgt aus einer an Wortlaut, Sinn und Zweck und der Systematik ausgerichteten Auslegung.
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§ 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG formuliert in seinem 1. Halbsatz dahingehend, dass "Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden". Diese Formulierung lehnt sich wohl an § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 1 LuftVG an (dort heißt es "Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden"), so dass hieraus gefolgert werden könnte, dass mit den Formulierungen das Gleiche gemeint ist. Ein solches Verständnis ließe jedoch den jeweiligen Halbsatz 2 der Regelungen unberücksichtigt, der Rückschlüsse auf die Reichweite der "Rechte anderer" zulässt. Während § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG zum Inhalt hat, dass "die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben", heißt es in § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG lediglich, dass "mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden". § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG rechtfertigt somit den Schluss, dass "Rechte anderer" i.S.d. Halbsatzes 1 nur solche sein können, auf die durch ein Vorhaben unmittelbar zugegriffen werden soll. Zu einem solchen Schluss zwingt § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG mit seiner offeneren Formulierung von den "entsprechenden Vereinbarungen" jedoch nicht. Vielmehr rechtfertigt er die Annahme, dass die in Halbsatz 1 angesprochenen Rechte anderer weiter zu fassen sind (mithin in Richtung auf die abwägungserheblichen Belange i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG) als die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 genannten.
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Auch die Systematik, die § 8 LuftVG zugrunde liegt, spricht für diese Auslegung. In § 8 LuftVG ist die Genehmigungsbedürftigkeit u.a. von Änderungen an bestehenden Flughäfen normiert. Die Vorschrift stellt dabei eine gewisse Rangfolge in Bezug auf die durchzuführenden Genehmigungsverfahren auf. Grundsätzlich ist für die Änderung von Flughäfen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG ein Planfeststellungsverfahren erforderlich. In bestimmten Fällen kann unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 LuftVG von einer Planfeststellung abgesehen und nur eine Plangenehmigung erteilt werden. Im Sonderfall der unwesentlichen Änderung kann nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG auch eine Unterbleibensentscheidung ergehen, mit der Folge, dass dann weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung erforderlich sind. Insbesondere der Vergleich zwischen den Regelungen in § 8 Abs. 2 Satz 1 und § 8 Abs. 3 Satz 2 LuftVG belegt, dass bei einer identischen Auslegung der Wörter "Rechte anderer nicht beeinträchtigt" die Voraussetzungen für eine Plangenehmigung oder eine Unterbleibensentscheidung weitgehend angeglichen würden. Die in § 8 Abs. 1 bis 3 LuftVG angelegte Stufenfolge würde hierdurch infrage gestellt. Wird dagegen die Formulierung in § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG in einem über den direkten Zugriff auf Rechte anderer hinausgehenden Sinne verstanden, bleibt das Stufenverhältnis der einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen gewahrt. Es kommt hinzu, dass sowohl die Planfeststellung als auch die Plangenehmigung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG das Ergebnis einer sämtliche durch das Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange Rechnung tragenden Abwägung sein müssen; eine solche Abwägung ist im Rahmen einer Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG nicht vorgesehen. Der Stufenfolge des § 8 LuftVG liegt damit der Gedanke zugrunde, nur solche Vorhaben von einer Planfeststellung/Plangenehmigung auszunehmen, deren Zulassung gerade keiner planerischen Abwägungsentscheidung bedarf. Diese Systematik ist aber nur dann gewahrt, wenn § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG in einem weiten Sinne verstanden wird, weil andernfalls durch die Unterbleibensentscheidung abwägungserhebliche Belange Dritter im luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahren ausgeblendet werden könnten.
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§ 8 Abs. 3 LuftVG dient ersichtlich der Verfahrensvereinfachung und der Verfahrensbeschleunigung für unwesentliche (= „einfache“) Änderungen/Erweiterungen eines Flughafens. Diese sollen in einem möglichst unkomplizierten Verfahren, insbesondere ohne eine sie rechtfertigende (umfassende) Abwägungsentscheidung, "zugelassen" und anschließend rasch verwirklicht werden können. Die Norm hat nicht den Zweck, die Genehmigungsbehörde von einer etwa erforderlichen Berücksichtigung abwägungserheblicher Belange Dritter freizustellen oder solche Belange abzuschneiden. Wo solche (schutzwürdigen, nicht geringwertigen und nicht makelbehafteten) Belange berührt werden, ist die Unterbleibensentscheidung nach deren Sinn und Zweck nicht das richtige Instrument zur Vorhabenfreigabe. Es bedarf dann vielmehr einer Planfeststellung/Plangenehmigung. Der hinter § 8 Abs. 3 LuftVG stehende Zweck würde verfehlt, wenn § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LuftVG auf die Fälle des direkten Zugriffs auf Rechte Dritter beschränkt würde.
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Die Kläger haben hinreichend substantiiert vorgetragen, dass eine Verletzung ihrer durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geschützten abwägungserheblichen Belange aufgrund der ungeklärten Lärmauswirkungen der umstrittenen Maßnahme zumindest möglich erscheint. Die klägerischen Grundstücke liegen etwas über einen Kilometer vom Flughafen A. entfernt. Das Grundstück der Klägerin zu 2 liegt zudem in der Nacht-Schutzzone nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm - FlugLärmG -. Die Erweiterung des Vorfeldes A sowie die weiteren hiermit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen erfolgen in Richtung auf ihr Grundstück. Nach dem von der Beigeladenen vorgelegten Gutachten der B. GmbH vom 23. Januar 2007 bedingt die Maßnahme eine Erhöhung der Lärmbelastung der Kläger, weil die Erweiterung zu einer Zunahme der Bewegungen auf dem Vorfeld A führt. Zwar kommt die B. GmbH zu dem Ergebnis, dass durch die Vorfelderweiterung lediglich mit einer Erhöhung des Lärmpegels um 0,5 dB(A) zu rechnen sei. Die Kläger haben diese Aussage sowie die Lärmbegutachtung aber unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts substantiiert in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund lässt sich dem Lärmschutzinteresse der Kläger nicht von vornherein jegliche Relevanz absprechen. Ob diesem Gesichtspunkt im konkreten Fall die Bedeutung zukommt, die ihm die Kläger beimessen, ist der Prüfung im Rahmen der Begründetheit vorzubehalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 - Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 3 S. 25 = juris Rn. 20).
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b) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht von der Begründetheit der Klage ausgegangen.
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aa) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, das Negativzeugnis sei rechtswidrig, weil eine Pflicht zur Durchführung einer UVP-Vorprüfung bestehe und die angestellte UVP-Vorprüfung aufgrund von Ermittlungsdefiziten im Ergebnis nicht nachvollziehbar sei (UA S. 21), verstößt nicht gegen revisibles Recht.
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(1) Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, für die Erweiterung des Vorfeldes A bestehe eine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG -, denn hierbei handele es sich um die Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens, die nicht von einer bestandskräftigen förmlichen Zulassungsentscheidung gedeckt sei (UA S. 22 f.). Das steht mit Bundesrecht im Einklang.
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Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) - auch - für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalles i.S.v. § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Frage, ob es sich um eine Änderung oder Erweiterung im Sinne der Vorschrift handelt, beurteilt sich dabei nach materiellem Recht, vorliegend mithin nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG (Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, Loseblatt Stand Oktober 2014, § 8 Rn. 18). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Änderung eines Flughafens vorliegt, wenn das Vorhaben vom Regelungsgehalt einer bestandskräftigen früheren Zulassungsentscheidung nicht mehr gedeckt ist; schon Zugelassenes bedarf nicht erneut einer Zulassung (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 31; Beschluss vom 16. Dezember 2003 - 4 B 75.03 - Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 14 S. 9 f. = juris Rn. 16). Bezugspunkt und Maßstab für das Vorliegen einer Änderung ist mithin der bisherige Gestattungszustand (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2013 - 4 C 14.12 - BVerwGE 149,17 Rn. 14). Insoweit ist der Begriff der Änderung in § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 LuftVG fachplanungsrechtlich determiniert (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 a.a.O. Rn. 31).
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Das Oberverwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Urteil ausführlich mit der Genehmigungslage des Flughafens A. befasst (UA S. 23 bis 30) und ist in Auslegung der vorhandenen Genehmigungen zum Ergebnis gelangt, dass diese die Erweiterung des Vorfeldes A nicht abdecken. Der tatrichterlich ermittelte Inhalt der Genehmigungen ist als Tatsachenfeststellung i.S.d. § 137 Abs. 2 VwGO für den Senat bindend (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2001 - 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <280>), weil weder der Beklagte noch die Beigeladene innerhalb der Frist des § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO eine Verfahrensrüge erhoben haben, sondern sich darauf beschränken, der vorinstanzlichen Auslegung der Genehmigungen ihre eigene, davon abweichende Auslegung gegenüber zu stellen.
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Ist danach von einer Änderung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG auszugehen, so liegt damit auch eine Änderung i.S.v. § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG vor. Da gemäß § 3b Abs. 1 i.V.m. Nr. 14.12.1 der Anlage 1 UVPG (in der hier maßgeblichen Fassung zum 26. April 2007) der Bau eines Flugplatzes im Sinne der Begriffsbestimmungen des Abkommens von Chicago von 1944 zur Errichtung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation mit einer Start- und Landebahngrundlänge von - wie hier - 1 500 m oder mehr UVP-pflichtig ist, folgt hieraus, dass die Vorfelderweiterung einer UVP-Vorprüfung bedurfte.
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(2) Das Oberverwaltungsgericht hat ferner angenommen, dass die UVP-Vorprüfung durch den Beklagten nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG entspreche. Auch das lässt einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen.
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Nach § 3a Satz 4 UVPG ist, wenn die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG beruht, die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.
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Gemäß § 3c Satz 1 UVPG muss die zuständige Behörde einschätzen, ob das Vorhaben aufgrund überschlägiger Prüfung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 3 UVPG ist bei der Vorprüfung auch zu berücksichtigen, inwieweit durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen werden. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, liegen nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 34, vom 16. Oktober 2008 - 4 C 5.07 - BVerwGE 132, 123 Rn. 32 und vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37). Eine Umweltverträglichkeitsprüfung muss vielmehr durchgeführt werden, wenn Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht.
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Die Planfeststellungsbehörde darf im Rahmen der Vorprüfung nicht bereits mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 35 und vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 25). Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 25). Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 49 und vom 20. August 2008 a.a.O.).
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Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung zur UVP-Pflichtigkeit unterliegt nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Zu untersuchen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 24 und vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - UPR 2014, 444 Rn. 16). Dementsprechend muss eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden haben, und das Ergebnis der Vorprüfung darf keine Rechtsfehler aufweisen, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Diese Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29).
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Das Oberverwaltungsgericht hat vorliegend beanstandet, dass die Lärmauswirkungen, die mit der Nutzung des erweiterten Vorfeldes A verbunden sind, nicht auf der Grundlage einer realistischen Verkehrsprognose ermittelt und beurteilt worden seien. Das gelte namentlich für den Bodenlärm und für die Schalluntersuchung. Das Gutachten zur Kapazitätsveränderung durch ein erweitertes Vorfeld A am Flughafen A. vom Dezember 2006 der C. GmbH (C.-Gutachten) habe insofern unzutreffend auf die Flugbewegungen eines typischen Tages des Jahres 2005 und der sechs verkehrsreichsten Monate des Jahres 2005 abgestellt, anstatt von einem zu einem bestimmten Prognosezeitpunkt zu erwartenden Flugbewegungsaufkommen auszugehen. Das gelte auch für die hierauf aufbauende schalltechnische Untersuchung der B. GmbH vom Januar 2007 (UA S. 33 f.). Die Abschätzung des Bodenlärms sei daher aufgrund eines falschen Ansatzes oder Maßstabes unbrauchbar. Die Ergebnisrelevanz dieses Fehlers sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen in Gestalt von (erheblichem) Bodenlärm aus anderen Gründen offensichtlich nicht zu erwarten seien, denn solche Gründe seien nicht gegeben. Diese Ausführungen lassen einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass sowohl das C.-Gutachten als auch die Lärmbegutachtung durch die B. GmbH nicht geeignet waren, die Unbeachtlichkeit der Lärmerhöhung durch die Erweiterungsmaßnahme in Richtung auf die klägerischen Wohngebäude zu belegen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist für die Lärmberechnung auf das tatsächliche Verkehrsaufkommen abzustellen, das in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. März 1996 - 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, vom 3. März 1999 - 11 A 9.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 26 und vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 354; Beschluss vom 7. Februar 2001 - 11 B 61.00 - ZLW 2001, 455). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) fehlt es vorliegend an einer dieser Anforderung entsprechenden in die Zukunft gerichteten Verkehrsprognose zum Zeitpunkt des Erlasses der Unterbleibensentscheidung. Damit ist das Ergebnis der UVP-Vorprüfung, wonach es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, nicht plausibel begründet.
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Dass das C.-Gutachten und das Gutachten der B. GmbH unzureichend waren, räumt letztlich auch der Beklagte ein. Er vertritt allerdings die Auffassung, die Mängel seien durch das auf Anforderung des Oberverwaltungsgerichts nachgereichte C.-Gutachten vom Juli 2012 geheilt worden. Eine solche Heilung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zulässig. Dem ist schon deshalb nicht zu folgen, weil das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass auch das nachgereichte Gutachten fehlerhaft ist. Zudem habe der Beklagte seine Bodenlärmbeurteilung aus Anlass der C.-Darstellung nicht ergänzt. Damit sei keine Heilung der Fehler bei der Beurteilung des Bodenlärms eingetreten (UA S. 38). Hieran ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da diese Feststellungen nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden sind.
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bb) Ohne Bundesrechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht schließlich entschieden, dass sich die Kläger gemäß § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes - UmwRG - auf die fehlerhafte UVP-Vorprüfung berufen könnten, ohne dass es darüber hinaus der Feststellung einer Rechtsverletzung i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bedürfe.
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Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit u.a. eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 UVPG verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Anknüpfungspunkt für die Rechtsfolge einer Aufhebung der Zulassungsentscheidung ist mithin eine fehlerhaft unterbliebene UVP oder UVP-Vorprüfung. Diese Fehler sind erheblich, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, wie es § 46 VwVfG sonst voraussetzt. Die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG gilt in erster Linie für die umweltrechtliche Verbandsklage, ist aber gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die Verfahrensfehler auch insoweit unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zur Begründetheit der Klage führen. Hieraus folgt, dass eine Genehmigungsentscheidung, die ohne die hierfür erforderliche UVP oder UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf die Klage eines gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugten Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG allein wegen dieses Fehlers aufzuheben ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2014 Rn. 10). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt das auch, wenn - wie hier - eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt.
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Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG auch Anwendung auf die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG. Denn nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UVPG sind Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung, Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren. Entscheidungen, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, sind dabei vor allem solche, die ein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 9 VwVfG abschließen (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2013 - 4 C 14.12 - BVerwGE 149, 17). Hierzu zählt auch die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG, weil sie ein Verwaltungsakt ist.
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2. Die Revision der Kläger ist dagegen erfolgreich. Ihre Klage ist zulässig (a) und begründet (b). Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist insofern mit Bundesrecht nicht vereinbar.
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a) Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, dass die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Untersagung der Nutzung der Erweiterung des Vorfeldes A unzulässig sei, weil den Klägern die nach § 42 Abs. 2 VwGO hierfür erforderliche Klagebefugnis fehle, trifft nicht zu.
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Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Verpflichtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein, und wenn nach seinem Vorbringen die Verletzung dieser Rechte möglich erscheint (vgl. oben). Da die Verpflichtungsklage gemäß § 113 Abs. 5 VwGO nur begründet ist, wenn ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsaktes gegeben ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 77.84 - BVerwGE 77, 317 = juris Rn. 13), erfordert dies das Bestehen eines Rechtssatzes, der die Behörde zum Erlass dieses Verwaltungsaktes verpflichtet oder wenigstens ermächtigt und zugleich einen subjektiven Anspruch darauf gewährt sowie den jeweiligen Kläger in den Kreis der Berechtigten einbezieht (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115). Für die Klagebefugnis reicht es dabei aus, dass ein solcher Anspruch nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1991 - 4 C 23.88 - Buchholz 406.39 Denkmalschutzrecht Nr. 5; siehe auch BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2011 - 6 C 2.10 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 3 und vom 10. Oktober 2012 - 6 C 36.11 - BVerwGE 144, 284 Rn. 17, jeweils m.w.N.). Nach diesem Maßstab ist es entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht ausgeschlossen, dass die Kläger einen Anspruch auf Erlass einer Nutzungsuntersagung oder wenigstens auf ermessensfehlerfreie Entscheidung haben.
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(1) Eine Rechtsgrundlage für das vom Beklagten verlangte aufsichtsbehördliche Einschreiten ist mit § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG vorhanden. Danach ist die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der Flugsicherungsorganisation. Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG um eine Norm, die sich auf das Gebot zur Gefahrenabwehr i.S.d. allgemeinen Polizeirechts beschränkt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 - 4 C 2.13 - juris Rn. 18). Schutzgut der Vorschrift ist, soweit es vorliegend darauf ankommt, die öffentliche Sicherheit. Sie umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, die Unversehrtheit der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie Bestand und Funktionieren der Einrichtungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Eine Gefahr i.S.v. § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass ein Zustand oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für das Schutzgut führt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 a.a.O. Rn. 13). Hiervon ist etwa dann auszugehen, wenn ein Flughafen ohne die nach § 8 Abs. 1 und 2 LuftVG erforderliche Planfeststellung bzw. Plangenehmigung geändert wird und eine dies legitimierende Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG fehlt, z.B. weil diese auf den Rechtsbehelf eines Dritten hin aufgehoben worden ist. Ist eine solche Gefahr gegeben, dann kann die hierfür zuständige Behörde die erforderlichen Verfügungen erlassen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG). Bei einer formell illegalen Änderung eines Flughafens lässt sich auf diese Regelung u.a. die Befugnis stützen, die Nutzung der geänderten Anlagen zu untersagen und damit die Störung der Rechtsordnung zu unterbinden (in diese Richtung bereits BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 2001 - 11 VR 16.00 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 18 = juris Rn. 11).
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(2) § 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG stellt das Einschreiten in das Ermessen der zuständigen Behörden. Damit besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einschreiten, sondern nur ein solcher auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Allein in den Fällen der sog. Ermessensreduzierung auf Null kann sich dieser Anspruch zu einem Rechtsanspruch verdichten. Nicht anders als in anderen Gebieten des öffentlichen Rechts, namentlich im öffentlichen Baurecht setzen sowohl der Anspruch auf Einschreiten als auch der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung voraus, dass der Dritte durch die formell illegale Anlage in seinen Rechten verletzt wird. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei geklärt, dass sich der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten lässt, die das individuell geschützte private Interesse, die Art seiner Verletzung und den Kreis der unmittelbar geschützten Personen hinreichend deutlich klarstellen und abgrenzen (stRspr, vgl. BVerwG, etwa Urteil vom 20. Oktober 1972 - 4 C 107.67 - BVerwGE 41, 58 <63> = juris Rn. 18). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 - 4 C 22.75 - BVerwGE 52, 122). Er wird für die Kläger durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG vermittelt. Es erscheint zumindest möglich, dass die Kläger durch die Weigerung des Beklagten, die Nutzung des erweiterten Vorfeldes A vorläufig zu unterbinden, in ihrem Recht auf Abwägung ihrer Lärmschutzbelange verletzt sind. Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, mit der beantragten Nutzungsuntersagung könne der Rechtsverletzung nicht begegnet werden, ist unzutreffend. Zwar führt eine abwägungsfehlerhafte Nichtberücksichtigung oder Zurücksetzung von Lärmschutzbelangen in der Regel dazu, dass der Betroffene im Wege der Verpflichtungsklage auf eine Vervollständigung der Lärmschutzkonzeption zu seinen Gunsten dringen muss (BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 290). Das bedeutet aber nicht, dass er das Vorhaben nicht, wie mit der Nutzungsuntersagung angestrebt, bis zur Fehlerbehebung blockieren könnte. Solange die Lärmschutzkonzeption defizitär ist, muss nämlich die beanstandete Nutzung einer Verkehrsfläche unterbleiben (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 290 und vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 77).
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b) Die Klage ist begründet. Der Senat kann die beantragte Verpflichtung des Beklagten selbst aussprechen, da die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts für diese Beurteilung ausreichend sind und die Sache spruchreif ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).
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Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 29 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG und § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG auf Untersagung der Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. gegenüber der Beigeladenen bis zur luftverkehrsrechtlichen Zulassung der Ausbaumaßnahme. Der dem widersprechende Bescheid des Beklagten vom 10. Dezember 2008 war daher aufzuheben.
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aa) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG liegen vor, weil die Vorfelderweiterung formell illegal ist.
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bb) Das dem Beklagten eröffnete Ermessen ist vorliegend zugunsten der Kläger dahingehend reduziert, dass der Beklagte gegen die nicht genehmigte Nutzung der Vorfelderweiterung durch die Beigeladene einschreiten muss. Ein Nutzungsverbot ist zwingende Konsequenz daraus, dass die Unterbleibensentscheidung vom Oberverwaltungsgericht - zu Recht - aufgehoben wurde, weil die UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist, und die Kläger sich hierauf über § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG berufen können. Mit § 4 Abs. 3 UmwRG wollte der Gesetzgeber (vgl. BT-Drs. 16/2495 S.14) der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 - C-201/02 - [ECLI:EU:C:2004:12], Wells - Rn. 54 ff.) Rechnung tragen, der das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Genehmigungserteilung als wesentlichen Verfahrensfehler behandelt hat, auf den sich der von der Genehmigung Betroffene ohne Weiteres berufen könne. Der Europäische Gerichtshof betont überdies in ständiger Rechtsprechung, dass ein mit einem nach Unionsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes Gericht in der Lage sein müsse, vorläufige Maßnahmen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen (EuGH, Urteile vom 19. Juni 1990 - C-213/89 [ECLI:EU:C:1990:257], Factortame u.a. - Rn. 21, vom 13. März 2007 - C-432/05 [ECLI:EU:C:2007:163], Unibet - Rn. 67 und vom 15. Januar 2013 - C-416/10 [ECLI:EU:C:2013:8], Krizan u.a. - Rn. 107). Diese Ausführungen stehen zwar im Zusammenhang mit der Frage, ob nach nationalem Recht die Möglichkeit bestehen muss, den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erreichen, mit der die Vollziehung einer Genehmigung bis zum Erlass der Endentscheidung (des Gerichts) vorübergehend ausgesetzt werden kann. Die Grundsätze müssen aber erst recht gelten, wenn eine entsprechende Genehmigung nach der Inswerksetzung des Vorhabens durch Urteil aufgehoben wurde, weil die für das Vorhaben erforderliche UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt wurde und offen ist, ob das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf und zugelassen werden kann. Es kommt ein weiteres hinzu: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Mitgliedstaaten gemäß dem (jetzt) in Art. 4 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union - EUV - enthaltenen Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verpflichtet, die rechtswidrigen Folgen eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht zu beheben (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90 [ECLI:EU:C:1991:428], Francovich u.a. - Rn. 36). Eine solche Verpflichtung obliegt jeder Behörde des betreffenden Mitgliedstaats im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 a.a.O. Rn. 64 m.w.N.). Begrenzt durch den Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, sind derartige Maßnahmen beispielsweise die Rücknahme oder die Aussetzung einer bereits erteilten Genehmigung zu dem Zweck, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 a.a.O. Rn. 65).
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Vor diesem Hintergrund sieht der Senat für Fälle wie den vorliegenden in § 4 Abs. 3 UmwRG eine Regelung, die das behördliche Ermessen in Bezug auf ein luftaufsichtsrechtliches Einschreiten dahingehend steuert, dass zugunsten der unter den Schutzbereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG fallenden Nachbarschaft in der Regel eingeschritten werden muss. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Überlegung, dass ansonsten eine nicht zu rechtfertigende Rechtsschutzlücke entstünde. Der vorliegende Fall belegt dies anschaulich. Die Kläger sind zwar mit ihrer Klage gegen die Unterbleibensentscheidung durchgedrungen, vor dem Oberverwaltungsgericht mit dem Begehren auf Nutzungsuntersagung jedoch gescheitert. Solange der Beklagte bei dieser Sachlage nicht aus eigenem Entschluss gegen die Nutzung der Vorfelderweiterung durch die Beigeladene einschreitet, ändert sich faktisch für die Kläger nichts. Damit würde § 4 Abs. 3 UmwRG in der Sache leerlaufen. Das widerspricht nicht nur Unionsrecht (Effektivitätsgrundsatz), sondern auch Art. 19 Abs. 4 GG.
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Es mag Fallgestaltungen geben, in welchen ausnahmsweise unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von einer Nutzungsuntersagung eines wegen Verstoßes gegen die UVP-Vorprüfungspflicht formell illegalen Vorhabens abzusehen ist. Das bedarf aber keiner Vertiefung, weil für einen solchen Fall hier keine Anhaltspunkte bestehen und von der Beigeladenen auch nicht geltend gemacht worden sind.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO, bezüglich der Beigeladenen auch auf § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
(1) Die zuständige Behörde stellt auf der Grundlage geeigneter Angaben des Vorhabenträgers sowie eigener Informationen unverzüglich fest, dass nach den §§ 6 bis 14b für das Vorhaben eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Pflicht) besteht oder nicht. Die Feststellung trifft die Behörde
- 1.
auf Antrag des Vorhabenträgers oder - 2.
bei einem Antrag nach § 15 oder - 3.
von Amts wegen nach Beginn des Verfahrens, das der Zulassungsentscheidung dient.
(2) Sofern eine Vorprüfung vorgenommen worden ist, gibt die zuständige Behörde die Feststellung der Öffentlichkeit bekannt. Dabei gibt sie die wesentlichen Gründe für das Bestehen oder Nichtbestehen der UVP-Pflicht unter Hinweis auf die jeweils einschlägigen Kriterien nach Anlage 3 an. Gelangt die Behörde zu dem Ergebnis, dass keine UVP-Pflicht besteht, geht sie auch darauf ein, welche Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder welche Vorkehrungen für diese Einschätzung maßgebend sind. Bei der Feststellung der UVP-Pflicht kann die Bekanntgabe mit der Bekanntmachung nach § 19 verbunden werden.
(3) Die Feststellung ist nicht selbständig anfechtbar. Beruht die Feststellung auf einer Vorprüfung, so ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.
(1) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die allgemeine Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien durchgeführt. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären.
(2) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „S“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine standortbezogene Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die standortbezogene Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung in zwei Stufen durchgeführt. In der ersten Stufe prüft die zuständige Behörde, ob bei dem Neuvorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß den in Anlage 3 Nummer 2.3 aufgeführten Schutzkriterien vorliegen. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vorliegen, so besteht keine UVP-Pflicht. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, so prüft die Behörde auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien, ob das Neuvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele des Gebietes betreffen und nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde solche Umweltauswirkungen haben kann.
(3) Die Vorprüfung nach den Absätzen 1 und 2 entfällt, wenn der Vorhabenträger die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt und die zuständige Behörde das Entfallen der Vorprüfung als zweckmäßig erachtet. Für diese Neuvorhaben besteht die UVP-Pflicht. Die Entscheidung der zuständigen Behörde ist nicht anfechtbar.
(4) Zur Vorbereitung der Vorprüfung ist der Vorhabenträger verpflichtet, der zuständigen Behörde geeignete Angaben nach Anlage 2 zu den Merkmalen des Neuvorhabens und des Standorts sowie zu den möglichen erheblichen Umweltauswirkungen des Neuvorhabens zu übermitteln.
(5) Bei der Vorprüfung berücksichtigt die Behörde, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers offensichtlich ausgeschlossen werden. Liegen der Behörde Ergebnisse vorgelagerter Umweltprüfungen oder anderer rechtlich vorgeschriebener Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens vor, bezieht sie diese Ergebnisse in die Vorprüfung ein. Bei der allgemeinen Vorprüfung kann sie ergänzend berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die allgemeine Vorprüfung eröffnen, überschritten werden.
(6) Die zuständige Behörde trifft die Feststellung zügig und spätestens sechs Wochen nach Erhalt der nach Absatz 4 erforderlichen Angaben. In Ausnahmefällen kann sie die Frist für die Feststellung um bis zu drei Wochen oder, wenn dies wegen der besonderen Schwierigkeit der Prüfung erforderlich ist, um bis zu sechs Wochen verlängern.
(7) Die zuständige Behörde dokumentiert die Durchführung und das Ergebnis der allgemeinen und der standortbezogenen Vorprüfung.
(1) Auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung bewertet die zuständige Behörde die Umweltauswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge im Sinne des § 3 nach Maßgabe der geltenden Gesetze. Die Bewertung ist zu begründen.
(2) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens berücksichtigt die zuständige Behörde die begründete Bewertung nach dem in Absatz 1 bestimmten Maßstab.
(3) Bei der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens müssen die zusammenfassende Darstellung und die begründete Bewertung nach Einschätzung der zuständigen Behörde hinreichend aktuell sein.
(1) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die allgemeine Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien durchgeführt. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären.
(2) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „S“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine standortbezogene Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die standortbezogene Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung in zwei Stufen durchgeführt. In der ersten Stufe prüft die zuständige Behörde, ob bei dem Neuvorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß den in Anlage 3 Nummer 2.3 aufgeführten Schutzkriterien vorliegen. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vorliegen, so besteht keine UVP-Pflicht. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, so prüft die Behörde auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien, ob das Neuvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele des Gebietes betreffen und nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde solche Umweltauswirkungen haben kann.
(3) Die Vorprüfung nach den Absätzen 1 und 2 entfällt, wenn der Vorhabenträger die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt und die zuständige Behörde das Entfallen der Vorprüfung als zweckmäßig erachtet. Für diese Neuvorhaben besteht die UVP-Pflicht. Die Entscheidung der zuständigen Behörde ist nicht anfechtbar.
(4) Zur Vorbereitung der Vorprüfung ist der Vorhabenträger verpflichtet, der zuständigen Behörde geeignete Angaben nach Anlage 2 zu den Merkmalen des Neuvorhabens und des Standorts sowie zu den möglichen erheblichen Umweltauswirkungen des Neuvorhabens zu übermitteln.
(5) Bei der Vorprüfung berücksichtigt die Behörde, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers offensichtlich ausgeschlossen werden. Liegen der Behörde Ergebnisse vorgelagerter Umweltprüfungen oder anderer rechtlich vorgeschriebener Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens vor, bezieht sie diese Ergebnisse in die Vorprüfung ein. Bei der allgemeinen Vorprüfung kann sie ergänzend berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die allgemeine Vorprüfung eröffnen, überschritten werden.
(6) Die zuständige Behörde trifft die Feststellung zügig und spätestens sechs Wochen nach Erhalt der nach Absatz 4 erforderlichen Angaben. In Ausnahmefällen kann sie die Frist für die Feststellung um bis zu drei Wochen oder, wenn dies wegen der besonderen Schwierigkeit der Prüfung erforderlich ist, um bis zu sechs Wochen verlängern.
(7) Die zuständige Behörde dokumentiert die Durchführung und das Ergebnis der allgemeinen und der standortbezogenen Vorprüfung.
(1) Auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung bewertet die zuständige Behörde die Umweltauswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge im Sinne des § 3 nach Maßgabe der geltenden Gesetze. Die Bewertung ist zu begründen.
(2) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens berücksichtigt die zuständige Behörde die begründete Bewertung nach dem in Absatz 1 bestimmten Maßstab.
(3) Bei der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens müssen die zusammenfassende Darstellung und die begründete Bewertung nach Einschätzung der zuständigen Behörde hinreichend aktuell sein.
Tatbestand
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Der Kläger, eine im Land Nordrhein-Westfalen anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen Entwässerungsregelungen für Teilabschnitte der Bundesautobahnen A 3 und A 44, die auf Planfeststellungsbeschlüsse vom 24. April 1991 und 21. Februar 2007 zurückgehen und durch Änderungsplanfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010 ihre heutige Fassung erlangt haben; er greift außerdem die dem letztgenannten Beschluss beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis an.
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Durch Planfeststellungsbeschluss vom 24. April 1991 wurde der Bau des Autobahnknotens A 3/A 44 (Autobahnkreuz Ratingen) planfestgestellt. Entsprechend dem nachfolgend realisierten Plan wird das Straßenoberflächenwasser der im nordöstlichen Anschlussohr des Knotens errichteten Sonderanlage R., einem Regenrückhaltebecken mit Ölabscheider und Absetzfunktion, zugeführt und von dort in den Hahnerhofbach eingeleitet, der als Zufluss des Homberger Bachs zum Bachsystem der Anger gehört. Die Einleitung erfolgte ursprünglich gestützt auf eine im Zusammenhang mit einem Planfeststellungsbeschluss vom 29. August 1979 für den Ausbau eines Teilstücks der A 3 erteilte wasserrechtliche Erlaubnis.
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Mit Beschluss vom 21. Februar 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 zwischen Ratingen und Velbert fest. Dieser Beschluss sah vor, für einen Teilabschnitt der A 44 östlich des Knotens A 3/A 44 das Straßenoberflächenwasser ebenfalls in die Sonderanlage zu leiten. Von dort aus sollte es aufgrund einer dem Beschluss beigefügten wasserrechtlichen Erlaubnis in einer Menge von max. 390 l/s in den Homberger Bach eingeleitet werden. Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007, den der Kläger nicht angefochten hat, richten sich zwei derzeit ruhende Klagen der Städte D. und R., die aufgrund der Einleitung des Straßenoberflächenwassers der A 44 eine Verschärfung der Hochwassersituation am Unterlauf der Anger befürchten.
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Diese Bedenken haben zu einer Änderungsplanung geführt, die den Gegenstand des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 24. September 2008 bildet. Sie zielt darauf ab, die Einleitungsmenge des Straßenoberflächenwassers zu drosseln. Die dafür benötigte höhere Rückhaltekapazität soll durch Zuschaltung eines nur temporär bei Bedarf einzustauenden Retentionsraums erreicht werden, der im nordwestlichen Anschlussohr des Autobahnkreuzes geplant ist. Um diesen Retentionsraum anzulegen, soll die Rampe Velbert-Köln des Kreuzes nicht, wie ursprünglich geplant, als Brückenbauwerk, sondern als Damm errichtet werden. Aus dem dadurch entstehenden Erdbecken soll das Wasser mittels eines Dammdurchlasses gedrosselt in den Hahnerhofbach eingeleitet werden. Der Standort des geplanten Retentionsraums befindet sich ebenso wie die Sonderanlage R. in der Schutzzone IIIa des Wasserschutzgebiets für die von den Stadtwerken R. nordöstlich des Autobahnkreuzes betriebene Trinkwassergewinnungsanlage Homberg-Meiersberg. Derzeit wird ein Verfahren zur Änderung der Schutzgebietsverordnung betrieben, in dem geprüft wird, ob die Schutzzone II auf die Standorte der Sonderanlage und des geplanten Retentionsraums ausgedehnt werden soll.
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Durch Antrag des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen vom 18. Januar 2008 wurde ein Verfahren zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 21. Februar 2007 mit dem Ziel eingeleitet, die Entwässerungsanlagen um den Retentionsraum zu ergänzen. Von einer Auslegung der Planunterlagen wurde abgesehen. Der Kläger erhielt jedoch Gelegenheit zur Stellungnahme, von der er mit Einwendungsschreiben vom 18. Februar 2008 fristgerecht Gebrauch machte. Er trug im Wesentlichen vor: Der Retentionsraum sei in der geplanten Wasserschutzzone II nach den Richtlinien für die Anlage von Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) unzulässig. Trotz Vorbehandlung in der Sonderanlage enthalte das eingestaute Wasser Salze und Schadstoffe. Die mit dem Einstau verbundenen Risiken für das Grundwasser würden dadurch verschärft, dass im nordwestlichen Auffahrtohr des Autobahnkreuzes ein aus mehreren Quellen gespeister Bach verlaufe, der im Bereich des Retentionsraums über eine Bachschwinde in den Untergrund versickere. Wegen möglicher Risiken für das Trinkwasser sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung unverzichtbar. Für den Retentionsraum müssten ausgehöhlte Bäume beseitigt werden, die streng geschützten Vogel- und Fledermausarten Lebensraum böten. Aufgrund dessen sei eine Baumkartierung notwendig.
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Im weiteren Verfahrensverlauf ließ der Vorhabenträger neben einer faunistischen Kartierung eine Baugrunduntersuchung durchführen. Diese gelangte aufgrund der Bohrergebnisse zu der Empfehlung, durch weitere Untersuchungen zu klären, ob am Standort des geplanten Retentionsraums in geringer Tiefe ein Kalksteinzug vorhanden sei, und äußerte außerdem die Vermutung, dass eine geologische Störung das Untersuchungsgebiet durchziehe. Der Vorhabenträger ergänzte nachfolgend die Planung dahin, dass der Retentionsraum durch Auffüllung des tiefstliegenden Bereichs bis zu einer Höhe von 100 m über NN mit stark bindigem Boden (Durchlässigkeitsbeiwert kf
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Mit Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 24. September 2008 stellte der Beklagte den Plan fest und wies die erhobenen Einwendungen zurück. Bezogen auf die Einleitung des Straßenoberflächenwassers in den Hahnerhofbach wies er auf die mit Planfeststellungsbeschluss vom 29. August 1979 erteilte wasserrechtliche Erlaubnis hin, die die Einleitung auch in der nunmehr geplanten Form abdecke.
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Gegen den ihm am 25. Oktober 2008 zugestellten Änderungsplanfeststellungsbeschluss hat der Kläger am 24. November 2008 Klage beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen erhoben. Während des Klageverfahrens wurde ein weiteres Änderungsplanfeststellungsverfahren durchgeführt, das den Umbau der Sonderanlage R. mit dem Ziel einer verbesserten Reinigungsleistung zum Gegenstand hatte. Durch Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 stellte der Beklagte den Plan für den Beckenumbau fest. Er fügte dem Änderungsbeschluss nach vorheriger Erteilung des Einvernehmens durch die Bezirksregierung Düsseldorf als Obere Wasserbehörde eine die früher erteilten Erlaubnisse ändernde wasserrechtliche Erlaubnis bei, die die Einleitung des Straßenoberflächenwassers vom Autobahnkreuz und vom östlich anschließenden Teilstück der A 44 in den Hahnerhofbach an der vorhandenen Einleitungsstelle zulässt. Die Einleitungsmenge ist auf 64 l/s begrenzt.
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Der Kläger hat den Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 und die beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis in sein Klagebegehren einbezogen. Mit Beschluss vom 27. September 2010 hat sich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Bundesverwaltungsgericht verwiesen.
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Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend: Die angefochtenen Entscheidungen seien formell und materiell rechtswidrig. Der Beklagte habe zu Unrecht von einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen. Die im Rahmen der UVP-Vorprüfung durchgeführten Untersuchungen hätten den Rahmen einer bloß überschlägigen Vorprüfung gesprengt und seien auf eine verkappte, ohne die dafür vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung hinausgelaufen. Von einem Erörterungstermin habe der Beklagte ermessensfehlerhaft abgesehen. In der Sache begegne die Planung des Retentionsraums vor allem aus Gründen des Grundwasserschutzes durchgreifenden Bedenken. Der Beklagte habe zumutbare Standortalternativen nicht überprüft. Außerdem seien die geplanten Maßnahmen zur Abdichtung des Retentionsraums unzureichend. Angesichts der problematischen geologischen Verhältnisse müsse damit gerechnet werden, dass Salze und Schadstoffe, die trotz Vorbehandlung in dem eingeleiteten Wasser enthalten seien, das Grundwasser verschmutzten. Die Errichtung des Retentionsraums am geplanten Standort gefährde überdies die im nordwestlichen Anschlussohr des Autobahnkreuzes vorhandenen Quellen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass innerhalb der Wasserschutzzone II die Einleitung von Niederschlagswasser in Gewässer rechtlich bedenklich sei. Artenschutzrechtlichen Anforderungen werde die Planung gleichfalls nicht gerecht. Rechtsfehlerhaft sei auch der geplante Umbau der Sonderanlage, die auch im geänderten Zustand keine ausreichende Reinigungsleistung erziele.
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Der Kläger beantragt,
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die Planfeststellungsbeschlüsse des Beklagten vom 24. April 1991 und 21. Februar 2007 in der Fassung der Änderungsplanfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010, soweit sie die Entwässerung der Autobahnen A 3 und A 44 abweichend von der ursprünglichen Planfeststellung regeln, sowie die dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die angefochtenen Regelungen seien verfahrensfehlerfrei getroffen worden. Namentlich sei die UVP-Vorprüfung ordnungsgemäß durchgeführt worden; das Ergebnis der Vorprüfung, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung erübrige, sei nachvollziehbar begründet worden. Die Einholung von Gutachten im Rahmen einer Vorprüfung entspreche gängiger Praxis. Die angefochtenen Regelungen begegneten auch keinen durchgreifenden materiellrechtlichen Bedenken.
Entscheidungsgründe
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A. Die Klage ist zulässig.
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1. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Entscheidung über die Klage zuständig. Seine sachliche Zuständigkeit ergibt sich jedenfalls aus der Verweisung des Rechtsstreits durch das zunächst angerufene Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, die nach § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG das erkennende Gericht bindet. Diese Bindungswirkung erstreckt sich auch auf die Anfechtung der zusammen mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 erteilten, von dessen Konzentrationswirkung (§ 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwVfG NRW) jedoch gem. § 14 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz in der Fassung vom 19. August 2002 (WHG a.F.) nicht umfassten wasserrechtlichen Erlaubnis. Der Kläger hat vor Erlass des Verweisungsbeschlusses mit Schriftsatz vom 30. März 2010 sein Anfechtungsbegehren auf diesen Änderungsplanfeststellungsbeschluss erstreckt. Der Sache nach hat er dadurch auch die in der Beschlussurkunde enthaltene Erlaubnis zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht. Hiervon muss umso mehr ausgegangen werden, als der Kläger sich schon in seiner vorangegangenen Klagebegründung gegen die Einleitung des Straßenoberflächenwassers innerhalb der geplanten Wasserschutzzone II in den Hahnerhofbach gewandt hatte. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtete sich erkennbar darauf, den Rechtsstreit insgesamt an das Bundesverwaltungsgericht zu verweisen.
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2. Der Kläger ist klagebefugt.
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a) Soweit er sich gegen die im Wege der Planfeststellung getroffenen Änderungen der Entwässerungsregelung wendet, folgt seine Klagebefugnis zunächst aus § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 12b LG NRW und § 64 Abs. 1 BNatSchG. Nach diesen Vorschriften kann eine anerkannte Naturschutzvereinigung abweichend von der Regel des § 42 Abs. 2 VwGO u.a. gegen Planfeststellungsbeschlüsse über Vorhaben, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind, unter den in § 12b LG NRW bzw. § 64 Abs. 1 BNatSchG genannten Voraussetzungen Rechtsbehelfe einlegen, ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein. Der Kläger verfügt für das Land Nordrhein-Westfalen über eine solche Anerkennung. Seine Klage gegen die planfestgestellten Änderungsregelungen entspricht auch den weiteren Vorgaben der naturschutzrechtlichen Verbandsklage; er macht - auch - Verstöße gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen geltend, wird durch die Änderungsregelungen in seinem von der Anerkennung umfassten satzungsgemäßen Aufgaben- und Tätigkeitsbereich berührt und hat von seinem Mitwirkungsrecht Gebrauch gemacht.
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b) Die außerdem angefochtene wasserrechtliche Erlaubnis gehört demgegenüber nicht zu den Rechtsakten, die mit der naturschutzrechtlichen Verbandsklage angegriffen werden können. Insoweit folgt die Klagebefugnis indes ebenso wie zusätzlich auch für die Anfechtung der planfestgestellten Änderungsregelungen aus § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwRG, Art. 10a der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, 85/337/EWG, geändert durch Richtlinie 2003/35/EG des Rates vom 26. Mai 2003 (UVP-RL). Die landesrechtliche Anerkennung des Klägers als Naturschutzvereinigung gilt zugleich als Anerkennung i.S.d. Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (§ 5 Abs. 2 UmwRG). Aufgrund dessen kann der Kläger unabhängig von der Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 UmwRG gegen Entscheidungen gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG klagen. Zu diesen Entscheidungen zählen insbesondere Erlaubnisse und Planfeststellungsbeschlüsse über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG). Auf die Änderungsvorhaben, die Gegenstand der Änderungsplanfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010 sowie der dem letztgenannten Beschluss beigefügten wasserrechtlichen Erlaubnis sind, trifft dies gem. § 3e Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 1 i.V.m. § 3b Abs. 1 Satz 1 UVPG und Nr. 14.3 der Anlage 1 zu diesem Gesetz zu.
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Die Voraussetzungen, unter denen eine nach § 3 UmwRG anerkannte oder als anerkannt geltende Vereinigung befugt ist, derartige Entscheidungen anzufechten, sind erfüllt. Einschlägige Maßstabsnorm ist § 2 Abs. 1 UmwRG, der unter Beachtung unionsrechtlicher Vorgaben aber nur modifiziert angewandt werden kann.
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Der Kläger beruft sich auf formell- und materiellrechtliche Vorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG). Er macht die Betroffenheit in seinem auf den Umweltschutz ausgerichteten Aufgabenbereich geltend (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG). Im Verwaltungsverfahren hat er sich zur Sache geäußert, soweit ihm dazu Gelegenheit gegeben worden ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG).
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Ob zu den von ihm als verletzt gerügten Bestimmungen auch Vorschriften gehören, die Rechte Einzelner begründen, wie es § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG weiter voraussetzt, erscheint zweifelhaft, bedarf nach Lage des Falles aber keiner Klärung, weil diese Bestimmungen im Unionsrecht wurzeln. Die schutznormakzessorische Ausgestaltung der umweltrechtlichen Verbandsklage verstößt gegen Art. 10a UVP-RL, soweit mit ihr Verstöße gegen Vorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Regelungen geltend gemacht werden. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs. C-115/09, Trianel - (NJW 2011, 2779 Rn. 46) ausgeführt hat, steht Art. 10a UVP-RL Rechtsvorschriften entgegen, die einer Umweltvereinigung i.S.d. Art. 1 Abs. 2 UVP-RL die Möglichkeit versagen, im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Zulassungsentscheidung über Projekte i.S.v. Art. 1 Abs. 1 UVP-RL eine Verletzung von aus dem Umweltrecht der Union hervorgegangenen Rechtsvorschriften geltend zu machen, nur weil diese Vorschriften allein die Interessen der Allgemeinheit und nicht die Rechtsgüter Einzelner schützen. Mit Rücksicht auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts muss deshalb bei der Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG die einschränkende Vorgabe, dass nur Vorschriften, die Rechte Einzelner begründen, als verletzt gerügt werden können, ausgeklammert werden, soweit es um umweltrechtliche Vorschriften zur Umsetzung von Unionsrecht geht. Letzteres trifft jedenfalls für die vom Kläger als verletzt gerügten Vorschriften über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu. Sie bilden mithin eine tragfähige Grundlage für die Klagebefugnis des Klägers, dem als Umweltverband - unabhängig von der näheren Ausgestaltung des nationalen Rechtsbehelfssystems - nach Art. 10a Abs. 1 UVP-RL das Recht zusteht, nicht nur die materiellrechtliche, sondern auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 a.a.O. Rn. 42). Die Frage, ob auch die außerdem als verletzt gerügten materiellrechtlichen Vorschriften namentlich des Wasserrechts unionsrechtlich untersetzt sind, kann daher offen bleiben.
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B. Die Klage ist überwiegend begründet. Die angefochtenen Änderungen der in den Planfeststellungsbeschlüssen vom 24. April 1991 und 21. Februar 2007 enthaltenen Entwässerungsregelungen durch die Planfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010 und die dem letztgenannten Beschluss beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis verstoßen gegen § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG. Aufgrund der durchgeführten Vorprüfung hätte der Beklagte nicht in der Sache entscheiden dürfen, ohne die Änderungsplanung zuvor einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen (1.). Dieser Mangel führt nach § 4 Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der planfestgestellten Änderungsregelungen und nach § 4 Abs. 1 UmwRG zur Aufhebung der wasserrechtlichen Erlaubnis (2.). Rechtsverstöße, die auch die Aufhebung der planfestgestellten Änderungsregelungen erfordern würden, sind zu verneinen (3.).
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1. Die angefochtenen Regelungen durften nicht getroffen werden, ohne vorher eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.
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Für die Änderung UVP-pflichtiger Vorhaben wie des hier in Rede stehenden Autobahnbaus ordnet § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Vorprüfung des Einzelfalls i.S.d. § 3c Satz 1 und 3 UVPG an. Danach ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die Änderung nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären; bei der Prüfung ist zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden. Gemäß § 3a Satz 4 UVPG unterliegt die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle unterbleiben, ist im gerichtlichen Verfahren, das die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens betrifft, nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Einer solchen Überprüfung hält die Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit des Änderungsvorhabens durch den Beklagten nicht stand.
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a) Entgegen der Auffassung des Klägers dürfte die Planfeststellungsbehörde allerdings nicht schon die Beschränkung der Vorprüfung auf eine nur überschlägige Prüfung missachtet haben, indem sie ihrer Beurteilung zwei vom Vorhabenträger im Verfahrensverlauf eingeholte Fachgutachten zugrunde gelegt hat. Entsprechend ihrer verfahrenslenkenden Funktion beschränkt sich die Vorprüfung in ihrer Prüftiefe auf eine überschlägige Vorausschau (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 3c UVPG, BRDrucks 674/00 S. 89), die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht vorwegnehmen darf (Urteil vom 20. August 2008 - BVerwG 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 35). Letztere erfolgt in einem Verfahren, das vor allem wegen der obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung eine besondere Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse sichert. Diese Sicherung würde ausgeschaltet, wenn im Rahmen der Vorprüfung mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermittelt" würde, sei es, dass die Planfeststellungsbehörde selbst Gutachten mit einer auf die Sachentscheidung zugeschnittenen Prüftiefe einholte, sei es, dass sie zur Beurteilung auf entsprechende vom Vorhabenträger beschaffte Gutachten zurückgriffe. Andererseits darf sich die Vorprüfung aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand Juli 2011, § 3a UVPG Rn. 11). Dafür reichen die eigene und die durch Konsultation anderer Behörden vermittelte Sachkunde sowie die mit der Antragstellung vom Vorhabenträger vorgelegten Erkenntnismittel nicht immer aus. Dann können zusätzliche Erkundungen zulässig sein. Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (Urteile vom 7. Dezember 2006 - BVerwG 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 49 und vom 20. August 2008 a.a.O.). Mit der Auswertung der vom Vorhabenträger vorgelegten Fachgutachten dürfte die Planfeststellungsbehörde sich innerhalb der Grenzen dieses Spielraums gehalten haben.
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Vor Einholung der faunistischen Kartierung des Büros H. & S. vom 12. Juni 2008 lagen der Behörde naturschutzfachliche Informationen zum Planungsraum aus den früheren Verfahren zum Autobahnbau vor. Deren Aussagekraft war wegen der inzwischen verstrichenen Zeit aber zweifelhaft. Das spricht dafür, dass das neue Gutachten als notwendig erachtet werden durfte, um eine geeignete Grundlage zur Beurteilung insbesondere des artenschutzrechtlich relevanten Besorgnispotentials des Änderungsvorhabens zu beschaffen.
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Über die geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse am Standort des Retentionsraums und seiner Umgebung standen der Behörde Erkenntnismittel zur Verfügung, die ebenfalls insbesondere aus Untersuchungen im Zuge der Planungen für den Neubau der A 44 stammten. So war bekannt, dass im Umfeld der Trasse Massenkalkzüge mit geologischen Störungen und Verkarstungserscheinungen anzutreffen waren, die zu weiterreichenden Wasserwegsamkeiten mit denkbaren Risiken für die Wassergewinnungsanlage der Stadtwerke R. führen könnten (Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007, S. 5). Hingegen fehlten Erkenntnisse darüber, ob und inwieweit der Standort des Retentionsraums davon betroffen war. Die ICG-Baugrunduntersuchung vom 4. Juli 2008 diente dazu, diese Erkenntnislücken zu schließen. Unter diesen Umständen dürfte es vertretbar gewesen sein, die Untersuchung als ergänzende Beurteilungsgrundlage der Verträglichkeitsprüfung zu verwenden, zumal sie den Erläuterungen des ICG-Gutachters K. in der mündlichen Verhandlung zufolge nach Art und Zahl der durchgeführten Bohrungen bloß weitmaschig angelegt war.
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b) Letztlich bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung, ob die Planfeststellungsbehörde die zulässige Prüftiefe eingehalten hat. Ein Mangel liegt jedenfalls darin, dass das Ergebnis der Vorprüfung hinsichtlich der möglichen Auswirkungen der Änderungsplanung auf das Grundwasser nicht nachvollziehbar ist.
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Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf die Nachvollziehbarkeit des Prüfergebnisses (§ 3a Satz 4 UVPG) verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht (BRDrucks 551/06 S. 43). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Frage der Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können.
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Hiervon ausgehend erweist sich das Ergebnis der Vorprüfung bezogen auf Auswirkungen des Änderungsvorhabens auf das Grundwasser als nicht plausibel. Die behördliche Beurteilung stützt sich maßgeblich auf die ICG-Baugrunduntersuchung vom 4. Juli 2008. Aus ihr leitet sie ab, bereits die vorhandenen Deckschichten reichten aus, um einen Schutz des Grundwassers vor Schadstoffen im Straßenoberflächenwasser zu gewährleisten. Die vorgesehene Auffüllung des tiefstliegenden Teils des Retentionsraums mit bindigem Material erhöhe den Schutz des Grundwassers im Bereich der dünnsten Deckschichten zusätzlich, so dass ein Durchsickern des im Retentionsraum aufgestauten Wassers bis zum Grundwasser verhindert werde. Diese Annahmen lassen sich aus der Baugrunduntersuchung nicht ableiten. In ihrem Rahmen wurden an verschiedenen Stellen des geplanten Retentionsraums Bohrproben entnommen, anhand derer die Durchlässigkeit der Deckschichten bestimmt wurde. Die ermittelten Durchlässigkeitsbeiwerte mögen den Schluss zulassen, dass an der jeweiligen Stelle die nach Vorreinigung im versickernden Wasser verbliebenen Schadstoffe in notwendigem Umfang durch die Deckschichten zurückgehalten werden und somit nicht ins Grundwasser gelangen. Ausweislich der Untersuchung ergab sich bei einer Bohrung jedoch ein unklarer Befund, der nach den Angaben im Gutachten auf einen in geringer Tiefe vorhandenen Kalkzug hindeuten konnte und die Gutachter zu der Empfehlung veranlasste, diesem Verdacht durch eine ergänzende Baugrunduntersuchung nachzugehen. Darüber hinaus weist das Gutachten darauf hin, dass aufgrund der Geländemorphologie und der stark wechselnden Abfolge geologischer Schichten mit einer das kleinräumige Untersuchungsgebiet durchziehenden geologischen Störung zu rechnen sei. In Anbetracht dieser Hinweise liegt es auf der Hand, dass die Ergebnisse der Probebohrungen, die - wie schon erwähnt - nur weitmaschig stattfanden, lediglich begrenzten Aussagewert hatten und jedenfalls keine abschließende Beurteilung des wasserwirtschaftlichen Besorgnispotentials der Änderungsmaßnahme ermöglichten. Daran ändert auch die geplante Abdichtung mit bindigem Material nichts, da diese lediglich den tiefstliegenden Bereich des Retentionsraums abdeckt, im Übrigen hingegen keine Wirkung entfalten kann.
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Noch deutlicher tritt die mangelnde Plausibilität des behördlichen Unbedenklichkeitsattests hervor, wenn zusätzlich die weiteren für die Vorprüfung maßgeblichen Umstände berücksichtigt werden. Aufgrund der Lage des Retentionsraums im Wasserschutzgebiet und der geplanten Ausdehnung der Schutzzone II auf dessen Standort musste die Planfeststellungsbehörde davon ausgehen, dass das Änderungsvorhaben in einem wasserwirtschaftlich besonders sensiblen Bereich verwirklicht werden soll. Aus den im Planfeststellungsverfahren für den Neubau der A 44 erstatteten geologischen Gutachten war zudem bekannt, dass die im westlichen Trassenbereich anzutreffenden Massenkalkzüge wegen ihrer geringen Filtereigenschaften und der hohen Fließgeschwindigkeiten sowie wegen der besonderen Schwierigkeit, die dortigen hydrologischen Verhältnisse zu bestimmen, als ungewöhnlich verschmutzungsempfindlich einzustufen waren (so der Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007, S. 5). Ließ sich - wie in der ICG-Untersuchung vom 4. Juli 2008 ausgeführt - ein solcher Kalksteinzug am Standort des Retentionsraums nach Vorprüfung nicht ausschließen, so war unter diesen Umständen besondere Vorsicht angebracht und mussten auch entfernte Risiken ernst genommen werden. Im Übrigen gab auch die kritische Stellungnahme des von der Planfeststellungsbehörde beteiligten Umweltamts der Stadt Düsseldorf vom 19. Februar 2008 Anlass zu Zweifeln, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf das Grundwasser ausgeschlossen waren. Diese Stellungnahme machte bereits geltend, dass der Retentionsraum über einem verkarsteten Kalksteinzug liege, und stellte deshalb die Realisierbarkeit des Änderungsvorhabens in Frage.
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Die nach Abschluss der Vorprüfung und Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 24. September 2008 gewonnenen Erkenntnisse sind für die gerichtliche Beurteilung des Vorprüfungsergebnisses zwar nicht von Bedeutung. Das weitere Vorgehen des Vorhabenträgers und der Planfeststellungsbehörde, die in Reaktion auf die u.a. von Trägern öffentlicher Belange und Umweltschutzvereinigungen geäußerten Bedenken auch während des zweiten Änderungsverfahrens umfänglich weiterermittelt und zudem versucht haben, durch Umplanung der Sonderanlage R. die Qualität des in den Retentionsraum gelangenden Wassers zu verbessern, stellt aber doch ein zusätzliches Indiz dafür dar, dass der Erkenntnisstand bei Erlass des genannten Änderungsplanfeststellungsbeschlusses nicht ausreichte, um erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auszuschließen.
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2. Erweist sich das Ergebnis der Vorprüfung, solche Auswirkungen seien nicht zu besorgen, als nicht nachvollziehbar, so folgt daraus, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen. Deren Unterbleiben stellt einen Mangel i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG dar, der die Entscheidungen über die Zulassung der geplanten Änderungen infiziert. Dazu zählen in erster Linie die planfeststellungsrechtlichen Änderungsregelungen zur Ausgestaltung der Autobahnentwässerung. Dazu gehört aber auch die wasserrechtliche Erlaubnis vom 26. Februar 2010, die gleichfalls einen Teilaspekt des Änderungsvorhabens - die Neuregelung der Einleitung des aus der Sonderanlage R. bzw. dem Retentionsraum gedrosselt abfließenden Wassers - betrifft.
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Für die wasserrechtliche Einleitungserlaubnis knüpft sich daran gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 UmwRG die Rechtsfolge der Aufhebung. Für die planfestgestellten Änderungsregelungen hat es hingegen nach § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG mit der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit sein Bewenden. § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG enthält nach seinem Sinn und Zweck eine Sonderregelung zu § 46 VwVfG; er nimmt die unter Nr. 1 und 2 aufgeführten Mängel von dem für Verfahrensfehler geltenden Kausalitätserfordernis des § 46 VwVfG aus. Dagegen kann dem auf den Regelfall des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zugeschnittenen Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nicht entnommen werden, dass er die spezielle, auf fernstraßenrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse zugeschnittene Fehlerfolgenregelung des § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG für die von ihm erfassten Fehler ersetzen sollte. Mit Rücksicht auf den das Planfeststellungsrecht prägenden Grundsatz der Planerhaltung geht vielmehr die Fehlerfolgenregelung des § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG der allgemeinen Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG vor.
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Hiernach rechtfertigt der Verfahrensmangel rechtswidrig unterbliebener Umweltverträglichkeitsprüfung nicht die Aufhebung der planfeststellungsrechtlichen Änderungsregelungen, sondern nur die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben. Dass die Umweltverträglichkeitsprüfung unterblieben ist, stellt nicht von vornherein das Planungskonzept des Beklagten in Frage. Sie lässt sich vielmehr in einem ergänzenden Verfahren nachholen, um so eine den verfahrensrechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügende und die damit verbundene Richtigkeitsgewähr bietende Basis für eine erneute Sachentscheidung zu gewinnen.
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Die Anwendung von § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG auf das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung steht mit Unionsrecht in Einklang. Daran besteht auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Erfordernis der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Zulassungsentscheidung kein vernünftiger Zweifel. Nach Art. 2 Abs. 1 UVP-RL haben die Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, "vor Erteilung der Genehmigung" einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind. Prüfungen, die erst nach der Zulassungsentscheidung erfolgen, sind danach grundsätzlich unbeachtlich (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juli 2008 - Rs. C-215/06 - Slg. 2008, I-4911 Rn. 49 und vom 24. November 2011 - Rs. C-404/09 - NuR 2012, 42 Rn. 83 und 93). Das schließt eine Behebung des Mangels in einem nach Abschluss des Rechtsstreits stattfindenden ergänzenden Verfahren aber dann nicht aus, wenn dadurch nicht die Möglichkeit eröffnet wird, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden, und wenn die nachträgliche Legalisierung die Ausnahme bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Juli 2008 a.a.O. Rn. 57). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit stellt sicher, dass die Zulassungsentscheidung nicht ausgeführt werden darf, bevor die unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung nachgeholt und die in ihrem Rahmen getroffenen Feststellungen und Bewertungen der Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer erneuten Zulassungsentscheidung gewürdigt worden sind. Diese Würdigung muss ergebnisoffen erfolgen und ist wiederum mit Rechtsbehelfen angreifbar. Eine Umgehung oder Nichtanwendung der Regelungen über die Umweltverträglichkeitsprüfung wird dadurch verhindert; diese können vielmehr ihre volle Wirkkraft entfalten. Die nachträgliche Fehlerbehebung bleibt zudem die Ausnahme, weil die §§ 3a ff. UVPG gewährleisten, dass im Regelfall frühzeitig vor der Zulassungsentscheidung die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens ermittelt und dementsprechend dessen Umweltverträglichkeit rechtzeitig geprüft wird.
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3. Sonstige Rechtsfehler, die zur Aufhebung der planfeststellungsrechtlichen Änderungsregelungen führen würden, liegen gleichfalls nicht vor. Insoweit kann namentlich offen bleiben, ob die Schaffung eines Retentionsraums am geplanten Standort in jeder Hinsicht den einschlägigen wasserrechtlichen und naturschutzrechtlichen Vorgaben entspricht und inwieweit der Kläger etwaige Rechtsverstöße geltend machen könnte. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich das Planungskonzept des Beklagten unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer nachzuholenden Umweltverträglichkeitsprüfung als tragfähig erweist und etwaige Fehler deshalb in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können.
(1) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die allgemeine Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien durchgeführt. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären.
(2) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „S“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine standortbezogene Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die standortbezogene Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung in zwei Stufen durchgeführt. In der ersten Stufe prüft die zuständige Behörde, ob bei dem Neuvorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß den in Anlage 3 Nummer 2.3 aufgeführten Schutzkriterien vorliegen. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vorliegen, so besteht keine UVP-Pflicht. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, so prüft die Behörde auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien, ob das Neuvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele des Gebietes betreffen und nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde solche Umweltauswirkungen haben kann.
(3) Die Vorprüfung nach den Absätzen 1 und 2 entfällt, wenn der Vorhabenträger die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt und die zuständige Behörde das Entfallen der Vorprüfung als zweckmäßig erachtet. Für diese Neuvorhaben besteht die UVP-Pflicht. Die Entscheidung der zuständigen Behörde ist nicht anfechtbar.
(4) Zur Vorbereitung der Vorprüfung ist der Vorhabenträger verpflichtet, der zuständigen Behörde geeignete Angaben nach Anlage 2 zu den Merkmalen des Neuvorhabens und des Standorts sowie zu den möglichen erheblichen Umweltauswirkungen des Neuvorhabens zu übermitteln.
(5) Bei der Vorprüfung berücksichtigt die Behörde, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers offensichtlich ausgeschlossen werden. Liegen der Behörde Ergebnisse vorgelagerter Umweltprüfungen oder anderer rechtlich vorgeschriebener Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens vor, bezieht sie diese Ergebnisse in die Vorprüfung ein. Bei der allgemeinen Vorprüfung kann sie ergänzend berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die allgemeine Vorprüfung eröffnen, überschritten werden.
(6) Die zuständige Behörde trifft die Feststellung zügig und spätestens sechs Wochen nach Erhalt der nach Absatz 4 erforderlichen Angaben. In Ausnahmefällen kann sie die Frist für die Feststellung um bis zu drei Wochen oder, wenn dies wegen der besonderen Schwierigkeit der Prüfung erforderlich ist, um bis zu sechs Wochen verlängern.
(7) Die zuständige Behörde dokumentiert die Durchführung und das Ergebnis der allgemeinen und der standortbezogenen Vorprüfung.
(1) Werden Bebauungspläne im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3, insbesondere bei Vorhaben nach Anlage 1 Nummer 18.1 bis 18.9, aufgestellt, geändert oder ergänzt, so wird die Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der Vorprüfung nach den §§ 1 und 2 Absatz 1 und 2 sowie nach den §§ 3 bis 13 im Aufstellungsverfahren als Umweltprüfung sowie die Überwachung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt. Eine nach diesem Gesetz vorgeschriebene Vorprüfung entfällt, wenn für den aufzustellenden Bebauungsplan eine Umweltprüfung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt wird.
(2) Besteht für die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans nach diesem Gesetz eine Verpflichtung zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung, wird hierfür unbeschadet der §§ 13, 13a und 13b des Baugesetzbuchs eine Umweltprüfung einschließlich der Überwachung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt.
(3) Wird die Umweltverträglichkeitsprüfung in einem Aufstellungsverfahren für einen Bebauungsplan und in einem nachfolgenden Zulassungsverfahren durchgeführt, soll die Umweltverträglichkeitsprüfung im nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens beschränkt werden.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
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Die Antragsteller begehren mit ihrem am 6. Oktober 2016 bei Gericht eingegangenen Antrag vorläufigen Rechtsschutz gegen eine für sofort vollziehbar erklärte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen.
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Mit im Amtlichen Anzeiger vom 20. Mai 2016 veröffentlichter Genehmigung vom 20. April 2016 nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz und der 9. Bundesimmissionsschutzverordnung erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von fünf Windenergieanlagen, davon eine mit einer Nabenhöhe von 91 m und einer Gesamthöhe von 149,4 m und vier mit einer Nabenhöhe von 120 m und einer Gesamthöhe von 178,4 m. Die Anlagen sollen im Ortsteil Curslack südlich der Autobahn 25 und östlich der Straße Curslacker Neuer Deich errichtet werden. Die Aufstellflächen liegen im Geltungsbereich des Baustufenplans Bergedorf II und sind dort als Grünfläche (Außenbereich) ausgewiesen. Im Flächennutzungsplan sind die Flächen für die Nutzung mit Windenergieanlagen mit einer Höhe bis 180 m ausgewiesen. Sie sollen in der Schutzzone III des Wasserschutzgebietes errichtet werden. Das Grundstück der Antragsteller liegt knapp 1000 m westlich der westlichsten vorgesehenen Windenergieanlage, südlich der Gabelung von Neuem Schleusengraben und Schleusengraben. Im Baustufenplan ist das Gebiet ebenfalls als Grünfläche (Außenbereich) ausgewiesen und im Flächennutzungsplan als Baufläche mit Dorf- oder Wohngebietscharakter. Westlich grenzt an das von dem Baustufenplan Bergedorf II überplante Gebiet ab der Mitte des Neuen Schleusengrabens eine im Bebauungsplan Bergedorf 48/Allermöhe 20 vom 9. August 1983 als Gewerbegebiet ausgewiesene Fläche, die auch gewerblich genutzt wird. Das Grundstück der Antragsteller liegt ca. X m östlich des nächsten gewerblich genutzten Grundstücks und ca. X m östlich der Plangebietsgrenze. Nördlich des Grundstücks der Antragsteller verläuft in ca. X m Entfernung die Autobahn 25. Mit dem Genehmigungsbescheid ordnete die Antragsgegnerin auf einen Antrag der Beigeladenen die sofortige Vollziehung der Genehmigung an. Zur Begründung verwies sie auf die im Einzelnen dargestellten wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen, die das eventuelle Aussetzungsinteresse Dritter überwögen, deren Interessen durch Nebenbestimmungen oder, im Falle der Rechtswidrigkeit der Genehmigung, durch einen Rückbau der Windenergieanlagen geschützt werden könnten.
- 3
Die Antragsteller erhoben am 17. Juni 2016 Widerspruch gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung, über den noch nicht entschieden worden ist. Sie machen im vorliegenden Verfahren geltend, die Windenergieanlagen würden sie unzulässig in eigenen Rechten betreffen, denn von ihnen seien unzulässig hohe Lärmimmissionen zu erwarten. Das Gebiet, in dem ihr Grundstück liege, sei als reines Wohngebiet anzusehen, weil in der näheren Umgebung reine Wohnnutzung gegeben sei. Die entgegenstehende Ausweisung im Baustufenplan sei funktionslos. Von dem Gewerbegebiet westlich des Neuen Schleusengrabens gingen keine erheblichen Störungen aus, zumal ein dort angesiedelter Entsorgungsbetrieb mit einer Lärmschutzwand von dem Wohngebiet der Antragsteller abgeschirmt sei und lärmverursachende Nutzungen nur tagsüber vorgenommen würden. Die nahe Autobahn 25 sei kürzlich mit aktivem Lärmschutz versehen worden. Die Gewächshäuser an den Straßen Schleusenhörn und Kurfürstendeich seien zu einem großen Teil außer Betrieb und lägen, wie die übrigen Gewerbebetriebe an der Straße Schleusenhörn, außerhalb des Bereichs der näheren Umgebung des Grundstücks der Antragsteller, die für die bauplanungsrechtliche Einordnung des Gebietes zu betrachten sei. XXX Die Lärmprognosen, die der Genehmigung zugrunde lägen, seien fehlerhaft, weil sie auf einer für die Prognose der Lärmentwicklung moderner Windenergieanlagen unzureichenden DIN-Norm beruhten. Die Lärmentwicklung des konkret verwendeten Anlagentyps sei auch nicht allgemein festgestellt. Zudem sei die Lärmprognose unzureichend, weil das Grundstück der Antragsteller nicht konkret als Immissionsort in die Berechnungen einbezogen worden sei und sich die darauf wirkenden Immissionen deswegen nur näherungsweise bestimmen ließen. Weiter machen sie Fehler im Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend. Hier sei die Gefährdung des Wasserschutzgebietes in der Vorprüfung zur Umweltverträglichkeitsprüfung nicht hinreichend beachtet worden, denn von den in diesen Windenergieanlagen enthaltenen Betriebsstoffen gingen erhebliche Gefahren für das Wasser aus. Zudem sei die Vorprüfung nicht hinreichend dokumentiert, jedenfalls aber nicht nachvollziehbar. Im Ergebnis hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Schließlich machen die Antragsteller umfangreich geltend, dass die Beigeladene sich nicht an die in der Baugenehmigung zum Schutz des Wasserschutzgebietes getroffenen Nebenbestimmungen halte.
- 4
Die Antragsgegnerin macht geltend, das Grundstück der Antragsteller liege in einem Bereich, der gemäß § 34 Abs. 2 BauGB als Dorfgebiet einzustufen sei. Dies ergebe sich daraus, dass in der in die Betrachtung einzubeziehenden Umgebung verschiedene Gartenbaubetriebe, weitere Gewerbebetriebe und ein potentiell nächtliche Störungen verursachender Handwerksbetrieb, eine Bäckerei, vorhanden seien. XXX Zudem grenze das Plangebiet des Baustufenplans westlich des Grundstücks der Antragsteller an ein Gewerbegebiet mit lärmverursachenden Betrieben. Nach überschlägiger Berechnung der Antragsgegnerin sei festzustellen, dass auf dem Grundstück der Antragsteller selbst die Immissionsrichtwerte für die zulässige Gesamtbelastung in einem allgemeinen Wohngebiet eingehalten würden. Die durch die Windenergieanlagen verursachten Lärmimmissionen seien auch nicht fehlerhaft berechnet worden. Die angewendete DIN-Norm sei nach wie vor anzuwenden, auch wenn sich nach neueren Veröffentlichungen hinsichtlich der anzusetzenden Bodendämpfung weiterer Forschungsbedarf zeige. Für die dem Grundstück der Antragsteller nächststehende Windenergieanlage vom Typ Nordex N117/3000 liege entgegen der Annahme der Antragsteller auch eine FGW-konforme (Fördergesellschaft Windenergie und andere Dezentrale Energien) Vermessung der Lärmemissionen im „Mode 7“ vor, der für den Betrieb in der Nachtzeit vorgeschrieben ist. Unsicherheiten bei der Emission und der Schallausbreitung seien in der Schallausbreitungsberechnung durch Aufschläge zur sicheren Seite hin berücksichtigt worden. Auch die Auswahl der Immissionsorte in der Schallimmissionsprognose entspreche den Anforderungen. Die Antragsgegnerin vertritt weiterhin die Auffassung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Die standortbezogene Vorprüfung sei ordnungsgemäß erfolgt und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Prüfungsgegenstände, die bereits in der „Strategischen Umweltprüfung“ im Zusammenhang mit der Änderung des Flächennutzungsplans berücksichtigt worden seien, hätten nicht erneut geprüft werden müssen. Mit der Änderung des Flächennutzungsplans sei das Eignungsgebiet für Windenergieanlagen bewusst unmittelbar bis an die Grenze zur Schutzzone II des Wasserschutzgebietes gelegt worden, um südlich der Hochspannungsleitungen die Errichtung von Anlagen zu ermöglichen. Auf die Prüfungsbedürftigkeit im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren sei verwiesen worden. Diese Prüfung sei vorliegend im Genehmigungsverfahren erfolgt und habe zu zahlreichen Nebenbestimmungen im Zusammenhang mit der wasserrechtlichen Befreiung geführt.
- 5
Die Beigeladene hält den Antrag für unzulässig. Das Grundstück der Antragsteller liege in einem Gebiet mit Dorfgebietscharakter. Die Windenergieanlagen würden aber auch die Lärmgrenzwerte einhalten, wenn das Grundstück der Antragsteller als im reinen Wohngebiet belegen zu betrachten wäre. Hierzu haben sie eine ergänzende Lärmimmissionsberechnung des Lärmgutachters vom 10. Oktober 2016 bezogen auf die Lärmbelastung des Grundstücks der Antragsteller zur Nachtzeit vorgelegt. Das von dem Lärmgutachter angewendete Verfahren zur Schallimmissionsprognose sei von der Rechtsprechung anerkannt. Die Vorprüfung zur Umweltverträglichkeitsprüfung sei insgesamt nicht zu beanstanden und habe die Gefährdung des Wasserschutzgebietes durch die Windenergieanlagen zutreffend bewertet. Mit einem Baustopp würde potentiell ein wirtschaftlicher Schaden in Millionenhöhe verursacht.
- 6
Auf einen Widerspruch des Naturschutzbundes Deutschland hat die Antragsgegnerin die Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Hinblick auf die südöstliche Windenergieanlage 3 ausgesetzt, weil die Anlage in der beantragten und genehmigten Form zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für auf dem südöstlich gelegenen Wasserwerksgelände nistende Uhus führen würde.
II.
- 7
Der Antrag ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
- 8
1. Der Antrag ist als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 80 a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsteller sind insbesondere entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt.
- 9
Danach ist ein Antragsteller antragsbefugt, wenn er geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Hinsichtlich des Maßstabs für das Vorliegen der Antragsbefugnis geht das Gericht (VG Hamburg, Beschl. v. 10.6.2016, 9 E 1791/16, n.v.) mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (OVG Hamburg, Beschl. v. 19.4.2016, 2 Bs 51/16, Homepage des OVG Hamburg) davon aus, dass die Anforderungen an diese Sachentscheidungsvoraussetzung nicht überspannt werden dürfen. An einer Antragsbefugnis fehlt es erst dann, wenn subjektive Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können. Zur Geltendmachung dieser Rechte ist es in tatsächlicher Hinsicht ausreichend, dass er konkrete Tatsachen vorträgt, die eine Rechtsverletzung ergeben können, wenn sie sich als zutreffend erweisen (BVerwG, Beschl. v. 21.7.2014, 3 B 70/13, juris, m.w.N.). Für die Prüfung der Antragsbefugnis sind grundsätzlich die Darlegungen in der Antrags- oder Klageschrift entscheidend, nicht jedoch die Auswertung des gesamten Prozessstoffs (BVerwG, Urt. v. 24.9.1998, 4 CN 2/98, E 107, 215).
- 10
An diesem Maßstab gemessen sind die Antragsteller antragsbefugt.
- 11
Nach ihrem Vorbringen ist nicht nach jeder denkbaren Betrachtungsweise auszuschließen, dass sie durch das Vorhaben in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten betroffen sind. Sie haben im vorliegenden Verfahren geltend gemacht, durch den Betrieb der geplanten Windenergieanlagen einer zusätzlichen Lärmbelästigung ausgesetzt zu sein. Der Annahme der Lärmbetroffenheit stehe das von der Beigeladenen vorgelegten schalltechnischen Gutachten nicht entgegen. Dieses weise Mängel in der Berechnung auf, weil es zu Unrecht eine Dämpfung aufgrund des Bodeneffekts ausweise und weil eine Lärmprognose für einen Immissionsort, der Aussagen für das Grundstück der Antragsteller zulasse, nicht erstellt worden sei. Die ergänzende schalltechnische Detailprognose, die auf das Grundstück der Antragsteller bezogen die Zusatzbelastung durch die Windenergieanlagen in der Nacht mit 34,1 dB (A) angebe, lasse trotz ihrer das Ergebnis verfälschenden Mängel bereits die Annahme zu, dass die Gesamtbelastung auf dem Grundstück der Antragsteller nachts bei 38 dB (A) liege. Die Antragsteller tragen zudem vor, ihr Grundstück an der Straße X sei von reiner Wohnbebauung umgeben und schließen daraus, dass bei der Annahme einer Funktionslosigkeit der Außenbereichsfestsetzung im Baustufenplan von der Belegenheit des Grundstücks in einem faktischen reinen Wohngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB auszugehen sei. Die Immissionsrichtwerte eines reinen Wohngebiets würden durch den Betrieb der Windenergieanlagen jedoch überschritten.
- 12
Nach diesen Angaben ist eine Beeinträchtigung der Antragsteller in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten nach dem Maßstab der Zulässigkeitsprüfung selbst in Anbetracht der Entfernung ihres Grundstücks von der nächstgelegenen Windenergieanlage von nahezu einem Kilometer nicht ausgeschlossen. Die tatsächlichen Angaben der Antragsteller zu der Bebauung an den Straßen Schleusenhörn und Kurfürstendeich sowie zur Nutzung des Gewerbegebiets westlich des Neuen Schleusengrabens sind nicht offenkundig fehlerhaft. Es ist danach auch nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass das Gebiet, in dem das Grundstück der Antragsteller liegt, nach Nr. 6.6 Satz 2 TA Lärm in seiner Schutzbedürftigkeit wie ein Wohngebiet einzuordnen ist und die entsprechenden Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm Geltung erlangen. Aufgrund der tatsächlich vorhandenen durchgehenden Bebauung an der Straße X und der Ausweisung der Flächen entlang dieser Straße als Baufläche mit Dorf- oder Wohngebietscharakter im Flächennutzungsplan erscheint es durchaus naheliegend, dass die Außengebietsausweisung im Baustufenplan Bergedorf II zumindest funktionslos geworden ist, wenn sie nicht ohnehin nach der Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts als großflächige Außengebietsausweisung als funktionslos zu betrachten sein sollte. Allerdings erscheint es selbst dann, wenn das Gericht der von den Antragstellern vorgeschlagenen Begrenzung der zu betrachtenden näheren Umgebung folgt, fernliegend, dem Gebiet die Schutzwürdigkeit eines reinen Wohngebietes nach Nr. 6.1 e), 6.6 Satz 2 TA Lärm zuzuordnen. Bei der Zuordnung eines Immissionsortes nach Nr. 6.6 TA Lärm sind die besonderen Verhältnisse in dem betroffenen Gebiet zu würdigen (Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Mai 2016, TA Lärm Nr. 6 Rn. 15). Gegen die Annahme einer der Schutzbedürftigkeit eines reinen Wohngebietes entsprechenden Schutzbedürftigkeit spricht jedenfalls, dass das Gebiet in einer Entfernung von nur X m von dem Grundstück der Antragsteller an das im Bebauungsplan Bergedorf 48/Allermöhe 20 Blatt 3 ausgewiesene Gewerbegebiet grenzt, das in einer Entfernung ab X m auch tatsächlich gewerblich genutzt wird. Das Grundstück der Antragsteller dürfte den von diesem Gewerbegebiet ausgehenden Lärmimmissionen trotz der errichteten Lärmschutzwand ausgesetzt sein. Diese Vorbelastung ist bei der Zuordnung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm zu dem Gebiet, in dem sich das Grundstück der Antragsteller befindet, in der Weise zu berücksichtigen, dass allenfalls eine Zuordnung zu den Immissionsrichtwerten in allgemeinen Wohngebieten nach Nr. 6.1.d) TA Lärm in Betracht kommt. Soweit sich die Antragsteller zur Begründung ihrer Auffassung, das Gebiet, in dem ihr Grundstück liege sei als faktisches reines Wohngebiet anzusehen, darauf berufen, dass nach einer Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 8.6.2016, 2 E 11/15.N, n.V.) ein angrenzendes Gewerbegebiet der Einordnung eines nicht überplanten Gebietes als reines Wohngebiet nicht entgegenstehe, ist dieser Fall mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. In dem von dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht in einem Normenkontrollverfahren zu beurteilenden Fall handelte es sich um ein ursprünglich im Baustufenplan als besonders geschütztes Wohngebiet und nachfolgend in einem Bebauungsplan als reines Wohngebiet ausgewiesenes und plangemäß bebautes Gebiet, das an eine als Gewerbegebiet ausgewiesene, sanierte Brachfläche angrenzte. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht ist in seiner Entscheidung zur Unzulässigkeit des Normenkontrollverfahrens lediglich davon ausgegangen, dass sich an der Einordnung dieses Wohngebietes als reines Wohngebiet selbst dann nichts ändern würde, wenn der Bebauungsplan unwirksam sei und der Baustufenplan nicht wieder aufleben würde. Der Lärmkonflikt zwischen dem Wohngebiet und dem Gewerbegebiet sei im Rahmen der für das Gewerbegebiet vorgesehenen Lärmkontingentierung lösbar und betreffe nur einen kleinen Teil des Gewerbegebietes. Von dieser Lage unterscheidet sich diejenige im vorliegenden Verfahren grundlegend. Das nicht als Wohngebiet überplante Gebiet, in dem das Grundstück der Antragsteller liegt, grenzt an ein tatsächlich bereits plangemäß genutztes Gewerbegebiet an.
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Von der Annahme ausgehend, dass das Grundstück der Antragsteller in seiner Lärmschutzbedürftigkeit einem allgemeinen Wohngebiet entspricht, ist es nicht vollständig fernliegend, dass durch den Betrieb der von der Beigeladenen geplanten Windenergieanlagen die Immissionsrichtwerte überschritten und die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzt werden. Der Immissionsrichtwert für die Nacht beträgt nach Nr. 6.1.d) TA Lärm 40 dB (A). Wie hoch die Gesamtbelastung mit Lärm auf dem Grundstück der Antragsteller bei dem Betrieb der Windenergieanlagen nachts sein wird, ist durch das von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegte schalltechnische Gutachten nicht prognostiziert worden. Die Vorbelastung auf diesem Grundstück ist nicht festgestellt worden. Nach der von der Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Detail-Prognose für das Grundstück der Antragsteller beträgt die von den Windenergieanlagen ausgehende Zusatzbelastung nachts 34,1 dB (A). Das Grundstück der Antragsteller läge damit in dem Einwirkungsbereich der Anlagen nach Nr. 2.2 a) TA Lärm, weil die Anlagen einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 dB (A) unter dem Immissionsrichtwert liegt. Die von dem Vorhaben ausgehenden Immissionen wären auch nicht nach Nr. 3.2.1 2. Absatz TA Lärm unbeachtlich, weil sie die Immissionsrichtwerte am Grundstück der Antragsteller nicht wenigstens um 6 dB (A) unterschritten.
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2. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
- 15
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell ordnungsgemäß erfolgt. Sie ist entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich verfügt und begründet worden.
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Bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und dem Interesse der Antragsteller daran, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Rechtsbehelf keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, überwiegt das Interesse der Beigeladenen. Denn es ist regelmäßig unbillig, einem Vorhabenträger die Ausnutzung einer ihm erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu verwehren, wenn die Rechtsbehelfe keine Aussicht auf Erfolg haben. So liegt es hier. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 20. April 2016 wird in einem Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht aufzuheben sein, da sie weder an einem durchgreifenden Verfahrensfehler leidet, der gemäß § 4 Abs. 1 oder Abs. 1a UmwRG zu ihrer Aufhebung führt (dazu a), noch die Antragsteller nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung in subjektiven Rechten verletzt (dazu b).
- 17
a) Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das streitige Vorhaben wird voraussichtlich nicht gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1, 1a UmwRG aufzuheben sein. Gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG sind Entscheidungen über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 UmwRG, zu denen auch die vorliegende immissionsschutzrechtliche Genehmigung gehört, aufzuheben, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) [dazu aa)], wenn eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist (Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) [dazu bb)], wenn ein anderer, vergleichbar schwerer Verfahrensfehler vorliegt, der dem Betroffenen die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess einschließlich des Zugangs zu den ausgelegten Unterlagen genommen hat (Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 2) [dazu cc)], wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit nicht den Anforderungen des § 3 c Satz 4 UVPG entspricht (Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) [dazu dd)] oder wenn ein nicht unter Absatz 1 fallender Verfahrensfehler vorliegt und sich nicht ausschließen lässt, dass dieser die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat (Abs. 1a) [dazu ee)].
- 18
aa) Wegen eines Verfahrensfehlers im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG ist die der Beigeladenen erteilte Genehmigung voraussichtlich nicht aufzuheben. Die Antragsgegnerin hat eine Vorprüfung nach § 3 c UVPG durchgeführt und auf deren Grundlage die UVP-Pflicht im Einzelfall verneint, weil das Vorhaben bei überschlägiger Prüfung keine erheblichen Umweltauswirkungen haben könne.
- 19
bb) Die Öffentlichkeit war im Vorprüfungsverfahren nicht zu beteiligen. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 UVPG erfolgt erst, wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird. Daran fehlt es hier. Im Rahmen einer Vorprüfung ist nach § 3 a Satz 2 UVPG lediglich die abschließende Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, zugänglich und, wenn wie hier eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt wird, bekannt zu machen. Dies ist geschehen. Die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben solle, hat die Antragsgegnerin der Öffentlichkeit mit der Veröffentlichung im Amtlichen Anzeiger vom 22. Dezember 2015 bekanntgemacht. Dabei hat sie darauf hingewiesen, wo die Begründung dieser Entscheidung nach den Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes eingesehen werden kann.
- 20
cc) Anhaltspunkte dafür, dass die Vorprüfung unter einem Verfahrensfehler leiden könnte, der den vorstehend behandelten Fehlern an Gewicht gleichkommt und den Antragstellern dem Erfordernis des § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG entsprechend die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Eine Beteiligung der Antragsteller als von dem Vorhaben potentiell Betroffener am Vorprüfungsverfahren ist gesetzlich nicht vorgesehen.
- 21
dd) Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung ist auch nicht deswegen aufzuheben, weil die Vorprüfung nicht den Anforderungen des § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Die Vorprüfung ist, diesen Anforderungen entsprechend, gemäß den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden und das Ergebnis ist nachvollziehbar. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 1.6.3 UVPG war für das Vorhaben eine standortbezogene Vorprüfung gemäß § 3 c UVPG durchzuführen, um zu klären, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Nach § 3 c UVPG ist für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn von dem Vorhaben bei überschlägiger Prüfung nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Zu den in Anlage 2 Nr. 2 UVPG genannten Schutzkriterien gehören unter anderem Wasserschutzgebiete (Nr. 2.3.8). Dabei sind die Merkmale eines Vorhabens auf die Schutzkriterien bezogen insbesondere hinsichtlich der Größe, der Nutzung und Gestaltung von Wasser, Boden, Natur und Landschaft, der Abfallerzeugung, der Umweltverschmutzung und Belästigungen sowie des Unfallrisikos, insbesondere mit Blick auf verwendete Stoffe und Technologien zu beurteilen (Anlage 2 Nr. 1). Diesen Anforderungen genügt die von der Antragsgegnerin durchgeführte Vorprüfung bei der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen summarischen Prüfung.
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Die Antragsgegnerin hat sich die Informationen beschafft, die für die auf die maßgeblichen Schutzkriterien bezogene Vorprüfung erforderlich sind. Sie hat von der Beigeladenen umfangreiche Unterlagen vor allem zur Errichtung und zum Betrieb der Windenergieanlagen, zu den Auswirkungen der Anlagen auf Natur und Umwelt sowie zur Verwendung schwach wassergefährdender und wassergefährdender Stoffe (ca. 900 l Öle und Kühlflüssigkeit sowie über 1600 kg Fette und Transformatoröl je Anlage) erhalten. Darüber hinaus hat sie weitere Informationen im Rahmen der Beteiligung der Behörden und der Träger öffentlicher Belange erlangt. Die Wasserbehörde der Antragsgegnerin und die Hamburger Wasserwerke haben sich zu den Auswirkungen des Vorhabens auf das Wasserschutzgebiet geäußert und Anforderungen, um das Vorhaben schutzgebietsverträglich zu machen, formuliert. Die Antragsgegnerin hat die ihr vorliegenden Informationen zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens in einem Vermerk vom 25. November 2015 zusammengefasst und bewertet. Die Bewertung, dass erhebliche nachteilige Umwelteinwirkungen von dem Vorhaben nicht ausgehen, ist allerdings aus sich heraus nicht nachvollziehbar, weil nicht erkennbar ist, welche Gefahren für das Wasserschutzgebiet die Antragsgegnerin im Rahmen der Vorprüfung in den Blick genommen hat und insbesondere welche Gefahren durch Unfälle und dabei austretende wassergefährdende Stoffe drohen und wie diese zu bewerten sind. Die Antragsgegnerin hat jedoch unter der Überschrift „Ergebnis“ in ihrem Vermerk darauf hingewiesen, dass die Umwelteinwirkungen, die bereits im Rahmen der „Strategischen Umweltprüfung“ bei der Änderung des Flächennutzungsplans geprüft worden seien, gemäß § 17 Abs. 3 UVPG der Vorprüfung zugrunde zu legen seien und dass die Vorprüfung auf zusätzliche oder andere Umwelteinwirkungen zu beschränken sei. Damit genügt der die Umwelteinwirkungen bewertende Vermerk den Anforderungen nach § 3 a Satz 4 UVPG. Im Ergebnis zulässigerweise hat die Antragsgegnerin ihrer Bewertung das Ergebnis der Umweltprüfung aus dem Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans zugrunde gelegt [(1)]. Die Bewertung der für das Wasserschutzgebiet entstehenden Gefahren durch die Errichtung der Windenergieanlagen in der Umweltprüfung ist auch hinreichend aussagekräftig, um die Entscheidung der Antragsgegnerin im Vorprüfungsverfahren nachvollziehbar erscheinen zu lassen. Weiterer Feststellungen dazu bedurfte es im Vorprüfungsverfahren nicht [(2)].
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(1) Im Ergebnis zu Recht hat die Antragsgegnerin ihrer Bewertung der nachteiligen Umweltauswirkungen in dem Vermerk vom 25. November 2015 die Feststellungen aus dem Verfahren zur Umweltprüfung gemäß § 2 Abs. 4 BauGB im Rahmen des Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplans für die Freie und Hansestadt Hamburg zur Ausweisung von Eignungsgebieten für Windenergieanlagen in Hamburg zugrunde gelegt (Umweltbericht abgedruckt unter Nr. 7 der Anlage 1 zu Bü-Drs. 20/9810 vom 31.10.2013).
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Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus § 14 f Abs. 3 UVPG, wonach in einem mehrstufigen Planungsprozess zur Vermeidung von Mehrfachprüfungen bei der Bestimmung des Untersuchungsrahmens bestimmt werden soll, auf welcher Stufe bestimmte Umweltauswirkungen schwerpunktmäßig geprüft werden sollen und wonach in nachfolgenden Zulassungsverfahren, für die der Plan einen Rahmen setzt, die Prüfung auf zusätzliche oder andere Umweltauswirkungen beschränkt werden soll. Diese Vorschrift ist auf Verfahren zur Aufstellung oder Änderung eines Flächennutzungsplans nach § 6 BauGB nicht anwendbar, denn gemäß § 17 Abs. 2 UVPG wird die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltprüfung bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin bei der Änderung des Flächennutzungsplans eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB durchgeführt, keine Strategische Umweltprüfung nach §§ 14 e ff UVPG.
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Die Zulässigkeit der Vorgehensweise der Antragsgegnerin ergibt sich auch nicht unmittelbar aus § 17 Abs. 3 UVPG. Denn danach soll die Umweltverträglichkeitsprüfung im nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens beschränkt werden, wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung in einem Aufstellungsverfahren für einen Bebauungsplan und in einem nachfolgenden Zulassungsverfahren durchgeführt wird. Die von der Antragstellerin in Bezug genommene Umweltprüfung ist jedoch nicht in einem Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans vorgenommen worden, sondern im Verfahren zur Aufstellung eines Flächennutzungsplans. Es lässt sich auch nicht argumentieren, dass unter Bebauungsplanverfahren im Sinne von § 17 UVPG abweichend von dem Sprachgebrauch im Baugesetzbuch (§ 1 Abs. 2 BauGB) sämtliche Verfahren zur Aufstellung von Bauleitplänen, also neben Bebauungsplänen auch Flächennutzungspläne zu verstehen wären. In § 17 UVPG hat der Gesetzgeber zwischen Bauleitplänen (Abs. 2) und Bebauungsplänen (Abs. 1 und 3) unterschieden und in den Begriffsbestimmungen, § 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG hat er Bebauungspläne als solche nach § 10 BauGB beschrieben und damit an die bauplanungsrechtliche Terminologie angeknüpft. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Antragsgegnerin zu § 17 Abs. 3 UVPG zitierten Entscheidung des OVG Lüneburg (Beschl. v. 25.2.2014, 12 LA 97/13, juris). Zwar wird darin ausgeführt, dass die im Zusammenhang mit der Aufstellung des Flächennutzungsplans durchgeführte Umweltprüfung in nicht zu beanstandender Weise in die Zulassungsentscheidung für die Windenergieanlagen Eingang gefunden hat. In dem dortigen Fall ist dies jedoch nicht – wie hier – unmittelbar geschehen. Die Umweltprüfung aus dem Flächennutzungsplanverfahren ist vielmehr (entsprechend § 2 Abs. 4 Satz 5 BauGB) für die Umweltprüfung bei der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans herangezogen worden, die wiederum für das Zulassungsverfahren zugrunde gelegt wurde. An dem „Zwischenschritt“ des Bebauungsplans fehlt es hier.
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Jedoch ist § 17 Abs. 3 UVPG analog auf Flächennutzungspläne anzuwenden. Denn die in Bezug auf diese Pläne bestehende Regelungslücke ist planwidrig. Bei seinem Erlass im Jahr 1990 enthielt das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung für Bauleitpläne. Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG vom 12. Februar 1990 (BGBl. I S. 205) waren Beschlüsse nach § 10 BauGB über bestimmte Bebauungspläne (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG 1990) und über Flächennutzungspläne (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 UVPG 1990). Welche Verfahrensvorschriften für die Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Aufstellung von Bauleitplänen Anwendung fanden, war in § 17 (Aufstellung von Bauleitplänen) geregelt. Eine dem heutigen § 17 Abs. 3 UVPG entsprechende Abschichtungsregelung enthielt die Norm noch nicht. Diese wurde als § 17 Satz 3 mit Artikel 11 des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes vom 22. April 1993 (BGBl. I S. 466) eingeführt. Damit sollten nach der Gesetzesbegründung Doppelprüfungen verhindert werden und die Umweltverträglichkeitsprüfung in nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere Umweltauswirkungen beschränkt werden (Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, BT-Drs. 12/4340). Mit demselben Gesetz wurde die Erstreckung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung auf Flächennutzungspläne aus den §§ 2 und 17 UVPG (UVPG 1993) gestrichen. Mit dem Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-Richtlinien vom 24. Juni 2004 (BGBl. I S. 1359, EAG Bau) wurde zum einen die Abschichtungsregelung zwischen Bebauungsplanverfahren und nachfolgendem Zulassungsverfahren aus § 17 Satz 3 UVPG 1993 in § 17 Abs. 3 UVPG überführt (Art. 3 EAG Bau). Zum anderen wurde mit Artikel 1 EAG Bau die Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung u.a. in Flächennutzungsplanverfahren wieder eingeführt und in § 2 Abs. 4 BauGB aufgenommen sowie in § 2 Abs. 4 Satz 5 BauGB eine § 17 Abs. 3 UVPG entsprechende Abschichtungsregelung zwischen Raumordnungs-, Flächennutzungs- und Bebauungsplanverfahren und zeitgleichen oder nachfolgenden Bauleitplanverfahren aufgenommen. Ziel der Abschichtungsregelung in § 2 Abs. 4 Satz 5 BauGB war nach der Begründung des Gesetzentwurfs die Verfahrensvereinfachung durch Vermeidung von Doppelprüfungen. In der Darstellung der wesentlichen Regelungen zum Baugesetzbuch heißt es dazu (BT-Drs. 15/2250, S. 30, 31):
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„Zur Vermeidung von Doppelprüfungen soll die sog. Abschichtungsregelung des geltenden § 17 Satz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung übernommen (§ 17 Abs. 3 neu) und für das Bauleitplanverfahren zudem in § 2 Abs. 4 Baugesetzbuch geregelt werden. Danach soll die Prüfung der Umweltauswirkungen auf zusätzliche oder andere erhebliche Auswirkungen begrenzt werden, wenn aus einem vorgelagerten Verfahren bereits ein Umweltbericht vorliegt. Dies soll für alle Ebenen von Plänen und Projekten gelten: Einerseits können Abschichtungen von Raumordnungs- über Flächennutzungs- bis hin zu Bebauungsplänen vorgenommen werden, andererseits können Bebauungspläne eine abschichtende Wirkung unter anderem für die (Bau-)Genehmigung im konkreten Zulassungsverfahren haben.“
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Zur Begründung der Einzelnorm § 2 Abs. 4 BauGB heißt es ergänzend (S. 42):
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„…Eine Umweltprüfung auf der Ebene der Raumordnungsplanung kann abschichtende Wirkung für die Flächennutzungsplanung haben; die integrierte Umweltprüfung auf der Ebene der Flächennutzungsplanung kann wiederum zur Abschichtung auf der Ebene der Bebauungsplanung genutzt werden. …Eine weitere Abschichtungsregelung – auch etwa im Hinblick auf ein nachfolgendes Genehmigungsverfahren – enthält der vorgeschlagene § 17 Abs. 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. Artikel 3 Nr. 1). …“
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Zu § 17 Abs. 3 UVPG wurde ausgeführt, dass die bisherige Regelung des § 17 Satz 3 unverändert übernommen werde. Diese Gesetzesbegründung macht deutlich, dass der Gesetzgeber davon ausging, eine über alle Stufen der Planungs- und Zulassungsverfahren gehende Abschichtungsmöglichkeit geschaffen zu haben, wie er sie später mit dem Gesetz zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG (SUPG) vom 25. Juni 2005 (BGBl. I S. 1746) in § 14 f Abs. 3 Satz 3 UVPG für Strategische Umweltprüfungen auch ausdrücklich geregelt hat (Begründung: BT-Drs. 15/3441, S. 31):
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„Nach Satz 3 soll sich die Prüfung bei nachfolgenden Plänen und Programmen sowie bei der nachfolgenden Zulassung von Vorhaben grundsätzlich auf Umweltauswirkungen beschränken, die auf vorangegangenen Planungsebenen noch nicht geprüft worden sind. Damit bringt das Gesetz auch hier zum Ausdruck, dass auf den verschiedenen Plan- und Entscheidungsebenen nicht jeweils eine umfassende Untersuchung aller Umweltauswirkungen erfolgen muss. Bereits geprüfte Aspekte brauchen in der Regel nicht erneut geprüft zu werden. …“
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Zur Schließung dieser Lücke ist es gerechtfertigt, im immissionsschutzrechtlichen Zulassungsverfahren entsprechend § 17 Abs. 3 UVPG die Bewertung der Umweltprüfung aus dem Verfahren zur Aufstellung des Flächennutzungsplans zugrunde zu legen und die (Vor-)Prüfung auf zusätzliche oder andere erhebliche Umwelteinwirkungen zu beschränken. Die Vorschrift dient ebenso wie § 2 Abs. 4 Satz 5 BauGB für die Beschränkung der Umweltprüfung im Bebauungsplanverfahren nach erfolgter Umweltprüfung im Flächennutzungsplanverfahren der Vereinfachung des Verfahrens der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Vermeidung von Doppelprüfungen mit unter Umständen einander widersprechenden Ergebnissen (Gassner, UVPG, Kommentar, 2006, § 17 Rn. 40; Wulfhorst, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 UVPG, Rn. 49; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 2 Rn. 12). Diese Effekte ergeben sich in gleicher Weise, wenn das „vermittelnde“ Bebauungsplanverfahren durchgeführt wird oder wenn es fehlt. Wird eine Umweltprüfung in einem Bebauungsplanverfahren durchgeführt, ist die Umweltprüfung aus dem Flächennutzungsplanverfahren gemäß § 2 Abs. 4 Satz 5 BauGB zugrunde zu legen. Wird nachfolgend ein Zulassungsverfahren durchgeführt, ist sie dann über § 17 Abs. 3 UVPG ebenso der Umweltprüfung in diesem Verfahren zugrunde zu legen. Die im Gesetz angelegte Zwischenstufe des Bebauungsplanverfahrens ändert damit nichts an der Maßgeblichkeit der Umweltprüfung des Flächennutzungsplanverfahrens für das Zulassungsverfahrens. Sachliche Gründe, die Abschichtung der Umweltverträglichkeitsprüfung durch die Übernahme von Bewertungen aus vorangegangenen Planungsverfahren auf den eng gefassten Wortlaut des § 17 Abs. 3 UVPG zu beschränken und damit die Zulassungsverfahren sämtlicher nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierter Vorhaben aus dem Anwendungsbereich herauszunehmen, sind nicht erkennbar. Für die entsprechende Anwendung der Abschichtungsregelung des § 17 Abs. 3 UVPG auf Fälle wie den vorliegenden spricht vielmehr, dass damit die Abschichtungswirkung der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB im baurechtlichen Planungsverfahren der Abschichtungswirkung der Strategischen Umweltprüfung gemäß § 14 e ff. gleichgestellt wird. Dies erscheint naheliegend, weil die Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB im Bereich des Bauplanungsrechts gemäß § 17 Abs. 2 UVPG an die Stelle der Strategischen Umweltprüfung tritt. Die entsprechende Anwendung von § 17 Abs. 3 UVPG auf die Übernahme der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung aus dem Flächennutzungsplanverfahren in das Zulassungsverfahren begegnet auch deshalb keinen durchgreifenden Bedenken, weil sich die Bindungswirkung ohnehin nur soweit erstreckt, wie in dem vorangegangenen Planungsverfahren tatsächlich die erheblichen Umweltauswirkungen des konkreten Vorhabens ermittelt und bewertet worden sind und soweit diese Angaben noch nicht überholt sind (vgl. Gassner, a.a.O. Rn. 41).
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(2) Die Bewertung der für das Wasserschutzgebiet entstehenden Gefahren durch die Errichtung der Windenergieanlagen in der Umweltprüfung ist auch hinreichend aussagekräftig, um die Entscheidung der Antragsgegnerin im Vorprüfungsverfahren nachvollziehbar erscheinen zu lassen. Weiterer Feststellungen dazu bedurfte es im Vorprüfungsverfahren nicht.
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Ausweislich der Begründung zur Änderung des Flächennutzungsplans Eignungsgebiete für Windenergieanlagen in Hamburg (Anlage 1 zu Bü-Drs. 20/9810 vom 31.10.2013, Nr. 5) war der Antragsgegnerin bewusst, dass von Windenergieanlagen Gefahren für Wasserschutzgebiete ausgehen können. Aus diesem Grund waren bei der Standortsuche die Schutzzonen I und II der Wasserschutzgebiete ausgeschlossen worden. Schutzzone III der Wasserschutzgebiete war nicht ausgeschlossen worden, für die notwendige Befreiung von den Verboten der Schutzgebietsverordnung war jedoch vorausgesetzt worden, dass durch geeignete Schutzvorkehrungen im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren sichergestellt werde, dass der Schutzzweck der Schutzgebietsverordnung nicht gefährdet werde. Bei der Bemessung des Änderungsbereiches Curslack/Bergedorf (a.a.O., Begründung Nr. 6.2.4) wurde das Eignungsgebiet für Windenergieanlagen bewusst unmittelbar bis an die Grenze der Schutzzone II des Wasserschutzgebiets erstreckt, um die Errichtung von Windenergieanlagen südlich der vorhandenen Hochspannungsleitungen zu ermöglichen. Die Böden der einzelnen Eignungsgebiete wurden konkret ermittelt und die mögliche Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch eine Minderung oder ein Durchstoßen gering wasserdurchlässiger Schichten beim Bau von Windenergieanlagen herausgestellt. Außerdem wurde auf mögliche Gefährdungen für das Grundwasser durch in der Regel zum Betrieb der Windenergieanlagen verwendete wassergefährdende Stoffe hingewiesen und (erneut) darauf verwiesen, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Anlagen voraussetze, dass eine Gefährdung des Grundwassers nicht zu besorgen sei bzw. dass die Wahrung des Schutzzwecks der Wasserschutzgebietsverordnung durch geeignete Vorkehrungen sichergestellt werde. In der Übersicht über schutzgutbezogene Vermeidungs-, Minderungs- und Ausgleichsmaßnahmen (a.a.O. Nr. 7.5) wurde, tabellarisch dargestellt, auf das Genehmigungserfordernis und eine Auflagenerteilung auf der Basis der Wasserschutzgebietsverordnungen zum Schutz vor dem Durchstoßen wasserundurchlässiger Schichten und zur Verwendung wassergefährdender Stoffe im Betrieb von Windenergieanlagen verwiesen. Auch mit dieser Maßgabe hat die Antragsgegnerin die Errichtung von Windenergieanlagen (u.a.) auf der vorliegend betroffenen Fläche als möglich betrachtet (Abwägungsergebnis, a.a.O. Nr. 8). Damit hat die Antragsgegnerin die Gefährdung der Schutzzwecke des Wasserschutzgebietes bereits in der Umweltprüfung bei der Änderung des Flächennutzungsplans in einer den Anforderungen der standortbezogenen Vorprüfung im konkreten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren genügenden Weise ermittelt und bewertet und dabei Voraussetzungen für die Umweltverträglichkeit in Bezug auf das Schutzgut Wasser formuliert. Denn der Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, über deren Durchführung im Rahmen der Vorprüfung entschieden wird, ist es, die Auswirkungen auf die Umwelt frühzeitig und umfassend zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten (§ 1 Nr. 1 UVPG). Das ist geschehen. Zwar ist gemäß Anlage 2 Nr. 1.5 UVPG das Unfallrisiko, insbesondere mit Blick auf verwendete Stoffe und Technologien, ein bei der Vorprüfung anzuwendendes Kriterium. Dieses ist in der Umweltprüfung im Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans nicht explizit geprüft worden. Die damit in Zusammenhang stehenden Gefahren, insbesondere der Austritt wassergefährdender Stoffe, wurden aber im Zusammenhang mit den Gefahren bei dem Betrieb der Anlagen betrachtet und bewertet. Weiterer Ermittlungs- und Bewertungsbedarf bestand im Rahmen der Vorprüfung, die auf eine überschlägige Prüfung der Umweltauswirkungen beschränkt ist, nicht.
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Die Bewertung im Rahmen der Umweltprüfung ist auch hinreichend aktuell. Die für diese Prüfung eingeholten fachlichen Stellungnahmen und Gutachten datieren aus den Jahren 2009 bis 2013 (Umweltbericht, a.a.O., Nr. 7.2). Technische Änderungen an Windenergieanlagen und/oder Änderungen in dem Wasserschutzgebiet, die eine erneute Begutachtung im hier zu kontrollierenden Vorprüfungsverfahren erforderlich gemacht hätten, sind nicht erkennbar.
- 36
ee) Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung ist schließlich nicht deswegen aufzuheben, weil die Vorprüfung unter einem sonstigen Verfahrensfehler leidet und sich nicht ausschließen lässt, dass dieser die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat (§ 4 Abs. 1a UmwRG). Insoweit rügen die Antragsteller, dass der Vermerk vom 25. November 2015 zunächst nicht zur Sachakte der Antragsgegnerin genommen worden, sondern in der Handakte des Sachbearbeiters verblieben sei. Tatsächlich ist der Vermerk offenbar erst im Zusammenhang mit der Übersendung der Sachakte an das Gericht zu dieser genommen worden. Unabhängig davon, ob dies als ein Verfahrensfehler im Sinne des § 4 Abs. 1a UmwRG einzuordnen ist, lässt sich jedenfalls ausschließen, dass er sich auf das Genehmigungsverfahren ausgewirkt hat. Aus dem Screenshot (Bl. 305 d. Sachakte) ergibt sich mit hinreichender Sicherheit, dass der Vermerk vom 25. November 2015 tatsächlich an diesem Tag erstellt und am 10. Dezember 2015 ausgedruckt worden ist. Aus der Begründung der streitigen Genehmigung (Nr. VI.2.3) ergibt sich, dass das Ergebnis der Vorprüfung in die Genehmigung eingeflossen ist.
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b) Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung verletzt die Antragsteller nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung nicht in subjektiven Rechten. Das Vorhaben ist den Antragstellern gegenüber aller Voraussicht nach nicht wegen des von ihm ausgehenden Lärms rücksichtslos [dazu aa)]. Sonstige subjektive Rechte der Antragsteller werden durch das Vorhaben nicht erkennbar berührt [dazu bb)].
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aa)Der von den Windenergieanlagen ausgehende Lärm ist den Antragstellern gegenüber voraussichtlich nicht rücksichtslos.
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Ab welchem Maß an Immissionen ein Vorhaben den Nachbarn gegenüber rücksichtslos ist, ergibt sich aus §§ 3, 22 BImSchG, wonach u.a. bauliche Anlagen keine schädlichen Umwelteinwirkungen, d.h. Immissionen herbeiführen dürfen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Gemessen an diesem Maßstab sind keine unzumutbaren Lärmimmissionen für die Antragsteller zu befürchten.
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Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen bei Nachbarkonflikten im Rahmen des Rücksichtnahmegebots ist die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm (BVerwG, Urt. v. 29.11.2012, 4 C 8/11, juris, Rn. 17, 19). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (BVerwG, Urt. v. 29.11.2012, a.a.O., Rn. 18). Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungs-konzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, Urt. v. 29.11.2012, a.a.O.; Urt. v. 29.8.2007, 4 C 2.07, juris, Rn. 12). Gemäß Nr. 3.2.1 2. Absatz TA Lärm darf die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte um mindestens 6 dB (A) unterschreitet.
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Gemessen an diesem Maßstab ist nicht mit unzumutbaren Immissionen zu rechnen. Dabei geht das Gericht zu Gunsten der Antragsteller im Ansatz davon aus, dass ihr Grundstück in seiner Schutzbedürftigkeit gemäß Nr. 6.6 TA Lärm aus den oben genannten Gründen (II.1) einem Grundstück im allgemeinen Wohngebiet gleichzustellen ist. Die sich daraus gemäß Nr. 6.1 TA Lärm ergebenden Immissionsrichtwerte von tagsüber 55 dB (A) und nachts 40 dB (A) werden voraussichtlich um mindestens 6 dB (A) unterschritten. In der Tageszeit ist dies mit sehr hoher Sicherheit der Fall. Ausweislich der Berechnung der Zusatzbelastung in dem von der Beigeladenen eingereichten schalltechnischen Gutachten beträgt die Zusatzbelastung am Immissionsort X – der mit einer Entfernung von knapp X m nur etwas mehr als halb so weit von der nächstgelegenen Anlage entfernt liegt, wie das in gleicher Richtung gelegene Grundstück der Antragsteller – bei leistungsorientiertem Betriebsmodus der Windenergieanlagen 46,2 dB (A). Er liegt damit deutlich unterhalb der Relevanzschwelle bei Annahme der Werte für ein allgemeines Wohngebiet. Es kann nicht angenommen werden, dass für das ca. X m entfernte Grundstück der Antragsteller eine höhere Zusatzbelastung zu erwarten ist. Für die Nachtzeit hat die Beigeladene eine Immissionsprognose bezogen auf das Grundstück der Antragsteller und auf den in der erteilten Genehmigung für die Nachtzeit vorgeschriebenen schalloptimierten Betriebsmodus der Windenergieanlagen erstellt. Danach wird die Zusatzbelastung durch den Betrieb der Windenergieanlagen zwar bei 34,12 dB (A) liegen, also um 0,12 dB (A) über der Relevanzschwelle des Immissionsrichtwertes für allgemeine Wohngebiete. Jedoch wird der Immissionsrichtwert wegen der Gemengelage zu dem angrenzenden Gewerbegebiet gemäß Nr. 6.7 TA Lärm auf einen Zwischenwert zu erhöhen sein. Eine Bestimmung dieses Zwischenwertes nach den Maßstäben von Nr. 6.7 2. Absatz TA Lärm ist dem Gericht im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes allerdings nicht möglich. Selbst eine sehr geringe Erhöhung um 1 dB (A) wird aber dazu führen, dass die Genehmigung nach Nr. 3.2.1 2. Absatz TA Lärm nicht wegen des von den Windenergieanlagen ausgehenden Lärms versagt werden darf.
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Soweit die Antragsteller die Auffassung vertreten, aufgrund neuerer Forschungsergebnisse sei entgegen der als Standardmodell auch bei dem vorliegenden schalltechnischen Gutachten angewendeten Norm DIN-ISO 9613-2 ein sogenannter Korrekturwert für die Bodendämpfung bei Anlagen, die deutlich höher sind als 50 m, nicht oder nur in geringerem Umfang anzusetzen und die Prognose entsprechend zu erhöhen, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Selbst wenn sich aus neueren Forschungen Anhaltspunkte dafür ergeben mögen, dass das bisherige Standardmodell für die Lärmberechnung bei hohen Windenergieanlagen von einem zu hohen Korrekturwert für die Bodendämpfung ausgeht, ist im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes noch davon auszugehen, dass Schallprognosen „auf der sicheren Seite“ liegen, wenn sie entsprechend der DIN ISO 9613-2 erstellt worden sind (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 17.6.2016, 8 B 1016/15, juris, m.w.N.). Zweifel daran, dass die Schallprognosen entsprechend dieser Norm erstellt worden sind, werden von den Antragstellern nicht geäußert und bestehen für das Gericht auch sonst nicht.
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bb) Sonstige subjektive Rechte der Antragsteller werden durch das Vorhaben nicht erkennbar berührt.
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Soweit bei dem Betrieb der Windenergieanlagen die Möglichkeit besteht, dass das Grundstück der Antragsteller periodischem Schattenwurf ausgesetzt ist, ist dem in der Genehmigung der Anlagen durch die Auflage, eine für alle fünf Windenergieanlagen gemeinsame sensorgesteuerte Abschalteinrichtung zu betreiben, die verhindert, dass die Zeiten des Schattenwurfs 30 Minuten am Tag und in der Summe acht Stunden im Jahr überschreiten, hinreichend Rechnung getragen.
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Soweit die Antragsteller mit eingehender Begründung darlegen, dass die der Beigeladenen erteilte Genehmigung rechtswidrig sei, weil von den Windenergieanlagen Gefährdungen für das Wasserschutzgebiet ausgingen, ist dies einer Prüfung in dem vorliegenden Verfahren entzogen. Zwar spricht einiges dafür, dass zum Schutz des Wasserschutzgebietes getriebelose Windenergieanlagen und weitere konstruktive Spezifikationen vorzusehen gewesen wären und dass zum Schutz des Grundwassers vor wassergefährdenden Stoffen die Anlagen so weit von der Schutzzone II entfernt hätten positioniert werden müssen, dass bei einem Umstürzen der Anlagen (zuletzt geschehen am 11. Dezember 2016 in Grischow, Mecklenburg-Vorpommern, am 27. Dezember 2016 bei Leisnig, Sachsen, und am 3. Januar 2017 im Landkreis Harburg) die Gondel nicht in die Schutzzone II des Wasserschutzgebietes gelangen kann. Durch das Unterlassen derartiger Anforderungen wären die Antragsteller aber jedenfalls nicht in eigenen Rechten betroffen, denn die Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes über Wasserschutzgebiete und der Verordnung über das Wasserschutzgebiet Curslack/ Altengamme sind nicht nachbarschützend, sondern dienen der Allgemeinheit (§§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 WHG).
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Soweit die Antragsteller unter Vorlage einer Bilddokumentation geltend machen, dass die Beigeladene Nebenbestimmungen zu der ihr erteilten Genehmigung nicht einhalte, betrifft dies nicht die Genehmigung, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, sondern deren von der Antragsgegnerin zu überwachende Einhaltung.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene zwar keinen Antrag gestellt, aber das Verfahren wesentlich gefördert hat, entspricht es der Billigkeit, ihre Kosten den unterlegenen Antragstellern aufzuerlegen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
(1) Die zuständige Behörde unterrichtet die Behörden, deren umweltbezogener Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, einschließlich der von dem Vorhaben betroffenen Gemeinden und Landkreise sowie der sonstigen im Landesrecht vorgesehenen Gebietskörperschaften, über das Vorhaben und übermittelt ihnen den UVP-Bericht.
(2) Die zuständige Behörde holt die Stellungnahmen der unterrichteten Behörden ein. Für die Stellungnahmen gilt § 73 Absatz 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.
(1) Werden Bebauungspläne im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3, insbesondere bei Vorhaben nach Anlage 1 Nummer 18.1 bis 18.9, aufgestellt, geändert oder ergänzt, so wird die Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der Vorprüfung nach den §§ 1 und 2 Absatz 1 und 2 sowie nach den §§ 3 bis 13 im Aufstellungsverfahren als Umweltprüfung sowie die Überwachung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt. Eine nach diesem Gesetz vorgeschriebene Vorprüfung entfällt, wenn für den aufzustellenden Bebauungsplan eine Umweltprüfung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt wird.
(2) Besteht für die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans nach diesem Gesetz eine Verpflichtung zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung, wird hierfür unbeschadet der §§ 13, 13a und 13b des Baugesetzbuchs eine Umweltprüfung einschließlich der Überwachung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt.
(3) Wird die Umweltverträglichkeitsprüfung in einem Aufstellungsverfahren für einen Bebauungsplan und in einem nachfolgenden Zulassungsverfahren durchgeführt, soll die Umweltverträglichkeitsprüfung im nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens beschränkt werden.
(1) Die zuständige Behörde unterrichtet die Behörden, deren umweltbezogener Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, einschließlich der von dem Vorhaben betroffenen Gemeinden und Landkreise sowie der sonstigen im Landesrecht vorgesehenen Gebietskörperschaften, über das Vorhaben und übermittelt ihnen den UVP-Bericht.
(2) Die zuständige Behörde holt die Stellungnahmen der unterrichteten Behörden ein. Für die Stellungnahmen gilt § 73 Absatz 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.
(1) Werden Bebauungspläne im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3, insbesondere bei Vorhaben nach Anlage 1 Nummer 18.1 bis 18.9, aufgestellt, geändert oder ergänzt, so wird die Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der Vorprüfung nach den §§ 1 und 2 Absatz 1 und 2 sowie nach den §§ 3 bis 13 im Aufstellungsverfahren als Umweltprüfung sowie die Überwachung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt. Eine nach diesem Gesetz vorgeschriebene Vorprüfung entfällt, wenn für den aufzustellenden Bebauungsplan eine Umweltprüfung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt wird.
(2) Besteht für die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans nach diesem Gesetz eine Verpflichtung zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung, wird hierfür unbeschadet der §§ 13, 13a und 13b des Baugesetzbuchs eine Umweltprüfung einschließlich der Überwachung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt.
(3) Wird die Umweltverträglichkeitsprüfung in einem Aufstellungsverfahren für einen Bebauungsplan und in einem nachfolgenden Zulassungsverfahren durchgeführt, soll die Umweltverträglichkeitsprüfung im nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens beschränkt werden.
(1) Die Genehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung auferlegt werden.
(1a) Für den Fall, dass eine Verwaltungsvorschrift nach § 48 für die jeweilige Anlagenart keine Anforderungen vorsieht, ist bei der Festlegung von Emissionsbegrenzungen für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie in der Genehmigung sicherzustellen, dass die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten.
(1b) Abweichend von Absatz 1a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn
- 1.
eine Bewertung ergibt, dass wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre, oder - 2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
(2) Die Genehmigung kann auf Antrag für einen bestimmten Zeitraum erteilt werden. Sie kann mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden, wenn die genehmigungsbedürftige Anlage lediglich Erprobungszwecken dienen soll.
(2a) Die Genehmigung kann mit Einverständnis des Antragstellers mit dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden, soweit hierdurch hinreichend bestimmte, in der Genehmigung bereits allgemein festgelegte Anforderungen an die Errichtung oder den Betrieb der Anlage in einem Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung näher festgelegt werden sollen. Dies gilt unter den Voraussetzungen des Satzes 1 auch für den Fall, dass eine beteiligte Behörde sich nicht rechtzeitig äußert.
(2b) Im Falle des § 6 Absatz 2 soll der Antragsteller durch eine Auflage verpflichtet werden, der zuständigen Behörde unverzüglich die erstmalige Herstellung oder Verwendung eines anderen Stoffes innerhalb der genehmigten Betriebsweise mitzuteilen.
(2c) Der Betreiber kann durch Auflage verpflichtet werden, den Wechsel eines im Genehmigungsverfahren dargelegten Entsorgungswegs von Abfällen der zuständigen Behörde anzuzeigen. Das gilt ebenso für in Abfallbehandlungsanlagen erzeugte Abfälle. Bei Abfallbehandlungsanlagen können außerdem Anforderungen an die Qualität und das Schadstoffpotential der angenommenen Abfälle sowie der die Anlage verlassenden Abfälle gestellt werden.
(3) Die Teilgenehmigung kann für einen bestimmten Zeitraum oder mit dem Vorbehalt erteilt werden, dass sie bis zur Entscheidung über die Genehmigung widerrufen oder mit Auflagen verbunden werden kann.
(1) Auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung bewertet die zuständige Behörde die Umweltauswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge im Sinne des § 3 nach Maßgabe der geltenden Gesetze. Die Bewertung ist zu begründen.
(2) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens berücksichtigt die zuständige Behörde die begründete Bewertung nach dem in Absatz 1 bestimmten Maßstab.
(3) Bei der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens müssen die zusammenfassende Darstellung und die begründete Bewertung nach Einschätzung der zuständigen Behörde hinreichend aktuell sein.
(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
- 1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und - 2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.
(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.
(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber
- 1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird, - 2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden, - 3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und - 4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.
(1) Die Genehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung auferlegt werden.
(1a) Für den Fall, dass eine Verwaltungsvorschrift nach § 48 für die jeweilige Anlagenart keine Anforderungen vorsieht, ist bei der Festlegung von Emissionsbegrenzungen für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie in der Genehmigung sicherzustellen, dass die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten.
(1b) Abweichend von Absatz 1a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn
- 1.
eine Bewertung ergibt, dass wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre, oder - 2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
(2) Die Genehmigung kann auf Antrag für einen bestimmten Zeitraum erteilt werden. Sie kann mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden, wenn die genehmigungsbedürftige Anlage lediglich Erprobungszwecken dienen soll.
(2a) Die Genehmigung kann mit Einverständnis des Antragstellers mit dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden, soweit hierdurch hinreichend bestimmte, in der Genehmigung bereits allgemein festgelegte Anforderungen an die Errichtung oder den Betrieb der Anlage in einem Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung näher festgelegt werden sollen. Dies gilt unter den Voraussetzungen des Satzes 1 auch für den Fall, dass eine beteiligte Behörde sich nicht rechtzeitig äußert.
(2b) Im Falle des § 6 Absatz 2 soll der Antragsteller durch eine Auflage verpflichtet werden, der zuständigen Behörde unverzüglich die erstmalige Herstellung oder Verwendung eines anderen Stoffes innerhalb der genehmigten Betriebsweise mitzuteilen.
(2c) Der Betreiber kann durch Auflage verpflichtet werden, den Wechsel eines im Genehmigungsverfahren dargelegten Entsorgungswegs von Abfällen der zuständigen Behörde anzuzeigen. Das gilt ebenso für in Abfallbehandlungsanlagen erzeugte Abfälle. Bei Abfallbehandlungsanlagen können außerdem Anforderungen an die Qualität und das Schadstoffpotential der angenommenen Abfälle sowie der die Anlage verlassenden Abfälle gestellt werden.
(3) Die Teilgenehmigung kann für einen bestimmten Zeitraum oder mit dem Vorbehalt erteilt werden, dass sie bis zur Entscheidung über die Genehmigung widerrufen oder mit Auflagen verbunden werden kann.
(1) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die allgemeine Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien durchgeführt. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären.
(2) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „S“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine standortbezogene Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die standortbezogene Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung in zwei Stufen durchgeführt. In der ersten Stufe prüft die zuständige Behörde, ob bei dem Neuvorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß den in Anlage 3 Nummer 2.3 aufgeführten Schutzkriterien vorliegen. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vorliegen, so besteht keine UVP-Pflicht. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, so prüft die Behörde auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien, ob das Neuvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele des Gebietes betreffen und nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde solche Umweltauswirkungen haben kann.
(3) Die Vorprüfung nach den Absätzen 1 und 2 entfällt, wenn der Vorhabenträger die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt und die zuständige Behörde das Entfallen der Vorprüfung als zweckmäßig erachtet. Für diese Neuvorhaben besteht die UVP-Pflicht. Die Entscheidung der zuständigen Behörde ist nicht anfechtbar.
(4) Zur Vorbereitung der Vorprüfung ist der Vorhabenträger verpflichtet, der zuständigen Behörde geeignete Angaben nach Anlage 2 zu den Merkmalen des Neuvorhabens und des Standorts sowie zu den möglichen erheblichen Umweltauswirkungen des Neuvorhabens zu übermitteln.
(5) Bei der Vorprüfung berücksichtigt die Behörde, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers offensichtlich ausgeschlossen werden. Liegen der Behörde Ergebnisse vorgelagerter Umweltprüfungen oder anderer rechtlich vorgeschriebener Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens vor, bezieht sie diese Ergebnisse in die Vorprüfung ein. Bei der allgemeinen Vorprüfung kann sie ergänzend berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die allgemeine Vorprüfung eröffnen, überschritten werden.
(6) Die zuständige Behörde trifft die Feststellung zügig und spätestens sechs Wochen nach Erhalt der nach Absatz 4 erforderlichen Angaben. In Ausnahmefällen kann sie die Frist für die Feststellung um bis zu drei Wochen oder, wenn dies wegen der besonderen Schwierigkeit der Prüfung erforderlich ist, um bis zu sechs Wochen verlängern.
(7) Die zuständige Behörde dokumentiert die Durchführung und das Ergebnis der allgemeinen und der standortbezogenen Vorprüfung.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 19. März 2010 geändert.
Der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2009 wird aufgehoben, soweit er die Windenergieanlagen WEA 5 und 6 betrifft.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger zur Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene jeweils zu einem Viertel. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen der Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur „wesentlichen Änderung von sieben Windkraftanlagen in der Windfarm T. “, soweit diese die Anlagen WEA 5 und 6 betrifft.
3Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Anwesens B. in T. , Gemarkung B1. , Flur , Flurstücke und . Das Grundstück liegt im bauplanungsrechtlichen Außenbereich am Südrand des im Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk N. (Teilabschnitt N1. , Teil 3: Eignungsbereiche für erneuerbare Energien/Windkraft, bekannt gemacht am 12. November 1998, GV.NRW. S. 606) dargestellten Windenergieeignungsbereichs WAF 11 und südlich der im Flächennutzungsplan der Stadt T. ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszone. Es ist mit einem Wohnhaus bebaut, das die Kläger selbst bewohnen, sowie Nebenanlagen, die im Wesentlichen der Pferdezucht und Pensionspferdehaltung der Kläger dienen.
4In den Jahren 2003 und 2004 erteilte der Landrat des Kreises Warendorf verschiedenen Bauherren Baugenehmigungen für die Errichtung von Windkraftanlagen an den Standorten, auf die sich die streitbefangene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung bezieht. Unter anderem wurden am 28. Januar 2003 zwei Windkraftanlagen mit 85 m Nabenhöhe, 70 m Rotordurchmesser und 1.800 kW Nennleistung (Typ Enercon E 66/18.70) auf den Grundstücken Gemarkung B1. Flur , Flurstück und Flur , Flurstück baurechtlich genehmigt. Dabei handelt es sich nach der Zählung des späteren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 5. Juli 2006, die auch im Folgenden verwendet wird, um die Standorte der WEA 5 und 6 (in der vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Gesamtübersicht: WEA lfd. Nr. 4 und 5). Diese Standorte liegen - ebenso wie die Standorte der weiteren mit der streitbefangenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung genehmigten Windkraftanlagen WEA 1 bis 4 und 7 - innerhalb des im o. g. Gebietsentwicklungsplan dargestellten Windeignungsbereichs WAF 11 und der - damit teilweise deckungsgleichen - im Flächennutzungsplan der Stadt T. (in der Fassung der 14. Änderung, rechtswirksam seit 22. März 2002) ausgewiesenen Konzentrationszone für Windenergie „B. /B2. “.
5Der Erteilung der Baugenehmigungen war für die Windkraftanlagen an den Standorten WEA 5, 6 und 8 eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorausgegangen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedürfe. Für die an den Standorten WEA 1, 2 und 3 baugenehmigten Windkraftanlagen liegt eine im November 2003 erstellte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls des Ing.-Büros d. vor. Diese kommt - unter Berücksichtigung der weiteren zu diesem Zeitpunkt genehmigten bzw. beantragten Windkraftanlagen, also auch der (damaligen) WEA 5, 6 und 8 - zu dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich sei.
6Die Baugenehmigungen galten ab dem 1. Juli 2005 als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fort (§ 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG). Die davon erfassten Anlagen wurden jedoch nie errichtet.
7Unter dem 25. Juli 2005 zeigte die Beigeladene als neue Vorhabenträgerin der Bezirksregierung gemäß § 15 BImSchG eine Änderung der sieben genehmigten Windkraftanlagen an, wonach nunmehr der technisch optimierte Anlagentyp E-70 E 4 errichtet werden solle. Auf Betreiben des Staatlichen Umweltamts N. wurde der Beigeladenen mitgeteilt, dass es sich bei der Umplanung um eine wesentliche Änderung handele, die gemäß § 16 BImSchG genehmigungsbedürftig sei.
8Unter dem 21. Dezember 2005 beantragte die Beigeladene die Erteilung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen gemäß § 16 BImSchG zur Änderung der Beschaffenheit der Windkraftanlagen WEA 1 bis 7 (lfd. Nr. 4 bis 10) an den Standorten, für die zuvor Baugenehmigungen für vergleichbar dimensionierte Anlagen erteilt worden waren, welche zwischenzeitlich kraft Gesetzes als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fortgalten. An die Stelle des bisher genehmigten Anlagentyps Enercon E-66/18.70 sollte nunmehr jeweils der Anlagentyp Enercon E-70 E 4, Nennleistung 2.000 kW, treten. In der Windkraftkonzentrationszone waren zu diesem Zeitpunkt bereits etliche Windkraftanlagen beantragt, z.T. auch genehmigt und errichtet (WEA lfd. Nr. 1, 12 bis 18 und 21).
9Im Rahmen einer als „standortbezogen“ bezeichneten Vorprüfung (vgl. § 3c UVPG) gelangte der Beklagte - trotz Bedenken der Anlieger einschließlich der Kläger - im Anschluss an die entsprechende Prüfung der Baugenehmigungsbehörde aus dem Jahr 2003 zu der Auffassung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Mit der geringfügigen technischen Optimierung der Windkraftanlagen, deren Standorte unverändert blieben, seien keine relevanten Umweltauswirkungen verbunden. Die Entscheidung wurde am 26. Juni 2006 bekannt gemacht.
10Durch Bescheid vom 5. Juli 2006 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Auflagen. Die von dieser Genehmigung erfassten WEA 1 bis 3 haben bei einer Nabenhöhe von 98,20 m und einem Rotordurchmesser von 71 m eine Gesamthöhe von 133,70 m. Die WEA 4 bis 7 haben bei einer Nabenhöhe von 85 m und einem Rotordurchmesser von 71 m eine Gesamthöhe von 120,50 m. Die dem Wohnhaus der Kläger nächstgelegene WEA 6 soll in einem Abstand von 352 m (197 m zur Grundstücksgrenze), die WEA 5 in einem Abstand von 624 m (472 m zur Grundstücksgrenze) errichtet werden.
11Gegen diese Genehmigung erhoben die Kläger Widerspruch. Sie legten ein von ihnen in Auftrag gegebenes „Vogelkundliches Gutachten für den Windkraft Eignungsbereich T. “ des Diplom-Landschaftsökologen H. vor und machten geltend, es bedürfe einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
12Mit Schreiben vom 27. September 2006 ordnete die Bezirksregierung die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides an. Mit Änderungsbescheid vom gleichen Tag berichtigte sie redaktionelle Fehler des Bescheids vom 5. Juli 2006.
13Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag der Kläger auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs hinsichtlich der WEA 6 insbesondere wegen einer möglichen optisch bedrängenden Wirkung dieser Anlage statt; im Übrigen lehnte es den Antrag ab (10 L 889/06). Auf die Beschwerde der Beigeladenen lehnte der Senat den Antrag mit Beschluss vom 25. Juli 2007 insgesamt ab (8 B 259/07). Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 hatte die Beigeladene nach gerichtlichem Hinweis darauf, dass die Nichtberücksichtigung der Vorbelastung durch andere Windkraftanlagen bei der Ermittlung der Gesamtbelastung nicht unproblematisch sei, auf die Genehmigung des Nachtbetriebs der WEA 6 in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr verzichtet.
14Die Windkraftanlagen WEA 1 bis 4 und 7 wurden sodann errichtet und im Juli 2008 in Betrieb genommen.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2009, zugestellt am 6. Februar 2009, wies der Beklagte - nach Durchführung einer Ortsbesichtigung - den Widerspruch der Kläger zurück.
16Die Kläger haben am 5. März 2009 Anfechtungsklage erhoben, die sie kurz darauf unter Rücknahme der Klage im Übrigen auf die Windkraftanlagen WEA 5 und 6 beschränkt haben.
17Sie haben geltend gemacht, die Genehmigung sei unter Verletzung der Verfahrensvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung zustande gekommen, weil eine Umweltverträglichkeitsprüfung und damit die Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens nach § 10 BImSchG rechtswidrig unterblieben seien. Aufgrund des vom Beklagten durchgeführten Screening-Verfahrens habe nicht ermessensfehlerfrei davon ausgegangen werden können, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben könne. Die im Jahr 2003 durchgeführte Vorprüfung sei unzureichend. Die Voraussetzungen, unter denen eine Vorprüfung schon vor Antrag auf Zulassung des jeweiligen Vorhabens erfolgen könne, lägen nicht vor. Zudem habe es sich lediglich um eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls gehandelt. Bei sieben genehmigten Anlagen wäre demgegenüber eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich gewesen. Aufgrund des räumlichen Zusammenhangs mit der Anlage des Herrn M. und sechs weiteren Anlagen der Q. GmbH seien insgesamt sogar 14 Windkraftanlagen bei der Vorprüfung in den Blick zu nehmen. Das Gebiet sei inzwischen im Hinblick auf das unverwechselbare Landschaftsbild mit seinen gebietsprägenden Riegelhecken und die natürliche Schutzfunktion des Biotops für die dort lebenden Wildtiere in die Förderkulisse des Kreiskulturlandschaftsprogramms aufgenommen worden. Es sei damit als - besonders schutzwürdiges - Biosphären-Reservat gemäß § 25 BNatSchG einzuordnen. Nach dem vogelkundlichen Gutachten vom 7. September 2006 handele es sich um ein Brut‑, Rast- und Rückzugsgebiet für zahlreiche gefährdete Vogelarten wie Rohrweihe, Kiebitz, Steinkautz, Wespenbussard und Rotmilan. Das Vorhaben entfalte auch eine erhebliche Barrierewirkung für Zugvögel. Den Verfahrensvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung komme drittschützende Wirkung zu. Die Kläger gehörten zu der geschützten betroffenen Öffentlichkeit, weil ihnen Nachteile von einigem Gewicht drohten. Sie betätigten sich im professionellen Reitsport und unterrichteten eine internationale Klientel an Reitschülern mit hohen Ansprüchen. Windkraftanlagen in den beabsichtigten Entfernungen von 150-200 m zu der Rennbahn der Kläger seien geeignet, die Reiter und Hochleistungspferde abzulenken und zu stören. Die Anlagen verstießen schließlich gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil sie optisch bedrängend wirkten. Vom Wohnhaus der Kläger aus liege nur noch in einer Himmelsrichtung keine Windenergieanlage im Blickfeld.
18Die Kläger haben beantragt,
19den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 5. Juli 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. September 2006 und des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 aufzuheben, soweit die Windenergieanlagen 5 und 6 betroffen sind, welche dem Anwesen der Kläger am nächsten gelegen sind.
20Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Der Beklagte hat geltend gemacht, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Die im Jahr 2006 genehmigten Änderungen der bestandskräftig baugenehmigten Windkraftanlagen seien mit Bezug auf die Umweltauswirkungen geringfügig gewesen. Ungeachtet dessen ergebe sich auch unter Geltung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes allein aus dem Unterbleiben einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung keine Klagebefugnis. Erforderlich sei eine materiell-rechtliche Rechtsverletzung des Nachbarn, an der es hier fehle.
23Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie aufrecht erhalten worden ist, durch Urteil vom 19. März 2010 abgewiesen.
24Gegen das Urteil haben die Kläger die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nachträglich durchgeführt und am 30. August 2013 vorgelegt. Diese untersucht u. a. im Rahmen einer Artenschutzprüfung eine mögliche Gefährdung von Vögeln und Fledermäusen und kommt zu dem Ergebnis, dass eine eingehendere Betrachtung erheblicher Umwelteinwirkungen im Wege einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Um die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Anforderungen sicherzustellen, seien jedoch nachträglich Nebenbestimmungen in die Zulassung aufzunehmen.
25Mit Änderungsbescheid vom 13. November 2013 ist der Genehmigungsbescheid entsprechend dem Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung gemäß § 12 BImSchG mit zusätzlichen Nebenbestimmungen versehen worden. Danach ist zum Schutz der örtlichen Population der Rohrweihe im Rahmen des Risikomanagements mindestens 2 Jahre vor Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 (lfd. Nr. 4 und 5) südwestlich des Windparks T. in mindestens 1000 Meter Entfernung von der nächstgelegenen Windkraftanlage ein näher umschriebenes Ablenkungshabitat anzulegen (IV. 7. 1.). Nach Errichtung und Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 ist im Bereich aller Windkraftanlagen der Beigeladenen in der Brut- und Zugzeit von Anfang März bis Ende Oktober ein fünfjähriges Monitoring (Bruterfolg, Schlagopfersuche, Annahme des Ablenkungshabitats) für die Rohrweihe durchzuführen. Sollte dieses ein erhöhtes Kollisionsrisiko ergeben, sind entsprechende Abschaltzeiten in der Brut- oder Zugzeit oder in bestimmten Stadien der Bewirtschaftung der umliegenden Felder festzulegen, wenn nicht der Schutz der Rohrweihe durch anderweitige Maßnahmen sichergestellt werden kann (IV. 7. 2.). Zum Schutz des Kiebitz’ ist vor Errichtung der WEA 5 und 6 für jedes der 6 festgestellten Brutpaare eine mindestens 1,5 ha große Extensivgrünlandfläche mit einer mindestens 0,3 ha großen Blänke anzulegen (IV. 7. 3.). Die Errichtung der WEA 5 und 6 sowie alle vorbereitenden Maßnahmen vor Ort sind nur außerhalb der Brutzeit vom 15. März bis 15. Juni erlaubt (IV. 7. 4.). Zum Schutz von Fledermäusen ist nach Errichtung und Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 im Bereich aller Windkraftanlagen der Beigeladenen in der Zeit von Anfang April bis Ende Oktober ein dreijähriges akustisches Monitoring durchzuführen. In der Folge sind – sofern aufgrund der Ergebnisse erforderlich – geeignete Maßnahmen (Abschaltalgorithmen) zur Verminderung des Kollisionsrisikos zu treffen (IV. 7. 5.).
26Am 15. November 2013 sind die Nachholung und das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung im Amtsblatt für den Regierungsbezirk N. , in der örtlichen Presse und auf der Internetseite der Bezirksregierung N. bekannt gemacht worden.
27Zur Begründung der Berufung haben die Kläger zunächst auf ihr Zulassungsvorbringen und den Zulassungsbeschluss des Senats Bezug genommen. Sie könnten gemäß § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung verlangen, weil der Beklagte - auch der Sache nach - keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls, sondern lediglich eine standortbezogene Vorprüfung vorgenommen habe. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz sei in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Ein Artikel aus der Welt am Sonntag belege das Bedürfnis, gerade auch Anliegern als betroffener Öffentlichkeit einen eigenen Aufhebungsanspruch gegen Genehmigungen zuzubilligen.
28Ergänzend tragen die Kläger vor: Die UVP-Vorprüfung sei nicht wirksam nachgeholt worden. Der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck könne im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr erreicht werden, wenn das angefochtene Vorhaben vor Nachholung des Verfahrensschritts bereits ganz oder teilweise ausgeführt und es hierdurch zu Umweltauswirkungen der Art gekommen sei, dass es nun nichts mehr zu schützen gebe. Es müsse ermittelt werden und noch ermittelbar sein, ob das Projekt vor Erteilung der Genehmigung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte unterzogen werden müssen. Nach Errichtung von Windkraftanlagen und Aufnahme ihres Betriebs könne jedoch nicht mehr festgestellt werden, ob dies bereits zu einem Wegzug windenergieempfindlicher, planungsrelevanter Vogelarten geführt habe. Zentrales Anliegen der UVP-Richtlinie sei die frühzeitige Teilhabe und Information der betroffenen Öffentlichkeit. Eine unbegrenzte Nachholungsmöglichkeit öffne einer Umgehung Tür und Tor.
29Jedenfalls entspreche auch die nachgeholte UVP-Vorprüfung nicht den Vorgaben des § 3c UVPG. Sie stelle fehlerhaft nicht auf den Zustand vor Errichtung aller sieben genehmigten Windkraftanlagen ab, sondern auf den jetzigen Zustand. Die deutliche Prägung des Gebiets von Anlagen zur Windenergienutzung, von der die Vorprüfung ausgehe, sei erst durch die aufgrund des streitgegenständlichen Genehmigungsbescheids errichteten Anlagen entstanden. Die Aufnahme des betroffenen Gebiets in das Kreiskulturlandschaftsprogramm des Kreises X. sei nicht berücksichtigt worden. Gleiches gelte für das vogelkundliche Gutachten des Sachverständigen H. , das über das Arteninventar zum - maßgeblichen - Zeitpunkt vor Ausführung des Vorhabens Aufschluss gebe. Es habe 26 Brutpaare Kiebitze nachgewiesen, damit habe sich der gesamte Bestand inzwischen um ¾ reduziert. Der Bestand an Rohrweihen sei vermutlich bereits zum Zeitpunkt der damaligen Begutachtung durch Tötungen infolge Kollisionen dezimiert gewesen. Die Bezirksregierung habe selbst einen so gravierenden Eingriff in die Avifauna festgestellt, dass zu dessen Vermeidung die Genehmigung nachträglich mit umfangreichen Auflagen zum Vogelschutz habe versehen werden müssen. Unter derartigen Umständen seien die Auswirkungen eines Vorhabens nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch als erheblich einzustufen, soweit nicht bereits im Antrag des Vorhabenträgers Vermeidungs- oder Verminderungsmaßnahmen enthalten seien, die nachteilige Umweltauswirkungen offensichtlich ausschlössen.
30Die Kläger beantragen,
31unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts N. den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung N. vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2009 aufzuheben, soweit er die Windenergieanlagen WEA 5 und 6 betrifft.
32Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Der Beklagte macht geltend, die streitbefangenen Windkraftanlagen befänden sich in ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszonen, bei deren Festsetzung bereits naturschutzfachliche Belange berücksichtigt worden seien. Im Rahmen der vorausgegangenen Baugenehmigungsverfahren seien standortbezogene Prüfungen des Einzelfalls durchgeführt worden. Dabei seien deutlich mehr als nur standortbezogene Kriterien untersucht worden.
35Jedenfalls sei die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls wirksam nachgeholt worden. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz sehe die Nachholbarkeit ausdrücklich vor. Von einer bewussten Umgehung der verfahrensrechtlichen Anforderungen könne nicht die Rede sein. Die beiden streitbefangenen Anlagen seien noch nicht errichtet. Wirkungen von bestandskräftig genehmigten Anlagen könnten an der grundsätzlichen Möglichkeit von Nachbetrachtungen der Auswirkungen noch nicht umgesetzter Anlagenzulassungen nichts ändern. Die Nachholung sei auch rechtzeitig erfolgt. § 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG verweise auf § 45 Abs. 2 VwVfG des Bundes, der die Heilung von Verfahrensfehlern bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zulasse.
36Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei zutreffend für entbehrlich gehalten worden. Die streitbefangenen Windkraftanlagen lägen keineswegs in einem Biosphärenreservat gemäß § 25 BNatSchG. Der fragliche Bereich in T. unterliege keiner Schutzgebietskategorie. Bei dem Kreiskulturlandschaftsprogramm XY handele sich um ein reines Förderprogramm, ein Instrument des Vertragsnaturschutzes auf freiwilliger Basis, das auf die Genehmigungsfähigkeit von Windkraftanlagen keinen Einfluss habe.
37Der Nachbetrachtung sei zutreffend die aktuelle Erkenntnislage zugrunde gelegt worden. Da die beiden Anlagen noch nicht errichtet seien, würde eine Nachbetrachtung ohne Berücksichtigung der aktuell verfügbaren Erkenntnisse über den Zustand des Standortes die Prüfung unzulässig verkürzen. Etwaige artenschutzrechtliche Defizite, die einer Genehmigungserteilung im Juli 2006 entgegengestanden hätten, nunmehr aber weggefallen seien, könnten eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung betreffend die WEA 5 und 6 nicht begründen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Anfechtungsklage sei hier wie sonst der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Damit sei auch die Kritik an der Nichtberücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen H. aus dem Jahr 2006 unberechtigt. Mit dem d. -Gutachten, das eine ausführliche Art-für-Art Betrachtung nach heutigen Standards enthalte, hätten der Bezirksregierung zeitnähere Daten (betreffend Avifauna, Fledermäuse) zur Verfügung gestanden.
38Ungeachtet dessen treffe die Behauptung nicht zu, dass es aufgrund der Errichtung der weiteren Anlagen nun nichts mehr zu schützen gebe. Vielmehr habe die Anzahl der vorhandenen Vogelarten offenbar zugenommen. Nach den Ergebnissen der vorliegenden avifaunistischen Gutachten sei auszuschließen, dass die Realisierung von Windenergieanlagen zwischen dem Datum der angefochtenen Zulassung (5. Juli 2006) und dem 30. August 2013 als Datum der Nachbetrachtung Wirkungen gezeitigt habe, die zu einem stark veränderten bzw. ausgedünnten Zustand der vorhandenen Fauna geführt hätte. Der starke Rückgang der Kiebitzpopulationen belege nichts Gegenteiliges. Der Rückgang des Brutvogelbestandes beim Kiebitz sei nicht Folge seiner Windenergieempfindlichkeit, sondern gehe auf eine immer intensiver durchgeführte Landbewirtschaftung zurück. Die geänderte Genehmigung sehe nach den naturschutzrechtlichen Vorgaben ausreichende Vorkehrungen gegen eine Beeinträchtigung der Kiebitzpopulationen durch die Errichtung und den Betrieb der beiden streitgegenständlichen Windenergieanlagen vor.
39Im Übrigen sei zweifelhaft, ob ein bloßes Individualinteresse an der Aufhebung einer Genehmigung ausreichen könne, um jedweden Mangel im Rahmen einer Prüfung auf Umweltverträglichkeit geltend zu machen. Auf Mängel der Artenschutzbetrachtung könnten sich die Kläger (auch) in diesem Zusammenhang keinesfalls umfassend berufen; allenfalls wesentliche Fehler könnten rügefähig sein.
40Die Beigeladene ist der Auffassung, das Umweltrechtsbehelfsgesetz sei bereits in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbar. Unabhängig davon könnten die Kläger aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 UmwRG keinen selbstständigen Aufhebungsanspruch herleiten. Dabei handele es sich um eine reine Fehlerfolgenregelung, mit der eine Subjektivierung von UVP-Fehlern nicht einhergehe. Die standortbezogene Vorprüfung durch den Kreis X. sei ausreichend. Es handele sich im Vergleich zum Baugenehmigungsverfahren nur um einen Änderungsantrag und damit weiterhin um dasselbe Verfahren.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung N. und des Kreises X. Bezug genommen.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
43Die Berufung der Kläger hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Den Klägern steht ein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu.
44I. Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Sie können geltend machen, durch den der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung N. vom 5. Juli 2006 in der Fassung ihrer Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung N. vom 3. Februar 2009 (im Folgenden: Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006), soweit er die Windkraftanlagen (WEA) 5 und 6 betrifft, in ihren Rechten verletzt zu sein.
451. Die Kläger können geltend machen, die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genüge nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG, weil sie nicht den Vorgaben von § 3c UVPG entsprochen habe und das Ergebnis nicht nachvollziehbar sei. Dieses Rügerecht ergibt sich aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG, der im Lichte des - individualschützende Verfahrensrechte verleihenden - Unionsrechts auszulegen ist.
46Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - einschließlich der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG - findet auf den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid Anwendung (a). Die Kläger können sich in Anwendung der genannten Vorschriften auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls auch unabhängig von einer möglichen Verletzung materieller subjektiver Rechte berufen (b).
47a) Der sachliche Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet, weil infolge der von §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3 c Satz 1 UVPG angeordneten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG bestehen kann (siehe näher unten zu II. 1.).
48Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Es gilt nach § 5 Abs. 1 UmwRG für Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Unerheblich ist, dass diese Vorschrift gegen die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten verstößt, soweit sie Verfahren von der Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ausschließt, die vor dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind, in denen aber erst nach diesem Zeitpunkt eine Genehmigung erteilt wurde.
49Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 21-31; vgl. auch das von der Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland am 21. März 2014 eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren, C-137/14, ABl. C 159/16, juris.
50Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UmwRG sind bereits unabhängig von dieser unionsrechtlich gebotenen Erweiterung erfüllt. Der Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist unter dem 21. Dezember 2005 - und damit nach dem Stichtag - gestellt worden. Entgegen der Ansicht des Beigeladenen handelt es sich bei diesem Genehmigungsverfahren um ein gegenüber den vorangegangenen Baugenehmigungsverfahren eigenständiges Verfahren, weil ersteres andere Anlagen und damit ein anderes Vorhaben zum Gegenstand hat.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2007 ‑ 8 B 259/07 -, Abdruck S. 6.
52§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, wonach die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens auch verlangt werden kann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt, ist hier anwendbar, obwohl die Regelung erst durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 mit Wirkung vom 29. Januar 2013 - und damit nach Erhebung der Klage - in das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz eingefügt worden ist (BGBl. I, S. 95). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12. Mai 2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG; der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG fordern. Zudem wird durch die neu geschaffene Vorschrift, die gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Kläger entsprechend gilt, lediglich die schon bisher geltende Rechtslage klargestellt.
53Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 33 f. und 40; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30. Oktober 2014 - 10 S 3450/11 -, juris Rn. 58; BT‑Drs. 17/10957, S. 17 f.
54b) Die Kläger können sich auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls auch unabhängig von einer Betroffenheit in eigenen materiellen Rechten berufen. § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG räumt ihnen ein selbstständig durchsetzbares, absolutes Verfahrensrecht ein. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die genannten Regelungen ausschließlich die Begründetheit des Rechtsbehelfs betreffen, der Kreis der nach bisherigem nationalen Recht Klagebefugten aber nicht erweitert wird.
55So BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 ‑ 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 501, juris Rn. 20; vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367, juris Rn. 21 ff.; und vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205, juris Rn. 41; Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 -, BauR 2013, 2014, juris Rn. 9 ff.; ebenso OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl. 2014, 185, juris Rn. 33; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 11. April 2014 - 5 S 534/13 -, NVwZ-RR 2014, 634, juris Rn. 41 ff., und vom 30. Oktober 2014 - 10 S 3450/11 -, juris Rn. 40; anders bereits OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, NWVBl. 2014, 472, juris Rn. 19 ff.; ähnlich VG Aachen, Beschluss vom 28. November 2014 - 3 L 224/13 -, juris Rn. 10 ff.
56Die UVP-Richtlinie und Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention gebieten eine Auslegung des nationalen Rechts, die die durch die Richtlinie verliehenen Verfahrensrechte als individualschützend anerkennt und ihre prozessuale Durchsetzbarkeit gewährleistet. Im Lichte dieser Regelungen sind der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen Rügerechte zuzuerkennen.
57Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 36, 38 und 47.
58Gefordert ist ein weiter und effektiver Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben. Dieser wird allein durch die Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen ‑ objektiv-rechtlich verstandener - UVP-Verfahrensfehler, von der die Gegenmeinung ausgeht, nicht hinreichend gewährleistet. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
59Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 46 Rn. 8, 18.
60Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbstständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
61Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565, juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593, juris Rn. 56 ff.
62Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
63Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 48.
64Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
65Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673, juris Rn. 47.
66Diesen Anforderungen ist nur dann hinreichend Rechnung getragen, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig - auf der Ebene der Zulässigkeit eine entsprechende Klagebefugnis zusteht.
67vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045, Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673, juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
68Die Verfahrensvorschriften der UVP-Richtlinie sind damit bei unionsrechtskonformer Auslegung Schutznormen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Derartige individualschützende Verfahrensrechte sind zwar im deutschen Verwaltungsrecht die Ausnahme, sie sind diesem aber nicht gänzlich fremd. Ihre Anerkennung im vorliegenden Zusammenhang bewirkt daher nur eine Erweiterung, die sich ohne größeren Bruch in das System des subjektiven Rechtsschutzes einfügen lässt.
69Vgl. etwa Ziekow, NuR 2014, 229, 234; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 33 ff., 157 ff.; Gärditz, VwGO, 2013, § 42 Rn. 68 - 70.
70Die von der Gegenauffassung vorgenommene Entkoppelung von Zulässigkeits- und Begründetheitsprüfung im Rahmen der Drittanfechtungsklage stellt demgegenüber einen deutlicheren Eingriff in das deutsche Rechtsschutzsystem dar.
71So auch Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 143; Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045; S. a. Appel, NVwZ 2010, 473, 476.
72Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 ‑ 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64, juris Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
74An diesen unionsrechtlichen Befund hat der Gesetzgeber bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG angeknüpft.
75Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drs. 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
76Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
77Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff., juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565, juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855, juris Rn. 32.
78Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbstständig durchsetzbaren, subjektiven Rechtsposition, die eine Klagebefugnis vermitteln kann.
79Für die ab dem 29. Januar 2013 geltende, hier bereits anwendbare (s.o.) Fassung des § 4 Abs. 1 UmwRG wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG unmissverständlich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
80Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/10957, S. 17; dazu auch Sauer, ZUR 2014, 195, 200; a. A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11. April 2014 - 5 S 534/13 -, NVwZ-RR 2014, 634, juris Rn. 45.
81Die Befürchtung, dass es bei einer derartigen Subjektivierung von Verfahrensrechten zu versteckten Popularklagen kommen könne,
82vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 ‑ 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573, juris Rn. 20 ff.,
83ist unbegründet. § 4 Abs. 3 UmwRG regelt zwar nicht, welche der von der von der Vorschrift begünstigten „Beteiligten“ nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO klagebefugt sein sollen. Da die Vorschrift der Umsetzung von Unionsrecht dient, muss sie allerdings in dessen Lichte ausgelegt werden. Nach der UVP-Richtlinie ist nicht jedermann an der Umweltverträglichkeitsprüfung zu beteiligen, sondern die „betroffene Öffentlichkeit“. Diese wurde durch Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (ABl. L 156, S. 17) erstmals definiert als „die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren (…) betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran (…)“. In Umsetzung dieser Vorgaben bestimmt § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG, dass natürliche und juristische Personen „betroffene Öffentlichkeit“ sind, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Betroffenheit in diesem Sinne wird grundsätzlich durch einen räumlichen Bezug zum Wirkungsbereich der Immissionen bestimmt sein. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente setzt die Zulässigkeit der Klage zumindest voraus, dass der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
84Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 ‑ 7 C 21/12 -, NVwZ 201, 64, juris Rn. 45; Generalanwältin Kokott, Schlussanträge Grubervom 13. November 2014 - C-570/13 -, EU:C:2014:2374, juris Rn. 35 ff. („Nachbarn“); Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m. w. N.; enger Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 217 ff.
85Einer näheren Konkretisierung und Eingrenzung bedarf es anlässlich des vorliegenden Falles nicht. Die Kläger gehören in jedem Fall zur klagebefugten „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne von § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG. Die angefochtene Genehmigung zweier Windkraftanlagen, in deren Einwirkungsbereich ihr Grundstück mit der darauf stattfindenden Wohnnutzung und beruflichen Betätigung liegt, berührt zweifellos ihre Belange (vgl. näher unter 2., wonach sogar das engere Kriterium einer Betroffenheit in materiellen subjektiven Rechten erfüllt ist).
862. Unabhängig von dem Vorstehenden können die Kläger geltend machen, durch die angefochtene Genehmigung in eigenen materiellen Rechten verletzt zu sein. Anknüpfungspunkt für eine derartige Rechtsverletzung ist § 5 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für die Nachbarn drittschützend.
87Als Nachbarn einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage sind alle Personen, die sich auf Dauer im Einwirkungsbereich der Anlage aufhalten, oder Eigentümer von Grundstücken im Einwirkungsbereich der Anlage anzusehen. Das von den Klägern bewohnte Grundstück B. liegt im Einwirkungsbereich der beiden streitbefangenen, 120,50 m hohen Windkraftanlagen. Jedenfalls für die WEA 5 ist angesichts der Abstands von etwas weniger als der dreifachen Anlagenhöhe zum Wohnhaus der Kläger eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht von vornherein ausgeschlossen. Auch die WEA 6 befindet sich mit einem Abstand von 624 m zum Wohnhaus der Kläger bzw. 472 m zur Grundstücksgrenze - auch angesichts des kumulierenden Effekts mit den weiteren in der Nähe befindlichen Windkraftanlagen - noch nicht in einer derartigen Entfernung, dass von einer Prüfung der Einhaltung der maßgeblichen Lärmgrenzwerte und Zumutbarkeit der optischen Wirkung auf das Grundstück der Kläger von vornherein abgesehen werden könnte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sie dieses nicht nur selbst bewohnen, sondern darüber hinaus auf den den WEA 5 und 6 zugewandten Flächen Pferdehaltung und -zucht sowie professionellen Reitunterricht betreiben.
88II. Die Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006, soweit er die Windkraftanlagen WEA 5 und 6 betrifft, ist auch begründet.
89Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer auf Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichteten Anfechtungsklage der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung.
90Vgl. zur baurechtlichen Nachbarklage OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, NWVBl. 2008, 228, juris Rn. 47 ff.; a. A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7. August 2014 - 10 S 1853/13 -, NVwZ-RR 2015, 18, juris Rn. 6; Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431, juris Rn. 60 ff.
91Spätere Änderungen zu Lasten des Betreibers haben außer Betracht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen.
92Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179, juris Rn. 3.
93Diese Grundsätze schließen es nicht aus, im Rahmen einer solchen Drittanfechtungsklage nachträglich gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
94Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2010 ‑ 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris Rn. 18.
95Der Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er leidet an einem Verfahrensfehler, der zur Aufhebung der Genehmigung führt, soweit diese noch angefochten ist.
96Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Voraussetzungen dieser Regelung, die nach § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO - und damit für die Kläger - gilt, liegen hier vor.
97Das Vorhaben unterliegt gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG, § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (dazu 1.). Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genügt nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (dazu 2.). Der Verfahrensfehler ist nicht durch die im Berufungsverfahren nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls geheilt worden (dazu 3.). Er begründet für die Kläger einen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung betreffend die WEA 5 und 6 und verletzt sie auch in ihren Rechten (4.).
981. Das Vorhaben - die Änderung bzw. Erweiterung einer bestehenden Windfarm durch Errichtung und Betrieb von sieben Windenergieanlagen des Anlagentyps Enercon E-70 E4, Rotordurchmesser 71 m, Nennleistung 2.000 kW - unterliegt gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG. Nach § 3e Abs. 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn 1. in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder 2. eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; in die Vorprüfung sind auch frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung dieses Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist. Die Vorprüfungspflicht folgt auch aus § 1 Abs. 3 1. Halbsatz 2. Alt. der 9. BImSchV, der im Lichte des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG auszulegen ist.
99Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: August 2014, § 3e UVPG, Rn. 3, der weitergehend von einer Spezialität des § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV ausgeht, dagegen VG Osnabrück, Beschluss vom 21. Dezember 2011 ‑ 2 B 16.11 -, NuR 2012, 362, juris Rn. 57; siehe auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155, juris Rn. 30, 31; OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 8 C 22.07.AK -, juris Rn. 66.
100Vorliegend handelt es sich um die Änderung eines bestehenden UVP-pflichtigen Vorhabens, für die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG die Verpflichtung zur Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls besteht. Die sieben mit Bescheid vom 24. Oktober 2005 genehmigten Windenergieanlagen der HelveticWind T. GmbH (bzw. zum Genehmigungszeitpunkt: Q. GmbH) im östlichen Bereich der Windvorrangzone und die sieben genehmigten, aber nicht errichteten Vorgängeranlagen an den Standorten, auf die sich die angefochtene Änderungsgenehmigung bezieht, sowie die im Mai 1999 baugenehmigte WEA lfd. Nr. 1 (L. ) und die Ende Januar 2003 baugenehmigte WEA lfd. Nr. 3 bildeten zusammen eine Windfarm (a), die als bestehendes UVP-pflichtiges Vorhaben im Sinne des § 3e UVPG anzusehen ist (b). Gegenstand des angefochtenen Genehmigungsbescheids ist eine Änderung dieser Windfarm (c), die dem Erfordernis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegt (d).
101a) Die 16 genannten Windkraftanlagen bilden als sogenannte Windfarm das Ausgangsvorhaben im Sinne des § 3e UVPG.
102Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die ‑ unabhängig von der Zahl der Betreiber - einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
103Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182, juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007), juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff., Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, juris Rn. 12; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u. a. -, NVwZ 2007, 1213, juris Rn. 23.
104Ein solcher Zusammenhang ist zwischen den Windkraftanlagen WEA 1, 2 und 3 und WEA 4, 5, 6 und 7 jeweils untereinander schon aufgrund der geringen Abstände der Anlagen innerhalb der beiden Gruppen gegeben. Der Abstand zu den jeweils benachbarten Anlagen beträgt insoweit in allen Fällen weniger als 350 m. Der für die Annahme einer Windfarm erforderliche räumliche Zusammenhang liegt aber auch zwischen den beiden Gruppierungen und darüber hinaus mit den weiteren in der genehmigten Windkraftanlagen der I. T. GmbH (WEA lfd. Nr. 12-18) und des Betreibers L. (WEA lfd. Nr. 1) vor. Zwar ist der kürzeste Abstand zwischen der westlichen und der - zahlenmäßig größeren - östlichen Anlagengruppe mit etwa einem Kilometer (WEA 6 zur WEA 3) größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 710 m.
105Dieser Abstand ist jedoch nicht von vornherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Solche besonderen Umstände liegen hier vor.
106Alle genannten Windkraftanlagen befinden sich innerhalb derselben bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszone. Der geometrische Schwerpunkt liegt in etwa in der Mitte der einzelnen Anlagengruppen. Die Genehmigungsverfahrensakten enthalten hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen aller Anlagen summieren. Dies ist vor allem hinsichtlich der Lärmimmissionen der Fall und ergibt sich insoweit aus den Nachberechnungen zur Schallimmissionsprognose vom 10. April 2006 und 4. Januar 2007. Diese betreffen zwar bereits die WEA 1 bis 7 als Nachfolgemodelle der zuvor baugenehmigten Anlagen. Für die Frage, welche Windkraftanlagen eine Windfarm bilden, macht dies aber angesichts der unveränderten Standorte keinen Unterschied. Mehrere der maßgeblichen Immissionspunkte befinden sich gerade zwischen den beiden Anlagengruppen; die Gesamtbelastung setzt sich dort aus den Immissionen aller Anlagen zusammen. Dementsprechend ist auch der Beklagte im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren davon ausgegangen, dass alle in der Windvorrangfläche befindlichen Anlagen eine Windfarm bilden (vgl. Genehmigungsbescheid S. 26; ebenso nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, S. 1). Bereits im Genehmigungsbescheid vom 20. April 2005, S. 30, betreffend einen Teil der ‑ östlich gelegenen - Windenergieanlagen der Q. GmbH sind diese im Verhältnis u. a. zu den baugenehmigten Vorgängern der WEA 1 bis 7 als eine einheitliche Windfarm betrachtet worden. Darin ist etwa bei den hinsichtlich der WEA lfd. Nr. 15 getroffenen Regelungen zum Ausschluss eines Schattenwurfs auch das Wohnhaus der Kläger als Immissionsort einbezogen worden.
107b) Die aus (zumindest) den genannten 16 Windkraftanlagen bestehende Windfarm ist ein UVP-pflichtiges Vorhaben im Sinne des § 3e UVPG. Entscheidend ist, ob das bereits bestehende Vorhaben einer UVP-Pflicht unterliegt. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob es tatsächlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wurde.
108Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 1. Juni 2010 - 12 LB 31/07 -, DVBl. 2010, 1039, juris Rn. 37; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 9 ff.
109Die UVP-Pflicht liegt dabei nicht nur dann vor, wenn es sich bei dem Ausgangsvorhaben um ein „X-Vorhaben“ nach Spalte 1 der Anlage 1 handelt. Sie kann sich vielmehr auch daraus ergeben, dass bei einem vorprüfungsbedürftigen Grundvorhaben eine Einzelfallprüfung mit positivem Ergebnis durchgeführt worden ist. An diese Feststellung der UVP-Pflicht kann wieder angeknüpft werden, wenn das Grundvorhaben später geändert oder erweitert werden soll.
110Vgl. Sangenstedt, a. a. O., § 3e UVPG, Rn. 10.
111So liegt der Fall hier. Im Genehmigungsverfahren der sieben im östlichen Bereich der Vorrangzone gelegenen Windkraftanlagen der damaligen Betreibergesellschaft Q. GmbH (genehmigt durch Bescheide vom 20. April bzw. 24. Oktober 2005) ist nach Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung für erforderlich gehalten und durchgeführt worden. Bei dieser sind zehn weitere, seinerzeit genehmigte Anlagen als Vorbelastung berücksichtigt worden, darunter jedenfalls auch die an den Standorten WEA 1 bis 8 baugenehmigten Windkraftanlagen. Im Genehmigungsbescheid vom 24. Oktober 2005 (S. 33) wird hierzu ausgeführt, aufgrund der möglichen Einwirkung auf benachbarte Waldflächen und schützenswerte Bereiche, insbesondere auch Brutgelege für Vögel, sowie der durch die nunmehr insgesamt 17 Windenergieanlagen in der Windvorrangfläche angewachsene Zahl der Windenergieanlagen sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung geboten gewesen.
112c) Das mit dem angefochtenen Bescheid genehmigte Vorhaben ist eine Änderung (bzw. Erweiterung) einer UVP-pflichtigen Windfarm im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG.
113Isoliert betrachtet stellt sich das Vorhaben, anstelle der zuvor genehmigten sieben Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 66/18.70 (Rotordurchmesser 70 m, Nennleistung 1800 kW) nunmehr jeweils einen anderen, leistungsoptimierten Anlagentyp (Enercon E 70 E-4, Rotordurchmesser 71 m, 2000 kW) zu errichten, allerdings nicht als Änderung, sondern als Neuerrichtung dar. Der Ersatz von alten Windenergieanlagen durch leistungsstärkere neuere Anlagen richtet sich nach denselben rechtlichen Regeln wie die Neuerrichtung von Anlagen. Denn mit der Beseitigung einer alten Anlage erlischt deren Bestandsschutz.
114Vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 1. Aufl. 2009, Rn. 466; OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Juli 2013 ‑ 12 ME 37/13 -, NuR 2013, 894, juris Rn. 14; siehe auch BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 32.
115Nichts anderes kann gelten, wenn die zunächst genehmigten Anlagen - wie hier - nie errichtet worden sind. In beiden Fällen geht es um die Errichtung eines neuen und anders gearteten, von der bisherigen Genehmigung nicht umfassten Anlagetyps, der regelmäßig nur als Ganzes unter Verzicht auf die Realisierung der zuvor genehmigten Anlagen - und nicht im Wege einer Änderung derselben - errichtet werden kann. Das schließt nicht aus, dass auf eine für das nicht realisierte Vorhaben durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung oder -vorprüfung im neuen Genehmigungsverfahren zurückgegriffen werden kann.
116Um ein Änderungsvorhaben im Sinne des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG handelt es sich hier deshalb, weil auch bei einem Hinwegdenken der zu ersetzenden baugenehmigten Windenergieanlagen noch eine Windfarm vorhanden ist, zu der sieben weitere Windenergieanlagen hinzutreten. Dies gilt ungeachtet dessen, dass eine derartige - hier sogar betreiberübergreifende - Erweiterung einer Windfarm immissionsschutzrechtlich keinen Fall der Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG darstellt. Denn die 4. BImSchV knüpft seit der zum 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Neufassung nur noch an die einzelne Windenergieanlage und - anders als das UVP-Gesetz - nicht mehr an das Vorliegen einer Windfarm an.
117Vgl. näher Wustlich, NVwZ 2005, 996 ff.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: 1. August 2014, § 1 4. BImSchV, Rn. 26; anders zur früheren Rechtslage BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 4 C 3.04 -, BVerwGE 122, 117, juris Rn. 23.
118d) Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht für diese Änderung (in Form der Erweiterung) eine UVP-Pflicht, wenn eine (allgemeine) Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung bzw. Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Da es sich hierbei um eine Rechtsfolgeverweisung handelt, ist die im Rahmen von § 3c Satz 1 und 2 i. V. m. Anlage 1 Spalte 2 getroffene Differenzierung nach Schwellenwerten für die A- und S‑Vorhaben in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist somit unabhängig davon durchzuführen, ob die betreffenden Änderungen oder Erweiterungen die Prüfwerte für ein entsprechendes A‑Vorhaben erreichen.
119Vgl. Dienes, in: Hoppe/Beckmann (Hrsg.), UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3e UVPG, Rn. 11; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: August 2014, § 3e UVPG, Rn. 22; a. A. Kutscheidt/Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: 1. August 2014, § 1 9. BImSchV, Rn. 12.
1202. Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung genügt den rechtlichen Anforderungen an die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (§§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG) nicht.
121Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit unterliegt gemäß § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle unterbleiben, ist im gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat.
122Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 32.
123Anknüpfend an diese der zuständigen Behörde in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren unter anderem daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst und ob das anzuwendende Recht verkannt wurde. Der Anwendung von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG steht nicht entgegen, dass die Vorschrift nach Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95) erst am 29. Januar 2013 und damit nach Klageerhebung in Kraft getreten ist (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG, dazu näher oben unter I. 1. a).
124Gemessen daran ist die vor Erlass des angefochtenen Genehmigungsbescheides durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls nicht entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und das Ergebnis deshalb nicht nachvollziehbar. Die Genehmigungsbehörde hat bei der Durchführung der Vorprüfung das anzuwendende Recht verkannt, indem sie Gegenstand und Reichweite der gemäß §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG durchzuführenden allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unzutreffend bestimmt hat (a). Darüber hinaus sind naheliegende Umweltauswirkungen in der Vorprüfung nicht ermittelt und betrachtet worden (b).
125a) Gegenstand dieser Vorprüfung ist die Frage, welche nachteiligen Umweltauswirkungen mit der Erweiterung verbunden sind. Denn nach dem Halbsatz 1 des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ist die Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (nur) auf die Feststellung ausgerichtet, ob (gerade) die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.
126Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 ‑ 8 D 22/07.AK -, juris Rn. 93 f.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155, juris Rn. 30 ff. (zu § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG).
127Darüber hinaus sind frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens in die Vorprüfung einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung des UVP-Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz UVPG).
128Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 - 20 D 7/09.AK -, DVBl. 2014, 185, juris Rn. 146 ff.
129Die nach der Änderung oder Erweiterung fortbestehenden Umweltauswirkungen des Grundvorhabens sind nicht Gegenstand der UVP-Vorprüfung; sie sind vielmehr bei der Vorprüfung hinsichtlich des Änderungs- bzw. Erweiterungsvorhabens (lediglich) als Vorbelastung zu berücksichtigen. Eine Empfehlung der Umweltausschüsse von Bundestag und Bundesrat, § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ausdrücklich dahin zu ergänzen, dass bei der Vorprüfung des Weiteren auch das bestehende Vorhaben aufgrund der Änderung oder Erweiterung selbstständig in den Blick zu nehmen ist,
130vgl. BR-Drs. 674/1/00 vom 12. Dezember 2000, Nr. 30, S. 26 f., BT-Drs. 14/5750, S. 8, 128,
131ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren am Widerstand des Bundesrats gescheitert.
132Vgl. BR-Drs. 286/01 (Beschluss), Ziff. 3, Satz 1; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 6.
133Es ist danach erforderlich, das Zusammenwirken der Umweltauswirkungen des Änderungsvorhabens mit Vorbelastungen aus anderen am Standort vorhandenen Quellen zu untersuchen, zu denen auch das Grundvorhaben selbst gehört. Dabei können ggf. Erkenntnisse aus der für das Grundvorhaben durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung erneut verwertet werden.
134Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 23 ff., 16 ff.; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 22.
135Diesen Anforderungen genügt die vor Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durchgeführte Vorprüfung nicht.
136Die Vorprüfung ist im Vermerk vom 5. Juni 2006 schon nicht als allgemeine, sondern (lediglich) als „Standortbezogene/Anlagenbezogene Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG“ bezeichnet. Darin wird im Wesentlichen auf die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens von der unteren Landschaftsbehörde des Kreises X. durchgeführte „standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG“ für die sieben Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 66 18.70 Bezug genommen. Sodann wird im Wege einer Differenzbetrachtung festgestellt, dass die Errichtung und der Betrieb der technisch geringfügig optimierten Anlagen vom Typ Enercon E-70 E4 nicht dazu beitragen würden, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu verursachen. Die baurechtlich genehmigten Standorte blieben unverändert, und mit der technischen Optimierung der Windenergieanlagen sei eine relevante Erhöhung der Lärmimmissionen oder von Beeinträchtigungen der Pflanzen, Tiere und Schutzgebiete vor Ort nicht verbunden. Auch im Baugenehmigungsverfahren der Vorläufer der beiden streitbefangenen Windkraftanlagen ist keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls, sondern nur eine standortbezogene Vorprüfung vorgenommen worden (Vermerk vom 5. Dezember 2002 sowie planungsrechtliche Prüfung vom 15. Januar 2003). Ob dem Beklagten darin zu folgen ist, in der Sache sei nach denselben Kriterien geprüft worden, die bei einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls in den Blick zu nehmen seien, kann wegen Vorliegens weiterer Mängel dahinstehen.
137Gegenstand der im Baugenehmigungsverfahren vorgenommenen standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls waren entgegen den rechtlichen Anforderungen nicht alle sieben in den Jahren 2003 und 2004 baugenehmigten Windenergieanlagen, sondern - soweit die Vorgänger der streitbefangenen Anlagen WEA 5 und 6 betroffen sind - nur die drei Anlagen WEA 5, 6 und 8. Einbezogen in die Betrachtung wurden zwar die beiden Anlagen, die seinerzeit bereits an den beiden Standorten WEA 4 und 7 genehmigt waren (und zeitgleich durch neue Baugenehmigungsanträge „überplant“ wurden, vgl. Vermerk vom 5. Dezember 2002, S. 2). Das gilt jedoch nicht für die Anlagen an den Standorten WEA 1, 2 und 3. Insoweit ist die Baugenehmigungsbehörde ausdrücklich davon ausgegangen, ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang mit der aus den WEA 1, 2, und 3 bestehenden Dreiergruppe könne nicht angenommen werden (vgl. den im Baugenehmigungsverfahren der Vorgängeranlage zur WEA 6 gefertigten Vermerk Planungsrechtliche Prüfung - Stand: 15. Januar 2003 -, S. 3). Demgegenüber bedurfte es jedenfalls im hier zu betrachtenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, in dem über die Genehmigung von sieben leistungsoptimierten Anlagen an den gleichen Standorten zu entscheiden war, einer auf diese sieben Anlagen in ihrer Gesamtheit bezogenen UVP-Vorprüfung.
138Jedenfalls konnte die für die Windenergieanlagen WEA 5, 6 und 8 im Baugenehmigungsverfahren durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls den rechtlichen Anforderungen der im späteren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG vorzunehmenden allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls deshalb nicht genügen, weil zum damaligen Zeitpunkt die sieben Windenergieanlagen der I. T. GmbH (WEA 12-18, vorheriger Betreiber: Q. GmbH) noch nicht beantragt waren und - seinerzeit zu Recht - bei der Prüfung der Umweltauswirkungen der baurechtlich beantragten Windkraftanlagen nicht als Vorbelastung berücksichtigt worden sind (vgl. Vermerk vom 5. Dezember 2002, S. 3, dort wohl bezeichnet als Planvorhaben der Fa. V. ). Dies war im hier zu betrachtenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren jedoch erforderlich.
139Dagegen kann die Beigeladene nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihre Windkraftanlagen als erste beantragt gewesen seien und deshalb keine Vorbelastung berücksichtigt werden müssen. Dieser Einwand verkennt, dass hier ein neuer, auf andere, leistungsoptimierte Anlagen bezogener Antrag zur Beurteilung steht, der später gestellt worden ist als die Genehmigungsanträge der Q. GmbH (jetzt: I. T. GmbH).
140b) Überdies erweist sich die Vorprüfung als unvollständig, weil sich dem Vermerk vom 5. Dezember 2002 nicht entnehmen lässt, dass Ermittlungen und Bewertungen zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Avifauna angestellt worden sind. Die naturschutzrechtlichen Betrachtungen erschöpfen sich in einer Bestandsaufnahme von - im direkten Einwirkungsbereich der Konzentrationszone nicht vorgefundenen - Landschafts- und Naturschutzgebieten, sonst schützenswerten Landschaftsbestandteilen, einer Bezugnahme auf die bei der Aufstellung des Gebietsentwicklungsplans und der Änderung des Flächennutzungsplans durchgeführten Abwägungen sowie allgemein gehaltenen Überlegungen zur Beeinträchtigung des Naturhaushalts. Des Weiteren wird auf - nicht im Verwaltungsvorgang befindliche - Stellungnahmen der unteren Landschaftsbehörde und weiterer beteiligter Stellen Bezug genommen.
141Nähere Ermittlungen und Betrachtungen zum Vorhandensein windkraftsensibler Vogel- und Fledermausarten im Umkreis des Vorhabens und zu den zu erwartenden Auswirkungen auf diese sind nicht angestellt worden. Dies war indes erforderlich, um die Frage, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 UVPG), insgesamt nachvollziehbar beantworten zu können. Bei der Vorprüfung sind die in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen. Dabei ergeben sich die Gegenstände der zu prüfenden Auswirkungen allerdings nicht aus dieser Anlage, sondern aus § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach umfasst die Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens unter anderem auch auf Tiere. Dementsprechend hätte es auch diesbezüglich einer überschlägigen Prüfung bedurft, ob die Erweiterung der Windfarm um sieben Windenergieanlagen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben kann. Die Prüfung auf die Auswirkungen auf die Avifauna zu erstrecken, dürfte bei der Planung von Windkraftanlagen schon generell erforderlich sein. Im vorliegenden Fall belegt jedenfalls die nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, dass erhebliche nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf Vögel und Fledermäuse durchaus nahe lagen und deshalb in die Vorprüfung einbezogen werden mussten.
142Dieses Erfordernis kann auch nicht mit dem Argument bezweifelt werden, das materielle Recht habe im Zeitpunkt der Vorprüfung noch keine artenschutzrechtlichen Anforderungen enthalten, die bei der Zulassung von Windkraftanlagen zu berücksichtigen gewesen wären. Soweit die Feststellung in der nachgeholten Allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, S. 2, wonach zum Zeitpunkt der Antragstellung im Dezember 2005 aufgrund der nationalen Gesetzeslage noch keine Notwendigkeit einer „formellen Artenschutzprüfung“ bestanden habe, in diese Richtung zu verstehen sein sollte, wäre dem nicht zu folgen. Die Neuregelung der Materie durch das Erste Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 2873) hat zwar in Anpassung an europarechtliche Vorgaben zu Verschärfungen geführt. Das ändert aber nichts daran, dass bereits zuvor artenschutzrechtliche Anforderungen, insbesondere Zugriffsverbote, bei der Zulassung von Vorhaben zu berücksichtigen waren.
143Vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2005 - OVG 2 S 115.05 -, ZUR 2006, 210, juris Rn. 7 f.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16. März 2006 - 1 A 10884/05 -, ZUR 2006, 379, juris Rn. 38 ff.
1443. Die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist durch die vom Beklagten während des Berufungsverfahrens durchgeführte Vorprüfung vom 30. August 2013 nicht mit heilender Wirkung nachgeholt worden.
145a) Eine Heilung des Verfahrensfehlers ist unter Geltung des nordrhein-westfälischen Verwaltungsverfahrensgesetzes im Berufungsverfahren nicht mehr möglich. Im Einzelnen:
146Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG kann die Aufhebung einer Genehmigungsentscheidung, wenn eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden ist, nur verlangt werden, wenn diese nicht nachgeholt worden ist. § 45 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und andere entsprechende Rechtsvorschriften bleiben unberührt (§ 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG). Nach allgemeiner Auffassung ist § 45 VwVfG bzw. die entsprechende Regelung des Landesrechts auf andere, in Abs. 1 der Vorschrift nicht genannte Verfahrensfehler entsprechend anwendbar. Das gilt insbesondere auch für die UVP-Vorprüfung.
147Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 24.
148Hiervon geht § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG aus.
149Da § 4 Abs. 1 UmwRG die Heilungsvorschriften lediglich voraussetzt, regelt er nicht deren Anwendungsbereich oder deren Voraussetzungen.
150Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 4 UmwRG Rn. 17; Ziekow, NVwZ 2007, 259, 265; Kment, NVwZ 2007, 274, 277; siehe auch BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 25; ähnlich zu § 4 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz UmwRG OVG NRW, Urteil vom 12. Juni 2012 - 8 D 38/08.AK -, NuR 2012, 722, juris Rn. 329.
151Er enthält auch keine statische, sondern eine dynamische Verweisung.
152Hiervon ausgehend bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die zeitliche Grenze einer Heilung zu Unrecht unterbliebener (oder nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügender) UVP-Vorprüfungen in Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG auch dann nach § 45 Abs. 2 VwVfG (Bund) bestimmen soll, wenn auf das betreffende Verwaltungsverfahren das Verwaltungsverfahrensgesetz eines Landes Anwendung findet.
153Anders noch OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 12/08.AK -, DVBl. 2010, 719, juris Rn. 104.
154Die Regelung lässt neben § 45 Abs. 2 VwVfG ausdrücklich „andere entsprechende Rechtsvorschriften“ unberührt. Die Formulierung „andere entsprechende Rechtsvorschriften“ erfasst auch die jeweiligen Parallelvorschriften der Landesverwaltungsverfahrensgesetze. Dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung in erster Linie bundesrechtliche Vorschriften des Planfeststellungsrechts wie § 17 Abs. 6c Satz 2 des Fernstraßengesetzes a. F. oder § 19 Abs. 4 des Bundeswasserstraßengesetzes a. F. (vgl. nunmehr etwa: § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG, § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG) im Blick hatte,
155vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 14,
156ändert daran nichts, zumal letztere ausdrücklich nur beispielhaft genannt sind. Ein Wille des Gesetzgebers, die Heilung von UVP-Verfahrensfehlern im Unterschied zu sonstigen Verfahrensfehlern bundeseinheitlich zu regeln, lässt sich der Begründung weder ausdrücklich entnehmen noch hätte er im Gesetzestext hinreichend Ausdruck gefunden.
157Entgegen der Auffassung des Beklagten ist nicht anzunehmen, dass ein Hinweis in der Gesetzesbegründung zu § 4 UmwRG auf die Anwendbarkeit des jeweils einschlägigen Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder der Länder unbedingt zu erwarten gewesen wäre, wenn der Nennung des § 45 Abs. 2 VwVfG keine Bedeutung im Sinne einer materiell-rechtlichen Vorgabe hätte zukommen sollen. Die Begründung des Gesetzgebers zu § 22 UVPG, auf die der Beklagte verweist, stützt diese Annahme nicht. Nach § 22 UVPG „gelten“ für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens „die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes“. Wenn der Gesetzgeber sogar diese scheinbar eindeutig die Geltung der Regelungen des Bundes anordnende Vorschrift dahin verstanden wissen will, sie verweise „entsprechend dem jeweiligen Anwendungsbereich (vgl. § 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes) auf die maßgeblichen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder der Länder“,
158vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 104,
159spricht dies eher dafür, dass für § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG Gleiches gilt. Die letztgenannte Regelung erfasst bereits dem Wortlaut nach („§ 45 Abs. 2 VwVfG und andere entsprechende Rechtsvorschriften“) die Parallelnormen der Länder. Insoweit bedurfte es keiner Klarstellung. Bei diesem Befund ist vielmehr davon auszugehen, dass ein gewollter Ausschluss der Anwendbarkeit landesrechtlicher Parallelvorschriften in der Entwurfsbegründung ausdrücklich klargestellt worden wäre.
160Auch das Gebot unionsrechtskonformer Auslegung zwingt nicht zu einem Verständnis als bundeseinheitlicher Regelung. Das ergibt sich etwa aus dem Urteil Wells des EuGH, auf das der Beklagte - mit gegenteiliger Schlussfolgerung - hingewiesen hat. Danach sind die zuständigen Behörden verpflichtet, alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Unterlassen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhelfen. Es unterfällt jedoch (in den Grenzen des Äquivalenz- und Effektivitätsprinzips) der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, in welcher Weise sie dies tun. In diesem Rahmen ist es Sache des nationalen Gerichts festzustellen, ob nach nationalem Recht die Möglichkeit besteht, eine bereits erteilte Genehmigung zurückzunehmen oder auszusetzen, um dieses Projekt (nachträglich) einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß den Anforderungen der Richtlinie 85/337 zu unterziehen.
161Vgl. EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C‑201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593, juris Rn. 62 ff.; siehe auch Urteil vom 3. Juli 2008, C‑215/06, EU:C:2008:380, NuR 2008, 562 , juris Rn. 57 ff.
162Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Heilung eines wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung rechtswidrigen Genehmigungsbescheids bis zum spätestmöglichen Zeitpunkt zuzulassen, lässt sich dem Unionsrecht danach nicht entnehmen. Denn auch die Aufhebung der Genehmigung im gerichtlichen Verfahren mit der Folge, dass für das Vorhaben ein vollständig neues Genehmigungsverfahren durchzuführen ist, ist eine taugliche Maßnahme, dem Unterlassen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhelfen. Steht das Unionsrecht damit aber unterschiedlichen nationalen Regelungen der Heilungsmöglichkeiten nicht entgegen, müssen diese Regelungen auch innerhalb eines Mitgliedstaats nicht notwendig einheitlich ausfallen.
163Nach alledem findet hier § 45 Abs. 2 VwVfG keine Anwendung, da für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, auch soweit sie Bundesrecht ausführen, das Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen gilt (vgl. § 1 Abs. 3 VwVfG, § 1 Abs. 1 VwVfG NRW). Der einschlägige § 45 Abs. 2 VwVfG NRW lässt eine Heilung von Verfahrensfehlern nur bis zum Abschluss der ersten Instanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu. Die erst während des Berufungsverfahrens nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls konnte den Verfahrensfehler daher nicht mehr heilen.
164b) Ungeachtet dessen genügt auch die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013 nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG).
165aa) Allerdings ist die Möglichkeit der Nachholung einer UVP-Vorprüfung nach den genannten Vorschriften mit den europarechtlichen Vorgaben grundsätzlich vereinbar. Insbesondere liegt darin keine - unionsrechtlich problematische - Legalisierung von Projekten, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätten unterzogen werden müssen. Das gilt jedenfalls, wenn die nachgeholte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedurfte. Das Unionsrecht steht nationalen Rechtsvorschriften, die unter bestimmten Umständen die Legalisierung unionsrechtswidriger Vorgänge oder Handlungen zulassen, nicht grundsätzlich entgegen. Voraussetzung ist lediglich, dass eine solche Möglichkeit den Betroffenen keine Gelegenheit bietet, das Unionsrecht zu umgehen oder es nicht anzuwenden.
166Vgl. näher BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 ‑ 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 27 ff.; EuGH, Urteil vom 3. Juli 2008, C-215/06, EU:C:2008:380, juris Rn. 57.
167Der Heilungsmöglichkeit durch Nachholung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls dürfte nicht die Auffassung der Kläger entgegenstehen, der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck könne vorliegend im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr erreicht werden, weil das Vorhaben - durch Errichtung von fünf der genehmigten sieben Windkraftanlagen - schon teilweise verwirklicht worden sei. Mit der Errichtung der allein streitbefangenen Windenergieanlagen WEA 5 und 6 ist noch nicht begonnen worden. Für diese kann eine UVP-Vorprüfung grundsätzlich - stünde vorliegend nicht § 45 Abs. 2 VwVfG NRW entgegen - nachgeholt werden.
168Der Senat kann offen lassen, auf welchen Zeitpunkt die Behörde ihre überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§ 3c UVPG), zu beziehen hat, wenn die Vorprüfung nach Erteilung der Genehmigung nachgeholt wird. Das betrifft auch die Frage, inwieweit die Kläger eine etwaige Verschlechterung ihrer Rechtsposition durch eine zwischenzeitliche Gebietsveränderung aufgrund Errichtung eines Teils der genehmigten Windkraftanlagen hinnehmen müssen.
169bb) Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung vom 30. August 2013 nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c Satz 1 und 3 UVPG durchgeführt und damit das anzuwendende Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG verkannt. Das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls, wonach das Vorhaben unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist bezogen auf die Avifauna nicht nachvollziehbar. Dies folgt vorliegend daraus, dass der Beklagte es infolge der nachgeholten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für erforderlich gehalten hat, den Genehmigungsbescheid nachträglich durch mehrere, den Vorhabenträger insgesamt nicht unwesentlich einschränkende Nebenbestimmungen i. S. v. § 12 Abs. 1 BImSchG zu ergänzen. Zugleich ist hinsichtlich der zu erwartenden nachteiligen Auswirkungen auf die Avifauna weiterer Klärungsbedarf verblieben.
170Der Beklagte hat den Rechtsbegriff der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen nicht zutreffend bestimmt. Nach § 3c Satz 1 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Der Maßstab für die Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen ist dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können, weil materielle Genehmigungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
171Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2007 ‑ 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 34, vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 37, und vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 21; Bay. VGH, Beschluss vom 17. November 2014 - 22 ZB 14.1035 -, juris Rn. 17; siehe auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 2. April 2014 - 1 B 10249/14 -, DVBl. 2014, 940, juris Rn. 19.
172Führt die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls dazu, dass der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach Auffassung der Behörde wesentliche umweltbezogene Nebenbestimmungen im Sinne von § 12 Abs. 1 BImSchG beigefügt werden müssen, kann dies ein Indiz dafür sein, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Notwendigkeit, diese nach § 12 UVPG zu berücksichtigen, findet dann in diesen Nebenbestimmungen Ausdruck. Denn die Genehmigung kann nur unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen (§ 12 Abs. 1 BImSchG). Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen, die bereits vom Träger des Vorhabens vorgesehen sind und die nachteiligen Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen, können demgegenüber eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich machen (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 3 UVPG).
173Das (absehbare) Erfordernis umweltschützender Nebenbestimmungen muss allerdings nicht zwangsläufig zur Annahme erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen führen. Vielmehr bedarf es einer Gewichtung der betroffenen Umweltbelange unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien. Zudem ist zu berücksichtigen, inwieweit auf der Grundlage der im Vorprüfungsstadium zur Verfügung stehenden Unterlagen bereits geklärt ist und feststeht, dass eine Nebenbestimmung zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geeignet und ausreichend ist.
174Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 21-23, zu einem Planfeststellungsbeschluss; weitergehend Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 34 f., siehe aber nunmehr auch Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 39.
175Die Behörde darf nicht bereits im Rahmen der Vorprüfung mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermitteln“ und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt. Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen.
176BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 18 m. w. N.
177Dies zugrunde gelegt durften erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen des Vorhabens in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht ohne vertiefte Untersuchung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeschlossen werden.
178Im Genehmigungsverfahren war eine Ermittlung und Prüfung, welche Auswirkungen die Errichtung und der Betrieb von sieben Windenenergieanlagen auf die Avifauna haben werden, gänzlich unterblieben. Die nunmehr als Folge der „Vorprüfung“ nachträglich getroffenen Nebenbestimmungen verdeutlichen jedenfalls in ihrer Gesamtheit, dass der Beklagte der Sache nach selbst von der Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen durch die beiden streitbefangenen Windkraftanlagen ausgeht. Er hat der Beigeladenen mit der Anlegung eines Ablenkungshabitats für die Rohrweihe zwei Jahre vor Inbetriebnahme der beiden Anlagen, Monitorings zum - ggf. nachträglichen - Schutz der Rohrweihe und von Fledermäusen sowie der Anlegung von sechs mindestens 1,5 ha großen Extensivgrünlandflächen mit Blänke für Brutpaare des Kiebitz‘ aufwändige zusätzliche Maßnahmen auferlegt, die von der Beigeladenen selbst nicht vorgesehen waren (§ 3c Satz 3 UVPG) und der Beseitigung sonst vorliegender Genehmigungshindernisse dienen sollten.
179Zugleich ist auf der Grundlage der herangezogenen Gutachten und Kartierungen nicht sicher, dass ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG dadurch hinreichend ausgeschlossen wird. So soll in Bezug auf die Fledermäuse erst ein nach der Errichtung und Inbetriebnahme der Windkraftanlagen durchzuführendes, dreijähriges akustisches Monitoring erweisen, ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht. Während dieser drei Jahre sind keinerlei Schutzmaßnahmen vorgesehen. Ein derartiges Monitoring kann angeordnet werden, um nicht behebbaren naturschutzrechtlichen Erkenntnislücken oder Unsicherheiten Rechnung zu tragen, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es stellt hingegen kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Gefahren begegnet werden soll.
180Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Juli 2011 - 9 A 12.10 -, BVerwGE 140, 149, juris Rn. 105; vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308, juris Rn. 91; OVG NRW, Beschluss vom 6. November 2012 - 8 B 441/12 -, NuR 2012, 870, juris Rn. 43.
181Solche Ermittlungsdefizite liegen hier aber vor, solange das Vorkommen von Fledermäusen für den näheren Umkreis der streitbefangenen Windkraftanlagen nicht untersucht worden ist. Die Bezugnahme auf das im Genehmigungsverfahren der Windkraftanlage WEA lfd. Nr. 22 angefertigte „Fachgutachten Fledermäuse“ vom 17. November 2010 ist insoweit unzureichend. Der dort in den Blick genommene Untersuchungsraum beschränkt sich auf einen Radius von 500 m um die WEA lfd. Nr. 22, von der die streitbefangenen Anlagen mindestens einen Kilometer entfernt liegen.
182Ähnliches gilt hinsichtlich der Ermittlung der Auswirkungen des streitigen Vorhabens auf Kiebitz und Rohrweihe. Das der Vorprüfung zugrunde gelegte avifaunistische Fachgutachten vom 17. November 2010 - angefertigt im Genehmigungsverfahren der WEA lfd. Nr. 22 - untersucht insbesondere die Brutvogelbestände bzw. Revierzentren von Kiebitz und Rohrweihe in einem Umkreis von 1000 bzw. 2000 m um den Standort der WEA lfd. Nr. 22. Die dort ermittelten Zahlen - namentlich die Anzahl der Brutpaare des Kiebitz - wurden in die hier zu beurteilende Vorprüfung und die hieraus resultierenden Nebenbestimmungen übernommen, obwohl sich das hier in den Blick zu nehmende Gebiet (1000 bis 2000 m um die südwestlich liegenden Standorte der WEA 5 und 6) mit dem untersuchten nicht einmal zur Hälfte überschneidet.
183In Bezug auf die Rohrweihe geht der Beklagte insoweit davon aus, dass sich auch durch das zwei Jahre vor Inbetriebnahme der beiden Windkraftanlagen anzulegende Ablenkungshabitat ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko nicht sicher ausschließen lässt. Auch hier schreibt eine weitere Nebenbestimmung (Nr. IV.7.2) nunmehr ein Monitoring vor, ohne dass dem eine vertiefte Umweltuntersuchung vorausgegangen wäre.
1844. Der Verfahrensfehler verletzt die Kläger nach dem - unter I. näher begründeten - Ansatz des Senats im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Denn die Verpflichtung zu einer - zumindest - dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügenden Vorprüfung ist auch den Interessen der Kläger als von der Genehmigung Betroffenen zu dienen bestimmt. Das abweichende Verständnis des § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt an dieser Stelle zu keinem anderen Ergebnis. Danach liegt lediglich ein objektiv-rechtlicher Rechtsfehler vor. Dieser begründet jedoch ebenfalls einen Aufhebungsanspruch, weil § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG dies ausdrücklich anordnet und damit die Voraussetzung einer subjektiven Rechtsverletzung in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verdrängt. Nach der einen wie der anderen Auffassung ergibt sich aus § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG zudem, dass die Aufhebung der Zulassungsentscheidung unabhängig davon beansprucht werden kann, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat. § 46 VwVfG NRW findet keine Anwendung.
185Vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 14; BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 501, juris Rn. 21; Ziekow, NuR 2014, 229, 231.
186Die Kostenentscheidung beruht unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
187Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
188Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
(1) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die allgemeine Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien durchgeführt. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären.
(2) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „S“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine standortbezogene Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die standortbezogene Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung in zwei Stufen durchgeführt. In der ersten Stufe prüft die zuständige Behörde, ob bei dem Neuvorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß den in Anlage 3 Nummer 2.3 aufgeführten Schutzkriterien vorliegen. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vorliegen, so besteht keine UVP-Pflicht. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, so prüft die Behörde auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien, ob das Neuvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele des Gebietes betreffen und nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde solche Umweltauswirkungen haben kann.
(3) Die Vorprüfung nach den Absätzen 1 und 2 entfällt, wenn der Vorhabenträger die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt und die zuständige Behörde das Entfallen der Vorprüfung als zweckmäßig erachtet. Für diese Neuvorhaben besteht die UVP-Pflicht. Die Entscheidung der zuständigen Behörde ist nicht anfechtbar.
(4) Zur Vorbereitung der Vorprüfung ist der Vorhabenträger verpflichtet, der zuständigen Behörde geeignete Angaben nach Anlage 2 zu den Merkmalen des Neuvorhabens und des Standorts sowie zu den möglichen erheblichen Umweltauswirkungen des Neuvorhabens zu übermitteln.
(5) Bei der Vorprüfung berücksichtigt die Behörde, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers offensichtlich ausgeschlossen werden. Liegen der Behörde Ergebnisse vorgelagerter Umweltprüfungen oder anderer rechtlich vorgeschriebener Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens vor, bezieht sie diese Ergebnisse in die Vorprüfung ein. Bei der allgemeinen Vorprüfung kann sie ergänzend berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die allgemeine Vorprüfung eröffnen, überschritten werden.
(6) Die zuständige Behörde trifft die Feststellung zügig und spätestens sechs Wochen nach Erhalt der nach Absatz 4 erforderlichen Angaben. In Ausnahmefällen kann sie die Frist für die Feststellung um bis zu drei Wochen oder, wenn dies wegen der besonderen Schwierigkeit der Prüfung erforderlich ist, um bis zu sechs Wochen verlängern.
(7) Die zuständige Behörde dokumentiert die Durchführung und das Ergebnis der allgemeinen und der standortbezogenen Vorprüfung.
(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.
(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.
(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.
(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.
(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.
(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn
- 1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder - 2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.
(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.
(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.
(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.
(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.
(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.
(1) Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die nach Landesrecht für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden oder - 2.
das Bundesamt für Naturschutz, soweit ihm nach diesem Gesetz Zuständigkeiten zugewiesen werden.
(2) Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden überwachen die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege soll vorrangig geprüft werden, ob der Zweck mit angemessenem Aufwand auch durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden kann.
(4) Mit der Ausführung landschaftspflegerischer und -gestalterischer Maßnahmen sollen die zuständigen Behörden nach Möglichkeit land- und forstwirtschaftliche Betriebe, Vereinigungen, in denen Gemeinden oder Gemeindeverbände, Landwirte und Vereinigungen, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördern, gleichberechtigt vertreten sind (Landschaftspflegeverbände), anerkannte Naturschutzvereinigungen oder Träger von Naturparken beauftragen. Hoheitliche Befugnisse können nicht übertragen werden.
(5) Die Behörden des Bundes und der Länder haben die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden bereits bei der Vorbereitung aller öffentlichen Planungen und Maßnahmen, die die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege berühren können, hierüber zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, soweit nicht eine weiter gehende Form der Beteiligung vorgesehen ist. Die Beteiligungspflicht nach Satz 1 gilt für die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden entsprechend, soweit Planungen und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege den Aufgabenbereich anderer Behörden berühren können.
(6) Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden gewährleisten einen frühzeitigen Austausch mit Betroffenen und der interessierten Öffentlichkeit über ihre Planungen und Maßnahmen.
(7) Aufgaben nach diesem Gesetz obliegen einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband nur, wenn der Gemeinde oder dem Gemeindeverband die Aufgaben durch Landesrecht übertragen worden sind.
(1) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die allgemeine Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien durchgeführt. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären.
(2) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „S“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine standortbezogene Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die standortbezogene Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung in zwei Stufen durchgeführt. In der ersten Stufe prüft die zuständige Behörde, ob bei dem Neuvorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß den in Anlage 3 Nummer 2.3 aufgeführten Schutzkriterien vorliegen. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vorliegen, so besteht keine UVP-Pflicht. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, so prüft die Behörde auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien, ob das Neuvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele des Gebietes betreffen und nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde solche Umweltauswirkungen haben kann.
(3) Die Vorprüfung nach den Absätzen 1 und 2 entfällt, wenn der Vorhabenträger die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt und die zuständige Behörde das Entfallen der Vorprüfung als zweckmäßig erachtet. Für diese Neuvorhaben besteht die UVP-Pflicht. Die Entscheidung der zuständigen Behörde ist nicht anfechtbar.
(4) Zur Vorbereitung der Vorprüfung ist der Vorhabenträger verpflichtet, der zuständigen Behörde geeignete Angaben nach Anlage 2 zu den Merkmalen des Neuvorhabens und des Standorts sowie zu den möglichen erheblichen Umweltauswirkungen des Neuvorhabens zu übermitteln.
(5) Bei der Vorprüfung berücksichtigt die Behörde, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers offensichtlich ausgeschlossen werden. Liegen der Behörde Ergebnisse vorgelagerter Umweltprüfungen oder anderer rechtlich vorgeschriebener Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens vor, bezieht sie diese Ergebnisse in die Vorprüfung ein. Bei der allgemeinen Vorprüfung kann sie ergänzend berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die allgemeine Vorprüfung eröffnen, überschritten werden.
(6) Die zuständige Behörde trifft die Feststellung zügig und spätestens sechs Wochen nach Erhalt der nach Absatz 4 erforderlichen Angaben. In Ausnahmefällen kann sie die Frist für die Feststellung um bis zu drei Wochen oder, wenn dies wegen der besonderen Schwierigkeit der Prüfung erforderlich ist, um bis zu sechs Wochen verlängern.
(7) Die zuständige Behörde dokumentiert die Durchführung und das Ergebnis der allgemeinen und der standortbezogenen Vorprüfung.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 08.10.2007 wird geändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilten Genehmigung vom 08.03.2007 wird wiederhergestellt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsgegner und die Beigeladene zu 1) je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) sind nicht erstattungsfähig. Die Beigeladene zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 300.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, beabsichtigt, im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 4 der Beigeladenen zu 2 Windkraftanlagen zu errichten. Die Beigeladene zu 2 hatte einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss vom 24.05.2000 am 16.05.2003 und zugleich eine Veränderungssperre am 28.11.2003 für die Dauer von zwei Jahren bekannt gemacht. Eine erste Auslegung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange fand im April bzw. Juni 2004 statt. Unter dem 20.05.2005 schlossen die Beigeladenen zu 1 und 2 einen städtebaulichen Vertrag betr. die Errichtung von Windkraftanlagen im Plangebiet. Am 23.06.2005 stellte die Antragstellerin den Antrag auf Genehmigung von Windenergieanlagen. Am 14.09.2005 stellte die Beigeladene zu 1 den Antrag zur Genehmigung der von ihr vorgesehenen Windenergieanlagen. Am 17.10.2005 machte die Beigeladene zu 2 eine Verlängerung der Veränderungssperre für ein Jahr bekannt. Der Antragsgegner lehnte den Genehmigungsantrag der Antragstellerin unter Hinweis auf das durch die Beigeladene zu 2 versagte Einvernehmen und die Veränderungssperre sowie darauf, dass die Genehmigungsunterlagen nicht vollständig vorlägen, ab. Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden ist; die Antragstellerin hat insoweit Untätigkeitsklage erhoben. Am 10.11.2006 trat der Bebauungsplan Nr. 4 in Kraft. Mit Bescheid vom 08.03.2007 genehmigte der Antragsgegner der Beigeladenen zu 1 die Errichtung der beantragten Windenergieanlagen. Die Genehmigung wurde für sofortig vollziehbar erklärt. Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein, über den bislang ebenfalls nicht entschieden ist.
- 2
Die Antragstellerin hat am 27.03.2007 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und im Wesentlichen geltend gemacht, der der Genehmigung der Beigeladenen zu 1 zu Grunde liegende Bebauungsplan der Beigeladenen zu 2 sei unwirksam.
- 3
Das Verwaltungsgericht Greifswald hat den Antrag durch Beschluss vom 08.10.2007 abgelehnt.
II.
- 4
Die Beschwerde der Antragstellerin hat nach Maßgabe des gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu berücksichtigenden Beschwerdevorbringens Erfolg. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die der Beigeladenen zu 1 erteilte Genehmigung ist wiederherzustellen.
- 5
A. Widerspruch und Klage und damit auch der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sind entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 1 nicht von vorneherein mangels möglicher Verletzung der Antragstellerin in eigenen Rechten i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig.
- 6
Es geht im vorliegenden Fall nicht darum, dass ein Nachbar sich gegen eine Genehmigung wehrt, weil Immissionen auf sein Grundstück einwirken. Vielmehr macht die Antragstellerin geltend, die der Beigeladenen zu 1 erteilte Genehmigung mache ihre eigenen Bauwünsche zunichte. Damit macht sie in der Sache die Verletzung ihrer Baufreiheit für bestimmte Grundstücke geltend. Insoweit kommt ihr ein subjektives Recht zu, zumal sie über entsprechende obligatorische Nutzungsrechte verfügt (vgl. BVerwG, U. v. 23.03.1973 - IV C 49.71 - BVerwGE 42, 115 = NJW 1973, 1518).
- 7
Eine Konkurrenz der Genehmigungsanträge liegt in dem Sinne vor, dass die Realisierung des Vorhabens der Beigeladenen zu 1 das der Antragstellerin hindert. Dies ist zwischen den Beteiligten unbestritten. Dabei ist auch auf den Betrieb der Anlagen abzustellen, da er durch die Genehmigung legalisiert wird.
- 8
B. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat Erfolg.
- 9
In Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigenständige Ermessensentscheidung auf der Grundlage einer summarischen Sachprüfung. Die gerichtliche Entscheidung orientiert sich im Wesentlichen an den Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren. Wird die Anfechtungsklage wenigstens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben, wird in der Regel die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen sein. Umgekehrt wird der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen sein, wenn erkennbar ist, dass die Klage in der Hauptsache keinen Erfolg haben dürfte. Nur wenn die Rechtslage offen ist, ein Obsiegen der Antragsteller im Hauptsacheverfahren ebenso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich ist, trifft das Gericht eine Ermessensentscheidung allein unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten.
- 10
Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung erweist sich nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtswidrig. Sie ist geeignet, im gegenwärtigen Verfahrensstand die Antragstellerin in ihren Rechten zu verletzten.
- 11
1. Die Genehmigung des Antragsgegners vom 08.03.2007 an die Beigeladene zu 1 kann sich nicht gem. § 30 Abs. 1 BauGB auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 der Beigeladenen zu 2 stützen. Der Bebauungsplan erweist sich bei summarischer Würdigung der Sach- und Rechtslage als unwirksam. Er leidet an einem Abwägungsmangel, der erheblich im Sinne von § 214 Abs. 1 Nr.1 i.V.m. Abs. 3 S. 2 BauGB ist.
- 12
Das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB gebietet, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Es ist dann verletzt, wenn ein sachgerechter Abwägungsvorgang überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie hätte eingestellt werden müssen (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung der betroffenen privaten und öffentlichen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belange in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Gewicht steht (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301, 309). Die Anforderungen an die Abwägung beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch - mit Ausnahme des Erfordernisses, dass überhaupt eine Abwägung stattgefunden haben muss - auf das Abwägungsergebnis (vgl. BVerwG, U. v. 05.07.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309, 315). Für die Abwägung - und somit auch für ihre gerichtliche Überprüfung - ist auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Mängel im Abwägungsvorgang sind zudem nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
- 13
In der bauleitplanerischen Abwägung sind solche privaten Belange zu berücksichtigen, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, B. v. 25.01.2001 - 6 BN 2.00 - BRS 64 Nr. 214). Daraus ergibt sich, dass dann, wenn eine Gesellschaft zur Entwicklung regenerativer Energieprojekte oder ein anderer mit Windkraft befasster Interessent im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes für Windkraftanlagen ein eigenes Interesse an der Nutzung der Windenergie im Plangebiet geltend macht, die Gemeinde verpflichtet sein kann, ggf. die ins Auge gefassten Standorte für Windkraftanlagen in Erfahrung zu bringen, jedenfalls aber das Nutzungsinteresse in ihre Abwägung einzustellen (vgl. OVG Weimar, B. v. 16.08.2004 - 1 EN 944/03 - BauR 2005, 507; Senat, B. v. 31.07.2007 - 3 M 15/07). Das von der Antragstellerin in das Verfahren eingebrachte Nutzungsinteresse ist jedenfalls dann, wenn - wie hier - die zur Nutzung vorgesehenen Flächen vertraglich gesichert sind, zum notwendigen Abwägungsmaterial zu zählen, weil es sich um ein durch § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB rechtlich geschütztes Interesse handelt. Auch wird die Gemeinde von ihrer Verpflichtung, sich im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes selbst Gewissheit über die abwägungserheblichen Belange zu verschaffen, grundsätzlich nicht durch Stellungnahmen von Beteiligten des Planverfahrens entbunden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. August 1989 - 4 NB 24.88 - BRS 49 Nr. 22).
- 14
Diesen Anforderungen genügt der Bebauungsplan nicht. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 19.05.2006 im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB auf ihren Genehmigungsantrag vom 21.03.2005 hingewiesen und ihr Interesse an der Nutzung der Flurstücke 51 und 53 Flur 1 Gemarkung X., der Flurstücke 151 und 159 der Flur 2 der Gemarkung Y. und des Flurstücks 177 der Flur 1 der Gemarkung Z. artikuliert. Der Genehmigungsantrag vom 21.03.2005 konkretisierte die beabsichtigten Standorte u.a. in der dem schalltechnischen Gutachten beigefügten Anlage 1.
- 15
Mit dieser Anregung hat sich die Beigeladene in einer Weise auseinandergesetzt, die im Ergebnis zu einem Abwägungsausfall hinsichtlich dieses Belangs geführt hat. In der Abwägungsdokumentation wird ausgeführt:
- 16
Die Festsetzung zu den Standorten erfolgten aus städtebaulichen Gründen (Immissionsschutz) und unterlägen dem Optimierungsgebot. Mit dem Abschluss eines städtebaulichen Vertrags mit der Beigeladenen zu 1 im Ergebnis eines Auswahlverfahrens von 15 Bewerbern, an dem sich die Antragstellerin nicht beteiligt habe, sichere und fördere die Beigeladene zu 1 die mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele einschließlich der Sicherung des Ausgleichs des Eingriffs in Natur und Landschaft und die Grundstücksverfügbarkeit. Sie habe zur Sicherung der Bauleitplanung eine Veränderungssperre erlassen, die zum Zeitpunkt des Antrags auf Genehmigung von Windkraftanlagen durch die Antragstellerin wirksam gewesen sei; sie habe das Einvernehmen versagt. Sie sei seinerzeit zur weiteren Prüfung des Bauantrags nicht gefordert gewesen. Ebenfalls habe der Antragsgegner den Antrag abgelehnt und die Existenz eines anderen privaten Interesses in der Auslegung des Bebauungsplans nicht bekannt gemacht. Ein ausdrückliches Auskunftsersuchen des Amts Landhagen diesbezüglich vom 03.08.2006 an den Antragsgegner sei dahingehend beantwortet worden, dass ein entsprechender Antrag der Antragstellerin abgelehnt und ein Widerspruchsverfahren anhängig sei. Erst mit den nunmehr vorliegenden Anregungen und Bedenken vom 19.05.2006 seien erstmals standortbezogene Interessen bekundet worden. Mit der nun erreichten Planung und Grundstücksverfügbarkeit sei die Eignungsfläche ausgelastet. Weitere Standorte seien immissionsschutzrechtlich nicht mehr möglich. Die von der Antragstellerin genannten fünf Standorte seien aus Schallschutzgründen nicht realisierbar. Bei der Planung zur Standortauswahl durch die Beigeladene zu 2 seien maßgeblich Schallschutzbelange und die Grundstücksverfügbarkeit gewesen. Die Standorte Flurstücke 151 und 159 der Flur 2 Gemarkung Y. seien schalltechnisch wegen der vorhandenen drei Anlagen nicht realisierbar. Der Standort Flurstück 177 der Flur 1 Gemarkung Z. liege außerhalb des Bebauungsplans und zu dicht an schützenswerter Bebauung. Die Standorte der Flurstücke 51 und 53 der Flur 1 Gemarkung X. seien alternativ für die geplanten WKA 8 und 9 möglich, jedoch nicht zusätzlich. Bei den Verhandlungen zur Grundstückssicherung mit der Landgesellschaft M-V (Flurstück 51) und der Agrargesellschaft Y. (Flurstück 53) seien diese mit der Begründung einer anderweitigen Bindung nicht zur Verfügung gestellt worden und könnten daher planerisch nicht berücksichtigt werden. Wie erst jetzt bekannt geworden sei, seien diese Grundstücke durch die Antragstellerin gebunden. Die Einbeziehung dieser Flurstücke in die Bauleitplanung sei nicht angezeigt. Die Beigeladene zu 1 sehe und erkenne das private Interesse der Antragstellerin. Zur Zielsetzung einer optimierten Auslastung der Eignungsfläche seien diese Standortvorschläge keine Alternative, zumal der Immissionsschutz diese weitgehend nicht zulasse. Als Ergebnis der Abwägung würden diese Standorte nicht berücksichtigt werden.
- 17
Hieraus wird deutlich, dass die Gemeinde jedenfalls hinsichtlich der von der Antragstellerin ins Spiel gebrachten Standorte auf den Flurstücken 51 und 53 der Flur 1 Gemarkung X., die durch die Beigeladene zu 1 ausgewählten Standorte als "gesetzt" behandelt hat. Sie ist einerseits davon ausgegangen, dass die Planung einen Stand erreicht hatte, der eine Änderung nur noch in der Form einer ergänzenden Aufnahme weiterer Anlagen gestattete, was sie für städteplanerisch nicht für vertretbar hielt. Damit hat sie einerseits übersehen, dass ihr der Belang der Antragstellerin aus ihrer Beteiligung nach § 36 BauGB bekannt sein musste. Außerdem hat sie übersehen, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB gerade dazu dient, gemessen an dem jeweiligen Planungsstand Anregungen einzubringen. Eine "Präklusion" tritt nicht ein, wenn sich ein Privater noch nicht in vorherigen Auslegungsverfahren geäußert hat.
- 18
Die Beigeladene zu 2 ist schließlich wesentlich davon ausgegangen, dass nur diejenigen Standorte in Betracht kommen, über die die Beigeladene zu 1 die Verfügungsbefugnis hat. Sie hat nämlich tragend die Nichtberücksichtigung der von der Antragstellerin genannten Flurstücke damit begründet, dass hierüber die Beigeladene zu 1 nicht verfügen könne. Es kann dahinstehen, ob dieser Belang im Rahmen der städtebaulichen Planung einer Gemeinde maßgeblich eingestellt werden kann. Hierfür mag immerhin sprechen, dass die Gemeinde auch ein Interesse daran haben kann, dass eine Bauleitplanung realisiert wird. Dazu mag auch das Interesse gehören, einen städtebaulichen Vertrag mit einem Investor abzuschließen.
- 19
Dies setzt aber voraus, dass die zu Grunde liegende Entscheidung, das heißt die Entscheidung darüber, bei wem die planende Gemeinde die Verfügbarkeit annimmt und wie diese Grundstücke in die städtebauliche Planung eingeordnet werden können, auf einer sachgerechten Planungsentscheidung beruhen. Die Vorentscheidung für die auf Grund einer vertraglichen Regelung "ausgesuchten" Flächen muss als planerische Vorabentscheidung Voraussetzungen erfüllen, denen das Verfahren in vorliegenden Fall nicht genügt:
- 20
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können dem Planverfahren vorgeschaltete Besprechungen, Abstimmungen, Zusagen, Verträge u. a. m. geradezu unerlässlich sein, um überhaupt sachgerecht planen und eine angemessene, effektive Realisierung dieser Planung gewährleisten zu können (BVerwG, U. v. 05.07.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309, 317). Daher ist eine Bauleitplanung nicht ohne Weiteres deshalb fehlerhaft, weil ihr ein (Folgekosten-)Vertrag vorausgegangen ist und sich das auf die den Plan tragende Abwägung ausgewirkt hat (BVerwG, U. v. 06.07.1973 - IV C 22.72 - BVerwGE 42, 331, 338). Ferner leidet ein Bebauungsplan nicht schon deshalb unter Abwägungsmängeln, weil die Gemeinde ihn auf der Grundlage eines vom künftigen Bauherrn vorgelegten Projektentwurfs für ein Großvorhaben aufgestellt hat, das im Geltungsbereich des Plans verwirklicht werden soll (BVerwG, B. v. 26.08.1987 - 4 N 1.86 - NVwZ 1988, 351). Letztlich lässt es sich je nach dem Inhalt eines Bebauungsplans, nach dem Gegenstand der Vorentscheidungen, nach der Art und Stärke der von ihnen ausgehenden - rechtlichen oder tatsächlichen - Bindung, nach dem Ablauf des Planungsverfahrens und insbesondere dem Ertrag des Anregungsverfahrens nach § 3 Abs. 2 BauGB nur im Einzelfall entscheiden, ob der Schluss auf eine Verkürzung des vom Gesetz geforderten Abwägungsvorganges gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt ist. Im Prinzip spricht eine gewisse Vermutung für die trotz der einen oder anderen Bindung freie Entscheidung des zur Abwägung berufenen Gemeinderates (vgl. BVerwG, U. v. 05.07.1974, a.a.O., S. 320; VGH Mannheim, U. v. 24.05.2006 - 8 S 1367/05). Das auf diese Weise entstehende Defizit bei der Abwägung im eigentlichen Planungsprozess muss dadurch ausgeglichen werden, dass die im Vertrag zum Ausdruck kommende Vorwegnahme der Entscheidung sachlich gerechtfertigt war. Ein städtebaulicher Vertrag ist daher zulässig, wenn die Abwägung, also der vorweggenommene Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis, dem Abwägungsgebot entsprechen, was insbesondere voraussetzt, dass die Entscheidung von dem in planungsrechtlicher Hinsicht zuständigen Organ getroffen wurde und die wesentlichen öffentlichen und privaten Belange in die Entscheidung eingestellt und gegeneinander und untereinander abgewogen worden sind (BVerwG, U. v. 05.07.1974 - a.a.O., S. 312).
- 21
Dass die Gemeinde diese Voraussetzungen beachtet hat, ist den Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen. Sie hat mehrere Interessenten veranlasst, Angebote zur Bebauung des Vorranggebiets und Windkraftanlagen abzugeben. Aus den Unterlagen ist nicht deutlich, auf welchem Wege Interessenten angesprochen worden sind. Insbesondere ist nicht erkennbar, ob das Vorhaben öffentlich bekannt gemacht und Interessenten zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden sind. Die Auswahl zwischen den Interessenten, die in dem maßgebenden Protokoll der Gemeindevertretersitzung als "Wahl" bezeichnet wird, erfolgte ausweislich der Sitzungsvorlage nach ausschließlich wirtschaftlichen Kriterien. Aus den Unterlagen ist nicht erkennbar, dass auch die Frage in die Abwägung einbezogen wurde, welche der Grundstücke im Plangebiet dem jeweiligen Bewerber zur Verfügung stand und wie die sich dadurch ergebende Situation städtebaulich zu bewerten ist. Es wird auch nicht deutlich, ob in Hinblick auf die so zur Verfügung stehenden Grundstücke die Möglichkeit der Zulassung anderweitiger - einzelner - Windenergieanlagen berücksichtigt werden könnte. Der einzige im engeren Sinne städtebauliche Gesichtspunkt im Rahmen der Auswahlkriterien betrifft die Anzahl der beabsichtigten Windkraftanlagen. Hinzu kommt, dass die Auswahlentscheidung jedenfalls nach den überreichten Unterlagen auch nach Maßgabe der von der Gemeinde selbst aufgestellten Kriterien nicht nachvollziehbar ist. Die Beigeladene zu 1 weist eine erheblich geringere Punktzahl auf als etliche der "Mitbewerber".
- 22
Die in der Abwägung vorausgesetzte wesentliche Bedeutung der Verfügbarkeit der Grundstücke für die Beigeladene zu 1 ist auch deswegen fehlerhaft, weil sie auf einer nicht wirksamen vertraglichen Bindung der Beigeladenen zu 1 zur Beigeladenen zu 2 beruht. Der zwischen diesen abgeschlossene städtebauliche Vertrag vom 29.05.2002 ist nämlich unwirksam. Dies ergibt sich aus Folgendem:
- 23
§ 13 Abs. 2 bestimmt:
- 24
"Die Durchführung des Vorhabens macht insbesondere bestimmte Folgeeinrichtungen, städtebauliche Planungen und Maßnahmen notwendig, deren Kosten die Gemeinde zur Zeit nicht tragen kann. Aus diesem Grunde verpflichtet sich B., an die Gemeinde folgende Beiträge zur Mitfinanzierung der bezeichneten Kosten zu zahlen:
- 25
B. und etwaige Rechtsnachfolger zahlen an die Gemeinde einen Infrastrukturbeitrag von 5.000,00 Euro jährlich pro 1,5 Megawatt für die Dauer von 25 Jahren von der Inbetriebnahme des ersten Windenergiekonverter ab, für die geplanten 18 MW (12 Anlagen ab jeweils 1,5 MW). Die maximal zu zahlende Summe beträgt 60.000,00 Euro."
- 26
§ 13 Abs. 2 des Vertrages verstößt gegen das Koppelungsverbot in Bezug auf die Gegenleistung des Bürgers in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag. Die Gegenleistung des Bürgers muss gemäß §56 Abs. 1 Satz 1 VwVfG für einen bestimmten Zweck vereinbart werden und zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben dienen. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB beinhaltet detaillierte Regelungen zu diesem Koppelungsverbot speziell für Folgekostenverträge. Er nennt als Zweck den Beitrag zu den Kosten von "städtebaulichen Maßnahmen" innerhalb der Aufgabe der Gemeinde, die städtebauliche Entwicklung und Ordnung herzustellen. Die Gegenleistung muss gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2, 2. HS VwVfG im sachlichen Zusammenhang mit der Leistung der Behörde stehen. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB regelt insoweit genauer: Die Gegenleistung des Bürgers muss in der Übernahme von Kosten oder Aufwendungen für abgeschlossene oder künftige städtebauliche Maßnahmen bestehen. Der sachliche Zusammenhang der Leistungen muss darin liegen, dass die städtebaulichen Maßnahmen Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind. Die Gegenleistung muss nach § 56 Abs. 1 Satz 2, 1. HS VwVfG den gesamten Umständen nach angemessen sein; Identisches regelt § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Ob ein Folgekostenbeitrag eine Übernahme von "Kosten oder Aufwendungen" für städtebauliche Maßnahmen darstellt, steht im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage, ob die städtebaulichen Maßnahmen Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind, also mit der Ursächlichkeit. Die Zurechnung gründet sich nicht auf Ursächlichkeit im Sinne von tatsächlicher Kausalität. Stattdessen geht es um die rechtlich vermittelte Kausalität. Innerhalb dieser Kausalität muss eine konkret-reale, unmittelbare Zurechnung der Folgemaßnahme zum einzelnen Plan bestehen. Die mittelbare rechnerische Zurechnung über ein Gesamtkonzept reicht nicht ausreichen. Bei Folgekostenverträgen ist eine Gewinnmöglichkeit für die Gemeinden auszuschließen (vgl. zusammenfassend OVG Lüneburg, U.v. 10.07.2007 - 1 LC 200/05 - ZfBR 2007, 804; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 3. Aufl. Rn. 1907).
- 27
Die erforderliche konkret-reale, unmittelbare Zurechnung der zu finanzierenden Folgemaßnahme(n) zu dem Bebauungsplan Nr. 4 ist nicht erkennbar. Durch die unbestimmte Benennung des Zweckes der Zahlungen als Beitrag für "Folgeeinrichtungen, städtebauliche Planungen und Maßnahmen", die mit dem Wort "insbesondere" auch noch als beispielhafte Aufzählung zu verstehen sind, wird es in das Belieben der Gemeinde gestellt, die eingenommenen Gelder für jedwede Maßnahmen zu verwenden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Zahlungen der Beigeladenen zu 1 in den allgemeinen Haushalt der Gemeinde fließen und beliebigen öffentlichen Aufgaben der Gemeinde dienen. Ein sachlicher Zusammenhang mit der Bauleitplanung und den dadurch ausgelösten Kosten besteht somit nicht. Es wird auch daraus deutlich, dass die Höhe der Zahlungen an die Leistung der Windenergieanlagen gekoppelt wird. Ein Zusammenhang zwischen dieser Größe und etwaigen Anforderungen an Infrastrukturmaßnahmen ist nicht erkennbar.
- 28
Allerdings sieht § 15 Abs. 2 der Vertrags vor, dass die Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen die Gültigkeit der übrigen Vertragsinhalte nicht berührt. Nach dieser salvatorischen Klausel soll der Vertrag bei Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen soweit wie möglich aufrecht erhalten bleiben, es also grundsätzlich mit der Teilnichtigkeit sein Bewenden haben. Indessen ist hier zu berücksichtigen, dass die Unwirksamkeitsfolge des § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG eintritt. Der hier gegebene Verstoß gegen das Verbot sachwidriger Koppelung von Geldleistungspflichten und hoheitlichen Leistungen dient einerseits dem Schutz des Bürgers, der zu Leistungen verpflichtet wird, die nicht in einem sachlichen und angemessenen Verhältnis zur Gegenleistung stehen. Es soll zugleich auch dem "Verkauf" von Hoheitsrechten die Wirksamkeit versagt werden. § 56 VwVfG umfasst in diesem Sinne auch das Erfordernis, dass der Zweck der Gegenleistung im Vertrag festgelegt sein muss (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9.Aufl. § 59 Rn. 28). Die Unwirksamkeit jedenfalls des § 13 Abs. 2 ergreift danach den gesamten Vertrag. Zudem ist nicht anzunehmen, dass der Vertrag auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen worden wäre (§ 59 Abs. 3 VwVfG). Die Zahlungsverpflichtung ist ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags aus der Sicht der Beigeladenen zu 2. Es wird nicht nur aus dem Vertragstext selbst deutlich, sondern auch aus den Umständen des Zustandekommens. Die Höhe der Zahlungen hat die Beigeladene zu 1 im Rahmen ihrer Entscheidungsmatrix zweimal mit der höchsten Punktzahl von 4 in Form der "Gestattungsabgabe" pro Jahr an die Gemeinde und der "Einmalzahlung" bewertet. Sie macht daher 8 von 39 Gewichtungspunkten aus. Die Bestimmung des § 15 Abs. 2 des Vertrags widerspricht somit jedenfalls hinsichtlich des § 13 Abs. 2 nicht nur der gesetzlichen Regelung des §59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, sondern auch dem Vertragsinhalt im Übrigen.
- 29
Die Unwirksamkeit des städtebaulichen Vertrages ergreift auch den Bebauungsplan. Es besteht zwar keine strikte Rechtmäßigkeitsverknüpfung zwischen dem städtebaulichen Vertrag und dem zugeordneten Bebauungsplan, ob und inwieweit ein solcher Zusammenhang besteht, ist vielmehr eine Frage der Abwägung (Reidt, BauR 2001 46/54). Im vorliegenden Fall war jedoch der städtebauliche Vertrag nicht nur ein tragendes, sondern das tragende Element in der zum Bebauungsplan führenden Abwägung. Mit dem städtebaulichen Vertrag fällt deswegen auch der Bebauungsplan. Die im Folgenden darzustellenden Zusammenhänge sind offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
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Dies ergibt sich zum einen aus den oben dargelegten Zusammenhängen im Rahmen der Behandlung der Anregung der Antragstellerin. Die Ursächlichkeit folgt weiter daraus, dass in der Begründung, aber auch den Entwurfsbegründungen im gesamten Aufstellungsverfahren, unter Ziffer 2 "Ziel und Zweck des B-Plans" ausgeführt wird: Die WEA hätten eine Nabenhöhe von 105m und 3-flüglige Rotoren mit einem Radius von 45 m. Die resultierende Höhe betrage 150 m über Gelände. Unter Nr. 7 "Erläuterung der Standortplanung" wird sodann ausgeführt, Vorgaben aus dem Flächennutzungsplan, immissionsschutzrechtliche Parameter und Grenzwerte auf der Grundlage von Gutachten und Prognosen, sowie physikalische Messgrößen hinsichtlich der Windintensität und Turbulenzen beschränkten neben vorhandenen Anlagen die freie Standortwahl und die Anzahl der WEA. Weiterhin seien die Grundstücksverfügbarkeit einschließlich derer für die Zuwegungen sowie die minimale Inanspruchnahme von Boden Plankriterien. Auch hier wird deutlich, dass die Grundstücksverfügbarkeit für die Beigeladene zu 1 ein wesentliches Planelement darstellt; Gleiches gilt für die von der Beigeladenen zu 1 in die Planung eingeführten Parameter ihrer Anlagen. Aus alledem wird deutlich, dass der gesamte Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis entscheidend von der Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Beigeladenen zu 1 und 2 abhängt.
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2. Das Vorhaben der Beigeladenen zu 1 ist daher aus der Sicht des Senats in Hinblick auf die Beurteilung der Aussicht der Anfechtungsklage an § 35 BauGB zu messen. Dabei ist eine Rechtsverletzung der Antragstellerin im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht ausgeschlossen. Denn der Antragsgegner hätte den Grundsatz einer sachgerechten Auswahl unter sich ausschließenden Genehmigungsanträgen zu Gunsten der Antragstellerin zu beachten. Das Rangfolgeproblem stellt sich - erst - dann, wenn ein Ausgleich durch gegenseitige Rücksichtnahme tatsächlich ausgeschlossen bzw. rechtlich von einem der Investoren nicht zu verlangen ist (vgl. zu Erweiterungsinteressen BVerwG, U. v. 25.05.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122; vgl. auch Stüer a.a.O. Rn. 2663) und somit nur eines der betroffenen Vorhaben realisierbar ist.
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In einem solchen Fall ist, soweit das Gesetz nichts Abweichendes regelt, nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu verfahren, namentlich dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. So liegt der Fall hier: Das Bundesimmissionsschutzgesetz trifft keine - ausdrückliche - Regelung über den Vorrang beim Zusammentreffen konkurrierender Anträge. Daraus könnte folgen, dass die Behörde eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, die nicht willkürlich sein darf (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 26.09.1991 - 1 L 74/91, 1 L 75/91 - zit. nach juris). Selbst wenn dem Bundesimmissionsschutzgesetz die Geltung des strikten Prioritätsprinzips entnommen werden kann (so wohl Rolshoven, NVwZ 2006, 516), bleibt offen, worauf bei Anwendung des Prioritätsprinzips abzustellen wäre, ob auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags (so OVG Lüneburg a.a.O.), dessen Vollständigkeit (so Rolshoven, NVwZ 2006, 516) oder dessen Genehmigungsfähigkeit (vgl. VGH München, U. v. 15.05.2006 - 1 B 04.1893 - NVwZ-RR 2007, 83; vgl. zur Problematik Klinski: Überblick über die Zulassung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, 2005, S.67f.). Selbst wenn das Prioritätsprinzip maßgebend ist, wäre zu erwägen, ob nicht andere sachgerechte Erwägungen (vgl. Schütte, NuR 2008, 142, 146) jedenfalls im Ausnahmefall - etwa aus Vertrauensschutzgesichtspunkten (vgl. Klinski, S. 68 zu § 5 Abs. 1 Satz 4 SeeAnlV) - auch eine andere Entscheidung rechtfertigen können oder sogar gebieten (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 26.09.1991 - 1 L 74/91, 1 L 75/91 - zit. nach juris).
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Im Rahmen der summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist es für den Senat offen, auf welche Kriterien im vorliegenden Fall sachgerecht abgestellt werden kann bzw. muss. Zum einen ist derzeit nicht erkennbar, - wenn hierauf abgestellt wird - ob zum gegenwärtigen Zeitpunkt oder zu welchem jeweiligen Zeitpunkt die Anträge der Antragstellerin bzw. der Beigeladenen zu 1 nach Maßgabe des § 35 BauGB - jeweils das konkurrierende Vorhaben hinweggedacht - genehmigungsfähig geworden sind. Ebenso lässt sich nicht beurteilen - wenn auf diesen Gesichtspunkt abgestellt wird -, zu welchem Zeitpunkt die Anträge in Hinblick auf eine Beurteilung nach § 35 BauGB vollständig gewesen sind. Gleiches gilt, wenn man auf die Genehmigungsfähigkeit in dem Sinne abstellt, dass die Anträge nach Durchführung der erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung und weiterer Verfahrensschritte entscheidungsreif sind. Schließlich dürfte im vorliegenden Fall der angesprochene Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes näher zu prüfen sein: Unabhängig davon, ob der Antragsgegner die Antragstellerin zusätzlich darauf hingewiesen hat, dass die Antragsunterlagen nicht vollständig sind, dürfte zu berücksichtigen sein, dass diese - wie die vorstehend angestellte summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergeben hat zu Recht - auf den Standpunkt steht, dass ihr Antrag jedenfalls nicht an den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 der Beigeladenen zu 2 scheitert. Insoweit hatte sich die Antragstellerin aus ihrer Sicht zunächst mit der Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit auseinanderzusetzen. Von ihrem Standpunkt aus wären die vollständigen Unterlagen bezogen gewesen auf ein Außenbereichsvorhaben, von dem der Antragsgegner davon ausgegangen ist, das konkurrierende Vorhaben der Antragstellerin sei nach dieser Vorschrift nicht zu beurteilen.
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3. Für die nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Folgenabwägung ist unter diesen Umständen wesentlich: Derzeit ist eine Beurteilung beider Vorhaben durch den Antragsgegner nach § 35 BauGB ausgeschlossen. Mangels Verwerfungskompetenz des Antragsgegners, der nach wie vor von der Gültigkeit des Bebauungsplans Nr. 4 auszugehen hat, kommt die Erteilung einer Genehmigung an die Antragstellerin offensichtlich nicht in Betracht. Ebenso scheidet die Beurteilung des Vorhabens der Beigeladenen zu 1 an Hand von § 35 BauGB aus. Vielmehr hat unter den oben dargelegten Gesichtspunkten die Beigeladene zu 2 zu entscheiden, ob sie gemäß § 1 Abs. 8 BauGB den Bebauungsplan Nr. 4 aufhebt - alsdann wären beide Vorhaben durch den Antragsgegner nach § 35 BauGB zu beurteilen -, ob sie ein Verfahren zu dessen Änderung gemäß §1 Abs. 8 BauGB einleitet, um zu versuchen, die aufgezeigten Mängel zu beseitigen, oder ob sie ein gänzlich neues Bebauungsplanverfahren einleitet unter gleichzeitiger Aufhebung des bisherigen Bebauungsplanes Nr. 4. Dabei käme auch der Erlass einer Veränderungssperre in Betracht (siehe dazu Senat, B. v. 19.10.2006 - 3 M 63/06 - NordÖR 2007, S. 80 = BRS 70 Nr. 150; BVerwG, U. v. 21.11.1986 - 4 C 22.83 - BVerwGE 75, 172 = NJW 1987, S. 1344). Durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin wird der Weg frei, auf der Grundlage der tragenden Ausführungen des Senates in diesem Beschluss über das weitere Verfahren zu befinden.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, die Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz3 GKG).
(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.
(2) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert werden.
(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
- 1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und - 2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.
(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.
(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber
- 1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird, - 2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden, - 3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und - 4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.